Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes: Band 3 Der Deutsche Bund in der nationalen Herausforderung 1859-1862 9783486992267, 9783486709278

Der Band präsentiert in 157 Dokumenten die politischen Aktivitäten des Deutschen Bundes in den Jahren von 1859 bis 1862

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German Pages 982 [985] Year 2012

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Table of contents :
Vorwort des Herausgebers
Einleitung
1. Neue Faktoren der bundespolitischen Debatte
2. Die Verklammerung von innenpolitischer Reform und außenpolitischer Machtstellung Deutschlands
3. Die zentrale Rolle der Öffentlichkeit
4. Die nationalpolitische Parteibildung
5. Die Legitimierung des parlamentarischen Prinzips auf Bundesebene
6. 1859–1862: Nationale Wendejahre
Zur Edition
1. Zu diesem Band
2. Allgemeine Leitsätze zur Gestaltung der Edition „Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes“. Von Jürgen Müller und Eckhardt Treichel
Chronologisches Verzeichnis der Dokumente
Verzeichnis der Dokumente nach ihrer Provenienz
Dokumente
Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen
Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Ungedruckte Quellen (Archivalien)
2. Gedruckte Quellen
a) Akten, Protokolle, Werkausgaben
b) Zeitungen und Zeitschriften
c) Politische Schriften, Flugschriften und Darstellungen bis 1866
d) Memoiren und Tagebücher
e) Staatshandbücher
3. Bibliographien
4. Darstellungen
5. Biographische Nachschlagewerke und Lexika
6. Internetressourcen
Abbildungsnachweis
1. Personenregister
2. Länder- und Ortsregister
3. Sachregister
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Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes: Band 3 Der Deutsche Bund in der nationalen Herausforderung 1859-1862
 9783486992267, 9783486709278

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Der Deutsche Bund in der nationalen Herausforderung

Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes Für die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben von Lothar Gall Abteilung III Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes 1850–1866 Band 3

R. Oldenbourg Verlag München 2012

Der Deutsche Bund in der nationalen Herausforderung 1859–1862 Bearbeitet von Jürgen Müller

R. Oldenbourg Verlag München 2012

Gefördert mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

© 2012 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, München Rosenheimer Straße 145, D - 81671 München Internet: oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Dieter Vollendorf, München Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier (chlorfrei gebleicht). Satz: Schmucker-digital, Feldkirchen b. München Druck und Bindung: Memminger MedienCentrum, Memmingen ISBN 978-3-486-70927-8

Vorwort des Herausgebers

V

Vorwort des Herausgebers Das Editionsvorhaben „Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes“ ist von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften im Jahr 1988 ins Leben gerufen worden mit dem Ziel, durch die Erschließung der einschlägigen Quellen die Geschichte des Deutschen Bundes auf eine neue Grundlage zu stellen. Das, wie sich bald herausstellte, überaus reichhaltige und vielgestaltige Quellenmaterial zur Geschichte des Bundes ist bislang weder systematisch ausgewertet noch in größerem Umfang ediert worden. Die wenigen vorliegenden Quellensammlungen sind entweder veraltet und können schon von daher modernen editorischen Ansprüchen nicht genügen, oder sie basieren auf einer einseitigen Textauswahl und dokumentieren folglich nur einen schmalen Ausschnitt aus dem komplexen historischen Geschehen.1 Die editorische Vernachlässigung der Geschichte des Deutschen Bundes beruht zum einen auf der sehr disparaten Überlieferungssituation: Die in Frage kommenden Quellen sind nicht nur sehr heterogen, sie sind zudem über annähernd vierzig in- und ausländische Staatsarchive sowie eine Anzahl von Haus-, Adels- und Familienarchiven verstreut. Dies allein erklärt jedoch nicht, warum es zum Deutschen Bund im Unterschied zu allen anderen übergreifenden staatlichen Gebilden, die in Deutschland seit Beginn des 19. Jahrhunderts existier(t)en, keine umfassende Quellenedition gibt. Die Geschichte des Deutschen Bundes ist auch deshalb vergleichsweise wenig erforscht, weil der Bund bereits den Zeitgenossen und seither auch den meisten Historikern als „Gegentypus zum Programm des Nationalstaates“2 galt. Solange der einheitliche Nationalstaat als die höchste politische Existenzform betrachtet wurde, und das war in Deutschland zumal von 1871 bis 1945 nahezu uneingeschränkt der Fall, solange mußte der Deutsche Bund in einem negativen Licht erscheinen – eben als Verhinderer der nationalen Einheit oder, umgekehrt, als Förderer der partikularistischen Zerrissenheit Deutschlands. Nach dem Scheitern des klein1 Anstelle einer Aufzählung der einschlägigen Editionen sei verwiesen auf Wolfram Siemann (Bearb.), Restauration, Liberalismus und nationale Bewegung (1815–1870). Akten, Urkunden und persönliche Quellen. (Quellenkunde zur deutschen Geschichte der Neuzeit von 1500 bis zur Gegenwart, Bd. 4.) Darmstadt 1982, wo die verfügbaren Quellenpublikationen aufgelistet sind. Seither ist lediglich eine Edition erschienen, die den Deutschen Bund selbst zum Gegenstand hat: Michael Hundt (Hrsg.), Quellen zur kleinstaatlichen Verfassungspolitik auf dem Wiener Kongreß. Die mindermächtigen Staaten und die Entstehung des Deutschen Bundes 1813–1815. Hamburg 1996. 2 Thomas Nipperdey, Der Föderalismus in der deutschen Geschichte, in: ders., Nachdenken über die deutsche Geschichte. Essays. München 1986, S. 60–109, Zit. S. 69.

VI

Vorwort des Herausgebers

deutschen Nationalstaats 1945 gab es zwar günstigere Voraussetzungen für eine unvoreingenommene Betrachtung des Deutschen Bundes, doch kam auch seither die ,Bundesforschung‘ nur sehr zögerlich in Gang. Dem Deutschen Bund wird bis heute bei weitem nicht das Maß an Aufmerksamkeit zuteil, mit dem der Prozeß der deutschen Nationalstaatsbildung oder in jüngster Zeit die innere Entwicklung der deutschen Einzelstaaten im 19. Jahrhundert untersucht werden. Überdies richtet sich das Interesse der Forschung nach wie vor in erster Linie auf die antiliberalen und antinationalen Repressionsmaßnahmen des Deutschen Bundes. Von daher erscheint der Bund bis heute – gewiß mit guten Gründen – vor allem als ein „System innenpolitischer Illiberalität“.3 Fraglich und untersuchungsbedürftig ist es indes, ob sich der Deutsche Bund in der „Funktion eines bevormundenden Polizeistaats“4 erschöpfte oder ob er nicht doch auch – und zwar nicht nur in der Frühphase bis 1819 – positive Entwicklungsperspektiven bis hin zu mancherlei Reformansätzen im einzelnen enthielt.5 Das vordringliche Ziel des Editionsprojekts ist es, eine möglichst breite und repräsentative Auswahl von Dokumenten in einer modernen editorischen Prinzipien entsprechenden Form zu präsentieren. Inhaltlich steht dabei zunächst das Problem der Verfassungsordnung und inneren Organisation des Bundes im Vordergrund. Über die rein rechts- und institutionengeschichtlichen Aspekte hinausgehend wird dabei angestrebt, die Entstehung und Ausgestaltung des Bundes, die diversen Ansätze zu seiner Reform sowie seine Auflösung vor dem Hintergrund und in Auseinandersetzung mit der nationalen und liberalen Bewegung in Deutschland zu beleuchten. Einen weiteren Schwerpunkt des Editionsvorhabens bildet die Rolle des Deutschen Bundes bei der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung Deutschlands. In diesen Bereichen, die im 19. Jahrhundert und insbesondere seit etwa 1840 einer tiefgreifenden Umstrukturierung von beispielloser Dynamik unterlagen, besaß der Deutsche Bund ausdrückliche Regelungskompetenzen, und es ist ein Anliegen der Edition, zu dokumentieren, inwieweit der Bund von seinen wirtschafts- und sozialpolitischen Befugnissen Gebrauch machte. 3 Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 2: Von der Reformära bis zur industriellen und politischen „Deutschen Doppelrevolution“ 1815–1845/49. München 1987, S. 322. 4 Ebd. S. 340. 5 Zu Entwicklung und Tendenzen der ,Bundesforschung‘ siehe Fritz Fellner, Perspektiven für eine historiographische Neubewertung des Deutschen Bundes, und Hellmut Seier, Der Deutsche Bund als Forschungsproblem 1815–1960, beide in: Helmut Rumpler (Hrsg.), Deutscher Bund und deutsche Frage 1815–1866. Europäische Ordnung, deutsche Politik und gesellschaftlicher Wandel im Zeitalter der bürgerlich-nationalen Emanzipation. (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit, Bd. 16/17.) Wien/München 1990, S. 21–30, 31–58.

Vorwort des Herausgebers

VII

Ferner soll auch die außenpolitische Bedeutung des Deutschen Bundes und seine Funktion im europäischen Mächtesystem berücksichtigt werden. Zu klären ist insbesondere, ob der Staatenbund fähig und willens war, außenpolitisch aktiv zu werden, welche Möglichkeiten sich ihm dazu boten und in welcher Weise sie genutzt bzw. nicht genutzt wurden. In enger Verbindung mit der Absicht, die inhaltlichen Desiderate der Forschung aufzuarbeiten, steht das Bemühen, eine genuin bundespolitische Perspektive zu etablieren. In der bisherigen Forschung wurde der Bund zumeist nicht an seinen eigenen Ansprüchen und Möglichkeiten, sondern gewissermaßen an externen Maßstäben, insbesondere dem des Nationalstaats, gemessen. Die ,nationale Elle‘, die im übrigen nicht schon 1815, sondern erst 1871 fixiert und zum deutschen Normalmaß erhoben wurde, an den Deutschen ,Bundesstoff‘ anzulegen, führt dazu, daß das staatenbündische Gewebe für zu kurz und zu dünn befunden wird, um ein dauerhaftes Kleidungsstück zu liefern. Gemessen am Modell des Nationalstaats muß der Deutsche Bund zwangsläufig als strukturell defizitär erscheinen, als eine grundsätzlich unangemessene und auf Dauer unhaltbare politische Ordnung. Ohne nun umgekehrt den offenkundig unvollkommenen Staatenbund von 1815 zur Maßeinheit zu erklären, erscheint es immerhin legitim, den Deutschen Bund als – wenn auch schmales – „nationales Band“6 wahrzunehmen und neben seinen unbestreitbar gravierenden Defiziten auch seine Entwicklungsalternativen, seine Reformpotentiale und -anstrengungen zu dokumentieren. Dabei kann es nicht darum gehen, den Bund als eine Alternative zum deutschen Nationalstaat darzustellen, als eine verpaßte Gelegenheit gar. Vorsicht ist auch angebracht gegenüber Versuchen, den Bund vor dem Hintergrund späterer Erfahrungen als ein „Lösungsmodell“7 der deutschen Frage oder als „trendwidrige Präfiguration einer postnationalen Grundordnung“8 zu interpretieren. Das Ziel des Editionsvorhabens „Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes“ und der parallel dazu von den einzelnen Bearbeitern vorbereiteten Monographien ist nicht eine ,Geschichte im Konjunktiv‘ in Opposition zur realhistorischen Entwicklung. Das Ziel ist vielmehr eine Ergänzung und Erweiterung unserer Kenntnis eben dieser Entwicklung durch die Ausleuchtung der bislang im Dunkeln verbliebenen Aspekte der Bundesgeschichte. Die zu diesem Zweck angestrebte Erweiterung der historischen Perspektive zielt in 6 Dieser Ausdruck wurde bereits von den Zeitgenossen häufig benutzt und bildet den programmatischen Titel der jüngsten, materialreichen, aber formal und inhaltlich dilettantischen Monographie über den Deutschen Bund: Ludwig Bentfeldt, Der Deutsche Bund als nationales Band 1815–1866. Göttingen/Frankfurt am Main/Zürich 1985. 7 Wolf D. Gruner, Der Deutsche Bund – Modell für eine Zwischenlösung?, in: Politik und Kultur 9, 1982, Heft 5, S. 22–42. 8 Seier, Der Deutsche Bund als Forschungsproblem (wie Anm. 5), S. 58.

VIII

Vorwort des Herausgebers

zweierlei Richtung. Zum einen soll der Deutsche Bund als handelndes Subjekt betrachtet werden, als eine zentrale Instanz mithin, die nicht bloß instrumentellen Charakter für die einzelstaatliche Interessenpolitik besaß, sondern aus sich selbst heraus politisch agierte. Zum anderen ist beabsichtigt, den Bund als den föderalen Sammelpunkt Deutschlands sichtbar werden zu lassen. Die bisherige Konzentration der Forschung auf die Großstaaten Österreich und Preußen sowie die wichtigeren Mittelstaaten soll überwunden werden zugunsten einer Berücksichtigung der gesamten deutschen Staatenwelt, die sich ja immerhin zu drei Vierteln aus Klein- und Kleinststaaten unterschiedlichster Gestalt zusammensetzte. Deren politisches Wollen und Handeln im Deutschen Bund zu dokumentieren und damit das Meinungsspektrum der im Bund vereinigten Staaten zumindest exemplarisch zu präsentieren, ist ein wichtiges Anliegen der Edition. Das Forschungsvorhaben „Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes“ besteht derzeit aus folgenden drei, von wissenschaftlichen Mitarbeitern bearbeiteten Unterabteilungen: Abteilung I: „Quellen zur Entstehung und Frühgeschichte des Deutschen Bundes 1813–1830“; Abteilung II: „Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes 1830–1848“; Abteilung III: „Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes 1850–1866“. Es ist vorgesehen, auf diese Weise den Gesamtzeitraum von 1815 bis 1866 im Sinne des oben dargelegten Editionskonzepts zu bearbeiten. Ausgeklammert bleibt dabei – bislang – der gesamte Bereich der militärischen Verhältnisse. Dieser Bereich umfaßt neben der Entstehung und Entwicklung der Bundeskriegsverfassung und den Plänen zu ihrer Reform im einzelnen die Beratungen der ständigen Bundesmilitärkommission und der diversen Militärausschüsse der Bundesversammlung, die Organisation der einzelstaatlichen Kontingente, die Inspektionen der Bundesarmeekorps, die Bundesflotte und insbesondere die militärischen Dispositionen des Bundes in den europäischen Krisen und Kriegen von 1830–1832, 1840, 1848–1850, 1853–1856, 1859 und 1864–1866. Die Komplexität des Gegenstandes und die Masse der einschlägigen Quellen machten es erforderlich, diesen Bereich einer besonderen, noch einzurichtenden Abteilung zuzuweisen. Der besondere Dank des Herausgebers gebührt der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, die die Mittel für das Projekt bereitstellt und damit die überfällige Aufarbeitung der Geschichte des Deutschen Bundes ermöglicht. Zusätzliche finanzielle Förderung leistet ferner die Deutsche Forschungsgemeinschaft, der sich der Herausgeber gleichfalls zu Dank verpflichtet weiß. Darüber hinaus sei schließlich den Mitarbeitern der zahlreichen in- und ausländischen Archive und Bibliotheken gedankt, deren Unterstützung unerläßlich ist für die Verwirklichung des Forschungsvorhabens. Lothar Gall

IX

Inhalt

Inhalt Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Neue Faktoren der bundespolitischen Debatte. . . . . 2. Die Verklammerung von innenpolitischer Reform und außenpolitischer Machtstellung Deutschlands . . . . . 3. Die zentrale Rolle der Öffentlichkeit . . . . . . . . . 4. Die nationalpolitische Parteibildung . . . . . . . . . . 5. Die Legitimierung des parlamentarischen Prinzips auf Bundesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. 1859–1862: Nationale Wendejahre . . . . . . . . . .

V

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XI XI

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XV XX XXVII

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XXXIII XXXVI

Zur Edition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zu diesem Band . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Leitsätze zur Gestaltung der Edition „Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes“. Von Jürgen Müller und Eckhardt Treichel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXXIX XXXIX

Chronologisches Verzeichnis der Dokumente . . . . . . . . . . .

LI

Verzeichnis der Dokumente nach ihrer Provenienz. . . . . . . . .

LVII

Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen . . . . . . . . . . . . .

865

Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . 1. Ungedruckte Quellen (Archivalien) . . . . . . . . . . . 2. Gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Akten, Protokolle, Werkausgaben . . . . . . . . . . b) Zeitungen und Zeitschriften . . . . . . . . . . . . . c) Politische Schriften, Flugschriften und Darstellungen bis 1866 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Memoiren und Tagebücher . . . . . . . . . . . . . . e) Staatshandbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bibliographien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Darstellungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XLIII

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X

Inhalt

5. Biographische Nachschlagewerke und Lexika . . . . . . . . . 6. Internetressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

891 892

Abbildungsnachweis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

893

Register 1. Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Länder- und Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

895 903 908

1. Neue Faktoren der bundespolitischen Debatte

XI

Einleitung 1. Neue Faktoren der bundespolitischen Debatte Die bundes- und nationalpolitischen Entwicklungen im Zeitraum von 1859 bis 1862 sind in der historischen Forschung vielfach behandelt worden.1 Vor allem in einigen älteren, teils mehrbändigen Werken wurde die Haltung des Deutschen Bundes angesichts der nationalen Herausforderung, die infolge des Italienischen Krieges seit dem Sommer 1859 eine neue Dynamik und Brisanz erhielt, ausführlich thematisiert. Die nun anbrechende, aus der historischen Rückschau letzte Phase des Deutschen Bundes wurde als „Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland“2 interpretiert, aus dem nur eine der beiden deutschen Großmächte siegreich hervorgehen konnte. In der kleindeutsch-borussischen Geschichtsschreibung, die seit der Bismarckschen Reichsgründung in Deutschland tonangebend war3, wurde die Phase seit 1859 als eine Zeit dargestellt, in der die verfehlte Ordnung des Deutschen Bundes von der nationalen Bewegung endlich aus dem Weg geräumt wurde.4 Die großdeutsch-österreichische Geschichtsschreibung indessen wandte sich dagegen, allein den Maßstab „des geschlossenen, starken deutschen Nationalstaats“ an die deutsche Geschichte anzulegen und sah in der Zerstörung des Bundes einen historisch keineswegs notwendigen Verrat an der „gesamtdeutschen Sache“.5 In den Darstellungen von Treitschke und Sybel auf der einen und Srbik und Friedjung auf der anderen Seite erscheint die bundespolitische Entwicklung von 1859 bis 1862 in einem völlig unterschiedlichen Licht: hier als ein schädliches und nutzloses Festhalten an der nationalpolitisch unbrauchbaren Bundesver1 Zur Forschungsentwicklung siehe Müller, Der Deutsche Bund, S. 51–88, hier vor allem S. 76 ff.; Doering-Manteuffel, Die Deutsche Frage, S. 53–118; über Nationsbildung und organisierten gesellschaftlichen Nationalismus allgemein: Fehrenbach, Verfassungsstaat und Nationsbildung, S. 71–119, bes. S. 109 ff.; für die ältere Forschung siehe Seier, Der Deutsche Bund als Forschungsproblem. 2 So der Titel der erstmals 1897/98 erschienenen, außerordentlich erfolgreichen zweibändigen Studie von Friedjung, Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland, die 1916/17 schon in 10. Auflage erschien. 3 Vgl. dazu Hardtwig, Von Preußens Aufgabe in Deutschland; ders., Erinnerung, Wissenschaft, Mythos; Southard, Droysen and the Prussian School of History. 4 Diese negative Akzentuierung ist besonders ausgeprägt bei Treitschke, Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert (erstmals veröffentlicht 1879–1894), aber auch Sybel, Die Begründung des Deutschen Reiches (erstmals veröffentlicht 1889–1894), sieht im Deutschen Bund nur „ein Zerrbild deutscher Einheit“, von dem aus insbesondere in der außen- und innenpolitischen Krise seit 1859 kein Weg zu einer nationalen Organisation Deutschlands führte. 5 Srbik, Deutsche Einheit, Zitate Bd. 1, S. 8; Bd. 3, S. 3.

XII

Einleitung

fassung, dort als eine Bewahrung der traditionellen föderativen Ordnung Deutschlands gegen die revolutionären Kräfte, welche Deutschland in den Umsturz und den Bürgerkrieg trieben. Wenn auch nach dem Zweiten Weltkrieg beide nationalpolitischen Entwürfe – das als machtvoller nationaler Bundesstaat unter preußischer Führung organisierte neue Reich und der am Alten Reich orientierte großdeutsch-mitteleuropäische Föderativverbund mit maßgeblicher Beteiligung Österreichs – definitiv gescheitert waren und sich in der Folge auch die wissenschaftlichen Fronten aufweichten, so kann sich doch bis heute keine historische Untersuchung der seit 1859 anbrechenden „Sturmjahre der preußisch-deutschen Einigung“, – wie es eine Quellensammlung von 1925 ebenso dramatisch wie eingängig formulierte6 – der Frage entziehen, wie die Rolle des Deutschen Bundes angesichts der nationalen Herausforderung zu bewerten sei. Und je nachdem, welche Darstellung man zu Rate zieht, erscheint der Bund entweder weiterhin als ein letztlich beseitigtes Hindernis auf dem „Weg zum Nationalstaat“7 oder aber als eine föderative Ordnung „zwischen Habsburg und Preußen“ mit nationalpolitischem Potential8. Auch in den aktuellen Überblicksdarstellungen der letzten Jahre finden sich diese einander ausschließenden Urteile: „Was an deutscher Geschichte in Gestalt des Bundesgehäuses faßbar wird, war keineswegs durchweg von Unbeweglichkeit und Starrheit geprägt“, schreibt Wolfram Siemann am Ende seiner Geschichte Deutschlands von 1806 bis 1871.9 Hingegen kommt Friedrich Lenger in der Neuauflage des Gebhardt Handbuchs der deutschen Geschichte zu dem Schluß, daß die großdeutschföderalistischen Reformkonzepte des Bundes nur geringe Durchschlagskraft entfalten konnten, weil sie – ganz anders als das kleindeutsch-bundesstaatliche Programm des Deutschen Nationalvereins – von einem nur „negativ integrierten Bündnis aller politischen Lager“ getragen worden seien.10 Die wenigen Spezialuntersuchungen zur Geschichte der Reformpolitik des Deutschen Bundes und seiner Reaktion auf die nationale Herausforderung haben bislang wenig an der vorherrschenden Meinung ändern können, daß es keine realistische Alternative zu den tatsächlichen historischen Entwicklungen seit 1859 und mithin zur kleindeutsch-preußischen Bundesstaatsgründung und dem damit einhergehenden gewaltsamen Ausschluß Österreichs aus der politischen Organisation Deutschlands gegeben habe. Selbst Thomas Nipperdey, der in seiner Deutschen Geschichte den Bundesreformplänen eine „epo6 7 8 9 10

Heyderhoff (Bearb.), Die Sturmjahre der preussisch-deutschen Einigung. Schulze, Der Weg zum Nationalstaat. Lutz, Zwischen Habsburg und Preußen. Siemann, Vom Staatenbund zum Nationalstaat, S. 424. Lenger, Industrielle Revolution, S. 287 f.

1. Neue Faktoren der bundespolitischen Debatte

XIII

chale Wichtigkeit“ bescheinigt, hält sie nur dann für eine Alternative, „wenn man den Nationalstaat für eine historisch überspringbare Form der politischen Existenz hält“11, eine Bedingung, die wissenschaftlich kaum seriös zu vertreten sein dürfte. Die detaillierte Erforschung der Bundesgeschichte mag somit, so scheint es, interessante Pläne und Projektionen an den Tag bringen, sie bleibt aber am Ende insofern irrelevant, als sie an den vermeintlichen Grundkonstanten der Entwicklung Deutschlands im 19. Jahrhundert nicht vorbeikommt. Es ist hier nicht der Ort, die Argumente und Ergebnisse der speziellen Bundes- und Bundesreformforschung insbesondere im Hinblick auf den Zeitraum von 1859 bis 1862 zu resümieren. Es existieren dazu eine Reihe von älteren Arbeiten, vornehmlich aus den 1930er Jahren12, sowie auch einige neuere Studien13, darunter eine ausführliche Darstellung des Bearbeiters dieser Edition14, die sich zum Ziel gesetzt hat, die intensiven Verbindungen zwischen Deutschem Bund und deutscher Nation herauszuarbeiten. Die Ergebnisse dieser Forschungen haben – in unterschiedlichem Ausmaß und mit sehr variabler Gewichtung – Eingang in zwei knappe Überblicksdarstellungen zum Deutschen Bund gefunden, die in den letzten Jahren erschienen sind.15

11 Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800–1866, S. 705 u. 709. 12 Fuchs, Die deutschen Mittelstaaten und die Bundesreform; Greve, Die Politik der deutschen Mittelstaaten und die österreichischen Bundesreformbestrebungen; Real, Zur Geschichte der Bundesreformbestrebungen; ders., Österreich und Preußen im Vorfeld des Frankfurter Fürstentags; Daerr, Beust und die Bundesreformpläne; Thumann, Beusts Plan zur Reform des Deutschen Bundes; Kraehe, Austria and the Problem of Reform in the German Confederation; Vogt, Überlegungen zur Bundesreform aus der Sicht eines Thüringer Kleinstaats im Jahre 1860; zur antipreußischen, bundestreuen „Partei“ in Hessen siehe Hope, The Alternative to German Unification. 13 Gruner, Die Würzburger Konferenzen; Flöter, Beust und die Reform des Deutschen Bundes; Wehner, Die deutschen Mittelstaaten auf dem Frankfurter Fürstentag; aus preußischer Sicht und mit einem problematischen Bundesreformbegriff: Kaernbach, Bismarcks Bemühungen um eine Reform des Deutschen Bundes 1849–1866; ders., Bismarcks Konzepte zur Reform des Deutschen Bundes; Jansen, Einheit, Macht und Freiheit. 14 Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation. 15 Angelow, Der Deutsche Bund; Müller, Der Deutsche Bund; Gruner, Der Deutsche Bund. – Eine ausführliche „Geschichte des Deutschen Bundes“ existiert bislang nicht; einige ältere Darstellungen behandeln lediglich einzelne Phasen: Ilse, Geschichte der deutschen Bundesversammlung; Kraehe, History of the German Confederation, 1850–1866. In der neuesten Überblicksdarstellung von Christian Jansen zur Phase zwischen Revolution und Reichsgründung wird die Bundesreform – fokussiert auf die Jahre 1862/63 – als „realpolitische Option“ charakterisiert und ihr Scheitern auf die ablehnende Haltung der beiden deutschen Großmächte zurückgeführt, von denen letztlich keine einen föderalen Bundesstaat gewollt, sondern jeder eine Lösung unter Ausschluß der jeweils anderen Macht angestrebt habe; vgl. Jansen, Gründerzeit und Nationsbildung, S. 159–170.

XIV

Einleitung

Statt einer Gesamtdarstellung der bundespolitischen Entwicklung in Auseinandersetzung mit der nationalen Herausforderung sollen im Folgenden einige Faktoren hervorgehoben werden, die sich während der Arbeit an dem dieser Edition zugrunde liegenden Quellenmaterial als zentrale Elemente in der bundespolitischen Debatte und als wichtige Antriebskräfte für das Handeln der Bundesversammlung und ihrer Ausschüsse im Zeitraum von 1859 bis 1862 herausstellten. Es sind dies keine neuen, bisher unentdeckten Kräfte, doch sie sind – so scheint es dem Bearbeiter – bislang nicht hinreichend in ihrer Auswirkung auf die bundespolitischen Akteure gewürdigt worden. Bei diesen Faktoren handelt es sich im wesentlichen um vier Entwicklungen, die im Jahr 1859 nahezu gleichzeitig zum Durchbruch kamen und in den nachfolgenden Jahren die bundes- und nationalpolitischen Debatten und Aktionen bestimmten: 1. die Verklammerung von innenpolitischer Reform und außenpolitischer Machtstellung; 2. die zentrale Rolle der Öffentlichkeit; 3. die nationalpolitische Parteibildung; 4. die Legitimierung des parlamentarischen Prinzips auf Bundesebene. Diese Faktoren wirken seit 1859 in einer zuvor nicht gekannten Intensität auf die schon länger anhaltende, zeitweise in den Hintergrund getretene, nun aber schlagartig wieder aufflammende Bundesreformdebatte ein. Anders als in den Reformdiskussionen auf der Dresdener Konferenz 1850/5116 oder auch noch in den diversen Denkschriften, die während der 1850er Jahre zwischen den deutschen Regierungen zirkulierten17, ging es nun nicht mehr vorzugsweise oder gar ausschließlich um die Austarierung der Machtbalance zwischen den deutschen Staaten ohne nähere Berücksichtigung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Deutschland oder der europäischen politischen Konstellationen. Jede Beschäftigung mit der Bundesverfassungsreform vollzog sich seit 1859 in einem komplizierten Beziehungsgeflecht, bei dem es keine Lösung mehr geben konnte, die nicht alle diese Aspekte beachtete. Das machte es einerseits so leicht, im kleindeutsch-preußischen Bundesstaat mit integrierter politischer und ökonomischer Verfassung sowie starker Machtentfaltung nach außen ein attraktives Modell für die Lösung der deutschen Frage zu präsentieren. Und andererseits erschwerte dieser Zusammenhang innerer und äußerer, politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Fragen es dem Deutschen Bund und den bundespolitischen Akteuren – der Bundesversammlung, den Bundestagsausschüssen, den Bundestagsgesandten, den reformwilligen einzelstaatlichen Ministern und Diplomaten, der bundesfreundlichen Presse und Publizistik, den föderalistisch-groß16 Siehe dazu QGDB III/1, sowie Flöter/Wartenberg (Hrsg.), Die Dresdener Konferenz; Schoeps, Von Olmütz nach Dresden. 17 Siehe dazu QGDB III/2.

2. Innenpolitische Reform und außenpolitische Machtstellung

XV

deutsch gesinnten Parlamentariern, dem großdeutschen Reformverein – so sehr, einen realistischen alternativen Entwurf für die künftige Organisation Deutschlands zu entwickeln und zu popularisieren. Die in diesem Band enthaltenen Dokumente verdeutlichen diese Problematik auf nahezu jeder Seite, aber sie zeigen auch, wie sich die Bundesreformbefürworter den Problemen und Herausforderungen stellten und ihre Argumentation auf eine viel breitere Grundlage stellten als jemals zuvor. Die Bundesreform als ein bloß kosmetisches Projekt zur Stabilisierung des Status quo im deutschen Staatenbund, wie das in so vielen Plänen der fünfziger Jahre beabsichtigt war, konnte seit 1859 nicht mehr ernsthaft vertreten werden. Bundesreform bedeutete nun institutionelle Erweiterung, gesellschaftliche Partizipation, ökonomische Modernisierung, rechtliche Harmonisierung – kurz gesagt: nationale Integration im Gehäuse einer staatenbündisch-föderativen Ordnung. Man könnte darin den aussichtslosen Versuch einer Quadratur des Kreises sehen. Die zahlreichen Verfechter einer solchen Fortentwicklung des Deutschen Bundes erblickten darin indessen die Chance einer friedlichen Lösung der deutschen Frage ohne die Gefahr des inneren Umsturzes und der äußeren Konflikte. Im Folgenden sollen nun die eben erwähnten Faktoren in ihren Auswirkungen auf den Gang der Bundesreformen – in ihrer theoretischen Rechtfertigung wie auch in den praktischen Schritten – näher skizziert werden.

2. Die Verklammerung von innenpolitischer Reform und außenpolitischer Machtstellung Deutschlands Die politische Organisation Deutschlands war von jeher keine rein innere Angelegenheit, sondern Teil eines außenpolitischen Bedingungsgefüges. Zumal seit dem Wiener Kongreß von 1815 war die deutsche Frage immer auch eine europäische Frage18, und dies sogar in einem ganz konkreten völkerrechtlichen Sinn, denn die Bundesakte von 1815 war Teil der Wiener Kongreßakte, deren Signatarstaaten damit die völkerrechtliche Anerkennung des Deutschen Bundes besiegelten.19 Indem der Deutsche Bund als „Schlußstein“ der Wiener

18 Siehe dazu Gall, Der Deutsche Bund in Europa; Gruner, Die deutsche Frage; ders, Deutschland mitten in Europa; Doering-Manteuffel, Die Deutsche Frage und das europäische Staatensystem. 19 Siehe dazu Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 675–687. Daß sich daraus eine europäische Garantie der Bundesakte begründen läßt, wird indessen von Huber zurückgewiesen.

XVI

Einleitung

Ordnung20 und als „passiver Ordnungsfaktor im europäischen Staatensystem“21 konzipiert worden war, stellte sich bei grundlegenden Veränderungen seiner inneren Verhältnisse automatisch die Frage, inwieweit diese seine europäische Funktion berührten. Diese Funktion bestand ganz wesentlich in dem friedenserhaltenden Wirken des Bundes und seiner Institutionen, sowohl im Hinblick auf die innerdeutschen Verhältnisse als auch im europäischen Rahmen. Solange der Deutsche Bund den Kampf der beiden deutschen Großmächte um die Vorherrschaft in Deutschland verhinderte, und solange er sich in europäischen Konflikten passiv oder defensiv verhielt, konnten innerdeutsche Diskussionen über die Aus- oder Umgestaltung der Bundesverfassung keine außenpolitische Brisanz entwickeln. Bis 1848 war der Bund in beiderlei Hinsicht sehr erfolgreich gewesen. Österreich und Preußen kooperierten in fast allen wichtigen innerdeutschen Fragen und vermieden politische Konfrontationen. Außenpolitisch zogen die beiden deutschen Vormächte ebenfalls an einem Strang und unterließen es, den Deutschen Bund für partikulare Interessen oder gar für nationale Ziele zu instrumentalisieren. In der einzigen für die europäische Stellung Deutschlands kritischen Situation, der Rheinkrise von 1840/41, demonstrierten sie zwar machtpolitische und militärische Stärke gegenüber Frankreich, doch nahmen weder Österreich und Preußen noch der Deutsche Bund eine aggressive Haltung ein.22 Und auch im Jahrzehnt nach der 1848er Revolution, als die Rivalität zwischen Österreich und Preußen zunahm, wirkte der Bund außenpolitisch stabilisierend, indem er während der Krimkriegskrise gegen den ausdrücklichen Willen seiner Führungsmacht Österreich auf einer neutralen Stellung beharrte.23 Diese außenpolitische Stabilisierungsfunktion des Deutschen Bundes wurde seit 1859 zunehmend in Frage gestellt. Wie schon während des Krimkriegs versuchte Österreich im Vorfeld des Italienischen Kriegs abermals, das militärische Potential des Bundes zu mobilisieren, um im Konflikt mit dem Königreich Sardinien-Piemont und dessen Bündnispartner Frankreich Deutschland in seiner Gesamtheit als europäischen Machtfaktor einzusetzen. Dieser Versuch scheiterte zwar erneut am Widerstand Preußens gegen eine Instrumentalisierung des Deutschen Bundes für die österreichische Außenpolitik, doch gelang es nach dem Ende des Krieges nicht, den Bund wieder in die ruhigen Bahnen einer außenpolitischen Enthaltsamkeit zurückzuführen. Der 20 Gruner, Die deutsche Frage, S. 73. 21 Doering-Manteuffel, Die Deutsche Frage und das europäische Staatensystem, S. 6. 22 Zur Rheinkrise siehe Veit-Brause, Die deutsch-französische Krise von 1840; Gruner, The German Confederation and the Rhine Crisis of 1840; Billinger, They Sing the Best Songs Badly. 23 Zur Krimkriegskrise siehe Baumgart, Österreich und Preußen im Krimkrieg; ders., Die deutschen Mittelstaaten und der Krimkrieg; ders., Europäisches Konzert und nationale Bewegung, S. 336–351; Eckhart, Die deutsche Frage und der Krimkrieg.

2. Innenpolitische Reform und außenpolitische Machtstellung

XVII

Status des Deutschen Bundes und seine Haltung im Hinblick auf den Italienischen Krieg wurden in zweierlei Hinsicht zur Diskussion gestellt: Zum einen war offenkundig geworden, daß die Organisation der Bundesarmee bei einem möglichen Angriff auf das Bundesgebiet, den man von seiten Frankreichs mehr denn je befürchtete, keine effektive Verteidigung gewährleistete. Die Umgestaltung der Bundeskriegsverfassung wurde von daher seit 1859 zu einem von allen Seiten erstrebten Ziel, wobei allerdings über die Grundsätze der angestrebten Reform keine Übereinstimmung herzustellen war. Zu einem zentralen Streitpunkt wurde die Frage des militärischen Oberbefehls über die Bundesarmee, der von Preußen – wenn nicht für die gesamten Bundeskontingente, so doch zumindest für die Truppen der norddeutschen Staaten – beansprucht wurde, was einer militärpolitischen Teilung Deutschlands entlang der Mainlinie entsprochen hätte.24 Die militärische Organisation des Deutschen Bundes wurde somit zu einer eminent politischen Frage, die einerseits im Hinblick auf die innerdeutschen Machtverhältnisse, andererseits im Hinblick auf die außenpolitische Stellung Deutschlands heftig diskutiert wurde, und das nicht nur zwischen den Regierungen und in den Gremien des Bundes, sondern auch in der deutschen Öffentlichkeit, die sich für dieses Thema zuvor wenig interessiert hatte. Es korrespondierte mit dieser gesteigerten Aufmerksamkeit für die militärische Stärke Deutschlands, daß der nationale Machtgedanke nun zu einem zentralen Element der deutschlandpolitischen Debatte wurde. Dies war der zweite Faktor, der ganz entscheidend auf die Bundesreformdebatte zurückwirkte. Hatten sich Pläne zur Bundesreform bislang häufig auf innenpolitische Aspekte konzentriert und der Stellung des Bundes nach außen hin wenig Beachtung geschenkt, so wurde seit 1859 die äußere Macht Deutschlands in Konkurrenz zu den anderen europäischen Großmächten zu einem Aspekt, der nicht mehr vernachlässigt oder übergangen werden konnte. Die von der nationalen Bewegung angestrebte Reorganisation Deutschlands sollte nicht mehr nur die Einheit des Vaterlandes und die Freiheit seiner Bevölkerung verbürgen, sondern auch die Macht des neuen Staatsgebildes. Diese Befunde knüpfen an die Studie von Christian Jansen über die „Paulskirchenlinke“ an, worin der Autor eine allgemeine Nationalisierung der politi24 Zur Bundeskriegsverfassung bzw. der Militärpolitik des Bundes siehe allgemein: Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 609–616; Wienhöfer, Das Militärwesen des Deutschen Bundes; Petter, Deutscher Bund und deutsche Mittelstaaten; Keul, Die Bundesmilitärkommission; Angelow, Von Wien nach Königgrätz; Helmert, Militärsystem und Streitkräfte; Burg, Die deutsche Trias in Idee und Wirklichkeit, S. 95–139; zum Oberbefehl: Seier, Zur Frage der militärischen Exekutive; ders., Der Oberbefehl im Bundesheer; zu den Reformversuchen nach 1859: Hencke, Die Heeresverfassung des Deutschen Bundes und die Reformpläne in den Sechzigerjahren.

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schen Kultur feststellt, die geprägt war von einer Militarisierung der deutschen Frage und einer Betonung des Macht(staats)gedankens. Dabei übernahmen die 1849 unterlegenen liberalen Paulskirchenabgeordneten seit 1859 die Meinungsführerschaft.25 Für diejenigen deutschen Regierungen, die am staatenbündischen Prinzip festhalten und eine bundesstaatliche Organisation Deutschlands verhindern wollten, und für die Bundesversammlung selbst und die von ihr bestellten Kommissionen und Ausschüsse ergab sich daraus die Notwendigkeit, die Frage der äußeren Macht des Bundes in ihre Überlegungen und Konzepte für eine Bundesreform viel stärker einzubeziehen, als dies zuvor erforderlich gewesen war. Auf die preußische Politik, die effektive Machtausübung der Bundesversammlung sowohl im Innern Deutschlands als auch auf der Ebene der europäischen Politik bei jeder Gelegenheit zu durchkreuzen, und auf den vielfach öffentlich geäußerten Vorwurf, daß die Ereignisse in Italien die „Ohnmacht“ der Bundesverfassung gezeigt und Deutschland dem „Spott des Auslandes“ preisgegeben hätten26, mußten die bundestreuen Regierungen und ihre sich allmählich formierenden Anhänger in der deutschen Öffentlichkeit mit dem Versuch reagieren, die Vereinbarkeit von staatenbündischer Ordnung und nationaler Machtentfaltung zu demonstrieren. Es ist kein Zufall, daß fast zeitgleich mit der in Eisenach am 14. August 1859 von Liberalen und Demokraten proklamierten Ohnmacht des Bundes dessen Verteidiger das Machtpotential der bestehenden Ordnung hervorhoben. Die in Frankfurt erscheinenden „Deutschen Blätter“ schrieben am 15. August 1859: „Es ist also ein thörichter Vorwurf, den man der jetzigen Staatenordnung macht, daß sie das internationale Ansehn und den Einfluß Deutschlands nicht zur Geltung kommen lasse. Wir zählen bereits zwei Repräsentanten im Rath der fünf europäischen Mächte. Sind diese nur einig, so haben sie auch das übrige Deutschland hinter sich und sind dann die erste Continentalmacht des Welttheils.“27 Die in dem Artikel genannte Bedingung für die Machtstellung Deutschlands – die Einigkeit der beiden deutschen Großmächte – war im Deutschen Bund aber nicht gegeben. Es unterlag, so der Herzog von Sachsen-Meiningen in einer Denkschrift vom Februar 1860, „keinem Zweifel, daß gegenwärtig weder der deutsche Bund noch die deutschen Großstaaten die Machtstellung einnehmen, welche ihnen gebührt und welche als wesentliche Bürgschaft für 25 Jansen, Einheit, Macht und Freiheit, S. 288 ff., zur Nationalisierung und Militarisierung der politischen Kultur ebd. S. 332–357; zu den macht- und außenpolitischen Vorstellungen der kleindeutschen Liberalen siehe auch Biermann, Ideologie statt Realpolitik. 26 Vgl. die Anlage zur Eisenacher Erklärung der Demokraten und Konstitutionellen vom 14. August 1859, Dok. 10. 27 Dok. 11, Zitat S. 56.

2. Innenpolitische Reform und außenpolitische Machtstellung

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den Frieden Europas gewünscht werden muß“.28 Wichtigstes Ziel der Bundesreform mußte es demnach sein, die Einigkeit von Österreich und Preußen herzustellen und eine Bundeszentralgewalt zu organisieren, die die Interessen Gesamtdeutschlands im Konzert der europäischen Mächte effektiv vertreten, Bedrohungen von seiten anderer Mächte wirksam begegnen und nötigenfalls einen Krieg erfolgreich führen konnte. Dieses Motiv der effektiven Machtausübung vor allem auch nach außen kam in den folgenden Jahren in zahlreichen Plänen für eine Bundesreform zum Tragen. Die Verteidiger des Deutschen Bundes und seiner föderativen Verfassung mußten seit 1859 der äußeren Sicherheit Deutschlands, die ja nach Artikel 2 der Bundesakte ein wesentlicher Zweck des Bundes war, erheblich mehr Aufmerksamkeit zuwenden als jemals zuvor in der Bundesgeschichte. Denn nach dem allgemeinen Urteil der deutschen Öffentlichkeit wie auch nach der Einschätzung der Regierungen war die Sicherheit Deutschlands durch die Entwicklungen in Europa tatsächlich bedroht. Die in der vorliegenden Edition publizierten Quellen machen deutlich, wie sehr sich die durch den Italienischen Krieg veränderte außenpolitische Konstellation nicht nur auf die allgemeine deutsche Öffentlichkeit, sondern vor allem auch auf die Selbstwahrnehmung des Deutschen Bundes beziehungsweise derjenigen regierenden Politiker und Diplomaten auswirkte, die am Bund festhalten wollten. Es veränderten sich aber nicht nur die subjektive Einschätzung der Lage und damit die Art und Weise, wie über Bundesreform und nationale Organisation nachgedacht wurde. Auch objektiv wurde die deutsche Frage seit 1859 komplizierter als jemals zuvor in der Bundesgeschichte, wenn man einmal von den Revolutionsjahren 1848/49 absieht. Eine „kleine“ Reform des Staatenbundes, die sich einzelnen Aspekten wie etwa der Stimmenverteilung, den Kompetenzen der Bundesorgane, bestimmten Bundesgesetzen usw. zuwandte, wurde zunehmend unrealistisch. Zwar konnte man mit praktischen Reformmaßnahmen, vor allem auf dem Gebiet der Rechtsvereinheitlichung, durchaus bundespolitische Fortschritte erreichen29, aber diese waren kein Ersatz für die grundlegende institutionelle Umgestaltung, bei der sich neben der Frage der Bundeszentralgewalt als Exekutivmacht und der Bundesarmee als Instrument der Machtausübung nach außen auch die Frage nach der Volksvertretung und dem Bundesgericht stellte. Dazu kam noch die Frage der deutschen Wirtschaftsverfassung, die sich infolge der rasanten industriellen, kom-

28 Dok. 38, Zitat S. 195. 29 Vgl. dazu Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 391–564, Schöler, Deutsche Rechtseinheit. – Die vielfältigen Initiativen und Maßnahmen zur Rechtsvereinheitlichung im Deutschen Bund werden in einem eigenen Band der Edition dokumentiert werden.

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merziellen und technischen Strukturveränderungen30 immer drängender stellte. Der Deutsche Bund stand somit seit dem Ende der 1850er Jahre vor einer komplexen nationalen Herausforderung, bei der es neben der inneren politischen Organisation des Staatenbundes und der Partizipation der gesellschaftlichen Kräfte zugleich um bundesweiten Rechtsschutz, einheitliche Gesetze, wirtschaftspolitische Integration, eine verbesserte Militärverfassung, nationale Sicherheit nach außen und die Machtstellung Deutschlands in Europa ging. Der Bund versuchte trotz aller Schwierigkeiten, dieser Herausforderung gerecht zu werden und Wege zu finden, die bestehende staatenbündische Ordnung mit den realpolitischen Erfordernissen einerseits und den nicht selten überbordenden nationalpolitischen Forderungen in Einklang zu bringen. Dabei wurde in der relativ kurzen Zeit von drei Jahren vom Sommer 1859 bis zum Sommer 1862 unter Beteiligung von zahlreichen Regierungen und Politikern ein weitreichendes Bundesreformprojekt entworfen und schließlich in die Bundesversammlung eingebracht. Die Erwartungen, die daran geknüpft wurden, waren hoch, ebenso wie der Einsatz der Regierungen, die sich, angestoßen von dem Ausbruch nationaler Gefühle und Ansprüche seit 1859, auf eine riskante bundespolitische Entwicklung einlassen mußten. Und dabei wurde allen, der Öffentlichkeit wie den Regierungen, den Anhängern der großdeutsch-föderativen wie jenen der kleindeutsch-bundesstaatlichen Organisation Deutschlands klar, daß die „Lösung“ der deutschen Frage kein rein innerdeutsches Problem war, sondern eine mit der europäischen Politik eng verknüpfte Angelegenheit, die mit großen Gefahren behaftet war.

3. Die zentrale Rolle der Öffentlichkeit Die Öffentlichkeit war nach dem Scheitern der Revolution von 1848/49 vorübergehend aus der politischen Diskussion zurückgedrängt worden. Zwar war es weder auf Bundesebene noch in den deutschen Einzelstaaten gelungen, das öffentliche Debattieren über politische Themen – und hier insbesondere über die nationale Frage – vollständig zu unterbinden. Doch war es infolge einer Vielzahl von gesetzlichen und polizeilichen Maßregeln in den 1850er Jahren zu einer Eindämmung der freien öffentlichen Meinungsäußerung gekommen.31 30 Siehe dazu die Überblicke bei Hahn, Die Industrielle Revolution in Deutschland, S. 24–39, und Lenger, Industrielle Revolution, S. 31–123, jeweils mit ausführlichen Literaturhinweisen. 31 Zur polizeistaatlichen Entwicklung siehe Siemann, „Deutschlands Ruhe, Sicherheit und Ordnung“; ders., Gesellschaft im Aufbruch, S. 44–65; ders. (Hrsg.), Der „Polizeiverein“ deutscher

3. Die zentrale Rolle der Öffentlichkeit

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Die „Meinungskontrolle“32 war besonders effektiv auf der Ebene der Einzelstaaten, wenn auch nicht alle deutschen Regierungen in gleicher Weise vorgingen und es durchaus Unterschiede in der Kontrollintensität gab. Ein flächendeckendes Unterdrückungssystem, wie es im Vormärz bestanden hatte, kam nach 1850 nicht mehr zustande. Das lag nicht zuletzt auch daran, daß es auf Bundesebene nicht zu einer stringenten und nachhaltigen Politik der öffentlichen Meinungskontrolle kam. Erst nach mehrjährigen Verhandlungen wurden 1854 zwei Bundesbeschlüsse verabschiedet33, die das Pressewesen und das Vereins- und Versammlungswesen im konservativen Sinne regulieren sollten. Aber die Maßnahmen blieben wegen des preußischen Widerstandes gegen weitgehende bundeseinheitliche Regelungen hinter den ursprünglichen Zielen zurück, und ihre Wirksamkeit wurde zusätzlich dadurch eingeschränkt, daß manche Staaten die Inkraftsetzung der Beschlüsse hinauszögerten oder gar völlig unterließen.34 Infolgedessen hing die Meinungskontrolle letztlich von der Bereitschaft der Einzelstaaten ab, öffentliche Diskussionen über politische Fragen zu unterbinden oder auf ein gewisses Maß einzuhegen. Bis zum Jahr 1859 herrschte in dieser Hinsicht ein weitgehendes Einvernehmen zumindest zwischen den großen und den mittelgroßen Staaten, die kein Interesse daran hatten, dem politischen Kampf der Meinungen freien Raum zu lassen. Wenn es dennoch zu nationalpolitischen Manifestationen in einzelnen Landtagen und in Presseorganen kam, wie dies besonders in den Jahren 1855/56 – ausgelöst durch die Krimkriegskrise – der Fall war, so entstanden daraus keine dauerhaften Debatten, welche die Regierungen nachhaltig unter Druck gesetzt hätten. Dies änderte sich ab 1859 grundlegend. Die deutsche Öffentlichkeit meldete sich seither in einer seit der 1848er Revolution nicht gekannten Breite und mit einem Nachdruck zu Wort, dem mit den herkömmlichen Mitteln der amtlichen Meinungskontrolle nicht mehr beizukommen war. Auslösendes Moment dafür war der Italienische Krieg35, in den – anders als im Krimkrieg – Österreich als Vormacht des Deutschen Bundes unmittelbar involviert war. Dieser Krieg spielte sich geographisch nicht am fernen Rand Europas, son-

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Staaten; Dokumente aus geheimen Archiven, Bd. 5: Die Polizeikonferenzen deutscher Staaten 1851–1866. Siemann, Ideenschmuggel; vgl. auch ders., Kampf um die Meinungsfreiheit; ders., Von der offenen zur mittelbaren Kontrolle; siehe auch Fischer (Hrsg.), Kommunikationskontrolle. Vgl. QGDB III/2, Dok. 51 und 52. Vgl. zu der Reaktionspolitik des Bundes insgesamt Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 90–145; zur Pressepolitik siehe Kohnen, Pressepolitik des Deutschen Bundes. Kurze Überblicke und Hinweise auf weitere Literatur bei: Gall, Europa auf dem Weg in die Moderne, S. 46–56, sowie Baumgart, Europäisches Konzert und nationale Bewegung, S. 352–363.

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dern unmittelbar vor den deutschen Grenzen ab, und er wurde wegen der Unterstützung der italienischen Einigungsbewegung durch Frankreich als akute Bedrohung Deutschlands an seiner Westgrenze wahrgenommen. In dieser kritischen Situation vom Frühjahr und Sommer 1859 meldete sich die Öffentlichkeit auf allen verfügbaren Foren zu Wort: in der Tagespresse36 und in periodischen Zeitschriften37, in der Publizistik38, in den Landtagen39, in den Interessenverbänden, auf nationalen Festen und Feiern und in einer Reihe von Versammlungen liberaler Politiker40, aus denen im Spätsommer mit dem Deutschen Nationalverein eine politische Organisation hervorging41, deren erklärtes und öffentlich propagiertes Ziel die Bildung eines deutschen Bundesstaats war. Diese öffentliche Diskussion – und auch der nichtöffentliche intensive Austausch zwischen den Führern und Anhängern einer nationalen Politik42 – ist in einer Reihe von historischen Studien untersucht worden. Es liegen – zumeist ältere – Darstellungen zur Presse in den Einzelstaaten43 oder zu einzelnen Zeitungen44, zur Publizistik45, zu den nationalen Festen46, zu den politischen Versammlungen47 und zur Gründung des Nationalvereins48 vor. Es fehlt allerdings eine systematische Untersuchung über die deutsche Presse und ihre Reaktion auf die durch den Italienischen Krieg ausgelöste nationalpolitische Diskussion.49 Neben der Tagespresse wurde „Öffentlichkeit“ seit dem Ende der 1850er Jahre in ganz erheblichem Ausmaß durch die Broschüren- und Flugschriften36 37 38 39 40 41 42 43

44 45 46 47 48 49

Siehe Dok. 2, 29, 33, 35 und 36. Siehe Dok. 6, 11 und 15. Siehe Dok. 1. Siehe Dok. 9. Siehe Dok. 5, 8 und 10. Siehe Dok. 20. Vgl. dazu die Briefedition von Jansen (Bearb.), Nach der Revolution. Zu Baden: Fischer, Die öffentliche Meinung in Baden; Gellert, Die öffentliche Meinung in Baden; zu Kurhessen: Gleim, Die deutsche Frage in der kurhessischen Presse 1848–1866; Hitzeroth, Die politische Presse Kurhessens; zu Österreich: Lott, Der Kampf um die Führung in Deutschland; zu Württemberg: Bachteler, Die öffentliche Meinung. Gebhardt, Die deutsche Politik der Augsburger Allgemeinen Zeitung 1859–1866. Scheffer, Die preußische Publizistik im Jahre 1859. Biefang, Massenbasis des Liberalismus; Noltenius, Schiller als Führer und Heiland; Klenke, Nationalkriegerisches Gemeinschaftsideal. Real, Pfingstversammlung und Abgeordnetentag. Biefang, Politisches Bürgertum in Deutschland; ders. (Bearb.), Der Deutsche Nationalverein; Na’aman, Der Deutsche Nationalverein. Die Arbeit von Mittelstaedt, Der Krieg von 1859, konzentriert sich auf Bismarck und die öffentliche Meinung und nimmt nicht das gesamte Spektrum der Presseberichterstattung in den Blick. – Allgemein zur deutschen Presse siehe Koszyk, Deutsche Presse im 19. Jahrhundert; Fischer, Handbuch der politischen Presse in Deutschland; ders., Deutsche Zeitungen des 17.–20. Jahrhunderts; Stöber, Deutsche Pressegeschichte.

3. Die zentrale Rolle der Öffentlichkeit

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literatur hergestellt. Dieses publizistische Genre erlebte einen enormen Aufschwung. Die von Hans Rosenberg zusammengestellte zweibändige kritische Bibliographie der nationalpolitischen Publizistik50 listet für den Zeitraum von 1858 bis 1866 insgesamt 1338 Schriften auf, das heißt im Durchschnitt weit mehr als hundert pro Jahr. Schon allein diese Masse der politischen Schriften zeigt, welch ein ausgedehnter öffentlicher Markt für die Diskussion der deutschen Frage seit Ende der 1850er Jahre entstand. Zu einem besonders wichtigen Forum für die öffentliche Debatte entwickelten sich darüber hinaus die Landtage der einzelnen deutschen Staaten. Sie hatten sich schon seit Beginn des Jahrzehnts des öfteren in Fragen der deutschen Politik und insbesondere auch mit Anträgen zur Reform der Bundesverfassung zu Wort gemeldet. Seit 1859 nahm die Häufigkeit derartiger Debatten und die Intensität, mit der sie geführt wurden, stark zu. Einige dieser Debatten in den Landtagen von Bayern, Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen und Württemberg sind in der Edition ausführlich dokumentiert.51 Die parlamentarische Beschäftigung mit der nationalen Politik übte einen großen Einfluß auf die Öffentlichkeit aus, denn über die Parlamentssitzungen wurde in der Presse ausführlich berichtet, teils zustimmend, teils kontrovers. Der öffentliche Diskurs über deutsche Politik speiste sich mithin aus mehreren Quellen, und er gewann dadurch eine Breite und Intensität, wie dies zuvor nicht der Fall gewesen war. Viele deutsche Regierungen begünstigten diesen Bedeutungszuwachs der Öffentlichkeit, indem sie nicht mehr, wie in den Jahren zuvor, unerwünschte öffentliche Äußerungen über die nationale Frage zu unterdrücken versuchten, sondern in immer stärkerem Maße selbst an der öffentlichen Diskussion teilnahmen. Dazu bedienten sie sich einesteils der regierungsamtlichen und offiziösen Presseorgane wie etwa der Karlsruher Zeitung, des Dresdner Journals52 oder der preußischen Kreuzzeitung. Andererseits betrieben einige Regierungen, allen voran Österreich und Preußen, eine gezielte staatliche Pressepolitik mit „Literarischen Büros“, bezahlten Redakteuren und lancierten Artikeln.53 Auch bei der Flugschriftenproduktion waren die Regierungen teilweise direkt beteiligt, indem sie von eigenen Diplomaten oder von dafür bezahlten Publizisten verfaßte Schriften anonym veröffentlichen ließen.54 Über die Konstituierung der politischen Öffentlichkeit in Deutschland in der Zeit zwischen 1850 und 1866, über die Struktur der Öffentlichkeit, über 50 51 52 53

Rosenberg, Nationalpolitische Publizistik. Siehe Dok. 9, 39, 68, 128 und 129. Siehe Dok. 36. Nöth-Greis, Das Literarische Büro; Piereth, Propaganda im 19. Jahrhundert; Green, Intervening in the Public Sphere. 54 Siehe Dok. 92 u. 110.

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wichtige Akteure, über die kommunikativen Netzwerke, mit denen Medien, Verlage, Landtage und Regierungen auf vielfältige Weise miteinander verbunden waren, sind in den letzten Jahren einige umfassende Untersuchungen vorgelegt worden.55 Dabei ist teilweise auch das lange Zeit kaum beachtete Verhältnis zwischen der Öffentlichkeit und dem Deutschen Bund näher untersucht und der öffentliche Meinungsdruck als enorm wichtiges Element der deutschen Politik identifiziert worden.56 Wie die bundespolitischen Akteure auf diese Herausforderung reagierten, ist allerdings noch nicht Gegenstand einer systematischen Studie auf breiter Quellenbasis geworden. Viele der im vorliegenden Band veröffentlichten Dokumente zeigen, daß die Bundesversammlung und die am Deutschen Bund festhaltenden Politiker sich in zunehmendem Maße bemühten, eine aktive Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. So wurde die schon mehrfach versuchte Publikation der Bundesprotokolle im Herbst 1859 wieder auf die Tagesordnung gesetzt57, ebenso wie die Gründung einer Bundeszeitung, für die im März 1860 ein detaillierter Plan vorgelegt wurde, der als Grundziele die „Erhaltung der deutschen Bundesverfassung, kräftige Fortentwicklung durch Erweiterung ihrer Stellung und geeignete organische Reform“ formulierte58. Die besonders von den süddeutschen Mittelstaaten gewünschte aktive Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Bundes ließ sich angesichts der Gegensätze in der Bundesversammlung nicht verwirklichen. Auf der anderen Seite scheiterte aber ebenso der Versuch einiger Regierungen, die öffentliche Meinung zu kontrollieren oder gar ganz zu unterdrücken. Als die Regierung von Hessen-Darmstadt am 5. Januar 1861 in der Bundesversammlung ein Verbot des Nationalvereins beantragte59, fand sich dafür keine Mehrheit, und es war bezeichnenderweise die regierungsnahe „Preussische Zeitung“, die in einem langen Artikel darauf hinwies, daß es dem „Rechtsgefühl, dem Gewissen und dem natürlichen Verstande des deutschen Volkes“ widerspreche, „daß nationale Regungen heute verfolgt und unterdrückt werden sollen“.60 55 Biefang, Politisches Bürgertum in Deutschland; Jansen, Einheit, Macht und Freiheit; jetzt ausführlich: Hewitson, Nationalism in Germany. 56 Vor allem Mark Hewitson hat in seiner Studie über den revolutionären Nationalismus in Deutschland (wie Anm. 55) kürzlich den enormen Einfluß der „public sphere“ betont. Die Ausbildung von nationalen politischen Netzwerken, nationalistischen Ideologien und der nationalen Öffentlichkeit in den 1850er und 1860er Jahren, so die überzeugend belegte These von Hewitson, war ein bestimmendes Element bei der Entstehung des kleindeutschen Nationalstaates. 57 Siehe Dok. 32 und 34. 58 Dok. 32 und 40, Zitat S. 204. 59 Dok. 70. Vgl. dazu Heck, Dalwigk und der Nationalverein. 60 Dok. 71, Zitat S. 340.

3. Die zentrale Rolle der Öffentlichkeit

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Eineinhalb Jahre später, im Juli 1862, stellte die Regierung des Großherzogtums Baden in der Bundesversammlung den Antrag, die 1854 verabschiedeten Bundesbeschlüsse über die Presse und das Vereins- und Versammlungswesen aufzuheben und damit die Repressionspolitik auch offiziell zu beenden.61 Zwar fand dieser Vorstoß keine Mehrheit, doch war die Kontrolle der öffentlichen Meinung im Deutschen Bund faktisch zu diesem Zeitpunkt bereits außer Kraft gesetzt. Die im vorliegenden Band abgedruckten Dokumente belegen auf vielfältige und eindrucksvolle Weise die Wirkungslosigkeit der Repressivmaßregeln der 1850er Jahre. Sie zeigen ferner, daß die Bundesversammlung nicht die Kraft und eine zunehmende Zahl von Einzelstaaten nach 1859 auch nicht mehr den Willen hatte, die öffentliche Meinung zu unterdrücken. Darüber hinaus macht die Edition deutlich, in welch erstaunlichem Ausmaß die in Frankfurt agierenden Bundestagsgesandten, die einzelstaatlichen Kabinette, ihre diplomatischen Vertreter und auch die deutschen Monarchen von der öffentlichen politischen Diskussion, der sie nicht mehr Herr wurden, in ihrem politischen Denken und Handeln beeinflußt wurden. In den diplomatischen Korrespondenzen, internen Denkschriften und vertraulichen Gesprächen wurde beinahe permanent Bezug genommen auf öffentliche Kundgebungen in der Presse, in Flugschriften, in den Landtagen und auf den nationalen Versammlungen. Bei allen bundespolitischen Maßnahmen wurde die erwartete oder befürchtete Reaktion der Öffentlichkeit ins Kalkül genommen, negative Schlagzeilen sollten möglichst vermieden werden. Bei nahezu allen Regierungen setzte sich die Einsicht durch, daß deutsche Politik nicht mehr als bloße Kabinettsdiplomatie betrieben werden konnte, sondern daß jede politische Initiative in ihrer öffentlichen Wirkung berechnet werden mußte. Das galt naturgemäß in besonderem Maße für all jene Maßnahmen und Beschlüsse der Bundesversammlung, die nationale Themen berührten – und zu solchen Fragen von nationaler Bedeutung wurde seit 1859 fast alles, was in der Bundesversammlung verhandelt wurde. Die durchgreifende Wirkung des Faktors „Öffentlichkeit“ manifestierte sich schließlich überaus eindrucksvoll in den Bundesreformprojekten, die seit 1859 wieder vermehrt entworfen und beraten wurden. So unterschiedlich diese Entwürfe im einzelnen auch waren, so sehr waren sie fast alle darum bemüht, in der öffentlichen Meinung bestehen zu können und die Zustimmung der Mehrheit der deutschen Bevölkerung zu finden. Das „deutsche Volk“ wurde mehr und mehr zum Bezugspunkt der Bundesreformdebatte, die nach Wegen suchte, dem Deutschen Bund eine Organisation zu geben, welche den Wünschen und Bedürfnissen des Volkes beziehungsweise der Nation ent61 Dok. 133.

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sprach. Schon im Sommer 1859 reagierten die Regierungen auf die von Vertretern der Nationalbewegung auf Versammlungen, in Adressen, in der Tagespresse und in Flugschriften vorgebrachten Forderungen nach einer nationalen Regierung und Volksvertretung62 mit einem Wiederaufgreifen der Bundesreformbemühungen. Der sächsische Außenminister Beust, der sich seit Beginn der 1850er Jahre nahezu unablässig für die Bundesreform eingesetzt hatte63, nahm die öffentliche Agitation zum Anlaß, sich erneut für Beratungen der Regierungen über eine „Verbesserung der Bundesverfassung“ einzusetzen, und er empfahl dabei, diesen Beratungen „die unbeschränkteste Öffentlichkeit“ zu geben.64 Die von den Ereignissen in Italien im Sommer 1859 ausgelöste nationale Erregung setzte im Deutschen Bund offenkundig eine Entwicklung in Gang, die sich in ihrer Motivation, ihrer Form und zunehmend auch in ihrem Inhalt als „öffentliche Politik“ präsentierte. Mit diesem veränderten Politikverständnis ließen die Mehrzahl der deutschen Regierungen und die Bundesversammlung relativ rasch den seit 1849/50 praktizierten obrigkeitlichen Politikstil, der sich ganz überwiegend in den Kabinetten und auf diplomatischen Kanälen bewegte, hinter sich. Die deutsche (und teilweise auch die europäische65) Öffentlichkeit zwang dem Deutschen Bund und seinen Akteuren eine öffentliche Politik auf, und diese 1859 eingeschlagene Richtung führte in den folgenden Jahren mit innerer Konsequenz zu dem größten öffentlichen und öffentlichkeitswirksamen Ereignis in der gesamten Bundesgeschichte: dem Frankfurter Fürstentag vom August 1863, der eine grundlegende Umgestaltung des Deutschen Bundes zum Ziel hatte. Es gehört zu den erhellenden, von der bisherigen Forschung in dieser Klarheit noch nicht erfaßten Aspekten der vorliegenden Edition, die durch eine Vielzahl von Quellen belegte Verbindung von Bundespolitik und Öffentlichkeit zu dokumentieren. Anders als es viele bisherige Studien nahelegen, vollzog sich die öffentliche Debatte über die nationale Frage in Deutschland seit 1859 nicht ausschließlich gegen den Deutschen Bund oder gewissermaßen an ihm vorbei, sondern sie wirkte in die Bundespolitik hinein, sie beeinflußte das Denken und Handeln der bundespolitischen Akteure, sie führte zu einer intensiven Wechselwirkung zwischen öffentlichen Verlautbarungen und diplomatischen Korrespondenzen. 62 Siehe Dok. 5, 8 und 10. 63 Zur Beustschen Bundespolitik siehe Flöter, Beust und die Reform des Deutschen Bundes; zur bundespolitischen Haltung König Johanns von Sachsen siehe Müller/Schattkowsky (Hrsg.), Zwischen Tradition und Modernität. 64 Dok. 7, Zitate S. 33 f. 65 Siehe dazu Dok. 41.

4. Die nationalpolitische Parteibildung

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Umgekehrt zeichnete sich die Öffentlichkeit der Politik auch dadurch aus, daß das allgemeine politisch interessierte Publikum über ein Maß an Informationen verfügte, wie es zuvor bei weitem nicht der Fall gewesen war. In der Tagespresse wurden Bundesbeschlüsse, diplomatische Depeschen, Denkschriften, Proklamationen und Reden in großer Menge veröffentlicht. Hinzu kam noch eine andere Publikationsform, die eine überaus reichhaltige aktuelle Informationsquelle bildete: der zeitnahe Abdruck von politisch relevanten Dokumenten in Buchform. Zu nennen ist hier zum einen der von Heinrich Schulthess herausgegebene „Europäische Geschichtskalender“, eine sehr detaillierte Chronik der politischen und wirtschaftlichen Ereignisse in Deutschland und Europa, die erstmals im Jahr 1861 erschien und die für das Berichtsjahr 1860 auf 262 Seiten und für die Folgejahre auf über 400 Seiten pro Band ein mit Originaldokumenten gespicktes Kalendarium der politischen Vorgänge bot.66 Parallel dazu erschien ab 1861 das „Staatsarchiv“, eine von Ludwig Karl Aegidi und Alfred Klauhold herausgegebene „Sammlung der officiellen Actenstücke zur Geschichte der Gegenwart“.67 Der Öffentlichkeit stand somit umfangreiches „offizielles“ Material zur Verfügung, was ebenfalls dazu beitrug, der politischen Diskussion eine neue Qualität und dem bundespolitischen Prozeß eine neue Dynamik zu geben.

4. Die nationalpolitische Parteibildung Das Jahr 1859 markierte den entscheidenden Entwicklungsschritt zu einer nationalpolitischen Parteibildung in Deutschland. Die Anfänge der deutschen Parteien als politische Bewegungen werden in den 1830er und 1840er Jahren verortet, und während der Revolution von 1848/49 entstanden aus den parlamentarischen Fraktionen auf einzelstaatlicher Ebene wie auch auf Reichsebene erste Formen von organisierten Parteien.68 Dieses „Parteiensystem“ (Gerhard A. Ritter) hat sich dann in der nachfolgenden Reaktionsära der 1850er Jahre wieder zurückentwickelt. In vielen Einzelstaaten wurden durch Vereinsgesetze und polizeiliche Maßnahmen die liberalen, demokratischen und sozialistischen Parteien und Vereine unterdrückt. Zwar gab es in den fünfziger Jahren unter den Anhängern der liberalen und nationalen Bewegung 66 Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, erschienen sind vier Jahrgänge für die Berichtsjahre 1860, 1861, 1862 und 1863. 67 Das Staatsarchiv. Sammlung der officiellen Actenstücke zur Geschichte der Gegenwart. Hrsg. v. Ludwig Karl Aegidi u. Alfred Klauhold. Bd. 1–3. Hamburg 1861–1862. 68 Ritter, Die deutschen Parteien; zur Parteibildung in der Revolutionszeit siehe Botzenhart, Deutscher Parlamentarismus 1848–1850, bes. S. 315–414.

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Versuche, über persönliche Netzwerke und durch publizistische Aktivitäten den Zusammenhalt einer nationalorientierten politischen Gruppierung auch unter den Bedingungen des reaktionären Klimas zu bewahren, doch führte dies nicht zu einer organisierten, massenwirksamen Nationalpartei. Auch die sogenannte „Gothaer Partei“ (der Name geht zurück auf die Gothaer Versammlung der kleindeutsch-konstitutionellen Liberalen vom 25.–27. Juni 1849) blieb eine im Verborgenen wirkende diffuse Ansammlung von heterogenen Persönlichkeiten.69 Auf Bundesebene wurden mit dem Beschluß über das Vereins- und Versammlungswesen vom 13. Juli 185470 alle politischen Vereine, sofern sie nicht durch die Gesetze der Einzelstaaten grundsätzlich verboten waren, unter eine enge staatliche Aufsicht gestellt. Um die Bildung nationaler Vereine und Parteien zu verhindern, untersagte der Bundesbeschluß jede Verbindung von (einzelstaatlichen) politischen Vereinen mit anderen derartigen Vereinen in Deutschland. Durch dieses Affiliationsverbot wurde eine gesamtdeutsche politische Parteibildung für bundesgesetzwidrig erklärt. Zusätzlich wurde die Bildung von politischen Vereinen und Parteien noch dadurch eingeschränkt, daß den einzelnen deutschen Regierungen das Recht zugesprochen wurde, alle Versammlungen von Vereinen, die sich mit öffentlichen Angelegenheiten beschäftigten, überwachen und gegebenenfalls auflösen zu lassen.71 Dieser Bundesbeschluß blieb formal bis 1866 in Kraft, doch konnte er die nationale Parteibildung nicht verhindern. Dies lag zum einen daran, daß der Beschluß nicht in allen deutschen Staaten vollzogen wurde und es auch in den 1850er Jahren letztlich den einzelstaatlichen Regierungen überlassen blieb, wie intensiv sie das politische Vereins- und Versammlungswesen kontrollierten. Zum anderen handelten seit 1859 einige deutsche Regierungen im eklatanten Widerspruch zum Bundesvereinsbeschluß, indem sie dezidiert politischen Vereinen mit offen ausgesprochener nationaler Zielsetzung die Betätigung auf ihrem Territorium erlaubten und diese teilweise sogar aktiv förderten. Als sich im Frühjahr und Sommer 1859 vielerorts in Deutschland Anhänger der liberalen und demokratischen Nationalbewegung auf politischen Versammlungen trafen und, wie in Eisenach, „eine schleunige Aenderung“ der „fehlerhaften Gesammtverfassung Deutschlands“ verlangten72, wurden diese Versammlungen keineswegs mit dem gesetzlichen und polizeilichen Instrumentarium, das in den Jahren zuvor immer weiter ausgebaut worden war, un69 70 71 72

Vgl. dazu Eichmeier, Anfänge liberaler Parteibildung. QGDB III/2, Dok. 52. Ebd., S. 244. Dok. 5. Zu den nationalpolitischen Versammlungen seit März 1859 siehe Biefang, Politisches Bürgertum in Deutschland, S. 66–75.

4. Die nationalpolitische Parteibildung

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terdrückt. Statt einer einheitlichen Reaktion auf diese Herausforderung seitens der Nationalbewegung handelten die deutschen Regierungen nach ihrer jeweils spezifischen einzelstaatlichen Interessenlage. Dadurch wurde es möglich, daß im September 1859 am Sitz des Bundestages in Frankfurt eine „Versammlung deutscher Männer“ den Nationalverein gründete.73 Ziel dieser nach dem Vorbild der italienischen Società nazionale gebildeten Vereinigung, die sich selbst als „nationale Partei in Deutschland“ bezeichnete, war es, „für die patriotischen Zwecke dieser Partei mit allen ihm [dem Verein] zu Gebote stehenden gesetzlichen Mitteln zu wirken, insbesondere die geistige Arbeit zu übernehmen, Ziele und Mittel der über unser ganzes Vaterland verbreiteten Bewegung immer klarer im Volksbewußtsein hervortreten zu lassen“.74 Als der Frankfurter Senat dem Nationalverein die Genehmigung verweigerte, weil er eine verbotene Verbindung politischer Vereine darstelle und den Bestand der Bundesverfassung gefährde, nahm der Verein im August 1859 seinen Sitz in Coburg, von wo aus er unter dem Schutz des Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha in den folgenden Jahren seine umfangreiche nationalpolitische Tätigkeit ausübte.75 Die Protektion, die der Herzog des thüringischen Kleinstaats dem Nationalverein gewährte, führte im Deutschen Bund in den folgenden Monaten und Jahren zum offenen Streit. Während der österreichische Außenminister Rechberg im Nationalverein „eine revolutionaire, auf den Umsturz der Bundesverfassung gerichtete Bewegung“ sah, „die ein deutscher Bundesfürst nicht unter seine Obhut nehmen könne, ohne sich außerhalb der Bundesversammlung zu stellen“76, ließ die preußische Regierung keine Neigung erkennen, gegen den Nationalverein und den Coburger Herzog vorzugehen. Auch die süddeutschen Mittelstaaten fanden keine gemeinsame Linie in der Frage des Nationalvereins. Auf ihrer Konferenz in Würzburg Ende November 1859 kam das Thema zur Sprache77, doch es wurde keine Einigung über ein Einschreiten des Deutschen Bundes erzielt. Alle Versuche, den Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha auf diplomatischem Weg einzuschüchtern und ihn von der Unterstützung des Nationalvereins abzubringen, schlugen fehl. Als schließlich die Regierung von Hessen-Darmstadt im Januar 1861 die Bundes73 Vgl. dazu ausführlich Biefang, Politisches Bürgertum in Deutschland, S. 66–119; die wichtigsten Quellen zum Nationalverein wurden ediert von Biefang (Bearb.), Der Deutsche Nationalverein. 74 Dok. 20, Zitate S. 90. 75 Biefang, Politisches Bürgertum in Deutschland, S. 81; siehe auch ausführlich zur Rolle von Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha: Brütting, Fürstlicher Liberalismus, bes. S. 55–91. 76 Dok. 25, Zitat S. 146 f. 77 Siehe dazu die Auflistung der Beratungsgegenstände in der Einladung zur Würzburger Konferenz in Dok. 32.

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versammlung aufforderte, zu erklären, ob der Nationalverein unter das Verbot des Bundesbeschlusses von 1854 falle, wurde dieser Antrag an den politischen Ausschuß überwiesen – und damit begraben.78 Wie sehr sich die Auffassungen der deutschen Regierungen im Hinblick auf die nationalpolitische Parteibildung auseinanderentwickelten, zeigt der Antrag der badischen Regierung vom 10. Juli 1862 auf Aufhebung des Bundesvereinsbeschlusses von 1854. Zur Begründung führte die badische Regierung an, die restriktiven Maßnahmen von 1854 seien „durch Ausnahmszustände hervorgerufene Zeitforderungen“ gewesen, für die nun keine Notwendigkeit mehr bestehe.79 Auch der badische Antrag wurde in der Bundesversammlung nicht zur Entscheidung gebracht, weil darüber ebensowenig eine Übereinstimmung herzustellen war wie über den gerade entgegengesetzten hessen-darmstädtischen Antrag. Der Bundesbeschluß zur Verhinderung einer nationalpolitischen Vereinsbildung blieb offiziell weiterhin geltendes Bundesrecht, doch in den einzelnen deutschen Staaten wurde dieser Beschluß völlig unterschiedlich gehandhabt. Manche Regierungen sahen ihn als bindendes Recht an und begründeten damit ihre Beschränkungen des nationalen Vereins- und Versammlungswesens. Andere bestritten seine Anwendbarkeit auf den Nationalverein und die politischen Versammlungen oder ignorierten den Bundesbeschluß einfach. Die offenkundige Unfähigkeit der Deutschen Bundesversammlung, in dieser Frage eine einheitliche Linie zu finden und die daraus resultierende Unmöglichkeit einer wirksamen Unterdrückung der nationalen Vereine und Parteien veränderten das politische Koordinatensystem in Deutschland grundlegend. Der politische Aktionsrahmen wurde nicht mehr ausschließlich oder doch ganz überwiegend von den Regierungen und schon gar nicht von der Bundesversammlung als ihrem gemeinsamen Organ abgesteckt. Der Deutsche Bund verlor zusehends die Kontrolle über das öffentliche politische Leben in Deutschland. Es entstand ein neuer Raum für nationalpolitisches Debattieren und Handeln, in dem der rasch anwachsende Nationalverein, aber auch die unzähligen anderen Vereinigungen und Versammlungen, die seit 1859 wie Pilze aus dem Boden schossen, sich immer ungestörter betätigen konnten.80 Neben dem Nationalverein, der bis 1862 etwa 25 000 Mitglieder gewinnen konnte, agierten und agitierten auf dem nationalpolitischen Feld die Sänger-, Schützen- und Turnvereine81, die Interessenverbände82 wie etwa der Kongreß deut78 Dok. 70. 79 Dok. 133, Zitat S. 709. 80 Zu dieser rasanten Entfaltung des Vereins- und Verbandswesens seit Ende der 1850er Jahre siehe Siemann, Gesellschaft im Aufbruch, S. 261–264; Tenfelde, Die Entfaltung des Vereinswesens; Jansen, Gründerzeit und Nationsbildung, S. 133–140. 81 Klenke, Nationalkriegerisches Gemeinschaftsideal; Krüger, Körperkultur und Nationsbildung; Langewiesche, Nation, Nationalismus, Nationalstaat, S. 82–171.

4. Die nationalpolitische Parteibildung

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scher Volkswirte83 oder der Juristentag84, die nationale Festbewegung, die mit den Schillerfesten von 1859 das nationalkulturelle Einheitsideal in ganz Deutschland flächendeckend feierte85, und die zahllosen, bislang noch kaum untersuchten lokalen und regionalen Versammlungen, auf denen die nationale Gemeinschaft aller Deutschen postuliert wurde. Die deutschen Kabinette, die Bundesversammlung und die Ausschüsse und Kommissionen des Bundes wurden somit seit 1859 mit einer rasch anschwellenden und vielstimmigen nationalen Massenbewegung konfrontiert, deren politische Absichten und zu erwartenden Reaktionen bei allen bundespolitischen Verhandlungen und Entscheidungen berücksichtigt werden mußten. Als offenbar wurde, daß die nationale Parteibildung keine vorübergehende Erscheinung war, begannen sich, unterstützt von den „bundestreuen“ deutschen Regierungen, die Anhänger einer großdeutsch-föderativen Lösung der deutschen Frage ebenfalls in einem nationalen Verein zu organisieren. Im Oktober 1862 kam es schließlich zur Gründung des Deutschen Reformvereins, dessen Zweck es war, „die Reform der deutschen Bundesverfassung nach Kräften zu fördern“ und alle Bestrebungen zu bekämpfen, die darauf abzielten, einen Teil Deutschlands – gemeint war natürlich Österreich – aus der Nation auszuschließen.86 Das war ein später Versuch zur Etablierung einer „Bundespartei“, der zudem keine große Massenwirksamkeit entfalten konnte. Dies lag unter anderem daran, daß das Projekt der Bundesreform, das im Sommer 1862 endlich in die Bundesversammlung gebracht worden war87, selbst den moderaten Mitgliedern des Reformvereins „unzulänglich“ erschien: „Dieses Projekt“, so der Tübinger Theologieprofessor und württembergische Kammerabgeordnete Johannes Kuhn, „ist nicht geeignet, Propaganda zu machen, weder in der öffentlichen Meinung, noch bei den widerstrebenden Regierungen, schon deßhalb nicht, weil diesen letzteren der Einwand bleibt, daß es den nationalen Wünschen und Bedürfnissen nicht entgegen kommt. Eine reelle Reform, ein Anfang und nicht blos ein Anlauf dazu ist nothwendig.“88 Eine wirkliche Reform bestand auch für die Mitglieder des Reformvereins darin, daß der Volksvertretung beim Deutschen Bund, die nach dem österrei82 83 84 85 86

Ullmann, Interessenverbände. Hentschel, Die deutschen Freihändler und der volkswirtschaftliche Kongreß. Conrad/Dilcher/Kurland, Der Deutsche Juristentag. Noltenius, Schiller als Führer und Heiland. Dok. 150, Zitat S. 810. Zur großdeutschen Parteibildung siehe auch Dok. 147–149. Zum Reformverein siehe Real, Der deutsche Reformverein; Zimmermann, Der deutsche Reformverein. 87 Dok. 140. 88 Rede von Johannes Kuhn auf der Gründungsversammlung des Reformvereins am 28. Oktober 1862, Dok. 149, Zitat S. 809.

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chisch-mittelstaatlichen Antrag nun endlich in Form einer Delegiertenvertretung eingerichtet werden sollte, tatsächliche „constitutionelle Befugnisse“, das heißt die Mitwirkung an der Bundesgesetzgebung, eingeräumt wurden.89 Die nationalpolitische Parteibildung im Deutschen Bund ging offenkundig einher mit einer allgemeinen Anerkennung des parlamentarischen Prinzips, das in den Einzelstaaten schon seit langem in dem Sinne praktiziert wurde, daß eine Gesetzgebung ohne die Beteiligung der gewählten Abgeordneten nicht mehr statthaft war. Eine Fortführung der bisherigen Politik der Bundesversammlung, die bei ihren Verhandlungen und Entscheidungen über nationale Fragen ohne jegliche Beteiligung des Volkes vorgegangen war, fand auch im Lager derjenigen keinen Rückhalt mehr, die für den Fortbestand des Deutschen Bundes eintraten und die kleindeutsch-preußischen Bundesstaatspläne bekämpften. Dies erklärt sich daraus, daß die großdeutsche nationalpolitische Parteibildung – ebenso wie die kleindeutsche im Nationalverein – ganz erhebliche Impulse von der Entwicklung der Parteien in den Einzelstaaten empfing. Fast überall machte die parteipolitische Mobilisierung seit dem Ende der 1850er Jahre große Fortschritte. Zwar waren die Grenzen zwischen politischen Vereinen, Verbänden und Parteien noch fließend, doch ging die Ausbildung separater, programmatisch differenzierter und organisatorisch verfestigter Parteien weiter voran, wobei die seit der Revolution von 1848/49 sich immer klarer ausprägende Fraktionsbildung in den einzelstaatlichen Parlamenten den Parteibildungsprozeß nachhaltig förderte.90 Es bildete sich in den meisten deutschen Einzelstaaten – wenn auch in sehr unterschiedlicher Intensität – ein auf die Landtagsfraktionen fokussierter parteipolitischer Unterbau heraus, der maßgeblich zur raschen nationalen Vereins- und Parteiorganisation seit 1859 beitrug – sowohl durch die personellen Ressourcen an parlamentarisch geschulten Abgeordneten als auch durch die sich verfestigenden Strukturen. Und je mehr sich die Parteien im politischen Leben der Einzelstaaten etablierten und ausbreiteten, um so auffälliger wurde die Diskrepanz zur gesamtdeutschen Ebene, auf der seit 1849/50 die Regierungen und ihre Diplomaten die nationalen Geschicke Deutschlands bestimmten, ohne auf politische Interessenvertretungen der Gesellschaft zu stoßen. Diese „Lücke“ im politischen Raum wurde seit 1859 geschlossen, und in der Folge mußte sich die Bundespolitik auf einen neuen Akteur einstellen, der mit repressiven Maßnahmen nicht mehr einzudämmen war. 89 Ebd. 90 Zur Entwicklung des Vereins- und Parteienwesens in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts siehe den Überblick bei Fehrenbach, Verfassungsstaat und Nationsbildung, S. 62–67, 85–104 und 136–145 (Bibliographie).

5. Die Legitimierung des parlamentarischen Prinzips

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5. Die Legitimierung des parlamentarischen Prinzips auf Bundesebene Die Bühne für die sich neu konsolidierenden Parteien in den Einzelstaaten waren die Abgeordnetenkammern. Die politische Praxis des einzelstaatlichen Parlamentarismus während der 1850er und frühen 1860er Jahre ist bislang nur für wenige deutsche Staaten systematisch untersucht worden91, und erst in jüngster Zeit gibt es verstärkt editorische Projekte, die sich zum Ziel setzen, den reichen Schatz der parlamentarischen Debatten für die Forschung zu erschließen92. Schon ein kurzer Blick in die deutschen Landtagsprotokolle zeigt, daß die Verhältnisse im Deutschen Bund und die wünschenswerte bundespolitische Entwicklung bereits in den 1850er Jahren wiederholt zu parlamentarischen Debatten geführt hatten.93 Ab 1859 wurde die Beschäftigung der einzelstaatlichen Landtage mit der Bundespolitik sehr intensiv und nachhaltig.94 Weder die Regierungen in den Einzelstaaten noch die Bundesversammlung konnten diese unaufhörlichen und in vielen verschiedenen Landtagen immer wieder auf die Tagesordnung gesetzten Debatten ignorieren. Daß sich gewählte Abgeordnete ständig mit Vorschlägen, Anträgen und bundeskritischen Reden in den Landtagen zu Wort meldeten und daß über diese Äußerungen in der Presse ausführlich und kontrovers berichtet wurde, gab der nationalpolitischen Debatte in Deutschland einen zusätzlichen Schub. Die einzelstaatlichen Parlamente waren nach der 1848er Revolution als legitime politische Institutionen nicht in Frage gestellt worden. Die konservativreaktionären Verfassungsrevisionen in vielen deutschen Staaten führten nicht zur Beseitigung von Landtagen, Ständekammern und Abgeordnetenhäusern, sondern zu einer Einschränkung ihrer Rechte und politischen Einflußmöglichkeiten. Das parlamentarische Prinzip als solches, das heißt die Mitwirkung von gewählten Volksvertretern bei der Gesetzgebung, wurde fast überall bei91 Vgl. dazu z. B. die Studie von Langewiesche, Liberalismus und Demokratie in Württemberg, der diesen Prozeß detailliert rekonstruiert. Ähnlich für Baden: Gall, Der Liberalismus als regierende Partei; für Preußen: Winkler, Preußischer Liberalismus; für Sachsen: Neemann, Landtag und Politik; für Kurhessen: Nathusius, Kurfürst, Regierung und Landtag. – Für viele deutsche Staaten fehlen noch gründliche Untersuchungen zur Parteientwicklung und zum parlamentarischen Leben in den späten 1850er Jahren. 92 Für die Kammern von Nassau und Hessen-Darmstadt sind soeben zwei Dokumentenbände erschienen: Schüler (Hrsg.), Nassauische Parlamentsdebatten. Bd. 2: Revolution und Reaktion 1848–1866; Fleck/Franz (Hrsg.), Die nachrevolutionären Landtage des Großherzogtums Hessen 1849–1856. Reden aus den parlamentarischen Debatten. 93 Vgl. die Dokumente 42, 70, 71 73, 80, 98, 133 und 137 in QGDB III/2, sowie die parlamentarischen Debatten in Nassau und Hessen-Darmstadt (Anm. 92). 94 Siehe dazu Dok. 9, 39, 68, 128 und 129.

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behalten. Nur wenige Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes blieben nach der Revolution ohne eine Repräsentativverfassung mit konstitutioneller Beteiligung von parlamentarischen Körperschaften.95 Der Fall der beiden Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, in denen 1849 die Einführung eines modernen Staatsgrundgesetzes scheiterte und die statt dessen zur altständischen Verfassung von 1755 zurückkehrten96, wurde allgemein als eine Skurrilität empfunden. Nicht ins Gewicht fiel das kleinste Bundesmitglied, das Fürstentum Liechtenstein, das erst 1862 eine Verfassung mit einem Landtag erhielt, von dessen 15 Abgeordneten drei vom Fürsten ernannt wurden.97 Daß hingegen die Habsburgermonarchie nach 1849 einen neoabsolutistischen Kurs eingeschlagen hatte und bis zu den Reformen von 1860/61 ohne moderne Verfassung und gewählte Volksvertretung regiert wurde, begründete eine markante Differenz zwischen Österreich und den konstitutionellen Staaten Deutschlands. In der Bundespolitik wirkte sich die Sonderstellung Österreichs, das ja als Präsidialmacht des Deutschen Bundes einen besonders großen Einfluß hatte, sehr nachteilig aus. Besonders die Einleitung einer wirksamen Bundesreformpolitik wurde durch die konstitutionelle Abstinenz Österreichs und die tiefsitzende Aversion seiner politischen Führung gegen Verfassungen und Parlamente jahrelang verhindert. In den konstitutionell regierten Mittel- und Kleinstaaten war seit 1850 die Auffassung allgemein verbreitet, daß bei der Reform des Bundes auf die Schaffung einer Volksvertretung als Organ der Bundesverfassung nicht verzichtet werden konnte. In nahezu allen Denkschriften, Plänen und Entwürfen für eine Bundesreform war die Volksvertretung neben der starken Bundesexekutive und dem Bundesgericht eine zentrale Institution. Eine Volksvertretung „im Mittelpunkte des Bundes“ war, so formulierte es der König von Württemberg im Januar 1851, unentbehrlich, denn wenn man die „Ausführbarkeit eines allgemeinen parlamentarischen Bandes“ bestreiten würde, so hieße das „nichts Anderes als den Bund selbst mit dieser Zeit unvereinbar und auf die Dauer für unmöglich halten“. Ein vereintes Parlament, das heißt die Übertragung des Prinzips der landständischen Vertretung auf das föderalistische Ganze war das „moralische Band“, das den Bund „gegen innere Auflösung und auswärtige Zerstörung“ schützen konnte.98

95 Zu den Verfassungen der deutschen Staaten zwischen 1848 und 1870 siehe in Kürze: Handbuch der europäischen Verfassungsgeschichte, Bd. 3. 96 Vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 220–223. 97 Geiger, Geschichte des Fürstentums Liechtenstein; ders., Die liechtensteinische Volksvertretung. 98 König Wilhelm I. von Württemberg an Schwarzenberg, 18. Januar 1851, in: QGDB III/1, Dok. 39. Zitate S. 162 und 161.

5. Die Legitimierung des parlamentarischen Prinzips

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Es gehört zu den bemerkenswerten bundespolitischen Entwicklungen, daß sich die Auffassung von der Unmöglichkeit, auf Dauer im Bund ohne die Beteiligung von Volksvertretern weiterkommen zu können, im Zeitraum von 1859 bis 1862 nahezu allgemein durchsetzte. Neben der in Presse und Flugschriften unaufhörlich verlangten Gewährung eines Nationalparlaments und neben den vielfach von den Landtagen ausgesprochenen Appellen an die Regierungen und Monarchen, sich für eine deutsche Volksvertretung einzusetzen, nahm nun auch wieder die Frequenz zu, mit der reformwillige Minister und Diplomaten der Mittel- und Kleinstaaten die beiden deutschen Großmächte und die Bundesversammlung dazu drängten, die Mitwirkung von gewählten Abgeordneten bei der Bundesgesetzgebung bald zu realisieren. Gewiß gingen die Vorschläge zur praktischen Umsetzung und die politischen Absichten dabei in unterschiedliche Richtungen. Die einen, wie etwa der badische Politiker Roggenbach in seinem großen Reformplan vom Herbst 185999, intendierten eine grundlegende Umgestaltung hin zu einem kleindeutschen Bundesstaat unter Leitung Preußens, der mit einem Zweikammerparlament aus Staatenrat und Nationalrat ausgestattet war und mit Österreich in ein Allianzverhältnis treten sollte. Die anderen hielten an einem gesamtdeutschen Staatenverbund ohne die Hegemonie einer der beiden Großmächte fest, sie wollten also die bestehende Bundesverfassung nicht ersetzen, sondern sie durch neue Institutionen ergänzen. In diese Richtung zielten die Reformpläne der leitenden Politiker der größeren Mittelstaaten, allen voran der sächsische Minister Beust100, der hessen-darmstädtische Minister Dalwigk101 und der württembergische Minister Hügel102. Die mittelstaatliche Reformkoalition, die sich schon im Herbst 1859 in München und Würzburg auf eine Reihe von Reformanträgen einigte103 und diese dann in die Bundesversammlung brachte, konnte in einem langen Prozeß schließlich auch die österreichische Regierung überzeugen, sich an die Spitze der Bundesreformbewegung zu stellen. Das Projekt, das auf der Grundlage mittelstaatlicher Vorschläge im Frühjahr und Sommer 1862 entwickelt und am 14. August 1862 als Reformantrag in die Bundesversammlung eingebracht wurde104, konzentrierte sich auf die Einrichtung einer sogenannten Delegiertenversammlung bei der Bundesversammlung. Diese sollte die von Bundeskommissionen ausgearbeiteten Entwürfe für einheitliche Bundesgesetze förmlich annehmen und ihnen dadurch die Zustimmung von gewählten Volks99 100 101 102 103 104

Dok. 24. Siehe Dok. 84, 86, 94. Dok. 93, 117 und 118. Dok. 143. Dok. 22 und 34. Dok. 140.

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vertretern sichern. Mit diesem Reformantrag erkannten die ihn unterstützenden Regierungen und damit auch die bisher dem parlamentarischen Gedanken heftig widerstrebende Bundespräsidialmacht Österreich an, daß die Politik des Deutschen Bundes grundsätzlich der Legitimierung durch eine Volksvertretung bedurfte.

6. 1859–1862: Nationale Wendejahre Für die politische Gesamtentwicklung Deutschlands im allgemeinen wie auch für die Bundespolitik im besonderen markierte die Phase von 1859 bis 1862 einen Umbruch. Die Zeit der bundespolitischen Unbeweglichkeit ging mit dem Italienischen Krieg beinahe schlagartig zu Ende. Dies bedeutete nicht, daß es nun sogleich zu einer tatkräftigen Aktivität der Bundesversammlung in der zentralen Frage der nationalen Organisation Deutschlands gekommen wäre. Entscheidungen über eine Umgestaltung der Bundesverfassung fielen noch nicht, ebensowenig wie es bei den Opponenten der staatenbündischen Ordnung – seien es die preußische Regierung und ihre Verbündeten, die nationale Öffentlichkeit oder die politischen Vereine und Parteien – zu konkreten Weichenstellungen kam. Aber der politische Aktionsrahmen wandelte sich grundlegend, und es änderte sich die inhaltliche Zielprojektion der nationalen Politik. Die Form, wie nach 1859 (Bundes-)Politik gemacht werden mußte, wurde bestimmt durch mehrere Faktoren, die zwar nicht gänzlich neu waren, die aber in der nun gegebenen Ausprägung, Reichweite und gesellschaftlichen Strahlkraft den Deutschen Bund ganz erheblich beeinflußten. Niemals zuvor in der Bundesgeschichte seit 1815 waren die Bundesversammlung und die einzelnen deutschen Regierungen vor die Aufgabe gestellt gewesen, die internationale Stellung Deutschlands in der europäischen Staatenordnung durch eingreifende politische, militärische und auch wirtschaftliche Reformen des Deutschen Bundes sichern zu müssen. Bis 1859 war keine außenpolitische Konstellation eingetreten, die als existentielle Bedrohung Deutschlands wahrgenommen worden war. Die Machtentfaltung Deutschlands gegenüber den anderen europäischen Großmächten war niemals eine Aufgabe der Bundespolitik gewesen. Deutschland als nationaler Machtstaat war nur kurz in der Revolutionszeit 1848 als politisches Ziel proklamiert worden, doch war dieser Gedanke in der nachrevolutionären Phase der 1850er Jahre wieder in den Hintergrund getreten. Mit dem Jahr 1859 änderte sich das alles, und diejenigen deutschen Regierungen, die am föderativen Staatenbund festhalten wollten, mußten erkennen, daß das (mittel-)europäische Stabilitätssystem von 1815 zunehmend an Akzeptanz verlor. Und wenn die Macht- und Staatenverhältnisse in Europa in

6. 1859–1862: Nationale Wendejahre

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Fluß gerieten, dann war ein bloßes Festhalten an der jahrzehntelang praktizierten defensiv-neutralen äußeren Politik des Bundes nicht mehr ausreichend. Die Machtentfaltung Deutschlands wurde in der Öffentlichkeit zu einem wichtigen Schlagwort und zu einer Zielprojektion nationaler Politik, die von der Bundesversammlung nicht mehr ignoriert werden konnte. Der vielstimmige Chor der öffentlichen und veröffentlichten Meinung war ebenfalls ein auf die Bundespolitik einwirkendes Element, das es in dieser massierten Form in den zurückliegenden Jahrzehnten – von den beiden Revolutionsjahren 1848/49 abgesehen – zu keiner Zeit gegeben hatte. Die Zensur- und Repressivmaßnahmen, die im vormärzlichen „System Metternich“ perfektioniert und nach 1850 noch einmal in abgeschwächter, halbherziger Form wiedereingeführt worden waren, griffen seit 1859 nicht mehr. Innerhalb kurzer Zeit übernahm die nationale Bewegung die Meinungsführerschaft und zwang den Deutschen Bund und seine Vertreter in einen Meinungswettbewerb. Um darin zu bestehen, war es unumgänglich, für den Deutschen Bund eine politische Perspektive zu entwickeln, die in der deutschen Öffentlichkeit bestehen konnte. Diese schwierige Aufgabe wurde zu keiner Zeit auch nur annähernd gelöst, doch wandten die „bundestreuen“ Regierungen seit 1859 beträchtliche politische, publizistische und teilweise auch finanzielle Energien auf, um im forcierten nationalen Meinungskampf nicht vollends ins Hintertreffen zu geraten. Bei diesem Kampf bekamen es die Regierungen und der Deutsche Bund mit neuen Organisationen zu tun, die ebensowenig wie die Presse durch polizeiliche und administrative Maßnahmen unter Kontrolle zu halten waren. In den zahllosen politischen und kryptopolitischen Vereinen, den nationalen Dachverbänden einzelner Interessengruppen und den entstehenden nationalen Parteien entstanden politische Akteure, die als gesellschaftlich breit fundierte Vertreter der deutschen Nationalinteressen in Konkurrenz zur kraftlos erscheinenden und immer öfter auch offen zerstrittenen Bundesversammlung traten. Auch das hatte es in der bisherigen Bundesgeschichte nicht gegeben, nationale politische Organisationen waren stets im Keim erstickt worden. Schließlich sind die Wendejahre von 1859 bis 1862 gekennzeichnet von einem Aufschwung des parlamentarischen Lebens in den Einzelstaaten. Die gewählten Abgeordneten – und keineswegs nur diejenigen mit liberaler und demokratischer Ausrichtung – thematisierten in den Kammern die nationale Frage, verlangten Änderungen in der Bundesverfassung, kritisierten die innere und äußere Politik der Bundesversammlung und formulierten ihren Anspruch auf eine substantielle Beteiligung an der deutschen Politik. Die derart auf mehreren Ebenen veränderten Rahmenbedingungen deutscher Politik veranlaßten die Regierungen dazu, die Frage der Bundesreform wieder intensiver zu diskutieren und dabei nach Wegen zu suchen, um die be-

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stehende Ordnung an die neuen Herausforderungen anzupassen. Der Deutsche Bund versuchte nach 1859 einen Kurs einzuschlagen, vor dem er zuvor letztlich immer zurückgescheut war – den einer umfassenden Bundesreform, die über die Bundesgrundgesetze von 1815 und 1820 weit hinausging und die institutionelle, administrative und militärische Organisation des Bundes grundlegend erneuerte. Die nationale Herausforderung trieb den Deutschen Bund zu dem Versuch, sich von der bisherigen passiven und abwehrenden Politik abzuwenden.

Zur Edition

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Zur Edition 1. Zu diesem Band Der Band schließt an die 1996 und 1998 erschienenen ersten beiden Bände der Abteilung III des Editionsprojektes „Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes“ an und dokumentiert die bundespolitischen Entwicklungen im Zeitraum von 1859 bis 1862. Die Zäsur zum Jahresende 1862 ist dabei nicht inhaltlich motiviert, sondern rein pragmatisch gewählt, um den Band nicht über Gebühr anschwellen zu lassen. Der Folgeband, der den Zeitraum von 1863 bis zum Ende des Bundes 1866 dokumentieren soll, wird nahtlos an das hier präsentierte Quellenkorpus und insbesondere an den sich Ende 1862 dramatisch zuspitzenden bundespolitischen Konflikt zwischen Österreich und den Mittelstaaten auf der einen und Preußen auf der anderen Seite anschließen. Der Begriff der „Bundespolitik“ wird in diesem Band in einem weiten Sinne verstanden: Er bezieht sich einerseits auf die wichtigen innen- und außenpolitischen Ereignisse, welche im genannten Zeitraum eintraten und die deutsche Politik im nationalen Rahmen bestimmten. Andererseits wird Bundespolitik auch als die diplomatische und öffentliche Auseinandersetzung mit den politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Dimensionen der sogenannten deutschen Frage verstanden. Die Diskussion über die politische Gestalt Deutschlands hielt seit 1848/49 an und war auch in den Jahren der sogenannten Reaktion seit 1850 trotz einer Reihe von repressiven Maßnahmen gerade auch von seiten der Bundesversammlung in Frankfurt nicht verstummt. Seit 1859 aber nahm die Beschäftigung mit der Zukunft Deutschlands, wobei es in erster Linie – aber nicht nur – natürlich um die politische Organisation und Verfassung ging, einen Umfang und eine Intensität an, wie es sie zuvor nur in der Revolutionszeit 1848/49, also im politischen Ausnahmezustand, gegeben hatte. Die Edition versucht zu dokumentieren, wie sehr der Deutsche Bund im Fokus dieser Debatte stand, und zwar sowohl im Sinne einer konstruktiven Kraft, die geeignet war, die nationale Einigung zu fördern, als auch im Sinne einer blockierenden Macht, die der heftig ersehnten staatlichen Einheit Deutschlands im Wege stand. Wie in den vorhergehenden Bänden wird angestrebt, möglichst viele unterschiedliche Stimmen zu Wort kommen zu lassen. Das Gros der 157 abgedruckten Dokumente besteht zwar aus diplomatischen Aktenstücken (110) und Verhandlungen in der Bundesversammlung (8). In größerer Zahl – und mit teilweise sehr langen Dokumenten – sind aber nun auch die politische Opposition in den Landtagen (5), die Tages- und Wochenpresse (17), die politische Publizistik (8) und die sich organisierende Nationalbewegung (7) vertre-

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Zur Edition

ten. Insgesamt besteht die Edition zu etwa einem Viertel aus Nicht-Regierungsstimmen. Bei der geographischen Verteilung ergibt sich ein starkes Süd-Nord-Gefälle, bedingt durch die Tatsache, daß sich die größeren süddeutschen Mittelstaaten, zu denen politisch auch das Königtum Sachsen zu zählen ist, sowie einige thüringische Klein- und Mittelstaaten sehr intensiv an der Diskussion über bundespolitische Themen beteiligten, während die norddeutschen Staaten mit Ausnahme von Hannover nahezu völlig verstummten beziehungsweise resignierten. Insgesamt weist die Edition ein starkes Übergewicht an Quellen aus den deutschen Mittel- und Kleinstaaten auf. Nur 30 Dokumente sind ausschließlich oder vorzugsweise österreichischer und preußischer Provenienz. Dies spiegelt zum einen die Tatsache wider, daß sich die beiden deutschen Großmächte an der Diskussion um die Entwicklung des Deutschen Bundes lange Zeit viel weniger intensiv beteiligten als die Mittelstaaten. Zum anderen wurde auf eine umfassendere Dokumentierung der Stellungnahmen Österreichs und Preußens in der Edition bewußt verzichtet, um den deutschen Mittel- und Kleinstaaten mehr Raum zu geben. Während für die Letztgenannten so gut wie gar keine wissenschaftlichen Akteneditionen für den Zeitraum von 1850 bis 1866 zur Verfügung stehen, ist die Politik von Österreich und Preußen durch mehrbändige Quelleneditionen relativ breit erschlossen.1 Jedoch beschränken sich diese Editionen ausschließlich auf diplomatische Aktenstücke aus den Beständen der jeweiligen Kabinette und Außenministerien. Die editorische Erschließung des politischen Lebens jenseits der Regierungsebene wurde lange Zeit sehr vernachlässigt, wenn man von den älteren Briefeditionen prominenter liberaler Persönlichkeiten absieht. Erst in den letzten Jahren sind einige Quellensammlungen erschienen, die das reichhaltige und für die innere Entwicklung Deutschlands überaus wichtige Diskutieren und Handeln von Institutionen und Individuen außerhalb der Regierungsapparate erschließen. So hat Andreas Biefang die Vorstands- und Ausschußprotokolle des Nationalvereins der Forschung zugänglich gemacht2, und Christian Jansen hat eine ausführliche Sammlung von politischen Briefen deutscher Liberaler und Demokraten von 1849 bis 1861 vorgelegt3. 1 Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs 1859–1866 (5 Bde.); Poschinger (Hrsg.), Preußen im Bundestag 1851 bis 1859 (4 Bde.); Poschinger (Hrsg.), Preußens auswärtige Politik 1850 bis 1858 (3 Bde.); Die auswärtige Politik Preußens 1858–1871 (12 Bde.). – Von den übrigen deutschen Staaten liegt nur für das Großherzogtum Baden eine umfangreiche Edition zur deutschen Politik vor: Oncken (Hrsg.), Großherzog Friedrich I. von Baden und die deutsche Politik von 1854–1871 (2 Bde.). 2 Biefang (Bearb.), Der Deutsche Nationalverein 1859–1867. 3 Jansen (Bearb.), Nach der Revolution.

Zur Edition

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Von der Forschung kaum beachtet blieben bislang die öffentlichen Debatten in den deutschen Landtagen4 und in der umfangreichen nationalpolitischen Publizistik, die seit 1858/59 einen enormen Aufschwung nahm. Das zweibändige Werk von Hans Rosenberg, der schon 1935 eine kritische Bibliographie über die nationalpolitische Publizistik von 1858 bis 1866 mit ausführlichen Regesten vorgelegt hat5, ist bislang wenig benutzt worden, und das bei Rosenberg erschlossene Material ist auch für Editionen nicht ausgewertet worden. Im Hinblick auf die Quellenedition zum Deutschen Bund wurde im vorliegenden Band angestrebt, diese nicht-gouvernementalen Segmente der politischen Öffentlichkeit einzubeziehen und eine möglichst breite Dokumentenauswahl zu präsentieren. Die Masse des Materials machte es indessen unmöglich, ein auch nur annähernd vollständiges Bild der bundes- und nationalpolitischen Diskussion zu präsentieren. Doch es kommen wichtige, von der Öffentlichkeit wie den Regierungen wahrgenommene und beachtete Stimmen zu Wort, die geeignet sind, das Bild des Deutschen Bundes als einer abgehobenen und im Prozeß der nationalen Einigung irrelevanten politischen Institution zu relativieren. Der überwiegende Teil der Quellen gelangt in diesem Band erstmals zur Veröffentlichung. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind auch die bereits früher gedruckten Dokumente wie die Verhandlungen der Bundesversammlung, die Kammerdebatten und die zeitgenössischen Presseartikel bislang nur schwer greifbar gewesen. Durch die fortschreitende Digitalisierung werden zwar immer mehr gedruckte Quellen wie etwa zahlreiche Broschüren und politische Schriften (vornehmlich auf google.books) oder einzelne Jahrgänge der Bundesprotokolle6 sowie die vollständigen Landtagsprotokolle mancher Staaten7 online verfügbar, doch erleichtert dies vorerst nur punktuell den Zugang zu den historischen Druckwerken aus dem 19. Jahrhundert. Bei schon zuvor veröffentlichten Dokumenten sind die Druckorte soweit wie möglich angegeben, doch wird auf bloße Schreibvarianten und andere unerhebliche Abweichungen nicht eigens aufmerksam gemacht. Dies erscheint auch deshalb legitim, weil bei der Edition der Dokumente der Grundsatz der vorlagengetreuen Wiedergabe des Quellenmaterials angewendet wurde. Inhaltlich relevante Unterschiede der in diesem Band edierten Texte zu früheren Druckfassungen werden indessen im Kommentar erläutert. 4 Dazu jetzt: Schüler (Hrsg.), Nassauische Parlamentsdebatten. Bd. 2: Revolution und Reaktion 1848–1866; Fleck/Franz (Hrsg.), Die nachrevolutionären Landtage des Großherzogtums Hessen 1849–1856. Reden aus den parlamentarischen Debatten. 5 Rosenberg, Die nationalpolitische Publizistik. 6 URL: http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2010/115320. 7 Vorreiter ist hier derzeit Sachsen, dessen Kammerverhandlungen von 1831 bis 1918 bereits vollständig digitalisiert sind; URL: http://landtagsprotokolle.sachsendigital.de.

XLII

Zur Edition

Im übrigen erfolgt die editorische Bearbeitung und Präsentation der Quellentexte nach den von den Bearbeitern der „Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes“ entworfenen und nachfolgend abgedruckten Leitsätzen.

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XLIII

2. Allgemeine Leitsätze zur Gestaltung der Edition „Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes“ Von

Jürgen Müller und Eckhardt Treichel A. Kriterien für die Auswahl der Quellentexte Das für die Edition zur Verfügung stehende Material ist aus mehreren Gründen außerordentlich umfangreich. Zum einen bestand der Deutsche Bund aus bis zu 41 Einzelstaaten, die alle mehr oder minder große Archivbestände (Kabinetts- und Ministerialakten, Korrespondenzen und politische Nachlässe) hinterlassen haben. Hinzu kommt, daß sich neben den Regierungen auch die Landesparlamente und die Öffentlichkeit intensiv mit der deutschen Frage beschäftigten. Auf allen diesen Ebenen gab es ein breites Meinungsspektrum, das zumindest in seinen Grundzügen dokumentiert werden soll. Zum anderen zeichnet sich die Geschichte des Deutschen Bundes aber nicht nur durch eine Vielfalt der Interessen und Perspektiven, sondern auch durch ein großes Spektrum von thematischen Aspekten aus. Dazu gehören die allgemeine politische Organisation des Bundes, sein Verhältnis zum Ausland, die Probleme der wirtschaftlichen Integration, die Frage der inneren Ausgestaltung der Bundesverfassung, das Verhältnis der Einzelstaaten zum Deutschen Bund und die zahlreichen speziellen politischen Konfliktlagen mit ihren Rückwirkungen auf den Bund. Die ganze Fülle des Materials in der Edition auszubreiten, wäre weder praktikabel noch sinnvoll. Das Ziel des Projekts ist es vielmehr, eine sachlich motivierte Auswahl von besonders aussagekräftigen Texten zu präsentieren. Hierzu gehören zunächst und in erster Linie die formellen Schlußakten und Grundsatzbeschlüsse des Deutschen Bundes, ferner die Protokolle der großen Konferenzen einschließlich der wichtigsten Beschlußvorlagen. Hinzu kommen die Situationsanalysen in Form von Denkschriften sowie die deutschlandpolitischen Programme der Regierungen, Kammern, Parteien und Vereine in Form von Instruktionen, Proklamationen, Anträgen, Presseveröffentlichungen und Flugschriften. Aus diesen Quellengattungen soll ein möglichst repräsentativer Querschnitt von Texten zum Abdruck kommen, um die unterschiedlichen Zielvorstellungen, Sichtweisen und Argumente deutlich werden zu lassen. Da viele relevante Texte bereits teilweise oder vollständig im Druck vorliegen, läßt sich nicht vermeiden, schon früher veröffentlichtes Material in die Edition aufzunehmen. Im Falle von zeitgenössischen Zeitungsartikeln, Flug-

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Zur Edition

schriften und Broschüren erscheint dies unproblematisch, da diese oftmals schwer zugänglich sind. Ähnlich verhält es sich mit den Verhandlungen der einzelstaatlichen Kammern, die sich meist nur in den jeweils zuständigen Archiven und Landesbibliotheken befinden. Überdies ist die deutsche Frage in den umfangreichen Kammerprotokollen nur einer von vielen Gegenständen, und ein Auffinden der diesbezüglichen Texte bereitet oft erhebliche Mühe. Aus diesen Gründen ist es sinnvoll, die bedeutendsten Debattenbeiträge und Anträge in die Edition aufzunehmen. Größere Zurückhaltung wird dagegen geübt beim Abdruck von Verhandlungen der Frankfurter Bundesversammlung, deren Protokolle in vielen Bibliotheken vorhanden sind. Selbstverständlich werden besonders wichtige Bundestagsverhandlungen und Bundesbeschlüsse in die Dokumentation aufgenommen. Zu edieren sind natürlich auch etwa vorhandene unveröffentlichte Protokolle. Bei bereits edierten handschriftlichen Akten und gedruckten, aber nicht publizierten Vorlagen entscheidet grundsätzlich die sachliche Relevanz, ob ein Wiederabdruck erfolgt. Eine Edition zur Geschichte des Deutschen Bundes kann nicht auf die Wiedergabe der entscheidenden Texte verzichten, auch wenn diese schon im Druck vorliegen sollten. Dies ist im übrigen auch deshalb geboten, weil viele ältere Editionen (z. B. Klüber, Acten des Wiener Congresses) erhebliche Mängel aufweisen. Es versteht sich von selbst, daß bei der Neuedition auf die Originalvorlagen zurückgegriffen wird. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Qualität der Vorlage zu richten. Wo immer möglich, soll die endgültige Fassung eines Dokuments herangezogen werden. Daraus ergibt sich eine Präferenz der Ausfertigung vor der Abschrift, welche wiederum dem Konzept vorgezogen wird. Gravierende inhaltliche Abweichungen in den verschieden Überlieferungsformen werden kollationiert und als Variante in den textkritischen Apparat aufgenommen. Um eine vorlagengetreue Wiedergabe der Quellentexte zu gewährleisten, wird auf Kürzungen weitgehend verzichtet. Von diesem Grundsatz wird nur in Ausnahmefällen abgewichen, wenn etwa bei extrem langen Texten umfangreiche Passagen sich mit Gegenständen beschäftigen, die mit dem Editionsthema in keinem Zusammenhang stehen. Etwaige Auslassungen werden in Form von Zwischenregesten resümiert. B. Grundsätze der editorischen Bearbeitung Für die editorische Bearbeitung historischer Dokumente liegen die von Johannes Schultze veröffentlichten „Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte“ vor.1 Diese 1 In: Blätter für deutsche Landesgeschichte 102, 1966, S. 1–10.

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XLV

Richtlinien enthalten viele sinnvolle Anregungen, geben aber in einer Kernfrage zu kritischen Einwänden Anlaß. Die von Schultze empfohlene weitgehende Modernisierung von Orthographie und Interpunktion ist mit Nachteilen verbunden. Zum einen ist, wie Winfried Baumgart in der Krimkriegsedition hervorgehoben hat, Sprache immer in der Entwicklung begriffen, so daß „heute modernisierte Texte in 50 oder 150 Jahren wieder modernisiert werden müßten“.2 Darüber hinaus dürfte es wissenschaftlichen Anforderungen am ehesten entsprechen, wenn Quellentexte weitgehend vorlagengetreu abgedruckt werden. Auf eine sprachliche Modernisierung wird deshalb grundsätzlich verzichtet. Konkret bedeutet dies, daß orthographische Besonderheiten und Abweichungen von der heutigen Norm sowie die Zeichensetzung der Vorlagen beizubehalten sind. Nachteilige Folgen für das Verständnis und die Lesbarkeit sind kaum zu befürchten, da die sprachliche Beschaffenheit der Texte aus dem 19. Jahrhundert im allgemeinen nur geringfügig vom gegenwärtigen Sprachgebrauch abweicht. Mit Ausnahme der stillschweigenden Einfügung bzw. Tilgung von fehlenden oder überflüssigen Satzzeichen und der Ausschreibung elidierter Wörter werden alle Eingriffe des Bearbeiters in den Quellentext kenntlich gemacht. Dies geschieht entweder durch entsprechende Markierungen im Text oder durch textkritische Anmerkungen im Anschluß an den Text. Die Sachanmerkungen beschränken sich im allgemeinen auf die Erläuterung von Personen, Sachen und Begriffen. Hinzu kommen Querverweise auf abgedruckte oder nichtpublizierte Aktenstücke sowie gegebenenfalls sachliche und bibliographische Zusatzinformationen. Auf interpretierende Erläuterungen soll dagegen grundsätzlich verzichtet werden, zumal inhaltliche Bezüge in den ins Auge gefaßten begleitenden Monographien aufgezeigt werden können. Die Dokumente werden nach thematischen Gesichtspunkten gruppiert und innerhalb eines Themenblocks (in der Regel) in chronologischer Reihenfolge, basierend auf dem Ausstellungs- bzw. Auslaufdatum, angeordnet. Fehlt ein Ausstellungsdatum, so bildet das Einlaufdatum des Empfängers die Grundlage für die Datierung.

2 Akten zur Geschichte des Krimkriegs. Hrsg. v. Winfried Baumgart. Serie I: Österreichische Akten zur Geschichte des Krimkriegs. Bd. 1. Bearb. v. Ana María Schop Soler. München/Wien 1980, S. 12.

XLVI

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C. Richtlinien zur editorischen Bearbeitung3 1. Allgemeines 1.1.

Die Überlieferungsformen (z. B. Konzept, Ausfertigung, Abschrift, Metallographie, Druck) werden mitgeteilt. Ebenso werden die beteiligten Schreiber – etwa bei Eigenhändigkeit – oder deren Wechsel, falls inhaltlich relevant, genannt. Fundort, Signatur mit Blatt- bzw. Seitenzahlen werden – auch bei Drucken – angegeben. 1.2. Liegt ein Dokument in mehrfacher Originalüberlieferung vor, werden alle Fundorte mitgeteilt, es sei denn, es handelt sich um gedruckte oder metallographierte Vorlagen oder um identische Abschriften. Varianten werden nur festgehalten, wenn es sich dabei um sachlich oder sprachlich bedeutsame Abweichungen handelt. 1.3. Kanzleivermerke und dergleichen werden wiedergegeben, wenn ihnen Informationswert zukommt. Dasselbe gilt für Hervorhebungen und Streichungen. 1.4. Unsichere, aber wahrscheinliche Lesungen werden durch < > kenntlich gemacht. 1.5. Unleserliche Wörter werden durch , unleserliche Textpassagen durch kenntlich gemacht. 1.6. Lücken in der Handschrift werden durch *** wiedergegeben. 1.7. Zusätze des Bearbeiters werden stets in eckige Klammern [ ] gesetzt, Auslassungen des Bearbeiters durch [. . .] gekennzeichnet. 1.8. Abkürzungen werden nicht aufgelöst, sondern in der vorliegenden Form abgedruckt. Ist eine Abkürzung nicht ohne weiteres zu erschließen, wird sie in einer textkritischen Anmerkung erklärt. Alle in der Edition vorkommenden Abkürzungen werden in einem beigefügten Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen mit ihrer vollen Bedeutung aufgelöst. 1.9. Im Unterschied zu den echten Abkürzungen, hinter denen meist ein Punkt steht, werden Elisionen und Kontraktionen immer aufgelöst. Für „m“ ¯ steht „mm“, für „ud“ steht „und“, für „Coon“ steht „Commission“; elidierte Endungen (-ung) werden ausgeschrieben. 1.10. In Geheimschrift abgefaßte Texte oder Passagen werden nach Möglichkeit anhand zeitgenössischer Transkriptionen in Klarschrift wiedergegeben. Die ursprünglich chiffrierten Texte oder Abschnitte – auch Text3 Wir folgen hier in vielen Punkten den „Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte“, die vom Arbeitskreis „Editionsprobleme der frühen Neuzeit“ zusammengestellt wurden und abgedruckt sind in: Jahrbuch der historischen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland 1980, S. 85–96.

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1.11. 1.12. 1.13. 1.14.

1.15.

XLVII

teile, die in Konzepten zur Chiffrierung bestimmt erscheinen – werden markiert und in den Sachanmerkungen erklärt. Liegen keine Dechiffrierungen vor, löst der Bearbeiter die Geheimschrift auf. Ist dies nicht möglich, wird, soweit dies typographisch machbar ist, der ursprüngliche Chiffrentext wiedergegeben. Diakritische Zeichen werden wiedergegeben, sofern sie nicht reine Lesehilfen sind. Es wird nicht festgehalten, wenn z. B. Punkte über i und j fehlen. e e o Hochgestellte Buchstaben bei Umlauten (z. B. „a “, „o“, „u“) werden in die Zeile heruntergezogen („ae“, „oe“, „uo“). Schriftwechsel in der Textvorlage – z. B. lateinische Schrift (statt deutscher Schrift) bei fremdsprachigen Wörtern oder Passagen – werden in der Transkription nicht wiedergegeben. Hervorhebungen in der Vorlage werden durch Kursivdruck wiedergegeben, wenn nötig, wird die Art der ursprünglichen Hervorhebung in einer textkritischen Anmerkung erläutert (etwa bei doppelter oder dreifacher Unterstreichung). Bei fremdsprachlichen (insbesondere französischen) Vorlagen werden fehlende Akzente ergänzt und falsche Akzente korrigiert, sofern dies für das Verständnis erforderlich ist. 2. Textgrundlage

2.1.

2.2.

2.3.

Bei Mehrfachüberlieferung sollte einer einzigen gefolgt werden. Die Entscheidung für die Vorlage ist besonders zu begründen, wenn das Alter der Vorlage, die Genese des Textes, die Überlieferungsgeschichte, die Wirkungsgeschichte oder der Erhaltungszustand es erfordern. Offensichtliche Fehler in der Vorlage werden mit Hilfe anderer Überlieferungen emendiert. Die Schreibweise folgt dabei der herangezogenen Überlieferung. Bei Verbesserungen von Textversehen wird die fehlerhafte Variante in einer textkritischen Anmerkung angegeben. Unumgängliche Textverbesserungen (Konjekturen) sind in der Regel in den Text aufzunehmen, jedoch zu kennzeichnen. Auf unheilbare verderbte Textstellen (Korruptelen) wird mit [!] hingewiesen. 3. Anmerkungsapparat

3.1. 3.2.

Im Anmerkungsapparat wird einerseits Textkritik und andererseits Sprach- wie Sachkommentar geboten. Die Angaben im Apparat werden durch Exponenten (arabische Ziffern) vorgenommen. Die Anmerkungen stehen am Fuß jeder Seite in normaler Petitschrift, lediglich Autorennamen werden kursiv gesetzt. Die Zählung beginnt bei jedem Dokument wieder von vorne.

XLVIII

3.3. 3.3.1.

3.3.2. 3.3.3.

3.3.4.

3.4. 3.4.1.

3.4.2. 3.4.3. 3.4.4. 3.4.5.

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N.B.: Originalanmerkungen aus den Vorlagen werden nicht in den Anmerkungsapparat integriert, sondern in normaler einzeiliger Schrift unter den Text gesetzt. Ihre Kennzeichnung erfolgt durch *, †, ‡. Text und eventuelle Originalanmerkungen werden durch einen Trennstrich vom Anmerkungsapparat getrennt. Textkritische Anmerkungen Marginalien werden, soweit sie nicht am Rand belassen oder in den Text eingefügt werden können, in den Anmerkungsapparat aufgenommen. Erforderliche Erläuterungen werden in eckigen Klammern hinzugefügt. Sind Entstehungsvarianten vorhanden, etwa in Konzepten, werden diese in den Anmerkungsapparat aufgenommen, sofern sie inhaltlich relevant sind. Überlieferungsgeschichtliche Varianten sollen in den Anmerkungsapparat nur dann aufgenommen werden, wenn dadurch die Veränderungen des Sinnes dokumentiert werden (lexikalische oder syntaktische Varianten: Wortwahl, Wortbildung, Wortfolge, Kasus, Numerus, Tempus). Orthographische und sprachliche Varianten werden in der Regel nicht einzeln verzeichnet; sie können summarisch in der Einleitung erfaßt werden. Wurde ein Text mehrfach redigiert, kann es sich als notwendig erweisen, die verschiedenen Fassungen nacheinander oder in Kolumnen zu drucken, um den Anmerkungsapparat zu entlasten, der in jedem Fall so knapp wie möglich gehalten sein sollte. Sprachliche und sachliche Erläuterungen Veraltete und untergegangene Wörter, gegebenenfalls auch semantische Verschiebungen, werden erläutert, wenn ihre Bedeutung nicht aus dem Kontext erkennbar ist. Auch syntaktische und sonstige sprachliche Schwierigkeiten werden gegebenenfalls erläutert. Unter Umständen kann sich die Zusammenfassung der lexikalischen Erläuterungen in einem Glossar empfehlen. Zitate und gegebenenfalls Zitatanklänge werden soweit wie möglich nachgewiesen. Zur Kennzeichnung im Text sind die verschiedenen Formen der Anführungszeichen zu verwenden. Im Text vorkommende Personen und geographische Namen werden nach Möglichkeit identifiziert. Sachen, Begriffe und Ereignisse sind nur soweit zu erläutern, wie es das Verständnis erfordert. Dabei angeführte Veröffentlichungen sind bibliographisch eindeutig anzugeben, gegebenenfalls durch Beifügung eines Literaturverzeichnisses.

Zur Edition

XLIX

4. Die Edition der Texte 4.1. 4.2. 4.3. 4.4.

4.5.

4.6. 4.7. 4.8.

Eigennamen werden entsprechend der Vorlage wiedergegeben. Groß- und Kleinschreibung wird entsprechend der Vorlage verwendet. Hingegen werden Eigennamen, Satzanfänge sowie Titel und deren Abkürzung generell groß geschrieben. Die Getrennt- und Zusammenschreibung folgt der Vorlage, sofern diese eindeutig ist. Falls dadurch Verständnisschwierigkeiten entstehen, empfiehlt sich die Anbringung einer erläuternden Anmerkung. Zahlzeichen werden im laufenden Text vorlagengetreu wiedergegeben, es sei denn, daß gewichtige Gründe für eine Auflösung sprechen. Bei Ordnungszahlen wird stets ein Punkt hinzugefügt, bei Kardinalzahlen hingegen Punkte bzw. Kommata (z. B. „100 000“ für „100,000“) generell fortgelassen. Dienen Zahlzeichen und Buchstaben der Gliederung des Textes, findet eine Vereinheitlichung im oben genannten Sinne statt. Die Interpunktion folgt im allgemeinen der Vorlage. Fehlende Satzzeichen, insbesondere Kommata, werden, wenn nötig, ergänzt, während überflüssige Satzzeichen in der Regel beibehalten werden. Lediglich Gedankenstriche nach einem Punkt zur Markierung eines Absatzes entfallen; Gedankenstriche und Semikola zur Markierung des Satzendes werden durch einen Punkt ersetzt. Anstelle des doppelten Trennungs- und Bindestrichs wird einheitlich der einfache Trennungs- und Bindestrich verwendet. Das eine Einfügung kennzeichnende /: :/ wird durch eine runde Klammer ( ) ersetzt. Datumsangaben in den Texten werden vorlagengetreu wiedergegeben. D. Präsentation der edierten Dokumente

Jedem Dokument wird ein Kopf vorangestellt. Dieser besteht aus: 1.1. Der Nummer des Dokuments innerhalb der Edition. 1.2. Dem Aussteller und Empfänger. 1.1. und 1.2. werden hintereinander, halbfett und zentriert gedruckt. 2.1. Angaben zum Fundort: Archivsigle, Bestand, Nr., fol. oder Seite. 2.2. Art der Vorlage: Bericht, Note, Denkschrift etc. 2.3. Überlieferungsform: (Eigenhändige) Ausfertigung, Abschrift, Entwurf, Metallographie, Druck usw. 2.4. Praesentatum oder sonstigen Eingangsvermerken des Empfängers; Expeditionsvermerke werden nur angegeben, wenn sie eine von der Datierung der Vorlage (Konzept) abweichende Angabe enthalten.

L

2.5. 3. 4.

5. 6.

Zur Edition

Für die Eingangs- bzw. Auslaufvermerke werden die standardisierten Abkürzungen „Praes.“ und „Exped.“ verwendet. Das Datum wird ebenfalls in standardisierter Form (Tag, Monat, Jahr) wiedergegeben. Druckort. Diese Angaben erfolgen in der Reihenfolge 2.1.–2.5. hintereinander und werden in Petitschrift gedruckt. Dem Kopfregest mit kurzen Angaben zum Gegenstand des Dokuments. Dem Kopfregest folgt mit dreizeiligem Abstand das Dokument. In der ersten Zeile steht linksbündig, falls vorhanden, die Aktennummer des Ausstellers und ein eventueller Vertraulichkeitsvermerk. Ausstellungsort und -datum stehen in der gleichen Zeile rechtsbündig in der standardisierten Form: Ort, Tag, Monat (ausgeschrieben), Jahr. Anrede- und Grußformeln werden unverändert beibehalten. Die Unterschrift des Ausstellers steht rechtsbündig am Ende des Textes. Fehlt die Unterschrift (etwa in Abschriften und Konzepten), so wird sie in eckigen Klammern und normaler Schrift ergänzt, sofern der Aussteller unstrittig ist.

Chronologisches Verzeichnis der Dokumente

LI

Chronologisches Verzeichnis der Dokumente Nr. Dokument

Ausstellungsort Ausstellungsdatum

1 Broschüre „Der Deutsche Bund, die Verfassungskämpfe von 1848 u. 1849 und die Einigungsbestrebungen von 1859“ 2 Artikel in der Vossischen Zeitung über die Anbahnung einer Bundesreform durch Preußen 3 Eisendecher an Großherzog Peter II. von Oldenburg 4 Bülow an Oertzen 5 Resolution der Versammlung deutscher Demokraten in Eisenach 6 Artikel in den Deutschen Blättern 7 Beust an Könneritz 8 Stettiner Adresse 9 Antrag in der bayerischen Kammer der Abgeordneten 10 Eisenacher Programm der Demokraten und Konstitutionellen 11 Artikel in den Deutschen Blättern 12 Platen an Beust 13 Hügel an Beust 14 Rechberg an Traun 15 Zwölf Thesen zur nationalen Zukunft Deutschlands 16 Beust an Savigny 17 Denkschrift von Borries 18 Antwort der preußischen Regierung auf die Stettiner Adresse 19 Degenfeld an König Wilhelm I. von Württemberg 20 Statut des Deutschen Nationalvereins 21 Schrenk an König Maximilian II. 22 Münchener Verabredungen der Mittelstaaten 23 Hügel an Schrenk 24 Bundesreformplan Roggenbachs 25 Arnim an Schleinitz 26 Albers an Elder 27 Antrag von Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Großherzogtum Hessen und Nassau auf Revision der Bundeskriegsverfassung 28 König Maximilian II. an Schrenk 29 Artikel in der Ost-Deutschen Post 30 Pergler von Perglas an König Maximilian II.

Berlin

1859

Seite 3

Berlin

29. Mai 1859

8

Frankfurt

23. Juni 1859

11

Frankfurt Eisenach

15. Juli 1859 17. Juli 1859

16 25

Frankfurt Dresden Stettin München

26. Juli 1859 5. August 1859 8. August 1859 9. August 1859

26 28 36 38

Eisenach

14. August 1859

50

Frankfurt Weissenhaus Stuttgart Wien Frankfurt

15. August 1859 16. August 1859 16. August 1859 19. August 1859 22. August 1859

55 58 60 64 68

Dresden Norderney Berlin

25. August 1859 28. August 1859 12. September 1859

76 84 86

München

13. September 1859

88

Frankfurt München München

90 91 96

Stuttgart Karlsruhe Wien Bremen Frankfurt

16. September 1859 23. September 1859 19. September 1859/ 11. Oktober 1859 28. September 1859 September 1859 29. September 1859 5. Oktober 1859 20. Oktober 1859

103 106 143 147 148

Vorder Riss Wien Hannover

28. Oktober 1859 28. Oktober 1859 30. Oktober 1859

152 152 155

LII

Chronologisches Verzeichnis der Dokumente

Nr. Dokument

Ausstellungsort Ausstellungsdatum

31 Antrag Badens auf Errichtung eines Bundesgerichts 32 Schrenk an Beust 33 Artikel in der Neuen Würzburger Zeitung 34 Schrenk an König Maximilian II. 35 Artikel im Korrespondent von und für Deutschland 36 Artikel im Dresdner Journal 37 Kübeck an Rechberg a) Schreiben b) Denkschrift von Ludwig Windthorst zur Lage in Deutschland 38 Denkschrift von Herzog Bernhard II. von Sachsen-Meiningen über die Bundesreform 39 Antrag des gemeinschaftlichen Landtags der Herzogtümer Coburg und Gotha betreffend die deutschen Verfassungsverhältnisse 40 Plan einer „Bundeszeitung“ 41 Artikel in der Londoner „Times“ zur Situation des Deutschen Bundes 42 Herzog Bernhard II. von Sachsen-Meiningen an den Prinzregenten von Preußen 43 Bülow an Hall 44 Beust an Bose 45 Eisendecher an das oldenburgische Staatsministerium 46 Beust an Bose 47 Artikel im schwäbischen „Beobachter“ 48 Schrenk an König Maximilian II. 49 Memoire Platens zur Bundeszentralgewalt 50 Schrenk an Gise 51 Hügel an Beust 52 Reigersberg an Schrenk 53 Julius Fröbel: Die Forderungen der deutschen Politik 54 Diktat des Herzogs Ernst II. von SachsenCoburg und Gotha über die Fürstenkonferenz in Baden-Baden 55 Aufzeichnungen des Herzogs von Nassau über die Fürstenkonferenz in Baden-Baden 56 Besprechungen der Könige von Bayern, Sachsen, Hannover und Württemberg, des Großherzogs von Hessen und des Herzogs von Nassau in Baden-Baden 57 Ansprache des Prinzregenten von Preußen an die deutschen Fürsten in Baden-Baden 58 Antwort des Königs von Württemberg auf die Ansprache des Prinzregenten von Preußen

Frankfurt

3. November 1859

Seite 157

München Würzburg Würzburg Nürnberg

12. November 1859 24. November 1859 28. November 1859 7. Dezember 1859

160 162 165 171

Dresden

9. Dezember 1859

177

Frankfurt ohne Ort

20. Januar 1860 [Januar 1860]

186 188

[Meiningen]

[17. Februar 1860]

194

Gotha

20. Februar 1860

198

[Frankfurt] London

[2. März 1860] 2. April 1860

204 206

Meiningen zur Elisabethenburg Frankfurt Dresden Frankfurt

10. April 1860

210

24. April 1860 5. Mai 1860 10. Mai 1860

213 220 224

Dresden [Stuttgart] München [Hannover] München Stuttgart Stuttgart Heidelberg

12. Mai 1860 12./13. Mai 1860 13. Mai 1860 [April/Mai 1860] 28. Mai 1860 1. Juni 1860 2. Juni 1860 17. Juni 1860

226 229 234 237 247 252 255 258

[Baden-Baden]

16.–18. Juni 1860

283

[Baden-Baden]

16.–19. Juni 1860

288

Baden-Baden

17./18. Juni 1860

295

[Baden-Baden]

[18. Juni 1860]

297

Baden-Baden

18. Juni 1860

299

Chronologisches Verzeichnis der Dokumente

LIII

Nr. Dokument

Ausstellungsort Ausstellungsdatum

59 Besprechung des Königs von Bayern mit dem Prinzregenten von Preußen 60 Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha an die Könige von Bayern, Sachsen, Hannover und Württemberg 61 Pfordten an Pfistermeister 62 Denkschrift der sächsischen Regierung gegen den Nationalverein 63 Teplitzer Punktation zwischen Österreich und Preußen 64 Großherzog Friedrich I. von Baden an Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha 65 Beust an Bose 66 Reinhard an Hügel 67 Schrenk an Gise 68 Antrag auf Bundesreform in der zweiten sächsischen Kammer 69 Bülow an Hall 70 Antrag des Großherzogtums Hessen auf Verbot des Nationalvereins 71 Artikel in der Preussischen Zeitung 72 König Maximilian II. an Schrenk 73 Anonyme Flugschrift über die Bundesreform 74 Pfordten an Pfistermeister 75 Intervention Württembergs in Karlsruhe 76 Savigny an Schleinitz 77 Mitteilung der Hamburger Bürgerschaft an den Senat 78 Übereinkunft zwischen den Regierungen von Baden, Sachsen-Coburg und Gotha und Sachsen-Weimar 79 Liebe an Wittgenstein 80 Bennigsen an Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha 81 Julius Fröbel: Denkschrift über die Leitung der großdeutschen Angelegenheiten 82 Constantin Frantz: Was dem deutschen Bunde Noth thut 83 Artikelserie zur Bundesreform im Bayerischen Kurier 84 Bundesreformprojekt von Beust 85 Hügel an Degenfeld 86 Bundesreformplan Beusts 87 Erklärung von Sachsen-Coburg und Gotha in der Bundesversammlung zur Dringlichkeit einer Reform der deutschen Verfassung

Baden-Baden

19. Juni 1860

Seite 300

Coburg

20. Juni 1860

302

Frankfurt Dresden

20. Juli 1860 [Juli 1860]

304 306

Teplitz Laxenburg Schloß Mainau

26. Juli 1860 2. August 1860 15. September 1860

308

Dresden Frankfurt München Dresden

13. Oktober 1860 9. November 1860 12. November 1860 14. November 1860

316 321 326 329

Frankfurt Frankfurt

3. Januar 1861 5. Januar 1861

334 336

Berlin München Heidelberg

19. Januar 1861 29. Januar 1861 [1861]

337 340 341

Frankfurt [Karlsruhe] Dresden Hamburg

13. Februar 1861 18. Februar 1861 20. April 1861 8. Mai 1861

348 351 353 356

Frankfurt

12. Mai 1861

357

Berlin Karlsruhe

13. Mai 1861 17. Mai 1861

359 363

ohne Ort

Juni 1861

364

Berlin

1861

371

München

7.–14. August 1861

374

Wien Stuttgart Dresden Frankfurt

17. August 1861 4. Oktober 1861 15. Oktober 1861 31. Oktober 1861

387 392 394 412

313

LIV Nr.

Chronologisches Verzeichnis der Dokumente Dokument

88 Rechberg an Werner a) Erlaß b) Einige allgemeine Bemerkungen den Dresdener Entwurf einer Reorganisation des deutschen Bundes betr. 89 Beust an Hohenthal 90 Pfordten an Pfistermeister 91 Liebe an Wittgenstein 92 Anonyme Broschüre aus Preußen zur deutschen Frage 93 Promemoria der Regierung von HessenDarmstadt zur Bundesreformfrage 94 Nachtrag zum Bundesreformplan Beusts 95 Artikel im Frankfurter Journal 96 Artikel in der Zeit 97 Eisendecher an das oldenburgische Staatsministerium 98 Platen an Blome 99 Bray an Schrenk 100 Bernstorff an Savigny 101 Bray an König Maximilian II. 102 Schrenk an König Maximilian II. 103 Vertrauliches Protokoll zwischen den Regierungen von Österreich und Bayern 104 Edelsheim an Roggenbach 105 Reigersberg an Schrenk 106 Roggenbach an Marschall 107 Identische Noten von Österreich, Bayern, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Großherzogtum Hessen, Nassau und SachsenMeiningen an die preußische Regierung 108 Hohenthal an Bernstorff 109 Broschüre „Ein Preußisches Programm in der deutschen Frage“ 110 Broschüre „Eine praktische Lösung der Deutschen Frage“ 111 Antrag auf Herbeiführung einer gemeinschaftlichen Zivil- und Kriminalgesetzgebung für die deutschen Bundesstaaten 112 Oertzen an Gamm 113 Artikel in der Neuen Frankfurter Zeitung 114 Artikel im Frankfurter Journal 115 Artikel in den Deutschen Blättern 116 Preußische Antwort auf die identische Note Österreichs und der Mittelstaaten 117 Dalwigk an Roggenbach 118 Dalwigk an Wambolt 119 Preußische Zirkulardepesche an die Gesandten bei den deutschen Höfen

Ausstellungsort Ausstellungsdatum

Seite

Wien

5. November 1861

415 415 418

[Dresden] Frankfurt Berlin Berlin

11. November 1861 11. November 1861 13. November 1861 [November] 1861

432 434 438 441

Darmstadt

18. November 1861

444

Dresden Frankfurt Frankfurt Frankfurt

20. November 1861 26. November 1861 26. November 1861 28. November 1861

475 482 484 494

Hannover Wien Berlin Wien München [München]

28. November 1861 4. Dezember 1861 20. Dezember 1861 28. Dezember 1861 8. Januar 1862 22. Januar 1862

494 499 501 508 511 517

Wien Stuttgart Karlsruhe Berlin

23. Januar 1862 26. Januar 1862 28. Januar 1862 2. Februar 1862

520 523 524 537

Berlin Berlin

2. Februar 1862 1862

541 543

Nürnberg

1862

556

Frankfurt

6. Februar 1862

579

Schwerin Frankfurt Frankfurt Frankfurt München

8. Februar 1862 12. Februar 1862 15. Februar 1862 15. Februar 1862 15. Februar 1862

591 593 598 600 604

Darmstadt Darmstadt Berlin

19. Februar 1862 21. Februar 1862 21. Februar 1862

607 613 618

Chronologisches Verzeichnis der Dokumente

LV

Nr.

Dokument

Ausstellungsort Ausstellungsdatum

120 121 122 123

Beust an Hohenthal Bernstorff an Savigny Schrenk an König Maximilian II. Sächsische Zirkulardepesche an die Gesandten bei den deutschen Höfen Rechberg an Schönburg Promemoria Mohls über die Bundesreformfrage Beust an Könneritz Werther an Bernstorff Debatte in der württembergischen Kammer der Abgeordneten Antrag auf Bundesreform in der württembergischen Kammer der Abgeordneten Hügel an König Wilhelm I. von Württemberg Rechberg an Károlyi Erste Besprechung Österreichs und der Mittelstaaten in Wien über eine Bundesreform Anträge des Großherzogtums Baden in der Bundesversammlung zur Aufhebung der Reaktionsbeschlüsse von 1854 Bernstorff an Werther Mohl an Roggenbach König Maximilian II. an Schrenk Zweite Besprechung Österreichs und der Mittelstaaten in Wien über eine Bundesreform Vertraulicher Zusatz zur Registratur vom 10. August 1862 Rechberg an Zwierzina Antrag von Österreich und den Mittelstaaten auf Bundesreform Schrenk an König Maximilian II. Mohl an Roggenbach Hügel an Degenfeld Schrenk an König Maximilian II. Bülow an Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin Hügel an Ow Aufruf an die Versammlung Deutscher Vaterlandsfreunde Antrag der großdeutschen Versammlung in Frankfurt auf Bundesreform Rede von Johannes Kuhn auf der großdeutschen Versammlung Statuten des großdeutschen Reformvereins Pfordten an König Maximilian II.

Dresden Berlin München Dresden

23. Februar 1862 10. März 1862 13. März 1862 17. März 1862

627 630 633 638

Wien [Frankfurt]

17. März 1862 [26. März 1862]

643 651

Dresden Wien Stuttgart

28. April 1862 7. Mai 1862 21. Mai 1862

656 660 662

Stuttgart

23. Mai 1862

681

Stuttgart

11. Juni 1862

690

Wien Wien

2. Juli 1862 7. Juli

693 697

Frankfurt

10. Juli 1862

706

Berlin Frankfurt Berchtesgaden Wien

11. Juli 1862 23. Juli 1862 30. Juli 1862 10. August 1862

710 714 718 719

Wien

10. August 1862

727

Wien Frankfurt

12. August 1862 14. August 1862

729 731

München Frankfurt Stuttgart München Frankfurt

16. August 1862 17. August 1862 14. September 1862 24. September 1862 1. Oktober 1862

750 753 767 788 793

Stuttgart Dresden

15. Oktober 1862 Oktober 1862

800 802

Frankfurt

28. Oktober 1862

807

Frankfurt

28. Oktober 1862

808

Frankfurt Frankfurt

29. Oktober 1862 12. Dezember 1862

810 812

124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151

Seite

LVI Nr.

Chronologisches Verzeichnis der Dokumente Dokument

152 Bismarck an Werther 153 Promemoria Mohls über die preußischen Pläne 154 Samwer an Freytag 155 Beratung in der Bundesversammlung über den Antrag zur Einberufung einer Delegiertenversammlung 156 Bismarck an Flemming 157 Ysenburg an König Wilhelm I. von Preußen

Ausstellungsort Ausstellungsdatum

Seite

Berlin [Frankfurt]

13. Dezember 1862 [13. Dezember 1862]

814 819

Gotha Frankfurt

15. Dezember 1862 18. Dezember 1862

826 828

Berlin Hannover

23. Dezember 1862 29. Dezember 1862

861 863

Verzeichnis der Dokumente nach ihrer Provenienz

LVII

Verzeichnis der Dokumente nach ihrer Provenienz Nr.

Dokument

Ausstellungsort Ausstellungsdatum

Seite

I. Akten und Protokolle der Bundesversammlung und ihrer Ausschüsse 27 Antrag von Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Großherzogtum Hessen und Nassau auf Revision der Bundeskriegsverfassung 31 Antrag Badens auf Errichtung eines Bundesgerichts 70 Antrag des Großherzogtums Hessen auf Verbot des Nationalvereins 87 Erklärung von Sachsen-Coburg und Gotha in der Bundesversammlung zur Dringlichkeit einer Reform der deutschen Verfassung 111 Antrag auf Herbeiführung einer gemeinschaftlichen Zivil- und Kriminalgesetzgebung für die deutschen Bundesstaaten 133 Anträge des Großherzogtums Baden in der Bundesversammlung zur Aufhebung der Reaktionsbeschlüsse von 1854 140 Antrag von Österreich und den Mittelstaaten auf Bundesreform 155 Beratung in der Bundesversammlung über den Antrag zur Einberufung einer Delegiertenversammlung

Frankfurt

20. Oktober 1859

148

Frankfurt

3. November 1859

157

Frankfurt

5. Januar 1861

336

Frankfurt

31. Oktober 1861

412

Frankfurt

6. Februar 1862

579

Frankfurt

10. Juli 1862

706

Frankfurt

14. August 1862

729

Frankfurt

18. Dezember 1862

828

II. Diplomatische Korrespondenzen und Ministerialakten 3 4 7 12 13 14 16 17 19 21 22 23 24 25

Eisendecher an Großherzog Peter II. von Oldenburg Bülow an Oertzen Beust an Könneritz Platen an Beust Hügel an Beust Rechberg an Traun Beust an Savigny Denkschrift von Borries Degenfeld an König Wilhelm I. von Württemberg Schrenk an König Maximilian II. Münchener Verabredungen der Mittelstaaten Hügel an Schrenk Bundesreformplan Roggenbachs Arnim an Schleinitz

Frankfurt

23. Juni 1859

11

Frankfurt Dresden Weissenhaus Stuttgart Wien Dresden Norderney München

15. Juli 1859 5. August 1859 16. August 1859 16. August 1859 19. August 1859 25. August 1859 28. August 1859 13. September 1859

16 28 58 60 64 76 84 88

München München

23. September 1859 19. September 1859/ 11. Oktober 1859 28. September 1859 September 1859 29. September 1859

91 96

Stuttgart Karlsruhe Wien

103 106 143

LVIII

Verzeichnis der Dokumente nach ihrer Provenienz

Nr.

Dokument

Ausstellungsort Ausstellungsdatum

26 28 30

Albers an Elder König Maximilian II. an Schrenk Pergler von Perglas an König Maximilian II. Schrenk an Beust Schrenk an König Maximilian II. Kübeck an Rechberg a) Schreiben b) Denkschrift von Ludwig Windthorst zur Lage in Deutschland Denkschrift von Herzog Bernhard II. von Sachsen-Meiningen über die Bundesreform Plan einer „Bundeszeitung“ Herzog Bernhard II. von SachsenMeiningen an den Prinzregenten von Preußen Bülow an Hall Beust an Bose Eisendecher an das oldenburgische Staatsministerium Beust an Bose Schrenk an König Maximilian II. Memoire Platens zur Bundeszentralgewalt Schrenk an Gise Hügel an Beust Reigersberg an Schrenk Diktat des Herzogs Ernst II. von SachsenCoburg und Gotha über die Fürstenkonferenz in Baden-Baden Aufzeichnungen des Herzogs von Nassau über die Fürstenkonferenz in Baden-Baden Besprechungen der Könige von Bayern, Sachsen, Hannover und Württemberg, des Großherzogs von Hessen und des Herzogs von Nassau in Baden-Baden Ansprache des Prinzregenten von Preußen an die deutschen Fürsten in Baden-Baden Antwort des Königs von Württemberg auf die Ansprache des Prinzregenten von Preußen Besprechung des Königs von Bayern mit dem Prinzregenten von Preußen Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha an die Könige von Bayern, Sachsen, Hannover und Württemberg Pfordten an Pfistermeister Denkschrift der sächsischen Regierung gegen den Nationalverein

Bremen Vorder Riss Hannover

5. Oktober 1859 28. Oktober 1859 30. Oktober 1859

147 152 155

München Würzburg

12. November 1859 28. November 1859

160 165

Frankfurt ohne Ort

20. Januar 1860 [Januar 1860]

186 188

[Meiningen]

[17. Februar 1860]

194

32 34 37

38 40 42 43 44 45 46 48 49 50 51 52 54 55 56

57 58 59 60 61 62

Seite

[Frankfurt] [2. März 1859] Meiningen zur 10. April 1860 Elisabethenburg

204 210

Frankfurt Dresden Frankfurt

24. April 1860 5. Mai 1860 10. Mai 1860

213 220 224

Dresden München [Hannover] München Stuttgart Stuttgart [Baden-Baden]

12. Mai 1860 13. Mai 1860 [April/Mai 1860] 28. Mai 1860 1. Juni 1860 2. Juni 1860 16.–18. Juni 1860

226 234 237 247 252 255 283

[Baden-Baden]

16.–19. Juni 1860

288

Baden-Baden

17./18. Juni 1860

295

[Baden-Baden]

[18. Juni 1860]

297

Baden-Baden

18. Juni 1860

299

Baden-Baden

19. Juni 1860

300

Coburg

20. Juni 1860

302

Frankfurt Dresden

20. Juli 1860 [Juli 1860]

304 306

Verzeichnis der Dokumente nach ihrer Provenienz Nr.

Dokument

63 Teplitzer Punktation zwischen Österreich und Preußen 64 Großherzog Friedrich I. von Baden an Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha 65 Beust an Bose 66 Reinhard an Hügel 67 Schrenk an Gise 69 Bülow an Hall 72 König Maximilian II. an Schrenk 74 Pfordten an Pfistermeister 75 Intervention Württembergs in Karlsruhe 76 Savigny an Schleinitz 77 Mitteilung der Hamburger Bürgerschaft an den Senat 78 Übereinkunft zwischen den Regierungen von Baden, Sachsen-Coburg und Gotha und Sachsen-Weimar 79 Liebe an Wittgenstein 80 Bennigsen an Ernst II. von SachsenCoburg und Gotha 81 Julius Fröbel: Denkschrift über die Leitung der großdeutschen Angelegenheiten 84 Bundesreformprojekt von Beust 85 Hügel an Degenfeld 86 Bundesreformplan Beusts 88 Rechberg an Werner a) Erlaß b) Einige allgemeine Bemerkungen den Dresdener Entwurf einer Reorganisation des deutschen Bundes betr. 89 Beust an Hohenthal 90 Pfordten an Pfistermeister 91 Liebe an Wittgenstein 93 Promemoria der Regierung von HessenDarmstadt zur Bundesreformfrage 94 Nachtrag zum Bundesreformplan Beusts 97 Eisendecher an das oldenburgische Staatsministerium 98 Platen an Blome 99 Bray an Schrenk 100 Bernstorff an Savigny 101 Bray an König Maximilian II. 102 Schrenk an König Maximilian II. 103 Vertrauliches Protokoll zwischen den Regierungen von Österreich und Bayern 104 Edelsheim an Roggenbach 105 Reigersberg an Schrenk

Ausstellungsort Ausstellungsdatum

LIX Seite

Teplitz Laxenburg Schloß Mainau

26. Juli 1860 2. August 1860 15. September 1860

308 313

Dresden Frankfurt München Frankfurt München Frankfurt [Karlsruhe] Dresden Hamburg

13. Oktober 1860 9. November 1860 12. November 1860 3. Januar 1861 29. Januar 1861 13. Februar 1861 18. Februar 1861 20. April 1861 8. Mai 1861

316 321 326 334 340 348 351 353 356

Frankfurt

12. Mai 1861

357

Berlin Karlsruhe

13. Mai 1861 17. Mai 1861

359 363

ohne Ort

Juni 1861

364

Wien Stuttgart Dresden Wien

17. August 1861 4. Oktober 1861 15. Oktober 1861 5. November 1861

387 392 394 415 415 418

[Dresden] Frankfurt Berlin Darmstadt

11. November 1861 11. November 1861 13. November 1861 18. November 1861

432 434 438 444

Dresden Frankfurt

20. November 1861 28. November 1861

475 494

Hannover Wien Berlin Wien München [München]

28. November 1861 4. Dezember 1861 20. Dezember 1861 28. Dezember 1861 8. Januar 1862 22. Januar 1862

494 499 501 508 511 517

Wien Stuttgart

23. Januar 1862 26. Januar 1862

520 523

LX Nr.

Verzeichnis der Dokumente nach ihrer Provenienz Dokument

106 Roggenbach an Marschall 107 Identische Noten von Österreich, Bayern, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Großherzogtum Hessen, Nassau und Sachsen-Meiningen an die preußische Regierung 108 Hohenthal an Bernstorff 112 Oertzen an Gamm 116 Preußische Antwort auf die identische Note Österreichs und der Mittelstaaten 117 Dalwigk an Roggenbach 118 Dalwigk an Wambolt 119 Preußische Zirkulardepesche an die Gesandten bei den deutschen Höfen 120 Beust an Hohenthal 121 Bernstorff an Savigny 122 Schrenk an König Maximilian II. 123 Sächsische Zirkulardepesche an die Gesandten bei den deutschen Höfen 124 Rechberg an Schönburg 125 Promemoria Mohls über die Bundesreformfrage 126 Beust an Könneritz 127 Werther an Bernstorff 130 Hügel an König Wilhelm I. von Württemberg 131 Rechberg an Károlyi 132 Erste Besprechung Österreichs und der Mittelstaaten in Wien über eine Bundesreform 134 Bernstorff an Werther 135 Mohl an Roggenbach 136 König Maximilian II. an Schrenk 137 Zweite Besprechung Österreichs und der Mittelstaaten in Wien über eine Bundesreform 138 Vertraulicher Zusatz zur Registratur vom 10. August 1862 139 Rechberg an Zwierzina 141 Schrenk an König Maximilian II. 142 Mohl an Roggenbach 143 Hügel an Degenfeld 144 Schrenk an König Maximilian II. 145 Bülow an Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin 146 Hügel an Ow 151 Pfordten an König Maximilian II. 152 Bismarck an Werther

Ausstellungsort Ausstellungsdatum

Seite

Karlsruhe Berlin

28. Januar 1862 2. Februar 1862

524 537

Berlin Schwerin München

2. Februar 1862 8. Februar 1862 15. Februar 1862

541 591 604

Darmstadt Darmstadt Berlin

19. Februar 1862 21. Februar 1862 21. Februar 1862

607 613 618

Dresden Berlin München Dresden

23. Februar 1862 10. März 1862 13. März 1862 17. März 1862

627 630 633 638

Wien [Frankfurt]

17. März 1862 [26. März 1862]

643 651

Dresden Wien Stuttgart

28. April 1862 7. Mai 1862 11. Juni 1862

656 660 690

Wien Wien

2. Juli 1862 7. Juli

693 697

Berlin Frankfurt Berchtesgaden Wien

11. Juli 1862 23. Juli 1862 30. Juli 1862 10. August 1862

710 714 718 719

Wien

10. August 1862

727

Wien München Frankfurt Stuttgart München Frankfurt

12. August 1862 16. August 1862 17. August 1862 14. September 1862 24. September 1862 1. Oktober 1862

729 750 753 767 788 793

Stuttgart Frankfurt Berlin

15. Oktober 1862 12. Dezember 1862 13. Dezember 1862

800 812 814

Verzeichnis der Dokumente nach ihrer Provenienz Nr.

Dokument

Ausstellungsort Ausstellungsdatum

153 Promemoria Mohls über die preußischen Pläne 156 Bismarck an Flemming 157 Ysenburg an König Wilhelm I. von Preußen

LXI Seite

[Frankfurt]

[13. Dezember 1862]

819

Berlin Hannover

23. Dezember 1862 19. Dezember 1862

861 863

III. Landtagsverhandlungen 9 Antrag in der bayerischen Kammer der Abgeordneten 39 Antrag des gemeinschaftlichen Landtags der Herzogtümer Coburg und Gotha betreffend die deutschen Verfassungsverhältnisse 68 Antrag auf Bundesreform in der zweiten sächsischen Kammer 128 Debatte in der württembergischen Kammer der Abgeordneten 129 Antrag auf Bundesreform in der württembergischen Kammer der Abgeordneten

München

9. August 1859

38

Gotha

20. Februar 1860

198

Dresden

14. November 1860

329

Stuttgart

21. Mai 1862

662

Stuttgart

23. Mai 1862

681

Berlin

29. Mai 1859

8

Frankfurt Frankfurt Frankfurt

26. Juli 1859 15. August 1859 22. August 1859

Wien Würzburg Nürnberg

28. Oktober 1859 24. November 1859 7. Dezember 1859

152 162 171

Dresden London

9. Dezember 1859 2. April 1860

177 206

[Stuttgart] Berlin München

12./13. Mai 1860 19. Januar 1861 7.–14. August 1861

229 337 374

Frankfurt Frankfurt Frankfurt Frankfurt Frankfurt

26. November 1861 26. November 1861 12. Februar 1862 15. Februar 1862 15. Februar 1862

482 484 593 598 600

IV. Zeitungsartikel 2 Artikel in der Vossischen Zeitung über die Anbahnung einer Bundesreform durch Preußen 6 Artikel in den Deutschen Blättern 11 Artikel in den Deutschen Blättern 15 Zwölf Thesen zur nationalen Zukunft Deutschlands 29 Artikel in der Ost-Deutschen Post 33 Artikel in der Neuen Würzburger Zeitung 35 Artikel im Korrespondent von und für Deutschland 36 Artikel im Dresdner Journal 41 Artikel in der Londoner „Times“ zur Situation des Deutschen Bundes 47 Artikel im schwäbischen „Beobachter“ 71 Artikel in der Preussischen Zeitung 83 Artikelserie zur Bundesreform im Bayerischen Kurier 95 Artikel im Frankfurter Journal 96 Artikel in der Zeit 113 Artikel in der Neuen Frankfurter Zeitung 114 Artikel im Frankfurter Journal 115 Artikel in den Deutschen Blättern

26 55 68

LXII Nr.

Verzeichnis der Dokumente nach ihrer Provenienz

Dokument

Ausstellungsort Ausstellungsdatum

Seite

V. Broschüren und Flugschriften 1 Broschüre „Der Deutsche Bund, die Verfassungskämpfe von 1848 u. 1849 und die Einigungsbestrebungen von 1859“ 53 Julius Fröbel: Die Forderungen der deutschen Politik 73 Anonyme Flugschrift über die Bundesreform 82 Constantin Frantz: Was dem deutschen Bunde Noth thut 92 Anonyme Broschüre aus Preußen zur deutschen Frage 109 Broschüre „Ein Preußisches Programm in der deutschen Frage“ 110 Broschüre „Eine praktische Lösung der Deutschen Frage“ 147 Aufruf an die Versammlung Deutscher Vaterlandsfreunde

Berlin

1859

3

Heidelberg

17. Juni 1860

258

Heidelberg

[1861]

341

Berlin

1861

371

Berlin

[November] 1861

441

Berlin

1862

543

Nürnberg

1862

556

Dresden

Oktober 1862

802

VI. Statuten, Aufrufe und Reden der nationalen Bewegung 5 Resolution der Versammlung deutscher Demokraten in Eisenach 8 Stettiner Adresse 10 Eisenacher Programm der Demokraten und Konstitutionellen 20 Statut des Deutschen Nationalvereins 148 Antrag der großdeutschen Versammlung in Frankfurt auf Bundesreform 149 Rede von Johannes Kuhn auf der großdeutschen Versammlung 150 Statuten des großdeutschen Reformvereins

Eisenach

17. Juli 1859

25

Stettin Eisenach

8. August 1859 14. August 1859

36 50

Frankfurt Frankfurt

16. September 1859 28. Oktober 1862

90 807

Frankfurt

28. Oktober 1862

808

Frankfurt

29. Oktober 1862

810

VII. Sonstige 18 Antwort der preußischen Regierung auf die Stettiner Adresse 154 Samwer an Freytag

Berlin

12. September 1859

86

Gotha

15. Dezember 1862

826

1

Dokumente

2

Nr. 1

Berlin, 1859

3

1. Broschüre „Der Deutsche Bund, die Verfassungskämpfe 1848 u. 1849 und die Einigungsbestrebungen von 1859“ Der Deutsche Bund, die Verfassungskämpfe 1848 u. 1849 und die Einigungsbestrebungen von 1859. Vom Verfasser der Schrift: Oesterreich keine „Deutsche“ Großmacht! Berlin, Verlag von Ferdinand Riegel 1859. 40 S. Siehe Rosenberg, Nationalpolitische Publizistik, Bd. 1, Nr. 122.

Der Deutsche Bund tut nichts und kann nichts und darf nichts. Seit 1815 hat der Bundestag nichts Positives vollbracht. Die Ereignisse dieses Jahres haben deutlich gemacht, daß es nötig ist, eine Zentralbehörde und einen aus zwei Kammern bestehenden Reichstag zu errichten. Das neue Deutsche Reich soll bestehen aus den jetzigen Bundesländern, aber ohne Österreich. Österreichs Interessen und deutsche Einheit sind unverträgliche Gegensätze.

Berlin, 1859 Es giebt Etwas, welches seit den Tagen seines Entstehens ein Gegenstand geheimen Hasses und tiefer Verachtung, eine Zielscheibe ausschweifendsten Hohnes und beißendsten Witzes, ein Hemmschuh alles dessen war, was man als zeitgemäß erkannte und wollte, ein Versteck für allerlei niedrige und gemeine Pläne, ein echtes Meisterstück diplomatischer Ränkeschmiedekunst – und dieses Etwas heißt der Deutsche Bund. Man fragt was ist der Deutsche Bund? Er ist Alles und Nichts, Etwas, von dem viel gesprochen, nichts gesehen wird, etwas unendlich Dehnbares und sehr Starres, ein Ding, aus dem man Allerlei macht. Man fragt höchst unbefriedigt von dieser Antwort weiter: was thut der Deutsche Bund? Der Deutsche Bund thut nichts, er kann nichts, er darf nichts, er kennt nur Unterlassungssünden. Aber wo ist der Deutsche Bund, von dem so viel gesprochen wird? Hierauf kann man nur lächeln; er ist vielleicht in Schleswig, im Lande der tapfern alten Preußen an den Gemarken des einstigen Reiches, oder im blühenden Lande der Ill-sassen1, der Lothringer oder der Schweizer! Alles fehl geraten, das gehört nicht zu ihm. Oho, ich merke es jetzt, er ist gewiß in Wien, der Hauptstadt des stolzen Oesterreiches, oder in Berlin, dem Königssitze des mächtigen Preußenlandes, oder an dem brausenden Isarstrome, oder dem alten, ehrwürdigen Rhein, oder in Thüringens und Frankens lieblichen Bergen oder wo sonst deutsche Worte einen Widerhall in guten Herzen finden! Auch überall da ist nicht der Deutsche Bund, denn überall da giebt es nur souveräne, unabhängige Staaten, aber keiner von ihnen heißt Deutscher Bund. Doch lassen wir des Hin- und Her-fragens jetzt genug sein und sehen wir ernstlich zu, die Lebenszeichen der in Rede stehenden Einrichtung gründlich aufzusuchen, um von ihnen aus an unfehlbaren Leitungsfäden zu dem Wesen des Dinges selbst aufzusteigen.

1 Elsässer.

4

Broschüre „Der Deutsche Bund . . .“

Nr. 1

Das erste, einzige und darum bedeutsame Lebenszeichen des durchlauchtigsten Bundes ist die hohe Bundesversammlung, welche ihren Sitz zu Frankfurt am Main, der alten Krönungsstadt, auf der Eschenheimer Gasse im fürstlich Thurn- und Taxis’schen Pallaste hat. Sie besteht aus Gesandten oder Gesandten-Theilen der einzelnen Deutschen Staaten und hält als eine diplomatische Conferenz wöchentlich eine Sitzung, sofern sie nicht Ferien hat. Die einzelnen Mitglieder sind nicht als bevollmächtigte Personen anzusehen, sondern als solche, die über jeden Gegenstand „Instruktionen“ einzuholen haben, so daß häufig die Anträge erst gestellt werden, nachdem ihr Geschick auf gewöhnlichem diplomatischen Wege bereits entschieden ist; auch geschieht es häufig, daß dieser oder jener Herr sich ohne Instruktion befindet, daß er erst die Meinung seines allerhöchsten Hofes einholen muß, daß er zwar glaube, jedoch noch nicht wisse, also seine Stimme nicht abgeben könne, und was dergleichen Redereien mehr sind. Von der Langsamkeit des Geschäftsganges kann man sich unbedingt keine Vorstellung machen, und es ist sprichwörtlich geworden, daß der Bundestag der längste Tag sei, nämlich in Beziehung seiner Langweiligkeit und Langsamkeit. Hannover stellte z. B. jenen berüchtigten Antrag zur Aufstellung eines Heeres am Oberrhein, Preußen protestirte wie billig, ließ jedoch die formelle Behandlung zu, und der hohe Bundestag überwies diese Sache seinem Militärausschuß, der bis heute noch nicht berichtet hat, und in Ewigkeit nicht berichten wird.2 So geht man mit Dingen um, die zur Sicherheit des Vaterlandes dienen sollen, kümmert sich nicht um die Lage und die Stimme des Volkes, und versündigt sich so wider sein eigenes Fleisch und Blut. In der langen Reihe der Jahre seit 1815 hat der Bundestag positiv nichts vollbracht. Er sollte eine Zoll- und Handelseinigung, ein deutsches Münzsystem und andere nützliche Anordnungen vollbringen, allein es geschah nichts. Er kam in der öffentlichen Meinung so herunter, daß er dieser größten aller Großmächte gänzlich erlegen ist. In den Stürmen des Jahres 1848 ging er auseinander und ein Deutsches, großes Reich sollte an seine 2 Die Regierung von Hannover stellte nach Ausbruch des Krieges in Italien am 13. Mai 1859 in der Bundesversammlung den Antrag, binnen drei Wochen ein Observationskorps in Oberdeutschland aufzustellen, „um namentlich den Süden Deutschlands gegen Eventualitäten zu decken“. Preußen legte gegen den Antrag „ausdrücklichen und entschiedenen Protest“ ein, weil eine solche Maßnahme der defensiven Haltung des Bundes „und dem Geiste der Bundesverträge überhaupt widersprechen würde“. Der Antrag wurde am 19. Mai 1859 an den Militärausschuß verwiesen. Der Ausschuß erstattete Bericht am 2. Juli 1859. Inzwischen hatte die preußische Regierung in der Bundestagssitzung vom 25. Juni 1859 einen eigenen Antrag auf „Zusammenziehung eines Observationscorps am Oberrhein aus Contingenten des 7. und 8. Bundescorps“ (die Bundestruppen von Bayern, Württemberg, Baden und Großherzogtum Hessen) unter bayerischem Oberbefehl gestellt. Der Antrag wurde am 2. Juli 1859 zum Bundesbeschluß erhoben. Vgl. ProtDBV 1859, Separatprotokoll vom 13. Mai 1859, S. 348b–348d; Separatprotokoll vom 19. Mai 1859, S. 382c–382e; Separatprotokoll vom 2. Juli 1859, S. 468b–468g.

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Stelle treten. Die Nationalversammlung in Frankfurt brachte die Reichsverfassung zu Stande, deren Ende die Sonne des Tages von Olmütz3, Manteuffelischen4 Angedenkens, schmachvoll beschien. Seitdem ist er wieder in die Eschenheimer Gasse heimgekehrt und ließ die Deutsche Flotte versteigern5, beschäftigte sich mit Entschädigungen einiger Staaten wegen Truppendurchmärsche[n] Seitens anderer in den Jahren, wo er sich vertagt hatte, und berathschlagte über Pensionirung des Marineraths Jordan6. Diese wichtigen Thaten haben die Begeisterung der Nation erweckt, und man steht heute mit aller Macht auf dem Boden auch dieses Vertrages von 1815, und Mancher glaubt in ihm das A und O Deutschen Glückes, Wohlfahrt und Gedeihens zu sehen. Dieser Schein trügt ärger, als die Fata morgana den Wanderer in der Wüste, und läßt die Zeit verrinnen, ohne den Augenblick des Handelns zu benutzen. [Rückblick auf den Wiener Kongreß, wo auf den Trümmern des Alten Reiches der Bund, „eine Hydra mit 38 Köpfen“, entstand; Unvereinbarkeit der Interessen des „dynastisch-ultramontan-soldatischen“ Österreich und des „liberal-nationalen“ Preußen; die Entwicklung in Deutschland seit der Reformation; die Schwäche des Reiches und der Mißbrauch der kaiserlichen Gewalt durch Österreich; das preußische Bestreben, Deutschland zu schützen und Recht und Gesetz wiederherzustellen; die „Zerstükkelung des großen Vaterlandes“ durch die Bundesakte; der Partikularismus und der Egoismus Österreichs als „Hemmniß zum Gedeihen nationaler Gestaltung“; die Revolution von 1848 und die nationale Einigungspolitik Preußens; die Vereitelung der preußischen Unionspolitik durch Österreich und die Wiederherstellung der „alten überlebten . . . Verhältnisse“; die Unzulänglichkeit des Bundes; die Notwendigkeit, die Übelstände zu beseitigen und den „Grundstein zu einem neuen, großen Bau“ zu legen.] 3 Anspielung auf die preußisch-österreichische Olmützer Punktation vom 29. 11. 1850, in der Preußen auf die Fortsetzung seiner kleindeutschen Unionspolitik verzichtete und sich zu Verhandlungen über eine Bundesreform bereiterklärte. Vgl. dazu QGDB III/1, S. XXII–XXVI. 4 Otto Theodor Freiherr von Manteuffel (1805–1882), preußischer Ministerpräsident und Außenminister 1850–1858; ADB, Bd. 20, S. 260–272; NDB, Bd. 16, S. 88–90. 5 Vgl. dazu QGDB III/2, S. XXVIII. 6 Carl Friedrich Wilhelm Jordan (1819–1904) war Schriftsteller und Politiker. 1848/49 war er Mitglied der Nationalversammlung, wo er mit einer Rede gegen die Schaffung eines polnischen Nationalstaats hervortrat. Als Ministerialrat in der Marineabteilung des Reichshandelsministeriums war Jordan seit November 1848 am Aufbau einer deutschen Reichsflotte beteiligt. Als die Bundesversammlung nach dem Ende der Revolution die Flotte auflöste, wurde Jordan am 1. April 1852 entlassen, allerdings gewährte ihm die Bundesversammlung im Jahr 1853 „wegen seiner besonderen Dienstleistungen“ eine Pension. Über deren Höhe und Dauer gab es wiederholte und langwierige Verhandlungen in der Bundesversammlung. 1854 wurde die Pension auf 166 Gulden und 40 Kreuzer monatlich für die Dauer eines Jahres festgesetzt, was die enorme Summe von 2000 Gulden jährlich ergab. Die Gewährung der Pension wurde in den folgenden Jahren immer wieder verlängert, was es Jordan ermöglichte, „sich bis zu seinem Lebensende nur seinen dichterischen Interessen zu widmen“; NDB, Bd. 10, S. 605; ProtDBV 1853, S. 323 f., 777 f., 863–867; ProtDBV 1854, S. 445 f., ProtDBV 1856, S. 422 f.

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Während die Bundesakte, ohne nach dem Bedürfniß der Nation zu fragen, auf das Willkürlichste von oben herab oktroyirt wurde, und die Reichsverfassung von 1849, als sie zu Stande gekommen war, schon den Boden unter ihren Füßen verloren hatte, ist das einzig Richtige auf dem Grund und Boden des heutigen Rechtszustandes ohne Leidenschaft und Ueberstürzung, mit Weisheit und fester Entschlossenheit, ein Werk organischen Lebens aufzuführen, daß es daure, und sich aus sich selbst heraus vollende. Durch die Ereignisse dieses Jahres ist als erstes Bedürfniß die Einigung des militärischen Befehles erkannt worden, der ja zu einer erfolgreichen Kraftentfaltung ebenso nöthig ist, wie die physische Kraft selbst, und man wünscht denselben in der Hand des Preußischen Herrschers vereinigt zu sehen. Mit einer vorübergehenden Uebertragung ist hier nichts gemacht, sondern dauernd muß ihm dies Recht zustehen, damit dauernde Zustände begründet werden können. Dem aber, der über Krieg und Frieden entscheidet, gebührt auch der diplomatische Verkehr nach Außen, so zwar, daß alle Sonderpolitik der einzelnen Staaten aufhört, und Deutschland als eine Macht, geschlossen, dasteht. Die Anstellung von Gesandten und Consuln, und deren Besoldung ist nur möglich, wenn eine Centralbehörde da ist, also eine executive Verwaltungsmacht. Diese kann nach unsern heutigen Rechtsbegriffen nicht errichtet werden, ohne Zustimmung des Volkes in seiner gesetzlichen Vertretung, und wir gelangen so zur Forderung eines aus zwei Kammern bestehenden Reichstages, in dessen erstem Hause die Regierungen der Einzelstaaten, in dessen zweitem Hause aber das Volk als Ganzes seine Vertretung findet. Die Thätigkeit dieser Staatsgewalten ist nicht ohne gehörig geordnete, urkundliche Grundlage auf die Dauer zu denken, und wir kommen so zur Reichsverfassung, deren Aufgabe es ist, die Einigung im Innern und die Beseitigung der vielerlei mißliebigen Schranken nach und nach zu vollbringen; ob sie sich dann der von 1849 nähere oder gleichkomme, ist ohne Bedeutung, jedenfalls ist in dieser eine, nicht hoch genug zu schätzende, Grundlage für künftige Arbeiten gegeben. Ob dann der einstige Oberleiter des Reiches mit dem Titel „Kaiser“ geschmückt wird, thut zur Sache nichts, und hat nur insofern Werth, als unser Volk in einem Kaiser mehr sieht, als in einem Reichsvorstande, und somit möglicherweise wohl ein engeres Verhältniß erzielt werden könnte. Jedenfalls ist diese Aeußerlichkeit untergeordnet, um sich jetzt schon für eine bestimmte Ansicht zu entscheiden. Ein Mißbehagen wird aber den Vaterlandsfreund beschleichen, wenn er sich nun fragt, woraus denn dies neue Deutsche Reich bestehen solle? Es wäre schön und erhebend, wenn es das ganze Volk umfassen könnte, so weit die Deutsche Zunge geht; allein wie ist das möglich? Unübersteigbare Hindernisse drohten, bei der Durchführung dieser Absicht, das kaum begonnene Werk, vielleicht für immer, scheitern zu machen, und man muß sich nach an-

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deren Gesichtspunkten umschauen. Eine unbedingte Aufnahme müßten alle jetzigen Bundesländer, mit Ausschluß der österreichischen, finden, dagegen die Deutschen Lande Preußens, welche jetzt nicht zum Bunde zählen, dem Reiche zugethan werden. Die Deutsche Schweiz, Elsaß, Lothringen und Schleswig, ganz abgesehen von den Deutschen Ostseeprovinzen Rußlands, liegen wohl zunächst außer dem Kreise unserer Betrachtungen. Ob es nun gleich schmerzlich ist, einen Theil seines eigenen Volkes von dem politischen Staatskörper auszuschließen, so geht es doch nicht anders: Oesterreichs Interessen und Deutsche Einheit sind unverträgliche Gegensätze, und es ist besser ein krankes Glied abzuhauen, und sich desselben zu entledigen, ehe denn der ganze Körper verfaule. In den ersten Blättern dieser, und des Verfassers früherer, Schrift: „Oesterreich keine ,Deutsche‘ Großmacht“7, ist genügend von dem Verhältnisse beider Länder, wie es sich durch innere Gründe und in der Geschichte darstellt, gesprochen, und wenn selbst eine unbedingte Trennung von der österreichischen Regierung jetzt gefordert wird, so bleibt die Hoffnung nicht auszuschließen, einst eine Wiedervereinigung der Deutschen Kronländer mit dem Reiche sich doch noch vollenden zu sehen, denn wir hoffen, daß endlich das Wiener Cabinet von seiner völkerverderblichen Politik umkehren werde zu einer besseren Staatsweisheit. Wie nöthig aber eine enge und feste Einigung dessen in Deutschland, was zu einigen ist, in der That und den Bedürfnissen begründet ist, liegt außer allem Zweifel. Alle Nachbarstaaten haben von je an unserm Lande gezupft, und es für ihre Zwecke auszubeuten gesucht. Möchten doch die Deutschen Fürsten der Pflicht gegen ihr Volk ganz eingedenk sein, und in der schweren Stunde der Gefahr sich dauernd und unverbrüchlich einigen, indem sie bedenken, daß kein Deutscher Fürst größeren Ruhm und mehr Dank erwerben kann, als daß er sein Volk, durch Entäußerung eines kleinen Theils seiner eigenen Rechte, auf die Stufe fördern hilft, welche ihm nach seiner Kraft und Geschichte gebührt. [Aufruf zur deutschen Einigung.]

7 Oesterreich keine „Deutsche“ Großmacht! Aufgrund unumstößlicher Thatsachen erwiesen. Berlin. Verlag von Ferdinand Riegel 1859. 31 Seiten; siehe Rosenberg, Nationalpolitische Publizistik, Bd. 1, Nr. 113.

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Artikel über die Anbahnung einer Bundesreform durch Preußen

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2. Artikel in der Vossischen Zeitung11 über die Anbahnung einer Bundesreform durch Preußen Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen Nr. 124 v. 29. Mai 1859, S. 1 f.

Die bestehende Bundesverfassung ist mangelhaft und teilweise unausführbar. Es muß eine Umgestaltung der Bundesverfassung angebahnt werden. Der Bund muß Preußen die militärische Oberleitung übertragen. Preußen hat den Beruf, für die Entwicklung verfassungsmäßiger Zustände in Deutschland Sorge zu tragen, Preußen muß das Mißtrauen der kleinen Regierungen überwinden und deutlich machen, daß es mit seinen eigenen Interessen zugleich die Interessen der deutschen Nation vertritt.

Berlin, 29. Mai 1859 Es ist eine unleugbare Thatsache, daß die bestehende Bundesverfassung in vieler Beziehung mangelhaft ist. Aber dies nicht allein. Ihre Anwendung erscheint in einzelnen Fällen geradezu den bestehenden Verhältnissen gegenüber unausführbar und eher dazu geeignet, den wahren Zweck des Bundes zu vereiteln, als ihm förderlich zu sein. Diese Entdeckung ist nicht neu. Von deutschen Staatsmännern und deutschen Regierungen selbst, und zwar lange vor dem Jahre 1848 wurde das anerkannt und ausgesprochen. Man kennt die Versuche, die Anstrengungen welche das deutsche Volk sowie einzelne Regierungen machten, eine Umbildung des Bundes herbeizuführen, – Bestrebungen die an Schwäche, Haltungslosigkeit, Mangel an Einsicht und festem Willen, sowie an wohlberechneten Gegenbestrebungen fruchtlos scheiterten. Wenn man nun gegenwärtig, in der Zeit einer europäischen Krisis2, die Deutschland bereits in Mitleidenschaft gezogen hat und drückend auf uns lastet, auf jene früheren Versuche zur Umgestaltung des Bundes mit Wünschen und Vorschlägen der verschiedensten Art zurückkommt, so ist das nicht eben zu verwundern. Eben so erklärlich ist es, daß solche Wünsche sich an Preußen anlehnen, um so erklärlicher, als gerade bestimmte Bundesverfassungsformen sich in ihren Folgerungen als unvereinbar mit Preußens Stellung in Deutschland und Preußens Beruf für dasselbe erwiesen haben.

1 Die „Vossische Zeitung“ war benannt nach ihrem langjährigen Herausgeber Christian Friedrich Voß (1724–1795). Das 1704 gegründete Blatt erschien bis 1934. Der offizielle Name lautete seit 1785 „Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen“. Mitte des 19. Jahrhunderts war das Blatt die führende Tageszeitung in Berlin; Bender, Die Vossische Zeitung. 2 Gemeint ist der Italienische Krieg zwischen Österreich auf der einen und Sardinien und Frankreich auf der anderen Seite, der am 26. April 1859 begonnen hatte. Vgl. dazu Baumgart, Europäisches Konzert, S. 352–363.

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Was aber kann Preußen gegenwärtig thun, um dem Verlangen nach Deutschland’s Einheit Genüge zu thun, um in der That eine Umgestaltung der Bundesverfassung anzubahnen? Wie die Verhältnisse liegen, handelt es sich vorerst um eine kräftige einheitliche Haltung dem Auslande gegenüber, um eine selbstständige, feste, deutsche Politik. Diese ist nur auf dem Wege einer Verständigung Preußens mit den übrigen deutschen Regierungen zu erreichen, durch eine Verständigung, welche wesentlich darauf gehen muß, die militärische Oberleitung des Bundes Preußen zu übertragen, – Einheit des Oberbefehls giebt Einheit der Macht. Wenn, wie zu erwarten, sich demnächst einige Staaten an Preußen in dieser Hinsicht fest anschließen, so muß der Anschluß der übrigen erfolgen, wenn sie nicht hülflos vereinzelt bleiben wollen, oder es vorziehen sich Oesterreich unterzuordnen. Letzteres wird wegen der politischen Zustände in Oesterreich schwerlich angehen, – aber auch diesen schlimmsten Fall angenommen, – immer besser Zweiheit als Vielköpfigkeit ohne Halt und Kraft. Was hiermit demnächst zusammenhängt, ist die diplomatische Vertretung Deutschlands im Auslande. Es wäre die nächste Folge einer einheitlichen militärischen Stellung, derselben einen verständigen Ausdruck an den fremden Höfen durch Gesandte zu geben, die in Wahrheit Deutschland zu vertreten hätten. In welcher Weise solche Vertretung einzurichten, hängt von der Vereinbarung am Bunde ab. Wir haben seiner Zeit die Gesandten der Frankfurter Nationalversammlung die traurigste Rolle spielen sehen, – weil sie Nichts zu vertreten hatten und wußten – ein deutscher Gesandter aber, der Preußen und die übrigen deutschen Staaten hinter sich hätte, würde etwas mehr Achtung einflößen als die jetzigen Einzelgesandten zusammengenommen. Eine Schwierigkeit entstände vielleicht durch die Doppelstellung Oesterreichs und Preußens, – aber diese Stellung muß überhaupt einmal in Bezug auf Deutschland ihrer Zweideutigkeit enthoben werden, – Preußen ist deutsch, Preußen ist hier der Vertreter deutscher Macht und Bildung, politischer und religiöser Freiheit, – ihm mögen sich die Staaten anschließen, welche seinen deutschen Grundsätzen zustimmen. Wir haben hier wieder Zweiheit – aber auch das ist besser als die Zerfahrenheit der Gegenwart. Endlich hat Preußen am Bunde sehr wohl die Möglichkeit, dem Berufe zu genügen für die Entwicklung Deutschlands durch Förderung verfassungsmäßiger Zustände Sorge zu tragen. Was Herr v. Manteuffel in Betreff Hannovers und Kurhessens verfehlt, – das kann wieder gut gemacht werden.3 Wenn Preu3 In Hannover und Kurhessen waren in den 1850er Jahren die Verfassungen im konservativen Sinne revidiert worden. Die Bundesversammlung beteiligte sich daran durch Bundesbeschlüsse und -interventionen. In Kurhessen wurde die liberale Verfassung von 1831 am 13. April 1852 aufgehoben und durch eine oktroyierte Verfassung ersetzt. In Hannover wurde die Verfassung

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ßen zunächst und mit einsichtigem Willen eintritt für die verfassungsmäßigen Rechte deutscher Stämme, so thut es, was Recht und Sittlichkeit ihm gebieten, und es ist dazu um so mehr berechtigt, als seine eigenen staatlichen Verhältnisse eben auf diesen Grundsäulen aller gesunden Entwicklung beruhen. Wenn Louis Napoleon für italienische Freiheit auftritt, so ist das lächerlich und ohne jede Berechtigung, – Preußen ist auch in dieser Beziehung von Frankreich das gerade Gegentheil. Allerdings ist bei allem dem Eins nicht zu übersehen oder zu mißkennen. Die Manteuffel’sche Regierung hat in Deutschland ein Mißtrauen gegen Preußens Stärke, Einsicht und Zuverlässigkeit hervorgerufen, welches zum Theil noch besteht und der gegenwärtigen Regierung den Weg sehr schwierig macht. Kleine Regierungen erlauben sich auf Grund früherer Vorgänge allerhand wenig ersprießliche Gegenbewegungen gegen Preußen, während ein Theil des deutschen Volkes immer noch die Gespenster preußischer Reaktion nicht vergessen kann. Dies Mißtrauen aber wie jene Gegnerschaft, sie würden vor einem kräftigen und einsichtsvollen Auftreten Preußens zurücktreten. Deutschland wird sich leicht überzeugen, daß Preußen, indem es sich an der Spitze Deutschland’s dem Auslande gegenüber stellt, in Deutschland aber eintritt für verbürgtes Recht, für politische und religiöse Freiheit, mit seinen eigenen Interessen zugleich die eigensten Interessen der deutschen Nation vertritt; Deutschland würde einer auf diese Weise angebahnte[n] Bundesreform, einer Umgestaltung die auf Grund freier Vereinbarung und gesetzlicher Bestimmungen geschehen würde, freudig und allseitig seine Zustimmung geben. Damit wären zugleich die ersten thatsächlichen Bürgschaften und Grundlagen für eine weitere Umbildung des Bundes gewonnen. Auch Oesterreich würde dabei nicht zu kurz kommen, – doch die Verhältnisse gehen nicht so schnell als der Gedanke, und wir werden doch hinlänglich Zeit haben, auf die nähere Erörterung dieser Ansichten einzugehen.

von 1848 im April 1855 durch einen Bundesbeschluß in Teilen für „bundeswidrig“ erklärt, worauf die Regierung am 1. August 1855 die vormärzliche Verfassung von 1840 wieder herstellte. Die Kritik an Manteuffel in der Vossischen Zeitung bezieht sich auf die Haltung der preußischen Regierung, die seit 1850/51 im Einklang mit der reaktionären Bundespolitik die Beseitigung liberaler Konstitutionen oder konstitutioneller Bestimmungen in den deutschen Mittel- und Kleinstaaten mittrug. Zu Kurhessen und Hannover siehe Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 538 f., 908–915, 926–933; Bd. 3, S. 210–220; Nathusius, Kurfürst, Regierung und Landtag; Seier (Hrsg.), Akten und Dokumente; Botzenhart, Deutscher Parlamentarismus, S. 196–213; Wöltge, Reaktion im Königreich Hannover; zur hannoverschen Verfassungsrevision siehe die Dokumente 56 und 57 in: QGDB III/2, S. 251–255.

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3. Eisendecher11 an Großherzog Peter II. von Oldenburg22 StA Oldenburg, Bestand 38, Nr. 51. Schreiben. Eigenhändige Ausfertigung.

Die politische Lage ist verworren, und es gibt für Deutschland keine Heilung. Österreich kann die deutschen Wünsche nicht erfüllen. Es bleibt für den Deutschen Bund nur die Aussicht, auf Preußen zu warten. Man kann Preußen aber nicht durch Majoritätsbeschlüsse in der Bundesversammlung binden. Die Trias der Klein- und Mittelstaaten wäre das größere Übel, sie wäre nichts anderes als ein „Rheinbund“ und damit das „finis Germaniae“. Das ganze außerösterreichische Deutschland muß dem Prinzregenten von Preußen die diplomatische und militärische Führung der deutschen Angelegenheiten überlassen. Von der Bundesversammlung ist nichts mehr zu erwarten.

Frankfurt am Main, 23. Juni 1859 Durchlauchtigster Großherzog, gnädigster Herr! Es ist eine längere Zeit verflossen, ohne daß ich das erfreuliche Vorrecht benutzt habe, gegen Ew. Königliche Hoheit mein Gemüth unmittelbar auszusprechen, obschon ich mich oft genug dazu gedrängt fühlte. Mein letztes unterthänigstes Schreiben vom 18. April d. J. hat sich mit Höchstihrer gnädigen Mittheilung aus Hannover von demselben Datum gekreuzt. Ich habe meinen ehrerbietigen Dank für die letztere, die mich damals besonders interessirte noch ausdrücklich nachzubringen. Seit dieser ganzen Zeit hat man hier gleichsam vor der Schwelle großer Entscheidungen gestanden, jeden Augenblick etwas Faßbares erwartend, und ist doch stets getäuscht worden. Im Grunde stehen wir hier noch immer auf derselben Stelle, nur unter mehr und mehr umzogenen Wolkenhimmel, und ich wüßte auch heute, nachdem der neue Präsidialgesandte3 nun endlich zur Stelle ist, Ew. Königlichen Hoheit eigentlich nichts zu melden, was des Lesens werth wäre. Das Gewirre der Meinungen, Behauptungen und Ansprüche von den verschiedenen Seiten her ist hier so groß, daß irgend eine feste Richtung darin nicht zu entdecken ist, der man die deutschen Geschicke mit einigem Vertrauen hingeben könnte. Das ist sehr zu beklagen, aber es ist so. Und wenn auch eine gewisse Strömung an der Oberfläche vorzuherrschen scheint, so gehen die darunter treibenden Motive doch immer so wesentlich auseinander, daß jene Strömung voraussichtlich auf keine lange Dauer vorhalten würde. Es 1 Wilhelm von Eisendecher (1803–1880), Bundestagsgesandter der 15. Kurie (Oldenburg, Anhalt, Schwarzburg) von 1851 bis 1866; NDB, Bd. 7, S. 719. 2 Nikolaus Friedrich Peter II., Großherzog von Oldenburg (1827–1900), regierte von 1853 bis 1900; NDB, Bd. 20, S. 224 f. 3 Alois Freiherr Kübeck von Kübau (1818–1873), Bundespräsidialgesandter vom 20. Juni 1859 bis 24. August 1866; NDB, Bd. 13, S. 169.

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sind dies recht unglückliche Thatsachen, die nun einmal nicht wegzuleugnen sind; unser altes Erbtheil deutscher Vielsinnigkeit, das wir leider bei allen Gelegenheiten, im Glück wie im Unglück, mit in die Rechnung aufnehmen müssen. Überredungskünste und Agitationen helfen dagegen nicht; das Übel liegt in der Grundanlage der Dinge und ist stärker als die politischen Wünsche des Augenblicks, seien diese auch noch so vernünftig. Ob dieses größte Hinderniß des deutschen Gesammtgedeihens durch eine längere Schule des Unglücks etwa noch beseitigt oder doch gebändigt werden kann – wer mag es behaupten oder verneinen? Die Schule müßte jedenfalls fürchterlicher als je zuvor sein, wenn sie gründlich helfen sollte, und – kann man das wünschen? Ich besorge deshalb auch, daß wir aus dem gegenwärtigen Processe nicht zum Bessern hervorgehen werden, mag es kommen wie es will. Wir haben keine Heilung in Deutschland! – Und, aufrichtig gestanden, wem sollte, wem könnte man mit Vertrauen folgen?! Doch gewiß nur derjenigen deutschen Macht, die ein selbsteigenes Interesse dabei hat, die größtmögliche Summe unserer vernünftigen Bedürfnisse und Wünsche befriedigen zu helfen. Daß der österreichische Kaiserstaat diese Macht nicht sein kann, nicht sein will und wird, ist klar genug durch alle Geschichte, und die neueste zumal, bewiesen und seine und seiner Anhänger Betheuerungen vom Gegentheil können höchstens für momentane Nothbehelfe gelten, die, nach erreichtem gelegentlichen Zwecke, unfehlbar jedesmal in die bekannte „glänzende Undankbarkeit“ ausschlagen würden. Und wo wäre der Mann, oder auch nur die Partei in Österreich ersichtlich, der oder die eines Bessern überzeugen und einer aufgeregten Zeit imponiren könnte? Die Männer, welche nach wie vor an die Spitze gestellt werden, sind ein Armutszeugniß, entweder für ihre Wahl oder für die Menschen. Kann man es Preussen verdenken, daß es Anstand nimmt sich solidarisch an die Fersen dieses Österreichs zu hängen? Und wäre es möglich gewesen, diese Solidarität so zu präcisiren, daß es nicht Gefahr lief, durch Österreich sofort in Bahnen gerissen zu werden, welchen Preussen nur zu seinem und Deutschlands Schaden folgen könnte? Man sagt zwar, und ich glaube es selbst, Preussen hätte gleich zu Anfang des österreichisch-französischen Zerwürfnisses eine entschiedenere Parteinahme für das formelle Recht an den Tag legen sollen. Vielleicht wäre dann der jetzige Conflict nicht zum Ausbruch gekommen. Aber auch und vielleicht. Denn L. N.4 kannte die wesentlichen Bedenken allzuwohl, welche Preussen abhalten mußten in eine wirklich solidarische Action für Österreich einzutreten. Man mag den jetzigen Kaiser der Fr. beurtheilen wie man will, ein „Staatsmann“ im großen Styl, wenn auch nach dem Herzen Macchiavells, ist er jedenfalls, und er würde sich wahrscheinlich nicht lange haben irre machen 4 Louis Napoleon, der Kaiser der Franzosen.

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lassen, zumal er gerade an dem Grafen Cavour einen mindestens ebenbürtigen Helfer und Kampfgenossen fand. Unter diesen ungünstigen Verhältnissen blieb und bleibt für den deutschen Bund keine andere Aussicht, als auf Preussen zu warten. Preussen ist aber specifisch zu schwer, um sich von den übrigen deutschen Staaten schieben zu lassen. Es muß aus eigener Selbstbestimmung handeln und kann dabei, nach der Natur der Dinge, auf Deutschland als solches nur diejenigen Rücksichten nehmen, die den zweifellosen Bundesbestimmungen und seinen eigenen Interessen entsprechen. Es durch formelle Majoritätsbeschlüsse der B.V. in seiner Action als europäische Großmacht binden zu wollen, muß man sich aber nicht einfallen lassen. Hier klafft allerdings die Bundesverfassung; allein man wußte das von Anfang an und hat sich immer bemüht mit Manier darüber hinwegzukommen. Man hat immer zwischen den Zeilen lesen müssen und hat es auch oft genug gethan. Nun ist es freilich eine eigne Sache, sich der Politik Preussens anschließen zu sollen, einer Politik, die man noch nicht kennt und von der man bis dahin so wenig zu sehen bekommen hat, daß man sie auch nicht einmal annähernd berechnen kann. Dennoch, meine ich, bleibt keine andere Wahl. – Oder sollten die mittlern und kleinen Bundesstaaten eine europäische Stellung für sich nehmen und, abgesehen von Preussen, sich der österreich. Politik anschließen? Manchem scheint das leicht; aber ich würde es für das größere Übel halten, als unbedingt zu Preussen zu stehen. Es würde jenes auf die „Trias“ hinauslaufen, und die Trias wäre, meines Erachtens nichts anderes als der eventuelle „Rheinbund“, vielleicht in etwas veränderter Fassung, immer also ein „finis Germaniae“. Auf diesem Wege wäre daher für Niemand Heil zu finden. Es scheint deshalb, nach meiner geringen Einsicht, nur möglich es mit Preussen in der Art zu versuchen, daß das ganze außerösterreichische Deutschland sich entschlossen einigte, dem Prinzen-Regenten von Preussen die diplomatische und militärische Führung der deutschen Angelegenheiten während der gegenwärtigen Verwicklung unter thunlichster Berücksichtigung der B.Verfassung, ihrerseits einheitlich zu überlassen. Daß Preussen zunächst noch an der Wiederherstellung des Friedens arbeitet, ist sehr wahrscheinlich. Der Erfolg ist freilich zweifelhaft, zumal er wesentlich dadurch bedingt sein möchte, daß Preussen sofort schon wirklich im Namen des gesammten außerösterreichischen Deutschlands auftreten und handeln könne, indem wohl nur dann Europa darauf hören würde. Von einem bloßen „Losschlagen“ ohne diese Grundbedingung wäre, m. g. E.5, für Deutschland am wenigsten etwas Gutes zu erwarten. 5 Abkürzung für: meines geringen Erachtens.

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Ew. Königliche Hoheit kennen wahrscheinlich schon die neue preussische Circular-Depesche, von der die Zeitungen Meldung thun6; ich habe sie hier noch nicht zu Gesicht bekommen. Die Dinge haben in der That ein böses Ansehen. Es scheint nicht, daß Österreich irgend welche Nachgiebigkeit zeigen wolle. Ich habe gestern die nähere Bekanntschaft des H. v. Kübeck gemacht. Er meint zwar, die politischen Zustände Europa’s seien zu keiner Zeit in so großer Verwirrung gewesen als eben jetzt; dennoch scheint er für Österreich ziemlich guten Muthes und verläßt sich namentlich auf die nunmehrige, angeblich unerschütterliche Defensiv- und Offensiv-Stellung hinter der vielberühmten Hochburg Mantua-Verona pp. Er sieht übrigens in Österreich nur den Vertreter des Rechts, der Ehre und der Wahrheit, in Allem was nicht unbedingt mit ihm geht, das gerade Gegentheil; er räumt nicht das Geringste dagegen ein, nicht einmal, daß in der Herrschaft Österreichs über Italien eigenthümliche Schwierigkeiten lägen, indem diese sämmtlich nur künstlich hervorgerufen und genährt würden. So viel er sich bis jetzt äußert, scheint er die Überzeugung zu hegen, Preussen werde jetzt sofort zur Action für Österreich übergehen, der deutsche Bund werde entschlossen folgen und für beide werde dies der einzige Weg sein, dem, Deutschland und Preussen sonst unvermeidlich bevorstehenden Verderben zu entgehen. Diese exclusive Einseitigkeit hat mich doch gewundert, und ich kann daraus keinen günstigen Schluß auf die zu erwartende Wirksamkeit des neuen Präsidialgesandten ziehen. Er wirft den Gegnern lauter Falschheit und Lüge vor und nimmt für Alles was von Österreich ausgeht vollen Glauben in Anspruch. Dieser Glaube wird aber allmälig selbst dort wankend, wo er bisher als Bekenntniß galt; so soll man z. B. in Bayern mit Erstaunen zu der Einsicht gelangt sein, daß das unlängst so feierlich angemeldete Österreichische Bundescontingent, welches die Bundesforderung „an Streitbaren um beiläufig 32 000 Mann an Infanterie und technischen Truppen, dann um 4000 Mann Cavallerie und um 150 Feldgeschütze überschreiten“ sollte (conf. Sep. Prot. der 20. Sitz. § 1.7), schon längst nach Italien gezogen, also für den Bund gar nicht mehr vorhanden, ja gar nicht einmal dafür bestimmt gewesen sei. – – Nur wo findet sich der Ersatz? H. v. Kübeck macht übrigens einen nicht unangenehmen Eindruck. Er ist noch verhältnißmäßig jung – er mag eben 40 sein – und wird als einsichtig 6 Zirkulardepesche von Schleinitz an alle preußischen Missionen, Berlin, 19. Juni 1959, in: Die auswärtige Politik Preußens, Abt. 1, Bd. 1, Nr. 455, S. 686 f.; Schleinitz legte in dieser Depesche die Grundlagen der preußischen Politik in der europäischen Krise dar. Einerseits, so heißt es, müsse Preußen seine eigenen und die deutschen Sicherheitsinteressen wahren, wenn sich der Krieg den deutschen Grenzen nähern sollte. Andererseits werde Preußen auf eine friedliche Beilegung der Krise hinwirken, die die Sicherheit und den Wohlstand aller Völker bedrohe. 7 In der Bundestagssitzung vom 3. Juni 1859 hatte der österreichische Bundespräsidialgesandte eine entsprechende Mitteilung über die Bereitstellung des österreichischen Truppenkontingents gemacht; vgl. ProtDBV 1859, Separatprotokoll der 20. Sitzung, S. 402a.

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und tüchtig gerühmt; sein Wesen widerspricht dem auch nicht und ich möchte ihm besonders Energie wohl zutrauen. Daß die hiesigen geschäftlichen Zustände in dieser Zeit unbefriedigender sind als jemals, das werden Ew. Königliche Hoheit ohne meine Versicherung sich denken können. Es wird und kann hier etwas Ersprießliches für das Allgemeine nicht mehr geschehen. Alles wird, soweit überhaupt etwas fertig wird, auswärts fertig gemacht. Mit einem Worte die facies Hippocratica8 der Bundesversammlung ist nicht mehr zu verkennen. Im Ganzen herrscht unter den Gesandten eine gewisse resignirende Gelassenheit über das Schicksal des Bundestags. Das hindert indessen nicht, daß die bittersten Beargwöhnungen und Anschuldigungen gegen die einzelnen Staaten gegenseitig gehegt werden und auch gelegentlich verlautbaren. Am übelsten ergeht es natürlich Preussen und den Preussischen Gesandten von Seiten der Mittelstaaten, welche sich gebärden als sollten sie über Nacht erwürgt und verschlungen werden. Es ist der alte Vorwurf, daß Preussen nichts thun will für die Genesung der Patientin, d. h. der Bundesversammlung, die ein betrübtes Pendant zu dem bekannten „kranken Manne“9 abgibt; man findet nun sogar in der Mission des H. v. Usedom eine ominöse oder ironische Bewährung jenes Vorwurfs und bezeichnet deshalb in Erinnerung an seine damalige kurze Thätigkeit H. v. Usedom10 als den „Todtengräber“ der B.Versammlung. Es ist allerdings recht wohl möglich, daß er, wie 1848, dies Geschäft auch im Jahre 1859 wieder zu besorgen haben wird; selbst der kommende 12. Juli könnte dazu noch eingehalten werden11. Indessen Scherz bei Seite, daß etwas Anderes kommen muß, ist gewiß. Aber was? – Wahrscheinlich wird der Stoß der Ereignisse wenig Zeit zur Wahl gewähren. Gleichsam „in der Luft“ ist ein Zusammentritt von besondern Bevollmächtigten unter Preussens Ägide. – Damit würde aber vermutlich Österreich wenig zufrieden sein, es jedoch vielleicht nicht wohl verhindern können und sich äußersten Falles auf den Vorbehalt oder die Drohung beschränken, fortan lediglich seinen eigenen Interessen zu folgen pp. – Diese Eventualität 8 Ängstlicher, verfallener Gesichtsausdruck bei Sterbenden; vgl. Duden. Das Fremdwörterbuch. 5. Aufl. Mannheim/Wien/Zürich 1990. 9 Anspielung auf das Osmanische Reich, das wegen seiner inneren und äußeren Schwäche als „der kranke Mann am Bosporus“ bezeichnet wurde. Der Ausdruck geht angeblich zurück auf Zar Nikolaus I. (1796–1855). 10 Karl Georg Ludwig Guido Graf von Usedom (1805–1884) war bereits 1848 preußischer Bundestagsgesandter gewesen, als die Bundesversammlung am 12. Juli ihre Tätigkeit einstellte. Am 3. März 1859 war Usedom als Nachfolger Bismarcks in die Bundesversammlung eingetreten, wo er die preußischen Interessen bis zum 18. Dezember 1862 vertrat; ADB, Bd. 39, S. 375–377; Grypa, Der Diplomatische Dienst des Königreichs Preußen, S. 445. 11 Anspielung auf den 12. Juli 1848, als die Bundesversammlung „ihre bisherige Tätigkeit“ für beendet erklärte und ihre Befugnisse auf den von der Paulskirche gewählten Reichsverweser übertrug; ProtDBV 1848, S. 756.

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schreckt schon jetzt Viele und sie sehen sich bereits dem übermüthigen Frankreich allein gegenüber. Vorläufig ist freilich mit allen solchen Conjecturen nichts genützt, da es absolut unmöglich ist, den kommenden Tag vorauszusehen, und ich muß Ew. Königliche Hoheit wirklich um Verzeihung bitten, daß ich so viel unnöthige Worte mache. Das Allerschlimmste ist dabei aber noch nicht einmal gesagt: daß wir nämlich nichts weniger als eine sichere Rechtsbasis haben, auf welcher man sich so zu sagen „todtschlagen“ lassen könnte. Denn die Bundesund andern Grundverträge sind keineswegs von der erforderlichen klaren Bündigkeit und Vortrefflichkeit, haben sich vielmehr bei jeder Probe als ein sehr nachgiebiges Fundament erwiesen. Es ist rein unmöglich sich für die deutsche Bundesverfassung zu „begeistern“. [Die Verhältnisse in Europa; der gesellige Verkehr mit anderen Gesandten in Frankfurt; oldenburgische Angelegenheiten; private Verhältnisse.]

W. von Eisendecher

4. Bülow 11 an Oertzen22 LHA Schwerin, MdaA, Nr. 68. Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 19. Juli 1859.

Heftige Kritik an der preußischen inneren und äußeren Politik seit 1848. Preußen will die Tätigkeit des Bundes auf das geringste Maß beschränken. Der Antrag auf Unterstellung der Bundesarmee unter preußischen Oberbefehl ist mit den Bundesgesetzen unvereinbar. Die preußische Regierung strebt die politische und militärische Unterordnung Deutschlands unter Preußen an. Der Bund kann kein Interesse haben, die Hegemonialpolitik Preußens zu unterstützen. Der Ausgang des Krieges in Italien hat das Ansehen und den Einfluß Preußens in Deutschland sehr geschwächt. Die deutschen Regierungen müssen Preußen klarmachen, daß es nur im Verbund mit Deutschland und Österreich seine Stellung als europäische Großmacht behaupten kann. Bülow fürchtet, daß nach dem Friedensschluß zwischen Frankreich und Österreich der innere Kampf in Deutschland mehr denn je beginnen wird.

Frankfurt am Main, 15. Juli3 1859 Ich habe meinen gestrigen gehorsamsten Bericht mit der Bemerkung geschlossen, daß der Eindruck welchen die Kenntnißnahme der preußischen Cir1 Bernhard Friedrich Ferdinand Karl von Bülow (1820–1864), von 1858 bis 1864 Bundestagsgesandter für Mecklenburg; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 267. 2 Jasper Joachim Bernhard Wilhelm von Oertzen auf Leppin (1801–1874), 1858–1869 Staatsminister von Mecklenburg-Schwerin; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 266. 3 In der Vorlage irrtümlich: Juni.

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culardepesche vom 6. d.4 und des denselben Gegenstand betreffenden Artikels der preußischen Zeitung in den hiesigen bundestäglichen Kreisen gemacht hat ein der preußischen Regierung sehr ungünstiger gewesen ist. Obwohl nach dem Abschluß des Friedens zu Villafranca5 weder von einer Mediation Preußens, noch von einer militairischen Aktion dieses Staates in Gemeinschaft mit dem übrigen Deutschland (für die nächste Zeit) mehr die Rede seyn wird und obwohl demnach die bezüglichen Anträge Preußens wie Oesterreichs in sich zerfallen, so ist doch der Inhalt der vorgedachten Aktenstücke mehrfach ein solcher, daß denselben eine hohe dauernde Bedeutung nicht abgesprochen werden kann, daß sie den Anlaß zu bieten geeignet sind um einen Blick in die Vergangenheit, wie in die Zukunft zu werfen. In meinem gehorsamsten Bericht vom 4. d. habe ich nicht verfehlt, meine Bedenken gegen die preußischen Anträge auszusprechen, indessen wie ich mich damals auf Hervorhebung einzelner prägnanter Punkte beschränken mußte, so habe ich mich doch der Hoffnung hingegeben, daß die Preußische Regierung in ihren weiteren Erläuterungen bemüht sein würde, diejenigen Widersprüche zu lösen, welche in den Anträgen gegenüber dem Bundesrechte zu liegen schienen. Die Circulardepesche vom 6. d. hat jener Erwartung nicht nur nicht entsprochen, sondern diese Widersprüche noch schroffer hervortreten machen. Preußen fordert hiernach einen Anschluß der deutschen Bundestruppen an die preußische Armee, eine Unterordnung derselben unter den preußischen Oberbefehl, dasselbe fordert dieß vom Bunde, doch nicht auf Grund der demselben innewohnenden Principien, seiner organischen Gesetze, auch nicht 4 Schleinitz an die preußischen Missionen in Deutschland, Berlin, 6. Juli 1859, in: Die auswärtige Politik Preußens, Abt. 1, Bd. 1, Nr. 482, S. 735–738. Schleinitz erläutert in der Depesche die preußischen Motive und Absichten bei den Anträgen, die am 4. Juli 1859 in der Bundesversammlung im Hinblick auf die militärischen Maßnahmen angesichts des Italienischen Krieges gestellt wurden. Im einzelnen beantragte Preußen, das 9. und 10. Bundesarmeekorps unter den Oberbefehl Preußens zu stellen, die nach dem Bundesbeschluß vom 2. Juli 1859 aus dem 7. und 8. Bundesarmeekorps zu bildende Observationsarmee am Oberrhein ebenfalls unter preußischen Oberbefehl zu stellen und die Reservekontingente des 7.–10. Bundeskorps in Marschbereitschaft zu setzen. Damit wären alle Armeekontingente der Mittel- und Kleinstaaten unter preußischen Oberbefehl gekommen. Österreich reagierte auf den preußischen Vorstoß am 7. Juli mit einem eigenen Antrag, wonach alle Bundeskontingente mobilisiert und gemäß den entsprechenden Bestimmungen der Bundeskriegsverfassung unter den Oberbefehl des Prinzregenten von Preußen gestellt werden sollten. Beide Anträge wurden zurückgezogen, nachdem am 11. Juli 1859 der Waffenstillstand von Villafranca geschlossen wurde. Vgl. ProtDBV 1859, Separatprotokoll der 25. Sitzung der Bundesversammlung vom 4. Juli 1859, S. 470a–470c; Angelow, Von Wien nach Königgrätz, S. 217–219. 5 Gemeint ist der Waffenstillstand von Villafranca vom 11. Juli 1859 zwischen Österreich und Frankreich. Österreich gab darin seinen Anspruch auf die Lombardei auf und stimmte einem italienischen Staatenbund zu. Dies wurde im Friedensvertrag zwischen Österreich, Sardinien und Frankreich vom 10. November 1859 bestätigt.

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unter Suspendirung oder Veränderung der letzteren, sondern es will, daß der Bund von diesen völlig absehe, sie ignorire, und eine andere Formel für den Oberbefehl adoptire, unbeschadet, daß diese den Bundesgesetzen entgegen ist. Was Preußen hiernach in seinen Anträgen fordert, ist seitens des Bundes unannehmbar, war nur durch eine direkte Verständigung mit den einzelnen deutschen Regierungen zu erreichen; ein Beschluß der Mehrheit der Bundesregierungen konnte demnach, auch wenn ein solcher zu Gunsten der preußischen Anträge zu Stande gekommen wäre, die Minderheit nicht binden und daß eine solche vorhanden gewesen sein würde, darüber darf man keine Zweifel hegen. Ich glaube die Ueberzeugung hegen zu dürfen, daß seit dem Bestehen des deutschen Bundes an das gemeinsame Organ kein Antrag seitens eines Bundesgliedes gelangte, welcher in so völligem Widerspruch mit der Grundlage des Bundes sich befand und den Bund demnach in die Alternative versetzte, den incorekten Antrag abzulehnen oder durch seine Annahme sich seinen inneren Halt, seine Grundlage zu benehmen. Die Königlich Preußische Regierung kann sich über diese Lage der Dinge bei Einbringung der Anträge nicht getäuscht haben, sie hat auch mit diesen nicht etwa blos den natürlichen Wunsch, sich den Oberbefehl der Bundes-Armee zugewendet und die zur militairischen Aktion nothwendige einheitliche Leitung gesichert zu sehen gehabt, – einen Wunsch, welcher durch Appellirung an das Vertrauen der deutschen Bundesgenossen leicht zu erzielen war – sondern dem Berliner Cabinet muß offenbar ein anderer weiter gehender Zweck vorgeschwebt haben, um dessentwillen es sich lohnte, den Bund in die vorgedachte Alternative zu versetzen und welcher derjenigen Richtung entsprach, die Preußen seit Jahren verfolgt, und der es zum ersten Mal in der Circulardepesche vom 6. d. einen zweifellosen Ausdruck gegeben hat. Blicken wir zurück auf den Zeitraum von den Befreiungskriegen bis zum Jahr 1848, so sehen wir Preußen mit schnellen Schritten in der gedeihlichsten Weise sich im Innern entwickeln, nach Außen hochgeachtet dastehen und selbst im europäischen Concert eine hervorragende Stellung einnehmen. Die deutschen Staaten erkannten in der staatlichen Entwickelung Preußens ein nachahmungswerthes Vorbild, schlossen sich ihm zum großen Theil auf dem Gebiet der materiellen Interessen im Zollverein an und beneideten dasselbe um seinen Reichthum an Intelligenz. Preußen war stets gerne bereit, die ihm an Größe nachstehenden deutschen Staaten zu unterstützen, ohne über die Gegenleistung derselben zu feilschen, dasselbe erkannte in der Erfüllung solcher Wünsche seinen Beruf und in dem ihm daraus erwachsenden moralischen Einfluß seinen Lohn. Was in Deutschland und am Bunde nicht geschah, wurde mit Recht nicht Preußen, sondern Oesterreich zum Vorwurf gemacht. In der europäischen Politik verlangte Preußen keine selbständige Rolle zu spielen, es

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handelte in Gemeinschaft mit Oesterreich und Rußland, war stark im Bunde mit diesen beiden Mitgliedern der Heiligen Allianz und fand seine besondere Bedeutung nicht selten darin, daß es diese Mächte vereinigte, wo die einander gegenüberstehenden Interesse[n] sie trennten. Das Jahr 1848 fand Preußen, wie Oesterreich schwach, jede Macht verfolgte ihren Weg, Preußen war die Gelegenheit geboten, sich mit dem übrigen Deutschland enger zu vereinigen, allein indem es zu viel forderte, verpaßte es den Moment und indem es später das freiwillig Gebotene erzwingen wollte, machte es mit seiner deutschen Politik völlig fiasco; mußte sich unter dem Druck Rußlands in Ollmütz mit Oesterreich verständigen und ihm in die Bundesversammlung folgen. Mit diesem Schritt war die Heilige Allianz im Herzen Preußens gebrochen. Was Preußen seiner eigenen unrichtigen Politik hätte schuld geben sollen, warf es seinen früheren Verbündeten im Herzen vor, es suchte nach einer anderen Politik, und sich dem Einfluß derselben zu entziehen und auf anderem Wege die Stellung wieder zu gewinnen, welche seit dem Jahre 1848 ihm als Ideal vorschwebte. So lange Se Majestät König Friedrich Wilhelm IV. das Regiment führte, war es den preußischen Staatsmännern nicht gestattet, den Abfall von der Heiligen Allianz zu proclamiren, sie wußten zu wohl, welchen Werth der Hohe Herr auf den Fortbestand derselben für Preußen setzte, sie mußten in der orientalischen Frage seinen richtigen Eingebungen Rechnung tragen, sie wirkten aber im Stillen auf dem entgegengesetzten Wege und erhöhten somit noch das Unheil durch die daraus nothwendig sich ergebende Inconsequenz und Schwankung der preußischen Politik, über welche man in den letzten 8 Jahren sich so oft zu wundern Gelegenheit gehabt hat. Aus diesem Zwiespalt der Ansichten zwischen dem Könige und den preußischen Staatsmännern vermogte sich keine klare Politik zu entwickeln, man suchte nach einer solchen, welche den Zwiespalt zu heben im Stande war, kam aber dadurch in den europäischen Fragen in ein stetes Schwanken, in eine Unklarheit, welcher man freilich den Namen der Politik der freien Hand beilegte. Welche traurige Rolle Preußen in allen größeren Angelegenheiten, so in der orientalischen Frage, in Bezug auf Neuchatel u.s.w. gespielt hat6, ist bekannt, 6 In der orientalischen Frage, also der Krimkriegskrise von 1853 bis 1856 hatte sich Preußen der Forderung Österreichs widersetzt, den Deutschen Bund politisch und militärisch gegen Rußland in Stellung zu bringen. – Im Konflikt um das zu Preußen gehörende Fürstentum Neuenburg in der Schweiz 1856/57 hatte Preußen seinerseits versucht, die Unterstützung des Bundes für Wahrung seiner Rechte zu erlangen, doch war die Bundesversammlung nicht bereit gewesen, sich an der militärischen Intervention Preußens zu beteiligen. Vgl. dazu QGDB III/2, S. XXXI– XXXIII, S. 262 f., Anm. 3, S. 315, Anm. 7. Der Vorwurf Bülows richtet sich darauf, daß Preußen in beiden Fällen eine partikulare Interessenpolitik betrieb und nicht die Interessen Deutschlands im Blick hatte.

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doch in seiner deutschen Politik war es nicht anders. Wie Preußens Staatsmänner Ollmütz Oesterreich und Rußland verargten, so verargten sie den deutschen Regierungen das Scheitern der Unionspolitik; wie dieselben ohne das Zusammenhalten mit jenen Mächten eine europäische Stellung behaupten zu können glaubten, so glaubten sie des Bundes und der deutschen Regierungen nicht zu bedürfen, um die Aufgabe in Deutschland zu erfüllen. Man suchte darnach die Thätigkeit des Bundes auf das geringste Maaß zu beschränken, man beförderte die Erledigung mancher gemeinsamer Angelegenheiten auf dem Wege der Specialvereinbarungen, man legte der Erfüllung der Wünsche der einzelnen deutschen7 Regierungen Schwierigkeiten im Wege und ließ sich schließlich dieselbe theuer bezahlen; genug man zog sich ganz auf den engen preußischen Standpunkt zurück, glaubte auf diesem Wege einen Anschluß der deutschen Regierungen an Preußen zu erzwingen. Diese Art der Behandlung der deutschen Angelegenheiten geht wie ein rother Faden durch die Thätigkeit des Ministeriums Manteuffel hindurch und hatte sich in den Büreaus und durch die officiöse Presse in den Köpfen so vieler Menschen als eine richtige Politik festgesetzt, daß die doctrinären Herren von Auerswald8 und Schleinitz9, bei welchen die frühere Unionspolitik ja, weit mehr, als bei Herrn v. Manteuffel in succum et sanguinem10 übergegangen war, sie bereitwilligst aufnahmen und fortführten. Als bei dem nahen Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen Oesterreich und Frankreich in ganz Deutschland sich das Nationalgefühl erhob und sich für einen Beistand Oesterreichs aussprach, als die Regierungen Deutschlands, bis auf Preußen einstimmig, bereit waren, sich zur Abwehr der gemeinsamen Gefahr zu vereinigen, da war es eben die preußische Regierung, welche eine solche Zumuthung von sich wies und anstatt an der Spitze Deutschlands eine glorreiche Rolle zu spielen, vorzog, die Begeisterung zu persifliren, die öffentliche Meinung irre zu führen und die Regierungen theils durch vague Hoffnungen für die Zukunft sich hinzuhalten, theils durch die eigene Unthätigkeit zu neutralisiren. Daß Preußen diesen Weg verfolgte, hatte eben darin seinen Grund, daß dasselbe nicht seinen exclusiv preußischen Standpunkt aufgeben, nicht an die Spitze Deutschlands sich stellen wollte, um nach einem glücklichen Ausgang des Kampfes die allerdings nicht vorher zu präcisirenden, aber 7 Emendiert. Vorlage: der einzelner deutscher. 8 Rudolf von Auerswald (1795–1866), seit 1858 Staatsminister ohne Portefeuille im Ministerium der „Neuen Ära“, 1860 preußischer Ministerpräsident; ADB, Bd. 1, S. 651–654; NDB, Bd. 1, S. 439 f. 9 Alexander Freiherr von Schleinitz (1807–1885), preußischer Außenminister 1848, 1849/50 und 1858–1861, Mitbegründer des „Preußischen Wochenblatts“; NDB, Bd. 23, S. 58; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 307. 10 Lateinisch für: in Fleisch und Blut.

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doch gewissen Früchte zu erndten, sondern daß dasselbe auf den Moment wartete wo Oesterreich genügend geschwächt, die öffentliche Meinung genügend corrumpirt wäre, und die Mehrzahl der deutschen Regierungen aus mehrfachen Gründen sich genöthigt sehen würde, in eine militairische und politische Unterordnung des Bundes unter Preußen zu willigen. Dieser Weg ist von Preußen mit einer merkwürdigen Pertinacität verfolgt worden und es ist ihm gelungen bis jetzt her vielfach den Glauben zu verbreiten, als sei der Weg der richtige für Deutschland, für die übrigen deutschen Regierungen ein ganz unschuldiger. Auch hier bin ich weit entfernt, dem Hohen Herrn, welcher die Zügel der Regierung in Preußen in Händen hat, die rechtsverletzenden Absichten seiner Minister unterzuschieben; man begegnet vielmehr auch hier wieder einer ähnlichen Meinungs-Verschiedenheit, wie sie zwischen dem eigentlichen Träger der Krone und seinem Ministerium bestand, dieselbe hat sich in den Aeußerungen Sr Königlichen Hoheit des Prinzen Regenten bei officiellen Gelegenheiten und gegen andere Fürsten Deutschlands genugsam bekundet, allein beklagen muß man denn doch in hohem Maaße, daß eine solche Verschiedenheit der Ansichten besteht und nicht am rechten Orte erkannt wird. Die Circulardepesche vom 6. d. ist der Ausdruck der preußischen Politik oder vielmehr des doctrinären Gebildes, welches man in Berlin Politik nennt, welchem jeder innere Halt, jede Wahrheit abgeht und welchem man durch einen gewissen Cynismus einen Schein von Grundlage und Consequenz zu geben sucht. Die Vorsicht und Rücksicht für Deutschland soll es sein, welche Preußen den Vorschlag dictirte, die Aktion des Bundes nicht in den Vordergrund treten zu lassen, seine Unterordnung unter die politische und militairische Leitung unter Preußen zu beschließen und doch liegt es klar zu Tage, daß Preußen mit diesem Vorschlag nur seine vermeintlichen Interessen verfolgt, daß Preußen bei dieser Gelegenheit einestheils für seine hegemonischen Bestrebungen sich einen Erfolg versprochen, anderntheils der Unterstützung der deutschen Regierungen für seine Politik bedurft hat, daß der deutsche Bund aber überall kein Interesse hat, sich bei den Mediations-Versuchen Preußens zu betheiligen und daß er nicht anders zur militairischen Aktion übergehen kann, als auf Grund der allgemeinen Principien der Bundeskriegsverfassung. Was soll man ferner zu der preußischen Betrachtung sagen, daß Preußen eine Theilnahme der deutschen Bundestruppen an einem eventuellen Kriege Preußens durch einen Bundesbeschluß bewirken will, aber einen Bundeskrieg für unstatthaft erklärt, daß Preußen seine Vorschläge nicht auf den Bestimmungen der Bundeskriegs-Verfassung fundiren will und sodann resumirt, daß jene doch die Aufrechthaltung dieser Bestimmungen ermöglichten, „soweit sie zweckmäßig sind und ein einheitliches Handeln und organisches Zusammenfassen der Kräfte bedingen“?

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Der officielle Artikel der preußischen Zeitung geht noch viel weiter, ist aber in seiner Verurtheilung der Bundeskriegs-Verfassung mindestens deutlicher; zugleich aber zeigt derselbe, daß man die einzelnen Bestimmungen der letzteren in Berlin nicht einmal kennt, ihren Geist nicht erfaßt hat. Die Deduktion dieses Blattes geht dahin, daß die Bundesversammlung im Stande sei, auf Grund des Art. 46 der Bundeskriegs-Verfassung in Betreff des Oberbefehls über einen Theil des Bundesheeres andere Verfügungen zu treffen, als in Betreff des Oberbefehls über das gesammte Bundesheer11; nach dem Art. 37 der revidirten Abschnitte der B. Kriegs-Verfassung aber findet die Wahl des Oberbefehlshabers im ersteren Falle in ganz gleicher Weise statt, als in dem letzteren Falle und zugleich gelten für einen solchen Oberbefehlshaber unbedingt dieselben Bestimmungen auch in Bezug auf seine Pflichten etc., als sie für den Oberbefehlshaber des gesammten Bundesheeres fixirt sind.12 Die endliche Bemerkung desselben Blattes, welche andere preußische Blätter seitdem in anderen Variationen wiederholen, daß nämlich die Annahme des Oesterreichischen Antrags den deutschen Staaten eine Kriegführung aufnöthigen würde, welche Deutschland zu Grunde richten müßte, übergehe ich mit Stillschweigen, da sie sich durch sich selbst richtet. Ebenso ist es eine völlig irrige Annahme, daß die militairische Haltung Preußens den Kaiser Napoleon zum Frieden genöthigt, eine perfide Annahme, daß dieselbe den Kaiser Franz Joseph13 zum Frieden bestimmt hätte. In dem Sinne des Regenten von Preußen war die Mobilisirung der Armee ein Schritt, um nach einer glücklichen Schlacht Oesterreichs auf Frankreich zu drücken und einen Frieden zu erzielen, in Folge der jenem Beschluß auf dem Fuße folgenden unglücklichen Schlacht am Mincio14 aber wurde die preußische Aufstellung in den Händen des Berliner Ministeriums als Handhabe nicht gegen Frankreich, sondern gegen Oesterreichs Machtstellung am Bunde, gegen die Existenz des letzteren benutzt. 11 Emendiert. Vorlage: Bundesheeres. 12 Druck der „Kriegsverfassung des Deutschen Bundes“ von 1821/22 in: Angelow, Von Wien nach Königgrätz, S. 290–308; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 119–128 (gekürzt). Artikel 46 lautet: „Der Oberfeldherr wird jedesmal, wenn die Aufstellung des Kriegsheeres beschlossen wird, von dem Bunde in der engeren Versammlung gewählt. Diese Stelle hört mit der Auflösung des Bundesheeres wieder auf.“ In Artikel 37 der „Revidierten Bestimmungen der Bundeskriegsverfassung“ von 1855 heißt es: „Der Oberfeldherr und der Generallieutenant des Bundes werden nach § 45. und 51. von der Bundesversammlung gewählt. Dasselbe findet mit dem Oberbefehlshaber Statt, wenn nur ein Theil des Bundesheeres aufgeboten wird.“ Angelow, Von Wien nach Königgrätz, S. 309–322, hier S. 320. 13 Kaiser Franz Joseph I. von Österreich (1830–1916), regierte seit 1848; vgl. Herre, Kaiser Franz Joseph von Österreich; Höbelt, Franz Joseph I.; Brandt, Franz Joseph I. von Österreich. 14 In der Schlacht bei Solferino am Fluß Mincio in Oberitalien am 24. Juni 1859 erlitten die österreichischen Truppen eine schwere Niederlage gegen die Armeen Sardiniens und Frankreichs.

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Das künstliche und gewagte Gebäude welches Preußens Staatsmänner sich geschaffen hatten, ist mit dem Frieden von Villafranca, wie ein Kartenhaus zusammengefallen, allein die Einbuße, welche Preußen durch diesen Ausgang seiner Politik, an Ansehen, Achtung und Vertrauen außer- und innerhalb Deutschlands erlitten hat, wird schwerlich dazu beitragen, demselben das Verständniß über die richtiger Weise zu verfolgende Politik zu geben. Preußen hat vermöge seiner Lage und inneren Zustände so unendliche Vortheile vor Oesterreich in dem gemeinsamen Verhältnisse zu Deutschland voraus gehabt, daß ihm nicht schwer fallen könnte, sich die Sympathien zugleich mit dem bedeutendsten Einfluß zu verschaffen, allein es gehörte dazu vor Allem ein Anerkenntniß der Rechte anderer Staaten. So lange Preußen durch sein Benehmen bekundet, daß es die Selbständigkeit der einzelnen deutschen Staaten als ein Unrecht gegen sich erfaßt, so lange dasselbe das ungetheilte Präsidium Oesterreichs als eine Verletzung seiner Ehre, seines Rechtes betrachtet, ist keine Umkehr zum Guten, kein Einlenken in eine richtige Bahn denkbar. Preußen wird noch viel schlimmere Erfahrungen machen müssen, ehe es einsehen wird, welche Fehler es begangen hat, wie es sich überhoben und in seiner Ueberhebung sich selbst zumeist geschadet hat. Allein es ist wohl zu fürchten, daß das übrige Deutschland diese Erfahrungen mit zu erdulden haben wird, wenn es sich der preußischen Regierung gegenüber nicht ermannt und sich mit derselben über die gerechten Beschwerden auseinandersetzt, welche man bis in die neueste Zeit zu erheben berechtigt war. Ich halte dieß für einen sehr dringenden Schritt sowohl im Interesse des gesammten Deutschlands, um den Bund nicht noch größerer Mißachtung auszusetzen, sondern zur erneue[r]ten Thätigkeit zu verhelfen, als auch im Interesse jeder einzelnen Regierung, welche sich sonst dem Vorwurf der Preußen begünstigenden und von Preußen begünstigten liberalen Parthei nicht entziehen wird, daß sie durch Verfolgung egoistischer Zwecke dem Gemeinwohl geschadet habe. Man unterschätze in dieser Beziehung die öffentliche Meinung ebenso wenig als die falsche Bahn, in welche die preußisch influenzirte Presse mit ihren Helfershelfern dieselbe zu bringen weiß; man möge daher auf seiner Hut sein und sich keinen Illusionen hingeben! Scheuet man sich aber jetzt, sich gegen Preußen offen auszusprechen, so möge man sich später über die traurigen Zustände, denen man in Deutschland entgegengeht, nicht täuschen; diese sind unausbleiblich und um so unausbleiblicher bei dem innigen Zusammenhang zwischen Deutschland und Preußen. Diese innige Verbindung ist nicht zu negiren, sondern auf ihr fußend, hat man einen erhöhten Anspruch an Preußen, daß es vor Allem deutsch sei. Im Verein mit Deutschland ist Preußen eine europäische Großmacht und kann in Gemeinschaft mit der anderen Großmacht, Oesterreich, die Geschicke der Welt entscheiden, ohne Deutschland und Oesterreich ist Preußens Stellung als europäische Großmacht zweifelhaft, ja auf die

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Dauer unhaltbar. Preußen muß, um sich als letztere zu behaupten stets eine entschlossene Politik verfolgen, sich nicht scheuen den Kampf aufzunehmen, wo er sich darbietet; hierzu bedarf es aber, (als die kleinste der Großmächte), großer Truppenmassen und die Erhaltung der letzteren kostet große Summen, welche bei den verhältnißmäßig geringen Hülfsquellen Preußens nicht leicht aufzubringen sind, Preußen hat deßhalb das Landwehrsystem sich erhalten und vielleicht erhalten müssen und doch hat dieses große Mangelhaftigkeiten, ersetzt die Systeme Frankreichs und Oesterreichs nicht. Preußen im Verein mit Oesterreich und Deutschland ist bei weitem nicht so gefährdet, als jenes allein, es braucht nicht stets so kampfbereit zu sein, sondern kann ein ganz anderes Gewicht in die europäische Waagschale werfen. Daß Preußen vor dem Jahre 1848 nach Außen zurückgegangen wäre, vermag ich nicht zu finden; warum sollte es dieß durch einen engeren Anschluß an Oesterreich und Deutschland fortan zu fürchten haben, wo Oesterreich nicht anstehen wird, seine15 inneren Zustände wohlthätig umzugestalten? Oder sind die deutschen Mittelstaaten Preußen etwa gefährlich? Nur der unglückselige Zwist zwischen den deutschen Großmächten hat diesen Staaten eine Bedeutung im Bunde gegeben, welche sie bei einer Einigung Oesterreichs und Preußens sofort wieder verlieren würden. Wären16 aber Oesterreich und Preußen wieder einig, so würde Rußland gewiß bereitwilligst sich den beiden Mächten anschließen und die immer dubiöse Annäherung an Frankreich fallen lassen. Dem Starken gehört die Welt und wo ein gesunder fester Kern ist, da gelangt er leicht zu einer größeren Entfaltung. Und Dänemark17 und Holland an die deutsche Politik zu ketten, ist nicht minder Aufgabe Oesterreichs und Preußens, und doch wie weit ist man von einem solchen Ziele entfernt? Der Friede zwischen Frankreich und Oesterreich ist allerdings geschlossen worden, allein, ich besorge, der Kampf in Deutschland beginnt jetzt mehr, denn je, der innere Kampf, welcher das Mark erfaßt und an ihm zehrt, bis eine Regenerirung des gesammten Vaterlandes unmöglich ist. Ganz gehorsamst. B. v. Bülow.

15 Emendiert. Vorlage: seinen. 16 Emendiert. Vorlage: Wäre. 17 Emendiert. Vorlage: Dännemark.

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5. Resolution der Versammlung deutscher Demokraten in Eisenach StA Coburg, LA A, Nr. 7188. Druck.

Die Demokraten verlangen eine schleunige Änderung der fehlerhaften Gesamtverfassung Deutschlands. Der Bundestag soll durch eine Zentralregierung ersetzt, und es soll eine Nationalversammlung einberufen werden. Der Befehl über die deutschen Militärkräfte und die diplomatische Vertretung Deutschlands nach außen sollen Preußen übertragen werden.

Eisenach, 17. Juli 1859 1. Wir erblicken in der gegenwärtigen politischen Weltlage große Gefahren für die Unabhängigkeit unseres deutschen Vaterlandes, welche durch den zwischen Oesterreich und Frankreich abgeschlossenen Frieden eher vermehrt als vermindert worden sind. 2. Diese Gefahren haben ihren letzten Grund in der fehlerhaften Gesammtverfassung Deutschlands und sie können nur durch eine schleunige Aenderung dieser Verfassung beseitigt werden. 3. Zu diesem Zwecke ist es nothwendig, daß der deutsche Bundestag durch eine feste, starke und bleibende Centralregierung Deutschlands ersetzt und daß eine deutsche Nationalversammlung einberufen werden. 4. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen können die wirksamsten Schritte zur Erreichung dieses Zieles nur von Preußen ausgehen, es ist daher dahin zu wirken, daß Preußen die Initiative dazu übernehme. 5. Zu diesem Zwecke und zu kräftigerer Wahrung der deutschen Interessen nach außen sind einstweilen und bis zur definitiven Constituirung der deutschen Centralregierung die Leitung der deutschen Militärkräfte und die diplomatische Vertretung Deutschlands nach Außen auf Preußen zu übertragen. 6. Es ist Pflicht jedes deutschen Mannes, die preußische Regierung, insoweit sie ihre Bestrebungen darauf richtet, nach Kräften zu unterstützen, und wird ge-

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Artikel in den Deutschen Blättern

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wiß dem deutschen Volke kein Opfer zu schwer sein, um es nicht der Unabhängigkeit, der Einheit und dem Glücke des deutschen Vaterlandes freudig zu bringen.

6. Artikel in den Deutschen Blättern1 1 Deutsche Blätter. Ein Sprechsaal für gebildete Vaterlandsfreunde. Verbunden mit der Zeitschrift „Der deutsche Verkehr“, Neue Folge 3 vom 26. Juli 1859, S. 19.

Der Zeitpunkt für eine Reform der Bundesverfassung ist ungünstiger denn je, denn es geht in erster Linie um die Wiederherstellung der Eintracht zwischen Österreich und Preußen. Die Niederlage der Nationalinteressen im Italienischen Krieg ist nicht auf den Deutschen Bund zurückzuführen, sondern auf die Uneinigkeit von Österreich und Preußen. Ohne die Eintracht zwischen den beiden Großmächten wird es nie ein einträchtiges Gesamtdeutschland geben. Der Versuch, Österreich aus Deutschland auszuschließen, käme der Erklärung des Bürgerkriegs gleich.

Frankfurt am Main, 26. Juli 1859 „Der Ruf nach Bundesreform“ An mehreren Plätzen haben Versammlungen deutscher Männer Statt gefunden, um die Gründung eines deutschen Parlaments als entschiedenen Volkswunsch bestimmt zu formuliren und vor den Regierern und Regierten Deutschlands auszusprechen. Wir halten es für gerechtfertigt, daß in der jetzigen beklagenswerthen Lage des Vaterlandes solche Verlangen auftauchen. Aber von einem tieferen Eingehen muß sich die wissenschaftliche Forschung schon dadurch entmuthigt finden, daß es offenbar keine ungünstigeren Aussichten auf Erfüllung jemals gegeben hat, als den jetzigen Moment, wo unsere beiden Hauptmächte entzweit sind und die Stimmung wenigstens der süddeutschen Bevölkerungen der preußischen Regierung ungünstiger ist, wie je, nicht nur eine politische Parthei des Volks. Jedermann fühlt, daß in jetziger Lage nichts dringender ist, als die Herstellung der österreichisch-preußischen Eintracht auf neuen Grundlagen. Jetzt, wo es sich um Versöhnung und deren Garantieen handelt, wieder den uralten 1 Die Zeitschrift „Deutsche Blätter. Ein Sprechsaal für gebildete Vaterlandsfreunde“ erschien von 1859 bis 1862 in Frankfurt am Main unter der Redaktion des sachsen-meiningischen Hofrats Dr. Lorenz Wilhelm Fischer-Goullet. Fischer-Goullet war vielfältig journalistisch und publizistisch tätig, unter anderem war er Chefredakteur der Frankfurter Oberpostamtszeitung. Bei der Besetzung Frankfurts durch Preußen im Jahr 1866 wurde Fischer-Goullet verhaftet und erlitt einen tödlichen Schlaganfall. Schwemer, Geschichte der freien Stadt Frankfurt a. M., Bd. 3/2, S. 324.

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Streit aufzurühren, der die Heere der beiden Hauptmächte schon vor 10 Jahren gegen einander führte, das wäre doch wirklich eine Art politischen Selbstmords! Dagegen müssen wir aber bestimmte Verwahrung einlegen, daß in jenen Versammlungen mehrfach behauptet worden ist, die mangelhafte Organisation des deutschen Bundes habe die jetzige Niederlage unserer Nationalinteressen verschuldet. Zu keiner Zeit waren Mittel- und Kleinstaaten, Regierer und Regierte einiger, opferwilliger, von dem Bedürfniß der Unterordnung durchdrungener, als bei dieser Prüfung. Die Uneinigkeit der beiden Großmächte war die Klippe, an welcher alle gemeinsame Action Gesammtdeutschlands gescheitert ist. Hätte ein Erfurter Parlament solche beseitigt? Das A und O allen Fortschritts liegt nicht in einer Reform der Verfassung, sondern der Politik der beiden Hauptmächte des Bundes. Papierne Bundesacten geben keine Garantieen, sondern nur die Personen der leitenden Staatsmänner. Ohne die Eintracht zwischen Oestreich und Preußen wird es niemals ein einträchtiges Gesammtdeutschland geben. Solche Eintracht kann aber nur entstehen, wenn Vergangenheitsgroll und Zukunftspläne aus dem Rath der beiden Regenten verbannt werden, wenn die leitenden Staatsmänner einzig die Bedürfnisse der drangvollen Gegenwart ins Auge fassen und endlich erkennen, daß ihnen keine andere feste Allianz zu Gebot steht, als die durch das Einheitsgefühl und die Stammesgleichheit ihrer Völker eine mächtige, von den Gelüsten diplomatischer Untreue unantastbare Grundlage hat. Sollte es aber gar in der Absicht jener Reformer liegen, daß Oestreich bei dieser Gelegenheit aus Deutschland ausgetrieben und im Jahr 1859 mit dem Rechte, die Kultur nach Osten zu tragen, verabschiedet werden soll, so könnten wir solche Projecte nur tief beklagen. Das wäre nichts weiter als die Erklärung des Bürgerkriegs. Ein Blick auf die Landkarte zeigt, daß ganz Süddeutschland nichts als eine Art große Enclave zwei großer Reiche bildet und gegen französische Eroberungsgelüste nur durch die kräftigste Beihülfe Oestreichs, niemals durch Preußen allein vertheidigt werden kann. Sich im Angesicht neuer Kriegsstürme eines solchen Bundesgenossen zu begeben, um mit Herrn Simson2 oder Carl Vogt3 Parlamentsreden halten zu können, wäre nicht einmal höherer, sondern einfacher politischer Blödsinn. Ob Sachsen, Hannover, Kurhessen, Mecklenburg wirklich vor Begierde brennen, mit Preußen allein ohne Süddeutschland die vorgeschlagene Union in Scene zu setzen? 2 Eduard von Simson (1810–1899), seit 1833 Professor des römischen Rechts in Königsberg, 1848/49 liberaler Paulskirchenabgeordneter, seit 1859 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses; ADB, Bd. 54, S. 348–364; NDB, Bd. 24, S. 451–453. 3 Carl Vogt (1817–1895), Professor der Zoologie, 1848/49 Mitglied der Deutschen Nationalversammlung, großdeutsch-demokratisch orientiert, trat 1859 mit der antipreußischen Schrift „Studien zur Lage Europas“ hervor; ADB, Bd. 40, S. 181–189.

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7. Beust11 an Könneritz22 HStA Dresden, 10 717, Nr. 930, fol. 93–99. Depesche. Abschrift.

Die schädlichen Aktivitäten der liberalen Nationalbewegung können nicht länger geduldet werden. Es ist nötig, daß die Gesamtheit der deutschen Regierungen in der Bundesversammlung Maßregeln gegen das umstürzlerische Treiben ergreift. Parallel dazu sollte eine Beratung der Regierungen über eine Verbesserung der Bundesverfassung in „unbeschränktester Öffentlichkeit“ stattfinden. Beust fordert die österreichische Regierung auf, in diesem Sinne am Bund die Initiative zu ergreifen. – Nachschrift: Der Bund geht seiner Auflösung entgegen, wenn Preußen fortfährt, sich den Bundesgrundgesetzen zu entziehen.

Dresden, 5. August 1859 Seit einiger Zeit ist unter den liberalen Parteien Deutschlands eine auffallende Bewegung zu bemerken, welche sich in der zweifelhaften Richtung kund giebt, daß man einerseits die gegenwärtige Verfassung des deutschen Bundes als gänzlich unbrauchbar herabzusetzen und an deren Stelle eine mehr concentrirte Nationalgewalt mit Volksvertretung, als das mit allen Kräften zu erstrebende Ziel, anzupreisen sucht, andererseits die politische und militairische Oberleitung Deutschlands ausschließlich auf Preußen übertragen will, zu welchem Ende man soweit geht, durch in Versammlungen gefaßte Beschlüsse, wie durch Zeitungsartikel sogar die preußische Regierung zu Ergreifung der Initiative in dieser Richtung aufzufordern. Diese Umtriebe haben dadurch an Bedeutung gewonnen, daß sich bei denselben die Democraten der äußersten Linken mit den Gothanern3 oder der Partei des linken Centrums zu gemeinschaftlichem Vorgehen verbunden haben und wenn auch nicht zu verkennen ist, daß während es den Gothanern hauptsächlich auf den Ausschluß Oesterreichs aus Deutschland und auf das Aufgehen der übrigen deutschen Staaten unter einer preußischen Oberherrschaft ankommt, die Democraten sich für jetzt nur diesen Umtrieben angeschlossen haben, um für’s Erste mit Hilfe der Gothaner den Umsturz der deutschen Bundesverfassung zu erzielen, so muß doch schon diese vorübergehende Ver-

1 Friedrich Ferdinand Freiherr von Beust (1809–1886), sächsischer Außenminister 1849–1866; ADB, Bd. 46, S. 494–532; NDB, Bd. 2, S. 198–200; Flöter, Beust. 2 Rudolph von Könneritz (1800–1870), sächsischer Gesandter in Wien 1843–1869; NDB, Bd. 12, S. 363. 3 Als „Gothaer“ oder „Gothaner“ wurden die liberalen Befürworter einer kleindeutschen konstitutionellen Monarchie unter preußischer Führung bezeichnet. Der Name leitet sich her von der nach dem Scheitern der Paulskirche am 25.–27. Juni 1849 in Gotha abgehaltenen Versammlung von Liberalen, die sich für die Unterstützung des preußischen Unionsplans aussprachen; vgl. Kertesz, Die „Gothaer“.

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schmelzung zweier, der bestehenden Ordnung der Dinge feindlicher Parteien die Aufmerksamkeit der Regierungen in hohem Grade beschäftigen. Das erste Symptom dieser Bewegung zeigte sich in einem Flugblatte, welches die Aufschrift führte: „Kriegsgefahr! Deutsche Nationalvertretung!“, angeblich in Frankfurt a/M. gedruckt war und von Hamburg aus in zahlreichen Exemplaren anonym versendet wurde. Vorzugsweise war dieses Flugblatt adressirt an Abgeordnete deutscher Ständekammern.4 Fast gleichzeitig mit diesem Flugblatte wurde unter dem Poststempel „Dresden“, in Kreuzband eingeschlossen, ein lithographirter Aufruf anonym versendet, welcher die Aufforderung enthielt, den Prinzen von Preußen als deutschen Kaiser an die Spitze der deutschen Nation zu stellen und die Reichsstände zusammen zu berufen. Dieser Aufruf scheint in verschiedenen Wortfassungen vervielfältigt worden zu sein. Während nun die Presse der gedachten Parteien das Publikum unablässig in gleichem Sinne bearbeitete und die Parteiführer in lebhaftester Correspondenz unter einander standen, erschien unterm 21. Juni d. J. in der Beilage zu Nr. 94 der Rhein-Lahn-Zeitung in Wiesbaden die bekannte „Erklärung nassauischer Staatsbürger“.5 In derselben wird behauptet, die Kriegsverfassung des deutschen Bundes sei für jeden anderen, als einen lahmen Scheinkrieg absolut unbrauchbar; man müsse sich sofort über eine Dictatur vereinigen und die Oberleitung auf Preußen übertragen; überall in Deutschland sollten sich Vaterlandsvereine bilden, um ihre Thätigkeit der gemeinsamen Sache zu widmen; zugleich wurde der Gedanke an die Einsetzung eines deutschen Parlaments wieder in Erinnerung gebracht. Wenige Tage nach dem Erscheinen dieser Erklärung traten eine Anzahl Bürger zu Frankfurt am Main zusammen, welche sich dafür aussprachen: Deutschland dürfe Oesterreich in dem damaligen Kriege nicht allein lassen; die diplomatische und militairische Führung des ganzen, nicht österreichischen Deutschlands vor und in dem Kriege müsse Preußen in die Hand gegeben werden, übrigens der „Erklärung nassauischer Staatsbürger“ sich anschlossen und ihre Beschlüsse in einer Extrabeilage zur Frankfurter Postzeitung veröffentlichten. 4 Die Flugschrift „Kriegsgefahr! Deutsche Nationalvertretung! Männer von Deutschland! Frankfurt am Main 1859“ wurde anonym verfaßt von Karl Blind (1826–1907) und im April und Mai 1859 von Hamburg aus vorzugsweise an die Abgeordneten der deutschen Ständekammern versandt. Blind hatte sich 1848 an der radikalen badischen Revolution beteiligt, war zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt worden und lebte seit 1849 im Exil in Brüssel und seit 1852 in London; vgl. Jansen (Bearb.), Nach der Revolution, S. XXIV u. S. 741 Anm. 2; Rosenberg, Nationalpolitische Publizistik, Bd. 1, Nr. 60. 5 Nassauer Erklärung vom 21. Juni 1859, Abdruck in: Biefang (Hrsg.), Der Deutsche Nationalverein, S. 427–431.

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Ungefähr zu derselben Zeit veröffentlichten eine Anzahl von Bürgern aus Stuttgart, Cannstadt, Eßlingen und Göppingen in der „Schwäbischen Kronik“, der Beilage zum „Schwäbischen Merkur“ eine Ansprache, dahin gehend: daß auf Preußen die Führerschaft in Deutschland übertragen und die Herstellung einer Verfassung, welche dem Ganzen die nöthige Einheit, Macht und Geltung, dem Theile die zuverlässige Selbstständigkeit, dem Bürger die rechtliche Freiheit sichere und endlich in einer deutschen Volksvertretung ihren Abschluß finde, als unverrückbares Ziel im Auge behalten werden müsse.6 Auch in Norddeutschland griff diese Bewegung um sich und ein Artikel der „Zeitung für Norddeutschland“ sprach die Erwartung aus, daß alle Vaterlandsfreunde den in den Erklärungen der Nassauer und Württemberger aufgestellten Grundsätzen ihren Beifall schenken und deren Verwirklichung als nothwendig für das Heil des Vaterlands anerkennen würden. Nachdem auf diese Weise die Bewegungspartei alarmirt worden war, wurde eine Zusammenkunft von ehemaligen Mitgliedern der Linken aus der Frankfurter Nationalversammlung vom Jahre 1849 verabredet, welche am 2. Juli d. J. in Eisenach stattfinden sollte und welche den Zweck hatte, im Anschluß an die von jener Versammlung beschlossene sogenannte Reichsverfassung den Prinzen von Preußen zum deutschen Kaiser auszurufen. Diese Versammlung wurde später auf den 16. Juli vertagt, durch den ganz unerwartet inzwischen geschlossenen Frieden aber auch wesentlich gestört, so daß sie ihr Programm als zur Zeit nicht mehr ausführbar, wesentlich ändern mußte, auch nicht so zahlreich, als man gehofft und gewünscht hatte, nämlich nur von etwa 30 Personen aus verschiedenen deutschen Staaten, besucht war. Die Versammlung fand am 16. und 17. Juli in Eisenach statt. Den Vorsitz führte Oberappellationsrath Dr. Schüler aus Jena, von den sonstigen Theilnehmern werden unter anderm genannt: der bekannte Schulze von Delitzsch, die Advocaten Fries aus Weimar, Streit aus Koburg, Titus aus Bamberg, Dölitzsch aus Altenburg, Joseph aus Lindenau, Dr. Schaffrath aus Dresden, endlich auch Johannes Rösing aus Bremen7. Die Theilnehmer waren übrigens keineswegs 6 Württemberger Erklärung von Ende Juni 1859, veröffentlicht in der Schwäbischen Kronik am 2. Juli 1859, Abdruck in: Biefang (Hrsg.), Der Deutsche Nationalverein, S. 431–433. 7 Gottlieb Christian Schüler (1798–1874), Jurist, 1848 Mitglied des Vorparlaments, 1849 Präsident des Centralmärzvereins, 1838–1868 Rat am thüringischen Oberappellationsgericht; Hermann Schulze-Delitzsch (1808–1883), Jurist, 1848–50 Mitglied der preußischen Nationalversammlung, 1861–1875 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses, 1867–1883 Reichstagsabgeordneter für die Fortschrittspartei; Hugo Fries (1818–1889), Jurist, 1849–1888 Mitglied des Landtags von Sachsen-Weimar; Fedor Streit (1820–1904), Jurist, seit 1848 im coburgischen Staatsdienst, 1857–1867 Mitglied des Landtags von Sachsen-Coburg und Gotha; Nikolaus Titus (1808–1874), Jurist, 1848 demokratischer Paulskirchenabgeordneter, seit 1850 Advokat am Appellationsgericht in Bamberg; Arthur Dölitzsch, Jurist, Demokrat aus Altenburg; Hermann Joseph (1811–1869), Jurist, 1848 demokratischer Paulkskirchenabgeordneter, 1855–1869 Ad-

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blos Mitglieder der ehemaligen Frankfurter Nationalversammlung; das Unternehmen war halb verunglückt. Die Versammlung kam zu den in No. 330 der „Nationalzeitung“ aufgeführten Sätzen8, für welche nun noch weiter Propaganda gemacht werden soll. Auch ist in Eisenach angeblich beschlossen worden, in nächster Zeit eine größere Versammlung dieser Art zu veranstalten. Bereits meldet die „Deutsche allgemeine Zeitung“ in Nr. 168, daß die Eisenacher Zusammenkunft baldige Nachfolge in andern Orten Deutschlands haben werde, und in der That hat schon am 19. Juli zu Hannover das Zusammentreffen des Anwalttages mit der Eröffnung der außerordentlichen ständischen Diät eine Anzahl liberaler Politiker vereinigt, welche in demselben Sinne sich erklärten.9 Wenn diese, sichtbar im Wachsen begriffene Bewegung einerseits auf den Umsturz der deutschen Bundesverfassung gerichtet ist, so liegt andererseits am Tage, daß ein einzelner Staat für sich allein derselben nicht Einhalt thun kann, zumal da die dermaligen Strafgesetze der Einzelstaaten nicht allenthalben diesem Zwecke genügen. Es mag nun zwar nicht verkannt werden, daß die solchergestalt um sich greifende, die bestehende Verfassung und die Selbstständigkeit der einzelnen deutschen Staaten bedrohende Bewegung nicht gerade unter äußern Umständen erfolgt, welche ihr besonders günstig wären und es nicht schwer fällt, sie mit dem ihr anklebenden Scheine des Lächerlichen ungefährlich zu machen. Allein abgesehen davon, daß das Ansehen nicht allein des Bundes, sondern auch der einzelnen Regierungen unter längerer Duldung solchen Treibens leiden muß, so dürfen auch die nächsten Erfolge desselben nicht unterschätzt werden. Hat dasselbe auch zunächst keine Aussicht, einen Umsturz der bestehenden Verhältnisse herbeizuführen, so erreicht es doch, wenn ihm nicht rechtzeitig begegnet wird, den in seinen Folgen unberechenbaren Vortheil, daß ein Sammelplatz gefunden ist, auf welchem, unter dem Schutze der zum Schein aufgepflanzten Fahne der Nationalitäts-Bestrebungen die extremsten oppositionellen Elemente sich dreist entfalten und die bethörten bessern Bestandtheile der öffentlichen Meinung mit sich verschmelzen und fortreißen können. Denn so erfreulich die Wahrnehmung einer offenbaren Erstarkung der deutschen Gesinnung während des letzten Krieges war, so ist es auf der anvokat in Leipzig, 1859–1869 Stadtverordneter in Leipzig; Wilhelm Michael Schaffrath (1814– 1893), Jurist, 1848 demokratischer Paulskirchenabgeordneter, seit 1857 Mitglied des Staatsgerichtshofs in Dresden; Johannes Rösing (1793–1862), Kaufmann und Bankier, Demokrat, 1848–1862 Mitglied der Bremer Bürgerschaft; vgl. Jansen (Hrsg.), Nach der Revolution; Best/ Weege (Hrsg.), Biographisches Handbuch. 8 Siehe Dok. 5; vgl. Biefang (Hrsg.), Der Deutsche Nationalverein, S. 434. 9 Hannoversche Erklärung vom 19. Juli 1859, Abdruck in: Biefang (Hrsg.), Der Deutsche Nationalverein, S. 435–438.

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dern Seite eine in gleicher Weise hervortretende und um so weniger tröstliche Erscheinung, daß nicht allein die große Masse, sondern der intelligentere Theil der Bevölkerungen jedem auf die Herstellung der deutschen Einheit gerichteten Losungsworte Folge giebt, ohne viel darnach zu fragen, um welchen Preis dieselbe zu erreichen und ob sie nur überhaupt auf der vorgezeichneten Basis zu erreichen sei? Es ist nicht zu viel gesagt wenn wir behaupten, die Fahne der Nationalitätsbestrebungen wird zum Schein aufgepflanzt. Letzteres ist jetzt entschieden der Fall. Man konnte an die Aufrichtigkeit eines entsprechenden Losungswortes glauben, so lange Deutschland von naher Gefahr bedroht und die Möglichkeit geboten war, durch eine straffe einheitliche Leitung, ihm die seiner Machtstellung gebührende Rolle zu sichern. Gegenwärtig ist von Beiden nicht die Rede, und der Grundton der öffentlichen Meinung in Deutschland eine tiefe Verstimmung. Es kann dieses Gefühl des Unbehagens in einzelnen aufrichtigen Gemüthern den Wunsch hervorrufen, daß Mittel gefunden werden möchten, der Wiederkehr ähnlicher Erlebnisse vorzubeugen, ein von Parteiinteressen freier Drang der Geister nach nationaler Einheit besteht in diesem Augenblicke nicht und ist durch die augenblickliche Zerklüftung unmöglich gemacht. Bei dem Beginn der Verwickelungen, welche den letzten Krieg hervorriefen und noch während der ersten Stadien desselben, war ein solcher wahrhaft patriotischer Aufschwung, dem es nur um die Ehre Deutschlands zu thun war, allerdings zu bemerken; je länger man aber zögerte, demselben durch ein muthiges und entschiedenes Eintreten Befriedigung zu gewähren, desto mehr entwikkelten sich mit jedem Tage mehr die Elemente, die diesen Aufschwung trübten und ihm die unreine Beimischung des Parteiinteresses gaben. Schon vor dem Abschlusse des Friedens standen sie in voller Blüthe. Damals hatten sie noch Anspruch auf Duldung und selbst auf Berücksichtigung, insofern sie als Mittel zur Erreichung des von den deutschen Regierungen und dem deutschen Volke als nothwendig erkannten Zweckes sich hinstellten. Heute gehört dieser Zweck einer ungewissen Zukunft an, und es ist allein das Mittel, für welches man die Agitation fortsetzt und welches nunmehr um so deutlicher als ein höchst verwerflicher Zweck hervortritt, als den deutschen Regierungen nicht einmal mehr die Chance geboten wird, für die Rettung des Gesammtvaterlandes Opfer zu bringen und damit sich Anspruch auf den Dank der Völker zu erwerben, sondern man unverholen [sic] ihnen die Zumuthung macht, nach italienischem Vorgange sich ihrer Rechte zu Gunsten anderer Gewalten zu begeben, welche der aufgeregten Volksmeinung augenblicklich besser zusagen. Wir bezweifeln daher nicht, daß die vorhin ausgesprochene Ansicht von der Unzulässigkeit längerer Duldung solchen Treibens von den übrigen deutschen Regierungen getheilt werde. Namentlich sind wir Dessen zu der Königlich Preußischen Regierung versichert, mit deren Namen dabei ein unverantwort-

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licher Mißbrauch getrieben wird und die hierin sicherlich einen Grund mehr finden wird, zu Maßregeln die Hand zu bieten, welche jenem Treiben die nöthige Grenze zu stecken geeignet sind, welche aber nur dann ihren Zweck erreichen können, wenn sie von der Gesammtheit der Regierungen beschlossen und ausgeführt werden. Man könnte uns einhalten, daß eine solche Bewegung, welcher auch der wohldenkende Theil der Bevölkerungen nicht fremd bleibt und welche jedenfalls sich der Gemüther noch lebhafter bemächtigen wird, nicht mit Polizeimaßregeln, nicht mit Beschränkung der Presse und des Vereinsrechts, sondern durch Aufklärung in der Presse selbst und durch aufrichtige Versuche der Regierungen zu Verbesserung der Bundesverfassung zu bekämpfen sei. Wir sind weit entfernt, die letztgenannten beiden Mittel der Abwehr gering zu achten oder zurückzuweisen. Im Gegentheil wünschen wir sie angewendet zu sehen, wir glauben sogar an deren entschiedenen Erfolg, vorausgesetzt, daß die Regierungspresse aller deutschen Staaten einmüthig die auf Auflösung des deutschen Bundes und Umsturz der Bundesverfassung gerichteten Bestrebungen beharrlich bekämpft und daß die Verbesserungen auf Grundlage der Bundesgrundgesetze im Wege der Fortentwickelung versucht werden. Allein was wir für geradezu unerträglich erklären müssen, ist, daß während der deutsche Bund mit seinen Grundgesetzen von den deutschen Regierungen bestehend anerkannt wird und die Vertreter der deutschen Regierungen in Frankfurt tagen, jedes unberufene Individuum sich erlauben darf, in Gemeinschaft mit seinen Gesinnungsgenossen, dem deutschen Bunde und seinen Gesetzen ihren Fortbestand öffentlich abzusprechen und daß unzählige Zeitungsartikel diese Kundgebungen weiter verbreiten. Hiernach halten wir es dem Bedürfnisse des Augenblicks entsprechend daß die Bundesversammlung sich mit Erwägung und Feststellung von Maßregeln beschäftige, damit Versammlungen zu dem Zwecke einer Umgestaltung der Bundesverhältnisse verhindert und die Besprechungen in der Presse in die Grenzen der Achtung vor den bestehenden Bundesgrundgesetzen zurückgewiesen werden. Eine diesfallsige Berathung und Beschlußfassung würde die gleichzeitige Inbetrachtnahme von Vorschlägen welche von der einen oder andern Bundesregierung zu Verbesserung der Bundesverfassung eingebracht werden könnten, nicht ausschließen. Die diesseitige Regierung ist für ihren Theil der Ansicht daß die bisherigen ungünstigen Erfahrungen weniger in der Mangelhaftigkeit des Bundesgrundgesetzes als in der Unterlassung allseitiger, aufrichtiger Anerkennung und Anwendung derselben ihren Grund hatten. Jedenfalls aber hätte eine erschöpfende Erörterung der hier einschlagenden Fragen auch für den zunächst vorliegenden Zweck entschiedenere Vortheile, indem jene durch Rücksichten der Würde gebotenen Maßregeln erst dann ihre volle

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Rechtfertigung in den Augen des Volkes finden werden, wenn entweder eine Verbesserung der Bundesverfassung in Aussicht gestellt werden kann, oder eine gemeinsame Berathung der Regierungen die Unausführbarkeit diesfallsiger Vorschläge herausgestellt hat. Letztere Bemerkung wird zugleich jeden Zweifel darüber entfernen, daß wir einer derartigen Berathung die unbeschränkteste Öffentlichkeit gegeben zu sehen wünschen würden. Indem ich Ew. p. ersuche, die vorstehenden Bemerkungen der geneigten Erwägung des Herrn Grafen von Rechberg10 zu empfehlen, habe ich zugleich die Versicherung hinzuzufügen, daß es unser lebhafter Wunsch ist, es möchte das k. k. Cabinet, nach vorgängigem hoffentlich nicht vergeblichem Einvernehmen mit der königlich preußischen Regierung, bald zu entsprechenden Einleitungen am Bunde Veranlassung ergreifen. (gez.) Beust. Vertrauliche Nachschrift zu der unterm 5. August 1859 an den k. Gesandten in Wien ergangenen Depesche11 Nachstehende vertrauliche Bemerkungen werden dazu dienen, Ew. p. mit dem Gedanken, welcher der heutigen Depesche zum Grunde liegt, noch besser bekannt zu machen. Für jeden unbefangenen Beobachter der letzten Ereignisse kann kein Zweifel darüber bestehen, daß der für Deutschland so wenig ehrenvolle Ausgang der beendigten Krisis nicht den Mängeln der Bundesverfassung, sondern lediglich dem Umstande zuzuschreiben sei, daß Preußen seine Aufgabe nicht im Bunde, sondern außerhalb desselben erkannte und sich vom Anfang bis zum Ende des ganzen Verlaufs den Bundesgrundgesetzen entzog. Die einzig zulässige Folgerung, die man daher zu ziehen berechtigt sein würde, ist nicht die, daß die Bundesverfassung reformirt werden müsse, sondern daß der Bund seiner Auflösung entgegengeht, sofern Preußen fortfährt, daran in der bisherigen Weise theilzunehmen. Wie es anzufangen sei, um Preußen zu einer aufrichtigen Annahme und Beobachtung des Bundesverhältnisses zu vermögen? ist eine Frage sehr schwieriger Natur, und wir möchten bezweifeln, daß Majoritätsbeschlüsse in Fragen secundärer Wichtigkeit, wie sie in der nächsten Zeit vielleicht entstehen können, hierzu den Weg bahnen und Preußen in seiner bisherigen Haltung erschüttern würden. 10 Johann Bernhard Graf von Rechberg und Rothenlöwen (1806–1899), 1855–1859 österreichischer Bundespräsidialgesandter, 1859–1864 österreichischer Außenminister; ADB, Bd. 53, S. 233–246; NDB, Bd. 21, S. 230 f. 11 Ergänzt nach der Abschrift im HStA Stuttgart, E 50/01, Büschel 866.

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Eine unzweideutige, entscheidende Auseinandersetzung zwischen Preußen und den übrigen Bundesstaaten wird erst bei dem nächsten Europäischen Conflict möglich, dann aber auch unvermeidlich sein, namentlich in Erinnerung der beendigten Krisis, wo man rechtzeitig die nöthige Verständigung unterlassen hat. Bis dahin haben die übrigen Bundesstaaten nur eine Aufgabe: die Bundesverfassung aufrecht zu erhalten und sich nicht den Boden unter den Füßen abgraben zu lassen. Wenn wir auch nicht die preußische Regierung für Alles verantwortlich machen wollen, was in ihrem Namen und in ihrem vermeintlichen Interesse gesagt und geschrieben wird, so ist doch in Preußen und in der preußischen Partei, seit nunmehr zehn Jahren, es ein feststehendes und mit Beharrlichkeit verfolgtes System, jeder eingänglichen Erörterung über die Möglichkeit und Ausführbarkeit von Bundesreformen auszuweichen, dagegen die ausgedehnteste Toleranz und Connivenz für Alles zu bethätigen, was dazu dient, in Schrift und Wort, den deutschen Bund und seine Verfassung in den Augen des Volks herabzuwürdigen und so den Augenblick abzuwarten, wo ein Krieg oder eine Revolution das des Bundes müde Deutschland Preußen in die Arme wirft. Es würde ein hoher Grad von Verblendung dazu gehören, um nicht anzuerkennen, daß dieses System ein sehr wohl berechnetes und durch die bisherigen Erfolge ermuthigtes ist. Bewahren die übrigen Regierungen, demselben gegenüber, eine passive Haltung, so geben sie sich und den Bund auf. Diese Betrachtung ist es, welche meine heutige Depesche eingegeben hat, und der vornehmliche Zweck der Letztern kein anderer, als Preußen zu bestimmten Auslassungen über die Frage der Bundesreform zu nöthigen. Alsdann wird Preußen entweder mit Anforderungen hervortreten, die wir ehrlich und offen zu bekämpfen haben werden, oder es wird der, in seinem Namen und für seine Rechnung betriebenen Agitation ein öffentliches Dementi geben müssen und jedenfalls in die Lage kommen, der Idee der Volksvertretung am Bunde, deren Vereitelung geflissentlich Oesterreich und den Mittelstaaten in Rechnung gestellt wird, selbst entgegenzutreten. (gez.) Beust

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8. Stettiner Adresse GStA Berlin, III. HA, Nr. 147, fol. 119 f. Adresse von Stettiner Bürgern an den preußischen Prinzregenten Wilhelm. Abschrift.

Die deutsche Bundesverfassung bedarf dringend einer Reform, um die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Nation zu sichern. Zur Begründung der Einheit Deutschlands ist die Schaffung einer starken Zentralgewalt erforderlich. Nur dann kann Preußen als europäische Großmacht dem Deutschen Bund ohne Gefahr weiter angehören.

Stettin, 8. August 1859 Allerdurchlauchtigster Prinz-Regent1, Allerdurchlauchtigster Prinz und Herr! Ew. Königlichen Hoheit Uebernahme der Regentschaft vor noch nicht einem Jahre ward von dem ganzen Volke mit Jubel aufgenommen, denn es sah darin unter dem schweren Geschick, von welchem es durch die Krankheit Sr. Majestät unseres Allergnädigsten Königs heimgesucht worden, eine Bürgschaft dafür, daß die so lang ersehnte verfassungsmäßige Entwickelung unserer innern Zustände in Wahrheit und strenger Gesetzlichkeit werde gefördert werden. Heute ist aber jeder Preuße stolz darauf, ehrfurchtsvoll und dankend es anerkennen zu können, wie sehr bereits das erhabene Wort, mit welchem Ew. Königliche Hoheit das schwere Amt übernahmen, in so kurzer Zeit zur Wahrheit geworden, um so mehr, als die vor kurzem erfolgte Berufung des Herrn Grafen von Schwerin2 zum Minister des Innern, die jedes Pommernherz um so mächtiger bewegen mußte, da unsere Provinz in ihm stets einen ihrer echtesten Patrioten erkannt hat, dafür ein neues Zeugniß darbietet. Nicht minder hat die hohe Regentenweisheit, mit welcher Ew. Königliche Hoheit bei dem Ausbruche des so unerwartet wieder beendeten Krieges Preußens Selbstständigkeit gewahrt und zugleich die Interessen des deutschen Vaterlandes mit kräftiger Hand geschirmt haben, die Herzen aller treuen Preußen mit Dankbarkeit erfüllt. Das aber glauben wir uns nicht verbergen zu dürfen, daß durch den abgeschlossenen Frieden und dessen unverbürgte Dauer die aeußern Gefahren für 1 Prinzregent Wilhelm von Preußen (1797–1888), übernahm im Oktober 1857 die Stellvertretung und am 7. Oktober 1858 die Regentschaft für den regierungsunfähigen König Friedrich Wilhelm IV. Nach dessen Tod wurde er am 2. Januar 1862 als Wilhelm I. König von Preußen; ADB, Bd. 42, S. 517–692. 2 Maximilian Heinrich Carl Anton Curt Graf von Schwerin-Putzar (1804–1872), liberaler Gutsbesitzer, 1848 preußischer Kultusminister im Märzministerium, 1848/49 Mitglied der Deutschen Nationalversammlung, 1855–1872 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses (1859 Präsident), vom 3. Juli 1859 bis 17. März 1862 preußischer Innenminister; ADB, Bd. 33, S. 429–435.

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das gesammte Deutschland und unser Preußisches Vaterland insbesondere nichts weniger als verschwunden sind. Preußens Pflicht für Deutschland zu wachen ist daher nur eine um so gebieterische. Die Vorgänge beim Bundestage haben es nur zu deutlich herausgestellt, wie die deutsche Bundes-Verfassung einer Reform durchaus bedürfe, wenn die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Nation gesichert und Deutschland nicht im Falle eines Krieges dem Feinde zur Beute werden soll. Insbesondere ist zur Begründung der Einheit Deutschlands eine einheitliche Centralgewalt dasjenige, dessen wir nicht länger entrathen können. Nur wenn sie die Bürgschaft darbietet für eine einheitliche starke Leitung, darf, unserer Ueberzeugung nach, Preußen als Europäische Großmacht dem Deutschen Bunde länger ohne Gefahr für sich selbst angehören. Wir wagen es nicht, und unser Vertrauen zu Ew. Königlichen Hoheit Regentenweisheit würde es uns verbieten, die Schritte zu bezeichnen, die für diesen Zweck uns unerläßlich erscheinen. Aber wir haben es für unsere Pflicht gehalten, es offen auszusprechen, wie sehr wir von einer Ueberzeugung durchdrungen sind, die sich ja schon so vielfach in andern deutschen Staaten, wenn auch in verschiedener Weise, so doch in Beziehung auf das wesentliche Ziel übereinstimmend ausgesprochen hat; und wir glauben die Versicherung hinzufügen zu dürfen, daß Ew. Königliche Hoheit in Allem, was Höchstdieselbe für diesen heiligen Zweck zu thun Ihrer hohen Weisheit gemäß erachten, des dankbarsten Einverständnisses mit dem ganzen Preußenvolke Sich versichert halten dürfen. Wir verharren ehrfurchtsvoll Ew. Königlichen Hoheit treu Gehorsamste: (folgen die Unterschriften)

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Antrag auf Bundesreform in der bayerischen Kammer der Abgeordneten

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9. Antrag auf Bundesreform in der bayerischen Kammer der Abgeordneten Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des bayerischen Landtags in den Jahren 1859/61. Stenographische Berichte. Bd. 1: Nr. 1–30. Von der I. Sitzung am 21. Juli 1859 bis zur XXX. Sitzung am 28. Mai 1861, S. 35–39.

27 Abgeordnete stellen den Antrag auf Wiederaufnahme der Bundesreform und Schaffung einer Zentralgewalt mit einer Vertretung der deutschen Nation. Der Abgeordnete Völk gibt eine ausführliche Begründung für den Antrag.

Vierte öffentliche Sitzung

München, 9. August 1859

I. Präsident1: meine Herren! Ehe wir in der Diskussion über vorliegenden Gesetzentwurf fortfahren, erlaube ich mir, Ihnen einen Antrag bekannt zu geben. Er lautet: „Die Unterzeichneten beantragen: Die Kammer der Abgeordneten wolle ihren Beschlüssen über den Gesetzesvorschlag: „Einen weiteren Kredit für die Bedürfnisse des Heeres betreffend“, den Wunsch beifügen: „Es wolle Seiner Majestät dem Könige gefallen, durch Allerhöchstihre Staatsregierung dahin wirken zu lassen, daß die Reform der deutschen Bundesverfassung wieder aufgenommen und durch Schaffung einer starken Centralgewalt mit Vertretung der deutschen Nation bei derselben bethätigt werde.“ Dr. J. Völk. Weinmann. Joh. Längenfelder. Adam Müller. Carl Hirnbein. Langguth. Dr. Barth. J. Rabl. Hensolt. Brater. Reinpold. Jahreis. Buhl. Carl Crämer. Höfter. Brunk. Georg Schmaus. Carl Föckerer. C. W. Wolf. Joh. A. Walz. F. Rebay. Hack. Mich. Krämer. A. Stadler. M. Dellefant. Urban. Pachmayr.“2 Der Antrag ist von Dr. Völk und weiteren 27 Mitgliedern gestellt.

2

1 Friedrich Adam Johann Justus Graf von Hegnenberg-Dux (1810–1872), Gutsbesitzer, Mitglied der liberalen Partei, seit 1845 Mitglied der bayerischen Kammer der Abgeordneten, 1851–1865 Präsident der Kammer der Abgeordneten; ADB, Bd. 11, S. 285–288; Haus der Bayerischen Geschichte. Geschichte des Bayerischen Parlaments seit 1819, URL: http://www.hdbg.de/ parlament. 2 Franz Joseph Völk (1819–1882), Jurist, 1855–1882 Mitglied der bayerischen Kammer der Abgeordneten; Adam Müller (1814–1879), Gutsbesitzer; Kammermitglied 1848–1864; Dr. Marquard Adolph Barth (1809–1885), Jurist, Kammermitglied 1855–1875; Karl Brater (1819– 1869), Jurist und Publizist, Kammermitglied 1859–1869; Franz Peter Buhl (1809–1862), Guts-

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Ich könnte sogleich Herrn Dr. Völk zur Motivirung auffordern; allein, meine Herren, die Natur dieses Antrages macht es mir zur Pflicht, eine Erwägung voranzuschicken. Es kann Niemand behaupten, daß dieser Antrag ohne Zusammenhang mit der gegenwärtigen Vorlage steht, aber es wird auch Jedermann zugeben, daß dieser Zusammenhang kein nothwendiger ist. Die Frage also, ob es politisch angemessen, ob es formell zulässig sei, diesen Antrag an die Berathung dieser Gesetzesvorlage zu knüpfen, diese Frage kann ich nicht für mich beantworten, sie muß von der Kammer beantwortet werden. Ich betrachte sie durch den Antrag des Herrn Abgeordneten Völk keineswegs für bejaht. Wenn Sie damit einverstanden sind, meine Herren, so setze ich zur Disposition vorerst die Frage aus: „Ist die hohe Kammer damit einverstanden, daß der von Herrn Abgeordneten Völk eingebrachte Antrag gleichzeitig mit dem gegenwärtig vorliegenden Gesetz-Entwurf berathen und darüber Beschluß gefaßt werde?“ Ich behalte mir vor, wenn diese Frage erörtert und entschieden sein wird, weiter zu fragen, was die Kammer mit dem Antrage, im Falle die 1. Frage mit „nein“ beantwortet wird, beginnen will; ich setze die eben bezeichnete Frage zur Diskussion aus, und bitte, sich darüber zu äußern. besitzer, Kammermitglied 1855–1863; Friedrich Karl Brunck (1800–1871), Gutsbesitzer, Kammermitglied 1845–1861; Karl Heinrich Wolf (1814–1888), Gutsbesitzer, Kammermitglied 1845–1848, 1855–1861, 1863–1881; Philipp Hack (1802–1865), Gutsbesitzer, Kammermitglied 1840–1849, 1854/55, 1859–1865; Mathias Dellefant (1815–1895), Kaufmann, Kammermitglied 1855–1869; Karl Ferdinand Weinmann (1812–1878), Kaufmann, Kammermitglied 1855–1861; Carl Hirnbein (1807–1871), Gutsbesitzer und Fabrikant, Kammermitglied 1859–1861; Joseph Rabl (* 1808), Gutsbesitzer und Bierbrauer, Kammermitglied 1845–1849, 1853–1861; Max Reinpold († 1872), Bierbrauer und Gastwirt, Kammermitglied 1855–1861; Karl von Crämer (1818–1902), Fabrikant, Kammermitglied 1849–1892; Georg Schmaus (* 1812), Landwirt, Kammermitglied 1855–1861; Johann Adam Walz (1804–nach 1863), Bierbrauer, Kammermitglied 1849–1861; Michael Georg Krämer († 1865), Gutsbesitzer, Kammermitglied 1849–1865; August Anton Urban (1821–1896), Bierbrauer, Poststatthalter, Kammermitglied 1855–1869; Johann Längenfelder (1811–1868), Gutsverwalter, Kammermitglied 1855–1863; Johann Georg Langguth (1808–1881), Kaufmann, Kammermitglied 1845–1881; Leonhard Hensolt († 1867), Gutsbesitzer, Kammermitglied 1849–1855, 1859–1867; Jakob Jahreis (1801–1879), Fabrikant, Kammermitglied 1859–1861; Alois Höfter (1819–1898), Gastwirt, Posthalter, Kammermitglied 1859–1861; Karl Föckerer (1814–1886), Gutsbesitzer, Gastwirt, Kammermitglied 1849, 1859–1881; Franz Rebay, Kaufmann, Kammermitglied 1859– 1869; Alois Stadler (1814–1877), Gastwirt, Landwirt, Kammermitglied 1855–1869, 1875– 1877; Franz Pachmayr (1817–1885), Posthalter, Kammermitglied 1859–1861. Daten nach: Haus der Bayerischen Geschichte. Geschichte des Bayerischen Parlaments seit 1819, URL: http://www.hdbg.de/parlament.

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Dr. Völk. Meine Herren! wenn ich mir in Verbindung mit andern Mitgliedern dieses hohen Hauses erlaubte, den so eben vom Herrn Präsidenten verlesenen Antrag an Sie zu bringen, so bin ich mir des Ernstes und der Wichtigkeit dieser Sache vollständig bewußt gewesen. Ich darf Sie versichern, daß nicht ein Akt der Uebereilung es war, der uns dazu trieb, den Gegenstand, um den es sich hier frägt, den der Reorganisation des deutschen Bundes, in diesem Raume zur Sprache zu bringen. Es hat der Herr Präsident zunächst nur die Frage zur Diskussion ausgesetzt, ob es zweckmäßig sei, bei der Erörterung des uns vorliegenden Kreditgesetzes auch diesen Antrag in Berathung zu nehmen. Mir scheint, daß diese Frage schon dadurch bejahend beantwortet ist, daß von Seite des Hrn. Präsidenten zugegeben wurde, es sei ein innerer Zusammenhang mit dem Gegenstand unseres Antrages und dem Gegenstand unserer heutigen Diskussion nicht zu verkennen. In der That, meine Herren, braucht man nicht zu suchen, um diesen Zusammenhang zu finden. Es handelt sich bei der Gesetzesvorlage, die von Seite der kgl. Staatsregierung gemacht wurde, darum, ob nachdem bereits für Zwecke der Vertheidigung des Vaterlandes 13 Mill. bewilligt worden sind, weitere 27 Mill. nach dem Verlangen der kgl. Staatsregierung oder 12 Mill. nach dem Antrage des Ausschusses zu bewilligen seien. Ich habe gesagt, meine Herren, diese Postulate sind für Kriegszwecke erhoben worden, für Ausrüstung und Instandhaltung unserer Armee. Sie werden verlangt zur Aufrechthaltung der Sicherheit nach Außen. Es sind das, meine Herren, so große Summen, daß man sich mit dem Hrn. Referenten billig fragen muß, ob das Land auch mit Anspannung aller Kräfte im Stande sei, diese Lasten in dem Verhältniß und in der Progression zu tragen, wie sie in den letzten 10 und 12 Jahren über uns gekommen sind. Summirt man, wie dieß bereits theilweise vom Hrn. Referenten geschah, nur im Allgemeinen jene Gelder, die für Instandhaltung der Armee in den letzten 12 Jahren bewilligt worden sind, rechnet man dazu die ausserordentlichen Credite mit Einschluß des jetzigen Postulats nur zu 12 Millionen, so wird sich finden, daß für den Zweck der Instandhaltung der Armee durchschnittlich die Summe von jährlich fünfzehn Mill. in Anspruch genommen wurde. Ich will nicht darüber murren, meine Herren, es war wohl nothwendig, daß diese Summen bewilligt wurden, es ist wohl jetzt nothwendig, daß sie bewilligt werden, wenn wir uns auch nicht den Anschauungen verschließen können, welche der Hr. Referent geltend machte, und wonach bei anderer zweckgemäßerer Verwendung manche Million dem Staate hätte erspart werden können. Allein, ich will darauf in diesen ernsten Zeiten irgend einen mißbilligenden Rückblick nicht werfen. Erwarten Sie auch nicht von mir, meine Herren, daß ich an den Summen, welche behufs Vertheidigung des Vaterlandes heute ver-

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langt werden, irgendwie mäckeln werde. Allein die Frage muß sich Jedem in der jetzigen Zeit angesichts dieser Summen lebhaft aufdrängen: Reichen alle diese Summen, reichen noch höhere Summen hin, um dem Vaterlande jene Sicherheit zu geben, die es mit Recht verlangen kann? Trotzdem, meine Herren, daß unser Kriegsbudget gewiß nicht zu den geringen gehört, haben wir einen Zeitpunkt erlebt, wo man bei uns nicht im Stande war, eine Provinz selbst zu halten, in der ein Aufstand erregt worden war.3 Und nun trotzdem, meine Herren, daß man später große Summen bewilligt hat, können wir nicht läugnen, daß dieselbe Provinz im Falle eines plötzlich eintretenden Krieges dem Feinde Preis gegeben gewesen wäre. Es wird hienach nothwendig sein, nach andern sicherern Hilfsquellen zu suchen, und diese sicheren Hilfsquellen können nur gefunden werden in einer stärkern, in einer straffern Vereinigung der deutschen Stämme; ich komme hiemit, meine Herren, auf das Thema der Reform des deutschen Bundes. Allein, ich will mich von dem Zweck, welcher bei der Diskussion, die jetzt ausgesetzt ist, verfolgt werden muß, nicht entfernen. Ich will nicht einen Rückblick werfen auf das, was der deutsche Bund war und was er nicht war. Er ist seinerzeit zusammengebrochen unter der Mißbilligung der Nation – ich will den andern Ausdruck, der sonst gebraucht wurde, nicht wiederholen; aber, meine Herren, Jedermann hat seinerzeit eingesehen, daß eine stärkere Einigung der deutschen Stämme und Regierungen nöthig sei. Diese Einigung hat das Volk seinerzeit in die Hand genommen. Der Versuch mißlang; aber die Regierungen haben sodann selbst eingesehen, daß das Werk nicht aufzugeben, sondern neu aufzunehmen sei, daß zur Sicherheit des Ganzen, zum Schutze gegen äußere Feinde eine Reorganisation der Bundesverfassung unumgänglich geboten sei. Hienach, meine Herren, glaube ich, müßte die Frage der Reform des deutschen Bundes, die Frage der Sicherheit gegen den äußern Feind, und die Frage: welche Mittel aufzuwenden seien zur Ausrüstung unserer Armee, d.h. zur Sicherheit gegen äußere Feinde, im innigsten Zusammenhange stehen. Ich schlage nun vor, meine Herren, daß an die kgl. Staatsregierung der Wunsch gebracht werde, die Reform der deutschen Bundesverfassung „wieder aufzunehmen“. Ich habe, meine Herren, nicht umsonst den Ausdruck gebraucht, es sei diese Reform wieder aufzunehmen, denn in der That, wenn wir auf die Geschichte der letzten Jahre zurückgehen, so werden wir finden, daß diese Reform niemals aufgegeben worden ist, daß sie nur unterbrochen wurde. Ich will, meine Herren, nicht in nähere Erörterungen hierüber eingehen, um über den Zweck der Diskussion, der uns vorliegt, nicht hinauszugehen, aber 3 Völk bezieht sich auf den demokratischen Aufstand vom Juni 1849 in der Rheinpfalz, der von preußischen Truppen niedergeschlagen wurde. Vgl. Siemann, Die deutsche Revolution, S. 213 f.

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daran darf und muß ich Sie erinnern, was von Seite des bayr. Ministerpräsidenten4 seiner Zeit im Jahre 1850 hierüber erklärt worden ist: „Die bayerische Regierung habe bei ihrer Betheiligung an dem von Oesterreich einberufenen Plenum der Bundesversammlung in keiner Weise die Absicht gehabt, das alte Bundesverhältniß wieder herzustellen, sondern entschieden eine Revision der Bundesverfassung zu bewirken, und zwar nach denjenigen Prinzipien, welche in der Convention vom 27. Februar niedergesetzt seien. Die Besorgniß, daß aus den Frankfurter Berathungen nichts hervorgehen würde, als der alte deutsche Bund, sei entschieden ungegründet; keiner der deutschen Regierungen, welche seit zwei Jahren so schwere Krisen durchgemacht hätten, dürfe man zutrauen, daß sie zu dem zurückkehren wolle, was vor dem März 1848 bestanden habe. Nicht das Alte, sondern eine Neugestaltung des deutschen Bundes werde beabsichtigt. Wir wollen entschieden“, so schloß der Herr Minister-Präsident, „die Revision der deutschen Bundesverfassung, wir wollen, daß künftig die Geschicke des großen deutschen Staatenbundes nicht blos durch Regierungsorgane, sondern auch durch Vertretung der Nation gehandhabt werden.“5 4 Ludwig Freiherr von der Pfordten (1811–1880), 1849–1859 bayerischer Außenminister und Ministerpräsident, 1859–1864 bayerischer Bundestagsgesandter; ABD, Bd. 25, S. 695–701; NDB, Bd. 20, S. 359 f.; Franz, Ludwig Freiherr von der Pfordten. 5 Völk zitiert aus der Rede des Ministerpräsidenten von der Pfordten in der Debatte über die deutsche Frage in der bayerischen Kammer der Abgeordneten am 11. Juni 1850. Anlaß für die Debatte war die Aufforderung Österreichs vom 26. April 1850 an die deutschen Staaten, „sich betreffs Bildung eines neuen provisorischen Bundeszentralorgans und demnächstiger Revision der Bundesverfassung“ in Frankfurt einzufinden. Die Konferenz trat am 10. Mai in Frankfurt zusammen, doch nahmen daran nur 13 Staaten teil. Mit dieser Initiative leitete die österreichische Regierung als Gegenmaßnahme zur preußisch-kleindeutschen Union die Rückkehr zum Deutschen Bund und seiner Verfassung ein. Vgl. dazu QGDB III/1, Einleitung S. XVIII; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 899, 906 f. – In der bayerischen Abgeordnetenkammer wurde die Konferenz kritisiert als ein reaktionärer Schritt zurück zum alten Deutschen Bund unter Vernachlässigung der nationalen Bedürfnisse. Von der Pfordten wies dies in seiner langen Rede zurück und sagte unter anderem wörtlich: „Die Absicht der bayerischen Regierung bei der Betheiligung am Plenum [des Bundestages (gemeint ist die Frankfurter Konferenz, J. M.)] ist in keiner Weise, das alte Bundesverhältniß wieder herzustellen, sondern entschieden eine Revision der Bundesverfassung zu bewirken und zwar nach denjenigen Prinzipien, welche in der Konvention vom 27. Februar niedergelegt sind. [. . .] Ich sollte meinen, man dürfe den Regierungen Deutschlands, namentlich den Regierungen der großen Staaten, welche seit zwei Jahren so schwere Krisen durchgemacht haben, nicht zutrauen, daß sie lediglich zu dem zurückkehren wollten, was vor dem März 1848 bestand. [. . .] Also die Besorgniß, daß aus den Frankfurter Berathungen Nichts hervorgehen werde, als der alte deutsche Bund, ist entschieden unbegründet. Wie aber, sagt man, wenn man sich dort nicht einigt, da muß doch der alte Bund wieder eintreten? Darauf sage ich: wenn das deutsche Volk dies nicht will, so ist es nicht nothwendig, dann tritt eben gar Nichts ein. Diese andere Alternative hat man vergessen. Wenn eine Verständigung nicht gewonnen wird, so ist es nicht nothwendig, den alten Bundestag einzuberufen; wenn das

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Nicht bloß in Bayern, meine Herren, sondern auch andererseits hat man anerkannt, daß es nicht zum Guten führen könne, wenn man lediglich zur alten Bundesverfassung zurückkehre. Jene Regierung, meine Herren, welche die Einberufung des Plenums beantragt hat, hat dabei auf’s Feierlichste protestirt, als ob sie dabei die Rückkehr in das alte Bundesverhältniß beabsichtige. Es heißt, meine Herren, in einer österreichischen Cirkulardepesche des Fürsten Schwarzenberg6 vom 19. Juli 1850, „daß der kaiserliche Hof sein Wort dafür verpfände, daß seinem Antrage, das Plenum der Bundesversammlung wieder einzuberufen, nicht die Absicht zu Grunde liege, zu den früheren Zuständen und Formen zurückzukehren, sondern daß sein Schritt ihm im Gegentheile nur als das einzige noch erübrigende Mittel gelte, um zu einer den Bedürfnissen der Zeit entsprechenden Neugestaltung des Bundes zu gelangen.“7 Dieß sind, meine Herren, Vorgänge aus dem Jahre 1850. Man könnte mir vielleicht sagen, daß dieses Jahr den Jahren der Bewegung noch sehr nahe läge, und daß die Fluth desselben vielleicht noch hinübergespritzt sei; allein ich kann Ihnen, meine Herren, aus einem weiteren Jahre, aus dem Jahre 1851, deutsche Volk glaubt, daß dieß die Vernichtung seiner Existenz ist. Es ist eine andere Alternative übrig, es wird jede Gemeinschaft der deutschen Staaten fallen, und der Zukunft überlassen bleiben, ob solche wieder zusammenkömmt. Eine dritte Alternative weiß ich allerdings nicht, wenn in Frankfurt eine Vereinbarung nicht zu Stande kömmt. Aber ich trage die Beruhigung in mir, daß es weder zu der einen, noch der andern Alternative kömmt, sondern daß die Berathungen in Frankfurt zu einer Verständigung und Neugestaltung des deutschen Bundes führen werden. Diese Ueberzeugung habe ich, und die Hoffnung, daß dies geschieht, belebt mich. [. . .] Wir wollen entschieden die Revision der deutschen Bundesverfassung; wir wollen sie vor Allem in dem Sinne, daß Oesterreich und Deutschland nicht getrennt werde, weil dieß nach unserer Ueberzeugung die Vorbedingung der Zukunft des deutschen Volkes ist; wir wollen sie ferner so, daß der Charakter der Föderativverfassung gewahrt ist, weil diese allein die Möglichkeit bietet, daß Oesterreich und Preußen in gleich würdiger Weise in dem Bunde Platz haben; wir wollen endlich, daß künftig die Geschicke dieses großen Staatenbundes oder Bundesstaates – wie Sie es nennen wollen, ist gleichgiltig – nicht bloß durch die Regierungsorgane, sondern auch durch eine Vertretung der Nation gehandhabt werden.“ Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des zweiten bayerischen Landtages im Jahre 1849, resp. 1849/50. Stenographische Berichte Nr. 108–131, 127. öffentliche Sitzung vom 11. Juni 1850, S. 516–518. – Mit der Konvention vom 27. Februar ist das sogenannte „Vierkönigsbündnis“ vom 27. Februar 1850 gemeint, in dem sich Bayern, Sachsen, Hannover und Württemberg auf eine Revision der Bundesverfassung verständigt hatten, bei der eine Bundesregierung, eine Nationalvertretung und ein Bundesgericht gebildet werden sollten. Druck der Übereinkunft in: Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 568–570. 6 Felix Fürst zu Schwarzenberg (1800–1852), 1848–1852 österreichischer Ministerpräsident; ADB, Bd. 33, S. 266–290. 7 Zirkulardepesche von Schwarzenberg an die österreichischen Gesandten, behändigte Ausfertigung an den Gesandten Graf Kuefstein in Dresden: HHStA Wien, PA V 60, Gesandtschaftsarchiv Dresden, Weisungen 1850 I–VIII.

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den Auszug aus einem Dokumente mittheilen, wornach auch in diesem Jahre, von dem wir doch nicht behaupten können, daß nicht die Kühlheit und Nüchternheit vollständig zurückgekehrt war, ich kann Ihnen aus diesem Jahre ein Dokument mittheilen, wornach anerkannt wurde, daß eine Rückkehr in die früheren Zustände, eine Nichtberücksichtigung der deutschen Nation in der Theilnahme an ihrem Geschick nimmermehr zum Guten führen könne. Und der Gewährsmann, welchen ich Ihnen dafür anführen kann, ist nicht ein Jugendlicher, nein, es ist ein Greis. Die Autorität stammt nicht, meine Herren, aus dem Lager von Eisenach oder Gotha, diese Autorität ist ein König, der König von Württemberg! Hören Sie, was derselbe unterm 18. Januar 1851 an den Fürsten Schwarzenberg, den österr. Minister, geschrieben hat.8 „Was mich betrifft, so habe ich sowohl vor als nach den bedauerlichen Ereignissen des Jahres 1848 eine Reform der Bundesakte und namentlich die Revision des 13. Artikels derselben für ganz unerläßlich gehalten. Soll aber dieser Artikel in einer Weise revidirt werden, welche nicht hinter der Zeit und dem moralischen Bedürfnisse der Nation zurückbleibt, so müssen wir die bisherige landständische Vertretung auf das föderalistische Band im Ganzen anwenden, und die einzelnen zersplitterten, unfruchtbaren und verwirrenden Kräfte der verschiedenen Ständekammern in ein einiges oberstes Nationalparlament zusammenfassen. Wenn wir der Nation den ihr gebührenden Selbstantheil an den obersten Angelegenheiten ihres staatlichen Gesammtlebens vorenthalten, so dürfen wir nicht hoffen, sie mit der Bundesverfassung auszusöhnen, und ebensowenig die Revolution in Deutschland zum Stillstand zu bringen.“ Sodann, meine Herren, fährt der König von Württemberg fort: „Im Obigen haben Ew. Durchlaucht mein aufrichtiges, politisches Glaubensbekenntniß über die Frage der staatlichen Neugestaltung Deutschlands. Entweder können wir in den Einzelstaaten ohne Kammern und Volksvertretung regieren, oder wir können dies nicht. Können wir es nicht, so können wir auch im Mittelpunkte des Bundes eine solche Vertretung nicht entbehren, wenn wir anders früher oder später nicht zwischen der neu zu errichtenden Centralgewalt und den desorganisirten ständischen Elementen einen Konflikt hervorrufen wollen, welcher auf die Länge den Bund innerlich lockern9 und nach außen mehr und mehr abschwächen muß. Die Ausführbarkeit eines allgemein parlamentarischen Bandes bestreiten, heißt nach meiner Anschauungsweise nichts Anderes, als den Bund selbst mit dieser Zeit unvereinbar und auf die Dauer für unmöglich halten. Ew. Durchlaucht wissen, ich bin kein Freund von improvisirten Charten und modernen Staatsexperimenten, aber 8 Vgl. QGDB III/1, Dok. 39, die nachfolgenden Zitate ebd. S. 160–162. 9 Emendiert. Vorlage: lockere.

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ebenso wenig liebe ich auf dem politischen Felde die Einführung oder Rückkehr dessen, was zu spät kommt oder sich überlebt hat. Als Bundesfürst werde ich gegen den neuen Bund wie gegen den alten meine Pflichten gewissenhaft erfüllen, aber als Deutscher und Regent meines Landes kann ich nach Gewissen und Ueberzeugung eine Bundesrevision nicht als eine zeitgemäße, genügende und definitive erkennen, welche den gerechten Ansprüchen der Nation auf eine Selbsttheilnahme an ihren großen politischen Geschicken nicht die gebührende Achtung trägt. Glücklicher Weise bin ich alt genug, um die unausbleiblichen Folgen des Handelns wie des Unterlassens von allem Demjenigen nicht mehr erleben zu müssen, was wir in diesem Augenblicke in Dresden vollbringen! Genehmigen Ew. Durchlaucht die erneuerte Versicherung derjenigen ausgezeichneten Hochachtung, mit welcher ich verbleibe Ew. Durchlaucht ganz ergebener Stuttgart, 18. Jänner 1851 (gez.) Wilhelm“. Wenn nun in solcher Weise damals eine Revision der Bundesverfassung angestrebt wurde auf dieselbe Grundlage hin, welche wir uns hier anzudeuten erlaubten, nämlich auf die Grundlage einer starken Centralgewalt als Schutz gegen Außen und eine Nationalvertretung bei derselben als Schutz in Beziehung auf die innere Freiheit und Entwicklung, wenn dieses anerkannt wurde von der Autorität, welche ich Ihnen vorgehalten habe, sollten Sie, meine Herren, im jetzigen Augenblicke, wo wir wieder die Kräfte des Landes in Anspruch nehmen, nicht ein Recht darauf haben, gerade im jetzigen Augenblick zurückzugreifen und zu verlangen, was seinerzeit ein Bundesfürst für unerläßlich zur Beruhigung der Gemüther, für unerläßlich zur Abwendung innerer Erschütterung, für unerläßlich zur Sicherung gegen außen gehalten und verkündet hat. Was dieser Bundesfürst versprochen hat, was von anderen zugesagt worden ist, soll es nicht an der Zeit sein, meine Herren, daß eine deutsche Kammer darauf zurückkomme, daß sie ihre Regierung ehrfurchtvollst bitte, sie möge da wieder anknüpfen, wo die Ungunst der Zeit leider die Reform unterbrochen hat. Wenn ich diesen Antrag in dieses Haus gebracht habe, so versichere ich Sie hoch und theuer, war es nicht in meiner Absicht, irgend nach welcher Richtung hin Mißtrauen auszusprechen. Ich bekenne frei und offen, würde ich glauben, daß man in meinem Antrag irgend ein Mißtrauen gegen die gegenwärtigen Lenker der bayerischen Geschicke finden könnte, ich würde mich zweimal bedacht haben, ehe ich denselben gestellt hätte. Allein, meine Herren, berücksichtigen Sie die Form, in welcher er gegeben ist, und halten Sie diese Form zusammen mit einer Zeit, welche noch nicht lange verflossen ist. Es hat eine Zeit gegeben, in welcher man, wenn man die Neugestaltung Deutschlands von den deutschen Regierungen verlangt hätte, nicht nach Eisenach, nicht nach Gotha gesetzt worden wäre, sondern ganz anderswo hin.

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Wenn wir nur bedenken, daß damals selbst die konservativsten Männer zum Mindesten gewollt haben, daß nur in Uebereinkommen zwischen den Regierungen und dem Volke die deutsche Verfassung zu Stande gebracht werde, wenn wir nun heute selbst davon absehen, wenn wir glauben, daß eine Correktive gegen Ausschreitungen zu finden sei in der Nationalvertretung, müssen Sie dann nicht bekennen, daß wir unsere Ansprüche, unsere Hoffnungen, unsere Erwartungen weit herabgespannt haben? Wenn wir uns nun an unsere Regierungen wenden, und sagen: wir haben zwar in den letzten Jahren auch Manches gelernt, uns ist es aber nicht gelungen, zum Ziele zu gelangen, nehmt Ihr das große Werk wieder in die Hand, wenn wir sagen, der Zustand, in welchem wir uns befinden, ist einmal nicht haltbar, (es ist wohl Niemand, meine Herren, welcher diesen Zustand nicht beklagt, welcher ihn nicht einen unseligen nennt), ist es sodann nicht besser, wenn wir zu den Regierungen sagen, ergreift Ihr die Initiative zur Reform; wenn wir erwarten, daß die Schäden auf friedlichem Wege ausgebessert werden, so sind wir doch wahrlich nicht Revolutionäre, sondern conservativ sind wir sodann im vollsten Sinne des Wortes. Ja, meine Herren, was so sehr gescheut und gefürchtet wird, könnte vielleicht kommen, wenn man fort und fort sich den gerechten Forderungen der Nation verschließt. Es sei ferne von mir, nach irgend einer Seite zu verletzen, oder irgend eine Drohung aussprechen zu wollen, aber es ist Pflicht des Abgeordneten, auf die Gefahr hinzuweisen, welche dem Vaterlande droht, wenn hartnäckig nicht gewährt wird, was im Interesse der Sicherheit desselben, des Ganzen, der einzelnen Stämme und, ich füge hinzu, auch gerade im Interesse der Dynastieen nothwendig geschehen muß. Wenn wir uns nun in solcher Lage vertrauensvoll an die Regierungen wenden, wenn wir an den Mitteln, welche wir zu Kriegszwecken darbieten, den Wunsch anknüpfen, auch dasjenige zu thun, was diese Mittel allein zu fruktifizirlicher Anwendung bringen kann, haben wir dann irgend etwas vorgenommen, von dem man sagen könnte, es käme aus mißtrauischem Herzen, es sei diktirt von Mißgunst? Im Gegentheil, meine Herren, ich glaube, daß, wenn wir uns dahin wenden, von wo zur Zeit allein Hilfe kommen kann, wir nur eine Pflicht erfüllt haben. Aber, sagt man, warum gerade jetzt bei dieser Kreditforderung, warum jetzt die Frage, welche vielleicht zu Zwiespalt führen kann, mit Gewalt ins Haus werfen? Ich will Ihnen auch sagen, was mich so ganz von Innen heraus gedrängt hat, soviel an mir war zu thun, daß nicht stillschweigend über unsern Gegenstand hinweggegangen werde. Man mag den Entschluß, den wir gefaßt haben, mißbilligen, man mag ihn übel ansehen, bitter bekritteln, das Alles war vorherzusehen, allein dennoch, meine Herren, wird man zugeben müssen, daß, wenn man die große Sache der Nation hier zur Sprache bringt, man nur eine heilige Pflicht gegen das deut-

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sche Volk erfüllt. Eine Sache, meine Heren, welche Jedem das Herz durchdringt, welche in jedem Hause vom hohen bis zum geringen ernst erwogen wird, eine solche Sache kann in der Kammer der Abgeordneten eines deutschen Staates nicht todtgeschwiegen werden, und sollten die Erörterungen, welche darüber gepflogen werden, was immer für ein Ergebniß haben. Das Volk soll und muß wissen, daß man an seine wichtigsten und heiligsten Angelegenheiten hier gedacht hat, daß man sie hier besprochen, zum Gegenstand ernster Erwägung gemacht hat. Ich darf zur Zeit auf die materielle Begründung des Antrages nicht eingehen, allein ein Punkt hängt mit der formellen Frage sehr genau zusammen. Ich glaube nicht, meine Herren, daß Sie sich je dazu entschließen werden, lediglich nach Erörterung der Frage, ob der Antrag hieher gehört oder nicht, denselben fallen zu lassen. Ich würde dieses auf das Tiefste beklagen, denn die Sache verdient nach meiner Ueberzeugung die reiflichste Erwägung eines Jeden. Es wird also der Gang der Diskussion wohl dahin führen, ob der Gegenstand sogleich in die allgemeine Diskussion gebracht werden soll, oder ob er allenfalls einem Ausschusse zur Berichterstattung zuzuweisen sei. Meine Herren! Ich glaube, daß Sie nicht gutthäten, wenn Sie die Sache verschieben würden. Ich will Ihnen sagen, warum? Es ist wahrscheinlich, daß sodann über den Antrag ein Bericht, am allerwenigsten jedoch ein eingehender Bericht, zu Stande käme, allein ich will darauf besonderes Gewicht nicht legen. Was soll der Ausschuß mit dem Antrag machen? Man kann sagen, der Ausschuß soll prüfen, in welcher Form der Antrag wieder zu bringen wäre, denn in der Form, in welcher er vorliegt, sei kein bestimmt artikulirter Vorschlag enthalten, und man könne sich dabei Verschiedenartiges denken. Allein, meine Herren, der Ausschuß wird wohl am Ende auch eine formulirte Reichsverfassung nicht vorzuschlagen vermögen. Ich weiß zwar, daß dem Antrage gerade von gewichtiger Seite her der Vorwurf entgegengesetzt wird, er sei zu allgemein gefaßt, man wisse nicht, was der Antrag wolle. Aber, meine Herren, ich bin dabei in einer eigenen Lage, ich habe solchen Einwurf wohl vorausgesehen und ich hätte auch, wenn ich gerade dazu gedrängt würde, eine Formulirung vorzuschlagen, von der man nicht sagen könnte, es sei keine artikulirte, es wäre solches eine Uebereinkunft zwischen den Ministern von Bayern, Sachsen und Württemberg, vom 27. Februar 1850, die sogenannte Münchner Uebereinkunft.10 Schlüge ich Ihnen nun diese vor, so weiß ich, ganz abgesehen von dem Inhalte derselben, welche Einwendungen kämen. Man sagt uns immer, es sei nicht gut, wenn die Kammern nur bei einem einfachen Gesetz die Initiative durch formulirte Vorschläge ergreife. 10 Münchener Übereinkunft zwischen Bayern, Sachsen und Württemberg vom 27. Februar 1850, Druck: Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 568–570.

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Sie wissen, meine Herren, wie oft ich selbst in der Lage war, gewärtigen zu müssen, daß, wenn ich einen Antrag in formulirter Fassung vorgebracht habe, man mir zunächst entgegenhielt: das ist die unbeliebteste Form der Antragstellung, sie hat jedenfalls keine Aussicht des Erfolges für sich. Man will bei kleinen Gesetzen, bei Gesetzen über Widersetzung, über den Diebstahl und über die exceptio non numeratae pecuniae11 nicht, daß man formulirte Vorschläge mache; und nun macht man es uns zum Vorwurf, daß wir uns auf die Grundgedanken beschränken und nicht eine formulirte Reichsverfassung vorschlagen! Diese Grundgedanken, meine Herren, sie werden hinreichen, um bei gutem Willen auf Seite der Regierungen sowohl, als auf Seite des Volkes unser Vaterland in einen bessern Zustand hinüber zu führen. Die Schwierigkeiten, meine Herren, sind nicht zu verkennen. Ich gestehe offen und freimüthig zu, diese Schwierigkeiten liegen nicht blos bei den Regierungen, sie liegen allerdings auch in den einzelnen Stämmen; allein, meine Herren, wenn man sich fort und fort an den großen Zweck erinnert, so glaube ich, dürfte es weder den Regierungen, noch den einzelnen Stämmen so schwer sein, jene Entsagung, jenen Opfermuth zusammen zu bringen, der nun einmal gefordert werden muß, wenn die Zukunft des Vaterlandes nicht preisgegeben werden soll. Wollen Jene bedenken, meine Herren, daß in dem Ruin des Ganzen auch der Ruin des Einzelnen liegt, wollen wir Alle, was an uns liegt, fort und fort darauf hinwirken, daß jener Zwiespalt verschwinde, welcher leider oben und unten das Vaterland zerreißt, wollen wir uns aller Rekriminationen nach rückwärts enthalten, sie führen zu nichts als zu neuen Erbitterungen und dienen nur dazu, denjenigen, welche unsere Feinde sind, ein freudiges Schauspiel darzubieten. Ist einmal der Gedanke, daß um des Allgemeinen willen Opfer gebracht werden müssen, so tief in die Herzen der einzelnen Regierungen gedrungen, wie er in das Herz des greisen Königs von Württemberg gedrungen war, ist dieser Gedanke des Opfermuthes einmal in alle Schichten des Volkes gedrungen, zugleich mit der Erkenntniß der Nothwendigkeit der unabweisbaren Neugestaltung des Vaterlandes, dann wird sich die Form wohl finden, es wird aber dann auch wohl möglich sein, sich nicht nur über die Formulirung, sondern in der Sache selbst zu einigen. Wenn auch leider die Hoffnungen darauf nicht groß sind, so wollen wir sie doch nicht aufgeben, wollen nicht verzweifeln an der Zukunft. 11 Die „exceptio non numeratae pecuniae“ ist ein Fachbegriff aus dem römischen Privatrecht und bezeichnet die einem Schuldner gewährte „Einrede der unterlassenen Auszahlung“, die bei Darlehensverträgen sicherstellt, daß ein Gläubiger die Auszahlung des Darlehens beweisen muß und keine ungerechtfertigten Schuldforderungen stellen kann. Vgl. Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, S. 211.

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Es ist gewiß einer der widerlichsten Eindrücke, denen man in jetziger Zeit begegnen kann, wenn man wahrnimmt, wie mit einer gewissen Rücksichtlosigkeit oder gar Behaglichkeit am Vaterlande verzweifelt wird. Das wollen wir nicht thun, als treue Söhne der edlen Mutter es nicht thun. Ist sie auch im Unglücke, diese edle Mutter, gewährt sie auch nicht jedem ihrer Söhne, was er von ihr erwartet, zu erwarten berechtiget ist, so wollen wir sie darum nicht schelten, wollen sie nicht schief ansehen, wir wollen nicht vom zweifelhaften Glück sprechen, „ihr anzugehören“, wir wollen nicht wünschen, daß wir nicht Söhne dieser Mutter wären, und es nicht mehr werden würden, wenn wir noch einmal auf die Welt kämen. Wir wollen, meine Herren, zu der Edlen, Unglücklichen, Gebeugten und Gedrückten in Treue halten; ist sie gedrückt, so wollen wir sie aufzurichten suchen, ist sie unglücklich, so wollen wir sie zu trösten suchen, ist sie verlassen, meine Herren, so wollen wir als treue Söhne zu ihr stehen, und mit ihr harren der bessern Tage, die noch zu erringen wir niemals verzweifeln wollen. Was einmal s. Z. in der Paulskirche von einem Redner (Gabriel Rießer12) ausgesprochen worden ist, das, meine Herren, darf man auch heute wiederholen: niemals wollen wir an der Zukunft der Nation verzweifeln, Sandkorn auf Sandkorn wollen wir zum Bau der deutschen Einheit tragen, und wenn der Stein, den wir auf den Berg zu wälzen haben, auch noch so oft trügerisch herabrollt, so wollen wir immer und immer wieder ihn hinauf zu bringen hoffen, unermüdlich bis das Ziel der Arbeit erreicht wird und der große Bau gelingt. Ich schließe damit und wiederhole: Gewöhne man sich einmal daran, Opfer zu bringen und von eitler Eigenliebe abzulassen, den Egoismus dem allgemeinen Zwecke unterzuordnen, so ist die größte Schwierigkeit gehoben. Möchten vor der Gefahr die einzelnen Stämme und die einzelnen Regierungen sich brüderlich die Hand reichen! oder: wäre es nicht das traurigste Ereigniß, wenn wir die jetzige Zeit zu nichts Besserem zu verwenden wüßten, als den Zwiespalt im eigenen Hause zu hetzen und zu schüren? Ich bitte Sie, meine Herren, über diesen Antrag sogleich in Berathung zu treten und denselben in nähere Erwägung zu ziehen, jedenfalls aber, wenn Sie sich dazu nicht entschließen könnten, ihn zur weiteren Würdigung an einen Ausschuß zu verweisen.13 12 Gabriel Riesser (1806–1863), Jurist und Schriftsteller, 1848 Mitglied des Vorparlaments und der Nationalversammlung, nach der Revolution Notar in Hamburg, 1859 Wahl in die Hamburger Bürgerschaft, 1860 Mitglied des hamburgischen Obergerichts, Mitbegründer und Vorstandsmitglied des Nationalvereins; ADB, Bd. 28, S. 586–589; NDB, Bd. 21, S. 608 f. 13 Nach längerer Debatte beschloß die Kammer, den Antrag von Völk nicht gleichzeitig mit dem Gesetz über den Armeekredit zu beraten, sondern ihn an einen Ausschuß zu verweisen. Am 12. August kam es dann in der sechsten öffentlichen Sitzung der Kammer der Abgeordneten zu

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10. Eisenacher Programm der Demokraten und Konstitutionellen StA Coburg, LA A, Nr. 7188. Druck mit dem Vermerk: „Vor der Hand nicht zu veröffentlichen!“, Druck in: Salomon, Die deutschen Parteiprogramme, Bd. 1, S. 97 f.; Hohlfeld (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 84 f.; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 2, S. 104 f. (ohne Anlage); Biefang (Hrsg.), Der Deutsche Nationalverein, S. 438–441.

Die fehlerhafte Gesamtverfassung Deutschlands muß geändert werden. Es ist erforderlich, den Bundestag durch eine starke Zentralregierung zu ersetzen und eine deutsche Nationalversammlung einzuberufen. Preußen soll dazu die Initiative übernehmen. Alle deutschen Vaterlandsfreunde werden aufgerufen, einträchtig bei dem Bestreben nach nationaler Unabhängigkeit und Einheit zusammenzuwirken. – Anhang: Die Kriegsereignisse haben die Ohnmacht des Deutschen Bundes demonstriert. Es wird von jedem deutschen Mann erwartet, auf die Beseitigung dieses Jammers hinzuwirken, wobei jeder gesetzliche Weg unterstützt werden soll. Preußen ist der Staat, der dem Ziel der Reform der inneren und äußeren Verhältnisse Deutschlands derzeit am meisten nachstrebt. Das Hauptziel der Bewegung ist die „kräftige Einigung von Deutschland durch Bildung einer nationalen Fortschrittspartei“.

Eisenach, 14. August 1859 Die augenblicklichen gefährlichen Zustände Europa’s und Deutschland’s und das Bedürfniß, politische Parteiforderungen der großen gemeinsamen Aufgabe der deutschen Einigung unterzuordnen, haben eine Reihe Männer, welche theils der demokratischen, theils der constitutionellen Partei angehören, aus verschiedenen deutschen Ländern zusammengeführt, um sich über die Herbeiführung einer einheitlichen deutschen Verfassung und die zur Erreichung eines solchen Zieles erforderliche gemeinschaftliche Thätigkeit zu verständigen. Dieselben haben im Anschluß an die Eisenacher Erklärung vom 17.1 und die Hannoversche Erklärung vom 19. Juli d. J.2 über folgende Punkte sich vereinigt:

einer ausführlichen, kontroversen Debatte über den Antrag, in die auch der Staatsminister von Schrenk eingriff und die Abgeordneten aufrief, dem Antrag nicht zuzustimmen und die Regierung nicht dazu zu zwingen, „sich in Widerspruch mit Ihren Wünschen zu setzen“, „und hüten Sie sich durch Ihre Abstimmung, wenn auch unwillkürlich Bestrebungen zu unterstützen, die nimmermehr zur Einigkeit, sondern viel eher zu Zerwürfnissen und zum Zwiespalte zu führen geeignet seyn würden“. Völk zog daraufhin den Antrag zurück, was die Kammer mit Stimmenmehrheit bestätigte. Vgl. Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des bayerischen Landtags in den Jahren 1859/61. Stenographische Berichte. Bd. 1, S. 43 f., S. 65–83, Zitat S. 83. 1 Vgl. Dok. 5. 2 Druck in: Biefang (Hrsg.), Der Deutsche Nationalverein, S. 435–438.

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1. Wir erblicken in der gegenwärtigen politischen Weltlage große Gefahren für die Unabhängigkeit unseres deutschen Vaterlandes, welche durch den zwischen Oesterreich und Frankreich abgeschlossenen Frieden eher vermehrt als vermindert worden sind. 2. Diese Gefahren haben ihren letzten Grund in der fehlerhaften Gesammtverfassung Deutschlands, und sie können nur durch eine schleunige Aenderung dieser Verfassung beseitigt werden. 3. Zu diesem Zwecke ist es nothwendig, daß der deutsche Bundestag durch eine feste, starke und bleibende Centralregierung Deutschlands ersetzt und daß eine deutsche Nationalversammlung einberufen werde. 4. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen können die wirksamsten Schritte zur Erreichung dieses Zieles nur von Preußen ausgehen; es ist daher dahin zu wirken, daß Preußen die Initiative dazu übernehme. 5. Sollte Deutschland in der nächsten Zeit von Außen wieder unmittelbar bedroht werden, so ist bis zur definitiven Constituirung der deutschen Centralregierung die Leitung der deutschen Militärkräfte und die diplomatische Vertretung Deutschlands nach Außen auf Preußen zu übertragen. 6. Es ist die Pflicht jedes deutschen Mannes, die Preußische Regierung, insoweit ihre Bestrebungen davon ausgehen, daß die Aufgaben des Preußischen Staates mit den Bedürfnissen und Aufgaben Deutschlands im Wesentlichen zusammenfallen, und soweit sie ihre Thätigkeit auf die Einführung einer starken und freien Gesammtverfassung Deutschlands richtet, nach Kräften zu unterstützen. 7. Von allen deutschen Vaterlandsfreunden, mögen sie der demokratischen oder der constitutionellen Partei angehören, erwarten wir, daß sie die nationale Unabhängigkeit und Einheit höher stellen, als die Forderungen der Partei, und für die Erreichung einer kräftigen Verfassung Deutschlands in Eintracht und Ausdauer zusammenwirken.

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Eisenacher Programm der Demokraten und Konstitutionellen

R. v. Bennigsen, Gutsherr aus Hannover. Dr. Julius Frese aus Berlin. G. C. Schüler aus Jena. August Lammers aus Hannover. E. Jacobs aus Gotha. Feodor Streit aus Coburg, Mitglied des Coburger Landtags. Dr. H. Gustav Plitt aus Lübeck. H. V. von Unruh aus Berlin. Dr. Habicht aus Dessau. Th. Winter aus Leipzig. Dr. Fr. Zabel, Redakteur der Nationalzeitung in Berlin. J. Katzenstein, Advokat in Eisenach. L. Cretzschmar, Gutsbesitzer zu Todelheim.3 Dr. Taschner aus Eisenach. Aug. Ludwig von Rochau.

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H. Hering aus Eisenach. Dr. B. Jäger aus Hirschberg a. d. Saale. Franz Duncker aus Berlin. W. Albrecht aus Hannover. C. Breusing aus Osnabrück. Dr. E. Brockhaus aus Leipzig. Adv. Siegel aus Dresden. Hugo Fries aus Weimar. E. Lucius aus Braunschweig. Andr. Reuß, Redakteur in Nürnberg. Fr. Henneberg aus Gotha. H. Schulze aus Delitzsch. A. Metz aus Darmstadt. Dr. Müller aus Frankfurt. J. Hoffmann aus Eisfeld. Dr. Kreuznacher, Advokat in Eisenach.4

3 Irrtümlich für: Rödelheim. 4 Die Unterzeichner waren allesamt profilierte Vertreter der kleindeutsch-liberalen Bewegung: Rudolf von Bennigsen (1824–1902), seit 1855 Mitglied der zweiten Kammer der hannoverschen Landstände; Friedrich Julius Frese (1821–1883), Literat und Journalist; Gottlieb Christian Schüler (1798–1874), Jurist, Rat am thüringischen Oberappellationsgericht; August Lammers (1831–1892), Journalist bei der „Zeitung für Norddeutschland“; Emil Jacobs (1802– 1866), Historienmaler aus Gotha; Fedor Streit (1820–1904), Journalist und Advokat, Mitglied des coburgischen Landtags; Heinrich Gustav Plitt (1817–1879), Richter, Vorsitzender der Lübecker Bürgerschaft; Hans Viktor von Unruh (1806–1886), Eisenbahnunternehmer; August Eberhardt Habicht (1805–1896), Jurist, 1848/49 Staatsminister von Anhalt-Dessau; Theodor Winter, Leipzig; Friedrich Zabel (1802–1875), Chefredakteur der „Nationalzeitung“; Eberhard Ludwig Cretzschmar (1792–1862), Gutsbesitzer in Rödelheim bei Frankfurt; August Ludwig von Rochau (1810–1873), Publizist und Journalist in Heidelberg; Hermann Hering (1821–1887), Jurist, Mitglied des Landtags von Sachsen-Weimar-Eisenach; Bernhard Jäger (1829–1900), Advokat in Hirschberg an der Saale; Franz Gustav Duncker (1822–1888), Verleger und Eigentümer der „Berliner Volkszeitung“; Siegfried Wilhelm Albrecht (1826–1896), Obergerichtsanwalt in Hannover, Abgeordneter der zweiten hannoverschen Kammer; Carl Theodor Breusing (1789–1867), Kaufmann und Bankier, Mitglied der zweiten hannoverschen Kammer; Eduard Brockhaus (1829–1914), Verleger, Redakteur der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“; Franz Ludwig Siegel (1812–1877), Advokat und Journalist in Dresden; Hugo Fries (1818–1889), Advokat, Mitglied des sächsischen Landtags; Egmont Lucius (1814–1884), Advokat und Notar in Braunschweig; Andreas Reuß (1812–1863), Redakteur des „Nürnberger Kurier“; Friedrich Wilhelm Henneberg (1815–1880), Rechtsanwalt und Notar in Gotha, Mitglied des gothaischen Landtags; Hermann Schulze-Delitzsch (1808–1883), Anwalt und Publizist; August Joseph Metz (1818–1874), Advokat in Darmstadt; Sigmund Müller (1810–1899), Advokat und Notar in Frankfurt, Präsident der gesetzgebenden Versammlung; Julius Hoffmann

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Anlage V zum Protokoll. Für jetzt nicht zu veröffentlichen. Die neuesten Kriegs- und Friedensereignisse haben die ganze Ohnmacht unserer deutschen Bundesverfassung klar gelegt. Der Spott des Auslandes erhöht, wo möglich, noch die Erbitterung im Innern, welche durch die nur zu gerechte Furcht nicht gemindert wird, daß eine neue Veranlassung uns in gleicher Wehrlosigkeit wieder finde. Unser seitheriges Bestreben für Sicherung staatlicher Freiheit und politischen Fortschritts in größeren und kleineren Kreisen ermuthigt uns, nach unseren schwachen Kräften, zur Beseitigung dieses Jammers hinzuwirken, soweit es auf geistigem Wege der Ueberzeugung und Belehrung und vom Volke selbst aus möglich. Wir wenden uns vertrauend und mit warmen Herzen an den Norden und Süden, an den Westen und Osten von Deutschland; wir sprechen zu jedem deutschen Manne, welcher überhaupt ein großes Deutschland mit kräftiger Centralgewalt und freiheitlicher Volksvertretung will – ohne Rücksicht auf religiöses oder politisches Glaubensbekenntniß, sofern er nur eben eine nationale Entwicklung Deutschlands im Sinne des Fortschritts will, und sofern er nur umgekehrt ein verdummendes, fanatisches und entzweiendes Pfaffenthum irgend einer Confession nicht will. Jeder gesetzliche Weg, welcher unserem gesammten deutschen Vaterlande eine kräftigende Einigung, eine ehrenvolle und mächtige Stellung nach Außen sichert, soll von uns mit Freuden begrüßt, jeder ernstliche Plan, welcher ein Niederhalten der partikularistischen Gelüste von irgend einer Seite und eine Vereinigung der Gesammtgewalt des deutschen Volks in einer mächtigen Centralgewalt ermöglicht, mit Dank unterstützt werden. Wir versprechen jeder Regierung, welche durch Beseitigung der Hindernisse nationaler und freiheitlicher Entwicklung in ihrem Innern und durch Maßregeln im Sinne staatlicher Kräftigung von Gesammtdeutschland zur Erreichung ehrlich und ernstlich mitwirken will, im Voraus unsern kräftigsten Beistand. Wir erklären auch ebenso fest, daß wir kein echtes Glied des deutschen Volkes ausschließen, vielmehr unsererseits Alles thun wollen, um den gesammten germanischen Stamm ungetrennt und ungetheilt zu erhalten. (1810– 1882), Rittergutsbesitzer, Porzellanfabrikant, Mitglied des Landtags von Sachsen-Meiningen; vgl. Dokumente aus geheimen Archiven, Bd. 5; Biefang (Hrsg.), Der Deutsche Nationalverein; Best/Weege (Hrsg.), Biographisches Handbuch; Jansen (Hrsg.), Nach der Revolution; Rack/Vielsmeier (Hrsg.), Hessische Abgeordnete; ADB, Bd. 13, S. 615–617. – Zu Winter, Katzenstein, Taschner und Kreuznacher ließen sich keine näheren biographischen Angaben ermitteln.

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Dagegen erwarten wir auch und dürfen von jedem ehrlichen Vaterlandsfreunde mit aller Zuversicht hoffen, daß er ohne Rücksicht auf persönliche Sympathieen und Antipathieen und etwaiger vergangener Fehler und Versündigungen von dieser oder jener Seite uneingedenk alle Kraft aufbiete, um die geistige und moralische Einigung, hiermit aber die herbeizuführende wahrhaft kräftige politische Einheit auch überall zu fördern, wo er sie findet. Wir erwarten namentlich, daß jeder Anhänger der nationalen Fortschrittspartei genau prüfe, welche deutschen Einzelregierungen von einem wahrhaft volksthümlichen Zug der Freiheit und nationalen Gefühls durchweht seyen oder nicht und von welcher daher etwas Volksthümliches und Freies im Ernste zu erwarten sey, und daß er derjenigen seinen Beistand und seine volle moralische Unterstützung leiste, welche in unserem Sinne zu wirken sucht. Wir glauben auch, daß bei einem derartigen Urtheilen nach Thatsachen Preußen als der Staat, die preußische Regierung als das Gouvernement erscheine, welches augenblicklich in sehr vortheilhaftem Gegensatz zu andern Staaten und insbesondere zu Oesterreich unbedingt unserem erstrebenen [sic] Ziele am meisten nachstrebt, auf dem Weg der Reform nach Innen und Außen zu wirken sucht. Es ist demnach gewiß unsere Pflicht und die Pflicht jedes sein Vaterland ehrlich und über Alles liebenden deutschen Mannes, diese Sachlage anzuerkennen, und durch unseren Ausspruch und jede moralische Hülfe Preußens Regierung und Volk zu ermuthigen und zur Entwicklung einer noch größeren und mehr hervortretenden offenen Energie in Fortsetzung des begonnenen Reformwerks anzuregen. Wer vorstehenden Sätzen, wie sie zur Erläuterung des sog. Eisenacher Programms hier zusammengestellt sind, aus vollem Herzen beistimmen kann, wer in sich den Drang und die Kraft fühlt, für die Idee eines einigen Deutschlands mit nach Außen kräftigen und nach Innen freien Institutionen – ohne Rücksicht auf die vorerstige Form der Regierung und Einigung – zu handeln und zu leiden, der schließe durch öffentliche Erklärung sich uns an, wirke in seinen Kreisen mit zur weiteren Entwicklung unserer Ideen, damit recht bald die Zeit komme, wo Deutschland kein geographischer Begriff mehr sey, sondern ein wahrhaft festes, alle deutschen Glieder glücklich einigendes Band es umschlinge. Wir werden fortfahren, durch Versammlungen, durch Aufrufe, durch Bildung von Vereinen und sonstigen erlaubten5 Mittel unseren Hauptzweck zu erreichen: kräftige Einigung von Deutschland durch Bildung einer nationalen Fortschrittspartei.

5 Emendiert. Vorlage: erlaubter.

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Von vorstehendem Standpunkte aus stimme und wirke ich bei der heutigen Versammlung mit. Eisenach, den 14. August 1859. Metz. Ich schließe mich vorstehender Erklärung an: Hugo Fries. – G. C. Schüler aus Jena. – H. Hering. – H. Schultze-Delitzsch. – F. Lucius aus Braunschweig. – Advocat Siegel. – Dr. Taschner. – Habicht. – von Unruh. – Dr. Müller aus Frankfurt a. M. – Dr. Jäger. – E. Kretzschmar. – Breusing aus Osnabrück. – F. Henneberg aus Gotha. – W. Albrecht aus Hannover. – Katzenstein. – A. Reuß, Redacteur in Nürnberg. – August Ludwig von Rochau. – F. Jacobs von Gotha. – H. Winter. – von Bennigsen aus Hannover. – Dr. Fr. Zabel, Redacteur der Nationalzeitung in Berlin. – August Lammers, Redacteur der Zeitung für Norddeutschland in Hannover. – Feodor Streit. – Dr. Plitt aus Lübeck.

11. Artikel in den Deutschen Blättern Deutsche Blätter. Ein Sprechsaal für gebildete Vaterlandsfreunde. Verbunden mit der Zeitschrift „Der deutsche Verkehr“, Neue Folge 6 vom 15. August 1859, S. 42 f.

Die deutsche Viel- und Kleinstaaterei und die Ordnung des Deutschen Bundes stehen weder der äußeren Machtentfaltung Deutschlands noch der inneren Wohlfahrt der Nation im Wege. Die deutschen Mittel- und Kleinstaaten sind in vieler Hinsicht besser entwickelt als die Großstaaten. Die bestehende Ordnung ist kein Unheil, sondern ein nationaler Segen.

Frankfurt am Main, 15. August 1859 Große und kleine Staaten. I. Die deutsche Viel- und Kleinstaaterei ist der hergebrachte Sündenbock, dem alles Unheil aufgehalst wird, wenn es im deutschen Vaterlande nicht zugeht, wie es soll. Wir haben schon wiederholt erörtert, wie auch in dieser Beziehung die wunderlichsten Verwirrungen der Begriffe als baare Münze umlaufen. Es ist zunächst eine gewaltige Täuschung, wenn Tausende behaupten, unsere Vielstaaterei trage daran Schuld, „daß Deutschland unter den Völkern nicht den Rang einnehme, der ihm gebührt“. Schon aus dem einfachen Grund ist dieser

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Artikel in den Deutschen Blättern

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Satz grundfalsch, weil es gar nicht wahr ist, daß dem deutschen Volk das ihm zukommende Theil an internationalem Ansehn vorenthalten ist. Zwei der Staaten des deutschen Bundes zählen im Areopag der Völker als Großmächte und Niemand wagt es, den Kronen Oestreich und Preußen ihren Rang oder Einfluß streitig zu machen. Würden die Staaten des übrigen Deutschlands ihre staatliche Existenz verlieren und der Norden dem preußischen, der Süden dem Kaiser-Staate einverleibt werden, so würden beide Staaten doch nichts weiter sein und bleiben, als Staaten ersten Ranges, wenn die Kräfte jedes derselben auch durch 81/2 Mill. neuer Unterthanen einen erklecklichen Zusatz erhielten. Würde Oestreich oder Preußen sämmtliche 17 Millionen allein sich zu Gemüthe führen, so wäre der so vergrößerte Staat immer nicht mehr oder weniger, als was er jetzt schon ist – eine Macht ersten Ranges. Wären aber alle 17 Millionen des übrigen Deutschlands zu einem besonderen Staate einheitlich verschmolzen, so wären sie dennoch keine Großmacht, sondern ein Staat zweiten Ranges. Nur dadurch nimmt Preußen die Stellung einer Großmacht ein, daß eben im nichtöstreichischen Deutschland eine zweite compacte Macht nicht besteht. Würde eine solche gegründet, so würde man Preußen und diese neue Macht schwerlich mehr als Mächte ersten Ranges anerkennen und ihnen dieselbe Geltung gewiß nicht zugestehen, wie den Reichen England, Rußland, Oestreich und Frankreich. Es ist also ein thörichter Vorwurf, den man der jetzigen Staatenordnung macht, daß sie das internationale Ansehn und den Einfluß Deutschlands nicht zur Geltung kommen lasse. Wir zählen bereits zwei Repräsentanten im Rath der fünf europäischen Mächte. Sind diese nur einig, so haben sie auch das übrige Deutschland hinter sich und sind dann die erste Continentalmacht des Welttheils. Aber noch viel unverständiger ist die Behauptung, daß die Vielstaaterei der Entwicklung der inneren Wohlfahrt der deutschen Nation im Wege stehe. „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!“1 Der Werth bestehender Staatseinrichtungen zeigt sich doch zunächst in den Verhältnissen des Volkswohls. Wir fragen: Welcher Theil Deutschlands blüht in Wohlfahrt und Bildung mehr, als gerade die Mittel- und kleinen Staaten? Die wichtigsten Emporien unsers Handels, die Hansestädte, gehören zu den winzigsten Mikrokosmen in Deutschland. Man halte doch Umschau in den deutschen Landen – wo ist der Wohlstand allgemeiner, Bildung und Sittlichkeit, heiterer Lebensgenuß mehr zu Hause – in den Provinzen Oestreichs und Preußens oder in den kleineren Staaten? Wenn man das Contingent der bedeutenden Männer, welche Deutschland den Wissenschaften und Künsten, dem Kriegswesen und der Diplomatie geliefert hat, statistisch vertheilt, so wird sich finden, daß die kleinen 1 Matthäus-Evangelium 7,16.

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Frankfurt am Main, 15. August 1859

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deutschen Gemeinwesen viel mehr hervorragende Geister geliefert haben, als Preußen und Deutschöstreich zusammengenommen. Die ausgezeichnetsten Staatsmänner und Feldherrn der beiden Großstaaten waren Söhne der kleineren Länder. Große Reiche verleihen ihren Angehörigen mehr Schutz nach außen. Sind sie richtig verwaltet, so gewähren sie die großen Vortheile der Freizügigkeit auf einem weiten Gebiet und erleichtern den Umlauf der Menschen, Waare, Capitale. Den kleinen Gemeinwesen stehen auch wieder wichtige Vortheile zu Gebot. Die Mittel und Bedürfnisse sind übersichtlicher. Es ist viel leichter, mit Gesetzgebung und Verwaltung den Gebrechen Linderung zu verschaffen, wie in großen Staaten, wo die Zustände viel ungleichartiger sind und der freien Bewegung der Staatsgewalt tausend Rücksichten in den Weg legen. Viel besser steht es mit den Unterrichtsanstalten der meisten Kleinstaaten, wie der beiden großen. An Schien- und Steinstraßen sind sie weit reicher und einzelne haben Anlagen geschaffen, an die sich die Großstaaten schwerlich gewagt haben würden, wie z. B. die großartige Schöpfung des Bremer Hafens.2 Die Staatsfinanzen sind überall vortrefflich geordnet. Der Beamtenstand steht an Intelligenz und Moralität hinter dem preußischen nicht zurück. Und was die Verhältnisse politischer Bildung und Freiheit betrifft, so ist es damit in den meisten kleineren Ländern besser bestellt, wie in Oestreich und Preußen, weil durch die constitutionellen Verfassungen, so mangelhaft sie sich auch in manchen Beziehungen zeigen, ein bei weitem größerer Bruchtheil des Volks zu den öffentlichen Angelegenheiten herangezogen wird, wie in den großen Staaten. In der Existenz so vieler Fürstenhöfe liegen hochwichtige Hülfsmittel der Bildung, indem sie anregend wirken und wenn man des Kostenpunktes so häufig erwähnt, so vergleiche man doch die Budgets der großen mit denen der kleinen Staaten. Der Bürger der kleinen Länder ist mit Steuern viel weniger belastet, wie der Oestreicher oder Preuße – schon aus dem einfachen Grund, weil ein kleines Gemeinwesen sich viel sparsamer verwalten läßt, als ein Großstaat. Wir wollen auch die Mängel nicht verschweigen, sondern genauer betrachten. Im Allgemeinen ist es aber ein grundfalscher Wahn, daß die deutsche Viel- und Kleinstaaterei ein Uebel sei; sie hat uns 35 Heerde der Bildung und des Wohlstandes geschaffen und dadurch der Kraftentwicklung der Nation in einer Weise aufgeholfen, gegen welche die großen centralisirten Staaten sehr 2 Der Artikel bezieht sich hier auf die Anlage von Bremerhaven, die auf Initiative des Bremer Bürgermeisters Johann Smidt 1827 erfolgte. Im Jahr 1851 war das Hafenbecken noch einmal vergrößert worden. Vgl. Schulz, Vormundschaft und Protektion, S. 469–476.

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Platen an Beust

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abstechen. Unsere Staatenordnung ist kein Unheil, sondern ein nationaler Segen und wenn einst der Strom der Zeiten die kleinen Staaten verschlungen haben wird, werden die Forschungen der Kundigen ihnen ein ganz andres Zeugniß ausstellen, als jetzt die einseitigen Doctrinäre von Neu-Gotha.

12. Platen11 an Beust HStA Dresden, 10 717, Nr. 930, fol. 148 f. Eigenhändiges Privatschreiben. Behändigte Ausfertigung.

Soll der Bund nicht alles Ansehen verlieren, so muß bald eine vernünftige Bundesreform eingeleitet werden. Eine Bekämpfung der Angriffe gegen den Bund auf administrativem Weg erscheint Platen unmöglich.

Weissenhaus2, 16. August 1859 Hochgeehrter Freund. Ihr freundliches Schreiben vom 9ten d.3 nebst den interessanten Depeschen, welche Sie nach Wien haben abgehen lassen4 habe ich gestern empfangen und beeile mich Ihnen meinen lebhaftesten Dank für das mir bewiesene Vertrauen auszusprechen. Es freut mich Ihnen bereits jetzt mitzutheilen [sic] zu können, daß ich Ihrer Auffassung in der vorliegenden Frage völlig beistimme. Freilich ist dies nur meine individuelle Ansicht, aber ich zweifle nicht, daß auch m.a. Herr dieselbe theilt. Wenn auch die democratische Bewegung im gegenwärtigen Augenblicke von keiner sehr großen Bedeutung ist, so können doch veränderte Umstände derselben eine nachhaltige Wirkung verschaffen, und jedenfalls thun die Regierungen gut auf ihrer Hut zu sein. Der Bund, so wie er jetzt lebt und webt, befriedigt keine Partei und es muß durchaus etwas geschehen, was die conservative Partei mit ihm aussöhnt. Wir haben in Hannover diese Ansicht seit langer Zeit gehabt und glaubten des Bundes Ansehen und Würde durch die holsteinische Sache zu retten. Noch in der jüngsten Zeit haben wir, 1 Adolf Graf von Platen-Hallermund (1814–1880), 1855–1866 Außenminister von Hannover; NDB, Bd. 20, S. 511. 2 Schloß Weissenhaus an der Ostsee, der Familiensitz der Grafen von Hallermund. 3 Mit Schreiben vom 9. August 1859 übersandte Beust Platen-Hallermund seine Depesche an Könneritz samt vertraulicher Nachschrift vom 5. August 1859 (Dok. 7); HStA Dresden, 10 717, Nr. 930, fol. 103. 4 Vgl. Dok. 7.

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Weissenhaus, 16. August 1859

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wie Sie wissen, diesen Weg im Ausschusse betreten.5 Aber auch dieses scheint mir nicht ausreichend zu sein. Soll der Bund nicht alles Ansehen in Deutschland verlieren, so müssen meiner Ansicht nach die Regierungen eine vernünftige Bundesreform recht bald in die Hand nehmen. Die Angriffe auf den Bund durch die Presse und administrative Maßregeln zu bekämpfen, scheint mir unmöglich. Es muß durchaus etwas geschehen, was den vernünftigen Deutschen mit diesem fast lächerlich gewordenen Institut wieder aussöhnt. Um die desfallsigen Ansichten des Wiener Cabinets kennen zu lernen, habe ich Z.6 nach Wien gesandt. Leider habe ich aber von ihm noch keine Nachricht. So bald ich nach Hannover zurückgekehrt bin, was gegen Ende des Monats geschieht, werde ich Ihnen das Resultat der in Wien gepflogenen Besprechungen mittheilen. Bis dahin mit ausgezeichnetster Hochachtung Ihr treu ergebener Platen-Hallermund

5 Platen bezieht sich auf die Beratungen des Bundestagsausschusses für die holstein-lauenburgische Frage. Der Ausschuß war von der Bundesversammlung im Jahr 1857 eingesetzt worden, nachdem die holsteinischen und lauenburgischen Stände sich im September und Oktober 1857 mit Beschwerden an den Bundestag gewandt hatten. Diese waren ausgelöst worden durch das Vorgehen der dänischen Regierung, die seit 1857 wieder auf die vollständige Einbeziehung der Elbherzogtümer in die dänische Gesamtstaatsverfassung hinarbeitete. Die Bundesversammlung stellte sich auf die Seite der Stände und drohte der dänischen Regierung eine Bundesexekution an für den Fall, daß sie die in den Londoner Protokollen von 1852 gegebenen Zusicherungen nicht einhalten und die Rechte der holsteinischen und lauenburgischen Stände schmälern sollte. Der Bund versuchte in der national aufgeladenen Frage die Rechte der deutschsprachigen Bevölkerung und ihrer Vertreter zu schützen und versprach sich davon eine Verbesserung seines Ansehens in der deutschen Öffentlichkeit. Vgl. dazu Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 450–473, hier vor allem S. 452–455. 6 Wahrscheinlich der Geheime Regierungsrat Gustav Zimmermann; siehe unten Dok. 157, Anm. 3.

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Hügel an Beust

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13. Hügel11 an Beust HStA Dresden, 10 717, Nr. 930, fol. 153–156. Vertrauliches Privatschreiben. Behändigte Ausfertigung. Praes.: „Eingang zur Kanzlei am 21. August 1859.“ – Der eigenhändige Entwurf Hügels im HStA Stuttgart, E 50/01, Büschel 866, trägt den Vermerk: „vertraulich u. privatim“.

Die von Beust angeregten Maßregeln des Bundes gegen die nationale Agitation der Demokraten erscheinen Hügel aussichtslos und nicht empfehlenswert, weil dadurch das Ansehen des Bundes noch weiter sinken würde, und weil nicht zu erwarten ist, daß sich alle Staaten diesen Maßregeln anschließen. Preußen wird einen derartigen Bundesbeschluß mit Sicherheit ablehnen, und auch Bayern wird sich daran wahrscheinlich nicht beteiligen. Hügel ist aber bereit, an weiteren mündlichen Verhandlungen der mittelstaatlichen Minister teilzunehmen. Wenn über eine Bundesreform beraten werden sollte, so wären zunächst die Schaffung eines Bundesgerichts sowie gemeinnützige Einrichtungen in Betracht zu ziehen. Für die entsprechenden Verhandlungen sollte ein Beirat von Sachverständigen eingesetzt werden, der bis zu einem gewissen Grade die verlangte Nationalvertretung ersetzen könnte.

Stuttgart, 16. August 1859 Hochgeehrter Freund! Empfangen Sie meinen verbindlichsten und aufrichtigsten Dank für die sehr werthvolle Mittheilung, welche Sie mir mit Ihrer geehrten Zuschrift vom 9. d. Mts. gemacht haben.2 Die vertrauliche Form dieser Mittheilung giebt mir den erwünschten Anlaß, mich hierüber zunächst in derselben Weise gegen Sie zu äußern. Ich habe mich beeilt, Ihr geehrtes Schreiben nebst seinen Beilagen dem Könige, meinem allergnädigsten Herrn, zu unterbreiten. Es gereicht mir zur lebhaften Befriedigung, Ihnen mittheilen zu können, daß Seine Majestät Ihr volles Einverständniß mit Ihren Anschauungen höchsteigenhändig auf Ihr Schreiben bekundet haben. Was meine Ansicht betrifft, so können Sie nach dem, was ich bereits mündlich gegen Sie zu äußern die Ehre hatte, darüber nicht im Zweifel seyn, daß ich im Grundgedanken mit Ihnen übereinstimme, darin nämlich, daß die deutschen Regierungen an der Bundesverfassung mit Entschiedenheit festzuhalten haben; daß sie eben darum den gegen die Bundesverfassung und auf den Umsturz des Bundes und der Einzelstaaten gerichteten Bestrebungen, wie sie neuerdings in Partei-Versammlungen und in der Presse sich kundgeben, nicht gleichgiltig und unthätig zusehen dürfen; daß vielmehr die geeigneten Maß1 Karl Eugen Freiherr von Hügel (1805–1870), 1855–1864 Außenminister von Württemberg; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 420. 2 Am 9. August hatte Beust seine Depesche an den sächsischen Gesandten in Wien, Könneritz, vom 5. August nebst einer vertraulichen Nachschrift (siehe Dok. 7) übersandt; Beust an Hügel, 9. August 1859; HStA Dresden, 10 717, Nr. 930, fol. 102.

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nahmen zur Rettung des Ansehens und der Würde des Bundes dringend geboten erscheinen und eine dießfällige Verständigung der deutschen Regierungen sich als höchst zweckmäßig und wünschenswerth darstellt; endlich, daß man auch über die Haltung, welche Preußen fortan zur Bundesverfassung einnehmen will, in’s Klare kommen sollte. Wenn Sie, hochgeehrter Freund, der Ansicht sind, daß die fragliche Verständigung am Bunde herbeizuführen und daß von der Bundesversammlung die geeigneten Maßnahmen gegen die vorerwähnten feindseligen Partei-Bestrebungen zu beschließen wären, so verkenne ich keineswegs die gewichtigen Gründe, welche für ein solches Verfahren sprechen mögen. Auf der andern Seite aber kann ich mich der Ueberzeugung nicht verschließen, daß einem Vorschreiten der Bundesversammlung sehr erhebliche Bedenken entgegenstehen. Sie wissen selbst, mit welchem Erfolge die von der Bundesversammlung in früherer Zeit für die Aufrechthaltung der Ordnung und Sicherheit im Innern Deutschlands und der Einzelstaaten getroffenen Anordnungen ausgebeutet worden sind, um die Bundesverfassung in der öffentlichen Meinung Deutschlands zu discreditiren und dem Bunde die Sympathien der deutschen Völker zu entfremden. Ist nicht – nachdem der Bund in der letzten politischen Crise eine seiner Hauptaufgaben, die Interessen und die Sicherheit Deutschlands nach Aussen zu wahren, nicht erfüllt hat, worüber wir nicht im Zweifel seyn dürfen, wenngleich die Schuld hieran nicht an der Bundesverfassung, nicht an den deutschen Mittel- und Kleinstaaten, sondern lediglich an der von Preußen eingenommenen und beharrlich festgehaltenen Haltung liegt – ist nicht, sage ich, sehr zu befürchten, daß die Bundesversammlung auch bei den Besserdenkenden in Deutschland an Ansehen sehr verlieren und deren Sympathien verscherzen könnte, wenn sie, nachdem der Friede kaum geschlossen ist und damit die unmittelbare Gefahr für Deutschland vorerst beseitigt scheint, sich beeilen würde, Polizeimaßregeln gegen Bestrebungen, welche sich mit der Fahne nationaler Einheit decken, zum Gegenstande ihrer Berathungen und Beschlußnahme zu machen? Hiezu kommt noch, daß ich sehr bezweifeln möchte, ob sämmtliche Bundesregierungen und gerade die größeren derselben geneigt wären, sich an solchen vom Bunde zu beschließenden Maßnahmen zu betheiligen. Wenn auch vielleicht Oesterreich hiefür wäre, so ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß Preußen entschieden einem derartigen Bundesbeschlusse entgegentreten würde. Ich glaube aber, daß auch Bayern einer solchen Maßnahme des Bundes entgegen wäre. Bei der bekannten Richtung des dermaligen bayerischen Ministeriums, bei der Stellung, welche dasselbe insbesondere zur Presse eingenommen hat, wird eine Betheiligung dieser Regierung an einem Bundesbeschlusse der fraglichen Art kaum zu erwarten seyn – am allerwenigsten nach dem glänzenden Siege, den das Ministerium ganz kürzlich in dem Ergebnisse der Münchener Kammerverhandlungen über den bekannten Völk’schen An-

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trag errungen hat3 – ein Ergebniß, welches allerdings eine eclatante Niederlage der Gothaer und Democraten constatirt. In der That erfahre ich auch, daß Freiherr von Schrenk4 die in Ihren Depeschen an Herrn von Könneritz ausgesprochenen Befürchtungen in geringerem Maaße hegt und daß er Maßregeln, welche vom Bunde ausgehen würden, abgeneigt ist, indem er glaubt, daß die bundesfeindlichen Bestrebungen nahe daran seyen, sich im Sande zu verlaufen. Vielleicht modificirt sich diese Anschauung des bayerischen Ministers in Folge mündlicher Besprechung, welche er, wenn ich recht unterrichtet bin, in nächster Zeit mit Ihnen in Gastein haben wird. Sollten Sie nach den Resultaten dieser Besprechung es für zweckmäßig halten, daß noch weitere mündliche Verhandlungen etwa mit mehreren Departementchefs deutscher Mittelstaaten stattfinden, um sich über gemeinsame Maßnahmen zu verständigen, so bin ich hiezu gerne bereit und zweifle nicht, daß auch der König, mein allergnädigster Herr, hiezu Seine Zustimmung geben werde. Hiernächst beehre ich mich noch beizufügen, wie ich hoffe, daß das obenerwähnte Ergebniß der Münchener Kammerverhandlungen über die Frage von einer Bundesreform seine Wirkung in weiten Kreisen in Deutschland nicht verfehlen werde und zwar in einer Weise, durch welche der Erreichung Ihrer Absichten vorgearbeitet und zugleich die Verständigung der deutschen Regierungen über die im Interesse des Ansehens und der Würde des Bundes zu ergreifenden Maßregeln erleichtert werden wird. Sollten diese Maßregeln aber wirklich durchführbar seyn und den gewünschten Erfolg haben, so wird – darin sind Sie, wie ich aus dem Schlusse Ihrer Depesche an Herrn von Könneritz folgen darf, mit mir einverstanden – die Mitwirkung der beiden deutschen Großstaaten nicht zu entbehren seyn. Hiezu ist aber vor Allem eine Verständigung in der Sache zwischen Oesterreich und Preußen erforderlich. Es wird daher wohl zunächst zu erwarten seyn, welche Aufnahme Ihre Vorschläge in Wien gefunden haben und zu welchen Einleitungen sich das dortige Gouvernement hiedurch insbesondere dem Berliner Cabinete gegenüber veranlaßt finden wird. Was dann noch besonders das Verhältniß Preußens zur Bundesverfassung betrifft, so zolle ich den in Ihrer vertraulichen Nachschrift zu der Depesche vom 5n d. Mts. niedergelegten Anschauungen meinen ungetheilten Beifall. Gewiß habe auch ich das von Preußen schon vor der letzten politischen Crisis consequent an den Tag gelegte feindselige Verhalten gegen den Bund tief beklagt, und die Haltung, welche Preußen während der letzten sechs Monate 3 Siehe Dok. 9. 4 Karl Ignaz Freiherr Schrenk von Notzing (1806–1884), 1850–1869 und 1864–1866 bayerischer Bundestagsgesandter, 1859–1864 bayerischer Staats- und Außenminister; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 27.

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dem Bunde gegenüber beobachtet hat, macht es auch nach meinem Erachten dringend nothwendig, daß Preußen genöthigt werde, sich über seine künftige Stellung zur Bundesverfassung klar und entschieden auszusprechen. Dieser Zweck wird aber allerdings wohl nur zu erreichen seyn, wenn Dasjenige, was für die Wahrung des Bundes zu geschehen hat, zum Gegenstande von Berathungen der Bundesversammlung gemacht wird. Diese Berathungen werden aber, wie ich bereits zu bemerken die Ehre hatte, sich nicht mit denjenigen Maßnahmen zu beschäftigen haben, welche bezüglich der gegen den Bund gerichteten Partei-Versammlungen und Kundgebungen in der Presse zu treffen wären, sondern vielmehr mit der Frage, ob und welche Verbesserungen der Bundesverfassung zu geben wären. In dieser Beziehung scheint mir, wenn von eigentlichen Reformen der Bundesverfassung die Rede ist, allerdings zunächst vielleicht nur die Einsetzung eines Bundesgerichts in Betracht genommen werden zu können, doch schiene mir eine wesentliche Verbesserung der bestehenden Bundes-Einrichtungen auch darin zu liegen, wenn festgestellt würde, daß künftig für diejenigen Verhandlungen am Bunde, welche gemeinnützige Einrichtungen zum Gegenstande haben, ein Beirath von Sachverständigen an die Seite gesetzt werden soll. Eine solche Einrichtung würde sich der Anerkennung des practisch denkenden Theiles der deutschen Völker zu erfreuen haben und wenigstens bis zu einem gewissen Grade geeignet seyn, die so vielseitig verlangte Nationalvertretung am Bunde zu ersetzen. Indem ich Ihnen, hochgeehrter Freund, in Vorstehendem meine vorläufige Ansicht über Ihre geehrte Zusendung mitzutheilen die Ehre habe, beharre ich mit der Ihnen bekannten Hochschätzung Ihr ganz ergebenster Hügel

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HStA Dresden, 10 717, Nr. 930, fol. 159–162. Depesche. Abschrift. Vermerk: „Durch den k. k. österreich. interim. Geschäftsträger Herrn Grafen v. Traun br. m. mitgetheilt.“ Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 1, S. 16–19.

Die neuesten Parteibestrebungen können im Hinblick auf ihre nationalen Ziele nicht auf baldige Erfolge rechnen. Allerdings wird ihr erstes Ziel, die Auflösung der Bundesverfassung, unglücklicherweise von Preußen unterstützt. Da auf ein festes Auftreten Preußens für das Bundesprinzip nicht zu rechnen ist, würde der Versuch, am Bunde über Maßregeln gegen die bundesfeindlichen Bewegungen zu verhandeln, nur ein Schauspiel der Unsicherheit und des Unvermögens darbieten. Den preußisch-unitarischen Bestrebungen sollte nicht durch eine Aktion des Bundes, sondern durch die Einzelregierungen vor allem der Mittelstaaten begegnet werden, indem die konservative Presse das föderative Prinzip geltend macht. Eine dauernde Wiederbefestigung der durch Preußens Politik erschütterten Bundesverfassung kann nur das Ergebnis einer zukünftigen Auseinandersetzung mit Preußen, und je nach Umständen einer offenen Bekämpfung seiner Anforderungen sein. Beust wird aufgefordert, konkrete Vorschläge zur Reform der politischen, militärischen und judiziellen Einrichtungen des Bundes zu machen, mit denen Österreich und die Mittelstaaten gegenüber Berlin und der deutschen Öffentlichkeit hervortreten könnten.

Wien, 19. August 1859 Hochgeborener Graf! Je mehr wir überzeugt sind, daß die in Deutschland unter dem Eindrucke der letzten Ereignisse hervorgetretenen Parteibewegungen die ernste Aufmerksamkeit der deutschen Regierungen in Anspruch nehmen, desto lebhafteres Interesse hat uns eine Mittheilung gewährt, durch welche das Dresdener Cabinet uns seine Ansichten über die moralische Situation Deutschlands und über die durch dieselbe den Regierungen gestellte Aufgabe hat aussprechen wollen. Der königl. sächsische Herr Gesandte hat die Gefälligkeit gehabt, den betreffenden Erlaß des Freiherrn von Beust sammt einer vertraulichen Nachschrift2, die den Gedanken des königlichen Cabinets noch bestimmter bezeichnet, mir in Händen zu lassen und ich beehre mich Ew. pp. in dem engen Vertrauen, welches der Natur der uns gemachten Eröffnung entspricht, diese Schriftstücke anbei in Abschrift mitzutheilen. Die Gegenstände, welche darin besprochen werden, sind so wichtig und erheischen eine so vielseitige Erwägung, daß ich weit entfernt bin, die mir von einer ersten Prüfung der Darlegung des Freiherrn von Beust gebliebenen Ein-

1 Hugo Graf Abensberg und Traun (1828–1904), österreichischer interimistischer Geschäftsträger in Dresden; ÖBL, Bd. 1, S. 563. 2 Vgl. Dok. 7.

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drücke irgendwie für feststehend oder gar für erschöpfend ausgeben zu wollen. Im Interesse der Sache werde ich nichts desto weniger versuchen, Ihnen so genau als möglich, schon diese vorläufigen Eindrücke streng vertraulich im Folgenden wiederzugeben. In einer Weise, die nicht treffender sein könnte, kennzeichnet Freiherr von Beust den Ursprung und die Richtung der neuesten Parteibestrebungen in Deutschland, sowie den Grad der Gefährlichkeit, mit welchem dieselben für den Augenblick verbunden sein mögen. Wir theilen ganz seine Ansicht, daß die Parthei, welche durch ein deutsches Parlament zu dem Ziele der Ausschließung Oesterreichs aus Deutschland unter Mediatisirung der übrigen deutschen Staaten unter Preußen gelangen will, die Macht der Ereignisse und der Thatsachen zu wenig für sich hat, um auf augenblickliche Erfolge zählen zu können. Ja die Erkenntniß, daß diese Parthei, ungeachtet der angemaßten Fahne der nationalen Einheit, ihrem ganzen Wesen nach antinational und die gefährlichste Gegnerin der Wohlfahrt Deutschlands ist, scheint im Allgemeinen eher zu- als abgenommen zu haben. Die Parthei selbst beginnt schon sich auf Programme zurückzuziehen, deren Wirkung nicht auf den Moment berechnet ist. Sie hat sich ohnehin dermalen nur aus Fractionen der sogenannten gothaischen und der demokratischen Parthei zu bilden vermocht. Unglücklicherweise sieht sie aber ihr nächstes Ziel, die Lockerung und Auflösung der deutschen Bundes-Verfassung, mächtig gefördert durch das Verhalten Preußens während der letzten Crisis, und sie darf daher wagen, ihre Angriffe ganz offen gegen den Bund zu richten, während es überaus problematisch ist, ob diese große Institution für den Augenblick regelmäßig und sicher genug funktioniren könne, um durch von ihr ausgehende Maßregeln ihr Ansehen aufrecht zu erhalten. Unzweifelhaft wäre es, wie das Dresdner Cabinet mit Recht sich gesagt hat, von großem Vortheile, wenn die kgl. preußische Regierung es über sich gewänne, nicht bloß im vertraulichen Verkehr mit ihren Bundesgenossen, sondern laut und öffentlich, und namentlich durch Mitwirkung zu gemeinsamen Maßregeln am Bunde, an den Tag zu legen, daß sie mit jenen gegen die Grundlagen der bestehenden Verfassung Deutschlands gerichteten Bewegungen nichts gemein habe. Ließe sich dieß erreichen, so würde die Lage der Dinge unstreitig dazu auffordern, daß wir uns wegen der Mittel, ferneren Angriffen auf die Existenz und Autorität des Bundes entgegenzutreten, zuvörderst mit dem Cabinete von Berlin in Einvernehmen setzten. Wir können jedoch nicht bergen, daß wir bis auf Weiteres an einen günstigen Erfolg eines solchen Versuchs wenig glauben, da nur ein sehr entschiedenes und von Rückgedanken freies Auftreten Preußens für das Bundesprincip die Entmuthigung der bundesfeindlichen Partheien wirklich zur Folge haben könnte, während ohne eine solche Mitwirkung Preußens eine Verhandlung am Bunde nur ein

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niemanden, als diesen Partheien selbst, willkommenes Schauspiel der Unsicherheit und des Unvermögens darbieten würde. Deshalb war es auch nicht sowohl die Aktion des Bundes, als die individuelle Thätigkeit der einzelnen Regierungen, die wir im Auge hatten, als wir durch unseren Erlaß vom 28n v. Mts.3 deren Aufmerksamkeit auf die jüngsten Kundgebungen des Partheigeistes in Deutschland lenkten. Was uns für den ersten Augenblick angezeigt erschien, war eine feste und möglichst übereinstimmende Sprache der Regierungsorgane und der conservativen Presse namentlich in den deutschen Mittelstaaten, die vorzugsweise den Beruf haben, das föderative Princip und ihre eigene neben Oesterreich und Preußen ebenbürtige nationale Bedeutung gegenüber den preußisch-unitarischen Bestrebungen geltend zu machen. Es schien uns nicht unmöglich4, daß unter den gegenwärtigen diese Bestrebungen so wenig begünstigenden Conjunkturen schon solche moralische Gegenwirkungen ausreichen würden, um zu erlangen, daß der bessere öffentliche Geist in Deutschland über Agitations-Versuche, die sich kaum in bedeutenderen Kreisen wie einst die sogenannte deutsch-katholische Bewegung, fortzupflanzen scheinen, gewissermaßen zur Tagesordnung übergehe, gleichwie dieß jüngst die Majorität der baierischen Abgeordneten-Kammer gethan hat. Uebrigens schließt diese Ansicht natürlich nicht aus, daß wir mit dem Freiherrn von Beust ganz darin einverstanden sind, daß schon die Würde des deutschen Bundes und seiner Mitglieder erheische, auch mit Verboten sofort einzuschreiten, sobald die bundesfeindlichen Partheien zu gesetzwidrigen Handlungen, z. B. zur Abhaltung von Versammlungen Behufs des Anschlusses an die Eisenacher oder andere ähnliche Erklärungen, überzugehen versuchen würden. Nur möchten wir glauben, daß wenn die Regierungen sich verabredeten keine derartige Versammlung zu dulden, und eintretenden Falles, das erlassene Verbot dem deutschen Bunde anzuzeigen, die Sanktion des Bundes für eine solche Anzeige weit leichter zu erlangen sein würde, wie für eine allgemein im Voraus grundsätzlich angeregte Repressiv-Maßregel. Das seither Gesagte bezieht sich jedoch nur auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten der augenblicklichen Lage, denn nichts ist wahrer, als daß, wie Freiherr von Beust in der erwähnten vertraulichen Nachschrift hervorhebt, eine gründliche und dauernde Wiederbefestigung der durch Preußens Politik leider erschütterten Bundes-Verfassung nur das Ergebniß einer dereinstigen klaren Auseinandersetzung mit dem Berliner Hofe, und je nach Umständen einer offenen Bekämpfung seiner Anforderungen sein kann. Freiherr von Beust 3 Rechberg an den Gesandten August Freiherr von Koller (1805–1883) in Berlin, 28. Juli 1859, Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 1, S. 5 f. 4 Emendiert. Vorlage: möglich. Vgl. die Abschrift im HStA Stuttgart, E 50/01, Büschel 866.

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verhehlt sich aber zugleich nicht die ernste Natur der Frage, ob der Moment geeignet erscheine, um zwischen den Regierungen Deutschlands, und zunächst zwischen den Höfen von Oesterreich und Preußen, eine solche eingehendere Erörterung der Bundes-Verhältnisse herbeizuführen, und insbesondere Preußen in die Lage zu versetzen, sich über die Möglichkeit und Ausführbarkeit einer gedeihlichen Fortbildung der Bundes-Verfassung auf der gegebenen Grundlage zu erklären, was das Berliner Cabinet seither systematisch vermieden hat. Wir wagen diese Frage nicht ohne weitere Erwägung zu bejahen, und müßten jedenfalls, um bestimmtere Anhaltspunkte für unsere Meinung hierüber zu gewinnen, entschiedenen Werth darauf legen, daß Freiherr von Beust, welcher als Minister eines rein deutschen und an der Bundes-Verfassung festhaltenden Staates einen so freien und unbefangenen Standpunkt einnimmt, uns näher andeutete, welche bestimmte Verbesserungen in den politischen, militärischen, judiciellen Einrichtungen des Bundes nach seiner Anschauung der Verhältnisse von uns in Berlin in Anregung gebracht und in der öffentlichen Meinung Deutschlands von Oesterreich und den Mittelstaaten gemeinsam vertreten werden könnten. Ew. pp. wollen die vorstehenden Bemerkungen dem Königlichen Herrn Minister des Aeußern mittheilen und zugleich um eine Notiz darüber ersuchen, ob das königl. Cabinet seine Depesche vom 5n d. Mts. auch noch andern deutschen Höfen und namentlich jenem von Berlin zur Kenntniß gebracht habe, da es in diesem Falle im Interesse der Sache liegen dürfte, daß die betreffenden kaiserlichen Gesandtschaften in den Stand gesetzt würden, sich, soweit solches angemessen ist, vorläufig im Sinne des gegenwärtigen Erlasses auszusprechen. Empfangen pp. (gez.) Rechberg.

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15. Zwölf Thesen zur nationalen Zukunft Deutschlands Deutsche Blätter. Ein Sprechsaal für gebildete Vaterlandsfreunde. Verbunden mit der Zeitschrift „Der deutsche Verkehr“, Neue Folge 7 vom 22. August 1859, S. 49–51.

Es droht eine Periode kriegerischer Stürme, und es ist wahrscheinlich, daß Deutschland in internationale Kämpfe verwickelt wird. Das einzige Mittel zur Abwehr der dadurch drohenden Gefahren ist die Einigkeit der deutschen Nation. Ferner ist die Einigkeit der regierenden Gewalten sowohl mit dem Volk als auch mit den Regierungen der anderen deutschen Staaten erforderlich. Das A und O ist die Einigkeit Österreichs und Preußens. Durch Bundesverfassungen kann man die Einheit der deutschen Staaten niemals herbeiführen. Durch eine stärkere Ausbildung der Bundesgewalt wird die Einigkeit zwischen Österreich und Preußen nicht gekräftigt, sondern vernichtet werden. Der Versuch, eine der Großmächte aus dem Bundesleben zu entfernen, würde zum Bürgerkrieg führen. Der einzige Weg zur Einigung ist eine freiwillige Verständigung der Regierungen von Österreich und Preußen über eine richtige nationale Politik. Das dringendste Bedürfnis ist die Steigerung der deutschen Wehrkraft durch Gründung eines Oberkommandos und Vereinheitlichung der militärischen Strukturen. Die Regierenden müssen energische Männer sein, die das Vertrauen des Volkes haben, wo das nicht der Fall ist, sollen die Minister entlassen werden. Man soll fortfahren, der Nation auf allen Feldern einheitliche Einrichtungen zu geben. Der Schlange der Revolution trete man auf den Kopf und hüte sich vor dem Parteigeist, der das Volk entzweit. Es wäre verderblich, das Experiment von 1848 zu wiederholen

Frankfurt am Main, 22. August 1859 Zwölf Thesen an die Schloßkirche in Eisenach.1 1. Aller menschlichen Voraussicht nach droht nach langer Friedenszeit eine Periode kriegerischer Stürme. Es ist wahrscheinlich, daß Deutschland, schon durch seine centrale Lage von jeher die Wahlstatt der europäischen Kriege, in die internationalen Kämpfe verwickelt werden wird, weil es durch seine reichen Mittel bei staatlicher Getheiltheit ein natürliches Ziel fremder Bereicherungs- und Eroberungssucht bildet. Die Gefahren, welche im Fall eines Krieges die Nation bedrohen, sind zunächst Zerstörung des Wohlstandes, wachsende Entsittlichung, Vernichtung der bürgerlichen Freiheit, Einkehr einer verwilderten Soldatenherrschaft, Decimirung des Volks durch Kämpfe und Seuchen. 1 Die Thesen spielen einerseits auf Martin Luthers Thesenanschlag an der Schloßkirche zu Wittenberg im Jahr 1517 an, und sie wenden sich andererseits gegen die von den Demokraten auf ihrer Versammlung in Eisenach am 17. Juli 1859 verabschiedete Resolution und das am 14. August 1859 verkündete Eisenacher Programm der Anhänger eines kleindeutschen Bundesstaates; vgl. Dok. 5 und 10.

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Es ist aber auch die Besorgniß begründet, daß der Krieg die bestehenden Staaten vernichtet, innere Kämpfe die Nation wieder ergreifen und ein Theil derselben unter Fremdherrschaft gelangt, um losgetrennt vom deutschen Nationalleben die Bahnen romanischer oder slavischer Reiche zu wandeln, wie Lothringen-Elsaß. 2. Die Mittel der Abwehr so schwerer Gefahren liegen, so weit menschliche Selbstbestimmung auf die Geschicke eines Volkes einzuwirken vermag, einzig in der Einigkeit der deutschen Nation. Durch die Einigkeit Deutschlands kann der Krieg verhütet und sein Ausbruch vertagt werden. Sind die Deutschen einig, so werden sie im Fall des Kriegs mit oder ohne Allianzen den Feind überwinden. Kein Fußbreit deutschen Gebietes wird in fremde Hände fallen, man wird zurückerobern, was an deutschen Landen dereinst an fremde Staaten verloren ging. Ist die Nation uneinig, so wird Deutschland wieder ein trauriger Tummelplatz innerer Kämpfe und auswärtiger Eroberungslust sein. 3. Das Fundament alles staatlichen Zusammengehens ist der einträchtige Sinn des deutschen Volkes. Je mehr alle Stämme und Stände von dem Bewußtsein durchdrungen sind, daß sie zusammengehören und durch ihre innige Verbindung ein machtvolles Ganzes bilden, desto stärker ist das harmonische Zusammenwirken auch ihrer staatlichen Gewalten verbürgt, da in stürmisch bewegten Zeiten keine Regierung bei Wahl ihrer politischen Bahnen über das Denken und Fühlen des Volkes sich wegsetzen wird und kann. 4. Ein weiteres Erforderniß ist die Einigkeit der regierenden Gewalten. Zunächst mit dem regierten Theil des Volks. Ohne das gegenseitige Band der Anhänglichkeit und des Vertrauens zwischen Regierern und Regierten wird die Auflösung der staatlichen Ordnung in den kleineren Gemeinwesen mit dem ersten Kanonenschuß beginnen, der aus feindlichem Geschütz durch die deutschen Gauen hallt. Furcht und Mißtrauen werden sich der Bevölkerung aller schwächern Staaten bemächtigen, die Gewalt der Regierung lähmen, Factionen und anarchische Zustände hervorrufen und das Land dem ersten besten Eroberer in die Hände liefern. Einigkeit der deutschen Regierer unter sich ist ein eben so dringendes Bedürfniß. Sind die Monarchen Deutschlands entzweit, so werden seine Feinde leich-

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tes Spiel haben – wie es auf jedem Blatt der deutschen Geschichte verzeichnet steht. 5. Das A und O aller gouvernementalen Einigkeit ist die Eintracht Oestreichs und Preußens. Durch die Eintracht der beiden Hauptmächte wird zugleich die Eintracht aller übrigen deutschen Regierungen auf das vollständigste garantirt. Jeder Gedanke einer Opposition ist in Deutschland unausführbar, wenn die Cabinette von Wien und Berlin in weisem und ehrlichem Sinne über die politischen Mittel und Zwecke einverstanden sind. Aus der Entzweiung der beiden Hauptmächte muß naturgemäß auch die Entzweiung der übrigen Regierungen hervorgehen, da solche zu einer selbständigen Stellung zu schwach und daher bei Wahl ihrer Allianzen auf Beachtung der natürlichen Machtsphäre angewiesen sind, der sie nach ihrer geographischen Gestaltung unterliegen, wie denn z. B. Süddeutschland für den Fall eines Krieges nur die Wahl hat, sich an Frankreich oder an Oestreich anzuschließen. 6. Hindernisse der Eintracht des Volks sind die dem deutschen Character eigenthümliche Unfügsamkeit unter einen fremden Willen, verbunden mit der vorherrschend idealen Richtung der gebildeteren Classen Deutschlands, einer natürlichen Folge des mangelnden großen Staatslebens, das allein ein Volk zur politischen Bildung erzieht. Das Hinderniß der Eintracht der Regierungen liegt in dem Umstand, daß die Lenker Preußens und Oestreichs sich bis jetzt noch nicht über ein gemeinsames Zusammengehen zu verständigen vermochten. Die Parthei, welche dermalen das Ruder des preußischen Staates lenkt, strebt nach Ausscheidung Oestreichs aus dem staatlich-nationalen Bundesleben und nach der alleinigen Hegemonie über die kleinern deutschen Länder, während die östreichische Regierung den möglichst innigen Anschluß an Deutschland als eine Lebensbedingung des Kaiserstaates betrachtet. 7. Durch Bundesverfassungen, parlamentarische und executive Centralgewalten kann man die Einheit der deutschen Staaten niemals herbeiführen. Kein Großstaat wird sich in Bedrängnissen, bei denen es sich um die ersten Bedingungen der Macht und sogar der staatlichen Fortexistenz handelt, bei denen nicht bloß die Meinungen, sondern sogar die Interessen oft in schwerem Widerstreit stehen, dem Willen der Mehrheit fremder Regierungen bloß darum unterwerfen,

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weil der Bundesvertrag ihm solche Verpflichtungen auferlegt. Noth kennt kein Gebot. Im Gegentheil lehrt die Erfahrung, daß solche künstliche Organisationen erst recht zur fruchtbaren Quelle der traurigsten Entzweiung werden, wenn ihnen nicht volles Einverständniß über die Ziele, Bedürfnisse und Mittel der Politik zu Grunde liegt und nicht bloß die Ausführung, sondern die Principien selbst erst durch Bundesbehörden gesucht und gefunden werden sollen. Durch straffere Ausbildung der Bundesgewalt wird die Einigkeit zwischen Preußen und Oestreich nicht gekräftigt, sondern vernichtet werden. 8. Noch weniger gerechtfertigt ist der Gedanke, die Einheit der deutschen Politik dadurch herbeizuführen, daß man eine der beiden entzweiten Großmächte aus dem Bundesleben zu beseitigen sucht. Sowohl Oestreich wie Preußen legen auf die föderative Verbindung mit dem übrigen Deutschland den größten Werth und werden sich freiwillig niemals zum Aufgeben solchen Bandes verstehn. Nur der Gewalt würden sie weichen, das wäre aber gerade der Weg zum Bürgerkrieg. Noch in andern wesentlichen Beziehungen ist aber dieser Gedanke gegen die ersten Sätze der politischen Vernunft, da es sich ja nach der jetzigen Lage darum vor allem handelt, kriegerische Stürme und fremde Eroberungsgelüste vom deutschen Boden abzulenken oder niederzuschlagen – Preußen aber mit dem übrigen Deutschland allein einer französisch-russischen Coalition lange nicht gewachsen ist, wenn Oestreich einem Bundeskriege fremd bleiben sollte. 9. Das einzige Mittel, um die östreichisch-preußische Einigkeit herbeizuführen, ist eine freiwillige Verständigung ihrer Regierer über eine richtige, nationale Politik. Das einzige Princip, das zu einer ehrlichen und dauernden Verständigung führen kann, ist Verzichtleistung auf jeden Sondervortheil, auf jedes hegemonische Vorrecht, auf alle Erbschaftsgelüste. Mannhaftes Auftreten gegen außen, vorurtheilsfreie Beachtung der Gesammtinteressen, gerechtes und rücksichtsvolles Handeln den schwächeren Bundesgenossen gegenüber, conservative Gesinnung bei muthigem Fortschreiten, Achtung des Rechtes und der Sittlichkeit. Ohne Beseitigung der Minister aus dem Rathe der preußischen Krone, welche durch frühere politische Niederlagen persönlich erbittert, in der Ausscheidung Oestreichs aus dem deutschen Bundesleben und in der Errichtung eines preußisch-deutschen Sonderbundes die Aufgabe der preußischen Politik sehen, ist die östreichisch-preußische Einigung ein Ding der Unmöglichkeit.

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So lange die Verständigung der beiden Hauptmächte fehlt, der auch im Geiste ihrer Bevölkerungen erhebliche Hindernisse im Wege stehen, bleibt den übrigen deutschen Staaten nichts übrig, als sich einträchtig an einander zu schließen, ihre nationalen und staatlichen Kräfte durch feste Vereinigung zu erhöhen und dadurch nicht allein dem Ausland gegenüber sich zu einer politischen Kraft zu gestalten, sondern auch auf die Einigkeit Preußens und Oestreichs moralisch einzuwirken. Das kann aber aus bereits angedeuteten Gründen nicht durch förmliche neue Föderativkörper geschehen, weil solche das einzige jetzt bestehende, wenn auch noch so unvollkommene Band der Bundesverfassung zerstören und sowohl bei Preußen wie bei Oestreich als gegen ihr Recht und ihre Interessen gerichtet auf den entschiedensten Widerstand stoßen würden. Wohl aber durch ihre freie Verständigung, ein Weg, der das Bundesrecht nicht gegen sich und die Erfahrung für sich hat, da eine Reihe der wichtigsten Reformen dadurch erlangt worden ist. Es steht nichts im Weg, daß sich zunächst die Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten in fortwährender Verbindung erhalten und in freien Conferenzen über die einzuschlagenden politischen Bahnen berathen. Eben so wenig bedenklich scheint es in drangvoller Zeit, daß aus dem Schoße der Landtage zuverlässige Vertrauensmänner zu jenen Berathungen gezogen werden, um solche gründlicher und vielseitiger zu machen und zugleich das Mißtrauen abzuwenden, dem in solchen Lagen die nicht öffentliche Wirksamkeit der Diplomatie beim Volke leicht verfällt. 10. Bei Feststellung der politischen Pläne muß als Grundgedanke festgehalten werden, daß es sich jetzt vor Allem darum handelt, sich auf kriegerische Stürme einzurichten, ohne darum den Verrichtungen zu entsagen, welche die Wohlfahrt und Zufriedenheit des Volks auch in den Tagen des Friedens zu erhöhen geeignet sind. Es ergibt sich mithin als dringendstes Bedürfniß, die Wehrkraft der deutschen Länder möglichst zu steigern, ohne doch den Bevölkerungen allzudrükkende Opfer aufzulegen, da ja der Wohlstand und die wirthschaftliche Kräftigkeit eines Volkes eine eben so unerläßliche Bedingung der kriegerischen Wehrkraft bilden, als die Menge der Soldaten und Festungen. Das jetzige Wehrwesen der meisten deutschen Länder ist in höchst unvollkommenen Zustand. Mit Ausnahme Baierns hat kein deutscher Staat ein Kriegsheer, sondern nur eine größere oder geringere Zahl von Soldaten, die fast einzig auf dem Papier als Bundesarmeen figuriren, jedoch weder äußerlich noch innerlich zu einem

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taktischen Ganzen vereinigt und daher nur als Material eines Heeres zu betrachten sind. Es ist die erste Bedingung jeder Verbesserung, daß dieses Aggregat von Einzelkräften zu wirklichen organischen Körpern geformt wird. Ohne Aufhebung der bestehenden Bundeskriegsverfassung müssen aus den betreffenden Contingenten des 8., 9. und 10. Armeecorps drei wirkliche Heere geschaffen werden, welche nach gleichen Principien organisirt, eingeübt, bewaffnet in gegenseitige Verbindung gebracht und systematisch darin erhalten werden müssen, so daß sie im Stande sind, auch ohne Verbindung mit preußischen oder östreichischen Regimentern ins Feld geführt zu werden. Gründung eines Obercommandos mit dem nöthigen Stabe, gemeinsame Uebungslager, Verbindung der technischen Waffen, Einführung gemeinschaftlicher Bildungsanstalten ec. ec. und was sonst noch zur Herstellung einer einheitlichen Verbindung zu einer Armee dient – Beseitigung der jetzigen Einzelstellung, die wenigstens in den Kleinstaaten bei aller Tüchtigkeit des Offizierstandes nur den Spott des Auslandes erregt und doch große Opfer verschlingt. Mit Ausnahme der wenigen Bundesfestungen ist in allen kleinern Ländern für die Vertheidigung gar nichts geschehen. Die Küsten der Nordsee sind offen, ein paar fremde Kriegsschiffe genügen, um unsern überseeischen Handel lahm zu legen. Ganz versäumt ist der Schutz der wichtigen Eisenbahn- und Steinstraßen, der Flüsse, der vielen Gebirgspässe, nichts ist geschehen, um die Vortheile von Wald, Berg, Moor zu einem Vertheidigungssystem zu benutzen. Hat ein auswärtiger Feind den Gürtel der Festungen einmal durchbrochen, so ist er nicht gehindert, sich auf deutschem Boden frei zu bewegen, der doch einer Landesvertheidigung große Vortheile bietet. Es ist ganz unabweisbar, daß sich die kleineren Staaten dazu verstehen, neben ihren 3 Feldarmeen noch eine wirksame Landesvertheidung einzurichten, bei welcher das schweizerische System recht füglich zu benutzen wäre, das wenigstens eine Menge tüchtiger Schützen schafft, sehr wenig kostet und im Volke den kriegerischen Geist viel mehr erhöht, als der Garnisons- und Kamaschendienst. Einführung militärischer Turnübungen auch in den Schulen des flachen Landes, Wiederbelebung der Schießstätten und Schützenfeste, regelmäßige Benutzung der Sonntagsnachmittage zum Einexerciren der Mannschaft in ihren Heimathorten wären die unentbehrlichen Mittel. Aus den Bevölkerungen der Nordseegegenden, deren Niederungen keine guten Landsoldaten aber vortreffliche Matrosen erziehn, wäre eine Kriegsflotte zu bilden, deren Aufgabe zunächst aber dahin ginge, die Vertheidigung der Küsten zu vervollständigen, da es an den Mitteln fehlt, um eine große Kriegsmarine zu unterhalten. Dafür wäre den betreffenden Ländern die Stellung von Linientruppen ganz oder theilweise zu erlassen.

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11. Es ist die erste Pflicht der Bevölkerungen, durch alle Mittel sich möglichst wehrhaft zu erhalten, nicht durch leeres Bürgerwehrspiel, sondern durch Heranbildung der Jugend zu einem kräftigen, körpergewandten und waffengeübten Geschlecht. Das Selbstgefühl und nationalen Sinn zu erwecken, ist dringende Obliegenheit der Schule und Erziehung. Gründung nationaler Feste ohne polizeiliche Angst. Durch richtig geleitete politische Vereine und die Presse ließe sich der Geist wecken und wachhalten, der Noth thut. Bloßes Strohfeuer ist von Uebel. Es ist eine weitere Pflicht der deutschen Bevölkerungen, ihren Regierungen die so schwere Stellung nicht durch Mißtrauen und unzeitige Opposition zu erschweren, sondern in allen Beziehungen durch ein dem Ernst der Lage entsprechendes Thun und Lassen möglichst zu erleichtern. Die Sorge für die Interessen der Freiheit ist an sich eine berechtigte. Aber es ist Unverstand, sie in einer Periode als ersten Richtpunkt zu betrachten, in welcher die ersten und unersetzlichsten Güter auf dem Spiel stehn – Existenz, Habe, nationale Fortdauer. Auch die freisten Völker fügen sich in solchen Lagen der Beschränkung der Freiheit, der Einführung militärischer und diplomatischer Dictatur. 12. Aber die vermehrten Rechte der Regierer sind auch mit Vermehrung der Pflichten verbunden. Möglichst tüchtige, das Vertrauen des Volkes genießende, energische und umsichtige Männer ans Ruder! Wo das nicht der Fall ist, entlasse man die Minister mit vollem Gehalt, das sind keine Zeiten, wo man mit etwas Repräsentation, Gelehrsamkeit und bureaukratischer Routine das Schiff eines Staates lenkt. Man fahre fort, der Nation auf allen Feldern möglichst einheitliche Institutionen zu geben. Wie leicht wäre es, z. B. für die nichtpreußischen und nichtöstreichischen Länder eine gemeinsame Civil- und Criminalgesetzgebung zu schaffen! Aber vor allem Achtung und Vertrauen auch dem Volke. Gerechtes und billiges Handeln in humaner Form. Man entsage der unseligen Reactionspolitik, die sich mit Sisyphus-Arbeit abmüht, dem kläglichen Polizeistaat, der gegen die Symptome wüthet, statt das Uebel zu heilen, man übe ein freisinnigeres System im Leben der Kirche und Schule, der Vereine und Corporationen. Aber der Schlange der Revolution trete man klug und mannhaft auf den Kopf. ––––––––––––

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Naht dann der Feind nach den Schickungen der Vorsehung von West oder Nord, so wird er ein kampfbereites und rüstiges Volk finden, das in den Bergen und Wäldern der Heimath den vaterländischen Heerd mannhaft vertheidigen wird, wenn es auch staatlich getheilt ist. Aber auch für die Eintracht Preußens und Oestreichs wird es Ausschlag gebend sein, wenn das „übrige Deutschland“ sich zu einem kräftigen Ganzen verbindet und im Leben des Bundes auch politisch als achtbares Glied geltend macht, wie es ihm durch Zahl, Wohlstand und Bildung seiner Bevölkerung zukommt. Vor Allem aber hüte man sich vor dem Partheigeist, der jetzt wieder sein Haupt zu erheben beginnt. Einem entzweiten Volke flicht die Siegesgöttin keine Kränze. Nicht auf der Stiftung einer „nationalen Parthei“ beruht des Vaterlandes Wohl, sondern auf der Einigkeit, auf der willigen Unterwerfung unter die bestehenden Gewalten, auf dem guten Willen, dem Vertrauen und Ansehen der Regierer. Niemand weiß, ob wir auf solchem Weg uns der Feinde erwehren werden – er ist mit manchen Klippen umgeben. Aber jeder Deutsche sollte wissen, daß unser Verderben sicher ist, wenn wir in Momenten, wo die größten Opfer in Thun und Lassen dem Volke angesonnen werden müssen, dahin streben wollten, den Massen die gewohnten Führer zu entziehn und an Stelle der Fürsten, wie der Volksvertretungen in den deutschen Ländern wieder das Experiment einer vielköpfigen Versammlung zu setzen, wie im Jahr 1848. So unvollkommen sich auch unsere jetzige Staatenordnung darstellt, so bietet sie immer noch bei weitem mehr politische Mittel und Kräfte, als die Organisationsversuche der Doctrin, die im Streben nach formellen Garantieen das Haupterforderniß aller Einheit zerstören – die Eintracht der Nation, der Regierer und Regierten.

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16. Beust an Savigny1 1 GStA Berlin, III. HA, Nr. 147, fol. 146–153. Privatschreiben. Behändigte Ausfertigung. Druck: Real (Hrsg.), Savigny, Bd. 2, S. 744–750.

Beust setzt sich mit dem von Savigny mitgeteilten preußischen Standpunkt auseinander, wonach Preußen sich nicht darauf einlassen könne, die Bundesverfassung auf der bestehenden Grundlage weiterzuentwickeln und die Bundesaufgaben noch zu vermehren. Dieser Standpunkt laufe dem wahren preußischen Interesse zuwider und werde Preußen isolieren. Beust kritisiert die moralische Unterstützung der preußischen Regierung für die bundesfeindliche öffentliche Meinung. Schon jetzt verbindet sich die Revolution mit der preußischen Regierung, die eine Gleichgültigkeit gegenüber dem Bund und seiner Verfassung zeigt. Diese Gleichgültigkeit ist verderblich für die öffentlichen Zustände in Deutschland und muß deshalb bekämpft werden. Wenn der bundesfeindlichen Agitation weiter freier Lauf gelassen wird, führt dies nicht zur Einheit, sondern zur Zerreißung Deutschlands von innen und von außen. Es liegt in der Hand der preußischen Regierung, den Angriffen auf den Bund entgegenzutreten und sich für eine Verbesserung der Bundeseinrichtungen einzusetzen.

Dresden, 25. August 1859 Mein sehr geehrter Freund! Unseren Verabredungen gemäß habe ich Ihnen in Abschrift den an unsern Gesandten in Wien unterm 5. dieses Monats ergangenen Erlaß2, die Agitation gegen den Bund betreffend, übersendet. Dessen Kenntnißnahme in Berlin wird hoffentlich den Zweck erreichen, unsere Anschauungen und Absichten in das rechte Licht zu stellen und etwaigen irrigen Nachrichten zuvorzukommen. Im Uebrigen glaube ich nicht, daß – wenigstens für die nächste Zeit – Ihrer Allerhöchsten Regierung sehr dringender Anlaß geboten sein werde, dem diesseits angeregten Gegenstande ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden, da inmittelst die Bundesferien begonnen haben, und bis zu deren Ablauf man wohl allseits der Meinung sein wird, den weiteren Verlauf der jetzigen Bewegung abzuwarten, um darnach zu bemessen, ob eine Dazwischenkunft des Bundes gerechtfertigt sei und in welcher Richtung dieselbe zu erfolgen haben werde. Höheren Werth würde ich darauf legen, wenn Sie mir erlauben wollten, an unser letztes Gespräch anknüpfend, Ihnen meine Ansichten über die Stellung Preußens zu der angeregten Frage und die dadurch für uns bedingten Beziehungen zu Ihrer Höchsten Regierung auch schriftlich darzulegen. Sie haben, mein sehr geehrter Freund, mir Ihre persönlichen Ansichten über den Ihnen mitgetheilten Erlaß mit jener Offenheit zu erkennen gegeben, die 1 Karl Friedrich von Savigny (1814–1875), 1859–1864 preußischer Gesandter in Dresden, 1864–1866 Bundestagsgesandter; ADB, Bd. 30, S. 452–454; Real (Hrsg.), Savigny, Bd. 1, S. 1–40. 2 Dok. 7.

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ich nicht dankbar genug zu schätzen weiß und deren Erwiederung ich mir zur Pflicht mache, indem ich mir von deren fortgesetzter gegenseitiger Anwendung wenigstens den Erfolg verspreche, daß wir beiderseits die gegenüberstehenden Rechte, Pflichten und Interessen mit Unbefangenheit beurtheilen, eine Annäherung die viel weiter führt, als ein versöhnliches Hinweggleiten über einmal bestehende Gegensätze. Erinnere ich mich aber recht Ihrer Worte, so haben Sie, abgesehen von der außerordentlichen Abneigung, die Sie mit Recht auch auf Seite anderer Regierungen gegen bundestägige Repressivmaßregeln voraussetzten, mir den Standpunkt Preußens folgendermaßen dargelegt. Preußen habe schon vor 1848 zeitgemäße Reformen des Bundes angestrebt, ohne zu Resultaten damit zu gelangen. Seine Bemühungen die durch die Bewegung der Jahre 1848 und 1849 gestörten Bundesverhältnisse auf einer neuen Basis zu regeln, seien ebenfalls vereitelt worden; es habe ebensowenig der von anderer Seite gebotenen Umgestaltung des Bundes sich anzuschließen in seinem Interesse gefunden, und so habe es dann die einfache Rückkehr zur Bundesverfassung und Wiederbeschickung der Bundesversammlung als eine Art Sicherheitshafen betrachtet, in welchem das Einlaufen unter den damaligen Umständen geboten erschien. Daß die jetzige Bundesverfassung für Preußens Stellung und Aufgabe oftmals eine beengende und erschwerende sei, habe sich immittelst [sic] so allgemein fühlbar gemacht, daß es fortan in Preußen weder einen Regenten, noch einen Staatsmann, noch einen Staatsbürger geben könne, der nicht davon durchdrungen wäre, wie dieses Band nicht noch enger und fester geknüpft werden dürfe, ohne daß gleichzeitig Preußens Stellung im Bunde eine bessere und seinen Machtverhältnissen entsprechendere werde. Angesichts der einer solchen Modification bisher von anderer Seite entgegengestellten Schwierigkeiten sei es aber begreiflich, daß die preußische Regierung, ihrem eigenen Lande gegenüber, sich nicht wohl auf Vorschläge einlassen könne, welche berechnet wären, den Aufbau der Bundesverfassung auf der jetzigen Grundlage noch weiter zu entwickeln und auf diesem Wege die dem Bunde gestellten Aufgaben noch wesentlich zu vermehren. Erlauben Sie mir nun, diesen preußischen Standpunkt, der mir bereits vielfach anschaulich geworden ist, etwas näher in’s Auge zu fassen. Zunächst würde ich mir erlauben, gewissermaßen protestando daran zu erinnern, daß zwar i. J. 1848 eine Auflösung der Bundesversammlung, nicht aber irgend ein Act stattgefunden habe, welcher die Zurechtbeständigkeit der Bundesacte und Wiener Schlußacte hätte in Frage stellen können. Daher kann die bestehende Bundesverfassung wohl in keiner Weise als eine aus den Dresdner Conferenzen hervorgegangene Transaction betrachtet werden; ebensowenig kann dies in Bezug auf die Bundesversammlung der Fall sein, deren

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Wiederzusammentritt, nach dem Aufhören der provisorischen Centralgewalt und dem Scheitern aller Verständigungen über eine anderweite Einrichtung, durch das Fortbestehen der Bundesgrundgesetze von selbst bedingt war. Ich könnte daher jener Anschauung auch das einhalten, daß der also unzweifelhaft bestehende Bundesvertrag Anspruch habe, von allen Bundesgenossen mit gleichem Eifer nicht allein gehalten, sondern auch gepflegt und gefördert zu werden und daß es daher moralisch nicht in der Macht Preußens liegt, dieser Verfassung engere oder weitere Grenzen zu ziehen. Ich sehe aber hiervon ab, und stelle mich jenem Standpunkte gegenüber auf das praktische Feld, und da geht nun meine Ansicht dahin, daß dieser Standpunkt dem wahren preußischen Interesse zuwiderlaufe, indem ich auf der einen Seite nicht zugeben kann, daß die gegenwärtige Bundesverfassung eine für Preußens Stellung und Aufgabe beengende und beschränkende sei, während auf der andern Seite ich davon überzeugt bin, daß das Festhalten jenes Standpunktes nur dazu führen muß, Preußen zu isoliren und ihm die naturgemäße Verstärkung seiner Stellung als europäische Großmacht durch Deutschland zu verkümmern. In erster Beziehung darf ich an die Zeiten bis zum Jahre 1848 erinnern, an den langen Zeitraum, wo nach Gründung des Zollvereins Preußen den größten Theil Deutschlands in vertrauensvoller Einigkeit sich näher verband und zwar, indem es in gleicher Weise Regierungen und Völker für sich zu gewinnen wußte. Hat die Bundesverfassung dieses Ergebniß, welches den Namen einer moralischen Eroberung vollständig verdiente, etwa verhindert? Blicken wir ferner auf den Zeitraum seit 1851 zurück, so knüpfen sich daran wohl unbefriedigende Erinnerungen an mancherlei verdrießliche Differenzen. Ich lasse die Frage unerörtert, inwiefern dieselben eine nothwendige Folge der Bundesverfassung gewesen seien. Sie gehörten indessen zumeist Gegenständen untergeordneter Bedeutung an. Welchen Anlaß zur Unzufriedenheit hat dann aber das bestehende Bundesverhältniß Preußen in den wichtigsten, in den auswärtigen Fragen dargeboten? Während des orientalischen Krieges hat Preußen für diejenige Politik, welche es für die richtige erkannt hatte, an der Mehrheit der Bundesglieder entschiedene und beharrliche Unterstützung gefunden, und wenn eben die Politik, welcher die unparteiische Geschichte mit der Zeit Gerechtigkeit widerfahren lassen wird, augenblickliche Ungunst zu erfahren hatte, so konnte es für Preußen nur erwünscht sein, daß die Mittelstaaten sich zu einem brauchbaren Ableiter dafür hergaben. Ist aber wohl während des letzten Krieges die Bundesverfassung wirklich für Preußen ein Hemmniß gewesen, seine Stellung als europäische und als deutsche Macht zu entfalten? Ich will hier nicht auf abgethane Streitfragen zurückkommen, allein, werden Sie mir wohl widersprechen, wenn ich behaupte,

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daß es einen Moment gab, wo Regierungen und Völker in Deutschland einmüthig ein rasches und entschiedenes Vorangehen Preußens verlangten und wo Preußen um diesen Preis die willigste Unterordnung von allen Seiten und die Zustimmung Oesterreichs dazu erwarten durfte? Glaubt aber die preußische Regierung, sie habe es nicht zu bereuen, diesen Vortheil nicht benutzt zu haben, und ist sie zufrieden mit den Resultaten der von ihr befolgten Politik, nun so kann sie sich auch darüber nicht beklagen, daß die Bundesversammlung sie an deren Verfolgung gehindert habe. Wenn ich aber der Meinung bin, daß in der bestehenden Bundesverfassung für die Stellung und Aufgabe Preußens nichts Beengendes liege, so glaube ich mit gleicher Entschiedenheit, daß die Festhaltung der entgegengesetzten Ansicht gerade dahin führt, Preußens Stellung in Deutschland zu beengen und ihm die Erfüllung seiner Aufgabe in Deutschland zu erschweren. Wenn wir eine kleine Anzahl von Regierungen, welche noch dazu, vielleicht mit Ausnahme einer einzigen, dem äußersten Norden angehörigen, kleine Staaten repräsentiren und daher an ihrer relativen Selbstständigkeit geringes Interesse haben, in Abrechnung bringen, so werden Sie mir aufrichtigerweise zugestehen müssen, daß die übrigen Regierungen, mithin namentlich die bedeutenderen, sämmtlich froh waren, der 1849er Union ledig zu werden und in ihre bundesmäßige Stellung zurückzukehren. Sie sind, gleich Denen, welche außerhalb der Union geblieben waren, sämmtlich mehr und weniger überzeugt, daß die geschäftliche Behandlung der Bundesangelegenheiten einer Verbesserung bedürfe und einer Verbesserung fähig sei; daß die Bundeseinrichtungen vervollständigt werden könnten, wohin von mehrern Seiten insbesondere die Errichtung eines Bundesgerichts gerechnet wird; an dem Bunde und den Grundzügen seiner Verfassung halten sie aber alle fest, sie erblicken darin eine wesentliche Garantie ihres Fortbestandes, ihrer Bedeutung, ihrer Theilnahme an der Förderung deutscher Interessen. Tritt nun dieser Auffassung von Seite eines der mächtigsten Bundesglieder eine Anschauung entgegen, welche den Bund und seine Verfassung mehr oder weniger zu einer vorübergehenden Nothwendigkeit stempelt, wie kann es dann anders kommen, als daß Entfremdung und Mistrauen die Folge ist und auf alle gegenseitigen Beziehungen störend und vergiftend zurückwirkt – daß – um die Sache beim rechten Namen zu nennen – Preußen sich den deutschen Regierungen gegenüber isolirt und diese einen Stützpunkt bald in einem engern Verbande unter sich, bald in einseitigem Anschlusse an Oesterreich suchen? Sie werden mir vielleicht einhalten, daß Preußen an dieser Entfremdung nicht die Schuld trägt, sondern die feindselige Haltung, welche eine Anzahl deutscher Regierungen in den Jahren 1849 und 50 gegen Preußen eingenommen hat.

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Ich kann diesen Einwurf nicht gelten lassen. Ob im Laufe jener Jahre überall das rechte Maß eingehalten worden sei, ist eine andere Frage. Aber billigerweise muß doch zugestanden werden, daß man nur darauf ausging, seine eigenen Rechte zu vertheidigen, der Versuch, diejenigen Preußens zu schmälern, ist nie und von keiner Seite gemacht worden. Und wenn leider im Jahre 1852, bei Gelegenheit der Zollkrisis der alte Hader wieder entbrannte, so war es nicht, weil man gegen den Abschluß des Hannöverschen Vertrags3 eine frivole Opposition machen, oder Preußen wider seinen Willen zu einer Zolleinigung mit Oesterreich nöthigen wollte, sondern weil man sich, durch den geheimen Abschluß des hannöverschen Vertrags, – der zwar den preußischen Kammern, nicht aber den Zollvereinsstaaten vor der Ratification zur Annahme vorgelegt, den Letzteren vielmehr als ein fait accompli aufgenöthigt wurde, – in seinen Rechten für bedroht hielt. Sie werden mir vielleicht ferner einhalten, die preußische Regierung könne unmöglich der öffentlichen Meinung des eigenen Landes, welche einmal gegen den Bund und dessen Einrichtungen gestimmt sei, Zwang anthun, und ebensowenig berufen sein, der entsprechenden Geistesrichtung der übrigen deutschen Bevölkerungen entgegenzuarbeiten. Erlauben Sie mir in dieser Beziehung zunächst die Ueberzeugung auszusprechen, daß eben diese öffentliche Meinung zum sehr großen Theile ihren Ursprung und ihre Nahrung in nichts Anderem findet, als in der Lauigkeit, mit welcher die deutschen Regierungen den Bund und seine Verfassung vertreten, und ganz besonders in der stillen Voraussetzung einer Uebereinstimmung und einer moralischen Unterstützung der preußischen Regierung. Glauben Sie mir, hätte die preußische Regierung nur einmal nach dem Wiederzusammentritte der Bundesversammlung Das laut erklärt, was doch nur eine unzweifelhafte Wahrheit ist, daß nämlich Deutschland ein Staatenbund ist und als solcher eine andere Verfassung, als die welche er sich gegeben hat, in der Hauptsache nicht verträgt, so würde die öffentliche Meinung die Richtung, die sie seitdem eingeschlagen hat, schwerlich genommen haben; und hätte ferner Preußen die Initiative am Bunde zu den möglichen Verbesserungen der Bundesverfassung ergriffen, so würde die öffentliche Meinung in eine Bahn gelenkt worden sein, auf welcher ihr und der preußischen Regierung die übrigen Regierungen hätten folgen müssen und ihr auch gern gefolgt wären. Aehnliches ist nun aber nicht geschehen, und Preußen sieht sich, statt der Re3 Der Zollvertrag zwischen Preußen und Hannover vom 7. September 1851 sah den Eintritt Hannovers in den Deutschen Zollverein zum 1. Januar 1854 vor. Der geheim ausgehandelte Vertrag konterkarierte die österreichischen Pläne zur Schaffung einer gesamtdeutschen Zollunion und die auf den Dresdener Konferenzen eingeleiteten Verhandlungen zu einer bundeseinheitlichen Regelung der Zoll- und Handelsverhältnisse. Vgl. Hahn, Geschichte des Deutschen Zollvereins, S. 144 ff.; Böhme, Deutschlands Weg, S. 35 ff.

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gierungen, die Bevölkerungen näher gerückt. Die Bevölkerungen? Nein! Sagen wir die ganze Wahrheit: die Unzufriedenen aller deutschen Länder hat es für sich. Kann das ein verlässiger, kann das ein erwünschter Bundesgenosse für Preußen sein? Als eine unmittelbare Folge der jetzigen Bewegung tritt schon jetzt hervor, daß die demokratische Partei, welche sich unmöglich gemacht hatte und vom politischen Schauplatze abgetreten war, wieder der gemäßigten liberalen Partei sich annehmbar zu machen gewußt hat. Ich möchte glauben, daß dieser Nachtheil mit der Zeit nicht blos von den Mittelstaaten empfunden werden dürfte. Ich weiß es und spreche damit sicherlich die Ueberzeugung aller deutschen Regierungen aus, Nichts liegt den Gedanken der Regierung Seiner Königlichen Hoheit des Prinz-Regenten ferner, als die Revolution zu fördern und sich gar mit ihr zu verbinden. Aber sie, die Revolution ist es, die sich schon jetzt mit der preußischen Regierung verbindet und sich noch enger mit ihr verbinden wird, wenn man zögert, sie öffentlich zu desavouiren. Läßt es sich denn leugnen, daß die jetzt in Schwung gekommene Bewegung, die umso beharrlicher im Stillen fortschleichen wird, je weniger sie augenblicklich glänzende Erfolge hat, nichts ander[e]s ist, als eine systematische Aufwiegelung der Unterthanen gegen ihre rechtmäßigen Regierungen? Und weil diese, unter dem Zujauchzen eines Theils der preußischen Presse betriebene Aufwiegelung den Namen Preußens auf ihr Banner schreibt und für die Rechnung Preußens stattfindet, so ist die nächste bedauerliche Folge ein Zustand der Nothwehr, der für die deutschen Regierungen eintritt und in welchem die Letzteren sehr gegen ihren Willen und ihre Neigung genöthigt sind, mit ihrer Vertheidigung gegen die Angreifer, mit denen die preußische Regierung nichts zu thun hat, gleichwohl zugleich Preußen und die preußische Regierung zu treffen. Es schlägt Dies in das Capitel ein, das wir schon mehrmals besprachen, die hiesige Regierungspresse. Wir kennen uns seit einer längern Reihe von Jahren und ich hoffe, Sie lassen mir die Gerechtigkeit widerfahren, daß Leidenschaftlichkeit nicht in meinem Charakter liegt. Sollte ich mich aber auch hierin über mich selbst täuschen, so werden Sie mir gewiß soviel Bewußtsein meiner Pflicht zutrauen, um nicht blinde Gefühlsrichtungen in meine amtliche Thätigkeit eingreifen zu lassen. Ich kann in der That mit gutem Gewissen den Vorwurf einer preußenfeindlichen Gesinnung zurückweisen, und seyn Sie versichert, daß es nicht diese ist, welche die sächsische Regierungspresse inspirirt; ich würde mich glücklich schätzen, könnte ich derselben eine andere Richtung vorschreiben als sie oft zu verfolgen genöthiget ist. Aber – kann ich Das?

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Stünde ihr nur die „Preußische Zeitung“4 gegenüber, so könnte auch sie sich in befriedigender Weise ausschweigen. Aber neben diesem officiellen Organe schreiben officiöse Blätter – ich erinnere nur an das „Preußische Wochenblatt“5; – neben diesen wieder ganz unabhängige preußische, und endlich in unserem eigenen Lande preußischgesinnte Zeitungen. Enthalten diese Blätter directe Ausfälle gegen die sächsische Regierung, so läßt sich darauf noch am Ehesten in einer Weise antworten, welche die angreifende Zeitung allein trifft. Viel schwieriger ist Dies, ja fast unvermeidlich wird eine gegen Preußen gerichtete Polemik, wenn die Angriffe indirecter Natur sind. Die sächsische Regierungspresse soll durchaus nicht den Beruf haben, preußische Einrichtungen, Maßregeln und Zustände zum Gegenstande der Kritik zu machen. Wenn aber, wie dies seit einiger Zeit unablässig geschieht, preußische und preußischgesinnte Blätter uns erzählen, wie nur in Preußen Gesetzlichkeit, Aufklärung und Toleranz herrschen und in den übrigen deutschen Staaten mehr oder minder das Gegentheil stattfindet, wie kann die Regierungspresse ihrer Aufgabe, aufklärend und beruhigend zu wirken, anders genügen, als indem sie den Vergleich aufnimmt, und dadurch unwillkürlich auf die Beleuchtung solcher Punkte hingeführt wird, wo dieser Vergleich für uns nicht ungünstig ausfällt? Ebensowenig ist unsere Regierungspresse darauf hingewiesen, den an sich ganz müßigen Streit über Das was Deutschland, während des italienischen Krieges, gefrommt haben würde, fortzusetzen. Wenn aber, nachdem die Regierung Seiner Majestät des Königs aus der überstandenen Krisis mit dem Bewußtsein herausgetreten ist, bundestreu und opferwillig sich gezeigt und gehandelt zu haben, unzähliche [sic] Zeitungsartikel sich bemühen, die dem deutschen Volke gebliebene Mißstimmung zu dem Zwecke auszubeuten, um alle Schuld auf den Bund und dessen Anhänger zu werfen und den Leuten einzureden, daß es nur dann besser werden könne, wenn die deutschen Fürsten sich ihrer Rechte zu Gunsten einer preußischen Oberherrschaft begeben, so bleibt dann freilich nichts Anderes übrig, als die neuste Vergangenheit, welche den Ausgangspunkt für diese Agitation bilden soll, immer und immer wieder zu beleuchten und daraus den Beweis für die Unstatthaftigkeit solcher Zumuthungen zu entnehmen. Auf diese Weise kommen wir aus dem Zustande der Befehdung nicht heraus. Ich bin weit entfernt, zu glauben, daß derselbe der k. preußischen Regierung willkommen sei, er ist aber die natürliche Folge eines Laisser-faire, wel4 Die „Neue Preußische Zeitung“, gemeinhin „Kreuzzeitung“ genannt, erschien von 1848 bis 1939 und war das Organ der preußischen Hochkonservativen; vgl. Bussiek, „Mit Gott für König und Vaterland!“ Die Neue Preußische Zeitung. 5 Preußisches Wochenblatt zur Besprechung politischer Tagesfragen, erschien von 1851 bis 1861 und war das Organ der nationalkonservativen „Wochenblattpartei“; vgl. Behnen, Das Preußische Wochenblatt.

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ches seinen alleinigen Grund in der Gleichgültigkeit für den Bund und die Bundesverfassung hat. Und ich bin aufrichtig genug hinzuzufügen daß, wenn dieser Gedanke einen Vorwurf in sich schließt, ich denselben keineswegs der preussischen Regierung allein mache. Diese Gleichgültigkeit ist es, die wir für so verderblich für die öffentlichen Zustände in Deutschland halten; diese Gleichgültigkeit zu bekämpfen, ist der leitende Gedanke der Ihnen mitgetheilten Depesche. Wenn Jemand einer Genossenschaft angehört und er scheut sich, öffentlichen Verunglimpfungen derselben entgegenzutreten, so setzt er sich selbst herab. Wir schwärmen nicht für die Bundesverfassung als das Ideal deutscher Organisation. Es handelt sich aber nicht darum, dieselbe wie sie ist zur Annahme zu empfehlen, sondern darum, ob fortgefahren werden soll, in ihr und mit ihr zu leben und sie öffentlich herabwürdigen, verspotten und verhöhnen zu lassen. Was jetzt in Deutschland vorgeht, ist ohne Beispiel. Einer Bewegung gegenüber, welche gegen die Verfassung gerichtet ist, pflegt man gewöhnlich zweierlei Wege einzuschlagen; entweder man befriedigt sie, oder man bekämpft sie. Im erstern Falle modificirt man die Verfassung, im zweiten erhält man sie aufrecht, in beiden hat man die Verfassung in den Händen; läßt man aber der Bewegung freien Lauf, ohne das Eine oder das Andere zu thun, so erlebt man eines Tages, daß die Verfassung unterwühlt zusammenbricht und man nichts mehr in den Händen hat. Auf diesen Ausgang werden wir hingeführt, wenn die Dinge so fortgehen als es jetzt der Fall ist. Die unausbleibliche Folge aber davon wird nicht die Einheit, sondern die Zerreißung Deutschlands von Innen und von Außen sein. In der Hand der preußischen Regierung ist viel gelegen; sie hat das Vertrauen der liberalen Parteien, sie kann daher um so leichter jenen gehässigen und unwürdigen Angriffen auf das Grundprincip des Bundes, der ein Staatenbund ist, entgegentreten und allen den stürmischen Stimmen ein Quos ego!6 entgegenrufen. Sie kann ebendeshalb zu einer Verbesserung der Bundeseinrichtungen, welche jenes Grundprincip nicht verläßt, die Hand bieten, ohne an dem Systeme, welches sie für das eigene Land als das richtige erkannt hat, Etwas zu ändern. Dann wird sie die Sympathien der Bevölkerungen von Neuem und fester als bisher gewinnen. Und ich sollte meinen, Beides sei für Preußen nicht zu verachten, will es seine Stellung als europäische Großmacht vervollständigen. Nehmen Sie, mein sehr geehrter Freund, dieses Glaubensbekenntniß freundlich entgegen. Ich fürchte sehr, wir werden noch manchen Strauß 6 „Euch will ich’s zeigen“; Einhalt gebietender Zuruf Neptuns an die tobenden Winde in Vergils „Äneis“; vgl. Duden, Bd. 5: Fremdwörterbuch, S. 657.

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durchkämpfen. Vielleicht kommt es besser. Gott gebe es! Wenigstens glaube ich aber, in dem ich auf diese Weise meine Gedanken schriftlich in Ihre Hände lege, Ihnen die Ueberzeugung zu geben, daß wir hier nicht nach wechselnden Eindrücken und unter fremden Impulsen, sondern nach feststehenden Grundsätzen und gewissenhaften Anschauungen handeln. Mit geehrter Hochachtung Ihr ergebenster Beust

17. Denkschrift von Borries11 HStA Hannover, Dep. 103, VIII, Nr. 62. Reinschrift.

Die gegenwärtige Agitation ist nicht auf eine Änderung der Bundesverfassung, sondern auf die gänzliche Umgestaltung der staatlichen Zustände Deutschlands gerichtet. Die Misere in Deutschland ist nicht in der Bundesverfassung begründet, sondern in der Mißbeachtung der Bundesbestimmungen und -beschlüsse durch einzelne Staaten. Diesem Mißstand kann durch eine Änderung der Bundesverfassung nicht abgeholfen werden. Die Schaffung einer Zentralgewalt und einer Volksvertretung würde mit der bisherigen historischen Entwicklung brechen. Schon der erste Schritt zu einer Bundesreform würde auf eine abschüssige Bahn führen.

Norderney, 28. August 1859 Die deutsche Frage betr. Wie nichts Vollkommenes auf dieser Erde ist, so mag auch die bestehende Bundesverfassung ihre Mängel haben. Nicht aber gegen diese etwaigen Mängel ist die gegenwärtige Agitation auf Abänderung der Bundesverfassung gerichtet, sondern sie erstrebt eine gänzliche Umgestaltung der aus einer tausendjährigen Entwickelung hervorgegangenen staatlichen Zustände und Einrichtungen Deutschlands. Die gegenwärtige Agitation will vorzugsweise Herrschaft der Masse oder richtiger ihrer Führer durch ein s. g. Reichsparlament, und weil Letzteres ohne eine s. g. Centralgewalt in Deutschland nicht möglich ist, eine einheitliche Leitung der deutschen Angelegenheiten durch ein regierendes deutsches Fürstenhaus, im Norden Deutschlands durch Preußen, im Süden unter einer andern Form. Die Verwirklichung dieses Plans kann nur mit der Vernichtung der Selbstständigkeit und des Bestehens aller übrigen deutschen Regierungen und Staaten endigen und es würde dann vom weiteren Entwicklungsgange abhangen 1 Wilhelm Friedrich Otto von Borries (1802–1883), Jurist, 1851/52 und 1855–1862 Innenminister von Hannover; ADB, Bd. 47, S. 116–134.

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[sic], ob Eine deutsche Macht dann ganz Deutschland zu centralisiren vermögte, oder ob Deutschland in zahlreiche Republiken zerklüften würde. Die gegenwärtige Agitation wird einer Seits von destructiven Elementen und anderer Seits von hegemonischen Bestrebungen getragen. Daher die auffällige Erscheinung, daß die Agitation fast allein nur diejenige deutsche Macht an die Spitze zu bringen bestrebt ist, deren Verhalten ein einmüthiges kräftiges Zusammenwirken in der Kriegesfrage vorzugsweise verhindert hat. Man hofft dabei offenbar von dieser Regierung nach der von derselben seit einem Jahre eingeschlagenen Richtung am ehesten ein Eingehen auf die beabsichtigten liberalen und democratischen Pläne. Um so ernster aber ist auch die gegenwärtige Agitation aufzufassen. Man kann beklagen, daß Deutschland in so und so viele Staaten zerfällt. Will man diese historische Entwickelung aber nicht gewaltsam umstürzen, so entspricht diesen staatlichen Zuständen die bestehende Bundesverfassung durchaus. Die hervorgetretenen Unzuträglichkeiten liegen auch nicht in der Bundesverfassung, sondern vielmehr darin, daß deren Bestimmungen und die in Folge derselben gefaßten Beschlüsse nicht immer getreu beachtet sind, daß einzelne Glieder sich so kräftig fühlen, um thatsächlich, wenn es ihren wirklichen oder vermeintlichen Sonderinteressen nicht entspricht, die Bundesverfassung nicht zu beachten. Diesen Unzuträglichkeiten kann durch keine Aenderung der Bundes-Verfassung abgeholfen werden, die einzige Abhülfe liegt allein darin, wenn die Ueberzeugung sich mehr und mehr Bahn bricht, daß eine getreue Beachtung der Bundesvorschriften sowohl den Interessen von ganz Deutschland wie aller einzelnen deutschen Regierungen am meisten oder allein entspricht. Mit dem Eingehen auf Aenderung der Bundesverfassung in der bestehenden Leitung der Angelegenheiten durch Bildung einer Centralgewalt und durch Einführung einer Vertretung der Unterthanen bei dieser Centralgewalt würde eine Bahn betreten werden, welche mit der bisherigen historischen Entwickelung der staatlichen Zustände in Deutschland bricht, und nothwendig zur Zernichtung [sic] entweder des bisherigen Zusammenwirkens der deutschen Regierungen durch das Bundesorgan, also zu einer noch größeren Uneinigkeit oder, was noch mehr zu besorgen steht, zur gänzlichen Umwälzung der deutschen staatlichen Zustände führen muß. Erkennt man die Nothwendigkeit einer mehr einheitlichen Leitung an, so wird man erst mit halben Maßregeln experimentiren, und dann zu immer durchgreifenderen Schritten gedrängt werden, worneben [sic] auch die eingeschränkteste Selbstständigkeit der einzelnen deutschen Regierungen nicht ferner bestehen kann. Giebt man die Nothwendigkeit einer Volksvertretung beim Bunde zu, so haben die Regierungen sich selbst den Stab gebrochen. Man wird mit sehr beschränkten, anscheinend unschuldigen Einrichtungen zunächst experimenti-

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Antwort der preußischen Regierung auf die Stettiner Adresse

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ren, sehr bald dann in allen liberalen und democratischen Kreisen das Geschrei sich erheben, daß, um dem selbst von den Regierungen anerkannten Bedürfnisse abzuhelfen, man statt Brod einen Stein geboten habe, und die Aenderung würde mit einer vollständigen Volksvertretung auf breiten Grundlagen endigen. Daher hüte man sich vor dem ersten Schritte mit dem historischen Entwikkelungsgange der deutschen staatlichen Zustände zu brechen und die geneigte Ebene der Aenderung der bestehenden Bundesverfassung zu betreten. Dieser Schritt könnte leicht eine Brandfackel werden, welche Deutschland in ähnlicher Weise, wie es durch den dreißigjährigen Krieg geschehen, in Flammen setzen und zerrütten würde. Hiernach dürfte es sich dringend empfehlen, nicht allein allen Schritten auf Abänderung der bestehenden Bundesverfassung, namentlich in der bezeichneten Richtung entschieden entgegen zu treten, sondern auch dahin zu wirken, daß solche Anträge namentlich beim Bunde nicht gestellt werden.2

18. Antwort der preußischen Regierung auf die Stettiner Adresse Neue Preußische Zeitung Nr. 427 vom 13. September 1859.

Die preußische Regierung erkennt die Notwendigkeit einer Bundesreform an. Preußen wird sich aber an Recht und Gesetz halten und hält Anträge auf Änderung der Bundesverfassung für verfrüht. Nützlicher sind statt dessen praktische Maßnahmen wie die Stärkung der Wehrkraft Deutschlands und die Herstellung gesicherter Rechtszustände auf dem ganzen Bundesgebiet.

Berlin, 12. September 1859 An den Stadt-Schulrath Herrn Alberti1 Wohlgeboren und die übrigen Herren Unterzeichner der Adresse zu Stettin. Se. königliche Hoheit der Regent, Prinz von Preußen, haben auf den Antrag des Staats-Ministeriums geruht, die Allerhöchstdenselben von Ihnen über2 In einer weiteren Denkschrift vom selben Tag machte Borries detaillierte „Vorschläge der gegen die Agitationen für Bildung einer deutschen Centralgewalt mit einem deutschen Parlamente zu ergreifenden Maßregeln“. Im einzelnen forderte er eine strenge Überwachung der Presse und des Vereinswesens, Repressivmaßnahmen gegen Personen, die sich an bundeskritischen Petitionen beteiligten und periodische Treffen von Regierungsbevollmächtigten zur bundesweiten Koordinierung der Maßregeln. Vgl. HStA Hannover, Dep. 103, VIII, Nr. 62. 1 Karl Edmund Robert Alberti (1801–1870), Theologe und Schriftsteller, 1854–1866 Stadtschulrat in Stettin; DBE, Bd. 1, S. 70.

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reichte Adresse mir zugehen zu lassen, um Sie darauf mit einer Bescheidung zu versehen. Indem ich demgemäß auf Allerhöchsten Befehl es Ihnen auszusprechen habe, daß Sr. königlichen Hoheit die sich in der Adresse ausdrückende Gesinnung der Treue und des Vertrauens zu Ihm, so wie der Liebe und Hingebung für das preußische und für das deutsche Vaterland erfreulich gewesen, füge ich in Betreff der Gesichtspunkte, welche die preußische Regierung den Bestrebungen auf eine Reform der deutschen Bundes-Verfassung gegenüber festhalten zu müssen glaubt, Folgendes hinzu. Die durch die letzten Ereignisse und Erfahrungen in weiten Kreisen bei aller Verschiedenheit der Ansichten lebendig gewordene Ueberzeugung, daß die Unabhängigkeit und Macht Deutschlands nach Außen und die Entwickelung seiner geistigen und materiellen Kräfte im Innern ein festes und energisches Zusammenfassen dieser Kräfte und eine Umgestaltung der Bundesverfassung in diesem Sinne voraussetze, erkennt auch die Preußische Regierung in ihrer vollen Berechtigung an. Aber sie darf sich weder durch die Kundgebungen, welche dieses nationale Bewußtsein hervorruft, noch durch ihre eigene Ueberzeugung von dem, was an sich als das Heilsamste erscheinen möchte, bestimmen lassen, von dem Wege abzuweichen, welchen ihr die gewissenhafte Achtung vor fremdem Rechte und die Rücksicht auf das zur Zeit Mögliche und Erreichbare vorzeichnen. Dieselbe Achtung vor Recht und Gesetz, welche unsere inneren Zustände kennzeichnet, muß auch unsere Beziehungen zu Deutschland und unseren deutschen Bundesgenossen regeln. Durch die Förderung der gemeinsamen deutschen Interessen auf Gebieten, auf welchen sich praktische Erfolge hoffen lassen; durch die Stärkung der Wehrkraft des Vaterlandes, durch Befestigung gesicherter Rechtszustände auf dem ganzen Bundesgebiete, wird sie Deutschland im gegenwärtigen Augenblicke mehr zu nützen glauben, als durch verfrühte Anträge auf Aenderungen der Bundesverfassung. Entschlossen, diesen Zwecken unausgesetzt ihre Bemühungen zu widmen, glaubt sie dann aber auch bei Allen, welchen, wie ihr, eine heilsame Entwikkelung der deutschen Dinge am Herzen liegt, für sich selbst das Vertrauen in Anspruch nehmen zu dürfen, daß sie zu rechter Zeit die Wege zu finden wissen werde, auf denen die Interessen Deutschlands und Preußens sich mit den Geboten der Pflicht und der Gewissenhaftigkeit vereinen. Der Minister des Innern Graf v. Schwerin.

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19. Degenfeld1 an König Wilhelm I. von Württemberg 22 HStA Stuttgart, E 50/01, Büschel 866. Bericht. Behändigte Ausfertigung.

Der bayerische Minister Schrenk hält eine Reform der Grundverfassung des Bundes für unmöglich, allein die Verbesserung von Bundesgesetzen wie etwa der Bundeskriegsverfassung sei wünschenswert und möglich.

No 42.

München, 13. September 1859

Euer Königlichen Majestät habe ich im Nachstehenden von einer Unterredung allerunterthänigst Meldung zu machen die Ehre, welche ich mit dem K. Bayer. Staatsminister Freiherrn von Schrenk über die dermalen wieder so vielfach in den Vordergrund tretende Frage der Bundesreform gepflogen. Wie Euer Königlichen Majestaet bekannt ist, hat nämlich der K. Sächsische Staatsminister Freiherr von Beust diese Frage zunächst in Wien angeregt, und das Kaiserliche Cabinet hat zwar keine ablehnende Antwort gegeben, es jedoch nicht für passend erachtet, zur Zeit die Initiative zu ergreifen. – Auch an Freiherrn von Schrenk ist, wie ich Euer Königlichen Majestaet Minister der auswärtigen Angelegenheiten unterm 20. vor. Mts. berichtete, von Seiten des Wiener Cabinets das Ersuchen ergangen, demselben seine Ansichten, über die mögliche Reform der deutschen Bundesverhältnisse auszusprechen. Freiherr von Schrenk hat sich nun, wie er mir mittheilte, zumal auch bei Gelegenheit der Anregung der Frage durch die Bayerischen Kammern3, eingehend mit derselben beschäftigt. Hiernach, sprach er sich mir gegenüber aus, sei es ihm bis jetzt nicht gelungen, einen positiven Boden zu finden, auf dem er, wenn es sich um die Reform des Deutschen Bundes handle, festen Fuß fassen könne. Er sehe überall nicht ein, wo und was man eigentlich reformiren wolle. Der Fehler sei und bleibe, daß eine mächtige deutsche Regierung fortwährend erkläre, sich den Bundesbeschlüssen, wenn sie ihr nicht genehm seien, nicht unterwerfen zu wollen. Hiegegen gebe es einmal kein Heilmittel, und das sei das einzige, was zu reformiren wäre, und weßhalb man eine Reform wünsche. Dieser Umstand aber bleibe immer derselbe, auch wenn, was ihm etwa als eine mögliche und wünschenwerthe Reform dünke, man es dahin brächte, die Nothwendigkeit der Einstimmigkeit bei gewissen Fragen zu beseitigen, und an ihre Stelle die Be1 Ferdinand Christoph Graf von Degenfeld-Schonburg (1802–1876), 1844–1868 württembergischer Gesandter in München; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 425. 2 Wilhelm I. Friedrich Karl, König von Württemberg (1781–1864), regierte von 1816–1864; ADB, Bd. 43, S. 209–213. 3 Dok. 9.

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schlußfassung durch einfache Majorität zu setzen. – Unter solchen Umständen dünke ihm deßhalb eine Reform in der Grundverfassung des Bundes eine Unmöglichkeit, eine Reform, deren Zweck doch wesentlich sein soll, ein namentlich nach Außen einiges Deutschland zu schaffen. – Etwas anderes sei es, wenn es sich um Gesetze des Bundes z. B. die Bundeskriegsverfassung handle. Obgleich er bestreite, daß sich letztere als unzulänglich oder unpractisch erwiesen, so gebe er doch zu, daß von einem gewissen Standpunkt aus hier Aenderungen wünschenswerth, möglich und durchführbar seien – und die Verbesserung der Bundesgesetze dünke ihm allein der Boden für eine Bundesreform. Freiherr von Beust scheine anderer Ansicht zu sein, fügte schließlich Herr von Schrenk an, und er sei sehr begierig alle diese Verhältnisse mit diesem Staatsmann, der nach einer Mittheilung des K. Sächsischen Ministerresidenten von Bose4 am Mittwoch den 14. ds. Mts. hier eintreffen und mehrere Tage hier bleiben wird, durchzusprechen.5 In tiefster Ehrfurcht ersterbend Eurer Königlichen Majestät allerunterthänigster und gehorsamster Graf von Degenfeld

4 Carl Gustav Adolf von Bose (1817–1893), 1850–1864 sächsischer Ministerresident in München, 1864–1866 sächsischer Bundestagsgesandter; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 356. 5 Beust kam erst am 19. September 1859 nach München und konferierte mit Schrenk. Am Abend des 19. September traf „sehr unerwartet“ auch der württembergische Staatsminister von Hügel in München ein, für den 20. September war ein Treffen Beusts mit Pfordten vorgesehen. An den Ministerbesprechungen nahm Pfordten allerdings nicht teil. Vgl. Bose an Außenministerium, HStA Dresden, 10 717, Nr. 930, fol. 259; Pfordten an Pfistermeister, Frankfurt, 2. Oktober 1859, HStA München, Abt. III, Geheimes Hausarchiv, Kabinettsakten König Maximilians II., Nr. 34 c. Zu den Münchener Verhandlungen siehe unten Dok. 22.

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Statut des Deutschen Nationalvereins

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20. Statut des Deutschen Nationalvereins StA Coburg, LA A, Nr. 7188, fol. 5. Druck. Abdruck u. a. in: Biefang (Hrsg.), Der Deutsche Nationalverein, S. 441 f.; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 2, S. 105 f. (Auszug).

Gründung einer nationalen Partei in Deutschland.

Frankfurt am Main, 16. September 1859 Statut des deutschen National-Vereins.

(Auszug aus dem Sitzungsprotokoll der Versammlung deutscher Männer zu Frankfurt a. M. vom 16. September 1859.)

§ 1. Zweck des Vereins. Da die in Eisenach und Hannover angebahnte Bildung einer nationalen Partei in Deutschland zum Zwecke der Einigung und freiheitlichen Entwickelung des großen gemeinsamen Vaterlandes zur Thatsache geworden ist, so begründen die Unterzeichneten einen Verein, welcher seinen Sitz in Frankfurt a. M. hat, und es sich zur Aufgabe setzt: für die patriotischen Zwecke dieser Partei mit allen ihm zu Gebote stehenden gesetzlichen Mitteln zu wirken, insbesondere die geistige Arbeit zu übernehmen, Ziele und Mittel der über unser ganzes Vaterland verbreiteten Bewegung immer klarer im Volksbewußtsein hervortreten zu lassen. § 2. Mitgliedschaft. Der Beitritt zu diesem Vereine wird durch Unterzeichnung des gegenwärtigen Statuts erklärt. Die Mitglieder übernehmen die Verpflichtung, einen fortlaufenden Beitrag in die Vereinskasse zu zahlen und für die Vereinszwecke nach Kräften zu wirken. § 3. Leitung der Vereins-Angelegenheiten. Die Leitung seiner Angelegenheiten bis zur nächsten Versammlung überträgt der Verein einem aus seiner Mitte gewählten Ausschusse von 12 Personen, welcher die verschiedenen Functionen unter seine Mitglieder selbst vertheilt und ermächtigt wird, sich aus den Vereinsgliedern nach Bedürfniß zu verstärken und neue Versammlungen zu berufen. Diesem Ausschusse steht die Befugniß zu, über die in die Vereinskasse fließenden Gelder für die Vereinszwecke zu verfügen, sowie den Sitz des Vereins geeigneten Falles nach einem andern Orte zu verlegen.*) *) Der Sitz des Vereins ist durch Beschluß des Ausschusses vom 16. Oktober 1859 nach Coburg verlegt.

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21. Schrenk an König Maximilian II.11 HStA München, Abt. III, Geheimes Hausarchiv, Kabinettsakten König Maximilians II., Nr. 27 c. Ministerialantrag. Ausfertigung.

Schrenk berichtet über das Ergebnis der Besprechungen mit Beust und Hügel. Man kam überein, beim Wiederzusammentritt der Bundesversammlung eine Kollektiverklärung zu Protokoll zu geben, worin von seiten der Mittelstaaten die Bereitschaft zu Verhandlungen über Bundesreformen sowie die Entschlossenheit bekundet wird, den auf den Umsturz der Bundesverfassung abzielenden Bestrebungen entgegenzutreten. Mit dieser Erklärung soll ein Antrag zur Reform der Bundeskriegsverfassung verbunden werden. Es wird eine Vereinigung der außerösterreichischen und außerpreußischen Staaten zu einer dritten Gruppe, der sogenannten Trias ins Auge gefaßt. Dies würde zum Erhalt des Bundes beitragen, den Mittel- und Kleinstaaten Schutz gegen die drohende Mediatisierung bieten und die Möglichkeit eröffnen, die materiellen Interessen durch gemeinsame Einrichtungen zu fördern. Die Trias soll aber wegen der zu erwartenden Widerstände nicht durch eine förmliche Übereinkunft, sondern durch freiwilliges Zusammenwirken herbeigeführt werden. Bayern müßte in der sich bildenden dritten Staatengruppe einen überwiegenden Einfluß gewinnen. Beust hat Vorschläge zum gemeinsamen Handeln in der Bundesversammlung, zu einer gemeinsamen Pressepolitik und zu periodischen Ministerkonferenzen vorgelegt.

München, 23. September 1859 An Seine Majestaet den Koenig Allerunterthänigster Antrag von Seite des Staats Ministeriums des Koeniglichen Hauses und des Aeußern Die Bundesreform-Bestrebungen betreffend. Der königlich Sächsische Minister Freiherr von Beust und der königlich württembergische Minister Freiherr von Hügel haben sich, wie Euere Koenigliche Majestaet bekannt ist, Montag den 19ten laufenden Monats dahier eingefunden, um mit dem treugehorsamst Unterzeichneten über die dermalige Lage Deutschlands und über die in Bezug auf dieselbe etwa zu treffenden Maßregeln Rücksprache zu nehmen, und es beeilt sich der treugehorsamst Unterzeichnete, nachdem die genannten beiden Minister heute München wieder verlassen haben, Euerer Koeniglichen Majestaet hiemit das Ergebniß der gepflogenen Besprechungen allerunterthänigst zur Anzeige zu bringen. 1. Von Seite Württembergs ist bereits früher der Gedanke angeregt worden, daß von Seite der Mittelstaaten in irgend einer Weise kund gegeben werden sollte, wie sie die in der jüngsten Zeit durch die politischen Ereigniße und durch die 1 Maximilian II., König von Bayern (1811–1864); ADB, Bd. 21, S. 39–53; NDB, Bd. 16, S. 490–495.

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Haltung Preußens während derselben, in Ansehen und Wirksamkeit tief erschütterte Bundes-Verfassung aufrecht zu erhalten und die von der Bundesversammlung in ihrer Zuständigkeit gefaßten Beschlüße zu vollziehen entschloßen seien, und es hat dieser Gedanke von Seite des Wiener Cabinets Billigung gefunden. Bei den gepflogenen Besprechungen erachtete man es nun für das angemessenste, eine deßfallsige Erklärung bei dem bevorstehenden Wieder-Zusammentritte der Bundesversammlung in deren Protokoll niederlegen zu lassen, dabei aber nicht nur gleichzeitig die Bereitwilligkeit zu Verhandlung etwaiger Anträge auf Änderung der Bundesverfaßung, in so weit solche mit den unverrückt aufrecht zu erhaltenden Grundprinzipien derselben in Übereinstimmung stehen, auszusprechen, sondern auch den Willen kund zu geben, unberufenen auf Umsturz der Verfaßung des Bundes gerichteten Bestrebungen, wie solche jüngst in Eisenach und Frankfurt zu Tage traten, mit Ernst entgegenzutreten. Mit dieser Erklärung dürfte sodann auch ein Antrag in Bezug auf die Bundeskriegs-Verfaßung zu verbinden sein. Die königlich preußische Regierung hat nämlich bekanntlich, als es sich jüngst um deren Anwendung handelte, mehrere Bestimmungen derselben als unausführbar und unzureichend bezeichnet, und es hat sich, wohl vorzugsweise in Folge dessen, in weiten Kreisen die Besorgniß verbreitet, daß die dermalige Einrichtung des Heer- und Kriegswesens in Deutschland nicht genüge, um das Bundesgebiet vor Gefahren von Außen zu schützen. Unter diesen Verhältnißen scheint es unerläßlich, die Frage in ernste Erwägung zu ziehen, ob die Bundeskriegsverfaßung in der That Gebrechen an sich trage, oder nicht? um ersteren Falles dieselbe zu verbeßern andernfalls aber die angeregten Besorgniße wieder zu beschwichtigen. Am passendsten möchte es sein, zunächst die Bundesmilitär-Commission mit gutachtlichem Bericht hierüber zu vernehmen, und demgemäß einen hierauf gerichteten Antrag in die Bundesversammlung einzubringen. Der unter Lit. A hieneben ehrerbietigst eingefügte Antrag2 soll diese verschiedenen Ansichten und Zwecke darlegen und verwirklichen, und es würde derselbe, im Falle ihm Allerhöchste Genehmigung zu Theil werden sollte, in der ersten Bundestags-Sitzung nach den Ferien einzubringen sein; es wäre aber derselbe wo möglich nicht blos von den Gesandten von Bayern, Sachsen und Württemberg zu stellen, sondern die Zwischenzeit bis dahin auch dazu zu benutzen, um möglichst viele Regierungen zu bestimmen, demselben beizu2 Der Antragsentwurf findet sich u. a. im HStA München, MA 492. Er wurde im Laufe der weiteren Verhandlungen zwischen den Mittelstaaten noch leicht modifiziert und schließlich am 20. Oktober in die Bundesversammlung eingebracht. Dieser Antrag ist unten in Dok. 27 abgedruckt.

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treten. Freiherr von Beust würde sich desfalls mit den Regierungen von Hannover, Braunschweig und Mecklenburg, Freiherr von Hügel mit jenen von Baden und Großherzogthum Hessen in Benehmen setzen, und dem treugehorsamst Unterzeichneten wurde zugedacht, Kurhessen und Nassau zum Beitritte zu bestimmen. 2. Die Abgabe einer derartigen Collectiv-Erklärung in der Bundesversammlung wäre, abgesehen von der Bedeutung eines solchen Schrittes für die Sache selbst, zugleich auch der Anfang einer engeren Vereinigung der Mittelstaaten unter sich, auf welche die Bildung einer dritten Gruppe der ausserösterreichischen und außerpreußischen Staaten im Bunde, der sogenannten Trias, gestützt werden könnte. Die Bildung eines derartigen dritten Gliedes im Bunde, welches zwischen den beiden deutschen Großstaaten eine Stellung nehmen, und nöthigenfalls Selbstständigkeit äußern könnte, würde gewiß nicht nur zu Erhaltung des Bundes, sondern auch zum Schutze der Mittel- und Kleinstaaten gegen die immer näher rückende Gefahr der Unterordnung unter den einen der Großstaaten, und des Aufgehens in denselben, wirksam sein, und dabei die Möglichkeit erleichtern, den materiellen Interessen der betreffenden Länder durch gemeinsame Einrichtungen Vorschub zu leisten. So wünschenswerth aber auch eine solche Einrichtung sein dürfte, so liegt es doch nahe und wird einer eingehenden Ausführung nicht bedürfen, daß das Ziel auf dem Wege der förmlichen Verhandlung und Übereinkunft schwer zu verwirklichen wäre, denn es würden dann außer den in der Sache selbst liegenden Schwierigkeiten, nicht nur die Ungunst der Großstaaten, sondern vielleicht auch die Bedenklichkeiten mancher Mittel- und Kleinstaaten entgegentreten; dagegen möchte aber der Hoffnung von vorneherein nicht zu entsagen sein, daß es auch ohne förmliches bindendes Übereinkommen, auf dem Wege der Verabredung und freiwilligen Zusammenwirkens vielleicht doch gelingen könnte, mindestens eine Mehrzahl der Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten zu einem innigeren Aneinanderschließen und zur Gemeinsamkeit des Verhaltens im Bunde zu vereinigen, und so den Grund zur Homogenität der Interessen unter denselben und zur Befriedigung dieser letzteren, sowie zur Erlangung höherer Bedeutung im Bunde für dieselben zu legen. Es ist einleuchtend, daß wenn die auf dieses Ziel gerichteten Bestrebungen von Erfolg begleitet sein sollten, Bayern in der sich bildenden dritten Staatengruppe, wenn nicht eine bevorzugte Stellung, doch überwiegenden Einfluß nothwendig gewinnen müßte; da aber eben deßhalb jedes Vorgehen Bayerns in dieser Frage nur zu leicht den Anschein egoistischer Bestrebungen erregen könnte, wird es unerläßlich sein, daß Bayern desfalls die möglichste Zurück-

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haltung beachtet und es anderen überläßt, mit Vorschlägen in dieser Beziehung hervorzutreten. Deßhalb konnte es dem treugehorsamst Unterzeichneten nur erwünscht sein, daß bei den gepflogenen Besprechungen Freiherr von Beust die Idee der Trias lebhaft vertrat und nicht nur Vorschläge darüber machte in welchen Gegenständen die Regierungen der Mittelstaaten zunächst gemeinsam handeln sollten, sondern auch die Gründe näher auseinandersetzte, welche den Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten das engere gegenseitige Anschließen und gemeinsame Zusammenwirken dringend zu empfehlen geeignet scheinen. Das unter Lit. B hieneben ehrerbietigst angefügte Schriftstück3 enthält die von Herrn von Beust gemachten und sowohl von Freiherrn von Hügel als auch von dem treugehorsamst Unterzeichneten für zweckmäßig erachteten Vorschläge, wonach die betreffenden Regierungen zunächst und vorzugsweise in den Bundesverhandlungen gemeinsam zu handeln, und sich insbesondere von der Fassung von Beschlüssen, wie von deren Ausführung, mindestens in dem engeren Bezirke ihrer Länder, durch Wiederstreben einzelner Bundesglieder nicht abhalten zu lassen hätten. Außerdem sollte auch in Benützung der Presse Gemeinsamkeit erstrebt, und ein periodischer Zusammentritt der Minister der betreffenden Staaten in Aussicht genommen werden. Dem treugehorsamst Unterzeichneten scheinen diese Vorschläge ganz angemessen zu sein, um den Bund zu erkräftigen, die Bildung einer Dreigliederung in demselben anzubahnen, und gleichzeitig den Bestrebungen auf Umsturz der Bundes-Verfaßung und auf Bildung eines Einheits-Staates aus Deutschland entgegenzutreten; es vermag derselbe ferner nicht wahrzunehmen, daß die Ausführung dieser ohnedem sehr allgemein gehaltenen Vorschläge die speziellen Interessen Bayerns irgendwie verletzten könnte, und es trägt derselbe daher kein Bedenken deren Allerhöchste Genehmigung unter dem ehrerbietigsten Beifügen unzielsetzlichst zu begutachten, daß der getroffenen Abrede gemäß, die fraglichen Vorschläge, wenn dieselben Euerer Koeniglichen Majestaet und der Könige von Sachsen und Württemberg Allerhöchste Gutheißung finden würden, sodann auch in eben der Weise, wie der unter Zif. 1 ehrerbietigst erörterte Antrag anderen Bundesregierungen unter der Einladung zum Beitritte mitgetheilt werden kann. 3. In Bezug auf gemeinsame Benützung der Presse hat Freiherr von Beust in der Beilage II zu dem Schriftstücke B4 näher ausgeführt, wie es wünschenswerth 3 Dok. 22. 4 Dok. 22.

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sei, neben den eigentlichen Regierungsblättern noch ein mehr unabhängiges Organ zu besitzen, in welchem die Interessen der Mittelstaaten vertreten würden; er deutet dabei die Möglichkeit an, die in Frankfurt erscheinenden Wochenblätter, die bisher schon im gedachten Sinn redigirt worden sind, für diesen Zweck zu gewinnen.5 Der Redakteur dieser Wochenschrift hat sich vor kurzem an den treugehorsamst Unterzeichneten gewendet und um Unterstützung seines Unternehmens gebeten, deßhalb aber haben die Herrn von Beust und von Hügel gemeint, es solle der treugehorsamst Unterzeichnete den kgl. Bundestagsgesandten Freiherrn von der Pfordten beauftragen, sich mit dem gedachten Redakteur Dr. Fischer-Goullet in Benehmen zu setzen, und mit demselben den Plan der Ausführung dieses Vorhabens näher zu besprechen, sodann aber hierüber gutachterliche Vorschläge zu machen. Der treugehorsamst Unterzeichnete erachtet es für unbedenklich, in dieser Weise vorerst Einleitungen zu dem gedachten gewiß zweckmäßigem Unternehmen zu treffen und wagt es demgemäß hiezu allerunterthänigst um allergnädigste Ermächtigung zu bitten. Auf Grund der gepflogenen Verhandlungen erlaubt sich hienach der treugehorsamst Unterzeichnete allerunterthänigst zu beantragen: Euere Koenigliche Majestaet möchten allergnädigst geruhen 1tens den unter Litr. A anruhenden Antrag zu genehmigen und zu gestatten, daß der königliche Bundestagsgesandte ermächtigt werde, denselben in Gemeinschaft mit den Gesandten jener Regierungen, welche sich anzuschließen geneigt sind, in der ersten Bundestags-Sitzung nach den Ferien einzubringen, 2tens ingleichen die unter Lit. B anruhende Vereinigung zu gemeinsamem6 Verhalten der hiezu geneigten Bundesregierungen in den darin näher bezeichneten Gegenständen Allerhöchst gutzuheißen, 3tens zu gestatten, daß die Regierungen anderer Bundesstaaten und namentlich jene von Kurhessen und Nassau durch den treugehorsamst Unterzeichneten, eingeladen werden, sich sowohl dem in der Bundes-Versammlung zu stellenden Antrage Lit. A als der Verabredung zu gemeinsamem6 Verhalten Litr. B anzuschließen und endlich 4tens den treugehorsamst Unterzeichneten Allerhöchst zu ermächtigen, durch den königlichen Bundestags-Gesandten Einleitungen zur Gewinnung eines Organs der Presse für die Interessen der Mittelstaaten in Frankfurt treffen zu lassen, deren Erfolg sodann weiter allerunterthänigst anzuzeigen und der Allerhöchsten Genehmigung zu unterbreiten wäre. Frh. v. Schrenck 5 Gemeint sind die in Frankfurt erscheinenden „Deutschen Blätter“; vgl. Dok. 40. 6 Emendiert. Vorlage: gemeinsamen.

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22. Münchener Verabredungen der Mittelstaaten HStA Dresden, Gesandtschaft Wien, Nr. 129. Abschrift. Es handelt sich hierbei um die endgültige Fassung der Verabredungen. Die von Beust auf der Münchener Konferenz der Mittelstaaten vom 19.–22. September 1859 vorgelegten Entwürfe wurden auf Wunsch Bayerns und anderer Staaten in einigen Punkten modifiziert. Die hier edierte Fassung wurde von Beust am 11. Oktober 1859 an Schrenk übersandt (Beust an Schrenk, 11. Oktober 1859, HStA München, MA 492). Die ursprüngliche Fassung findet sich im HStA Dresden, 10 717, Nr. 931, fol. 1–12. Eine Reinschrift der ursprünglich in München vorgelegten Fassung mit Korrekturen findet sich im HStA München, MA 492.

Die Mittelstaaten vereinbaren, sich in allen wichtigen Bundesangelegenheiten über eine gemeinsame Abstimmung zu verständigen; sie verständigen sich auf die Fassung und Ausführung von Majoritätsbeschlüssen, sofern diese verfassungsmäßig sind; sie verabreden eine gemeinsame Pressepolitik sowie regelmäßige Ministerkonferenzen. – Anlage B: Die „dritte Gruppe“ ist das einzige brauchbare Korrektiv zu den Gothaer Ideen. Es ist ein großer Fehler der Wiener Regierung, sich kategorisch gegen die Trias auszusprechen. Der engere Bund der Mittelstaaten bietet vielleicht die einzige Möglichkeit, den Fortbestand der Mittelstaaten zu sichern, deren Souveränität von innen und außen bedroht ist.

[München, 19. September/11. Oktober 1859] I.1 Die Idee einer Constituirung der deutschen Staaten außerhalb Oesterreich und Preußen zu einem engen Verbande ist in der neuern Zeit zum ersten Mal in einem Theil der deutschen Presse mit Wärme vertreten und wie sich gar nicht verkennen läßt mit größerm Anklang als früher aufgenommen worden. Wenn die in dieser Richtung laut gewordenen Stimmen bald wieder verstummten, so dürfte diese Erscheinung weniger auf Rechnung einer vermeintlichen Ungunst zu setzen und am allerwenigsten den Erfolgen der kleindeutschen Presse zuzuschreiben sein, sondern ihre Erklärung darin finden, daß die ganze Idee nicht nur in Berlin, sondern auch in Wien auf Widerstand stieß und man in Folge dessen in der dem Gedanken ursprünglich zugewendeten Presse theils entgegengesetzte Einwirkungen zu erfahren hatte, theils an der praktischen Durchführbarkeit verzweifelte. Es verdient aber eben diese Idee die vollste Beachtung der Mittelstaaten. Selbst vorausgesetzt ihre praktische Schwierigkeit und sogar Unmöglichkeit, so hat dieselbe schon als Project den unzweifelhaften Vortheil, das Einzige zu sein, was bisher als correctiv für die Gothaer Idee sich brauchbar erwiesen hat. Alle Verbesserungen, die nur irgend in Bezug auf die Bundesverfassung gedacht werden können, entziehen der Gothaischen Agitation nicht den Boden, 1 In der ursprünglichen Vorlage auf der Münchener Konferenz figuriert dieser Teil als Beilage I (B. I) zu dem Antrag A, der vorausgeht. In der endgültigen Fassung sind die Beilagen I und II als allgemeine Begründungen dem Antrag A vorangestellt.

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indem sie weder die Concentrirung der deutschen Kräfte wesentlich fördern, noch den Ueberdruß an der Viel- und Kleinstaaterei vermindern helfen. In beiden Beziehungen verspricht die obige Idee eine wesentliche Aenderung der bestehenden Zustände und eben deshalb macht sie Eindruck, während alle Zusicherungen zweckmäßiger Bundesreform klanglos verhallen. Aus diesem Grunde ist es von Seiten des Wiener Cabinets, mag dasselbe das endliche Zustandekommen einer organisirten dritten Gruppe mit Recht oder mit Unrecht als für seine Interessen nachtheilig betrachten, ein großer Fehler, sich im Voraus, wie dies in der „Wiener Zeitung“2 geschehen ist, gegen die Dreitheilung kategorisch auszusprechen, denn jedenfalls wäre diese Combination für Oesterreich einem preuß. Kaiserthum vorzuziehen und um so mehr hat man alle Ursache in Wien die Verbreitung einer Idee nicht zu verhindern, welche wenigstens als Project das Verdienst hat, die Gothaer Pläne zu durchkreuzen. Es wird daher von Seiten der Regierungen der Mittelstaaten wohlgethan sein, auf diesen Umstand in Wien aufmerksam zu machen; um so mehr aber erscheint es als ihre Aufgabe, die Vorbereitung des Gedankens in der Presse mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln zu fördern. Es hat aber auch die nämliche Idee für diese Regierungen einen intensiven Werth in so fern, als die Ausführung derselben, wenn sie gelingen sollte, unverkennbare Garantien für die Zukunft und das Bestehen der Mittelstaaten darbietet, ja vielleicht die einzige Combination in sich schließt, welche diesen Fortbestand mit dem Interesse Gesammtdeutschlands in Einklang bringt und denselben auf eine ebenso populäre, als für die Souveraine der betreffenden Staaten annehmbare Basis stellt. Mit alleiniger Ausnahme Bayerns, welchem Gebietsumfang und geographische Lage eine günstigere Stellung sichern, gilt für die übrigen deutschen Staaten im höheren und minderen Grade die unabweisliche Betrachtung, daß die Behauptung der vollen Souveränetät noch längere Zeit möglich ist, aber nicht ohne einen unausgesetzten Kampf, in welchem das Erliegen nicht allein von der Kraft und Zähigkeit des Widerstandes gegen das Andrängen von Innen, sondern eben so sehr von dem Impulse auswärtiger Conjuncturen abhängt. Eine Beschränkung der Souverainetät zu Gunsten einer Centralgewalt, wobei sämmtliche Mitglieder des Bundes nach Verhältniß ihrer Bedeutung vertreten sein würden und welche allein das Mittel gewährte, daß Fürsten in der Stellung der Souveraine der Mittelstaaten ohne gänzliche Unhaltbarkeit der Letztern, sich dieselbe gefallen lassen könnten, wird allgemein und mit

2 Im Jahr 1703 als „Wienerisches Diarium“ gegründet, erschien das Blatt seit 1782 unter dem Namen „Wiener Zeitung“, seit 1810 offizielle Regierungszeitung; vgl. Paupié, Handbuch der österreichischen Pressegeschichte 1848–1959, Bd. 1, 119 f.

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vollem Recht mit Rücksicht auf die Stellung der beiden Großmächte als unmöglich bezeichnet. Eine theilweise Uebertragung der Souverainetät dagegen, sei es an eine der beiden Großmächte oder an beide zugleich, wäre für diese Souveraine eine dergestalt unannehmbare, weil mit der Natur ihrer fürstlichen Stellung unvereinbare Zumuthung, daß diese Art der Combination nur als eine erzwungene gedacht werden kann, welche zur vollständigen Mediatisirung führen müßte, weshalb voraussichtlich die betreffenden Dynastien sogar ein gänzliches Aufgeben vorziehen würden. In der Bildung eines engern Bundes neben Oesterreich und Preußen ist dagegen allein und in praktisch denkbarer Weise die Möglichkeit der Vermittelung zwischen den Ansprüchen der deutschen Nation an die einzelnen Dynastien und den Bedingungen eines geachteten Fortbestandes der Letztern gegeben, denn hier allein ist die Möglichkeit geboten, daß die einzelnen Souveraine einen wirklichen und verhältnißmäßigen Antheil an den Beschlüssen und der Action des Centralorgans ausüben können, zu dessen Gunsten sie ihre vereinzelte selbstständige Action beschränken sollen. Innerhalb dieser Gränzen wäre es auch möglich populäre Wünsche, soweit sie überhaupt eine praktische Berechtigung haben, viel eher zu befriedigen, als dies in einem Großdeutschland, ja selbst in einem Kleindeutschland nach Gothaischem Muster möglich sein würde. Die Idee eines aus directen Wahlen hervorgegangenen Parlaments ist nicht allein durch die Erfahrung von 1848 sondern auch in neuerer Zeit durch die Einsicht selbst der dafür sonst begeistert gewesenen Parteien überwunden, denn in dem neuesten Gothaischen Programm tritt bereits die Vertretung der Einzelkammern an deren Stelle. Eine solche Vertretung kann in Bezug auf Gegenstände der Gesetzgebung von praktischem Nutzen sein und möchte in dieser Einschränkung keineswegs zurückgewiesen werden; so wie aber im Bereiche von Großdeutschland der Mangel von Landesvertretung in Oesterreich die Ausführung erschwert, so geschieht dies im Gothaischen Kleindeutschland durch den überwiegenden Druck des preußischen Contingents, welcher entweder zu einer thatsächlichen Unterordnung der übrigen, oder was vielleicht noch wahrscheinlicher wäre, zu einem Kampf zwischen beiden führen würde. Auch in dieser Beziehung fielen bei einer Kammervertretung in dem engern Bunde der dritten Gruppe ähnliche Disproportionen hinweg. Nun läßt sich nicht verkennen, daß die Ausführung des Gedankens, wenn dieselbe im Wege der Verhandlung versucht werden wollte, aus mehrern sehr nahe liegenden Gründen geringe Aussicht des Gelingens haben würde, dieselbe kann jedoch und wird endlich möglich werden, wenn sie sich beharrlich aus sich selbst heraus entwickelt und zwar dadurch, daß die Regierungen dazu thatsächlich das Ihrige beitragen und die öffentliche Meinung immer mehr den

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Gedanken in sich aufnimmt und sich daran gewöhnt, nicht allein dadurch, daß die Presse ihre Aufmerksamkeit dafür theoretisch zu gewinnen versteht, sondern daß das Volk Handlungen erkennt, welche ihm den Glauben an eine Zukunftfähige [sic] Umbildung gewähren. Hierin haben die Regierungen der Mittelstaaten ihre Aufgabe zu suchen. II.3 Wenn es der Haltung der preußischen Regierung, wie sie nicht erst im Verlauf des letzten Jahres, sondern während eines ganzen Decenniums Statt gefunden hat, gelingen konnte, die Thätigkeit des Bundes und seines verfassungsmäßigen Organs zu lähmen und sich allen in entgegengesetzter Richtung an sie gerichteten Aufforderungen zu entziehen, so liegt der Grund hiervon nicht in einem materiellen Uebergewicht und einer diplomatischen Ueberlegenheit, sondern weit mehr in der ausgiebigen Benutzung der Presse, über welche die preußische Regierung verfügen konnte und welche – man kann dies bis zu einem gewissen Grade zur Entschuldigung Preußens sagen – aus einem Bundesgenossen und einem Instrument zu einem Leiter und Gebieter der preußischen Regierung wurde. Für die Regierungen der Mittelstaaten, welche den Plänen dieser zusammenwirkenden Kräfte im Wege stehen und deshalb in ihrer Existenz bedroht werden, ergiebt sich daher von selbst die Nothwendigkeit dem auf sie eindringenden Feinde, nämlich der preußischen Presse, wie sie in und außerhalb Preußens existirt, mit gleichen Waffen entgegenzutreten. Dieser Kampf wird bereits geführt, aber in dreifacher Beziehung ist er ein ungleicher, wobei die Mittelstaaten nothwendig den Kürzern ziehen. Auf der einen Seite nämlich erfolgen die Hauptangriffe gegen die Mittelstaaten und deren Regierungen in Blättern, welche nach Außen hin die Eigenschaft der Unabhängigkeit in Anspruch nehmen und für welche die preuß. Regierung die Verantwortung ablehnen kann. Die Polemik dieser Blätter ist daher eine vollkommen freie, ungebundene und schonungslose; die Vertheidigung dagegen fällt fast durchgehends solchen Blättern zu, welche sich mehr oder minder in der Stellung von Regierungsblättern befinden. Sie haben Rücksichten zu nehmen, ihre Polemik ist daher der preußischen Regierung gegenüber eine gebundene, schonende und folglich wirkungslose. Eine zweite Ungleichheit besteht darin, daß die preußische Regierung allein und ohne Theilnahme einer andern Regierung die Leitung und Inspiration der ihr dienenden Presse zu versehen hat, daher sich in der letztern eine einheitliche, consequente Richtung offenbart, welche ihr der öffentlichen Meinung gegenüber jene große Sicherheit verleiht, die oft mehr wirkt, als die erschöpfendsten Argumente. Auf Seiten der Mittelstaaten dagegen zeigt sich natürlich in 3 In der ursprünglichen Vorlage Beilage II.

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der sie vertretenden Presse eine Vielfältigkeit der leitenden Ansichten, welche in demselben Grade Unsicherheit und Abschwächung der Wirkung hervorbringt. Ein drittes Mißverhältniß ist endlich darin zu suchen, daß die preußische Regierung die ihr zu Gebote stehenden materiellen und intellectuellen Kräfte vornehmlich auf wenige große Blätter concentrirt, während die in den Mittelstaaten vorhandenen entsprechenden Mittel sich wiederum in der Vertheilung zersplittern. Diesem dreifachen Uebelstande könnte allein, wenn auch nicht ganz, doch zum großen Theile abgeholfen werden, wenn die Mittelstaaten eine Art Centralpunkt für ihre Presse und zwar in Frankfurt a./M. gründen helfen wollten. Die Ausführung dieses würde in nachstehender Weise möglich sein. Es wäre ein nach Vorbild der größten deutschen Zeitungen auszustattendes Blatt in Frankfurt a./M. ins Leben zu rufen. Die Begründung eines solchen ist vielleicht in diesem Augenblicke bereits angebahnt durch die Wochenschrift „die deutschen Blätter“4, deren Tendenz den Interessen und Ansichten der Regierungen der Mittelstaaten im Wesentlichen entspricht. Die Hauptsache ist, daß ein Blatt in’s Leben tritt, welches mit größern Mitteln ausgestattet, auch in seinem nicht reinpolitischen Theile so viel Anziehungskraft für das lesende Publicum hat, um eine größere Verbreitung zu finden und dessen Redaction eine consequente, einheitliche Polemik durchführen kann. Nächst einer materiellen Unterstützung, welche die sich vereinigenden Mittelstaaten nach dem Maßstabe der Matricularumlagen aufbringen könnten und welche für jede der betreffenden Regierungen eine verhältnißmäßig sehr unbedeutende Summe erheischen würde, könnten dieselben das Blatt auch in intellectueller Weise, theils durch Zusendung von Beiträgen, theils dadurch befördern, daß die Artikel des Centralblatts auch hinwiederum in die in den einzelnen Ländern zu Gebote stehenden Blätter überzugehen hätten. Zu gleicher Zeit könnte eine Controle des Blattes und eine Einwirkung von Seiten der einzelnen Regierungen erfolgen ohne das einheitliche Princip zu stören, nämlich in der Art, daß diejenige Regierung, welche Ausstellungen oder Wünsche geltend zu machen hätte, ihren Bundestags-Gesandten beauftragte, dieselbe zum Gegenstande der Besprechung mit den übrigen der vertretenden Gruppe angehörigen Bundestags-Gesandten zu machen, welche sich dann nicht mit allzugroßer Schwierigkeit über eine der Redaction zu machende Mittheilung einigen werden. Auf diese Weise würden die eben berührten Mißstände bedeutend gemindert, denn 1., hätte das betreffende Centralblatt, welches in keiner Weise als Organ anerkannt würde, keine Rücksichten und Beschränkungen in der Polemik sich aufzuerlegen. 4 S. oben Dok. 6, Anm. 1.

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2., würde seine Polemik eine einheitliche und consequente zu sein vermögen und 3., durch die ihm zu Theil werdende reiche Ausstattung die Concurrenz mit den großen Blättern des Inn- und Auslands zu bestehen im Stande sein. A. Antrag. Die öffentliche Meinung Deutschlands ist, von dem Eindrucke der politischen Ereigniße der jüngsten Zeit irre geleitet, vielfach zu der in ihren Consequenzen gefährlichen Schlußfolgerung gelangt, daß die deutsche Bundesverfassung den Grund der Unausführbarkeit in sich selbst trage, und daß dieselbe zu Erreichung ihrer Hauptzwecke, als der Wahrung der Sicherheit Deutschlands, und der Förderung seiner gemeinsamen Interessen unzureichend sei. Angesichts dieser beklagenswerthen Thatsache, erachten es die antragstellenden Regierungen für ihre Pflicht, im Schoße hoher Versammlung zunächst ihre innigste Überzeugung offen dahin auszusprechen, daß es nur des aufrichtigen und ernsten Willens aller im Bunde vereinigten Staaten zu unverkürzter Ausführung der Bestimmungen des Bundesvertrages bedürfe, um die Zwecke des Bundes zu erreichen, und insbesondere auch Conflicten mit dem Auslande gegenüber, derjenigen Machtentwicklung und einheitlichen Aktion fähig zu sein, welche die Sicherheit des Bundes zu verbürgen geeignet ist. Dabei mißkennen dieselben indessen nicht, daß die Verfassung und die Einrichtungen des Bundes der Entwickelung und Fortbildung wohl fähig seien, und sie werden deshalb gern auf die sorgsamste Prüfung und Verhandlung von Vorschlägen eingehen, die unter unverrückter Festhaltung der Grundprincipien des Bundesvertrages durch Anbahnung lebendigen Vollzuges desselben und durch heilsame Verbesserung und Ausbildung der Bundesverfassung Deutschlands Gesammtwohl zu fördern geeignet wären und durch welche die Wiederkehr der während der jüngsten Zeitereignisse so folgenschwer hervorgetretenen Einwendungen gegen Ausführung bundesverfassungsmäßiger Bestimmungen und gegen Beschlußfassungen des Bundes ferne gehalten werden könnte. Auf der andern Seite betrachten sie es aber, in so lange eine Änderung der bestehenden Grundgesetze des Bundes in verfassungsmäßiger Weise nicht eingetreten ist, als eine unzweifelhafte Verpflichtung aller Bundesglieder, für Aufrechthaltung und Vollzug dieser Gesetze, wie der von der Bundesversammlung in ihrer Zuständigkeit gefaßten Beschlüsse einzustehen und hiezu mitzuwirken, nicht minder aber auch unberufenen auf Umsturz der Bundesverfassung gerichteten Bestrebungen nach Maßgabe der bestehenden Gesetze mit allem Ernste entgegenzutreten. Von diesen Ansichten geleitet, und hienach etwaigen Anträgen in vorerwähnter Richtung entgegenstehend, glauben die Antragstellenden [sic] Regie-

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rungen jedoch ihrerseits schon jetzt die Aufmerksamkeit der hohen Versammlung auf eines lenken zu sollen. Es hat sich nämlich während dem Verlaufe der jüngsten Zeit vor allem die Ansicht verbreitet, daß die Bundeskriegsverfassung nicht ausreiche, um eine den Schutz des Bundes sichernde Verwendung der Wehrkraft desselben zu verbürgen, und es hat diese Ansicht bekanntlich selbst in officiellen Aeußerungen Ausdruck gefunden. Im Interesse der gemeinsamen Sicherheit, wie in Berücksichtigung der durch jene Ansicht in weiten Kreisen verbreiteten Besorgnisse, scheint es den antragstellenden Regierungen unerläßlich zu sein, sofort in sorgsamste Erwägung zu ziehen ob und welcher Aenderungen die Bundeskriegsverfassung allenfalls bedürftig sei, um ihren Zweck zu erfüllen, und es haben hienach die Gesandten zu beantragen: Hohe Versammlung wolle die Bundes-Militär-Commission beauftragen, alsbald die Bundeskriegsverfassung einer sorgsamen Prüfung zu unterziehen und sich auf Grund derselben baldmöglichst gutachtlich zu äußern, ob und welche Änderungen an derselben sie für nöthig erachte, um die entsprechendste Verwendung der Wehrkraft des Bundes zu dessen Schutz zu sichern. B5 Um derjenigen Erklärung, welche sie gemeinschaftlich in der nächsten Bundestagssitzung abgeben werden, die nöthige Gewähr ihrer Aufrechthaltung und Durchführung zu sichern, vereinigen sich die Regierungen von denen dieselbe ausgegangen ist, über nachstehende Punkte: a) Sie werden sich angelegen sein lassen, sich über eine gemeinsame Abstimmung in allen wichtigen Bundesangelegenheiten zu verständigen. b) Sie werden zu Majoritätsbeschlüssen ohne Rücksicht auf einen dagegen erhobenen Widerspruch schreiten, sobald man sich von der Verfassungsmäßigkeit und der überwiegenden Heilsamkeit des Majoritätsbeschlusses überzeugt hat. c) Sie werden die Ausführung beanstandeter Majoritätsbeschlüsse, wenn solche Ausführung nach reiflicher Erwägung der Umstände rathsam erscheint, mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln und innerhalb der Grenzen der dazu vereinigten Staaten sich angelegen sein lassen (Beispiel: Annahme und Ausführung des Handelsgesetzbuchs). d) Sie werden sich zu dem Zwecke einer gemeinsamen Benützung der Presse vereinigen6. 5 Im ursprünglichen Entwurf überschrieben mit: Programm. 6 Im ursprünglichen Entwurf weiter: etwa nach Anleitung der Beilage II.

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e) Sie werden sich gegenseitig ihre Ansichten über mögliche Verbesserungen der Bundesverfassung und die geschäftliche Behandlung der Bundesangelegenheiten mittheilen. f) Behufs einer wirksamen und fortgesetzten Ausführung obiger Beschlüsse werden von Zeit zu Zeit Minister-Conferenzen stattfinden7.

23. Hügel an Schrenk HStA München, MA 492. Vertrauliches Schreiben. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 30. September 1859.

Hügel regt an, bei Wiedereröffnung der Bundesversammlung von seiten der Mittelstaaten konkrete Reformanträge vorzulegen, und zwar zur Revision der Bundeskriegsverfassung, zur Errichtung eines Bundesgerichts und zur Vereinbarung allgemeiner Bundesgesetze im Hinblick auf die materiellen Interessen.

Vertraulich

Stuttgart, 28. September 1859

Hochwohlgeborener Freiherr! Gestatten mir Euer Excellenz, Ihnen für die durch den Gesandten Grafen von Reigersberg1 mir gestern zugekommene gefällige Benachrichtigung von der am 1. Oktober erwarteten Rückkehr Ihres allergnädigsten Herrn und Königs meinen verbindlichsten Dank mit dem Beifügen auszudrücken, daß ich bei meiner Zurückkunft hierher sofort Seine Königliche Majestät davon in Kenntniß gesetzt hatte, daß wegen der dermaligen Abwesenheit Seiner Majestät des Königs Max eine Allerhöchste Resolution aus München nicht vor den ersten Tagen Oktobers zu erwarten stehe. In meiner mit Herrn von Bose, welcher, wie Ihnen bekannt, in den Gegenstand unserer Besprechungen in München genau eingeweiht ist, hier gehabten Unterredung habe ich einige Gesichtspunkte hervorgehoben, welche den Staatsminister von Beust zu der telegraphischen Anfrage veranlaßten, ob ich dieselben nicht zum Gegenstand abermaliger mündlicher Besprechung mit Euer Excellenz zu machen geneigt seyn würde. Aus Gründen, welche näher zu bezeichnen wohl überflüssig seyn dürfte, ziehe ich jedoch vorerst den Weg vertraulicher schriftlicher Mittheilung vor. 7 Im ursprünglichen Entwurf weiter: wozu die königlich bayerische Regierung unter Vorschlag von Zeit und Ort Einladungen ergehen lassen wird. 1 August Lothar Graf von Reigersberg (1815–1888), 1852–1859 bayerischer Innenminister, 1859–1868 bayerischer außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister in Stuttgart; Schärl, Zusammensetzung, S. 109.

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Wenn ich nämlich das Maß der durch unsere Münchner Zusammenkunft in ganz Deutschland hervorgerufenen Erwartungen und Hoffnungen in Betracht ziehe, so möchte die Annahme keine unrichtige seyn, daß die Enttäuschung der Gutgesinnten eben so groß seyn würde, als der Triumph der Gothaisch-demokratischen Parteien, wenn vorerst gar nichts weiter zur Kenntniß des Publikums gelangen würde, als die in der Bundesversammlung abzugebende Erklärung, in welcher, mit Ausnahme einer in Aussicht gestellten Modification der Bundeskriegsverfassung nichts zu erkennen wäre, als Rückkehr zu der Bundesverfassung mit allen ihren früheren der Förderung der gesammten deutschen Interessen in den Weg tretenden Hemmnissen. Es erschiene mir daher ein wesentliches Erforderniß zu seyn, daß wo möglich noch vor Abgabe der Erklärung das Vorhandenseyn des zum Zwecke der Beseitigung jener Hemmnisse organisirten Vereins der Mittelstaaten durch Zusammentritt der Minister sämmtlicher demselben beigetretenen deutschen Regierungen constatirt werde, wozu der für Wiederbeginn der Bundestagssitzung bestimmte Termin noch eine Frist von drei Wochen gewähren würde. Nichts wäre wohl geeigneter, die gegen den Bundestag gerichteten Bestrebungen der Gothaer u. Demokraten mehr zu paralysiren, als wenn es den Mittelstaaten gelingen würde, sich wenigstens über einige von der öffentlichen Meinung vorzugsweise herbeigewünschte Anträge sofort zu einigen. In welcher Richtung wir hierin auf den Beistand des Oesterreichischen Cabinetes zu rechnen haben würden, ersehe ich aus einer mir gestern zugekommenen Depesche des diesseitigen Gesandten in Wien2: „auf meine Frage“, spricht Letzterer, „ob man von hier aus diesem bundeswidrigen Treiben lediglich negativ durch Abwarten zusehen wolle, oder ob man nicht vorziehe, durch positives reformerisches Vorgehen beim Bunde der Bewegung entgegenzutreten, vertraute mir Graf Rechberg an, daß er geneigt wäre, hauptsächlich in drei Punkten beim Bundestage einer Neuerung beizutreten, möge solche von einer andern Regierung beantragt, oder deren Antragstellung durch Oesterreich von andern Staaten gewünscht werden. Diese Punkte wären 1. Revision der Bundeskriegsverfassung hauptsächlich in der Richtung, den Bundesfeldherrn in einem fünfjährigen Turnus je zum Voraus zu ernennen, sowie auch die übrigen obersten Militär-Commandos je zum Voraus festzustellen – eine Einrichtung wodurch zugleich vielleicht die bisherigen kostspieligen Bundesmilitär-Inspectionen erspart werden könnten. 2. Errichtung eines Bundesgerichtes, theils an die Stelle des bisherigen Austrägalgerichts, theils zur Erledigung anderweitiger rechtlicher Fragen, und 3. Beförderung gemeinschaftlicher materieller Interessen von Bundeswegen, wie z. B. Gleichheit der Maaße und Gewichte, Einheit der Handelsgesetz2 Ow an Hügel, Wien, 24. September 1859, HStA Stuttgart, E 50/01, Büschel 866.

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gebung u.s.w., wobei die Einstimmigkeit des Bundestages im Prinzipe zwar beibehalten, der Beitritt zu der Vereinbarung jedoch jedem Bundesmitgliede freigestellt bleiben könnte.“ Hiebei glaube ich Euer Excellenz bemerken zu sollen, daß der König, mein gnädigster Herr, Sich mit diesen von dem Kaiserlichen Cabinete hervorgehobenen Gesichtspunkten vollkommen einverstanden erklärt hat. Auch dürfte es für Euer Excellenz nicht uninteressant seyn zu erfahren, daß ich gestern von dem Staatsminister von Dalwigk3 ein Schreiben erhielt, worin folgender Passus enthalten ist: „Sie begreifen, mit welcher Spannung ich der Mittheilung dessen entgegensehe, was Sie in München mit den Staatsministern Freiherrn von Schrenk und von Beust verabredet haben. Eine möglichst gleichmäßige Gesetzgebung für alle deutschen Staaten, oberstes Bundes-Schiedsgericht, Verbesserung der Bundes-Militärverfassung und periodische Minister-Conferenzen, das werden wohl die Haupt-Rubriken der Vorschläge seyn, die wir zu gewärtigen haben.“ Bezüglich des Inhaltes des von Freiherrn von Beust uns noch in München mitgetheilten vertraulichen Schreibens des Staatsministers Freiherr von Dalwigk bin ich im Stande, Euer Excellenz die beruhigende, aus ganz sicherer Quelle geschöpfte Berichtigung zu geben, daß die Denkungsweise des Herzogs von Nassau der in jenem Schreiben angedeuteten Richtung aufs Entschiedenste zuwiderläuft und daher die auf der fraglichen Voraussetzung basirten Besorgnisse ganz unbegründet erscheinen dürften. Mit den Gesinnungen aufrichtigster Freundschaft und wahrer Verehrung Euer Excellenz ergebenster Diener Hügel Nachschrift. Ich erlaube mir die Bemerkung beizufügen, daß ich gegenwärtige Zeilen in meinem Cabinete einer ganz sicheren Person diktirt, und ich unserer Verabredung gemäß selbst kein Mitglied meines eigenen Departements in die stattgehabte Verhandlung eingeweiht habe.

3 Carl Friedrich Reinhard Freiherr von Dalwigk zu Lichtenfels (1802–1880), 1850–1871 Außenminister des Großherzogtums Hessen-Darmstadt, seit 1852 Leiter des Gesamtministeriums; ADB, Bd. 47, S. 612–615; NDB, Bd. 3, S. 495 f.

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24. Bundesreformplan Roggenbachs1 GLA Karlsruhe, Großherzogliches Familienarchiv (Eigentum SKH des Markgrafen von Baden), Abt. 13: Korrespondenz Großherzog Friedrichs I., Bd. 30. Beilage zum Schreiben Roggenbachs an Großherzog Friedrich I. vom 29. September 1859; das Bundesverfassungsstatut übersandte Roggenbach am 2. Oktober 1859 an den Großherzog, ebd.; Druck: Oncken (Bearb.), Großherzog Friedrich I. von Baden, S. 116–153.

Roggenbach skizziert die Bedingungen und Interessen bei der Gründung des Bundes. Der Bund hatte eine fehlerhafte Grundlage, die dazu führte, daß die ganze Maschinerie unwirksam wurde. Die Rivalität der Großmächte hat gegenüber der französischen Bedrohung dazu geführt, daß der Deutsche Bund seiner Aufgabe nicht nachkommen konnte. Daraus hat sich das Verlangen nach Bundesreform ergeben. Für die neue Organisation schlägt Roggenbach ein Vertragsverhältnis zwischen Preußen und den anderen deutschen Staaten einerseits sowie Österreich andererseits vor. Preußen und die deutschen Staaten sollen in einer staatsrechtlichen Organisation mit einem Bundesverfassungsstatut verbunden werden.

[Karlsruhe, September 1859] Ideen zu einem Versuche, eine Reorganisation des Deutschen Bundes durch Ausgleichung der Interessen der betheiligten Regierungen zu erreichen I. Die mannigfachen Beweggründe, welche im Jahre 1815 die beiden deutschen Großmächte und die durch Auflösung des Deutschen Reiches und des Rheinbundes eines gemeinsamen Bandes beraubten Souveräne der übrigen deutschen Staaten veranlaßten, in freiem Entschluße den völkerrechtlichen Verein „des Deutschen Bundes“ einzugehen, sind hinlänglich bekannt. Als wichtiges vorbereitendes Moment wirkte unstreitig die Betrachtung mit, in einer Zeit der Restauration müße die geschehene Zertrümmerung des alten Reichsnexus, wie sie infolge der Erschütterungen der Französischen Revolution und der Napoleonischen Eroberungspolitik stattgefunden, soweit es das Interesse der staatlichen Neubildungen erlaubte, wieder aufgehoben werden. Wichtiger noch war die gewonnene Einsicht der absoluten Unsicherheit jedes Rechtszustandes, ja des Besitzes jeder politischen Herrschaft, so lange die deutschen Staaten zersplittert und vereinsamt, eine stets reizende Beute, neben weit mächtigere Nachbarn gestellt blieben. Die Erfahrungen schwerer Bedrückung und langer Leidensjahre hatten beigetragen eine doch nur von fremder Willkür abhängige Herrschaft zu verleiden. Zuletzt hatte endlich der jähe Sturz des Protectors auch noch den Wankelmut des Glückes bewiesen, und dargetan, 1 Franz Freiherr von Roggenbach (1825–1907), 1848 Sekretär im Reichsministerium des Auswärtigen in Frankfurt, 1849 badischer Legationssekretär in Berlin, seit 1859 Ratgeber Großherzog Friedrichs I. von Baden, 1861–1865 badischer Außenminister; NDB, Bd. 21, S. 756 f.; DBE, Bd. 8, S. 366.

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wie die gewonnene Selbstständigkeit ohne weitere innere Consolidirung selbst dann ein unsicherer Besitz blieb, wenn sie von vornherein entschloßen wäre, sich dem Mächtigen zu gefügigem Dienste anzuschließen. Sollte die Wiederkehr so schwerer Zeiten verhütet werden, so mußte das politische System, was bisher nur durch Anlehnung an Frankreich bestanden hatte, einen eignen Schwerpunkt finden. Konnte dies durch ein Abkommen geschehen, das neben dem verlangten Schutze die möglichst geringsten Opfer der erlangten Selbstständigkeit und individuellen Beweglichkeit forderte, so neigten sich von selbst die einzelnen Stimmen demselben zu. So entstand der völkerrechtliche Verein der deutschen Staaten, welchen sie „den Deutschen Bund“ nannten. Sein ausgesprochener Zweck war: „Erhaltung der äußern und innern Sicherheit Deutschlands und der Unabhängigkeit und Unverletzlichkeit der einzelnen deutschen Staaten.“2 Daß jeder der Contrahirenden Staaten, sich neben diesem Hauptzwecke, seine besondere Vorstellung der Dienste bildete, welche er von der neuen Schöpfung erwartete, war bei der allen Staaten zu ihrer nothwendigen Selbsterhaltung eingepflanzten und unentbehrlichen Selbstsucht natürlich. Insbesondere waren die Hauptpaciszenten von Anfang bestrebt vor allem das Interesse der neubeseelten Staatsexistenz zu wahren, mit der sie in den Bund traten. So vor allem das territorial neu arrondirte junge Kaiserreich „Oestreich“ und das gleichfalls vielfach umgestaltete, mit der erlangten Freiheit vom Reichsverbande von neuem Ehrgeize erfüllte Königreich Preußen, die beiden mächtigsten Bundesglieder. Sehen wir genau zu, so erwartete Oestreich von seinem Eintritt in den Bund, neben der ziemlich wertlosen Aussicht auf Schutz seiner nie in erster Linie bedrohten Deutschen Bundesländer, vor allem, daß es ihm durch den auf den Bund geübten Einfluß gelingen werde, die feindselige Richtung, welche die preußische Politik seit Friedrich II.3 eingeschlagen, zu modificiren. Außerdem trug es sich mit der Hoffnung durch die Bundesinstitution könne es sich die Unterstützung der gesammten deutschen Kräfte, nicht nur für den stipulirten Fall der Bedrohung seiner Bundesländer, sondern auch dann sichern, wenn es in seinem außerdeutschen, bundesmäßig nicht geschützten Territorialbestande bedroht war. Dazu ja hatte das Haus Habsburg von Anfang an die deutsche Kaiserwürde hauptsächlich gebraucht, die mannigfachen Kriege, in welche es seine verwikelten [sic] Interessen und ein weitläufiger, schlecht geschloßener Territorialbesitz verflochten, durch das Reich ausfechten zu lassen. Da die Bundesacte, zum großen Schaden der Loyalität im Gebrauche dieser 2 Art. 2 der Bundesakte, wo es allerdings „Unverletzbarkeit“ (nicht: „Unverletzlichkeit“) heißt. Vgl. QGDB I/1, S. 1508. 3 Friedrich II., König von Preußen (1712–1786).

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Institution, diese Verpflichtung nicht stipulirte und anderseits Oestreich diese Unterstützung nur schwer entbehren konnte, so mußte Oestreich notwendig vertrauen, dieses Ziel künftig durch seinen Einfluß auf die Mehrheit der Bundesglieder, der in diesem Punkte stets ungefügigen preußischen Politik gegenüber, zu erreichen. Hätte Oestreich die Gewißheit gehabt, daß der Bund sich nur zu seinem eigensten Zwecke würde gebrauchen lassen, so hätte sich das Interesse an Demselben bei den Stiftern selbst sehr vermindert, und wohl vor allem in dem Streben nach Verhinderung einer etwaigen Nationalitätspolitik Preußens, mit ihrer Gefahr einer endlichen Zersplitterung der Monarchie, concentrirt. Die mittlern und kleinern Bundesstaaten, welche eben erst der Gefahr eines gemeinsamen Unterganges mit ihrem Protector entronnen waren und ohne die natürliche Anlehnung sich befanden, die sie nicht entbehren konnten, fanden in der gebotenen Institution eine sichere gefahrlose4 Garantie ihrer Existenz als selbstständige Staaten, mit der äußerst günstigen Chance durch die Rivalität der beiden größten Bundesglieder zu einem Schutze zu gelangen, ohne dafür, wie bei dem napoleonischen Protectorat, einen Herrn einzutauschen. Sie waren um dieser günstigen Stellung willen und wenn das Wesen der Souverainität gerettet blieb, gerne bereit, ihre Machtübung [sic] durch freiwillige Opfer zum Besten der Gemeinschaft beschränken zu lassen. Einmal hatte in ihnen nicht das Interesse der Sonderexistenz alle patriotische deutsche Regung erstickt. Dann war diese Bereitwilligkeit zugleich eine Abfindung mit dem in letzter Entwiklung [sic] doch gefahrbringenden Verlangen ihrer Bevölkerungen nach nationaler Einigung und Ersatz der alten viel geschmähten und doch vermißten Reichsform. Preußen seinerseits, doch einer der wesentlichsten Mitbegründer des Bundes, hätte denselben wohl am leichtesten entbehren können, wenn es sich hätte entschließen können, aus Deutschland mit allen seinen Ansprüchen, seinen Hoffnungen und seinem Ehrgeize auszuscheiden. Allein es betrachtete sich überhaupt nicht als definitiv constituirt in Deutschland und konnte es auch so lange nicht, als seine unfertige und unzureichende Macht nach steter Ergänzung verlangte, sollte das Großmachtsprogramm, wie es Friedrich II. traçiert hatte, mit Erfolg durchgehalten werden. Außerhalb des Bundes bleiben, wäre zudem dem preußischen Politiker einem definitiven Ueberliefern Deutschlands an den oestreichischen Einfluß gleichgekommen. Diese Furcht allein war aber bis auf die neuste Zeit stets hinreichend, die preußische Politik aus den Bahnen gesunder Grundsätze und ruhiger, leidenschaftsloser Ueberlegung abzulenken. So befand sich Preußen also von Anfang an in der eigenthümlichen Alternative, daß das Interesse des 4 Emendiert. Vorlage: Gefahrlose.

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aktuellen Staates Preußen durch den Eintritt in den Bund sich eher verletzt fühlte; dagegen das Bedürfniß des geträumten Preußens der Zukunft diesen Eintritt verlangte. Um dieser Zukunft nichts zu vergeben und den Nachtheil zu verhüten, daß durch Enthaltung ganz Deutschland willenlos oestreichischem Belieben anheimfalle, und der eignen Beeinflußung entzogen werde, war die Uebernahme beschränkender Bundespflichten unvermeidlich. Man rechnete auf die mögliche Handhabe, welche der Bund für Ausdehnung des eignen Einflußes bot und tröstete sich, daß die Perspective einer weitern Ausbildung zu Gunsten Preußens, wie unwahrscheinlich sie auch war, doch nicht ganz ausgeschloßen blieb. So war die Thatsache, daß Preußen von dem Bunde eigentlich nie das erwartete, was die neue Institution nach Sinn und Wort meinte, sondern daß es ihn zu einem transitorischen Mittel für Plane, die über dem Bund hinauslagen, verfälschte, abwechselnd gebrauchte, dann wieder lähmte, je nach seiner oft ganz willkürlichen Auffaßung der augenblicklichen Dienlichkeit zu diesem Zwecke. Die Realität des abgeschloßenen Bundes war also folgende, daß derselbe zwar einen allgemeinen nationalen Zweck verfolgen sollte, daß aber jeder der einzelnen Hauptcontrahenten wieder einen so speciellen Einzelzweck verfolgte, daß es in jedem Falle, wo beide5 collidirten, nimmer zweifelhaft blieb, welcher die Oberhand behalten würde. Das oestreichische Streben, den Bund zu eignem Zwecke zu mißbrauchen – das preußische, den Bund überhaupt nur soweit gelten zu lassen, als er den Bedürfnißen der preußischen Separatpolitik nicht hinderlich war, hielten sich ungefähr die Waage. Diese fehlerhafte, unwahre Grundlage, der unbundesmäßige Sinn der beiden Großmächte, ergab als Resultat nothwendig die Unwirksamkeit der ganzen Maschienerie mit alleiniger Ausnahme der Fälle, wo die particularen Interessen der einzelnen Contrahenten zusammenstimmten. Auch das lautsprechendste Interesse der Gemeinschaft, der offenkundigste Eintritt des durch den Bundeszweck bezeichneten Falles, reichten nicht hin eine Action hervorzubringen, wenn nicht gleichzeitig der andere Gesichtspunct der Befriedigung der Particularinteressen der Betheiligten wirksam ward. In Zeiten, in welchen eine innigere Beziehung zwischen den beiden Großmächten den Kreis der als gemeinsam begriffenen Einzelinteressen ausdehnte, dehnte sich auch der Kreis der Wirksamkeit des Bundes für gemeinsame Leistung aus. In dem Maße dagegen, als die politische Weisheit der beiden Cabinette dahin stand, den eignen Vortheil vornehmlich in Benachtheiligung eines alten Rivalen zu sehen; in dem Maße, als confessionelle Engherzigkeit, Vorurteile aller Art, Empfindeley, Kleinlichkeit und Kläglichkeit in den herrschenden Kreisen beider Höfe die Oberhand bekamen, war der Bund 5 Emendiert. Vorlage: beiden.

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zu Erfüllung aller seiner Zwecke und Pflichten vollständig gelähmt und unfähig. Die übrigen Mitglieder hatten auf diesen Stand der Sache nahezu keinen Einfluß und waren in der traurigen Lage dem kläglichen Zustande zuzusehen, ohne mehr thun zu können, als zu versuchen mit ohnmächtigen Vermittlungsvorschlägen denselben mehr zu verdecken, als zu bessern. Dieser innern Beschaffenheit des Bundes entsprachen denn auch die Erfahrungen, welche Deutschland in der gefährlichsten Lage, in welche es und seine heiligsten Interessen gestellt sein konnten, machen mußte. Die Gefahr, welche mit dem offnen Auftreten des Imperialismus, seiner Selbstständigkeit, der Geltung seiner Nationalität, der Integrität seiner Grenzen drohte, war größer, als je einmal zuvor. Nicht etwa, weil Deutschland materiell schwächer war, als früher. Wohl aber, weil der Ueberlegenheit des Mannes, der es bedrohte6, in fast allen europäischen Cabinetten die vollendetste Willensunfähigkeit und Thatkraftlosigkeit gegenüberstand. Deutschland war in dieser äußersten Lage also ganz auf sich gestellt und in Bekämpfung des politischen Systems, das sich langsam gegen es entwikelte [sic], nur auf sich gewiesen. Das Deutsche Volk hat aber erfahren, daß es inmitten der Rivalität der beiden ersten Bundesmächte ohne alle Vertretung seiner wichtigsten Interessen blieb, daß die Institution, welche dafür geschaffen und bestimmt war, die Stelle des ohnmächtigen deutschen Reiches zu ersetzen, noch weit kraftloser, als dieses, selbst nur eitler Schein und das Spielwerk kurzsichtiger Einzelinteressen sey. Das Deutsche Volk und mit ihm die Regierungen aller übrigen deutschen Staaten wissen nun, daß sie Französischer Eroberungspolitik gegenüber jeden Schutzes baar und durch die Formen des deutschen Bundes nicht nur nicht gestärkt, sondern sogar in Geltendmachung des Maaßes der politischen und militärischen Kraft, die ihnen innewohnt, behindert werden, durch die kläglichen Kreuz- und Querzüge, welche die Rivalität der beiden Großmächte sie am Bunde thun ließ. Aus der Erkenntniß dieser traurigsten Beschaffenheit der Verwaltung seiner Angelegenheiten entspringt zunächst ein Verlangen nach Bundesreform und die Bewegung, welche dieselbe zum Ausgang nimmt. Allein die genaue Betrachtung der Thatsachen zeigt zugleich, daß keinerlei formelle Veränderung eine Aenderung der Ursachen herbeiführen wird, welche die Ohnmacht Deutschlands verschulden. Jede neue Schöpfung, welche Aussicht auf ein besseres Ergebniß bieten soll, muß vielmehr nothwendig damit beginnen, die Quelle politischer Thatäußerung in Deutschland dem Einfluße dieser Rivalität zu entziehen. Der Umstand, daß die den Ausschlag gebenden politischen Mächte nur ebenso viele Particularinteressen darstellen, bringt es mit sich, daß jeder praktische Versuch überhaupt nicht von dem Stre6 Gemeint ist Napoleon III. (1808–1873), Kaiser der Franzosen seit 1852.

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ben ausgehen darf, die möglichst beste Schöpfung für Wahrung des gemeinsamen Deutschen Nationalinteresses zu begründen, sondern diejenige, welche neben besserer Wahrung desselben7, zugleich den Particularinteressen der meisten am entsprechendsten ist. Ließe sich nicht vielleicht ein politisches System auffinden, in welchem dieselben Kräfte, welche 1815 die politische Institution des Bundes schufen, in ihrem Zusammenwirken eine größere Leistung für die Gemeinsamkeit zu Stande brächten? Könnten dabei die Contrahenten nicht wieder von dem Standpuncte ausgehen, möglichst ihr Particularinteresse bedenken zu wollen, solches aber doch auch nicht dabei unbetheiligt zu erachten, daß die Institution, welche die Deutsche Nation unter sich zusammenhält, eben gar nichts leistet? Erinnern wir uns [an] die Gesichtspunkte, welche für alle einzelnen Contrahenten, vor allem aber für Oestreich und Preußen, den8 Eintritt in den Bund veranlaßten, welche Erwartungen sie von demselben hegten, so dürfte die Erfahrung dieses Jahres die Bereitwilligkeit einer Aenderung wohl vermehren. Oestreich zunächst hat thatsächlich erfahren, daß die Bundesstipulation in den beiden wesentlichsten Puncten, die es von ihr erwartete, vollständig werthlos sey. Dieselbe ließ es ohne jeder Unterstützung in einem Falle, für welchen vor allem auf eine Wirksamkeit derselben im Oestreichischen Interesse gerechnet war. Sie war ferner nicht nur nicht im Stande der preußischen Politik einen freundlichen Charakter zu geben, sondern umgekehrt eher die Veranlaßung einer feindseligen Haltung des Berliner Cabinetes. Es blieb als einziger problematischer Nutzen die Perspective auf etwaiges Einstehen für die Integrität des Bundesgebietes. Allein man kann in Wien sich unmöglich verhehlen, wie nahe es war, daß der Buchstabe der Bundesacte auch in diesem Falle den Combinationen preußischer Politiker gegenüber ohnmächtig geblieben wäre. Preußen seinerseits erklärte offen, daß es in der Bundesform überhaupt in keinerlei Weise irgend gemeinsame Maaßregeln mit seinen Bundesgenossen unternehmen werde. Es muß also wohl die definitive Ueberzeugung gewonnen haben, daß das Interesse, welches es bisher in einem Bundesnexus mit Deutschland erhielt, sehr gering sey, und sein eignes durch Nichtanerkennung desselben besser stehen werde. Die übrigen Deutschen Staaten ihrerseits wissen nun, daß der Bund durchaus keine Möglichkeit für sie bietet, einigen bestimmenden Einfluß auf den Gang deutscher politischer Entschlüße üben zu können. Vielmehr erfuhren sie, daß Preußen grade deßhalb in der Stunde der Gefahr ihn paralysirte, um dem Drucke der öffentlichen Meinung Deutschlands und der deutschen Regie7 Emendiert. Vorlage: derselben. 8 Emendiert. Vorlage: der.

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rungen auf seine politischen Combinationen zu entgehen. Sie wissen ferner, daß nicht nur der Bund, sondern durch den Bund sie selbst vollkommen ohnmächtig sind, und daß auch sein Schutz für sie nur grade so weit reicht, als die Vorstellung, welche man von seiner Zweckmäßigkeit in Berlin grade hat. Unter diesen Umständen kann das Interesse an Erhaltung des Bundes auf keiner Seite mehr so stark sein, wie zu Zeiten, als der Traum noch dauerte, es ließe sich damit etwas leisten. Jedenfalls dürfte unter den Contrahenten sich einige Bereitwilligkeit finden (wenigstens bei einigen), Vorschläge zu discutiren, welche darauf ausgehen, die ursprünglichen Zwecke des Bundes künftig dadurch zu realisiren, daß die besser, als 1815 beratenen Particularinteressen sich unter einander vergleichen und auf Grund der wirklich gemeinsamen Interessen einen Zustand schaffen, der darum vielleicht Leben gewinnen könnte, weil er die Realität der Verhältniße unter den Contrahenten, die volle Wahrheit der Lage anerkennt und mehr nicht schafft, als diese mit sich bringt. Untersuchen wir aber, welche innern Erforderniße ein solches neues System haben müßte, um für die einzelnen Theile annehmbar zu sein, so steht fest, daß dasselbe den einzelnen Contrahenten die Dienste leisten müßte, welche dieselben von der Bundesinstitution erwarteten, und welche dieselbe thatsächlich nicht geleistet hat. 1. Oestreich müßte sie zunächst[,] über die Garantie seines im Deutschen Bunde befindlichen Gebietes hinaus, die von ihm stets auf Umwegen erstrebte Sicherstellung seines gesammten Territorialbesitzes gewähren. Ferner die Sicherheit, daß Preußen und Deutschland sich nicht an einer feindseligen, auf Dismembration der Monarchie ausgehenden Nationalitätspolitik beteiligen. Endlich:9 die Zusicherung der Unterstützung der militärischen und politischen Kräfte Deutschlands, so oft die künstliche Monarchie durch eine der immer wiederkehrenden Krisen bedroht ist, welche die Zusammensetzung aus ebenso vielen Nationalitäten mit sich bringt. 2. Preußen müßte die neue Organisation vor allem die Ergänzung seiner unvollständigen politischen Macht und die Befriedigung seines dadurch und durch das Bedürfniß territorialer Abrundung erzeugten Ehrgeizes bringen. Preußen bedarf eine politisch gesicherte Stellung in Deutschland, wenn es überhaupt eine Bundesstellung ehrlich acceptiren und sich aus den Tergiversationen der Schwäche zu der festen und muthigen Politik einer Deutschland vertretenden Macht erheben soll. Die Zusicherung der Reciprocität der Vertheidigung und Garantie seines Besitzstandes durch Oestreich folgt von selbst aus der seinerseits übernommenen Verpflichtung. 9 Emendiert. Vorlage: Endlich;

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3. Den übrigen Deutschen Staaten muß zunächst Sicherung ihrer Selbstständigkeit in vertragsmäßiger Begränzung werden. Die Opfer, die sie der Gemeinschaft bringen[,] müßen scharf begränzt sein, die Souverainität nicht in ihrem Wesen, sondern nur in der Ausübung ergreifen, wie sie thatsächlich bereits bedingt ist durch die übermächtige Gewalt der Verhältniße. Sie haben ein volles Recht zu erwarten, daß die Interessen, für welche richtige Fürsorge zu treffen die Kleinheit ihrer Verhältniße [sie] vielfach hinderte, auch in der Gemeinschaft besser gewahrt werden. Endlich ist es nur billig, daß ihnen ein Weg für Geltendmachung ihres Einflußes zu Vertretung ihrer Interessen nach Maaßgabe [von] deren Größe und Bedeutung eröffnet bleibe. Für sehr viele der kleinern Staaten hatte das Stimmrecht im engern Rathe nicht mehr Inhalt, und eine Garantie für die wenigen Fälle, wo Stimmeneinhelligkeit erfordert ward, läßt sich ohne Nachtheil beschaffen. Es wird überhaupt das Maaß der Aufgabe der Ausübung einzelner Souverainitätsrechte zu Gunsten der Gemeinschaft im ganzen weniger Schwierigkeit bieten, als die Ausführung der Gegenforderung eines verhältnißmäßigen Einflußes auf das Organ der Gemeinschaft[,] und letzterer Anspruch wird nicht von den Regierungen allein, sondern vor allem von den Bevölkerungen selbst getragen. Diese dreifältige[n] Interessen nun, die Oestreichs, Preußens, und der übrigen Staaten[,] würde nun jede politische Schöpfung, welche den Contrahenten der Verträge von 1815 annehmbar sein soll, befriedigen müßen. Anderseits dürfen die Schwierigkeiten, namentlich seitens der deutschen Königreiche nicht verhehlt werden und ist es gleich eine Thatsache, daß der Bund von 1815, wie er sich bewährt hat, keinerlei Interessen und die Interessen von Keinem befriedigt hat, so dürfte er schon um deswillen von einzelnen Mitgliedern vorgezogen werden, weil alle Theile an seine Mißachtung gewohnt sind. Denkt man das Detail einer solchen Organisation, als Ersatz des Deutschen Bundes und Ablösung seiner Leistungen an die Einzelnen näher aus, so ist es wesentlich, als Hauptgrundsatz festzuhalten, nur die Form zu wählen, welche das Geforderte zwar ganz, aber auch absolut nur dieses, und dieses auf die einfachste Weise gewährt. Für die für Oestreich unerläßlichen Anforderungen 1. der Garantie seines gesammten Territorialbestandes, wie solcher durch den Frieden von Villafranca festgestellt ist; 2. der Zusicherung der Unterstützung im Falle innerer Unruhen und 3. der Sicherung gegen eine feindselige Richtung der preußischen Politik, wäre unzweifelhaft die richtige und entsprechende Form, die eines einfachen Garantie- und Allianzvertrags. Die Schwierigkeit ist, eine wirksame reale Garantie wieder dafür zu beschaffen, daß das geschriebene Wort erfüllt werde, wenn die rechtliche und militärische Position in Deutschland aufgegeben ist. Der einzige mögliche und sichere Weg diese Garantie der Er-

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füllung der Stipulation zu geben, liegt allein in der Möglichkeit, irgendeine Connexität zwischen den Interessen des Verpflichteten (Preußens und Deutschlands) und den Ansprüchen des Berechtigten (Oestreichs) zu begründen. In wiefern das gelingen wird, hängt vornehmlich von dem Verhältniße ab, welches zwischen Preußen und den übrigen Deutschen Staaten im neuen Bunde hergestellt werden kann. Es frägt [sic] sich, ob es möglich ist ein solches engeres Verhältniß für Preußen wünschenswerth zu machen, und dennoch gleichzeitig durch Erfüllung der gegen Oestreich übernommenen Verpflichtungen zu bedingen. Es müßten gleichsam die Deutschen Staaten, welche ihrerseits an Oestreich den natürlichen Garanten ihrer Stellung Preußen gegenüber finden würden, selbst die Garantie geben, daß, so lange sie in dem Nexus mit Preußen verharren, die preußische Politik auch vertragsmäßig verfahre. Für die von den Deutschen Einzelstaaten, außer Preußen, zu erhebenden Forderungen einer 1. nach außen und innen in wirksamem Schutze sich bewährenden Organisation, 2. einer gemeinsamen Vorkehrung für gemeinsame Interessen, 3. einer dem Maaße ihrer Opfer entsprechenden Vertretung ihrer Interessen selbst, in verfaßungsmäßiger begränzter Form, ergiebt sich dagegen von selbst, daß dafür ein internationales Vertragsverhältniß unzureichend ist, vielmehr eine auf dem Vertragswege zu Stande gebrachte staatsrechtliche Organisation nicht zu umgehen ist. Es handelt sich hier nicht um die Erfüllung wechselseitiger Verbindlichkeiten, sondern um die Ermöglichung gemeinschaftlicher positiver Leistung. Den Ausgangspunkt müßte nothwendig ein freies Uebereinkommen der souverainen Staaten bilden, welche Interesse haben, daß diese Leistung geschehe10. Die zu errichtende Stipulation dürfte ferner nicht die Souverainität und damit den Grundcharakter des heutigen deutschen Staatszustand[es] ergreifen, sondern nur die Ausübung einzelner Rechte derselben. Sie muß Garantien geben, die nothwendig nur konstitutionelle, in der Verfaßung und Organisation selbst liegende sein können, daß einmal die contrahirenden Staaten in der ihnen verbleibenden freiwillig übernommenen Stellung und ihrem Einfluße nicht ferner verkürzt werden, und daß die Geltendmachung eines legitimen, begränzten, entsprechenden Einflußes auf die Politik und auf Verwendung der Gesammtkräfte der Gemeinschaft ihnen gesichert bleibe. Eignet sich somit die Vertragsform wohl zu Festsetzung der Rechtsgrundlagen eines solchen Verhältnißes, so erfordert die Erfüllung dieser weitern Anforderungen der einzelnen Staaten nothwendig eine in einem „Bundesverfaßungsstatut“ 10 Emendiert. Vorlage: geschehen.

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praecisirte Organisation. Dasselbe muß vielfach verändernd in die Verfaßung der Einzelstaaten eingreifen, soll es dem gefühlten Bedürfniße nach Vergemeinsamung einzelner Verwaltungszweige entsprechen. Anderseits wird nicht zu vermeiden sein, soll dem Bedürfniße eines so wesentlichen Mitcontrahenten, wie Preußen, entgegengekommen werden, daß zwar von dem Standpuncte der Gleichberechtigung aller Mitcontrahenten ausgegangen werden kann, in dem Maaße der Vertheilung der für Bundeszwecke zu übenden Thätigkeit Preußen besonders berücksichtigt werden muß. Soll nämlich 3. Preußen ehrlich und ohne Hintergedanken auf diese neue Organisation eingehen, und die ihm nöthige Machtergänzung gewinnen, so steht zunächst fest, daß formell nur eine verfaßungsmäßig gesicherte, staatsrechtlich ausgeprägte Stellung dazu hinreicht. Also auch das preußische Interesse erheischt eine über einen bloßen Vertrag hinausgehende Organisation. Materiell muß ihm dieselbe aber sichern, was eben diese Machtergänzung ausmacht, die selbstständige, wenn gleich konstitutionell durch Mitwirkung der verbündeten Staaten beschränkte Leitung der militärischen und politischen Angelegenheiten der Gemeinschaft. Ferner eine Garantie, daß die Uebernahme der Geschäftsführung der Gemeinschaft nicht eine Desorganisation des preußischen Staatsorganismus selbst veranlaße und nach etwaiger Auflösung der Gemeinschaft hinterlasse. Diese zu geben liegt gleichfalls allein in der richtigen Abgränzung der zu centralisirenden Gebiete und in der Bestimmung der Competenz, wie der eventuellen Uebergangsnormen. Diese preußischen Staatsnothwendigkeiten bedingen also zunächst, daß der Umfang der, der Ausübung nach abzutretenden Souverainitätsrechte die Oberleitung der Bundesmilitärangelegenheiten und die Vertretung Deutschlands dem Auslande gegenüber ergreife. Die übrigen centralisirter Verwaltung zu unterwerfenden Geschäftszweige sind von untergeordneter Bedeutung. Ferner[,] daß diese Abtretung an Preußen11 geschehe, daß dagegen Preußen als Gegenbedingung den legitimen Einfluß und die Vertretung der Interessen der Staaten dulde, welche auf diese Weise sich und ihre Interessen hingeben. Endlich, daß Preußen einwillige, Garantien zu geben, für Heilighaltung der Verträge, welche bestimmt sind, das Interesse, welches Oestreich am Deutschen Bunde und an seiner vertragsmäßig gesicherten, freiwillig aufgegebenen Stellung in Deutschland hatte, zu wahren und zu ersetzen. In den vorstehend entwickelten Erfordernißen des Bedürfnißes und Interesses aller Theile sind die Grundlagen gegeben, von denen ausgegangen werden müßte, soll zu einer Auseinandersetzung der im deutschen Bunde mehr collidirenden als zusammenwirkenden Interessen gelangt werden. In der Sache ist es gewiß nicht unmöglich, einen ganz anderen staatsrechtlichen Zustand in 11 Die Worte „an Preußen“ sind doppelt unterstrichen.

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Deutschland herzustellen, der zugleich alle berechtigten Particularansprüche berücksichtigt und anderseits doch das nationale Interesse nicht ganz bloßstellt und Deutschland den größten Gefahren preisgibt. Der Weg dazu ist der Versuch der Ablösung der Einzelberechtigungen. Die ungeheuern Schwierigkeiten, welche dem Gelingen in den Weg treten, liegen in der That weniger in der Sache, als in den Stimmungen. Da keinerlei Druck stark genug sein wird, diese unbereitwillige Gesinnung, vor allem bei den deutschen Mittelstaaten zu ändern, so hängt das Gelingen eines jeden Versuchs fast allein von den Anschauungen ab, welche man dort über dessen Zweckmäßigkeit hat. So lange aber nicht ganz ausgeschlossen ist, daß diese Einsicht früher oder später unter dem Eindrucke der politischen Kräfte, welche in jüngster Zeit die Staatsgeschicke bestimmten, reifen könnte, so lohnt es wohl der Mühe[,] diese Grundlagen noch etwas näher auszuführen. Es ließe sich vielleicht darüber verschiedener Ansicht sein, in wiefern der Zeitpunkt der geeignete ist, an allgemeinen, von Europa anerkannten und garantirten Punctationen zu rütteln. Allein es tritt grade in jetziger Weltlage der Umstand begünstigend ein, daß Europa vielleicht zum ersten Male seit 1815, nicht ganz einmüthig einer Änderung in dem Lähmungszustande der deutschen Staatskräfte entgegen wäre. Rußland und England dürften der Gefahr napoleonischer Uebermacht gegenüber, einer Entbindung der politischen Kräfte Deutschlands wohl eher geneigt sein. Schon deßhalb, weil sie eine Realität, die politisch brauchbar einer Fiction, als welche der Deutsche Bund sich erwies, unter allen Umständen vorziehen müßen. Nur Frankreich bliebe freilich unter allen Umständen entgegen, getreu zwingender Interessenpolitik und einer, auch über Napoleon III. mächtigen Tradition. Allein einmal ist die vorgeschlagene Einigung grade für den Fall berechnet und ließe sich bei seinem Eintritt vollziehen, wo die ohnedies feindlichste Stellung dieser Macht, deren Widerspruch mißachten und die Neugestaltung sich auch gegen den französischen Widerstand durchsetzen ließe. Dann wäre es doch fraglich, ob dem einigen Deutschland im engen Bunde mit Oestreich die Bedingungen seiner Lebensexistenz mit Erfolg bestritten werden könnten. Von äußerster Wichtigkeit ist dagegen eine weitere Frage, ob die Aussicht des Gelingens eines solchen Reorganisationsversuches sich steigert durch Beschränkung der Einführung auf eine Reihe Jahre. Soll die neue Organisation gleichsam nur als politisches Experiment, wie der Zollverein, à terme ins Leben treten, die bisherige Bundesverfaßung bloß suspendirt werden, und nach Ablauf der bedungenen Zeit weitere Erneuerung besonders stipuliert werden müßen? Oder soll von Anfang an ein Definitivum ins Auge gefaßt und die Competenzen so begränzt werden, daß der geschaffene Zustand allseitig gerne und willig für die Dauer angenommen wird?12 Würde das Provisorische eines 12 Emendiert. In der Vorlage schließt der Satz mit einem Punkt ab.

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Abkommen’s [sic] jedenfalls den Abschluß erleichtern, so ist kein Zweifel, daß dadurch das gedeihliche Functioniren wesentlich erschwert, ja die Resultate der neuen Einrichtung ganz in Frage gestellt würden. Vornehmlich würde Preußen kaum den Argwohn vermeiden, die kurze Dauer seiner Geschäftsleitung 13 im Hinblicke auf die Nothwendigkeit zu nützen, nach deren Ablauf wieder allein preußische Separatinteressen wahren zu müssen. Es würde ganz außer Stande sein, als alleinigen Mittelpunct alles seines Wirkens das Interesse der Gesammtheit am Herzen zu tragen. Es wäre ihm ferner unmöglich, die nothwendigen Modificationen seiner eignen Verfaßung eintreten und das eigene Haus zum Theile abbrechen zu lassen, wie doch für das Gelingen und lebendige14 Wirken der neuen Schöpfung nothwendig wäre. Anderseits ist es ebenso zweifelhaft, ob in einem Provisorium die übrigen deutschen Staaten die neue Stellung ehrlich erfassen und auszufüllen bestrebt sein würden. Die Entscheidung der Frage kann und muß dem thatsächlichen Erfolge der Unterhandlungen anheimgestellt bleiben, ob eine definitive Gestaltung erreichbar, oder eine provisorische noch als Gewinn betrachtet werden muß. Gewiß ist, daß der ganze Versuch von vornherein verfehlt sein würde, besteht nicht bei den Interessenten eine so lebhafte Ueberzeugung der Zweckmäßigkeit der neuen Einrichtung für ihre eigenen Interessen, daß sie, was vielleicht als Provisorium stipulirt wird, auch gerne als definitive15 Stellung ertragen würden. Daß die ganze Organisation aber nicht im Widerspruch mit dem Bunde entstehen, seine Sanktion erfordern und der rechtliche Nachfolger desselben sein würde, geht aus der Natur des ganzen Vorschlages hervor und ergibt sich auch aus der Nothwendigkeit[,] für die rechtlichen Verbindlichkeiten und Ansprüche des Bundes, als solcher vorzukehren. Dahin gehören vornehmlich die Ansprüche des Bundes an die auswärtigen Staaten, die zugleich mit Theilen ihres Gebietes dem Bunde angehören. Diese Verhältniße zu regeln, kann nur von dem Bunde selbst geschehen, und zwar durch Verwandlung der staatsrechtlichen Stellung dieser Gebietstheile in ein obligatorisches Verhältniß, wobei das jetzt bestehende wechselseitige Maaß gegenseitiger Leistungen und Verpflichtungen zum Ausgangspuncte genommen würde. Das Incompatible käme auch hier zur Ablösung. Gehen wir nun im Folgenden zur Skizzirung der Detailbestimmungen der sich als nothwendig ergebenden Verträge, Statute und Bundesbeschlüße über, welche das Bild des künftigen Staatszustandes Deutschlands und des Verhältnißes der jetzigen Bundesglieder deutlicher zeigen werden. 13 Unleserliche Stelle. 14 Emendiert. Vorlage: Lebendige. 15 Emendiert. Vorlage: Definitive.

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II. Versetzen wir uns über die verschiedenen Phasen, welche das Zustandekommen einer so tiefgreifenden Umgestaltung der Bundesverhältniße nothwendig durchlaufen muß, im Geiste an den Zeitpunkt des Abschlußes derselben, so lägen bei demselben 4 neue Urkunden des zukünftigen Bundesrechtes vor: 1. Ein Vertrag zwischen Preußen und den deutschen Staaten einerseits, und Oestreich anderseits, welcher die Grundlagen des künftig zwischen beiden Theilen bestehenden Rechtsverhältnißes enthalten würde. 2. Ein Vertrag zwischen Preußen einerseits und den einzelnen deutschen Staaten ohne Oestreich anderseits, welcher die Grundlagen enthielte, worauf sie eine neue Bundesverfaßung errichten wollen und die dazu nötigen Rechtsübertragungen vornehmen. 3. Das Statut dieser Bundesverfaßung mit den nothwendigen constituirenden Bundesgesetzen. 4. Die Bundesbeschlüße, welche die neue Ordnung bundesrechtlich begründen und den Uebergang einleiten. Vertrag mit Oestreich Der mit Oestreich abzuschließende Vertrag hätte in den Einleitenden Worten von der Anerkennung der Unauflösbarkeit des 1815 geschloßenen Bundes und der von Oestreich in Erfüllung seiner Bundespflichten bewiesenen Treue und Aufopferung auszugehen. Die Erreichung des Bundeszwecks von 1815 müßte von den Contrahenten als das unabänderliche Ziel aller ihrer Bemühungen ausgesprochen werden. Die Erfüllung desselben sey aber erschwert und zweifelhaft geworden durch die Mannigfaltigkeit16 der Interessen des Bundesgebiets und die praktischen Schwierigkeiten, die es biete[,] von einem Zentrum aus, auch in den wesentlichen Zweigen, wo gemeinsame Bundesinstitutionen begründet worden waren, die erfolgreiche Vertretung dieser Interessen zu führen p. p. In dem ersten Artikel würde dann die Entschließung des Kaisers von Oestreich ausgesprochen, für den seiner Monarchie einverleibten Theil des Bundesgebiets die Vertretung selbst zu übernehmen, und die Einwilligung der übrigen Bundesstaaten in diesen Austritt aus dem Bundesnexus. In dem 2ten Artikel müßte nun die Verwandlung der von Oestreich gegen die Gemeinschaft und der von der Gemeinschaft gegen Oestreich bestandenen Rechte und Pflichten, wie solche aus der Bundes- und der Wiener Schlußacte hervorgingen, in ein gegenseitiges obligatorisches Verhältniß, ausgedrückt sein, und zwar: 16 Emendiert. Vorlage: Manigfaltigkeit.

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1. Der von Oestreich, als Mitglied des Deutschen Bundes, gegen seine Bundesgenossen obliegenden Verpflichtungen in die Uebernahme der Garantie des Territorialbestandes der Gesammtheit derselben. 2. Der von Oestreich zu beanspruchenden Rechte, in die Uebernahme der Garantie des Territorialbestandes der Oestreichischen Gesammtmonarchie, wie der Friede von Villafranca (?) sie constituirt hat, seitens der Gesammtheit dieser seiner Bundesgenossen; in die weitere Uebernahme der Verpflichtung bundesfreundlicher Hülfeleistung im Falle eines feindlichen Angriffes auf den Oestreichischen Besitzstand, und der Unterstützung im Falle innerer Unruhen auf vorgängiges Anrufen Oestreichs; endlich in der Zusicherung wechselseitiger, ewiger bundesfreundlicher Gesinnung und bundesmäßigen Verhalten[s], wie solches, dem von jeher unter den Gliedern eines Reiches bestehenden Verhältniß und dem Charakter der Unlöslichkeit des 1815 eingegangenen Bunde[s] entspricht. Artikel 3 enthielte die Einwilligung Oestreichs zu Begründung eines neuen Bundes ohne Oestreich, wie solcher durch die vielfachen gemeinsamen Interessen der nicht unter Oestreichischer Souverainität stehenden Bundesländer gefordert werde. Artikel 4 gäbe die Ermächtigung an die Bundestagsgesandten die Rechts[-] und Eigenthumsverhältniße des Deutschen Bundes zu ordnen und den Uebergang zu vermitteln. Artikel 5 würde die Regelung der Beziehungen zu Dänemark und Niederlande einer besondern Convention zuweisen. Artikel 6 spräche nach Erledigung dieser Verrichtungen des Bundestags dessen Suspension aus.17 Artikel 7 enthielte die Uebernahme der Garantie der neuen Stellung der einzelnen Deutschen Staaten in dem eingegangenen neuen Bunde, und die Garantie dieses Vertrages selbst, weßhalb derselbe als Anlage beigeschloßen wäre. Damit ungefähr würde sich der ganze Umfang des zwischen Oestreich und dem übrigen Deutschland Nöthigen und Nützlichen erschöpfen. Die Interessen beider Teile an einer Verbindung wären vollständig gewahrt; der politischen Pietät gegen eine alte Bundesverbindung wäre ihr Teil geworden. Jedes engere Band, jede weitere Stipulation bleibt ewig eine Lüge und die Quelle eines nie endenden Antagonismus. Vertrag zwischen Preußen und den übrigen Deutschen Staaten Die Einleitung dieses Vertrags hätte zunächst auf die Anerkennung der Tatsache vielfacher gemeinsamer, gemeinsame Fürsorge fordernder Interessen un17 Am Rand des Absatzes steht ein großes Fragezeichen.

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ter den Contrahenten, wie solche in dem Vertrage mit Oestreich ausgesprochen ist, hinzuweisen. Als Voraussetzung dieses neuen Vertrags wäre der Hauptinhalt des mit Oestreich abgeschloßenen zu wiederholen, und auszusprechen, daß durch denselben das Bundesverhältniß mit Oestreich nicht alterirt werden solle, sondern nur andere wirksamere Formen der Ausübung gewinne. Artikel 1 hätte daher zunächst die Erfüllung der gegen Oestreich übernommenen Verpflichtungen, als die Voraussetzung und Bedingung, als die erste Pflicht des neuen Bundes auszusprechen. Artikel 2 stellte den Bundeszweck fest: „Die Erhaltung der äußern und innern Sicherheit Deutschlands, wie der wirksamern Entwiklung [sic] und Vertretung der gemeinsamen nationalen und politischen Interessen der vereinigten Staaten.“ Artikel 3 constituirte den neuen Bund, und spräche die Bereitwilligkeit aller contrahirenden Staaten aus, die Opfer zu bringen, welche die Erreichung dieses Zweckes erheischt, namentlich in Beschränkung der eigenen Ausübung einzelner in ihrer Souverainität belegenen Rechte zu willigen. Artikel 4 hätte die Absicht der Contrahenten, eine Bundesverfaßung, die einen integrirenden Theil dieses Vertrags bilden müßte, zu erlassen, auszusprechen, und die Puncte festzusetzen, welche dieselbe normiren solle: die rechtliche Natur des neuen Bundes, den Inhalt der Bundesgewalt, die Organisation derselben und ihre rechtlichen Garantieen. Artikel 5 würde als Grundsatz dieser Bundesverfaßung zunächst den Entschluß der Contrahenten aussprechen, daß zur wirksameren Führung ihrer gemeinsamen Angelegenheiten eine gemeinsame bundesleitende einheitliche Gewalt bestellt werde, die in den ihr zugewiesenen Gebieten diese Leitung unabhängig von den Instructionen der contrahirenden Staaten zu leiten habe. Artikel 6. Der Träger dieser Gewalt müßte die „Bundesversammlung“ sein. Die N. N. (einzelnen deutschen) Staaten (außer Preußen) erklären sich aber bereit die Ausübung dieser Gewalt nach Maaßgabe der Bestimmungen der Bundesverfaßung dem Könige von Preußen und seinen Nachfolgern auf dem preußischen Throne nach Maaßgabe der preußischen Erbfolgeordnung zu überlassen; und S. Maj. der König von Preußen erklärt sich bereit zur Uebernahme dieser Bundesleitung nach Maaßgabe und auf Grundlage der mit seinen Bundesgenossen vereinbarten Verfaßung und des darüber erlassenen „Bundesverfaßungsstatuts“. Artikel 7 müßte die Zusicherung und die Verpflichtung Preußens enthalten, insbesondere den verfaßungsmäßigen Besitzstand und die Rechte der souveränen Staaten, welche mit Preußen diese Verfassung vereinbarten, zu schützen, und die gegen das verbündete Kaiserreich „Oestreich“ übernommenen Verpflichtungen seinerseits und für seine Bundesgenossen zu erfüllen.

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Artikel 8 müßte die Anerkennung der vertragsmäßigen Grundlage der übernommenen Gewalt durch Preußen enthalten, und wie solche in ihrer Ausübung durch die konstitutionelle Mitwirkung der verfaßungsmäßig dazu verordneten Organe beschränkt sey. Artikel 9 enthielte für die Contrahenten den Vorbehalt des Rechtes, durch neuen Vertrag jederzeit die Competenz der Bundesgewalt erweitern zu können, und die wechselseitige Zusicherung, daß keinerlei Veränderung der Bundesverfaßung auf einem andern Wege, als dem freien Uebereinkommens der contrahirenden souverainen Staaten zuläßig sein soll und von der bundesleitenden Macht zugelaßen werden darf. Artikel 10 würde festsetzen, daß im ganzen Umfange der der Krone Preußens zur Verwaltung und Oberleitung zugewiesenen Gegenstände, die von derselben in verfaßungsmäßiger Form getroffenen Verfügungen derogatorische Kraft gegen alle Bestimmungen der Einzelgesetzgebungen und alle Verordnungen der Einzelregierungen haben; daß sich alle Contrahenten zu unbedingter Folgeleistung dieser Verfügungen und zu Enthaltung von allen Maaßregeln verpflichten, welche mit Sinn und Geist dieses Vertrages und den Bestimmungen des „Bundesverfaßungsstatuts“ im Widerspruch stehen. Artikel 11 brächte die Verpflichtung der Contrahenten, für alle Veränderungen in dem Verfaßungsrechte ihrer Staaten die Zustimmung ihrer Stände, wo sie nöthig ist, beizubringen. Artikel 12 brächte die Aufzählung der Gebiete, welche der Bundesgewalt unterstellt sein sollen, und zwar zunächst die Wahrnehmung aller bisher dem Deutschen Bunde obliegenden Functionen, insbesondere 1. der zum Schutze gegen außen erforderlichen militärischen Einrichtungen der vereinigten Staaten[,] 2. die Vertretung der gemeinsamen politischen Interessen derselben gegenüber des Auslandes [sic] [,] 3. die Vertretung der Handelsinteressen[,] 4. die Sorge für Marine und Schifffahrtsangelegenheiten[,] 5. die Zollvereinsangelegenheiten, Alles nach Maaßgabe des „Bundesverfaßungsstatuts“ und der einzelnen Conventionen, welche den Uebergang dieser Geschäftsübernahmen zu vermitteln bestimmt sind. Artikel 13 müßte die wesentlichsten Grundlagen der Verfaßungsbestimmungen über die künftige „Bundeskriegsverfaßung“ und die Grundsätze, wornach [sic] die nothwendigen Militärconventionen abgeschlossen werden müßten, enthalten, als 1. Der künftigen Bundeskriegsverfaßung soll die „Kriegsverfaßung des deutschen Bundes“ zum Ausgang dienen[.] 2. Der Bundesgewalt steht dagegen das ausschließliche Recht der Organi-

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sation und Gesetzgebung, wie die Oberaufsicht des deutschen Heerwesens zu. 3. Die Integrität der einzelnen Armeecorps soll jedoch nicht geschmälert werden, auch kein Armeecorps in Friedenszeiten, außer zum Zwecke vorübergehender Uebung, außerhalb der Gränzen des Landes verlegt werden. 4. Den einzelnen deutschen Souverainen bleibt die volle Verfügung über ihre bewaffnete Macht, soweit solche nicht für Bundesdienst in Anspruch genommen wird. 5. Den Souverainen bleibt die Ernennung der Befehlshaber ihrer Truppen vorbehalten, mit Ausnahme der Corpscommandanten activer Corps, und falls ein Corps mehrere Divisionen umfaßen sollte, auch der Divisionäre und des gesammten Generalstabs der activen Corps. Dagegen haben die nach der Organisation von den Kriegsherrn der einzelnen Staaten zur Charge ernannten Ober- und Generalstabsofficiere einen Anspruch auf Verwendung im Bundesdienst. 6. Die Bundesmilitärcommißion, mit Ausnahme der Bevollmächtigten von Oestreich, Dänemark und den Niederlanden[,] soll sich alsbald nach Abschluß dieses Vertrags in Berlin unter dem Vorsitze des königl. Preußischen Kriegsministers versammeln und die „Bundeskriegsverfaßung“ nach Maaßgabe dieser Bestimmungen und des „Bundesverfaßungsstatuts“ ausarbeiten. Artikel 14 müßte in ähnlicher Weise die Grundsätze für Vereinigung der diplomatischen Vertretung und des diplomatischen Dienstes regeln. 1. Der Bundesgewalt soll die ausschließliche völkerrechtliche Vertretung Deutschlands und der einzelnen deutschen Staaten überlassen sein. Sie stellt die Gesandten und Consuln an, führt den diplomatischen Verkehr, schließt Bündnisse und Verträge und ordnet alle völkerrechtlichen Maaßregeln an. 2. Die einzelnen deutschen Staaten verzichten zu Gunsten der Bundesgewalt auf ihr Recht ständige Gesandte zu senden und zu empfangen, wie über politische Gegenstände in Verkehr mit dem Auslande zu treten. Dagegen behalten sie sich das Recht vor, in Familienangelegenheiten unter Kenntnißgabe an die Bundesgewalt Missionen kurzer Dauer mit dem Mandate ad hoc zu senden. 3. Das Vertragsrecht der deutschen Regierungen mit andern Deutschen Regierungen bleibt unverändert. Desgleichen bleibt denselben die Befugniß über Gegenstände der Staatswirthschaft, des nachbarlichen Verkehrs und der Polizei mit dem Auslande Verträge abzuschließen. Solche müßen jedoch der Bundesgewalt vorgelegt werden und bedürfen ihrer Bestätigung.

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4. Der amtliche Verkehr zwischen den einzelnen deutschen Staaten und den auswärtigen Staatsregierungen soll sich auf den Verkehr mit untergeordneten Grenzbehörden beschränken. 5. Die contrahirenden Staaten verpflichten sich eine Commission niederzusetzen mit dem Mandate die „Organisation des diplomatischen Dienstes“ auszuarbeiten, und nachdem solche in verfaßungsmäßige Wirksamkeit getreten ist, die „Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten“ aufzuheben, als dem Geiste gegenwärtigen Vertrages entgegen. Sie werden dagegen zur Vermittlung des Verkehrs mit der Bundesgewalt eine eigene Behörde errichten, und solche entweder dem „Ministerium des Hauses“ oder dem „Ministerium des Innern“ beiordnen. Artikel 15 müßte aussprechen, daß der Verkehr mit Oestreich ausschließlich von der Bundesgewalt geleitet wird. Artikel 16 bestimmte, daß wegen Uebernahme der Leitung der Marineangelegenheiten, der Zollvereinsangelegenheiten und aller gemeinsamer Verwaltung zuzuweisenden Gegenstände besondere Conventionen unter den Contrahirenden Staaten abgeschlossen werden sollen, welche den Bestimmungen des „Bundesverfaßungsstatuts“ entsprechen sollen. Diese Conventionen bilden einen Theil der Bundesgesetzgebung und können jederzeit auf verfaßungsmäßigem Wege modificirt werden, immer vorbehaltlich der Bestimmung des Artikel 9 des gegenwärtigen Vertrags und des „Bundesverfaßungsstatuts“. Artikel 17 bestimmte, daß die Bundesgewalt von der Bundesversammlung ausgeübt werde, und zwar von der Krone von Preußen, als bundesleitender Macht, einem Staatenrath, als dem Vertreter der Interessen der einzelnen Regierungen und Staaten, und einem Nationalrath, als dem Organe, den unmittelbarsten Ausdruck des Bedürfnißes des deutschen Volkes auf allen vergemeinschaftlichten Gebieten zu gewinnen. Alles nach Maaßgabe des „Bundesverfaßungsstatuts“. Artikel 18 instituirte das Bundesgericht. Die Contrahenten verpflichten sich ein Bundesgericht einzusetzen, welches zunächst die ganze Gerichtsbarkeit ausüben soll, welche dem deutschen Bunde, und seinen richterlichen Organen zustand; dann aber auch über alle aus vorstehendem Vertrage und dem dadurch begründeten Rechtszustande hervorgehenden Klagen rechtsgültig entscheiden soll. Die Contrahenten, sowohl die bundesleitende Macht, in ihren verantwortlichen Ministern, als die Regierungen der einzelnen Staaten in Person derselben (ihrer Minister) verpflichten sich[,] diesem Gerichte sich jederzeit zu unterwerfen. Ein Bundesbeschluß wird den Uebergang der Gerichtsbarkeit auf dieses „Bundesgericht“ regeln. Artikel 19. Der neue Bund, als Rechtsnachfolger des deutschen Bund[es], tritt in alle Rechte und Verpflichtungen desselben ein, insbesondere was seine Ansprüche und Verpflichtungen den Staaten gegenüber betrifft, welche mit

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einzelnen Gebietstheilen dem Deutschen Bunde angehörten und deren Beziehungen durch die im Vertrage mit Oestreich vorgesehenen Verträge geregelt werden sollen. Artikel 20. Der officielle Namen [sic], welchen die verbündeten contrahirenden Staaten in ihrer Bundesgemeinschaft führen, ist: „Die vereinigten Staaten von Deutschland.“ Die bundesleitende Macht führt die Geschäfte im Namen: „Sr M. des Königs von Preußen und der vereinigten Staaten von Deutschland.“ Das Auswärtige Amt und die übrigen Ministerien für die centralisirten Geschäftszweige zeichnen: „Königl. Preußische Bundesministerien für (auswärtige, Marine-, Handels-, Kriegs-)angelegenheiten der vereinigten Staaten von Deutschland.“ Artikel 21 enthielte die Zeitbestimmung für Eintritt der Wirksamkeit der neuen Bundesverfaßung. Artikel 22 die nothwendigen Ratificationsclauseln, Schlußformeln p.p. p. Bundesverfaßungsstatut Das „Bundesverfaßungsstatut“ muß von der in „Artikel 4“ des Vertrages zwischen Preußen und den übrigen deutschen Regierungen übernommenen Verbindlichkeit ausgehen, und außer der Abgränzung der Beziehungen der neuen Bundesgewalt zu den einzelnen Staaten und der Regierungsgewalt in denselben, den Inhalt derselben genau festsetzen. Es muß die Organisation derselben, die Bestimmung über das Bundesgericht, und die Hinweisung auf die organischen Gesetze enthalten, welche die Bundesverfaßung ergänzen sollen. Es muß damit begonnen werden, die rechtliche Natur des neuen staatsrechtlichen Verhältnißes dogmatisch zu formuliren, das rechtliche Verhältniß zu dem alten Bunde, zu Oestreich und den Bundesgliedern „Dänemark und Niederlande“ zu bestimmen, und den Zweck des neuen Bundes zu bezeichnen. Damit füllt sich ein erster Abschnitt des Statuts, etwa: Abschnitt I Artikel 1 Der Bund, welchen die deutschen Regierungen in Gemäßheit des Vertrags vom – – (mit Oestreich) und des Vertrags vom – – (zwischen Preußen und den übrigen Staaten) unter sich errichtet haben, ist ein Bund souverainer Staaten, welche in freiem Uebereinkommen die Ausübung einzelner in ihrer Souverainität gelegener Befugniße durch ein gemeinsames Organ zu leiten beschloßen haben. Artikel 2 Der Bund der vereinigten Regierungen soll den Namen führen: „Bund der vereinigten Staaten von Deutschland.“ Er hebt den „Deutschen Bund“ nicht auf,

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der für die Gesammtheit der Bundesglieder des Vertrags vom 8. Juni 1815, in dem Umfange und nach Maaßgabe der Bestimmungen des (mit Oestreich und Dänemark resp. den Niederlanden) abgeschloßenen Vertrages aufrechterhalten bleibt. Die genannten Verträge erschöpfen jedoch fortan den gesammten Umfang gegenseitiger Rechte und Verpflichtungen zwischen den bezeichneten Bundesglieder[n]. Für den ganzen Umfang der von dem „Deutschen Bunde“ geübten Rechte und Verbindlichkeiten über diese Bestimmungen hinaus tritt der „Bund der vereinigten Staaten von Deutschland“ als Rechtsnachfolger des „Deutschen Bundes“ ein. Artikel 3 Der Zweck des Bundes ist die Erhaltung der äußern und innern Sicherheit der vereinigten Staaten und die wirksame Entwiklung [sic] und Vertretung der gemeinsamen nationalen und politischen Interessen des deutschen Volkes. Artikel 4 Alle Bundesglieder haben unter sich in allen Puncten, in welchen die Bundesverfaßung nicht über Ausübung der einzelnen Souverainitätsrechte besondere Bestimmungen vorschreibt, gleiche Rechte. Sie stehen sich in allen, von der Bundesverfaßung nicht vorgesehenen Fällen, als souveraine Staaten gegenüber, namentlich, wo es sich um Veränderung der Verfaßung selbst, um Erweiterung der Bundesgewalt, und um jura singulorum18 der einzelnen Bundesglieder handelt. Artikel 5 Der Bund als Gesammtheit gewährleistet den einzelnen Mitgliedern ihre Souverainität und die aus gegenwärtigen Verträgen hervorgehende rechtliche Stellung. Er gewährleistet ferner den Bundesglieder[n] des Vertrags vom 8. Juni 1815: Oestreich, Dänemark und Niederlande, ihre aus den Verträgen vom – – und vom – hervorgehenden Rechte und Ansprüche. Artikel 6 Die Bestimmungen des „Bundesverfaßungsstatuts“ sind strict zu interpretiren. ___________ Nun müßte die Aufzählung der Glieder des neuen Bundes, und die Abgränzung des Gebiets folgen: also

18 Einzelstaatliche Rechte und Gesetze.

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Abschnitt II Artikel 7 Folgt die Namensliste der Mitglieder nach der Bundesordnung. Artikel 8 Die Bezeichnung der Bundesgrenze. ___________ Dann die Bestimmung des Wesens und Inhalts der Bundesgewalt, in Abschnitt III Artikel 9 Den19 Inbegriff der von den einzelnen Staaten zu gemeinsamer Verwaltung vereinigten Regierungsgewalten bildet die Bundesgewalt. Auch die Bestimmung des Artikel 2 über den Eintritt des „Bundes der vereinigten Staaten Deutschlands“ in die Rechtsnachfolge des d[eutschen] Bundes giebt der Bundesgewalt keine weitern Befugnisse, als die in folgenden Artikeln constituirten. Artikel 10 Der Bundesgewalt steht die völkerrechtliche Vertretung Deutschlands und der einzelnen vereinigten Staaten zu. Die Bundesgewalt stellt die Gesandten und Consuln an; sie führt den diplomatischen Verkehr, schließt Bündnisse und Verträge mit dem Auslande; sie ertheilt fremden Consuln das Exequatur20. Die einzelnen Regierungen haben nicht das Recht ständige Gesandten zu empfangen, noch solche und Consuln zu halten. Der amtliche Verkehr zwischen den einzelnen deutschen Staaten und auswärtigen Staatsregierungen ist auf den Verkehr mit untergeordneten Grenzbehörden beschränkt. Den Souverainen der vereinigten Deutschen Staaten bleibt jedoch das Recht, in Familienangelegenheiten, unter Kenntniß der Bundesgewalt, für kurze Dauer und mit einem „Mandate ad hoc“, außerordentliche Missionen zu senden. Das Vertragsrecht der Deutschen Regierungen mit andern deutschen Regierungen bleibt unverändert, desgleichen bleibt den einzelnen Staaten die Befugniß Verträge über Gegenstände der Staatswirthschaft, des nachbarlichen Verkehrs und der Polizei mit dem Auslande abzuschließen. Jedoch müssen solche der Bundesgewalt zur Bestätigung vorgelegt werden und dürfen nichts dem Bunde zuwiderlaufendes enthalten. 19 Emendiert. Vorlage: Der. 20 Bestätigung im Amt.

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Artikel 11 Der Bundesgewalt steht das Recht des Kriegs und des Friedens zu. Artikel 12 Ueber Organisation der diplomatischen Vertretung und [des] Verkehrs, wie über die Uebergangsbestimmungen, wird eine besondere Convention abgeschloßen, welche einen Theil der Bundesgesetzgebung bilden wird, und auf dem verfaßungsmäßigen Wege entwikelt [sic] werden kann. Artikel 13 Der Bundesgewalt steht die Verfügung über die gesammte bewaffnete Macht der vereinigten Staaten zu, nach Maaßgabe der folgenden Bestimmungen. Das Bundesheer der vereinigten Staaten besteht aus den Contingenten derselben, wie solches die Bundeskriegsverfaßung festsetzte. Die Bundesgewalt hat die allgemeine Gesetzgebung und Organisation dieses Bundesheeres und des gesammten Heerwesens nach den Grundsätzen, welche darüber der Vertrag unter den vereinigten Staaten aufstellt. Sie überwacht die Durchführung ihrer Organisation durch fortwährende Controlle. Den einzelnen Staaten bleibt die Ausbildung ihres Contingentes auf Grund dieser allgemeinen Gesetze, und die Verwaltung ihres gesammten Kriegswesens, wie die Verfügung über dasselbe, wenn solches nicht für allgemeine Bundeszwecke aufgeboten wird. Das Recht der Bundesgewalt über die bewaffnete Macht der Einzelstaaten zu verfügen, tritt mit der Bedrohung der innern oder äußern Sicherheit der Gesammtheit oder einzelner Staaten ein. Alle durch Verwendung von Truppen zu Bundeszwecken entstehenden Kosten, welche den festgesetzten Bundes-Friedensmilitäretat übersteigen, fallen dem Bunde zur Last. Den Regierungen der einzelnen Staaten bleibt die Ernennung der Befehlshaber und Officiere ihrer Truppen. Wo zwei Contingente zu einem größeren Ganzen combinirt sind, ernennt die Bundesgewalt die Befehlshaber dieser Corps. Für den Krieg ernennt die Bundesgewalt die kommandirenden Generale, Divisionäre und den Generalstab der operirenden Corps. Der Bundesgewalt steht die Befugniß zu, Bundesfestungen und Küsten Vertheidigungswerke anzulegen und insoweit es die Sicherheit des Bundes erfordert, vorhandene Festungen gegen billige Ausgleichung zu Bundesfestungen zu erklären. Die Bundesfestungen und Vertheidigungswerke des Bundes werden durch Bundeskosten erhalten. Es steht der Bundesgewalt zu, eine Bundescentralmilitär-Bildungsanstalt zu gründen. Jede Regierung hat das Recht, nach Maaßgabe der Volkszahl ihrer

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Staaten die freiwerdenden Plätze zu vergeben. Diese Anstalt soll in – – (Erfurt?) ihren Sitz haben. Artikel 14 Die Seemacht ist ausschließliche Sache des Bundes. Es ist keinem Einzelstaate gestattet, Kriegsschiffe für sich zu halten. Die Bemannung der Kriegsflotte bildet einen Theil der Contingentsquote der Bundesstaaten und ist von derselben abzurechnen. Die Bundesgewalt hat die alleinige Ernennung der Officiere und Beamten der Seemacht. Ihr liegt die Sorge für Ausrüstung, Ausbildung und Unterhaltung der Kriegsflotte, die Anlegung, Ausrüstung und Unterhaltung von Kriegshäfen und See Arsenalen ob. Eine besondere Convention regelt die Eigenthumsübernahme des Materials der einzelnen Staaten und die nothwendigen Detailfragen der Ausführung dieser Bestimmung. Artikel 15 Der Bundesgewalt steht zu allen für ihre Bundeszwecke nöthigen Eigenthumserwerbungen das Expropriationsrecht gegen billige Entschädigung zu, mit einer einzigen Ausnahme, der Residenzen und Residenzparkanlagen der Souveraine, mit welchen in solchen Fällen ein freies Uebereinkommen abzuschließen ist. Artikel 16 Die Bundesgewalt hat die Oberaufsicht über Schifffahrtsanstalten am Meere und in den Mündungen der Flüsse (Häfen, Seetonnen[,] Leuchtschiffe, Lootsenwesen, Fahrwasser p. p.). Es steht ihr zu, die betreffenden Staaten zu gehöriger Unterhaltung anzuhalten, dieselbe überall und zu jeder Zeit aus Bundesmitteln zu vermehren, und zu sorgen, daß für die vorhandenen der Einzelstaaten keine höhere Abgabe erhoben wird, als zur Unterhaltung erforderlich ist. Die von fremden Schiffen erhobene Mehrabgabe unterliegt in jedem einzelnen Falle der Genehmigung der Bundesgewalt. Alle solche Abgaben sind jederzeit auf Verfügung der Bundesgewalt gegen volle Entschädigung des Einzelstaates, wo solcher zur Erhebung berechtigt war, ablösbar. Artikel 17 Die Bundesgewalt hat das Recht der Oberaufsicht und der Gesetzgebung über die in ihrem Laufe mehrere Staaten durchströmenden und begrenzenden Flüsse und Seen und über die Mündungen der in dieselben fallenden Nebenflüsse. Sie ist befugt die Einzelstaaten zu Unterhaltung dieser Wasserstraßen anzuhalten, auch überall selbst Bauten im Interesse der Schifffahrt anzuordnen.

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Artikel 18 Die Bundesgewalt hat das Recht alle Flußzölle gegen billige Entschädigung abzulösen. Sie allein kann solche neue Zölle auf fremde Schiffe auflegen. Artikel 19 Die Bundesgewalt kann, soweit es der Schutz des Bundes und das Interesse des allgemeinen Verkehrs erheischt, Gesetze über das Eisenbahn- und Postwesen, Straßen und Canäle erlassen. Allerorten auch eigene Eisenbahnen, Straßen, Canäle und Verkehrsverbindungen anlegen, wo solches im Interesse der Sicherheit des Bundes nothwendig ist. Der Bundesgewalt steht die Benutzung der vorhandenen Verkehrsmittel aller einzelnen Bundesstaaten für Bundeszwecke jederzeit gegen entsprechende Vergütung frei. Im Falle der Nichteinigung über letztere darf der Gebrauch derselben ihr nicht entzogen werden, sondern bleibt die Regelung der Differenz späteren Abkommen vorbehalten. Artikel 20 Die Verweigerung der von dem Bunde verlangten Dienstleistungen, wie des Gehorsames in allen Fällen, in welchen dies Bundesverfaßungsstatut ihm Gewalt verleiht, constituirt das Verbrechen des „Bundesverraths“. Dasselbe ist in die Strafgesetzbücher aller einzelnen Staaten aufzunehmen und mit einer Strafe, je nach Schwere des Falles von 1 Jahr Bundesfestungshaft bis zur Lebensstrafe zu belegen. Der Bundesgewalt steht es zu das Verfahren gegen die Schuldigen durch den Bundesstaatsanwalt bei dem Bundesgericht einleiten und durch Bundesmacht vollziehen zu lassen. Das Nähere bestimmt die Bundesstrafgerichtsordnung, welche als Bundesgesetz zu erlassen ist. Artikel 21 Der Bundesgewalt steht das Recht zu, eine Bundesmünze prägen zu lassen, und sie kann verlangen, daß die Matricularbeiträge der Bundesstaaten in dieser Münze gezahlt werden. Es soll ein Bundesgesetz über Einführung eines einheitlichen Maaß[-] und Gewichtsystem[s] erlassen werden, desgl. über den Feingehalt von Gold- und Silberwaaren. Der Bundesgewalt steht das Recht zu, eine Bundesbank mit Filialanstalten in allen deutschen Ländern zu errichten, und sollen dieselben zugleich zu Vermittlung der Zahlungen zwischen der Bundesregierung und den Einzelstaaten, sowie der Auszahlungen an die Bundesbeamten dienen. Die Noten der Bank stehen der Bundesmünze als Zahlungsmittel für die einzelnen Staaten und deren Matricularbeiträge gleich. Über das Bankwesen und die Ausgabe von Papiergeld wird ein Bundesgesetz erlassen.

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Artikel 22 Die Bundesgewalt hat die Verwaltung der Zollvereinsangelegenheiten so lange zu führen, bis die Contrahenten des Vertrags v. – – sich über die Einigung ihrer Staaten zu einem Zoll- und Handelsgebiet geeinigt haben, welche der Bundesgewalt die ausschließliche Gesetzgebung in Zoll[-] und Handelsangelegenheiten zuweisen soll. Artikel 23 Der Bundesgewalt soll ferner Gesetzgebung und Oberaufsicht in allen den Zweigen zustehen, welche durch Specialverträge der einzelnen Regierungen ihr unterworfen sind, alles nach Maaßgabe dieser Verträge. Artikel 24 Zur Bestreitung seiner Ausgaben ist der Bund ausschließlich an die Matricularbeiträge seiner Mitglieder gewiesen, mit Ausnahme der Einnahme, welche die Bundesbank ergiebt. Die Bundesgewalt ist jedoch befugt, zur Erreichung ihres Bundeszweckes Anlehen zu machen oder sonstige Schulden zu contrahiren. Artikel 2521 Der Bund hat die richterliche Gewalt nach Maaßgabe des Abschnittes über das Bundesgericht. Artikel 26 Der Bundesgewalt liegt die Wahrung des Bundesfrieden[s] ob. Sie hat die für Aufrechthaltung der innern Sicherheit und Ordnung erforderlichen Maaßregeln zu treffen: 1. wenn ein Deutscher Staat von einem andern Deutschen Staate in seinem Frieden gestört oder gefährdet wird; 2. wenn in einem Deutschen Staate die Sicherheit und Ordnung durch Einheimische oder Fremde gestört wird, auf Anrufen der Regierung dieses Staates; 3. wenn die Verfaßung eines Deutschen Staates einseitig aufgehoben wird, auf Anrufen eines Theiles, bis zur Entscheidung durch das Bundesgericht. Die Bundesgewalt ist in der Wahl der Mittel zu Erfüllung dieser ihrer Pflicht nur an ihre eigene Verantwortlichkeit gewiesen.

21 Emendiert. Vorlage: Artikel 24. – Ab hier werden alle Artikelnummern um 1 gegenüber der Vorlage erhöht.

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Artikel 27 Die Bundesgewalt hat das Recht in allen Ländern die Beamten anzustellen, deren sie zu Ausführung ihrer Befugniße und Verpflichtungen bedarf. Ein Bundesgesetz soll die Bundesdienstpragmatik feststellen. Artikel 28 Alle Bundesgesetze und Verordnungen erhalten verbindliche Kraft durch ihre Verkündigung von Bundeswegen. Dieselbe soll der Regel nach in den Regierungsblätter[n] der einzelnen Staaten erfolgen. Im Falle der Unterlaßung der Verkündigung Seitens der einzelnen Regierungen tritt die Rechtsverbindlichkeit mit der Verkündigung im Bundesblatte nach 8 tägiger Frist von selbst ein. Die Unterlaßung der Verkündigung begründet gegen die verantwortlichen Minister des einzelnen Staates die Anklage auf „Bundesverrath“ nach den Bestimmungen des Bundesstrafgesetzes. Artikel 29 Alle Bundesgesetze, denen nicht subsidiäre Geltung beigelegt ist, gehen den Gesetzen des Einzelstaates vor. Im Falle es zweifelhaft ist, in wiefern ein Bundesgesetz die Competenz der Bundesgewalt überschreitet, wird dessen Wirksamkeit nicht aufgehoben. Es bleibt aber der Recurs an das Bundesgericht offen, und ist die Bundesregierung in Person ihrer Minister für Überschreitung und deren Folgen und Schaden verantwortlich. Es hätten nun die Bestimmungen über das Organ zu folgen, wodurch diese Bundesgewalt wirksam wird; nämlich: Abschnitt IV Artikel 30 Das Organ der Ausübung der Bundesgewalt ist die „Bundesversammlung“. Dieselbe besteht: 1. aus der Bundesleitenden Macht „Preußen“, in der Person des jedesmaligen Königs von Preußen; 2. aus den Vertretern der Regierungen und Stände der einzelnen Staaten, vereinigt in einem „Staatenrath“; 3. aus der Vertretung der Bevölkerungen aller vereinigten Staaten, gebildet auf Grundlage eines zu erlassenden Bundeswahlgesetzes, dem „Nationalrath“. Artikel 31 Von der Bundesleitenden Macht Der König von Preußen hat die Ausübung aller Rechte und Befugniße, welche der Bundesgewalt zugewiesen sind und für welche in den folgenden Artikeln

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nicht ausdrücklich die Mitwirkung des Staatenraths und des Nationalraths gefordert ist. Es steht der bundesleitenden Macht zu Vermittlung der regelmäßigen Geschäftsverbindung und zu jederzeitigen Information über die Verhältniße eines jeden Staates in dem Geschäftskreise, der ihr zur Oberleitung und Wahrnehmung zugewiesen ist, für jeden Staat ein Bevollmächtigter zur Seite. Diese Bevollmächtigten bilden kein Collegium, sondern haben nur die Bestimmung, die Communication zwischen Preußen und den einzelnen Staaten zu unterhalten. Die Einzelnen der vereinigten Staaten errichten eine eigene Behörde (Ministerium für Bundesangelegenheiten)[,] mit welcher die bundesleitende Macht durch diese Bevollmächtigten allein in Verkehr steht für Mittheilung ihrer sämmtlichen Verfügungen. Dem Bevollmächtigten können für die einzelnen Zweige, Militärangelegenheiten, Zollwesen p. p. besondere Beamte zugeordnet sein. Nur im Falle des erklärten Bundeskrieges steht der Bundesleitenden Macht das Recht direckter Communication mit allen Einzelstellen eines deutschen Staates zu, die in diesem Falle unter Verwirkung der im Bundesstrafgesetz festgesetzten Strafe zu unbedingtem Gehorsam verbunden sind. Artikel 32 Zu den Rechten der Bundesleitenden Macht gehört: 1. Die Führung des Bundesheeres mit dem Recht einen Stellvertreter Sr M. des Königs, als Bundesfeldherrn zu ernennen. 2. Das Recht, die Bundesminister zu ernennen, welche alle Bundesregierungshandlungen zu contrasigniren und für die Verfaßungsmäßigkeit ihrer Handlungen dem Staaten- und Nationalrath verantwortlich sind. 3. Die völkerrechtliche Vertretung des Bundes, die Anstellung der Gesandten und Consuln, die Führung des diplomatischen Verkehrs überhaupt. 4. Kriegserklärung und Friedensschluß, Abschluß von Verträgen und Bündnißen, wie Bestätigung der einzelnen von den einzelnen Staaten abgeschloßenen Verträge. 5. Berufung des Staatenraths und des Nationalraths zu den regelmäßigen und zu den außerordentlichen Sitzungen. Recht der Auflösung des Nationalraths. 6. Recht des Gesetzvorschlages in allen der Bundesgesetzgebung zugewiesenen Gegenständen; Recht, die Gesetze zu verkündigen und Vollziehungsverordnungen zu erlassen. Recht der Oberaufsicht und Controlle in allen Gebieten, in denen der Bundesgewalt die Gesetzgebung zusteht. 7. Recht der Begnadigung und Strafmilderung in allen der Zuständigkeit des Bundesgerichts unterstehenden Fällen, mit einziger Ausnahme des Falles einer Anklage eines Bundesministers. 8. Recht, die Bundesbeamten anzustellen und zu entlassen.

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Artikel 33 Vom Staatenrath

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Der Staatenrath wird gebildet: 1. aus den Häuptern der souverainen Häuser mit dem Rechte der Stellvertretung. Außer den in der Geschäftsordnung näher zu bezeichnenden Ehrenrechten soll es der Hälfte der stimmberechtigten Souveraine, wenn deren 2/3 persönlich in der Sitzung anwesend sind, als persönliches Recht zustehen, durch eine Erklärung in das Protokoll des Staatenraths jeden Beschluß beider Häuser, [be]vor derselbe der Bundesleitenden Macht vorgelegt wird, zur Genehmigung bis zur nächsten Sitzungsperiode zu vertagen. Derselbe muß dann als neuer Vorschlag wieder eingebracht werden und geht dann den gewöhnlichen Weg neuer Gesetzesvorlagen und Anträge. 2. Aus 167 Mitglieder[n], welche sich in folgendem Verhältniß auf die einzelnen Staaten verteilen: Preußen 40, Bayern 24, Sachsen 12, Hanover 12, Württemberg 12, Baden 10, Kurhessen 7, Großherzogthum Hessen 7, Mecklenburg Schwerin 4, Nassau 4, Braunschweig 2, Oldenburg 3, Sachsen Weimar 2, Sachsen Coburg Gotha 2, Sachsen Meiningen 2, Altenburg 2, Mecklenburg Strelitz 2, Anhalt Dessau 1, Bernburg 1, Köthen 1, Schwarzburg Sondershausen 1, Schwarzburg Rudolstadt 1, Preußen für Hohenzollern Sigmaringen 1, Hechingen 1, Waldeck 1, Reuß ält. L. 1, jung. L. 1, Schaumburg Lippe 1, Lippe Detmold 1, Hessen Homburg 1, Lübeck 1, Frankfurt 2, Bremen 2, Hamburg 2. Diese Mitglieder werden zur Hälfte durch die Regierung der einzelnen Bundesstaaten, zur Hälfte durch die Volksvertretung ernannt. Wo zwei Kammern bestehen, wird die Hälfte von jeder Kammer gewählt. In denjenigen Staaten, welche nur ein Mitglied in den Staatenrath senden, schlägt die Regierung 3 Candidaten vor, aus denen die Volksvertretung mit absoluter Stimmenzahl wählt. Auf dieselbe Weise ist in denjenigen Staaten, welche eine ungrade Zahl von Mitgliedern senden, in Betreff des letzten derselben zu verfahren. Mitglied des Staatenraths kann nur sein, wer: [1.] Staatsbürger des Staats ist, welcher ihn sendet, 2. das dreißigste Lebensjahr zurückgelegt hat, 3. sich im vollen Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte befindet. Die Mitglieder des Staatenraths werden auf Lebenszeit von dem ernennenden Factor ernannt. In jeder Sitzungsperiode wird jedoch ein Drittheil sämmtlicher Mitglieder ausgelost, die dann bis zur nächsten Sitzung von demselben politischen Factor, welcher den Ausgeloosten ernannte, zu ersetzen sind. Die Ausscheidenden sind wieder wählbar. Auch steht es jedem Mitgliede frei, seine Stelle mit dem Ende einer Sitzungsperiode niederzulegen.

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Artikel 34 Vom Nationalrathe Der Nationalrath wird aus Abgeordneten des deutschen Volkes gewählt. Die Wahl geschieht auf 6 Jahre, nach den im Bundeswahlgesetze enthaltenen Bestimmungen. Die Mitglieder beziehen Tagegeld und Entschädigung für Reisekosten aus der Bundeskasse. Die Mitglieder beider Versammlungen können durch Instructionen nicht gebunden werden. Niemand kann gleichzeitig Mitglied von beiden Versammlungen sein. Artikel 35 Zu einem Beschluße eines jeden der beiden Räthe ist die Theilnahme der Hälfte der gesetzlichen Anzahl seiner Mitglieder und die einfache Stimmenmehrheit erforderlich. Im Falle der Stimmengleichheit wird ein Antrag als abgelehnt betrachtet. Jedem Rathe steht das Recht des Gesetzesvorschlags, der Beschwerde, der Adresse, der Erhebung von Thatsachen, sowie der Anklage der Minister zu. Zu letzterer ist jedoch eine Majorität von 2/3 der gesetzlichen Anzahl der Mitglieder eines jeden Rathes erforderlich. Ein gültiger Bundesratsbeschluß erfordert die Übereinstimmung der beiden Räthe. Ein Bundesratsbeschluß, welcher die Zustimmung der Bundesregierung nicht erlangt hat, darf in derselben Sitzungsperiode nicht wiederholt werden. Stimmen die Bundesleitende Macht (sey es, daß eine Maaßregel von ihr vorgeschlagen war, oder daß sie den Vorschlägen der beiden Räthe ihre Zustimmung gab) und die Beschlüße der beiden Räthe überein, so entsteht ein „Beschluß der Bundesversammlung“. Artikel 36 Ein „Beschluß der Bundesversammlung“, d. h. die Mitwirkung der beiden Räthe zur Ausübung der Bundesgewalt, ist erforderlich: 1. wenn es sich um Erlaßung, Aufhebung und Abänderung oder Auslegung von Bundesgesetzen handelt; 2. wenn der jährliche Finanzbedarf des Bundes festgestellt wird, Anleihen oder Lasten zum Nachtheil des Bundes übernommen, und Matricularbeiträge erhoben werden sollen; 3. wenn fremde See[-] und Flußschifffahrt mit Lasten belegt werden soll; 4. wenn Landesfestungen zu Bundesfestungen erklärt werden sollen; 5. wenn völkerrechtliche Verträge geschloßen werden, die den Bund belasten;

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6. wenn die Bundesregierung von ihrem Expropriationsrechte für einen bestimmten Zweck Gebrauch machen muß, für die Billigung dieses Zwekkes; 7. für alle Anlagen und Maaßregeln, wodurch den einzelnen Staaten Kosten erwachsen; 8. wenn nicht zum Bunde gehörige Länder oder Landestheile dem deutschen Zollgebiet angeschlossen oder Gebietstheile aus der Zollinie ausgeschloßen werden sollen; 9. wenn Gebietstheile des Bundes abgetreten oder andere ihm einverleibt werden sollen. Artikel 37 Bei Feststellung des jährlichen Finanzetats des Bundes treten folgende Bestimmungen ein: 1. Alle Bewilligungen von Ausgaben erfolgen nur auf Antrag der Bundesleitenden Macht und bis zum Belauf desselben. Jede Bewilligung gilt nur für den besonderen Zweck, für welchen sie bestimmt worden. Die Verwendung darf nur innerhalb der Grenzen der Bewilligung erfolgen. 2. Die Bundesleitende Macht legt den Bundesräthen in der ersten Sitzung ein Budget über die regelmäßigen Ausgaben des Bundes vor, und über die Höhe der erforderlichen Matricularumlage zu seiner Deckung. Außerdem kann sie für außerordentliche Ausgaben ein außerordentliches Budget einbringen. 3. Die Budgetbewilligung ist für ein Jahr. Nach Ablauf desselben bedarf die Bundesleitende Macht neuer Bewilligung, und muß daher vorher diese Bewilligung der Bundesräthe einholen. 4. Das jedesmalige Budget wird jedesmal zuerst dem Nationalrathe vorgelegt und von diesem in seinen einzelnen Ansätzen nach den Erläuterungen und Belegen, welche die Bundesleitende Macht vorzulegen hat, geprüft und ganz oder theilweise bewilligt. Eine Verweigerung der Positionen des ersten regelmäßigen Budget’s, als vertragsmäßig unter den Regierungen vereinbart, soll nicht stattfinden. Nach erfolgter Prüfung und Bewilligung durch den Nationalrath wird das Budget an den Staatenrath zur Berathung und Beschlußnahme abgegeben. Wenn dieser Beschluß nicht mit dem des Nationalraths übereinstimmt, so geht das Budget zur weitern Berathung und Verhandlung an letztern zurück. Ein endgültiger Beschluß kann nur durch Uebereinstimmung beider Räthe zu Stande kommen. Die Nachweisung über Verwendung der Bundesgelder wird gleichfalls zuerst dem Nationalrath und dann dem Staatenrath zur Prüfung und zum Abschluß vorgelegt.

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Artikel 38 Der Bundesrath versammelt sich jedes Jahr am Sitze der Regierung der Bundesleitenden Macht. Die Zeit der Einberufung bleibt derselben überlassen. Außerdem kann der Bundesrath jederzeit zu außerordentlichen Sitzungen von derselben einberufen werden. Der Nationalrath kann von der Bundesleitenden Macht aufgelöst werden und ist in diesem Falle binnen 3 Monaten wieder zu versammeln. Die Auflösung des Nationalrathes hat die gleichzeitige Vertagung des Staatenrathes bis zur Wiederversammlung des Bundesrathes zur Folge. Die Sitzungsperioden beider Räthe sind dieselben. Das Ende derselben wird von der Bundesleitenden Macht bestimmt. Eine Vertagung der Bundesräthe nach Eröffnung der Sitzung auf länger, als 14 Tage22 bedarf der Zustimmung der betreffenden Räthe. Jeder der Räthe kann sich auf vierzehn Tage vertagen. Jeder der Räthe wählt seinen Praesidenten, Vicepraesidenten und seine Secretäre. Jeder der Räthe gibt sich selbst seine Geschäftsordnung p.p. __________ Nun hätten die Bestimmungen über Organisation der Bundesregierung selbst zu folgen. Abschnitt V Artikel 39 Seine Maj. der König von Preußen übt die ihm als Bundesleitende Macht zustehenden Gewalten durch verantwortliche Minister aus, welche mit dem Personale ihrer Ministerien aus der Bundeskasse besoldet und den Bundesräthen für die Verfaßungsmäßigkeit und vertragsmäßige Handhabung ihrer Functionen verantwortlich sind. Der König von Preußen übt diese Gewalten in „seinem Namen und dem der vereinigten Staaten von Deutschland“ aus. Die betreffenden Minister führen den Titel: „Königlich preußische Bundesminister der Marine“ – „auswärtigen Angelegenheiten der vereinigten Staaten von Deutschland“ p. p. Die Bundesleitende Macht ernennt demnach zunächst: 1. Einen ersten Bundesminister, dem außer der Gesamtvertretung der Politik des Ministeriums den beiden Räthen gegenüber, außer der Sorge für Einheit und Disziplin des Cabinetes die Erledigung der Beziehungen, die aus den Verträgen mit Oestreich, Dänemark und Niederlanden hervorgehen, die Abwiklung [sic] der aus der Rechtsnachfolge des Deutschen Bundes entspringenden Verwiklungen [sic], die polizeilichen Verpflich22 Emendiert. Vorlage: Tagen.

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2.

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tungen, die Vorlage des Bundesbudgets, und die Verwaltung der Bundesfinanzen obliegt. Es steht ihm darin der „Director der Bundesbank“ zur Seite, der gleichfalls Sitz im Cabinette haben müßte. ein[en] „königl. preußischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten der vereinigten Deutschen Bundesstaaten“, der mit Vertretung der Gesammtinteressen Deutschlands zugleich den ganzen Geschäftskreis des königl. preußischen Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten zu vereinigen hätte, mit alleiniger Ausnahme der Branchen, die etwa nach Artikel 4523 dieses Statuts auszuscheiden wären. Derselbe würde mit den preußischen Behörden direct, mit den Behörden der übrigen Deutschen Staaten aber durch deren Bevollmächtigte bei der Bundesleitenden Macht in Verkehr zu treten haben. Ihm unterstehen alle Gesandten, Consuln p. einen königl. preußischen Bundeskriegsminister, der zugleich preußischer Kriegsminister sein könnte, weil das ganze Militärdepartement in Preußen der Controlle der preußischen Stände entzogen würde. einen Minister für die „Marineangelegenheiten“, der zugleich See- und Schifffahrtsangelegenheiten und die Admiralität unter sich hätte. einen Minister für Zollvereinsangelegenheiten, Münzwesen, Verkehrsfragen, Flußzollangelegenheiten, Post[-] und Eisenbahnfragen, soweit sie der Bundesgewalt unterliegen. einen Bundesstaatsanwalt und einen Bundesadvokat, der die Rechtsfragen[,] in welche die Bundesregierung verflochten werden kann, vor dem Bundesgerichte vertritt und gleichfalls Sitz im Cabinette haben kann. Den Praesidenten des Bundesgerichtes, der gleichfalls Mitglied des Cabinetes sein muß, und mit demselben austritt.

Artikel 40 Die Bundesminister können mit keiner doppelten Verantwortlichkeit belastet sein. In allen der Bundesgewalt unterworfenen Gebieten sind sie nur der Bundesversammlung, d. h. Sr Majestät dem Könige von Preußen und den beiden Bundesräthen nach Maaßgabe dieses Statuts verantwortlich. Die Bundesminister haben das Recht jederzeit den Verhandlungen beider Räthe anzuwohnen und von denselben gehört zu werden. Sie haben die Verpflichtung auf Verlangen in jedem der Räthe zu erscheinen, und Auskunft zu ertheilen oder den Grund anzugeben, weßhalb dieselbe nicht ertheilt werden könne. Die Bundesminister können nicht Mitglied des Staatenrathes sein. Vertretung durch Kommissarien, die nicht Mitglieder des Cabinettes sind, ist unzuläßig. 23 Emendiert. Vorlage: 44.

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Was das Bundesgericht angeht, so ist nur seine Organisation und Competenz hier festzusetzen, seine Prozeßordnung, das Bundesstrafgesetz p.p. ist Gegenstand der Bundesgesetzgebung. Abschnitt VI Artikel 41 Die dem Bunde zustehende richterliche Gewalt wird durch das Bundesgericht ausgeübt. Zur Zuständigkeit des Bundesgerichtes gehören: 1. Alle Gegenstände, wofür die Bundesgerichte competent sind. 2. Klagen eines Einzelstaates gegen die Bundesgewalt wegen Verletzung der Bundesverfaßung durch Erlaßung von Bundesgesetzen und Maaßregeln der Bundesregierung, sowie Klagen der Bundesgewalt gegen einen Einzelstaat wegen Verletzung der Bundesverfaßung. 3. Streitigkeiten zwischen dem Staatenrath und dem Nationalrath unter sich, und zwischen jedem von ihnen und der Bundesregierung, welche die Auslegung der Bundesverfaßung betreffen, wenn die streitenden Theile sich vereinigen, die Entscheidung des Bundesgerichts einzuholen. 4. Politische und privatrechtliche Streitigkeiten aller Art zwischen einzelnen Deutschen Staaten. 5. Streitigkeiten über Thronfolge, Regierungsfähigkeit und Regentschaft in den Einzelstaaten. 6. Streitigkeiten zwischen der Regierung eines Einzelstaates und dessen Volksvertretung über die Gültigkeit oder Auslegung der Landesverfaßung. 7. Klagen der Angehörigen eines Einzelstaates gegen die Regierung wegen Verletzung der Landesverfaßung, wenn die in der Landesverfaßung gegebnen Mittel der Abhülfe nicht zur Anwendung gebracht werden können. 8. Klagen der Angehörigen eines Einzelstaates gegen die Regierung wegen Aufhebung oder verfaßungswidriger Veränderung der Landesverfaßung. 9. Beschwerden wegen verweigerter oder gehemmter Rechtspflege, wenn die landesgesetzlichen Mittel der Abhülfe erschöpft sind. 10. Strafgerichtsbarkeit über Anklagen gegen die Bundesminister, insofern sie deren ministerielle Verantwortlichkeit treffen. 11. Strafgerichtsbarkeit über Anklagen gegen die Minister der Einzelstaaten, insofern sie deren ministerielle Verantwortlichkeit treffen – und die Gerichte der Einzelstaaten dazu nicht competent sind. 12. Strafgerichtsbarkeit in den Fällen des Bundesverraths.

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13. Klagen gegen den Bundesfiscus, die Bundesbank und die Bundesinstitute, wo ein gemeinrechtlicher Gerichtsstand nicht begründet sein sollte. 14. Klagen gegen Deutsche Staaten, wenn die Verpflichtung, dem Anspruche Genüge zu leisten, zwischen mehreren Staaten zweifelhaft oder bestritten ist, sowie wenn die gemeinschaftliche Verpflichtung gegen mehrere Staaten in einer Klage geltend gemacht wird. Die Frage, ob ein Fall zur Entscheidung des Bundesgerichts geeignet sei, entscheidet einzig und allein das Bundesgericht selbst. Artikel 42 Das Bundesgericht wird durch Delegation von Mitgliedern der Oberappellationsgerichte gebildet. Die Ernennung geschieht durch die Einzelregierungen. Sie geschieht auf Lebenszeit. Haben mehrere Deutsche Staaten zusammen ein gemeinschaftliches Oberappellationsgericht, so haben sie sich über die Person des Delegaten unter sich zu einigen. Preußen ernennt 6 Mitglieder, Bayern ernennt 4 Mitglieder, und einen der zwei Vicepraesidenten, Sachsen, Hanover, Württemberg, Baden je 2 Mitglieder, aus welchen sie zusammen den 2ten Vicepraesidenten bezeichnen. Preußen ernennt außer seinen Mitgliedern den Praesidenten, und das übrige Personal des Gerichts. Jeder der übrigen Oberappellationsgerichtssprengel ernennt 1 Mitglied. Alle Delegirten Mitglieder und das ganze Personal des Gerichtes werden mit ihren Besoldungen auf die Bundeskasse übernommen, und empfangen außerdem für die Zeit ihrer jährlichen Sitzungen Tagesgebühren und Entschädigung der Kosten. Sie bleiben für die Zeit, wo kein Material für das Bundesgericht vorliegt, Mitglieder der Oberappellationsgerichte, denen sie angehören. Der Praesident des Bundesgerichtes ruft die Beisitzer so oft ein, als es nöthig ist. Artikel 43 Ueber das Verfahren, die Vollziehung der Entscheidungen, wird ein Bundesgesetz erlassen. Desgleichen ein Bundesstrafgesetz und eine Strafgerichtsordnung. Ebenso bleibt die Einsetzung von See- und Admiralitätsgerichten und die Bestimmung der Gerichtsbarkeit der Gesandten und Consuln der Bundesgesetzgebung vorbehalten. __________

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Schließlich hätten eine Reihe von Bestimmungen zu folgen, welche ebensoviele Voraussetzungen eines gedeihlichen Functionirens der neuen Organisation sind. Abschnitt VII Artikel 44 Keine Bestimmung in der Verfaßung eines der Bundesstaaten darf mit den Bestimmungen des Bundesverfaßungsstatuts in Widerspruch stehen. Mit dem Tage der Einführung desselben erlischt für alle einzelnen Regierungen, alle Behörden, alle Kammern das Recht, in einem der Geschäftszweige, welche der Bundesgewalt zugewiesen sind, wirksam zu werden. Die Überschreitung dieser Bestimmung constituirt das Verbrechen des „Bundesverraths“. Artikel 45 Alle einzelnen Staaten sind verpflichtet, die solchergestalt werthlos gewordenen Behörden, die in Wegfall kommenden Verfaßungsbestimmungen und Institutionen auch tatsächlich aufzuheben. Desgleichen werden sie alle Einzelnen und alle Behörden, welche durch Zuweisung eines Geschäftszweiges an die Bundesgewalt derselben künftig unterstehen werden, der Verpflichtungen gegen sie selbst, soweit die Bundesverfaßung es erfordert, jederzeit entbinden, vornehmlich auch für die Zeit, als sie im Bundesdienst verwandt werden, ihre Officiere und Militärbeamten, das diplomatische Personal, die etwa zu übernehmenden Zollbeamten p.p. Die Bundesleitende Macht vor allem bringt die Modificationen ihrer Verwaltung zu Stande, welche die Collision mit ihren Bundesministern unmöglich macht. Sie scheidet aus dem Geschäftskreise ihrer Ministerien alle Competenzen aus, welche dem Bundesministerium zugewiesen sind, so daß überall, wo Verantwortlichkeit für Bundesangelegenheiten eintritt, die Verantwortlichkeit gegen die preußischen Kammern aufhört. Sie wird das Praesidium der restirenden Geschäftszweige des preußischen Ministeriums dem jedesmaligen 1. Bundesminister übertragen. Die Preußischen Ministerien nehmen den Namen „Generaldirection des Innern“ p. p. an, und die Chefs den Titel „Vorstand der Generaldirection“. Artikel 46 Die Regierungen der einzelnen Staaten sind verpflichtet, alle Positionen über die Gegenstände, welche der Bundesgewalt unterworfen und im Bundesbudget bewilligt werden, in einem besonderen Etat zusammengestellt, ihrem Staatsbudget zur Kenntnißnahme ihrer Stände beizulegen. Es ist dasselbe mit den genauen Belegen zu versehen, wie solches den beiden Bundesräthen vor-

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gelegt wird. Alle so nachgewiesenen Positionen und die darauf ruhende Quote der Matricularbeiträge eines einzelnen Staates sind der Controlle der Stände so weit entzogen, als dafür die Bewilligung der Bundesräthe vorliegt. Artikel 47 Die Bundesleitende Macht verpflichtet sich für Wahrnehmung der Geschäfte eines ihr mit dem Rechte der Stellenvergebung zugewiesenen Zweiges, innerhalb eines jeden Landes, nur Angehörige dieses Staates zu wählen, wo nicht eine Ausnahme durch besondere Rücksichten auf das Wohl des Dienstes gerechtfertigt ist. __________ Im Falle die „Verfaßung“ überhaupt nicht als definitive Organisation beschlossen würde, so wäre hier auch der Modus des Uebergangs in einen anderen, wäre es auch der frühere Zustand, anzugeben. Umgekehrt würde im Falle dies „Bundesverfaßungsstatut“ als definitive Organisation angenommen würde, eine Vorsorge für den Fall eines Regierungswechsels in Preußen zu treffen sein, etwa über die Zeit binnen der die Bundesräthe einberufen werden müßen. Für die meisten Zwecke genügt aber, was die preußische Verfaßung darüber vorgesorgt hat. Bundesbeschlüße welche zum formellen Abschluße der neuen Ordnung und rechtlichen Überleitung aus der „des deutschen Bundes“ gehören: 1. Ein Bundesbeschluß, welcher die rechtliche Stellung von Holstein und Luxemburg-Limburg, auf Grund des Abkommens mit Dänemark und Niederlande ausspricht. 2. Ein Bundesbeschluß, welcher den mit Oestreich abgeschloßenen Vertrag, wie den der einzelnen Staaten mit Preußen registrirt, die Einwilligung Oestreichs, Preußens und der einzelnen Bundesstaaten in die Einführung der in letzterm begründeten Verfaßung enthält, und die Uebergabe der von dem Bunde wahrgenommenen Rechte und Pflichten an die neue Bundesgewalt ausspricht. 3. Ein Bundesbeschluß, der diese Uebergabe den europäischen Mächten und Garanten der Wiener Verträge zu notificiren bestimmt. 4. Ein Bundesbeschluß, der einen Ausschuß zur Eigenthum’s Uebergabe und Abwiklung [sic] der Geschäfte einsetzt; endlich: 5. Ein Bundesbeschluß, der die Sitzungen des Bundestag[s] auf unbestimmte Zeit suspendirt. __________

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Wien, 29. September 1859

Damit wäre in wenigen Grundzügen der Weg ungefähr angedeutet, der gegangen werden müßte, wenn die Deutschen Staaten und vor allem deren Souveraine die Ansicht gewinnen könnten, daß die Aufrechthaltung einer als werthlos erfundenen Form ihren eigenen Interessen und denen ihrer Völker nicht entspricht, daß es aber zugleich unmöglich ist, einen Organismus einiger Leistungsfähigkeit herzustellen, ohne erhebliche Opfer für die Einzelberechtigten. Wie verfahren werden müßte, diese Ueberzeugung zu wecken und einen Entwurf, wie den vorliegenden[,] in die Realität überzuführen, ist Aufgabe der praktischen Politik, nicht dieser Blätter.

25. Arnim1 an Schleinitz

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GStA Berlin, III. HA, Nr. 147, fol 229–233. Behändigte Ausfertigung. Übermittelt „Durch Englischen Courier“. Praes.: 1. Oktober 1859. Vermerk: „Zu den Acten. Sch 8/10“. Druck: Die auswärtige Politik Preußens, Bd. 1, Nr. 527, S. 803 f.; Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 1, S. 39–41.

Österreich erwartet mit Ungeduld Verhandlungen mit Preußen über Reformen der Bundesverfassung und will dazu Preußen die Initiative überlassen. Rechberg ist der Auffassung, daß Reformverhandlungen unnütz sind, so lange die Einigkeit der Großmächte nicht feststeht. Andererseits werden Reformen entbehrlich, wenn zwischen Österreich und Preußen Einverständnis besteht. Ohne dieses Einverständnis ist keine Form stark genug, um Deutschland zusammenzuhalten. Wünschenswert sind nach Rechbergs Ansicht einige praktische Verbesserungen im Hinblick auf die Kommandogewalt bei den Bundescorps und die Bestimmung eines Bundesfeldherrn bereits in Friedenszeiten. Rechberg schlägt vor, für jeweils fünf Jahre einen Oberbefehlshaber der Bundesarmee zu bestellen. Arnim hält es für eine Fiktion zu glauben, ein Bundesgeneral könne eine Autorität insbesondere im Hinblick auf die Kontingente der großen Staaten erlangen. Man darf die Machtverhältnisse nicht ignorieren, wenn man etwas Reales schaffen will, und deshalb kann der Oberbefehl nur von Österreich und Preußen ausgeübt werden, entweder in Form eines Alternats oder gemeinschaftlich. – Zu den Münchener Beratungen der Mittelstaaten bemerkt Rechberg, man solle sich hüten in Frankfurt Reformanträge einzubringen, ohne zuvor ein Einverständnis mit allen Regierungen erzielt zu haben. – Rechberg zeigt sich befriedigt über die Zurückweisung der Stettiner Adresse durch die preußische Regierung. – Rechberg kritisiert heftig den Herzog von Coburg und sieht in der gothaischen Agitation eine „revolutionaire, auf den Umsturz der Bundesverfassung gerichtete Bewegung“.

1 Harry Kurt Eduard Freiherr von Arnim-Suckow (1824–1881), 1859/60 preußischer Legationssekretär in Wien; Grypa, Der Diplomatische Dienst des Königreichs Preußen, S. 458.

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Arnim an Schleinitz

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Wien, 29. September 1859 Euerer Excellenz hohen Erlaß vom 23sten d. Mts. die Coburgische Angelegenheit betreffend, habe ich dem Grafen Rechberg vorgelesen und ihm auf seinen Wunsch Abschrift davon gegeben.2 Nachdem ich die Vorlesung beendigt hatte, sagte Graf Rechberg: „3Wenn3 Ihre Regierung Reformen der Bundes-Verfassung für nöthig hält, so sind wir bereit mit Berlin in Verhandlungen darüber zu treten. Ja ich kann sagen daß wir den Beginn derselben mit Ungeduld erwarten und Preußen 4sehr gern die Initiative überlassen.“4 Auf meine Frage, ob er denn wirklich glaube daß dergleichen Verhandlungen jetzt ein Resultat haben könnten, erwiederte er etwa Folgendes: „Ich weiß sehr wohl daß alle Verhandlungen über Reformen unnütz sind, so lange die Basis der ganzen Bundes-Verfassung, das Princip auf welchem Deutschlands Existenz überhaupt beruht, d. h. die Einigkeit der beiden Großmächte nicht feststeht. Auf der andern Seite werden allerdings auch Reformen in dem Maße entbehrlich als das Verständniß zwischen Oesterreich und Preußen innig ist. Mit demselben ist jede Verfassung ausreichend, ohne dasselbe keine Form stark genug Deutschland zusammenzuhalten. Immerhin giebt es jedoch einige practische Verbesserungen der bestehenden Bestimmungen, über die es wünschenswerth wäre eine Einigung herbeizuführen. So wäre es gewiß gut wenn für die Commando-Verhältnisse der einzelnen Bundeskorps Anordnungen getroffen würden, wie sie für das 8te Corps bereits bestehen,5 so daß bei ausbrechendem Kriege nicht erst darüber verhandelt zu werden braucht, wer das Corps kommandiren soll. Noch wichtiger wäre eine Abänderung der Bestimmungen über den Bundesfeldherrn. Nach meiner Ansicht müßte der Bund stets, auch im Frieden, einen Bundesfeldherrn haben, der im 2

Schleinitz an Arnim, Berlin, 23. September 1859, in: Die auswärtige Politik Preußens, Abt. 1, Bd. 1, Nr. 525, S. 800–802. Mit dem Erlaß reagierte Schleinitz auf einen Erlaß Rechbergs an die österreichische Gesandtschaft in Dresden vom 4. September 1859 (Srbik [Hrsg.], Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 1, Nr. 16, S. 24 f.), in dem dieser sich gegen die zustimmende Antwort des Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha auf die Adresse des Nationalvereins (s. dazu S. 146, Anm. 13) verwahrt und in dem Verhalten des Herzogs eine „Lossagung vom Bundesvertrage“ erblickt hatte. Schleinitz verteidigte den Herzog und versicherte, Preußen werde bei der zukünftigen Lösung der deutschen Frage nicht selbstsüchtig und einseitig vorgehen, sondern seine Pflichten Deutschland gegenüber beachten. 3–3 Unterstreichung. 4–4 Unterstreichung. 5 Marginalie: „Das steht ja den Betheiligten eben so frei wie bei dem 8. Corps.“ – Nach Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 1, S. 41, handelt es sich um eine Bleistiftnotiz von Graf Schlieffen. Albrecht Hermann Alexander Graf Schlieffen (1802–1864) war von 1851 bis 1861 Vortragender Rat in der Ersten Abteilung des preußischen Außenministeriums; vgl. Grypa, Der Diplomatische Dienst des Königreichs Preußen, S. 405.

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Frieden für den kriegstüchtigen Zustand der Bundes-Armeen sorgt, und uns so die kostbare6 und nutzlose Ceremonie der Bundes-Inspectionen erspart. Auch würde dann im Moment des Krieges nicht erst nöthig sein mit irritirenden Verhandlungen über die Wahl des Bundesfeldherrn Zeit zu verlieren. Man könnte – denke ich – recht wohl dahin kommen, von 5 zu 5 Jahren einen Oberbefehlshaber der Bundesarmee zu bestellen, und würde damit einen großen Schritt in der Wehrverfassung des Bundes gethan haben.“ Ich erwiederte dem Grafen Rechberg, daß ich die Ansichten meiner Regierung über diesen Punkt nicht kenne. Wenn ich jedoch meine persönliche Ansicht über seine Aeußerungen aussprechen dürfe, so schiene mir daß man fortfahren würde sich mit Fiktionen zu unterhalten, wenn man glauben wollte, daß ein von der Bundesversammlung auf 5 oder 10 Jahre gewählter General, kraft dieser Bestallung irgend welchen Einfluß auf die Fortbildung und die Tüchtigkeit der Bundes-Armee oder irgend eine Autorität innerhalb der großen Armeen haben könne, welche ihre Contingente zum Bundesheer stellen. – 7Ein wirklicher Fortschritt7 im Sinne der größeren Concentration der Bundesmacht könne ich nur in einer Einrichtung erkennen welche die lebendigen Machtverhältnisse nicht ignorire. Nur Oesterreich und Preußen seien im Stande die Leitung der militairischen Kräfte des Bundes im Kriege oder im Frieden zu übernehmen. 8Wolle man also etwas Reales schaffen, so müsse man sich entschließen, dieses Factum durch bundesgesetzliche Bestimmungen zur Anerkennung zu bringen,8 und ganz einfach Oesterreich und Preußen mit dem Oberbefehl über die Bundesarmee im Krieg und Frieden beauftragen, sei es daß man für die beiden Mächte ein Alternat einrichte oder beiden gemeinschaftlich die Führung eines Heereskörpers übertrage der ohnehin 9nie auf einem Kriegstheater9 operiren würde. – Graf Rechberg sagte darüber könne man eben unterhandeln, und er wünsche nichts mehr, als eine Gelegenheit dazu von Berlin aus zu erhalten.10 Ich fragte hierauf den Grafen Rechberg was er von den Verhandlungen der Premierminister der rein deutschen Staaten in München höre. „Ich habe darüber gar keine Berichte des Fürsten Schönburg der nicht in’s Geheimniß gezogen zu sein scheint,“ erwiederte Graf Rechberg, [„]jedoch erwarte ich den Baron Beust, der sich angemeldet hat. Wenn man in München Reform-Anträge vereinbart hat, die in Frankfurt eingebacht werden sollen, so wird ein Resultat nicht erreicht werden. Frankfurt ist für dergleichen Dinge nicht der Boden, 6 7–7 8–8 9–9 10

Im Sinne von: kostspielig. So in der Vorlage. Grammatikalisch richtig müßte es heißen: „Einen wirklichen Fortschritt“. Unterstreichung. Unterstreichung. Marginalie: „Für uns wäre es jetzt rathsamer, die Gelegenheit vielmehr in Wien zu erhalten.“ Zur Urheberschaft siehe oben Anm. 5.

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und man sollte sich hüten in Frankfurt etwas zur Sprache zu bringen, worüber nicht vorher ein Einverständniß aller Regierungen erzielt worden ist.“ Ich konnte dem Grafen Rechberg mit Rücksicht auf diese Aeußerung, welche im Munde des ehemaligen Leiters der Bundes-Majorität mich einigermaßen überraschte, nur beipflichten und verhehlte ihm nicht, daß mir die Bestrebungen der versammelten Premier-Minister eben so wenig zweckförderlich erschienen wie die Eisenacher und Frankfurter Beschlüsse. – Diese Aeußerung führte dann auf den Erlaß des Grafen Schwerin an die Unterzeichner der Stettiner Adresse.11 Graf Rechberg äußerte, daß er mit den allgemeinen Rechtsprincipien, von welchen die Antwort des Grafen ausginge, nur im höchsten Maße befriedigt sein konnte. Freilich hatte er gewünscht daß die Verwerflichkeit und Unzulässigkeit der Eisenacher Bestrebungen mehr betont worden wäre. Ich unterließ nicht den Minister darauf aufmerksam zu machen, daß es wohl ebenso wenig in der Aufgabe meiner Regierung liegen könne, sich polemisirend auf die détails eines Parteiprogramms einzulassen, als man berechtigt sei von ihr zu erwarten, daß sie die von ihr schon oft behauptete Nothwendigkeit von Bundes-Reformen verläugnen und in Abrede stellen solle, weil dieselben auch von einer Partei verlangt würden, deren Programm mit allen Consequenzen ja eben durch die Berufung auf das Recht der deutschen Fürsten von der Hand gewiesen wurde. Das Gespräch lenkte sich dann auf die nächste Veranlassung dieser Unterredung, die Antwort des Herzogs von Coburg12 an die Gothaer Deputation13, und ich fragte den Grafen Rechberg, ob nicht vielleicht die ganze Sache durch seine Depesche an den Kaiserlichen Vertreter am Coburg’schen Hofe eine Wichtigkeit bekommen habe, die ihr in keiner Weise ursprünglich beiwohne. Der Kaiserliche Minister entwickelte nun seine Auffassung von der in Deutschland zu Tage getretenen Agitation dahin, daß dieselbe nichts sei, als eine revolutionaire, auf den Umsturz der Bundesverfassung gerichtete Bewegung, die ein deutscher Bundesfürst nicht unter seine Obhut nehmen könne, 11 Siehe oben Dok. 8. Zum Erlaß von Graf Schwerin siehe Dok. 18. 12 Ernst II., Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha (1818–1893), regierte seit 1844 und protegierte den Nationalverein; NDB, Bd. 4, S. 621 f. 13 Damit sind offenbar die Vertreter des Nationalvereins gemeint, die seit Ende August 1859 in Verhandlungen mit Ernst II. standen und in einer Adresse an den Herzog dessen Unterstützung und Protektion erbaten. Die zustimmende mündliche Antwort Ernsts II. erfolgte am 28. August 1859, wobei der Herzog unter anderem sagte: „Und so nehmen Sie denn meine Versicherung hin, daß ich nicht nur jetzt das Streben nach Bildung einer großen nationalen Partei mit Freuden begrüße, sondern auch stets mit Rath und That zur Hand sein werde, wo es sich darum handelt, unserem Vaterlande das Ansehen und die Macht zu verschaffen, auf welche die deutsche Nation vor Allem so gerechten Anspruch hat.“ Ernst II., Aus meinen Leben, Bd. 2, S. 521 f., Zitat S. 522. Vgl. Biefang, Politisches Bürgertum, S. 79; Brütting, Fürstlicher Liberalismus, S. 57.

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Bremen, 5. Oktober 1859

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ohne sich außerhalb der Bundesversammlung zu stellen. Wenn der Herzog von Coburg seine Worte nicht in dem Sinne aufgefaßt wissen wollte, wie die Kaiserliche Regierung sie allerdings aufgefaßt habe, so könne er nichts besseres thun, als sich diejenige Interpretation aneignen, welche in dem über seine Aeußerungen vorgelesenen Erlasse von Euerer Excellenz gegeben sei. Eine Antwort von Coburg habe er noch nicht erhalten. Arnim

26. Albers1 an Elder22 StA Bremen, 2–M.3.b.3.b.3.b, Nr. 47. Konzept.

Die Bundesverfassung ist im Absterben begriffen; Kritik an der preußischen Haltung gegenüber dem Bund und an den „albernen“ mittelstaatlichen Reformversuchen.

Bremen, 5. Oktober 1859 Ihre beiden Schreiben vom 30. Septbr. und 3. Octbr. habe ich – verehrter Herr Syndicus – erhalten. Sie haben recht! Ueber eine regiminale Einheit Deutschlands wird und kann man sich reb. sic. stantibus nicht verständigen! Die Bundesverfassung ist aber auch ein im Absterben begriffenes diplomatisches Geschöpf. Wenn Preußen nicht formell gültigen Bundestagsbeschlüssen pariren, sich nicht majorisiren lassen will, so sind Bundesbeschlüsse ein juristischer Unsinn. Was will denn aber Preußen noch weiter im Bunde? Churhessen zur Einführung der Verf. von 1831 zwingen, selbst aber nicht gehorchen und sich nicht zwingen lassen wollen. Nicht pariren wollen, als Princip aufstellen: wir lassen uns nicht majorisiren und doch im Bunde bleiben, ist ein Widerspruch in sich, und nur durch die Halbheit und Unklugheit der Preuß. Politik erklärlich. Wenn aber eine Einheit nicht zu erreichen, und die Bundesverfassung als ein an allen Ecken und Enden zerfetztes Hemd aussieht, was Deutschland, wie die Bettler vor ihrer Hütte, in Frankfurt ausgehängt hat. Was dann?

1 Georg Wilhelm Albers (1800–1876), 1847–1869 Senator der Hansestadt Bremen, 1857–1863 bremischer Bundestagsgesandter; Wurthmann, Senatoren, S. 473; Bremische Biographie, S. 3 f. 2 Peter Ludwig Elder (1798–1881), Syndikus und Senator der Hansestadt Lübeck, 1854–1866 Bundestagsgesandter von Lübeck; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 260.

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Antrag auf Revision der Bundeskriegsverfassung

Nr. 27

Die albernen mittelstaatlichen Reorganisationsversuche sind lächerlich. Die deutschen Mittelstaaten sind in der Europäischen Politik Nullen, haben gar keine Bedeutung, und leiden sammt und sonders an widrigen Aufblähungen. Das Ding wird sich also eine Weile so hinschleppen, bis ein großes historisches Ereigniß es todtschlägt. Die Frankfurter, Eisenacher Erklärungen haben für den Moment wenig Werth, sie könnten höchstens vorbereitend wirken, wenn sie die Sachen nur greifbarer, practischer behandelten, und nicht wieder in den Fehler von 1848 – „das Steckenpferdreiten“ verfallen wären. Ist Ihnen beifolgender Bericht von Geffcken3 bereits von Lübeck mitgetheilt? Ihr ergebenster (gez.) Albers.

27. Antrag von Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Großherzogtum Hessen und Nassau auf Revision der Bundeskriegsverfassung ProtDBV 1859, § 280, S. 734–736.

Die öffentliche Meinung ist zu der gefährlichen Schlußfolgerung gelangt, daß die deutsche Bundesverfassung unausführbar und unzureichend sei. Die antragstellenden Regierungen sprechen ihre Überzeugung aus, daß es bei aufrichtigem Willen möglich ist, die Bundeszwecke zu erreichen und eine Verbesserung der Bundesverfassung herbeizuführen. Solange dieses aber noch nicht erfolgt ist, schlagen die Regierungen im Interesse der gemeinsamen Sicherheit eine Änderung der Bundeskriegsverfassung vor. Der Bundestag beschließt, den Antrag dem Militärausschuß zuzuleiten.

32. Sitzung

Frankfurt am Main, 20. Oktober 1859

§ 280. Antrag von Bayern, Königreich Sachsen, Hannover, Württemberg, Großherzogthum Hessen und Nassau in Betreff der Revision der Kriegsverfassung des Deutschen Bundes. Bayern, Königreich Sachsen, Hannover, Württemberg, Großherzogthum Hessen und Braunschweig und Nassau für Nassau. Die öffentliche Meinung Deutschland ist, von dem Eindrucke der politischen Ereignisse der jüngsten 3 Friedrich Heinrich Geffcken (1830–1896), 1856–1866 hamburgischer Geschäftsträger und Ministerresident in Berlin; ADB, Bd. 55, S. 763–770; DBE, Bd. 3, S. 597.

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Zeit irregeleitet, vielfach zu der in ihren Consequenzen gefährlichen Schlußfolgerung gelangt, daß die deutsche Bundesverfassung den Grund der Unausführbarkeit in sich selbst trage, und daß dieselbe zu Erreichung ihrer Hauptzwecke, als der Wahrung der Sicherheit Deutschlands, und der Förderung seiner gemeinsamen Interessen unzureichend sey. Angesichts dieser beklagenswerthen Tatsache erachten es die antragstellenden Regierungen für ihre Pflicht, im Schooße hoher Versammlung zunächst ihre innigste Ueberzeugung offen dahin auszusprechen, daß es nur des aufrichtigen und ernsten Willens aller im Bunde vereinigten Staaten zu unverkürzter Ausführung der Bestimmungen des Bundesvertrages bedürfe, um die Zwecke des Bundes zu erreichen, und insbesondere auch Conflicten mit dem Auslande gegenüber derjenigen Machtentwicklung und einheitlichen Action fähig zu seyn, welche die Sicherheit des Bundes zu verbürgen geeignet ist. Dabei mißkennen dieselben indessen nicht, daß die Verfassung und die Einrichtungen des Bundes der Entwicklung und Fortbildung wohl fähig seyen, und sie werden deßhalb gern auf die sorgsamste Prüfung und Verhandlung von Vorschlägen eingehen, die unter unverrückter Festhaltung der Grundprincipien des Bundesvertrages durch Anbahnung lebendigen Vollzuges desselben und durch heilsame Verbesserung und Ausbildung der Bundesverfassung Deutschlands Gesammtwohl zu fördern geeignet wären, und durch welche die Wiederkehr der während der jüngsten Zeitereignisse so folgeschwer hervorgetretenen Einwendungen gegen Ausführung bundesverfassungsmäßiger Bestimmungen und gegen Beschlußfassungen des Bundes fern gehalten werden könnte. Auf der anderen Seite betrachten sie es aber, in so lange eine Aenderung der bestehenden Grundgesetze des Bundes in verfassungsmäßiger Weise nicht eingetreten ist, als eine unzweifelhafte Verpflichtung aller Bundesglieder, für Aufrechthaltung und Vollzug dieser Gesetze, wie der von der Bundesversammlung in ihrer Zuständigkeit gefaßten Beschlüsse einzustehen und hierzu mitzuwirken, nicht minder aber auch unberufenen, auf Umsturz der Bundesverfassung gerichteten Bestrebungen nach Maßgabe der bestehenden Gesetze mit allem Ernste entgegenzutreten. Von diesen Ansichten geleitet, und hiernach etwaigen Anträgen in vorerwähnter Richtung entgegensehend, glauben die antragstellenden Regierungen jedoch ihrerseits schon jetzt die Aufmerksamkeit der hohen Versammlung auf Eines lenken zu sollen. Es hat sich nämlich während des Verlaufes der jüngsten Zeit vor Allem die Ansicht verbreitet, daß die Bundes-Kriegsverfassung nicht ausreiche, um eine den Schutz des Bundes sichernde Verwendung der Wehrkraft desselben zu verbürgen, und es hat diese Ansicht bekanntlich selbst in officiellen Aeußerungen Ausdruck gefunden.

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Antrag auf Revision der Bundeskriegsverfassung

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Im Interesse der gemeinsamen Sicherheit, wie in Berücksichtigung der durch jene Ansicht in weiten Kreisen verbreiteten Besorgnisse, scheint es den antragstellenden Regierungen unerläßlich zu seyn, sofort in sorgsamste Erwägung zu ziehen, ob und welcher Aenderungen die Bundes-Kriegsverfassung allenfalls bedürftig sey, um ihren Zweck zu erfüllen, und es haben hiernach die Gesandten zu beantragen: Hohe Bundesversammlung wolle die Bundes-Militärcommission beauftragen, alsbald die Bundes-Kriegsverfassung einer sorgsamen Prüfung zu unterziehen und sich auf Grund derselben baldmöglichst gutachtlich zu äußern, ob und welche Aenderungen an derselben sie für nöthig erachte, um die entsprechendste Verwendung der Wehrkraft des Bundes zu dessen Schutz zu sichern. Hannover. Der Gesandte ist beauftragt, Vorstehendes mit der Erklärung zu begleiten, daß seine allerhöchste Regierung, indem sie mit den höchsten und hohen Regierungen von Bayern, Königreich Sachsen, Württemberg, Großherzogthum Hessen und Nassau sich zu dem gemeinschaftlichen Antrage vereinigte, nicht auch durchweg die Motivirung dieses Antrages sich angeeignet, vielmehr nur geglaubt hat, daß eine Revision der Bundes-Kriegsverfassung wesentliche Verbesserungen darin bringen, namentlich die innere Tüchtigkeit der einzelnen Contingente und dadurch die Wehrhaftigkeit von ganz Deutschland fördern könne. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz. Die Großherzoglichen Regierungen erklären sich mit dem von Bayern, Königreich Sachsen, Hannover, Württemberg, Großherzogthum Hessen und Nassau gestellten Antrage auf Revision der Bundes-Kriegsverfassung vollkommen einverstanden und schließen sich demselben an, behalten sich jedoch eventuell vor, dieser Erklärung eine nähere Motivirung folgen zu lassen, indem sie eine vorherige Berathung mit einander über diejenigen Gesichtspunkte, welche in dieser wichtigen Bundesangelegenheit ihnen vorzugsweise beachtenswerth erscheinen dürften, für erforderlich halten. Präsidium schlägt vor, den obigen Antrag dem Ausschusse in Militärangelegenheiten zuzuweisen. Umfrage. Oesterreich. Der Gesandte tritt diesem Präsidialvorschlage um so mehr bei, als die Motivirung des Antrages mit den Ansichten der Kaiserlichen Regierung übereinstimmt. Preussen. Der Gesandte hat gegen die Ueberweisung an den Ausschuß nichts einzuwenden, aber folgende Erklärung abzugeben: Die Königliche Regierung kann in dem so eben gestellten Antrage, wonach die Bundes-Kriegsverfassung einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden soll, nur ein ihren eigenen Absichten entsprechendes Entgegenkommen erblicken. Denn auch sie ist längst von der Ueberzeugung durchdrungen, daß

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diese Verfassung den Anforderungen der realen Verhältnisse nicht entspricht und unpraktische Bestimmungen enthält, welche für den Fall eines Krieges die nothwendige Energie und Einheit der Action zu gefährden geeignet sind. In den ihrem Antrage vorausgeschickten Bemerkungen haben die hohen Regierungen auch die Bundesverhältnisse im Allgemeinen und deren Fortbildung zum Gegenstande der Erörterung gemacht. Ihrerseits hat die Königliche Regierung die hohe Wichtigkeit der hier berührten Fragen niemals verkannt, vielmehr denselben längst ihre vollste Aufmerksamkeit zugewendet. Sie wird hierin und bei der Beurtheilung der Aufgaben und der bestehenden Einrichtungen des Bundes, wie während der jüngsten Zeitereignisse so auch jetzt noch, von der Ueberzeugung geleitet, daß das sicherste Mittel, den Bundesbeschlüssen ihre Autorität und den bundesverfassungsmäßigen Bestimmungen ihre Wirksamkeit zu sichern, darin zu suchen ist, daß jene innerhalb des Gebietes ihrer richtig beschränkten Competenz und diese auf der Basis praktischer Ausführbarkeit sich bewegen. Geht der Bund bei weiterer Entwicklung seiner Institutionen, von deren Nothwendigkeit die Königliche Regierung durchdrungen ist, von dieser Basis aus, und läßt er dabei zugleich den wohlverstandenen Bedürfnissen der Nation und den realen Machtverhältnissen seiner Mitglieder ihre volle Berücksichtigung widerfahren, so wird man sich auch mit Recht der Erwartung hingeben dürfen, daß in Tagen der Gefahr er sich derjenigen Machtentwicklung und einheitlichen Action fähig zeigen werde, welche seine Sicherheit zu verbürgen geeignet ist. Bayern, Königreich Sachsen, Hannover und Württemberg treten dem Präsidialvorschlage bei. Baden. Die Großherzogliche Regierung ist vollkommen damit einverstanden, daß die Militärcommission veranlaßt werde, die bereits im Jahre 1853 in Angriff genommene und noch nicht in allen Theilen vollendete Revision der Bundes-Kriegsverfassung sofort wieder aufzunehmen und mit aller Thätigkeit zu Ende zu führen. Sämmtliche übrigen Gesandtschaften erklärten sich mit dem Vorschlage des Präsidiums einverstanden. Demgemäß erfolgte der Beschluß: den obigen Antrag der Regierungen von Bayern, Königreich Sachsen, Hannover, Württemberg, Großherzogthum Hessen und Nassau dem Ausschusse in Militärangelegenheiten zuzuweisen.

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28. König Maximilian II. an Schrenk

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28. König Maximilian II. an Schrenk HStA München, MA 492. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 30. Oktober 1859.

König Maximilian II. will sich nicht auf Ministerkonferenzen einlassen, wenn er nicht vorher genau weiß, was dabei verhandelt werden soll. Bayern muß stets Herr der Situation bleiben und darf sich nicht auf eine Bahn drängen lassen, die nicht in seinem Interesse liegt.

Vorder Riss, 28. Oktober 1859 Herr Staats Minister Freyherr von Schrenk! Indem Ich die in jüngster Zeit eingelaufenen Berichte aus Dresden und Frankfurt über die Bundesreformbewegung hiebei zurückgebe, bemerke Ich zu Ihrer Verständigung, daß Ich für die von dem Minister Freyherrn von Beust angeregte Wiederholung resp. Ausdehnung der Minister-Conferenzen nur unter der Voraussetzung bin, daß Ich vorher genau weiß, welche Fragen und in welchem Sinne sie dabei zur Erörterung kommen sollen und daß Ich entschlossen bin, Mich auf gar nichts einzulassen, wenn diese Punkte nicht vorher geregelt sind, damit Bayern stets Herr der Situation bleibt und durch den sehr rührigen Sächsischen Staatsmann nicht auf eine Bahn gedrängt werde, deren Verfolgung nicht in unserem Interesse liegt. Mit bekannten Gesinnungen Ihr wohlgewogener König Max

29. Artikel in der Ost-Deutschen Post 11 Ost-Deutsche Post Nr. 278 vom 28. Oktober 1859.

Die Mittelstaaten haben die Initiative zur Bundesreform ergriffen. Indem sie an der Auffassung festhalten, daß die Bundesverfassung hinreichend sei, um die inneren und äußeren Nationalzwecke zu verwirklichen, ignorieren sie die gerechten Wünsche der Nation. Die Mittelstaaten irren, wenn sie glauben, damit die Reformagitation beruhigen zu können. Die Bundesverfassung braucht wesentliche Ergänzungen, um aus der bisherigen Leblosigkeit zu einer organischen Tätigkeit erweckt zu werden. Die Reaktion des preußischen Bundestagsgesandten ist auffallend zurückhaltend und stellt die Grundprinzipien des Bundes indirekt in Frage. 1 Die Tageszeitung „Ost-Deutsche Post“ erschien von 1848 bis 1866 in Wien. Bis 1848 wurde das Blatt von Ignaz Kuranda (1811–1884) geleitet, der 1841 die liberale Wochenschrift „Der Grenzbote“ gegründet hatte, 1848 Abgeordneter der Paulskirche wurde und seit 1861 dem niederösterreichischen Landtag angehörte. Die Tendenz der „Ost-Deutschen Post“ war „gemäßigt-liberal mit großdeutscher Zielstellung, seit 1852 mit Beziehungen zum österreichischen Außenministerium“; Dokumente aus geheimen Archiven, Bd. 5, S. 464, Anm. 116; DBE, Bd. 6, S. 176.

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Wien, 28. Oktober 1859

Wien, 28. Oktober 1859 Ein Lebenszeichen des Bundestages. Wien, 27. Oktober. Der Ruf deutscher Nation nach einer Reform der Bundesinstitutionen hat endlich im Bundestage selbst ein Echo gefunden2, und wenn dasselbe selbstverständlich auch nicht die Wünsche wiedergab, welche die Stimme des Volkes gerufen hat und ruft, so ist es doch immerhin interessant, die Bundesbehörde wenigstens zur Erwägung der Reformfrage angeregt zu sehen und ein Lebenszeichen des Bundestages konstatiren zu können. Den Regierungen der deutschen Mittelstaaten gebührt das Verdienst, die Initiative ergriffen zu haben. Sie haben sich indessen auf das geringste Minimum dessen beschränkt, was geschehen konnte, wenn nur überhaupt etwas geschehen sollte. Es waren über die Münchener Ministerkonferenz Gerüchte im Umlauf, welche theils große Hoffnungen, theils schlimme Befürchtungen erregten. Das Auftreten der Mittelstaaten hat weder den einen noch den andern entsprochen. Man hatte bestimmt formulirte, tiefgreifende Anträge erwartet, die Mittelstaaten3 haben sich aber darauf beschränkt, lediglich eine Erklärung abzugeben. Der daran geknüpfte Antrag in Betreff einer Revision der Bundeskriegsverfassung zeigt in seiner vagen problematischen Fassung, daß er in der That eben nur gestellt wurde, um doch irgend etwas Positives wenigstens anzuregen. Die Erklärung war die Hauptsache, und sie ist allerdings gewichtig genug und trifft zweischneidig scharf nach zwei Seiten hin. Die Mittelstaaten erklären, daß sie an dem Bunde, wie er ist, festhalten wollen. Das ist sehr bedeutsam und lobenswerth in der Beziehung, daß dadurch dem von verschiedenen Seiten andringenden Bestreben, den Bund als solchen aufzulösen, ein Veto entgegengestellt wird, welches, da es von den vereinigten Mittelstaaten ausgesprochen wird, das Gewicht der Erklärung einer höchst respektabeln Großmacht hat. Die Mittelstaaten protestiren durch diese Erklärung gegen jede neue Staatengruppirung, gegen jede wie auch immer geartete und benamsete Mediatisirung im Bunde. Sie gehen aber noch viel weiter, sie sprechen die Ueberzeugung aus, daß der Bund, wie er ist, gut und hinreichend sei, die innern und äußern Nationalzwecke zu realisiren, sofern nur die Be2 In der ersten Sitzung der Bundesversammlung nach den Ferien am 20. Oktober 1859 hatten der bayerische Bundestagsgesandte von der Pfordten sowie seine Kollegen aus Sachsen, Hannover, Württemberg, Großherzogtum Hessen und Nassau die Möglichkeit und die Notwendigkeit einer Reform der Bundesverfassung hervorgehoben und den Antrag gestellt, die Bundesmilitärkommission mit einer Prüfung der Reform der Bundeskriegsverfassung zu beauftragen (Dok. 27). Dies war ein erster Schritt zur Umsetzung der Münchener Vereinbarungen vom 19. September 1859 (Dok. 22). 3 Emendiert. Vorlage: Mittelstanten.

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Artikel in der Ost-Deutschen Post

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stimmungen der Bundesverfassung von allen Staaten mit aufrichtigem und ernstem Willen zur unverkürzten Ausführung gebracht würden. Die Mittelstaaten erklären die öffentliche Meinung Deutschlands für irre geleitet in der Ansicht, daß die Bundesverfassung den Grund der Unausführbarkeit einiger ihrer wesentlichsten Bestimmungen in sich selber trage, und sie ignoriren gänzlich diejenigen lauten, dringenden und gerechten Wünsche der Nation, für deren Befriedigung in der jetzigen Bundesakte gar keine Vorsorge getroffen ist. Es wird nur zugegeben, daß die bestehende Verfassung und die vorhandenen Einrichtungen des Bundes der Entwickelung und Verbesserung fähig seien, aber die Grundprinzipien müßten unverrückt festgehalten werden, von einer Ergänzung derselben, um dadurch dem Bunde etwa erst den wirklichen lebendigen Inhalt zu geben, dürfte keine Rede sein. Es darf nicht verschwiegen werden, daß die Regierungen der Mittelstaaten sich einer Täuschung hingeben, wenn sie hoffen, durch diese ihre Erklärung die öffentliche Meinung Deutschlands eines Irrthums überführt und die Reformagitation beruhigt zu haben. Zu der Ueberzeugung, daß die Bundesverfassung wesentliche Ergänzungen braucht, um aus der bisherigen Leblosigkeit zu einer organischen Thätigkeit erweckt zu werden, ist das deutsche Volk nicht erst durch die politischen Ereignisse der jüngsten Zeit gebracht worden; diese Ueberzeugung ist so alt wie der Bund selber, und sie wird nach Anerkennung und Geltung ringen, so lange der Bund so bleibt wie er ist, und sie wird die Geltung auf irrigen, verzweifelten Wegen suchen, wenn ihr der klar vor Augen liegende richtige und rechte verschlossen bleibt. Die Erklärung der Mittelstaaten rief sofort eine Antwort des preußischen Bundestagsgesandten hervor4, gleichsam als ob die Expektoration der Mittelstaaten weit weniger an den Bundestag im Allgemeinen, als vielmehr speziell und direct an die preußische Regierung adressirt gewesen wäre. Diese Konversation ist von hohem Interesse. Die Mittelstaaten stumpften, wie gesagt, ihre scharfe Erklärung schließlich zu einem sehr unbestimmten Antrag ab, der preußische Gesandte aber faßte diese stumpfe Spitze, um seinerseits daraus eine sehr spitze Erklärung zu schmieden. Der Vertreter Preußens vermeidet es in auffallender Weise, seine Zustimmung zu der bedeutsam mahnenden Erklärung der Mittelstaaten auszusprechen, daß der Bundesverfassung, „insolange eine Aenderung in verfassungsmäßiger Weise nicht eingetreten ist“, von allen Bundesstaaten gehorcht werden müsse; er vermeidet es nicht nur, der Ansicht beizutreten, daß die Bundesverfassung gut und ausreichend sei, sondern er tritt dieser Ansicht indirect in der schärfsten Weise entgegen, indem er die Autorität der Bundesbeschlüsse von der nie gelösten und unlösbaren leidigen Kompetenzfrage abhängig 4 Siehe Dok. 27, S. 150 f.

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macht, und indem er offen ausspricht, daß es in der jetzigen Bundesverfassung praktisch unausführbare Bestimmungen gibt. Gegen das Grundprinzip des deutschen Bundes, nämlich gegen das Prinzip einer Genossenschaft vollkommen gleichberechtigter Mitglieder, verstoßt [sic] die preußische Erklärung, indem sie die volle Berücksichtigung der „realen Machtverhältnisse“ verlangt. Wenn der Vertreter Preußens auch von den „wohlverstandenen Bedürfnissen der Nation“ spricht, so können wir dies nicht würdigen, weil wir nicht wissen, auf welcher Seite das Kriterium des Wohlverständnisses gedacht wird. Indem wir derart das Lebenszeichen des deutschen Bundestages aufrichtig sine ira et studio betrachten, kommen wir zu dem betrüblichen Schlusse, daß es für die Beruhigung und Befriedigung Deutschlands ein noch ganz unergiebiges und wenig erhebendes sei.

30. Pergler von Perglas1 an König Maximilian II. HStA München, MA 492. Immediatbericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 2. November 1859.

Berichtet über die Haltung des hannoverschen Ministers von Borries zur Bundesreformfrage. Borries beklagt die Initiative zu einer Revision der Bundesgesetzgebung. Mit der liberal-demokratischen Bewegung kann der Bund nicht wetteifern. Wenn die Bundesgesetzgebung modifiziert würde, so ginge das auf Kosten der Mittel- und Kleinstaaten und würde Preußen in die Hände arbeiten, das nach der Hegemonie strebt. Borries spricht sich gegen die Schaffung eines Bundesschiedsgerichts aus, das die Autorität der Regierungen schwächen würde.

Hannover, 30. Oktober 1859 Allerdurchlauchtigster Großmächtigster Koenig Allergnädigster König und Herr! Bey Gelegenheit eines Besuchs, welchen ich dem Staatsminister von Borries abstattete, entwickelte mir derselbe die Grundsätze, welche mir schon von anderer Seite bezeichnet waren, als die bisher an Allerhöchster Stelle Geltenden in Bezug der Haltung, welche Hannover gegenüber einer Reform oder Revision der Bundes-Gesetzgebung beobachten müße. Während eines längeren Aufenthaltes Herrn von Borries’ in Norderney, haben Sich S. M. der König mit den Ansichten des Ministers nahezu2 identifi1 Maximilian Freiherr Pergler von Perglas (1817–1893), 1854–1860 bayerischer Ministerresident in Hannover; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 37. 2 Emendiert. Vorlage: nahe zu.

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Pergler von Perglas an König Maximilian II.

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cirt, und Herr von Borries, in Vereinigung mit Herrn Minister Wermuth3, genießt einen fast ausschließlichen Einfluß in Herrenhausen4, der bereits einen Zwiespalt im Ministerium verursacht hat, wenigstens steht Graf Platen-Hallermund dem Minister des Innern so schroff gegenüber, daß beide kaum lange nebeneinander im Amte bleiben können, falls sich ihre Ansichten nicht ausgleichen. Herr von Borries beklagt lebhaft, daß von deutschen Regierungen die Initiative einer Bundes-Gesetzgebungs-Revision ergriffen worden sey. Wenn dieselbe auch vorerst nur auf eine Revision der Bundeskriegsverfaßung beschränkt werden wolle, so böte doch die ihr zu Grunde liegende allgemeine Motivirung, welche er durchaus nicht billigen könne, die ernstesten Bedenken. Nach seiner Ansicht ist mit der liberalen-demokratischen Bewegung in Deutschland (die wohl organisirt sey, und den richtigen Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit erlauere) niemals zu wetteifern. Die Concessionen, welche die Regierungen etwa geneigt sein würden in der Richtung der Forderungen jener Bewegung und Parthey zu gewähren, können Cardinal-Punkte der BundesGesetzgebung nicht alteriren; alle anderen Concessionen oder Modifikationen würden nur Opfer der Mittel- und Kleinstaaten Deutschlands seyn, die Monarchieen schwächen, und schließlich werde allein Preußen in die Hände gearbeitet, das die Lockerung der Bundesgesetzgebung anstrebe um seine Hegemonie um so leichter durchzuführen; – deßhalb auch den jüngsten Antrag bezüglich der Revision der Kriegsverfaßung günstig begrüßt habe. Herr von Borries glaubt nimmermehr, daß durch Reform der Bundesgesetzgebung Deutschland eine Einrichtung geschaffen werden könne, welche die Rivalitaet der beyden deutschen Großmächte beseitigen würde, und ohne daß die einzelnen Monarchen wesentliche Souverainetaets-Rechte zum Opfer brächten. Man müße sich gegen die preußischen Tendenzen um so mehr versehen, als Oestreich durch seine traurige innere Lage wenig Schutz bey einer Crisis verleihen werde. – Offenbar fühlt der Minister, daß wenn eine solche entstünde, Hannover ganz besonders ausgesetzt sein würde. Deßhalb sprach sich der Minister auch sehr entschieden gegen die Schöpfung eines Bundesschiedsgerichtes aus, wodurch die Autoritaet der Regierungen geradezu in Frage gestellt würde, indem vom juristischen Standpunkte Conflikte zwischen Regierungen und Ständen entschieden werden sollen, während viel3 Karl Georg Ludwig Wermuth (1804–1867), seit 1853 Generalpolizeidirektor von Hannover und Mitglied im Staatsrat. Wermuth war ein persönlicher Vertrauter König Georgs V. und ein Jugendfreund von Borries. Er verfolgte als Polizeidirektor einen harten Repressionskurs; ADB, Bd. 47, S. 118; Dokumente aus geheimen Archiven, Bd. 5, S. 5, Anm. 5; Wrage, Der Staatsrat im Königreich Hannover, S. 238; Böttcher, Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 384 f. 4 Emendiert. Vorlage: Herrenheusen. – Das königliche Schloß in Herrenhausen bei Hannover, seit 1862 ständige Residenz des Königs von Hannover.

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mehr staatspolitische Erwägungen den Vorzug haben sollten, entfernt nicht starr-juristische Entscheidungen. [Im weiteren Verlauf des Gespräches äußert sich Borries zum kurhessischen Verfassungsstreit, der bevorstehenden Kammerwahl in Hannover und der äußeren Politik.]

31. Antrag Badens auf Errichtung eines Bundesgerichts ProtDBV 1859, § 305, S. 793–795.

Die badische Regierung stellt den Antrag, die 1851 eingeleiteten Beratungen über die Errichtung eines Bundesgerichts wieder aufzunehmen und legt dazu eine Denkschrift vor. Das Bundesgericht soll einerseits in Rechtsstreitigkeiten entscheiden, andererseits die Bundesversammlung bei der Rechtsgesetzgebung beraten und dazu Entwürfe erarbeiten. Der Antrag wird an den zuständigen Ausschuß überwiesen.

34. Sitzung

Frankfurt am Main, 3. November 1859

§ 305. Antrag von Baden in Betreff der Wiederaufnahme der Berathungen über die Errichtung eines Bundesgerichtes. (14. Sitz. § 67 u. 15. Sitz. § 76 v. J. 1851.)

Baden. Auf Errichtung eines ständigen Bundesgerichtes ist schon bei den ersten Verhandlungen über die Constituirung des Deutschen Bundes, so wie später auf den Dresdener Conferenzen gedrungen worden.1 Stets wurde ein solches Gericht als eine höchst wichtige und zur Entwicklung der Bundeseinrichtungen selbst nothwendige Institution anerkannt. Der Mangel derselben hat sich seither wiederholt fühlbar gemacht. Um diese Lücke in der Bundesgesetzgebung auszufüllen, hat hohe Bundesversammlung in ihrer Sitzung vom 8. Juli 1851 einen besonderen Ausschuß zu Bearbeitung der hinsichtlich eines obersten Bundesgerichtes eingereichten Vorschläge der vierten Dresdener Commission niedergesetzt.2 Wenn diese Angelegenheit seitdem nicht den erwünschten Fortgang gehabt hat, so ist der Grund wohl darin zu suchen, daß man die der Ausführung im Allgemeinen wie einer Vereinbarung über die Detailpunkte entgegenstehenden Schwierigkeiten nicht überwinden zu können glaubte. 1 Siehe dazu die entsprechenden Dokumente in QGDB, Bd. I/1 und III/1; Real, Von Bemühungen um die Errichtung eines Bundesgerichts; Wyduckel, Die Diskussion um die Einführung eines Bundesgerichtes. 2 ProtDBV 1851, S. 127–129.

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Antrag Badens auf Errichtung eines Bundesgerichts

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Indem die Großherzogliche Regierung den Antrag stellt, die Berathungen über diesen Gegenstand wieder aufzunehmen, hält sie sich daher für verpflichtet, zu thunlichster Beseitigung obwaltender Bedenken und zu Förderung einer allseitigen Verständigung hoher Bundesversammlung gleichzeitig ausführliche Vorschläge über die Art der Ausführung und insbesondere die hiebei vorzugsweise in Betracht kommenden Fragen der Competenz und Zusammensetzung des Bundesgerichtes vorzulegen. Dieselben sind in der angeschlossenen Denkschrift enthalten.3 Die Großherzogliche Regierung ist dabei überall von der Rücksicht auf Ermöglichung der zu dem Ende erforderlichen Vereinbarung unter sämmtlichen Bundesgliedern und von dem Wunsche eines praktischen Erfolges geleitet worden. Hiervon ausgehend hat sie den Einwendungen, welche von dem Standpunkte der Theorie gegen verschiedene ihrer Vorschläge, insbesondere in der Richtung der Competenz-Erweiterung und Zuweisung einer selbstständigen Gerichtsbarkeit an das Bundesgericht, nicht ohne Grund erhoben werden können, kein überwiegendes Gewicht beigelegt. Es handelt sich nicht darum, sofort einen in sich vollkommenen Bau aufzuführen, wohl aber das Fundament zu legen und das nothwendigste Ingebäude aufzurichten, damit sich allmälig und an der Hand der Erfahrung das weiter den Bedürfnissen Entsprechende daraus hervorbilde4 und mehr und mehr entwickle. Endlich soll der Gesandte noch besonders hervorheben, daß nach den Vorschlägen der Großherzoglichen Regierung die vom Bunde zu berufenden Rechtsgelehrten eine zweifache Thätigkeit zu entwickeln haben würden, – einmal nämlich als Gerichtshof durch Entscheidung der an sie erwachsenen Rechtsstreitigkeiten, sodann als ein der Bundesversammlung beigeordnetes berathendes Collegium durch Erstattung rechtlicher Gutachten und insbesondere durch Bearbeitung von Entwürfen über Gegenstände der Rechtsgesetzgebung. Dem mehr und mehr hervortretenden Bedürfnisse einer gemeinsamen deutschen Rechtsgesetzgebung ist auf dem Gebiete des Handelsrechtes bereits von hoher Bundesversammlung Rechnung getragen worden.5 Es wird sich aber wohl nicht verkennen lassen, daß die Berathung legislativer Gegenstände wesentlich erleichtert und sachlich gefördert werden würde, wenn in der Bundesstadt ein aus gemeinsamer Wahl hervorgegangenes Gremium von Rechtsgelehrten seinen Sitz hätte, deren Beruf gerade in der genaueren Ergründung 3 Denkschrift, die Errichtung eines Bundesgerichtes betreffend, ProtDBV 1859, Beilage zu § 305, S. 807–814. 4 Emendiert. Vorlage: hervorbilden. 5 Die Verhandlungen des Bundes über ein Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch waren 1855 eingeleitet worden, eine mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzentwurfs beauftragte Sachverständigenkommission beriet seit 1857 in Nürnberg. Vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 412–419.

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und Anwendung des gemeinen und internationalen deutschen Rechtes bestände, und welche daher für solche Berathungen – in geeigneten Fällen unter Beiordnung von Fachmännern – vorzugsweise als geeignet erscheinen. Der Gesandte ist nun beauftragt, Namens der Großherzoglichen Regierung den Antrag zu stellen: Hohe Bundesversammlung wolle den betreffenden Ausschuß veranlassen, die Berathungen über Errichtung eines Bundesgerichtes sofort wieder aufzunehmen, dabei die in der angeschlossenen Denkschrift enthaltenen Vorschläge der Prüfung zu unterwerfen und daraufhin über Errichtung, Zusammensetzung und Competenz eines ständigen Bundesgerichtes Vortrag zu erstatten. Präsidium schlägt vor, diesen Antrag der Großherzoglich-Badischen Regierung nebst dessen Anlage dem am 8. Juli 1851 für den in Rede stehenden Gegenstand niedergesetzten Ausschusse zuzuweisen. Umfrage. Oesterreich, Preussen und Bayern erklären sich hiermit einverstanden. Königreich Sachsen. Dem Königlichen Gesandten sind die Ansichten seiner hohen Regierung über den einschlagenden Gegenstand, welchem sie schon seit längerer Zeit ihre besondere Aufmerksamkeit zugewendet hat, hinreichend bekannt, um danach ermessen zu könnne, daß dieselbe mit der Ueberweisung des vernommenen Antrages und der darin in Bezug genommenen Denkschrift an den Ausschuß einverstanden seyn werde, zumal letztere ja großentheils eine Erneuerung der Vorlage enthält, welche der betreffenden Commission der Dresdener Conferenzen durch den Königlich-Sächsischen Bevollmächtigten unterbreitet und in der Hauptsache als Vorschlag dieser Commission in der 14. Sitzung der Bundesversammlung vom Jahre 1851 bereits dem Ausschusse zur Bearbeitung überwiesen wurde; ohne jedoch dadurch eine Uebereinstimmung, namentlich mit den abweichenden Vorschlägen der Denkschrift bezüglich der Normirung der Competenz des Bundesgerichtes, auszusprechen. Alle übrigen Gesandtschaften stimmen dem Präsidialvorschlage bei, daher Beschluß: den obigen Antrag der Großherzoglich-Badischen Regierung nebst dessen Anlage dem am 8. Juli 1851 für den in Rede stehenden Gegenstand niedergesetzten Ausschusse zuzuweisen.

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Schrenk an Beust

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32. Schrenk an Beust HStA Dresden, 10 717, Nr. 932, fol. 103 f. Einladungsschreiben zu Ministerialkonferenzen in Würzburg. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 14. November 1859. Gleichlautende Schreiben ergingen unter dem gleichen Datum an die Regierungen in Stuttgart, Kassel, Darmstadt, Schwerin und Wiesbaden. Am selben Tag richtete Schrenk ein Schreiben an die bayerischen Gesandten in Hannover, Kassel, Frankfurt und Karlsruhe mit dem Auftrag, sich bei den dortigen Regierungen bzw. Bundestagsgesandten für eine Beteiligung an der Konferenz einzusetzen.

Bayern schlägt eine Ministerkonferenz der Mittelstaaten in Würzburg vor, auf der über die gemeinsamen Angelegenheiten beraten werden soll.

München, 12. November 1859 Hochwohlgeborner Freiherr! Bei den Verhandlungen, welche in jüngster Zeit theils in mündlicher Besprechung, theils auf schriftlichem Wege über die Frage gepflogen worden sind, wie in den gemeinsamen Angelegenheiten Deutschlands lebendigerer Verkehr und einigeres Vorgehen erzielt werden könnten, stimmten zunächst die höchsten Regierungen von Bayern, Sachsen, Württemberg, Kurhessen, Großherzogthum Hessen, Mecklenburg-Schwerin und Nassau unter Anderem auch in der Überzeugung überein, daß ein zeitweiser Zusammentritt der Minister der betheiligten Staaten zu vertraulicher Besprechung gemeinsamer Angelegenheiten und zu gegenseitigem Ideen-Austausche über solche den Mitteln beizuzählen sei, durch welche der vorerwähnte Zweck wesentlich gefördert und erreicht werden könnte. Mehrseitig seither kundgegebenen Wünschen entsprechend, erlaube ich mir demgemäß die Veranstaltung eines derartigen Zusammentrittes nunmehr unzielsetzlich in Anregung und für solchen ganz unmaßgeblichst als Ort der Zusammenkunft die ziemlich centralgelegene durch Eisenbahnen nach allen Seiten hin in Verbindung stehende Stadt Würzburg, und als Zeitpunkt derselben den 23tn laufenden Mts. als Tag des Eintreffens in Würzburg in Vorschlag zu bringen. Indem ich mich beehre, Euer Excellenz ganz ergebenst hievon in Kenntniß zu setzen, verbinde ich damit die Bitte, mir baldmöglichst, – etwa thelegraphisch [sic] – geneigtest darüber Nachricht zukommen lassen zu wollen, ob die beabsichtigte demnächstige Conferenz überhaupt, und ob namentlich der, hiefür in Vorschlag gebrachte Ort und Zeitpunkt genehm seien, und ich behalte mir dabei bevor, das Resultat der allseitigen Aeußerungen sodann Euer Excellenz baldmöglichst nachträglich mitzutheilen. Für den Fall, daß sich der Vorschlag eines demnächstigen Zusammentrittes allerseitiger Billigung zu erfreuen haben sollte, erachte ich es für angemessen, Euer Excellenz schon im Voraus jene Gegenstände zu bezeichnen, welche nach Inhalt der mir bis jetzt zugekommenen Mittheilungen von der

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einen und der anderen Seite bei der Conferenz wollen zur Sprache gebracht werden. Es sind dieses: 1., die Veröffentlichung der Verhandlungen der Bundesversammlung, 2., die Benützung der Presse für die gemeinsamen Interessen, und die Gewinnung oder Gründung eines gemeinschaftlichen Organes für diesen Zweck, 3., die Errichtung eines Bundesgerichtes, 4., die Förderung der Verhandlungen über die bereits beantragte Vereinbarung gemeinsamer Bestimmungen über das Heimathsrecht, sowie bezüglich des Gerichtsstandes und der Vollziehung richterlicher Urtheile, und eines Handelsgesetzbuches, 5., Herbeiführung einer übereinstimmenden Gesetzgebung über Civil- und Criminal-Recht, wie über Civil[-] und Criminal-Prozeß, 6., Einführung gleichen Maßes und Gewichtes, 7., Erwägung der Frage, ob die Constituirung des s. g. National-Vereines in Coburg nicht Gegenstand der Dazwischenkunft des Bundes werden sollte? 8., die kurhessische Verfaßungsangelegenheit, insoferne bezüglich derselben bis dahin von der Bundesversammlung noch kein entscheidender Beschluß gefaßt sein sollte u. 9., die bedenkliche Constellation der europäischen Angelegenheiten und deren mögliche Rückwirkung auf Deutschland. An diese Mittheilung der bisher bereits namhaft gemachten und zur Besprechung ausgesetzten Gegenstände erlaube ich mir das ganz ergebenste Ansuchen zu reihen, im Falle jenseits noch weitere Angelegenheiten in Anregung gebracht und in Erörterung gezogen werden wollen, dieselben Behufs der weiteren Kundgabe mir gefälligst mittheilen, oder aber directe sämmtlichen betheiligten Regierungen hievon Nachricht geben zu wollen, damit die etwa erforderlichen Vorbereitungen für die Erörterung allseits noch rechtzeitig Platz greifen können. Schließlich glaube ich noch anfügen zu sollen, daß ich, in Anhoffnung allerseitiger Zustimmung, die höchsten Regierungen von Hannover und Baden welche bisher Bedenken getragen hatten, sowie jene von Oldenburg und Braunschweig, an welche in Folge zufälliger Umstände seither noch keine Mittheilung gelangt war, in vertraulicher Weise durch gesandtschaftliche Vermittlung von der Sachlage und der wahrscheinlichen bevorstehenden Zusammenkunft habe in Kenntniß setzen lassen, und dabei eventuell, für den Fall nämlich, daß dortselbst Geneigtheit hiezu bestehen sollte, deren Einladung zur Antheilnahme an den Besprechungen, in so ferne solche in der beantragten Weise allseits sollten beliebt werden, eingeleitet habe. Ich unterstelle es dabei Euer Excellenz einsichtsvollem Ermeßen, ob nicht etwa auch von jenseits bei der einen oder andern der übrigen Bundesregierun-

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Artikel in der Neuen Würzburger Zeitung

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gen, mit welchen vielleicht dortselbst vertrautere Beziehungen bestehen, in gleicher Weise Einleitungen getroffen werden wollen, um dieselben zur Antheilnahme an der Zusammenkunft zu bestimmen, da es nur erwünscht sein könnte, die höchsten u. hohen Regierungen der ausschließlich deutschen Bundesstaaten möglichst zahlreich in der Conferenz vertreten zu sehen. Indem ich diese Mittheilung der geneigten Aufnahme und Erwägung Euer Excellenz ganz ergebenst empfehle und einer gefälligen baldigen Rückäußerung erwartungsvoll entgegensehe, ergreife ich mit besonderem Vergnügen auch diesen Anlaß, um die Versicherung ausgezeichnetster Hochachtung zu erneuern, womit ich verharre Euer Excellenz ganz ergebenster Frh. v. Schrenk

33. Artikel in der Neuen Würzburger Zeitung11 Neue Würzburger Zeitung Nr. 326 vom 24. November 1859, Morgenausgabe.

Die deutschen Mittel- und Kleinstaaten halten den Bund zusammen und vertreten die Idee des einigen und einen Deutschland. Es ist natürlich, daß sich die Mittel- und Kleinstaaten um eine dauernde Einrichtung bemühen, um ihre gemeinsamen Ziele zu verwirklichen – das ist der Grundgedanke der Trias. Die Trias ist aber nicht das letzte Ziel der deutschen Reformbestrebungen, sondern nur eine provisorische Einrichtung bis zur Einigung über eine gründliche Abänderung der Bundesverfassung, zu der eine Volksvertretung und eine Zentralgewalt gehören.

Würzburg, 24. November 1859 Die deutschen Mittel- und Klein-Staaten Es ist in diesen Blättern schon öfter darauf hingewiesen worden, daß die Mittel- und Klein-Staaten als Bestandtheile des deutschen Bundes eine eigenthümliche, nicht gering anzuschlagende Aufgabe zu erfüllen haben. Sie sind es wesentlich, durch welche die auseinander strebenden Großstaaten Oesterreich und Preußen noch im Bund zusammengehalten werden; sie sind es, in welchen das Gefühl der Zusammengehörigkeit aller deutschen Stämme am stärksten und wirksamsten sich zeigt, während in den Großstaaten es von dem Sonderbewußtseyn des speziellen Vaterlands weit mehr zurückgedrängt ist; sie 1 Die „Neue Würzburger Zeitung“ war eine der bedeutendsten katholischen Tageszeitungen in Deutschland und erschien von 1803 bis 1916; Krones, Würzburger Zeitungsgeschichte.

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sind es, in welchen das Bedürfniß nach einer starken Zentralgewalt, die uns Schutz und Ansehen nach Außen sichern könnte, am lebhaftesten empfunden wird; sie sind es, in welchen die Idee des einigen und einen Deutschland durch alle Ungunst der Zeiten hindurch mit Zähigkeit festgehalten wurde und hoffentlich festgehalten wird, bis endlich die Stunde kommt, wo die Wünsche und Hoffnungen aller Freunde des Vaterlandes in Erfüllung gehen, wo die Form gefunden seyn wird, welche, die Selbständigkeit der einzelnen Staaten möglichst achtend, sie zu einem starken Ganzen fest geschlossen vereinigt. Man hat oft und viel über die Uebel der Klein- und Vielstaaterei in Deutschland geklagt – mit Recht allerdings; aber wie die Sachen jetzt einmal stehen, haben die Mittel- und Kleinstaaten doch auch etwas Gutes für das gesammte Deutschland, und darin wurzelt ein ihr historisches Recht unterstützender Anspruch auf Fortbestand. Die hohe Bedeutung, welche die Mittel- und KleinStaaten für das Gesammtvaterland haben, ist in früherer Zeit wenig beachtet worden, erst in den letzten Jahren wurde sie mehr und mehr erkannt, als zu wiederholten Malen diese Staaten, ihrem naturgemäßen Beruf folgend, durch einzelne, in die Augen springende Akte, wie z. B. die Darmstädter Konvention2 ec., ausgleichend, versöhnend, vermittelnd zwischen die beiden deutschen Großmächte traten. Nun ist es aber sehr natürlich, daß die, welche gemeinsame Ziele des Handelns haben, sich auch darüber unter einander verständigen, und weiter, wenn diese Ziele dauernder Art sind, daß sie sich nicht damit begnügen, immer, wenn gerade Noth an Mann geht, nur über das Zunächstliegende sich zu einigen, sondern daß sie darauf denken, auch eine dauernde Einrichtung zu finden, welche sie in Stand setzt, ihre Zwecke mit Sicherheit, Ausdauer, Nachhaltigkeit zu verfolgen, und als wohlgeordnetes Ganze alle ihre Kräfte nach einem Plan zweckgemäß zu leiten. Das ist der Grundgedanke der Trias, welcher vor mehreren Monaten in diesen Blättern entwickelt wurde, und der im westlichen Deutschland, in dessen Boden er eben wurzelt, vielfach Anklang gefunden hat. Von der österreichischen und der preußischen Presse ist er als unpraktisch kurzweg verworfen worden: das wundert uns gar nicht; denn in Oesterreich, in Preußen kann und wird man ihn weder so würdigen, noch so begreifen, wie bei uns, weil dort Verständniß und Bedürfniß desselben gleichermaßen fehlen. Daß aber der Gedanke der Trias einen realen Boden hat, dafür spricht die Thatsache, daß eben von Zeit zu Zeit 2 Gemeint ist die Darmstädter Übereinkunft der Mittelstaaten Bayern, Sachsen, Württemberg, Kurhessen, Großherzogtum Hessen und Nassau vom April 1852. Darin wurde ein einheitliches Vorgehen bei den anstehenden Verhandlungen mit Preußen zur Fortsetzung des Deutschen Zollvereins vereinbart. Darüber hinaus sollte eine gesamtdeutsche Zolleinigung mit Einschluß von Österreich angebahnt werden. Vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 147 f.; Hahn, Der Deutsche Zollverein, S. 146 f.; Roloff, Zollvereinskrise; Werner, Zollvereinspolitik, ebd. S. 148–152 Druck der Darmstädter Übereinkunft.

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Artikel in der Neuen Würzburger Zeitung

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die Mittelstaaten immer wieder durch die dringende Nothwendigkeit veranlaßt sind, zusammenzutreten und die bindende Kraft, die ihnen innewohnt, durch einen feierlichen Akt, durch einen Beschluß gemeinsamen Handelns zu bethätigen. Wenn nun diese Nothwendigkeit sich immer wieder kund gibt, in neuerer Zeit immer öfter und dringender wiederkehrt, warum sollten sie nicht darauf denken, eine bleibende Einrichtung zu schaffen, welche ihnen die Mittel gewährt, ihre Aufgabe besser, sicherer, als durch bloß vorübergehende Konferenzen zu erfüllen? Es fällt uns, wie wir schon früher dargelegt haben, durchaus nicht ein, damit die Auflösung des deutschen Bundes zu befürworten; wir glauben, daß der engere Bund der Mittel- und Klein-Staaten in dem weiteren mit Oesterreich und Preußen nicht wohl bestehen kann. Es fällt uns ebensowenig ein, die Trias als letztes und höchstes Ziel der deutschen Reform-Bestrebungen anzusehen; wir betrachten sie vielmehr als eine provisorische Einrichtung bis auf jene Zeit, wo Oesterreich und Preußen sich zu einer durchgreifenden, gründlichen und wirksamen Abänderung der Bundesverfassung herbeilassen werden. Diese ist aber nur denkbar, wenn sie sich entschließen, mit ihrem ganzen Länderverband in den Bund zu treten, eine Volksvertretung am Bundestag zuzulassen und der Zentralgewalt jene Befugnisse einzuräumen, welche ihr Ansehen und Kraft gewähren, um zum Schutz und zum Heil des Vaterlandes etwas Tüchtiges wirken zu können. Bis es aber dahin kommt, wird noch geraume Zeit vergehen, und daß während dieser Zwischenzeit die Mittel- und Kleinstaaten den selbständigen Einfluß auf die deutschen Angelegenheiten üben und bewahren können, der ihnen nach ihrer Gesammtgröße zukommt, den sie aber jetzt in Wahrheit nicht üben, dazu sollten sie sich, so denken wir, durch eine entsprechende Organisation, je eher, je lieber befähigen.

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34. Schrenk an König Maximilian II. HStA München, MA 492. Antrag. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 8. Dezember 1859. Auf der letzten Seite die Genehmigung des Königs vom 8. Dezember 1859.

Schrenk berichtet über den Verlauf der Beratungen der mittelstaatlichen Minister in Würzburg am 23. November 1859 und die vereinbarten Anträge für Bundesreformmaßnahmen.

Würzburg, 28. November 1859 An Seine Majestaet den Koenig Allerunterthänigster Antrag des Staats Ministers Freiherrn von Schrenk Betreff. Die zu Würzburg gepflogenen Verhandlungen. Zu der mit Euerer Koeniglichen Majestaet Allerhöchster Genehmigung veranstalteten Versammlung von Ministern deutscher Mittel- und Klein-Staaten haben sich am 23n laufenden Monats dahier eingefunden Herr v. Beust von Sachsen, Herr v. Hügel von Württemberg, Herr Abée1 Justizminister von Kurhessen, Herr v. Dalwigk von Großherzogth. Hessen, Herr v. Örtzen von Mecklenburg-Schwerin, Fürst Wittgenstein2 von Nassau, Herr v. Harbou3 von Sachsen-Meiningen, und Herr v. Larisch4 von Sachsen-Altenburg. Vom 24n dieß an, bis zum gestrigen fanden unter den ehrerbietigst genannten Ministern und dem treugehorsamst Unterzeichneten täglich andauernde und eingehende Besprechungen über sämmtliche im voraus bereits angemeldeten und von Euerer Koeniglichen Majestaet Allerhöchst gutgeheißenen Verhandlungs-Gegenstände statt, und es hat sich bei denselben in der Wesenheit eine höchst erfreuliche Uebereinstimmung der Ansichten, wie die größte Be1 Conrad Abée (1806–1873), 1858–1861 kurhessischer Bundestagsgesandter, die Ernennung zum Justizminister erfolgte 1860, im Jahr 1863 wurde Abée kurhessischer Außenminister; DBE, Bd. 1, S. 2; NDB, Bd. 1, S. 6. 2 August Ludwig Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (1788–1874), 1852–1866 nassauischer Ministerpräsident; Renkhoff, Nassauische Biographie, S. 680. 3 Andreas Paul Adolph von Harbou (1809–1877), 1854–1861 Staatsminister von Sachsen-Meiningen; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 369. 4 Karl August Alfred von Larisch (1809–1897), 1853–1864 Staatsminister von Sachsen-Altenburg; ABD, Bd. 51, S. 593–595.

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reitwilligkeit zu gemeinsamen [sic] Zusammenwirken für das wohlverstandene gemeinschaftliche Interesse kund gegeben. Der treugehorsamst Unterzeichnete behält sich vor, Euerer Koeniglichen Majestaet über das Gesammt-Resultat der gepflogenen Erörterungen in München noch ausführlichen unterthänigsten Vortrag zu erstatten, er erlaubt sich aber, im voraus schon jetzt die zunächst erzielten positiven Ergebniße allerehrfurchtsvoll anzuzeigen. Nachdem über die Haltung, welche in den zur Zeit eben am Bunde anhängigen Kurhessischen und Holstein’schen Angelegenheiten einzunehmen seyn möchte, nach langer und ausführlicher Besprechung und Erwägung Vorschläge einstimmig angenommen worden waren, über welche der treugehorsamst Unterzeichnete besonders allerunterthänigste Berichte erstatten und Allerhöchste Entschließung in tiefster Ehrfurcht erbitten wird, einigten sich sämmtliche Anwesenden dahin, die Anregung von 8 der zur Berathung gebrachten Gegenstände bei der Bundesversammlung unzielsetzlich zu begutachten. In Bezug auf 3 dieser Gegenstände, – als 1. der Einführung gleichen Maßes und Gewichtes, 2. des Erlaßes eines gemeinschaftlichen Patent-Gesetzes für Erfindungen, so wie 3. gleichmäßiger Normen über Errichtung von Privatbanken und Ausgabe von Banknoten, – wurde die nähere Formulirung der etwa zu stellenden Anträge noch vorbehalten, indem es hiezu einer eingehenderen Prüfung der Sache und des bereits vorliegenden Materiales bedarf. Die übrigen 5 Gegenstände schienen dagegen so gut vorbereitet zu seyn, daß bezüglich derselben sofort Anträge formulirt werden konnten, und es beeilt sich der treugehorsamst Unterzeichnete die Entwürfe dieser 5 Anträge hieneben ehrerbietigst vorzulegen5 und dieselben mit nachstehenden unzielsetzlichen Bemerkungen zu begleiten. 1. Die Veröffentlichung der Verhandlungen der Bundesversammlung ist von Preußen schon im Jahre 1852 und dann wieder 1858 beantragt worden6, und es hat ein besonders hiefür bestellter Ausschuß über diesen Antrag noch Bericht zu erstatten. Bereits haben Preussen und Baden in gedachtem Ausschuße die Sache wieder in Anregung gebracht, und es darf als gewiß angenommen werden, daß die Majorität im Ausschuße, wie in der Bundes-Versammlung sich im Prinzipe für die Veröffentlichung aussprechen, dabei jedoch der Ver5 Die Anträge liegen nicht in der Akte. 6 ProtDBV 1852, Bundestagssitzung vom 21. Februar 1852, § 39, S. 247–249; ProtDBV 1858, Bundestagssitzung vom 6. Mai 1858, § 216, S. 471. Vgl. dazu Meisner, Protokolle, S. 7–11; QGDB, Bd. III/2, S. 108, Anm. 4.

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sammlung die Befugniß vorbehalten wird, einzelne Berathungs-Gegenstände von der Publication auszunehmen. Wenn auch gegen die Kundgabe der Bundestags-Verhandlungen manche Bedenken bestehen, so sprechen doch andererseits auch gewichtige Gründe für dieselbe, und zwar insbesondere die Erwägung, daß dermalen doch alles, was am Bunde verhandelt wird in die Öffentlichkeit tritt, die Publicationen aber in der Regel von einem Partei-Standpunkte aus erfolgen, und daher oftmals die öffentliche Meinung irreleiten. Wir haben deßhalb, und da das Bekanntwerden der Verhandlungen am Bunde gewiß dazu beitragen wird, irrthümliche Ansichten über dessen Thätigkeit zu berichtigen, den Antrag Preussens zur baldigen Beschlußfassung bevorworten, dabei aber gleichzeitig begutachten zu sollen geglaubt, daß die Bundesversammlung für eine schleunige Feststellung ihrer Protokolle besorgt seyn möge, da hiedurch deren rasche Veröffentlichung bedingt ist, diese allein aber dem Zwecke zu entsprechen vermag. Die Beilage Zif. I enthält den Entwurf eines desfallsigen Antrages. 2. Aus Anlaß der schon vor mehreren Jahren auf Euerer Koeniglichen Majestaet Allerhöchsten Befehl gestellten Anträge in Bezug auf Vereinbarung gleichmäßiger Bestimmungen über Ansässigmachung und Heimat7, wurden alle Bundesregierungen ersucht, die in ihren Ländern desfalls bestehenden Bestimmungen vorzulegen und es wurden besondere Ausschüße beauftragt, eine Zusammenstellung des eingegangenen Materials, mit gutachtlichen Anträgen für zu erlassende gemeinsame Bestimmungen, auszuarbeiten. Da seither in der Sache weiter nichts mehr geschehen ist, so glaubten wir, eine erneuerte Anregung derselben, und zwar in der Art begutachten zu sollen, daß wenn auch etwa die eine, oder die andere Regierung mit der Vorlage der in dem betreffenden Lande geltenden Vorschriften noch im Rückstande seyn sollte, dennoch die Ausschüße die ihnen abverlangten gutachtlichen Aüsserungen [sic] nunmehr abgeben sollten. Der Entwurf eines desfallsigen Antrages ist in der Beilage Zif. II enthalten. 3. Auf Herbeiführung einer gemeinsamen Gesetzgebung über das Civil- und Criminal-Recht, wie über den Civil- und Criminal-Prozeß wird von vielen Seiten 7 Am 21. Februar 1856 hatte die bayerische Regierung in der Bundesversammlung den Antrag auf Einleitung von Beratungen über eine Vereinheitlichung der gesetzlichen Bestimmungen über das Heimatrecht und die Ansässigmachung sowie über gemeinsame Regelungen zur Organisation der Auswanderung gestellt. Vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 541.

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ein großes Gewicht gelegt, und es wurde von mehreren der anwesenden Minister versichert, daß es in ihren Ländern den besten Eindruck machen würde, wenn hiezu eine Anregung gegeben werden wollte. Insbesondere warm sprachen die Herrn von Hügel und von Dalwigk für sofortige Stellung eines desfallsigen Antrages, und sie fanden fast allseitige Unterstützung. Euerer Koeniglichen Majestaet Allerhöchstem Befehle vom 10. laufenden Monats gehorsamst entsprechend8, machte ich auf die Bedenken und Schwierigkeiten aufmerksam, welche der Durchführung eines derartigen Antrages entgegenständen, und lehnte es ab, mich der Begutachtung eines solchen anzuschließen. Im Laufe der weiteren Erörterung wurde wohl anerkannt, daß das Bedürfniß einer gemeinsamen Gesetzgebung nicht alle Theile der Rechtssphäre gleichmäßig umfaße, und daß die Erreichung des erwünschten Zieles in weiter Ferne liege, aber die Mehrheit der Anwesenden vermochte dem dringenden Wunsche nicht zu entsagen, daß die Sache doch irgendwie möge zur Sprache gebracht, und mindestens im Allgemeinen möchte angeregt werden. Wir verständigten uns zuletzt dahin, daß zunächst nur angedeutet werden möge, wie dem Bundesgerichte, 9wenn ein solches in Folge des bereits vorliegenden desfallsigen Antrages sollte errichtet werden, auch die Aufgabe zugewiesen werden könnte, die nöthigen Vorarbeiten zu Herbeiführung einer gemeinschaftlichen Gesetzgebung zu übernehmen9, und daß hieran der Antrag geknüpft werde, den betreffenden Ausschuß anzuweisen, bei seinem Gutachten über Errichtung 10eines Bundesgerichtes auch den erwähnten Gesichtspunkt zu berücksichtigen, und sich überhaupt über die Frage gutachtlich zu äussern, 11ob und in wie weit11 die Herbeiführung einer gemeinsamen Civilund Criminal-Gesetzgebung wünschenswerth und ausführbar erscheine.10 12Auf diese engen Grenzen zurückgeführt scheint dem treugehorsamst Unterzeichneten der Antrag unverfänglich zu seyn;12 bei der durch denselben anzubahnenden näheren Erwägung wird sich 13unzweifelhaft die Einsicht Bahn brechen13, daß eine Gemeinsamkeit nur in einzelnen Zweigen der Gesetzgebung als wirkliches Bedürfniß des internationalen Verkehres zu erkennen sey, 8

9–9 10–10 11–11 12–12 13–13

Maximilian II. an Schrenk, Bad Kreuth, 10. November 1859, HStA München, MA 492. In diesem Schreiben hatte König Maximilian ein gemeinschaftliches Kriminalgesetzbuch abgelehnt, weil eine solche Gesetzgebung „der Autonomie der einzelnen Staaten [. . .] zuwiderlaufen“ würde. Passage unterstrichen. Anstreichung am Rand. Passage unterstrichen. Anstreichung am Rand. Die Passage „der Antrag unverfänglich zu seyn“ ist unterstrichen. Zusätzlich ein großes Fragezeichen am Rand. Passage unterstrichen, zusätzlich Fragezeichen am Rand.

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und die 14wahrscheinlich14 unbesiegbaren Schwierigkeiten einer Vereinbarung am Bunde 15über derartige Materien werden gewiß dahin führen, daß das Streben nach desfallsiger Gemeinsamkeit auf kleinere Kreise und auf StaatenGruppen beschränkt wird, in welchen größere Gleichartigkeit der Lebens-Verhältniße und lebhafterer wechselseitiger Verkehr besteht.15 In Anbetracht dessen, und da es offenbar nur erwünscht seyn kann, wenn die öffentliche Meinung durch eine sorgsame Prüfung dieser Frage darüber aufgeklärt wird, daß ein gemeinsames Civil- und Criminalrecht für ganz Deutschland in der Allgemeinheit nicht als Bedürfniß erkannt werden könne, und auch kaum erreichbar sey, glaubt der treugehorsamst Unterzeichnete die Allerhöchste Genehmigung des 16Antrages in der aus der Beilage III ersichtlichen Fassung unzielsetzlich begutachten zu sollen.16 4. Als in der Bundestags-Sitzung vom 20. Oktober l. J. der Antrag in Betreff der Bundeskriegs-Verfassung gestellt wurde17, beschränkten sich die antragstellenden Regierungen darauf, die Prüfung der Kriegs-Verfassung durch die Militär-Commission zu begutachten, ohne selbst irgendwelche Vorschläge hiermit zu verbinden. Es wurde nun in der Conferenz beantragt, nachträglich noch einige Gesichtspunkte für die Revision der Kriegsverfassung aufzustellen, und dabei insbesondere zu betonen, daß man die Erhöhung der Wehrkraft des Bundes nicht durch numerische Verstärkung des Heeres, sondern nur durch Besserung der organischen Einrichtungen, namentlich in den gemischten Armeecorps anzustreben gedenke, für welche letztern insbesondere ständige Commandos, Gleichmäßigkeit der Bewaffnung und Reglements, gemeinschaftliche größere Uebungen u. d. gl. empfohlen wurden. Auch die Oberfeldherrn-Frage kam zur Sprache und es wollte die ständige Aufstellung eines Bundesfeldherrn beantragt werden, auf die dem treugehorsamst Unterzeichneten dagegen erhobenen, von Herrn von Beust unterstützten Einwendungen aber beschränkte man sich darauf, die Feststellung eines im entscheidenden Augenblicke rasch ausführbaren Modus der Wahl eines Bundes-Oberfeldherrn als wünschenswerth herauszuheben. Die demgemäß begutachtete Erklärung, deren Fassung Euere Koenigliche Majestaet aus der Anlage Zif. 4 allergnädigst zu entnehmen geruhten, scheint hienach den Allerhöchsten Intentionen vollständig zu entsprechen, welche 14–14 Wort unterstrichen, zusätzlich Fragezeichen am Rand. 15–15 Anstreichung am Rand, die Worte „desfallsiger Gemeinsamkeit“ sind unterstrichen, zusätzlich Fragezeichen am Rand. 16–16 Anstreichung am Rand. 17 Siehe Dok. 27.

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Schrenk an König Maximilian II.

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Euere Koenigliche Majestaet dem treugehorsamst Unterzeichneten in Bezug auf diesen Gegenstand allergnädigst zu eröffnen geruht haben, und es dürfte sich dieselbe deßhalb Allerhöchster Genehmigung zu erfreuen haben. 5. Die dem Allerhöchsten Befehle vom 11. d. gemäß von dem treugehorsamst Unterzeichneten zur Sprache gebrachte Anregung der Befestigung der Seeküsten Deutschlands hat allseits freudigen Anklang und ungetheilte Zustimmung gefunden, und es wurde sich dahin geeinigt, sofort durch den unter Zif. V im Entwurfe anruhenden Antrag die nähere Prüfung und Erwägung dieser Angelegenheit durch die Bundesversammlung zu veranlaßen. Indem sich der treugehorsamst Unterzeichnete die weiteren allerunterthänigsten Vorlagen, wie er im Eingange ehrerbietigst zu erwähnen sich erlaubte, allerunterthänigst vorbehält, wagt er es nunmehr vorerst die anruhenden fünf Anträge unzielsetzlichst der allerweisesten Prüfung Euerer Koeniglichen Majestaet zu unterbreiten und Allerhöchstderer Genehmigung in tiefster Ehrfurcht zu empfehlen.18 Frh. v. Schrenk19

18 König Maximilian II. genehmigte die fünf Anträge am 8. Dezember 1859 mit Ausnahme zweier Klauseln in den Vorlagen 3 und 4; Signat Maximilians II. vom 8. Dezember 1859 auf dem Antrag Schrenks vom 28. November 1859, HStA München, MA 492. 19 Schrenk überging in seinem Bericht an den bayerischen König einige Beratungsgegenstände, die von Beust in seinem Bericht an den sächsischen König erwähnt wurden. Darin heißt es u. a.: „7. Nationalverein in Coburg. Die längere Debatte hierüber führte zu einer negativen Entscheidung, indem man nicht allein von Seiten der Mehrheit der Zweckmäßigkeitsrücksicht vorwiegende Beachtung schenkte, sondern auch die von Herrn von Harbou erfolgte Vorlage der Coburger Statuten den Ausschlag gab, durch deren Fassung der Verein jeder Ausstellung, in Gemäßheit des Bundesvereinsgesetzes zu begegnen gewußt hat.“ – Ferner sprachen die Minister in Würzburg über den Zollvereinsvertrag mit Sardinien sowie eine geplante Schillerstiftung: Beust an König Johann von Sachsen, Würzburg, 30. November 1859, HStA Dresden, Gesandtschaft Wien, Nr. 129, Abschrift.

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35. Artikel im Korrespondent von und für Deutschland 11 Korrespondent von und für Deutschland Nr. 628 vom 7. Dezember 1859, Abendblatt.

Der Artikel weist die im Preußischen Wochenblatt geäußerte heftige Kritik an der Würzburger Konferenz zurück. Das preußische Blatt hatte den Mittel- und Kleinstaaten vorgeworfen, eine Koalition zu bilden, auf Sonderzusammenkünften die Beschlüsse der Bundesversammlung zu präjudizieren und damit den Einfluß Preußens in den deutschen Angelegenheiten zu annullieren. Nach Ansicht des Preußischen Wochenblatts sind die Stimmenverhältnisse im Bund eine Abnormität, die keine Grundlage in den realen Machtverhältnissen hat. Die Bundesverfassung beruhe deshalb auf der ideellen Voraussetzung, daß die kleineren Staaten darauf verzichten, ihre „Schein-Majorität“ „auf Kosten der wirklichen Mehrheit des deutschen Volkes“ auszubeuten. Der Korrespondent von und für Deutschland weist die Berufung Preußens auf die Bundesverfassung als unzutreffend zurück und argumentiert, daß die Verständigung der Mittel- und Kleinstaaten bundesrechtlich zulässig sei. Im Hinblick auf die realen Machtverhältnisse sei es zweckmäßig, daß die Mittel- und Kleinstaaten durch eine Einigung ihre reale Macht vergrößerten, vor allem deshalb, weil man sich nicht darauf verlassen könne, daß die deutschen Großmächte „die Interessen und die Würde der Nation“ in allen Fällen wahren würden.

Nürnberg, 7. Dezember 1859 Die Würzburger Konferenz. Das Preußische Wochenblatt bringt einen Artikel über die Würzburger Konferenz2, die bei den bekannten Beziehungen des genannten Blattes zu maßgebenden Persönlichkeiten in Preußen (in früheren Zeiten wurde es gewöhnlich das „Organ der Bethmann-Hollweg’schen Partei[“] genannt) besondere Beachtung verdient; denn wenn es auch ausdrücklich versichert, die Meinung der preußischen Regierung über den von ihm behandelten Gegenstand nicht zu kennen, so wird man sich doch nach den eben angedeuteten Verhältnissen für berechtigt halten dürfen, den Aeußerungen des „Wochenbl.“ eine nähere Verwandtschaft mit den Anschauungen der preußischen Regierung beizumessen, als es selbst vermöge der, offiziösen Organen eigenen Bescheidenheit, zugeben will. Das Preuß. Wochenbl. schreibt: „Die Einigung, welche auf diesen Konferenzen (der Würzburger und denen, die ihr der Voraussetzung nach weiter folgen sollen) unter den kleineren Staaten erzielt werden soll, betrifft eingestandenermaßen nicht solche Angelegenheiten, welche sich ausschließlich auf das Verhältniß der betreffenden Staaten untereinander beziehen und deß1 Der „Korrespondent von und für Deutschland“ erschien von 1806 bis 1889 in Nürnberg und war eine der wichtigsten liberalen deutschen Tageszeitungen; Losse, Nürnberger Zeitung. 2 Preußisches Wochenblatt zur Besprechung politischer Tagesfragen, Nr. 49 vom 3. Dezember 1859, S. 406 f. Der Wochenblattartikel ist im Folgenden unter Weglassung der einleitenden Absätze vollständig abgedruckt.

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halb nicht auf das Gebiet der Bundestagsverhandlungen verpflanzt werden sollen; sondern im Gegenteil solche Fragen, die in der Bundesversammlung berathen und entschieden werden sollen. Es ist die Absicht der Mittel- und Kleinstaaten, innerhalb des Bundestages als eine geschlossene Koalition für eine bestimmte, vorher ausdrücklich festgestellte Meinung aufzutreten und in solcher Weise, unter Benützung der ihnen durch die Bundesverfassung eingeräumten Stimmenmajorität, die bundesmäßige Entscheidung vorweg zu nehmen. Auf die Feststellung eines solchen die Bundesbeschlüsse präjudizirenden Abkommens haben die Kabinette der beiden deutschen Großmächte, hat wenigstens das Berliner Kabinet – denn über das Verhältniß der Koalition zu Oesterreich sind wir nicht unterrichtet – keinen Einfluß. Die Ansichten der preußischen Regierung finden bei diesen Sonderzusammenkünften keine Vertretung; und wenn sie in der Bundesversammlung zur Sprache kommen, so werden sie hier wirkungslos verhallen, gegenüber einer Verabredung, bei deren Feststellung die Ansichten des Berliner Kabinets nicht einmal gehört, geschweige denn in Anschlag gebracht worden sind. Die von den Mittel- und Kleinstaaten jetzt eingeschlagene Praxis läuft also darauf hinaus, den Einfluß Preußens in deutschen Angelegenheiten zu annulliren. Die eigentliche Entscheidung über diese letzteren verlegt man aus der Bundesversammlung, in welcher Preußen seine Ansicht zur Geltung zu bringen das Recht besizt [sic], in eine Vorversammlung der die Majorität bildenden Mittel[-] und Kleinstaaten und tritt dann, für eine bestimmte Meinung engagirt und mit bereits fertigen Beschlüssen, in die Bundesversammlung, wo alle Macht der Wahrheit und des Rechts, die den Ansichten und Rathschlägen der preußischen Regierung innewohnen mag, an der geschlossenen Front der für eine bereits festgestellte Meinung eintretenden Majorität fruchtlos abprallt. Wir lassen es dahin gestellt seyn, ob der deutschen Nation gerathen werden kann, mit Gleichgiltigkeit über diese Thatsache hinweg zu sehen. Das aber wissen wir, daß diese neue Praxis dem Geist des Bundesverhältnisses schnurstracks zuwiderläuft und die Voraussetzungen, auf denen der deutsche Bund beruht, vollkommen mißachtet. Ein Bundesverhältniß unter souveränen Staaten auf dem Prinzip gleicher Berechtigung hat begreiflicherweise nur da eine logische Begründung und eine reale Unterlage, wo es sich um Staaten von ungefähr gleicher Macht und Bedeutung handelt. Nur in diesem Falle trifft zu, was Vernunft und Billigkeit unerbittlich erheischen, daß nämlich die Stimmenmehrheit in der Bundesversammlung auch die überwiegende Summe der Interessen und die überwiegende Summe der staatlichen Kraft repräsentirt. Diese Grundbedingung für eine Föderation gleichberechtigter Staaten fehlt in Deutschland vollkommen. Hier existiren neben zwei europäischen Großmächten die kleinsten Staatswesen, welche die neuere Geschichte kennt. Nichts desto weniger hat die Bundesverfassung das Prinzip der Gleichberechtigung unter diesen so sehr ver-

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schiedenen Staatswesen festzuhalten gesucht. Sie hat es festgehalten bis zu dem Grade, daß sie die Abnormität schuf, den beiden Großmächten, welche weit über die Hälfte des Areals, weit über die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands in sich schließen, von den 17 Stimmen des engeren Rathes der Bundesversammlung nur zwei zu verleihen. Sie hat die Berücksichtigung der kleineren Staatswesen so weit getrieben, daß nach ihren Festsetzungen neun Stimmen des engeren Rathes, welche nicht einmal den achten Theil des deutschen Landes und der deutschen Bevölkerung repräsentiren, den übrigen sieben Achttheilen durch einen Majoritätsbeschluß Gesetze vorschreiben können. Dieser Punkt bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung. Das Idealistische – um nicht mehr zu sagen – einer solchen Verfassung liegt auf der Hand. Ohne Grundlage in den realen Verhältnissen, beruht sie lediglich auf ideellen Voraussetzungen; insonderheit auf der Voraussetzung, daß sich in den Regierungen der kleineren Staaten stets ein hinlängliches Maß vernünftiger und gerechter Würdigung der wirklichen Machtverhältnisse vorfinden werde, um sie von dem Versuche fern zu halten, den ihre Bedeutung weit überragenden Einfluß, den die Bundesverfassung ihnen gestattet hat, auf Kosten der wirklichen Mehrheit des deutschen Volkes (?) auszubeuten. Sie beruht ferner auf der Voraussetzung, daß den Regierungen der kleineren Staaten, falls ihnen nicht ihre eigene bundesfreundliche Gesinnung und die Befriedigung über die ihnen durch den Bund gewährten Vortheile jene gerechtere Würdigung ihrer Stellung nahe legen sollte, doch die Rücksicht auf die Ausführbarkeit der von ihrer Schein-Majorität gefaßten Beschlüsse eine den wirklichen Machtverhältnissen entsprechende Selbstbeschränkung rathsam machen werde. Die in München verabredeten Separatkonferenzen beabsichtigen nun, das direkte Gegentheil zur Erscheinung zu bringen. Sie wollen den kleineren Staaten jene billige Berücksichtigung der Machtverhältnisse abschneiden, indem sie dieselben für bestimmte Beschlüsse engagiren, ohne daß die Meinung der mächtigeren Staaten überhaupt nur gehört worden ist. Sie zerstören damit die ideelle Voraussetzung, welche für eine so eigenthümliche Verfassung, wie die deutsche Bundesakte, den einzigen Rechtfertigungsgrund bildet. Auf Grund solcher Separatbeschlüsse soll sodann das Mißverhältniß der Stimmenvertheilung im engeren Rathe der Bundesversammlung auf Kosten der wirklichen Mehrheit des deutschen Volkes (?) ausgenutzt werden. Die in Würzburg vertretenen Regierungen repräsentiren etwa den vierten Theil des deutschen Landes und des deutschen Volkes; gleichwohl verfügen sie, im günstigsten Fall, wenn die Kuriatstimmen von den hier betheiligten Regierungen abgegeben werden, im engeren Rath über acht Stimmen; der Zutritt einer einzigen Stimme gibt ihnen die Entscheidung über Deutschland in die Hand. Von einer Berathung, wie sie die Bundesakte voraussezt [sic], kann füglich nicht mehr die Rede seyn, wo die Majorität bereits für bestimmte Beschlüsse engagirt ist;

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die Entscheidung ist bereits antizipirt und kann den übrigen drei Viertheilen Deutschlands ohne Weiteres aufgedrängt werden. Während also das Bestreben der kleinern Regierungen dahin gerichtet seyn sollte, die zu ihren Gunsten beliebte Abnormität der Bundesverfassung durch billige Rücksichtnahme ihrerseits möglichst zu verdecken, führt der von der Würzburger Konferenz eingeschlagene Weg dahin, die Unzuträglichkeit dieser Verfassung praktisch in Szene zu setzen, sie durch Thatsachen vor aller Welt zur Evidenz zu beweisen. Es ist hier nicht unsere Absicht, aus diesem Umstande weitere Konsequenzen zu ziehen: wir beschränken uns lediglich darauf, die Situation zu charakterisiren, die uns von den Würzburger Konferenzstaaten als Grundlage für unsere Beschlüsse dargeboten wird, und das neue und mächtige Moment hervorzuheben, welches der nationalen Bewegung in Folge dieser Thatsachen zuwächst. Eine andere Seite deuten wir kurz an. Wiederholt ist in München das Projekt aufgetaucht, das außerpreußische und außerösterreichische Deutschland als dritte Staatengruppe geeinigt neben die deutschen Großmächte zu stellen. Es liegt auf der Hand, daß die Sonderberathungen, zu welchen die Münchener Politik die Mitglieder dieser Staatengruppe zu vereinigen sucht, die Trias Idee, auch ohne staatsrechtliche Begründung, praktisch ins Leben zu führen geeignet sind. Wir wissen nicht, wie die preußische Regierung über eine solche Entwickelung denkt. Sollte das außerpreußische und außerösterreichische Deutschland in seiner Gruppirung zu einer besondern Föderation unter bayerischer Hegemonie sein Heil erblicken, so mag es auf geordnetem Wege versuchen, für die Durchführung dieses Gedankens eine neue rechtliche Basis zu gewinnen. Aber die preußische Regierung kann und darf es nicht dulden, daß eine solche Schöpfung den Grundcharakter des gegenwärtigen Bundesvertrages verfälscht, ohne sich auf eine andere rechtliche Basis gestellt zu haben. Denn eine derartige Föderation involvirt schon in ihrem jetzigen Entwickelungsstadium eine verkappte Cumulation von Stimmen, durch welche die Anordnung des Art. 16 der Schlußakte, daß kein Bundesstaat im engeren Rathe mehr als eine Stimme führen soll, illusorisch gemacht wird.3 Unmöglich kann Preußen es dulden, daß ihm diese oder eine ähnliche Föderation auf Grund des gegenwärtigen Bundesvertrags an der entscheidenden Stelle mit einer stets geschlossenen Mehrheit von 15 gegen 2 Stimmen, oder in einem anderen überwältigenden konstanten Stimmenverhältniß entgegen tritt. Das hieße, diese

3 Art. 16 WSA lautet: „Wenn die Besitzungen eines souverainen deutschen Hauses durch Erbfolge auf ein anderes übergehen, so hängt es von der Gesammtheit des Bundes ab, ob und in wie fern die auf jenen Besitzungen haftenden Stimmen im Plenum, da im engern Rathe kein Bundes-Glied mehr als eine Stimme führen kann, dem neuen Besitzer beigelegt werden sollen.“ Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 93.

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Monarchie dem Schalten der neuen Koalition wehrlos und geknebelt preisgeben.“ Das Preuß. Wochenblatt bekämpft, wie man sieht, die von den mittleren und kleineren Regierungen angestrebte Einigung und dadurch bezielte gegenseitige Stärkung von dem zweifachen Gesichtspunkte der Machtverhältnisse und der Bundesverfassung. Was leztere [sic] anbelangt, so muß es in der That befremden, sie als höchste Rechtsquelle von den Gönnern und Förderern einer politischen Richtung angerufen zu sehen, die in ihrem Endziel wahrlich auf nichts weniger als auf die Erhaltung dieser Verfassung hinausläuft. Zudem bedarf es nur eines Blickes in die von dem Preuß. Wochenbl. zitirte Schlußakte, um sich zu überzeugen, wie verfehlt dieser Appell an die Bundesgesetze ist und wie wenig die angeführte Stelle auf die Würzburger Konferenz und ihre etwaigen Nachfolgerinnen paßt. Der Artikel 16 handelt von der bleibenden Uebertragung der Stimme eines Bundesstaats auf einen andern im Wege der Vererbung, der Abtretung der Souveränetätsrechte u. dgl., und er macht eine solche Uebertragung für’s Plenum von der Entscheidung der Bundesversammlung abhängig, für den engeren Rath schließt er sie grundsätzlich aus, indem hier kein Staat mehr als eine Stimme führen dürfe. Bei den Konferenzen der Mittel- und Kleinstaaten handelt es sich aber weder um eine dauernde noch um eine vorübergehende Stimmübertragung; man beräth sich gemeinsam über diese und jene Frage, man einigt sich vielleicht von Fall zu Fall über eine gleichartige Auffassung, welche konsequenter Weise auch die Abstimmung in der Bundesversammlung im gleichen Sinne zur Folge haben wird. Dadurch ist aber nicht ausgeschlossen, daß jede Regierung ihre volle freie Selbstbestimmung und bis zum lezten [sic] Augenblick das Recht und die Möglichkeit behält, ihre Meinung zu ändern und ihre Stimme in einem andern Sinne abzugeben, als bei den Konferenzbesprechungen für angemessen erachtet worden seyn mag. Wo läge hier die dauernde, wo nur die vorübergehende Stimmübertragung? Kein Staat verliert seine Stimme, keiner gewinnt eine solche; wer aber wollte den Bundesregierungen, so lange sie noch souverän sind, verwehren, sich über ein gleichartiges Auftreten in bestimmten Angelegenheiten untereinander zu verständigen? Hat die Geschichte des Bundes nicht auch Fälle aufzuweisen, in welchen Preußen und Oesterreich sich außerhalb der Bundesversammlung über ein gemeinsames Verhalten einigten und dann durch dieses überwältigende Einverständniß den ganzen Bundestag nolens volens mit sich fortrissen? Fast komisch klingt es, wenn von dem großen Einfluß gesprochen wird, welchen die „Macht der Wahrheit und des Rechts“ in den Berathungen der Bundesversammlung auf die schließliche Beschlußfassung üben soll. Sollte man nicht meinen, das Preuß. Wochenblatt rede von einer großen parlamentarischen Versammlung, wo in öffentlicher Sitzung, in freier Rede, unter der Kontrole eines andächtig lauschenden Publikums Beweis-

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grund gegen Beweisgrund, Beredsamkeit gegen Beredsamkeit ankämpft, irrige Meinungen berichtigt, schwankende befestigt oder zu sich hinüberzieht? Bekanntlich geht es aber in der Bundesversammlung ganz anders her: hier bringt jeder Gesandte sein daheim, vom Minister des Auswärtigen geschriebenes Votum fein säuberlich in der Tasche mit, und wehe Demjenigen, der sich durch „die Macht der Wahrheit und des Rechts“ verleiten ließe, anders zu stimmen, als er von seiner Regierung instruirt ist! Mit andern Worten, die Beschlüsse der Bundesversammlung werden nicht in Frankfurt, sondern in Wien, Berlin, München ec. gemacht, und wer einen Einfluß auf sie gewinnen will, Der [sic] muß sich mit den andern Regierungen verständigen, wie es dem preußischen Kabinette jederzeit freisteht und wie es eben mit dem nämlichen Rechte die Regierungen der kleineren Staaten in Würzburg unter sich gehalten haben. Weit mehr Gewicht, als diese Berufung auf die Bundesverfassung, hat die Hinweisung des Preuß. Wochenbl. auf die realen, die Machtverhältnisse, denn diese geben, das formelle Recht möge lauten, wie es wolle, schließlich doch immer den Ausschlag in der Politik, obgleich wir es eine unbarmherzige und wenig verlockende Interpretation der Bundesverfassung nennen müssen, wenn das Preuß. Wochenbl. die ganze Summe der Souveränetätsrechte der kleineren Staaten in die Befugniß oder vielmehr in die Pflicht legt, sich „in vernünftiger und gerechter Würdigung der wirklichen Machtverhältnisse“ jedesmal dem Willen der größeren unterzuordnen. Aber eben weil Dem so ist, wie das offiziöse preuß.sche Organ sagt, eben weil die realen Machtverhältnisse das entscheidende Moment im staatlichen Leben sind, eben darum finden wir es ganz natürlich und in Betracht des Berufs der Mittel- und Kleinstaaten zweckmäßig und heilsam, daß sie ihren „ideellen Rechten“ die reale Macht hinzuzufügen trachten, die sie sich durch Einigung und Eintracht allerdings in einem Maße zu geben vermögen, das sie jeder der beiden Großmächte des Bundes ebenbürtig macht. Das deutsche Volk kann nach den Lehren der Geschichte und nach den Erfahrungen einer nicht sehr fernen Vergangenheit das unbedingte Vertrauen nicht hegen, daß seine beiden Großmächte die Interessen und die Würde der Nation in allen Fällen in untadeliger Weise wahren, am Wenigsten dann, wenn die traditionellen Gegensätze und Eifersüchteleien zwischen ihnen beiden in’s Spiel kommen. Daher ist es dem Interesse der Nation vollkommen angemessen, daß sich neben jenen in der einen oder andern Weise ein dritter Faktor bilde mit genügender „realer Macht“, um, wo jene etwa durch ihre Sonderbelange als selbständige Großstaaten oder durch den Widerstreit unter sich aus der rechten Bahn weichen, ein ausgleichendes Gegengewicht im nationalen Sinne in die Wagschale zu legen. Daß es im nationalen Sinne d. h. zur Wahrung der Ehre, der Macht und der bürgerlichen Freiheit der Nation geschehe, davon hängt der Werth und die Wirksamkeit der Vereinigung der Mittel- und Kleinstaaten ab. Verfolgen sie in inneren

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und äußeren Bundes-Angelegenheiten eine solche Politik, die ihnen die Stütze der öffentlichen Meinung sichert, dann sind sie eine „reale Macht“ und werden sich als solche, mit oder ohne die Sanktion des Preuß. Wochenblattes und der Wiener Ztg., Geltung und Anerkennung verschaffen; fehlt ihnen mit der Zustimmung und dem Vertrauen ihrer Völker der einzige natürliche und haltbare Kitt für ihre Vereinigung, so wird diese in sich zerfallen, ehe sie noch Bestand gewonnen, und sie werden nach wie vor angewiesen seyn, „in vernünftiger und gerechter Würdigung der wirklichen Machtverhältnisse“ – den beiden Großstaaten, je nach ihrer Auswahl, die Schleppe zu tragen.

36. Artikel im Dresdner Journal11 Dresdner Journal Nr. 283 vom 9. Dezember 1859.

Eine tiefgreifende Verbesserung der Bundesverfassung kann nur aus dem von parteilichen Sonderbestrebungen geläuterten Nationalgeist entstehen. Bei den gegenwärtigen Reformversuchen kann es sich demnach noch nicht um Änderungen von vitaler Wichtigkeit handeln. Die Bundesverfassung gibt aber weiten Spielraum für gemeinnützige, nationale Bestrebungen. Dem Bund soll der Charakter einer wahrhaft nationalen Institution verschafft werden. Die Absicht geht dahin, durch die Vereinigung der Mittelund Kleinstaaten ein antreibendes Element für eine größere Bundestätigkeit zu schaffen. Die Würzburger Konferenzen sind kein Ausgangspunkt für eine große Bundesreform, sie haben nur das praktisch Erreichbare im Auge. Die Angriffe in der deutschen Presse gegen die Konferenzen werden zurückgewiesen. Es ist nicht zulässig, die Konferenzen als „Koalition“ oder „Sonderbund“ zu bezeichnen.

Dresden, 9. Dezember 1859 Die Würzburger Conferenzen.2 Es konnte erwartet werden, daß die neuen Conferenzen, zu denen Minister einiger deutscher Staaten in Würzburg sich zusammenfanden, die Aufmerksam1 Das „Dresdner Journal“ ging aus dem 1846 gegründeten „Dresdner Tageblatt“ hervor. Unter dem Namen „Dresdner Journal“ erschien das Blatt von 1850 bis 1914, als es in „Sächsische Staatszeitung“ umbenannt wurde. Das „Dresdner Journal“ gehörte dem sächsischen Staat und war das offizielle Regierungsorgan; http://www.archiv.sachsen.de/archive/dresden/4412_ 3130373038.htm. 2 Der Artikel stammt aus der Feder von Beust; siehe dazu das Schreiben von Beust an Schrenk vom 20. Dezember 1859, in dem der sächsische Minister ausführt, er habe das Dresdner Journal sprechen lassen, um die Sache der Würzburger Konferenz zu unterstützen. Damit wolle er aber nicht den Anspruch erheben, „die Rolle des Wortführers für Würzburg zu übernehmen“; HStA München, MA 492.

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Artikel im Dresdner Journal

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keit der Zeitungspresse auf sich ziehen würden. Neigung und Hoffnung einerseits, Vorurtheile und Abneigung auf der andern Seite mußten gleich sehr dazu beitragen, daß der Würzburger Conferenz ein besonderes Interesse zugewandt wurde. Wie der Zustand der Meinungen und Strebungen der Parteien in Bezug auf die deutschen Verfassungsverhältnisse nun einmal ist, läßt es sich nicht umgehen, daß jeder Versuch, diese Verhältnisse zu bessern, selbst wenn er in sehr gemäßigter und rücksichtsvoller Weise eingeleitet wird, den verschiedenartigsten Beurtheilungen Preis gegeben ist, und sowohl mit bittern Gegnerschaften in der Presse zu kämpfen hat, die aus der Eingenommenheit für idealistische Lieblingspläne entstehen, als auch mit allzuhochgespannten Erwartungen über die Tragweite eingeleiteter Besserungsversuche. Diese Erfahrung wird und kann allerdings nicht davon abhalten, daß Bundesregierungen, welche von der Nützlichkeit eines Fortschrittes in den Bundesverhältnissen durchdrungen sind und sich eine klare Vorstellung von Dem machen, was in dieser Beziehung erreichbar ist, mit Ernst und Eifer einer Sache obliegen, welche leider durch das Eingreifen der Parteiansichten nicht leichter geworden ist; einleuchtend muß aber auch sein, daß unter solchen Umständen nur Mäßigung und Vorsicht in Behandlung der Sache einen Erfolg versprechen, und wenn es wahr ist, was unsrerseits bereitwillig zugestanden wird, daß eine tiefgreifendere Verbesserung der Bundesverfassung nur aus dem, von Partei-Sonderbestrebungen geläuterten, Geschichte und Recht achtenden, für das Ganze mit Hingebung erfüllten Nationalgeiste entstehen kann, so muß man eben an der Bitterkeit, mit welcher sich jetzt die Parteien bei jedem Reformversuche einander gegenüber stehen, erkennen, daß es sich noch nicht um Aenderungen von vitaler Wichtigkeit in der Bundesverfassung handeln kann. Soll gleichwohl der Fortschritt auf diesem Gebiete befördert werden, so wird der deutsche Staatsmann ihn jetzt wo anders suchen müssen: in der Ausfüllung der gegebenen Form, in der Belebung des bestehenden Organismus. Die Bundesverfassung bietet in dieser Hinsicht weiten Spielraum für gemeinnützige, nationale Bestrebungen. Man wird auf diesem Wege, ohne Hand an die Grundgesetze des Bundes zu legen und dadurch nur erfolglos die bestehenden Antipathien zu schärfen, die materiellen Interessen der deutschen Staaten in Bezug auf den äußern Verkehr einander näher bringen, das höhere, geistige Culturleben der Nation in Bezug auf das Recht in seiner weitesten Ausdehnung von Land zu Land mit einander verknüpfen können; man wird dem politischen Charakter des gemeinsamen Organs eine innigere Uebereinstimmung mit dem politischen Fortschritt in den Einzelstaaten zu geben vermögen, der bei der innern Entwickelung des deutschen constitutionellen Lebens immer die größte politische Arbeit der deutschen Nation sein wird; endlich wird man die äußere Stellung des Deutschen Bundes sowohl durch Kräftigung der Militärmacht des Bundes, ganz besonders aber auch dadurch gesi-

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cherter und bedeutsamer machen können, daß das gemeinsame deutsche nationale Interesse von den Bundesmitgliedern jedem andern Interesse vorangestellt wird und eindrucksvoller auf die Eintracht der Großmachtpolitik Oesterreichs und Preußens wirkt. Die Keime zu allen solchen nationalen Erfolgen liegen im Schooße der bestehenden Bundesform. Wenn sie bisher nicht so entwickelt sind, wie es mit den ungetheilten Wünschen aller deutschen Vaterlandsfreunde übereinstimmt, so muß dies, abgesehen davon, daß der Zeitraum seit Schöpfung des Bundes immer noch nicht so bedeutend ist, um für die höchsten Resultate der Eintracht unter früher so oft und feindlich getrennten Theilen genügende Vorbereitungen zu bieten, daran liegen, daß man bisher nicht die rechte Art wählte, sie zu befruchten. Und blicken wir nun zurück auf die bisherige Geschichte des Deutschen Bundes, so springt zunächst in die Augen, daß von 1815 bis 1848, während welcher Zeit der Bund von den beiden deutschen, in Harmonie lebenden Großmächten beherrscht war, nur ein Gedanke ausschließlich die Bundesthätigkeit regelte, der nämlich, die äußere und innere Sicherheit des Bundes zu wahren. Wohl mochte dies nach einer Periode, welche Deutschland jeder Sicherheit so bar gesehen hatte, ein großes Ziel sein, und was im Anstreben an dasselbe erreicht ist, wird der Deutsche stets dankbar anerkennen, welcher geschichtskundig genug ist, um sich des Friedens und friedlichen Fortschrittes in Deutschlands Gauen durch Vergleichung mit sehr trostlosen Zeiten freuen zu können; aber es hätte nicht das einzige sein sollen, welches dem deutschen Nationalgeiste gestellt wurde, – ja, in seiner ängstlichen Festhaltung für die innern politischen Zustände Deutschlands verhinderte es die Entwickelung des nationalen Lebens, während es zugleich den Bund um die innigere Berührung mit dem Fortschritte der Einzelstaaten brachte und ihn dadurch fremd in Deutschland selbst erscheinen ließ. Die Folge war, es ist nicht zu verkennen, eine tiefe Abneigung gegen den Bund seiten der Constitutionellen, eine gewisse Unlust auf Seiten der Regierungen wie des Volkes in Verfolgung eines Weges, welcher den Bund von den Wünschen und Bedürfnissen der Einzelstaaten seitab führte. Im Jahre 1848 machten sich jene Abneigung und diese Unlust Luft. Aber beide verfuhren einseitig; denn es war irrig, zu meinen, daß nur in einer völligen Umgestaltung der Form die berechtigten Nationalwünsche Befriedigung erlangen könnten, wie es falsch war, zu glauben, daß eine Unterdrückung des monarchischen Princips die Interessen und Bedürfnisse Deutschlands klarer erkenntlich und leichter zu befriedigen machen würde. Im Laufe eines Decenniums ist das deutsche Volk, bis auf einige Parteien, welche ihre Lieblingstheorien eigensinnig festhalten, über jene Irrthümer gründlich und oft hart genug belehrt worden. Idealistische Vorstellungen einer „deutschen Einheit“ sind von ihm gewichen. Das Vertrauen zu einer radicalen Fertigkeit, die schwierigsten und ver-

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wickeltsten Verhältnisse umzugestalten, ist geschwunden, und man erkennt den ganzen Ernst, den auch schon das gemäßigste Besserungsstreben erfordert. Und es ist besonders eine drückende Erfahrung, welche den schönen Phantasien einen schweren Hemmschuh angelegt hat: die nämlich, daß von einer innigen Eintracht der Großmächte für den Impuls zu weiterer Bundesentwikkelung nicht viel gehofft werden kann. Das Einvernehmen Oesterreichs und Preußens am Bunde, welches bis 1848 bestanden hatte und dem wir wenigstens den innern und äußern Frieden verdankten, war in jenem Jahre geschwunden, und es hat sich trotz so manchen Versöhnungstages, trotzdem, daß beide Großmächte, den Gefährdungen des monarchischen Princips gegenüber, oft von gleichem Interesse bewegt wurden, bis jetzt nicht wieder finden wollen. Verschiedene Regierungssysteme haben in Preußen und Oesterreich geherrscht; die Weltlage hat sich mehrere Male geändert, sie hat neue Interessen gezeigt, neue Gefahren geschaffen: aber die innige Harmonie der beiden deutschen Großmächte hat bei keiner Constellation wieder geherrscht. Daß hierunter der Bund leiden mußte und selbst in Gefahr kam, die einzige große Errungenschaft seines Bestehens von 1815 bis 1848, seine äußere Sicherheit und den innern Frieden zu verlieren, hat eine Reihe trauriger Ereignisse gelehrt. Diese Erfahrungen, welche dem deutschen Volke so klar vorliegen, sind es, die zu einer neuen Phase der Bundesentwicklung die Kräfte erweckt haben. Man hat auf diese Erfahrungen den Parteiversuch gründen wollen, Deutschland in zwei Hälften zu zerreißen. Mit welchem Erfolge, beweist die Geschichte der letzten Monate, beweist die Thatsache, daß das deutsche Volk in seiner ungeheuern Mehrheit, obwohl es in der lebhaftesten politischen Erregung war, sich schweigend zu allen jenen Parteibestrebungen verhalten hat, welche nicht einmal offen, sondern nur halb versteckt, den Zerreißungsplan aufstellten und überdies den Anschein sich zu verschaffen suchten, als verträten sie einzig und allein das Fortschrittsprincip in Deutschland, als wenn Alles, was ihnen entgegenstände, von reactionären und absolutistischen Gelüsten durchdrungen sei. Der nationale Nothstand, welcher in dem Mangel an Eintracht zwischen den Großmächten im Deutschen Bunde unläugbar besteht, hat dagegen schon seit geraumer Zeit das Verlangen nach einer lebendigern und kräftigern Gestaltung der Bundeswirksamkeit bei solchen deutschen Regierungen erweckt, welche, weil sie keine Collision ihrer Bundespflicht mit der eigenen Machtstellung zu besorgen hatten, das meiste Interesse daran haben müssen, daß dem Bunde der Charakter einer wahrhaft nationalen Institution durch Stärke und Gemeinnützigkeit verschafft werde. Man mußte sich gestehen, ohne deshalb Vorwürfe gegen irgend eine Regierung besonders auszusprechen, daß die Art der Geschäftsbehandlung am Bunde langsam und schwerfällig sei; man

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mußte sich gestehen, daß, wenn Etwas ins Stocken gerathen, keine Regierung da sei, wie in den Einzelstaaten, welche der Angelegenheit neuen Schwung gebe, die darauf sehe, daß nichts liegen bleibe; man mußte sich gestehen, daß es an kräftigen Impulsen für Erweiterung der Bundesthätigkeit fehle, da die Großmächte durch ihre eigenen Machtinteressen häufig zurückgehalten seien von einer eifrigen Verfolgung der Bundesthätigkeit, da überdies eine solche gemeinsame Verfolgung seiten beider selten stattfinde und die von nur einer Großmacht ausgehende Anregung, noch seltener auf die Unterstützung der andern zu rechnen habe, während jede einzelne der übrigen Regierungen eine gewisse Scheu davor empfindet, als Excitator am Bunde aufzutreten. Aus diesen Erwägungen ging die Absicht hervor, durch die Vereinigung einer größern Anzahl von Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten ein antreibendes Element für die Bundesthätigkeit zu schaffen, dem man in keiner Weise egoistische Pläne vorwerfen könnte. Der Kürze wegen und weil es der Sache am dienlichsten schien, werden diese, lediglich auf die Hebung der Bundesthätigkeit gerichteten Absichten der Bundesregierungen durch Conferenzen der Minister zu erreichen gesucht, und daß dieser Weg der zweckdienlichste ist, hat auch die letzte Würzburger Conferenz wieder bewiesen, denn es ist auf ihr über eine große Anzahl von Berathungsgegenständen, – bis auf einige wenige, unter denen sich, beiläufig erwähnt, die kurhessische Verfassungsangelegenheit nicht befindet – völliges Einverständniß erreicht worden. Die Conferenzen bieten sich also nach alle dem Gesagten nicht als einen Ausgangspunkt für große Reformbestrebungen in Bezug auf die Bundesreform dar, und Diejenigen, welche in dieser Beziehung große Erwartungen hegten, haben die Bedeutung der Conferenzen überschätzt. Sie haben, indem sie dies thaten, auch wohl nicht bedacht, daß, wenn aus den Conferenzen in Würzburg solche Reformpläne hervorgingen, dies kaum mehr als eine Effecthascherei auf Kosten der nicht auf den Conferenzen vertretenen Regierungen sein würde, – ein Unternehmen, dessen Mißerfolg nicht zu bezweifeln wäre, wenn man bedenkt, daß beide Großmächte ihm fremd sein würden und daß überhaupt der praktische Widerstand aller nicht auf der Conferenz vertretenen Regierungen dadurch geschärft werden müßte, daß auf sie gewissermaßen das Odium vor der Oeffentlichkeit fiele, sich von Reformbestrebungen ausgeschlossen zu haben. Indeß bleibt zu hoffen, daß die gute Meinung, welche man auf dieser Seite – z. B. in der „Allgem. Zeitung“3 – mit so hoch gespannten Erwartungen über die Ministerconferenzen ausgedrückt hat, nicht herabgestimmt werden wird durch diese Enttäuschung. Man wird es billigen müs3 Augsburger Allgemeine Zeitung, gegründet 1798 von Johann Friedrich Cotta, erschien von 1810 bis 1882 in Augsburg; Blumenauer, Journalismus; Breil, Die Augsburger „Allgemeine Zeitung“.

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sen, daß die Conferenzen nicht einen so hohen und gewagten Flug nehmen und vielmehr das praktisch Erreichbare im Auge behalten. Dies aber glauben sie zu thun, indem sie sich als eine praktische Vorbereitung für die Bundesthätigkeit, als eine Ergänzung der schwerfälligen Geschäftsbehandlung am Bunde, als ein betreibendes und antreibendes Element für die Bundesentwikkelung betrachten. Mit diesen Eigenschaften können sie keine Jalousien4 erregen und es ist zu hoffen, daß die öffentliche Meinung im deutschen Volke, welche sich von allen Parteisonderplänen so abgestoßen gezeigt hat, sich theilnahmsvoll und vertrauend solchen Conferenzberathungen zuwendet, in denen sich das Bestreben der Regierungen, die nationalen Angelegenheiten auf jede Weise zu fördern, deutlich zeigt, und aus denen sich der Beweis ergeben kann, daß nicht das föderative Princip, nicht die staatliche Vielheit in Deutschland es sind, welche einer kräftigen Behandlung der nationalen Interessen hinderlich sind. Mit Dem, was hier über die Richtung und Zwecke der Ministerconferenzen gesagt ist, ist auch zum großen Theil auf alles Das geantwortet, was ein Theil der deutschen Presse so freigebig herbeigeschleppt hat an Vorwürfen und Verdächtigungen. Greifen wir jedoch noch Einzelnes aus denselben heraus, um darauf in dem Folgenden zu antworten, so geschieht dies nicht, weil wir die Pflicht fühlten, die Conferenzen gegen Angriffe zu rechtfertigen, denen der Stempel blinder Parteilichkeit so deutlich aufgedrückt ist, sondern deshalb, um zu zeigen, daß es ein eitles Beginnen sein würde, nach Reformen zu streben, welche Parteien von solcher Unduldsamkeit und Exclusivität befriedigen könnten. Aus dem langen Register der Angriffe, welche die Blätter von der Richtung der „Hamburger Nachrichten“5, „National-Zeitung“6, „Kölnischen Zeitung“7, „Deutschen Allgem. Zeitung“8, der „Elberfelder Zeitung“9, des „Preußischen Wochenblattes“10 u. a. m. erhoben haben, ohne daß nur eine ein4 Eifersucht, Eifersüchteleien, von französisch: „jalousie“. 5 Die „Hamburger Nachrichten“, gegründet 1792, vertraten nach der Revolution von 1848/49 konservative, propreußische Auffassungen; vgl. Dokumente aus geheimen Archiven, Bd. 5, S. 389, Anm. 285. 6 Die „National-Zeitung“ erschien seit 1848 in Berlin und war kleindeutsch-nationalliberal orientiert; ebd. S. 87, Anm. 46. 7 Die „Kölnische Zeitung“, gegründet 1763, war eine der größten deutschen Tageszeitungen und nach 1848 zunehmend nationalliberal ausgerichtet; ebd. S. 91, Anm. 76. 8 Die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ erschien von 1843 bis 1879 in Leipzig und war nationalliberal orientiert; ebd. S. 413, Anm. 388. 9 Die „Elberfelder Zeitung“ erschien von 1834 bis 1905 und war in den 1840er Jahren ein streng konservatives Organ. 10 Das „Preußische Wochenblatt zur Besprechung politischer Tagesfragen“ erschien von 1851 bis 1861 in Berlin und war das Sprachrohr der liberalen „Wochenblattpartei“ in Preußen; Behnen, Das Preußische Wochenblatt.

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zige sichere Kunde von der Tendenz der Conferenzen den Angreifern zugekommen sein konnte, machen wir hier nur folgende namhaft. Man ließ es schwer ins Gewicht fallen, daß nicht alle Mittel- und Kleinstaaten vertreten gewesen seien. Da hieß es: die Conferenzen seien eine preußenfeindliche Coalition, nicht einmal „rechtzeitig“ der preußischen Regierung angezeigt; sie seien ein reactionärer Sonderbund gegen gründliche Reformbestrebungen, die sie mit polizeilichen Mitteln zu unterdrücken versuchen würden; sie seien in Dunkel gehüllt und erinnerten an die Ministerconferenzen in Karlsbad und Wien, 1819 und 1834; ja, man wollte in ihnen sogar Etwas den Bund „Fälschendes“ sehen, weil eine derartige „Föderation eine verkappte Cumulation von Stimmen im engern Rathe involvire“ und der Berathung am Bunde vorgegriffen würde. Allen diesen Vorwürfen und Verdächtigungen können wir kurz genug entgegnen. Was die Nichtvertretung einiger Staaten betrifft, welche eingeladen waren, so wäre es wohl erwünschter gewesen, wenn sie Vertreter gesandt hätten; indeß würde es andererseits die Berathungen erschwert haben, wenn die anwesenden Vertreter der Bundesstaaten nicht über gewisse allgemeine politische Grundsätze sich einig gewußt hätten, und je verschiedenartiger diese Grundsätze sich hätten verlauten lassen, um so mehr Hindernisse wären dem raschen, praktischen Erfolge der Berathungen bereitet worden. Hervorheben zu müssen glauben wir dagegen die Anwesenheit der Vertreter von zwei thüringischen Staaten11, weil hierdurch gezeigt wurde, daß die Tendenzen der Conferenz fern sind von der so oft auf gewisser Seite den Mittelstaaten vorgehaltenen Erhebungssucht auf Kosten anderer Staaten. Daß die Conferenz nichts „Preußenfeindliches“ leitete, ergiebt sich aus Dem, was bereits in diesem Aufsatze über die Zwecke derselben gesagt wurde. Will man nach dieser Charakteristik aber noch immer etwas „Preußenfeindliches“ darin finden, so sind die Conferenzen dafür nicht verantwortlich zu machen, und wir wenigstens würden uns in Preußens Interesse dagegen verwahren, daß man „bundesfreundlich“ und „preußenfeindlich“ für synonym erklärte. Die Angabe wegen der angeblich unterlassenen „rechtzeitigen“ officiellen Benachrichtigung Preußens bedarf zunächst einer thatsächlichen Berichtigung. Preußen ist durch gleichlautende Erklärungen der zur Conferenz einladenden Regierungen vorher benachrichtigt worden. Inwiefern auf diese Benachrichtigung das Beiwort „rechtzeitig“ anzuwenden gestattet sein soll, ist uns nicht klar. Dasselbe könnte doch nur den Sinn haben, daß Preußen die Füglichkeit gegeben wäre, Einspruch zu erheben, daß es der Erlaubniß Preußens und anderer Bundesregierungen zu Abhaltung von Conferenzen bedurft hätte. Einer solchen aber 11 Sachsen-Meiningen war vertreten durch Staatsminister Harbou und Sachsen-Altenburg durch Staatsminister Larisch.

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steht keine Bestimmung des Bundesrechts entgegen. Die Conferenzen sind vollkommen frei in der Form; man faßt dort keine für die Haltung am Bunde verpflichtende Beschlüsse nach der Majorität, und wenn man deshalb in ihnen etwas, die Freiheit der Bundesglieder Beeinträchtigendes sehen wollte, so hieße das: ein Vergehen aus der Erstrebung der Eintracht am Bunde machen. Ebensowenig zulässig ist die Bezeichnung der Conferenzen als „Coalition“ oder „Sonderbund“. Zum Begriffe der „Coalition“ fehlt in diesem Falle jede vertragsmäßige Unterlage und die Richtung gegen irgend einen Staat. „Sonderbund“ ist ein Name, der, behält man im Auge, wie und wo er zuerst entstanden ist, hier gerade die entgegengesetzten Verhältnisse findet, denn in Würzburg strebte man danach, der Gesammtheit dienstbar zu sein, die Thätigkeit für sie, den Fortschritt auf dem gemeinsamen Rechtsgebiete zu befördern, während jener Name erfunden wurde für einige Staaten der Schweiz, welche sich von der Umgestaltung der Verfassung ausschließen wollten.12 Allerdings kann man von den Conferenztendenzen sagen, daß sie gewissen Parteibestrebungen, nämlich denen der Eisenacher Agitation13, hinderlich sein werden, aber vergebens hat man wohl auf jener Seite die Hoffnung danach gehegt, daß ihren lahmen Agitationen durch polizeiliche Maßregelungen wenigstens das Märtyrerthum noch vor dem gänzlichen Erliegen verschafft werden würde. Treffen werden die Conferenzberathungen nur insofern jene Parteitendenzen, als das deutsche Volk sich ihnen um so gewisser verschlossen halten wird, wenn es sieht, daß die ernstlichsten Bestrebungen für Hebung und Vervollkommnung des Bundeswesens aufgeboten werden. Die Erinnerung an die Karlsbader und Wiener Conferenzbeschlüsse dürfte dem Plane der mitteldeutschen Conferenzen eher zur Empfehlung, als zum Vorwurf gereichen, denn man wird sich erinnern, daß die Karlsbader und Wiener Conferenzen in einer Zeit stattfanden, wo die deutschen Großmächte, abgeneigt einer constitutionellen Entwicklung, mit solchen Gesinnungen den Bund beherrschten, während die innere politische Entwicklung der übrigen deutschen Staaten keinen Einfluß auf den Bund gewinnen konnte. Das „Dunkel“ zu beklagen, in welches sich die Ministerconferenzen hüllen, ist im Allgemeinen unverständig zu nennen, denn, obgleich die auf der Conferenz vertretenen Regierungen kein Geheimniß aus ihrem Thun machen, wäre es doch eben so unthunlich, die Bureaux der Regierung in den Einzelstaaten zu öffnen, als die Ministerconferenzen öffentlich zu halten. In diesem speciellen Falle aber ist der Vorwurf der 12 Als „Sonderbund“ wurde die sogenannte „Schutzvereinigung“ bezeichnet, zu der sich im Jahre 1843 einige konservative Schweizer Kantone zusammengeschlossen hatten, um ihre kantonale Autonomie gegen eine liberale Bundesverfassung zu verteidigen. 13 Anspielung auf die Eisenacher Erklärungen der kleindeutsch-preußischen Nationalbewegung im Vorfeld der Gründung des Deutschen Nationalvereins im Sommer 1859, siehe Dok. 5 und 10. Vgl. Biefang (Bearb.), Der Deutsche Nationalverein, S. 434 u. 438–441.

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Umhüllung der Conferenzberathungen mit tiefem Dunkel auch noch besonders naiv, da dieselben Blätter, welche ihn erhoben, doch so Vieles von den Gegenständen der Berathung, ihrem Gange und dem Erfolge und Mißerfolge zu erzählen wissen. Wir fühlen keine Veranlassung die Vermuthungen und unwahren Nachrichten in dieser Beziehung mit einer detaillirten Veröffentlichung der Berathungen zu belohnen. Die Resultate werden in nicht zu ferner Zeit erkennbar werden. Daß sie nicht mit einem Male, sondern nur in allmählicher Folge hervortreten können, wird jeder Unbefangene sich selbst sagen, wenn er sich erinnert, daß die Berathungen über ein in der That reichhaltiges Material nur vier Tage dauerten und daher binnen einer so kurz bemessenen Zeit die Erledigung ausführlicher Detailarbeiten nicht erwartet werden darf. Die Conferenz hat allerdings einen ganz andern Weg eingeschlagen als den, welcher unlängst in einer Kammersitzung von maßgebender Stelle aus als der geeignete bezeichnet wurde. Wollte man diesen wählen und sich mit endlicher Redaction ausgearbeiteter Entwürfe beschäftigen, so würde die Conferenz die Stelle der Bundestagsausschüsse usurpiren und, mit geringer Aussicht auf praktische Resultate, eines Aufwandes von Zeit bedürfen, der sich mit den laufenden Geschäften auch da nicht vertragen würde, wo die Herren Minister zufällig nicht „gegen den Landtag nähere Pflichten haben sollten.“ Wird endlich über den Zweck der Conferenzen in der „Deutschen Reichszeitung“14 noch gesagt, er bestehe in einer „eigenen Politik am Bunde gegenüber von Oesterreich und Preußen,“ woran die Aeußerung geknüpft wird, Oesterreich werde sich ebensowenig wie Preußen dadurch angenehm berührt fühlen, und dies vielleicht zu einer Annäherung beider Großmächte beitragen, – so ist darauf zu antworten, daß eine solche Schlußwirkung der Conferenzen den Mitgliedern derselben nur die höchste Genugthuung sein könnte. In Abrede aber muß zugleich gestellt werden, daß die Conferenzberathungen irgendwie dem deutschen Interesse Oesterreichs oder Preußens widersprechen und deshalb eine unangenehme Wirkung in Wien oder Berlin begründen können. Handelt es sich doch nicht um Sonderungen oder Machtschmälerungen, um antagonistische Bestrebungen irgend einer Art, sondern um innigere Verbindung des Ganzen, um dessen Machterhöhung und um die Beschwichtigung vorhandener Antagonismen. Die Regierungen, welche auf den Conferenzen vertreten sind, können im Bewußtsein ihres redlichen vaterländischen Strebens das Vertrauen zum deutschen Volke hegen, daß es ihren ernstlichen Bestrebungen, ohne jede Effecthascherei, ohne jede Parteispeculation auf einem praktischen

14 Die „Deutsche Reichs-Zeitung“ erschien von 1848 bis 1866 in Braunschweig und war „bürgerlich-demokratisch“ ausgerichtet; vgl. Dokumente aus geheimen Archiven, Bd. 5, S. 69, Anm. 21.

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Wege das Bundeswesen zu beleben und zu vervollkommnen, erkennen, würdigen und seiner Theilnahme werth halten wird.

37. Kübeck an Rechberg HHStA Wien, PA II 38, fol. 196–209, a) Geheimes Schreiben. Behändigte Ausfertigung. Mit Anlage: b) Denkschrift von [Ludwig] Windthorst zur Lage in Deutschland. Abschrift. Praes.: 24. Januar 1860. Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 1, S. 95–100.

Kübeck übersendet eine Denkschrift von Windthorst, in der dieser Initiativen zur Hebung des österreichischen Einflusses in Deutschland vorschlägt. Der Einfluß Österreichs ist zurückgegangen, weil die Regierung in Wien jede Initiative am Deutschen Bund fallengelassen hat. Es besteht die Gefahr, daß Preußen die faktische Suprematie über Deutschland erlangt, insbesondere dann, wenn es Österreich nicht gelingt, die allgemeine deutsche Zolleinigung anzubahnen. Gegen die Bestrebungen zu einer Suprematie Preußens muß die Stellung Gesamtdeutschlands und Österreichs gestärkt werden. Der stärkste Wall gegen diese Bestrebungen ist die Bundesverfassung, die erhalten und ausgebaut werden muß. Auf materiellem wie auf geistigem Gebiet findet eine ständige Annäherung zwischen Preußen und den norddeutschen Staaten statt. Über die Zollbeamten und die Presse übt Preußen einen großen Einfluß in seinem Sinne aus. Die zentrale Leitung aller dieser Bestrebungen liegt bei dem preußischen Bundesgesandten in Frankfurt. Windthorst regt die Schaffung einer „Zentralstelle“ in Hamburg an, die unter der Leitung des dortigen österreichischen Gesandten im Norden und Nordwesten Deutschlands im Sinne der großdeutschen Ideen auf die Öffentlichkeit einwirken soll.

[a) Schreiben] Geheim

Frankfurt am Main, 20. Januar 1860

Hochgeborner Graf! In der Anlage beehre ich mich Euerer Excellenz Abschrift eines Mémoire’s vorzulegen, welches in großen Umrissen die Ideen eines norddeutschen Staatsmannes1 über die Frage enthält, durch welche Mittel den immer mehr Raum gewinnenden Bestrebungen Preußens, seine Suprematie in Deutschland herzustellen, entgegengetreten und das Interesse von Gesammtdeutschland, somit die Stellung Oesterreichs 1 Das Mémoire stammt von Ludwig Windthorst (vgl. fol. 197v), dem späteren Zentrumsführer, der seit 1849 Abgeordneter in der zweiten Kammer des hannoverschen Landtags war. Windthorst (1812–1891) war von 1851 bis 1853 Justizminister in Hannover gewesen, ein Amt, das er von 1861–1865 erneut ausübte. Der norddeutsche Katholik Windthorst lehnte die kleindeutschpreußischen Tendenzen ab und ergriff mit seiner Denkschrift Partei für die Erhaltung des österreichischen Einflusses in Deutschland; ADB, Bd. 55, S. 97–104.

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a) in Deutschland überhaupt und b) speciell im deutschen Norden und Nordwesten am wirksamsten gestärkt und gefördert werden könnte. Den Vortrag dieser Aufzeichnungen begleitete der Verfasser mit mündlichen Erläuterungen, deren wesentlichsten Inhalt ich im Nachstehenden zusammenzufassen mir erlaube. Die Ursachen des sich mehr und mehr mindernden Einflusses Oesterreichs in Deutschland lägen in dem Fallenlassen einer jeden Initiative von Seiten Oesterreichs am Bunde. Die Wahrnehmung, daß namentlich auf dem Gebiete der materiellen Interessen es Preußen immer wieder gelinge, diese außerhalb des Bundes in Berathung nehmen zu lassen, daß es, um zum gedeihlichen Ausbaue des Bundes Anträge vor die Versammlung gebracht zu sehen, der Vereinigung der Mittelstaaten bedürfe, müsse – abgesehen von der allmäligen faktischen Herausbildung der Trias – nothwendiger Weise das Vertrauen von der ersten deutschen Großmacht abwenden. Der Constitutionalismus hätte ferner in Deutschland nie so tiefe Wurzel gefaßt, er hätte sohin nie den Gegnern die mächtigsten Waffen gegen Oesterreich in die Hände geben können, wenn Oesterreich vom Anfange an mit dem Vollzuge des Art. 13 der Bundes-Acte durch Herstellung einer landständischen Verfassung vorgegangen wäre. So aber ist es gelungen den Glauben zu verbreiten und festzuhalten, daß, sobald sich bei irgend einer deutschen Regierung reaktionäre Bestrebungen zeigten, Anregung und Ermuthigung von Oesterreich käme. Mit besonderer Beziehung auf Norddeutschland wies der geistvolle Beobachter auf die Mißgriffe der Regierungen in Hannover und Kurhessen wie auf die verrotteten, unhaltbaren Zustände Mecklenburgs, indem er es als eine lohnende Aufgabe der oesterreichischen Diplomatie bezeichnete, auf deren Abstellung hinzuwirken oder Falls dieß nicht gelänge, wenigstens darüber keinen Zweifel zu lassen, daß die kaiserliche Regierung solche Vorgänge mißbillige. Endlich sähen die Freunde Oesterreichs, da von zweckentsprechenden Anstrengungen weder auf diplomatischem Wege noch auf dem Felde der Presse Erhebliches zu Tage trete – mit Besorgniß dem Schlusse des Jahres 1865 entgegen, an welchem der Februarvertrag vom Jahre 1853 sein Ende erreicht2 und es sich vor Allem entscheiden soll, ob es Oesterreich gelingen werde, durch Zustandebringung oder wenigst möglichst sichere Anbahnung einer deutschen Zolleinigung seinen Platz in Deutschland zu behaupten, oder ob es durch das Mißlingen dieses 2 Mit dem Handelsvertrag zwischen Österreich und Preußen vom 19. Februar 1853 war einerseits der Eintritt des norddeutschen Steuervereins in den preußisch dominierten Zollverein anerkannt worden, andererseits waren für das Jahr 1860 Verhandlungen über eine allgemeine deutsche Zolleinigung in Aussicht gestellt worden. Der Vertrag war auf 12 Jahre befristet. Vgl. Hahn, Geschichte des Deutschen Zollvereins, S. 140–151.

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Denkschrift von Ludwig Windthorst

weitaus wichtigsten Planes Preußen die faktische Suprematie in Deutschland werde überlassen müssen. Mit dieser Andeutung der Hindernisse zur Erreichung der Oesterreich gebührenden Stellung in Deutschland seyen zugleich die Mittel zu deren Beseitigung gegeben. Da das Bestreben, Preußen an die Spitze Deutschlands zu bringen, vorzugsweise im nördlichen und nordwestlichen Theile von Deutschland eine täglich an Umfang gewinnende Unterlage finde, müsse gerade dort Oesterreich Alles aufbieten, um diesem übermächtig werdenden Einflusse entgegenzutreten und zu dem Ende jene Thätigkeit entfalten, welche Preußen verwendet, um im Süden und Südwesten Deutschlands seinen Einfluß zu begründen. Die Denkschrift zählt nun die darauf zielenden Mittel auf und bezeichnet vor Allem Hamburg als den geeignetsten Centralpunkt, von welchem aus sie in Anwendung zu bringen wären. Ich habe geglaubt, dieses uneigennützige, von den besten Gesinnungen für Oesterreichs Stellung in Deutschland eingegebene Schriftstück Euerer Excellenz vorlegen zu sollen, da sich hieran durch geeignete Persönlichkeiten weitere Studien und Einwirkungen an Ort und Stelle knüpfen ließen. Die Verhältnisse des Verfassers3 dürften ihn selbst kaum zu einer solchen Aufgabe verwendbar erscheinen lassen, was indeß nicht ausschließt, daß sein Rath vorkommenden Falls benützt werden könnte, um außerhalb Hamburg’s Kräfte zu dem angedeuteten hochwichtigen Zwecke zu gewinnen, dessen Anbahnung jedenfalls bedeutende geistige und materielle Mittel in Anspruch nehmen würde und durch eine gewandte Leitung in dem genannten Centralpunkte bedingt wäre. Genehmigen Hochdieselben den Ausdruck meiner tiefsten Ehrfurcht. Kübeck [b) Denkschrift von Ludwig Windthorst zur Lage in Deutschland] [Anlage] ad No. 5 D. Bon Kübeck 20. Jänner 1860 Promemoria über die Mittel zur Hebung des oesterreichischen Einflusses in Deutschland überhaupt und insbesondere im deutschen Norden und Nordwesten. (Bon Windhorst)4 Dem berechtigten und wohlbegründeten Einflusse Preußens in Deutschland entgegentreten will gewiß Niemand. Die Bestrebungen aber, aus dem Kreise 3 Windthorst war zu dieser Zeit Advokat und Landtagsabgeordneter in Hannover. 4 Die Abschrift der Denkschrift selbst ist ohne Überschrift und Verfasserangabe. Diese Angaben befinden sich auf einem separaten, dem Schreiben Kübecks beigefügten Blatt (fol. 197v).

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der Bundesverfassung hinaus zu schreiten und für Preußen eine Suprematie in Deutschland herzustellen, sind so unbegründet, wie unberechtigt und ist es deshalb eine in ihrer Bedeutung nicht hoch genug anzuschlagende Aufgabe, die Interessen von Gesammtdeutschland und damit die Stellung Oesterreichs in Deutschland jenen offen zu Tage liegenden und immer mehr Raum gewinnenden Bestrebungen gegenüber zu stärken und zu fördern. Sollten die Mittel zur Lösung dieser Aufgabe erschöpfend erörtert werden: so würde dazu eine ausführliche Abhandlung erforderlich seyn. Es müßte dieselbe die deutsche Politik Oesterreichs und der gesammten übrigen deutschen Staaten zum Gegenstande nehmen; das kann nicht der Zweck dieses Notats seyn. Hier sollen nur einzelne abgerissene Andeutungen kurz skizzirt werden. 1. Der stärkste Wall gegen die gedachten Bestrebungen ist die Bundesverfassung. Diese muß festgehalten, aber ausgebildet werden auf den Grundlagen, die sich in derselben bereits vorfinden. Der Bund hat die Deutschen bis jetzt mehr an ihre Pflichten erinnert, als ihre Rechte geschützt und ihre Interessen gefördert. In seiner Verfassung aber liegt nicht allein zu jenen, sondern auch und vorzugsweise zu diesen der Beruf wie die Macht. Gewährt derselbe insbesondere den Verfassungen der Einzelstaaten und den Rechten der Unterthanen den Schutz, welchen Preußen verspricht, so wird jeder Deutsche den Schutz des Bundes vorziehen und sich erinnern, daß, wenn der Bund in Beziehung auf die Einzelverfassungen seine Competenz überschritten hat, dies zumeist auf Betreiben Preußens und nie ohne dessen Zustimmung geschehen ist. 2. In den Einzelstaaten muß ein solches Regiment geführt werden, daß ein Einvernehmen zwischen Regierung und Regierten stattfindet. Findet der Deutsche seine Befriedigung in eigener engerer Heimath, so wird er sie auswärts nicht suchen. In Beziehung auf ein solches Regiment aber bleibt in manchem deutschen Staate unmaßgeblich Vieles zu wünschen. Ein preuß. Staatsmann sagte kürzlich bezeichnend genug: „Die Fehler unserer Nachbarn nützen uns viel mehr, als das Beste, was wir selbst gethan.“ Man hebe diese Fehler, und Preußen wird auf dieselben die moralischen Eroberungen nicht mehr zu begründen vermögen, welche es eingestandener Maßen zu machen gedenkt. 3. Das Bestreben, Preußen an die Spitze Deutschlands zu bringen, findet vorzugsweise im nördlichen und nordwestlichen Theile von Deutschland eine täglich an Umfang gewinnende Unterlage. Es liegt dies theils in den gegebenen Verhältnissen. Nach einem überall gültigen Naturgesetze werden kleinere Körper von größeren angezogen. Preußen ist im Norden Deutschlands der weitaus größte Körper und seine Anziehungs-

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kraft wird um so stärker, je größer die Nähe und je vielartiger die Berührungspunkte sind. Mit der Dampfkraft und dem Telegraphen sind die Entfernungen geschwunden, mit dem Zollvereine sind alle Barrieren gefallen und die Berührungspunkte vermehrt. Auf materiellem wie geistigem Gebiete ist ein täglich steigender Verkehr zwischen Preußen und den übrigen norddeutschen Staaten bemerkbar; die Statistik des Handels, der Fabrikation und der Gewerbe im Allgemeinen documentirt dies auf dem materiellen Gebiete. Eine auch nur oberflächliche Umschau auf das innere Leben und die Beziehungen der Universitäten, der Gymnasien, der Real- wie der Volksschulen, ein flüchtiger Einblick in die Bewegungen der Presse, der Literatur und des Buchhandels, ein auch nur kurzes Verweilen bei den Gestaltungen der kirchlichen Verhältnisse documentirt dasselbe auf dem geistigen Gebiete. Dieser Verkehr vermittelt allmälig, aber stetig und sicher eine Solidarität der Interessen und eine überraschende Assimilation des Denkens, Fühlens und Seyns. Dazu kommt in den kleineren Staaten das Gefühl, daß unerachtet der schweren Opfer, welche für den Militär-Etat gebracht werden, die eigenen Kräfte nicht genügen, um den nöthigen Schutz nach außen zu gewähren, daß dazu vielmehr ein festeres Anlehnen an einen größeren Staat nicht zu vermeiden seyn werde. Theils aber liegt es darin, daß im nördlichen und nordwestlichen Deutschland an Preußen fast allein das Feld überlassen ist, seinen Einfluß geltend zu machen. Es wirkt für diesen Einfluß nicht allein seine Diplomatie, die unterschätzt würde, wollte man sie bloß nach den Namen wägen, welche in den Salons erscheinen, und die ihre Stützpunkte findet in den zahlreichen preuß. Zollbeamten höheren und niederen Grades, welche in den Directivbehörden und an einzelnen Zollstationen ihren Sitz haben; es wirkt vor Allem dafür fast die gesammte Presse, nicht allein die Tagespresse, sondern auch die übrige Literatur. In letzterer Beziehung soll nur auf das so wichtige Gebiet der Geschichte verwiesen werden. Man durchblättere die Werke, welche dem Geschichtsunterrichte zur Grundlage dienen, man gehe in die Hörsäle und man wird sich von dieser Wahrheit überzeugen. Wie diesem übermächtig werdenden Einflusse Preußens im Norden und nordwestlichen Deutschland entgegengetreten werden kann, das lehrt Preußen selbst in den Mitteln, welche es verwendet, um im Süden und Südwesten von Deutschland seinen Einfluß zu begründen. Es hat daselbst aller Orten eine zahlreiche Diplomatie, der auch hier wiederum die Stütze in der Zollpartie nicht entgeht. Wie dieselbe durch die verschiedenartigsten Verbindungen und Beziehungen, die man anzuknüpfen verstanden hat, nach allen Richtungen hin ihre Wirksamkeit entfaltet, kann keinem aufmerksamen Beobachter entgehen.

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Hier mag nur auf die Presse verwiesen werden, weil dieselbe ein in die Augen tretendes Spiegelbild von der allerdings viel realeren Unterlage darbietet, gleichzeitig aber auch zur festeren Begründung dieser Unterlage dient. Man lese die Frankfurter, Nassauischen, Badischen, Baierischen Blätter und man wird erstaunen über die Summe des preuß. Einflusses, welcher darin zu Tage tritt. Könnten und dürften die Redactionen der betreffenden Blätter, z. B. die Redaction der Augsburger Allgemeinen Zeitung sprechen, es würden dieselben in dieser Richtung die interessantesten Aufschlüsse gewähren können. Wenn nicht alle Zeichen trügen, so liegt die Centralstelle für alle diese Bestrebungen in Frankfurt a/m [sic] und hat kein Geringerer, als der preußische Bundestagsgesandte5 selbst die Leitung. Es ist dies ganz dem Zweck entsprechend. Mit Erfolg kann eine solche Leitung nur derjenige führen, welcher genau von den Dingen unterrichtet und genau von [sic] den Intentionen der betreffenden Regierung auf allen Gebieten der Politik vertraut ist. Frankfurt ist der Platz, wo der leitende Gesandte die vollste und freieste Bewegung hat und nicht durch alle Rücksichten gehemmt wird, welche eine Residenz nothwendig mit sich bringt. Daneben hat Preußen seine Garnisonen in Mainz, Frankfurt und nun auch in Rastatt6, und giebt dadurch den angebahnten moralischen Eroberungen einen Stützpunct, welcher wegen des Eindrucks, der dadurch auf die Massen geübt wird, an Bedeutung weitaus das Maß der Kraft übersteigt, welche diese Garnisonen im gegebenen Falle zu entwickeln im Stande wären. Wollen die natürlichen Vertreter der großdeutschen Idee, die vier deutschen Königreiche und Oesterreich, ihren Einfluß im Norden und Nordwesten des Vaterlandes stärken, so dürften sie nach der von Preußen also gegebenen Anleitung ihre Maßregeln zu treffen haben. Ganz besonders in Beziehung auf den Norden und Nordwesten von Deutschland behauptet dasjenige sein Gewicht, was oben sub 1 und 2 in Beziehung auf die Bundesverhältnisse und in Beziehung auf die Nothwendigkeit 5 Guido von Usedom. 6 Die Bundesfestung Rastatt, erbaut zwischen 1842 und 1852, war ursprünglich nur mit badischen und österreichischen Truppen belegt. Nach langen erbitterten Streitigkeiten erreichte es Preußen im Jahr 1859, daß in Rastatt auch preußische Truppen stationiert wurden. Unter dem Eindruck des Italienischen Krieges beschloß die Bundesversammlung am 11. August 1859, die Festungsbesatzung zu erhöhen. Zuvor hatten sich Österreich, Preußen und Baden darauf verständigt, die Besatzung von Rastatt „im Kriege wie im Frieden“ gemeinsam zu stellen. Davon sollten für die Friedensbesatzung auf Österreich 3000, auf Preußen 2000 und auf Baden 1000 Mann entfallen, bei der Kriegsbesatzung entfielen auf Österreich 5400, auf Preußen 4000 und auf Baden 2600 Mann. Den Gouverneur der Festung sollte Baden ernennen, bei der Ernennung des Festungskommandanten sollten sich Österreich und Preußen im fünfjährigen Turnus abwechseln. Vgl. ProtDBV 1859, S. 708–718; Sempell, The Rastatt Dispute, S. 405; Meyer, Bismarcks Kampf, S. 432.

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eines guten Einvernehmens zwischen Regierung und Regierten gesagt ist. Der Charakter des Volksstammes, die geschichtliche Entwickelung seiner socialen und rechtlichen Verhältnisse, der starke Verkehr mit Holland, den nordamerikanischen Freistaaten, mit England, begründen diese Erwägung. Sodann wird eine Verstärkung der Diplomatie erforderlich. Für eine Vertretung bei den Höfen scheint freilich hinlänglich gesorgt. Jene Verstärkung wird nöthig, a) um die Entwickelung auf allen Gebieten menschlicher Thätigkeit zu beobachten und davon zu jeder Zeit der heimischen Regierung ein treues Bild zu übersenden, damit dieselbe daraus für das eigne Land ihren Nutzen ziehen und je nach dem Gange dieser Entwickelung die Maßregeln treffen kann, welche ihrem Interesse entsprechen; b) um durch mündliche Mittheilungen an maßgebende Stellen und im täglichen Verkehr die nicht selten irrig aufgefaßten und noch öfter absichtlich falsch dargestellten Zustände und Maßregeln in der Heimath in das rechte Licht zu stellen; c) um nach allen Richtungen hin diejenigen Beziehungen und Verbindungen anzuknüpfen, welche einen Einfluß sichern, insbesondere aber denjenigen Elementen, welche der Idee des Gesammt-Deutschlands und damit auch dem Kaiserstaate ihre Sympathien bewahrt haben, einen Stütz- und Sammelpunct zu bieten, an dem es jetzt völlig fehlt; d) um in der Presse den Anschauungen der heimischen Regierung und des Heimathlandes, insbesondere den Interessen des in der Bundesverfassung vereinten Deutschlands, den gebührenden Ausdruck zu sichern. Für diese gesammte Thätigkeit ist eine Centralstelle erforderlich. Ein dazu eben so geeigneter Ort, wie Frankfurt ihn in Beziehung auf den Süden und Südwesten für Preußen bietet, findet sich im nördlichen und nordwestlichen Deutschland nicht. Aehnliche Verhältnisse jedoch giebt Hamburg, wenn zwar allerdings der Bundestag und die Vortheile, welche daraus erwachsen, fehlen. Wie es scheint, würde dort die Centralstelle zu gründen sein. Die eigentliche Leitung an solcher Stelle würde mit Erfolg nur der dasige österreichische Gesandte übernehmen können. Es würde demselben dabei an der nöthigen Hülfe freilich nicht fehlen dürfen. Außer dem mit den nöthigsten Kenntnissen (namentlich auf dem Gebiete der National-Oeconomie und der Finanzwissenschaft) ausgerüsteten Gesandtschafts-Personals würden dazu gehören ausreichende literarische Kräfte, um dieselben in der Presse verwenden zu können. Diese wären thunlichst im Norden und nordwestlichen Deutschland selbst zu sammeln. Vielleicht wäre die Gründung eines neuen Zeitblattes erforderlich, vielleicht aber wäre in einem bestehenden Blatte der Raum zu gewinnen. Auf jeden Fall würde es weniger auf das eine Blatt, als darauf ankommen, zu möglichst vielen Blättern

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Zutritt zu gewinnen. Dies ist bald durch Mittheilung allgemein interessanter Nachrichten, bald durch Geldsubvention für das betreffende Blatt, bald durch Unterstützung geeigneter Literaten zu erreichen. In’s Detail gehende, die concreten Verhältnisse erfassenden Vorschläge lassen sich jedoch nur an Ort und Stelle und nach dem sorgfältigsten Studium aller einschlagenden Verhältnisse machen und können zweckmäßig nur von demjenigen ausgehen, der die Leitung der Sache zu übernehmen hat. So viel aber ist ohne Weiteres klar, daß nur mit einem großen Aufwand geistiger Kraft und materieller Mittel und auch dann nur allmälig und in zäher Ausdauer zum Ziele zu gelangen ist, zumal im nördlichen und nordwestlichen Deutschland viele derjenigen Verhältnisse fehlen, welche Preußen im Süden und Südwesten begünstigend zur Seite stehen. In wie fern die jetzt zur Erörterung stehenden Maßregeln zur Vertheidigung der Nord- und Ostseeküsten7 die Errichtung eines oder mehrerer Waffenplätze erforderlich machen, in welchen die zur Vertheidigung der Küsten erforderlichen Streitkräfte Sammlung und Stütze finden; ob für die großdeutschen Staaten ein Mitbesatzungsrecht in diesen Waffenplätzen zu bedingen und so ein Analogon von Mainz, Frankfurt und Rastatt herzustellen, ist eine militärische Frage, die außerhalb des Bereiches dieses Notats liegt. So viel aber ist gewiß, daß in neuerer Zeit kaum ein anderes Ereigniß die Autorität Oesterreichs im nördlichen Deutschland so sehr gekräftigt hat, als der Marsch des Legedits’schen Corps, so wenig populär das Ziel dieses Marsches auch sein mochte.8

7 In der Bundestagssitzung vom 17. Dezember 1859 stellten die Regierungen von Bayern, Sachsen, Württemberg, Großherzogtum Hessen, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Nassau, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz den Antrag, „die zur Befestigung der deutschen Nordsee- und Ostsee-Küsten nöthigen Maßregeln in Berathung [zu] nehmen“. Der Antrag wurde an den Militärausschuß des Bundestages verwiesen. Vgl. ProtDBV 1859, S. 889 f. 8 Der österreichische General Ignaz von Legeditsch (1790–1866) kommandierte im Jahr 1851/52 die Bundestruppen in den Elbherzogtümern und erfreute sich dabei großer Zustimmung von seiten der Bevölkerung; vgl. ADB, Bd. 18, S. 126.

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Denkschrift von Herzog Bernhard II. von Sachsen-Meiningen

Nr. 38

38. Denkschrift von Herzog Bernhard II. von SachsenMeiningen11 über die Bundesreform HStA Dresden, 10 717, Nr. 933, fol. 26–32. Reinschrift, von Herzog Bernhard am 17. Februar 1860 vertraulich zur „Prüfung“ an Beust gesandt, vgl. ebd. fol. 25.

Es besteht die dringende Notwendigkeit einer Bundesreform, vor allem auch im Hinblick auf die außenpolitische Situation. Alle deutschen Staaten, auch Österreich und Preußen, müssen in der auswärtigen Politik ihren Willen der Gesamtheit unterordnen. Die Bundesverfassung muß Garantien für die Einigkeit der beiden Großstaaten schaffen. Es ist die „nationale Pflicht“ der Mittel- und Kleinstaaten, zwischen Österreich und Preußen zu vermitteln Der Herzog schlägt vor eine Zentralgewalt (Exekutive) zu bilden, bestehend aus Österreich, Preußen und einer dritten, auf drei Jahre aus den vier Königreichen zu wählenden Stimme. Der Zentralgewalt sollen die „auswärtigen Kriegs- und Militärsachen“ übertragen werden, alle anderen Bundesangelegenheiten sollen wie bisher bei der Bundesversammlung verbleiben. Die Truppen der Mittel- und Kleinstaaten sollen eine einheitliche Organisation erhalten.

[Meiningen, 17. Februar 1860] Den Plänen zur Umgestaltung der Bundesverhältnisse, welche Deutschland von 1848–1852 erschütterten, ist eine Berechtigung insofern nicht abzusprechen, als aus den in der Bundesacte u.s.w. aufgestellten Grundzügen kein Zustand entwickelt war, der die Einigkeit Deutschlands im Innern und seine Macht dem Ausland gegenüber sicher stellte. Die in jener Zeit versuchten Neubildungen scheiterten, weil keine von ihnen geeignet schien, die divergierenden Interessen der Staaten auszugleichen oder das Ziel einer geeinigten Macht wirklich zu erreichen. Man kehrte dann im Wesentlichen zu dem Alten zurück. So ward allerdings die Grundlage wieder gesichert, von der allein ausgegangen werden darf, aber der damals vorbehaltene Ausbau ist bisher nicht erfolgt. Die erste größere Gefahr, welche Deutschland bedrohte, mußte daher die alten Schäden wieder bloslegen und eben dadurch auch die dringende Nothwendigkeit einer Reform von neuem beweisen. Indem dies gegenwärtig geschehen ist, und indem dadurch auf verschiedenen Seiten Reformgedanken ins Leben gerufen sind, ist ein Zustand der Unruhe und des Haders, ein allgemeines Gefühl der Unsicherheit in Deutschland entstanden, welches unter den von aussen her drohenden Gefahren doppelt bedenklich erscheinen muß. Die Lage der europäischen Politik ist der Art, daß in jedem Augenblick auf unberechenbare Weise Ereignisse eintreten können, welche Deutschlands Interessen auf das empfindlichste berühren. Deutschland aber ist nicht in der 1 Bernhard II. Erich Freund, Herzog von Sachsen-Meiningen (1800–1882), regierte von 1821 bis 1866; ADB, Bd. 45, S. 409–424.

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Verfassung, solche Gefahren entweder durch eine imponierende Haltung im Keime zu ersticken, oder ihnen im Falle eines ausbrechenden Krieges mit sicherer Ruhe zu begegnen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß gegenwärtig weder der deutsche Bund noch die deutschen Großstaaten die Machtstellung einnehmen, welche ihnen gebührt und welche als wesentliche Bürgschaft für den Frieden Europas gewünscht werden muß. Oesterreich ist durch den eben beendeten Krieg geschwächt und nicht in der Lage, eine imponierende Stellung nach aussen zu behaupten. Preußen ist in Wirklichkeit nur dann eine Großmacht, wenn es seine Politik in aufrichtigem Anschließen an das übrige Deutschland bestimmt. Die der Machtstellung Deutschlands augenblicklich mehr wie je verderblichen Verhältnisse sollten so rasch als möglich eine Aenderung erleiden, damit der Bund gegen das Ausland Achtung gebietend auftreten könne und im Innern die Ruhe der Gemüther hergestellt werde. Jedwede Reform kann freilich nur unter der Voraussetzung fruchten, daß alle deutschen Staaten, also auch Oesterreich und Preußen, sich zu der Resignation bestimmen, ihren Willen im Betreff der auswärtigen Politik und alles damit Zusammenhängende den Bedürfnissen und dem Willen der Gesammtheit unterzuordnen. Ob dies nicht eher erreicht wird, wenn Oesterreich und Preußen dem Bunde mit ihren sämmtlichen Staaten beitreten, dürfte nach den Erfahrungen des letzten Jahres von Neuem ernstlich erwogen werden. Ferner aber muß das Ziel der Reform erreicht werden unter Festhalten an den bestehenden Grundlagen des Bundes; es kann erreicht werden durch scharfe sachgemäße Ausprägung des Gedankens, der bei der Schöpfung der Bundesinstitutionen leitend gewesen ist. Die Stärke und das Heil Deutschlands ruht in der Einigkeit seiner beiden Großstaaten. Die Bundesverfassung muß daher vor Allem nach Garantien für diese Einigkeit suchen. (cf. die Denkschrift Humboldts vom 24. Februar 1815).2 Aus dem Dualismus entsteht bei divergierenden Interessen eine feindliche Gegenüberstellung, wenn die beiden Mächte ohne Vermittelung nebeneinander hergehen; dies würde nicht minder auch dann der Fall sein, wenn eine Preußische Clientel in Deutschland und eine Oesterreichische, etwa auf der Mainlinie, als geschlossene Körperschaften auf einanderstießen. Eine Vermittelung zwischen den beiden Großstaaten ist politisch nothwendig; sie auszuüben ist der natürliche Beruf und eine nationale Pflicht der Mittel- und Kleinstaaten. Sie bedürfen aber dazu einer andern, als der bisherigen Organisation. Die schwierige und delicate Aufgabe einer solchen Vermittelung muß in beharrli2 Siehe QGDB I/1, Dok. 188, S. 1129–1135. Zur Datierung siehe ebd. S. 129, Anm. 1.

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cher Consequenz, in ungestörtem Verfolg der leitenden Gedanken, bei schweren Verwicklungen aber auch mit der moralischen Möglichkeit wie der politischen Machtbefugniß rascher und durchgreifender Entscheidungen ausgeübt werden; darum genügt für sie ein Institut, wie die Bundes-Versammlung, in keiner Weise. Auch eine einzelne Regierung ist trotz des besten Willens und der geschicktesten Persönlichkeiten gegenwärtig dennoch nicht in der Lage, in dieser Richtung Erhebliches zu wirken, denn mit der verfassungsmäßigen Pflicht fehlt ihr auch das Recht, bei den dissentirenden Großstaaten Gehör zu fordern, oder eine Meinung zu äußern, welche Anspruch darauf hätte, von den anderen Mittel- und Kleinstaaten getheilt zu werden. Diese Pflicht und dieses Recht muß geschaffen, diese Vollmacht muß verliehen werden. Man bilde zu dem Ende eine Executive, Centralgewalt, mit drei Stimmen, zusammengesetzt aus Oesterreich, Preußen und einer dritten Stimme, welche von sämmtlichen deutschen Fürsten ausser den Regenten Oesterreichs und Preußens aus den vier Königen auf drei Jahre gewählt wird. Die Bundesversammlung bleibt neben der Centralgewalt in der bisherigen Zusammensetzung bestehen. Das Mitglied der Centralgewalt, dessen dreijährige Periode zu Ende geht, darf erst beim Ablauf der nächsten dreijährigen Periode wieder gewählt werden. Nur wenn wegen eines drohenden oder schon ausgebrochenen Krieges die Mobilisirung der Bundesarmee befohlen oder eingetreten ist, steht die sofortige Wiedererwählung derselben Krone frei. Die Fürsten der ausserköniglichen Staaten verzichten aus praktischen Gründen auf das Recht, in der Centralgewalt zu sitzen. Für das darin gebrachte Opfer wird ihnen, ihrer Souverainetät entsprechend, bei der Wahl des dritten Mitgliedes der Executive das gleiche Stimmrecht mit den Königen und untereinander gewährt, so daß jeder Fürst in der Wahl eine Stimme führt. Dieser Centralgewalt übertrage man die auswärtigen Kriegs- und Militärsachen. Alle übrigen Bundesangelegenheiten verbleiben in bisheriger Weise der Bundesversammlung. Um der dritten Stimme der Executive den gehörigen Nachdruck zu schaffen, geben sämmtliche Mittel- und Kleinstaaten ihren Truppen im Anschluß an die auf der Würzburger Conferenz aufgestellten Grundsätze eine einheitliche Organisation, so daß die Armee der so verbundenen Staaten in ähnlicher Weise, wie die oesterreichische und preußische, ihren Halt in sich selbst findet. Ueber die Modalitäten der Verwendung der 3 Armeekörper im Kriege und die, dieser Verwendung entsprechende Gestaltung des Oberbefehls entscheidet die Centralgewalt. Durch eine Einrichtung, wie die vorgeschlagene, welche die bestehende Bundesverfassung nicht aufhebt, sondern sie nur in einzelnen Punkten entwik-

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kelt und modificirt, entsteht zuvörderst der Vortheil, daß zu jeder Zeit eine der deutschen Regierungen die Pflicht und das Recht hat, zwischen den Großstaaten vermittelnd zu wirken; mit der Generalvollmacht der in ihr vertretenen Staaten versehen, kann sie mit den Großmächten in einfacher und rascher Verhandlung die Linie der für Deutschland inne zu haltenden Politik bestimmen. Bei gefährlicher Sachlage, die intimste Verständigung erheischt, können die drei Monarchen sich jederzeit auf das Leichteste zu persönlicher Besprechung versammeln und sind dann in der Lage Beschlüsse zu fassen, die durch keine nachfolgenden Verhandlungen gefährdet oder abgeschwächt werden, und denen die That auf dem Fuße nachfolgen kann. Während selbstverständlich die bisherigen Gesandtschaftsverhältnisse der deutschen Staaten unverändert bleiben, wäre es doch wohl denkbar, daß in einzelnen concreten Fällen die in solcher Art von der Centralgewalt beschlossene deutsche Politik im Auslande durch die Person eines Bundesgesandten vertreten würde. Bei einer solchen Organisation würde Deutschland durch rückhaltloses offnes Entgegenkommen und Aneinanderschließen der sämmtlichen deutschen Staaten, dem Ausland gegenüber eine so gebietende einheitliche Machtstellung einnehmen, daß dies allein schon hinreichen könnte, auf die großen Fragen der Zeit mächtig einzuwirken und den Frieden zu sichern, während jetzt weder dem Bund noch den zersplitterten Stimmen der Großstaaten besondere Beachtung geschenkt wird.3

3 Beust zollte den Vorschlägen „vollste Anerkennung“ und empfahl, die Denkschrift an sämtliche deutschen Regierungen zu senden „und späterhin einen entsprechenden Antrag in der Bundesversammlung stellen zu lassen“; Beust an Herzog Bernhard von Sachsen-Meiningen, Dresden, 11. März 1860, HStA Dresden, 10 717, Nr. 933, fol. 35–38. – Am 20. März 1860 sandte Herzog Bernhard eine revidierte Fassung der Denkschrift an König Johann von Sachsen. Darin war der Vorschlag zur Bildung der dritten Stimme der Zentralgewalt in der Weise abgeändert, daß nicht mehr auf eine Prärogative der vier Königreiche Bezug genommen wurde. Statt dessen war nur noch die Rede davon, daß die Zentralgewalt zusammengesetzt sein sollte „aus Oesterreich, Preußen und einer dritten auf drei Jahre einzusetzenden Wahlstimme“. Auf diese Weise sollte es ermöglicht werden, daß der Vorschlag des Herzogs von Meiningen von einer der königlichen Regierungen eingebracht werden könnte. Herzog Bernhard bat den König von Sachsen, sich um die Zustimmung der auf der Würzburger Konferenz vertretenen Staaten zu dem Plan zu bemühen, so daß ein entsprechender Antrag auf die Schaffung einer Zentralgewalt „gemeinschaftlich beim Bund“ eingebracht werden könne. Herzog Bernhard von Meiningen am König Johann von Sachsen, Meiningen, 22. März 1860, mit Anlage: Revidierte Denkschrift zur Schaffung einer Zentralgewalt, HStA Dresden, 10 717, Nr. 933, fol. 39–41 u. fol. 43–46, Zitate fol. 44v und fol. 40r. – Kurz danach ergriff aber der Herzog von Meiningen selbst die Initiative und schickte eine abermals modifizierte Fassung seines Vorschlags am 10. April 1860 an die Monarchen in Wien und Berlin, siehe unten Dok. 42.

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Antrag des gemeinschaftlichen Landtags der Herzogtümer Coburg und Gotha

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39. Antrag des gemeinschaftlichen Landtags der Herzogtümer Coburg und Gotha betreffend die deutschen Verfassungsverhältnisse Verhandlungen des am 15. April 1857 einberufenen gemeinschaftlichen Landtags der Herzogtümer Coburg und Gotha 1860, Nr. 9, 22. Sitzung v. 20. Februar 1860, S. 171–173.

Das deutsche Volk ist sich der Unbrauchbarkeit seiner politischen Verfassung für die Erhaltung von Frieden und Sicherheit bewußt geworden. Die Bildung einer starken Zentralgewalt und einer Gesamtvertretung der deutschen Nation ist ein unabweisbares Erfordernis. Deutschland drohen große Gefahren von dem „kriegerischen Geiste“ Frankreichs und der „dämonischen Ausdehnungssucht“ Rußlands. Kritik am „Bundesabsolutismus“, der zur „Verkümmerung der Volksrechte“ geführt hat. Die künstlich erhaltene Ohnmacht Deutschlands verhindert die Wahrnehmung der deutschen Interessen. Die Abgeordneten wollen keinen „hoffnungslosen Antrag“ beim Deutschen Bund vorschlagen, sondern die herzogliche Regierung an ihre Pflicht erinnern, alles zu tun, um „die nationale Aufgabe ihrer Lösung näher zu bringen“.

Gotha, 20. Februar 1860 II. Commissionsbericht über den Antrag des Abg. Sterzing, die deutschen Verfassungsverhältnisse betreffend.1 (S. Protocoll der 22. Sitzung.) Der Abg. Henneberg2 als Berichtserstatter: Der Landtag eines, wenn auch kleinen, aber doch selbständig in dem Verbande der deutschen Staaten stehenden Landes hat sich der bedeutungsschweren Thatsache zu erinnern, wie tief und folgenreich solches bei der Herstellung eines gesunden Organismus des Ganzen betheiligt erscheint. Er soll sich vergegenwärtigen, wie auch der kleinste Bruchtheil des deutschen Volks rücksichtlich seines Wohles und Wehes von der allgemeinen Entwickelung abhängig bleibt und in seinem geistigen und wirthschaftlichen Fortschritte von der Einrichtung des Ganzen wesentlich beeinflußt wird. Es muß ihm die Schwere der Verantwortlichkeit vor Augen stehen, welche er übernähme, wollte er den Blick abwenden von dem größeren Vaterlande und zur Einschläferung eines erst wieder erwachten lebendigen Bewußtseins von der Größe und Dringlichkeit der Lösung der nationalen Aufgabe beitragen. 1 Auf Antrag des Abgeordneten Sterzing war eine Kommission beauftragt worden, einen Antrag im Hinblick auf die deutschen Verfassungsangelegenheiten zu entwerfen. Gotthilf Albert Sterzing (1822–1889) war Kreisgerichtsrat und Staatsanwalt in Gotha und gehörte von 1850 bis 1861 dem gothaischen Landtag an. Sterzing war auch Begründer und langjähriger Präsident des Deutschen Schützenbundes; ADB, Bd. 54, S. 504 f. 2 Friedrich Wilhelm Henneberg (1815–1880), Rechtsanwalt, Mitglied des Landtags seit 1848, 1869/70 Mitglied des Reichstags des Norddeutschen Bundes; Haunfelder/Pollmann (Bearb.), Reichstag des Norddeutschen Bundes, S. 352.

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Jeder Ruf in das größere Vaterland hinein weckt in den Herzen des deutschen Volks ein millionenfaches Echo; er belebt die Hoffnung und stärkt den Muth der Bevölkerungen in den Ländern, in welchen durch Beschädigung der theuersten Landesrechte das ganze Volksleben im innersten Marke bedenklich krankt. Ganz Europa erzittert gleichsam in dem Gedanken an die Unhaltbarkeit der jetzigen staatlichen Zustände, entweder wie der neue Napoleonismus in der Begier nach Herstellung eines andere Culturvölker mit umfassenden Herrschaftssystems, oder wie das Russenthum in der lauernden Freihaltung der Wege für eine dereinstige Aufrichtung der Weltherrschaft, oder wie die übrigen in dem Streben theils nach Erhaltung schon gewonnener Macht, theils nach Rettung und Fortentwickelung selbständigen eignen Lebens. Inmitten bedeutsamer Ereignisse der letzten Vergangenheit ist sich das deutsche Volk, wie schon früher, so nun in verstärktem Maße seiner hohen Aufgabe nach Herstellung eines starken, auf dem Bedürfniß des gesicherten Friedens und der Arbeit ruhenden Reiches, seiner Fähigkeit dazu und vor Allem der Unbrauchbarkeit seiner politischen Verfassung für diesen Zweck in energischer Weise bewußt geworden. Wenn der Zusammenstoß der Interessen, welche den italienischen Krieg hervorgerufen und die betheiligten Mächte Europa’s nur in einen scheinbaren Friedenszustand geführt haben, für die deutschen Mächte auch kein bestimmtes Ergebniß geliefert hat, so hat er doch für das deutsche Volk das große Ergebniß geliefert, daß dasselbe zu der einmüthigen klaren Erkenntniß gelangt ist, wie für die Erhaltung und Sicherung der theuersten Güter der Nation die Zusammenfassung der in dem deutschen Bunde machtlosen und uneinigen deutschen Staaten unter einer bleibenden und starken Centralgewalt im ureignen, das eigne Leben der Stämme nicht vernichtenden, sondern vielmehr belebenden und erhöhenden deutschen Geiste ein ebenso unabweisbares Erforderniß ist, als eine würdige Gesammtvertretung der deutschen Nation, durch welche ein wesentlicher Antheil bei der wirksamen Wahrung der Sicherheit und Unabhängigkeit der deutschen Staaten, wie der Förderung des Wohlstands der gesammten deutschen Bevölkerung zur Geltung kommt, ein Antheil, der nach den Forderungen der Neuzeit ebenso berechtigt, als in deutscher Cultur und Sitte überhaupt begründet ist. Ueber die Machtlosigkeit Deutschlands in seiner jetzigen politischen Verfassung sind dem deutschen Volke während der italienischen Crisis und nach deren kriegerischer Beendigung, wie nie zuvor, mit einem Male die Augen aufgegangen, und es verschließt der Erkenntniß dieser Thatsache jetzt die Augen so wenig, daß es von Tag zu Tag zugleich an Entschlossenheit zu wachsen scheint, seine höchste Aufgabe auch gegenüber den unermeßlichen Schwierigkeiten seiner Lage nicht mehr fallen zu lassen.

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Jene Crisis hat uns belehrt, wie groß die Gefahren sind, welche der Sicherheit Deutschlands zunächst von der Ehrfurcht und dem kriegerischen Geiste des westlichen und im weiteren Verlaufe von der dämonischen Ausdehnungssucht des colossalen östlichen Nachbarreiches drohen; hat uns das Unberechtigte eines Zustandes zu Gemüthe geführt, vermöge dessen an der Spitze der deutschen Angelegenheiten noch ein niederhaltendes System des von der Zeit verurtheilten Absolutismus herrscht, während in den Einzelstaaten eine Selbstregierung des Volks sich zu entwickeln begonnen3 hat, welche nicht eher wird gesund werden und ihren befruchtenden Geist entfalten können, bis es diesem Geiste gelungen ist, die Schranken des Bundesabsolutismus zu beseitigen, jenes Bundesabsolutismus, welcher es in der Wahrung der theuersten Interessen des deutschen Rechtes nicht weiter als zu schwächlichen Versuchen nach Schutz für die arg beschädigten Landesrechte in Schleswig-Holstein4, zu einer schuldhaften Mithülfe bei den schweren Rechtskränkungen in Kurhessen5 und zu einem lässigen Zusehen bei vielfachen Verkümmerungen der Volksrechte in einigen andern Ländern gebracht hat. Mit Trauer erblickt sich das deutsche Volk der Thatsache gegenüber, daß der Rechtsbruch in Kurhessen deshalb seine Sühne nicht erhält, weil das deutsche Volk auch da nicht Recht behalten darf, wo es sich offenbar im Rechte befindet, und daß die Achtung des deutschen Gemeinwesens beim Auslande immer wieder auf ein Minimum herabgedrückt werden muß, wenn man sich in der Schleswig-Holsteinschen Sache zwar zu der Anerkennung gezwungen sieht, daß das verhältnißmäßig kleine Dänemark seine Verpflichtungen gegen Deutschland nicht erfüllt hat, die Diplomatie aber dennoch zu der seltsamen Schlußfolgerung gelangt, daß mit der wirksamen Verfolgung deutschen Rechtes Anstand zu nehmen sei. Jene Crisis6 hat die Entfaltung großer militärischer Mittel hervorgerufen, welche ausgänglich zu einer Achtung gebietenden wahren Kraftentwickelung nicht geführt, wohl aber unermeßliche Werthe vernichtet, die productiven Kräfte der Nation unaufhörlich zerstört oder brach gelegt, den Wohlstand in Staaten, Familien und Gemeinden untergraben oder gefesselt und bei dem Hinblick auf die Unbeständigkeit der Zustände das Vertrauen in sicheren Genuß des Segens geistiger und materieller Arbeit immer wieder auf’s Tiefste erschüttert hat. Jene Crisis hat dargelegt, wie lähmend das System der in ihren Grundfugen erbebenden, durch das Concordatwesen gefesselten österreichischen Kaiser3 4 5 6

Emendiert. Vorlage: bogonnen. Siehe oben Dok. 12, Anm. 5. Siehe unten Dok. 44, Anm. 5. Gemeint ist der Krieg in Italien.

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staaten ist, so lange es den Anspruch aufrecht erhält, die einheitliche und freiheitliche Entwickelung in Deutschland nach dem Maßstabe des Bedürfnisses ihrer Zustände zu bestimmen, hat dargelegt, wie wenig in der künstlich erhaltenen Ohnmacht Deutschlands dessen freie Kraft zur Stütze der deutschen Interessen, welche in Oesterreich vertreten sind und ihm ein heiliges Anrecht auf unsere brüderliche Genossenschaft verleihen, Hülfe bringend und kräftig verwendet werden kann. Jene Crisis hat es offenbar gemacht, wie Preußen seine Bedeutung als Großmacht, seine Weltstellung in Kraft des Bedürfnisses der Selbsterhaltung nur gewinnen kann, wenn es die Bevölkerungen der übrigen deutschen Staaten sich innigst und organisch zuzugesellen weiß zu einem Ganzen, indem es keinen andern Beruf mehr kennt, kein anderes Leben mehr führt, als das eines Deutschlands zur Abwehr nach Außen, zur kräftigsten freiheitlichen Entwikkelung nach Innen. Jene Crisis hat der Welt offenbar gemacht, wie die übrigen deutschen Regierungen, mit wenigen Ausnahmen, nicht nur nicht gemeint sind, den für die Einheit und Freiheit Deutschlands unerläßlichen Einrichtungen ihre freiwillige Zustimmung zu geben, sondern auch bedacht, das Interesse ihrer Sonderunabhängigkeit und Sonderfreiheit gegen die Freiheit und Unabhängigkeit Deutschlands auf Kosten der Wohlfahrt des Ganzen durchzusetzen und aufrecht zu erhalten. Noch sind unsere Blicke und Hoffnungen unverkümmert darauf gerichtet, daß die Macht der Dinge den größten rein deutschen Staat, Preußen, das in der jüngsten Zeit einen ersten schüchternen Anfang gemacht hat, gesündere Grundlagen für sein Staatsleben zu gewinnen und die vorherigen tiefgeschlagenen Wunden auszuheilen, mit der gesunden sittlichen, geistigen und materiellen Kraft seiner Bevölkerung diesen seinen Beruf willenskräftig erkennen, daß das übrige Deutschland sich zu rechter Zeit belehren lassen wird, wie unberechtigt und gefahrdrohend zugleich für ein ehrenvolles Dasein der Nation die Pflege jedes Sonderinteresses ist, welches seine Rechnung nur auf ein Fristen von einem Tage zum andern stellt. Wir hier in unserem Lande haben seit lange her eine gerechte Ursache, uns in der glücklichen Stellung wohl zu fühlen, vermöge welcher das kleine Herzogthum Coburg-Gotha unter der Führung seines in der nationalen Sache stets treu und tapfer erfundenen Landesherrn mit dem Gewichte der Stimme, welches im deutschen Volke bei aller Beschränktheit des Staatsgebiets die Vertretung der geheiligten Grundsätze humanen und nationalen Fortschrittes wie der Gerechtigkeit verleiht, stets mit im Vordertreffen gestanden hat. Wir nehmen keinen Anstand, diesem Gefühle in der unerschütterlichen Zuversicht einen freudigen Ausdruck zu geben, daß die Hzgl. Staatsregierung diesen Ehrenposten ohne Wanken behaupten und daß sie keine Rücksicht ei-

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nes zu erreichenden Sondervortheils je bestimmen werde, nicht unter dem Zeichen zu stehen, unter welchem allein dem besseren Geiste im Vaterlande der endliche Sieg zu Theil werden wird. Es ist, meinen wir, nicht unsere Aufgabe, der Hzgl. Staatsregierung gegenüber auf eine Würdigung der Mittel einzugehen, mit welchen die colossalen Schwierigkeiten der Lage zu vermindern oder zu heben seien, am wenigsten einen hoffnungslosen Antrag beim deutschen Bunde vorzuschlagen, der nichts weniger in sich schließen dürfte, als die Zumuthung einer Selbstvernichtung; wohl aber liegt es nahe, der Hzgl. Staatsregierung auf’s Neue die heilige Pflicht vorzuführen, welche sie mit dem deutschen Volke theilt, alle ihr zu Gebote stehenden Mittel zu erwägen und in Bewegung zu setzen, welche direct oder indirect dazu beitragen können, die nationale Aufgabe ihrer Lösung näher zu bringen. Wenn wir in Deutschland aus seiner neuesten Entwickelung noch immer in vielen Stücken ein erfreuliches, unsern Muth stärkendes Gedeihen hervortreten, wenn wir immer neue Blüthen auf geistigem und materiellem Gebiete in Fülle hervorsprossen, wenn wir das Nationalgefühl in erhebender Weise sich mehr und mehr kräftigen sehen, so ist dies ein Beweis von der unverwüstlichen Dauer und Kraft der sich im tiefsten Innern neugestaltenden Nation und ein Beweis, wie groß und herrlich das Gedeihen emporwachsen kann, wenn die Versäumnisse auf politischem Gebiete ihre Endschaft erreichen, welche das deutsche Leben tief unter das Maß seiner Entwickelungsfähigkeit herabgedrückt und auf diesem Standpunkte erhalten haben, ein Beweis, welcher hohe Preis in Aussicht steht und wie schwer die Verantwortlichkeit der Vernachlässigung einer heiligen Sache ist, welcher wir den ganzen Ernst eines geläuterten und gekräftigten Willens zu widmen haben, wie sehr wir Ursache haben, nicht dann erst mit dem Sinnen und Trachten für das vaterländische Werk den Anfang zu machen, wenn die Rosse fremder Heerschaaren den Segen der heimischen Felder zertreten und aufgezehrt und die Saaten der Zwietracht zur Ernte der Entsittlichung und Noth einer schweren Zeit gereift haben. Ihre Commission bringt deshalb in Vorschlag, „der gemeinschaftliche Landtag der Herzogthümer Coburg und Gotha möge beschließen, folgende Erklärung an die Hzgl. Staatsregierung gelangen zu lassen: Noch dauern die schweren Kränkungen fort, welche der Rechtszustand in einigen deutschen Staaten zu erleiden hat. Die politische Verfassung Deutschlands ist offenbar unbrauchbar für die Gewährleistung der Sicherheit und Unabhängigkeit der deutschen Staaten und hinderlich der freien Entwickelung des Wohlstandes ihrer Bevölkerungen. Durchdrungen von dem Gewicht dieser Thatsachen, legen wir Eurer Hoheit Staatsregierung auf’s Neue an’s Herz das erste und theuerste Anliegen der gesammten deut-

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schen Nation nach Herstellung einer wirksamen Centralgewalt in Verbindung mit einer von derselben unzertrennlichen genügenden Vertretung des deutschen Volks. Wir hegen, gestützt auf Eurer Hoheit bewährten Rechtssinn, die vertrauensvolle Erwartung, daß Eurer Hoheit Staatsregierung ausharren werde in der Vertheidigung des Rechts in der Kurhessischen und Schleswig-Holsteinischen Frage und daß es ihr gelingen werde, auf die baldige würdige Umgestaltung der politischen Verfassung Deutschlands einen heilsamen Einfluß zu gewinnen.“ Der Herr Staatsminister7: Die Staatsregierung theile auf das Vollständigste den von der Commission in dem vorliegenden Antrag kundgegebenen Wunsch nach einer bessern Gestaltung der deutschen Bundesverhältnisse; sie kenne aber auch die Schwierigkeiten, welche der Erreichung dieses Ziels nach verschiedenen Richtungen hin entgegenstehen, und würde es nicht für gerechtfertigt halten, durch ihre Erklärung den Landtag zu der Erwartung zu berechtigen, daß sie sich schon bald in der Lage befinden werde, seiner Kundgebung in Beziehung auf die allgemeinen deutschen Verfassungsverhältnisse eine unmittelbare practische Folge zu geben. Was dagegen im Besondern die Kurhessische und Schleswig-Holsteinische Angelegenheit anlange, so beruhe das bisherige Verhalten der Staatsregierung auf der von ihr gewonnenen und in ihr festbegründeten rechtlichen Ueberzeugung; die geehrte Versammlung werde sich daher auch nicht in der Erwartung getäuscht finden, daß die Staatsregierung ihren bisher eingehaltenen Standpunkt auch bei den künftigen Abstimmungen unverändert festhalten werde. Die Versammlung genehmigte den Commissionsantrag einstimmig.

7 Camillo Freiherr von Seebach (1808–1894), 1849–1888 Staatsminister von Sachsen-Coburg und Gotha; ADB, Bd. 54, S. 295–297.

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Plan einer „Bundeszeitung“

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40. Plan einer „Bundeszeitung“ HStA München, MA 1238. Beilage zum Schreiben von Hofrat Fischer-Goullet an Schrenk, Frankfurt am Main, 2. März 1860. Abschrift.

Fischer-Goullet ist bereit, seine Wochenschrift „Deutsche Blätter“ ab 1. April 1860 in eine täglich erscheinende „Bundeszeitung“ umzuwandeln, die für die Erhaltung der Bundesverfassung und deren organische Reform eintritt, sich gegen eine Schwächung Österreichs und die Beschränkung Preußens auf den ihm gebührenden Einfluß ausspricht. Als Herausgeber verlangt Fischer-Goullet für die Gründung der Zeitung eine Summe von 16 000 Gulden in bar. Die Finanzierung soll zusätzlich gesichert werden durch ein „Allgemeines Anzeigenblatt der deutschen Bundesstaaten“, in dem die Regierungen alle amtlichen Bekanntmachungen abdrucken lassen.

[Frankfurt am Main, 2. März 1860] Plan einer „Bundeszeitung“. Hoher Aufforderung entsprechend erlaube ich mir die Überreichung folgender Propositionen: I. Ich verpflichte mich womöglich bis zum 1sten April d. J. die von mir herausgegebene Wochenschrift „Deutsche Blätter“ etwa unter dem Titel Bundeszeitung als Tagblatt erscheinen zu lassen. II. Das darin vertretene Princip bleibt: Erhaltung der deutschen Bundesverfassung, kräftige Fortentwicklung durch Erweiterung ihrer Stellung und geeignete organische Reform. Kein Ausscheiden, keine Machtschwächung Oesterreichs, keine formelle Hegemonie Preussens, vielmehr Beschränkung auf den ihm gebührenden Einfluß. Möglichstes Zusammenhalten der Staaten des übrigen Deutschlands zu gemeinsamer Action in Frieden und Krieg. III. Das neu zu gründende Organ erscheint 6mal in der Woche und zwar wenigstens in 11/4 Foliobogen (d.h. 5 Folioseiten). Einmal wöchentlich wird ihm ein Beiblatt beigegeben, das auf einem Quartbogen1 unterhaltende und belehrende Stoffe, namentlich kritische Übersichten aus der Literatur und Kunst liefert. Der Leserkreis, auf den das neue Organ berechnet ist, sind die gebildeten Kreise Deutschlands. IV. Das Blatt wird enthalten: 1. Kurze Übersichten der wichtigsten Tages-Ereignisse. 2. Leitartikel mit und ohne Polemik. 3. Die wichtigsten Vorgänge en detail. 1 Das Folioformat entsprach 21 mal 33 Zentimeter, das Quartformat 22,5 mal 28,5 Zentimeter. Vgl. Trapp, Kleines Handbuch der Maße, Zahlen, Gewichte und der Zeitrechnung, S. 270.

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4. Volkswirthschaftlicher Theil. 5. Anzeigen. Ein Viertelbogen erscheint jeden Abend, die neuesten Börsenkurse, Telegramme und Posten2 enthaltend. V. Der Preis des Journals wird auf 3/4 der anderen hiesigen Zeitungen bestellt, also 8–9 fl.3 nicht überschreiten. VI. In Erwägung, daß ein Journal um so schwieriger4 Eingang findet, je gewissenhafter, würdiger und anständiger es in Form und Inhalt ausgestattet ist, bedinge ich mir die geneigtest angebotene Beihülfe der hohen Regierungen in der Art: 1. Dieselben haben das Recht, Beiträge, die der oben angeführten Tendenz des Journals entsprechen, in die Zeitung einrücken zu lassen, auch ihre Wünsche oder Ausstellungen dem Herausgeber mitzutheilen, welche derselbe sorgfältig zu beachten sich zur Pflicht macht, ohne im Übrigen in der Leitung des Journals dem sub II. bezeichneten Zweck gemäß beschränkt zu seyn. 2. Dieselben verwilligen dem Herausgeber einen Beitrag zu den Gründungskosten und zwar a) indem sie demselben eine Baarsumme von 16 000 fl. ein für allemal gewähren, b) sich für das Annoncenblatt „Allgemeines Anzeigenblatt der deutschen Bundesstaaten“ nach anliegendem Plane5 bei den Behörden ihrer Länder verwenden und c) die Garantie übernehmen, daß der Ertrag der amtlichen Anzeigen im ersten Jahre die Summe von 8000 fl. ausmacht – das Fehlende aber nach abzulegender Rechnung zuschießen. Die Beitragsquote jeder der hohen Regierungen wäre mir zu bezeichnen. 3. Ich verpflichte mich je nach der Zunahme des Ertrags des Anzeigenblatts die Zeitung in Form und Inhalt immer reichhaltiger auszustatten. Dagegen steht es mir frei, nach Ablauf eines Jahres das Journal wieder eingehen zu lassen, falls der Ertrag die Kosten nicht deckt. In diesem Falle sind jedoch die hohen Regierungen befugt, das Journal auf eigene Rechnung fortzuführen. 2 Aktuelle Meldungen von Nachrichtenagenturen und dergleichen. 3 Fischer-Goullet verwendet eindeutig das Währungszeichen für Gulden, der angegebene Preis bezieht sich von daher offenbar auf ein Abonnement für ein Jahr. 4 So in der Vorlage, obwohl dadurch der Sinn ins Gegenteil verkehrt wird, möglicherweise ein Versehen des Verfassers, wo es eigentlich heißen müßte: leichter. 5 Nach diesem Plan sollte unter der Leitung Fischer-Goullets ein bundesweites Anzeigenblatt herausgegeben werden, in dem künftig alle amtlichen Bekanntmachungen der Landesbehörden der deutschen Einzelstaaten veröffentlicht werden sollten. Vgl. HStA München, MA 1238, Beilage zum Schreiben von Fischer-Goullet an Schrenk, 2. März 1860.

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Artikel in der Londoner „Times“ zur Situation des Deutschen Bundes

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4. Als Eigenthümer des Blatts bin ich berechtigt, solches ganz oder theilweise an Andere abzutreten, wie sich solches überhaupt auf meine Erben überträgt. Entspricht jedoch die neue Redaction den Wünschen der hohen Regierungen nicht, so sind solche berechtigt, die dem Anzeigenblatt bisher zugewandten Annoncen zu verweigern und anderen Journalen zukommen zu lassen.6

41. Artikel in der Londoner „Times“11 zur Situation des Deutschen Bundes The Times, 2. April 1860.

Deutschland steckt in einer tiefen Krise, die an das Jahr 1806 erinnert. Die Bevölkerung hat das Vertrauen in ihre Souveräne und in den Bund verloren. Nationen können nicht mehr durch einen Bund von Monarchen gerettet werden, die Könige müssen das Volk auf ihrer Seite haben. Die Seele des Bundes ist immer noch das politisch, moralisch und materiell bankrotte Österreich. Preußen ist in Deutschland isoliert und hat die Wahl, entweder durch Waffengewalt oder durch ein Bündnis mit Frankreich seine Ziele zu verfolgen. Die deutsche Bevölkerung wartet nur auf eine Gelegenheit, sich von der verhaßten Herrschaft ihrer Monarchen zu befreien. Deutschland braucht angesichts der drohenden Gefahren die Einigkeit seiner Fürsten und die Loyalität seiner Bevölkerung.

London, 2. April 1860 Very careless or very stupid must that statesman be who can look without alarm on the present state and future prospects of the Germanic Confederation. The crisis at which Germany has arrived reminds us only too forcibly, as regards her foreign relations, of the state of things in the early part of that most gloomy year of her history, 1806. At that period, as now, France was strong, warlike, and aggressive, led on by a chief of surpassing ability, and 6 Der bayerische Innenminister Max von Neumayr (1808–1881), dem der Plan von Schrenk vorgelegt wurde, schrieb am 21. März 1860, es sei gegenwärtig nicht der richtige Zeitpunkt zur Ausführung des Projekts; auch sei das Innenministerium nicht in der Lage, die beträchtlichen Kosten zu übernehmen; Neumayr an Schrenk, München, 21. März 1860, HStA München, MA 1238. – Der Plan der „Bundeszeitung“ wurde niemals verwirklicht. 1 Die „Times“ wurde 1785 unter dem Namen „Daily Universal Register“ gegründet und war Mitte des 19. Jahrhunderts eine der wichtigsten europäischen Tageszeitungen. – Zur britischen Sicht auf die deutschen Verhältnisse siehe nun auch die Edition britischer Gesandtenberichte: British Envoys to Germany, 1816–1866, Vol. 4: 1851–1866, mit zahlreichen Dokumenten zur Entwicklung des Deutschen Bundes; vgl. ebd. die Einleitung S. 1–24.

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entirely emancipated from those traditions which fettered, if they could not always restrain, the ancient monarchies of Europe. Austria, then as now, was staggering and almost stupefied under the effects of a mighty blow, for Austerlitz has found no unworthy counterpart in Solferino.2 Italy was then overshadowed by French influence, and the smaller Powers of Germany, buried each profoundly in its own individual selfishness and shortsightedness, were considering, alike unmindful of the general interest, what could be snatched from the common ruin to increase their splendour and their influence. Prussia alone stood erect, confiding in the army and in the reputation of her great KING – Prussia, which had stood aloof during the dreadful struggle between France and Austria, which had congratulated NAPOLEON on the morrow of Austerlitz, and which hoped, while securing the immunities of peace, to obtain for herself all the advantages which could be gained by successful war. A little time served to dispel these delusions. Austria sued humbly for peace, and obtained it. The smaller States of Germany were formed into new combinations or aggregated into kingdoms unheard of in history, and Prussia on the fields of Jena and Auerstadt fell prostrate before the impetuous valour of the legions of France. Such was the state of Germany 54 years ago. In those days the people went for little or nothing, but the Confederation fell because the Sovereigns were utterly unable to trust each other. Each was anxious for a general scramble, in order to gain, if possible, a little more territory, and each only awoke to find his dream of individual aggrandizement lost in the reality of universal slavery. If anyone wishes to see what are the passions and feelings which actuate modern Germany, let him turn back to that announcement in our columns which tells him the decision of the Bund on the future Constitution of the Electorate of Hesse Cassel. The Bund resolves, Prussia dissenting, to reject the Constitution of 1831, and to affirm the Constitution of 1852, the odious work of HASSENPFLUG, or Hessenfluch, „the Curse of Hesse,“ as the people delighted to call him.3 At the present moment such a decision is peculiarly significant. The deepest discontent prevails throughout Germany. The people have lost confindence in their individual Sovereigns, and still more have they 2 Bezug auf die Schlacht von Solferino am 24. Juni 1859, die den Krieg in Italien zugunsten des Königreichs Sardinien entschied. 3 Hans Daniel Ludwig Friedrich Hassenpflug (1794–1862) war bereits im Vormärz von 1830 bis 1837 Mitglied des kurhessischen Ministeriums gewesen. Von 1850 bis 1855 amtierte er erneut als Innen- und Justizminister. Er betrieb eine scharfe Reaktionspolitik und ersetzte im Jahr 1852 die liberale kurhessische Verfassung von 1831 durch eine neue Verfassung, die Anlaß zu jahrelangen Konflikten mit der liberalen Opposition in Kurhessen und zu langwierigen Auseinandersetzungen auf Bundesebene gab; NDB, Bd. 8, S. 45 f.; ADB, Bd. 11, S. 1–9; Ham, Ludwig Hassenpflug; Grothe, Hassenpflug und die Revolution.

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Artikel in der Londoner „Times“ zur Situation des Deutschen Bundes

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lost confidence in the combination of them by which Germany is governed. A powerful and warlike nation is concentrated in arms on their frontier, and now, if ever, it is necessary to rouse once more to the aid of German nationality that national enthusiasm which her Princes knew so well how to call forth and how to deceive in 1813. The days are gone by when nations can be saved by a league of Sovereigns. Kings must take their people with them if they expect that their deliberations will amount to anything more than impotent manifestations. It is not by riveting fetters on one of the members of the Confederation that the German Bund proves its aptitude for dealing with the emergencies of the present time. Beaten, disheartened, disjointed, politically, morally, and materially bankrupt, Austria – the living death of what was once a flourishing Empire – is still the life and soul of the great Germanic Confederation. Her spirit animates the whole mass, her blood circulates through every vein, her voice rules their councils, her intellect presides over their deliberations. The same inert regard for tradition, the same helpless inability to adopt new ideas, which rendered the defeat in Italy even more disgraceful than calamitous, give the tone to and dictate the measures of the Germanic Confederation. Austria forms the nucleus round which the petty States of Germany love to cluster; Austria forms the head which their wise and magnanimous Sovereigns love to follow. Prussia, indeed, as in 1806, stands still erect, an exception to the rest of the Germanic Confederation. For Prussia has still a prosperous exchequer, and still a surplus revenue, and a Government which, if not exactly liberal, has liberal tendencies. But Prussia is more than counterbalanced in the deliberations of the Bund by Austria, and, isolated as she is from the rest of Germany, she may perhaps find that she has little choice between repeating the campaign of 1806, with a strong probability of the same calamitous result, or listening to the propositions which there is too much reason to suppose that France is ready to make her, with the view of obtaining by the pen which she is otherwise tempted to conquer by the sword. What if France be disposed to offer to Prussia, in exchange for her Rhenish Provinces, Saxony, Hanover, Brunswick, and Mecklenburg, – territories which could offer little or no resistance to such an amalgamation? Might not Prussia think it better to surrender for an equivalent so fully adequate that which she will hardly retain after the most desperate and costly efforts? The THIRD NAPOLEON has found a better means of executing his will than the FIRST. He views long campaigns and bloody battles as the resort of bunglers in the art of kingcraft. He has the choice among the Sovereigns of Europe, all competing with each other for the honour of being his instrument in the development of any policy he may choose to adopt, or the appropriation of any territory he may choose to seize. If we turn to the people of Germany, we find that their Sovereigns have little or no reason to count on their loyalty. The people have not forgotten the prom-

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ises which were made and broken to their fathers in 1813, and made and broken to themselves in 1848, and they do but await a fitting opportunity to rid themselves of an odious domination. The Tyrolese and the Croats are wearied of their allegiance to a Power which can neither appreciate their services nor reward their devotion; while Hungary, Bohemia, the Southern Tyrol, and Venetia threaten Austria with all the horrors which the rebellion of a justly provoked people can bring with it. Let Germany, then, look to herself; empires and provinces are won in these days by other means than by those of brute force. We have seen what can be effected by universal suffrage, by municipal demonstrations, or even, when these means fail, by nameless, unappointed, and unrecognized deputations. Prussia may be offered a tempting equivalent, and the Rhine, after all, – is it not a national boundary? See what sacrifices Piedmont has made in surrendering Savoy, and ask whether every considerable German Sovereign may not receive an equivalent as ample as that against which she has been content to truck the loyalty and devotion of 800 years. It never was yet known that one success blunted the appetite of the gamester for another, and when we see what has been done we may partly conclude what it is we are next to expect. Under these circumstances, we should be glad to hear what are the intentions of Germany. Is she determined to wait till the last moment? Is she to go on confiscating the liberties and trampling on the rights of mankind till the very stones of their cities rise up to protest against her cruel and callous injustice? Now, if ever, Germany needs that her Princes should be united among themselves, and her people should be confirmed in their loyalty. Unhappy is that nation to which danger cannot teach union, and infatuated are those Princes to whom a bitter experience, just about to repeat itself, cannot teach the most ordinary precepts of equity and moderation.

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42. Herzog Bernhard II. von Sachsen-Meiningen an den Prinzregenten von Preußen GStA Berlin, III. HA, Nr. 148, fol. 20–25. Schreiben. Behändigte Ausfertigung. Mit Anlage: Mémoire zur Bildung einer Bundeszentralgewalt. Praes.: 12. April 1860. Ein gleichlautendes Schreiben erging am gleichen Tage an den Kaiser von Österreich. Druck des Schreibens (ohne Mémoire): Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 1, S. 178 f. Am 13. und 14. Juni 1860 sandte der Herzog das Memoire an weitere deutsche Regierungen (Baden, Hamburg, Bremen, Bayern, Württemberg; GLA Karlsruhe 48/1523; StA Hamburg, 111–1 Senat, Cl. I. Lit. Sa, Vol. 23; HStA München, Abt. III, Geheimes Hausarchiv, Kabinettsakten König Maximilians II., Nr. 27a; HStA Stuttgart, E 9, Büschel 31).

Der Herzog übersendet ein Memoire mit Vorschlägen zur Bildung einer Bundeszentralgewalt. Es ist nötig, daß die deutschen Staaten einträchtig den drohenden Gefahren, die über Deutschland heraufziehen, begegnen. Es wäre nützlich, wenn im Deutschen Bund ein „fürstlich persönliches Element“ zur Geltung käme. Die Zentralgewalt kann entweder aus drei Stimmen bestehen und durch einen beratenden Fürstenrat ergänzt werden, oder sie kann aus 17 Stimmen analog dem bisherigen engeren Rat gebildet werden. Der Zentralgewalt soll die Beschlußfassung über Krieg und Frieden sowie die Disposition über die Bundesarmee im Kriegsfall übertragen werden.

Meiningen zur Elisabethenburg, 10. April 1860 Durchlauchtigster Prinz-Regent, Hochgeehrtester Herr Vetter! Angesichts der Gefahren, welche immer drohender über Deutschland heraufziehen, kann man sich der schmerzlichen Erkenntniß nicht verschließen, daß eine hereinbrechende Katastrophe den deutschen Bund nicht in der Lage findet, das ihm gebührende Gewicht in die Wagschale zu legen und darauf gestützt der Entwickelung mit sicherer Ruhe entgegen zusehen. Um unberechenbaren Leiden vorzubeugen, thut es dringend Noth, daß alle deutschen Staaten in brüderlicher Eintracht der Gefahr begegnen. Schon das sichtbare Hervortreten eines engeren Aneinanderschließens der mächtigsten deutschen Staaten im Vereine mit den übrigen würde nicht ohne Wirkung nach außen bleiben. Solche Erwägungen haben das anliegende Memoire geboren, welches ich hiermit der wohlwollenden Betrachtung Ew. Königlichen Hoheit vorzulegen mir gestatte, indem ich es gleichzeitig Seiner Kaiserlich Königlichen Majestät dem Kaiser von Oesterreich übersende. Die allgemeine Stimme in Deutschland verlangt nach einer größeren Machtentfaltung dem Auslande gegenüber, sie begehrt zu diesem Zweck vor Allem einen Organismus, der es erleichtert, Entschlüsse rasch zu fassen und auszuführen. Ueber die Frage jedoch, wie dies Ziel am vollständigsten erreicht werde, sind die Meinungen getheilt und es unterbleibt der Fortschritt zum Besseren über die Frage nach dem Besten. Der Augenblick aber der Gefahr des Vaterlandes gebietet das practisch Mögliche zur Ausführung zu bringen.

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Indem ich in den Vorschlägen des Memoires dasjenige bezeichnet habe, was mir als im Augenblick erreichbar erscheint, verkenne ich dabei nicht, daß auch andere Lösungen als möglich erscheinen und vielleicht zweckmäßiger befunden werden können. Erreicht würde damit jedenfalls, daß in den großen politischen Fragen ein fürstlich persönliches Element zur Geltung käme, dessen der Organismus des Bundes bisher zu seinem Schaden zu sehr entbehrt. Auch mit Rücksicht auf die in hohem Grade aufgeregten Verhältnisse in Deutschland selbst wäre es gar wünschenswerth, daß die Fürsten in patriotischem Sinne, und etwaige Opfer minder ängstlich wägend, ein solches Werk der Einigung vollbrächten. Es würde beruhigend auf die Gemüther wirken und manches drohende Unheil auch nach dieser Seite hin gnädig abwenden. Mit hoher Freude würde es mich demnach erfüllen, wenn Ew. Königliche Hoheit solchen Erwägungen beipflichten und Sich entschließen könnten, mit Seiner Majestät dem Kaiser von Oesterreich eine Berathung der deutschen Regierungen über die angeregte Frage in der am zweckmäßigsten erscheinenden Form einzuleiten, sei es auf einer Fürstenversammlung, durch die beauftragten Minister, oder am Bundestage. Ich bin es mir wohl bewußt, daß etwas Ungewöhnliches darin liegt, wenn ich in dieser Angelegenheit mit einem Vorschlag heraustrete. Eben so sehr aber bin ich von der Gewißheit erfüllt, daß Ew. Königliche Hoheit mir stets bewiesene und stets mit hohem Dank erkannte wohlwollende Gesinnung die redliche Absicht, welche mich bei diesem Schritte leitet, nicht verkennen werde, und darum trage ich kein Bedenken, der Stimme des Gewissens, welche mich dazu drängt, Gehör zu geben. Genehmigen Ew. Königliche Hoheit auch bei diesem Anlasse mit Geneigtheit die erneuerte Versicherung der hohen Verehrung, womit ich verharre Ew. Königlichen Hoheit 1dienstwilliger treuer Vetter und ergebenster Diener Bernhard Herzog zu Sachsen-Meiningen.1 [Mémoire] Neben der Bundeskriegsverfassung, welche gegenwärtig neuer Berathung am Bundestage unterliegt, nimmt wol [sic] keine die Bundesverfassung betreffende Frage eine gleich große Aufmerksamkeit in Anspruch, als diejenige, in welcher Weise das Mittel geschaffen werden könne, um im Augenblick der Gefahr rascher zu einheitlichen Entschlüssen zu gelangen und deren eben so ungesäumte Ausführung sicher zu stellen. Ja es dürfte, wenn diese letztere Frage gelöst wäre, die Lösung der ersteren erleichtert sein. 1–1 In der Hand von Herzog Bernhard.

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Wohl sind bisher schon manche Versuche, sich über eine Bundesbehörde zu einigen, welche dem Bedürfniß rascherer Entschließungen und einer mehr centralisirten politischen Thätigkeit entspräche, erfolglos geblieben. Der Augenblick drohender Gefahren giebt aber der Ueberzeugung neue Kraft, daß die deutschen Fürsten von dem Werke einer solchen Einigung nicht ablassen dürfen und bei der Opferwilligkeit, welche auf allen Seiten für das Wohl des gemeinsamen Vaterlandes vorausgesetzt werden muß, darf man nicht zweifeln, daß das Ziel erreicht werden könne. Man bilde eine Centralgewalt, in welcher neben den Regenten von Oesterreich und Preußen die übrigen deutschen Fürsten, zur Ausübung einer bei Meinungsverschiedenheiten ausgleichenden Thätigkeit durch Wahl vertreten sind. Es lassen sich dafür verschiedene Modalitäten denken. Die Executive selbst könnte aus drei Stimmen (Oesterreich, Preußen und einer der übrigen Könige) gebildet, und ihr ein nach Kategorien gewählter Fürstenrath mit berathender Stimme an die Seite gestellt werden. Oder die Executive würde in der Weise nach Kategorien gebildet, daß in ihr Oesterreich und Preußen mit je 5, Bayern, Würtemberg, Sachsen und Hannover mit 3, die Großherzoge mit 2, die Herzöge mit 1, die Fürsten und freien Städte ebenfalls mit 1 Stimme (zusammen 17 Stimmen) vertreten wären. Unter den verschiedenen Möglichkeiten zu wählen würde die Aufgabe einer einzuleitenden Berathung sein. Dieser Centralgewalt übertrage man Berathung und Beschlußfassung über Krieg und Frieden, sowie die Disposition über die Bundesarmee im Kriegsfall. Die übrigen Bundesangelegenheiten würden der Bundesversammlung verbleiben. Durch eine Einrichtung, wie die vorgeschlagene, welche die bestehende Bundesverfassung nicht aufhebt, sondern nur in einem bestimmten Punkt entwickelt, wird nicht nur die Berathung und Beschlußfassung in Angelegenheiten der auswärtigen Politik auf einen kleineren Kreis zurückgeführt, sondern, worauf das Hauptgewicht zu legen ist, es lassen sich dadurch die, namentlich in politischen Angelegenheiten hervortretenden mannigfachen Mißstände des Verhandelns in einer Behörde von Gesandten, welche an Instructionen gebunden sind, vermeiden. Denn sobald die Wichtigkeit der Sache oder die Dringlichkeit der Lage es erfordern, können die in der Centralgewalt stimmführenden Fürsten sich ohne Schwierigkeit versammeln, in persönlichem Meinungsaustausch die Linie der für Deutschland inne zu haltenden Politik feststellen, und die dazu nöthigen Maßnahmen zu ungesäumter Ausführung anordnen. Schon das Zusammentreten der Centralgewalt würde unter Umständen vermöge der daraus hervorblickenden Einheit der deutschen Action nach aussen hin von moralischem Eindruck sein. Die augenblickliche Lage der europäischen Politik ist der Art, daß ein sol-

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cher moralischer Eindruck dazu beitragen könnte, Deutschland vor unabsehbaren Gefahren zu retten. Es ist darum zu wünschen, daß der bezeichnete Weg von den deutschen Fürsten rasch und im Geiste einmüthiger Vaterlandsliebe betreten werde.

43. Bülow11 an Hall22 Reichsarchiv Kopenhagen. Udenrigsministeriets, Det tyske forbund, Depêcher 1860–1862. Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 27. April 1860.

In Preußen nehmen das Abgeordnetenhaus und die Regierung den Kampf gegen den Bund wieder auf, indem sie wieder auf das kleindeutsche Programm zurückgreifen; die Wirkung des preußischen Auftretens in Deutschland.

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Die große Demonstration, zu welcher die Kurhessische Angelegenheit in der Preußischen Zweiten Kammer einen willkommenen Anlaß geboten3, mußte 1 Bernhard Ernst von Bülow (1815–1879), von 1850 bis 1862 Bundestagsgesandter für Holstein und Lauenburg; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 66. 2 Karl Christian Hall (1812–1888), 1859–1863 dänischer Außenminister; Dansk Biografisk Lexikon, Bd. 6, S. 493–509. 3 Bülow bezieht sich auf die Debatte im preußischen Abgeordnetenhaus vom 20. und 21. April 1860. Der Anlaß der Debatte war ein von dem liberalen Abgeordneten Vincke und anderen eingebrachter Antrag, der lautete: „Dieses Haus ist den Schritten der Königlichen Staats-Regierung – der Kurhessischen Verfassung von 1831 rechtliche Anerkennung zu sichern – mit lebhafter Zustimmung gefolgt und hegt das Vertrauen, daß die Königliche Staats-Regierung den von ihr eingenommenen Standpunkt – auch den von der Mehrheit der deutschen Regierungen am 24. März d. J. zu Frankfurt gefaßten Beschlüssen gegenüber – mit Energie festhalten werde.“ Der Antrag wurde nach intensiver und emotionaler Diskussion mit 207 zu 68 Stimmen angenommen. Das preußische Abgeordnetenhaus bekundete damit seine Abwendung von der Bundespolitik und der Solidarität der deutschen Regierungen in der Bundesversammlung. Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen der durch die Allerhöchste Verordnung vom 22. Dezember 1859 einberufenen beiden Häuser des Landtages. Haus der Abgeordneten, Bd. 2, S. 798–813 u. 815–836. Der seit langem schwelende Verfassungsstreit in Kurhessen war seit 1857 wieder zu einem bundespolitischem Thema geworden. Im Jahr 1852 war die liberale Verfassung von 1831 aufgehoben und durch eine neue, vom Kurfürsten oktroyierte und von der Bundesversammlung anerkannte Verfassung ersetzt worden. Beide Kammern des kurhessischen Landtags verlangten seither die Revision der neuen Verfassung. Die Auseinandersetzungen verschärften sich, nachdem die Kammern im Juni 1857 dem Kurfürsten ihre Wünsche zur Abänderung der Verfassung übermittelten. Die kurhessische Regierung legte daraufhin am 15. Juli 1858 der Bundesversammlung einen Bericht über die Verhandlungen mit den Kammern sowie einen neuen Verfassungsentwurf vor, für den sie die Garantie des Bundes beantragte. Die langwierigen Ausschußver-

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hier um so mehr Aufsehen und Verstimmung hervorrufen, als dieselbe viel weniger die Hessische Rechtsfrage, als Preußens Stellung zum Bundestag zum Zweck und Vorwurf hatte. Wenn man erwägt, daß parallel mit diesen Kammerdebatten eine noch unverhüllter auftretende Manifestation der demokratischen Kreise gegangen ist, welche in einer, vom Minister-Praesidenten huldreich entgegengenommenen Adreße die letzten zehn Regierungsjahre Friedrich Wilhelm[s] IV. eine „Mißregierung“ nennen und zur energischen Verfolgung der gothaischen Politik auffordern durfte, so wird es noch klarer, daß mit der ganzen Sache sowohl ein Fortschritt auf der, gegen die Fortdauer der Bundesverfassung gerichteten Politik, als eine Popularisirung des jetzigen Ministeriums und namentlich eine Revanche für die Parthei beabsichtigt war, welche 1850 an ihrer eigenen Unfähigkeit zu Grunde ging und nun, mit der nämlichen Ueberhebung und der gleichen Nicht-Achtung der Souveraine des nicht-preußischen Deutschlands, den damaligen Kampf offen wieder aufnimmt. Die Rede des Herrn von Vincke4, welche ex professo alle einschlägigen Fragen berührt, ohne von einem der Minister irgend angehalten oder nur durch eine Mahnung zur Mäßigung beantwortet zu sein, läßt als Programm der ministeriellen, ein Vertrauens-Votum darbringenden Parthei an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig und es wird aus derselben – abgesehen davon, daß nach dem Character jener politischen Schule vorläufig mehr auf Reden als auf Handeln abgezielt ist – zu constatiren sein, wie die Preußische Regierung im letzten Ende die Reform der Bundesverfassung als eine durchaus offene Frage, die Existenz der Bundesversammlung als eine factische und durchaus unberechtigte, und den Austritt Oesterreichs nebst obligater Verwandlung des handlungen im Bund führten am 24. März 1860 zu einem Bundesbeschluß, wonach die nachgesuchte Garantie „zur Zeit nicht ertheilt werden könne“, diese aber dann erfolgen werde, wenn eine Verfassungsurkunde vorgelegt werde, „in welcher von allen Abänderungen der Verfassung von 1852, wozu eine Zustimmung der Stände nicht zu erlangen“, abgesehen werde. Bis dahin bleibe „selbstverständlich die Verfassung von 1852 sammt Wahlgesetz und Geschäftsordnung in Wirksamkeit“. Dieser Beschluß wurde gegen das Votum von Preußen gefaßt und war somit der Beginn von Gegensätzen und Spannungen innerhalb der Bundesversammlung im Hinblick auf die Regelung der kurhessischen Verfassungsfrage, die sich über Jahre hinziehen sollten. Vgl. ProtDBV 1860, S. 157–170, Zitate S. 170. Zum kurhessischen Verfassungskonflikt siehe Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 436–449; Nathusius, Kurfürst, Regierung und Landtag im Dauerkonflikt; Seier (Hrsg.), Akten und Dokumente; Ham, Bundesintervention und Verfassungsrevision; siehe auch Goebel, Die Bundes- und Deutschlandpolitik Kurhessens; Grothe, Konstitutionalismus in der Dauerkrise. 4 Stenographische Berichte über die Verhandlungen der durch die Allerhöchste Verordnung vom 22. Dezember 1859 einberufenen beiden Häuser des Landtages. Haus der Abgeordneten, Bd. 2, S. 822–831. – Georg Ernst Friedrich Freiherr von Vincke (1811–1875) war von 1849 bis 1855 Mitglied der Zweiten preußischen Kammer, 1859–1863 und 1866–1868 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses; ADB, Bd. 39, S. 743–752; Best/Weege (Hrsg.), Biographisches Handbuch, S. 343 f.; Behr, „Recht muß doch Recht bleiben“.

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Preußischen Parlaments in ein Deutsches als das eigentliche Ziel proclamirt. In diesem Haß gegen die Oesterreichische Suprematie, wäre es auch nur die formelle am Bundestag[,] und die für die Selbstständigkeit der einzelnen Souveraine und Staaten in der Bundesverfassung enthaltenen Garantie[,] begegnen sich überdies alle Preußischen Partheien: und der Sophismus, daß man wohl noch den Bund, aber nicht dessen Verfassung anerkenne, behält von jetzt an um so weniger Werth, als nach jenen Vordersätzen entweder jede völkerrechtliche Verbindung der deutschen Staaten unter einander, wie 1806–15 aufhören oder wie im Jahr 1848 durch ein revolutionäres Parlament und dann wie von 1849–50 durch Preußische Annexionsversuche ersetzt werden müßte. Kurhessen ist jetzt[,] genau wie im Jahr 1850, das Schlachtfeld für den Kampf zwischen Preußischer Hegemonie und dem Bundesrecht geworden: die Eifersucht und Gehässigkeit, die sich seit der in Olmütz entschiedenen Niederlage der Parthei aufgesammelt, ist bei diesem wunden Fleck wieder, vorläufig freilich nur in selbstgefälligen Reden, zu Tage gefördert und während man Einheit und Macht Deutschlands auf die Fahne schreibt, jede Mahnung zur Mäßigung oder zur Anerkennung der Gegner überhört werden. Characteristisch ist, daß weder den Argumenten der letzteren, noch dem eigentlichen Streitobject, nach den früheren Acten der eigenen Regierung die geringste Aufmerksamkeit zugewendet wird: daß Hessen jetzt eine liberalere Verfassung bekommt, als Preußen, daß Preußen 1851 ohne allen Rückhalt in die Bundesversammlung wieder eingetreten und bei all deren Beschlüssen seit 9 Jahren betheiligt ist, wird vollständig ignorirt: Kurz von Herrn von Carlowitz5, der schon jetzt aus dem Bundestag austreten will, (auf die Gefahr hin, daß Dänemark dann Holstein incorporire) bis zum Minister, der den Beschluß von 18526 „allerdings etwas künstlich“ so interpretirt, daß er das Gegentheil von der damals

5 Albert von Carlowitz (1802–1874), seit 1859 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses; ADB, Bd. 3, S. 783–788; NDB, Bd. 3, S. 144 f. – Bülow bezieht sich auf die Rede von Carlowitz in der preußischen Kammerdebatte vom 20. April 1861. Darin übte Carlowitz heftige Kritik am Deutschen Bund und plädierte für einen Austritt Preußens aus dem Bund. Unter anderem sagte Carlowitz: „Aber ich gehe auch noch weiter, ich nehme an, daß der Bundestag rechtlich nicht mehr existiert.“ Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen der durch die Allerhöchste Verordnung vom 22. Dezember 1859 einberufenen beiden Häuser des Landtages. Haus der Abgeordneten, Bd. 2, S. 809–813, Zitat S. 812. 6 Bundesbeschluß vom 27. März 1852 über die Außerkraftsetzung der kurhessischen Verfassung von 1831, ProtDBV 1852, § 90, S. 432 f.; Druck in: Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 636 f. Mit dem Beschluß und der kurz darauf erfolgenden Bestätigung einer neuen oktroyierten Verfassung brachte die Bundesversammlung die 1851 in Kurhessen eingeleitete Bundesintervention zur Wiederherstellung der Autorität des Kurfürsten und seines reaktionären Ministers Hassenpflug gegenüber dem Landtag und den Gerichten zum Abschluß. Vgl. dazu Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 926–933.

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von Preußen durchgesetzten Intention bedeute7, stehen in so weit alle Redner auf dem Standpunkt der unbefangendsten [sic] Selbstständigkeit, d.h. der alle erworbenen Rechte ignorirenden Doctrin. Der nächste Grund zu diesem entschiedenen Auftreten wird hier außer in dem alten Antagonismus und in der Empfindlichkeit über die Staaten der Würzburger Conferenz in dem Umstande gesucht, daß die Majorität der Kammer nur um den Preis einer solchen Manifestation der Regierung Concessionen in der Militairfrage machen wolle und daher das Ministerium, nach einigen Fluctuationen und Verstimmungen, zu Gunsten jener Vorlagen vom Regenten weitere Concessionen auf dem Wege „Deutscher“ Politik und gegen die Kreuzzeitungs-Traditionen erhalten habe. Solches werde sich auch baldigst in anderen Fragen und Personal-Aenderungen zeigen, hänge überdies mit der vom Herzog von Coburg vermittelten Schwenkung von dem, immer Französischer gesinnten Rußland zu einer Englischen Allianz genau zusammen. Wie lange bei diesem Gebahren Preußen die Stellung und Competenz des mit der größten Rücksichtslosigkeit geschmähten Bundestags sich ohne offenen Conflict erhalten könne, wird daher zumeist von der auswärtigen Politik und der Entwickelung der Oesterreichischen Schwierigkeiten abhängen: in der Hessischen Sache beabsichtigt man für den Augenblick in Berlin wohl nichts weiter zu thun, als durch die eingenommene Haltung das Land zum passiven oder activen Widerstand gegen die jetzige Verfassung aufzustacheln und dann eine, übrigens vor der Hand sehr unwahrscheinliche, Einmischung der Bundesversammlung zu verhindern, wie leicht können aber andere Eventualitäten sich ergeben, in denen man, um so mehr als nun das gesammte Rechtsfundament in der Bundesversammlung in Frage steht, von der einen oder der anderen Seite zum offenen Bruch gedrängt würde: eine krankhafte Empfindlichkeit über die „unwürdige Stellung“ der „Großmacht“ Preußen im 7 Bülow bezieht sich auf die Rede des preußischen Außenministers von Schleinitz in der Kammerdebatte vom 20. April 1860. Schleinitz stellte darin die Bundesbeschlüsse von 1852 zur Revision der kurhessischen Verfassung als ein Provisorium dar, als eine „künstliche“ Erklärung, die damals die einzige gewesen sei, „die sich mit den verfassungsmäßigen Rechten und Pflichten des Bundes vereinigen ließ“ und einen Ausweg aus der Konflikt geboten habe. Schleinitz führte weiter aus, daß jetzt, im Jahr 1860, nach der Auffassung der preußischen Regierung „nicht das Beharren auf dem im Jahr 1852 eingeschlagenen Wege“ das rechte Mittel sei, sondern vielmehr „das entschiedene und alsbaldige Einlenken von einer seitdem als verfehlt, ja als gefahrvoll erkannten Bahn“. Preußen sei es sich schuldig gewesen, sich „in unumwundener Weise [. . .] von einer Politik loszusagen, deren Tendenzen bis in die Tage der Karlsbader Beschlüsse hinaufreichen“. Die Rede Schleinitz’ wurde mehrfach von Bravorufen unterbrochen. Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen der durch die Allerhöchste Verordnung vom 22. Dezember 1859 einberufenen beiden Häuser des Landtages. Haus der Abgeordneten, Bd. 2, S. 794 f.

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Bunde und die Speculation auf Oesterreichs Paralysirung ist wie gesagt, allen Partheien gemeinsam, und jetzt der Aufruf an die „Völker“ gegen die doch nicht zu gewinnenden Souveraine zu unverhüllt ausgesprochen, als daß noch auf langes Hinhalten oder wirklichen Frieden zu zählen wäre: man hört schon sagen, Frankreich meine es vielleicht ehrlicher mit Conservirung der Deutschen Bundesverfassung, als das Annexions-lustige Preußen. Ueber die eigentliche Gesinnung des jetzigen Preußischen Cabinets, der Bundesverfassung und Oesterreich gegenüber, hat man sich hier vielleicht länger Illusionen gemacht, als durch die Acta und Ante-Acta gerechtfertigt war: ich erinnere mich u. a. daß der Graf von Rechberg in der letzten Unterredung, die ich mit ihm hatte, die deutsche Gesinnung dieses Cabinets der Haltung des Herrn von Manteuffel vorziehen zu können glaubte und den Schlüssen, die ich gerade aus der Stellung der Parthei Vincke zog, große Bedenken entgegensetzte: seitdem haben sich denn freilich diese Schlüsse erfüllt und Vielerlei sonst verändert. Dabei ist es für den Augenblick wohl eine müßige Frage, zu untersuchen, ob Preußen nicht für seine eigene Machtstellung viel weiter gelangt wäre und gelangen würde, wenn Es [sic] statt des Rückgriffes zu dem Gothaischen oder kleindeutschen Programm die Einheit und Einigkeit zu bauen versuchte und gerade durch ehrliche Anerkennung des Bundesrechts hier die8 Leitung und Entwicklung der Deutschen Politik angestrebt hätte. Selbst nach dem Frieden von Villa Franca dürfte eine solche Politik, unter dem logischen Druck der realen Verhältnisse, nicht lange erfolglos geblieben sein und die Minister fast aller Mittelstaaten, statt wie jetzt zu offenen Gegnern, sehr bald (wahrscheinlich allerdings sehr gegen deren Neigung) zu folgsamen Anhängern der Preußischen Oberleitung gemacht haben. Eine gute Illustrirung dieser Ansicht bietet die Oberfeldherrnfrage. Wenn Preußen den Oberbefehl nicht außerhalb der Bundesverfassung als ein Recht der Oberherrlichkeit, sondern innerhalb deren Rahmens als einen freien Beweis des Vertrauens erstrebte, so würde, wie man im vorigen Sommer an der Wahl des Prinz Regenten zum Oberfeldherrn gesehen, in praxi ein Widerstand kaum versucht, schwerlich durchgeführt worden sein. Ebenso in andern Dingen, wo man jetzt in Berlin, statt sich mit den Würzburger Staaten zu concertiren, deren Argwohn durch Förderung der Zwecke des geradezu revolutionairen Nationalvereins immer wieder erweckt. Der Praesident dieses Vereins, Herr von Bennigsen, ist so genau mit den Berliner Führern verbunden, daß man schon aus diesem Grunde ziemlich bald einer Einmischung in die – allerdings nicht eben beruhigenden – hannoverschen Verhältnisse entgegensehen will: vor der Hand scheint freilich erst Schleswig

8 Emendiert. Vorlage: der.

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Bülow an Hall

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und Holstein vor das Tribunal des zukünftigen deutschen Parlamentes gezogen werden zu sollen. Daß die Wirkung dieses Auftretens die Regierungen der übrigen Staaten weniger anzieht als abschreckt, beweist in diesem Augenblick namentlich Baden. Es wird mir aus guter Quelle versichert, daß obwohl der Ministerwechsel von Berlin aus betrieben worden9, das neue Ministerium weder die Deutsche Politik noch die Stellung zur Kurhessischen Frage ändern wolle und lebhaft wünsche, sich durch den sehr gemäßigten Großherzoglichen Gesandten in Wien, Freiherrn von Rüdt10 (Minister-Praesident nach der Revolution) zu ergänzen. Die politische Stimmung, namentlich in Beziehung auf die Schweitzer Frage, hat sich letzthin ausnehmend beruhigt. Sämmtliche Süddeutschen Regierungen sprechen sich, zum Theil aus Besorgniß vor Frankreich[,] zum Theil aus Abneigung gegen die für die Schweitz agirende rothe Demokratie, durchaus friedlich und gegen jede Einmischung aus. Als Beweis erlaube ich mir einen von der Württembergischen Regierung ausgehenden Artikel gegen solche Agitationen anzuschließen.11 Uebrigens will man hier trotz der von Frankreich kommenden sehr friedlichen Versicherungen, noch nicht recht an eine wirkliche Verbesserung des Verhältnisses zu England glauben: sucht sich wohl eben darum bei der auch zwischen Paris und Berlin vorausgesetzten Verstimmung in Süddeutschland möglichst neutral zu halten und ist denn wohl 9 Am 2. April 1860 war es im Großherzogtum Baden zu einem „Regierungs- und Systemwechsel“ gekommen, indem das konservative Ministerium Meysenbug von einem liberalen, von der Mehrheit der zweiten Kammer unterstützten Ministerium unter der Führung von August Lamey (1816–1896) ersetzt wurde. Baden war damit der erste deutsche Staat, in dem die Regierung aus der liberalen Parlamentsmehrheit hervorging. Vgl. Gall, Der Liberalismus als regierende Partei, S. 111–114. 10 Ludwig Freiherr Rüdt von Collenberg (1799–1885), 1850–1856 badischer Staats- und Außenminister, 1856–1861 badischer Gesandter in Wien; Badische Biographien, Bd. 2, S. 224–227. 11 Bei der „Schweizer Frage“ ging es um die im Anschluß an den Italienischen Krieg von 1859 von Frankreich angestrebte Annexion Savoyens, die ihm vom Ministerpräsidenten Sardiniens, Camillo Cavour, im Sommer 1858 bei den Verhandlungen in Plombières als Kompensation für die Unterstützung im Krieg gegen Österreich versprochen worden war. Im März 1860 wurde die Abtretung von Savoyen (und Nizza) in einem Geheimvertrag zwischen Sardinien und Frankreich festgelegt. Über die Einverleibung des an die Schweiz grenzenden Savoyen gab es seit Frühjahr 1860 zwischen der Schweiz und Frankreich Verhandlungen, bei denen die Schweiz Garantien für ihre eigene territoriale Integrität erstrebte. Vgl. Baumgart, Europäisches Konzert, S. 354–359. – Der von Bülow seinem Bericht beigefügte Artikel stammt aus dem Staatsanzeiger für Württemberg, ist datiert auf den 17. April 1860 und als „halbamtliche Kundmachung“ bezeichnet. Darin wird eine „politische Manifestation“ von Advokaten und Wirtschaftsbürgern in Stuttgart kritisiert, die einer Aufforderung an die Schweiz gleichkomme, sich mit Waffengewalt gegen den Anschluß Savoyens an Frankreich zu wehren, für welchen Fall die militärische Hilfe Württembergs zugesichert werde.

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hauptsächlichst durch die schwierige Lage der Oesterreichischen Regierung praeoccupirt und desorientirt. Die hiegegen sehr zurücktretende Aufregung in unserer Angelegenheit12 wird, außer durch die bekannten Norddeutschen Organe, in dieser Gegend hauptsächlich durch gelegentliche Einsendungen im zu Stuttgart erscheinenden „Schwäbischen Mercur“ und durch regelmäßige Correspondenzen der dem Nationalverein nahe stehenden, übrigens wenig verbreiteten Münchener „Süddeutschen Zeitung“ unterhalten. Die Herren Beseler13 und Gervinus14 haben die Absicht, mit Hülfe wohlhabender Frankfurter Gesinnungsgenossen hier ihr früheres Organ die „Deutsche Zeitung“15 wieder ins Leben zu rufen, nicht ermöglichen können: vielmehr selbst bei diesen Anstoß durch die Unbefangenheit erregt, womit sie in der schriftlich circulirenden Aufforderung jede weitere Berücksichtigung Oesterreichs „als eines in der Verwesung begriffenen Staates“ aus ihrem Deutschen Programm [ausgeschlossen] wissen wollten. Der kaiserlich Französische Gesandte beim Bunde ist nach einer längeren Abwesenheit in Paris hierher zurückgekehrt. Genehmigen Ew. Excellenz den erneuten Ausdruck ehrerbietiger Ergebenheit, worin ich verharre Ew. Excellenz ganz gehorsamster B. Bülow

12 Gemeint ist die wieder am Bund verhandelte schleswig-holsteinische Frage; vgl. dazu Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3 S. 449–460. 13 Georg Karl Christoph Beseler (1809–1888), liberaler Politiker, 1849–1852 und 1860 Mitglied der Zweiten preußischen Kammer bzw. des Abgeordnetenhauses; NDB, Bd. 2, S. 174 f. 14 Georg Gottfried Gervinus (1805–1871), liberaler Historiker und Politiker; NDB, Bd. 6, S. 335–338; Hübinger, Gervinus. 15 Die „Deutsche Zeitung“ war 1847 von führenden deutschen Liberalen in Heidelberg gegründet worden. Gervinus war leitender Redakteur von 1847/48. Von 1848 bis 1850 erschien das Blatt in Frankfurt am Main; Hirschhausen, Liberalismus und Nation.

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Beust an Bose

Nr. 44

44. Beust an Bose HStA Dresden, Gesandtschaft München, Nr. 50. Erlaß. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 7. Mai 1860.

Die Lage der Dinge in Deutschland läßt ein demonstratives Auftreten der Mittelstaaten angezeigt erscheinen. Es wäre wünschenswert, bald eine Ministerkonferenz zu veranstalten, um sich angesichts der preußischen Provokationen über eine gemeinsame Haltung zu verständigen. Wichtige Beratungsgegenstände sind die kurhessische Angelegenheit sowie die Revision der Bundeskriegsverfassung. Schließlich ist an die Anträge der Würzburger Konferenz zu erinnern, für deren Verwirklichung mehr geschehen muß als bisher.

No. XXVII

Dresden, 5. Mai 1860

Ew. Hochwohlgeboren erwähnen in Ihrem neusten Berichte vom 30. April1 die Eventualität einer abermaligen Ministerconferenz. Ich habe über diesen Gegenstand bereits Gelegenheit genommen, mit Freiherrn von Gise2 zu sprechen und bezweifle nicht, daß derselbe in entsprechender Weise berichtet hat. Obschon bei der Würzburger Zusammenkunft ein abermaliger Zusammentritt für das nächste Frühjahr allseits in Aussicht genommen worden war, so würde ich doch hierin keinen bestimmenden Grund zu einer Anregung finden, indem ich der von dem Minister Freiherrn von Schrenk sicherlich getheilten Ansicht bin, daß ohne dringende Veranlassung Zusammenkünfte besser unterbleiben, wenn deren Zwecke auf schriftlichem Wege erreicht werden können. Auf der andern Seite dürften wir allen Grund haben, daran festzuhalten, daß, sobald die Umstände eine directe Vernehmung erheischen, weder die Besorgniß des demonstrationsweisen Eindrucks, noch diejenige des Mangels nach Außen hervortretender Resultate uns an der Abhaltung einer Conferenz verhindern darf. Die gegenwärtigen Zeitumstände sind aber so beschaffen, daß nicht allein überwiegender Grund vorliegt, eine mündliche Besprechung der schriftlichen vorzuziehen, sondern auch die ebengedachte Besorgniß weniger als je Anspruch auf Geltung hat, indem ein demonstratives Auftreten der Mittelstaaten sehr angezeigt erscheinen würde und auch sehr zu hoffen steht, daß positive Resultate werden erzielt werden. Die Lage der Dinge in Deutschland im Allgemeinen und in Preußen insbesondere ist so anschaulich, daß jedes Wort darüber überflüssig sein würde. Ebenso zweifellos ist der Beruf, welcher daraus für die Mittelstaaten erwächst. Daß diesem Berufe nur und ganz allein durch gemeinsames, auf fort1 Bose an Beust, vertraulicher Bericht, 30. April 1860; HStA Dresden, 10 717, Nr. 933, fol. 82–85. 2 Maximilian Freiherr von Gise (1817–1890), 1847–1870 bayerischer Geschäftsträger in Dresden; Schärl, Zusammensetzung, S. 317.

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Dresden, 5. Mai 1860

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gesetzte Verabredung und deren strenge Innehaltung begründetes Auftreten mit Erfolg genügt werden könne, ist mehr und mehr Gegenstand allgemeiner Ueberzeugung geworden. Soll indessen diese Ueberzeugung zu gedeihlichen Resultaten führen, so wird es nicht allein wünschenswerth, sondern beinahe unerläßlich sein, vereinzelte Anregungen, namentlich wo solche bedeutende Tragweite haben, thunlichst zu beschränken und soviel als möglich dahin zu wirken, daß zu einer mündlichen Berathung darüber im Wege der Ministerconferenz, wo sämmtliche Theilnehmer von Seiten ihrer allerhöchsten und höchsten Souveraine mit Instruction versehen sein können, Gelegenheit geboten werde. In diesem Falle wird der betreffende Gegenstand erst dann in den Bereich der diplomatischen Correspondenzen außerhalb der Mittelstaaten und nach Befinden in den der Oeffentlichkeit gezogen werden, wenn er unter den Mittelstaaten feststeht, während die Erfahrung uns gelehrt hat, daß das umgekehrte Verhältniß eintritt, wenn Vorschläge von einer einzelnen Regierung im Correspondenzwege in Umlauf gesetzt werden. Es ist bezeichnend, daß die münchner Verabredungen vom vorigen Jahr3, welche bekanntlich den Correspondenzweg durchlaufen mußten, sehr bald in Berlin bekannt waren, und wenngleich mit anfänglichen Entstellungen und Zusätzen auch von den Zeitungen richtig wiedergegeben wurden, während nach den Würzburger Conferenzen allerdings auch das Programm der Verhandlungen, welches ebenfalls den Correspondenzweg durchlaufen hatte, in den Zeitungen erschien, die eigentlichen Beschlüsse der Conferenz aber, selbst der preußischen Regierung erst bekannt wurden, als die betreffenden Regierungen in Berlin selbst davon Mittheilung machten. Beweis dafür die unmittelbar darauf an die Uferstaaten erlassene Einladung zu einer Conferenz wegen der Küstenbefestigung.4 3 Siehe Dok. 22. 4 Als Folge des Italienischen Krieges war seit dem Sommer 1859 die Frage der Verteidigung der norddeutschen Küsten in den Blickpunkt der deutschen Regierungen gerückt. Die Mittelstaaten hatten in ihren Beratungen über Bundesreformen die Frage mehrfach erörtert und schließlich am 17. Dezember 1859 in der Bundesversammlung den Antrag gestellt, Beratungen über Maßregeln zum Schutz der deutschen Nord- und Ostseeküsten aufzunehmen (siehe Dok. 37, Anm. 7). Fast zeitgleich damit lud die preußische Regierung am 15. Dezember 1859 die norddeutschen Küstenstaaten zu einer Konferenz über die Frage der Küstenbefestigung ein. Die Konferenz fand vom 9.–22. Januar 1860 in Berlin statt, es beteiligten sich daran neben Preußen Bevollmächtigte aus Hamburg, Lübeck, Bremen und Oldenburg, während Hannover mit Hinweis auf die bei der Bundesversammlung eingeleiteten Verhandlungen fernblieb. Die Berliner Konferenz einigte sich auf die Grundlagen eines Küstenschutzsystems, das im wesentlichen den im Dezember 1859 in einer preußischen Denkschrift formulierten Vorschlägen folgte. Nachdem sich Hannover schließlich zur Teilnahme an den weiteren Verhandlungen bereiterklärt hatte, brachten Preußen, Hannover, Oldenburg und Bremen am 12. Juli 1860 in der Bundesversammlung eine Vorlage ein, die drei Anträge enthielt: 1. sollte die Bundesversammlung die auf außerpreußischem Gebiet zu gründenden Verteidigungsanstalten bezeichnen, für die technische Vorarbeiten einzuleiten sein würden; 2. sollte die Bundesversammlung eine aus Bevollmächtigten der

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Beust an Bose

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Diese letztere Betrachtung dürfte zu der Behauptung berechtigen, daß es im gegenwärtigen Augenblicke ebensosehr in negativer als positiver Beziehung wünschenswerth sein würde, bald zu einer Ministerconferenz zu gelangen. Es ist sehr begreiflich und zugleich sehr erfreulich, das Dasjenige, was in den letzten Monaten in Frankfurt und Berlin sich zugetragen hat – Protest Preußens gegen einen verfassungsmäßigen Majoritätsbeschluß, Verhöhnung des Bundes und Aufforderung zum Bundesbruch im preußischen Abgeordnetenhause bei vollständigem Schweigen der Regierung, endlich auch die Art und Weise, wie Preußen seinen Anträgen wegen der Bundes-Kriegsverfassung inhärirt und welche bereits Neigung zu einem neuen Proteste durchblicken läßt – es ist begreiflich und zugleich erfreulich, sage ich, daß dies Alles die Regierungen der übrigen deutschen Staaten nicht gleichgültig gelassen hat, und daß bereits mehrere derselben sich ernstlich mit der Frage beschäftigt haben, was unter diesen Umständen zu thun sey. Wir sind indessen hierorts der festen Ueberzeugung, daß vereinzelte Schritte, welche zu diesem Zwecke geschehen Uferstaaten zu bildende Kommission einsetzen, um die Planungen für die Küstenschutzanlagen zu erarbeiten; 3. sollte die Bundesmilitärkommission beauftragt werden, Vorschläge zur Bildung einer besonderen Küstenverteidigungsbrigade zu machen. Über diese Anträge gab es in den folgenden Jahren langwierige Verhandlungen in der Bundesmilitärkommission und im Bundestagsausschuß für Militärangelegenheiten. Während die preußische Regierung mit den militärischen Stellen und technischen Kommissionen der Uferstaaten die Vorarbeiten vorantrieb, kam es auf Bundesebene zu Auseinandersetzungen über die Zusammensetzung der von den Uferstaaten beantragten Bundeskommission. Erst im Februar 1862 erstattete der Bundestagsausschuß für Militärangelegenheiten seinen Bericht über die Anträge der Mittelstaaten vom 17. Dezember 1859 und der Uferstaaten vom 12. Juli 1860. Darin wurde der preußische Vorschlag, die Bundeskommission nur aus Bevollmächtigen der Uferstaaten zu bilden, zurückgewiesen, denn es sei mit der „Natur des Bundesverhältnisses und der darin liegenden Gleichberechtigung seiner Glieder“ nicht zu vereinbaren, eine Bundesregierung von vornherein von einer Bundeskommission auszuschließen. Auch sei die Zustimmung der Bundesversammlung zu der von der Kommission zu erstattenden Vorlage wahrscheinlicher, „wenn das Commissionsgutachten nicht als einseitiges Werk der Uferstaaten erscheint“. Der Militärausschuß setzte sich damit durch, und die Bundeskommission wurde schließlich am 8. März 1862 eingesetzt. Sie begann ihre Arbeit am 15. April 1862 in Hamburg unter der Leitung des preußischen Generalstabschefs Helmuth von Moltke (1800–1891). Die Kommission legte ihren Bericht am 22. Mai 1862 vor, mit der Ausarbeitung der Einzelheiten wurde eine „engere Kommission“, bestehend aus den Bevollmächtigten der Uferstaaten (Preußen, Hannover, Mecklenburg-Schwerin, Oldenburg und der Hansestädte) beauftragt. Der Schlußbericht dieser engeren Kommission wurde am 10. August in Hamburg festgestellt. Über diesen Schlußbericht beriet dann in den folgenden Monaten die Bundesmilitärkommission, für die der bayerische Militärbevollmächtigte am 19. Februar 1863 einen Vortragsentwurf vorlegte, der erheblich vom Bericht der Küstenschutzkommission abwich. Es kam in der Militärkommission zu keiner Einigung, und so ging es auf Bundesebene in der Frage des Küstenschutzes nicht voran, die Frage wurde nie zur Beschlußreife gebracht. Zu den Verhandlungen siehe ProtDBV 1860, S. 50–53; ProtDBV 1861, S. 451–453; ProtDBV 1862, S. 72–80 (Zitat S. 76), 108 ff. Einen detaillierten Überblick über die komplizierten Verhandlungen auf breiter Quellenbasis gibt Rogosch, Hamburg im Deutschen Bund, S. 59–97.

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könnten, einem gemeinsamen Auftreten keinesweges vorarbeiten, sondern dasselbe erschweren würden. Sie können unsers Erachtens nur dazu führen, entweder einen vereinzelten Kampf zu veranlassen und dadurch den Anschein einer Spaltung unter den Mittelstaaten zu begründen, oder illusorisch beruhigende Erwiederungen zu provociren, welche alsdann die Betheiligung der betreffenden Regierungen an gemeinsamen Schritten lähmen. Aus diesen Gründen halten wir den baldigen Zusammentritt der Conferenz schon deshalb für nothwendig, damit man sich über eine gemeinsame Haltung verständige, möge sie eine passive oder active sein, und es wäre leicht möglich, daß nach verschiedenen Richtungen und unter verschiedenen Voraussetzungen Beides als das Richtige erkannt würde. Eine fernere Betrachtung, welche uns berücksichtigungswerth scheint, ist aber die, daß in Bezug auf die Erweiterung der Conferenz sich gerade jetzt die Aussichten viel günstiger gestalten als dies im vorigen Herbst der Fall war. Unsern neuesten Berichten aus Hannover zufolge darf auf eine Betheiligung der kön. hannoverschen Regierung mit ziemlicher Sicherheit gerechnet werden, und was Baden betrifft, so deuten die Kundgebungen des neuen Ministeriums darauf hin, daß man sehr geneigt sein werde, den an seinen Eintritt geknüpften irrigen Voraussetzungen durch ein engeres Anschließen an die übrigen Mittelstaaten vorzubeugen. Von Alledem abgesehen liegt aber auch noch in anderer Beziehung Material genug zur Besprechung vor. Zunächst ist es die kurhessische Angelegenheit, welche eine Verständigung wünschenswerth erscheinen läßt. Der Bund kann sehr bald in den Fall kommen, einen weiteren Beschluß zu fassen, sobald die kurfürstliche Regierung die durch den Beschluß vom 24. März d. J.5 ihr zugesagte Ertheilung der Garantie nachsucht. Wir sind für unsern Theil, nach reiflicher Prüfung der Sache, darüber mit uns einig, daß die Ertheilung der Garantie, auch ohne gleichzeitigen Antrag der Stände in rechtlicher Beziehung gerechtfertiget, der kurfürstlichen Regierung gegenüber eine moralische Verpflichtung und in politischer Beziehung eine Nothwendigkeit sei. Wir glauben auch bei den übrigen Regierungen im Allgemeinen gleiche Auffassung voraussetzen zu dürfen. Inzwischen erscheint es uns, im Hinblick auf den Zweifel, welchen in dieser Beziehung das Votum der k. württembergischen Regierung angeregt hat, sehr wünschenswerth, daß die kurfürstliche Regierung, bevor sie einen bezüglichen Antrag einbringt, der Ansichten der Majorität versichert werde. Ein6 Gegenstand von nicht geringerer Wichtigkeit ist die in einiger Zeit bevorstehende Abstimmung über den Bericht des Militairausschusses bezüglich 5 ProtDBV 1860, S. 157–170. Siehe dazu Dok. 43, Anm. 3. 6 Emendiert. Vorlage: Einen.

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Eisendecher an das oldenburgische Staatsministerium

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der Revision der Bundes-Kriegsverfassung. Es wird dabei zunächst Anlaß gegeben sein, sich über den neuesten Vorschlag der kön. württembergischen Regierung zu einigen, und wahrscheinlicherweise werden daran von anderer Seite Vorschläge geknüpft werden, um im Fall der Kriegsgefahr die politischmilitairische Einheit Deutschlands sicher zu stellen. Endlich haben wir uns zu erinnern gehabt, daß es für die würzburger Regierungen hohe Zeit sei, sich der von ihnen bei der letzten Conferenz gestellten Anträge zu erinnern und für deren Schicksal etwas mehr[,] als bisher geschehen, besorgt zu zeigen. Ich gestatte mir bei dieser Gelegenheit daran zu erinnen, daß der sächsischerseits vorgelegte Entwurf eines Patentgesetzes, obschon er seit Monaten in Umlauf ist, noch immer den Frankfurter Hafen nicht hat erreichen können. Allerhöchstem Befehle zufolge habe ich Ew. Hochwohlgeboren zu beauftragen, vorstehende Bemerkungen der geneigten Erwägung der k. bayerischen Regierung, unter Hinterlassung gegenwärtigen Erlasses zu empfehlen und den Herrn Minister Freiherrn von Schrenck um baldige Eröffnung der Jenseitigen Ansicht zu ersuchen. Beust

45. Eisendecher an das oldenburgische Staatsministerium StA Oldenburg, 31–15–13, Nr. 81 III, fol. 49–50. Bericht. Eigenhändige Ausfertigung. Praes.: 11. Mai 1860.

Die Verhandlungen in der Bundesversammlung sind belanglos. Der allgemeine Mißmut nimmt zu, ein jeder fühlt die Haltlosigkeit der deutschen Zustände. Die Stimmung in der Bundesversammlung ist überwiegend gegen Preußen. Das allgemeine Gefühl ist, daß sich erschütternde Ereignisse vorbereiten.

No. 29

Frankfurt am Main, 10. Mai 1860

Die heute gehaltene 16te diesjährige Bundestags-Sitzung brachte nichts an Belang. [Bericht über diverse Voten und Vorlagen einiger Staaten zu verschiedenen Gegenständen sowie über Eingaben an die Bundesversammlung.]

Ich kann diesen inhaltleeren Bericht nicht schließen ohne zu erwähnen, daß der allgemeine Mißmuth und der Vertrauensmangel vor der Zukunft hier in auffallender Weise zunimmt. Ein Jeder fühlt die Haltlosigkeit unserer allgemeinen deutschen Zustände und das Gefährliche des thatlosen Dahintreibens; aber Niemand weiß die Zauberkraft und das Wort zu nennen, um die zerfah-

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Frankfurt am Main, 10. Mai 1860

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renden Elemente zu bannen und zu binden. Statt zu sammeln, wird aller Scharfsinn aufgewendet um noch mehr zu spalten. Sehr leidiges Aufsehen haben die Vorgänge in der Hannoverschen Ständeversammlung auch hier gemacht.1 In der heutigen Sitzung der Bundesversammlung unterhielt man sich lebhaft über diese und die politischen Dinge überhaupt. Im Ganzen ist hier natürlich die Stimmung überwiegend gegen Preussen, dem fast alle Schuld an der mißlichen Gestaltung der Verhältnisse zugeschoben werden soll. So ungerechtfertigt dies auch ist, so schwer wird es doch, die von Preussen seither befolgte Politik zu vertreten und auch nur genügend zu erklären. Heute besprach man auch das an sich ziemlich unbedeutende Factum, daß einzelnen Bundestags Gesandten anonyme Schreiben zugeschickt werden, worin „aus sicherer Kenntniß“ versichert und gewarnt wird, in 4 Wochen würden die Franzosen am Rhein stehen, sie besäßen die Pläne sämmtlicher Bundesfestungen; Baden werde an Frankreich, Bayern an Österreich annexirt, und Preussen anderweit entschädigt werden pp. pp. Das Alles mögen Anklänge aus der Menge von Broschüren sein, die täglich aufflattern. Man sieht aber, daß die innern Schichten der Bevölkerung in Bewegung und Aufregung kommen. Das allgemeine Gefühl ist, daß sich erschütternde Ereignisse vorbereiten. Daß es an rücksichtslosen Aufhetzern nicht fehlt, denen es vor Allem darum zu thun ist, die Dinge wieder in Fluß und Bewegung zu bringen, versteht sich wohl überall von selbst. Da ich indessen nur wenig Neues zu sagen wüßte, nehme ich Anstand mich weiter über dieses Thema zu verbreiten. Beifolgend eine Notiz aus der 11. Sitzung der B. Militair-Commission. Schließlich bemerke ich noch, daß Minister Windhorst wieder hier ist, um die bentincksche Angelegenheit zu betreiben.2 W. von Eisendecher

1 In der Zweiten Kammer des hannoverischen Landtags war es am 2. Mai 1860 zu einer kontroversen Debatte über das Petitionsrecht von Städten und Korporationen gekommen, in deren Verlauf es Auseinandersetzungen über den Nationalverein zwischen liberalen Abgeordneten und Innenminister Borries gegeben hatte. Borries hatte dabei unter anderem geäußert, die Bestrebungen des Nationalvereins würden „nicht zur Einigung Deutschlands, sondern nur zu dem entgegengesetzten Resultate führen“. Vgl. Hannoversches Landtagsblatt Nr. 66, 1860, Bericht über die Sitzung der Zweiten Kammer vom 2. Mai 1860, S. 499–503, Zitat S. 502. 2 Der sogenannte bentincksche Erbfolgestreit beschäftigte den Deutschen Bund seit Jahrzehnten. Es ging dabei um die zwischen den Reichsgrafen von Bentinck umstrittene Erbfolge in den Herrschaften Kniphausen und Varel. Vgl. dazu Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 766–786.

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Beust an Bose

Nr. 46

46. Beust an Bose HStA Dresden, Gesandtschaft München, Nr. 50. Schreiben mit drei Beilagen (nicht in der Akte). Behändigte Ausfertigung. Praes.: 14. Mai 1860.

Beust skizziert ein Programm für die Beratungen der von ihm angeregten neuerlichen Ministerkonferenz der Mittelstaaten und plädiert dafür, bis zu einer Verständigung über die einzuschlagende Richtung auf Kundgebungen von einzelner Seite zu verzichten, um die „moralische Kraft“ der Mittelstaaten nicht zu schwächen. Folgende Punkte sollen gemeinschaftlich erörtert werden: die Eventualität eines Rücktritts Preußens aus der Bundesversammlung; ob es weiterhin toleriert werden soll, daß Preußen die Beschlüsse der Bundesversammlung nicht anerkennt; die von SachsenMeiningen vorgeschlagene Bildung eines Bundeszentralorgans; die kurhessische Verfassungsangelegenheit. Es ist sehr dringend, daß das Zusammenwirken der Mittelstaaten von Neuem nach außen hin sichtbar wird.

No. XXIX.

Dresden, 12. Mai 1860

Ew. Hochwohlgeboren Bericht No LXX1, worin Sie mir die vorläufigen Aeußerungen des Herrn Ministers Freiherrn von Schrenk, bezüglich der diesseits angeregten Abhaltung einer Minister Conferenz2, meldeten, giebt mir zu nachstehenden zusätzlichen Bemerkungen Anlaß. Ich habe absichtlich von Aufstellung eines Programms oder einer Tagesordnung für die Berathungen Abstand genommen, weil es mir nicht angemessen schien, damit hervorzutreten, bevor nicht die Königlich-Bayerische Regierung sich darüber ausgesprochen haben würde, ob Sie mit der Abhaltung der Conferenz überhaupt einverstanden sei oder nicht. Um inzwischen den Herrn Minister Freiherrn von Schrenk davon zu überzeugen, daß wir in dieser Beziehung uns die nöthige Rechenschaft gegeben haben, will ich nicht anstehen, eine nähere Darlegung der zu verhandelnden Gegenstände zu versuchen. Ich rechne dahin allerdings in erster Linie eine allgemeine Berathung über die Situation, die eine ganz andere und bedrohlichere geworden ist, als dies zur Zeit der letzten Würzburger Conferenz der Fall war. Diese Berathung wird, nach diesseitiger Ansicht, unter allen Umständen einen entschiedenen Vortheil haben und zwar in zweifacher Beziehung. Die Interessen der bei der Conferenz Betheiligten sind fast identisch, jedenfalls solidarisch und umso rückhaltloser werden die Ansichten über Das was zu thun sei, sich aussprechen. Diese Ansichten selbst aber bewegen sich, verschiedenen Wahrnehmungen zufolge, zum Theil in abweichender Richtung und es wird daher für jede einzelne Regierung und in Folge Dessen auch für die Gesammtheit der betheiligten Regierungen ein großer Gewinn sein, wenn diese Ansichten ausge1 Bose an Beust, vertraulicher Bericht, 9. Mai 1860; HStA Dresden, 10 717, Nr. 933, fol. 103– 106. 2 Siehe Dok. 44.

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Dresden, 12. Mai 1860

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tauscht und discutirt werden. Dabei halte ich es allerdings für wünschenswerth daß, im Gegensatz zu der zuletzt befolgten Praxis, eine wenn auch noch so gedrängte protocollarische Aufzeichnung erfolgt, wesfalls, um etwaigen Bedenken wegen möglicher Indiscretion zu begegnen, von Nennung der Namen der Regierungen sowohl, als der Bevollmächtigten abgesehen werden könnte. Ist auf diese Weise eine schriftliche Grundlage gewonnen, so wird sich hieran eine weitere Correspondenz unter den Regierungen sehr leicht und in einer Weise knüpfen lassen, die zu bestimmten Resultaten führen kann. Einen zweiten Vortheil aber, und diesen schlagen wir besonders hoch an, würden wir darin erblicken, daß man sich dabei dahin einigen kann, – ich bezeichne es als Möglichkeit, der Erfolg wird von den sich kundgebenden Dispositionen abhängen – bis zu einer solchen Verständigung, die ich, wie gesagt, zunächst noch nicht von der Conferenz, wohl aber von der darauf folgenden Correspondenz hoffe, auf vereinzelte Anregungen und Kundgebungen zu verzichten, welche unserer innigsten Ueberzeugung nach, nur dahin führen, die moralische Kraft der Mittelstaaten in ihrer Zusammengehörigkeit zu schwächen und zu Mißverständnissen, zuweilen auch zu den böswilligsten Interpretationen die Handhabe zu bieten. Bei jener allgemeinen Discussion sind sehr brennende Fragen zu erörtern. Dahin rechne ich die noch immer nicht beseitigte Eventualität eines erklärten oder doch factischen Rücktritts Preußens aus der Bundesversammlung. Nicht minder die Frage, ob der gegenwärtige Zustand, wo Preußen zwar Bund und Bundesversammlung anerkennt, aber die Anerkennung der Beschlüsse, nach Befinden der Umstände verweigert, ferner tolerirt werden, oder ob etwas geschehen solle, um darüber eine klare Auseinandersetzung herbeizuführen? Diese Frage kann sehr bald von der entschiedensten Dringlichkeit werden, falls Preussen, ungeachtet unsers Erbietens, für den concreten Fall Verhandlungen wegen ausnahmsweiser Feststellung der Bundesheeresführung, eine Erklärung abgeben sollte, welche der bestehenden Bundesmilitairverfassung im Voraus die Folgeleistung verweigerte. Ich verwahre die diesseitige Regierung gegen die Tendenz, schlechterdings eine Demonstration gegen Preußen herbeiführen zu wollen. Wir wünschen, daß die Bedeutung des Augenblicks gemeinschaftlich in’s Auge gefaßt und eine gemeinsame Haltung verabredet werde und wir glauben, daß das geringste Maß gemeinsamen Widerstandes und gemeinsamer Initiative mehr bewirken, als der kräftigste Anlauf einzelner Regierungen. Unstreitig ist Freiherr von Schrenk von dem Vorschlage unterrichtet, welchen S. H. der Herzog von Sachsen Meiningen an mehrere der Allerhöchsten und Höchsten Souveraine wegen Bildung einer temporairen Centralgewalt hat gelangen lassen.3 Im engsten Vertrauen theile ich Ew. Hochwohlgeboren im 3 Siehe Dok. 38 und 42.

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Beust an Bose

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Anschluß Abschrift einer Correspondenz mit dem Fürsten Wittgenstein mit4, woraus Sie das Weitere ersehen. Es befindet sich dabei auch das von dem Fürsten in Bezug genommene Memoire in Abschrift. Wir halten dieses Project, vorbehaltlich unserer Aeußerung darüber, zur Berathung auf der Conferenz für geeignet. In der Frage wegen Ertheilung der Garantie für die kurhessische Verfassung habe ich die diesseitige Ansicht zu erkennen gegeben. Ich behalte mir deren Begründung vor. Wir sind keinesweges gemeint, damit dem Ermessen anderer Regierungen vorzugreifen, allein es ist jedenfalls wünschenswerth, daß eine zweite Berathung es herausstelle, in wie weit die kurhessische Regierung auf die Majorität der Bundesversammlung rechnen kann oder nicht. Mir scheint hiernach es an Stoff zu den Berathungen nicht zu fehlen, behalte mir übrigens vor, noch mehrere Gegenstände anzumelden, falls dieselbe zu Stande kommen sollte. Die letzte Conferenz hat allerdings den Gang der Dinge in Preußen nicht aufgehalten; mit dieser Hoffnung hatten wir uns aber auch wenig geschmeichelt. Wohl aber hat der Widerstand, der sich gegen die Bestrebungen des Nationalvereins und die damit gleichen Schritt haltenden Berliner Bestrebungen unter den Bevölkerungen regt, an der Würzburger Conferenz einen keinesweges zu verachtenden Anlehnungspunkt gefunden und es scheint uns durchaus nicht überflüssig, sondern im Gegentheil sehr dringend, daß der Zusammenhang der Mittelstaaten von neuem nach Außen sichtbar werde. Mit großem Interesse habe ich gelesen, was Herr Minister Frh. von Schrenk Ihnen über Baden mitgetheilt und was die diesseitigen Erwartungen in Bezug auf diesen Staat erhöhet. Was uns aus Hannover zugeht, bestärkt uns mehr und mehr in der Hoffnung auf eine dortseitige Geneigtheit zur Beschickung. Daß aber ein demonstratives Auftreten der Mittelstaaten vorzeitig komme, darüber dürfte wohl der eben erschienene Commissionsbericht des preußischen Abgeordnetenhauses, betreffend die außerordentliche Creditforderung, den letzten Zweifel entfernen.5 Beust 4 Die Abschrift liegt nicht in der Akte. 5 Beust bezieht sich auf den im Abgeordnetenhaus am 5. Mai 1860 eingebrachten Antrag der preußischen Regierung, „zur Aufrechterhaltung und Vervollständigung derjenigen Maßnahmen, welche für die fernere Kriegsbereitschaft und erhöhte Streitbarkeit des Heeres erforderlich [. . .] sind, außer den im gewöhnlichen Budget bewilligten Mitteln für die Zeit vom 1. Mai d. J. bis zum 30. Juni 1861 neun Millionen Thaler zu bewilligen“. Das Abgeordnetenhaus nahm den Antrag am 15. Mai 1860 mit 315 gegen 2 Stimmen an. Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen der durch die Allerhöchste Verordnung vom 22. Dezember 1859 einberufenen beiden Häuser des Landtages. Haus der Abgeordneten, Bd. 2, S. 993 u. 1128–1130; Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, Jg. 1, 1860, S. 126 f.

Nr. 47

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Stuttgart, 12. Mai 1860

47. Artikel im schwäbischen „Beobachter“ 1 Der Beobachter. Ein Volksblatt aus Schwaben, Nr. 111 u. 112 vom 12. und 13. Mai 1860.

Die Zeit naht, um einen deutschen Staat ohne Österreich und Preußen zu bilden. Preußens Politik ist kraftlos und unentschlossen. Harte Kritik am preußischen Prinzregenten Wilhelm und Erinnerung an dessen Rolle 1848/49. Der sogenannte deutsche Beruf Preußens wird in Frage gestellt. Hinweis auf die Unterschiede in den politischen Auffassungen zwischen Norddeutschland und Südwestdeutschland. Es ist Selbsttäuschung zu glauben, Preußen werde in Deutschland aufgehen, vielmehr will Preußen alles deutsche Wesen verschlingen. Auch von Österreich ist derzeit nichts für die Bildung eines deutschnationalen Lebens zu erwarten.

No 111.

[Stuttgart,] 12. Mai 1860 Ein Rheinbund ohne Schutzherrn.

1. Endlich, endlich scheint die Zeit nahen zu wollen, in welcher der Gedanke zu Ehren kommen und seiner Ausführung näher gebracht werden soll, den schon seit einer langen Reihe von Jahren denkende Vaterlandsfreunde als den einzig richtigen Weg erkannt haben, auf dem Deutschland ein achtunggebietender Staat werden kann: es ist der Bund der deutschen Staaten zu einem Ganzen neben Oestreich und Preußen. Laßt Oestreich Oestreich und Preußen Preußen sein! wir sind dann Deutschland und Oestreich und Preußen unsere Bruderstaaten, Staaten, in welchen Millionen unserer deutschen Brüder wohnen und mit denen wir in weiterem Bunde gemeinsam gehen; wir werden ein Staat, mit welchem andere Völker und Staaten es sich zur Ehre rechnen, Bündnisse zu schließen, zu dem die durch List und Gewalt getrennten Glieder mit Freude zurückkehren, ein Staat, der jedem Feind trotzen, jeden Ruhestörer zurechtweisen kann. Woher diese schöne Hoffnung? Viele Gründe berechtigen dazu. Vor Allem Preußens Gebahren. Wohl nehmen seine Minister den Mund voll und bemächtigen sich der Fragen, die des Deutschen Brust zu zersprengen drohen, auf eine Weise, wie sie ein prahlender „Vaterlandsretter“ übt. Schleswig-Holstein! Kurhessen! Bundestag! sind die Schlagworte, mit denen man um sich wirft. Mit diesen will man „moralische Eroberungen“ machen, weil man zu andern den Muth nicht hat. Aber auch dazu fehlt der Muth, jene Schlagworte zu einer Wahrheit zu machen. Denn kaum ist das kecke Wort entfahren, so nimmt man es halb zurück, giebt im Abgeordnetenhause auf die Frage über Anerkennung 1 „Der Beobachter. Ein Volksblatt aus Schwaben“ erschien von 1833 bis 1920 in Stuttgart und war das führende Organ der württembergischen Demokraten. Vgl. Dokumente aus geheimen Archiven, Bd. 5, S. 92, Anm. 82.

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des deutschen Bundes „nebelhafte“, ausweichende Antworten, entschuldigt sich in Wien und anderwärts wegen vincke-schleinitz’scher hochfliegender Parlamentsreden2, schleicht schüchtern ins Mäuseloch zurück, nachdem man kaum erst einen muthigen Schritt vorwärts und einen kühnen Griff3 zu thun den Anlauf genommen hatte. So farb- und kraftlos ist diese preußische Staatskunst, daß selbst ein preußisches Blatt, was gewiß viel heißt, die Volkszeitung4 die Regierung ernstlich tadelt und ihr geradezu ins Gesicht sagt, man dürfe sich nicht wundern, wenn man im deutschen Volke zu der Ueberzeugung komme, daß die preußische Regierung besten Falls nicht klüger sei als vor 10 Jahren. Woher sollte da das übrige Deutschland Vertrauen fassen zu dem an der Spitze Preußens stehenden Manne, daß es ihn an die Spitze Deutschlands stellte, wenn vollends hinzugenommen wird, wie er als Freund des kleinlichten Soldatendienstes, statt kriegerischen Geist seinem Volke einzuhauchen, Millionen zur weiteren Ausbildung des Kamaschendienstes5 vom Volke verlangt und wenn man sich erinnert, wie er am 18. März 1848 seinen jetzt geisteskranken Bruder anfeuerte, Berlin zusammenkartätschen zu lassen, wenn man endlich sich vergegenwärtigt, wie derselbe ein Erinnerungsfest feierte an die Siege, die er in der Pfalz und Baden erfocht, im schrecklichen – Bruderkriege. Wird aber dieß Alles nicht vergessen und aufgewogen durch die unendliche Begeisterung für Preußen, die von unzähligen Sendboten über ganz Deutschland verbreitet wird? Sind nicht so viele Männer aus tiefster Ueberzeugung, aus tiefwissenschaftlichen Gründen von dem Gedanken durchdrungen, daß Preußen und Preußen allein die geschichtliche Aufgabe und den germanischen Beruf habe, ja daß es eine „geschichtliche Nothwendigkeit“ sei, daß Preußen das ungetheilte Deutschthum darstelle? Arbeiten nicht Vereine und Schriften aller Art für die Ausbreitung dieses Gedankens? so zwar, daß die berliner Volkszeitung bei Empfehlung einer neuesten Schrift hofft, dieselbe werde alle Deutschgesinnten zu der Ueberzeugung leiten, daß, „wenn eine geeinigte 2 Siehe oben S. 213 f. 3 Anspielung auf den sogenannten „kühnen Griff“ des Präsidenten der Nationalversammlung, Heinrich von Gagern, d. h. seinen Vorschlag vom 24. Juni 1848, die Reichszentralgewalt selbst einzusetzen und den österreichischen Erzherzog Johann zum Reichsverweser zu wählen. 4 Die Berliner Volkszeitung war hervorgegangen aus der 1853 verbotenen demokratischen „Urwählerzeitung. Organ für Jedermann aus dem Volke“. Die oppositionelle liberale Volkszeitung wurde geleitet von Franz Duncker, einem Gründungsmitglied des Nationalvereins und der Deutschen Fortschrittspartei (1861). Vgl. Dokumente aus geheimen Archiven, Bd. 5, S. 85, Anm. 40; DBE, Bd. 2, S. 651. 5 Kamaschen- oder Gamaschendienst war seit Anfang des 19. Jahrhunderts ein abwertender Begriff für den stupiden Kasernendrill, mit dem besonders die preußische Armee in Verbindung gebracht wurde.

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deutsche Nation einer Centralmacht bedürfe, sie ihr Geschick nur mit dem der preußischen Monarchie vereinigen könne?“ so, daß ein neugegründetes preußisches Blatt bereits es wagt, den siegsgewissen preußischen Adler als Sinnbild seinem Blatte aufzudrucken mit der Umschrift: „In diesem Zeichen wirst du siegen!“ und das Blatt seinen ersten Leitaufsatz damit schließt: „Des preußischen Landboten Königthum ist: das preußische Volkskönigthum von Gottes Gnaden, das Königthum von Hohenzollern.“ Ist es nicht, wird weiter gefragt, eine in Fleisch und Blut übergegangene Ansicht der preußischen Nation (!), daß Deutschland in ihr aufgehen müsse, und sind es nicht ganze deutsche Stämme, die in Preußen aufgehen wollen? Benützen nicht Tausende einzelner Deutschen jede Gelegenheit, um Preußen aufzufordern, daß es doch endlich einmal den entscheidenden Schritt thue, die Führerschaft in Deutschland zu ergreifen und die getrennten Theile Deutschlands als ein Ganzes in sich zu vereinen? freilich mit dem Vorbehalt, daß Preußen in Deutschland und nicht Deutschland in Preußen aufgehe. Ist es nicht bereits so weit gekommen, daß Jeder, der nicht schwarzweiß ist, als Schwarzgelber, d. h. als Anhänger der östreichischen Regierung, des habsburgischen Hauses, verdächtigt wird? oder in Gefahr kommt, nicht als Vaterlandsfreund anerkannt zu werden? oder gar als Solcher zu gelten, der nicht über die vier Pfähle des Kleinstaates, in dem er geboren ist, hinauszublicken vermöge, als frommer und getreuer Anhänger seines Fürstenhauses? No 112.

[Stuttgart,] 13. Mai 1860 Ein Rheinbund ohne Schutzherrn.

2. Wohl sind die Bemühungen und Anstrengungen groß, die von Denen gemacht werden, welche zum Theil aus reiner, auf gute Gründe, wie sie glauben, sich stützender Ueberzeugung alles Heil von Preußen erwarten. Dennoch wird es ihnen nie gelingen, die Andersgesinnten zu bewegen, daß sie Preußen die Führerschaft anvertrauen, außer in der Stunde gemeinsamer Gefahr, wenn kein Tüchtigerer da ist. Die Mehrzahl Solcher findet sich im Südwesten unseres Landes, während die Hannoveraner z. B. sich Preußen zuneigen aus dem besondern Grunde, weil sie von einer Willkürherrschaft niedergedrückt sind, der sie in Preußen zu entgehen hoffen. Im südwestlichen Deutschland ist das verfassungsmäßige Staatsleben, freilich auch mit den ihm anklebenden Mängeln und möglichst abgeschwächt, mehr entwickelt, und das, was den Preußen, insbesondere den Berliner begeistert, die Anbetung des Königthums von Gottes Gnaden, ist dem Südwestdeutschen fremd und zuwider, ja es ekelt ihn geradezu an. Seit Friedrich dem Großen ist der zusammenhaltende Gedanke Preußens der König. Damals hatte das preußische Volk etwas von dem, was

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man Nationalstolz heißt, sofern dieser das Bewußtsein ist, in der Einheit stark und dadurch als Volk von andern Völkern geachtet und gefürchtet zu sein. Aber seitdem haben die Staatsumwälzungen andere Vorstellungen vom Königthum verbreitet und die Preußen insbesondere hatten von dort ab wenig Grund, hierfür noch sich zu begeistern. Dennoch war auch im Jahre 1813 der innere Kern der Begeisterung der preußischen Jugend, das Ziel ihres Kämpfens vor Allem die Wiederherstellung des preußischen Königthums. Als der königliche Thron wieder aufgerichtet dastund, blickte man freudestrahlend und stolz zu ihm empor, indem man von dem Wahlspruch: „Mit Gott für König und Vaterland!“ das Letztere vergaß und dem Ersteren, dem „guten König“, der ohnehin immer vor dem Vaterlande genannt wird, zur gnädigsten Besorgung überließ, freilich nicht mit Zustimmung aller Preußen, sondern unter ernstem Kopfschütteln der besten preußischen Männer, die zum Theil dem Tugendbunde angehörig6, gerade diejenigen gewesen waren, welche jene Begeisterung für das Königthum verbreitet hatten und nun zum Danke dafür die Auflösung des Bundes und die Rückkehr des unumschränkten Herrscherthums trauernd mitansehen mußten. – Der Südwestdeutsche nun also weiß nichts und will nichts von dem, auf was der Preuße als auf seine „Nation“ stolz ist. Wenn er auch viele einzelne Preußen lieben kann und achten muß, so fühlt er sich dem Preußen entfremdet, den er begeistert singen hört: „Ich bin ein Preuße! kennt ihr meine Farben?“ Der Südwestdeutsche hält nichts auf Landesfarben, schon darum, weil er sie zu bunt und vielfach nebeneinander sieht. Je zudringlicher nun trotz der mehr oder weniger zum klaren Bewußtsein gekommenen Abneigung gegen dieses absonderliche Preußenthum im deutschen Südwesten Glauben und vertrauende Hingebung an diesen Staat dem Südwestdeutschen zugemuthet wird, desto mehr wirkt dann die hinzutretende Ueberzeugung, daß gerade das was ein Volk zum Volke oder – um den als bezeichnender geltenden Ausdruck zu gebrauchen – zur „Nation“ macht, Preußen abgeht. Preußen ist ein kleiner Großstaat oder ein großer Kleinstaat, so urtheilt der Südwestdeutsche. Wenn er nun auch mit größter Freude die vielen Grenzpfähle fallen sehen oder selbst fällen würde, um ein großes Ganze herzustellen, so fällt er sie nicht, um sich einer solchen Macht in die Arme zu werfen. Ist schon die Form des staatsbürgerlichen Lebens eine ihm widerstre6 Der Tugendbund wurde im Frühjahr 1808 als „sittlich-wissenschaftlicher Verein“ in Königsberg gegründet und hatte das Ziel, das gedemütigte Preußen wieder aufzurichten und den Patriotismus und die Anhänglichkeit an die Dynastie zu fördern. König Friedrich Wilhelm III. genehmigte den Verein am 30. Juni 1808, mußte ihn aber schon am 31. Dezember 1809 auf Druck Napoleons auflösen. Dem Tugendbund gehörten wichtige Vertreter des preußischen Reformadels und der Bürokratie an. Vgl. Schmidt, Tugendbund.

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bende, so findet er auch keine Befriedigung und Beruhigung in dem Gedanken, Preußen angeschlossen zu sein, einem Staate, dessen ganzes Wesen so schwankend, dessen Kräfte so beschränkt sind, als seine Regierung es ist bis in7 ihre Spitze hinauf. Preußen, urtheilt der Südwestdeutsche weiter, will durch Ansichziehen kleiner deutscher Staaten erst werden, was es indessen mit Mühe vorgestellt hat: ein Großstaat, aber kein deutscher, sondern der preußische; denn es ist Selbsttäuschung, zu glauben, Preußen werde in Deutschland aufgehen; vielmehr würde es alles deutsche Wesen verschlingen, damit aber würde sich, da der preußische Geist kein deutscher ist, noch wird, das Preußen einverleibte Deutschland so unglücklich fühlen, als Holstein in den Armen Dänemarks, als Griechenland in den Armen Philipps8. So sieht sich denn der deutsche Südwesten auf andere Wege gewiesen, um zu einem „Nationalbewußtsein“, d. h. zu dem Bewußtsein zu gelangen, daß er, als abgeschlossener Staat, nach Innen frei, nach Außen selbstständig und von jeder äußern Macht unabhängig, achtunggebietend in der Reihe der übrigen Völker dastehe, also mit einer Macht ausgerüstet, die, wie sie keines fremden Beistands bedarf, so jeden Angriff willens- und thatkräftig zurückweisen kann. Mit dem andern deutschen Großstaat, Oestreich, ist, so lange die gegenwärtigen unglückseligen Verhältnisse dort obwalten, keine gemeinschaftliche Sache zu machen. Wie sehr auch ein großer Theil der Oestreich unterworfenen Völker nicht nur nach Abstammung und auch geistig wie gemüthlich mit dem Südwesten verwandt und verwachsen ist, sondern auch ihm zum Theil wirklich angehört, so können wir von jenem vorderhand nichts für die Bildung eines deutsch„nationalen“ Lebens erwarten, wenn nicht, was höchst unwahrscheinlich, in einem Zusammenbrechen Oestreichs naturgemäß einzelne Theile davon zum Südwesten herüber fallen sollten.

7 Emendiert. Vorlage: iu. 8 Gemeint ist Philipp, der König von Makedonien (ca. 382–336), der die griechischen Poleis eroberte.

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Schrenk an König Maximilian II.

Nr. 48

48. Schrenk an König Maximilian II. HStA München, MA 493/1. Antrag. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 24. Mai 1860.

Angesichts der Verschlimmerung der Verhältnisse in Deutschland empfiehlt Schrenk die Abhaltung einer Konferenz der Mittelstaaten nach dem Vorschlag von Beust. König Maximilian hält dies im Augenblick für nicht günstig und ordnet an zu erforschen, worüber auf einer solchen Konferenz im einzelnen verhandelt werden solle.

München, 13. Mai 1860 An Seine Majestaet den Koenig Allerunterthänigster Antrag von Seite des Staats-Ministeriums des Koeniglichen Hauses und des Aeußern die Abhaltung von Minister-Conferenzen betreffend. Bei den Zusammenkünften, welche im verflossenen Jahre zuerst dahier zwischen den Freiherrn von Beust und Hügel und dem treu gehorsamst Unterzeichneten, und dann im Spätherbst zu Würzburg stattgefunden haben1, ist, wie Euere Königliche Majestät allergnädigst Sich zu erinnern geruhen, die Abrede getroffen worden, zeitweise, bei sich hiezu ergebenden Anläßen, Conferenzen der Minister der deutschen Mittelstaaten zu veranstalten, um sich auf solchen über gemeinsame Angelegenheiten zu besprechen und über die bezüglich solcher zu beobachtende Haltung zu verständigen. Aus den in den letzten Tagen von dem k. Ministerresidenten zu Dresden erstatteten Berichten werden Euere Königliche Majestät bereits allergnädigst ersehen haben, daß der k. sächsische Staats-Minister Freiherr von Beust die Lage der Dinge in Deutschland so gelagert erachtet, daß die Einberufung einer derartigen Ministerconferenz als höchst wünschenswerth erscheine, und es hat nun Freiherr von Beust die Gründe, welche ihn zu einer deßfallsigen Anregung bestimmen, in der hieneben ehrerbietigst in Abschrift angefügten Depesche an den Sächsischen Minister-Residenten Herrn von Bose vom 5. dß. ausführlich entwickelt und um Eröffnung der diesseitigen Ansicht über den von ihm gemachten Vorschlag ersucht.2 Es ist nun nicht zu verkennen, daß die inneren Verhältniße Deutschlands sich in jüngster Zeit wesentlich verschlimmert haben, und möglicherweise einer entscheidenden Crisis entgegengehen. Die Bestrebungen einer weitverzweigten Partei, welche den Umsturz des Bundes in seiner dermaligen Gestalt und die Ersetzung desselben durch eine den Händen Preußens anzuvertrauende Centralgewalt, nebst einer Volksvertretung ihr zur Seite, sich zum Ziele gesetzt hat, treten immer offener und drängender hervor; sie finden entschie1 Siehe Dok. 22 und 34. 2 Siehe Dok. 44.

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dene Unterstützung in der Versammlung der Abgeordneten zu Berlin, und selbst die k. Regierung dortselbst scheint diese Partei, welche begreiflicher Weise in Preußen die zahlreichsten Anhänger hat, gerne gewähren zu lassen. Die jüngsten Verhandlungen in der Kammer der Abgeordneten zu Berlin über die kurhessische Verfassungsangelegenheit, wie dann jene über die Schleswig-Holsteinische Frage haben dieses zur Genüge dargethan, und natürlich zugleich den Muth der sogenannten Gothaer Partei in ganz Deutschland wesentlich gehoben, da dieselbe nun eines mächtigen Rückhaltes in Berlin sicher ist. Unter diesen Verhältnißen liegt der Wunsch nahe, daß von Seite der Regierungen, welche entschlossen sind, am Bundesvertrage festzuhalten, irgend etwas geschehe, um ihre Gesinnungen und Absichten zu dokumentiren, damit einerseits der preußischen Regierung kein Zweifel darüber bleibe, wie sie gemeinsamem Widerstande der anderen deutschen Regierungen begegnen werde, wenn sie auf der zu Auflösung des Bundes führenden Bahn fortschreiten wollte, und damit andererseits auch die öffentliche Meinung aufgeklärt werde und nicht etwa der Glaube sich Eingang verschaffe, daß die übrigen deutschen Regierungen, den von Berlin ausgehenden Angriffen weichend, den deutschen Bund und mit ihm ihre eigene Selbstständigkeit, zum Theil wenigstens, aufgeben. Das Gefühl, daß den Vorgängen in Berlin entgegen irgend etwas geschehen sollte, ist weit verbreitet, und wenn auch über das, was etwa zu thun wäre, noch keine bestimmten Vorschläge vorliegen, so haben sich doch mehrere Regierungen bereits mit der Sache beschäftigt und in der einen oder anderen Weise deßfalls Thätigkeit entwickelt. Von Württemberg aus hat man sich nach Berlin hin entschieden mißbilligend über die Kammerverhandlungen in der kurhessischen Angelegenheit ausgesprochen und andere Regierungen zu ähnlichem Vorgehen zu bestimmen gesucht; man hat dortselbst in der Frage der Revision der Bundes-Kriegsverfassung einen neuen Vorschlag gemacht, und endlich selbst einen besonderen Allianz-Vertrag der Mittelstaaten mit Oesterreich in Wien angeregt. In Hannover ist man, nach Inhalt der Berichte des Freiherrn von Perglas, mit Ausarbeitung eines Vorschlages zu Bildung einer Bundes-Central-Gewalt für Zeiten der Gefahr beschäftigt3, und auch in Sachsen scheint man sich mit irgend einem Plane zu tragen, der indessen bisher noch keine bestimmte Gestalt gewonnen hat. In Carlsruhe sprach man von der Nothwendigkeit irgend eines, wo möglich gemeinsamen Schrittes, und selbst in dem Cabinete zu Wien neigt man zu der

3 Siehe Dok. 49.

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Schrenk an König Maximilian II.

Nr. 48

Ansicht, daß irgend eine Erklärung zu Documentirung der Absicht, am Bunde festzuhalten, erforderlich sey. Wenn nun nicht bald eine Berathung und Einigung darüber erfolgt, ob und was etwa gemeinsam geschehen sollte und könnte, ist wohl zu besorgen, daß die einzelnen Regierungen selbstständig mit verschiedenartigen Vorschlägen hervortreten, und daß dadurch Verwirrung hervorgerufen und eher der gemeinsamen Sache geschadet, als genützt werde. Sowohl von dem positiven Standpunkte der offenen Beurkundung fortwährender Uebereinstimmung der Mittelstaaten und ihres Festhaltens am Bunde, sowie der Verständigung über etwa zu ergreifende Maaßregeln, als auch von dem negativen Gesichtspunkte der Verhinderung einseitiger Schritte einzelner Regierungen aus, erscheint in der That der Vorschlag der Abhaltung einer Ministerconferenz der deutschen Mittelstaaten aus den ehrerbietigst erwähnten Erwägungen zur Zeit aller Beachtung werth, und es ist die Hoffnung wohl nicht unbegründet, daß an einer solchen, außer den Regierungen, welche im vorigen Herbste zu Würzburg vertreten waren, nun vielleicht auch jene von Hannover und Baden Antheil nehmen würden. Der treu gehorsamst Unterzeichnete glaubt sich hienach verpflichtet, den gedachten Vorschlag zu allerhuldreichster Gutheißung zu bevorworten, er ist jedoch ohne alle Maaßgabe der allerhöchsten Befehle Euerer Königlichen Majestät in tiefster Ehrfurcht gewärtig, und erlaubt sich schließlich nur noch anzufügen, daß p. von Beust in einer weiteren Depesche vom 7. dß. beantragt hat, eine derartige Conferenz, wenn sie genehm seyn sollte, wieder in Würzburg abzuhalten. Frh. v. Schrenck Alles reiflich überlegt, scheinen Mir für den jetzigen Augenblick wenigstens die Ihnen mündlich angedeuteten Gründe, welche gegen die sofortige Abhaltung einer Ministerconferenz sprechen, überwiegend. Meine Ansicht geht dahin, zu sehen, wie weit man sich auch ohne Conferenz über die wichtigsten der, als Berathungsgegenstände der Conferenz vorgeschlagenen Punkte verständigen kann, ferner genau zu erforschen, möglichst bis ins Einzelne, was ausserdem auf der verlangten Conferenz verhandelt werden sollte. München den 24. Mai 1860. Max

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49. Memoire Platens zur Bundeszentralgewalt HStA München, MA 493/1. Geheimes Memoire. Abschrift. Vom bayerischen Gesandten Pergler von Perglas am 19. Mai 1860 an König Maximilian II. übermittelt. Praes.: 23. Mai 1860.

Die Verhältnisse, unter denen der Bund gegründet wurde und lange Zeit bestand, haben sich seit 1848 wesentlich verändert. Insbesondere hat sich die europäische Situation seit der Thronbesteigung Kaiser Napoleons III. völlig umgewandelt. Auch England sowie Preußen und einige kleinere deutsche Staaten unterwühlen seit 1848 die Grundlagen der legitimen fürstlichen Herrschaft, indem sie konstitutionelle Bestrebungen unterstützen. Käme es jetzt in Deutschland zu einem revolutionären Ausbruch, was nicht unmöglich ist, so würde es den Regierungen ähnlich ergehen wie in Italien. Die äußere Lage Deutschlands hat sich völlig zum Nachteil verändert, während Frankreich nun „in furchtbarer Macht“ dasteht. Deutschland ist auf sich allein gestellt und muß das System seiner Verteidigung gegen innere und äußere Feinde an die neuen Bedürfnisse anpassen. Dazu bedarf es vor allem einer Stärkung der Bundesexekutive. Diese soll aber nur für die Zeit außergewöhnlicher Gefahr konzentriert werden, d. h. es soll eine zeitlich beschränkte „Diktatur“ eingeführt werden. Da der Bund eine Staatenföderation ist, kann die Diktatur nicht einem einzigen übertragen werden, sondern nur einem Kollegium. Dieses sollte bestehen aus Österreich, Preußen und einem von den übrigen Bundesstaaten zu wählenden Mitglied, wählbar sollten dabei aber nur die vier mittelstaatlichen Könige sein. Mit der so gebildeten Zentralgewalt würde im Bund eine größere exekutive Einheit erreicht, der Schutz nach außen hin verbessert und Preußen „wieder in den Bundesweg getrieben“. Selbst wenn ein Antrag auf die Bildung einer Zentralgewalt in der Bundesversammlung nicht die nötige Zustimmung aller Staaten erhielte, hätte er doch den Nutzen, daß der Vorwurf von seiten Preußens und des Nationalvereins, der Bund tue nichts gegen die drohenden Gefahren, auf jene Regierungen abgewälzt würde, die die Einrichtung der Zentralgewalt ablehnten. Platen ist dafür, mit den anderen Königreichen einen entsprechenden Antrag zu vereinbaren und ihn in der Bundesversammlung zu stellen. Platen befürwortet in den gemischten Bundesarmeekorps die Beibehaltung des Kommandanten und des Generalstabs auch in Friedenszeiten, um so die Korps als Bundestruppen erscheinen zu lassen und ihre Schlagkraft zu verbessern.

[Hannover, April/Mai 1860]1 Geheimes Aktenstück, zu Allerhöchst-Eigenen Händen Sr. Majestät des Königs2. Copie Mémoire, betreffend Bundes-Central-Gewalt für Zeiten der Gefahr und Ernennung von Corps-Kommandanten in Friedenszeiten. Die Verhältniße unter denen der Bund und seine organischen Anstalten errichtet wurden und eine lange Zeit fortbestanden, haben sich seit 1848 wesentlich 1 verändert. 1 Das Memoire wurde wahrscheinlich im April 1860 verfaßt. Pergler von Perglas hatte in einem Bericht vom 3. Mai 1860 erstmals das Memoire Platens erwähnt, worauf Schrenk den Gesand-

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Memoire Platens zur Bundeszentralgewalt

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Frankreich lag im Jahre 1815 darnieder. Ganz Europa war gegen den deutschen Erbfeind vereinigt, und es schien, als ob die Hauptmächte für immer in einer festen Allianz gegen Frankreich verharren würden. In der Regierung einer wieder aufgedrungenen Dynastie und in der constitutionellen Verfaßungsform lagen sichere Garantieen, daß Frankreich seine inneren furchtbaren Kräfte nicht energisch und einheitlich nach Außen hin würde verwenden können. Revolutionäre Bewegungen tauchten zwar schon kurz nach Entstehung des Bundes auf. Sie kamen aber nur in Staaten zweyten u. dritten Ranges zum offenen Ausbruch, wurden unterdrückt und vereinigten die continentalen Hauptmächte noch inniger, auch die französische Regierung stand in so weit 2 auf Seiten der anderen Mächte. Für jene damaligen Verhältniße war die Form in welche die deutsche Föderation und ihre Kriegsmittel gebracht wurden, genügend. Die Langsamkeit und Schwerfälligkeit ihrer Maschinerie schadete nicht weil Frankreich gleichfalls durch seine constitutionelle Form an raschen Entschlüßen und kräftigen Operationen gehindert war. Außerdem bildete die Deutsche Armee gewißermaßen einen Theil des großen europäischen Heeres, das sich bey jedem Kriegsfall wider Frankreich in Bewegung zu setzen und Deutschland zu dekken bereit war. Schon die französische Revolution von 1830 brachte aber eine Veränderung in jene Verhältniße. Frankreich wählte sich einen Herrscher und die Solidarität im Legitimitäts-Principe mit den östlichen Mächten war dadurch aufgegeben. Auch hatte seitdem die französische Regierung kein Intereße zu verhindern, daß eine thätige Propaganda in den Nachbarländern den Principen [sic] Geltung zu verschaffen strebte, auf welchen die Herrschaft in Frankreich beruhte. Doch fand damals diese neue Stellung Frankreichs noch ein Gegengewicht in dem festen Zusammenhalten der östlichen Mächte, in der persönlichen Schwäche des neuen Königs von Frankreich und in der Vermehrung der constitutionellen Einrichtung. ten am 15. Mai angewiesen hatte, das Memoire zu beschaffen und nach München zu übersenden, da der König es einsehen wolle. Im Bericht vom 19. Mai schrieb Pergler, das Memoire liege bei dem König von Hannover und Platen habe noch keinen Bescheid darüber erhalten. Gleichwohl ließ Platen Pergler eine Abschrift des Memoires nehmen, unter der Bedingung, daß der hannoversche Gesandte in München, Knesebeck, davon keine Kenntnis erhalten dürfe, weil Platen sonst kompromittiert werden könne. Vgl. HStA München, MA 493/1. – König Georg V. von Hannover nahm das Memoire im Juni 1860 mit zur Fürstenkonferenz nach Baden-Baden, um dort „davon Gebrauch zu machen“, doch wurde das Memoire, wie König Johann von Sachsen auf dem Berichtschreiben des sächsischen Bundestagsgesandten Könneritz an Beust vom 16. Juni 1860 notierte, den anderen Monarchen in Baden „nicht mitgetheilt“; HStA Dresden, 10 717, Nr. 933, fol. 265–280: Bericht Könneritz’ mit beigefügter Abschrift des Memoires von Platen, Zitate fol. 265. 2 Georg V. (1819–1878), 1851–1866 König von Hannover.

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Seit dem Jahr 1848, und namentlich seit der Thronbesteigung des Kaisers Napoleon haben sich jedoch die Umstände völlig umgewandelt. Frankreich kam erst auf die republikanische Grundlage und hierauf auf die einer Wahlmonarchie welche beide dem Principe der monarchischen Legitimität völlig entgegengesetzt sind. England unterstützt im Auslande jede Verfaßungsform, welche die Regierung von dem Willen der Bevölkerung abhängig macht, und Preußen so wie ein Theil der anderen deutschen Staaten läuft seit 1848 gleichfalls auf der constitutionellen Bahn und macht für sie Propaganda. Die deutschen Fürsten sind also gegenwärtig nicht blos von Frankreich und England her durch die gefährlichsten Principe bedroht, sondern auch Preußen und einige andere deutsche kleinen Staaten unterwühlen die bisherigen Grundlagen der fürstlichen Herrschaft. Dadurch ist die Gefahr des revolutionaeren Princips furchtbar gesteigert worden. Kömmt jetzt ein revolutionärer Ausbruch in Deutschland, wie er doch nicht unmöglich ist, so würde es den Regierungen ähnlich ergehen wie in Italien, wenn nicht bey Zeiten in Deutschland Anstalten getroffen sind, welche die Möglichkeit und Mittel gewähren, sofort mit vereinten Kräften die Revolution zu besiegen. Noch mehr aber hat sich die Lage Deutschlands nach Außen hin verändert. Die europäische Allianz, welche gegen Frankreich bestand, und von welcher Deutschland ein Glied und gedeckt war, ist völlig aufgelöst. England geht seinen besonderen Weg, jedenfalls kann nicht auf seinen Beistand gerechnet werden, und es vermag auf dem Continente nur wenig zu schützen, selbst wenn es sich mit Deutschland alliirte. Rußland ist geschlagen, geschwächt, und mehr auf Frankreichs als auf deutscher Seite. Oestreich, der eigentliche Hort Deutschlands, auf deßen kräftigem Bestande das Bundesverhältniß sich stützte, wurde besiegt und laborirt jetzt in Folge des unglücklichen Feldzuges, innerer Zerrüttung und Mißmuths an einer Schwäche, wie sie kaum jemals gesehen wurde. Dazu noch die Zwietracht zwischen Oestreich und Preußen. Inmittelst hat sich aber Frankreich unter dem Absolutismus des Kaisers in schroffster Einheit concentrirt. Die Siege über Rußland und Oestreich haben gezeigt, was diese Concentration zu leisten vermag und naturgemäß ist dadurch der politische Einfluß Frankreichs und die Siegesfähigkeit seiner Armee verdoppelt worden. Frankreich steht jetzt in furchtbarer Macht da, stark durch seine materielle und gestiegene moralische Kraft, und durch die Schwäche der anderen ContinentalMächte. Deutschland durch die Niederlage Oestreichs eines Theils seiner Kraft beraubt, befindet sich isolirt diesem Gegner gegenüber, und sieht mit Wahrscheinlichkeit einem demnächstigen Angriffe entgegen. Es liegt zu nahe, daß Deutschland nunmehr auf sich allein angewiesen das System seiner Vertheidigung gegen innere und äußere Feinde, welches für

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Memoire Platens zur Bundeszentralgewalt

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ganz andere Verhältniße geschaffen war, als sie jetzt vorhanden sind mit den neuen Bedürfnißen in Einklang setze. Nach meiner unmaßgeblichen Ansicht wird es hauptsächlich darauf ankommen die Concentration und Schnellkraft der Bundesexekutive und ihrer Mittel zu vermehren. Dem Bundes-Organe eine stärkere Einheit zu verleihen war bereits ein Gegenstand der Diskußion auf den Dresdener Conferenzen. Damals projektirte man aber, dem Stimmenverhältniß im Bunde überhaupt eine andere Gestalt zu geben; die beabsichtigte Einrichtung war nicht lediglich auf Zeiten der Gefahr berechnet, und für solche Perioden nicht concentrirt genug.3 Mir scheint es hinreichend zu sein, wenn die Veränderung des Bundesorganes nur auf die außergewöhnliche Gefahr beschränkt und für diese eine Diktatur4 eingeführt wird, so einheitlich und unbeschränkt, als die Natur einer Föderation immerhin erlaubt. Die Concentration der Bundes-Gewalt in einer Person mit discretionärer5 Gewalt wäre allerdings für solche Ausnahmsfälle die beßte Form, weil die einheitliche und folglich die wirksamste und am meisten geeignet der französischen schroffen Einheit das Gegengewicht zu halten. Sie läßt sich aber in der deutschen Föderation nicht erreichen so lange zwey Großmächte in ihr vorhanden sind, von denen keine der anderen sich unterordnen will. Ist es aber sonach unmöglich die büreaukratische Form6 einzuführen, so bleibt nichts übrig, als die collegialische Form zu wählen, oder, wenn man will beizubehalten, da sie bereits in der Bundesversammlung besteht, aber aus zu viel Stimmen. Zum Collegium gehören bekanntlich wenigstens drei7 Mitglieder. Zwey Mitglieder an die Spitze zu stellen, Oestreich und Preußen, hieße von vorneherein das System des Widerstreites und Stillstandes der Maschine durch den ungelösten Gegensatz einführen. Es ist ganz unleugbar, die collegialische Form entspricht am meisten, wo nicht allein, einer Staatenföderation, wenn sie auch nicht die zweckmäßigste für den Zweck der Rettung aus Gefahr ist. Kann also die schroffe Einheit, die büreaukratische Form nicht erreicht werden, so ist es das Richtige diese Natur 3 Siehe dazu QGDB III/1; Flöter/Wartenberg (Hrsg.), Die Dresdener Konferenz 1850/51. Zur Diskussion über die Bundesexekutive auf der Dresdener Konferenz siehe Müller, „. . . das dringendste Bedürfniß für Deutschland“. 4 Platen benutzt hier offenbar den Begriff in dem Sinne, wie er in der römischen Republik gebraucht wurde, in der in Zeiten der Gefahr auf Vorschlag des Senats ein Beamter zum Diktator mit außerordentlichen Vollmachten für die Zeit von sechs Monaten ernannt werden konnte. 5 Im Sinne von: dem eigenen Ermessen überlassen. 6 Im Sinne von: die von einem einzigen geleitete Behörde. 7 Erstes Wort auf der neuen Seite der Vorlage; auf der vorhergehenden Seite findet sich unter der letzten Zeile das Wort, verweisend auf die Fortsetzung auf der folgenden Seite, in der Schreibweise: drey.

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maßgebend sein zu laßen, und es fragt sich dann nur, wie das Collegium, welches die Diktatur bekommen soll einzurichten, und von wem deßen Mitglieder zu wählen sind. Die kleinste Zahl von Mitgliedern, welche ein Collegium überhaupt haben kann, also drei, scheint die wünschenswertheste, weil sie sich am möglich wenigsten von der büreaukratischen Einheit entfernt und also dem Zwecke der Sicherung relativ die meiste Garantie bietet. Oestreich, Preußen, und die übrigen Bundesgenoßen curiatim würden je ein Mitglied stellen, das letztere wäre entweder in dem engeren Rathe der Bundesversammlung oder durch alle Bundesgenoßen mit Ausnahme von Oestreich und Preußen zu wählen, obwohl die letztere Wahlform schleppend und den Mittelstaaten nicht günstig wäre. Die Wahl müßte auf die vier Könige8 beschränkt sein. Ja man könnte sogar zugeben, daß Oestreich und Preußen durch das Loos den dritten Theilhaber der Diktatur aus den Königen auswählen.* Diese Einrichtung entspräche ziemlich dem Verhältniße der deutschen Bevölkerung angenommen, daß Oestreich 1/3, Preußen 1/3 und die übrigen Bundesgenoßen zusammen 1/3 jener Bevölkerung ausmachten, und sie trüge dem Machtverhältniße von Oestreich und Preußen am meisten Rechnung. Das dritte Mitglied lediglich durch die vier Könige wählen zu laßen würde zu großem Neid und Widerstand bei den kleineren Bundesgenoßen führen9. Im Ganzen schließe ich mich hinsichtlich der Bildung dieser Trias dem Vorschlage an, welcher in der Broschüre: „Ueber die Centralgewalt in Deutschland, Hannover 1860.“10 Seite 9 gemacht ist.** Doch würde ich ihn folgendermaßen formuliren: „Für außergewöhnliche Ereigniße und Kriegs-Gefahren übernimmt eine Bundes-Centralgewalt die Bundes-Gewalt. Ihr Eintritt wird in jedem einzelnen Falle durch den engeren Rath der Bundesversammlung mit absoluter Mehrheit beschloßen. Jedes Bundes* Es ist mir durchaus nicht erinnerlich, daß Graf Platen mir diesen Passus vorgelesen hätte – ich glaube, daß er ihn übersprungen hat. (Bemerkung ad L. No 80 von Freyherrn v. Perglas.) ** Die Broschüre ist eingesendet mit Depesche L. No 55. (Bemerkung von Frhr Perglas.)

8 Die Könige von Bayern, Sachsen, Hannover und Württemberg. 9 Emendiert aus Vorlage: finden. 10 Ueber die Centralgewalt in Deutschland. Hannover 1860. Druck von August Grimpe, 15 S. Verfasser der Schrift war der hannoversche Leutnant Eduard Grote (1811–1883); NDB, Bd. 24, S. 543. – In der Vorlage ist als Erscheinungsjahr der Schrift irrtümlich das Jahr 1850 angegeben.

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glied hat das Recht auf ihren Eintritt anzutragen und spätestens 8 Tage nach dem Antrage muß über ihn abgestimmt sein. Jene Central-Gewalt soll bestehen aus dem Kaiser von Oestreich, dem Könige von Preußen, und einem Könige der vier übrigen Königreiche. Das letzte Mitglied wird durch absolute Mehrheit im engeren Rathe in derselben Sitzung gewählt, wo über den Antrag auf Eintritt der Central-Gewalt abgestimmt wird. Die Mitglieder der Central-Gewalt laßen sich durch volljährige Prinzen eines der fürstlichen Häuser vertreten, welche in den Bundesstaaten regieren; doch müßen die Vertreter mit unbedingten Vollmachten versehen sein. Die Central-Gewalt hat ihren Sitz zu Frankfurt a/M. Doch kann sie ihren Sitz in eine andere Stadt, welche in der Mitte Deutschlands liegt verlegen, wenn die Umstände es verlangen. Die Form, in welcher die Central-Gewalt ihre Gewalt ausübt, ist die collegialische Berathung und der Beschlüße nach Majorität. Jedes Mitglied hat das Recht sich zum Zwecke der Bearbeitung der Gegenstände und der Relationen einige Referenten zu bestellen, welche als Beisitzer ohne Votum im Collegium sitzen dürfen. Sie sind commißarisch aus den Behörden der Bundesstaaten der respektiven Mitglieder der Centralbehörde zu entnehmen, verbleiben in dem Dienste und dem Gehalte jener Staaten, während ihrer commißarischen Stellung, erhalten Diäten aus der Bundeskaße, kehren nach Aufheben ihres Commißoriums in ihre Dienststellen zurück, sind aber während des Commißoriums nur der Central-Gewalt zu Dienst verpflichtet. Auch das übrige Personal, welches die Central-Gewalt braucht ist auf dieselbe Weise den respektiven Bundesstaaten zu entnehmen. Von dem Augenblick an, wo von der Bundesversammlung der Eintritt der Centralgewalt beschloßen, und das dritte Mitglied gewählt ist gehen alle politischen Befugniße des Bundes, namentlich das Recht des Krieges und des Friedens, die Bestimmung über das Bundesheer und deßen Verwendung auf sie über. Die Centralgewalt besitzt aber keine Befugniß, die Bundesgrundgesetze aufzuheben oder abzuändern. Die Bundesversammlung ist nicht aufgehoben mit dem Eintritte der Centralgewalt, sondern ihre Thätigkeit ruht nur inmittelst, und die Gesandten vermitteln den Verkehr zwischen den Bundesstaaten und der Centralgewalt. Jedes Bundesglied besitzt das Recht einen Antrag darauf zu richten, daß die Thätigkeit der Centralgewalt aufhöre und die regelmäßige Thätigkeit der Bundesversammlung wieder anfange. Zu diesem Zwecke treten die Bundestags-Gesandten entweder in Frankfurt oder am Sitz der Centralgewalt zusammen und beschließen über jenen Antrag im engeren Rathe nach absoluter Stimmenmehrheit.

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Stimmt die Majorität im engeren Rathe für das Aufhören der Centralgewalt, so ist diese in dem Augenblick aufgelöst, wo der Beschluß der Bundesversammlung ihr gehörig zugegangen und keine andere Zeit des Aufhörens in demselben bestimmt worden ist.“ Die vornehmlichsten Verschiedenheiten meiner unmaßgeblichen Formulirung von derjenigen in jener erwähnten Broschüre bestehen darin:11 Erstens schien es mir zweckdienlich, wenn die collegialische Behandlung der Geschäfte in der Centralgewalt bestimmt ausgesprochen würde, damit nicht ein Geschäftsgang einriße, wonach die Mitglieder der Centralgewalt nicht gehörig zusammenkämen und deliberirten, und namentlich das dritte Mitglied nicht gehörig zur Berathung und Thätigkeit gelangte, vielleicht sogar von Hofe zu Hofe geführt würde. Zweitens muß verhütet werden, daß es nicht geht wie im Jahre 1848 und 1850, wo die Bundesversammlung aufgehoben wurde, und dann Niemand vorhanden war, der sie wieder zusammenrufen und zur Thätigkeit bringen konnte. Preußen, und andere Feinde des Bundes würden gewiß frohlocken wenn das grundgesetzliche Bundesorgan durch Errichtung einer Central-Gewalt aufgehoben würde, und dann wie 1850 Grund dazu vorhanden wäre, zu bestreiten, daß die Bundesversammlung überhaupt rechtlich noch existire, und wieder berufen werden dürfe. Im Jahre 1850 halfen einige Fiktionen des Fürsten Schwarzenberg, und schließlich erzwang man mit Gewalt, daß Preußen die Bundesversammlung wieder anerkannte, ob ihre Restauration wieder gelingen würde, wenn sie einmal beseitigt wäre, möchte sehr problematisch sein. Drittens muß verhütet werden, daß die Central-Gewalt nicht die Gestalt einer Staatsgewalt mit einem Ministerium bekömmt; ihr läge der Zusatz eines Parlamentes und Minister-Verantwortlichkeit zu nahe. Die collegialische Form der Centralgewalt selbst und ihrer Beschäftigung, ferner die Art und Weise, wie ich ihre Gehülfen gebildet habe, bezwecken diese Richtung zu verhindern, sowie anderseits kein Personal entstehen zu laßen, das für regelmäßige und ruhige Zeiten lästig wird. Wenn es gelänge eine solche außerordentliche Diktatur herzustellen so wäre nach meiner geringen Ansicht etwas Bedeutendes erreicht. Zunächst würde damit jenes kaum leugbare Bedürfniß einer stärkeren Einheit der exekutiven Mittel des Bundes so gut als eine Föderation es erlaubt, befriedigt. Man machte ferner dem Begehren eine Conceßion, das alle Parteien von ganz Deutschland theilen, nämlich Anstalten zu besitzen, welche beßeren Schutz nach Außen versprechen, als die gegenwärtigen. Auch wäre damit das preußische Bestreben paralysirt, welches die größere Einheit außerhalb des Bundes und in seiner Allein-Hegemonie sucht; Preußen selbst würde dadurch wieder 11 Emendiert. In der Vorlage steht statt des Doppelpunktes nur ein Punkt.

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in den Bundesweg getrieben. Ferner opferten die Mittelstaaten bey dieser Art von Central-Gewalt ungleich weniger, als sie bei jeder anderen Form der Concentration zu fürchten haben, – und in der nächsten Kriegs-Gefahr werden sie schwerlich umhin können einer dieser Formen sich zu unterwerfen, denn der Bund und ihre jetzige Theilnahme an der Bundesgewalt bliebe dann für die regelmäßigen Zeiten bestehen, und in den außergewöhnlichen participirten sie doch einigermaßen an der Diktatur. Endlich würde in der Entstehung einer solchen Centralgewalt und deren Thätigkeit gewißermaßen von selbst die Lösung der Streitfragen (z. B. Bundesfeldherrn-Frage) liegen, über welche gegenwärtig zwischen den Bundesstaaten gehadert wird, und welche die größte Gefahr im Augenblicke eines ausbrechenden Krieges bringen können. Doch muß man wohl für sehr zweifelhaft halten, ob ein Antrag auf Errichtung einer solchen Centralgewalt, gestellt in der Bundesversammlung durchgeht und zum Beschluß erhoben wird. Daß Oestreich aus sich selbst dagegen wäre, glaube ich nicht, denn dieses muß Kräftigung der Bundesanstalt wünschen, und außerdem garantirt ihm jene Einrichtung seine Stellung im Bunde, welche durch die gegenwärtige preußische Richtung angegriffen wird. Dagegen fürchte ich, daß Preußen sich bestreben wird einen solchen Beschluß zu hindern. Denn seine gegenwärtige Tendenz geht dahin, nichts am Bund entstehen zu laßen, was diesen befestigt und kräftigt, und was Oestreichs Stellung im Bunde verlängert. Wenn es auch nicht wagen wird direkt gegen die Einrichtung einer solchen Centralgewalt aufzutreten, so wird es sich wahrscheinlich hinter seine kleinen deutschen Satelliten stecken und auf diese Weise eine Einrichtung vereiteln, die nur durch Stimmeneinhelligkeit entstehen kann. Auch Dänemark wird ohne Zweifel zu verhindern suchen, daß Deutschland durch eine Diktatur erstarke. Indeßen auch angenommen, daß beym Bunde die Stimmeneinhelligkeit nicht erreicht wird, so hätte doch der gestellte Antrag an sich schon seinen Nutzen. Jetzt wird dem Bunde der harte und nicht ganz unrichtige Vorwurf gemacht, daß seine Einrichtung nicht die gehörige Garantie für Kriegsgefahren bietet12; den deutschen Regierungen wirft man vor, daß sie nichts dafür thun Anstalten gegen die Gefahren herzustellen – und auf beide Vorwürfe basiren Preußen und der Nationalverein ihre Machinationen. Diejenigen Regierungen, welche den Antrag auf Herstellung einer solchen Centralgewalt stellen, zeigen, daß sie das Opfer bringen wollen, welches in dieser Einrichtung liegt, und sie wälzen jene Vorwürfe vom Bunde und von sich auf diejenigen zurück, welche die Errichtung der Anstalt verhindern. Deßhalb möchte ich dafür sein, daß Hannover einen solchen Antrag mit den anderen Königreichen und was noch anschließen will, vereinbare, und ihn ge12 Emendiert. Vorlage: bieten.

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meinsam mit ihnen stelle. Die demnächstige Conferenz, welche Minister Beust beabsichtigt, könnte zur Vereinbarung benützt werden. Doch glaube ich nicht, daß man bei der Sorge für größere Einheit und Concentration des Bundesganzen stehen bleiben darf; man muß auch in kleineren Kreisen, um so zu sagen, im eigenen Hause jenen Zweck der größeren und schärferen Einheit verfolgen. Die gemischten Armeecorps, zu denen das X. gehört13, leiden durch ihre Natur an gehöriger Gleichförmigkeit und einheitlicher Gewohnheit. Sie sind ferner, weil sie aus den Contingenten mehrerer und zum Theile kleinerer Kriegsherrn bestehen, und in Friedenszeiten nur einmal ausnahmsweise bey Zusammenziehungen äußere Verbindung haben, sehr stark den preußischen Bemühungen ausgesetzt, den Corpsverband zu sprengen und die einzelnen Contingente der preußischen Armee einzuverleiben. Es scheint mir zweckmäßig, wenn beyde Gefahren in das Auge gefaßt und Gegenmittel gesucht werden. Als eines der am nächsten liegenden Gegenmittel erscheint mir die Beibehaltung des Korpskommandanten und seines Generalstabes auch in der Zeit des Friedens, und wenn das Corps nicht zusammengezogen ist. Durch diese Einrichtung bleibt dauernd die Eigenschaft der zum Corps gehörigen Contingente als Bundescorps äußerlich repräsentirt; und indem diese Idee der Zusammengehörigkeit genährt und gestärkt wird, erschwert sie die ablösenden Absichten und Manipulationen Preußens und wirkt auf die Truppen selbst, sich als Einheit zu betrachten. Der Corpskommandant wird ferner durch diese Einrichtung in den Stand gesetzt, sich mit den Truppen, welche er nachher im Felde kommandiren soll, vertraut zu machen, ihren Geist und die Beschaffenheit des Offizierkorps, sowie ihre Mängel und Fehler kennen zu lernen. Er vermag, auf einheitlichem Standpunkte stehend und von ihm ausgehend, den Zweck der Gleichförmigkeit in Waffen, Munition, Reglement u.s.w. stetig und systematisch zu betreiben, und auf Abstellung von Mängeln hinzuwirken. Das Corps dürfte, nach meiner unmaßgeblichen Meinung durch längere Fortsetzung einer solchen Einrichtung sehr an Einheit und Schlagfertigkeit gewinnen. Auch könnte bei unruhigen Zuständen in den Ländern, wenn solche wie 1848 wiederkehren sollten, leicht gemeinsame Handlung der Staaten des 10ten Armee-Corps an das Vorhandensein des Commandanten geknüpft werden. Natürlich würde jene Maßregel wenig fruchten, wenn man den Corps-Kommandanten als Titulair-Befehlshaber an die Spitze stellte, ohne ein gehöriges 13 Nach der Bundeskriegsverfassung von 1822 bestand das Bundesherr aus je drei österreichischen und preußischen Korps, einem bayerischen Korps sowie drei gemischten Korps. Das zehnte Korps setzte sich zusammen aus Truppen aus Hannover, Holstein (und Lauenburg), Braunschweig, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Waldeck, LippeSchaumburg, Lippe-Detmold, Lübeck, Bremen und Hamburg. Vgl. die Übersichten bei Angelow, Von Wien nach Königgrätz, S. 324–329.

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Maß von Berechtigung, das seine concentrirende Einwirkung sichert. Das Minimum, was ihm nach meiner unmaßgeblichen Ansicht gewährt werden müßte wäre: Ernennung seines Generalstabes; das Inspectionsrecht; das Kommando bey statthabenden Manövern; das Recht den respektiven Kriegsherrn Verbeßerungs-Vorschläge in Bezug auf alle militärischen Angelegenheiten zu machen;14 [das] Recht bei allen Veränderungen in der Organisation, Bewaffnung, Bekleidung pp der Contingente vorher mit seinem Gutachten gehört [zu] werden; [das] Recht Officiere, welche sich besonders auszeichnen der betreffenden Regierung zu empfehlen. Da die Wahl des Corps-Commandanten sowohl nach der Bundeskriegs-Verfaßung als nach der Corps-Akte des 10ten Armeecorps nur auf den Kriegsfall berechnet ist, zu dem nach besonderer Concretion beim 10ten Armee-Corps noch der Fall der Zusammenziehung des Corps kömmt, so kann die Anstellung des Kommandanten in Friedenszeiten nicht ohne besondere Convention der Kriegsherrn erfolgen, deren Truppen zum 10ten Armee-Corps gehören. Ob diese zu erreichen sein wird, das ist nicht mit Bestimmtheit vorherzusagen. Dänemark sowie die Hansestädte werden wahrscheinlich nicht geneigt sein, die letzteren nicht, weil sie Preußen anhängen, namentlich Lübeck und Bremen. Indeßen muthmaßlich treten doch die meisten der zum Corps gehörigen Staaten bey, und es dürfte nützlich sein, doch ohne jene sich-ausschließenden die Einrichtung des Commandanten in Friedenszeiten zu treffen, um die Vortheile der größeren Einheit und Bereitheit des Corps herbeizuführen. Hindern können jene sich-ausschließenden Staaten die Neuerung nicht, wenn sie so formulirt wird, daß sie neben der Corps-Akte läuft, folglich diese nicht abändert. Das Alternat in der Wahl des Corps-Commandanten, welches zwischen den zwey Divisionen des 10ten Armee-Corps Statt findet wird freilich nicht zulaßen, daß die Wahl des Corps-Commandanten für immer an Hannover überlaßen wird.15 Wenn man in der Convention aber nur erreicht, daß der CorpsCommandant für einige Jahre durch Hannover gestellt wird, so hat man ihn für die Zeit der Gefahr, welche jetzt zunächst von Frankreich her droht, und das Weitere findet sich dann. Bleibt das Institut der Corps-Commandanten bestehen, so finden sich dann immer wieder Mittel Hannover die Wahl zuzuwenden. Sollte das Projekt des Corpscommandanten in Friedenszeiten Billigung finden und verfolgt werden, so würde es wohl den Regierungen darzulegen und auf Zusammenberufung einer Conferenz von Militärbevollmächtigten anzu14 Emendiert. In der Vorlage steht statt des Semikolons ein Komma. 15 Die erste Division des X. Bundesarmeekorps wurde gebildet von den Truppen Hannovers und Braunschweigs, die zweite Division aus den Kontingenten aller übrigen Staaten. Vgl. Angelow, Von Wien nach Königgrätz, S. 327.

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tragen sein, um das Nähere festzustellen. In einer solchen Conferenz kömmt man wohl eher überein, als durch Correspondenz mit den Regierungen.

50. Schrenk an Gise HStA Dresden, 10 717, Nr. 933, fol. 163–166. Depesche. Abschrift. Vermerk auf der ersten Seite: „Durch den k. bayerischen Minister-Residenten, Herrn Freiherrn von Gise br. m. mitgetheilt am 1. Juni 1860“.

Schrenk lehnt die von Beust angeregte Ministerkonferenz der Mittelstaaten ab. Es gibt derzeit keinen Anlaß zu näherer Besprechung der von Beust genannten Beratungsgegenstände. Von Reformversuchen soll zur Zeit abgesehen werden, da davon schwerlich Erfolge zu erwarten sind. In der gegenwärtigen europäischen Situation sind demonstrative Schritte zu vermeiden, weil sie kontraproduktiv sein würden.

München, 28. Mai 1860 Hochwohlgeborner Freiherr! Der k. sächs. Min. Resident Leg. Rath von Bose hat mir Depeschen mitzutheilen die Güte gehabt, welche der k. sächsische Staatsminister des Aeußern unterm 5. und 12. lfd. M. an ihn erlassen und in welchen der genannte Herr St. Minister des Näheren ausgeführt hat, daß und aus welchen Gründen er den baldigen Zusammentritt einer abermaligen Conferenz der Minister der deutschen Mittelstaaten für wünschenswerth erachtet.1 Hr. Leg. Rath von Bose hat, erhaltenem Auftrage gemäß, an diese Mittheilung das Ansuchen um Kundgabe der diesseitigen Ansicht über die angeregte Frage geknüpft, und ich habe mich beeilt, die lichtvollen Ausführungen des Hrn. St. M. Freiherrn von Beust S. M. dem Könige, u. a. H.2 zu unterbreiten, sehe mich aber nunmehr, auf Grund erhaltenen allerhöchsten Befehls, in der Lage, Ew. pp. Nachstehendes zu eröffnen. Freih. von Beust hat seinen Erlaß an den k. Leg. Rath Herrn v. Bose v. 5. d. mit der allgemeinen Bemerkung eingeleitet, daß ohne dringende Veranlassung Zusammenkünfte der fraglichen Art, besser unterbleiben dürften, in der weiteren Ausführung aber auseinandergesetzt, wie die Zeitumstände seiner Ansicht nach gegenwärtig so beschaffen seien, daß die für eine mündliche Berathung sprechenden Gründe die Besorgnisse überwiegen, welche sich an die Abhaltung einer Conferenz knüpfen könnten. Es hat Derselbe sodann die kurhessi1 Siehe Dok. 44 und 46. 2 Abkürzung für: unserm allergnädigsten Herrn.

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sche Verfassungsangelegenheit, – die Revision der Bundeskriegsverfassung, – die Förderung der in Folge der würzburger Conferenz bereits in der Bundesversammlung gestellten Anträge, und endlich die allgemeine Situation in Deutschland, wie die bezüglich derselben einzunehmende gemeinsame Haltung und desfalls wahrscheinlich von der einen oder der andern Seite zu gewärtigenden Vorschläge, – als die zu demnächstiger Berathung geeigneten Gegenstände bezeichnet, sich indessen die Anmerkung weiteren Stoffes noch vorbehalten. Wir stimmen nun vollkommen den Aeußerungen des Fh. von Beust, über den Ernst der gegenwärtigen Lage der Dinge in Deutschland bei und sind mit ihm von der Ueberzeugung durchdrungen, daß ein festes Zusammenhalten der durch Gemeinsamkeit der Interessen zu gleichmäßiger Haltung berufenen Bundesstaaten die sicherste Bürgschaft für Aufrechthaltung des bedrohten Rechtsbestandes des Bundes zu bieten vermöge; wir theilen aber auch die Ansicht, daß Zusammenkünfte, wie die in Frage gestellte, ohne dringende Veranlassung besser unterbleiben, und haben deshalb, gerade an [sic] der Gefahr der gegenwärtigen allgemeinen Situation eine umso unabweisbarere Mahnung gefunden, es der sorgsamsten allgemeinen Erwägung zu unterstellen, ob die Veranstaltung einer Ministerconferenz zur Zeit als geboten, ob sie als wünschenswerth erscheine, oder aber ob nicht die entgegenstehenden Bedenken, welche Frh. von Beust in der Depesche vom 5. d. selbst bereits angedeutet hat, vorerst wenigstens eine überwiegende Bedeutung beanspruchen? Wir bedauern es aufrichtig, hiebei zu einem Resultate gelangt zu sein, welches den Wünschen des k. sächs. Herrn Staatsministers nicht entsprechen wird, hoffen indessen, daß eine kurze Darlegung der uns bestimmenden Gründe Denselben mindestens davon überzeugen werde, daß unsere Auffassung der Berechtigung nicht entbehre. Wir haben uns nämlich zunächst die Frage gestellt, ob die als Berathungsgegenstände in Aussicht genommenen speciellen Angelegenheiten zur Zeit einer näheren Besprechung und der Einigung zu bestimmten Vorschritten bedürfen, hiezu aber einen dringenden Anlaß nicht wahrzunehmen vermocht. Denn was zunächst die kurhessische Verfassungssache betrifft, so ist dem BBeschlusse3 vom 24. März l. J.4 von Seite der kurh. Regierung bisher noch keine Folge gegeben worden, es ist demnach noch nicht bekannt, wie sie den3 Abkürzung für: Bundesbeschlusse. 4 Mit dem Bundesbeschluß vom 24. März 1860, der unter anderem ohne die Zustimmung Preußens gefaßt worden war, hatte die Bundesversammlung die von der kurhessischen Regierung beabsichtigte Änderung der Verfassung von 1852 ohne die Zustimmung der kurhessischen Landstände verworfen und es abgelehnt, für die vom Kurfürsten beabsichtigte Verfassungsänderung eine Bundesgarantie zu erteilen; ProtDBV 1860, S. 157–170; siehe oben Dok. 43, Anm. 3.

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selben schließlich vollziehen, ob sie namentlich für die zu erlassende Verfassung sofort die Garantie des Bundes verlangen oder etwa vorerst mit ihren Ständen noch Verhandlungen pflegen werde und es will uns scheinen, daß es demgemäß dermalen an einer Grundlage zur Erörterung dieser Angelegenheit oder wenigstens zu einer Einigung über das ferner einzuhaltende Verfahren bezüglich derselben mangle. Das Gleiche scheint uns sodann auch hinsichtlich der Revision der Bundeskriegsverfassung der Fall zu sein. Die Regierungen, welche im verflossenen Herbst an den Conferenzen in Würzburg Antheil nahmen, haben ihre Ansicht über diese Frage bereits in der Bundesversammlung kundgegeben5; es herrscht unter denselben fast allseitig Uebereinstimmung darüber, daß dem von Preussen gestellten Antrage auf Zweitheilung des Bundesheeres und des Oberbefehls über dasselbe6 nicht beigestimmt werden könne, und auch über den durch die preußische Circulardepesche vom 12. v. M.7 veranlaßten würtembergischen Vorschlag ist unsres Wissens auf dem Wege der Correspondenz bereits im Wesentlichen Einverständniß erzielt. 5 In der Bundestagssitzung vom 20. Oktober 1859, siehe Dok. 27. 6 In der Bundestagssitzung vom 23. Februar 1860 hatte der Ausschuß für Militärangelegenheiten über den Gang der Beratungen über die Revision der Bundeskriegsverfassung berichtet. Die preußische Regierung hatte in der damit befaßten Bundesmilitärkommission am 4. Januar 1860 eine ausführliche Erklärung zu Protokoll gegeben. Demnach sah die preußische Regierung einige Grundbestimmungen der Bundeskriegsverfassung als „praktisch unausführbar“ an, weil sie „den realen Verhältnissen“ nicht entsprächen. Insbesondere bezog sich Preußen auf die Bestimmungen der „Allgemeinen Umrisse der Kriegsverfassung des Deutschen Bundes“, wonach das Bundesheer im Kriegsfall als „ein Heer“ aufgestellt und „von einem Feldherrn“ befehligt werden sollte, sowie ferner, daß der Oberfeldherr vom Bund gewählt, von ihm vereidigt und ihm persönlich verantwortlich sein sollte. Preußen hielt es für „nicht denkbar“, daß „jemals einer der Souveraine der deutschen Großstaaten“ sich in ein derartiges Abhängigkeitsverhältnis gegenüber dem Bund oder der Gesamtheit der Bundesfürsten begeben werde. Zudem bedingten „die Größe der Heeresmassen und der Umstand, daß dieselben im großen Kriege auf verschiedenen Kriegstheatern zu kämpfen berufen sind“, die Teilung des Bundesheers und die „doppelte Leitung“. Preußen beantragte, diese Grundsätze zur Leitlinie der Verhandlungen in der Militärkommission über die Revision der Bundeskriegsverfassung zu machen. Die Mehrheit in der Militärkommisison lehnte dies ab, weil bisher „die Allgemeinen Grundrisse der Kriegsverfassung als feststehend betrachtet worden seyen, und nur unter dieser Voraussetzung eine Revision der Näheren Bestimmungen möglich wäre“. In der Bundesversammlung kam man am 23. Februar 1860 zu dem vorläufigen Kompromiß, daß die Bundesmilitärkommission über die preußische Anregung „ein auf rein militärischen Gesichtspunkten ruhendes Gutachten“ erstatten solle, während der Bundestagsausschuß für Militärangelegeneiten beauftragt wurde, nach dem Erhalt dieses technischen Gutachtens „die bundesrechtliche und politische Würdigung jener Anträge“ vorzunehmen. Siehe ProtDBV 1860, § 75, S. 115–121, Zitate S. 115–117, 121; vgl. Angelow, Von Wien nach Königgrätz, S. 227–230; Keul, Die Bundesmilitärkommission, S. 127 ff. 7 Schleinitz an die preußischen Missionen bei den deutschen Höfen, Berlin, 12. April 1860, in: Die auswärtige Politik Preußens, Bd. 2/1, Nr. 136, S. 301–306.

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Wie sich die Majorität des Militairausschusses in dem vor ihr zu erstattenden Vortrage über den gedachten preußischen Antrag aussprechen werde, steht wol [sic] außer Zweifel und es könnte sonach unsers Dafürhaltens erst dann zu weiterer Besprechung dieser Sache Anlaß gegeben sein, wenn bekannt sein wird, welche Haltung die Minorität des Ausschusses und die dieselbe bildenden Regierungen dem Ausschußantrage und dem zu fassenden Beschlusse gegenüber einzunehmen gedenken. Zur Zeit bestehen desfalls nur Voraussetzungen welche, so begründet dieselben auch sein mögen, doch nicht wohl die Grundlage einer förmlichen Erörterung und Vereinbarung bilden könnten. Zur Förderung der in Folge der Würzburger Conferenz in die Bundesversammlung eingebrachten Anträge wird es endlich, insoweit eine solche zur Zeit erreichbar ist, genügen, wenn die betreffenden Regierungen ihre Gesandten desfalls mit entsprechenden Weisungen versehen wollen. Wir verkennen hierbei allerdings nicht, daß diese speciellen Angelegenheiten im innersten Zusammenhange mit der gegenwärtigen allgemeinen Sachlage in Deutschland und mit den Bundesverhältnissen stehen und diese sind es wol [sic] zunächst, welche den Gedanken an Veranstaltung einer MinisterConferenz hervorgerufen haben, und den wichtigsten Stoff der Besprechung zu bilden hätten. Es sollte in dieser Beziehung eine Verständigung über die der ganzen Situation und gewissen Eventualitäten gegenüber einzunehmende gleichmäßige Haltung angebahnt werden und es sind in dieser Beziehung verschiedene Vorschläge in Aussicht gestellt, welche namentlich auch dahin gerichtet wären, die politische und militairische Einheit Deutschlands mehr sicher zu stellen. Unseres Dafürhaltens gebietet die augenblickliche Situation vor Allem dahin zu streben, daß die Bundesverfassung unversehrt aufrecht erhalten werde, hieraus aber würde sich die, den entgegengesetzten Bestrebungen gegenüber, einzunehmende Haltung von selbst ergeben, dann aber auch weiter folgen, daß zur Zeit von Reformversuchen um so füglicher abzusehen sein möchte, als solche ja schwerlich Erfolge versprechen; dessenungeachtet würden wir indessen die Theilnahme an Berathung der in Aussicht gestellten Vorschläge nicht ablehnen, aber wir würden es dabei als eine in mancher Beziehung unerläßliche Vorbedingung erachten, daß diese Vorschläge im voraus bekannt gegeben werden; denn nur unter dieser Voraussetzung könnte unserer Ansicht nach eine Berathung deren Theilnehmer, wie in der Depesche vom 5. Mai ausdrücklich hervorgehoben ist, mit Instructionen versehen in Verhandlung zu treten hätten, zu Ergebnissen führen. Es scheinen uns demgemäß die zur Berathung ausgesetzten Gegenstände theils zur Zeit eben einer Besprechung nicht dringend zu bedürfen, theils für eine solche noch nicht zureichend vorbereitet zu sein.

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Hiezu tritt nun aber noch die weitere gewichtige Erwägung, daß angesichts der bestehenden europäischen Verwicklungen jeder Tag Gefahren zu bringen vermag, welchen nur durch allseitiges opferbereites Zusammenwirken aller deutschen Staaten begegnet werden könnte, wonach es uns eine heilige Pflicht des Augenblicks zu sein scheint, alles zu vermeiden, was die leider im Uebermaß bereits bestehenden Mißstimmungen steigern, den Riß vergrößern könnte, der die deutschen Staaten zu spalten droht. Freiherr von Beust hat zwar in der Depesche v. 12. d. die k. sächs. Regierung ausdrücklich gegen die Tendenz, eine Demonstration herbeiführen zu wollen, verwahrt, aber er hat dabei dennoch nicht mißkannt, daß die Abhaltung einer Ministerconferenz im gegenwärtigen Augenblicke einen demonstrativen Charakter an sich tragen würde, und es lehrt die Erfahrung zur Genüge, daß demonstrative Schritte viel eher eine abstoßende Wirkung äußern, als daß sie Gegensätze vermitteln und zur Rückkehr von einer betretenen Bahn bestimmen. Deshalb halten wir es aber jetzt für geboten, einen Schritt zu vermeiden, welchen die Verhältnisse nicht dringend erheischen, der aber seiner demonstrativen Bedeutung wegen, in Anbetracht der allgemeinen Situation die Lage der Dinge in Deutschland leicht verschlimmern könnte, schwerlich aber zu deren Verbesserung Vieles beizutragen vermöchte. Nach reiflicher Ueberlegung finden wir uns aus diesen Erwägungen gedrungen, für den jetzigen Augenblick den gegen die sofortige Abhaltung einer Ministerconferenz sprechenden Gründen eine überwiegende Bedeutung beizulegen und indem ich der Hoffnung Raum geben, daß das Gewicht der uns hierbei leitenden Motive nicht werde mißkannt werden, beauftrage ich allerhöchstem Befehle gemäß Ew. pp. der k. sächs. Regierung von Vorstehendem Kenntniß zu geben. Genehmigen pp. (gez.) Frh. von Schrenk

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Hügel an Beust

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51. Hügel an Beust HStA München, MA 493/1. Vertrauliches Schreiben. Abschrift. Vermerk: „mitgetheilt durch Frhr. v. Soden1 den 3. Juni 1860“.

Hügel berichtet über die Zusammenkunft der Könige von Bayern und Württemberg am 31. Mai in Stuttgart. Auch in Württemberg hat man Bedenken gegen eine Ministerkonferenz der Mittelstaaten, weil dies ein demonstrativer Akt gegenüber dem Prinzregenten von Preußen wäre. Die Könige von Bayern und Württemberg schlagen vor, in den Mittelstaaten gemeinsame militärische Vorkehrungen gegen die von außen drohende Gefahr zu treffen. Darüber hinaus sollen sich die Regierungen über ein einheitliches Vorgehen gegen die „gefährlichen Bestrebungen der liberalen Partheien in Deutschland“ verständigen. Über dieses Thema wollen die Könige von Bayern und Württemberg mit dem Prinzregenten von Preußen bei sich bald ergebender Gelegenheit sprechen.

Vertraulich.

Stuttgart, 1. Juni 1860

Hochgeehrtester Freund! In Gemäßheit allerhöchsten Auftrages beeile ich mich, das Ergebniß der gestern zwischen dem Könige, meinem allergnädigsten Herrn, und des Königs von Bayern Majestät dahier stattgehabten Zusammenkunft vertraulich zu Ihrer Kenntniß mit der ergebensten Bitte zu bringen, mir in derselben Weise die Diesfallsigen Ansichten Seiner Majestät des Königs von Sachsen in Bälde gefälligst mittheilen zu wollen. Auch diesseits vermochte man sich den in dem Schreiben des kgl. bayer. Staats-Ministers Freiherrn v. Schrenk v. 28. v. Mts.2 näher entwickelten, von Eurer Excellenz indessen ebenfalls anerkannten Motiven nicht zu verschließen, welche dem Zusammentritte einer Minister-Conferenz der Mittelstaaten gerade in einem Augenblicke entgegentreten dürften, in welchem der Prinz Regent von Preußen nicht blos in der Thronrede Sich gegen die in der Kammer der Abgeordneten sowohl als vielleicht auch in einer Fraktion des Ministeriums selbst vertretenen, gegen die Souveränitäts-Rechte der Mittelstaaten gerichteten Tendenzen ausgesprochen, sondern auch durch persönliche Schritte den Wunsch kundgegeben hatte, eine Beseitigung der gerechten Mißstimmung der Regierungen der Mittelstaaten möglichst zu erzielen, wozu die Vorgänge im Verlaufe der letzten Zeit in Berlin Anlaß gegeben hatten. Deßhalb pflichtete, wie gesagt, auch die k. Regierung der Ansicht bei, daß es ein politischer Fehler gewesen wäre, ohne den Gegenbeweis aufrichtiger Absicht abzuwarten, die schon so schwierige den Partheibestrebungen in Preußen gegenüber eingenommene Stellung des Prinz Regenten durch einen Akt von immerhin demonstrativem Charakter noch mehr zu gefährden. 1 Oskar Freiherr von Soden (1831–1906), 1868–1906 württembergischer Gesandter in München; NDB, Bd. 24, S. 523; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 424. 2 Siehe Dok. 50.

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Stuttgart, 1. Juni 1860

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Unter diesen Verhältnissen glauben aber die Könige von Württemberg und Bayern Sich um so mehr verpflichtet, die leider nur kurz zugemessene Zeit der stattgehabten Zusammenkunft dazu benützen zu müssen, um wenigstens in allgemeinen Umrissen eine Verständigung über die nothwendigsten, durch den Ernst des Augenblicks gebotenen Maßnahmen zu erzielen, indem Sich Ihre Majestäten der freudigen Hoffnung hingaben, daß Ihre Hohen Verbündeten, und insbesondere Seine Majestät der König von Sachsen Ihren Absichten Gerechtigkeit widerfahren laßen und Sich mit dem Ergebnisse der diesfallsigen Besprechung einverstanden erklären werden. Von der innigsten Ueberzeugung durchdrungen, daß der gefährlichste Feind der Regierungen der Mittelstaaten, welcher auch den gemäßigten Theil der Bevölkerung entweder der gothaischen Parthei, oder der National-Vertretung und durch sie consequenter Weise der Revolution zuführen müßte, in dem immer mehr um sich greifenden Gefühl der Hilflosigkeit zu suchen ist, in welchem die deutschen Volksstämme ihre Regierungen gegenüber den vom Auslande sowohl als auch in Folge revolutionärer Bewegungen im Inlande drohenden Gefahren befangen glauben, sahen Sich die beiden Majestäten veranlaßt, zum Zwecke der Abhilfe in diesen letzten Beziehungen Sich über nachstehende Vorschläge zu einigen. 1. Bezüglich der Deutschland von außen bedrohenden Gefahr erscheint es vor Allem räthlich, schon jetzt eventuell die erforderlichen militärischen Vorkehrungen zu treffen, um die Organisation der Streitkräfte der Mittelstaaten so weit zu fördern, daß sie im Falle eines voraussichtlichen Angriffes und eines deshalb vom Bunde ergehenden Aufgebotes in kürzester Zeit schlagfertig dastehen. Hiezu wäre insbesondere eine sofortige Designation der Commandanten der verschiedenen Bundescorps und ihrer Stäbe erforderlich, welche sich jetzt schon über das Vorhandensein der Pferde, Waffen und Munitionen, über die Vereinigungspunkte der combinirten Streitkräfte, über die Transportmittel, namentlich über Benützung der Eisenbahnen für Militärtransporte, kurz über alle eine rasche Concentrirung der Truppen der Mittelstaaten bedingenden Vorbereitungsmaßregeln in fortlaufende Communication untereinander zu setzen hätten. Um eine so bewerkstelligte militärische Uebereinstimmung unter den Mittelstaaten zur Beruhigung der Gemüther mehr in die Augen fallend zu machen, wären die beiden Souveräne nicht abgeneigt, zeitweise Zusammenziehungen, wenn auch nur kleinerer Abtheilungen aus den verschiedenen Armee-Corps zu Maneuvres in ein gemeinschaftliches Lager zu veranlaßen. Selbstverständlich müßten die ebenerwähnten Maßnahmen auf dem Wege des Zusammentritts von Fachmännern erzielt werden. Aus dem Ergebniße dieser projectirten Vereinbarungen ein Geheimniß dem Prinz Regenten von Preußen gegenüber zu machen, erscheint den beiden Souveränen weder nothwendig noch auch räthlich, indem es auf glatter Hand liegen dürfte, daß, wie auch die

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Hügel an Beust

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Bundeskriegsverfassung und insbesondere die Oberfeldherrnfrage aus dem Revisionsstadium hervorgehen sollte, die Mittelstaaten in Folge solcher Verständigung einestheils im Falle eines Krieges an militärischem Werthe gewonnen und anderntheils aus oben angeführten Gründen zur Niederdrückung revolutionärer Tendenzen wesentlich beigetragen haben werden. Was sodann 2. die sehr gefährlichen Bestrebungen der liberalen Partheien in Deutschland und namentlich des manches republikanische Element in sich schließenden National-Vereins betrifft, so erschien es den beiden Souveränen dringend geboten, daß die Regierungen den gegen die bestehende Bundes-Verfassung gerichteten Tendenzen ihre volle Aufmerksamkeit unverrückt zuzuwenden, und denselben mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln entgegenzutreten haben. Von der größten Wichtigkeit und für einen nachhaltigen Erfolg unabweislich nothwendig ist es aber, daß sich die Regierungen ganz genau über ein gleichmäßiges, je nach dem Grade der weiteren Entwickelung dieser Organisationen zu bemessendes Verfahren verständigen, insbesondere über diejenigen Maßregeln, welche gegen etwaige gesetzwidrige, gewaltsam gemachte Versuche zur Herbeiführung einer Volksvertretung am Bunde (Abhaltung von Volksversammlungen zu diesem Zwecke, Einberufung s. g. Vorparlamente u. dgl.) zu ergreifen wären. Auch in dieser und gerade in dieser Beziehung liegt es in der Absicht der Könige von Württemberg und Bayern, dem Prinz Regenten von der Nothwendigkeit zu sprechen, in welcher sich die Mittelstaaten befinden, Maßregeln zum Schutze ihrer Souveränitätsrechte, sowie für Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung im Allgemeinen, vorkommenden Falls eintreten zu laßen und glauben Allerhöchstdieselben um so mehr an Seine Königliche Hoheit die Frage stellen zu sollen, ob Sie hiemit Sich einverstanden erklären, und den etwa erforderlichen Maßnahmen Sich anschließen würden, als eine offen ausgesprochene Mißbilligung jener Bestrebungen Seitens des Preußischen Staats-Oberhauptes den Umtrieben der Gothaer Parthei, – welche auch durch die klaren Worte der Thronrede sich nicht abhalten läßt, in der öffentlichen Meinung wenigstens an eine passive Haltung der Preußischen Regierung gegenüber ihren Tendenzen glauben zu machen – sofort die Spitze abbrechen würde. Zu solchem offenen und directen Aussprechen mit dem Prinz Regenten wird sich voraussichtlich in ganz kurzer Zeit eine willkommene Gelegenheit darbieten, und zwar noch ehe es den Regierungen der Mittelstaaten wird möglich gewesen sein, sich über die militärischen sowohl als auch Sicherheitsmaßregeln gegen das Treiben der Partheien in allen Details zu verständigen, da schon der Formulirung der Vorschläge Berathungen mit den Ministerien des Krieges, des Innern und der Justiz in den betreffenden Staaten werden vorausgehen müssen. Allein eine solche Detail-Mittheilung an den Prinz Regenten dürfte zum Zwecke einer an Seine

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Stuttgart, 2. Juni 1860

Königliche Hoheit bezüglich der Seitens Preußens dem bezeichneten Partheitreiben gegenüber beabsichtigten Haltung zu stellenden Anfrage weder nothwendig noch vorerst rathsam erscheinen. Jedenfalls glaube ich annehmen zu dürfen, daß man sich hier sowohl als auch in München mit der Abfassung der betreffenden Detail-Vorschläge unverzüglich befassen werde, und indem ich mich der angenehmen Hoffnung hingebe, daß auch ein Gleiches Seitens der kgl. Sächsischen Regierung stattfinden werde, bin ich gerne bereit, im Falle Sie es als der schnelleren Verständigung zwischen unseren beiderseitigen Höfen förderlich erachten sollten, nach der in nächster Zeit wahrscheinlich erfolgenden Abreise des Königs, meines gnädigsten Herrn von hier, Höchstwelcher hiezu Seine Einwilligung eventuell zu ertheilen geruht hat, unter dem Vorwande, meine Familie in und in der Umgegend Dresdens zu besuchen, die diesseitigen Punktationen selbst zu überbringen. – Der Staatsminister Freiherr von Schrenk wird, wie ich aus den Worten Seiner Majestät des Königs von Bayern entnehmen zu können glaubte, die nöthigen Schritte schriftlich oder durch Absendung einer Vertrauensperson bei der Königlich Hannöverischen Regierung zu übernehmen die Gefälligkeit haben. Empfangen Sie, hochgeehrtester Freund, auch bei diesem Anlaße den erneuerten Ausdruck der hochachtungsvollsten und freundschaftlichsten Gesinnungen Ihres ergebensten (gez.) Hügel

52. Reigersberg an Schrenk HStA München, MA 493/1. Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 3. Juni 1860.

Reigersberg berichtet über die Besprechungen zwischen den Königen von Bayern und Württemberg und Minister Hügel in Stuttgart. Die Könige stimmen überein, daß man der preußischen Regierung Vertrauen entgegenbringen muß und daß deshalb eine Ministerkonferenz der Mittelstaaten zur Zeit nicht ratsam ist. Gleichzeitig ist es notwendig, gegen die äußere Kriegsgefahr und die drohenden inneren Unruhen sofort feste Verabredungen zu treffen. Auch Hannover und Sachsen sollen zur Teilnahme an diesen Verabredungen eingeladen werden. Der Beitritt des Prinzregenten von Preußen soll bei der bevorstehenden Zusammenkunft in Baden erbeten werden.

No. 46.

Stuttgart, 2. Juni 1860

Eurer Excellenz habe ich mich beehrt, unterm 31t. vor. Mts. über den Aufenthalt I. Majestäten in Stuttgart zu berichten, und hiebei weitern Bericht über die Besprechungen

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Reigersberg an Schrenk

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Sr Maj. des Königs mit Sr Maj. dem Könige von Württemberg und dem Minister Fr. v. Hügel anzukündigen. Ich hielt es für nothwendig, um allen Mißverständnissen vorzubeugen, über diese Besprechungen eine kurze Punktation aufzuzeichnen, und diese dem Fh. v. Hügel mitzutheilen. Da Letztrer diese Aufschreibung vollständig korrekt und mit den Aeußerungen seines höchsten Herrn übereinstimmend fand, erlaube ich mir, sie in der Anlage zu überreichen.1 Freih. von Hügel hatte heute bereits eine Conferenz mit den Ministern des Innern u. des Kriegs bezüglich der Maßregeln bei eintretenden innern Unruhen, u. es hat namentlich der Kriegsminister sein vollstes Einverständniß ausgesprochen. I. Maj. die Könige von Bayern und Württemberg haben bei Ihren Besprechungen der gegenwärtigen Lage Sich in nachstehenden Gedanken einig befunden: I. Die Haltung Preussens, die noch vor wenigen Wochen zu ernsten Besorgnissen Anlaß bot, scheint in eine neue Bahn getreten zu seyn. Die Thronrede des Prinz-Regenten, im Zusammenhalte mit den Erklärungen des Frh. v. Schleinitz verkündet treues Festhalten am Bunde und unerschütterliche Treue für das gemeinsame Vaterland. Diese Erklärung aus dem Munde des Prinz-Regenten gegenüber den Vertretern des Landes muß mit Vertrauen aufgenommen und Alles vermieden werden, was das bisherige Mißtrauen neuerdings kund geben, u. das zu hoffende Vorgehn in der nunmehr proclamirten Politik erschweren, oder wohl gar unmöglich machen könnte. Zunächst aus diesem Grunde erscheint eine Conferenz der Mittelstaaten zur Zeit nicht rathsam. II. Hierdurch ist jedoch nicht ausgeschlossen, vielmehr als nothwendig anerkannt, für die Eventualitäten 1. einer Kriegs-Gefahr, und 2. drohende innere Unruhen sofort feste Verabredungen zu treffen, um in beiden Fällen rasch und gemeinsam – als Grundlage des Erfolgs – wirken zu können. Zu diesem Behufe wäre ad 1. nicht nur eine Basis für eine schleunig nothwendig werdende Zusammenziehung und Aufstellung der betreffenden Bundes-Contingente, für die Transportmittel, das Verpflegswesen pp. aufzustellen, sondern auch sogleich die Bezeichnung der Commando-Stellen, die Bildung der General-Stäbe zu 1 Die Punktation findet sich nicht in einer separaten Anlage, sondern folgt im Text des Berichts.

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beschäftigen [sic], unter allen Umständen aber eine Zusammenziehung von Truppen mehrer[er] Contigente zu gemeinsamen Uebungen sofort vorzubereiten, als den besten Anhaltspunkt zur Bemessung weiter etwa nöthiger Reformen in Betr. der Ausrüstung, Bewaffnung pp. ad 2. wäre[n], falls gleich den Vorgängen im J. 1848 Versuche zu allgemeiner Erhebung, zur Einberufung eines Vor-Parlaments u. dgl. gemacht werden sollten, bestimmte Verabredungen über ein gemeinsames rasches und energisches Entgegentreten von Seite aller Regierungen zu treffen, u. hiezu sogleich Vorarbeiten einzuleiten. III. Diese Verabredungen sollen nicht durch Conferenzen, sondern durch specielle Mittheilungen oder Abordnungen, bezüglich der militärischen Punkte durch Fachmänner, erfolgen, und sofort Württemberg in Dresden, Bayern in Hannover geeignete Mittheilung zum Beitritt machen. IV. Auch soll dem Prinz-Regenten bei der bevorstehenden Zusammenkunft in Baden von diesen Verabredungen Mittheilung gemacht u. dessen Beitritt erbeten werden. Auch hat er über diese Besprechungen der beiden Majestäten eine umfassende Note an Frh. v. Beust erlassen2, von welcher Frh. Soden eine Abschrift erhaltet, um sie Eurer Excellenz mitzutheilen. Genehmigen Eure Excellenz bei diesem Anlasse die erneute Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung, womit [v]erharrt Eurer Excellenz gehorsamster Diener G. Reigersberg

2 Gemeint ist der württembergische Minister Hügel, siehe Dok. 51.

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Julius Fröbel: Die Forderungen der deutschen Politik

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53. Julius Fröbel1 : Die Forderungen der deutschen Politik Julius Fröbel, Die Forderungen der deutschen Politik. Ein Brief an den Verfasser der Studien über das europäische Gleichgewicht. Frankfurt am Main 1860, Druck, 38 S.; Druck in leicht gekürzter Fassung in: Fröbel, Kleine Politische Schriften, Bd. 1, S. 335–373.

Politik kann nur von Staaten betrieben werden, nicht von Völkern bzw. Nationen im ethnographischen Sinne. Als einzelner Staat kann Preußen nur preußische, Österreich nur österreichische, Bayern nur bayerische Politik treiben. Eine deutsche Politik kann nur von Deutschland als Ganzem ausgehen, das heißt gegenwärtig nur vom Deutschen Bund. Nur der Bund ist dazu legitimiert, deutsche Politik zu betreiben. Alle anderen Wege führen nur zu Revolution und Gewalt. Eben durch den Deutschen Bund ist Deutschland ein politischer Begriff, seine Zerstörung wäre ein Verrat an der Nation. Der Bund muß erhalten und befestigt werden. Die äußere Politik muß in den Vordergrund gestellt werden, und der Deutsche Bund muß als eine Großmacht ersten Ranges auftreten. Der Bund muß sich zum Kern eines mitteleuropäischen Staatensystems machen, dann werden sich auch die inneren Angelegenheiten ordnen lassen. Es ist der Beruf der Mittel- und Kleinstaaten, die Nation mit dem Föderativsystem auszusöhnen, die Zerreißung Deutschlands in zwei Teile zu verhindern und in der inneren Politik bzw. dem bürgerlichen Leben Einigungsmaßregeln durchzuführen. Zwei Systeme kämpfen in Europa um die Herrschaft: der französische Imperialismus und der deutsche Föderalismus. In Deutschland stehen sich analog die Zentralisten und die Föderalisten gegenüber. Der Zentralismus ist der Demokratie entgegengesetzt. Demokratie im vernünftigen Sinne ist weder der Gegensatz zu Aristokratie oder Monarchie, sondern zum bürokratischen Zentralismus. Der Weg der kleindeutschen Partei führt in Zustände, aus denen nur ein Bonaparte retten kann. Deutschland hat im Osten und Westen je einen natürlichen Feind – Rußland und Frankreich. Um das Mißtrauen gegen den Bund zu überwinden, muß das Volk an den Arbeiten und Leistungen der Bundesbehörde beteiligt werden. Der Bundesversammlung sollte deshalb ein Volkshaus aus Abgeordneten der Kammern der Einzelstaaten an die Seite gestellt werden. Ferner müßte ein höchster Gerichtshof geschaffen werden. Damit wären die wesentlichsten Bedürfnisse einer Bundesreform befriedigt, eine vollziehende Zentralgewalt ist zur Zeit nicht unbedingt nötig, da sie die Gefahr der Hegemonie mit sich bringt. Die Bundesversammlung selbst ist schon eine Zentralgewalt, die gestärkt und besser organisiert werden muß.

1 Carl Ferdinand Julius Fröbel (1805–1893), Professor, Verleger und Publizist, 1848 Mitglied der Nationalversammlung. Fröbel leitete 1848 den Kongreß deutscher Demokraten in Frankfurt und nahm am Oktoberaufstand in Wien teil. Nach der Revolution emigrierte Fröbel nach Amerika, von wo er 1857 nach Deutschland zurückkehrte. In den folgenden Jahren setzte er sich für eine großdeutsche Lösung der deutschen Frage ein; ADB, Bd. 49, S. 163–172; NDB, Bd. 5, S. 644–646; Schuler, Julius Fröbel; Koch, Demokratie und Staat; ders., Julius Fröbel.

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Heidelberg, 17. Juni 1860 An den Verfasser der Studien über das europäische Gleichgewicht.2 Geehrter Herr! Auf einem Wege der, wie ich voraussetzen muß, von dem Ihrigen sehr verschieden gewesen, sehe ich mich in meiner Beurtheilung der deutschen Angelegenheiten mit Ihnen am gleichen Ziele angelangt. Wie Sie, bin ich der Meinung, daß Preußen seinen wesentlichen Beruf verkennt wenn es ihn im Westen sucht. Wie Sie, sehe ich in Preußen und Oesterreich deutsche Marken, aus denen wir uns, sowenig an der Weichsel, dem Memel und an der Ostsee, wie an der Donau und am adriatischen Meere dürfen zurücktreiben lassen, die wir vielmehr in allen diesen Gegenden werden weiter vorschieben müssen. Wie Sie, sehe ich im westlichen oder eigentlichen Deutschland ein drittes Glied des deutschen Staatensystemes, welches geographisch wie historisch, innerhalb dieses Staatensystemes, zu einer eigenen politischen Rolle bestimmt ist, und wie Sie erkenne ich in der innigen Bundesgenossenschaft Preußens, Oesterreichs und Westdeutschlands, also in einem vom deutschen Geiste beherrschten dreigliedrigen Mitteleuropa, das große politische Erforderniß der Zukunft, und das Ziel auf welches wir hinzuarbeiten haben. Wie Sie, betrachte ich überhaupt die Bundesgenossenschaft, den Föderalismus, als das politische System durch welches allein die internationalen Nothwendigkeiten der gegenwärtigen Welt mit den inneren Freiheitsbedürfnissen der Völker versöhnt werden können. Eine Uebereinstimmung in so wichtigen Dingen, zwischen Männern, deren Gedankenläufe so verschiedene Ausgangspunkte gehabt haben, ist eine nicht gleichgiltige Thatsache, und ein Ergebniß aus welchem unsere vereinzelten Bemühungen zur Begründung einer wahrhaft deutschen Politik verstärkte Kraft schöpfen können. Ich möchte unsere weiteren Bestrebungen in der nationalen Sache aneinanderknüpfen. Diese Absicht ist es, welche mich 2 Fröbel bezieht sich auf die über 400seitige Schrift „Untersuchungen über das Europäische Gleichgewicht“, die im Jahr 1859 anonym von Constantin Frantz veröffentlicht wurde. Frantz beschäftige sich darin in Kapitel XIII ausgiebig mit dem Thema „Der deutsche Bund und das europäische Gleichgewicht“ (S. 384–416). Die wichtigsten Thesen von Frantz waren, daß das europäische Gleichgewicht nur auf dem Deutschen Bund als starker „Centralmacht“ beruhen könne, daß die deutsche Nation einen universalen „Beruf“ habe, daß die Grundlagen des Deutschen Bundes mit dieser nationalen Aufgabe im Einklang stünden, daß die Schwäche des Bundes aus den österreichischen und preußischen Großmachtideen entspringe und daß es nicht auf ein deutsches Parlament ankomme, sondern auf eine einheitliche deutsche Politik: „Auch kommt es für die deutsche Politik nicht sowohl auf eine neue Bundesverfassung, als vielmehr auf eine neue Idee an.“ Diese „leitende Idee“ sei „die Idee eines deutschen Weltberufes“, und diese könne nicht „aus dem Gesumme eines deutschen Parlamentes hervorspringen“, ein deutsches Parlament sei vielmehr „das denkbar schlechteste Organ zur Begründung einer deutschen Politik“; [Frantz,] Untersuchungen über das Europäische Gleichgewicht, Zitate S. 410 f., 414.

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bestimmt den gegenwärtigen Brief an Sie zu richten. Ich wünsche Ihnen meine Gedanken über die mehr unmittelbaren praktischen Anforderungen der deutschen Lage auszusprechen. Ihnen selbst etwas Neues sagen zu wollen, kommt mir dabei natürlich nicht in den Sinn; aber ich möchte Ihnen die Punkte hervorheben in welchen, nach meiner Kenntniß herrschender Strömungen der öffentlichen Meinung, diese letztere einer aufklärenden, berichtigenden, Inhalt gebenden Einwirkung bedarf. Wollen wir der deutschen Nation von deutscher Politik reden, so ist vor allen Dingen dieser Gedanke selbst zur Klarheit zu bringen. Zunächst muß daran erinnert werden daß Politik nur von Staaten – einzelnen Staaten oder Staatenbünden, – immer aber nur von Staaten betrieben werden kann; von Völkern nur in sofern sie Staaten bilden, von Einzelnen nur in sofern sie Staaten angehören. Ein Volk als Volk, eine Nation im ethnographischen Sinne, hat mit Politik nichts zu thun. Sodann muß es, für die Deutschen wenigstens, zum allgemeinen Bewußtsein gebracht werden, daß in ihren letzten Zielen jede Politik sich auf den Staat – einfachen oder zusammengesetzten – bezieht, von welchem sie betrieben wird. Frankreich mag eine italienische, England gleichfalls eine italienische Politik betreiben: nichts destoweniger kann die italienische Politik Frankreichs nur eine ächt französische, die italienische Politik Englands nur eine ächt englische sein. Das ist freilich von selbst klar, so klar wie die Thatsache daß ich nicht spazieren gehen kann damit Sie frische Luft genießen, oder daß Sie nicht frühstücken können damit ich satt werde. Und doch ist es nichts Geringeres als für Andere zu essen, zu trinken und spazieren zu gehen, was man Preußen, Oesterreich, oder irgend einem anderen deutschen Bundesstaate zumuthet, wenn man verlangt er, als einzelner Staat, solle deutsche Politik treiben. Als einzelner Staat kann in der That Preußen nur preußische, Oesterreich nur österreichische, Baiern nur bairische Politik betreiben, und jede darüber hinausgehende Zumuthung kann nur auf nebelhaften Vorstellungen beruhen. Eine deutsche Politik also, im klaren und verständigen Sinne des Wortes, – eine Politik deren letztes Ziel Deutschland als Ganzes ist, kann auch nur von Deutschland als Ganzem ausgehen, – und zwar nur insofern dieses Ganze ein staatliches Dasein hat. Das heißt: deutsche Politik kann, wie Deutschland gegenwärtig organisirt ist, nur vom deutschen Bunde betrieben werden und von Niemand anders. Den einzelnen Bundesstaaten fällt freilich, nach Bundespflicht und eignem guten Willen, ihr Antheil von Mitwirkung zu, und sie können, wie die einzelnen Bürger, mehr oder minder patriotisch sein; ja von diesem Patriotismus wird am Ende unser Schicksal abhangen. Niemals aber kann, selbst in der patriotischsten Absicht, ein einzelner deutscher Staat von sich aus und für sich allein die deutsche Politik in die Hand nehmen wollen, ohne daß damit gerade die Möglichkeit einer wirklichen deutschen Politik überhaupt in Frage gestellt wird. Dies gilt nicht nur für

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die Regierungen, sondern auch für die Kammern der Einzelnstaaten. Wenn ein sächsischer Minister eine diplomatische Note über allgemeine deutsche Angelegenheiten erläßt, so hat er, sei es in noch so deutschpatriotischem Sinne, doch nur sächsische Politik betrieben, denn sächsische Interessen müssen es sein welche die obersten Beweggründe seiner Regierungshandlungen bilden. Wenn ein preußisches Kammermitglied sich über allgemeine deutsche Angelegenheiten ausspricht, so kommt ein solcher Redner damit noch nicht über die Grenzen der preußischen Politik hinaus, vorausgesetzt daß es ihm auch nur gelungen sei in diese Grenzen hineinzukommen; denn er hat, wenn ihm nicht nach dem Ruhme eines politischen Dilettanten gelüstet, die deutschen Angelegenheiten von keinem anderen als dem preußischen Standpunkte, und in keinem anderen als dem preußischen Interesse zu besprechen. Mehr ist nicht seines Amtes. Nur der Bund ist dazu legitimirt deutsche Politik zu betreiben. Würde behauptet daß er aus Gründen3 einer fehlerhaften Organisation dazu wenn auch legitimirt, doch nicht befähigt wäre, so würde damit nur gesagt sein, einestheils, daß er besser organisirt werden müsse, anderntheils aber, daß unterdessen überhaupt keine deutsche Politik bestehen könne, denn nicht nur wegen fehlendem Rechte, sondern auch wegen fehlender Macht ist außer ihm Niemand dazu vorhanden. Es ist freilich leicht gesagt, daß das deutsche Volk seine Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen könne; aber damit ist noch keine deutsche Politik geschaffen. Damit ist nur die Bahn der Revolution eröffnet, welche ihrer innersten Natur nach das Gegentheil der Politik ist. Einer Revolution liegt freilich eine politische Macht zum Grunde. Aber zwischen dem Wollen und dem Vollbringen liegt ein Interregnum, innerhalb dessen das elementarische Volksleben an die Stelle4 des Staatslebens tritt. Im Uebrigen ist die Behauptung daß der Bund unfähig sei, höchstens scheinbar begründet. Ohne alle Frage würden sich, bei dem guten Willen derer die am meisten über Unfähigkeit des Bundes zum Guten klagen, mit den Mitteln welche dem Bunde schon bei seiner jetzigen Verfassung zu Gebote stehen, die wichtigsten Anforderungen einer richtigen und einflußreichen deutschen Politik befriedigen lassen, sobald man sich nur über die Bedingungen klar wäre. Diese Klarheit läßt sich, wo sie fehlt, hervorbringen. Sollte man aber den guten Willen für unmöglich halten: – wie will man ohne den guten Willen mit der Bundesumgestaltung zu Stande kommen? – Auf dem Weg der Gewalt? – Ist man etwa dieser letzteren sicherer als des guten Willens? – Und müßte nicht eben auch 3 Emendiert. Vorlage: Gründung. – Die Fassung in Fröbels Kleinen Politischen Schriften schreibt richtig: Gründen, ebd. Bd. 1, S. 341. 4 Emendiert. Vorlage: Rolle. – In Fröbels Kleinen Politischen Schriften, Bd. 1, S. 341 richtig: Stelle.

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bei der Gewalt der gute Wille vorausgesetzt werden? – Ist man etwa des guten Willens derer so sicher, auf deren gutem oder schlechtem Willen das Gelingen einer Revolution beruht? – Hat unsere Zeit zur Beantwortung dieser Frage etwa noch nicht genug Material geliefert? Die Partei welche dem preußischen Staate zumuthet5, Deutschland mit List oder Gewalt in einen Einheitsstaat umzuwandeln, und welche Deutschland zumuthet sich dies gefallen zu lassen, scheint in den italienischen Begebenheiten ein Vorbild für das zu sehen was in Deutschland geschehen soll. Dieser Anschauung der Dinge liegen große Unklarheiten und Irrthümer zu Grunde. Setzt der sardinische Staat sich den Zweck Italien in einen einzigen Staat zu verschmelzen, so ist auch dies noch nicht italienische sondern nur sardinische Politik; – sardinische Politik, der Italien als Material dient. Ebenso würde eine Politik Preußens deren Ziel die Gründung eines deutschen Einheitsstaates wäre, immer nur preußische Politik sein und bleiben, – preußische Politik, welcher Deutschland als Material zur Gründung Großpreußens zu dienen bestimmt wäre. Freilich könnte man im Falle des Gelingens das politische Ergebniß ebensoleicht Kleindeutschland wie Großpreußen nennen, wie auch Victor Emanuel schon König von Italien genannt worden ist.6 Aber der Name ist noch nicht das Wesen. Ein Staat hat einen Charakter, einen Geist, welcher sich erhält, so wichtig auch die Einflüsse sein mögen die er durch Aufnahme fremder Bestandtheile erleidet. Ohne Zweifel erleiden wir wichtige Einflüsse durch die Nahrungsmittel die wir zu uns nehmen. Durch die genossenen Pflanzenstoffe werden wir aber nicht Pflanzen, durch die thierischen Stoffe nicht Thiere, sondern Pflanzen und Thiere helfen, indem wir sie essen, in uns den Menschen aufbauen und erhalten. Völker die es noch nicht zur Staatenbildung gebracht, oder deren Staaten zertrümmert werden und in sich zerfallen, sind für die Politik nichts als Material. Der Staatsgeist ist ein höherer als der Volksgeist, und mit Recht muß der letztere dem ersteren weichen. Werden Staaten von bloßen Völkern besiegt, so wird darum, wie die Geschichte ohne Ausnahme lehrt, nichtsdestoweniger der Volksgeist dem Staatsgeiste unterthan; und werden die verschiedenen Bestandtheile eines Volkes durch das Umsichgreifen eines seiner Staaten politisch verschmolzen, so ist es wiederum nicht der allgemeine Volksgeist, sondern der besondere Staatsgeist welcher zur Herrschaft kommt. Ist dieser Volksgeist der deutsche und der Staatsgeist der preußische, so siegt bei der politischen7 Einigung Deutschlands der Letztere über den Ersteren. Sollte auch Preußen dem 5 Emendiert. Vorlage: zugemuthet. – In Fröbels Kleinen Politischen Schriften, Bd. 1, S. 342 richtig: zumuthet. 6 Viktor Emanuel II. (1820–1878), 1849–1861 König von Sardinien, wurde 1861 als Viktor Emanuel I. König von Italien. 7 Emendiert. Vorlage: bei politischen. – In Fröbels Kleinen Politischen Schriften, Bd. 1, S. 343 richtig: bei der politischen.

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Namen nach in Deutschland aufgehen, der Sache nach wäre und bliebe Deutschland eine preußische Eroberung. Das möchte vielen unter uns kein großes Unglück zu sein scheinen, und es ist nicht hier meine Absicht zu untersuchen in wiefern es eine wünschenswerthe Auskunft zur Befriedigung unserer politischen Bedürfnisse wäre. Klar aber soll sich wenigstens ein Jeder machen, wohin der Weg zielt auf welchem er geht. Auf die nämliche Weise verhält es sich mit Sardinien und Italien. In Italien wie in Deutschland, und in jedem Lande welches an der Viel- und Kleinstaaterei leidet, kann das Bedürfniß der Einheit und Macht des Ganzen mit dem Bedürfniß der Besonderheit und des eigenen Lebens der Theile, in welchem sich der wahre Geist gesunder Demokratie zu erkennen gibt, nur durch das System der Bundesgenossenschaft versöhnt werden. Von der Geschichte auf dieses System angewiesen zu sein, ist es was Italien und Deutschland mit einander gemein haben, und was auch, nach allem was immer jetzt vorgehen mag, Italien wieder unter deutschen Einfluß bringen wird. Bei dieser Aehnlichkeit besteht aber zwischen den Verhältnissen beider Länder eine Verschiedenheit, die unseren deutschen Nachahmern der Italianissimi noch nicht in den Sinn gekommen zu sein scheint. Italien, als staatlicher Körper, besteht weder, noch hat es bestanden. Deutschland aber ist nicht nur ein mächtiges Reich gewesen, sondern ist auch gegenwärtig, trotz aller Mängel seiner Verfassung, ein mächtiger Staatenbund, – mächtig in dem Augenblicke, in welchem er sich entschließt es zu sein. Deutschland ist schon, was Italien, um eine italienische Nationalität zum ersten Male zu gründen, und eine italienische Politik zum ersten Male möglich zu machen, erst werden müßte, und ist, dem Wesen nach, schon gerade das, was Italien in der Richtung auf dieses Ziel im glücklichsten Falle allein werden kann. Wollte also Preußen für Deutschland versuchen was Sardinien für Italien versucht, so hätte es nicht etwa, wie dieser Staat, etwas zu gründen was noch nicht da ist, sondern umgekehrt, vor allem etwas zu zerstören was bereits besteht. Sardinien versucht es, wenn auch nicht mit ehrenwerthen Mitteln, doch als unabhängiger Staat, andere Staaten, gegen die es keine besonderen Verpflichtungen hat, zu stürzen, und deren Land und Leute sich einzuverleiben: – Preußen müßte den Treubruch am Bunde und den Verrath an seinen Bundesgenossen begehen. Die That wäre vor dem Richterstuhle politischer Moral eine himmelweit verschiedene. Der italienische Volksgeist mag das sardinische Verfahren rechtfertigen; der deutsche Volksgeist würde für ein ähnliches Verfahren Preußens keine Entlastung kennen, und die Wahrheit, daß man den Verräther benutzt aber wegwirft, würde sich bald an Jenen erhärten, welche sich soweit vergessen könnten den Zielen einer mehr unsinnigen als gewissenlosen Partei eine höhere Stütze zu leihen. Diese Partei, welche offenbar in ihrem Streben Preußen nichtsdestoweniger auf diese Bahn zu drängen, nur an der Gewissenhaftigkeit eines einzigen Man-

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nes gescheitert ist8, gibt wie es scheint ihren Zweck noch nicht auf, und verfährt dabei sehr systematisch. Sie kennt die drei Haupthindernisse welche der Erreichung des Zieles im Wege stehen: Das Dasein Oesterreichs, das Bestehen des deutschen Bundes, und den deutschen Volksgeist der zur Billigung einer Cavour-Napoleonischen Moral sich nicht verstehen will. Man muß den einer bessern Sache würdigen Muth bewundern, welcher es unternimmt drei solche Hindernisse zu beseitigen. Der deutsche Volksgeist wird demnach bearbeitet. Für die Partei in ihren eigenthümlichen Verhältnissen ist dies nicht allzuschwer. Ein großer Theil der deutschen Presse ist – Dank dem Organisationstalente der letztabgetretenen preußischen Verwaltung9 – zu einer Maschine ausgebildet worden, welche von einem Punkte aus gelenkt werden kann, und deren Benutzung mit andern Erbstücken von einer Hand in die andere übergehen zu können scheint. Was Oesterreich betrifft, so weiß man daß es zertrümmert werden muß, und wie das gemacht wird, ist für die Welt kein Geheimniß mehr. Der deutsche Bund endlich muß zu Grunde gerichtet werden. Wie das gemacht wird, ist freilich nicht allgemein bekannt, und möchte sich auch für jetzt noch nicht zur allgemeinen Kenntniß eignen, wenn auch manche der gröberen Operationen die auf diesen Erfolg berechnet sind, am Tage liegen: systematisch betriebene Herabsetzung der Bundesautorität in der öffentlichen Meinung durch die Presse wie durch die frivolen Worte parlamentarischer Redner, – Verhinderung nützlicher Wirksamkeit des Bundes im Gebiete wesentlicher und wirklicher Interessen der Nation, bei lärmendem Eifer in Bezug auf unwesentliche und eingebildete, für welche daneben künstlich im Volke eine unfruchtbare Rechthaberei unterhalten wird, wie von einem rabulistischen Advocaten die Streitsucht eines störrischen Bauern, – und dergleichen mehr. In Wahrheit dagegen, gibt es für Preußen wie für Oesterreich und jeden anderen Bundesstaat, groß oder klein, keine andere Möglichkeit deutsche Politik zu betreiben, als durch gewissenhafte Erfüllung der Bundespflichten, durch Vermeidung jedes Zerwürfnisses, durch gemeinsame Arbeit an der Beseitigung der Bundesmängel, und durch Benutzung aller Bundesmittel – welche bei gutem Willen selbst zu großen Leistungen ausreichen würden – zur Hervorbringung des möglichen Guten für das innere Leben und die äußere Machtstellung der Nation. Daß der Bund nicht nur wesentlicher Verbesserungen sondern sogar tiefgreifender Umgestaltungen bedarf, ist für Jedermann klar welcher von den politischen Bedürfnissen der deutschen Nation und Europa’s einen Begriff hat. 8 Fröbel bezieht sich hier wahrscheinlich auf den preußischen König Friedrich Wilhelm IV., der im Jahr 1849 die ihm angebotene deutsche Kaiserkrone ablehnte und damit die kleindeutsche Reichsgründung verhinderte. 9 Der Regierung Manteuffel, die mit Beginn der „Neuen Ära“ Ende 1858 abgelöst wurde.

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Daß aber bei diesen Umgestaltungen der Bund selbst nicht gefährdet werden darf, sondern daß seine Erhaltung die unterste Grundlage aller deutschen Politik sein muß, ist für den einfachsten politischen Verstand nicht minder unzweifelhaft. Wenn jetzt, bei bestehendem Bunde, die Mittel- und Kleinstaaten, einzeln oder in Gesammtheit, sich in unpatriotischem Sinne in ein Bündniß mit einer auswärtigen Macht einlassen wollten, so wären sie Verräther am Vaterlande, und nichts besseres wäre jeder der beiden Großstaaten welcher sich in eine auswärtige Allianz gegen das übrige Deutschland oder einen Theil desselben begeben würde. Denn eben durch den Bund ist für uns das Vaterland mehr als ein geographischer Begriff, – eben durch den Bund ist es eine politische Wirklichkeit. Das Volk, welches unter solchen Umständen gegen unpatriotische Fürsten aufstände, wäre in seinem Rechte, und der Versuch zu einem Landesverrathe würde die kleineren Dynastien unfehlbar hinwegfegen. Sowie dagegen der Bund auseinanderginge, – wer hätte noch ein Recht die Mittel- und Kleinstaaten um eines Rheinbundes zu tadeln? Wer könnte dann einem einzelnen deutschen Miniatur-Staate, welcher zu einem europäischen Atome geworden wäre, das Recht bestreiten welches die Natur jedem Atome ertheilt hat: das Recht, der Anziehung zu folgen die von der stärkeren Kraft ausgeht? – Hat man den ernsten Willen den Bund zu erhalten, zu stärken, zu fördern, seinen Vorschriften zu gehorchen so lange sie in Kraft sind, mangelhafte Einrichtungen zu achten bis sie durch bessere ersetzt sein werden, und auch den Schein zu vermeiden als wolle man durch stürmische Umgestaltungen die Existenz von Bundesgenossen gefährden, dann hat man allerdings das Recht auch die bloßen Gelüste zu einer unpatriotischen Verbindung mit dem Auslande zu brandmarken; – freilich nicht nur wenn sie bei den Kleinen sondern auch wenn sie bei den Großen auftreten, und nicht nur wenn sie sich dem Westen sondern auch wenn sie sich dem Osten zuwenden sollten. Arbeitet man dagegen selbst an der Zerstörung des Bundes, – dann hat man das Recht des Tadelns verwirkt; dann rechtfertigt man Aeußerungen wie die, welche kürzlich so großen Unwillen hervorgerufen haben. Der durch eine Auflösung des Bundes isolirte Staat hätte in Wahrheit keine deutschen Pflichten mehr. Er wäre auf den stürmischen Ocean der europäischen Politik geworfen, und kein vernünftiger Mensch könnte ihn tadeln wenn er in der Noth an fremder Küste landete. Solchen Erwägungen muß auch der einfachste Verstand des Volkes zugänglich sein; aber es ist nöthig daß sie ihm nahe gebracht werden. Unser Volk, welches ein politisch unerfahrenes Volk ist, muß auf Manches was an sich klar und einfach ist, erst aufmerksam gemacht werden. Es urtheilt in politischen Dingen noch auf eine ganz naive Weise nach Sympathien und Antipathien. Es muß ihm zur Einsicht gebracht werden, daß Verfassungen und Einrichtungen darum weil sie unbefriedigend sind, noch nicht gerade abgeschafft werden

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müssen; daß man vielmehr zu den vollkommneren nur dann mit Sicherheit emporsteigt, wenn man die unvollkommneren als Stufe benutzt, und daß in der politischen Entwickelung eines Volkes der Schritt vom Nichts zum Etwas, und der Sturz vom Etwas zum Nichts, größer ist als der Fortschritt von der schlechtesten zur besten und der Rückschritt von der besten zur schlechtesten Verfassung. Den Schritt vom Nichts zum Etwas haben wir nach dem Untergange des Reiches in der Gründung des Bundes glücklich vollbracht. Hüten wir uns daß wir nicht durch Zerstörung des Bundes den Sturz vom Etwas zum Nichts herbeiführen! – Wenn einmal ein Volk anfängt mit Verfassungen zu wechseln wie man einen alten Rock aus- und einen neuen anzieht, dann ist die Zeit spanischer Pronunciamientos und mexikanischer Zustände gekommen.10 Bereits haben wir, wenigstens auf dem Papiere, neben der deutschen Bundesverfassung auch noch die Reichsverfassung von 1849, und eine Menge anderer Entwürfe steckt in Köpfen und Flugschriften. Hüten wir uns, daß sie nicht auf Fahnen geschrieben werden unter denen die Parteien zum Bürgerkriege ausziehen! – Der Bund ist freilich unpopulär, und nicht ohne Grund unpopulär. Es gibt aber noch gar viele unpopuläre Dinge, welche nichtsdestoweniger sehr nützlich, sehr nothwendig, sehr unentbehrlich sind. Wenn es aber wahr ist daß der Bund erhalten und befestigt werden muß, so geht daraus hervor, daß die Verbesserungen welche mit ihm vorzunehmen sind, nur mit der größten Vorsicht unternommen werden dürfen. Sagt man daß wir in Zeiten äußerer Bedrohung an dem überhaupt nicht festen Baue unserer nationalen Einrichtung nicht rütteln dürfen, so wird freilich von Seiten vorwärts drängender Vaterlandsfreunde nicht mit Unrecht geantwortet, daß, wenn in ruhigen Zeiten nichts geschieht, und in unruhigen Zeiten nichts geschehen soll, die deutschen Angelegenheiten natürlich nicht aus der Stelle rücken können. Aber beide Theile haben hier Recht und Unrecht zugleich. Eine Zeit äußerer Bedrohung ist allerdings die Zeit einer Steigerung und Zusammendrängung nationaler Kraft und die wahre Zeit der Hervorbringung neuer Organe für eine erhöhte Thätigkeit des nationalen Lebens. Aber diese neuen Organe müssen geschaffen werden ohne daß man die alten zerstört. Eine Zeit der äußeren Bedrohung ist allerdings eine ganz geeignete Zeit für Neubildungen, aber für Neubildungen die sich dem Bestehenden ergänzend, erhaltend und kräftigend anschließen. Eine Zeit der äußeren Bedrohung ist allerdings eine Zeit für Neubildungen, aber nur für solche welche dem praktischen Bedürf10 Mit dem Begriff „Pronunciamiento“ wurden die wiederholten Putsche bezeichnet, die im 19. Jahrhundert in Spanien stattfanden. Die „mexikanischen Zustände“ beziehen sich auf die zahlreichen inneren Unruhen, die Ende der 1850er Jahre in einen Bürgerkrieg mündeten, der schließlich zum Ende der ersten mexikanischen Republik und zum militärischen Eingreifen Frankreichs führte. Vgl. Bernecker/Pietschmann/Tobler, Kleine Geschichte Mexikos.

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nisse des Augenblicks entsprechen, und über welche deßhalb keine Verschiedenheit der Meinungen bestehen kann. Für Umgestaltungen dagegen, welche von Doctrinen, Theorien, Systemen und Liebhabereien ausgehen und mit der Vernichtung des Bestehenden anfangen, ist eine Zeit der äußeren Bedrohung in keiner Weise geeignet, und wenn in solcher Zeit politische Dilettanten und Rechthaber nicht schweigen können, müssen sie auf eine oder die andere Weise zur Ruhe gesetzt werden. Eine Zeit der Noth, und rettender Thaten wie sie von der Noth erfordert werden mögen, ist vor allem nicht eine Zeit „verfassunggebender Reichsversammlungen“ und parlamentarischer Reden. Zudem kann in einer solchen Zeit kaum gehofft werden etwas dauerndes zu schaffen; höchstens das, was sich aus den Bedürfnissen des Augenblicks und den thatsächlichen Vorgängen von selbst ergibt, kann auf Bestand rechnen. Eine so durchgreifende Umgestaltung des deutschen Bundes wie sie von Vielen und in verschiedenem Sinne verlangt wird, darf überhaupt nicht einmal beabsichtigt oder erwartet werden. Könnte sie aber jemals in dieser Weise zu Stande kommen, so möchte ein solcher Vorgang wohl nur hinter einem glücklich beendigten Kriege Deutschlands gegen seine äußeren Feinde liegen, und wird dann wahrscheinlich nur die Sanction der Verhältnisse sein die sich während eines solchen Krieges thatsächlich gebildet haben werden. Ueberhaupt ist unsere innere Politik nur durch die Begründung und kräftige Fortführung einer äußeren deutschen Bundespolitik auf eine glückliche Bahn zu bringen. Dies muß dem Volksurtheile nahe gebracht werden. Staaten, – einfache oder zusammengesetzte – können sich immer nur unter dem Drucke des Gegensatzes mit anderen Staaten entwickeln. Deßhalb ist es, ganz angesehen von den Rücksichten der äußeren Politik selbst, schon aus Gründen der inneren gewöhnlich schädlich, neutral zu bleiben. Vor allem aber ist die äußere Sicherheit das erste aller Staatsinteressen, so daß die innere Politik ihre praktisch entscheidenden Beweggründe immer von der äußeren herleiten muß. Wo sich das Verhältniß umkehrt, ist die Kraft eines Staates gelähmt. Ein innerlich bewegtes Land ist bei gleichzeitiger äußerer Bedrohung immer mehr oder minder gefährdet, sofern die innern Gesichtspunkte nicht zur rechten Zeit in den Hintergrund zu treten wissen. Haben doch die Meister der großen Intrigue, deren Hand in den Fäden der europäischen Politik arbeitet, immer zur rechten Zeit eine Reformbill oder andere innere Maßregeln bereit, um selbst Englands äußere Politik durch die innere zu beherrschen!11 Zur erwünschten Zeit kann unter solchen Umständen durch das Dazwischentreten einer inneren Frage leicht ein Ministerwechsel bewirkt werden, mit welchem ein ganzes System der äußeren Beziehungen zerstört wird. Zehnfach gefährlich müssen 11 Fröbel bezieht sich hier wahrscheinlich auf die Wahlrechtsreform von 1832 und auf die Corn Laws von 1846, die den Übergang Englands zur Freihandelspolitik besiegelten.

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diese Möglichkeiten für ein Land sein, dessen auswärtige Politik so nichtig ist wie die deutsche, und dessen innere Politik, wie diese, aus tausend verwickelten Fäden und Fädchen besteht! Die äußere Politik also muß für Deutschland in den Vordergrund gestellt werden, und muß uns die entscheidenden Beweggründe für das gesammte Verhalten der Nation geben. Der deutsche Bund muß als eine Großmacht ersten Ranges auftreten, und darf nicht dulden daß ohne seine Mitwirkung ferner irgend eine Entscheidung der großen Politik getroffen werde. Dazu ist nichts erforderlich was sich nicht unter der gegenwärtigen Bundesverfassung ausführen läßt. Auf diesem Wege schaffe man das Unentbehrliche, aber in diesem Augenblick auch nichts was über dieses Unentbehrliche hinausgeht. Fragen wir worin es besteht, so ist die Antwort kurz und einfach. Sofern nur von auswärtiger Politik die Rede ist, können sich die ungenügenden Bundeseinrichtungen nur auf zweierlei, auf das Wehrsystem und die Diplomatie beziehen. An der Verbesserung des ersteren wird mit unmittelbarem Bezuge auf die Erfordernisse der Weltlage wirklich gearbeitet. Alle Glieder des Bundes sehen die Nothwendigkeit einer festeren Leitung, einer größeren Einheit, einer besseren Schlagfertigkeit des Bundesheeres ein, und die Hindernisse welche bisher der Abhilfe entgegengestellt worden sind, werden durch die nöthigende Macht der Zeitverhältnisse beseitigt werden. Der diplomatische Verkehr des Bundes ist bei bisheriger Praxis auf eine sonderbare Weise einseitig. Der Bund empfängt die Gesandten fremder Mächte, ohne selbst bei fremden Mächten Gesandte zu unterhalten. Es ist nothwendig daß hierin die Praxis der Gegenseitigkeit eingeführt werde. Daraus folgt nicht, daß den einzelnen Bundesstaaten das Recht besondere diplomatische Agenten auswärts zu unterhalten, genommen werden solle. Der Bund hätte dazu weder ein Recht, noch wäre Verstand und Billigkeit darin. Oesterreich, Preußen, Dänemark und die Niederlande haben außer den Ländern mit denen sie am Bunde betheiligt sind, noch andere Gebietstheile. Diese vier Staaten haben, außer ihrem Verhältniß im Bunde, als eigne politische Körper, welche dem europäischen Systeme angehören, auch unvermeidlich eigne Beziehungen zu den übrigen Staaten der Welt. Sie müssen also schon besondere und selbstständige diplomatische Beziehungen unterhalten, und es kann ihnen nicht geboten werden daß diese Beziehungen nicht theilweise das diplomatische Gebiet des Bundes bestreichen. Ist es aber diesen Staaten nicht zuzumuthen auf eigne Diplomatie zu verzichten, so läßt es sich schwer mit der Billigkeit vereinigen den anderen Bundesgliedern das nämliche Recht zu bestreiten. Man wird es also dem freien Willen der übrigen Bundesstaaten überlassen müssen, ob sie, nachdem der Bund angefangen haben wird bei den auswärtigen Mächten seine Gesandte zu unterhalten, es noch für nöthig und wünschenswerth erachten werden, ihren besonderen diplomatischen Verkehr fortzuführen. Es ist allerdings wahr, ein Staat, welcher nicht befähigt ist eine selbstständige aus-

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wärtige Politik zu betreiben, kann in der Gesellschaft der Staaten nicht als vollzählig gelten. Man kann es deßhalb unseren Fürsten kaum verargen, wenn sie wenig geneigt sind ihre diplomatische Selbstständigkeit aufzugeben. Die militärische Selbstständigkeit erledigt sich in einer Zeit wie die unsrige von selbst, und dieser Charakter der Zeit wird sich nicht mehr ändern. Die politischen Weltverhältnisse gestalten sich immer mehr in großem Maßstabe, so daß wir bereits ein Zeitalter herannahen sehen in welchem sich Welttheile mit ihrer geeinten Macht gegenüberstehen. In der Diplomatie dagegen kann unter Umständen durch einen geistvollen und genialen Mann auch der kleinste Staat eine Rolle spielen. Nichtsdestoweniger täuscht ein verständiger Mensch sich nicht absichtlich über seine Lage. Wie jetzt die Dinge in Europa liegen, muß es den Fürsten unserer Mittel- und Kleinstaaten klar sein daß jede Hoffnung die sie in der Gefahr auf auswärtige Verbindungen gründen könnten, nur zum Verderben führen müßte. Italienische Vorgänge wären geeignet sie darüber zu belehren, wenn es denkbar wäre daß sie einer solchen Belehrung bedürften. Ein wesentliches Interesse kann also im gesonderten diplomatischen Verkehr der Mittel- und Kleinstaaten gewiß nicht mehr seine Befriedigung suchen. Sei es also dieser Erkenntniß überlassen, sich selbst Bahn zu brechen. Einzelne unter unseren Fürsten werden vielleicht, sowie der Bund seine Gesandten schickt, die ihrigen nicht ungern zurückziehen. Mögen sie alle darin ihre eigenen Interessen und die ihres Landes berathen! Wie jetzt die Dinge stehen, ist es naturnothwendig daß Oesterreich, Preußen, Dänemark und Holland ihre eigne Politik betreiben, und daß, wenn sie sich nebenbei in wesentlicherem oder unwesentlicherem Sinne an der Politik des deutschen Bundes betheiligen, doch die Bundespolitik sich den Rücksichten ihrer eignen Staatspolitik unterordnen muß. Einem jeden Staate welcher nur mit einem Theile seines Gebietes zu einem Staatenbunde gehört, müssen unvermeidlich seine eigenen Interessen über die Interessen des Bundes gehen. Die Interessen, in welchen er sich als Ganzes fühlt, müssen ihm wichtiger sein als die, in welchen er in doppelter Beziehung bloß betheiligt ist. Man ist in ganz Deutschland erbittert über Dänemarks Eingriffe in die Rechte von Schleswig-Holstein und über seine Widerspenstigkeit gegen den deutschen Bund. Man höre aber einen unparteiischen Beurtheiler, welcher weder Deutscher noch Däne ist, und er wird finden daß Niemand ein Recht hat Dänemark sein Verfahren vom dänischen Standpunkte aus zu verdenken. Die dänischen Centralisationsversuche sind, wie die nun glücklich beseitigten österreichischen, das nothwendige Widerspiel der deutschen. Man hat Oesterreich beschuldigt daß es den deutschen Bund stets nur für österreichische Interessen auszubeuten gesucht, als ob unter gegebenen Verhältnissen verständigerweise ein anderes Verhalten denkbar gewesen wäre. Und wenn seit 1849 Preußen zuerst mit allen Mitteln die Wiederherstellung des Bundes zu verhindern und

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seitdem dessen Ansehen und Bestand zu lockern und zu untergraben gesucht hat, – weßhalb anders ist dies geschehen als weil der Bund sich für preußische Interessen nicht mit Vortheil ausbeuten läßt? – Ist es wahr daß Oesterreich an der Erhaltung des Bundes ein egoistisches Interesse hat, so kann doch der österreichische Egoismus in seiner erhaltenden Thätigkeit nicht größer sein, als der preußische, welcher den Bund zu beseitigen sucht, in seiner zerstörenden Thätigkeit. Kann aber ein vernünftiger Beurtheiler politischer Vorgänge in dem Verfahren dieser Staaten, des einen wie des anderen, etwas anderes sehen als eine natürliche, und insofern – um die Sprache Berliner Publicistik zu gebrauchen – vollkommen „correcte“ Erscheinung? Was folgt nun aus dieser Sachlage? – Etwa die Nothwendigkeit der Zertrümmerung Oesterreichs? – Und Dänemarks? – Weßhalb nicht auch die Zertrümmerung oder Beschneidung Preußens? – Und das Königreich der Niederlande – – scheint von unseren zertrümmerungsmuthigen Centralisten bisher ganz vergessen worden zu sein! Nein! Diese Staaten dürfen nicht zertrümmert, sondern die Erhaltung ihrer Integrität und die gänzliche Vereinigung ihrer Interessen mit den unsrigen muß das erste objective Ziel deutscher Politik werden. Mit jedem dieser Staaten muß der Bund einen gegenseitigen Garantievertrag abschließen, so daß die Gesammtwirkung dieser Garantieverträge der Begründung eines mitteleuropäischen Staatensystemes gleichkommt. Sich zum Kerne eines solchen Systemes zu machen, ist die nächste große Aufgabe des deutschen Bundes. Es würde nicht zum Ziele führen, an eine Aufnahme der außerbündischen Länder der vier theilweise zum Bunde gehörigen Staaten zu denken. Wie der Bund jetzt gestaltet ist, könnte er diese Länder nicht einmal brauchen. Ihre Bevölkerungen würden zum größten Theile gar nicht aufgenommen werden wollen, und der Aufnahme würden sich europäische Schwierigkeiten der ernstesten Art entgegenstellen. Die außerbündischen Theile Oesterreichs, Preußens, Dänemarks und der Niederlande sollen zum deutschen Bunde nur in ein Allianzverhältniß treten, welches ungefähr dem der sogenannten „zugewandten Orte“ des früheren eidgenössischen Bundesrechtes entspricht.12 Die Interessen Preußens und Oesterreichs an einem solchen Verhältnisse sind klar. Daß die Niederlande, in einer Zeit wie die unsrige, sich nicht selbst genügen können, ist nicht minder klar, und welche annehmbare Allianz könnte ihnen geboten werden als die mit Oesterreich, Preußen und dem deutschen Bunde? Was endlich Dänemark be12 Als „zugewandte Orte“ wurden in der alten schweizerischen Eidgenossenschaft diejenigen Städte, Länder, geistlichen oder weltlichen Herrschaften bezeichnet, die mit den eidgenössischen Orten in einer engen, in der Regel unbefristeten (ewigen) vertraglichen Bindung standen und als zur Eidgenossenschaft gehörend galten, ohne aber voll berechtigte Orte zu sein; Würgler, Zugewandte Orte.

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trifft, so scheint freilich von der gegenwärtigen Spannung zu einer Allianz mit Deutschland ein großer Sprung zu sein. Aber von Krieg zu Frieden ist ein noch größerer Sprung, und dennoch muß er gethan werden. Eine solche Allianz könnte gerade das Mittel zur Beilegung eines in mancher Beziehung albernen Streites gewähren, eines Streites, in welchem doch die wichtigsten Interessen beider Länder für die Marotten von doctrinären Pedanten und für die Aussichten der Eitelkeit auf’s Spiel gesetzt werden. Und welche Allianz außer der deutschen könnte Dänemark wählen? Die französische? dann doch lieber gleich die russische; da wäre man doch gleich am Ziele angelangt, an welchem man, bei fortgesetztem Einhalten des bisherigen Kurses, am Ende doch anlangen muß! – oder die englische? Wenn die Dänen dafür eine besondere Liebhaberei haben, so mögen sie es versuchen. Kopenhagen ist eine schöne neue Stadt, dafür ist man freilich den Engländern einigen Dank schuldig. Schweden und Norwegen machen allerdings einen wünschenswerten Alliirten aus; aber selbst die drei skandinavischen Staaten miteinander sind den Gefahren der gegenwärtigen Weltlage nicht gewachsen, und ihrem festen Zusammenhalten stehen mancherlei innere und äußere Hindernisse entgegen. Nur am deutschen Bunde kann Dänemark den Schutz finden, dessen es bedarf. Mit der Erstrebung dieses Gesammtzieles sollte unmittelbar von Seiten des deutschen Bundes Ernst gemacht werden. Natürlich setzt die Ausführung des Gedankens die endgiltige Beseitigung aller pentarchistischen Anschauungen voraus. Solange diese in Wien und Berlin noch nicht mit der Wurzel ausgereutet13 sind, ist überhaupt für die deutschen Verhältnisse nichts Gutes zu erwarten. Ich stimme mit Ihnen in der vollen Anerkennung der Wichtigkeit überein, die der Krimkrieg, als der eigentliche Act der Auflösung der Pentarchie, für die Entwickelung der Weltverhältnisse gehabt hat. Aber auch die letzten pentarchistischen Erinnerungen müssen verwischt werden, wenn der deutsche Bund als das was er seiner Anlage nach ist, als Großmacht ersten Ranges, auch wirklich auftreten soll. In dem Augenblicke, in welchem es dem deutschen Bunde gelungen wäre sich zum Kern eines solchen mitteleuropäischen Systemes zu machen, würden die inneren Zustände Deutschlands von selbst umgewandelt sein. Was bisher sich entgegengearbeitet hat, würde in allen großen und wesentlichen Dingen ein gemeinsames Interesse an der Erhaltung und Förderung des Ganzen haben. Preußen könnte und müßte seine Aufmerksamkeit der Richtung zuwenden, der dieselbe von Natur, durch die Geschichte, und im Interesse seiner eignen staatlichen Entwickelung gehört: – dem Osten. Preußen wäre wieder geworden, was es ursprünglich war: – unsere nordöstliche Mark, – mit Recht aber in ein Königreich verwandelt, denn seine Aufgabe ist eine königliche, 13 Altertümliche Form für ausroden, ausrotten.

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und es ist bei ihrer Vollbringung und dem treuen Zusammenhalten mit dem Bunde in einem so großen und mächtigen mitteleuropäischen Systeme mehr Ehre zu ernten, als bei allen Unionsversuchen mit denen es sich und Andere noch weiter quälen könnte. Oesterreich, über den bedrohten Besitz seiner außerbündischen Länder beruhigt, könnte sich ungestört der Lösung seiner inneren Aufgaben widmen, durch die es befähigt wird von Neuem dem französischen Einflusse in Italien die Spitze zu bieten und den russischen Plänen an der untern Donau und am Bosporus entgegenzutreten. Ist das nicht Spielraum genug auch für den stolzesten Ehrgeiz der beiden Nebenbuhler? – Und wäre es nicht, solchen Aufgaben gegenüber, klein und armselig, kleindeutsche Intriguen zu betreiben, und schwache Bundesgenossen cavouisiren zu wollen? – Und die Mittel- und Kleinstaaten? – Von dem Augenblick an, wo sie aufgehört haben werden ein Gegenstand der Eifersucht zwischen den beiden Großstaaten zu sein, kann nichts sie verhindern sich zur Vollbringung von Aufgaben, welche von Natur hauptsächlich ihnen zufallen, enger zu verbinden. Alle diese Aufgaben lassen sich in dem allgemeinen Ausdrucke zusammenfassen, daß es ihr Beruf ist, die Nation mit dem durch die Kleinstaaterei in Mißachtung gebrachten Föderativsysteme auszusöhnen. Nichts kann sie verhindern, sich für alle die Angelegenheiten welche nicht den Bund als Ganzes betreffen, oder für alle die in welchen die Bundesverfassung ihnen freies Handeln läßt, unter sich enger zu vereinigen, den Rückfall Preußens und Oesterreichs in die alte Nebenbuhlerschaft für immer unmöglich zu machen, die Zerreißung Deutschlands in zwei Theile für immer aus der Reihe der uns drohenden Gefahren zu beseitigen, und im Kreise des bürgerlichen Lebens und der inneren Politik alle die Einigungsmaßregeln durchzuführen, welche im weiteren Kreise des gesammten Bundes undurchführbar sein möchten. Wer hindert sie die Einheit von Maß und Gewicht für sich allein herzustellen, wenn die beiden Großstaaten sich dabei nicht betheiligen wollen? Wer hindert sie in mehreren ganzen Gebieten gleiches Recht einzuführen? und ähnliches mehr. Eine solche auf Einigung zielende innere Politik der Mittel- und Kleinstaaten würde bald die Nation mit dem Föderativsysteme aussöhnen, welches doch von Natur das einzige dem deutschen Geiste entsprechende ist, und würde dazu beitragen dieses System in der Mitte Europas auf den Thron zu setzen. Ich halte dies für den allgemeinsten und wichtigsten Zweck, den überhaupt ein Staatsmann von klarem Bewußtsein in unserer Zeit haben kann. Die Gründung eines mitteleuropäischen Staatensystemes dessen Kern der deutsche Bund wäre, würde freilich möglicher Weise den Krieg, wenn er nicht schon vorher ausgebrochen sein sollte, zum Ausbruche bringen. Aber ein auf dieser Grundlage geführter Krieg würde das Wünschenswertheste sein, was der deutschen Nation begegnen kann. Er würde alle die Umgestaltungen der

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europäischen Politik von selbst mit sich bringen, an denen wir uns jetzt vergebens theoretisch abmühen, und deren in’s Einzelne gehende Besprechung nur ein Beitrag zu sinn- und zwecklosem Gerede sein würde. Was Bestand haben soll, muß sich im Kampfe thatsächlich geltend machen.14 Eine thatenhafte und mit Entschiedenheit auftretende auswärtige Politik also, durch welche die inneren Streitigkeiten in den Hintergrund gedrängt werden, die Gemeinsamkeit der wesentlichsten Interessen dem Bewußtsein eingeprägt und das praktische Bedürfniß an die Stelle der politischen Schulmeistereien gesetzt wird die sich jetzt wieder mit so abgeschmackter Anmaßung vordrängen15, – eine Politik endlich, und vor Allem, in welcher andere Nationen einen Beweggrund erhalten unsere Freunde zu sein – eine solche auswärtige Politik ist der Weg auf welchem wir auch in unseren inneren Angelegenheiten allein zum Ziele gelangen können. Meine Anschauung der Dinge trifft hier ganz mit der Ihrigen zusammen. Die Nationen des europäischen Westens, welche zur Zeit der Blüthe des deutschen Reiches ein mehr oder minder zusammenhängendes Ganze bildeten, sind im Verlaufe der neueren Zeit auseinander gefallen. Nun tritt das Bedürfniß ihrer Wiedervereinigung im Geiste der Gegenwart mit täglich zunehmender Nöthigung auf, und es liegen zwei verschiedene Wege vor uns, welche zur Befriedigung des großen geschichtlichen Bedürfnisses zu führen scheinen: der französische Imperialismus, von welchem unser kleindeutscher Centralismus mit seiner Pseudo-Demokratie nur eine schlechte Uebersetzung ist, – und der deutsche Föderalismus, die der Natur germanischer Völker ursprünglich entsprechende politische Lebensform. Das sind zwei Systeme, zwischen denen nicht nur in Deutschland, sondern in Europa um die Herrschaft gekämpft werden muß, ja der Kampf in Deutschland ist nur eine einzelne Scene des allgemeinen Vorganges. Die Anhänger der beiden Systeme bilden die zwei großen Parteien welche sich in Deutschland wie anderwärts gegenüberstehen, obschon ihr Gegensatz noch nicht zur Klarheit gelangt ist. Für unsre deutschen Verhältnisse muß es aber einmal klar ausgesprochen werden, daß es Centralisten und Föderalisten sind die sich gegenüberstehen, und daß, wenn ein Theil der deutschen Demokratie sich hat für centralistische Pläne gewinnen lassen, dies nur in Unklarheit über die eigenen Principien, oder in einer freilich begreiflichen Entmuthigung seine Erklärung finden kann. Aber der Centralismus ist seiner innersten Natur nach dem Geiste der Demokratie entgegengesetzt. Demokratie, im vernünfti14 Die Formulierung Fröbels erinnert stark an das Darwinsche Konzept des „struggle for existence“ und ist ein früher Beleg für die Ausstrahlung des 1859 veröffentlichten Buches „The Origin of Species“ auf die politische Theorie. Vgl. insbesondere das 3. Kapitel bei Darwin: „Struggle for Existence“. 15 Emendiert. Vorlage: verdrängen. – Fröbel, Kleine Politische Schriften, Bd. 1, S. 360, richtig: vordrängen.

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gen Sinne, ist nicht jenes unwürdige Spiel, welches jenseit[s] des Rheines und des Genfer Sees mit dem allgemeinen Stimmrechte getrieben worden ist, noch ist Demokratie eine Theilnahme Aller an allen Angelegenheiten des Staates, welche jeden größeren politischen Körper unmöglich machen würde, und welche selbst Rousseau in der kleinsten Gemeinde nicht ohne das Bestehen der Sklaverei für möglich hielt.16 Demokratie, im vernünftigen Sinne, ist das Recht des Bürgers, seine eignen Interessen innerhalb der Grenzen ihrer wirklichen Geltung selbst zu verwalten. Demokratie ist Selbstregierung, die, vom kleinen Kreise örtlicher Interessen ausgehend, mit der weiteren Geltung allgemeinerer Interessen sich zu größeren Kreisen der Wirksamkeit ausbreitet, bis sie endlich, in den allgemeinsten und wichtigsten Angelegenheiten, solchen die den ganzen Staat umfassen, mit der Staatsregierung und Staatsverwaltung selbst zusammenfällt und einerlei ist. Demokratie, im vernünftigen Sinne, ist, in unserer Zeit, und in unseren Verhältnissen, weder der Gegensatz der Aristokratie, noch der Monarchie; – sie ist der Gegensatz des bureaukratischen Centralismus. Demokratie im vernünftigen Sinne, – in dem Sinne, in welchem sie nicht eine künstlich unterhaltene fixe Idee, sondern das wahre und fühlbare Wohl des Volkes bedeutet, ist das politische System, nach welchem die Staatsregierung sich unnöthiger Einmischung in die Angelegenheiten der Bürger enthält. Sie ist ein System, welches von dem Gedanken ausgeht daß Jeder am besten wissen muß was ihm frommt, und daß, wenn Einer es nicht weiß, die Schule der Erfahrung, welche er durchmachen muß um es zu lernen, die einzige ist welche Männer zieht, – Männer, wie ein Staat sie braucht um in der Welt groß und mächtig dazustehen. Demokratie ist also gleichbedeutend mit dem von unten bis oben durchgeführten Föderativsysteme. Eine centralistische Demokratie ist daher ein Widerspruch in sich selbst und recht eigentlich eine der „Carricaturen des Heiligsten“17. Centralismus und Demokratie können nicht eine Ehe mit einander eingehen. Ihre Verbindung kann nur auf Prostitution der Demokratie gegründet sein. Der Bastard-Sprößling aus dieser Verbindung ist der moderne Imperialismus. Glaubt man daß die Verbindung der nämlichen Elemente in Deutschland etwas Edleres erzeugen werde als in Frankreich? – Etwas Schwächeres – ja! – etwas Edleres – nein! – Der Weg welchen die kleindeutsche Partei zu betreten gedankenlos genug gewesen, führt in Zustände aus denen nur ein Bonaparte retten könnte. Aber Gott weiß daß diese Partei zwar viele sehr dünkelhafte Menschen, aber weder 16 Fröbel bezieht sich auf den „Gesellschaftsvertrag“ von Jean-Jacques Rousseau; vgl. ders., Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts. 17 Anspielung auf ein Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff (1797–1848) über den Kölner Dombau, das 1844 unter dem Titel „Die Stadt und der Dom. Eine Carricatur des Heiligsten“ veröffentlicht wurde; Droste-Hülshoff, Gedichte, S. 6–10.

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einen Bonaparte noch einen Cromwell, noch einen Washington, noch einen Garibaldi, noch selbst einen Cavour enthält. Der Ausgang eines Unternehmens, welches von Anfang an nur eine abgeschwächte Nachahmung von Vorgängen in der romanischen Welt gewesen ist, würde nichts als eine stümperhafte Wiederholung romanischer Zustände sein; denn ein Volk kann nur groß sein in dem was der Natur seines eigenen Geistes entspringt. Was Deutschland auf dem Wege des Centralismus politisch hervorbringen könnte, würde im günstigsten Falle sich zum romanischen empire verhalten, wie einst die europäischen Königreiche sich zum deutschen Kaiserthume verhalten haben: – es würde eine Nebenbildung des die Zeit und den Welttheil beherrschenden Hauptgebildes sein. Deutsches Kaiserthum und französischer Imperialismus sind principiell entgegengesetzte Gedanken. Als der erste verwirklicht war, konnten die nichtdeutschen Völker es nur zu schwächeren Nebenbildungen bringen. Sollten wir auch bei uns den Geist zur Herrschaft bringen lassen welcher den französischen Imperialismus hervorgebracht hat, so werden die Rollen sich umdrehen, und wir werden zu denen gehören welche mit den schwachen Nebenbildungen zufrieden sein müssen. Wir werden dann alle die moralischen Nachtheile haben welche aus einem durch und durch verderbten Systeme hervorgehen, ohne auch nur am Ruhme und der Ehre selbst für die großen Erscheinungen des Verfalles Antheil zu erhalten, der dann unaufhaltsam über Europa hereinbrechen wird. Unsere Centralisten haben Oesterreich, um es aus dem Wege zu schaffen, auf die Erbschaft des oströmischen Reiches angewiesen. Ich will es ununtersucht lassen, ob diese Erbschaft für Oesterreich erreichbar ist oder nicht. Eins aber ist für mich Gewißheit: – Wenn Deutschland das Föderativsystem aufgibt und im Centralismus sein Heil sucht, dann wird es nicht Deutschland, sondern Frankreich, der Meister des Centralismus wird es sein, durch welches das weströmische Reich auf der Bühne der Welt neu in Scene gesetzt wird. Von der Möglichkeit das Föderativsystem zur Herrschaft zu bringen, hängt das Heil Europas ab. Die Möglichkeit dieser Möglichkeit liegt in Deutschland. Wenn nach allem Diesem die auswärtige Politik für uns in den Vordergrund treten muß, so fragt sich, unter welchen weiteren Voraussetzungen in den europäischen Verhältnissen dies geschehen kann. Es ist dies die Frage der eigentlichen auswärtigen Allianzen; denn das Verhältniß zu den außerbündischen Ländern der nicht ganz bündischen Staaten kann nicht vollständig als auswärtige Politik betrachtet werden. Unter der Voraussetzung daß dieses Verhältniß in der bezeichneten Weise schon begründet sei, sind unsere auswärtigen Beziehungen sehr einfach. Wir haben im Osten und Westen je einen natürlichen Feind, – das heißt einen Feind, der es nicht aus besonderem üblen Willen, nicht aus einer besonderen Abneigung gegen unsere Art des Seins, sondern aus einer in den Weltverhält-

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nissen begründeten Naturnothwendigkeit ist. Unser natürliches Verhältniß zu Rußland und zu Frankreich ist ein solches, daß selbst die Freundschaft dieser Staaten, in welchen inneren Zuständen sie sich auch befinden mögen, uns gefährlich ist. Glaubt man etwa daß die französischen Republikaner nicht eben so gut wie der Kaiser das linke Rheinufer wollen? Sogar Arago18 hat sich 184619 in diesem Sinne gegen mich ausgesprochen, und heute predigt Victor Hugo20 seinen Nachbarn auf Guernesey [sic], daß Köln eigentlich eine französische Stadt sei. Ich glaube nicht daran daß dieses Verhälntiß sich abändern wird. Ich glaube nicht daran daß wir einen dieser beiden Feinde hinreichend schwächen können, um die Gefahr von seiner Seite aufzuheben. Und ich glaube wir bedürfen sogar noch auf lange Zeit der Gefahr, um unsere gesunkene Nationalkraft wieder auf die richtige Höhe zu bringen. Wenn ich Frankreich und Rußland unsere natürlichen Feinde nenne, so will ich damit keinesweges sagen daß wir von unserer Seite gegen sie feindselig sein sollen; ein absolutes Mißtrauen gegen diese beiden Staaten aber müssen wir uns zur Pflicht machen. Dieses Mißtrauen muß eine der festen Maximen deutscher Politik werden, so sehr, daß selbst gegen eine Bedrohung von Seiten Frankreichs keine Coalition mit Rußland, wie umgekehrt gegen eine Bedrohung von Seiten Rußlands keine Coalition mit Frankreich annehmbar sein darf. Nur ganz außerordentliche Umstände wenigstens könnten allein eine solche rechtfertigen. Auch einem gleichzeitigen Angriffe von beiden Seiten müssen wir gewachsen sein. Sind wir aber fähig einem solchen Angriffe Stirn zu bieten, so werden andere Staaten, deren Interessen mit den unsrigen zugleich bedroht sind, von selbst unser Bündniß suchen. Ob dies gerade am ersten der Staat thun wird, auf welchen die politischen Kannegießer der preußischen Hauptstadt sich so lange verlassen haben, weiß ich nicht. Ein England, welches, wie das gegenwärtige, an dem gegen die bestehenden europäischen Staatenverhältnisse gerichteten Complotte Frankreichs und Rußlands in gewissem Grade selbst Theil nimmt, sei es auch nur um dasselbe im wahren oder vermeintlichen englischen Interesse zu lenken, kann unmöglich unser Alliirter sein. England muß erst selbst im Begriffe sein Frankreich den Krieg zu erklären, ehe es unser Bundesgenosse werden kann. Ob und wann dieser Zeitpunkt eintreten wird, läßt sich nicht voraussagen. 18 Wahrscheinlich ist Étienne Arago (1802–1892) gemeint, ein französischer Schriftsteller und Politiker. 1849 beteiligte sich Arago am Juliaufstand der radikalen Republikaner und mußte nach dessen Niederschlagung nach Belgien fliehen. Erst nach seiner Begnadigung 1859 konnte Arago wieder nach Frankreich zurückkehren; siehe WBIS. 19 In der Fassung des Textes in Fröbels Kleinen Politischen Schriften, Bd. 1, S. 364: 1843. 20 Victor Hugo (1802–1885), französischer Schriftsteller und Publizist, wurde nach dem Staatsstreich Napoleons III. 1851 aus Frankreich verbannt und ging ins Exil auf die Kanalinsel Guernsey, von wo er erst 1871 wieder zurückkehrte; vgl. Biermann, Victor Hugo.

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Eine englische Allianz ist uns freilich wünschenswerth; und hätten wir schon eine deutsche Diplomatie, ihre Aufgabe müßte es sein den Zeitpunkt der Möglichkeit eines solchen Bündnisses herbeizuführen. Darauf rechnen läßt sich aber unter den bestehenden Verhältnissen nicht. Ein Land welches sich zu Oesterreich in einer ähnlichen Stellung wie England zu Preußen befindet, ist Spanien, und eine spanische Allianz könnte für uns unter Umständen natürlich sehr wünschenswerth sein, um so mehr als sie sich mit einer englischen auf das beste verträgt. Daß religiöse Beweggründe auf diese Verhältnisse keinen Einfluß ausüben dürfen, versteht sich für den Politiker von selbst. Aber freilich, Menschen, die es unternehmen Deutschland unter der einseitigen Fahne des preußischen Protestantismus zu centralisiren, Menschen, welche geglaubt haben daß der Protestantismus für britische Staatsmänner in allem Ernste einen Beweggrund der äußeren Politik abgeben könne, und daß, nachdem der Katholicismus angefangen hat tolerant zu werden, für den Protestantismus die Zeit der Intoleranz gekommen sein müsse, kurz Menschen, welche sich einbilden die Zeit sei gekommen ihre Bornirtheit an die Stelle einer anderen zu setzen welche im Begriffe ist Platz zu machen, – solche Menschen dürften auch kindisch genug sein gegen die Allianz mit einem Lande zu protestiren welches durchaus katholisch ist. Zum Glück machen diese Leute keine Weltgeschichte. Selbst sie zu schreiben, was doch im Verhältniß zum Machen nicht viel heißen will, gelingt ihnen zuweilen herzlich schlecht. Uebrigens, wenn wir von England wissen daß es nicht immer will, so wissen wir von Spanien daß es unter gewöhnlichen Umständen nicht kann. Auch hier ist also kein fester Anhaltspunkt, und ein ähnliches Ergebniß findet sich in Bezug auf die beiden skandinavischen Königreiche. Von zwei Ländern dagegen dürfen wir mit Bestimmtheit erwarten, daß sie in der Zeit der Gefahr sich uns anschließen werden, – ich meine Belgien und die Schweiz. Beide sind die natürliche Ergänzung dessen was schon zu uns gehört, und müssen von uns als natürliche Freunde angesehen werden. Freilich müssen wir selbst schon mit unseren eigenen Angelegenheiten einigermaßen in’s Reine gekommen sein, ehe wir erwarten dürfen daß sie ohne Noth ihr Schicksal mit dem unserigen verbinden. Aber eben die Noth kann sie auch früher schon zu unseren Bundesgenossen machen. Die Politik gebietet uns, daß wir in einem solchen Falle alles für sie thun was wir für uns selbst thun würden. Ihre Sicherheit ist die unserige. Ihre Sicherstellung wäre zugleich einer der Punkte, auf welchem wir uns mit England begegnen würden. Eine der wichtigsten und erfolgreichsten Verbindungen könnte endlich unter Umständen eine Allianz mit der Türkei für uns werden. Doch ich will mich hier nicht in eine so weitgreifende Angelegenheit wie die orientalische Frage einlassen. Soviel nur steht für Deutschland fest, daß, wenn die Türkei von Rußland und Frankreich zugleich bedroht wird, der deutsche Bund mit den

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ihm zugewandten Ländern zum Schutze des bedrohten Landes nöthigenfalls die Waffen ergreifen muß, und daß die orientalische Frage nicht gelöst werden darf ohne daß Deutschland ein entscheidendes Wort mitzureden hat. Doch ich fühle wie sehr ich Ihre Geduld mißbrauche, indem ich Sie mit Dingen unterhalte die Sie besser wissen als ich. Es war nur meine Absicht die Hauptpunkte eines ganzen Systems unserer nach außen gerichteten politischen Thätigkeit zu bezeichnen, welches der Nation bis in alle Winkel der öffentlichen Meinung klar gemacht werden muß. Ich habe auf unsere auswärtige Politik den Hauptnachdruck gelegt, weil ich überzeugt bin daß die Gründe der inneren Unzufriedenheit des deutschen Volkes immer zuletzt auf Gesichtspunkte der auswärtigen Politik führen. Erlauben Sie mir ein schlagendes Beispiel anzuführen, – den hessischen Verfassungsstreit. Fast die ganze deutsche Nation glaubt, daß es sich in dieser Angelegenheit um eine bessere oder schlechtere Verfassung für Kurhessen handle. Das mag nebenbei der Fall sein; wer aber die Frage in ihren wahren politischen Beweggründen auffaßt, der weiß daß es sich im Jahre 1850 darum handelte ob der Bund wiederhergestellt werden sollte, oder ob die preußischen Unionsbestrebungen ihr Ziel erreichen sollten. Wer für die Union war, mußte natürlich auf Seite der hessischen Kammer stehen, welche für die Union gewonnen war. Wer aber die Union für die definitive Theilung Deutschlands und also für ein nationales Unglück ansah, ein Unglück zu dessen Vermeidung es vor der Hand kein anderes Mittel als die Wiederherstellung des Bundes gab, der mußte gegen die hessische Kammer sein, und mußte für eine Intervention stimmen wie die welche vorgenommen worden ist, wenn auch vielleicht die Ausführung in mancher Beziehung eine andere hätte sein können.21 Daß sich mit dem verständigen politischen Zwecke reactionäre Ausschreitungen verbanden, kann in einer Zeit wie die des Jahres 1850 nicht überraschen, denn immer, solange die Welt steht, wird die Ausschreitung in einer Richtung eine Ausschreitung in der entgegengesetzen zur Folge haben. Das Wesentliche aber war in jenen Vorgängen die Frage, ob den preußischen Unionsbestrebungen entgegengetreten werden sollte oder nicht, – ob der Versuch gemacht werden sollte Deutschland zu centralisiren, oder ob unsere Zukunft der Entwickelung des Föderativsystemes anzuvertrauen sei. Nicht Liberale und Reactionäre, sondern Centralisten und Föderalisten stehen sich auch heute noch in der hessischen Frage gegenüber, obschon die Angelegenheit, wie mir scheint, neuerdings von den letzteren auch nicht gerade zweckmäßig behandelt worden ist. Fragen wir nun weiter nach den Beweggründen der Parteinahme welche im 21 Zum kurhessischen Verfassungstreit und der Bundesintervention von 1850 siehe QGDB III/1, S. XIX–XXIII; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 908–915; Seier, Verfassungskämpfe, in: ders. (Hrsg.), Akten und Dokumente, S. LII–LV.

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Volke für den Centralismus und gegen den Föderalismus vorhanden sein mag, so sehen wir uns auf unsere auswärtige Politik als letzten Bestimmungsgrund verwiesen. Wenn das deutsche Volk, dem ursprünglichen germanischen Geiste zum Trotz, centralistische Sympathien hat, so liegt der Grund in der Unzufriedenheit mit unserer Stellung in den Weltverhältnissen, in dem Mangel an Macht und Ansehen in der Gesellschaft der Völker. Wir fühlen, daß zwischen dem was wir sind und dem was wir in der Welt gelten, ein Mißverhältniß besteht. Im gleichen Verhältnisse mit der zunehmenden inneren Blüthe Deutschlands, welche schon jetzt die einer langen Reihe früherer Jahrhunderte weit übertrifft, haben wir angefangen als Nation in der Gesellschaft der anderen Nationen ehrgeizig zu werden. Das ist in der Ordnung, und zur Befriedigung dieses Ehrgeizes, wie zur Sicherung unserer blühenden Zustände und weiteren glücklichen Aussichten, fordern wir Macht. Und das Machtbedürfniß drängt sich uns noch von einer anderen Seite auf. So wie wir praktischer und realistischer werden, was mit unseren inneren Fortschritten gegeben ist, so haben wir mehr und mehr begreifen gelernt daß man mit dem Recht und der Vernunft in der Welt allein nicht durchkommt. Je mehr wir uns eines gerechten Willens und eines vernünftigen Urtheils bewußt sind – worin wir keinem Volke der Welt eine Stellung über uns einräumen – um so mehr muß uns die Macht wünschenswerth erscheinen, durch welche allein wir unseren gerechten Willen und unser vernünftiges Urtheil geltend machen können. So ist durch alle unsere inneren Fortschritte unsere nationale Unzufriedenheit nur erhöht worden, und dieser Proceß wird sich fortsetzen. Je besser es uns innerlich geht, um so unzufriedener werden wir mit unserer Stellung nach außen sein, bis wir haben was wir gebrauchen: – nationale Macht. Ich habe zu zeigen gesucht welche unmittelbar erreichbaren Bedingungen der nationalen Macht uns zu Gebote stehen. Es bleibt mir noch übrig von den Gründen der bisherigen Ohnmacht zu sprechen, welche uns auch jetzt noch hindern das so nahe liegende Gute zu ergreifen. Diese Gründe bestehen durchaus nur in vorgefaßten Meinungen, welche theils ehrlich gehegt, theils aber auch absichtlich unterhalten werden. Absichtlich ist die Art wie das Föderativsystem in der Meinung des Volks herabgesetzt worden ist und die Stichwörter des Centralismus in der Nation in Umlauf gesetzt worden sind. Der Centralismus soll der einzige Weg sein welcher uns zu nationaler Macht führt, während er doch zunächst sich in der Wüste des Bürgerkrieges und der Einmischung des Auslandes verliert, aus der wir vielleicht nie mehr einen Ausgang finden. So ist das vorher freilich natürliche, aber nicht raffinirte Mißtrauen des Volkes gegen den Bund zu einem arglistigen Systeme ausgebildet worden, durch welches unsere Zukunft bedroht wird. Das Mißtrauen des Volkes gegen den Bund ist vorhanden, und ist auch ganz begründet. Dieses Mißtrauen ist vorhanden, ist mächtig und ist gefährlich, –

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gefährlich, weil es von mächtigen Parteigängern unterhalten und benutzt wird. Es kommt hier nicht darauf an, wie es entstanden ist und wer es besonders verschuldet hat. Es ist vorhanden, bedroht uns, und muß beseitigt werden. Dazu gibt es nur ein Mittel: die Betheiligung des Volkes an den Arbeiten und Leistungen der Bundesbehörde. Vielleicht komme ich hier auf den ersten Punkt in welchem Sie eine von der meinigen entschieden abweichende Ansicht hegen. Ich vermuthe es. Meine Ansicht ist folgende: Die Bundesversammlung selbst bedarf einer anregenden und treibenden Kraft; das Volk bedarf der Beruhigung daß am Bunde nichts gegen sein Interesse unternommen wird; der Bund aber als Ganzes bedarf einer Popularität durch welche Unbotmäßigkeiten, wie die daß man sich nicht majorisiren lasse, unmöglich werden. Stellen wir also der jetzigen Bundesversammlung wie sie ist, als dem deutschen Ober- oder Staatenhause, ein deutsches Unteroder Volkshaus an die Seite, dessen Mitglieder aus den Kammern aller Mittelund Kleinstaaten, aus den Landesvertretungen der deutsch-österreichischen Länder, und aus Provinzialversammlungen der deutschen Provinzen Preußens ausgeschossen, respective durch sie ernannt werden. – Es handelt sich natürlich um einen Vorschlag, der ohne Vernichtung von irgend etwas Bestehendem ausführbar ist und der nichts Bestehendes gefährdet. Denn ich wiederhole den Satz, daß eine Zeit äußerer Bedrohung zwar ganz unzweifelhaft eine Zeit der schaffenden Arbeit und der Neubildungen ist, aber nicht eine Zeit der Vernichtung und des inneren Kampfes. Was bei uns zum Heile des Ganzen in positivem Geiste, in Friede und Eintracht geschaffen werden kann, das werde geschaffen, das werde sogleich geschaffen, und je mehr es unseren Hauptzweck, die Herstellung des Vertrauens unter uns selbst und die nationale Macht nach außen, erreichen hilft, desto willkommener soll es sein. Aber mit aller Macht wollen wir uns gegen blinde oder egoistische Bestrebungen wehren, welche mit der Vernichtung beginnen und nur auf einer Brandstätte den Nationalpalast errichten wollen. Der Vorschlag welchen ich mache, trifft mit den Gedanken vieler deutschen Patrioten und Politiker zusammen. Ein preußischer Staatsmann hat erst kürzlich mir eben diesen Gedanken ausgesprochen. Und was vor Allem wichtig ist: der Vorschlag ist der einzige, auf welchen Oesterreich eingehen kann. Darauf aber kommt im Grunde alles an, weil ein Oesterreich welches nicht Theil nehmen könnte, aus Gründen der Selbsterhaltung die Ausführung des ganzen Gedankens zu verhindern suchen müßte, und dazu auch den nöthigen Einfluß besäße. Der Gedanke eines deutschen Volkshauses, als eines Unterhauses der Bundesversammlung, muß natürlich mit Oesterreich ausgeführt werden, oder er ist überhaupt nicht ausführbar. Für Preußen liegen keine wesentlichen Hindernisse vor, und würde die Wahl in das deutsche Volkshaus nicht den Berli-

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ner Kammern sondern preußischen Provinzial-Versammlungen übertragen, so wären zwei Zwecke zugleich erreicht: es würde die Schwierigkeit beseitigt welche aus Preußens außerbündischen Besitzungen hervorgeht, und es würde der Anstoß zu einem selbstständigeren provinziellen Leben gegeben welches Preußen Noth thut, welches von der preußischen Demokratie schon gefordert worden ist, in welchem aber Preußen in Gefahr ist, wie in einigen anderen Dingen, von Oesterreich überholt zu werden. Einer in dieser Weise ergänzten deutschen Bundesversammlung wäre nun der Beruf geworden die Bedürfnisse der Nation zu berathen und an ihrer Befriedigung zu arbeiten. Daß das Volkshaus dabei nicht von der Ansicht ausgehen dürfte, das Staatenhaus sei an sich ein Uebel an dessen Beseitigung gearbeitet werden müßte, versteht sich von selbst. Es muß von Anfang an klar sein daß das Staatenhaus so nothwendig ist wie das Volkshaus, und daß die deutsche Nation dasselbe so wenig entbehren kann wie die nordamerikanische Nation ihren Senat neben dem Hause der Volksrepräsentanten.22 Guter Wille zu einträchtigem Zusammenwirken wäre natürlich die Grundbedingung zu einer ersprießlichen Thätigkeit. Unter den Schöpfungen die von einer auf diese Weise ergänzten Bundesversammlung ausgehen müssen, wäre die erste die eines höchsten Gerichtshofes für die gesammten Bundesländer. Streitigkeiten wie die Kurhessische, und, von der einen Seite, auch die schleswig-holsteinische, müssen nicht wieder vorkommen. Nur ein Bundesgericht aber kann sie verhüten, oder in anständiger Weise schlichten. Die Mitglieder dieses Gerichtshofes müssen Männer allerersten geistigen Ranges in der Nation sein, im Ansehen so hoch gestellt, daß in ihrer Stellung die Majestät des Rechtes auf eine wahrnehmbare Weise an den Tag tritt. Nicht Volksagitation, sondern die Gründung eines solchen Gerichtes ist das was uns auf die Dauer gegen mögliche unpatriotische Handlungen einzelner Bundesstaaten schützen muß, und auch auf das „Nichtmajorisiren lassen“ hat nur ein Bundesgericht Antwort zu geben. Die richterliche Gewalt muß überhaupt in den inneren Verhältnissen jeder Bundesgenossenschaft die vorherrschende sein. Die bessere Ausbildung der militärischen Gewalt des Bundes dagegen kann nicht auf die vorgeschlagene Reform der Bundesversammlung warten. Sie ist unmittelbares, augenblickliches Bedürfniß, und ein Volkshaus hätte überhaupt wenig dazu zu sagen. Was in diesem Gebiete Bedürfniß ist, muß noch unter den gegenwärtigen Umständen geschaffen werden. 22 Der Vergleich hinkt, denn der amerikanische Senat bestand aus gewählten Vertretern der Einzelstaaten, während die Bundesversammlung mit Gesandten beschickt wurde, deren Ernennung und Abberufung allein von den jeweiligen Regierungen bzw. den Monarchen der Einzelstaaten abhing.

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Und die Centralgewalt! – Wo ist die Centralgewalt? höre ich rufen. – Ich theile mir das Wort in seine zwei Bestandtheile. Der erste bedeutet den23 Centralismus; der zweite bedeutet, daß zu seiner Einführung Gewalt gebraucht werden soll. Ich bin gegen das eine so entschieden wie gegen das andere. Haben wir eine durch ein Volkshaus ergänzte Bundesversammlung, haben wir ein in fester Hand ruhendes Bundescommando, haben wir die Gegenseitigkeit des diplomatischen Verkehres, welcher jetzt vom Bunde nur einseitig betrieben wird, und haben wir ein höchstes Bundesgericht, so scheinen mir die wesentlichsten Bedürfnisse der Bundesreform befriedigt zu sein. Was sich weiter im Verlaufe der Zeit als Bedürfniß der Vollziehungsgewalt herausstellen mag, muß auch zu seiner Befriedigung der Zeit überlassen bleiben. 1848 glaubte das Volk alle seine Beschwerden seien vorüber, da es nun ein Parlament habe. Jetzt sucht man ihm glauben zu machen das Heil Deutschlands beruhe in einer Centralgewalt. Will man mit dem Föderalismus nicht radical brechen, so nennt man sie Hegemonie. Die Hegemonie aber ist nichts als die Raupe, die Centralgewalt ist die Puppe, und der Schmetterling endlich soll der preußischdeutsche Einheitsstaat werden. Es ist nicht übel gedacht, aber eben nur gedacht. Für Die aber, welche einen solchen stufenweisen Gedankengang nicht durchschauen, ist die Centralgewalt nur eine fixe Idee, der sie um so leidenschaftlicher anhängen, je weniger sie dem Gedanken eine klare Form zu geben wissen. Die Bundesversammlung selbst ist schon eine Centralgewalt. Sie bedarf nur der Verstärkung und der besseren Organisation. Das muß in der innern Politik unser Ziel sein. Freiheit und Gerechtigkeit, und Bildung und Wohlstand im Innern, Macht aber nach außen, – mehr kann die Nation nicht wünschen. Ich kann nicht einsehen daß zur Erreichung dieser Güter ein Umsturz aller unserer Verhältnisse erforderlich sei. Wohl aber kann ich einsehen daß durch einen solchen Umsturz die Existenz unserer Nation überhaupt auf’s Spiel gesetzt wird. Mein Brief ist länger geworden als ich beabsichtigte. Möchte er für Sie eine Aufforderung enthalten Ihre publicistische Thätigkeit diesen nämlichen unmittelbar vor uns liegenden praktischen Fragen zuzuwenden. Ich werde diesem Ergebniß mit dem gespannten Interesse entgegensehen welches ihre [sic] so geistvollen Arbeiten in mir erweckt haben, und mit welchem ich bin Ihr ergebener Julius Fröbel.24

23 Emendiert. Vorlage: der. – Fröbel, Kleine Politische Schriften, Bd. 1, S. 372, richtig: den. 24 Die „Antwort“ des Adressaten von Fröbels „Brief“, Constantin Frantz, lieferte dieser mit seinem Buch „Drei und dreißig Sätze vom Deutschen Bunde“, das 1861 erschien. Ein Auszug daraus ist unten in Dok. 82 abgedruckt.

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Baden-Baden, 16. Juni 1860

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54. Diktat des Herzogs Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha über die Fürstenkonferenz in Baden-Baden StA Coburg, LA A, Nr. 7191, fol. 103–107. Reinschrift.

Die Könige von Bayern, Sachsen und Hannover halten die Bundesorganisation für ausreichend. Sie wollen das Fürstentreffen dazu benutzen, sich über eine Initiative am Bundestag zur gewaltsamen Unterdrückung der nationalen Bestrebungen zu verständigen. Die Großherzöge von Baden und Sachsen-Weimar haben mit dem Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha verabredet, den Prinzregenten von Preußen zu einer Ansprache zu bewegen, in der er den Königen deutlich macht, wie gefährlich es wäre, dem deutschen Patriotismus von seiten der Regierungen entgegenzuwirken. Schilderung der Verhandlungen in Baden-Baden, bei denen die „Würzburger“ die gewaltsame Unterdrückung des Nationalvereins verlangen.

[Baden-Baden,]1 16. Juni 1860 Beobachtungen. Die gestern proponirte Vereinigung der deutschen Souveraine, die hier grade anwesend sind2, um die deutsche Frage unter sich zu berathen, erlitt heute eine nothgedrungene Änderung. Auf indirecte Fragen bei den drei Königen, Bayern, Sachsen und Hannover gaben die beiden Ersteren ziemlich unumwunden, der Dritte unklarer, zu verstehen, daß sie die alte Bundes-Organisation für ausreichend und gut hielten, daß sie eine Verstärkung der Macht Preußens und ein sich Nähern zwischen Preußen und Österreich nicht für wünschenswerth erachteten, vielmehr es für angemessen hielten, die zufällige Vereinigung so vieler Bundesglieder zu benutzen, um sich zu verständigen über gemeinsam zu machende Schritte beim Bundestag zur gewaltsamen Unterdrückung der aufkeimenden nationalen Bestrebungen, besonders zu einem gleichmäßigen Verbot des Nationalvereins und gerichtlicher Einschreitung gegen seine Mitglieder. Obige Herren hofften, den Prinzen v. Preußen zu bewegen, daß er, den Fürsten Hohenzollern3 und Herrn von Schleinitz ausgenommen, sein verkappt 1 Das Diktat entstand während des sogenannten Baden-Badener Fürstentreffens, zu dem sich vom 15.–19. Juni 1860 neben dem Prinzregenten von Preußen und den vier mittelstaatlichen Königen zahlreiche Fürsten aus den kleineren deutschen Staaten – nicht aber der Kaiser von Österreich – einfanden, um über die außenpolitische Situation sowie über die deutsche Frage zu beraten. Besondere Brisanz erhielt das Treffen durch die Anwesenheit Kaiser Napoleons III. Vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 317 f.; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 403 f. 2 Anwesend in Baden-Baden waren die Monarchen von Preußen, Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Hessen-Darmstadt, Baden, Sachsen-Weimar, Oldenburg, Nassau sowie SachsenCoburg und Gotha. 3 Karl Anton Fürst Hohenzollern-Sigmaringen (1811–1885), letzter regierender Fürst des Herzogtums Hohenzollern-Sigmaringen 1848/49, 1850–1858 preußischer Divisionskommandeur

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Diktat des Herzogs Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha

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demokratisches Ministerium zu entlassen und Männer, die dem conservativen Prinzip huldigten und das Vertrauen der deutschen Souveräne hätten, anzunehmen. Der König v. Würtemberg ging nicht so weit. Er erklärte zwar, daß er die nationalen Bestrebungen nicht billigte, daß er es aber für unklug hielte, dem Nationalverein zu Leibe zu gehen. Mir persönlich sagte er, er hätte mir seine rothesten Demokraten geschickt und hoffe nur, daß sie nicht zu unvorsichtiges Zeug sprechen möchten. Zwischen den Großherzogen v Baden und Weimar4 und mir ward verabredet, den Prinzen v. Preußen à trois anzugehen, eine Ansprache an die übrigen Herren zu halten, wenn der Kaiser5 abgereist sein würde, und die anderen Herren entweder für unsere Meinung zu gewinnen, vorausgesetzt daß er sie theile, oder wenigstens ihnen begreiflich zu machen, wie gefährlich es sei, dem erfreulichen Aufschwung des Patriotismus in Deutschland von Seiten der Regierungen entgegenzuwirken. 17. Juni 1860 Dem gestern gefaßten Entschluß von uns Dreien (Baden, Weimar u Gotha) ward in soweit entsprochen, als wir uns mit dem Fürsten von Hohenzollern zusammen setzten und in allgemeinen Grundzügen ein Mémoire entwarfen, welches der Fürst dem Prinz-Regenten vorzutragen hätte. Nachdem wir uns über den Inhalt dieses Mémoires vollständig verständigt, machten wir aus, daß der Prinzregent die Worte des Mémoire’s benutzend, die Ansprache an die versammelten Fürsten auszuarbeiten haben würde. In diesem Mémoire ist auf drei Punkte besonders Rücksicht genommen. ad 1. Ist auf die kaiserliche Visite und die Besprechung mit dem Kaiser ein conte [sic] rendu zu geben. ad 2. Ist bestimmt auszudrücken, daß der Prinzregent auf seiner betretenen Bahn in betreff der deutschen Angelegenheiten sich nicht werde beirren lassen, und von seiner Anschauung der Stellung Preußens in Deutschland u als Großmacht nicht abgehen werde; daß er die Regenten auffordere, ihn darin zu unterstützen etc. in Düsseldorf, zu Beginn der „Neuen Ära“ am 5. 11. 1858 zum preußischen Ministerpräsidenten ernannt, entlassen am 11. 3. 1862; Büsch (Hrsg.), Handbuch der preußischen Geschichte, Bd. 3, S. 371; NDB, Bd. 9, S. 502 f. 4 Friedrich I., Großherzog von Baden (1826–1907), übernahm 1852 die Regentschaft für seinen kranken Bruder Ludwig und regierte als Großherzog von 1856 bis 1907; NDB, Bd. 5, S. 490–492; Karl Alexander, Großherzog von Sachsen-Weimar (1818–1901), regierte von 1853–1901; NDB, Bd. 11, S. 264 f. 5 Napoleon III.

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Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha (1818–1893)

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ad 3. Ist den Herren die Mittheilung zu machen, daß er eine intime Verständigung mit Österreich anbahnen werde und versuchen werde, in dieser Verständigung Österreich zu den Conzessionen zu vermögen, die nothwendig erscheinen zur inneren Sicherung der Monarchie. Die Regenten möchten diesem Bemühen, Österreich u Preußen in einem engeren Verhältniß sich vereinigen zu sehen, nicht entgegen sein. Der Fürst v. Hohenzollern ging damit zum Prinzen; inzwischen waren die Könige nicht unthätig geblieben. Sie hatten sich gleichfalls nach dem Déjeuner auf der Burg zusammengefunden und den Großherzog von Hessen6 u den Herzog von Nassau7 zu ihrer Besprechung noch eingeladen (Wir drei wurden nicht aufgefordert). Sie sollen beabsichtigen, wie aus Bemerkungen des Königs von Bayern u des Herzogs v. Nassau zu entnehmen war, in dem gestern angedeuteten Sinn ein Mémoire zu entwerfen und dem8 Prinzen v Preußen persönlich gemeinsame Vorstellungen zu machen. Als diese Kunde dem Prinz-Regenten wurde, äußerte er sich sehr ängstlich und schien entschieden zu sein, seine Ansprache unterlassen zu wollen, um etwaigen Discussionen aus dem Wege zu gehen. Nur unserem gemeinsamen Zuspruche und besonders den von uns aufgestellten Argumenten, daß alle Schritte, die Preußen inzwischen für Deutschland gethan habe, umsonst gewesen sein würden, wenn der Prinz in diesem Augenblick der Öffentlichkeit gegenüber nicht klar hervortrete, daß vielmehr sonst ein Sieg der Würzburger proklamirt und der Revolution Thor und Thür geöffnet sei, brachte ihn zu dem Entschluß, die Herren wirklich morgen zu berufen und nach unseren Angaben eine Ansprache zu bearbeiten und zu halten. 18. Juni 1860 Fürsten-Conferenz. Der Prinz-Regent traf mit den 4 Königen, 2 Großherzogen und 2 Herzogen um 4 Uhr im Schlosse zusammen u las ohne weitere Umschweife im Conversationston die nach den angegebenen Punkten verfaßte Rede ab. Der Eindruck, besonders des Schlußsatzes in betreff Östreichs war bei den Würzburgern ein augenscheinlich befriedigender. Nichtsdestoweniger trat der König von Würtemberg vor und sprach frei, nicht sehr zusammenhängend ungefähr Folgendes: 6 Ludwig III., Großherzog von Hessen (1806–1877), regierte von 1848 bis 1877; NDB, Bd. 15, S. 397 f. 7 Adolf V. Wilhelm Carl August Friedrich, Herzog von Nassau (1817–1905), regierte von 1839–1866; NDB, Bd. 1, S. 85. 8 Emendiert. Vorlage: den.

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„Er danke im Namen der vier Könige („meiner Vettern Bayern, Sachsen und Hannover[“]) für die offene[n] und sie so ganz befriedigenden Eröffnungen des Prinzen. Er wäre aber beauftragt bei der Gelegenheit, welche die Herren zufällig zusammen geführt hätte, dem Prinzen noch Einiges mitzutheilen. Angesichts der näheren oder ferneren Gefahren und der Unzureichendheit der militärischen Bundesverfassung hätten die Herren vor, Militairconventionen beim Bunde vorzuschlagen (??). Vorzüglich aber wünsche er und seine Herren Vettern (und dabei traten die drei anderen Könige aus dem Kreis und dicht an den Prinzen heran), daß er sie unterstützen möge bei gewaltsamer Unterdrückung der Vereine . . . (hier stockte er einen Moment) . . . des Nationalvereins und des „sogenannten Gothaischen Vereins“ (??), durch deren Tendenzen ihre Regierungen auf das Höchste gefährdet würden.“ (Der König von Bayern ließ sich dabei zu der Exclamation hinreißen: „Dies ist unser sehnlichster Wunsch!“). Auf diese, mit einer gewissen Hast (Peinlichkeit) gesprochenen Worte des Königs v. Würtemberg folgten noch einige, sich kreuzende Worte der Freude von mehreren der Herren, an dem heutigen Tage des Schlachttags v. Waterloo so vereinigt zusammenzustehen. Ehe der Prinz sich dessen versehen konnte, drückten ihm dabei die Könige vereinigt die Hand. Der Prinz erwiederte, daß er in seiner Ansprache wohl hinreichend seine Ansichten ausgesprochen habe und alles Übrige auf Verhandlungen der Kabinette verweise. Die Versammlung war zu Ende. Einen peinlichen Ausdruck (in Folge der Hinweisung auf Unterdrückung der nationalen freien Regungen) las man einem jeden der Souveräne auf dem Gesichte, und doch zugleich wieder die innere Befriedigung, nach Außen hin nunmehr des Einen vor dem Anderen sicher zu sein. Schließlich wurde conservativ noch der Wunsch ausgesprochen, ja gemeinsame Schritte in der Presse zu thun, um über die Baden-Badener Vorkommnisse (bei Anwesenheit des Kaisers) das Richtige in’s Publikum gelangen zu lassen. Ich erlaubte mir die unbefangene Frage an die Könige von Würtemberg und Sachsen, ob sie denn auch wünschten, daß die Rede des Königs v. Würtemberg ihrem Inhalt nach der Öffentlichkeit übergeben werde, und erhielt, bei sichtbarer Verlegenheit beider Herren, die Antwort, daß diese Ansprache nicht als officielle Rede angesehen werden könne, sondern nur als Ansprache „entre souverains“ zu betrachten sei. Versuche der Könige, den Großherzog von Baden nachträglich zu gewinnen, was nicht gelang und dagegen schien zu gleicher Zeit ein innerer Zwiespalt zwischen den Würzburgern eingetreten zu sein.

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Der Prinz Regent hatte auch wieder Zweifel bekommen, die wir zu besiegen hatten, u. theilte uns den Entwurf der Rede mit, änderte Einiges nach unseren Angaben.

55. Aufzeichnungen des Herzogs von Nassau über die Fürstenkonferenz in Baden-Baden HStA Wiesbaden, 130 II/2123q, fol. 53–65. Reinschrift. Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 1, S. 279–289.

Der Herzog berichtet über die Verhandlungen zwischen den deutschen Fürsten sowie die Gespräche mit Kaiser Napoleon III. in Baden-Baden. Dabei wurde allseitig der Wunsch ausgesprochen, die Kluft zwischen den beiden deutschen Großmächten auszugleichen. Napoleon hat seinen Friedenswillen erklärt, ist aber einer Besprechung der europäischen Politik stets ausgewichen. Die Einigkeit der deutschen Fürsten hat den französischen Monarchen beeindruckt. Nach der Abreise Napoleons verhandelten die deutschen Fürsten weiter und versprachen einander, „fest zusammen und fest am Bunde zu halten“. Die inneren deutschen Angelegenheiten wurden aber nur oberflächlich berührt, weil man ohne Beteiligung Österreichs keine Resultate erzielen könne. Es wurde einstimmig der Wunsch ausgesprochen, daß Österreich und Preußen sich verständigen möchten. Der Prinzregent von Preußen hat erklärt, daß Preußen den Bestand des Gesamtvaterlandes wie auch der einzelnen Landesherren schützen werde. Für eine Reform des Bundes halte er den gegenwärtigen Augenblick nicht geeignet. Der Gesamteindruck des Herzogs von Nassau ist, daß der Prinzregent von Preußen entschlossen ist, „einer jeden undeutschen Versuchung zu widerstehen“ und daß er eine Verständigung mit Österreich aufrichtig wünscht.

[Baden-Baden,] 16.–19. Juni 1860 Einige Notizen des Herzogs zu Nassau über die Zusammenkunft des Kaisers der Franzosen mit dem Prinzen von Preußen und einigen anderen deutschen Fürsten in Baden-Baden am 16./17./ 18. Juni 1860. [Bericht über die Unterredungen zwischen Napoleon III. und Prinzregent Wilhelm am 16. Juni 1860.]

Der 17. Juni. Es war Sonntag. Der König von Sachsen war früh zur Messe gegangen; der König von Bayern ging später zum Hochamt und traf daselbst mit dem Kaiser Napoleon, der sich wie die übrigen Hohen Herren zu Fuß dahin begeben hatte, zusammen. Der Kaiser war auf diesem Gang von fünf badischen Gensd’ar-

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men, einer Menge seiner eigenen, natürlich in Civilkleidern einhergehender, Mouchards1 und einer Masse von Neugierigen umgeben. Um 12 Uhr war Déjeuner auf dem alten Schloß. Das schönste Wetter begünstigte diese Landparthie. Der Kaiser Napoleon fuhr wie immer in seiner eigenen, die übrigen Fürstlichkeiten in Großherzoglichen Hofequipagen. Ich hatte die Ehre sowohl auf dem Hin- als dem Rückwege mit dem König von Bayern zu fahren. Während des Frühstücks kam der Großherzog von Hessen an, und nach demselben besichtigte man die Ruine und stieg namentlich bis in die Spitze des Höchsten Thurms, von wo man bekanntermaßen eine herrliche Aussicht genießt, einen großen Theil des Rheinstroms und fast die ganze Gegend von Trier bis Straßburg übersieht. Kaiser Napoleon ließ sich durch einen badischen Forstminister die Aussicht erklären, wobei er vollkommen gut deutsch sprach. Während der ganzen Zeit standen sowohl die Fürstlichkeiten als auch das Gefolge in vielfachen Gruppen zusammen, wobei natürlich viel von der Bedeutung des Tages gesprochen wurde. Man freute sich vielfach über den Eindruck, den dem französischen Kaiser das feste Zusammenstehen der deutschen Fürsten machen müsse; politische Conversationen von besonderer Bedeutung kamen auch hier nicht vor. Beim Nachhausefahren theilte mir der König von Bayern mit, daß gleich nach der Rückkehr eine Besprechung der vier Könige bei ihm stattfinden solle, wobei die Majestäten mich bäten zu erscheinen, und außer mir nur der Großherzog von Hessen, da wir sowohl beim Bunde als auch in Würzburg stets mit ihnen gestimmt hätten. Zweck der Unterredung sollte sein, sich darüber zu verständigen, auf welche Weise man sich Preußen nähern könne, ohne das Princip des Bundes in Frage zu stellen. So schmeichelhaft mir diese Einladung auch war, so dachte ich mir gleich, daß dadurch eine kleine Verstimmung bei den nicht zugezogenen Hohen Herren entstehen würde. Eine solche kleine Verstimmung fand später auch wirklich statt, wurde aber durch das offene Auftreten des Königs von Sachsen vis-à-vis des Großherzogs von Baden so ziemlich wieder ausgeglichen. Bei der Unterredung erkannten die Majestäten als den schwierigsten und zugleich brennendsten Punkt die Vorlagen, welche Preußen beim Bunde über die Bundesmilitärorganisation gemacht habe.2 Als vor Allem das Wichtigste und Wünschenswertheste, ja, zur Sicherheit Deutschlands Nothwendigste wurde allseitig der Wunsch aus1 Spitzel, Spione. 2 Siehe oben Dok. 50, Anm. 6.

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gesprochen, daß die zwischen den beiden deutschen Großmächten bestehende Kluft möge ausgeglichen werden. Darüber, daß die Preußischen Militärvorschläge nicht angenommen werden könnten, ohne das Bundesprincip zu alteriren, war man von vornherein einverstanden und besprach einen entgegenkommenden Vorschlag, den man beim Bunde machen wollte, der wohl geeignet sein dürfte, den beiden Großmächten genehm zu sein. Der König von Sachsen übernahm es eine Art von Protocoll zu redigiren. Um fünf Uhr war Diner auf dem Schloß in gleicher Weise wie am vorhergehenden Tage. Vor demselben erwieß mir der Kaiser Napoleon die Ehre bei mir vorzufahren, fand mich aber nicht mehr zu Hause. Sowohl vor als nach dem Diner wurde ich von verschiedenen Herren, namentlich dem Herzoge von Coburg und dem Großherzog von Weimar über die beim König von Bayern stattgehabte Conferenz interpellirt. Ich sprach mich sehr offen aus und erlaubte mir bei einem längeren Besuche, den ich nach dem Diner beim Großherzog von Weimar machte, diesem meine Ansichten darüber zu entwickeln, für wie wichtig ich es gerade in diesem Augenblick halte, fest am Bunde zu halten, wobei ich übrigens sehr williges Gehör fand. Um 9 Uhr war thé en famille bei der Prinzessin Marie, Herzogin von Hamilton3, wobei nur die Fürstlichkeiten erschienen, und zwar die Herren ohne Orden und mit schwarzen Halsbinden, da der Kaiser der Franzosen in Reisekleidern kommen sollte um von da abzureisen. Zwischen Diner und thé fanden noch Abschiedsbesuche und Schlußconversationen des Prinzen von Preußen sowohl als der vier Könige einzeln beim Kaiser Napoleon statt. Bei dieser Gelegenheit wiederholte der Kaiser Napoleon im Wesentlichen seine Anfangs gemachten Versicherungen und versprach im Moniteur4 bei seiner Rückkehr friedliche Erklärungen über seine Reise machen zu wollen. Einer Besprechung der europäischen Politik wich der Kaiser stets aus und nur über Neapel äußerte er, daß ihm nach seinen Nachrichten die Lage des Königs und der dortigen Regierung ein[e] sehr kritische zu sein schiene.5 3 Marie Amelie Elisabeth Karoline von Baden (1817–1888), seit 1843 verheiratet mit William Douglas-Hamilton, dem 11. Duke of Hamilton. 4 Le Moniteur Universel, 1789 gegründete französische Tageszeitung, seit 1799 offizielles Organ der französischen Regierung; Popkin, Revolutionary News. 5 Nach dem Krieg von 1859 hatte das Königreich Sardinien-Piemont durch den Anschluß der nord- und mittelitalienischen Herzogtümer die Grundlage für einen italienischen Nationalstaat geschaffen. Im Jahr 1860 griff die Einigungsbewegung auf Süditalien über, wo im Königreich beider Sizilien die spanischen Bourbonen herrschten. Im Mai 1860 stießen Freischärlertruppen im sogenannten „Zug der Tausend“ unter dem Kommando von Giuseppe Garibaldi (1807–1882) nach Süden vor und stürzten im September/Oktober die Bourbonenherrschaft in der Hauptstadt Neapel; Baumgart, Europäisches Konzert, S. 359; Mack Smith, Cavour and Garibaldi.

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Gegen 10 Uhr nahm der Kaiser von den verschiedenen Fürstlichkeiten Abschied[,] gab Jedem die Hand und sagte ungefähr bei Jedem: „J’étais charmé de Vous rencontrer et j’espère que ce ne sera pas las dernière fois.“ Die Entgegnung war seiner hohen Stellung angemessen; es wäre aber Lüge zu behaupten, daß sie eine nur einigermaßen herzliche gewesen sei. Um 10 Uhr verließ der Kaiser Baden, vom Großherzog und dem Herzog von Coburg zum Bahnhofe und vom Prinzen Wilhelm von Baden6 Namens seines Bruders bis Kehl begleitet. Den 18ten Juni schien er nicht auf deutschem Boden zubringen zu wollen.7 Kaiser Napoleon hat Baden anscheinend befriedigt verlassen. In seinem Innern kann es unmöglich der Fall gewesen sein. Er hatte offenbar den Wunsch, den Prinzen von Preußen allein zu finden und hoffte diesem die Rolle Victor Emanuels in Deutschland zuweisen zu können. An dem über alles Lob erhabenen, bestimmten, offenen und loyalen Benehmen des Prinzen ist er damit so großartig abgefahren, daß er nicht einmal bei ihm selbst eine Insinuation der Art wagte. Die große Anzahl der Fürsten, die er fand, die Einigkeit, die unter diesen herrschte, und die Einstimmigkeit, mit der sie ihm entgegentraten, mag ihm zur Ehre von Deutschland die Ueberzeugung gegeben haben, daß wenn er einmal in weniger friedlichen Absichten wieder erscheinen sollte, er Deutschland ebenso fest vereint finden würde. Möge Gott diese Ansicht bei ihm befestigen und sie dermaleinst zur Wahrheit werden lassen! Am 18. Juni früh verließ der Großherzog von Hessen Baden, da er eines Familienfestes halber nach Darmstadt zurückkehren mußte. Gegen Mittag war wieder eine Vereinigung der vier Majestäten beim Könige von Bayern, bei der ich ebenfalls zugezogen zu werden die Ehre hatte. Zuerst wurden die Aufzeichnungen verlesen, welche der König von Sachsen über die Conferenz des vorigen Tages gemacht hatte. Nach längerer Besprechung, wobei der großen militärischen Erfahrung des Königs von Württemberg die größte Anerkennung gezollt wurde, erhob man die Vorschläge des vorigen Tages zum Beschluß.8 Die Majestäten gaben sich mit Wort und Handschlag das bestimmte Versprechen fest zusammen und fest am Bunde zu halten. Zur sicheren Erreichung dieses Ziels sollten ihre Minister und die Minister derjenigen Souverains, die dazu geneigt seien, sich zeitweise in Würzburg oder einem anderen 6 Prinz Ludwig Wilhelm August von Baden (1829–1897); ADB, Bd. 42, S. 701–703. 7 Der 18. Juni war der Jahrestag der Schlacht von Waterloo 1815, die mit der Niederlage Napoleons I. gegen die britisch-niederländisch-deutsche Koalition endete und das Ende der Herrschaft Napoleons besiegelte. 8 Siehe Dok. 56.

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geeigneten Ort in Conferenzen versammeln. Die Ordnung der inneren deutschen Angelegenheiten wurde nur oberflächlich berührt, weil man darüber einverstanden war, daß ohne Zuziehung Oesterreichs Unterhandlungen darüber doch zu keinem Ziele führen könnten und wurde auch bei dieser Gelegenheit wieder die Hoffnung laut und einstimmig ausgesprochen, daß Oesterreich und Preußen sich vereinigen möchten. Dann würde der Zeitpunkt gekommen sein, über diesen hochwichtigen Gegenstand zu verhandeln und war man der Ansicht, daß die Vorschläge des Herzogs von Sachsen-Meiningen9 wohl geeignet sein dürften zur Grundlage zu dienen. Abends vorher hatte der Prinz von Preußen sämmtliche Fürstlichkeiten gebeten, vor dem Diner sich um 4 Uhr beim Großherzog von Baden zu versammeln[,] da er uns für unser Kommen zu danken und Einiges mitzutheilen wünsche. Auch dieß wurde in der Conferenz der Könige besprochen und der König von Württemberg gebeten, als der Älteste dem Prinzen von Preußen zu antworten und ihm namentlich zu sagen, daß so sehr man bereit gewesen sei, zu erscheinen und zu zeigen, daß Deutschland gegen Außen wie ein Mann stehen werde, man auch hoffe, daß er fest an den Bundeseinrichtungen halten würde. Einige Wünsche, die die Hohen Herren noch hätten, würden ihm durch den König von Bayern in den nächsten Tagen vorgetragen werden. Als die sämmtlichen Fürstlichkeiten zur bestimmten Stunde beim Großherzog von Baden versammelt waren, erschien der Prinz von Preußen und verlas eine von ihm eigenhändig geschriebene Erklärung10, die sich ihrem wesentlichen Inhalt nach in der Karlsruher Zeitung vom ***ten *** 1860 abgedruckt findet11. Die bemerkenswerthesten Punkte daraus sind noch folgende: zuerst dankte der Prinz sämmtlichen Fürstlichkeiten für ihr Erscheinen in Baden, indem ihm dadurch bei seiner Begegnung mit dem Kaiser Napoleon eine große Unterstützung zu Theil geworden sei. Es sei der Beweis gegeben worden, wie einig Deutschlands Fürsten sind, wenn dem gemeinsamen Vaterlande Gefahr drohen sollte. Alle seien Zeugen gewesen von den wiederholt und einstimmig vorgetragenen friedlichen Versicherungen des Kaisers Napoleon. Dadurch, daß der Kaiser der Franzosen auf die Vorbedingung hin erschienen sei, daß die Integrität Deutschlands nicht in Frage gestellt werden dürfe, habe dieser Grundsatz eine Anerkennung erfahren. Der Prinz erkenne es als die erste Aufgabe der deutschen als auch der europäischen Politik Preußens, den Territorialbestand sowohl des Gesammtvaterlandes wie den der einzelnen Landesherren zu schützen. Er habe niemals die Absicht, das völkerrechtliche Band, welches die deutschen Staaten umfaßt, zu 9 Siehe Dok. 42. 10 Siehe Dok. 57. 11 Es handelt sich um die Ausgabe der Karlsruher Zeitung Nr. 145 vom 21. Juni 1860.

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erschüttern. Eine Reform des Bundes könne nur unter gewissenhafter Wahrung der Interessen Aller erstrebt werden und er halte den gegenwärtigen Augenblick nicht für geeignet dafür. Wenn er auch glaube, auf dem betretenen Weg seiner inneren wie seiner deutschen Politik beharren zu müssen, so hoffe er doch sich auf demselben mehr und mehr mit allen deutschen Regierungen zu begegnen. (Wenn man sich begegnen will, muß man sich von beiden Seiten entgegenkommen, dieß scheint mir im Wort „begegnen“ zu liegen.) Auf eine Verständigung mit Oesterreich, die der Prinz von höchster Wichtigkeit halte, hoffe er; in neuester Zeit habe eine Annäherung stattgefunden und der Prinz werde die respectiven Cabinete von den Fortschritten auf dieser Bahn in Kenntniß setzen. Schließlich dankte der Prinz im Namen Aller dem Großherzog von Baden für die Mühe der herzlichen Gastfreundschaft, der er sich während der ganzen Zeit so hingebend unterzogen habe. Der Eindruck, den diese Erklärung hervorbrachte, war ein augenscheinlich günstiger und dem Dank an den Großherzog von Baden schloß man sich allseitig an. Der Großherzog erwiederte: „Ich schätze mich glücklich, diesen Tag in meinem Hause zu erleben und erkläre mich mit Allem einverstanden, was der Prinz von Preußen eben gesprochen hat.“ Weiter sagte der Großherzog nichts. Hierauf erwiederte der König von Württemberg dem Prinzen von Preußen, er danke ihm im Namen der anwesenden Souveraine für das Vertrauen, mit welchem er sich an sie gewendet habe sowohl, wie auch für die eben vernommenen Aeußerungen. Sie Alle seien gewiß von dem Geiste beseelt, daß zur Abwehr eines jeden Angriffs von Außen Deutschland als ein festes Ganze dastehen müsse. Einige Wünsche, welche namentlich die anwesenden Majestäten hätten, würden dem Prinzen durch den König von Bayern übergeben werden; sie bezögen sich hauptsächlich auf eine Militärconvention, die man beim Bunde abzuschließen wünsche, auf die Unterdrückung der gefährlichen Vereine, wie namentlich des Nationalvereins, und vor Allem in dem Wunsch, daß er sich mit Oesterreich verständigen und vereinigen möge. Der Prinz erwiederte, daß er hierauf in diesem Augenblick natürlich nicht antworten könne und die Vorlagen abwarten müsse. Die Könige von Bayern und Hannover sprachen sich hierauf in sehr anerkennender Weise gegen den Prinzen von Preußen aus. Zuletzt sprach der König von Sachsen12: „Du hast in Deiner Erklärung des Schlachttages von Waterloo erwähnt, den wir heute feiern – möge es uns ein friedliches Waterloo sein, sollte es aber ein kriegerisches werden, so wollen wir fest zusammenhalten und fest zusammenstehen wie ein Mann.“ Indem er die letzten Worte sprach, streckte er die rechte Hand aus, die der Prinz von Preußen sowie die 12 Johann I., König von Sachsen (1801–1873), regierte von 1854–1873; NDB, Bd. 10, S. 528 f.

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sämmtlichen Könige gleichzeitig ergriffen, und sie mit größter Herzlichkeit schüttelten. – Ein für alle Anwesenden schöner und für jedes deutsche Herz ergreifender Augenblick! Um 5 Uhr war Diner in gewöhnlicher Weise, nur daß der Prinz von Preußen seit der Abreise des Kaisers der Franzosen den Vorrang einnahm. Der Herzog von Coburg, welcher der Unterredung beigewohnt hatte, nahm an dem Diner nicht mehr Theil, indem derselbe um 6 Uhr nach Coburg zurückeilte. Nach der Tafel machte ich einen längeren Besuch bei dem Großherzog von Baden. Wir durchsprachen natürlich die Ereignisse der letzten Tage und waren darüber einverstanden, daß das feste Zusammenstehen der deutschen Souveräne auf unseren freundschaftlichen überrheinischen Nachbarn einen großen Eindruck hinterlassen haben müsse und daß, wenn auch bei dessen bisher bethätigter Wahrheitsliebe die Friedensversicherungen nicht durchaus ernsthaft gewesen sein möchten, wir jedenfalls Zeit gewonnen haben würden. Bei der Berührung der inneren deutschen Verhältnisse waren wir auch darüber einverstanden, daß die Einigung der beiden Großmächte vor Allem nothwendig sei und der Großherzog gab mir auch darin recht, daß Unterhandlungen darüber ohne Oesterreich zu nichts führen könnten. Abends versammelten sich die noch anwesenden Fürstlichkeiten in einer kleinen Soirée beim Prinzen von Preußen, bei der politische Conversationen von Bedeutung nicht stattfanden. 19. Juni. Nachdem des Morgens die verschiedenen Herrschaften gegenseitig Abschied genommen hatten, fuhr der Prinz von Preußen um 1/2 11 Uhr nach Rastatt zur Inspicirung der dortigen Preußischen Truppen. Die Könige von Sachsen und Hannover reisten zur selben Zeit nach Karlsruhe ab, wo die Majestäten im Vorüberfahren der verwittweten Großherzogin einen Besuch machten. Ich fuhr noch nach dem Schloß, wo ich mich von den Großherzoglichen Herrschaften verabschiedete und reiste um 12 Uhr ebenfalls ab. In Karlsruhe traf ich mit den beiden Majestäten zusammen und hatte die Ehre bis Darmstadt in ihrer Begleitung zu fahren, von wo dieselben ihren Weg nach Frankfurt fortsetzten und ich nach Hause eilte. Der Totaleindruck, den diese Tage mir hinterlassen haben, ist der, daß der Prinz von Preußen vollkommen correct einer jeden undeutschen Versuchung zu widerstehen entschlossen ist, daß er eine Verständigung mit Oesterreich aufrichtig wünscht, von dem Entgegenkommen der übrigen Fürsten befriedigt, namentlich in der Kurhessischen Frage entgegenkommend sein dürfte. Wie lange uns der Friede mit Frankreich erhalten bleibt, ist nicht vorauszusehen, jedenfalls haben wir wohl Zeit gewonnen, die allen Staaten sehr erwünscht sein und hoffentlich dazu angewendet werden wird, um uns denjeni-

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gen großen Zielen zu nähern, die Deutschland erreichen muß, um sowohl im Innern als gegen Außen groß und stark dazustehen. Das walte Gott! Jedes wahrhaft deutsche Herz schlägt diesem Ziel entgegen.

56. Besprechungen der Könige von Bayern, Sachsen, Hannover und Württemberg, des Großherzogs von Hessen und des Herzogs von Nassau in Baden-Baden HStA München, MA 493/1. Protokoll König Johanns von Sachsen. Abschrift. Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 1, S. 310 f.; Hohlfeld (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 96 f.

Der Antrag Preußens zur Frage des Oberfeldherrn der Bundesarmee soll abgelehnt und der Prinzregent ersucht werden, den Antrag entweder zurückzuziehen oder doch mindestens gegen einen anderslautenden Bundesbeschluß nicht zu protestieren. Für den Fall eines Krieges mit Frankreich soll am Bund eine Militärkonvention abgeschlossen werden, die die Aufteilung der Bundeskorps in drei Armeen regelt.

Baden-Baden, 17./18. Juni 1860 Baden den 17ten Juni 1860 Nachmittags 3–4 Uhr. Bei der heutigen Besprechung der Könige von Bayern, Sachsen, Württemberg und Hannover, des Großherzogs von Hessen u. des Herzogs von Nassau über die Mittel die gegenwärtige Vereinigung zu benützen und eine Verständigung mit Preussen über die deutschen Angelegenheiten anzubahnen, kam zuerst der von Preussen am Bund gestellte Antrag über die Oberfeldherrnfrage zur Sprache.1 Man war darüber einig, daß derselbe in Gemäßheit des Ausschußgutachtens von der Hand zu weisen sei. Dabei machte jedoch der König von Sachsen den Vorschlag, die Motive dieses Gutachtens[,] vermöge welcher auf den Eintritt Österreichs oder Preussens oder Beider mit ihrer ganzen Heeresmacht bei einem Bundeskrieg besondere Verabredungen nach Befinden unter Modificationen der den Bundesoberfeldherrn betreffenden Bestimmungen vorbehalten 1 Am 29. Februar 1860 hatte der preußische Militärbevollmächtigte, Generalleutnant Ernst Dannhauer, in der Bundesmilitärkommission eine „durchgreifende, die organischen Bestimmungen mit umfassende Revision“ der Bundeskriegsverfassung gefordert. Der Antrag zielte auf eine Zweiteilung des Bundesheers und des Oberbefehls unter den beiden deutschen Großmächten ab, wodurch Preußen die militärpolitische Hegemonie in Norddeutschland erlangt hätte; Angelow, Von Wien nach Königgrätz, S. 227; Keul, Bundesmilitärkommission, S. 129–131.

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Besprechungen der Könige von Bayern, Sachsen, Hannover

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bleiben, in den Abstimmungen ausdrücklich zu adoptiren. Von dieser Absicht möge der Prinz-Regent in Kenntniß gesetzt und zugleich bei ihm beantragt werden, daß er seinerseits mit Bezug hierauf entweder seinen Antrag zurückziehen* oder mindestens gegen einen in jenem Sinn zu fassenden Bundesbeschluß nicht protestiren, sondern die weitere Berathung der Bundeskriegsverfassung ihren Fortgang nehmen lasse. Dieser Antrag fand von verschiedenen Seiten Anklang; dagegen wendete der König von Hannover ein, daß auf diese Weise für den einzelnen Kriegsfall die preussische Absicht dennoch erreicht würde. Besser sei es[,] wenn drei Bundesheerabtheilungen solchen Falls gebildet würden, eine aus dem österreichischen, eine aus dem preussischen Heere, die dritte aus den übrigen Bundestruppen bestehend, wobei die Wahl des Feldherrn über diese letztere durch die betheiligten Regierungen zu erfolgen habe. Obgleich man nun obiges Bedenken bei einer Einrichtung im einzelnen Fall an sich nicht so entscheidend fand, auch bei der vorgeschlagenen Modalität ein Oberkommando immer für nöthig hielt, so glaubte man doch, daß es zweckmässig sei, vor Fassung endlichen Beschlusses diese Anträge und die Resultate der heutigen Besprechung schriftlich abzufassen, womit der Unterzeichnete beauftragt wurde. (Von der Hand des Herrn v. Bose geschrieben, aber nicht unterzeichnet). Besprechung der Obigen mit Ausnahme des (bereits abgereisten) Großherzogs von Hessen. Baden den 18ten Juni 1860, 12–2 Uhr. Bei der heutigen Fortsetzung der gestrigen Besprechung wurde zunächst der Antrag des Königs v. Sachsen in der im gestrigen Protokolle enthaltenen Weise genehmigt, jedoch mit Abänderung des Wortes „zurückziehen“ in „auf sich beruhen lassen“. Nächstdem wurde zu Ausführung der für den erwähnten Fall vorbehaltenen besonderen Verabredungen Folgendes als die Meinung der versammelten Bundesfürsten dem Prinz-Regenten mitzutheilen beschlossen und zwar wesentlich nach dem Antrag des Königs von Bayern: 1. Eine vorher am Bunde für den jetzigen Fall eines möglichen Krieges mit Frankreich abzuschliessende Militärkonvention regelt die Vertheilung der Corps in drei nach den jedesmaligen Umständen zu bildende Armeen; sowie deren gemeinschaftliche Leitung. 2. Zu diesem Zwecke ist zunächst die Meinungsäusserung Oesterreichs und Preussens zu erholen.

* „auf sich beruhen lassen“ (vide infra).

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Übrigens wird die Zustimmung zu diesem Vorschlage von den hier nicht vertretenen Theilnehmern an den Würzburger Verabredungen seitens der Könige von Sachsen und Bayern eingeholt werden. (Von der Hand des Königs von Sachsen geschrieben und zwar sogleich in der Sitzung selbst.)

57. Ansprache des Prinzregenten von Preußen an die deutschen Fürsten in Baden-Baden StA Coburg, LA A, Nr. 7191, fol 110 f. Abschrift. Am 19. Juni 1860 von Prinzregent Wilhelm an Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha gesandt, „mit der ausdrücklichen Bedingung, daß dieselben nicht dem Wortlaute nach, sondern nur ihrem Sinne nach eine weitere Verbreitung erhalten“ (ebd., fol. 112). Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 1, S. 312–314; Hohlfeld (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 98 f.

Prinzregent Wilhelm würdigt die Zusammenkunft der deutschen Fürsten in Baden-Baden als Zeichen der Einigkeit Deutschlands in Zeiten der Gefahr. Das Treffen mit dem Kaiser der Franzosen hat demonstriert, daß die Integrität Deutschlands in keiner Weise in Frage gestellt wird und daß Preußen das Gesamtinteresse Deutschlands im Auge hat. Der Prinzregent bekennt sich zur „nationalen Aufgabe“ Preußens. Für eine Reform des Bundes ist der gegenwärtige Zeitpunkt aber nicht geeignet. Der Prinzregent bekräftigt die Hoffnung auf eine Verständigung zwischen Preußen und Österreich.

[Baden-Baden, 18. Juni 1860] Es ist meinem Herzen ein Bedürfniß Eueren Majestäten (von Baiern und Württemberg) meinen lebhaftesten Dank auszusprechen, daß Sie Sich so bereitwillig geneigt gezeigt haben, bei der Zusammenkunft mit dem Kaiser Napoleon hier mit mir anwesend sein zu wollen. Euere Majestäten haben dadurch der Absicht in welcher ich meiner Seits dieser Zusammenkunft zugestimmt hatte, das Gewicht der Uebereinstimmung gegeben. Nicht minder bin ich verpflichtet den anwesenden Majestäten, Königlichen Hoheiten und Hoheiten, welche zu gleichem Zweck herbeigeeilt sind, meinen aufrichtigen Dank für die Unterstützung auszusprechen, die mir dadurch in meiner Begegnung mit dem Kaiser Napoleon zu Theil geworden ist. Es ist der Beweis gegeben worden, wie einig Deutschlands Fürsten sind, wenn dem gemeinsamem Vaterlande Gefahr drohen sollte. Der Kaiser Napoleon hatte als Grund seines Wunsches einer Zusammenkunft mit mir die Absicht ausgesprochen, seinen Willen, den Frieden zu erhalten, dadurch vor Europa zu beweisen und die Aufregung der Gemüther in Deutschland zu beschwichtigen, die, wie es wohl bekannt ist, von der Besorg-

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Ansprache des Prinzregenten von Preußen an die deutschen Fürsten

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niß erfüllt sind, daß die Annexions-Politik auch auf Theile Deutschlands ausgedehnt werden könnte. Wir sind nunmehr Zeuge gewesen von den wiederholten und uns allen übereinstimmend vorgetragenen friedlichen Versicherungen des Kaisers, und aus der freimüthigen, offenen Antwort, welche dem Kaiser zu Theil geworden ist, wird derselbe die Ueberzeugung geschöpft haben, daß wir gern bereit sind, seinen Friedens-Versicherungen Glauben zu schenken. Die Bedingungen, unter welchen ich auf diese Zusammenkunft allein eingehen konnte, habe ich dem Kaiser nicht verschweigen lassen; sie bestanden in der Voraussetzung, die Integrität Deutschlands in keiner Weise in Frage gestellt zu sehen. Indem der Kaiser auf Grundlage dieser Vorbedingungen erschienen ist, hat dieser Grundsatz eine Anerkennung erfahren, welche nicht verfehlen wird, nach allen Seiten hin Eindruck zu machen. Ich hoffe auch damit wieder ein Zeugniß abgelegt zu haben, daß Preußens auswärtige Politik das Gesammt-Interesse Deutschlands wohl im Auge hat. Ob Deutschland in näherer oder fernerer Zeit Gefahren drohen, ich spreche heute – als am Jahrestag eines denkwürdigen Sieges1 – in diesem erlauchten Kreise es gern noch einmal aus, was ich in meiner letzten Thronrede öffentlich erklärt habe, daß ich es nicht blos als die Aufgabe der deutschen sondern als die erste Aufgabe der Europäischen Politik Preußens erachte, den TerritorialBestand sowohl des Gesammt-Vaterlandes als der einzelnen Landesherrn zu schützen. An dieser Aufgabe werde ich mich durch Nichts beirren lassen, auch durch den Umstand nicht, daß die Entwicklung der inneren Politik, die ich für Preußen als unerläßlich erkannt habe, so wie meine Auffassung mehrerer Fragen der inneren deutschen Politik von den Auffassungen einiger meiner hohen Bundesgenossen abweichen möge. Die Erfüllung jener nationalen Aufgabe, die Sorge für die Integrität und Erhaltung Deutschlands, wird bei mir immer oben an stehen. Ueber die Loyalität meiner Bemühungen, die Kräfte des deutschen Volkes zu gedeihlicher Wirksamkeit zusammen zu fassen, kann kein Zweifel bestehen. Sie haben niemals die Absicht, das völkerrechtliche Band, welches die deutschen Staaten umfaßt, zu erschüttern. Wiederholt habe ich erklärt, daß eine Reform des Bundes nur unter gewissenhafter Wahrung der Interessen Aller erstrebt werde, und die letzten Akte meiner Regierung werden keinen Zweifel gelassen haben, daß ich den gegenwärtigen Augenblick für eine Reform dieser Art nicht für geeignet erachtet habe. Dagegen sind die Punkte bezeichnet worden, an welchen ich festhalten muß. Wenn ich auf dem von mir betretenen Wege meiner inneren wie meiner deutschen Politik beharren muß, so habe ich doch keinen Grund die Hoffnung 1 Der Prinzregent bezieht sich auf den endgültigen Sieg der Alliierten über Napoleon in der Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815.

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aufzugeben, daß ich mich auf demselben mehr und mehr mit allen deutschen Regierungen begegnen werde. Auch auf eine Verständigung nach einer anderen Richtung hin hoffe ich; – auf die Verständigung zwischen Preußen und Oestreich. Ich erachte dieselbe von der höchsten Wichtigkeit, und wenn in neuester Zeit eine Annäherung stattgefunden hat, so werde ich nicht verfehlen den respektiven Cabinetten Mittheilung von den Fortschritten auf dieser Bahn zu machen. So möge denn unsere Vereinigung hier in Baden nicht nur den Beweis der Einigkeit gegen das Ausland gegeben haben, sondern auch das Gefühl derselben innerhalb des gemeinsamen Vaterlandes beleben und Nichts dem Eindruck dieser Tage entgegentreten. Ich kann diese Ansprache nicht schließen, ohne dem Großherzog von Baden, der sich der Mühe herzlicher Gastfreundschaft so hingebend unterzogen hat, meinen Dank auszusprechen, welchem sich Euere pp. gewiß gern anschließen.

58. Antwort des Königs von Württemberg auf die Ansprache des Prinzregenten von Preußen HStA München, MA 493/1. Abschrift.

Die Mittelstaaten wünschen eine innigere Verbindung von Preußen mit Österreich. Am Bund soll eine Militärkonvention für den Fall eines auswärtigen Krieges verabredet werden. Preußen soll die nationalen Vereine unterdrücken.

Baden-Baden, 18. Juni 1860 Ihre Majestäten haben mich beauftragt, Euerer Königlichen Hoheit in Ihrem Namen Ihren verbindlichsten Dank auszudrücken für das bewiesene Zutrauen, welches gewiß in ganz Deutschland den besten Eindruck machen muß. Bei dieser Gelegenheit ist auch der allgemeine Wunsch ausgesprochen worden, daß eine vertrautere und innigere Verbindung mit Oesterreich wieder angeknüpft werden, indem diese Einigung für das Ausland wie für das Inland von den wohlthätigsten Folgen sein würde. Um aber auch für alle Fälle gerüstet zu sein, sind wir übereingekommen, vorläufig durch den Bund eine Militär-Convention zu verabreden, damit die deutschen Armeecorps bei einem auswärtigen Krieg schon zum Voraus ihre Bestimmung kennen. Ebenso würde es den besten Eindruck hervorbringen, wenn Euerer Königlichen Hoheit Regierung die verschiedenen Vereine, als National-Verein und Gothaer Verein, ebenso wie wir, zu unterdrücken suchen würde.

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Besprechung des Königs von Bayern mit dem Prinzregenten von Preußen

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59. Besprechung des Königs von Bayern mit dem Prinzregenten von Preußen HStA München, MA 493/1. Metallographiertes Gesprächsprotokoll.

Der König von Bayern teilt dem Prinzregenten die Absprachen der Mittelstaaten mit. Der Prinzregent reagiert skeptisch und will eine Zurückziehung des preußischen Antrags zur Oberfeldherrnfrage noch nicht zusagen. Er hält Polizeimaßnahmen gegen die nationalen Vereine für erfolglos. In der kurhessischen Frage will Preußen durch entschiedene Einwirkung auf beide Konfliktparteien einen Eklat vermeiden. Zur Einigung mit Österreich hat der Prinzregent schon Schritte eingeleitet.

Baden-Baden, 19. Juni 1860 Unterredung Seiner Majestät des Königs von Bayern mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz-Regenten von Preußen im Auftrage I. I. M. M. der Könige von Sachsen, Hannover und Württemberg und Sr Kgl. Hoheit des Herzogs von Nassau zu Baden, den 19ten Juni 1860. In dieser Unterredung begann ich damit, den Prinz-Regenten in unserem Namen anzugehen, den preußischen Antrag am Bunde in der Kriegsverfassungsfrage1 fallen zu lassen oder doch nicht gegen einen in unserem Sinne zu fassenden Bundesbeschluß zu protestiren; wogegen wir den im Referate meines Bundestagsgesandten entwickelten Antrag annehmen würden. Dieser enthält bekanntlich die Concession für Preußen, daß es sich bezüglich seiner zum Bundesheere zu stellenden drei Armeecorps nicht mehr der Wahl des Bundesfeldherrn zu unterziehen, sondern selbst den Oberbefehl über sein ganzes Heer zu führen hätte.2 1 Gemeint ist der preußische Antrag vom 4. Januar 1860, das Bundesheer und den Oberbefehl über die Bundestruppen zwischen Österreich und Preußen aufzuteilen. Siehe oben Dok. 50, Anm. 6. 2 Der bayerische Bundestagsgesandte hatte am 23. Februar 1860 in der Bundesversammlung als Referent des Bundesmilitärausschusses den Bericht über den preußischen Antrag vom 4. Januar 1860 erstattet. Der Bericht endete mit dem Antrag, die Bundesversammlung solle 1. die Bundesmilitärkommission beauftragen, über den preußischen Antrag „ein auf rein militärischen Gesichtspunkten ruhendes Gutachten“ zu erstellen, und 2. den Bundesmilitärausschuß beauftragen, „daß er nach Empfang des Gutachtens der Militärcommission die bundesrechtliche und politische Würdigung jener Anträge damit verbinde und umfassenden Vortrag erstatte“. Beide Anträge wurden angenommen. Der in den nachfolgenden Verhandlungen gemachte bayerische Kompromißvorschlag war nicht geeignet, eine Einigung herbeizuführen, denn die Mehrheit in der Bundesmilitärkommission und im Bundesmilitärausschuß machte unmißverständlich klar, daß es bei einer einheitlichen Leitung der Bundesarmee, das heißt einem Oberfeldherrn bleiben müsse, während Preußen weiterhin auf der Teilung des Oberbefehls beharrte. Am 26. Juli 1860 kam es in der Bundesversammlung zu einer langen Debatte, die mit zwei gegensätzlichen Anträgen endete: Die Mehrheit lehnte eine Änderung der Bestimmungen der Bundeskriegsverfas-

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An diesen Punkt mußte ich im Gespräche unmittelbar einen weiteren anknüpfen, nämlich unseren Beschluß, Preußen eine Militär-Convention anzubieten, worin zufolge unserer Berathungen hauptsächlich auf eine Dreitheilung der gesammten ins Feld zu stellenden Heeresmacht angetragen werden soll. Obwohl ich dem Prinzen in längerem Verweilen hiebei alle dafür sprechenden Gründe auseinandergesetzt hatte, schien er sich doch nicht davon überzeugen zu können, daß diese Dreitheilung mit der nöthigen Einheit und Uebereinstimmung in der Kriegsführung vereinbarlich sey, und er äußerte seine Ansicht dahin, vorerst abwarten zu wollen, auf welche Grundlagen hin wir ihm eine Militärconvention anbieten würden, je nach deren Beschaffenheit er sich erst aussprechen würde, ob er gegen die von uns ihm angebotenen Concessionen den preußischen Antrag zurückziehen könne oder nicht. Der Verlauf des Gesprächs führte auch auf die Gothaer und den NationalVerein. Der Prinz-Regent äußerte hierüber, er glaube nicht, daß die Anwendung von Polizei-Maßregeln gegen sie den gewünschten Erfolg haben werde, er selbst habe aber ihre Ueberschreitungen bereits in der Preße mißbilligt und werde durchaus keine ungesetzliche Handlungsweise derselben dulden, wie z. B. die Berufung eines Vorparlaments oder eines deutschen Parlamentes. Bezüglich der kurheßischen Frage theilte mir der Prinz-Regent mit, er habe sowohl auf den Kurfürsten, als die kurheßischen Stände schon entschieden dahin einzuwirken gesucht, daß sie gegenseitig sich über die schwebenden Verfassungsfragen verständigten, damit es zu keinem Eclat komme. Ueber die gewünschte Einigung mit Oesterreich bemerkte mir der Prinz, er habe auch schon deshalb Schritte gethan.

sung über den Oberbefehl ab und bekräftigte „die Einheit der Bundesarmee und des Oberbefehls“, die Minderheit, bestehend aus Preußen, verlangte weiterhin die Änderung der Bundeskriegsverfassung. Vgl. ProtDBV 1860, § 75, S. 115–121; § 202, S. 357–378.

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Ernst II. an die Könige von Bayern, Sachsen, Hannover und Württemberg

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60. Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha an die Könige von Bayern, Sachsen, Hannover und Württemberg HStA Dresden, 10 717, Nr. 934, fol. 8–9. Schreiben. Behändigte Ausfertigung an König Johann von Sachsen. – Behändigte Ausfertigung an den König von Hannover im HStA Hannover, Dep. 103, VIII, Nr. 70, sowie an den König von Württemberg, HStA Stuttgart, E 9, Büschel 31; Abschrift des gleichlautenden Schreibens an König Maximilian II. von Bayern im HStA München, MA 493/1; korrigierter Entwurf im StA Coburg, LA A, Nr. 7191, fol. 116–118, Abschrift ebd. Nr. 7192, fol. 198–200. – Am 23. Juni 1860 übermittelte Ernst II. das Schreiben auch an Prinzregent Wilhelm von Preußen, StA Coburg LA A, Nr. 7191, fol. 122.

Ernst beklagt die in Baden-Baden von den vier Königen angeregte gewaltsame Unterdrückung des Nationalvereins. Der Verein bewegt sich auf bundesgesetzlichem Boden, seine Motive sind die edelsten. Die Fürsten müssen seine Tätigkeit mit Freuden begrüßen, weil er durch die „Weckung des Nationalgefühls“ zur nationalen Aufgabe beiträgt, nach außen hin die Integrität Deutschlands zu wahren und nach innen seine Einheit herzustellen.

Coburg, 20. Juni 1860 Durchlauchtigster Großmächtigster König, Hochgeehrtester Herr Vetter! Gegen Ew. Königlichen Majestät fühle ich mich gedrungen, schriftlich auf einen Gegenstand zurückzukommen, welchen Se. Majestät der König von Württemberg berührte, als Höchstderselbe, nach der von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzregenten von Preußen am 18ten Juni in Baden-Baden an die versammelten Fürsten gehaltenen Ansprache, noch einige Wünsche der vier Könige vortrug.1 Zu meinem innigen Bedauern mußte ich vernehmen, daß die vier Hohen Herren gesonnen seien, den Nationalverein und den (mir unbekannten) „sogenannten Gothaischen Verein“ – wie Se. Majestät von Württemberg Sich ausdrückte – gewaltsam zu unterdrücken, und daß sie sich hiezu die Mitwirkung des Prinzregenten erbaten. Ich kann nur tief beklagen, daß es den Hohen Herren nicht gefallen hat, mich von ihrer Absicht in Kenntniß zu setzen, ehe sie in so directer Weise einen Gegenstand berührten, der, wie Se. Königliche Hoheit der Prinzregent vollkommen richtig erwiderte, erst später zwischen den Cabineten verhandelt werden könnte. Ew. Königlichen Majestät, wie den drei übrigen Hohen Herren, konnte es ja nicht unbekannt sein, daß ich in meinen Landen dem Nationalverein Aufnahme gewährt hatte und daher mich wohl in der Lage befunden haben würde, Aufklärungen zu geben, welche geeignet gewesen wären, die Besorgnisse der Hohen Herren zu zerstreuen. Da es jedoch leider anders gekommen, so möchte ich wenigstens nicht un1 Siehe Dok. 57 und 58.

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Coburg, 20. Juni 1860

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terlassen, die Hohen Herren, ehe sie weitere Schritte in jener Richtung unternehmen, darauf aufmerksam zu machen, daß sich nach den Bestimmungen der Bundesgesetzgebung der Nationalverein auf gesetzlichem Boden bewegt, und daß derselbe, nachdem ich ihm gestattet unter der bundesgesetzlich vorgeschriebenen Beaufsichtigung Seitens meiner Regierung seinen Sitz in meinem Lande zu nehmen, auch unter meinem Schutze steht. Ich darf mich darauf beschränken, anzuführen, daß die Form des Vereins die einer freien und offenen Verbindung von deutschen Männern ist, welche mit vollster Achtung vor bestehendem Recht ein nationales Ziel durch Mittel anstreben, deren rein geistige Natur an sich schon etwaige, neue Carlsbader Beschlüsse wirkungslos machen müßte.2 Mit Aengstlichkeit hat man vermieden, sich mit anderen Vereinen in Verbindung zu setzen, weil die Bundesgesetze dies verbieten. Die Motive der Vereinsthätigkeit sind die edelsten, ihre Wirksamkeit kann, soweit gegenwärtig zu urtheilen erlaubt ist, nur eine segensreiche werden. Derjenige Fehler der Nation, der sie im Innern zerrüttet, nach Außen machtlos gemacht, so vieles deutsche Land unter fremde Herrschaft gebracht hat, ist offenbar die Theilnahmslosigkeit des Volkes an seinen öffentlichen Angelegenheiten, die Gleichgültigkeit gegen nationale Ehre oder Schande gewesen. Die Fürsten dieses Volkes können deßhalb nur mit Freuden einen Verein begrüßen, der ihnen bei der Erfüllung ihrer Aufgabe, nach Außen die Integrität Deutschlands zu schützen, nach Innen seine Einheit zu kräftigen, durch Weckung des Nationalgefühls und Verschmelzung der Stammesunterschiede zu Hülfe kommt. Ich bin nicht dazu berufen, Ew. Königlichen Majestät und Ihrer Hohen Herren Vettern Aufmerksamkeit weiter darauf hinzulenken, daß der beabsichtigte Schritt dahin führen müßte, das gerade jetzt so erfreuliche Aufleben nationalen Geistes und wahrhaft deutsch-patriotischer Gesinnung in seiner schönsten Entwicklung zu hemmen und alle die edlen und schönen Regungen, welche davon unzertrennlich sind, im Keime zu verbittern, ja Empfindungen gegen deutsche Fürsten hervorzurufen, welche bis jetzt Gottlob noch nicht vorhanden sind. Ew. Königliche Majestät wollen diese freimüthige Erklärung so wohlwollend aufnehmen, wie es von Ihrer deutschen Gesinnung zu erwarten ist, und 2 Gegen diesen Vorwurf verwahrte sich der König von Württemberg in seiner Antwort vom 24. Juni 1860 mit den Worten: „Von Carlsbader Beschlüssen kann wohl in unseren Tagen keine Rede sein, aber ebenso sehr ist es in unserem Recht, wenn wir deutsche Regierungen darauf aufmerksam machen, welche Folgen es hat, wenn Verbindungen entstehen, die ohne irgend ein rechtliches Mandat aus eigener Machtvollkommenheit [. . .] Anfangs nur mit geistigen Mitteln zu wirken suchen. Die Jahre 1848 und 1849 haben es bewiesen, wohin solche Verbindungen führen, wenn man sie unbeachtet fortbestehen läßt.“ König Wilhelm an Herzog Ernst II., Baden, 24. Juni 1860, StA Coburg, LA A, Nr. 7191, fol. 113.

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Pfordten an Pfistermeister

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den Ausdruck der ausgezeichnetsten Hochachtung und Ergebenheit entgegennehmen, mit welcher ich zu verharren die Ehre habe. 3Ew. Königl. Majestät dienstwilligster treuer Vetter und Diener Ernst.3

61. Pfordten an Pfistermeister 11 HStA München, Abt. III, Geheimes Hausarchiv, Kabinettsakten König Maximilians II., Nr. 34 c. Schreiben. Behändigte Ausfertigung.

Pfordten erstattet ein Gutachten zum in Baden-Baden diskutierten Vorschlag, beim Bund eine Zentralgewalt zu schaffen. Er weist darauf hin, daß bereits eine Zentralgewalt besteht, nämlich die Bundesversammlung. Deren Unwirksamkeit liegt im Zwiespalt zwischen Österreich und Preußen begründet, der auch von einer neuen Einrichtung nicht überwunden werden kann. Die Bildung einer kleineren Zentralgewalt ist überdies unausführbar, weil sie dem Wesen des Bundes widerspricht. Der Ausschluß von der Zentralgewalt wäre eine Mediatisierung des betreffenden Staates. Organische Änderungen des Bundes sind nicht möglich, der Bund muß bleiben, wie er ist oder sich ganz auflösen. Pfordten macht einen Vorschlag für eine Antwort auf die Anregung des Herzogs von Sachsen-Meiningen zur Bildung einer Zentralgewalt. Ferner sendet er eine Schrift von Julius Fröbel ein, die er sehr zur Beachtung empfiehlt.

Frankfurt am Main, 20. Juli 1860 Hochgeehrter Herr Hofrath! Indem ich Euer Hochwohlgeboren die Anlagen2 wieder zusende, gebe ich die von Seiner Majestät anbefohlene Begutachtung in Folgendem ab. Die Bildung einer sogenannten Centralgewalt ist einer von jenen unklaren Vorschlägen, welche immer dann auftauchen, wenn der Zwiespalt zwischen Oestreich u. Preußen den deutschen Bund lähmt. Eine Centralgewalt besteht ja; es ist eben die Bundesversammlung. Was diese ungenügend erscheinen läßt, ist aber nicht die Theilnahme der vielen Staaten, sondern die Eifersucht Preußens gegen Oestreich. Dieser Zwiespalt wird bleiben, wenn auch nur drei oder fünf oder sieben Stimmen in der Centralgewalt vertreten wären. Das vorgeschlagene Heilmittel würde also den Grund der Krankheit nicht treffen, u. darum auch nichts wirken. Sind aber die beiden Großstaaten einig, so kann die

3–3 Grußformel eigenhändig von Ernst II. 1 2

Franz Pfistermeister (1820–1912), Sekretär König Maximilians II. von Bayern; NDB, Bd. 24, S. 253. Die Anlagen befinden sich nicht in der Akte.

Nr. 61

Frankfurt am Main, 20. Juli 1860

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jetzige Bundesversammlung ebenso rasch handeln, wie eine kleinere Centralgewalt. Der Vorschlag ist überdies unausführbar, wie die Verhandlungen der Dresdner Conferenzen im J. 1850 gezeigt haben. Es will sich eben kein Staat von der Theilnahme an der Centralgewalt ausschließen lassen, u. dies ist im Wesen des Bundes begründet. Jedenfalls wird Bayern darauf bestehen müssen, daß es immer eine selbständige Stimme in jedem Bundesorgan hat. Dann verlangen die andern Königreiche dasselbe. Aber auch Dänemark u. Holland werden darauf nicht verzichten. Ebensowenig Baden und die Hessen u. Mecklenburge. Der Ausschluß von der Centralgewalt ist eine Art Mediatisirung. Entschließt sich eine Regierung einmal dazu, so wird sie sich lieber gleich ganz unter Preußen stellen, um dann wenigstens dem Zuge der Bevölkerung zu entsprechen und den vollen Schutz Preußens zu erwerben. Ich werde immer fester in der Ueberzeugung, daß organische Aenderungen des Bundes nicht möglich sind. Er muß bleiben, wie er ist, oder sich ganz auflösen. Nur darauf kann man hier wirken, daß Oestreich u. Preußen sich verständigen, und daß der Bund dann leistet, was seine jetzige Verfassung gestattet, und das kann bei gutem Willen viel seyn. In der Antwort an den Herzog von Meiningen3 würde ich etwa Folgendes sagen: Wenn ein solcher Vorschlag in der Bundesversammlung gemacht werden sollte, würde sich Bayern der Berathung desselben nicht entziehen. Die Erfahrungen der Conferenzen von 1850 ließen aber den Erfolg sehr zweifelhaft erscheinen, und der jetzige Zeitpunkt sey für organische Umgestaltung des Bundes nicht günstig. Es sey zunächst wohl auf Verständigung zwischen Oestreich u. Preußen hinzuwirken. Werde diese erreicht, so würde auch die Bundesversammlung rasch u. entschieden handeln können. Dies ist meine Ansicht. Zur Bestätigung, daß auch ganz unabhängige Männer so denken, lege ich hier eine Schrift von Julius Fröbel bei, die mir dieser mit der Bitte übergab, sie Seiner Majestät vorzulegen. Es ist der bekannte Demokrat von 1848, der in Wien beinahe erschossen wurde. Er ist in Amerika praktisch geworden, und vertheidigt nun den Bund und die Trias. Die Schrift ist vortrefflich, und die beste Wiederlegung der Gothaer u. des Nationalvereins.4 Ich empfehle sie sehr zur Lektüre, und den Mann zur Beachtung. Es wäre mir lieb, wenn ich ihm gelegentlich sagen könnte, wie die Schrift aufge3 Pfordten bezieht sich hier auf die Denkschriften des Herzogs von Sachsen-Meiningen vom Februar bzw. April 1860 zur Bildung einer Bundeszentralgewalt; siehe Dok. 38 u. 42. 4 Die Schrift liegt nicht in der Akte. Es handelt sich um Fröbels „Brief an den Verfasser der Studien über das europäische Gleichgewicht“, Constantin Frantz, der am 17. Juni 1860 als Flugschrift unter dem Titel „Die Forderungen der deutschen Politik“ in Frankfurt am Main veröffentlicht wurde; siehe Dok. 53.

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Denkschrift der sächsischen Regierung gegen den Nationalverein

Nr. 62

nommen wurde. Fröbel ist mit einer Tochter des Grafen Armansperg verheirathet5, lebt in Heidelberg, und könnte in der Presse gut wirken. Mit vorzüglichster Hochachtung Euer Hochwohlgeboren ergebenster v. d. Pfordten

62. Denkschrift der sächsischen Regierung gegen den Nationalverein HStA München, MA 493/1. Denkschrift. „Als Manuscript gedruckt“ bei B. G. Teubner in Dresden, von Beust am 22. Juli 1860 an die bayerische Regierung übermittelt. Die Denkschrift umfaßt 24 Druckseiten.

Die Agitation der nationalen Partei ist mit der gesetzlichen Ordnung unvereinbar. Um Schlimmeres zu verhüten, sollte die Tätigkeit des Nationalvereins frühzeitig gehemmt werden.

Dresden, [Juli 1860] Die Bestrebungen des Nationalvereins in ihrem Widerspruche mit der gesetzlichen Ordnung innerhalb des deutschen Bundes und der einzelnen Bundesstaaten. Die Agitation, welche zur Zeit von dem sogenannten Nationalvereine geleitet wird, ist nicht erst von diesem Vereine hervorgerufen. Sie hat vielmehr von einer Seite her und zu einer Zeit begonnen, welche keinen Zweifel darüber ließen, daß diese Agitation rein revolutionären Ursprungs ist. [Im Folgenden (S. 3–23) rekapituliert die Schrift ausführlich und detailliert die seit 1859 zu Tage getretenen Bestrebungen der sogenannten „Bewegungspartei“, die darauf abzielen, in Deutschland eine einheitliche nationale Verfassung mit Volksvertretung zu errichten. Dabei wird insbesondere die Rolle des Nationalvereins geschildert.]

In vorstehender Darstellung des Entwicklungsganges der sogenannten nationalen Partei haben wir uns lediglich auf Thatsachen gestützt und zwar auf solche, die sofort nachweisbar sind. Unser Zweck war nur: zu zeigen, daß diese Agitation in eine Bahn gerathen ist, auf welcher sie mit der gesetzlichen Ord5 Im Jahr 1855 heiratete Julius Fröbel Gräfin Caroline von Armansperg (1821–1888), eine Tochter von Joseph Ludwig Graf von Armansperg (1787–1853), der unter König Ludwig I. von Bayern Finanz- und Außenminister gewesen war und von 1832 bis 1837 die Regentschaft für den minderjährigen König Otto von Griechenland geführt hatte; ADB, Bd. 49, S. 167; ADB, Bd. 1, S. 532 f.; NDB, Bd. 1, S. 353.

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Dresden, Juli 1860

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nung immer unvereinbarer wird, und welche ein längeres unthätiges Zusehen der Regierungen nicht gestattet. Wir sind weit entfernt, dieser Agitation eine solche Wirksamkeit beizumessen, daß wir die Sicherheit der Throne und den Bestand der Verfassungen in den einzelnen Staaten durch sie ernstlich gefährdet glaubten. Die deutschen Regierungen befinden sich heute in einer andern Machtstellung als vor 12 Jahren und würden ohne Zweifel selbst einer bewaffneten Revolution mit Erfolg die Spitze bieten können. Wohl aber hat uns der Gedanke an die Verantwortlichkeit geleitet, welche die deutschen Regierungen auf sich nehmen würden, wenn sie einer Bewegung, die in ihrem naturgemäßen, mit Bestimmtheit vorherzusehenden Verlaufe eine immer größere Zahl von Theilnehmern in ihren Strudel hineinzieht, zuletzt aber einen Zusammenstoß mit der rechtmäßig bestehenden Regierungsgewalt und die Vollstreckung schwerer gesetzlicher Strafen herbeiführen muß, so lange unthätig zusehen, bis diese schmerzlichen Schritte unvermeidlich werden, anstatt durch rechtzeitiges Entgegentreten die Unbedachten von Irrwegen abzuhalten, die Böswilligen zu warnen, den allgemeinen Wohlstand und Frieden vor empfindlichen Erschütterungen zu hüten, tausenden von Familien und einzelnen Bürgern bittere Erfahrungen zu ersparen. Daß der Verlauf der Agitation, wenn ihr länger zugesehen wird, dahin führen muß, ist unsre feste Ueberzeugung; aber ebenso auch, daß Tausende jetzt von der allgemeinen Bewegung mit fortgetrieben werden, die einen so ernsten, schweren Ausgang weder beabsichtigen noch selbst für wahrscheinlich halten und die, rechtzeitig gewarnt, von selbst auf den gesetzlichen Boden zurückkehren würden. Um dieser letztern, ja selbst um der gefährlicheren und strafbareren Führer willen möchten wir wünschen, daß man den Verein nicht – so zu sagen – anlaufen lasse, sondern seinen immer schneller abwärts führenden Lauf jetzt, wo es noch mit geringeren Opfern möglich ist, hemme. Die Erfahrung von 1848 und 1849 hat gezeigt, daß die Herstellung der Ordnung um so härtere Mittel erforderte, je länger man der Unordnung freien Spielraum gelassen hatte. Es war uns eine Gewissenspflicht, zu rechter Zeit daran zu mahnen, daß jene Erfahrung beherzigt, daß der Friede und Wohlstand der Völker mit leichteren Mitteln geschützt werde.1

1 In dem Schreiben anläßlich der Übermittlung der Schrift an den sächsischen Ministerresidenten Bose in München führte Beust aus, „daß allein der Bund in seiner Gesammtheit gegen diesen offenbaren Übelstand Abhülfe zu schaffen in der Lage u. durch seine Verfaßung dazu berufen ist“; Beust an Bose, Dresden, 22. Juli 1860, HStA München, MA 493/1.

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Teplitzer Punktation zwischen Österreich und Preußen

Nr. 63

63. Teplitzer Punktation zwischen Österreich und Preußen GStA Berlin, III. HA, Nr. 26, fol. 30–40. Von Kaiser Franz Joseph behändigte Ausfertigung. Die linke Spalte enthält die Zusammenfassung der Absprachen von Teplitz durch Prinzregent Wilhelm von Preußen, die rechte Spalte die Kommentare Kaiser Franz Josephs. Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 1, S. 374–378; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 2, S. 112–116.

Österreich und Preußen verständigen sich auf eine gemeinsame Haltung in „der großen Politik“ vor allem im Hinblick auf einen möglichen Krieg mit Frankreich. In der Bundespolitik wollen sich die beiden Großmächte über alle wichtigen Fragen vor ihrer Behandlung am Bundestag verständigen. Das von Preußen verlangte Alternat im Bundespräsidium wird von Österreich abgelehnt. 1

Teplitz/Laxenburg, 26. Juli/2. August 1860

Seiner K. K. Apostolischen Majestät.1 Das Ergebniß unserer mündlichen Unterredung fasse ich in Folgendem zusammen: 1. Als Grundlage unserer künftigen Handlungen in der großen Politik gilt der Grundsatz, daß Oesterreich und Preussen den uns gemeinschaftlich drohenden Gefahren gemeinschaftlich entgegentreten wollen. 2. Wir haben uns dahin verständigt, daß ein Angriff Frankreichs auf unsere Staaten unseren gemeinschaftlichen Widerstand nach sich zieht. 3. Sollte Frankreich, sei es durch Gewalt, sei es durch Anwendung des allgemeinen Stimmrechtes den Versuch machen, Belgien oder Theile des schweizerischen Gebietes und Hollands sich einzuverleiben, so würden Oesterreich und Preussen einem solchen Unternehmen vereint, nöthigenfalls mit gewaffneter Hand sich widersetzen.

Zu 1. Einverstanden

Zu 2. Einverstanden

Zu 3. Einverstanden

1 Franz Joseph I., Kaiser von Österreich (1830–1916), regierte seit 1848.

Nr. 63

Teplitz/Laxenburg, 26. Juli/2. August 1860

4. Bei einem Angriffe Sardiniens auf Oesterreich wird Preussen ersterem Staate die bestimmte Erklärung abgeben, daß die Verletzung des deutschen Gebietes einer Kriegserklärung gegen Deutschland gleichbedeutend sei, wovon der Bundestag sofort Kenntniß erhielte. Die Entsendung deutscher Truppen, um österreichisches Gebiet durch eine Aufstellung an dessen deutsch-italienischen Gränzen zu sichern, erscheint unthunlich, indem dies einer Provocation Sardiniens gleichkäme, was sofort die Forderung einer Erklärung Frankreichs nach sich ziehen müßte, die unumgänglich zum Bruche zwischen Deutschland und Frankreich führen muß, wobei dann die Abtrennung jener deutschen Truppen auf einem entlegenen Kriegstheater höchst nachtheilig für die Kriegführung am Rhein sein würde. 5. Die Verständigung zwischen Preussen und Oesterreich über die in einem Kriegsfalle zu erreichenden strategischen Maßregeln, sowie über die Armee-Eintheilung und das Commando der Armee bleibt einer Verabredung vorbehalten, bei der in letzterer Beziehung die Stipulationen des J. 1840 maßgebend sein sollen.2 6. Bei der Stimmung, welche bisher in Preussen gegen Oesterreich leider vorherrscht, ist ein besonderes Augenmerk auf den Umstand zu le-

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Zu 4. In unserer Unterredung bin ich von den Begehren abgegangen, daß bei einem Angriffe Sardiniens auf das Venetianische sofort Bundestruppen zum Schutze der deutsch-italienischen Gränzen aufgestellt wurden, allein ich glaubte, statt dessen vorschlagen zu können, daß ein Bundes-Oberservationscorps aufgestellt werden sollte, um die der sardinischen Regierung zu machende Erklärung zu unterstützen. Die Aufstellung eines Oberservationscorps ist dem in solchen Fällen von allen Regierungen eingehaltenen Verfahren entsprechend, und kann Frankreich keinen gegründeten Vorwand bieten, eine Einsprache zu erheben.

Zu 5. Einverstanden und dürften die beiderseitigen militärischen Bevollmächtigten möglichst rasch zusammenzutreten haben, um ihre Arbeiten sofort zu beginnen.

Zu 6. In dieser Beziehung kann ich nur die innige Überzeugung aussprechen, daß bereits in den obigen Punkten 1–5 Leistung und Gegenleistung

2 Gemeint ist die österreichisch-preußische Punktation vom 28. November 1840, in der sich die beiden deutschen Großmächte über gemeinsame Verteidigungsmaßregeln bei einem eventuellen Angriff Frankreichs verständigten; Angelow, Von Wien nach Königgrätz, S. 118 f.; VeitBrause, Die deutsch-französische Krise, S. 281–292 Druck der Punktation.

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Teplitzer Punktation zwischen Österreich und Preußen

gen, daß, da zu den oben besprochenen Kriegszwecken bedeutende Geldopfer vom Lande gefordert werden müßen und diese von der LandesRepräsentation verfaßungsmäßig nur erlangt werden können, die Erlangung dieser Mittel auf Schwierigkeiten stoßen wird, wenn nicht Preussen in den Stand gesetzt wird, für obige Verheißungen Gegenleistungen Seitens Oesterreichs vorzulegen. Aus diesem Grunde ist Preussen nicht im Stande, Stipulationen durch Verträge oder Punctationen im voraus einzugehen, da dieselben durch mögliche Geldverweigerungen illusorisch gemacht werden könnten.

Nr. 63

zwischen Österreich und Preussen sich aufwiegen. Die Gegenleistung die Preussen dafür erhält, daß es mir Beistand gegen Frankreich verspricht, besteht darin, daß ich vollkommen freiwillig die Verbindlichkeit übernehme, auch zum Schutze Belgiens, Hollands und der Schweiz gemeinschaftliche Sache mit Preussen zu machen. Dieser Schutz ist für Europa im Allgemeinen, aber ganz speciell für Preussen von höchster Wichtigkeit. Für die weiteren Punkte, die wir in Teplitz besprachen, kann ich daher den Gesichtspunkt von Gegenleistungen Österreichs nicht gelten lassen, sondern dieselben nur nach ihrem eigenen inneren Werthe beurtheilen. Ist die Stimmung in Preussen wirklich noch immer so wenig günstig für Österreich, daß der Abschluß eines förmlichen Vertrages über die obigen 5 Punkte dadurch erschwert sein sollte, so begnüge ich mich damit zu versichern, daß mir Euer Königlichen Hoheit ausgesprochener Wille und Ihr Wort so lieb ist wie jeder Vertrag. Nur zum besseren Verständniß des Hergangs in Teplitz lege ich hier eine Abschrift des Entwurfs wieder bei, den ich Euer Königlichen Hoheit dort mitzutheilen mir erlaubte, und der unseren Unterredungen zur Grundlage diente.3

3 Der ursprüngliche, in Teplitz vorgelegte Entwurf für die Punktation; Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 1, S. 370 f.

Nr. 63

Teplitz/Laxenburg, 26. Juli/2. August 1860

7. Die Gegenleistung Oesterreichs, um solchen Geldverweigerungen nicht ausgesetzt zu sein, würde bestehen: a) in dem gegenseitigen Versprechen, alle Fragen von irgend einer Wichtigkeit im voraus zu einer Verständigung bringen zu wollen, bevor sie an den Bundestag gelangen, um bei demselben dann offen, fest und ohne Rückhalt die gemeinschaftlich gefaßte Ansicht durchzusetzen. b) ein dreijähriges Alternat des Bundestags-Präsidii zwischen Oesterreich und Preussen.

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Die in Preussen zum Theile bestehende Gereiztheit gegen Österreich, der die Presse Ausdruck zu geben sich bemüßigt glaubte, hat übrigens auch in meinen Ländern traurigen Wiederhall gefunden, und auch ich bin genöthigt, dieses bedauerliche Factum nicht unberücksichtigt zu lassen. Unser gemeinschaftliches Bestreben muß daher darauf gerichtet sein, einen günstigen Umschwung der Stimmung hervorzurufen, und alles zu vermeiden, was derselben in Preussen oder Österreich neue Nahrung zuführen könnte. Besonders sollte dahin gewirkt werden, daß in Preussen die unbedingte Nothwendigkeit der Behauptung der Mincio-Linie als das Bollwerk der südlichen Grenze Deutschlands immer mehr erkannt werde4.

Zu 7a) Grundsätzlich zugestanden, wobei ich nur die billige Voraussetzung ausspreche, daß beide Mächte prinzipiell in dem Bestreben einig sein werden, den Bund zu erhalten und eine ersprießliche verfassungsmässige Wirksamkeit desselben nach Thunlichkeit zu fördern. Zu 7b) Hier muß ich mich auf das beziehen, was ich oben über die Gegenleistungen Österreichs sagte. Was

4 Der Fluß Mincio verläuft vom Gardasee südlich zum Po. Der Oberlauf des Mincio bildete seit 1859 die Grenze zwischen dem Königreich Sardinien und dem noch österreichischen Venetien. Den Mincio zur Südgrenze Deutschlands zu deklarieren war eine gewagte Vorstellung.

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Teplitzer Punktation zwischen Österreich und Preußen

Nr. 63

speciell das Bundestags-Präsidium angeht, so ist dasselbe nichts als ein Ehrenvorzug, aber eben deshalb würde im Innern meiner Monarchie der niederschlagendste Eindruck entstehen, wenn ich ein Recht aufgeben wollte, an welches meine Völker die Erinnerung einer glorreichen Vergangenheit knüpfen. Es würde mir dann schwer werden, die Stimmung hervorzurufen, welche nothwendig sein würde, um im gegebenen Falle für Preussens Schutz mit dem Nachdrucke auftreten zu können, der allein durch eine große Opferwilligkeit der Bevölkerung gesichert werden könnte. Andererseits ist das Präsidium eine Sache des Vertrauens zwischen Österreich und seinen Bundesgenoßen und ich kann mir in keiner Weise ein Recht zuschreiben, es theilweise an Preussen abzutreten. Nur die Gesammtheit der Bundesgenoßen kann über das Präsidium verfügen. Eine materielle Rechtsungleichheit zwischen Österreich und Preussen erzeugt übrigens der Vorsitz in der Bundesversammlung nicht, und ebensowenig kann dieses Privilegium als ein wirksames Mittel des Einflußes gelten, da die Abstimmung[en] der Bundesregierungen sich nach deren Interessen richten, nicht nach der Frage, wer das Präsidium am Bundestage führt. Preussen hat Jahre lang das Präsidium kraft Substitution geführt, ohne daß deßhalb der Gang der Geschäfte einen veränderten Charakter angenommen hätte.

Nr. 64

Schloß Mainau, 15. September 1860

8. In der schleswig-holsteinischen Angelegenheit wird Oesterreich die preussische Politik nach Kräften offen unterstützen. 9. Gegenwärtiges Schreiben wird unter uns geheim gehalten. Teplitz, den 26. Juli 1860. Wilhelm P. R. m./p.

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Zu 8. Eingewilligt. Österreich wird die preussische Politik, welche auch die deutsche ist und sich auf dem gesetzlichen Felde bewegen wird, entschieden unterstützen. Zu 9. Einverstanden. Laxenburg den 2. August 1860. Franz Joseph

64. Großherzog Friedrich I. von Baden an Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha GLA Karlsruhe, Großherzogliches Familienarchiv (Eigentum SKH des Markgrafen von Baden), Abt. 13: Korrespondenz Großherzog Friedrichs I., Bd. 13. Schreiben mit Beilage. Abschrift. Druck mit Kürzungen: Oncken (Hrsg.), Großherzog Friedrich I. von Baden und die deutsche Politik von 1854–1871, Bd. 1, S. 214–217.

Der Großherzog von Baden übermittelt einen Antragsentwurf für eine Reform des Deutschen Bundes, über den sich Baden, Sachsen-Coburg und Gotha und SachsenWeimar verständigen sollen. Der Antrag sieht die Bildung einer „einheitlichen monarchischen Centralregierung“ und einer „Representation der deutschen Nation“ in zwei Häusern vor. Ziel ist eine bundesstaatliche Organisation.

Schloß Mainau, 15. September 1860 Lieber Ernst. Meinem Versprechen gemäß schicke ich Dir hier den Entwurf eines Antrags welcher bei dem Bundestag zu stellen wäre u. dessen vorhergehende commissarische Berathung nunmehr erfolgen sollte1, wenn Du u. Weimar damit einverstanden. Am Schluß dieses Antrags befindet sich eine Bemerkung in Betreff der 1849er Reichsverfassung, wodurch eine Alternative zu weiterer Erwägung vorbehalten ist. – Die ganze Frage muß ja überhaupt recht genau erwogen werden bevor man dieselbe ans’s Tageslicht bringt. Besonders wichtig ja fast unerläßlich erscheint mir das Einverständniß Preußens für ein solches Unternehmen, da ohne dasselbe zu fürchten ist, daß für längere Zeit dieser großen Sache ein Schaden zugefügt wird, welchen zu beseitigen vielleicht Jahre nicht hinreichen. Ich werde deshalb, ohne den Wortlaut dieses Antrags mitzuteilen auch ferner nicht unterlassen nach Kräften auf Berlin zu wirken und denke 1 Emendiert. Vorlage: Sollte.

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Großherzog Friedrich I. von Baden an Herzog Ernst II.

Nr. 64

daß die Ereignisse der Gegenwart mir dabei am besten zu Hülfe kommen werden, die Nothwendigkeit des Handelns darzuthun. Roggenbach ist bereit mit den anderen Commissären in Heidelberg zusammen zutreten [sic] und ich sehe daher Deinen weiteren Mitteilungen entgegen um zu diesem Schritte zu gelangen. Ich bitte Dich lieber Ernst, der lieben Alexandrina2 einstweilen meinen herzlichen Dank für ihren vortrefflichen Brief zu sagen u. bleibe Dein treuer Schwager Friedrich. P. S. Bitte sage mir wie viel Geld Du zu der Vogel Expedition gabst.3 Antrag.4 In Erwägung daß die bestehende Bundes Organisation sich unzulänglich erwiesen hat die Zwecke zu erreichen, welche bei deren Gründung erwartet werden konnten; daß sie in Augenblicken innerer Erschütterungen ohnmächtig gewesen ist die bestehende Ordnung aufrecht zu halten, in Tagen der Bedrohung durch auswärtige Gefahr dagegen nicht vermogte, die militärischen Hülfsmittel des Vaterlandes trotz großer auferlegter Opfer in wirksame Bewegung zu bringen, In Erwägung daß dem Bunde bei der seit seiner Gründung eingetretenen Entwicklung der Regierungsform der meisten Bundesstaaten, die Möglichkeit fehlt, dem Anspruche der bestehenden Verfassungen, vor allem aber den preussischen Kammern gegenüber, einheitliche Beschlüße mit unmittelbarer gesetzlicher Geltung durchzuführen, indem er einer jeden Vertretung des deutschen Volkes zu gesetzmäßiger Mitwirkung bei seinen Beschlüßen entbehrt; daß ihm somit aber auch Aussicht und Berechtigung benommen ist, für Förderung materieller Wohlfahrt und gemeinsamer deutscher Interessen durch einheitliche Bundesmaßregeln einzutreten, 2 Alexandrine Luise von Baden (1820–1904), Schwester von Großherzog Friedrich I. von Baden und seit 1842 verheiratet mit Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha; Bachmann, Aus dem Leben der Herzogin Alexandrine von Sachsen-Coburg und Gotha. 3 Herzog Ernst II. hatte vielfältige naturkundliche Interessen und unterstützte mehrere Expeditionen, unter anderem von Julius Payer und Alfred Brehm. Im Jahr 1860 übernahm er den Vorsitz in einem Komitee, das eine Expedition finanzierte, mit der das Schicksal des verschollenen Afrikaforschers Eduard Vogel (1829–1856) aufgeklärt werden sollte. Vgl. den Artikel in der „Gartenlaube“ von 1863, S. 411 f.: „Eduard Vogel und die Versuche zur Aufhellung seines Schicksals“; zu Eduard Vogel siehe ADB, Bd. 40, S. 100–108. 4 Zur Entstehung dieses Dokuments und den nachfolgenden Verhandlungen darüber siehe Brütting, Fürstlicher Liberalismus, S. 71–77.

Nr. 64

Schloß Mainau, 15. September 1860

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In Erwägung ferner, daß die gegenwärtige politische Lage Europas durch die Vielheit angeregter tief eingreifender Fragen, bei welchen sämmtlich Deutschland, als Ganzes mit seinen heiligsten Interessen betheiligt ist, eine kräftige Vertretung derselben gebieterisch fordert, und daß aus dieser Nothwendigkeit für das deutsche Volk die ernste Mahnung hervorgeht, sich der Aufgabe einer großen Nation bewußt zu werden und sich in die Verfassung zu setzen, alle innern Hülfsmittel mit Erfolg zu Vertretung seiner Interessen, vor Allem zur Abwehr äußerer Gefahr verwenden zu können, In Erwägung, daß diese Mahnung ein berechtigtes und durch keinerlei begründete Einsprache zu unterdrückendes Streben nach Einigung hervorrufen muß, daß es aber Sache der Regierungen, als der natürlichen Vertreter ihrer Völker ist, sich zum Organ dieses Verlangens zu machen, und daß sie die Pflicht haben, demselben auf gesetzlichem Wege eine Befriedigung, mit Hintansetzung jedes engen Bedenkens zu sichern und eben dadurch zu verhindern, daß dasselbe einen ungeordneten und stürmischen Charakter annehme, In Erwägung endlich, daß jeder zuläßige und ernste Versuch einer Einigung daran festhalten muß, daß einerseits die Selbstständigkeit der einzelnen Bundesstaaten in allen den Beziehungen zu erhalten sey, für welche nicht das höhere Interesse der Gemeinschaft zum Wohle aller Einzelinteressen eine gemeinsame einheitliche Leitung fordert – anderseits es eine Voraussetzung für das erfolgreiche Wirken einer jeden centralisirten Bundesorganisation ist, daß die ihr zugewiesenen Funktionen ihr zu ausschließlicher Verfügung stehen müssen, In Erwägung, daß zu diesen Funktionen zum mindesten gehören muß 1. die ausschließliche Vertretung Deutschlands dem Auslande gegenüber 2. die einheitliche Führung seiner gesammten Streitkräfte zu Land und zur See im Falle eines Krieges daß eine Bundesorganisation diese Funktionen nur dann mit Kraft und Erfolg wird ausüben können, wenn sie gebildet ist 1. aus einer einheitlichen monarchischen Centralregierung, 2. aus einer Representation der deutschen Nation in 2 Häusern, deren eines die Interessen der Gesammtheit gegenüber den Einzelinteressen, deren anderes die Ausgleichung des Interesses der Einzelstaaten gegenüber den Anforderungen der Gesammtheit zu vertreten hat,

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Beust an Bose

Nr. 65

beantragt die N. N. Regierung einen Ausschuß niederzusetzen zur Behandlung der Frage, wie die deutsche Bundesorganisation einer weiteren Entwicklung zuzuführen sey, diesen Ausschuß zu ermächtigen durch die betreffenden Bundestags Gesandten eine Aeußerung der einzelnen hohen Bundes-Regierungen darüber zu veranlaßen unter welchen Modificationen und Voraussetzungen dieselben zur Schaffung einer auf den obigen Präliminarpunkten (als den wesentlichsten Grundsätzen der Reichsverfassung von 1849) beruhenden bundesstaatlichen Organisation mitzuwirken gesonnen sein mögten, und demselben aufzugeben über den Erfolg seiner Thätigkeit innerhalb 4 Wochen Bericht zu erstatten. NB. Der Satz „als den wesentlichsten Grundsätzen der Reichsverfassung vom 28. März 1849“ kann, wegen erheblichen Bedenken, denen er Raum gibt, auch weggelassen werden. Bei Einbringung dieses Antrages, wäre eventuell durch Erklärung zu Protokoll die Bereitwilligkeit der ihn unterstützenden Regierungen auszusprechen, ihrerseits zur Förderung des großen Zweckes, alle Opfer zu bringen, die der Antrag in seinen Consequenzen von ihnen verlangt.

65. Beust an Bose HStA Dresden, Gesandtschaft München, Nr. 50. Depesche. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 16. Oktober 1860. Konzept im HStA Dresden, 10 717, Nr. 935, fol. 1–8.

Beust erinnert an die Vereinbarungen der Mittelstaaten von München und Würzburg aus dem Herbst 1859 und weist darauf hin, daß die dort beschlossenen Anträge zum großen Teil noch nicht weiterverfolgt wurden.

No XL.

Dresden, 13. Oktober 1860

Es ist gerade ein Jahr verflossen, seit zu München zwischen den Ministern des Aeußern von Bayern, Sachsen und Würtemberg eine Vereinbarung verabredet wurde, welche die Genehmigung der Allerhöchsten Souveraine erlangte und welcher späterhin auch die Regierungen von Kurhessen, Großherzogthum Hessen, Mecklenburg-Schwerin und Nassau beitraten.1 Man kam dabei unter Anderm überein, sich über gemeinsame Abstimmung in allen wichtigen Bundesangelegenheiten zu verständigen, sich gegenseitig die Ansichten über 1 Siehe Dok. 22.

Nr. 65

Dresden, 13. Oktober 1860

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mögliche Verbesserungen der Bundesverfassung und die geschäftliche Behandlung der Bundesangelegenheiten mitzutheilen und zu diesem Behuf von Zeit zu Zeit Ministerconferenzen stattfinden zu lassen. In Folge Dessen wurde auch von der Königlich-Bayerschen Regierung zu einer ersten Ministerconferenz eingeladen, welche gegen Ende November zu Würzburg stattfand.2 Auf dieser Conferenz einigte man sich nächst gemeinsamer Behandlung der damals am Bunde schwebenden kurhessischen Verfassungsangelegenheit, über nachstehende Anträge, betreffend, 1., die Veröffentlichung der Bundesverhandlungen; 2., die Erörterung der beim Bunde anhängigen Frage wegen Ansässigmachung und Heimathsrechts; 3., die Herbeiführung einer allgemeinen Civil- und Criminalgesetzgebung; 4., die Bundeskriegsverfassung; 5., die Befestigung der Ost- und Nordseeküsten; 6., gemeinsames Maß und Gewicht; 7., gemeinsame Patentgesetzgebung. Von diesen Anträgen hat nur der erste Erledigung gefunden, leider in einer solchen Weise, daß der wesentlichste Zweck der Maßregel, das öffentliche Interesse an den Bundesversammlungen zu heben und einer einseitigen Besprechung derselben zuvorzukommen, als verfehlt bezeichnet werden darf.3 2 Siehe Dok. 32 und 34. 3 In der Bundestagssitzung vom 17. Dezember 1859 hatten die Regierungen von Bayern, Sachsen, Württemberg, Kurhessen, Großherzogtum Hessen, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, Nassau, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Altenburg den Vorschlag gemacht, Maßnahmen für eine „rasche Veröffentlichung“ der Sitzungsprotokolle der Bundesversammlung zu treffen. Der zuständige Ausschuß erstattete am 18. Februar 1860 darüber Bericht und beantragte einen Beschluß zu fassen, wonach die Protokolle „alsbald nach dem Drucke der für die hohen Regierungen bestimmten Exemplare mittelst einer besonderen Sammlung veröffentlicht“ werden sollten. Der Antrag wurde am 8. März 1860 zum Bundesbeschluß erhoben, am 17. März referierte der badische Bundestagsgesandte als Berichterstatter des Ausschusses für die Veröffentlichung der Protokolle über die Modalitäten. Danach übernahm die Bundesdruckerei Krebs-Schmitt „unter Aufsicht der Bundescanzlei-Direction“ die Veröffentlichung, die in Form einer Ausgabe im Quartformat erfolgen sollte. Die Hefte sollten über den Buchhandel oder als Abonnement auf dem Postweg vertrieben werden, der Preis sollte „im Interesse der Verbreitung“ möglichst niedrig gehalten werden. Die Öffentlichkeit der Bundesverhandlungen wurde allerdings eingeschränkt durch den Vorbehalt, daß die Bundesversammlung beschließen konnte, manche Gegenstände „unbedingt oder zeitweise geheim zu halten“. Ferner wurde dem Ausschuß für die Veröffentlichung der Protokolle aufgetragen, gemäß dem Bundesbeschluß vom 7. November 1851 die Verhandlungen der Bundesversammlung, „in so weit deren alsbaldigen Bekanntmachung nichts entgegensteht, ihrem wesentlichen Inhalte nach sofort durch die Tagesblätter“ veröffentlichen zu lassen. Die einschränkenden Klauseln verhinderten eine wirkliche Öffentlichkeit der Bundesverhandlungen, denn Bundesversammlung und Regierungen behielten sich weiterhin die Informationskontrolle vor. Vgl. ProtDBV 1860, § 59, S. 89–95, Zitate S. 91 u. 95; ProtDBV 1860, § 92, S. 174–176; ProtDBV 1860, § 101, S. 191–193, Zitate S. 191.

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Beust an Bose

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Der Antrag sub 2. hat bis jetzt keine Folge gehabt. Jener sub 3 ebensowenig. Der Antrag sub 4 befindet sich wenigstens mit den übrigen, auf denselben Gegenstand bezüglichen Anträgen im Stadium der Verhandlung. Der Antrag sub 5 hat wohl den Erfolg gehabt, daß die königlich-preußische und die königlich-hannöversche Regierung dem Gegenstande ihre Aufmerksamkeit zugewendet haben; die Thätigkeit des Bundes dabei bleibt Null. Die beiden letzten Anträge unter 6 und 7 wurden erst gegen das Ende der letzten Bundessession eingebracht.4 Ein Gegenstand von besonderer Wichtigkeit, welchen die in Würzburg tagenden Regierungen in das Programm ihrer Berathungen aufgenommen hatten, konnte für sie kein Gegenstand des Antrags werden, nachdem inmittelst die großherzoglich-badische Regierung bereits einen ähnlichen beim Bunde eingebracht hatte. Es handelte sich um die Frage wegen Errichtung eines Bundesgerichts.5 Dieser Antrag wurde in dem betreffenden Ausschusse eingänglich behandelt und ein Mitglied desselben lieferte bereits zu Anfang dieses Jahres einen sehr gründlichen und ausführlichen Bericht.6 Nichtsdestoweniger hat der Ausschuß bis zur Stunde noch keinen Vortrag darüber erstattet. Es wäre eine müßige Aufgabe, den Ursachen dieser geschäftlichen Bilanz nachzuforschen. Jedenfalls würde es eine Ungerechtigkeit sein und eine vollständige Unkenntniß der Personen verrathen, wenn man die Mitglieder der Bundesversammlung dafür verantwortlich machen wollte. Dagegen ist die Frage unabweisbar, ob jener oben dargelegte thatsächliche Stand der Dinge unbeachtet bleiben soll, oder ob eine Anregung zu besserer Förderung der Geschäfte am Bundestage gerathen und an der Zeit sei. Wir haben uns hierbei der obenerwähnten Münchner Verabredungen zu er4 Der Antrag zur Einführung eines einheitlichen Maß- und Gewichtssystems im Deutschen Bund wurde am 23. Februar 1860 in der Bundesversammlung eingebracht, am 28. Juni 1860 wurde die Einsetzung einer Sachverständigenkommission beschlossen. Am 26. Juli 1860 stellten die mittelstaatlichen Regierungen in der Bundesversammlung den Antrag, die Verhandlungen über ein gemeinsames Patentrecht wieder aufzunehmen. Vgl. ProtDBV 1860, S. 113 f., S. 230–234, S. 248–254, S. 354; Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 441 f., 505. 5 Siehe Dok. 31. 6 „Entwurf des Vortrages des Bundestags-Ausschusses für Errichtung eines Bundesgerichtes“, verfaßt vom Bundestagsgesandten der 16. Kurie (Liechtenstein, Reuß ältere Linie, Lippe und Hessen-Homburg) Justin Thimotheus Balthasar Freiherr von Linde (1797–1870), BA Koblenz, Nachlaß Linde, FN 10/70 I, S. 37–218. Der Entwurf wurde dem Ausschuß für das Bundesgericht am 23. Januar 1860 vorgelegt. Vgl. dazu und zur weiteren Entwicklung Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 323 f.; Müller-Kinet, Die höchste Gerichtsbarkeit im deutschen Staatenbund, S. 214–218; Wyduckel, Die Diskussion um die Errichtung eines Bundesgerichtes beim Deutschen Bund, bes. S. 212. Zu Linde: ADB, Bd. 18, S. 665–672; NDB, Bd. 14, S. 576 f.

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innern und verlangen nicht besser als in Gemäßheit derselben eine Verständigung mit den dabei betheiligten Regierungen überall zu erzielen. Allein wir können auch nicht außer Beachtung lassen, daß zu diesem Zwecke von Zeit zu Zeit Ministerconferenzen abgehalten werden sollten; daß jedoch ein Antrag, den wir in Folge Dessen wegen Abhaltung einer zweiten Conferenz stellten, nicht allein entschiedenem Widerspruche bezüglich der Opportunität begegnete, sondern daß auch, abgesehen hiervon, bei dieser Gelegenheit sich eine Meinungsverschiedenheit über den Umfang der auf der Ministerconferenz zu verhandelnden Berathungsgegenstände und über deren Zwecke herausstellte, welcher gegenüber die Abhaltung dieser Conferenzen überhaupt, wenigstens für die nächste Zeit, als problematisch zu betrachten sein dürfte. Während unsere Ansicht dahin geht, daß nicht allein äußere Fragen, sondern namentlich auch die Fragen innerer Gesetzgebung, soweit sie dem Bunde zugewiesen werden können, in den Bereich der Conferenz-Berathungen gehören, daß ferner die Conferenzen dazu dienen sollen, einen gegenseitigen Austausch der Ansichten zu vermitteln und daß endlich die Conferenzen ihren Zweck keinesweges verfehlen, wenn sie die Uebersicht der jedesmaligen politischen Lage für die einzelnen Regierungen erleichtern und wenn sie – was darum nicht minder zu wünschen – auch nicht gerade positive, nach Außen hervortretende Resultate liefern, machte sich an anderer und maßgebenderer Stelle die Ueberzeugung geltend, daß der Umfang der Berathungen auf die äußeren Fragen zu beschränken sei, daß ferner den Conferenzen eine vorgängige, im schriftlichen Wege zu erzielende Verständigung vorauszugehen habe, und daß die Conferenzen nur mit der Aussicht auf bestimmt vorherzusehende und zu übersehende Resultate stattfinden dürften. Unsere Absicht geht ebenso wenig dahin, hierüber eine Discussion anzuknüpfen, als auf die Abhaltung einer Conferenz im gegenwärtigen Augenblicke irgendwie hinzuwirken. Dagegen freilich können wir der von uns schon früher ausgesprochenen und auf wiederholte Erfahrungen gestützten Ueberzeugung nicht entsagen, daß Vernehmungen im schriftlichen Wege nicht allein, falls sie unter einer Mehrzahl von Regierungen gepflogen werden sollen, einen unverhältnißmäßig langen Zeitraum in Anspruch nehmen, sondern auch selten oder nie zu einer Verständigung führen, was seinen ganz natürlichen Grund darin hat, daß die oft sehr abweichenden Ansichten, dabei unter Festhaltung des vorherrschenden Gesichtspunkts, mit Nachdruck vertreten und entwickelt werden, ohne eine Vermittlung und Ausgleichung zu finden. Das praktische Ergebniß vorstehender Betrachtungen ist nun für uns bei der oben angeregten Frage kein anderes gewesen, als der Entschluß, nach der Wiedereröffnung der Bundestagssitzungen eine rasche und förderliche Auf-

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nahme der bisher zurückgehaltenen Berathungsgegenstände zu beantragen, und es ist der Wille Seiner Majestät des Königs, unsers allergnädigsten Herrn, daß ich zu diesem Behuf den königlichen Bundestagsgesandten mit entsprechender Instruction versehe. Es ist aber nicht minder die Absicht Seiner Majestät, daß hiervon den, bei der Münchner Vereinbarung betheiligten Regierungen und zunächst der Königlich-Bayerschen Regierung Kenntniß gegeben werde. Es könnte nur sehr erwünscht sein, wenn der beabsichtigte Antrag nicht allein von der königlichsächsischen Regierung, sondern auch in Gemeinschaft mit andern Regierungen gestellt würde und vornehmlich, wenn an deren Spitze die Königl. Bayrische Regierung sich befände. Für den entgegengesetzten und unerwünschten Fall wird man aber gewiß auf anderer Seite gerecht genug sein anzuerkennen, daß wir damit gegen die Münchner Vereinbarungen nicht verstoßen würden. Die Anregung, welche wir in Frankfurt an der Zeit halten, betrifft nicht allein die Anträge bezüglich des Heimathsrechts, sowie der Herbeiführung gemeinsamer Civil- und Criminal-Gesetzgebung und endlich auch die Einführung gleichen Maßes und Gewichtes, sondern auch und vornehmlich das Bundesgericht. Wir werden dabei zunächst, ganz abgesehen von dem innern Werthe des vorliegenden Berathungsmaterials, von der Ansicht geleitet, daß das Ansehen der Bundesversammlung auf das Empfindlichste leidet, wenn Anträge, die in derselben gestellt und den Ausschüssen zugewiesen wurden, zum Erliegen kommen; daß ferner die Bundestagsausschüsse, so lange nicht ein Beschluß der Bundesversammlung dem Fortschritte ihrer Arbeiten Einhalt gebietet, verpflichtet sind, die ihnen7 zugewiesenen Gegenstände in möglichst kurzer Frist durch Vortragserstattung zu erledigen; daß es daher durchaus unvereinbar mit dem bundesmäßigen Geschäftsgange ist, wenn die daran theilnehmenden Bundestagsgesandten durch Instruction ihrer Regierungen daran behindert werden und daß in einem derartigen Eingreifen in die Thätigkeit der Bundestagsausschüsse eine Beeinträchtigung der Ansprüche liegt, welche die übrigen Bundesregierungen an die Bundesversammlung zu machen berechtigt sind; daß endlich für das Ansehen der Bundesversammlung es viel weniger nachtheilig ist, wenn selbst eine Frage, woran sich populäre Hoffnungen knüpfen, im negativen Sinne nach allseitiger Beleuchtung entschieden, als wenn derselben durch geschäftliche Unthätigkeit ausgewichen wird. Soviel aber die materielle Seite bei der Frage des Bundesgerichts betrifft, so habe ich keinesweges in Abrede zu stellen, daß wir das Zustandekommen desselben fortwährend wünschen, und daß wir in den Erfahrungen, welche der Verlauf der kurhessischen Verfassungsangelegenheit an die Hand giebt, für unsern Theil nur eine Bestärkung der Ansicht zu finden vermögen, daß eine 7 Emendiert. Vorlage: ihr.

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Ausdehnung der Competenz des Gerichts auf Verfassungsstreitigkeiten, weit mehr Garantien als Gefahren in sich schließen würde. Das Bestehen eines Bundesgerichts hätte der Bundesversammlung und den bei dem Majoritätsbeschlusse vom 24. März betheiligten Regierungen8 alle die Verlegenheiten und Mißdeutungen erspart, denen sie dadurch ausgesetzt wurden, und die Befürchtung liegt nahe genug, daß der schließliche thatsächliche Ausgang der ganzen Angelegenheit ein viel härterer Schlag für die Autorität des Bundes werden möchte, als dies mit einem zu Gunsten der Verfassung von 1831 ausgefallenen Spruche eines Bundesgerichts der Fall gewesen wäre, dessen Wirkungen doch zunächst nur die kurhessische Regierung getroffen haben würden. Ew. Hochwohlgeboren ersuche ich nun von vorstehender Darlegung dem Herrn Minister Freiherrn von Schrenk, durch Überlassung gegenwärtiger Depesche, Mittheilung zu machen und mir dessen Ansichten und Aeußerungen über den angeregten Gegenstand baldigst einzuberichten. Beust

66. Reinhard11 an Hügel HStA Stuttgart, E 50/01, Büschel 824. Vertraulicher Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 13. November 1860.

Der tiefgehende Zwiespalt zwischen Österreich und Preußen lähmt die Tätigkeit der Bundesversammlung und ihrer Ausschüsse. Das 1851 von der Dresdener Konferenz der Bundesversammlung überwiesene Material ist fast ganz unbearbeitet geblieben. Die in jüngster Zeit von den Mittelstaaten eingebrachten Reformanträge sind vom selben Schicksal bedroht. Das lähmende „Diplomatisieren“ hat den prekären Stand des Bundes verschuldet. Um den Geschäftsgang zu beschleunigen, schlägt Reinhard vor, das Bundespräsidium zur regelmäßigen Berichterstattung über unerledigte Angelegenheiten zu verpflichten, den Ausschüssen feste Termine für die Berichterstattung zu setzen und die Frist für die Instruktionseinholung auf 14 Tage zu begrenzen.

Vertraulich

Frankfurt am Main, 9. November 1860

Euer Excellenz habe ich ganz ergebenst zu benachrichtigen die Ehre, daß gestern die übliche Bundestags Sitzung ausgesetzt worden ist, weil nur ein Paar höchst unbedeutende Ausschußberichte zum Vortrag bereit waren und man sich mehr oder 8 Bundesbeschluß vom 24. März 1860; ProtDBV 1860, S. 157–170. Siehe dazu oben Dok. 43, Anm. 3. 1 Hugo Ludwig Freiherr von Reinhard (1819–1871), 1850–1865 württembergischer Bundestagsgesandter; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 423.

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weniger zum Grundsatz gemacht hat, lieber seltener Sitzungen zu halten und dazu den Verhandlungsstoff sich anhäufen zu lassen, als sich wegen unbedeutender und nicht dringender Angelegenheiten zu versammeln. Wenn übrigens Euer Excellenz Anstoß daran nehmen sollten, daß in so manchen Angelegenheiten, welche am Bunde in Verhandlung sind, kein Fortschritt sich vorbereitet finde, so muß ich Hochdieselben bitten, solches nicht etwa dem Umstande zuzuschreiben, daß die Bearbeitung der meisten und wichtigsten Materien im Grunde nur einer Minderzahl von Gesandten zur Last fällt, sondern vorwiegend dem Mangel an Instructionen und einem Umstande, welchen ich vertraulich zur Sprache zu bringen, mich gedrungen fühle. Seitdem nämlich im Bunde ein tiefgehender principieller Zwiespalt eingetreten ist, äußern häufiger als früher politische Erwägungen einen lähmenden Einfluß auf die Arbeiten der Bundes Versammlung. Solche Erwägungen, die in augenblicklichen Conjuncturen, meistens in dem Verhältniß der beiden deutschen Großmächte zu einander, in Rücksichtnahme auf schwebende Verhandlungen derselben im Allgemeinen, ihren Grund haben und von einflußreicher Seite geltend gemacht werden, bewirken nicht etwa blos, daß Angelegenheiten nicht der Entscheidung der Bundes Versammlung unterbreitet werden, sondern daß dieselben sogar nicht einmal in den betreffenden Ausschüssen berathen, sondern geradezu liegen gelassen werden. Solchen Rücksichten und Einflüssen ist zuzuschreiben, daß das von der Dresdener Conferenz des Jahrs 1850 der Bundes Versammlung überwiesene und unter mehrere Ausschüsse vertheilte Material fast ganz unbearbeitet gelassen worden ist und daß die zum großen Theil demselben Material entnommenen gemeinnützigen Anträge, welche in neuester Zeit von den Mittelstaaten eingebracht worden sind, von demselben Schicksale bedroht sind.2 Wie damals, so jetzt: so oft man unter vier Augen fragt, warum eine solche Angelegenheit nicht vorwärts kommt, hört man, es werde gewünscht oder der Präsidial Gesandte wünsche, daß dieselbe nicht in diesem Augenblicke angeregt werde, wo gerade Verhandlungen mit Preussen statt fänden, in Berlin eine bessere Tendenz zu Tage trete und dergleichen, und der Referent legt die Feder aus der Hand und die Angelegenheit wird entweder ganz todt geschwiegen oder sie kommt, weil sie nicht länger zurückzuhalten war, unter viel ungünstigeren Umständen zur Verhandlung, wie so manche in frischem Andenken stehende Beispiele beweisen. Ich verkenne nun keineswegs den politischen Charakter der Bundes Versammlung und kann mich auch von einer Mitschuld an solcher politischer Rücksichtnahme nicht freisprechen, aber die schlimmen Erfahrungen, die ich im Laufe von zehen Jahren gemacht, haben mich überzeugt, daß das geschilderte Verhalten der Bundes Versammlung in hohem 2 Randbemerkung von Hügel: Nicht alle!

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Grade verderblich und zugleich pflichtwidrig ist. Sobald eine Angelegenheit der Bundes Versammlung überwiesen ist, ist es die Pflicht derselben, eine solche möglichst rasch wenigstens so weit zu fördern, daß sie der Beschlußfassung unterbreitet werden kann und auch diesen letzten Act der Vorbereitung nur dann und so lange zu suspendiren, als positive Abmahnungen vorwiegend maßgebender Regierungen dazu Anlaß geben. Für jede Verzögerung innerhalb der Vorbereitungsstadien sind die Mitglieder der Bundes Versammlung, insbesondere die der betreffenden Ausschüsse persönlich verantwortlich und sind in so weit nicht berechtigt, die Schuld der allseits beklagten Unfruchtbarkeit der Bundes Versammlung den Regierungen aufzubürden. Wir dürfen selbst dem mit der Geschäftsleitung betrauten Präsidium nicht einen so weit gehenden lähmenden Einfluß einräumen, weil die Erfahrung gelehrt hat, daß jeder Präsidial Gesandte seine Amtsthätigkeit in der Hoffnung beginnt, Preussen durch conciliatorisches Benehmen zu gewinnen und zu spät inne wird, daß er es mit einer rücksichtslos systematischen Opposition zu thun hat. Unsere Regierungen sind zu der Erwartung berechtigt, daß wir die uns zugewiesenen Angelegenheiten, so weit es von unserer Thätigkeit abhängt, möglichst fördern und das Wiener Cabinet wird nur zu häufig von Europäischen Rücksichten beeinflußt, welche heute von Gewicht oft schon morgen verschwinden und meistens dem Beruf der Bundes Versammlung fern liegen oder sich schließlich als übertrieben erweisen, nachdem sie nur den Gegnern der Bundes Versammlung genützt und einen unwiederbringlichen Schaden angerichtet haben. Nachdem nun das Diplomatisiren, welches den alten Bundestag so unfruchtbar gemacht und hauptsächlich den prekären Stand des Bundes verschuldet hat, auch in dem mit ungleich wichtigeren und schwierigeren Aufgaben belasteten restaurirten Bundestag Eingang gefunden hat, so kann der verderbliche Usus, der sich in der Geschäftsbehandlung eingenistet hat, nur durch Bestimmungen der Geschäfts Ordnung beseitigt werden, welche es den einzelnen Regierungen wie ihren Gesandten erleichtern, die verschiedenen Angelegenheiten zu betreiben. Es ist hier schon wiederholt gerügt worden, daß die Militair-Commission in ihrem Schooße einen in hohem Grade langsamen Geschäftsgang eingeführt und oft schließlich kein technisches Gesammtgutachten, sondern ein Conglomerat der verschiedenartigsten Abstimmungen liefert, es ist aber auch im Schooße von Bundestagsausschüssen namentlich wenn der k. Preußische Gesandte das Bedürfniß von Instructionen vorschützte, um eine Ausschußberathung zu verzögern, geäußert worden, daß noch eine besondere Geschäfts Ordnung für die Ausschüsse nöthig seyn werde. Letztere Maßregel erscheint mir nun, in Betracht, daß das Wiener Cabinet und in Folge dessen auch der Bundes Präsidialgesandte noch in höherem Grade als je zuvor in die ängstlichste Rücksichtnahme auf die ihrerseits rücksichtslose Preußische Regierung gerathen ist, geradezu als unentbehrlich und zwar hauptsächlich im

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Interesse des Präsidiums selbst und ich erlaube mir daher, in Folgendem einige unmaßgebliche Andeutungen zu unterbreiten: 1. Es sollte dem Praesidium geschäftsordnungsmäßig zur Pflicht gemacht werden, periodisch, etwa alle 3 Monate, ein Verzeichniß der unerledigten Angelegenheiten der Bundes Versammlung – wenn auch nur vertraulich – vorzutragen und unter den Bundestags Gesandtschaften vertheilen zu lassen. 2. Dasselbe Verfahren sollte jeden Monat in allen Bundestags Ausschüssen von Seiten ihrer Präsidirenden eingehalten werden. 3. Für die Vorbereitungsstadien in den Ausschüssen sollten Termine gesetzt werden und zwar etwa in folgender Weise: a) Sobald dem Präsidirenden eines Ausschusses der betreffende Protocoll Auszug zukommt, hat derselbe, wenn nicht der Referent bereits ernannt ist, den Ausschuß zu berufen und nach einer vorläufigen Besprechung des Gegenstandes den Referenten zu benennen. b) Der Referent hätte spätestens innerhalb 4 Wochen einen Vortrags-Entwurf zu liefern oder um eine Verlängerung der Arbeitsfrist nachzusuchen, welche nur aus Gründen statthaft ist, die in dem Umfang und der Schwierigkeit der Arbeit, der Nothwendigkeit weiterer Ausschußberathung und dergleichen liegen. c) Der Vortrags Entwurf des Referenten wird, wenn er nicht so geeignet ist, daß er durch Circulation unter den Ausschußmitgliedern zur Unterzeichnung gebracht werden kann, sofort einer Ausschußberathung unterzogen und zum alsbaldigen Einbringen in die Bundes Versammlung definitiv festgestellt. d) Die Berufung auf mangelnde Instructionen ist principiell ausgeschlossen, verlangt aber ein einzelnes Ausschußmitglied eine Frist zu genauerer Erwägung oder äußert sich im Allgemeinen ein solches Verlangen, welches meistens darin seinen Grund hat, daß man unter der Hand Instructionen einzuholen wünscht, so wird dazu in der Regel eine Frist von höchstens 14 Tagen gewährt. e) Nach Ablauf dieser Frist entscheidet die Majorität über die Fassung des zu erstattenden Vortrags und wenn die Minorität sich zur Abgabe eines Separatvotums veranlaßt findet, so wird derselben zur Einreichung eines solchen im Ausschuß höchstens eine Frist von 8 Tagen gewährt. f) Die wirkliche Vortrags Erstattung in der Bundes Versammlung kann ausnahmsweise, aber nur dann suspendirt werden, wenn aus gewichtigen Gründen die Mehrheit damit einverstanden ist, muß aber dann alle acht Tage wieder zur Sprache gebracht werden. Durch solche Bestimmungen der Geschäfts Ordnung würde zunächst die Thätigkeit der Ausschüsse im Allgemeinen unter die Controle der Bundes Versammlung resp. sämmtlicher Bundes Regierungen gestellt und der Präsidial Gesandte würde durch Handhabung derselben die Erledigung der anhän-

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gigen Angelegenheiten fördern, ohne daß ihm oder seiner Regierung von irgend einer Seite Rücksichtslosigkeit vorgeworfen werden könnte, wie auch eine einzelne Regierung eine gegebene Gelegenheit erhielte, die Förderung einer ihr besonders am Herzen liegenden Angelegenheit zu moniren. Es könnte damit vielleicht auch die periodische Erstattung eines allgemeinen Geschäftsberichts der Bundes Versammlung verbunden werden, während jetzt nur die alljährlich neu zu wählende Reclamations Commission einen solchen Bericht erstattet. Derselbe fördernde Einfluß würde sich in den Ausschüssen geltend machen. Der occulte lähmende Einfluß, welcher so verderblich auf die Thätigkeit der Ausschüsse einwirkt, würde gebrochen werden und diejenigen Regierungen, welche – sey es in Folge einer Anfrage ihres Gesandten oder aus Besorgniß, daß Letzterer, nicht genügend informirt, sich nicht in ihrem Sinne benehmen könnte – auf die Ausschußberathung einwirken möchten, würden eine Anregung dazu erhalten, ihren Gesandten rechtzeitig mit Instruction zu versehen. Im Allgemeinen hat sich hier in Folge vielfacher Erfahrungen die Ueberzeugung gebildet, daß die Regierungen sich am leichtesten und schnellsten über eine schwierige Angelegenheit verständigen, wenn ihnen ein Vortrags Entwurf – sey es des Referenten allein, oder des Ausschusses – vertraulich unterbreitet wird; wie nöthig es indessen ist, daß auch für vertrauliche Instructionseinholung über solche Entwürfe geschäftsordnungsmäßig eine Frist bestimmt werde, beweist z. B. der Umstand, daß über die von dem Staatsrath von Linde gefertigten Entwürfe in Betreff der Errichtung eines Bundesgerichts und der Herbeiführung einer gleichmäßigen Civil- und Criminalgesetzgebung noch keines der betreffenden Ausschußmitglieder Instruction erhalten hat, daher es gewiß besser wäre, wenn der Ausschuß veranlaßt würde, vorläufig jene Entwürfe nach persönlichem Wissen und Gewissen in Berathung zu nehmen und erst das aus solcher Berathung hervorgegangene Elaborat den Regierungen vorzulegen. Endlich würde durch die oben entwickelten Bestimmungen zwar die Vorbereitung aller Angelegenheiten bis zur Beschlußfassung der Bundes Versammlung wesentlich gefördert, jedoch bevor eine Angelegenheit den Rubicon zur Bundes Versammlung überschreitet, den politischen Erwägungen hinsichtlich der Opportunität des zu stellenden Ausschußantrags aller Raum gelassen. Übrigens glaube ich, obgleich schon mehrere meiner Collegen solche geschäftsordnende Bestimmungen als ersprießlich anerkennen, daß die Anregung derselben mit Vorsicht unternommen werden müßte. Daher erlaube ich mir das ergebenste Ersuchen, daß Euer Excellenz dieses mein Berichtschreiben als ein vertrauliches betrachten und falls resp. insofern meine unmaßgeblichen Vorschläge Hochdero Genehmigung erhalten sollten, mich davon mit der Weisung in Kenntniß setzen möchten, daß ich dieselbe vorerst mit dem

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Präsidialgesandten und anderen Collegen vertraulich zu besprechen und über das Ergebniß Bericht zu erstatten hätte. Genehmigen Euer Excellenz die erneute Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung. Reinhard

67. Schrenk an Gise HStA Dresden, 10 717, Nr. 935, fol. 25–27. Depesche. Abschrift. „Von der hiesigen Kgl. Bayerschen Gesandtschaft [die Stelle ist unleserlich wegen eines Wasserschadens] mitgetheilt.“

Bayern hat Bedenken gegen die von Beust angeregte Initiative in der Bundesversammlung zur Beschleunigung der Beratungen über die infolge der Würzburger Konferenz eingebrachten Reformanträge. Viele Maßnhamen sind schon auf den Weg gebracht, und eine Mahnung in der Bundesversammlung würde der Öffentlichkeit nur neuen Anlaß zu Klagen über die Bundesverfassung geben. Statt dessen regt Bayern an, daß die Regierungen ihre Bundestagsgesandten anweisen, die Beratungen über die Reformanträge tatkräftig zu fördern.

München, 12. November 1860 Hochwohlgeborner Freyherr! Der kgl. Sächsische Minister-Resident Herr von Bose hat mir einen Erlaß des kgl. Staatsministers Freyherr von Beust vom 13ten vor. Mts.1 mitgetheilt, nach dessen Inhalt die kgl. sächsische Regierung beabsichtiget, die Bundesversammlung nach Wiedereröffnung ihrer Sitzungen zu einer raschen und förderlichen Aufnahme der Verhandlungen über die in Folge der vorjährigen Minister Conferenz zu Würzburg gemeinsam eingebrachten Anträge anzuregen, an die kgl. bayerische Regierung aber die Einladung gerichtet, sich dem zu diesem Ende in der Bundesversammlung zu stellenden Monitorial-Antrage anzuschließen. Auf Grund der hierüber eingeholten Befehle Seiner Majestät des Königs, unseres allergnädigsten Herrn, habe ich vor Allem Euer Hochwohlgeboren zu ersuchen, dem kgl. Staatsminister Freyherrn von Beust unseren aufrichtigen Dank für die gemachte Mittheilung und für die Kundgabe des Werthes, welchen derselbe darauf gelegt hat, daß wir in dieser Angelegenheit mit der kgl. Sächsischen Regierung gemeinsam vorgehen, darzubringen. Auch unsererseits von dem lebhaften Wunsche beseelt, mit der kgl. Sächsischen Regierung in Bundes-Sachen stets Hand in Hand zu gehen, haben wir 1 Siehe Dok. 65.

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der gemachten Einladung die sorgsamste Erwägung zugewendet, und es hat uns diese zu nachstehender Auffassung geführt. Die Anregung, welche die kgl. Sächsische Regierung in Frankfurt zu geben an der Zeit hält, betrifft inhaltlich des Erlaßes des Freyherrn von Beust, vom 13ten vorigen Monats, die Anträge bezüglich 1. des Heimathrechtes, 2. der Herbeiführung gemeinsamer Civil[-] und Criminal-Gesetzgebung, 3. der Einführung gleichen Maßes und Gewichtes, und 4. der Errichtung eines Bundes-Gerichtes. Anbelangend nun den unter Ziff. 1 bezeichneten Gegenstand, so war das Vorschreiten der Bundesversammlung bezüglich desselben bekanntlich bisher dadurch gehemmt, daß die kaiserl. österr. Regierung, in Folge des Standes ihrer Organisations- und Gesetzgebungs-Arbeiten, noch keine Erklärung in Bezug auf den fraglichen Antrag abgeben zu können äußerte. Nach einer uns in jüngster Zeit zugekommenen Mittheilung ist nunmehr dieses Hinderniß gehoben, und es ist der kaiserl. Präsidial-Gesandte angewiesen worden, die Bereitwilligkeit der kaiserlichen Regierung kund zu geben, zu Faßung eines Bundes-Beschlußes über die Heimathsverhältniße unter bestimmten Voraussetzungen mitzuwirken. Hiedurch werden wohl die Verhandlungen am Bunde in dieser Sache wieder in Gang kommen, ohne daß es deßfalls einer anderweitigen Anregung bedürfte. Hinsichtlich des Antrages Ziff. 3 die Einführung gleichen Maßes und Gewichtes betreffend, hat die Bundesversammlung am 28ten Juni l. Js., bereits den Beschluß gefaßt, eine Commission von Sachverständigen zur Erstattung eines deßfallsigen Gutachtens nach Frankfurt zu berufen2, und die Regierungen, welche geneigt wären, Sachverständige hiezu abzuordnen, um Anzeige dessen zu ersuchen. Es sind sodann seither bereits so viele zustimmende Erklärungen eingegangen, daß der betreffende Ausschuß, wie der kgl. Bundestagsgesandte anzeigt, beabsichtigt, die Einberufung der Commission im nächsten Monate Jänner zu begutachten. Auch dieser Gegenstand scheint uns hienach dermalen einer Anregung nicht zu bedürfen, und es verbleiben nur die Anträge in Betreff der Civil- und Criminal-Gesetzgebung und wegen des Bundes-Gerichtes, bei welchen solches der Fall wäre. Ueber diese beiden einigermaßen zusammenhängende Gegenstände liegen bekanntlich bereits Entwürfe von Ausschuß-Vorträgen vor, und es sind diese, unseres Wissens, mindestens an jene höchsten und hohen Regierungen einbefördert worden, deren Gesandte Mitglieder des betreffenden Ausschußes sind. 2 ProtDBV 1860, S. 248–254.

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Wenn wir nun auch vollkommen damit einverstanden sind, daß die Bundestagsgesandten an Förderung der ihnen als Ausschußmitgliedern obliegenden Arbeiten durch Instructionen ihrer Regierungen nicht behindert werden sollen, so liegt es andererseits doch nahe, daß die betreffenden Gesandten in so hochwichtigen und eingreifenden Gegenständen, wie diese es sind, im Voraus mit den Intentionen ihrer Regierungen vertraut zu seyn suchen, und es kann selbst auf das Endresultat der Verhandlungen förderlich einwirken, wenn in den Ausschuß-Gutachten nicht blos persönliche Anschauungen der Gesandten zu Tage treten. Soviel uns bekannt, haben sich nun über die Vortrags-Entwürfe, und über die denselben zu Grunde liegenden Gesichtspunkte mehrere der Regierungen, an welche die Entwürfe einbefördert worden sind, noch nicht schlüßig gemacht, ein Monitorial-Antrag würde demgemäß die Bundes-Versammlung, oder vielmehr den betreffenden Ausschuß nicht in die Lage setzen, sofort weiter vorzugehen, die Mahnung müßte, um einen Erfolg zu haben, eher an die betreffenden Regierungen gerichtet seyn. Indirecte würde dieses zwar erreicht werden, allein vor den Augen der Welt, welche in die wahre Sachlage nicht eingeweiht, dagegen ohnedem nur zu sehr geneigt ist, den schwerfälligen Gang der Verhandlungen am Bunde, der Bundesversammlung und ihrer Organisation beizumessen, läge in der Mahnung nur ein neuer Anlaß zu Klagen über die bestehende Bundes-Verfassung. Es will uns bedenklich scheinen, ohne dringendes Bedürfniß, hiezu Stoff zu bieten, insbesondere, wenn der Zweck allenfalls auch auf andere Weise erreicht werden könnte. Unseres Erachtens wäre aber dieses dadurch möglich, daß die BundestagsGesandten angewiesen würden, der Förderung der in Frage stehenden Verhandlungen ihre unausgesetzte Aufmerksamkeit und Thätigkeit zuzuwenden. Wir glauben uns von einem fortwährenden persönlichen Eingreifen der Gesandten in der Wesenheit vielleicht selbst mehr Erfolg versprechen zu dürfen, als von einem zu Protocoll gegebenen Antrage, welcher an den betreffenden Ausschuß verwiesen wird, und dort nur zu leicht unbeachtet bei den Akten ruhen bleiben könnte. Wir erachten den Augenblick des Wiederzusammentrittes der Bundesversammlung für geeignet, zum Erlaß einer Weisung an die Gesandten in vorerwähntem Sinne, möchten aber eine förmliche Anregung in der Bundesversammlung jedenfalls vorerst noch vermieden, und insolange vertagt sehen, bis sich nicht im weiteren Verlaufe gezeigt haben würde, daß der Versuch der Förderung der Verhandlungen in dieser nicht in die Oeffentlichkeit tretenden Form den von uns erwarteten Erfolg nicht gewähre. Wir werden den dießseitigen Bundestags-Gesandten demgemäß instruiren und würden es freudig begrüßen, wenn die kgl. Sächsische Regierung sich zu

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gleichmäßigem Vorgehen verstehen wollte, sind übrigens selbstverständlich weit davon entfernt, der von derselben in dem Erlaße vom 13ten Oktober kund gegebenen Absicht irgendwie im mindesten entgegentreten zu wollen. Ich ersuche Euer Hochwohlgeboren, dem Herrn Staats-Minister Freyherrn von Beust von vorstehender Darlegung unserer Anschauung Mittheilung machen, mir aber anzeigen zu wollen, welche Aufnahme dieselbe gefunden habe. Empfangen Euer Hochwohlgeboren auch bei diesem Anlaße den erneuten Ausdruck meiner ausgezeichnetsten Hochachtung. (gez.) Frhr von Schrenk

68. Antrag auf Bundesreform in der zweiten sächsischen Kammer HStA Dresden, 10 717, Nr. 935, fol. 63 f.; Landtags-Acten. 3. Abtheilung: Die Protocolle der Zweiten Kammer. Beilagen zu den Protocollen der Zweiten Kammer, S. 48–50.

Der Abgeordnete Christian Gottlieb Riedel stellt einen Antrag „auf Schaffung einer kräftigen, das gesammte Deutschland umfassenden Centralgewalt und gleichzeitig auf Herstellung einer zweckmäßigen allgemeinen Vertretung des deutschen Volkes“.

Dresden, 14. November 1860 An die hohe Ständeversammlung und zunächst an die zweite Kammer. Antrag, die Schaffung einer kräftigen deutschen Centralgewalt und gleichzeitig Herstellung einer Vertretung des deutschen Volkes dabei betreffend. Schon am Landtage 1850/51 stellte die Finanzdeputation der zweiten Kammer den Antrag: „Die Staatsregierung möge bei Mitwirkung zu Schaffung einer kräftigen, das gesammte Deutschland umfassenden Centralgewalt für gleichzeitige Herstellung einer zweckmäßigen allgemeinen Vertretung des deutschen Volkes Sorge tragen.“ Der Herr Staatsminister von Beust stimmte diesem Antrage Namens der Regierung bei: die zweite Kammer nahm denselben am 4. December 1850 einstimmig an. (Mittheilungen der zweiten Kammer, S. 1128 und 1129.)1 1 56. Sitzung der zweiten Kammer vom 4. Dezember 1850, Mittheilungen über die Verhandlungen des ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1850 und 1851. Zweite Kammer. Bd. 1, S. 1128 f.

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Antrag auf Bundesreform in der zweiten sächsischen Kammer

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Die Deputation der ersten Kammer räth derselben den Beitritt zu diesem Antrage ebenfalls an, von Nostitz-Jänkendorf2 stellt jedoch noch ein Amendement dazu, und beide Anträge wurden auch am 27. Januar in der ersten Kammer gegen 12 und 10 Stimmen angenommen. (Mittheilungen der ersten Kammer, S. 1110 und 1115.)3 Die zweite Kammer dagegen lehnte jedoch das Amendement von NostitzJänkendorf auf Anrathen ihrer Deputation am 12. Februar 1851 einstimmig ab. (Mittheilungen der zweiten Kammer, S. 1882.)4 Zwar rieth sodann die Deputation der ersten Kammer dieser an, von ihrem Zusatzantrage abzugehen, allein die erste Kammer hielt denselben am 26. März 1851 mit 18 gegen 16 Stimmen aufrecht. (Mittheilungen der ersten Kammer, S. 1576 und 1577.)5 Jedoch schon am anderen Tage, in der Sitzung vom 27. März 1851, konnte der Referent Rittner6 der zweiten Kammer die Anzeige machen, daß im Vereinigungsverfahren die erste Kammer ihr Amendement habe fallen lassen. (Mittheilungen der zweiten Kammer, S. 2329.)7 In Folge dessen wurde der ursprüngliche Antrag der zweiten Kammer in die ständische Schrift aufgenommen. (Landt.-Acten I. Abth., S. 833.)8 Leider ist bis jetzt von Seiten der hohen Staatsregierung, trotz allen früher gegebenen Versicherungen, noch nichts geschehen, was diesem Antrage entspräche. 2 Eduard Gottlob von Nostitz und Jänckendorf (1791–1858), 1836–1844 sächsischer Innenminister, Mitglied der ersten Kammer des sächsischen Landtags; NDB, Bd. 19, S. 352. 3 25. Sitzung der ersten Kammer vom 27. Januar 1851, Mittheilungen über die Verhandlungen des ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1850 und 1851. Erste Kammer. Bd. 2, S. 1110 u. 1114 f. 4 89. Sitzung der zweiten Kammer vom 12. Februar 1851, Mittheilungen über die Verhandlungen des ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1850 und 1851. Zweite Kammer. Bd. 2, S. 1882. 5 Emendiert. In der Vorlage ist irrtümlich die Seitenzahl „1516 und 1517“ angegeben. Es handelte sich um die 87. Sitzung der ersten Kammer vom 26. März 1851, Mittheilungen über die Verhandlungen des ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1857/58. Erste Kammer. Bd. 2, S. 1576 f. 6 Karl August Rittner, Rittergutsbesitzer, 1842–1870 Mitglied des sächsischen Landtags; Historische Protokolle des Sächsischen Landtages, URL: http://landtagsprotokolle.sachsendigital.de/ personen/details/?action=detail&pers_id=1427. 7 111. Sitzung der zweiten Kammer vom 27. März 1851, Mittheilungen über die Verhandlungen des ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1850 und 1851. Zweite Kammer. Bd. 3, S. 2329. 8 Landtags-Acten vom Jahre 1850/51. 1. Abtheilung: Die königlichen Mittheilungen an die Kammern und die Eingaben der Letzteren an den König enthaltend. Dresden 1850/51, S. 833.

Nr. 68

Dresden, 14. November 1860

Christian Gottlob Riedel (1804–1882)

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Antrag auf Bundesreform in der zweiten sächsischen Kammer

Nr. 68

Den früher gegebenen Versicherungen: „Ein Bundesstaat mit parlamentarischer Regierung wäre möglich, wäre lebensfähig;“ „um Wiederherstellung des Bundestages handele es sich nicht;“ „es sei auch selbst darauf abgesehen, daß der Bundesregierung eine Nationalvertretung zur Seite gestellt werde“ u.s.w. entgegen, hat man ein Organ wieder ins Leben gerufen, welches sich vor 12 Jahren selbst und in gesetzlicher Weise mit Zustimmung der Regierungen aufgelöst hat und deshalb mit Recht für todt gehalten wurde, und dessen zu Recht bestehen noch in der neuesten Zeit von gesetzmäßigen Organen deutscher Staaten angezweifelt worden ist. Auf mehrseitiges Anregen dieser Angelegenheit wurden Seiten der Regierung ausweichende Antworten gegeben; „es sei unpractisch“ (Mittheilungen der zweiten Kammer von 1857/58, S. 5769), es sei „der gegenwärtige Moment dazu am wenigsten geeignet“ (Mittheilungen 1859 der zweiten Kammer, S. 3210) u.s.w. Nun haben wir aber die Jahre daher bittere Erfahrungen gemacht, sowohl in Bezug auf die Verhältnisse im Innern einzelner Staaten, als auch in Bezug auf die Verhältnisse nach Außen hin. Das deutsche Volk brachte dennoch bereitwillig die Opfer, welche zur Sicherstellung gegen das Ausland verlangt wurden. Es ist aber sehr in Zweifel zu ziehen, ob das Organ, das die Regierungen wieder in’s Leben gerufen (der deutsche Bundestag), Kraft und Macht genug besitzt, Deutschlands Zerrissenheit, wie sie sich auch im Jahre 1859 kundgab, so weit zu beseitigen, daß diese Opfer mit Erfolg verwendet werden könnten. Es ist sehr in Frage zu ziehen, ob, wenn die Verhältnisse damals eine andere Wendung genommen, sie nicht von sehr inhaltschweren Folgen für Deutschland hätten werden können, vielleicht von inhaltschwereren für einzelne Regierungen, wie für die Völker. Wir haben dabei die bittere Erfahrung gemacht, daß es wirklich an einer kräftigen Centralgewalt fehlt, welche stark genug ist, dem Auslande jeden Augenblick Respect einzuflößen. Ist es doch unter der jetzigen Bundesverfassung nicht einmal möglich geworden, die Bundesheere für den Fall eines Krieges unter einheitlichen Oberbefehl zu stellen. 9 25. Sitzung der zweiten Kammer vom 18. Februar 1858, Rede von Beust: „Aus allen diesen Gründen, und abgesehen von den verschiedenen Hindernissen, welche der Ausführung dieses Gedankens von Seiten der mächtigsten Bundesglieder entgegentreten müssen, darf man die ganze Idee als eine unpraktische bezeichnen [. . .]“; Mittheilungen über die Verhandlungen des ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1857/58. Zweite Kammer. Bd. 1, S. 576; siehe auch QGDB, Bd. III/2, Dok. 133, S. 629. 10 4. Sitzung der zweiten Kammer vom 6. Juni 1859, Rede von Beust, Mittheilungen über die Verhandlungen des außerordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1859. Zweite Kammer. Bd. 1, S. 32.

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Dresden, 14. November 1860

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Auch edle Fürsten erkannten Dieses an. Bei der großen Mehrzahl des deutschen Volkes wurden wieder Sympathien für Schaffung einer kräftigen Centralgewalt mit Volksvertretung rege. Daher dürfte es jetzt wohl an der Zeit seyn, die Regierung an ihr gegebenes Versprechen zu erinnern. Mit Hinblick auf die von dem Volke bisher gebrachten und noch zu bringenden schweren Opfer, und mit Hinblick auf die täglich näher rückende Gefahr für Regierung und Volk, verspreche ich mir heute ein bereitwilligeres Entgegenkommen der Regierung. In Erwägung alles Dessen empfehle ich der Ständeversammlung den Antrag zur Annahme: Die Staatsregierung möge auf Schaffung einer kräftigen, das gesammte Deutschland umfassenden Centralgewalt und gleichzeitig auf Herstellung einer zweckmäßigen allgemeinen Vertretung des deutschen Volkes hinwirken. Dresden, den 14. November 1860. In tiefster Ehrerbietung verharrend Christian Gottlob Riedel,11 Abgeordneter der zweiten Kammer.12

11 Christian Gottlob Riedel (1804–1882), Gutsbesitzer in Kleinschönau bei Zittau, seit 1842 Mitglied der zweiten sächsischen Kammer; Döscher/Schröder, Sächsische Parlamentarier, S. 450 f.; Biographisches Lexikon der Oberlausitz, URL: http://wiki.olgdw.de/index. php?title=Christian_Gottlieb_Riedel. 12 Die dritte Deputation der zweiten Kammer erstattete am 10. Mai 1861 ihren Bericht über den Antrag und schlug vor, die Staatsregierung zu ersuchen „auf Herstellung einer kräftigen deutschen Centralgewalt mit Volksvertretung, zugleich aber, in Erwägung vorentwickelter Gründe, zu beantragen: die Staatsregierung wolle insbesondere für sofortige Regelung der Frage über den Oberbefehl des deutschen Bundesheeres mit bemüht sein“. Landtags-Acten, Beilage zur 3. Abteilung, Bd. 3, S. 37–47, Zitat S. 47; HStA Dresden, 10 717, Nr. 935, fol. 58–63, Zitat fol. 63. – Die dritte Deputation der ersten Kammer erstattete ihr Gutachten am 8. Juli 1861 und beantragte, den Antrag des Abgeordneten Riedel auf sich beruhen zu lassen. Statt dessen sprach sich die erste Kammer dafür aus, „die Regierung zu ersuchen, dieselbe wolle auch ferner für Herbeiführung einer, ganz Deutschland umschließenden Gesetzgebung auf den, zu einer solchen geeigneten Gebieten, durch den Deutschen Bund, ingleichen für dessen größere Wehrhaftmachung durch einheitliche Organisation der Bundesarmee und Regelung der Frage über den Oberbefehl, und besonders für Einführung eines unabhängigen Bundesschiedsgerichts sich bemühen“. Landtags-Acten, Beilage zur 3. Abteilung, Bd. 3, S. 197–216, Zitat S. 216; HStA Dresden, 10 717, Nr. 935, fol. 66–75, Zitat fol. 75.

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Bülow an Hall

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69. Bülow an Hall Reichsarchiv Kopenhagen, Udenriksministeriets, Det tyske forbund, Depêcher 1860–1862. Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 21. Januar 1861.

Dem Deutschen Bund fehlt mehr und mehr die Lebenskraft. Die deutschen Staaten leiden unter dem Kampf der demokratischen und Einheitsideen gegen die fürstlichen Rechte. Die Pläne des Nationalvereins können nicht ohne demokratische Revolution, den Zerfall Österreichs und einen auswärtigen Krieg verwirklicht werden. Das neuerdings konstitutionelle Österreich könnte sich die Reform der Bundesverfassung auf sein Programm schreiben und damit auch sich selbst retten. Derzeit ist die Bundesversammlung lahmgelegt, eine Bundesverfassung im Sinne der Wiener Schlußakte ist nicht vorhanden.

Frankfurt am Main, 3. Januar 1861 Ew. Excellenz wollen mir gestatten, den ersten meiner diesjährigen Berichte mit dem Ausdruck der angelegentlichen und aufrichtigen Wünsche zu beginnen, welche bei diesem Jahreswechsel sich auf Wohlfahrt und Heil des theuren Vaterlandes richten. Möge demselben vergönnt sein, unter den Stürmen, die Europa so vielfältig bedrohen, Unabhängigkeit und Frieden zu bewahren und aus den Prüfungen, die das Jahr ihm vielleicht nahe und näher führen wird, nach Innen und Außen befestigt hervor[zu]gehen. An ernsteren Betrachtungen wird es in diesen Tagen keinen Orts gefehlt haben, am Wenigsten in Deutschland, wo man unter sich uneins, von Außen bedroht, noch immer unsicher in die Zukunft sieht und auch in diesem Jahre noch nicht den Weg gesicherter Entwicklung gefunden hat. Nachdem das Jahr 1860 das Europäische Völkerrecht, und das Recht der Wiener Verträge vollends begraben, fehlt auch dem Deutschen Bunde, der eigentlichsten Schöpfung dieser Verträge, mehr und mehr die Lebenskraft – und während überdies sein mächtigstes Glied um die innere Gestaltung und gegen äußere Feinde mühsam ringt, seine zweite Großmacht die eigene politische Existenz mit der Bundesverfassung nur factisch in precairen Einklang setzt: leidet die Gesammtheit der deutschen Staaten wie der einzelne mehr als je unter dem unversöhnten Kampf der demokratischen und Einheits-Ideen gegen die Ueberlieferungen und Rechte der fürstlichen Gewalt und man wird sich nicht verbergen können, daß unter dem langsamen Druck der Ereignisse, unter den Fehlern und Unglücksfällen einzelner Regierungen, unter dem Sinken des Vertrauens und der Illusionen, so wie unter der ganzen Zeitentwicklung die kräftigste Bürgschaft dieser fürstlichen Gewalt, die Sonderung der einzelnen deutschen Stämme, in dem letzten Jahre eine Abschwächung erfuhr, die vor einem Lustrium [sic] und selbst unter dem Rausch des Deutschen Parlaments noch unmöglich erschien. Mit Ausnahme des zu einer selbstständigen Existenz berechtigten und befähigten Bayern und allenfalls der Schwäbischen

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Frankfurt am Main, 3. Januar 1861

Lande sind die Stammes- und dynastischen Interessen bei dem Mittelstand fast aller deutschen Länder, vor dem Bilde der deutschen Einheit oder einer unklaren Unzufriedenheit mit den gegebenen Zuständen zurückgewichen. So ist denn die Mehrzahl der deutschen Regierungen in den äußeren und innern Fragen machtloser als seit dem Jahre 1848 der Fall war, andererseits aber gewiß, daß die Fragen, deren Lösung an das neue Jahr herantritt, auch ohne Zuthun der Regierungen, einen mächtigen Einfluß auf die fernere Gestaltung der Deutschen Verfassungs- und Machtverhältnisse ausüben werden. Daß die Plane des von der Europäischen Revolution unverhüllt gestützten Nationalvereins nicht ohne eine demokratische Revolution, den Zerfall Oesterreichs und die Erschütterungen und Einbußen eines auswärtigen Krieges zur Gestaltung gelangen können, darüber sind wohl alle Denkenden einig: ob man aber diesen Verhängnissen noch entgehen werde und wo die Hülfe sei, darüber sind die Ansichten um so weniger klarer geworden, als das ohne Lösung des großen Räthsels der französischen Politik nicht möglich ist und für diese offenbar die Deutsche Frage doch nur wieder Einer der großen Schachzüge sein wird. Vor der Hand steht man hier vor der Erwägung, wie das constitutionelle Oesterreich, mit einem unternehmenden und in den Deutschen Wirren viel erfahrenen Staatsmann an der Spitze, sich zu der Bundesverfassung und den brennenden Fragen stellen werde und erwartet auf diesem Felde wohl nicht mit Unrecht eine neue Wendung: konnte man so weit in Ungarn gehen, so ist allerdings kein Grund, in Deutschland sich durch Artikel der Bundesverfassung von einer entschiedenen Evolution zurückschrecken zu lassen und Herr von Schmerling könnte wohl der Mann sein, die Reform der Bundesverfassung zur Rettung Oesterreichs auf sein Programm zu schreiben. Inzwischen verloren die alten Formen und Rechte mehr und mehr ihre Bedeutung: in allen wichtigen Sachen, mit Ausnahme der Holsteinischen, ist die Bundesversammlung lahm gelegt und manche Discussion bewegt sich nur noch scheinbar in Gränzen und Formen, die im Grunde ohne Resultat sind: eine Bundesverfassung im Sinne der Wiener Schlußacte ist für den Augenblick nicht vorhanden. [Es folgt eine ausführliche Darlegung der Lage in der Holsteinischen Frage.]

Ew. Excellenz ganz gehorsamster

B. Bülow.

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Antrag des Großherzogtums Hessen auf Verbot des Nationalvereins

Nr. 70

70. Antrag des Großherzogtums Hessen auf Verbot des Nationalvereins ProtDBV 1861, § 5, S. 4. Druck: Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, 2. Jg. 1861, S. 19.

Der Gesandte des Großherzogtums Hessen beantragt eine Erklärung der Bundesversammlung, ob der Nationalverein unter das Verbot politischer Vereine gemäß dem Bundesbeschluß vom 13. Juli 1854 fällt.

1. Sitzung

Frankfurt am Main, 5. Januar 1861 § 5. Interpretation des Bundesbeschlusses vom 13. Juli 1854, das Vereinswesen betr.1 (21. Sitz. § 219 v. J. 1854.)

Großherzogthum Hessen. Der Bundesbeschluß vom 13. Juli 1854, betreffend Maßregeln zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung und Ruhe im Deutschen Bunde, insbesondere das Vereinswesen, bestimmt in § 1: „In allen deutschen Bundesstaaten dürfen nur solche Vereine geduldet werden, die sich darüber genügend auszuweisen vermögen, daß ihre Zwecke mit der Bundes- und Landesgesetzgebung im Einklange stehen und die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht gefährden.“ Es ist nun aber Thatsache, daß der Verein, welcher sich in Coburg unter dem Namen „Nationalverein“ constituirt hat, in den meisten deutschen Bundesstaaten ungestört seine Thätigkeit entfaltet. Die Regierung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Hessen, welche der Thätigkeit dieses Vereins entgegengetreten, ist dadurch in ihren Maßregeln gegen denselben in gewissen Beziehungen vereinzelt, ihr Einschreiten gegen ihn ist weniger wirksam und es erregt in vielen Kreisen Verwunderung, daß man im Großherzogthum Hessen verboten, was anderwärts in Deutschland erlaubt zu seyn scheint. Um diese Anstände zu beseitigen, ist der Gesandte beauftragt, den Antrag zu stellen: Die hohe Bundesversammlung möge erklären, ob sie den sogenannten Nationalverein als unter das Verbot des § 1 des Bundesbeschlusses vom 13. Juli 1854 fallend betrachte. Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen haben seither diese Frage bejahen zu müssen geglaubt, da aber, so viel man weiß, von anderen Bundesregierungen gegen den sogenannten Nationalverein bis jetzt nicht eingeschritten wurde und da des Großherzogs Königliche Hoheit den aufrichtigen Wunsch hegen, mit Ihren deutschen Bundesgenossen möglichst übereinstim1 Vgl. QGDB III/2, Dok. 52.

Nr. 71

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Berlin, 19. Januar 1861

mend zu handeln, so ist es für Allerhöchstdieselben von Wichtigkeit, die Ansicht der hohen Bundesversammlung über den Sinn des gedachten Bundesbeschlusses in seiner Anwendung auf den sogenannten Nationalverein kennen zu lernen, um hiernach in der einen oder anderen Weise weitere Entschließung zu fassen. Auf Präsidialvorschlag wurde beschlossen: diesen Antrag an den politischen Ausschuß zu überweisen.

71. Artikel in der Preussischen Zeitung11 Preussische Zeitung Nr. 31 vom 19. Januar 1861, Morgens. Druck: Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, 2. Jg. 1861, S. 29 (Auszug).

Mit einem Verbot des Nationalvereins würde die Bundesversammlung ihre Kompetenzen überschreiten, weil sie dadurch in die Souveränität der Einzelstaaten eingreifen würde. Preußen wird als „natürlicher Vertreter der deutschen Einheitsbestrebungen“ nicht die Hand bieten zu einer Verfolgung von Vereinen, die innerhalb der Landesgesetze auf die Einigung der Nation hinwirken. Es widerspricht dem Rechtsgefühl des deutschen Volkes, nationale Regungen zu unterdrücken.

Berlin, 19. Januar 1861 In der Bundestagssitzung vom 5. Januar hat der großherzoglich hessische Gesandte den Antrag gestellt: „Die hohe Bundesversammlung möge erklären, ob sie den sogenannten National-Verein als unter das Verbot des § 1 des Bundesbeschlusses vom 13. Juli 1854 fallend betrachte.“2 Dieser Antrag unterliegt zunächst in rechtlicher Beziehung großen Bedenken. Denn er fordert die Bundesversammlung zu einer Entscheidung auf, welche nach den Grundgesetzen des Bundes lediglich den Einzelstaaten, resp. den mit der Wahrung des Gesetzes betrauten richterlichen Behörden derselben anheimfällt. Der Bundesbeschluß vom 13. Juli 1854 stellt allgemeine Grundsätze über das Vereinswesen auf.3 Wir lassen es hier unerörtert, ob die Bun1 Die „Preussische Zeitung“ erschien vom 1858 bis Juni 1861 in Berlin. Sie ging aus der 1850 gegründeten regierungsnahen konservativen „Zeit“ hervor, die in den fünfziger Jahren zu einem „stimmführenden Organ der Regierung“ wurde. Fast zeitgleich mit dem Übergang zur „Neuen Ära“ in Preußen wechselte das Blatt den Namen und erschien seit dem 18. November – äußerlich unverändert – als „Preussische Zeitung“. Herausgeber war der Historiker Julius von Jasmund (1827–1879); Overesch, Presse zwischen Lenkung und Freiheit, S. 17–35, 42–50; Berbig, Theodor Fontane im literarischen Leben, S. 51–60. 2 Siehe Dok. 70. 3 Druck des Bundesbeschlusses in: QGDB III/2, Dok. 52, S. 243–245.

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Artikel in der Preussischen Zeitung

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desversammlung zu der Zeit, als sie die Regelung des Vereinswesens in ihre Berathung zog, nicht von einer Anschauung beherrscht wurde, welche dahin zielte, den Bund, sehr zum Schaden seiner nationalen Autorität, zu einem obersten, die inneren Verhältnisse der Einzelstaaten beaufsichtigenden, staatlichen Regimente umzugestalten. Wir lassen es ferner dahingestellt, ob die am 13. Juli 1854 zum Beschluß erhobenen allgemeinen Grundsätze einen vollgültigen Anspruch auf gesetzliche Geltung in den deutschen Staaten haben, von deren Regierungen sie ohne Zustimmung der Landesvertretungen publizirt worden sind. Diese Geltung vorausgesetzt, so würden jene Grundsätze jedenfalls unter die Kategorie der allgemeinen Anordnungen fallen, deren Anwendung auf die besonderen Fälle nach Artikel 53 der Wiener Schlußakte den Regierungen der einzelnen Staaten allein überlassen bleibt.4 Indem die großherzogl. hessische Regierung den Wunsch ausdrückt, „die Ansicht der hohen Bundes-Versammlung über den Sinn des gedachten Bundesbeschlusses in seiner Anwendung auf den sogenannten National-Verein kennen zu lernen“, scheint sie übersehen zu haben, daß der Bund sich schwerlich entschließen dürfte, die Gränzen seiner Kompetenz einzig zu dem Ende zu überschreiten, damit es mit Hülfe seiner theoretischen Erläuterungen einer einzelnen Regierung gelinge, über den Sinn und die praktische Anwendung seiner Beschlüsse ins Klare zu kommen. Dieser Zweck der Aufklärung, wie wünschenswerth dieselbe auch für die betreffende Regierung sein mag, ist doch für die Sicherung des Gesammtvaterlandes nicht erheblich genug, als daß der Bund um deswillen zu einem Schritt sich verstehen sollte, welchen kein Souverain eines gesetzlich regierten Staates thun wird, – zwischen das Gesetz der Staaten und ihre zu seiner Anwendung und Wahrung bestellten Richter zu treten. Der Charakter der preußischen Staatsregierung und die bestimmten Erklärungen, welche dieselbe im Laufe der letzten Jahre erlassen hat, gestatten keinen Zweifel über den Standpunkt, welchen Preußen zu dem erwähnten Antrag einnehmen dürfte. Ihre Stellung zu der nationalen Bewegung hat die Regierung in der Antwort auf die Stettiner Adresse vom 12. September 1859 erörtert.5 Wenn sie es damals nicht verbarg, daß sie weder durch die Kundgebungen des nationalen Bewußtseins, noch durch ihre eigene Ueberzeugung von dem, was an sich als das Heilsamste erscheinen möchte, sich bestimmen lassen dürfe, von dem Wege abzuweichen, welchen ihr die gewissenhafte Achtung vor fremdem Rechte 4 Nach Art. 53 der Wiener Schlußakte war „jede Einwirkung des Bundes in die innere Staats-Einrichtung und Staats-Verwaltung“ ausgeschlossen. Lediglich, wenn es sich um die Gewährleistung von in den Bundesgrundgesetzen zugesicherten Rechten handelte, war die Bundesversammlung befugt, durch „allgemeine Anordnungen“ einzugreifen, deren Anwendung jedoch den Einzelregierungen überlassen bleiben sollte; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 98. 5 Siehe Dok. 8 und 18.

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und die Rücksicht auf das zur Zeit Mögliche und Erreichbare vorzeichne; wenn sie die Ansicht aussprach, daß sie durch die Förderung derjenigen deutschen Interessen, welche praktische Erfolge versprechen, dem Gesammtvaterlande mehr glaube nützen zu können, als durch verfrühte Anträge auf Aenderung der Bundesverfassung, so hat sie doch andererseits die in der Nation sich kundgebende Ueberzeugung, daß die Unabhängigkeit und Macht Deutschlands nach außen ein energisches Zusammenfassen seiner Kräfte und eine Umgestaltung der Bundes-Verfassung in diesem Sinne voraussetze, in ihrer vollen Berechtigung anerkannt; und nachdem sie Preußen wiederholt als den natürlichen Vertreter der deutschen Einheitsbestrebungen bezeichnet und die nationale Idee als die innerste Triebfeder seiner Politik bekannt hat, würde sie sich selbst verleugnen, wollte sie die Hand bieten zur Verfolgung irgend welcher Vereine, welche sich vorgesetzt haben, durch das Mittel der geistigen Arbeit und in den Schranken der bestehenden Landesgesetze für die Annäherung an das Ziel einer festeren Einigung der Nation zu wirken. Endlich hat die preußische Regierung in der Cirkular-Depesche vom 6. Juni v. J.6 bestimmt ihren Gegensatz gegen die Auffassung ausgesprochen, welche den Beruf des Bundes hauptsächlich in die Ueberwachung der inneren Entwicklung der Nation setzt. Sie hat sich zu dem Grundsatz bekannt, daß die Einwirkung der Bundes-Versammlung auf die inneren Verhältnisse der Einzelstaaten auf das genaueste Maaß ihrer allseitig anerkannten Kompetenz beschränkt werden müsse, und daß als die nächste und höchste Aufgabe des Bundes die Wahrung der Unabhängigkeit der gesammten Nation und der Integrität des vaterländischen Bodens gegen äußere Gefahr zu betrachten sei. Sie hat ihre Ueberzeugung dahin ausgesprochen, daß die Beschränkung des Bundes auf diese nationale Aufgabe dazu dienen werde, Besorgnissen ein Ziel zu setzen, deren Beseitigung im eigenen Interesse der Bundesversammlung liege. Unser Bedauern, daß die großherzoglich hessische Regierung es an der Zeit gefunden hat, jene Besorgnisse wieder wachzurufen, wird durch die Motive nicht gemindert, welche nach dem Wortlaute des Antrages die gedachte Regierung zur Einbringung desselben bestimmt zu haben scheinen. Wenn die großherzoglich hessische Regierung das Bedürfniß fühlte, mit ihren deutschen Bundesgenossen möglichst übereinstimmend zu handeln, so würde sich dasselbe vielleicht am leichtesten dadurch haben befriedigen lassen, daß sie die große Mehrzahl der Regierungen, welche sich der polizeilichen Verfolgung politischer Vereine, soweit dies gesetzlich thunlich ist, enthalten, durch ihren Beitritt einfach verstärkte. Wenn die großherzoglich hessische Regierung findet, daß ihr polizeiliches Einschreiten, weil vereinzelt, weniger wirksam sei, 6 Schleinitz an die preußischen Missionen bei den deutschen Höfen, Berlin, 6. Juni 1860, in: Die auswärtige Politik Preußens, Bd. 2/1, Nr. 188, S. 466–469.

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König Maximilian II. an Schrenk

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so können wir nicht glauben, daß sie damit der Meinung Raum geben wolle, als sei sie ohne fremde Mitwirkung nicht im Stande, in ihrem Lande dem Gesetze Achtung zu verschaffen. Wenn endlich der „Verwunderung“ gedacht wird, welches ihr Vorgehen in vielen Kreisen errege, so wollen wir den Umstand nicht verbergen, der unserer Meinung nach zu solchen Stimmungen mitwirkt. Dem Rechtsgefühl, dem Gewissen und dem natürlichen Verstande des deutschen Volkes widerspricht es, daß nationale Regungen heute verfolgt und unterdrückt werden sollen, die in einer leicht erkennbaren Verwandtschaft mit den Bestrebungen stehen, welchen auch die Regierung des Großherzogthums Hessen im Jahre 1849 beigetreten war.7 Darüber aber sind alle Meinungen einig, daß das Einlenken in den Geist der Karlsbader Beschlüsse wenig dazu angethan wäre, das Leben der Nation in gesunder und gesetzlicher Entwicklung zu erhalten und die Autorität der Regierungen der kleineren deutschen Staaten zu befestigen.

72. König Maximilian II. an Schrenk HStA München, MA 493/1. Immediatschreiben. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 29. Januar 1861.

Gerüchte über angebliche Pläne Österreichs zur Bundesreform; Bayern erwartet, über solche Pläne von seiten Österreichs vorher informiert zu werden.

München, 29. Januar 1861 Herr Staats Minister pp. Freyherr von Schrenk! In Num. 26 der Allgem. Zeitung vom 26. l. Mts. taucht in einem Correspondenz-Artikel ddo Berlin 22. l. Mts.1 wiederholt das Gerücht auf, Minister von Schmerling2 beabsichtige eine Reform des Bundestages in dem Sinne, daß demselben ein Ausschuß deutscher Volksvertretungen an die Seite gestellt werde und Preußen abwechselnd mit Österreich den Vorsitz führe. Obwohl Graf Bray3 beruhigende Zusicherungen in dieser Hinsicht berichten konnte, so 7 Anspielung auf die kleindeutsch-preußische Union von 1849/50. 1 Allgemeine Zeitung Nr. 26 v. 26. Januar 1861, S. 407. 2 Anton Ritter von Schmerling (1805–1893), 1848 Mitglied der deutschen Reichsregierung: Innenminister, Außenminister und kurzfristig Ministerpräsident, 1849–1851 österreichischer Justizminister, 1851–1858 Senatspräsident am Obersten Gerichtshof, 1860/61 österreichischer Ministerpräsident, 1861–1865 Staatsminister; ADB, Bd. 54, S. 56–72; NDB, Bd. 23, S. 132–134. 3 Otto Camillus Hugo Gabriel Graf Bray-Steinburg (1807–1899), 1860–1870 bayerischer Gesandter in Wien; ADB, Bd. 55, S. 680–687; NDB, Bd. 2, S. 564.

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erscheint es doch zweckmäßig, die Gesandtschaft zu Wien anzuweisen, daß sie solche immer wieder mit Hartnäckigkeit sich wiederholende Andeutungen nicht zu gering schätze und namentlich zu gelegener Zeit die Erwartung ausspreche, daß, wenn Österreich wirklich4 solche Reform Pläne hege, es Mittheilung hieher machen werde, ehe es Schritte zu deren Verwirklichung macht. Bei dieser Gelegenheit mache Ich Sie darauf aufmerksam und überlasse es Ihrem Ermessen, ob nicht das wahrscheinlich auf einer Verwechslung mit Baron Sina5 beruhende von mehreren Blättern gebrachte Gerücht, Mein Gesandter am Pariser Hofe Freyherr von Wendland6 sey mit großem Gefolge durch Lindau gereist, dementirt werden sollte. Mit bekannten Gesinnungen Ihr wohlgewogener König Max

73. Anonyme Flugschrift über die Bundesreform HStA München, Gesandtschaft Bundestag, Nr. 37. Flugschrift. Druck von A. Emmerling in Heidelberg. Praes.: 11. Februar 1861.

Vorschlag für die Grundzüge einer Bundesreform: Der Bund bleibt bei seinem bisherigen Gebietsumfang, kann aber den nichtdeutschen Provinzen Österreichs und Preußens militärische Hilfe leisten, wenn dies im deutschen Interesse ist; es wird ein Verein zur Gründung einer deutschen Kriegsflotte gebildet; Preußen und die deutschen Mittel- und Kleinstaaten bilden einen Verein mit gemeinschaftlichem Militärwesen und diplomatischer Vertretung nach außen; der Bund soll sich in die inneren Angelegenheiten der Staaten in keiner Weise mehr einmischen; es wird ein Bundesgericht eingesetzt, dessen Mitglieder zur Hälfte vom Volk gewählt werden; „in Zeiten ernster Verwicklungen“ verstärkt sich die Bundesversammlung durch einen Ausschuß von Abgeordneten aus den deutschen Ständekammern.

Als Manuscript gedruckt.

Heidelberg, [1861] Eine Bundesreform.

Es gibt unstreitig sowohl unter den „Großdeutschen“ als auch unter den „Kleindeutschen“ außerordentlich Viele, die es mit dem Vaterlande recht wohl meinen, und daher eigentlich nur Ein Ziel im Auge haben. Sollte nun kein 4 Emendiert. Vorlage: wirkliche. 5 Simon Georg Sina von Hodos und Kisdia der Jüngere (1810–1876), griechisch-österreichischer Unternehmer und Bankier, Direktor der Österreichischen Nationalbank, Wirklicher Geheimer Rat; DBE, Bd. 9, S. 337. 6 August Freiherr von Wendland (1806–1884), 1850–1866 bayerischer Gesandter in Paris; Schärl, Zusammensetzung, S. 345.

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Anonyme Flugschrift über die Bundesreform

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Weg zu finden sein, auf welchem beide Ansichten sich vermitteln lassen, und wodurch jener höchst gefährlichen Spaltung vorgebeugt werden kann? Wir meinen, ja! es gibt einen solchen Weg, und erlauben uns in möglichster Kürze die Grundzüge eines Programms vorzuschlagen, das vielleicht Manchen allzu nüchtern und zu gemäßigt erscheint, aber ein sicherer, wenn auch geringer Fortschritt dürfte doch mehr werth sein, als die ungewisse Hoffnung auf einen gewaltigen „Griff“,1 wozu der geeignete Arm noch nicht geboren ist. Für den wahren Freund des Vaterlandes ist es auch eine ernste Frage, ob nicht manche andere Idee, welche sich von den bestehenden Verhältnissen viel weiter entfernt, verheerende Bürgerkriege, Einmischung unserer lüsternen Nachbarn und abermals großes Unheil für Deutschland herbeiführen würde? 1) Der deutsche Bund bleibt in seiner bisherigen Ausdehnung. Die Aufnahme der nichtdeutschen Besitzungen Oesterreichs und Preußens in den Bund soll zwar gegen den Willen der gedachten Kronländer nicht stattfinden, die Bundesversammlung beschließt aber: Wenn ein Bundesglied in einem nicht zum Bunde gehörenden Gebiethsteile in solcher Weise angegriffen wird, daß es zu seiner Vertheidigung ebenfalls sein Bundescontingent, oder auch nur einen Theil desselben verwenden müßte, hat der Bund die erforderliche Hilfe zu leisten, insofern es von dem Bund als ein deutsches Interesse erachtet worden ist, daß das fragliche Gebiet einem Bundesgliede gehöre. Ob und welche Entschädigung von dem betreffenden Bundesgliede für die geleistete Hilfe zu bezahlen ist, bestimmt jeweils die Bundesversammlung. 2) Sämmtliche Staaten des Bundes bilden einen Verein zur Gründung und Erhaltung einer gemeinschaftlichen Marine (Kriegsflotte). Die Kosten derselben werden von den einzelnen Staaten nach deren Bevölkerung (welche zum Bunde gehört) bestritten. Die von Oesterreich und Preußen bereits verwendeten Summen werden jenen Staaten angerechnet. Die Flagge der Bundes-Marine ist die deutsche. In diesem Vereine sind die verschiedenen Staaten durch Bevollmächtigte vertreten, deren Stimmenzahl der Bedeutung der einzelnen Staaten entspricht. Der Vorsitz wechselt zwischen dem österreichischen und preußischen Bevollmächtigten. Die Ernennung der Offiziere und Beamten der Marine geschieht im Namen des Vereins auf Vorschlag des Vorsitzenden. Bei Abstimmungen entscheidet die einfache Mehrheit. Die jährlichen Voranschläge der Marineverwaltung sind zur Berathung und Genehmigung einem Ausschusse vorzulegen, welcher aus Abgeordneten 1 Offenbar eine Anspielung auf den „kühnen Griff“ von Heinrich von Gagern, der damit 1848 in der Paulskirche die Schaffung einer provisorischen Zentralgewalt durch die Abgeordneten der Nationalversammlung bezeichnet hatte.

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der Ständekammern besteht, beziehungsweise vom Volke unmittelbar gewählt ist. 3) Preußen und die deutschen Mittel- und Kleinstaaten (einschließlich der freien Städte) bilden, abgesehen von dem bisherigen Zollverband, außerdem einen Verein bezüglich gemeinschaftlicher Landmacht und diplomatischer Vertretung nach Außen. Auch in diesem Vereine sind die einzelnen Regierungen durch Bevollmächtigte mit entsprechender Stimmenzahl vertreten. Vorstand ist der Bevollmächtigte von Preußen. Die Ernennung der Gesandten und Consuln, sowie der höhern Offiziere ec. geschieht im Namen des Vereins auf Vorschlag des Vorstandes. Bei Abstimmungen entscheidet die einfache Mehrheit. Die sämmtlichen Kosten der diplomatischen Vertretung und des gemeinschaftlichen Militärwesens werden auf die einzelnen Staaten des Vereins nach deren Bevölkerung vertheilt, und die Voranschläge und Rechnungsnachweisungen werden einem Ausschusse von Abgeordneten aus den Ständekammern der einzelnen Staaten zur Berathung und Genehmigung vorgelegt. (Für sämmtliche Staaten des Vereins soll dieselbe Wehrverfassung und militärische Erziehung gelten. Außer gemeinschaftlichen Militär-Akademien zur Heranbildung tüchtiger Offiziere, könnte noch manches Andere, z. B. Werkstätten zur Anfertigung von vorzüglichen Geschützen und sonstigen Kriegsmaterials, wozu größere Einrichtungen erforderlich sind, zum Vortheil aller Mitglieder des Vereins gemeinschaftlich sein.) 4) In die innern Angelegenheiten der Staaten, insbesondere in die Entwicklung freier Institutionen soll der Bund sich in keiner Weise und unter keinem Vorwande mehr einmischen. Alle bisher erlassenen Verordnungen des Bundes solcher Art sind natürlich zurückgenommen. 5) Zur Entscheidung etwaiger Streitigkeiten unter einzelnen Staaten des Bundes ec. besteht ein Bundesgericht, dessen Mitglieder zur Hälfte von den einzelnen Regierungen, zur Hälfte vom Volke gewählt werden. 6) In Zeiten ernster Verwicklungen, welche ein Einschreiten des Bundes nothwendig zu machen scheinen, oder wenn es sich um Einführung wünschenswerther, gleichmäßiger Einrichtungen in allen Staaten des Bundes handelt, verstärkt sich die Bundesversammlung durch den oben (Nr. 2) erwähnten Ausschuß von Abgeordneten aus den deutschen Ständekammern. Die Befugnisse dieses Ausschusses bleiben näherer Vereinbarung mit den Regierungen vorbehalten. Die Bundesgesandten müssen stets mit der nöthigen Vollmacht versehen sein, damit nicht die Thatkraft des Bundesorgans – (wie die baierische Regierung schon vor 11 Jahren bemerkte) – [„]durch die an InstruktionsEinholungen sich knüpfenden Zögerungen gelähmt werde“, und „die Beschlüsse sollen nach Stimmenmehrheit gefaßt werden.“ – –

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Zu 1. Die bisherige, künstliche Ausscheidung von Gebiethstheilen, welche einem Bundesgliede gehören, aber den Bund selbst nichts angehen, hat sich offenbar als eine Ursache des Zwiespaltes und somit der Schwäche des Bundes erwiesen. Eine feste Erklärung des in obigem Sinne organisirten Bundes, daß derselbe keinen Unterschied mache, ob Preußen am Rhein oder an der Weichsel, und Oesterreich an der Etsch, in Illyrien oder an den Karpathen angegriffen werde, wird jedem unserer Feinde die Lust benehmen, mit einem Bundesgliede anzubinden. Wenn daher hochgestellte Personen in Preußen geäußert haben, daß Preußen keine solche Verbindlichkeiten eingehen dürfe, weil es sonst allzuleicht in Krieg verwickelt werden könne, so mögen dieselben doch bedenken, ob nicht gerade die Sicherheit und das Interesse Preußens vollkommen damit übereinstimmen, weil eben durch gegenseitiges Zusammenhalten der Krieg wo möglich vermieden wird, und im Falle, daß Oesterreich zuerst allein angegriffen und besiegt würde, sicher auch die Reihe an Preußen kommt. Es mag vielleicht manchmal für den Augenblick vortheilhaft scheinen „freie Hand“ zu behalten, aber Achtung wird sich Preußen dadurch bei Niemand erwerben, und recht beim Lichte betrachtet, ist dies dieselbe Politik, die den unseligen Basler Frieden2 abgeschlossen, den Rheinbund veranlaßt, und dann auch Preußen niedergeworfen hatte. – Aber gesetzt auch, die vorgeschlagene gegenseitige Verbindlichkeit wäre unter den gegenwärtigen Verhältnissen eher vortheilhaft für Oesterreich, so enthält Nr. 3 obiger Grundzüge eine Bestimmung, welche Preußen weit mehr gewährt, als es bis jetzt zu begehren für gut fand. Wir meinen den Oberbefehl über das 9. und 10. Armeecorps, während durch den von uns vorgeschlagenen Verein die in Preußens Vorschlag* liegende gefährliche Theilung vermieden, die Sicherheit des ganzen Bundes und somit auch Preußens besser gewahrt, und dennoch die Eifersucht Oesterreichs eher weniger veranlaßt wird, sich der gedachten Reform zu widersetzen. Hiebei sei uns überhaupt die Bemerkung gestattet, daß nach unserer Ansicht jede Bundesreform, welche nicht auch dem Kaiserstaate erhebliche Vortheile verspricht, unter den obwaltenden Verhältnissen keine Aussicht auf Erfolg hat. Zu 2. und 3. Was die Bestimmungen in obigen Grundzügen betrifft, welche die Souveränetät der einzelnen Staaten berühren, so werden dieselben den An* Gegen jenen preußischen Vorschlag und überhaupt Alles, was mehr oder weniger einer Absonderung Norddeutschlands gleichkommt, müssen wir uns auf das Allerentschiedenste verwahren. (So hat auch die würtembergische Regierung in ihrer Note vom Februar 1849 ausdrücklich erklärt, daß sie eine Vereinigung des übrigen Deutschlands mit Preußen in Einen Bundesstaat einer Trennung Deutschlands in Süd und Nord vorziehe.) 2 Mit dem Frieden von Basel 1795 zwischen Preußen und Frankreich schied Preußen aus der antirevolutionären Koalition gegen Frankreich aus.

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forderungen einer großen Partei vermutlich kaum genügen. Jene Regierungen aber, welchen das schon zu viel schien, mögen bedenken, daß sie – abgesehen von der äußern Gefahr – dadurch nur die Gräuel der Revolution auf sich hereinziehen würden. Es ist ein öffentliches Geheimnis, daß die Zahl derer, welche das Vertrauen gänzlich verloren haben, und nur von harter Bedrängniß, beziehungsweise Beseitigung unserer Fürsten und überhaupt von der Revolution eine bessere Verfassung Deutschlands erwarten, täglich mehr anwächst! Mögen sich die Fürsten nicht täuschen, weil der Ruf nach Reform nicht lauter ertönt. Eine nicht geringe Partei will von einer bloßen Reform des „verachteten Bundestags“ gar nichts mehr hören, schon das Wort ist ihnen verhaßt. Andere, und vielleicht die Energischsten freuen sich gar darüber, daß unbegreiflicher Weise nichts geschieht, und warten nur darauf, daß die Mißstimmung noch allgemeiner werde, und ein Anstoß von Außen eintrete. – Indessen noch ist es wohl nicht zu spät! Verschiedene Gelegenheiten in neuerer Zeit haben ja einigen Fürsten gezeigt, welcher Dank ihnen noch zu Theil wird, wenn sie der Stimme des Volkes Gehör schenkten, oder eine nationale Gesinnung zeigten. Wie würden sie erst als Wohlthäter des Volkes geehrt werden, wenn sie dem Vaterland ein kleines Opfer bringen wollten, ohne welches eben die gerechten Forderungen der Nation nicht erfüllt werden können! Und wäre es denn wirklich ein solches Opfer, hochgeehrte Glieder eines mächtigen Bundes zu werden, anstatt noch länger Souveräne, Majestäten zu spielen, die das Ausland, – wir erröthen es aussprechen zu sollen – gar nicht beachtet oder offen verhöhnt, die das eigene Volk als ein Hinderniß der nationalen Einigung betrachten muß, und am Ende unfehlbar vernichten würde, wenn dem mächtig andrängenden Nationalgefühle keine andere Wahl übrig bliebe. Wir fordern aber gar nicht einmal das Aufgeben der Souveränetät, sondern nur ein Zusammenfassen, eine gemeinschaftliche Ausübung der „Kriegsherrlichkeit“* zum eigenen Nutzen der Fürsten. Dem kleinsten Herzoge bleibt es dann unbenommen, * Sollte es etwa unbillig gefunden werden, wenn die Fürsten in ihrer „Kriegsherrlichkeit“ verkürzt würden, so ist auf der andern Seite doch nicht ganz zu vergessen, daß das deutsche Volk, ohne Oesterreich, für seine 30 Kriegsherrn (Nach G. Kolb) 19 Millionen Gulden Civilliste aufzubringen hat, und dazu noch für diese theuere Kriegsherrlichkeit im Auslande verlacht wird. Es darf wohl die deutsche Nation, ohne unbillig zu sein, diejenige Kriegsverfassung verlangen, welche ihr etwas mehr Ansehen und die nöthige Sicherheit gewährt. Wie weit sind wir aber hievon ungeachtet der hohen, drückenden Militärbudgets entfernt! – Mag übrigens der Werth der Kriegsherrlichkeit angeschlagen werden, wie man will, so viel ist gewiß, daß die deutsche Nation jetzt dringend ein Nationalheer bedarf, ein Heer, schlagfertig und einheitlich organisirt, wie das französische, und dazu kann man aber durchaus nicht mehr als Einen Kriegsherrn brauchen. Welchen Fluch würden die Fürsten auf sich laden, wenn sie diesem Gebote der Nothwendigkeit nicht bereitwillig sich fügen wollten! Wer sich einen Freund der Fürsten nennt, der erhebe jetzt laut seine Stimme; es ist, wenn nicht alle Zeichen trügen, die höchste Zeit!

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durch weise, musterhafte Verwaltung seines Landes sich zum geachtetsten Fürsten Europas zu machen, und sein Volk dahin zu bringen, daß es von allen andern beneidet wird. Möchten doch die deutschen Fürsten endlich einmal einsehen, welche Leute ihre größten Feinde sind? Gewiß nicht diejenigen, welche ihnen rathen, auf die Stimme der Nation zu hören und bundesstaatliche Einrichtungen zu treffen, die eben so sehr, ja noch viel mehr den Fürsten, wie der Nation zu Gute kommen. Oder wollen vielleicht die übrigen deutschen Fürsten in der bisherigen Zurückhaltung des preußischen Königshauses ihr Heil erblicken? Eine solche Kurzsichtigkeit wäre in der That unbegreiflich! Gerade wenn der hochgeachtete Träger der preuß. Krone in Wahrheit der Hort der übrigen deutschen Fürsten sein will, – nicht zu reden von dem Trieb der Selbsterhaltung – so muß er auf dem Zustandekommen des Bundesstaats oder mindestens eines bundesstaatlichen Vereines bestehen. Zu diesem Zwecke ist es für Preußen nur nöthig, das nationale Banner muthig zu erheben, überall mit dem guten Beispiele voranzugehen, und bei jeder Gelegenheit zu zeigen, daß man den eigenen Vortheil nur anstrebe, insofern er aus dem Wohle des ganzes Vereines entspringt. – (Möchte doch Preußen nur in einigen Fällen einem allgemeinen Wunsche der Nation sich unterordnen, wenn es auch nur in solchen Fragen wäre, wie Einführung von einerlei Münze, einerlei Maaß und dergl. Preußen darf wahrlich nicht fürchten, daß es hiedurch an seinem Ansehen verlöre. Im Gegentheil, es wird außerordentlich gewinnen, und es kann sich in allen künftigen Fällen auf sein Beispiel berufen, wenn sich der „Partikularismus“ der viel kleinern Staaten überheben wollte.) – – Hinsichtlich der Frage, ob nicht der Bundesstaat oder schon das Eingehen auf ein bundesstaatliches Verhältniß die allmählige Mediatisirung der Dynastien zur Folge haben könnte, über diese Frage, welche schon in fürstlichen Kreisen gestellt worden ist, erlauben wir uns nur wenige Worte: Dem deutschen Volke entspricht der Bundesstaat entschieden besser als der Einheitsstaat. Wenn heute Deutschland eine einzige, untheilbare Republik würde, so hätte man sicherlich schon vor Ablauf eines Menschenalters die Föderativ-Republik. Wenn in der kleinen Schweiz von 21/2 Millionen keine einzige Republik, ein Einheitsstaat möglich war, wie würden sich 45 oder bald 50 Millionen Germanen dazu verstehen? Erwägt man aber noch die Ungleichheit der Entwicklung, die Verschiedenheit der Confessionen, die durch dynastische Interessen während Jahrhunderten gepflegten Stammesabneigungen, so ist es klar, daß die deutschen Fürstenhäuser vor jedem Versuche zur Bildung eines Einheitsstaates sicher sein werden, wenn sie nur der Nation in Allem willig entgegenkommen, was dieselbe nothwendig verlangen muß, um die ihr gebührende Stellung erringen und behaupten zu können. Aber wie, wenn deutsche Fürsten in unbegreiflicher Verblendung, z. B. die Feier des Jahrestages der

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Leipziger Schlacht3 nicht gerne sehen, die deutschen Farben fürchten, und überhaupt den Nationalgeist, sowie den Sinn für Freiheit durch elende Werkzeuge unterdrücken lassen? Was soll man gar dazu sagen, wenn so etwas in Provinzen geschieht, die gewissen Einflüssen sehr ausgesetzt sind, in Provinzen, welche schon einmal abgerissen waren und künftig nur durch die opferwillige Begeisterung des Volkes dem Vaterlande erhalten werden können, in Provinzen, wo man also schon aus Klugheit Alles aufbieten sollte, um durch eine freisinnige, musterhafte Regierung sich die größte Anhänglichkeit zu erwerben, und den kühnen, kräftigen Nationalsinn zu beleben, der den eroberungssüchtigen schlauen Nachbar stolz zurückweiset!4 Freilich, wenn solche Fehler begangen werden, wenn sich der Landesherr über die wahre Stimmung in gedachten Provinzen täuschen läßt, oder auch nicht viel darum kümmert, dann sind die Folgen selbst verschuldet, und mit einigen hochtönenden Phrasen in der Stunde der Noth ist das Versäumte nicht nachzuholen. – Ein Fürst hingegen, welcher selbst ein deutscher Mann, vor freien deutschen Männern sich nicht fürchtet, welcher in Wahrheit zeigt, daß ihm Deutschlands Wohl über alles geht, der wird vom deutschen Volke nimmermehr verlassen werden! – – Was endlich die Frage anbelangt, ob das Wiener Cabinet zu obigen Vorschlägen seine Zustimmung gäbe, so wird dasselbe die darin enthaltenen Vortheile gerade in der gegenwärtigen Lage schwerlich verkennen, und die ganze „Großdeutsche Partei“ wird wohl zugeben müssen, daß der österreichischen Regierung mehr nicht geboten werden kann. Die Regierung des Kaiserstaates soll doch ja nicht übersehen, daß die Plane jener Partei, welche Oesterreich zertrümmern oder doch wenigstens schwächen möchte, nur dadurch veranlaßt sind, weil das österreichische Cabinet den Interessen Preußens fast immer entgegen getreten ist, und den nationalen Wünschen Deutschlands leider bis jetzt nur mit leeren Versprechungen und Phrasen, wenn nicht gar schlimmer geantwortet hat. Es gibt in Deutschland Leute genug, die recht gut einsehen, daß Oesterreichs Machtstellung im Süden und Osten auch für Deutschland von Interesse ist, aber dennoch freuen sie sich über jede Niederlage Oesterreichs, weil sie von dem Siege desselben nur fortgesetzte „Reaktion“ fürchten. Sobald jene verderbliche Politik in Wien vollständig aufgegeben wird, gibt es auch keine Oesterreich feindliche Partei mehr, und Oesterreichs Interessen werden eine bessere Unterstützung in Preußen und im übrigen Deutschland finden, als es bisher der Fall war. – Wenn es aber auch einer verblendeten Partei in Oesterreich gelänge, dem Kaiser die Ablehnung so wohlgemeinter Vor3 Die „Völkerschlacht“ bei Leipzig vom 16.–19. Oktober 1813. 4 Der Autor spielt hier offensichtlich auf Schleswig-Holstein und den Versuch der dänischen Regierung an, die Elbherzogtümer in die Gesamtstaatsverfassung des Königreichs Dänemark zu integrieren.

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Pfordten an Pfistermeister

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schläge oder jeder andern Reform des Bundes einzureden, Preußens König und die übrigen deutschen Fürsten dürfen sich gewiß dadurch nicht abhalten lassen, unterstützt von dem thatkräftigen Willen der ungeduldig harrenden Nation, auf dem sichern Wege der Reform rasch voranzuschreiten, damit endlich (nach den eigenen Worten der preußischen Regierung) „das dringende und höchst gerechtfertigte Verlangen des deutschen Volkes nach einer wahrhaften Einigung und kräftigen Gesammtentwicklung vollständig befriedigt werde.“ Nur so kann auch einer furchtbaren Revolution vorgebeugt und eine Macht gebildet werden, welche sich mit der gewaltigen Centralisation unserer Feinde messen darf.

74. Pfordten an Pfistermeister HStA München, Abt. III, Geheimes Hausarchiv, Kabinettsakten König Maximilians II., Nr. 34 c. Schreiben. Behändigte Ausfertigung.

Einer formellen Ausbildung der Trias im Deutschen Bund stehen unüberwindliche Hindernisse entgegen: die Abneigung Österreichs und Preußens; die Weigerung der übrigen Staaten sich formell Bayern zu unterstellen. Pfordten rät von jedem Versuch zur Herstellung einer formellen Trias ab. Bei den Verhandlungen über die Kriegsverfassung des Bundes zeigt sich das Widerstreben der kleineren Staaten, den Oberbefehl über die gemischten Armeecorps auf Bayern zu übertragen. Formelle Triasbestrebungen würden auch zu einem Aufschrei in der gesamten deutschen Presse führen. Erst wenn der Bund durch die gothaischen Bestrebungen gesprengt werden sollte, würde es Bayerns „Beruf“ sein, die dritte Gruppe in Deutschland zusammenzufassen. Darauf kann sich Bayern vorbereiten, indem es in der Bundesversammlung die „geistige Führerschaft der Mittelstaaten“ übernimmt. Zu einer gemeinschaftlichen Politik der Mittelstaaten im Bund können auch Ministerkonferenzen dienen. Eine solche tatsächliche Handhabung der Trias ohne formelle Ausprägung gefährdet den Bund nicht, sondern ist ein Mittel, um ihn zu erhalten.

Frankfurt am Main, 13. Februar 1861 Hochgeehrter Herr Hofrath! In Folge Ihres Schreibens vom 8t. d. M. beeile ich mich, die von Seiner Majestät gestellten Fragen zu beantworten. I. Die Trias In der Gliederung der deutschen Staaten im Bunde ist ein dreifaches Element unverkennbar: Oestreich, Preußen u. das übrige Deutschland. Die beiden er-

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sten sind zugleich europäische Großmächte, und gehören dem Bunde nur theilweise an; alle übrigen Bundesglieder stehen ganz im Bunde, u. haben das gemeinschaftliche Interesse, ihn zu beleben u. zu kräftigen. Unter diesen Staaten der dritten Gruppe eben ist Bayern der größte u. unterscheidet sich von den übrigen dadurch, daß es unzweifelhaft auch ohne den Bund bestehen könnte, während die übrigen bei Auflösung des Bundes fallen oder doch sehr wanken würden. Materiell besteht also die Trias, so daß Bayern an der Spitze der dritten Gruppe steht, u. in diesem Sinne ist sie seit 1848 oft anerkannt u. selbst zur formellen Gestaltung empfohlen worden. Diese formelle Gestaltung selbst aber ist bis jetzt niemals ernstlich versucht worden, u. mit gutem Grunde. Es stehen derselben ebensogroße Hindernisse entgegen, als den Bestrebungen der gothaischen Partei, den Bundesstaat mit preußischer Spitze herzustellen. Zunächst werden weder Oestreich noch Preußen zugeben, daß die übrigen Staaten sich formell zu einer Art Bund im Bunde unter Bayerns Führung einigen; der Beweis liegt in der Abneigung, welche sich jedesmal in Wien u. Berlin gegen die mittelstaatlichen MinisterConferenzen kundgegeben hat. Sodann werden sich aber auch die übrigen Staaten nicht formell unter Bayern stellen. Von denjenigen Staaten, welche sich der gothaischen Politik zuneigen, u. durch specielle Bande an Preußen gefesselt sind wie Baden, Weimar u. Coburg, ist dies an sich klar. Aber auch Hannover und Würtemberg werden dies aus Eifersucht und die norddeutschen Kleinstaaten aus Gründen ihrer territorialen Lage nicht thun. Eine Unterstützung eines solchen Planes war nur von Sachsen u. Großherzogthum Hessen aus politischer Einsicht zu erwarten. Sie scheinen mir aber jetzt gerade in Folge der kühlen Aufnahme der wiederholten Anträge auf Minister Conferenzen und der Haltung Bayerns dem Nationalvereine gegenüber auch mehr zurückhaltend zu seyn, würden übrigens auch beim wärmsten Eifer nicht durchdringen. Ich kann daher nur rathen, von jedem Versuche zu formeller Ausprägung einer Trias abzusehen. Er würde gewiß mißlingen, und Bayern in Deutschland völlig isoliren. Ich glaube, daß dies auch von der Kriegsverfassung gilt, ja hier ganz besonders. Preußen wird niemals zugeben, daß die Contingente des 9ten u. 10ten Armeecorps unter bayrische Leitung gestellt werden, und die Staaten des 8ten Armeecorps zeigten sich schon sehr empfindlich, als sie im J. 1859 nur vorübergehend unter bayrischen Oberbefehl kommen sollten. Sie bestanden darauf, daß nicht die Krone Bayern genannt werde, sondern S. K. Hoheit Prinz Karl1 persönlich. Was die neue Militärconvention betrifft, so kenne ich weder die Verhandlungen zu Würzburg, noch die spätern mit Wien u. Berlin, in Folge deren jetzt 1 Karl Theodor Maximilian August Prinz von Bayern (1795–1875), 1860 Oberbefehlshaber des 7. Bundesarmeekorps; ADB, Bd. 15, S. 258–260.

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Pfordten an Pfistermeister

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in Berlin eine dualistische Commission sich berathet. Nach einzelnen Äußerungen2, die ich hier vernehme, hält Preußen den dualistischen Standpunkt fest, und die Mittelstaaten scheinen das Princip der freien Wahl eines Befehlshabers für das 7te bis 10te Armeecorps, wovon in dem Würzburger Entwurfe die Rede ist, sehr ernsthaft zu nehmen, und keineswegs gesonnen zu seyn, diesen Oberbefehl ein für allemal an Bayern zu überlassen. Dazu kommt die Erwägung, daß das Wort Trias und jedes dahin zielende Bestreben sofort in der ganzen deutschen Presse ein Zetergeschrei erregen würde, in der kleindeutschen jedenfalls, aber wohl auch in der großdeutschen, die ja mehr oder weniger doch auch den Gedanken größerer Einigung verfolgt. So lange die Bundesverfassung besteht, kann meines Erachtens von einer formellen Trias keine Rede seyn. Erst wenn es den gothaischen Bestrebungen gelingt, den Bund zu sprengen, dann wird die naturgemäße Dreigliederung hervortreten. Der Norden Deutschlands wird zu Preußen stehen, der Südwesten nicht. Dann wird es Bayerns Beruf seyn, dieses dritte Element zusammenzufassen, und als Bindeglied zwischen Oestreich u. Preußen, als letzten Rettungsanker eines Gesammt-Deutschlands geltend zu machen. Auf diesen Beruf kann es sich jetzt schon vorbereiten, indem es in der Bundesversammlung die geistige Führerschaft der Mittelstaaten übernimmt, für jede wichtige Frage die Initiative ergreift, den übrigen Mittelstaaten bestimmte Vorschläge macht, und dieselben zu gemeinschaftlicher Politik vereinigt. Hierzu können dann auch Minister-Conferenzen dienen. Eine solche thatsächliche Gestaltung und Handhabung der Trias ohne jede formelle Ausprägung ist dem Bundesrechte nicht zuwider, und gefährdet den Bund nicht; vielmehr ist sie das Mittel, den Bund zu erhalten, und auch Preußen bei demselben zu erhalten. Ich würde übrigens nicht rathen, darüber jetzt theoretische Verhandlungen zu pflegen, auch nicht mit Sachsen, sondern nur in diesem Sinne zu handeln. Wenn Bayern theoretische u. principielle Zugeständnisse fordert, werden sich die meisten Staaten zurückziehen; wenn es handelnd vorangeht, werden sie ihm folgen. Auf solche Weise würde sich zugleich die beste Abwehr des Dualismus bilden. Bleiben die Mittelstaaten unter sich uneinig, so werden sich Oesterreich u. Preußen auf ihre Kosten verständigen. Halten die Mittelstaaten zusammen, so muß man mit ihnen rechnen. [Die Kemptener Eisenbahn.]

Mit vorzüglichster Hochachtung Euer Hochwohlgeboren ganz ergebenster

2 Emendiert. Vorlage: Aüßerungen.

v. d. Pfordten

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75. Intervention Württembergs in Karlsruhe GLA Karlsruhe 48/1523. Aktennotiz über Gespräche zwischen dem württembergischen Geschäftsträger Thumb und der badischen Regierung.

In Stuttgart und München herrschen Besorgnisse über das Gerücht, Baden wolle einen Antrag auf Bundesreform stellen. Karlsruhe wird davor gewarnt, dies ohne vorherige Absprache mit den anderen Regierungen zu tun, weil dies zu Zerwürfnissen führen könne. Der jetzige Moment ist nach württembergischer Ansicht nicht opportun für einen solchen Antrag.

[Karlsruhe,] 18. Februar 1861 Freiherr von Thumb1 äußert sich heute in mündlicher Unterredung wie folgt: Schon seit einiger Zeit gehe und erhalte sich das Gerücht, daß Baden am Bunde mit Vorschlägen in Betreff der Bundesreformfrage aufzutreten beabsichtige. Hierdurch seien an vielen Orten, namentlich in Stuttgart und München, Besorgnisse erregt worden. Man befürchte von einem solchen Vorgehen, ohne vorherige Einvernahme mit den übrigen Bundesregierungen, nicht geringe Verlegenheiten, worüber sich der Königl. Bayerische Minister Freiherr von Schrenk, wie derselbe vertraulich dem Königl. Württembergischen Minister Freiherrn von Hügel mitgetheilt, erst kürzlich ausführlich dem Großh. Badischen Gesandten Freiherrn von Berckheim2 gegenüber geäußert und die Erwartung ausgesprochen habe, es werde die Großh. Regierung keinen Schritt der bezeichneten Art thun, ohne sich hierüber vorher mit ihren Genossen im Bunde ins Einvernehmen gesetzt zu haben.3 In Stuttgart sei nicht bekannt, wie die dem Freiherrn von Berckheim gemachten Bemerkungen in Carlsruhe aufgenommen worden seien und welche Folge man denselben zu geben gedenke, sicher sei aber, daß Freiherr von Hügel die Anschauung des Bayerischen Cabinets durchaus theile und gleichfalls die Erwartung hege, vorher von den An- und Absichten der Großh. Regierung unterrichtet zu werden, indem es sehr zu bedauern wäre, wenn sonst unter den Einzel-Regierungen Zerwürfnisse entstehen und vor die Oeffentlichkeit treten würden. Welches übrigens auch die Anschauung der Großh. Regierung über das, was geschehen solle und könne, sei, so erachte man jedenfalls den jetzigen Augenblick nicht für opportun, und zwar einmal weil ein Vorgehen der Großh. 1 Otto Freiherr Thumb von Neuburg (1817–1906), 1852–1866 württembergischer Ministerresident in Karlsruhe; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 424. 2 Christian Friedrich Gustav Freiherr von Berckheim (1817–1889), 1853–1866 badischer Ministerresident bzw. Gesandter in München; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 23. 3 Über dieses Gespräch berichtet der Antrag Schrenks an König Maximilian II., München, 15. Februar 1861, HStA München, MA 493/1.

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Intervention Württembergs in Karlsruhe

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Regierung, wie solches besorgt werde, der zur Zeit bestehenden Aufregung der öffentlichen Meinung nur neue Nahrung geben würde und unter den Regierungen in einem Augenblicke, wo Einigkeit vor Allem Noth thue, zu sehr unerfreulichen Differenzen führen könnte, dann aber auch, weil über die in Rede stehende hochwichtige Frage gerade dermalen der Versuch einer Verständigung zwischen den beiden Deutschen Großstaaten obschwebe und nach Allem, was verlaute, in letzter Zeit sehr erhebliche Fortschritte gemacht habe. Von höchster Wichtigkeit sei es, daß Alles vermieden werde, was auf den Gang dieser Verhandlungen störend einwirken könnte, im Gegentheil müßten alle Bemühungen dahin gerichtet sein, auf das Zustandekommen des vor Allem wünschenswerthen Einverständnisses zwischen Oesterreich und Preußen hinzuwirken. Sei einmal eine solche Verständigung, an deren Herstellung allerorts gearbeitet werde, erreicht, so würden die beiden Großmächte unzweifelhaft selbst und einmüthig die Initiative zu Anordnungen ergreifen, welche den Bund am sichersten in den Stand setzen dürften, seiner Aufgabe ebenso wohl nach innen, als nach aussen zu genügen. Schließlich drückte Freiherr von Thumb angelegentlich den Wunsch aus, ihm über den Grund oder Ungrund des obenerwähnten Gerüchts und die etwaigen Intentionen der Großh. Regierung baldgefällig Auskunft verschaffen zu wollen. Karlsruhe, 22. Februar 1861 Notat. ad Acta: Nachdem der Unterzeichnete dem Gr. Staatsminister Stabel4 Excellenz, welcher wegen Krankseins den Frhr. v. Thumb nicht empfangen konnte, von Vorstehendem Kenntniß gegeben, wurde er beauftragt, die gestellte Anfrage dahin zu beantworten: „daß die Gr. Regg. in fragl. Betreff keinerlei Anträge beim Bunde zu stellen beabsichtige, daß man zwar in Erwägung gezogen habe, ob bei sich ergebender Gelegenheit nicht in Frankfurt der Wunsch ins Prot. niedergelegt werden wolle, es möchten die Bds Regierungen die früher allgemein als berechtigt anerkannte Frage einer entsprechenden Änderung der Bdsorganisation wieder aufnehmen, daß man jedoch auch in dieser Beziehung noch keine bestimmte Entschließung gefaßt habe.“ In diesem Sinne wurde sodann auch dem K. Württ. Geschäftsträger, als er sich am Heutigen wieder im Ministerium einfand, mündliche Eröffnung gemacht u. dabei, erhaltener Weisung gemäß, auch weiter bemerkt, daß Frhr. v. Berkheim s. Z. beauftragt worden, sich in gleicher Weise bei dem Frhr. v. 4 Anton von Stabel (1806–1880), 1849–1851 und 1860–1868 badischer Justizminister, seit 5. Mai 1861 Präsident des badischen Staatsministeriums; ADB, Bd. 35, S. 332–337.

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Dresden, 20. April 1861

Schrenk zu äußern, u. daß im Allgemeinen die Gr. Regierung v. nichts mehr durchdrungen sei, als daß ein aufrichtiges Zusammengehen der beiden D. Großmächte als die Grundbedingung einer befriedigenden Lösung der sogen. Reformfrage angesehen werden müße. Pfeuffer5.

76. Savigny an Schleinitz GStA Berlin, III. HA, Nr. 118, fol. 77–81. Vertraulicher Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 22. April 1861.

Savigny berichtet über die Verhandlungen zwischen Beust und dem sachsen-weimarischen Minister Watzdorf im Hinblick auf die Bundesreform. Dabei ging es vor allem um die Idee Beusts, den Bundestag in eine periodisch zusammentretende Ministerkonferenz umzuwandeln

Ganz vertraulich.

Dresden, 20. April 1861

Schon seit einiger Zeit hatte sich das Bedürfniß zu einer Annäherung zwischen Baron Beust und Herrn von Watzdorff1 in Weimar, herausgestellt und zwar, wie es scheint, de part et d’autre. Als nun vor beiläufig 3 Wochen beide Herren in Leipzig zusammentrafen, ergriffen sie diese Gelegenheit sofort, um im Austausche ihrer Gedanken über die gegenwärtige Lage der Dinge in Deutschland, Anknüpfungspunkte womöglich für eine Verständigung unter sich zu finden. Man erkannte sich bey dieser Besprechung in den gegenwärtigen Anschauungen weniger entfernt von einander als man vermuthet, und traf vor allem in der Ueberzeugung zusammen, daß der Augenblick gekommen sey, wo die deutschen Regierungen ohne Gefahr für ihre Zukunft nicht mehr länger anstehen dürften, in allen den Fragen sich über eine gemeinschaftliche Initiative zu verständigen, in welchen ein Bedürfniß nach Reform in der Handhabung der Bundesgrundgesetze, respective nach Modification der gegenwärtigen Bundes-Verfassung, sich als unläugbar im Bewußtsein der Regierungen sowohl wie der Völker herausgestellt. Herr von Watzdorff insbesondere hob das Bedenkliche der gegenwärtigen Lage hervor, wo es der passiven Haltung aller Bundes-Regierungen gegen5 Franz von Pfeuffer (1808–1883), 1850 Legationsrat (ab 1860 Geheimer Legationsrat) im badischen Ministerium des Großherzoglichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten; Badische Biographien, Bd. 4, S. 314 f. 1 Christian Bernhard von Watzdorf (1804–1870), 1848–1870 Staatsminister von Sachsen-Weimar; ADB, Bd. 41, S. 258–270.

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Savigny an Schleinitz

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über, den Nationalvereinen allein überlassen bleibe, alle nur möglichen Fragen der Gegenwart und Zukunft von Deutschland anzuregen, öffentlich zu besprechen, und mit Resolutionen, angeblich im Sinne der öffentlichen Meinung derartig zu formuliren, daß sich in weiten Kreisen die Meinung allmählig feststellen müße, als sey eine Verständigung über die Grundbedingung ihrer eigenen Fortdauer, unter den Regierungen selbst, zur Unmöglichkeit geworden. Daß man vor allem dem Scheine solcher Impotenz vorzubeugen habe, um nicht schließlich die moralische Autorität bey den eigenen Unterthanen wesentlich erschüttert zu sehen, in diesem Gefühle begegneten sich beide Staatsmänner unbedingt, und trafen sie auch darin in ihren Wünschen überein, daß es womöglich gelingen möge, das Preußische Cabinet davon zu überzeugen, daß eine jede von ihm ausgehende Initiative, um das öffentliche Leben im Bunde wieder zu wecken, allseitig auf die dankbarste Aufnahme zu rechnen haben würde. Ueber die Deconsideration in welche die dermalige Behandlung der gemeinsamen Angelegenheiten Deutschlands durch die Bundesversammlung in Frankfurt gefallen, stellte sich eine Uebereinstimmung der Ansichten gleichfalls heraus, und führte diese, wie natürlich zu der Betrachtung, wie man wohl am geeignetsten der gemeinschaftlichen Behandlung der öffentlichen Geschäfte in Deutschland ein neues und wahrhaft fruchtbringendes Leben einhauchen könne. Ein früherer Gedanke des Baron Beust, den ich in mündlicher Conversation Eurer Excellenz zu entwickeln schon die Ehre hatte, wurde von diesem dem Herrn von Watzdorff erläutert; ich meine, die Transformation des gegenwärtigen Bundestages, in eigentliche Minister-Conferenzen, welche sich, entweder zu gegebener Zeit im Jahre, oder bey besonders vorliegenden Anlässen, mit der Behandlung der wichtigeren Bundesfragen zu beschäftigen haben würden, während einer stehenden Bundesbehörde, lediglich mit dem Charakter einer Adminstrativcommission bekleidet, die Verwaltung des Bundeseigenthums und die Erledigung der laufenden Militairangelegenheiten überlassen bliebe. Als besondern Gewinn einer solchen Einrichtung bezeichnet Herr von Beust, wie Euer Excellenz aus meinem mündlichen Vortrage sich geneigtest erinnern wollen, 1ens den Bruch mit einer wenig productiven Vergangenheit, in Beziehung auf das innere Leben des Bundes; 2tens die Möglichkeit in kurzer Zeit, und mit voller Frische die vorliegenden Arbeiten zu erledigen, indem man in unmittelbarem Austausch der Ansichten und Gedanken zwischen den höchsten Regierungsorganen, eine Verständigung über die gemeinschaftlichen Aufgaben viel schneller erzielen werde, als wie auf dem bisher mit sprichwörtlicher Langsamkeit befolgten Wege der Instruktionseinholung über einen jeden einzelnen Inzidenzpunkt der geschäftlichen Discussion; 3ts das erhöhte Ansehn, welches sich unbedingt für diese Form des höchsten Bundesorganes

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Dresden, 20. April 1861

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daraus ergeben werde, daß seine Entscheidungen wenn einmal getroffen, unmittelbar in das Leben übergeführt werden könnten. Dieser Gedanke des Baron Beust scheint Herrn von Watzdorff als ein sehr praktischer in dem Maaße eingeleuchtet zu haben, daß er sich vornahm, ihn seinem gnädigsten Herrn in Weimar vorzutragen, und den Antrag damit zu verbinden, daß der Großherzog2 bey seinem damals bevorstehenden Aufenthalte in Berlin, dem hier erörterten Projecte Eingang zu verschaffen versuchen möchte. Ob, und in welcher Weise ein solcher Versuch von dem Großherzoge in Berlin gemacht worden, und in wie weit die ganze Idee einer solchen Umgestaltung der Bundesbehörde an maaßgebender Stelle Eingang gefunden haben dürfte, werden Euer Excellenz viel besser wissen wie ich. Nur darüber liegt mir eine Äußerung vor, daß der Großherzog mit dem Eindruck nach Weimar zurückgekehrt ist, man habe den Augenblick in Berlin nicht für geeignet erkannt, um mit einem solchen Reformprojekte von dort aus hervorzutreten. Die Kenntniß von dem vorstehenden befriedigenden Gedanken-Austausch zwischen den genannten beiden Ministern, verdanke ich nicht blos einer vertraulichen Mittheilung des Baron Beust, sondern auch einer bestätigenden Wiederholung Seitens des Herrn von Watzdorff, der mich vor einiger Zeit in Dresden aufsuchte. Indem ich dies vorauszuschicken mir erlaube, darf ich zu bemerken nicht unterlassen, daß Baron Beust mich bat, gelegentlich, aber in ganz vertraulicher Weise, auch Eurer Excellenz von der gemeinschaftlichen Wiederaufnahme seiner früheren Ideen Kenntniß zu geben. Baron Beust verband damit noch folgenden weiteren Gedanken, den er meiner besonderen Beachtung empfahl. Er glaubt nehmlich, daß die Transformation der bisherigen Bundesversammlung, in die von ihm proponirte Einrichtung zeitweiser Minister-Conferenzen, den geeignetsten Anlaß bieten werde, uns das bisher von Oestreich ausschließlich geführte Präsidium in der höchsten Bundesbehörde, in ein zwischen Preußen und Oestreich alternirendes zu verwandeln, indem man darüber übereinkommen müße, daß die gen. Conferenzen abwechselnd im Süden und im Norden von Deutschland stattzufinden hätten, wobei das Präsidium im Süden an Oestreich, und im Norden am Preußen fallen werde. In Beziehung auf seine eigene politische Stellung zu allen jetzt obschwebenden deutschen Fragen, betont Baron Beust ausdrücklich, daß er seinerseits vollkommen freie Hand habe, daß die in Würzburg erzielte Verständigung weiter tragende Folgen nicht mehr haben könne, und daß an eine Wiederaufnahme der damals projektirten ferneren Vorverständigungen wohl von keiner, jedenfalls aber nicht von seiner Seite gedacht werde. Daß ich auch hierüber in 2 Großherzog Karl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach (1818–1901), regierte von 1853 bis 1901; NDB, Bd. 11, S. 264 f.

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Mitteilung der Hamburger Bürgerschaft an den Senat

Nr. 77

Berlin einen jeden Zweifel beseitigen möge, schien, als wir das letzte Mal über den Gegenstand dieser gehorsamen Mittheilung sprachen, sein ausdrücklicher Wunsch zu sein. Durch meinen Oesterreichischen Collegen, den Baron Werner3, dürfte Herr von Beust den vorstehenden Ideengang in gleicher Weise nach Wien befördert haben. Ob und in wie weit man dort auf einen weiteren Gedanken-Austausch über diesen Gegenstand eingegangen ist, vermag ich zur Zeit noch nicht zu übersehen. Jedenfalls möchte ich es aber Eurer Excellenz erleuchtetem Ermessen gehorsamst anheim geben, ob es nicht zweckmäßig sein könnte, mir, natürlich ebenfalls in ganz vertraulicher Form, einige Worte an die Hand zu geben4, mit denen ich die Aufnahme zu bezeichnen vermöchte, welche Vorschläge, wie Herr von Beust sie hier angedeutet, in Berlin finden dürften. Savigny

77. Mitteilung der Hamburger Bürgerschaft an den Senat StA Hamburg, 111–1 Senat, Cl. I., Lit. Sa, Vol. 24. Handschriftlicher Protokollauszug aus der 17. Sitzung der Bürgerschaft vom 8. Mai 1861. Vermerk: „Nach der Ansicht der Commission der ausw. Angelegenheiten vorläufig ganz ohne Antwort zu lassen.“

Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, mit allen Kräften auf die Bildung einer einheitlichen deutschen Zentralgewalt und eines deutschen Parlaments hinzuwirken.

Hamburg, 8. Mai 1861 Mittheilung der Bürgerschaft an den Senat. Durchdrungen von der Ueberzeugung, daß die Einigung des deutschen Volkes unter einer, seinem nationalen Bedürfniß und seiner Weltstellung entsprechenden Verfassung nur dann auf friedlichem Wege gelingen kann, wenn alle Theile desselben sich von gleicher Gesinnung durchdrungen wissen, daß demnach auch der Ausdruck der in der hamburgischen Bevölkerung herrschenden Gesinnung diesem großen Werke förderlich sein kann, ferner im besonderen Hinblick auf den Einfluß, den die Herstellung einer einheitlichen deutschen Macht auf das Gedeihen des Handels und der Schiff3 Joseph Freiherr von Werner (1791–1871), 1814 Legationsrat an der österreichischen Botschaft in Paris, 1815 Sekretär des österreichischen Bevollmächtigten auf dem Wiener Kongreß, 1816–1832 1. Sekretär der österreichischen Gesandtschaft in Berlin, 1832–1848 Leiter des deutschen Referats in der Wiener Staatskanzlei, 1848–1858 Unterstaatssekretär im Außenministerium, 1859–1868 österreichischer Gesandter in Dresden; ADB, Bd. 42, S. 58–61. 4 In der Vorlage verbessert aus: an die Hand geben zu wollen.

Nr. 78

Frankfurt am Main, 12. Mai 1861

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fahrt und auf die Sicherung beider in Zeiten der Gefahr ausüben wird, erklärt die Bürgerschaft: daß auch die hamburgische Bevölkerung in der Begründung einer einheitlichen deutschen Centralgewalt und der Herbeiführung eines deutschen Parlaments die gemeinsame Aufgabe des deutschen Volks und der deutschen Regierungen erkennt, und spricht ihren Wunsch aus, daß der Senat von gleicher Ansicht beseelt, mit allen ihm zu Gebote stehenden Kräften für die Erreichung dieses Zieles thätig sein möge. Für die Richtigkeit Fth Müller Dr. Secretair des Bürger-Ausschusses.1

78. Übereinkunft zwischen den Regierungen von Baden, Sachsen-Coburg und Gotha und Sachsen-Weimar GLA Karlsruhe, Großherzogliches Familienarchiv (Eigentum SKH des Markgrafen von Baden), Abt. 13: Korrespondenz Großherzog Friedrichs I., Bd. 13: Korrespondenz mit Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha. Abschrift.

Die drei Regierungen vereinbaren, die Abstimmung über den Antrag Hessen-Darmstadts bezüglich des Nationalvereins wieder auf die Tagesordnung der Bundesversammlung zu setzen. Die badische Regierung wird sich dem Vollzug der Würzburger Vereinbarungen der Mittelstaaten widersetzen. Die drei Regierungen werden mit den nationalen Parteien zur Förderung der Einheit zusammenarbeiten. Alle am Bundestag vorkommenden Fragen sollen vom nationalen Standpunkt aufgefaßt werden. Sie erkennen die Notwendigkeit einer durchgreifenden politischen Reorganisation des Bundes an. Deren Ziel ist die Bildung einer wirksamen Bundesexekutivgewalt mit verantwortlichem Ministerium und einer Volksvertretung.

Frankfurt am Main, 12. Mai 1861 Methode der Behandlung nach gemeinsamer Verständigung. 1) Anknüpfung an die Besprechungen zwischen den drei Gouvernements. Wir sind der Ansicht, daß die Abstimmung über den Dalwigk’schen Antrag1, die bisher verzögert worden war, wieder hervorgerufen werden muß. 1 Friedrich Theodor Müller (1821–1880), Rechtsanwalt, seit 1859 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und Sekretär des Bürgerausschusses, ab 1862 Mitglied des Senats; Heyden, Die Mitglieder der Hamburger Bürgerschaft, S. 87. 1 Siehe Dok. 70.

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Übereinkunft zwischen Baden, Sachsen-Coburg und Weimar

Nr. 78

Dies soll durch einen Antrag der Herzoglich Coburgischen Regierung mit geeigneter Motivirung geschehen. Die Badische Regierung hält fest bei der Abstimmung, die abgemachte, gemeinschaftliche Motivirung eintreten zu lassen und solche unter Umständen sogar zu verstärken. 2) Die badische Regierung hat ihre fernere Theilnahme an den Einleitungen zum Vollzuge der Würzburger Convention, wozu sie von der Königl. Bayerischen Regierung aufgefordert worden und der alle übrigen Würzburger Conventions-Genossen beigestimmt haben, verweigert und wird ihre Weigerung bis zur Verwahrung steigern, wenn mit dem Vollzug des Sonderbundes nicht innegehalten wird.2 – Da beabsichtigt ist, die Bevollmächtigten bereits am 22. d. Mts. in Würzburg zu versammeln und am Donnerstag die betreffenden Conventions-Artikel an den Bund zu bringen, so ist Gefahr im Verzuge und einmüthige Behandlung der Frage vom Standpunkte der Wahrung nationaler Einheit aus wünschenswerth. 3) Stetes, fortwährendes Zusammenwirken mit den nationalen Parteien zur Förderung der gemeinsamen Ziele und erfolgreichen Bekämpfung der zum Äußersten entschlossenen Vertreter partikularistischer und reaktionärer Interessen ist unumgänglich nothwendig und werden die Regierungen, die sich zur Aufgabe der Führung der Sache der großen, einen, deutschen Nation gemacht haben, bereitwilligst eine Verbindung und Verständigung mit ihren Führern zu unterhalten suchen. 4) Alle vorkommenden, weiteren Fragen, wie die Kurhessische, die Bundeskriegsverfassung u.s.w. werden die betreffenden Regierungen von dem nationalen Standpunkte auffassen und zur Conclusion gelangen, daß die erfolgreiche Lösung wesentlich von politischer Reorganisation des Bundes bedingt ist. 5) Sie sind bereit, wenn eine Förderung der Frage dadurch erreicht werden kann, im geeigneten Augenblicke bis zu Anträgen am Bunde vorzugehen, die Reformfrage des Bundes aufzunehmen, und schon jetzt jederzeit die Nothwendigkeit dieser durchgreifenden, politischen Reorganisation offen anzuerkennen. 6) Als einziges befriedigendes Ziel sehen sie an: a) die Herstellung einer neuen, wirksamen Bundesexecutivgewalt mit verantwortlichem Gesammtministerium und einer aus dem deutschen Volke zu bildenden Vertretung. 2 Vgl. dazu das Schreiben von Großherzog Friedrich an König Wilhelm I. von Preußen vom 10. Mai 1861: „Das Würzburgertum werden wir von hier aus nach Kräften bekämpfen und dazu die Oeffentlichkeit der Behandlung wählen.“ GLA Karlsruhe, Großherzogliches Familienarchiv (Eigentum SKH des Markgrafen von Baden), Abt. 13: Korrespondenz Großherzog Friedrich I., Bd. 11: Korrespondenz mit König Wilhelm von Preußen.

Nr. 79

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Berlin, 13. Mai 1861

b) Die Zuweisung aller auf Nationalvertretung und Nationalvertheidigung bezüglichen Funktionen zur ausschließlichen Competenz dieser Centralgewalt.

79. Liebe 11 an Wittgenstein HStA Wiesbaden, Abt. 210, Nr. 10 722. Bericht. Behändigte Ausfertigung.

Liebe berichtet über die Verhandlungen von Baden, Sachsen-Coburg und Gotha und Sachsen-Weimar über eine Bundesreform. Der Schwerpunkt der deutschen Angelegenheiten scheint aber jetzt in Österreich zu liegen, man hegt vielfach Hoffnungen auf eine österreichische Initiative in der deutschen Frage.

Berlin, 13. Mai 1861 Durchlauchtigster Prinz! Seit im Herbst des Jahres 1859 durch die Lage der Dinge in der größern Politik eine deutsche Bewegung wieder in’s Leben gerufen ist, haben einzelne Deutsche Höfe u.2 Regierungen sich recht ernsthaft damit beschäftigt, u. man kann seit jener Zeit eine ganze Reihe von Zusammenkünften u. Besprechungen aufführen, welche im Grunde die s. g. Deutsche Frage zum Gegenstande gehabt haben. Die Ansichten scheinen dabei sehr von einander abweichend gewesen zu sein: man mag die Dringlichkeit u. den Ernst der Sache, die Möglichkeit einer Reform u. vor Allem das Ziel der anzustrebenden Reform nicht überall auf gleiche Weise beurtheilt haben. In den Mittelstaaten ist wohl meist an eine Verbesserung des Bundesrechts u. an die schärfere Ausbildung einer s. g. dritten Gruppe innerhalb des Bundes gedacht worden. An andern Orten mag die in der extragouvernementalen Sphäre verfolgte Idee einer Preussischen Hegemonie mit mannigfachen Nuancirungen vorgeherrscht haben. Also die alte Idee der Würtembergischen Liberalen des Anfangs der vierziger Jahre, die freilich grade in Würtemberg wohl am Entschiedensten aufgegeben ist. Jetzt ist es nun nach mancherlei, hier nur mit Mühe u. unvollständig zu beobachtenden Indicien wahrscheinlich, dass mehrere der um die Deutsche Zu1 Friedrich August Gottlob von Liebe (1809–1885), braunschweigischer Hofrat und Diplomat, 1848 braunschweigischer Bundestagsgesandter, 1851–1861 braunschweigischer, oldenburgischer und seit 1854 zusätzlich nassauischer Gesandter in Berlin, 1861–1867 Mitglied des braunschweigischen Staatsministeriums und Finanzminister, 1867–1985 braunschweigischer und oldenburgischer Ministerresident in Berlin; ADB, Bd. 51, S. 698–702. 2 In der Vorlage steht durchgehend: „u“ ohne Punkt. Der besseren Lesbarkeit halber wird der Punkt grundsätzlich ergänzt.

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Liebe an Wittgenstein

Nr. 79

kunft besorgten deutschen Fürsten die Idee einer Preussischen Oberleitung, oder einer von Preussen zu ergreifenden Initiative völlig aufgegeben haben. Das soll jetzt die Ansicht des Herzogs von Sachsen-Coburg, des Großherzogs von Baden u. auch des Großherzogs von Sachsen-Weimar sein. Man würde also keine Hoffnungen weiter auf Preussen setzen, sondern ohne Preussen fertig zu werden suchen. Wahrscheinlich sind die ersten Ideen bereits in Baden Baden ausgetauscht3, nachher sind weitere Verständigungen gefolgt: zuletzt wahrscheinlich bei einer Zusammenkunft in Frankfurt.4 Die Ernennung des Freiherrn v.5 Roggenbach zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten in Carlsruhe6 scheint für die sich hier anknüpfenden Fragen nicht ohne Bedeutung zu sein, vielleicht ist sie auch nicht ohne Zusammenhang mit denselben. Herr v. Roggenbach ist noch ein sehr junger Mann: er war in den Jahren 1849 u. 1850 Legationssecretär bei der Badischen Gesandtschaft in Berlin, verließ dann den Dienst, reisete [sic] um seine Kenntniß der Dinge zu erweitern u. war vor etwa einem Jahre zum Besuch hier in Berlin, wo ich ihn wiederzusehen Gelegenheit hatte. Er ist ein Mann von viel Talent u. Begabung, von sehr freien u. vorurtheilslosen Ansichten u. frei von den an das einmal vorhandene fesselnden Traditionen, welche sich beim Durchmachen der regelmäßigen Carrière von selbst einprägen u. von Einem auf den Andern fortpflanzen. Eine bestimmte Oestreichische oder Preussische Richtung habe ich nie bei ihm wahrgenommen. Man hat also, wie ich zu glauben Anlaß habe, seine Ernennung hier nicht ohne einige Besorgniß gesehen u. wünscht sehr sich erst durch die Erfahrung von seiner Vorsicht u. Behutsamkeit überzeugen zu können. Natürlich ist man hier – obgleich man selbst keine Pläne hat – sehr dagegen, dass Andere dergleichen haben u. aus dem Nichtsthun Preussens einen Grund hernehmen, selbst die Initiative zu ergreifen. Wie weit sich von bestimmten Plänen sprechen läßt, ist von hier aus allerdings nicht zu beobachten: es scheint indeß, dass überhaupt Etwas im Werke ist. Es soll sich – was ich natürlich nicht aus directen Quellen erfahren kann – um eine Maßregel am Bunde handeln. Man will den Beschluß über den Großherzoglich Hessischen Antrag wegen des Nationalvereins7 abwarten, dann aber die Gesandten aus Frankfurt abberufen u. erklären, dass man an deren Stelle von den Landesvertretungen gewählte Repräsentanten senden würde.

3 Gemeint ist das Treffen der deutschen Fürsten in Baden-Baden im Juni 1860. Siehe dazu Dok. 54–60. 4 Siehe dazu Dok. 78. 5 Emendiert. Vorlage: v (ohne Punkt). So auch im Folgenden. 6 Roggenbach war am 2. Mai 1861 in die badische Regierung eingetreten; vgl. Gall, Der Liberalismus als regierende Partei, S. 169. 7 Siehe Dok. 70.

Nr. 79

Berlin, 13. Mai 1861

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Mit einflußreichen Leuten in Oestreich (Schmerling, Graf Mensdorf8) soll man sich in Einvernehmen gesetzt u. von ihnen die Antwort erhalten haben, Oestreich könne sich jetzt an keinen Reformplänen betheiligen u. man möge ihm vollendete Thatsachen bringen. Zwischen dem Großherzog von Baden u. dem Könige von Preussen soll eine den Gegenstand betreffende Correspondenz stattfinden: ich bezweifle nicht, dass der König von jedem Vorgehen in Deutschen Angelegenheiten dringend abmahnt. Grund des ganzen Planes ist dann zunächst der Zustand des Deutschen Bundes, der kaum jetzt noch als politischer Gesammtkörper betrachtet werden kann u. dessen innere Zersetzung durch alle Verhandlungen über Oberbefehl u.s.w. nur immer klarer wird. Man glaubt handeln zu müssen, damit nicht am Ende den Clubs u. Vereinen die Initiative zufalle. Leider also Gründe, die eben in Folge der vorhandenen Zustände wohl für die übrigen Staaten in’s Gewicht fallen mögen, bei Preussen aber kein Gewicht haben. Das sind die Ideen, die wie ich zu glauben Anlaß habe, jetzt an den bezeichneten Stellen verfolgt werden: ob sie zur Ausführung kommen, wohin sie eventuell führen, darf ich dahin gestellt sein lassen. Sie scheinen mir weit mehr Resultat u. Symptome vorhandener Zustände, als aussichtsreiche Mittel zu deren Aenderung zu sein. Bestreiten läßt sich indeß nicht, dass jede offene Manifestation einer deutschen Regierung, wodurch die Unhaltbarkeit der jetzigen Bundeszustände bekundet würde, sehr erschütternd wirken müßte. Der Schwerpunkt der Deutschen Angelegenheiten scheint jetzt in Oestreich zu liegen, wo sich die Verhältnisse so günstig gestalten, als es den Umständen nach erwartet werden darf. Die Sprache der Adresse des Wiener Herrenhauses, die mit den reactionären Reden des hiesigen Herrenhauses sehr contrastirt, die an den Reichsrath gebrachten Gesetzesvorlagen, die erhebliche Verbesserungen in Aussicht stellen, machen hier großen Eindruck. Dazu wird die allgemeine politische Lage günstiger. Frankreich ist mit der katholischen Frage beschäftigt, Italien hat mit sich selbst vollständig zu thun u. die größern Revolutionsplane, die die Donauländer, die serbischen Provinzen, Ungarn u. Polen umfaßten, sind aufgegeben. England hat sich gegen dergleichen Plane erklärt, Russland ebenfalls, u. in Italien hat Graf Cavour9 den Agitator Garibaldi10 zur Ruhe gebracht. Der Aussichtslosigkeit dieser Pläne ist der Selbst-

8 Alexander Graf von Mensdorff-Pouilly (1813–1871), österreichischer General und Politiker, 1861 Statthalter von Galizien, 1864–1866 österreichischer Außenminister; NDB, Bd. 17, S. 87 f. 9 Camillo Benso Graf von Cavour (1810–1861), 1852 Premierminister von Sardinien, 1861 Ministerpräsident und Außenminister von Italien; Jacotey, Cavour; Stadler, Cavour. 10 Giuseppe Garibaldi (1807–1882), italienischer Nationalist und Protagonist des Risorgimento; Hausmann, Garibaldi.

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Liebe an Wittgenstein

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mord des Grafen Telecki11 zuzuschreiben: ein Ereigniß, aus dem sich schließen läßt, dass eine Regulirung der Ungarischen Frage möglich ist. Man hegt vielfach Hoffnungen auf eine Einwirkung Oestreichs auf die Deutschen Sachen u. glaubt dass Herr v. Schmerling auch in dieser Beziehung noch Plane verfolgen werde. Bis jetzt läßt sich darüber etwas Bestimmtes kaum sagen. Hier verfolgt man diese Vorgänge mit einiger Spannung u. wird nicht ohne Besorgniß sein, dass nicht Oestreich die von Preussen verschmähte Initiative in den Deutschen Dingen ergreife. Man ist zudem über die hiesigen innern Sachen verstimmt. Das Herrenhaus hat zwar die Grundsteuervorlagen genehmigt: es soll indeß wahrscheinlich sein, dass das Abgeordnetenhaus die Militärreformkosten nicht definitiv, sondern nur auf ein Jahr bewilligt u. erhebliche Absätze davon macht. Eine definitive Aufnahme in das Budget würde nach der Verfassung die Einrichtung zu einer gesetzlichen machen, die künftig nur durch alle drei Factoren der Gesetzgebung wieder aufgegeben werden könnte. Am Meisten schmerzt die Polizeiangelegenheit, die hier wie auswärts einen recht schlimmen Eindruck macht. Jetzt ist Patzke verhaftet u. wahrscheinlich weniger schuldig, als man glaubt. Die Umstände seiner Flucht u. Wiederergreifung deuten mehr auf Kopflosigkeit als auf kluge Berechnung. Gewiß soll sein dass er kein Vermögen hat u. dass seine Familie bereits jetzt unterstützt werden muss. Graf Schwerin hat natürlich seine Entlassung, wie es heißt zweimal, gefordert, aber nicht erhalten u. hinsichtlich des Herrn v. Zedlitz ist beschlossen, ihn bis nach dem Ende der Untersuchung in seinen bisherigen Verhältnissen zu lassen.12 Mit größter Ehrerbietung Ew. Durchlaucht gehorsamster v. Liebe

11 Ladislaus Graf Teleki von Szek (1811–1861), ungarischer Schriftsteller und Politiker, 1859 Mitglied des ungarischen Nationaldirektorats in Turin; nach seiner Festnahme Ende 1860 in Dresden und der Auslieferung an Österreich erschoß sich Teleki am 8. Mai 1861; WBIS. 12 Liebe bezieht sich hier auf den preußischen Polizeiskandal, der 1860/61 die Öffentlichkeit beschäftigte. Unter anderem wurden gegen den Berliner Polizeioberst Johann Friedrich Patzke und den Polizeipräsidenten Konstantin Freiherr von Zedlitz-Neukirch (1813–1889) Untersuchungen wegen Vorteilsnahme, Betrug und Amtsmißbrauch eingeleitet. Patzke war nach Schweden geflohen und dort festgenommen worden, Zedlitz wurde im Juni 1861 entlassen. Vgl. Pierer’s Universal-Lexikon, Bd. 13, S. 563; Roth, Kriminalitätsbekämpfung, S. 41–45; Funk, Polizei und Rechtsstaat.

Nr. 80

Karlsruhe, 17. Mai 1861

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80. Bennigsen an Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha GLA Karlsruhe, Großherzogliches Familienarchiv (Eigentum SKH des Markgrafen von Baden), Abt. 13: Korrespondenz Großherzog Friedrichs I., Bd. 13: mit Ernst II. von Sachsen-Coburg. Schreiben. Abschrift.

Roggenbach hat versichert, die badische Regierung werde alles tun, um die Würzburger Pläne der Mittelstaaten zu verhindern. Auch der Nationalverein wird sich voraussichtlich öffentlich gegen die Pläne für eine militärische und politische Trias aussprechen.

Karlsruhe, 17. Mai 1861 Nach den Mittheilungen des Herrn von Roggenbach scheinen die Würzburger Projecte noch auf Hindernisse gestoßen zu sein. Wenigstens ist bis jetzt – Freitag Nachmittag – die Nachricht von der Uebergabe der Bayerischen Anträge in der Bundesversammlung1 hier noch nicht eingetroffen. Sollte dies aber doch der Fall gewesen sein, so glaubt Herr von Roggenbach die Sache noch nicht so weit gediehen, um öffentliche starke Schritte seitens der Badischen Regierung gegen die Sonderbündler zu thun. Er versichert dagegen, daß die Badische Regierung mit größter Festigkeit Alles Geeignete aufbieten werde, um die Convention in der Entstehung zu hindern und in der Ausführung zu erschweren. Nach einer Depesche des Bayerischen Ministeriums an das hiesige vom 9ten Mai hat übrigens die österreichische Regierung zu dem Würzburger Vorhaben ihre Zustimmung gegeben, wovon am nämlichen Tage Gf. Trautmannsdorf2 hier und in neuester Zeit Herr v. Schleinitz nicht gewußt zu haben scheinen. Wenn die Mittheilungen der Süddeutschen Mitglieder des Ausschusses des Nationalvereins es ermöglichen, werden wir uns von Frankfurt aus thunlichst stark gegen die militärische und politische Trias erklären. Eine Versammlung von Württembergischen3, Badischen, Bayerischen, Nassauischen und HessenDarmstädtischen Deputirten, welche am Montag in Mannheim stattfinden wird und an welcher auch unsere Mitglieder des Ausschusses des Nationalvereins Theil nehmen werden, würde dann durch einen ähnlichen Protest die Wirkung für Süddeutschland erheblich verstärken.4 1 Bennigsen bezieht sich auf den „Entwurf einer Convention für die Eintheilung, Führung und eventuell vorbereitende Aufstellung des 7., 8., 9. und 10. Bundes-Armeecorps bei einem ausbrechenden Kriege“, der von den „Würzburger“ Staaten Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Großherzogtum Hessen, Nassau und Mecklenburg-Schwerin am 31. Mai 1861 in der Bundesversammlung vorgelegt wurde. Nach dem Entwurf sollte für das 7.–10. Bundesarmeekorps, also die Kontingente der Mittel- und Kleinstaaten, für den Kriegsfall ein eigener Oberbefehlshaber ernannt werden. Vgl. ProtDBV 1861, § 144, S. 391 und Beilage S. 409–411. 2 Ferdinand Graf Trauttmannsdorff-Weinsberg (1825–1879), 1858–1866 österreichischer Gesandter in Karlsruhe; Wurzbach, Biographisches Lexikon, Bd. 47, S. 59. 3 Emendiert. Vorlage: Württenbergischen. 4 Am 18. und 19. Mai 1861 fand eine Ausschußsitzung des Nationalvereins in Frankfurt am Main

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Julius Fröbel: Denkschrift

Nr. 81

81. Julius Fröbel: Denkschrift über die Leitung der großdeutschen Angelegenheiten HHStA Wien, PA II 53. Deutscher Bund. Varia 1861, fol. 1–11. Reinschrift.

Ziel der großdeutschen Bestrebungen ist die Wiederherstellung des deutschen Reiches mit der erblichen Kaiserwürde des Hauses Habsburg. Dies kann – außer auf dem Weg der Gewalt – nur durch das patriotische Zusammenwirken der deutschen Fürsten und des deutschen Volkes erreicht werden. Die jetzige Bundesversammlung soll in einen kaiserlichen Staatsrat (Fürstenhaus) umgewandelt werden. Daneben soll ein Volkshaus – gebildet aus Kammerausschüssen der Einzelstaaten – eingerichtet werden. Eine Kommission von kompetenten Männern soll im Stillen mit der Ausarbeitung einer Reichsverfassung beauftragt werden. Leitende Grundsätze müßten dabei sein: die Erhaltung des föderativen Charakters des Reiches, eine starke kaiserliche Zentralregierung, Schutz des Reiches für die österreichischen und preußischen Nebenländer, Aufhören Österreichs und Preußens als besondere Großstaaten neben dem Reich. Zur Vorbereitung ist es erforderlich, eine großdeutsche Partei zu gründen, ein Parteiprogramm zu entwerfen und durch die Presse für die großdeutsche Idee zu werben. Die Begründung des neuen Reiches soll auf die Initiative des österreichischen Kaisers erfolgen, der zur gleichen Zeit und am gleichen Ort – vorzugsweise Frankfurt – die Ausschüsse der deutschen Kammern zum Volkshaus und die regierenden Monarchen zum Fürstenhaus zusammenruft. Man muß es darauf ankommen lassen, daß Preußen sich der Einladung zum Fürstentag verweigert. Sofern Österreich dann nicht zur Ultima ratio greifen möchte, bleibt ihm nur die Möglichkeit, sich auf ein Direktorium und eine Trias einzulassen. Das großdeutsche Kaisertum müßte dann auf eine günstigere Gelegenheit verschoben werden. Es besteht die Möglichkeit, daß Preußen sich revolutionärer Bestrebungen zum gewaltsamen Umsturz der Bundesverfassung bedient. In diesem Fall wären die skizzierten Vorbereitungen für eine großdeutsche Reichsverfassung auch geeignet, Österreich politische Vorteile zu verschaffen.

Juni 1861 1. Das letzte Ziel der großdeutschen Bestrebungen kann kein ander[e]s als die Wiederherstellung des deutschen Reiches nach den Bedürfnissen und im Geiste der neueren Zeit sein, und es ist klar daß dieser Gedanke zu seiner vollen Verwirklichung nur gelangen kann, indem die oberste Reichsgewalt als erbliche Kaiserwürde dem österreichischen Herrscherhause übertragen wird. statt. Es wurde beschlossen, ein Flugblatt zu veröffentlichen, in dem „die völlige Unbrauchbarkeit der Bundes-Kriegsverfassung, die Hoffnungslosigkeit der bisher zur Verbesserung derselben eingeschlagenen Wege, von kundiger Feder dargethan und namentlich auf die politischen Hintergedanken der Würzburger Reformvorschläge hingewiesen ist“; vgl. Biefang (Bearb.), Der Deutsche Nationalverein, S. 97–109, Zitat S. 106 aus der „Beilage IX: Offizielles Referat über die Ausschußsitzung“. Ebd. S. 465–469 das von August Ludwig Reyscher (1802–1880) verfaßte Flugblatt „Die Bundeskriegsverfassung, Coburg 1861“. Zu Reyscher siehe NDB, Bd. 21, S. 482 f.

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Dieses Ziel mag näher oder ferner liegen, – es muß fest im Auge gehalten werden, wenn die großdeutschen Bestrebungen einen Sinn behalten sollen, und durch Abschweifungen des Weges, welche durch die Umstände geboten sein mögen, darf man sich in der Hauptrichtung nicht irre machen lassen. So mißlich es sein mag dem wirklichen Gange der Dinge mit dem Gedanken vorauszueilen, so muß man sich doch von dem politischen Zustande, welcher erstrebt werden soll, ein Bild machen, wenn man mit Bewußtsein einen Schritt vorwärts thun will. Wir werden am besten an den muthmaßlichen Gang der Entstehung anknüpfen. Von einer gewaltsamen Entscheidung abgesehen, welche hier absichtlich außer Rechnung gelassen werden soll, kann die Begründung dieses neuen deutschen Kaiserthums nur durch das patriotische Zusammenwirken der deutschen Fürsten und des deutschen Volkes vor sich gehen. Eine deutsche Nationalversammlung, durch welche ein praktisches Ziel erreicht werden soll, muß also von Anfang an neben dem Volke auch die Fürsten, nicht durch Stellvertreter, sondern in eigener Person, in sich begreifen, und ein Volkshaus und Fürstenhaus werden demnach auch dauernd dem Kaiser zur Seite gestellt bleiben müssen. Die jetzige Bundesversammlung, welche selbstverständlich in voller Autorität bleiben muß bis die neue Verfassung fertig, anerkannt, und bereit ist in Wirksamkeit zu treten, – kann mit Nutzen in ein ständiges Corps diplomatischer Vertreter der Reichsfürsten am kais. Hofe mit dem Karakter eines kais. Staatsrathes umgewandelt werden, zu welchem also den einzelnen Reichsfürsten das Besetzungsrecht bliebe. Der Kaiser würde verpflichtet sein, in wichtigen Dingen diesen Staatsrath zu hören, ohne an dessen Entscheidungen gebunden zu sein. Zugleich aber könnten diesem politischen Körper mit großem Vortheile für den Gesammtorganismus des Reiches alle die Geschäfte übertragen werden, welche von den Reichsfürsten und aus den Einzelstaaten unmittelbar an die Person des Kaisers gehen. Das Fürstenhaus sollte eine erbliche erste und ebensolche zweite Präsidentur, als höchste Reichswürden unmittelbar nach dem Kaiser, erhalten, und von diesen müßte die erste dem preußischen, die zweite dem bairischen Königshause übergeben werden. Die beiden Könige, von Preußen und von Baiern, würden auf diese Weise unter den übrigen Reichsfürsten wirklich als das auftreten was sie sind – als primus et sucundus inter pares, – während der Kaiser die Einheit und Würde, nicht seines besonderen Landes, sondern des gesammten deutschen Reiches darzustellen hätte, Österreich also im Fürstenhause nur durch seine Erzherzoge vertreten sein könnte. Das Volkshaus sollte womöglich nicht aus Volkswahlen hervorgehen, sondern aus Kammerausschüssen zusammengesetzt sein. Dies würde zwei große Vortheile haben: erstlich würde, indem schon im Volkshause die Einzelstaaten

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Julius Fröbel: Denkschrift

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als Wahlkörper auftreten, ein besonderes Staatenhaus überflüssig gemacht und die Bildung des für ein nationales Leben viel wichtigeren Fürstenhauses ermöglicht; – zweitens aber würde durch eine solche Zusammensetzung des Volkshauses nicht nur den außerdeutschen Nebenländern, sondern sogar den in ihren Interessen an uns geknüpften Nachbarstaaten – wie Holland, Belgien, Dänemark und die Schweiz – die Möglichkeit eines Anschlusses offen gehalten. Diese Andeutungen sollen nur die allgemeinsten Umrisse zu einem Bilde geben. In hohem Grade zweckmäßig würde es aber sein, eine Commission von einigen competenten Männern im Stillen mit der Ausarbeitung einer Reichsverfassung für Deutschland auf Grundlage obiger allgemeiner Voraussetzungen zu beauftragen, damit man, wenn die Zeit zum Handeln kommt, nicht der kleindeutschen Partei und dem preußischen Interesse den Vortheil überläßt, allein, wohl vorbereitet auf dem Kampfplatze zu erscheinen. Als leitende Grundsätze für die Entwerfung dieser großdeutschen Reichsverfassung müssen noch folgende anerkannt werden: 1. Erhaltung des föderativen Karakters in der Zusammensetzung des Reiches; – 2. hinreichende Macht der kais. Centralregierung zur Handhabung einer starken Reichspolitik, mit scharfer Abgrenzung ihrer Befugnisse gegen die innere Selbstregierung der Einzelstaaten; – 3. Anerkennung der österreichischen und preußischen Nebenländer als Nebenländer des Reiches selbst, unter dessen Schutz daher ihre Verbindung mit den genannten Staaten gestellt werden muß; – 4. Aufhören Österreichs und Preußens als besonderer Großstaaten neben dem Reiche, also Verzichtung auf das Recht abgesonderter Kriegführung. Ohne die beiden letzten Grundsätze würde es besser sein den ganzen Gedanken aufzugeben. 2. Mit der Empfehlung der Bearbeitung einer großdeutschen Reichs-Verfassung sind wir von der Betrachtung des Zieles auf die Untersuchung des Weges übergegangen. Da der Beantrager einer populären Maßregel gewöhnlich der ist, welcher die Gunst und damit zugleich die Macht der öffentlichen Meinung für sich gewinnt, so muß Österreich im rechten Augenblicke bereit sein, in der Bundesreform die Initiative zu ergreifen. Das Vorhandensein einer Vorarbeit wie die eben vorgeschlagene, wird dabei den Vortheil eines Gefühles der Sicherheit gewähren, in welchem schon eine Hälfte des Erfolges vorhanden ist. Zur geeigneten Zeit sollte demnach Österreich zu einem Zusammentritte von Ausschüssen aus sämmtlichen deutschen Kammern (ob von österreichi-

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scher Seite aus den Landtagen?) den entscheidenden Anstoß geben. Frankfurt a/M scheint dafür der rechte Ort zu sein und zu bleiben, und es möchte unzweckmäßig sein, einen anderen Ort wählen zu wollen. In vier verschiedenen Sphären muß auf dieses Ziel hingewirkt werden: 1.) im Volke durch die Presse – 2.) unter dem Personale der deutschen Kammern durch Privateinwirkung und Parteibildung, – 3.) bei den Ministern der Einzelstaaten – und 4.) bei den Fürsten. Findet sich Gelegenheit der großdeutschen Idee ergebene Männer an die Ministerposten der Mittel- und Kleinstaaten zu bringen, so sollte es eine Aufgabe der großdeutschen Politik sein, diese Gelegenheit nicht ungenützt zu lassen. Auf dieselbe Zeit aber und an denselben Ort, wo und wann die Ausschüsse der deutschen Kammern zum deutschen Volkshause zusammentreten, möge S. k. k. Majestät für gut finden, die sämmtlichen deutschen Fürsten der regierenden Familien zu einem allgemeinen deutschen Fürstentage einzuladen, mit welchem das deutsche Fürstenhaus de facto constituirt wäre. Unter allen Umständen und bei jedem Gange der Dinge dürfte dieser Schritt das einzige sichere Mittel sein, zwei große Zwecke zugleich zu erreichen, nämlich: 1. die Sicherstellung des monarchischen Prinzips in Deutschland überhaupt, und 2. die Sicherstellung des ersten Ranges und damit der deutschen Kaiserkrone für das Haus Habsburg. Aus diesem Grunde muß auf diesen Schritt überhaupt der entscheidende Nachdruck gelegt werden, und davon, ob er gethan oder nicht gethan wird, dürfte das Schicksal des ganzen Planes abhängen. Gelingt es aber S. k. k. Majestät, mit der Eröffnung eines deutschen Volkshauses in Frankfurt, zu gleicher Zeit, dahin eine Zusammenkunft der Mehrza[h]l deutscher Fürsten zu bringen, so kann, bei richtiger Vorbereitung und Leitung aller Verhältnisse, das neue deutsche Kaiserthum unter Habsburg’s erblichem Scepter als gegründet betrachtet werden. 3. Natürlich muß es eine Aufgabe sein, die öffentliche Meinung Deutschlands auf einen solchen Gang der Dinge vorzubereiten, – und hierzu ist die Organisation einer disciplinirten großdeutschen Partei und Presse erforderlich. Die ganze Aufgabe zerfällt in vier Theile, nämlich: 1. Die Bildung eines Kernes von vertrauten Personen, denen das letzte Ziel bekannt ist, und die die weiteren Arbeiten der Parteiorganisation und Parteileitung theilen. 2. Die Aufstellung eines für die Öffentlichkeit bestimmten Programmes, als Fahne unter der sich das Gros der Partei sammeln kann.

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3. Die Gewinnung und Disciplinirung der Anhänger. 4. Die Leitung durch die Presse und durch persönliche Einwirkung. Der erste Theil der Aufgabe kann nur dadurch verrichtet werden, daß Jemand zu diesem Zwecke Deutschland bereist. Der zweite Theil setzt den ersten voraus. Ein für die Öffentlichkeit bestimmtes Parteiprogramm muß auf einer Zusammenkunft von eingeweihten Parteimännern mit Zuziehung Anderer formulirt werden, deren Namen besonders wünschenswerth sind. Die Auswahl der ersten für die Öffentlichkeit bestimmten Namen muß dabei wohl erwogen und das auf einer solchen Zusammenkunft formulirte Programm muß zunächst nur als ein Fühler ausgesandt werden. Man könnte es z. B. als Manuscript mit breitem Rande gedruckt verschicken, mit der Bitte, von zwei empfangenen Exemplaren eines, sei es zustimmend, beurtheilend oder verwerfend, mit Unterschrift versehen, zurückzusenden. Auch das Stillschweigen wäre eine Antwort und man hätte so sehr bald eine Partei-Statistik als Grundlage für weitere Operationen. Damit wäre zugleich schon der Anfang zur Verrichtung des dritten Theiles der Arbeit, der Gewinnung von Anhängern gemacht. Eine mehr öffentliche und lebhaftere Agitation wird von selbst folgen, die Organisation und Disciplinirung muß den Männern überlassen werden, welche den ursprünglichen Kern der Partei bilden. Aus ihrer Mitte muß ein Direktorium geschaffen werden, welches durch die Presse, durch Privatcorrespondenz und durch persönliche Einwirkung reisender Mitglieder seine Absichten zu erreichen sucht. Hiermit sind wir bei dem vierten und letzten Theile der Aufgabe angelangt, und es ist hier besonders bei der Presse zu verweilen. Durch eine wohlgeleitete Presse muß die öffentliche Meinung auf den oben projektirten Gang der Dinge vorbereitet werden. Man muß von österreichischer Seite die nationalen Wünsche Deutschlands im föderalistisch-großdeutschen1 Sinne nähren, und die Hoffnung erregen, daß dieselben durch Österreich werden befriedigt werden. Nicht ohne Glück ist damit der Anfang gemacht worden. Im Volke wird man dieser Hoffnung Glauben schenken, sowie das innere Staatsleben Österreichs sich mehr und mehr Zutrauen erwirbt. Bedeutende Erfolge sind in dieser Beziehung schon erlangt. Vor allem muß hier auf die kirchlich-politischen2 Fragen hingewiesen werden, in denen es, in voller Übereinstimmung mit den höchsten Interessen der katholischen Kirche selbst, möglich sein muß die beschränkten Anschauungen des protestantischen Staatskirchenthums und des josefinischen Regierungssystems nicht rückwärts sondern vorwärts aus dem Felde zu schlagen.

1 Emendiert. Vorlage: föderalistisch-großdeutschem. 2 Emendiert. Vorlage: kirchlich-politische.

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Aller Wahrscheinlichkeit nach, werden die österreichischen Fortschrittsbestrebungen, im Inneren sowohl wie in Bezug auf die deutschen Angelegenheiten, durch einen schlechten Gang der Dinge in Preußen in ein um so günstigeres Licht gestellt werden. Um unter solchen Umständen in Norddeutschland entscheidende geistige Eroberungen zu machen, sollte von der österreichischen Regierung eine Zeitung ersten Ranges in Berlin gegründet werden. Ein offenes Auftreten für das großdeutsche Parteiprogramm mit einer ke[c]ken Polemik gegen die kleindeutschen Anschauungen und Gelüste hätte Aussicht in Berlin Glück zu machen. Als Commentar zu dem öffentlichen Parteiprogramm sollte eine Schrift erscheinen, in welcher die deutsche Frage in ihrer Verbindung mit den gesammten europäischen Interessen im Bewußtsein des großdeutschen Endzieles zum Abschlusse gebracht wird. Im Übrigen wird es zu den wesentlichsten Aufgaben der Parteiorganisation gehören, auch der großdeutschen Publicistik Zusammenhang und Einheit zu geben und in ihre[n] darauf gerichteten Bemühungen die österreichische Regierung zu unterstützten. 4. Diesen Zwecken und Operationen gegenüber muß nun nach den verschiedenen Möglichkeiten im Gange der Dinge gefragt werden. Es sind hier hauptsächlich die folgenden Verhältnisse ins Auge zu fassen: Zunächst für Österreich die ungarische Frage. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Eintritt der Ungarn in den Wiener Reichstag die Verwirklichung des deutschen Kaiserthums erschweren würde. Österreich als constitutioneller Einheitsstaat würde wohl nur in der Form der Trias mit Preußen und dem übrigen Deutschland ein Verhältniß eingehen können, und die großdeutschen Bemühungen müßten sich dann, wenigstens vorläufig darauf beschränken, daß die Einigung der Mittel- und Kleinstaaten zu Stande komme, daß die drei Glieder des deutschen Systems unter einem dreiherrlichen Direktorium zusammengehalten werden, und daß in diesem Direktorium Österreich womöglich der erste Platz erhalten bleibt. Es ist aber wohl vor der Hand kaum vorauszusetzen, daß Ungarn mit den deutsch-slavischen Ländern Österreichs zu einem constitutionellen Einheitsstaate verschmolzen werde, und von dieser Seite her dürfte also wohl dem großdeutschen Kaiserthume keine unüberwindliche Schwierigkeit entgegenstehen. Im Gegentheile möchten sich dieser Plan und das Verhältniß zu Ungarn eher gegenseitig unterstützen, indem so der Besitz Ungarns den Plan empfie[h]lt, die Aussicht auf Verwirklichung des Planes aber zur Sicherung Ungarns beitragen muß. Von größerem, vielleicht von entscheidendem Einflusse wird die Haltung sein, welche Preußen einer von Österreich ausgehenden Umgestaltung Deutschlands gegenüber einnehmen wird.

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Da sich Österreich bei allen seinen Schritten streng in den Grenzen des Bundesrechtes halten wird, kann Preußen zunächst nichts thun als sich von der Beschickung des Volkshauses und von dem Besuche des durch S. k. k. Majestät geladenen Fürstentages auszuschließen. Man müßte es darauf ankommen lassen, und es bedarf ja keiner Bemerkung über die Thatsache, daß zwar Österreich mit dem übrigen Deutschland ohne Preußen, aber nicht Preußen ohne Österreich und das übrige Deutschland bestehen könnte. Es kann aber viel dafür gethan werden, daß es Preußen im höchsten Grade erschwert wird eine solche Haltung einzunehmen. Man braucht nur bis auf einen gewissen Grad Preußen selbst die Initiative in der nationalen Reform nicht blos zu überlassen, sondern zuzuschieben, um ihm den Rücktritt von einer Betheiligung unmöglich zu machen. Sollte dann freilich, bei der Entscheidung über die Kaiserwürde, der offene und gewaltsame Bruch drohen, so müßte Österreich, wenn es nicht zur ultima ratio zu greifen entschlossen wäre, sich auf das Direktorium von drei Fürsten zurückziehen, und durch die ernstliche und wirksame Beförderung einer Vereinigung der Mittel- und Kleinstaaten Preußen zwingen, sich an der Dreiherrschaft zu betheiligen. Das großdeutsche Kaiserthum müßte dann auf eine günstigere Gestaltung der Umstände warten. Mit der Trias-Idee darf aber, wegen dieser Möglichkeiten, nicht gebrochen werden, da sie immer die Position bleibt, auf welche sich die großdeutsche Partei zurückziehen kann. Zwischen dem dreiherrlichen Direktorium und dem erblichen großdeutschen Kaiserthume unter Habsburg wird also auch das Parteiprogramm schwanken, und die Schwierigkeit wird sein zu beurtheilen wieweit dieses Programm mit der Sprache herausgehen darf. Die Möglichkeit ganz offen aufzutreten, wäre schon fast einerlei mit dem Siege. Das dritte Verhältniß beruht in der Möglichkeit revolutionärer Bewegungen zu Gunsten eines gewaltsamen Umsturzes der Bundesverfassung. Es sind solche Vorgänge in Baden zu erwarten, wo sie mit zum Operationsplan der kleindeutschen Partei gehören und die jetzige Regierung selbst an ihrer Hervorbringung arbeitet. Auch in Berlin, und überhaupt in Preußen, können über kurz oder lang gewaltsame Ereignisse eintreten, in denen sich von Anfang an die in den besonderen preußischen Verhältnissen liegenden Anstöße mit den allgemeinen deutschen Angelegenheiten verschmelzen würden. So z.B. ist im preussischen Volke sehr allgemein die Ansicht verbreitet, daß der großen Überspannung des Militärbudgets einzig und allein durch die Vergrößerung Preußens auf Kosten der Mittel- und Kleinstaaten abgeholfen werden könne und müsse. Aus solchen Vorgängen, welche unvermeidlich sogleich die Form eines gewaltsamen Bundesbruchs annehmen müßten, könnte Österreich auf leicht begreifliche Weise entschiedenen Vortheil ziehen, und alle im Obigen vorge-

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schlagenen Operationen würden dazu als die geeigneten Vorbereitungen dienen. Es wird hier nicht gewagt, dem Gegenstande in dieser Richtung weiter zu folgen. Nothwendig aber wird es sein keine Mühe zu scheuen, um sich vor Überraschungen zu sichern. Geschrieben im Juni 1861.

82. Constantin Frantz1: Was dem deutschen Bunde Noth thut Auszug aus: Constantin Frantz, Drei und dreißig Sätze vom Deutschen Bunde. Berlin, Ferdinand Schneider 1861, S. 147–151. Vgl. Rosenberg, Nationalpolitische Publizistik, Bd. 1, Nr. 556, S. 413 f.

Der Bund braucht ein souveränes, handlungsfähiges Organ, ein politisches Prinzip und den Glauben daran, seine Ziele zu erreichen. Der Bundestag ist zur weiteren Entwicklung unfähig, man muß über ihn hinausgelangen. Der Bund selbst und seine Grundverfassung sind lebensfähig und können weiter wachsen. Die deutsche Öffentlichkeit muß zu Verstand kommen und mit den Schmähungen über den Bund aufhören. Der Deutsche Bund ist der letzte Rettungsanker in dem bevorstehenden Zusammenbruch des europäischen Staatensystems.

Berlin, 1861 XXXII. Was dem deutschen Bunde Noth thut. Ein souveränes, handlungsfähiges Bundesorgan gehört dazu, und für dieses Organ wiederum ein politisches Princip. Endlich zu dem Princip auch noch das Selbstvertrauen zu seiner Kraft, die Zuversicht das Ziel zu erreichen, kurz der Glaube. Es ist nicht nur ein Bibelwort, daß der Glaube Berge versetzt, sondern es ist zugleich eine geschichtliche Erfahrung, daß sich nur solche Nationen erheben und Großes verrichten, welche an ihren Beruf glauben, und so lange sie daran glauben. Denn es giebt auch einen politischen Glauben, und wie es der religiöse Glaube ist, welcher die Kirche erbaut, so ist es der politische Glaube, wodurch die Staaten erstarken. Ueberfällt sie der Zweifel, so holt sie der Teu1 Gustav Adolph Constantin Frantz (1817–1891), Politiker und Publizist, 1843–1848 referierender Literat im preußischen Kultusministerium, 1852–1858 „Geheimer expedierender Sekretär“ im preußischen Außenministerium, veröffentliche zahlreiche philosophische und staatsphilosophische Schriften, Vertreter des föderalistischen Gedankens und Gegner Bismarcks; ADB, Bd. 48, S. 716–720; NDB, Bd. 5, S. 353–356; Ehmer, Constantin Frantz; Becker, Der Föderalist Constantin Frantz; Görner, Constantin Frantz.

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fel, da mit dem Selbstvertrauen auch das Vertrauen Anderer entschwindet, und die Macht ist dahin. Wie es also zu jedem tüchtigen Menschen gehört, daß Kopf und Herz zusammen stimmen, so gehört es sich auch für den Staatsmann, weil das Staatsleben selbst doch immer nur ein Spiegel der menschlichen Natur ist. Wo der Kopf bezweifelt was das Herz will, oder das Herz nicht glaubt an das was der Kopf erkennt, da ist nur ein gebrochenes Wesen. Darum sagt man: Kopf und Herz an der rechten Stelle, und nennt den Muthigen herzhaft. Muth aber fordert die Politik ganz eben so sehr als Verstand, und er fehlt oft am meisten. Der Napoleonismus besitzt drei Dinge: einen souveränen Willen, ein Princip, wonach dieser Wille handelt, und endlich den Glauben an dieses Princip. Darauf beruhen seine Erfolge, und sie werden wachsen, so lange bis wir ihm in gleicher Rüstung entgegentreten. Dem deutschen Bunde fehlt bis jetzt noch alles Dreies. Also ein souveränes Willensorgan, ein politisches Princip für dieses Organ, und der Glaube an dieses Princip, – das ist es, was dem deutschen Bunde Noth thut. XXXIII. Schluß. Nachdem unsere Untersuchung vollendet ist, gehen drei Hauptresultate aus derselben hervor, welche wir dem geneigten Leser hier noch ausdrücklich vor Augen stellen wollen. 1) Die Bundesversammlung, oder der Bundestag ist ein jeder Entwickelung unfähiges Institut, und sind daher auch keine weiteren Versuche damit zu machen, sondern wenn wir für das deutsche Bundeswesen irgend einen Fortschritt hoffen, so müssen wir schlechterdings über den Bundestag hinaus. 2) Dahingegen trägt der deutsche Bund selbst einen lebensfähigen Keim in sich, der nur einer geschickten und sorgsamen Pflege bedarf um kräftig empor zu wachsen, und allmälig wird ein Baum daraus, der die Völker überschattet. Dieser Keim liegt frei und offen in der Grundverfassung des Bundes selbst, und es bedarf zu seiner Entwickelung keiner Veränderung derselben, sondern man soll ihn nur wachsen lassen, dann wird er auf diese Verfassung selbst zurückwirken, und was uns sonst noch Noth thut, führt die Praxis herbei. Laßt uns nur einen einzigen großen Bundeskrieg bestanden haben, und die deutsche Einheit wird fester gekittet sein, als es durch ein Menschenalter von Parlamentarismus möglich wäre, und wir werden auf einmal auch im politischen Sinne des Wortes eine Nation sein, was wir jetzt nur ethnographisch sind. 3) Es ist daher ein verhängnißvoller Irrthum, wenn die Mißachtung, welche den Bundestag trifft, auf den Bund selbst übertragen wird. Und eben die-

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ser Irrthum ist es, der seit zwölf Jahren alle deutschen Bestrebungen erfolglos machte, weil er uns dazu verleitet, den realen Boden der gegebenen Verhältnisse zu verlassen, und statt dessen für die deutsche Einheit ein Luftschloß zu erbauen. Haben wir nun gezeigt, was dem deutschen Bunde Noth thut, damit der in ihm liegende Keim zu seiner Entwickelung gelange, so wollen wir schließlich auch noch sagen, was dem deutschen Publikum Noth thut, wenn es ihm mit seinem Verlangen nach deutscher Einheit ein wirklicher Ernst ist. Es thut ihm Noth, daß es zu Verstande kommt. Denn ganz verstandlos, um nicht Schlimmeres zu sagen, ist dieses Schmähen und Toben, womit man über den Bund herfällt, über seine Hinfälligkeit und Schwäche sogar spottend frohlockt, und sein baldiges Ende erhofft. Ach, sie wissen nicht was sie thun! Sie wissen nicht, daß eben dieser Bund der letzte Rettungsanker ist, der uns in dem bevorstehenden Schiffbruch des europäischen Staatensystems geblieben. Und zerrisse dieser Anker, – wie wird die deutsche Arche an den Klippen zerschellen, und wer wird ihre Trümmer aufraffen!? Das ist es ja eben, worauf man in Paris lauert und hinarbeitet. Denn um ohne Bild zu sprechen, man weiß in Paris, wie eben dieser deutsche Bund die Möglichkeit in sich trägt eine deutsche Gesammtmacht auf die Beine zu bringen, und eine solche Macht hätte man zu fürchten. Zerfällt aber der deutsche Bund, so entschwindet selbst die Möglichkeit einer solchen Gesammtmacht, sondern es bliebe nur noch Oesterreich, und Preußen, und Baiern, und Hannover u.s.w., und mit allen diesen wird man sich leicht arrangiren Ein neuer Rheinbund ist als Projekt schon fertig. Wen Gott verderben will, sagt das Sprichwort, dem nimmt er den Verstand, und danach scheint es wohl, wir sind schon verloren. Denn wer will es leugnen, der Verstand ist fort. Aber das Sprichwort sagt auch: Gott verläßt keinen Deutschen, und so bleibt uns immer die Hoffnung den verlorenen Verstand noch wieder zu finden, und hätte er sich auch so weit verirrt, daß wir ihn im Monde suchen müßten, wie weiland den verlorenen Verstand des rasenden Roland, von welchem Ariosto singt.2 Ja er wird sich wieder finden dieser verlorene Verstand, wenn man im Lande der Denker nur endlich wieder anfängt wirklich zu denken, und sich des Gefasel und Gephrase zu entschlagen, welches seit lange die Stelle des Gedankens einnahm. Das ist es, was dem deutschen Publikum Noth thut. Was hingegen den deutschen Regierungen Noth thut, können sie sich nach dem Vorstehenden selber sagen.

2 Ludovico Ariosto, Orlando furioso, Versepos über den „Rasenden Roland“, in der ersten Fassung 1516 veröffentlicht.

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Artikelserie zur Bundesreform im Bayerischen Kurier

Nr. 83

83. Artikelserie zur Bundesreform im Bayerischen Kurier 11 Bayerischer Kurier Nr. 214, 216, 217, 220 und 221 vom 7., 9., 10., 13. und 14. August 1861, S. 1453–1455, 1465–1467, 1473 f., 1493–1495, 1502 f.

Vorschläge zur künftigen Gestaltung Deutschlands: Bildung eines Wahlkollegiums aus den beiden Großmächten und Bayern, das unter Hinzuziehung von Volksvertretern einen deutschen Prinzen für eine Periode von drei bis sechs Jahren als Inhaber der Bundeszentralgewalt bestimmen soll; Aufnahme diplomatischer Beziehungen des Bundes zu ausländischen Staaten; Bildung einer Nationalvertretung beim Deutschen Bund; Bildung einer einheitlichem Bundes-Wehrmacht bestehend aus Land- und Seestreitkräften unter unmittelbarem Oberbefehl der Bundeszentralgewalt; Einrichtung einer Bundes-Landwehr neben der Bundesarmee.

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München, 7. August 1861

Der deutsche Bund. (Von dem Verfasser des Aufsatzes „Deutschland und seine aus den Zeitverhältnissen hervorgehende Reform.“) I. Wenn wir die Stimmen näher in Betracht ziehen, welche sich über die künftige Gestaltung Deutschlands und der deutschen Nation kund geben, so haben wir insbesondere 3 Nuancen derselben hervorzuheben und zwar: 1) Jene, welche in der Hauptsache die Bundesverfassung beibehalten, doch aber solche Modifikationen in derselben herbeigeführt wünschen, die eine kräftige Einheit nach Außen und eine Vertretung der Nation beim Bunde zur Folge hätten; 2) Jene, welche der Idee des National-Vereins huldigen, der dahin trachtet, eine Macht an die Spitze Deutschlands zu bringen, der die übrigen Staaten gleichsam subordinirt werden sollen, welche Tendenz den Ausschluß einer Großmacht zur unmittelbaren Folge haben müßte. 3) Jene, welche die Trias oder den Dreibund für angemessen erkennen. Wenn auch alle drei darin einig sind, daß die gegenwärtige Bundesverfassung, ohne irgend eine zeitgemäße Reform, nicht mehr den Verhältnissen entspreche und demnach nicht mehr so fortbestehen könne, so sind sie doch hinsichtlich der Art und Weise, wie diese Reform zu vollziehen sei, sehr von einander verschieden. Obschon ich eigentlich mich mehr der 3. Nuance zuneige, ohne übrigens in den desfallsigen Vorschlägen das Non plus ultra zu finden, sondern dieselbe mehr als Einleitung zu einer besseren Gestaltung Deutschlands ansehe; so glaube ich doch im Interesse Deutschlands einen Weg vorschlagen zu sollen, 1 Der konservative „Bayerische Kurier“ wurde 1856 gegründet und erschien bis 1934 in München. In den 1860er Jahren etablierte sich das Blatt als das Sprachrohr der partikularistischen Bayerischen Patriotenpartei und später des Zentrums; Hoser, Bayerischer Kurier.

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der sich zwar nicht an einen der drei Wege des Nationalvereins anschließt, aber auch nicht zur förmlichen Abtheilung der deutschen Staaten in den engern und weitern Bund führt, sondern mehr mit Rücksicht auf die erste der eben angeführten Nuancen und wenn ich mich so ausdrücken soll, mehr der einmal bestehenden gleichsam angeerbten Sympathie des deutschen Volkes für ein ungetheiltes Ganze entsprechend, zeitgemäße Modifikationen in der gegenwärtigen Bundesverfassung herbeizuführen, oder eigentlich nur anzubahnen, bestimmt sein soll. Indem ich also von dem Verfolg meiner eigentlichen Ansicht über die zweckmäßige Reform abstehe und mich mehr dem, nach obiger Sympathie Erreichbaren nähere, glaube ich allen deutschen Männern ein Beispiel zu geben, daß nicht Ideen prädominirend sein sollen, sondern daß sie gleich mir der vorherrschenden Sympathie sich anschließen, ihr Streben darnach richten, und so durch gemeinsames Wirken nach diesem Ziel, einen Zustand in Deutschland herbeizuführen trachten sollen, der, wenn auch nicht das ideale Beßte, doch zur Erreichung des praktisch Möglichen führt. Vor allem dürfte, nach meinem Ermessen daher nothwendig sein, ein Bindungsmittel zwischen den beiden Großmächten herzustellen, das dem einzelnen Streben nach Hegemonie ein Ziel setzt, und zugleich zur Aufstellung einer Central- oder Bundesgewalt führt, die mit ihrer Zustimmung resp. Mitwirkung an die Spitze des Bundestags treten soll. Zur Erreichung dieses Zweckes schlage ich vor, Bayern soll als der beträchtlichste der Mittelstaaten, diese und die übrigen repräsentirend, mit den beiden Großmächten ein Wahlkollegium bilden, das sich wegen der Aufstellung einer Bundesgewalt, nemlich der Ernennung eines Gliedes aus den deutschen Regentenfamilien zu vereinigen, und zu dieser Wahl eine Anzahl ihrer Nationalvertreter beizuziehen habe, so daß dieser Akt nicht einseitig von den Regierungen, sondern auch in Uebereinstimmung mit dem Nationalwillen vollzogen werde. Um aber diese Nationalzustimmung zu erweitern, habe der Theilvertreter, der auf Bayern trifft, nicht allein aus Bayern, sondern auch verhältnißmäßig aus Vertretern der übrigen 3 Königreiche zu bestehen. Nehme ich z. B. an, jeder Theil hätte 60 Vertreter zu bestimmen, so würde sich diese Zahl nach der Bevölkerung der 4 Königreiche in folgender Weise auf dieselben repartiren: Bayern 27  Sachsen 12  in Summa 60 Hannover 11  Württemberg 10 Bei allen Verhandlungen, welche die Vertreter vorzunehmen haben, soll eine Majorität von 3/4 aller Stimmen zu einem Beschluß nothwendig sein, damit derselbe nicht durch die Vereinbarung von zwei Theilen erfolgen kann.

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Der deutsche Prinz, der von den Wahlstaaten in Gemeinschaft mit diesen Nationalvertretern für die Bundesgewalt gewählt wird, darf kein regierender Fürst sein, er führt den Titel „deutscher Bundesfürst“ mit dem Prädikat Königliche Hoheit und repräsentirt alle Fürsten beim Bund, übt in ihrem Namen alle Rechte aus, die einem souveränen Fürsten in Beziehung auf seine Stellung gegen das Ausland zustehen, im Inlande aber soll es bei der bisherigen Uebung verbleiben, da eine staatliche Einrichtung bei dem Bunde nicht nothwendig sein dürfte, sondern die Staatsgesandten wie bisher, ihre resp. Staaten zu vertreten und über die inneren Angelegenheiten im Verein mit dem Bundesfürsten, Beschluß herbei zu führen haben, und hinsichtlich der Nationalvertretung weitere unten folgende Einrichtungen in Vorschlag kommen werden. In Betreff der Wahl könnte die Modalität eintreten, daß die drei Wahlregierungen sich über einen oder einige deutsche Prinzen vereinigten, die den Nationalvertretern in Vorschlag zu bringen wären; von diesen tritt jeder Theil für sich vorerst in Berathung über dieselbe, stimmen alle drei Beschlüsse überein, so ist eine weitere Verhandlung nicht nothwendig und hat nur die Bestätigung des Wahlkollegiums zu erfolgen; stimmen sie aber nicht überein, so treten sie in einen gemeinschaftl. Wahlkörper, unter einem selbstgewählten Präsidenten zusammen, und entscheiden nach obiger Bestimmung hinsichtlich der Majorität. Wenn aber die Majorität nicht erlangt werden sollte, so können 2 Fälle eintreten, entweder es fehlt nur eine geringe Zahl Stimmen, so daß vorauszusetzen ist, der betreffende Prinz entspreche im Allgemeinen der Nation, so hat der vorsitzende Präsident jene Mitglieder die nicht hiefür stimmen, zur besonderen Besprechung der Motive einzuladen, und eine Annäherung zu den übrigen zu erstreben; gelingt dieses aber nicht, so daß wie im andern Fall eine Majorität nicht zu erlangen ist, so haben die Präsidenten der 3 Wahlkörper mit den Wahlregierungen sich ins Benehmen zu setzen, um entsprechendere Vorschläge zu veranlassen. Das gleiche Verfahren hat auch in dem kaum glaublichen Fall einzutreten, wenn voraussichtlich auch ohne nähere Verhandlung die Annahme eines Vorschlags nicht zu erwarten sein dürfte. Die Wahl ist nicht auf die Lebensdauer sondern nur periodisch zu bestimmen und kann die Periode zwischen Jahren 3–6 festgesetzt werden; der Fürst ist aber wieder wählbar. Da, wie aus dem Vorhergehenden erhellet, die Bundesgewalt keine positive Macht für sich besitzt, so wird derselben aus der deutschen Wehrmacht, wie bei dieser speziell angegeben wird, ein entsprechender Theil zugewiesen, der unter ihrem unmittelbaren Befehl steht; zugleich wird über diese und die resp. Gesammtmacht ein Bundesfeldherr bestimmt, über welchen bei der WehrMacht gleichfalls nähere Stipulation[en] in Vortrag kommen werden. Ist aber der Bundesfürst oder ein anderer Fürst der Bundesstaaten zur Uebernahme

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dieser Function geeignet, so wird der Bundesgewalt ein höherer General beigegeben, der im Frieden die Militärverhältnisse unter dem Bundesfürsten zu leiten hat, im Krieg aber als der Chef des General-Stabs einzutreten hat. Ueber jene Modifikationen oder neuen Vorschläge, die ich hinsichtlich der Vertretung des Bundes im Auslande, sowie der Vertretung der Nation beim Bunde, und endlich wegen der allgemeinen Wehrmacht für nothwendig halte, werde ich mich in besonderen Aufsätzen äußern2; wegen der letztern will ich hier nur noch beifügen, daß durch die desfallsigen Vorschläge die Bundesgewalt in die Lage kommt, augenblicklich eine Streitmacht von 200000 Mann an die bedrohte Gränze zu stellen, der in kürzester Frist eine gleich starke Armee folgen kann. Als Ergänzung der Kriegsmacht beim wirklichen Ausbruche eines Kriegs, folgen sodann noch circa 300 000 Mann, dann eine Reserve von wenigstens gleicher Stärke, der die ganze wehrhafte Nation zum Rückhalt dient. Kann die gegenwärtige Bundesverfassung eine solche imposante Machtentwicklung herstellen, kann durch die Tendenz des Nationalvereins, deren Verfolgung nur zur Trennung Deutschlands und zur unwürdigen Stellung der Bundesstaaten führen wird, kann diese Vereinspolitik je zu solchen Resultaten gelangen? Gewiß nicht! Darum nochmals der Mahnruf an die Vaterlandsliebe der Deutschen, der sie bestimmen soll, von ihren noch so gut gemeinten aber nicht nach diesem Ziele führenden Ansichten abzustehen, und mit mir der Eingangs angeführten Sympathie nachgebend, nur eine solche Einrichtung bei dem gegenwärtigen Bundestage anzustreben, die mit den genannten oder anderen zweckmäßigen Modifikationen, zu einer solchen Stellung des Bundes führt, die ihm vom Auslande die gebührende Achtung sichert, und die Macht verleiht dieselbe nöthigenfalls zu erzwingen. Nr. 216

München, 9. August 1861 Der deutsche Bund. II. Dessen Vertretung im Auslande.

Deutschland, eine terra incognita im europäischen Staatenverband, und wohl darf man sagen in der ganzen Welt, ist bis jetzt höchstens in Bezug auf seine Bundesverfassung als Zielscheibe des Spottes vom Auslande genannt worden. Dieses der Würde der deutschen Nation widerstrebende Verhältniß darf ferner nicht mehr bestehen, wir müssen gleich Oesterreich und Preußen auch als Deutsche, eine allgemeine gleiche Achtung als Nation in Anspruch nehmen, und allenfalls da fordern, wo man es verweigern sollte, und daß hiezu die Kraft vorhanden sei, habe ich bei der Bundesgewalt gezeigt. 2 Siehe unten Nr. 220 und 221 vom 13. und 14. August 1861.

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Das Erste, was jedoch in dieser Beziehung erforderlich ist, dürfte in Anknüpfung von diplomatischen Verbindungen von Seite der Bundesgewalt mit jenen auswärtigen Staaten bestehen, die sowohl im Interesse des ganzen Bundes, ein solches Entgegenkommen rechtfertigen, als in jenem des einzelnen Unterthanen im Auslande, solche Aufstellungen nothwendig machen. In wiefern diese einzuleiten, und wie sie allenfalls mit den bereits bestehenden Verbindungen anderer deutscher Staaten in Einklang zu bringen seien, dieß dürfte mehr in die Prärogative der Bundesgewalt gehören, indem eine Regelung dieses Verhältnisses erst in der Folge, in sachgemäßer Weise von derselben in Stand zu bringen, geeignet sein dürfte, weshalb auch hier nur die Anregung dieser Nothwendigkeit am Platze ist. III. Die Nationalvertretung beim deutschen Bund. Jede Vertretung setzt ein gewisses Mandat voraus, das Jener, der vertreten sein will, demjenigen ertheilt, den er zu diesem Zwecke aufstellt. Wenn demnach von einer Nationalvertretung die Rede ist, so kann man mit Recht voraussetzen, die Nation habe in ihrem Mandat bereits solche Direktiven ausgesprochen, die ihren Vertretern den Weg bezeichnen sollen, den dieselben zur Erreichung des Zweckes ihrer Aufstellung zu verfolgen haben; denn ohne eine solche Richtschnur, oder nur eine allgemeine Bezeichnung derselben, werden die Vertreter, von ihrer individuellen An- und Absicht geleitet, in Vorträge und Verhandlungen verleitet, die zu ganz anderen, oft sehr extremen Resultaten führen, die weit von der Absicht ihrer Mandatgeber entfernt sind. Darum finde ich für nothwendig, gewisse Direktiven als Hauptmomente eines solchen Mandates hier aufzustellen, das meines Erachtens die Nation ihren Vertretern ertheilen dürfte, in so ferne sie in der Hauptsache meinem Streben nach dem bezeichneten Ziel, ihre Anerkennung nicht versagt, vielmehr zu diesem Behuf die Bereitwilligkeit zu ihrer Mitwirkung auszudrücken sich veranlaßt sieht. Diese Direktiven dürften unmaßgeblich aus folgenden Punktationen sich ergeben: 1) Zuerst muß bei der nunmehr von mir vorgeschlagenen Beibehaltung des gegenwärtigen Bundes, durch die Nationalvertretung ausgesprochen werden, daß derselbe nicht nur faktisch wie bisher, sondern auch als von der Nation anerkannte Verbindung der deutschen Völker in Zukunft bestehe; denn es ist besonders eine Partei in Deutschland, die in Folge der Ereignisse des Jahres 1848, denselben als nicht zu Recht bestehend betrachtet, weil er mit Einwilligung der Fürsten in Uebereinstimmung mit der damaligen Nationalversammlung aufgehoben worden sei; weshalb er auch öfters in der Presse als todt bezeichnet wird. Um nun den Haupteinwurf gegen den Bund zu beseitigen, ist

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zu dessen faktischer Auferstehung auch die rechtliche Form seines Bestehens auszusprechen, nicht wohl zu umgehen. 2) Im gleichen ist die Anerkennung der vorgeschlagenen oder anderer Modifikationen in der gegenwärtigen Bundesverfassung nothwendig, um einen rechtsgiltigen Bestand derselben zu erwirken, und den vorgenannten Einwurf in der Folge nicht aufkommen zu lassen. Die Nation hat sich im bejahenden Fall nicht allein auf die Gutheißung dieser Gestaltung zu beschränken, sie muß auch für die Möglichkeit sorgen, die desfallsigen Institutionen aufrecht zu erhalten. Hieraus folgt, daß sie: 3) Wegen der Aufstellung der Bundesgewalt im allgemeinen und insbesondere wegen der Ernennung eines Bundesfürsten die erforderlichen finanziellen Bedürfnisse festzustellen habe, welche von der Nation zu verlangen sind. Daß hiebei von derselben, die Stellung des Bundesfürsten insbesondere, in einer solchen Art bedacht werde, die nicht nur dessen Persönlichkeit erfordert, sondern die auch in Beziehung auf dessen Repräsentation der deutschen Fürsten und resp. der ganzen deutschen Nation würdig genannt werden könne, versteht sich wohl von selbst. Uebrigens wird wegen Anfoderungen der Art auf die einschlägigen Punkte bei der Wehrmacht noch besonders hingewiesen. 4) Die Nation muß aussprechen und gleichsam als Grundgesetz anerkennen, daß das Gesammtgebiet des Bundes, nicht allein die rein-deutschen Elemente umfasse, sondern Oesterreich und Preußen in ihrem ganzen Staatenumfang demselben einverleibt seien. 5) Die Nation muß der Bundesgewalt das Recht zusprechen in gleicher Weise, wie sie gegen das Ausland die Integrität des Bundesbesitzes und die Interessen der Bundesglieder zu wahren hat, auch im Innern jedem Hinhalte oder gar den Nichtvollzug allseitig sanktionirter Bestimmungen und der hieraus folgenden Anordnungen mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln bewegen [sic] zu dürfen. 6) Endlich hat sie das materielle Interesse aller Bundesstaaten sowohl in Rücksicht auf das Ausland als auch in Beziehung auf die Erleichterung des gegenseitigen Verkehrs im Innern zu beachten und resp. durch Förderung aller hierauf bezüglichen Einrichtungen, jene hindernden Schranken zu entfernen, welche dem allgemeinen Wohl und dem industriellen Aufschwung entgegenstreben. (Schluß folgt.) Nr. 217

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(Schluß.) Diese sechs Punkte dürften im Wesentlichen die Hauptmomente in der Wirkung einer Nationalvertretung bezeichnen, ohne übrigens die aus dem Austausche der Spezial-Interessen der verschiedenen Staaten, sowie aus dem

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Vollzug obiger Haupt-Directiven hervorgehenden im Allgemeinen nicht angebbaren Verhandlungen auszuschließen, die hierwegen bei derselben in Anregung gebracht werden könnten. Weitere, wenn auch nicht den Charakter dieser Hauptmomente, dagegen eine mehr wiederkehrende Natur habende Wirkungsarten dürften sich aus Folgendem ergeben: a) Ueberwachung der Bundesgewalt im Allgemeinen wegen des Vollzugs aller Anordnungen oder deren allenfallsiger Unterlassung; b) spezielle Prüfung der periodischen nicht immer gleichen Bedürfnisse zur Bestreitung der Bundeszwecke, deren Festsetzung und Vertheilung auf die Bundesstaaten; c) Einsichtnahme an allen Verhandlungen der Bundesgewalt und resp. die Befugniß, die Vorlage der näheren Nachweise hierwegen zu verlangen. Erstere sechs, das Gepräge der höheren Bedeutsamkeit unverkennbar an sich tragend, aber ihrer Natur nach nicht so oft die Wirksamkeit der Nation beanspruchend, wie die letzteren drei, dürften dieserwegen eine Abtheilung in der Art begründen, wie die Nation zu ihrem Vollzug aufzufordern sei[;] dieserwegen glaube ich nunmehr meinen Antrag in folgender Weise formuliren zu sollen: A) Zur Erledigung der ersteren und aller hiemit in Verbindung stehenden Verhandlungen sei eine vollständige Nationalversammlung aller deutschen Staaten nothwendig, die nach Constituirung der Bundesgewalt, welche in Folge transitorischer Bestimmung in angegebener Weise aufgestellt werden müßte, in gewöhnlicher Weise von dieser Bundesgewalt einzuberufen sei. Wegen dieser National-Versammlung dürften insbesondere als Anhaltspunkte für dieselben auszusprechen sein: a) Daß die Dauer ihrer Wirksamkeit auf drei Monate festzustellen sei, jedoch bei dem notorischen Nachweis, der nicht selbstherbeigeführten Unzulänglichkeit zur Erledigung der ihr organisch zugewiesenen Geschäfte, eine Verlängerung von einem Monat von der Bundesgewalt ausgesprochen werden kann. b) Wenn gleich bei dieser ersten Versammlung die ersten 5 Punkte vollständige Erledigung zu finden haben, so dürften doch theils in Folge des allgemeinen Fortschreitens im menschlichen Erkennen das Gute und Wahre, theils auch in Bezug auf die in Punkt 6 erwähnten Einrichtungen, mit diesem Zusammentritt der Nationalversammlung ihre Wirksamkeit nicht als geschlossen zu betrachten, jedoch eine Aufforderung hiezu mit Rücksichtnahme auf die Einrichtung ad. B, nicht in zu nahe liegender Zeitfolge zu bestimmen sein, weshalb ich glaube, daß eine solche Wiederholung nur nach Umfluß von 10 Jahren eintreten sollte, wenn nicht Verhältnisse einen früheren Zusammentritt erfordern würden.

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c) Von Seite der Bundesgewalt haben den Verhandlungen der Nationalversammlung stets Staatsgesandte abwechselnd beizuwohnen, um die etwa nöthig werdenden Aufklärungen zu geben, so wie auch jedem Uebergriff vorzubeugen. B) Zur Erledigung der drei letzten Wirkungsarten dürfte jedoch eine solche allgemeine Versammlung der Nation um so weniger erforderlich sein, als dieselben, wenn auch in sich bedeutende, doch minder wichtig als erstere sind, aber ihrer Natur nach einen öfteren Zusammentritt der hiefür bestimmten Versammlung erfordern, was wohl bei einer so großartigen Vertretung der Nation, wie bei ersterer nicht zuläßig sein dürfte; weshalb ich mich veranlaßt sehe, dieser Anforderungen wegen eine andere Versammlung vorzuschlagen, nemlich die von mir bei der Aufstellung des engern deutschen Bundes, angegebene Vertrauens-Versammlung, welche aus den Spezialvertretungen aller deutschen Staaten, nach ihrem Verhältniß zu wählen wären. Diese Vertrauensmänner hätten sich alle 2 oder höchstens 3 Jahre bei der Bundesgewalt einzufinden, und in organischer Weise unter einem gewählten Präsidenten, die ihrem Resort zugewiesenen Verhandlungen vorzunehmen, jedoch gegen die Bundesgewalt in keiner Beziehung einen Beschluß auszusprechen, sondern es sind die nach Uebereinkommen, wenn gleich beschlußmäßig gefaßten Anstände, Anerkennung der Vorschläge ec. nebst dem treffenden Theil an den festgestellten Geldbeiträgen, durch die betreffenden Abgeordneten jeder Spezial-Landesvertretung zur Herbeiführung verfassungsmäßiger Beschlüsse vorzutragen, weshalb es nothwendig sein wird, die Spezial-Landesversammlungen im Allgemeinen mit diesen periodischen Versammlungen in gehörigen Einklang zu bringen. Durch diese Einrichtung würde der allgemeine Zweck erreicht, ohne die eigenen Staatenvertretungen in ihren Prärogativen zu beeinträchtigen, so daß hiedurch ihre Rechte gesichert erscheinen und die Nation doch durch das Selbstsehen und Wahrnehmen ihrer Vertreter volle Kenntniß von Allem in zuständiger Weise erhält. Schließlich muß ich zur Wahrung besonderer Interessen noch bemerken, daß der Bundesfürst von allen deutschen Regenten durch seine Wahl das Mandat erhält, in ihrem Namen jene Befugnisse auszuüben, die aus der Souveränetät im Einzelnen hervorgehen, diese demnach eben so wenig ein Gegenstand der Einwirkung einer der beiden Nationalvertretungen sein können, als derselben in keinem Fall es zustehen könne, über die Befugnisse des Oberfeldherrn in irgend einer Weise eine Art Controlle auszuüben; dieser muß besonders beim Kriegseintritt hinsichtlich seiner Anordnungen selbstständig verfahren können, wenn nicht die hier so absolut nöthige Einheit im Handeln untergraben und dadurch der Erfolg gefährdet, sohin dessen Verantwortlichkeit gegen den Bund hinsichtlich seiner Oberleitung illusorisch werden soll.

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München, 13. August 1861 Der deutsche Bund. IV. Die Bundes-Wehrmacht.

Diese soll ihrer Bestimmung gemäß alle Interessen der Nation nicht nur beschützen, sondern auch eintretenden Falls deren Erweiterung herbeizuführen geeignet, in beiden Fällen aber rasch zum Handeln bereit sein. Da nun diese Interessen nicht nur im eigenen Gebiet des Bundesumfangs, sondern auch über dieses hinaus, sowohl zu Land wie zu Wasser, einer Gefährde ausgesetzt sein können, so muß diese Wehranstalt zu einem Kampf auf beides eingerichtet sein, wodurch sich die Abtheilung in See- und Landkriegsmacht von selbst ergibt. In Bezug auf erstere kann ich mich nur in so fern äußern, daß es nicht nur wegen des deutschen Handels, sondern auch wegen aller deutschen Unterthanen, die sich in solchen fremden Ländern befinden, wo eine Beschützung der Art eintreten kann, der Würde der deutschen Nation entsprechend befunden werden müsse, diesen Schutz mit eigenen Mitteln zu gewähren. In welcher Weise aber und in welchem Umfang die desfallsigen Seerüstungen zu vollziehen und wie überhaupt eine Verbindung dieser neuen Anstalt mit jenen, welche bereits Oesterreich und Preußen besitzen, zu erzielen sei, um auch in maritimer Beziehung ein einheitliches Handeln herbeizuführen: dieses dürfte meines Erachtens erst in der Folge durch die Bundesgewalt in Erwägung zu ziehen und hinsichtlich der hiedurch bedingten Kosten eine Vereinbarung mit der Nationalversammlung zu bewirken sein. Letztere, nemlich die Landkriegsmacht theilt sich wieder in zwei Abtheilungen je nach der Art ihrer Verwendung, indem der eine Theil dazu bestimmt ist, für diese Interessen sowohl im eigenen als fremden Gebiet zu kämpfen, daher die active Kriegsmacht bildet; während der andere Theil lediglich zum Schutz im Innern im eintretenden Fall seine Verwendung findet, und den Namen Landwehr führt. Eine Ausdehnung dieser Bestimmung der Landwehr kann jedoch eintreten, wenn ernste Verwicklungen zu einem solchen Kampf führen, der, wie man sich ausdrückt, zum Schutz des eigenen Herdes nothwendig wird, und in welchem sodann die allgemeine Wehrpflicht in Anwendung kommt. Eine solche Erweiterung kann zum Landsturm führen und dieser dehnt sich sodann auf alle kampffähigen Männer aus. A. Die aktive Kriegsmacht. 1) Diese, welche aus der Bevölkerung aller im deutschen Bunde vereinigten Staaten gebildet wird, kann wegen der Theilnahme von Oesterreich und Preu-

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ßen (vide III. und IV.) hinsichtlich der Uniformirung nicht so gleichheitlich gehalten werden, wie es in Bezug auf die zur gemeinschaftlichen Wirkung vereinigten Truppen wünschenswerth sein möchte, doch soll auch in dieser Beziehung so viel als möglich der zu grelle Unterschied vermieden, jedenfalls aber durch ein gemeinschaftliches Zeichen, das Zusammengehören kenntlich gemacht werden. Hinsichtlich der Armirung aber dürfte auf eine Gleichförmigkeit zu dringen sein. 2) Die Stärke dieser Kriegsgewalt muß mit Rücksicht auf die inneren und äußeren Anforderungen in einer solchen Größe festgestellt werden, die dieselbe geeignet macht, insbesondere fremde Mächte von jedem Versuch zu irgend einem Eingriff in das Bundesgebiet abzuhalten, oder beim Eintritt eines solchen Falls denselben kräftigst zurückweisen zu können. Da nun mit dem größeren Umfang des Bundesgebiets auch die Möglichkeit zu solchen Conflikten vermehrt wird, so kann es nicht befremden, wenn ich vorschlage, daß die ganze Bevölkerung der beiden Großmächte, bei dieser Bestimmung, in Berücksichtigung zu kommen habe; wonach sich die Gesammtzahl der Einwohner des ganzen Bundesgebiets auf circa 70 Mill. Menschen feststellen wird. In Berücksichtigung weiterer, wegen der Wehrfähigkeit der Gesammtbevölkerung nachfolgenden Vorschläge dürfte es genügen, für die Stärke der activen Kriegsmacht 1 pCt. der Bevölkerung anzunehmen, jedoch für eine Reserve noch 1/2 pCt. weiter zu bestimmen, so daß erstere3 700 000 Mann, letztere aber 350 000 Mann, und die ganze streitfähige Gesammtmacht mehr als eine Million betragen würde. 3) Für diese Kriegsmacht, die wie schon erwähnt, nach weiter unten folgenden Modalitäten unter den unmittelbaren Oberbefehl der Bundesgewalt zu treten hat, ist bei dieser ein Oberkommando zu bilden, das alle Militärangelegenheiten beim Bunde besorgt, deshalb an die Stelle der gegenwärtigen Militärbevollmächtigten tritt, und an seiner Spitze den Oberfeldherrn oder dessen Stellvertreter hat. Ist der Bundesfürst nicht zugleich auch zu dieser Funktion geeignet, so hat das Wahlkollegium einen solchen eigens aufzustellen, da es nicht angemessen befunden werden kann, zu dieser Ernennung erst im Augenblicke des Bedarfs zu schreiten, da abgesehen von jeder möglichen Verzögerung auch die gewiß nicht entsprechende Folge eintreten müßte, daß der so spät gewählte Oberkommandant, mit ihnen ganz fremden Elementen in den Kampf ziehen solle, was wohl nicht zweckmäßig befunden werden kann. Um demnach dieses Fremdsein sowohl für den Oberkommandanten als überhaupt für

3 Emendiert. Vorlage: erstere eine.

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die Generale dieser Kriegsmacht so viel als möglich zu beseitigen, will ich in folgenden Punkten noch weitere Vorschläge machen. 4) Die ganze aktive Kriegsmacht wird in drei Aufgebote getheilt, wovon jedes mit circa 230–240 000 Mann im Frieden abwechslungsweise in den unmittelbaren Oberbefehl der Bundesgewalt gestellt wird, 2 Jahre in diesem Verhältniß verbleibt, worauf jeder Theil wieder in seinen eigenen Bundesstaat zurücktritt, sobald er von dessen folgendem Aufgebote ersetzt wird. Die Bundesgewalt verwendet diese Truppen nicht nur zu den Besatzungen der Bundesfestungen, sondern auch zu verschiedenen Garnisonen im Bundesgebiet und hat hiebei insbesondere eine Verlegung der deutschen Truppen in Garnisonen anderer Bundesstaaten anzuordnen, um hiedurch eine Annäherung unter den Deutschen, und so neben der Einheit nach Außen, auch eine Einigkeit im Innern herbeizuführen. Denn obgleich die gegenwärtigen Erleichterungen im Reiseverkehr sehr zur Kenntniß der verschiedenen deutschen Völker unter sich führen, so ist doch kein Theil der gesellschaftlichen Verbindungen mehr geeignet, diese gegenseitige Kenntniß zu erleichtern, als gerade der Militärstand, weil in diesem, man darf ohne Uebertreibung sagen, alle Nuancen einer Bevölkerung vertreten sind. Nr. 221

München, 14. August 1861 Der deutsche Bund.

(Schluß.) 5) Die beiden übrigen Aufgebote haben zwar in dem eigenen Bundesstaat zu verbleiben, jedoch ist4 das zweite, nemlich jenes, welches im 2jährigen Turnus an die Stelle des, der Bundesgewalt bereits übergebenen zu treten hat, hinsichtlich seiner Ausrüstung stets in einem solchen Zustande zu erhalten, um jedem Verlangen der Bundesgewalt sogleich entsprechen zu können. Da ein solches vor dem treffenden Wechsel eintretende Verlangen, nur bei bereits begonnenem oder voraussichtlich schnell eintretenden Kriegszustand erfolgen wird, so muß gleichzeitig das dritte Aufgebot seine volle Ausrüstung schleunigst erhalten und die Reserven zur activen Dienstleistung vorbereitet werden. Bei allen diesen Aufgeboten ist natürlich auf die angemessene Verbindung der verschiedenen Waffengattungen zu sehen, weil nicht alle Bundesstaaten in dem Verhältniß sind, alle aufstellen zu müssen; im gleichen haben jene Staaten, auf die kein vollständiger taktischer Körper nach ihrer Bevölkerung trifft, entweder sich unter einander oder mit einander zu verbinden, wenn sie es nicht vorziehen sollte[n], ihre Leute ausgerüstet der Bundesgewalt zur Disposition zu stellen, die dann ihre Eintheilung zu besorgen hat. 4 Emendiert. Vorlage: muß.

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6) Bei dem Wechsel der Aufgebote könnte nun eine solche Einrichtung getroffen werden, die nicht nur die militärische Ausbildung als Vorbereitung befördert, sondern den Nachtheil beseitigen würde, der aus dem schon berührten Nichtkennen dieser Elemente, für den Oberkommandanten und die anderen Befe[h[lshaber der Armee sich ergeben. Außer der Concentrirung einzelner Armeecorps im Lager ec., die zeitweise ohnehin bei einer jeden Heeresmacht mit freier Disposition der obersten Führer statt zu finden pflegt, glaube ich als zweckmäßig vorschlagen zu sollen, daß vor dem Beginne des Wechsels der Aufgebote bei dem Oberfeldherrn nicht nur die älteren, resp. höheren Generale, welche[n] ohnehin Corps-Commandos zustehen, sondern auch die jüngeren Generale diese abwechselnd sich einzufinden hätten, um theils über die Verhältnisse und allenfalls nothwendigen Militär-Anordnungen mit dem Bundesfürsten sich zu berathen, theils auch festzusetzen, in welcher Weise beim Wechsel der Aufgebote, die einzelnen Garnisonen bei den Festungen jedoch nur theilweise, gegen einander zu marschiren hätten, um als fingirte feindliche Parteien nach der freien Disposition ihrer Führer gegen einander zu agiren, und hiebei alle Vorkommenheiten im wirklichen Krieg durchzuführen, damit sie mit den Gefahren, welche einer marschirenden oder auf irgend eine Art ruhende[n] Truppe vom Feinde bereitet werden können, bekannt gemacht werden, um bei eintretender Wirklichkeit von denselben sich nicht überraschen zu lassen, sondern mit kaltblütigem Vertrautsein sich denselben entgegenstellen zu können. Denn nicht die Gefahr, der man entgegen zu treten versteht, sondern jene kann muthlos machen, die überraschend erscheint, und hiedurch eine Truppe momentan rathlos macht. Es versteht sich übrigens von selbst, daß bei diesen Zusammentreffen immer Einer der vorgenannten höheren Generale anwesend sein müsse, der im rechten Momente durch bekannte Signale das Zeichen des Stillstandes geben läßt, damit die Sache im5 Eifer oder absichtlich nicht zu weit getrieben wird. Ich mußte6 diese Verhältnisse aus dem Grund speziell anführen, damit die National-Vertretung hieraus auf den Aufwand schließen kann, der dieserwegen bei der Bundesgewalt nothwendig werden dürfte; denn wenn auch jeder Staat die Kosten für seine Truppen zu bestreiten hat, so sind doch allgemeine Anforderungen der Art, die auch dem Ganzen zu gut kommen, nur allein der allgemeinen Concurrenz zuzuweisen. Eine Armee von dieser Stärke und also zur Kriegsführung vorbereitet mit einem Feldherrn an der Spitze, der ihr Vertrauen erworben hat, und seinerseits hinsichtlich ihrer Kampfbefähigung auf sie vertrauen darf, wird selbst ohne Einrechnung der Reserven eine solche Machtstellung repräsentiren, die wohl 5 Emendiert. Vorlage: in. 6 Emendiert. Vorlage: müßte.

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allen Eventualitäten zu begegnen im Stande sein wird, so daß die Verwendung der Reserven oder gar der Landwehr, als ein kaum eintretendes Phänomen anzunehmen sein dürfte. So wird sich auch besonders der Nutzen für alle Staaten dadurch zu erkennen geben, daß durch diese Verbindung selbst für den ernstesten Fall kaum eine solche Kraftentwicklung für jeden Einzelnen in Anspruch genommen wird, als derselbe gegenwärtig für den Friedenstand aufwendet, was nicht nur vortheilhaft auf finanzielle und volkswirthschaftliche Verhältniss einwirkt, sondern auch genügend beurkundet, wie hiedurch das erreicht werden kann, was kein Einzelner bisher zu erlangen im Stande war. B) die Bundes-Landwehr. Diese soll in Kriegszeiten bei vollständiger Verwendung der ganzen Kriegsmacht zu äußeren Zwecken nicht nur den Sicherheitsdienst im Innern zu versehen, sondern sogar als innere Wehrmacht nöthigenfalls den Kampf mit dem Feinde im Lande aufzunehmen bereit sein; wenn die Kriegsmacht dieser Anforderung zu entsprechen nicht im Stande wäre. Sie muß daher mit derselben conforme Einrichtung und wenigstens theilweise die nöthige Ausbildung hiezu erhalten, daß übrigens in jenem Theil derselben, der in die Lage kommen kann, dieser letzten Verwendung entsprechen zu müssen, nicht Familienväter und resp. ansässige gewerbtreibende Bürger einzuverleiben seien, versteht sich wohl von selbst. Wie nun diese Gesammt-Landwehr einzurichten und überhaupt eine ihrem Zwecke entsprechende Befähigung erhalten soll, dieses näher auseinander zu setzen, muß ich mir für einen Aufsatz für den Fall vorbehalten, daß die Verhältnisse eine solche Darstellung wünschenswerth erscheinen lassen, indem eine Aufnahme hier zu weit führen und auch wegen der Spezialverhältnisse der verschiedenen Staaten nicht ein Bedürfniß dieser allgemeinen Darstellung liegen dürfte.

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84. Bundesreformprojekt von Beust HStA München, MA 493/1. Abschrift mit dem Vermerk: „Bundesreform Project von Herrn v. Beust vertraulich persönlich mitgetheilt auf seiner Durchreise dahier den 9. September 1861“. Es handelt sich um eine Aufzeichnung Beusts über seine Unterredung mit Rechberg und dem Kaiser in Wien am 17. August 1861. Auf der Rückreise nach Sachsen machte Beust in München Station, wo er dem bayerischen Minister Schrenk eine Abschrift übergab; vgl. dazu Schrenk an König Maximilian II., Antrag vom 25. September 1861, HStA München, MA 493/2, ebd. eine weitere Abschrift, sowie Flöter, Beust, S. 322–325.

Die nationalen Parteien arbeiten auf den Umsturz der Bundesverfassung hin. Preußen sieht diesem Treiben ruhig zu und begünstigt so den moralischen Auflösungsprozeß. Um Preußen aus dieser abwartenden und unterminierenden Stellung herauszutreiben, wäre die Triasidee ein wirksames Mittel. Dazu gehören eine politisch-militärische Organisation und eine Repräsentation der Kammern. Bayern soll als primus inter pares an die Spitze gestellt werden. Ein- oder zweimal im Jahr soll eine Ministerkonferenz abgehalten werden, um Übereinstimmung über allgemeine politische Fragen herzustellen. Ein anderes Mittel, um die fortwährende Unterminierung der Bundesverfassung aufzuhalten, wären regelmäßige Ministerkonferenzen, die abwechselnd und mit wechselndem Präsidium in einer süddeutschen und einer norddeutschen Stadt zusammentreten sollten. Ferner sollen ein ständiges Bundesgericht und eine Versammlung von Delegierten der Ständekammern gebildet werden.

Wien, 17. August 1861 Eine solche Formulirung, welche das fragliche Project in seiner praktischen Ausführung vollendet darstellen würde, erforderte einen längeren Zeitraum als mir für den Augenblick zu Gebote steht. Es bedarf aber auch einer derartigen Ausführung insofern weniger, als die neue Einrichtung weit mehr als ein Mittel betrachtet werden muß zu einer mit den obersten Grundsätzen des Bundes vereinbarlichen und dennoch den Anforderungen der Zeit entgegenkommenden Neugestaltung zu gelangen, nicht aber als der Ausdruck eben dieser Neugestaltung. Der Gedanke beruht in der Hauptsache auf folgenden Betrachtungen. Wären dieselben als richtig zu befinden, so würde man an einzelnen Schwierigkeiten der Ausführung im Voraus nicht Anstoß zu nehmen haben. Im entgegengesetzten Fall würde es gerathener sein, das ganze Project zurückzustellen. Notorisch ist, daß weithin durch das Parteiwesen an dem Umsturz der Bundesverfassung gearbeitet wird. Und diesem Treiben wäre sehr leicht Einhalt zu thun, wenn sämmtliche deutsche Regierungen oder nur diejenigen der größeren Bundesstaaten in Bezug auf die Erhaltung der Bundesverfassung einig wären. Dies ist bekanntlich nicht der Fall und es steht fest, daß in Preußen eine Regierung die aufrichtig zu den Bundesverhältnissen, wie sie vor 1848 bestanden, zurückkehren wollte, zu einer Unmöglichkeit geworden ist. Der Zustand der sich hieraus ergeben hat, ist für die Erhaltung nicht allein der Bundesver-

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fassung, sondern auch des ganzen Bundes gerade dadurch so sehr bedrohlich geworden, daß die Presse und Vereine den Umsturz offen predigen dürfen, die preußische Regierung diesem Treiben ruhig zusieht und durch ihre Haltung die übrigen Regierungen zur Passivität nöthigt. Unter diesen Umständen tritt nothwendigerweise der allmälige moralische Auflösungs-Prozeß ein und es bedarf nur noch einer kurzen Zeit, um diesen Prozeß bis zu demjenigen Stadium gelangen zu lassen, wo einmal ein unternehmendes preußisches Ministerium es für eine Unmöglichkeit erklärt, daß Preußen sein Ansehen durch die Theilnahme an Beschlüssen länger blos stelle, welche keine Autorität mehr haben. Es wäre bei weitem weniger zu besorgen, wenn Preußen mit der entschiedenen Forderung der Hegemonie hervorträte. Dies wird es wohlweislich unterlassen und den ebenbezeichneten Zeitpunkt abwarten, wo als dann die kleinen Staaten sich sofort sämmtlich ihm anschließen würden. Bei den Mittelstaaten würde der Widerstand oder vielmehr das Zurückbleiben theilweise, aber auch nur theilweise, Bestand haben. Es kommt daher alles darauf an, Preußen aus seiner zuwartenden und unterminirenden Stellung herauszutreiben. Unstreitig wäre ein entschiedenes Hinstellen der Trias Idee ein wirksames Mittel. Dazu würden aber zweierlei Grundbedingungen gehören. Einmal eine politisch-militairische Organisation, die den Theilhabern eine gewisse Sicherheit verbürgte und zugleich den Bevölkerungen imponirte und zweitens eine gleichzeitige Repräsentation der Kammern. Ausführbar ist beides. Es gehört dazu, daß Bayern als primus inter pares ständig an die Spitze gestellt wird, dagegen sich als Mandatar der übrigen Regierungen zu betrachten hat, mit denen sich zu verständigen es ihm leicht werden wird, wenn es seine Rolle als primus inter pares richtig versteht. Ferner gehörte dazu, größtmögliche Einigung und Verschmelzung der Streitkräfte mit ständigem Obercommando, wobei aber Bayern darauf verzichten müßte, damit jedesmal bekleidet zu sein. Nicht minder würde dazu gehören regelmäßig ein oder 2 Mal im Jahr abzuhaltende Ministerconferenz, um eben eine solche fortlaufende Uebereinstimmung der Ansichten über allgemeine politische Fragen herbeizuführen, damit in denjenigen Fällen, wo Bayern mit Oesterreich u. Preußen zusammen, aber als Mandatar der übrigen Regierungen die Executive zu bilden hätte, dasselbe nicht nöthig haben würde, Instruction der einzelnen Regierungen einzuholen, wobei in den meisten Fällen vollständige Confusion entstehen würde, sondern der vorherrschenden Meinung im voraus versichert wäre. Endlich würde eine in den gehörigen Schranken gehaltene Vertretung der Kammern nothwendig sein, um die öffentliche Meinung zu gewinnen, weil diese außerdem mit biblischer Geduld vorzieht, auf den preußischen Messias zu warten, der die allgemeine Volksvertretung am Bunde bringen soll.

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Ohne diese Bedingungen halte ich die Trias Idee für unausführbar, möchte es aber nicht übernehmen dazu die nöthige Zustimmung in München und Hannover zu erlangen. Könnte es von hier aus unternommen werden, so wird die Sächsische Regierung es an ihrer Unterstützung nicht fehlen lassen. Ein anderer Weg, der aber eher verspricht, aus dem jetzigen Zustande, welcher, wie bemerkt wurde, hauptsächlich in der ungestörten Unterminirung der B.Verfassung besteht, herauszuhelfen, ist folgender: Wir sind jetzt in der offenbar sehr ungünstigen Lage, daß während wir die B.Verfassung vertheidigen, wir deren Vorzüge dem deutschen Volke durch ein Organ müssen anschaulich werden lassen, von dem wir einzugestehen genöthigt sind, daß es bei dem besten Willen das traurigste Bild vorführt. Alle bisherigen Versuche, diesem Organe eine größere Thätigkeit u. Fruchtbarkeit zu verschaffen, sind vergeblich gewesen. Dem beharrlichen Bestreben Preußens, diese Impotenz hervortreten zu lassen, kommt die bestehende Einrichtung trefflich zu statten, wobei durch Verzögerung von Instructionen, Hinhalten der Verhandlung bei gleichzeitiger Aufreizung durch die Presse alles verschleppt u. verhindert werden kann. Es erscheint daher sehr wesentlich eine Einrichtung zu treffen, wobei für die Betreibung der Bundes-Angelegenheiten das öffentliche Interesse geweckt u. das Mittel gefunden wird, in verhältnißmäßig kurzer Zeit die beim Bunde anhängigen Angelegenheiten zur Erledigung zu bringen. Dies ist allein möglich, wenn wenigstens von Seiten der größeren Bundesstaaten die mit den Ansichten ihrer Souveraine und Regierungen vollständig vertrauten und mit einer gewissen Machtvollkommenheit hinsichtlich der Ausführung ausgerüsteten Minister von Zeit zu Zeit selbst zusammenkommen. Es wird auf diese Weise noch ein zweifacher Vortheil gewonnen. 1. tritt dadurch eine unmittelbare Auseinandersetzung entgegenstehender Ansichten, welche allemal am meisten Aussicht auf Verständigung in sich trägt, an die Stelle der gegenwärtigen Häkelei u. Anfeindung, die durch diplomatische Intrigen u. durch Hetzereien der Presse unterhalten werden; 2. wird auf diese Weise die Möglichkeit von Ministerconferenzen geboten, welche – u. darauf lege ich das Hauptgewicht – zu einer Verbesserung der Bundes-Einrichtungen führen können ohne dazu führen zu müssen. Es läßt sich hoffen, daß ein solches Resultat dabei erzielt wird; geschieht dies eben nicht, so ist damit keine angeregte Erwartung getäuscht u. es wird in diesem Falle das Ansehen der Regierungen nicht compromittirt, wie dies leider bei dem resultatlosen Ausgange der Dresdner Conferenzen der Fall war. Man könnte nun auf den Gedanken kommen, daß dies Alles zu erreichen sei, wenn in Frankfurt sich die Minister, statt der Bundestags-Gesandten periodisch einfänden. Hierin würde man sich indessen gründlich täuschen. Die öffentliche Meinung würde hierin nur einen verstärkten Bundestag erblicken, während es gerade darauf ankommt, ihr den Bundestag aus dem Ge-

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sicht zu bringen und Preußen hätte gar nicht nöthig auf seine besondern Ansprüche hinzuweisen, um bei einer absoluten Weigerung des allgemeinen Applauses sicher zu sein. Um den Gedanken in praktischen Fluß zu bringen, ist es unerläßlich etwas zu finden, was sich aus der Eschenheimer Gasse entfernt u. zugleich etwas entgegenkommendes für Preußen enthält. Hierin liegt die Motivirung für die periodische Abhaltung des Bstages in einer Stadt des Südens und einer Stadt des Nordens, mit abwechselndem Präsidium. Ich bin der festen Ueberzeugung, daß Oesterreich diese Concession, die es, ich möchte sagen, anständigerweise in Frankfurt selbst nie machen könnte, unter dieser Modalität formell gewähren kann u. daß es materiell dabei gar kein Opfer bringt. Ohne diese Ueberzeugung würde ich dazu nicht rathen. Die Erfahrungen seit 1851 haben die vollkommene Unmöglichkeit gezeigt, bei dem Widerstande Preußens mit diesem Präsidio irgend etwas zu Stande zu bringen, trotzdem daß die besten Kräfte dazu verwendet werden. Der Widerstand Preußens aber bleibt derselbe, möge in Preußen die Revolution, oder die Reaktion im Gange sein. Oesterreich genießt dabei lediglich den Vorzug als Inhaber des ohnmächtigen B. Organes zu erscheinen, während Preußen an der Spitze der hoffnungsreichen Zukunft steht. Oesterreich gewinnt daher 50% wenn es mit abwechselndem Präsidium an der Spitze eines Organs steht, welches lebenskräftiger als das bisherige sich erweist. Sein Anerbieten aus freiem Antriebe wird ihm bleibende Anerkennung eintragen u. die Stellung Preußens bedeutend erschweren, wenn Letzteres den neuen Vorschlag zurückweist. Ueber die nähere Ausführung mögen für den Augenblick folgende Andeutungen genügen, wofür ich mir aber selbst überall Ergänzungen u. Modificationen vorzubehalten hätte. 1. Die B. Versammlung hört in ihrer jetzigen Gestalt auf; man würde sich verabreden, die gegenwärtigen Gesandten bis zu einem gewissen Zeitpunkte abzuberufen. 2. Die Militair-Commission bestünde in ihrer jetzigen Zusammensetzung fort; es würde ihr wesentlich die Verwaltung des B. Eigenthums anheimfallen. 3. Eine B. Kanzlei gebildet aus geeigneten Beamten, deren Zahl eine sehr geringe u. sehr wenig Kosten erfordernde sein könnte, hätte die laufenden Eingänge anzunehmen u. an die jeweilige Präsidial-Regierung gelangen zu lassen. Es würde dies beispielsweise Oesterreich sein, wenn etwa der Bundestag im Norden abgehalten worden wäre, bis zu dem Zeitpunkt, wo es dem Btag im Süden präsidirt. Die B. Kanzlei hat das B. Archiv in Stand zu halten. 4. Die jeweilige Präsidialregierung wird nach dem Schluß jedes B.tags das angelaufene Aktenmaterial an die B. Kanzlei zurückleiten.

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5. Anstatt der gegenwärtigen Ausschüsse werden bei jedem Btage bestimmte1 Regierungen (bei den gemischten Curien kann dabei nur von der jeweilig stimmführenden die Rede sein) für Begutachtung bestimmter Fragen gewählt, so z. B. für politische Fragen, für Reclamationen, für Militairfragen. Die Präsidialregierung hat hiernach die ihr von der B. Kanzlei übermittelten Anträge einfach an die betreffenden Regierungen gelangen zu lassen. Die betreffende Regierung erstattet ihr Gutachten, das schriftlich den 17 Stimmen mitgetheilt wird. Auf dem Btage wird darüber berathen (discutirt, was jetzt nicht der Fall) und abgestimmt. 6. Die Entscheidung in Rechtssachen, welche an den Bundestag gebracht werden und worin derselbe seine Competenz anerkennt, wird einem ständigen B. Gericht überwiesen; dies gilt insbesondere in Bezug auf Verfassungsstreitigkeiten. 7. Wenn der Btag, sei es einstimmig oder in seiner Mehrheit, die Ausarbeitung eines allgemeinen Gesetzes beschließt, so wird hierzu eine Commission einberufen, wozu jede der 17 Stimmen ein Mitglied abzuordnen das Recht hat. Nach dessen Vollendung legt die Commission dem Btage den Entwurf zur Genehmigung vor; ohne Discussion entscheidet sich der Btag für Annahme oder Ablehnung; hierauf wird der Gesetzentwurf einer zu diesem Zwecke einzuberufenden Versammlung von Delegirten der Ständekammern vorgelegt und zwar erfolgt diese Einberufung entweder aus allen deutschen Ländern oder mit Ausschluß einiger derselben, je nachdem der Btag mit Einstimmigkeit oder mit Mehrheit den Beschluß gefaßt hat. Ein aus der Commission selbst von Seiten des Btags gewählter Ausschuß hat die Funktion der Regierungscommissarien zu übernehmen. Die Delegirtenversammlung beschließt nach Majorität über vorzuschlagende Aenderungen. Der emendirte Entwurf gelangt an die 17 Stimmen und auf dem nächsten Btage erfolgt darüber Beschluß. Je nachdem dieser einstimmig oder mit Mehrheit ausfällt, hat das Gesetz entweder in allen oder in den betreffenden Staaten Geltung. Bei dieser etwas complicirten Maschinerie ist auf Art. 64 der W. Sch. Acte gewissenhafte Rücksicht genommen.2 Hoffentlich gelingt es mir einen einfacheren Mechanismus zu finden; dem Zwecke würde freilich am vollständigsten genügt, wenn der Ausschluß des Unanimitäts-Prinzips für Gesetzgebungsfragen im Wege eines verfassungsmäßigen Beschlusses ausgesprochen würde. 1 Emendiert. Vorlage: bestimmten. 2 Art 64 WSA bestimmte, daß über Vorschläge zu gemeinnützigen Anordnungen von seiten einzelner Bundesglieder in der Bundesversammlung verhandelt und ein Beschluß darüber auf dem Weg einer freiwilligen Vereinbarung sämtlicher Bundesglieder gefaßt werden sollte; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 100.

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Die Versammlung der Delegirten würde an demselben Orte zusammentreten, wo die Commission ihre Sitzungen gehalten hätte. Ihr Zusammentreten würde nie mit dem Zusammentritt des Btags zusammenfallen.

85. Hügel an Degenfeld HStA München, MA 493/1. Weisung. Abschrift.

Württemberg ist mit den Reformvorschlägen Beusts im wesentlichen einverstanden und sieht deren näherer Ausarbeitung entgegen. Eine Bundesreform ist unumgänglich geboten, da andernfalls die Mittelstaaten sich unter das Protektorat Preußens begeben müßten.

Stuttgart, 4. Oktober 1861 Euer Hochgeboren haben mir unterm 2. d. M. das Ergebniß Ihrer Besprechung mit dem Minister Freiherrn von Schrenk bezüglich der neuesten, eine Bundesreform bezwekkenden Vorschläge des K. Sächs. Ministers Frhrn. von Beust mitgetheilt.1 Ich finde mich durch den Inhalt Ihres Berichts zu nachstehender vertraulicher Eröffnung veranlaßt. In der Sache selbst bin ich heute noch nicht in der Lage, nähere Mittheilungen über den Inhalt jener Vorschläge zu machen, indem sie bis jetzt nur in ihren Grundzügen vorliegen und sich Herr von Beust deren detaillirte Ausarbeitung vorbehalten hat – aber über die Ansichten, wie sie gegenwärtig hier bestehen, theile ich Ihnen folgendes mit dem Auftrage mit, solches in vertraulicher Weise zur Kenntniß des Herrn Staatsministers Freiherrn von Schrenk und des K. Sächs. Ministerresidenten Herrn von Bose zu bringen. Der König, unser gnädigster Herr sieht, bevor definitive Entschließung über die fraglichen Vorschläge gefaßt werden kann, der Vorlage der in Frage stehenden detaillirten Ausarbeitung entgegen. Indessen haben Seine Kgl. Maj. die Ideen des Frhrn. von Beust auch in ihren allgemeinen Grundzügen in geneigte Erwägung gezogen. Höchstdieselben fanden zwar im allgemeinen hiebei gegen den Vorschlag nichts zu erinnern, daß, an die Stelle der permanenten Bundesversammlung in Frankfurt, ein periodischer Zusammentritt der Repräsentanten der Bundesregierungen abwechselnd in einer Stadt des nördlichen und des südlichen Deutschlands (als letz1 Siehe dazu Dok. 84.

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tere wäre Sr. Kgl. Maj. Regensburg genehm) stattfände. Sodann wären Höchstdieselben einem zwischen Oesterreich und Preußen alternirenden Vorsitze nicht entgegen, wofern Oesterreich selbst zu diesem Zugeständnisse bereit wäre. Auch mit dem, der Idee einer Trias entlehnten Vorschlage einer aus Oesterreich, Preußen, und einem Mittelstaate zusammengesetzten Executivbehörde könnten Seine Kgl. Maj. Sich einverstehen, und nehmen hiebei an, daß die obenbezeichnete dritte Stelle in der Executivbehörde von den vier Königreichen alternirend, allenfalls je auf 3 Jahre, versehen werden würde.2 Unter allen Umständen erscheint es S. M. dem Könige, im Hinblick auf die große in der deutschen Nation herrschende politische Aufregung, sowie im Hinblick auf die argwöhnische Eifersucht, mit welcher gerade die kleinsten deutschen Höfe jedes Unternehmen einer Bundesreform begleiten, durchaus nothwendig, daß, wenn einmal zur Ausführung einer Bundesreform geschritten würde, diese mit ebensoviel Umsicht als Energie erfolge, und daß hauptsächlich der Bund keinen Augenblick ohne ein Bundes-Organ gelassen werde. Uebrigens sind S. Kgl. Maj. des Dafürhaltens – und ich glaube, daß jeder einsichtige deutsche Staatsmann diese Ansicht theilen wird –, daß eine den Bedürfnissen der Gegenwart entsprechende Reform des Bundes unumgänglich geboten und unaufschieblich sei, indem darüber wohl kein Zweifel obwalten kann, daß es mit der jetzigen Organisation der Bundesversammlung unmöglich ist, den Bestrebungen Preußens und derjenigen Bundesregierungen, welche sich zu seinen Schildträgern hergeben, erfolgreichen Widerstand entgegenzusetzen. Ich für meinen Theil muß offen bekennen, daß, wenn nicht irgend eine angemessene Reform zu erreichen sein sollte, den Mittelstaaten kaum etwas anderes übrig bleiben möchte, als ein Verhalten anzunehmen, welches hinter demjenigen der unter dem Protectorate Preußens dem liberalen Fortschritte huldigenden Regierungen nicht zurückbleiben dürfte. Indem ich hier noch beifüge, daß selbstverständlich über die ganze Sache das strengste Geheimniß zu bewahren ist, und Ew. ec. hiemit den Auftrag ertheilt haben will, dem K. Bayer. Minister des Äußern zu bemerken, daß, wenn gleich bei der dermaligen Sachlage von einer definitiven Entschließung des Münchner Cabinets es sich noch nicht handeln könne, es uns doch in hohem Grade erwünscht wäre, von den jenseitigen vorläufigen Anschauungen Kenntniß zu erhalten, benütze ich auch diesen Anlaß ec. (Gez.) Hügel.

2 Emendiert. Vorlage: werde.

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86. Bundesreformplan Beusts HStA Dresden, 10 717, Nr. 936, fol. 55–82. Reinschrift mit Korrekturen. Druck: Das Staatsarchiv, Bd. 1, 1861, Nr. 164, S. 397–400, ebd. Bd. 2, 1862, Nr. 175, S. 1–10 (Denkschrift); Beust, Aus Drei Viertel-Jahrhunderten, Bd. 1, S. 279–291, 298–302; Ebeling, Beust, Bd. 2, S. 3–17. Veröffentlicht in: (Augsburger) Allgemeine Zeitung, Beilage zu Nr. 347 vom 13. Dezember 1861, S. 5677–5682, zusammen mit dem Nachtrag vom 20. November 1861 (siehe Dok. 94).

Beust legt einen umfassenden Bundesreformplan vor. Neben der Bundesversammlung sollen als weitere Organe die Bundesmilitärverwaltung, die Bundeskanzlei, die Abgeordnetenvertretung und das Bundesgericht bestehen. Die Bundesversammlung soll künftig zweimal jährlich für jeweils vier Wochen zusammentreten, und zwar einmal in einer süddeutschen unter österreichischem und einmal in einer norddeutschen Stadt unter preußischem Vorsitz. Die Abgeordnetenversammlung soll aus 128 Repräsentanten der einzelnen Landesvertretungen gebildet werden. Sie tritt auf Einberufung durch die Bundesversammlung zusammen, wenn diese die Ausarbeitung eines allgemeinen Gesetzes beschlossen hat. Zwischen den Sitzungsperioden der Bundesversammlung werden die Geschäfte von einer Bundesexekutivgewalt geführt, die gebildet wird aus den Monarchen von Österreich und Preußen sowie einem dritten Bundesfürsten.

Dresden, 15. Oktober 1861 Die souverainen Fürsten und freien Städte Deutschlands geloben sich von neuem unverbrüchliche Aufrechthaltung und Beobachtung des in der Acte vom 8. Juni 1815 niedergelegten Bundesvertrags. Gleichzeitig sind dieselben jedoch über eine zeitgemäße Umgestaltung der Artikel IV, V, IX und X der Bundes-Acte1 und zwar in folgender Weise übereingekommen: Zu Wahrnehmung der Angelegenheiten des Bundes bestehen folgende Organe: a) die Bundesversammlung. Ihr sind untergeben: aa) die Bundes-Militairverwaltung; bb) die Bundeskanzlei. b) die Abgeordneten-Versammlung und c) das Bundesgericht. a) Die Bundesversammlung besteht aus Repräsentanten der deutschen Regierungen. Die Bundesversammlung wird beschickt durch Bevollmächtigte, welche theils einzelne, theils Gesammtstimmen führen und zwar folgendermaßen:

1 Art. IV betraf die Stimmenverteilung im Engeren Rat der Bundesversammlung, Art. V den Vorsitz Österreichs, Art. IX den Sitz der Bundesversammlung in Frankfurt am Main, Art. X die „organische Einrichtung des Bundes in Rücksicht auf seine auswärtigen, militärischen und inneren Verhältnisse“; vgl. QGDB I/1, S. 1509 u. 1512.

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1) Oesterreich 2) Preußen 3) Bayern 4) Sachsen 5) Hannover 6) Württemberg 7) Baden 8) Kurhessen 9) Großherzogthum Hessen 10) Dänemark wegen Holstein 11) Niederlande wegen des Großherzogthums Luxemburg, 12) die Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen Häuser 13) Braunschweig und Nassau 14) Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz 15) Holstein-Oldenburg, Anhalt, Schwarzburg 16) Liechtenstein, Reuß, Schaumburg-Lippe, Lippe und Waldeck 17) die freien Städte: Lübeck, Frankfurt, Bremen und Hamburg

1 Stimme 1 " 1 " 1 " 1 " 1 " 1 " 1 " 1 " 1 " 1 " 1 " 1 " 1 " 1 " 1

"

1

"

Totale 17 Stimmen. Die zu einer Curiatstimme gehörigen Regierungen haben sich unter einander darüber zu verständigen, daß und in welcher Weise abwechselnd eine derselben die Stimme führt. Die damit beauftragte Regierung hat allein den Bevollmächtigten zur Bundesversammlung zu ernennen. Der Art. VI der Bundesacte bleibt unverändert in Geltung.2 Die Bundesversammlung tritt zweimal im Jahr, am 1. Mai und am 1. November, auf die Zeit von längstens vier Wochen zusammen. (Bundestag.) Die Abhaltung des Bundestags findet das eine Mal in einer Stadt des Südens, das andere Mal in einer Stadt des Nordens von Deutschland (Regensburg und Hamburg) Statt. Im erstern Falle führt Oesterreich, im zweiten Preußen den Vorsitz. Von dem jedesmaligen Schlusse des im Norden abgehaltenen bis zum Schlusse des im Süden abzuhaltenden Bundestags ist Oesterreich, von dem Schlusse des im Süden abgehaltenen, bis zum Schlusse des im Norden abzuhaltenden Preußen der Präsidialhof. Der solchergestalt in Function tretenden Präsidialregierung liegt es ob, während des dem Zusammentritt des Bundestags unter ihrem Präsidium vor2 Art. VI regelte die Stimmenverteilung im Plenum der Bundesversammlung, die aus den Vertretern von 38 Staaten mit insgesamt 69 Stimmen bestand; QGDB I/1, S. 1510 f.

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ausgehenden fünfmonatlichen Zeitraums Anträge, welche bei ihr für die Berathung in der kommenden Session von einer der übrigen Bundesregierungen angemeldet werden oder welche sie selbst bei derselben zu stellen beabsichtigt, sämmtlichen Bundesregierungen – bei den Curiatstimmen der mit der Stimmführung beauftragten – zur Kenntnißnahme zuzufertigen. Beschwerden, Reclamationen und Gesuche, welche an den Bund gerichtet werden, sind bei der Bundeskanzlei zu Frankfurt a. M. einzureichen. Dieselben gelangen von dort aus an die jeweilige Präsidialregierung, welche sie auf dem nächstfolgenden Bundestag zum Vortrag bringt. Die Bundesversammlung beschließt hierauf entweder, sofort darüber in Berathung zu treten und den betreffenden Gegenstand zu erledigen oder darüber ein Gutachten einzufordern. In letzterem Falle wird durch Abstimmung eine einzelne Bundesregierung gewählt, um das Gutachten zu erstatten. Dieses Gutachten gelangt bei der nächstfolgenden Session zur Berathung, worauf sofortiger Beschluß durch Abstimmung erfolgt. Handelt es sich inbei [sic] um streitige Rechtsfragen, so hat die Bundesversammlung, sobald sie die Competenz des Bundes in der Sache anerkennt, die Entscheidung dem Bundesgerichte zu überweisen. Dies gilt insbesondere von Streitigkeiten über Anwendung und Auslegung der Verfassungen in den einzelnen deutschen Staaten. Anträge, welche von Seite einzelner Regierungen an den Bund gebracht werden, müssen, um auf dem Bundestage erledigt werden zu können, spätestens vier Wochen vor dessen Eröffnung bei der Präsidialregierung angemeldet sein, welcher es obliegt, selbige sofort nach deren Eingang, ohne Aufenthalt, sämmtlichen Bundesregierungen – bei Curiatstimmen der stimmführenden Regierung – mitzutheilen. Gleiches gilt von den zu erstattenden Gutachten über erfolgte Eingänge, nicht minder von den bei der Bundescanzlei einzureichenden Beschwerden, Reclamationen und Gesuchen. Dagegen müssen die zu dem Bundestage abgesendeten Bevollmächtigten mit derartiger Instruction versehen sein, um sofort in Berathung über den betreffenden Gegenstand treten und darüber abstimmen zu können. Zur Instructionseinholung während des Bundestags ist ein längerer Termin als drei Tage nicht zu bewilligen. Anlangend aa) die Bundesmilitairverwaltung, so wird dieselbe der bisherigen Militair-Commission übertragen, welcher fortan neben ihren gegenwärtigen Geschäften die selbständige Verwaltung des Bundeseigenthums anheimfällt. Dieselbe hat zweimal im Jahr einen allgemeinen Geschäftsbericht an die jeweilige Präsidialregierung zu erstatten, welche davon dem Bundestag Vorlage macht.

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bb) die Bundescanzlei, so besteht solche nur aus wenigen Beamten, welche von Oesterreich, Preußen, Bayern und den übrigen Staaten im Turnus ernannt werden. b) Die Abgeordneten-Versammlung. Dieselbe ist gebildet aus den Repräsentanten der Landesvertretungen. Oesterreich entsendet dazu 30 Mitglieder, vertheilt auf die Landesvertretung seiner deutschen Provinzen; Preußen 30 Mitglieder, die aus den beiden Häusern des Landtags gewählt werden; Bayern 10, gewählt aus beiden Kammern; Sachsen,  Hannover,  jedes 6, gewählt aus beiden Kammern Württemberg,  Baden, 5, desgl.  Kurhessen,  jedes 4, gewählt aus beiden Kammern Großherzogthum Hessen,  Holstein, 2 Luxemburg, 2 Braunschweig, 2 Mecklenburg-Schwerin, 2 Mecklenburg-Strelitz, 2 Nassau, 2 Sachsen-Weimar, 2 " Meiningen, 1 " Coburg-Gotha, 1 " Altenburg, 1 Oldenburg, 2  Anhalt-Dessau  1 " Bernburg  Anmerkung. Liechtenstein und Homburg fallen in Ermangelung einer Landesvertretung aus.  Schwarzburg-Rudolstadt,  1 " Sondershausen,  Waldeck,  Lippe,  1  Lippe-Schaumburg,  Reuß älterer Linie,  1 Reuß jüngerer Linie  Lübeck 1 Frankfurt 1

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Bremen 1 Hamburg 1 Summe 128. Die Wahl der Vertreter zur Abgeordneten-Versammlung erfolgt in der Regel in jedem einzelnen Staat sofort nach dem Zusammentritt des Landtags und dieselbe bleibt auf die Dauer der Landtagsperiode in Kraft. Mit Hinsicht darauf jedoch, daß in mehreren deutschen Ländern der Landtag nicht alljährlich zusammentritt, wird für den ersten Zusammentritt der Abgeordneten-Versammlung nöthigenfalls die Einberufung eines außerordentlichen Landtags in diesen Staaten behufs der Wahl der Vertreter zur Abgeordnetenversammlung vorgesehen. Die Collectivwahl in den Fürstenthümern Schwarzburg, Reuß, Lippe und Waldeck bleibt der particularen Verständigung überlassen. Die Versammlung der Abgeordneten tritt nicht regelmäßig zusammen. Ihre Einberufung bleibt der Bundesversammlung vorbehalten, welche auf dem Bundestag, darüber ob und zu welchem Behuf die Einberufung stattzufinden hat, Beschluß faßt. Der Bundesversammlung steht es zu, die AbgeordnetenVersammlung zu vertagen und aufzulösen. Die Bundesversammlung wird für die Berathungen der Abgeordneten-Versammlung eine Geschäftsordnung entwerfen. In dieser ist unter Anderm festzusetzen, daß die Abgeordneten-Versammlung sich nur mit den Gegenständen zu beschäftigen hat, welche ihrer Berathung von Seite der Bundesversammlung unterstellt werden. Die Einberufung der Abgeordneten-Versammlung erfolgt jedesmal, so oft die Bundesversammlung die Ausarbeitung eines allgemeinen Gesetzes beschlossen hat. In diesem Falle wird das Gesetz, nachdem es durch eine zur Ausarbeitung niedergesetzte Commission von Sachverständigen vollendet worden ist und die Genehmigung der Bundesversammlung erlangt hat, der Abgeordnetenversammlung zur Annahme vorgelegt. Als Commissarien fungiren alsdann in der Abgeordnetenversammlung die Mitglieder der Commission, welche mit der Ausarbeitung des Gesetzes betraut waren. Es kann jedoch die Bundesversammlung auch Commissarien aus ihrer Mitte dazu delegiren. Der Gesetzentwurf kann entweder abgelehnt oder pure oder mit Amendements angenommen werden. Im letztern Falle reicht ihn die Commission dem nächsten Bundestag mit einem Gutachten ein, worauf der Bundestag entweder die Genehmigung oder die Ablehnung des Entwurfs beschließt. In den Bereich der Gesetze, welche auf diesem Wege zu Stande zu bringen sind, gehören nicht allein die, welche in die Kategorie der allgemein nützlichen Anordnungen fallen (Art. 64 der Wiener Schlußacte), sondern auch die-

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jenigen, welche auf der durch Art. 2 der Bundesacte dem Bunde gestellten Aufgabe beruhen (Preßgesetz, Vereinsgesetz). Die Bundesversammlung kann sich aber auch veranlaßt finden, der Abgeordneten-Versammlung als Vertreterin der deutschen Kammern, in Fällen außerordentlicher politischer Conjuncturen, von denjenigen Beschlüssen, wozu die Bundesversammlung sich geeinigt hat, Eröffnung zu machen und weitere Aufschlüsse zu geben, beziehentlich ihre Kundgebung zu vernehmen. In diesen Fällen fungiren als Bundescommissare bei der Abgeordneten-Versammlung diejenigen Mitglieder der Bundesversammlung, welche Letztere zu diesem Behuf gewählt hat. In der Zwischenzeit von einem Bundestage zum andern tritt eine BundesExecutivgewalt in Wirksamkeit. Diese Executivgewalt legt der Bund in die Hände II. MM. des Kaisers von Oesterreich, des Königs von Preußen und eines dritten Bundesfürsten, welcher in Vollmacht sämmtlicher übriger Bundesstaaten handelt. In Bezug auf die Beauftragung dieses dritten Mitgliedes der Executivgewalt, namentlich was die Frage anbelangt, ob solche im Wege einer Wahl oder im Wege eines Turnus oder wie sonst zu bewerkstelligen sei, bleibt das Weitere der Verständigung vorbehalten. Die Executivgewalt ist für den Eintritt außerordentlicher politischer Conjuncturen mit ausgedehnter Vollmacht des Bundes ausgestattet. Sie ist in diesen Fällen berechtigt, die Ergreifung entsprechender Maßregeln, namentlich3 in militairischer Beziehung, anzuordnen, und ihren Anordnungen ist unbedingt Folge zu leisten. Der Executive steht nicht minder zu, über die Ausführung der auf dem Bundestage gefaßten Beschlüsse zu wachen und die dazu nach Befinden nöthigen Maßregeln anzuordnen. Dies gilt insbesondere da, wo der Bund eine Einleitung des Executionsverfahrens beschlossen hat. Für die allgemeine Denkschrift. So groß immer die Verbreitung der Angriffe und Anfeindungen gegen den deutschen Bund geworden sein mag, so bleibt es nichtsdestoweniger eine geschichtlich unumstößliche Wahrheit, daß diese letzte Schöpfung deutscher Organisation sowohl in dem, was sie geleistet, als auch in dem, was sie verhütet hat, die Anerkennung verdient, Besseres geschaffen zu haben als ein vorhergehender jahrhundertelanger Abschnitt der deutschen Geschichte aufzuweisen vermochte. Wenn man in unsern Tagen so viel über die entschwundene Machtstellung Deutschlands klagen hört, so sollte man meinen, es wäre die Erinnerung an diese gefallene Größe noch den ältesten Leuten unter den Zeit3 Emendiert. Vorlage: welche namentlich.

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genossen aus eigener Anschauung im Gedächtniß und pflanze sich aus ihren Erzählungen in die Wünsche und Bestrebungen der jüngeren Generation fort. Man sollte, wenn man immer und immer wieder Deutsches Reich und Deutschen Bund als Gegensatz von Gutem und Schlimmem nennen hört, gar nicht glauben, daß das Deutsche Reich, soweit von seiner politischen Bedeutung in Europa die Rede sein kann, seinen Nimbus, schlecht gerechnet, schon vierhundert Jahre vor seinem Fall verloren hatte, und daß während dieses Zeitraums die hervorragendsten Momente deutscher Geschichte in inneren Kriegen und in Abtretungen deutscher Reichsländer an das Ausland bestanden. Man sollte endlich, wenn man hört, wie die Deutschen von heute die Auferstehung Barbarossa’s träumen4 und in einer Kaiserwahl den Anfang einer weltbeherrschenden Stellung Deutschlands erblicken, es nicht für möglich halten, daß dreihundert Jahre früher ein Kaiser, dem das Geschick eine solche Stellung wirklich beschieden hatte, dieselbe gegen die Deutschen vertheidigen und durch die Deutschen verlieren mußte.5 Nein, der Deutsche Bund möge noch so viele Begehungs- und Unterlassungssünden auf dem Gewissen haben, den Vergleich mit denjenigen Zuständen, welche er ersetzt hat und welche in einen Zeitraum von Jahrhunderten zurückreichen, kann er getrost aushalten. In den Zeitabschnitt, der ihm angehört, fällt keine Verminderung deutschen Gebiets, während seines Bestehens haben noch keine deutschen Heere gegen einander gekämpft, hat kein deutsches Land mit dem Ausland ein Bündniß gegen ein anderes deutsches Land geschlossen. Dagegen haben während des Bestehens des deutschen Bundes die verschiedenen Völker Deutschlands ihre geistigen und materiellen Interessen im steten Fortschritte genähert und verschmolzen, und wenn diese erfreuliche Erscheinung auch zum größten Theil auf Rechnung der allgemeinen culturgeschichtlichen Entwickelung der Zeit zu setzen ist, in welche das Bestehen des deutschen Bundes fällt, so mag doch nicht verkannt werden, daß diese Entwickelung in Deutschland schon bald nach der Begründung des Bundes ihren ersten Anfang nahm, daß sie in den Bundesgrundgesetzen vorgesehen war und daß, wenn aus Ursachen, welche nicht der Beschaffenheit des Bundes an sich zur Last fallen, der Bund selbst in seinem Organ leider nicht als Leiter und 4 Kaiser Friedrich I. (um 1122–1190), genannt Barbarossa, schlief nach einer alten Sage nach seinem Tod angeblich in einer Höhle im Kyffhäusergebirge in Thüringen. Mit seinem Erwachen wurde die Hoffnung auf eine Wiederherstellung der alten Reichsherrlichkeit verknüpft. Der Kyffhäusermythos wurde seit Beginn des 19. Jahrhunderts mit nationalen Hoffnungen auf die Schaffung eines machtvollen deutschen Reiches verbunden; Krohn, Barbarossa. 5 Anspielung auf Kaiser Karl V. (1500–1558), seit 1520 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, der sich seit seiner Wahl in langen Konflikten mit den protestantischen deutschen Reichsständen befand und dem es nicht gelang, die konfessionelle und politische Einheit des Reiches zu bewahren; Kohler, Karl V.; Schorn-Schütte, Karl V.

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Förderer jener Entwickelung zu erkennen war, gleichwohl seine Verfassung nirgends ein nachhaltiges Hemmniß derselben gewesen ist. Dessenungeachtet würde Verblendung dazu gehören, um nicht zu sehen, daß der deutsche Bund im Herzen des deutschen Volkes nie tiefere Wurzeln geschlagen hat und daß ein festeres Band als das der Gewohnheit Beide nicht verbindet, ja, daß das hiermit zusammenhängende Gefühl der Gleichgültigkeit einem noch schlimmeren Platz gemacht hat. Wohl ist es wahr, daß die revolutionairen Ideen, deren Mutter nicht Deutschland, sondern Europa ist, hierzu mit beigetragen haben. Es mag sogar als ein Merkmal mehr für die Vorzüge des deutschen Bundes gelten, daß die Revolution die Auflösung desselben sich als eine ihrer ersten Aufgaben gestellt hat; allein die Erfahrung, die man in mehreren deutschen Staaten zu machen hatte, daß nach Ueberwindung der revolutionairen Stürme von 1848 und 1849 die Bevölkerungen sich noch mehr an die Landesverfassung anschlossen, wenn diese auch keine Veränderung erlitten hatte, diese Erfahrung hat man in Bezug auf die Bundesverfassung nicht zu machen gehabt. Man ist im Allgemeinen geneigt, diese Erscheinung auf zweierlei Ursachen zurückzuführen. Einmal nämlich auf den Widerwillen, welchen das langjährige Polizeiregiment des Bundes hervorgerufen habe, und dann auf das unbefriedigte Nationalbewußtsein, welches eine einheitliche Action für Deutschland als europäische Macht verlange. In beiden Behauptungen liegt viel Wahres; mit beiden wird viel Uebertreibung verbunden; mit keiner von beiden wird die Frage der Gegenwart erschöpft. Wahr ist es, daß die fast ausschließlich polizeiliche Thätigkeit, welche lange Zeit hindurch im Namen des Bundes geübt wurde, ihm eine große Gehässigkeit zugezogen hat. Allein sie war doch mehr oder minder nur die Potenzirung und Concentrirung eines gleichzeitig in den meisten Einzelstaaten, namentlich den größern derselben, bestehenden Systems. Hat man dort dieses System zu verschmerzen und zu vergessen gewußt, sobald es theils an Schroffheit verlor, theils einem entgegengesetzten System wich, warum sollte nur für seine Ausübung am Bund ein unvertilgbarer Haß in den Gemüthern verbleiben und sich dauernd auf den Bund selbst übertragen? Wahr ist es, daß der Bund dem nationalen Bewußtsein geringe Befriedigung gewährte, dem Verlangen nach einheitlicher Action nicht genügt hat. Aber war diese Action etwa vor dem Bestehen des Bundes in Deutschland vorhanden? Konnte jenes Verlangen mit vollem Recht an einen Staatenbund gestellt werden und war daher dessen Nichterfüllung für die Nation eine Täuschung? Der Drang nach nationaler Einheit, das Verlangen nach nationaler Macht in Deutschland sind allerdings älter als das seit drei Jahren vom Westen her

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gepredigte Nationalitätsprincip. Es hat dieses Streben keineswegs in den Programmen von 1848, ja nicht einmal in der Wartburgversammlung von 18176 seinen ersten Ausdruck gefunden; die Rede, womit der kaiserlich österreichische Staatsminister Graf von Buol-Schauenstein im Jahre 1816 die Bundesversammlung eröffnete, verlieh demselben die unzweideutigste und umfassendste Weihe.7 Allein wie diese Rede, welche in den Entgegnungen eines Humboldt, eines Münster[,] eines Gagern getreuen Wiederhall [sic] fand8, die Befriedigung jenes Strebens in dem Zusammenwirken aller Bundesglieder, in dem festen, durch den Bund verbürgten und unterstützten Zusammenhalten Oesterreichs und Preußens erkannte, so auch verfolgten in dem langen Zeitraum von 1816 bis 1847 die – bekennen wir es offen – von den deutschen Regierungen nicht genug gepflegten Wünsche und Gedanken deutscher Patrioten kein anderes Ziel. Erst in dem letztgenannten Jahre, als die Revolution, die im Februar 1848 in Paris zufälligerweise zum Ausbruch kommen sollte, in Folge des in der Schweizerfrage9 hervorgetretenen Bankerotts der alten Cabinetspolitik mit rührigen Händen vorbereitet wurde, da erblickten auch die Ideale vom deutschen Bundesstaate, vom deutschen Kaiserthron und vom deutschen Parlament das Licht der Welt. Sie waren Kinder der Revolution und sind es noch heute. Die Revolution brach aus und sofort gewannen sie Fleisch und Bein10. Ihr Dasein war ein kurzes und kostete Ströme von Blut. Die Revolution kann sie noch einmal ins Leben rufen, sie kann dieses Leben vielleicht länger fristen als das Erstemal; es wird noch mehr Blut und Elend kosten, ein dauerndes wird es darum nicht sein. Verlassen wir indessen diese Betrachtung. Ein sicherer Blick in die Zukunft ist dem Auge des Menschen nicht vergönnt. Aufgabe kann es nur sein, die Gegenwart zu prüfen und die Zukunft zu bedenken. Bei dem Einen, wie bei dem Andern giebt es für gewissenhafte Menschen, wie für gewissenhafte Regierungen nur einen Leiter: die Pflicht. Die Pflicht gebietet den deutschen Regierungen vor Allem eingedenk zu bleiben, daß sie durch einen Bundesvertrag gebunden sind und denselben auf6 Beim „Nationalfest“ der deutschen Burschenschaften am 18. Oktober 1817 forderten Studenten und Professoren die nationale Einigung Deutschlands; Malettke (Hrsg.), Wartburgfest. 7 In seiner Eröffnungsrede in der 1. Sitzung der Bundesversammlung vom 5. November 1816 bezeichnete es der österreichische Bundespräsidialgesandte Johann Rudolf Graf von BuolSchauenstein (1763–1834) als einen „heiligen Zweck“ der Bundesakte, die Sicherung und Entwicklung „des großen Nationalbandes“ zu gewährleisten; ProtDBV 1816, S. 5–9; vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 33. 8 Zu den „vaterländischen“ Äußerungen des preußischen Bevollmächtigten Wilhelm von Humboldt (1767–1835) und des niederländischen Bundestagsgesandten Hans Christoph Ernst Reichsfreiherr von Gagern (1766–1852) siehe ProtDBV 1816, S. 9 f. u. S. 11 f. 9 Siehe oben Dok. 43, Anm. 11. 10 In der Reinschrift verbessert. Ursprünglich: Fleisch und Blut.

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rechtzuerhalten haben. Sie können daher zu keiner Neugestaltung die Hand bieten, welche eine Auflösung des Bundesvertrags in sich schließt. Im Gegentheil muß jeder von ihnen unternommene Versuch auf der Ueberzeugung beruhen, den Bundesverband zu stärken, alle Theilnehmer noch fester damit zu verknüpfen. Sollten sie, wenn sie also handeln, wirklich – wie geglaubt wird – mit dem Geist ihrer Völker in unbesiegbaren Widerstreit gerathen? Sollte es ihnen nicht möglich sein, diesen Geist mit dem Bund auszusöhnen, und den Bund durch diesen Geist selbst zu verjüngen? Sie haben diesen Geist zu achten, aber es kann nicht ihre Aufgabe sein, ihm in seinen Verirrungen zu folgen, sich von einer blinden Begeisterung hinreißen zu lassen. Sie können, sie dürfen daher nicht deshalb den Bund verwerfen, weil sich an eine zeitweise, aber vergangene Thätigkeit desselben eine unliebsame Erinnerung im Volke knüpft, noch auch deshalb, weil Parteiprogramme einer Zukunft entgegenstreben, welche nur auf dem Umsturze, nicht auf der Umbildung des Bundes zu erreichen ist. Der Umsturz des Bundes aber birgt in seinem Schoße die äußersten Gefahren, die dem gemeinsamen Vaterlande drohen können: Innere Kriege und Einmischung des Auslandes. Dagegen haben die deutschen Regierungen alle Ursache, an sich die Frage zu stellen, ob sie ihrerseits Das getan haben, was nöthig war, ihre Völker mit dem Bunde zu befreunden, und in einer aufrichtigen Beantwortung dieser Frage werden sie das sicherste Mittel finden, jenem Ziele näher zu kommen. So wie in den einzelnen Bundesstaaten die Landesverfassung in den Handlungen und Aussprüchen der öffentlichen Gewalten ihren sichtbaren Ausdruck findet, so auch mußte der Bund in seinem verfassungsmäßigen Organe erkennbar werden. Wollte man dauernd in den deutschen Bevölkerungen Interesse und Achtung dem Bunde zuwenden, so mußte daher darauf Bedacht genommen werden, die Thätigkeit seines Organs, der Bundesversammlung[,] so zu bemessen und zu unterhalten, um ihren Berathungen und Beschlüssen Interesse und Achtung zu verschaffen. Der gute Wille dazu war vorhanden, wie die ersten Jahre seit dem Bestehen des Bundes lehren. Aber er hatte keine Folge. Offen darf es gesagt werden, ohne den vielen ausgezeichneten Persönlichkeiten zu nahe zu treten, welche in Frankfurt verwendet wurden, ohne die Gediegenheit der vielen Arbeiten zu verkennen, die ihren Fleiß daselbst kennzeichneten, das öffentliche Interesse, das öffentliche Vertrauen konnte sich der Bundesversammlung nie zuwenden, weil man es nicht anders haben wollte. Abgesehen von der eben so unnöthigen als verderblichen Heimlichkeit, mit der man die Berathungen und Beschlüsse der Bundesversammlung umgab, so geschah in dem langen Zeitraum, wo die vollständige Gleichförmigkeit der Interessen und der Grundsätze zwischen den beiden Vormächten eine rasche und för-

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dernde Thätigkeit der Bundesversammlung so sehr erleichtert hätte, nichts um die Uebereinstimmung der Regierungen in der Geschäftsbehandlung am Bunde hervortreten zu lassen. Im Gegentheil richtete man den Geschäftsgang geflissentlich so ein, um Langsamkeit und Verschleppung nicht allein zu erleichtern, sondern um sie zur Regel zu machen. Alles wurde so eingerichtet, um auch der unbedeutendsten Verlegenheit auszuweichen, jede unliebsame Aufgabe möglichst von der Hand zu weisen. Durfte man sich beklagen, wenn bei solcher Behandlung der Geschäftsthätigkeit am Bunde die Theilnahme des Volkes ihm verloren ging? Darf man sich wundern, wenn dann der heute so verderblich wirkende Irrthum Boden gewann, den Bund mit dem Bundestage zu verwechseln und mit ihm zu verurtheilen? Wenn aber in der langen Zeit, wo Einigkeit unter allen deutschen Regierungen in den obersten Grundsätzen und Anschauungen bestand, die Bundesversammlung nicht zu einer lebensvollen Thätigkeit gelangen konnte, so war ein solches Resultat nach deren Wiederzusammentritt im Jahre 1851, wo jene oberste Bedingung ermangelte, kaum zu verlangen. Einer Behörde aber, der ohne eigene Schuld, aber thatsächlich dennoch die Zeit den Stempel des Unvermögens dergestalt aufgedrückt hat, ist ein neues Leben nicht einzuhauchen, so lange sie in der alten Gestalt verbleibt. Eine zweite, bei Weitem tiefer eingreifende Erklärung für die Unpopularität des Bundes wird man in dem Umstand finden, daß zwischen Bundesverfassung und Einzelverfassungen der nothwendige Einklang nie bestanden hat und leider nie und von keiner Seite ernstlich angestrebt worden ist. Die Bundesacte selbst verlangte in allen Bundesstaaten das Bestehen landständischer Verfassungen. Die getreue Beobachtung dieser bundesgrundgesetzlichen Vorschrift war aber nie Gegenstand der Bundesthätigkeit. Man überließ sie der partikularen Entwickelung, und nur in der Einschränkung der Letztern wurde die Aufmerksamkeit des Bundes erkennbar. Seine Wirksamkeit verrieth Ohnmacht und Willkür zu gleicher Zeit; Ohnmacht, indem er (wie beispielsweise in den Jahren 1832 und 1834) eine entschieden anticonstitutionelle Tendenz offenbarte11, die aber ihr Ziel nicht erreichte, ja nicht einmal energisch anzustreben wagte; Willkür, indem er dabei nicht nach festen Grundsätzen, sondern nach Rücksichten der Zweckmäßigkeit verfuhr. Das solide Verfassungsleben in den Einzelstaaten fand am Bunde nur ein störendes Hemmniß, nicht aber einen Schutz, ebensowenig gegen Verkürzungen, als gegen Ausschreitungen; denn das erklärliche Gefühl, von der öffentlichen Meinung nicht unterstützt zu sein, machte den Bund trotzdem ängstlich im Eingreifen, so daß Letzteres erst dann erfolgte, wenn ernste Störungen eingetreten waren. 11 Siehe dazu die Dokumente in: QGDB II/1 und die Einleitung von Zerback ebd., S. XXX ff.

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Die Hauptursache dieser Uebelstände ist heute beseitigt. Sie lag in der Verschiedenheit der in den verschiedenen Staaten geltenden Systeme. Jetzt ist das constitutionelle System das allgemein geltende. Um aber das öffentliche Vertrauen in dieser Richtung dem Bunde zuzuwenden, bedarf es einer entschiedenen Garantie gegen die Wiederkehr ähnlicher Zustände, und diese allein ist in einem ständigen, unabhängigen Bundesgericht und in der Entnahme aller Entscheidungen in Verfassungsstreitigkeiten aus den Händen des politischen Organs des Bundes zu finden. Die Entfremdung, die das Verfassungsleben in den einzelnen Staaten dem Bunde zugezogen hat, verdient aber noch eine andere Betrachtung. Sie findet zum großen Theil auch darin ihre Erklärung, daß den Landesvertretungen nicht allein jede Betheiligung an den Bundesangelegenheiten abgeschnitten war, sondern daß auch in einzelnen Fällen ihre verfassungsmäßigen Rechte durch die von ihrem Beirath unabhängigen Bundesbeschlüsse beeinträchtigt erschienen. In dieser Beziehung giebt es gewisse Grenzen einzuhalten, die auch heute nicht überschritten werden dürfen, will man den Bestand des Bundes nicht gefährden. Alle Beschlüsse, welche die Aufbietung von Streitkräften zu der Vertheidigung des Bundes, sowie die Aufbringung der dazu nöthigen Mittel zum Gegenstande haben, müssen eo ipso für die einzelnen Staaten obligatorisch sein und dürfen nicht durch eine Concurrenz der Landesvertretungen in Frage gestellt werden. Anders verhält es sich mit Beschlüssen, für deren Berechtigung man wohl den Bundeszweck, wie ihn Artikel 2 der Bundesacte definirt12, anführen konnte, von denen aber gleichwohl nicht mit absoluter Gewißheit behauptet werden kann, daß der Bundeszweck sie erfordere. Dahin gehören die Beschlüsse wegen Preß- und Vereinsgesetzgebung.13 In der That tragen auch die in diesen Materien in der neuern Zeit gezogenen Beschlüsse den Stempel der Unsicherheit an sich. Sie sind an sich ungenügend ausgefallen und haben überdies in den einzelnen Staaten nur theilweise und halbe Ausführung erfahren. Sowohl für Gesetze dieses Inhalts, als auch für diejenigen, welche dem eigentlichen Bundeszweck noch ferner liegen, sondern nur auf eine Verschmelzung der deutschen Gesetzgebungen vom Standpunkte der Nützlichkeit hinzielen, wird, soll anders der Bund seine Lebenskraft bewähren, eine Mitwirkung der Landesvertretungen nothwendig; diese Mitwirkung kann aber nur 12 Der Zweck des Bundes war die „Erhaltung der äussern und inneren Sicherheit Deutschlands und der Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen deutschen Staaten“; QGDB I/1, S. 1508. 13 Bundesbeschluß über das Pressewesen vom 6. Juli 1854 und Bundesbeschluß über das Vereins- und Versammlungswesen vom 13. Juli 1854; QGDB III/2, Dok. 51 u. 52, S. 236–245; vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 111–145; Kohnen, Pressepolitik des Deutschen Bundes.

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dann eine wirkliche Einigung versprechen, wenn sie nicht durch Befragung der einzelnen Landesvertretungen, sondern durch Einberufung von Abgeordneten dieser Vertretungen zu einer gemeinsamen Vertretung in’s Werk gesetzt wird. Das Bedürfniß einer entsprechenden Einrichtung ist in der neuesten Zeit in gleichem Grade fühlbar geworden, als sich überall das Bestreben nach Verallgemeinerung der Gesetzgebung in den deutschen Ländern kund gegeben hat. Hat auch der Wunsch, die Erreichung dieses Zieles zu ermöglichen, die Kammern in den Einzelstaaten beispielsweise vermocht, das, auf Anregung des Bundes commissarisch zu Stande gebrachte Handelsgesetzbuch unverändert zu genehmigen, so hat doch dabei die Klage nicht ganz verstummen können, daß ein gewisser moralischer Zwang bei diesem Verfahren obwalte und die Ausübung eines verfassungsmäßigen Rechts illusorisch mache.14 Das mehrseits anempfohlene Princip der freien Vereinbarung, im Gegensatze zu der bundesmäßigen Behandlung derartiger Gesetzgebungsarbeiten, wird diese zwingende Nothwendigkeit für die Kammern der Einzelstaaten jederzeit herbeiführen müssen, dagegen gewinnt ihr Zustimmungsrecht eine praktische Geltung, wenn sie in einer Versammlung vertreten sind, welcher von Seite der Bundesversammlung ein Gesetzentwurf zur Annahme vorgelegt wird. Die Schwierigkeiten, welche mit dem Zustandekommen des Letztern im Hinblick auf die entgegenstehende bundesverfassungsmäßige Bedingung der Unanimität verbunden sind, mögen nicht verkannt werden. Allein man wird ebensowenig außer Betracht lassen dürfen, daß in Gegenständen der Gesetzgebung die Regierungen einem ebenso berechtigten, als heilsamen Impulse der Landesvertretungen folgen, und daß, sobald die Landesvertretungen ein gemeinsames Organ erhalten, jener Impuls mehr und mehr im Sinne der Einigung sich fühlbar machen wird. Ja es darf wohl die Voraussetzung als erlaubt betrachtet werden, daß sobald eine solche Einrichtung in’s Leben gerufen wird, eine Einigung der Regierungen, welche in Bezug auf Fragen allgemeiner Gesetzgebung die Zulässigkeit eines Majoritätsbeschlusses mit 3/4 Stimmen ausspräche, des Beifalls der öffentlichen Meinung gewiß sein würde. Man wird einhalten, daß, wenn für legislatorische Zwecke einmal eine Versammlung von Delegirten der Kammern in’s Leben tritt, diese Versammlung auch auf eine Betheiligung an den politischen Berathungen des Bundes An14 Die Bundesversammlung hatte im Jahr 1856 eine Kommission von Sachverständigen mit der Ausarbeitung eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs beauftragt. Nach mehrjährigen Beratungen nahm die Bundesversammlung am 31. Mai 1861 den Entwurf an, in den folgenden Monaten wurde das Handelsgesetzbuch in vielen deutschen Landtagen beraten und schließlich in Kraft gesetzt. Dabei wiesen nicht wenige Abgeordnete auf das problematische Verfahren hin, das eine „Verkürzung der constitutionellen Rechte“ der einzelstaatlichen Landtage bedeute. Vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 412–420, Zitat S. 417.

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spruch erheben würde. Die Folge ist nicht abzuleugnen; sie darf aber auch nicht in ihrer Bedeutung überschätzt und als ein Schreckbild betrachtet werden. Wenn die deutschen Regierungen, wie dies jetzt der Fall ist, überall in der Erzielung der Uebereinstimmung mit den Landesvertretungen ihre Aufgabe erkennen, so werden sie auch nicht leicht in die Lage kommen, am Bunde sich zu Beschlüssen zu einigen, welche mit dem Geiste der Landesvertretungen im Allgemeinen in directem Widerspruche ständen. Allerdings sind die politischen Auffassungen der Majoritäten in den Landesvertretungen oft sehr von einander abweichend, wie dies jetzt ein Blick auf die Kammern in Preußen, Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg u.s.w. zeigt. Es würde daher die Einigung am Bunde nicht gewinnen, sondern noch mehr erschwert werden, wollte man die Landesvertretungen durch ihre Delegirten bei den zwischen den Regierungen am Bunde zu pflegenden Berathungen und zu fassenden Beschlüssen in der Weise betheiligen, daß sie hierbei, sei es durch ein votum decisivum oder auch nur durch ein votum consultativum zu concurriren hätten. Wohl aber kann man sich es als eine mögliche und in mancher Hinsicht ersprießliche Einrichtung denken, daß die Bundesversammlung, nachdem sie in einer schwebenden politischen Frage sich zu einem Beschlusse geeinigt hat, der Versammlung von Delegirten der Landesvertretungen davon Eröffnung macht, über Motive und Folgen dieser Beschlüsse derselben Aufklärungen giebt, und etwaige Wünsche und Anträge der Versammlung vernimmt. Es mag diese Aufgabe mit Unbequemlichkeiten verbunden sein, sie mag ihre mißliche Seite haben. Allein ohne Ueberwindung von Schwierigkeiten und Gefahren giebt es überhaupt heute keine Aufgabe für Regierungen. Dagegen kann die Beigabe einer solchen Vertretung der Kammern dem Bund in vielen Fällen einen sehr erwünschten Rückhalt gewähren. Den Beleg dafür bietet ein naheliegender Vorgang, die Differenz mit der dänischen Regierung.15 Der Bund hat in dieser Frage einen Impuls der öffentlichen Meinung hinter sich, der ihn sehr rücksichtslos treibt, weil er keine Verantwortung auf sich hat und 15 Beust bezieht sich auf die Auseinandersetzungen zwischen der Bundesversammlung und der dänischen Regierung über den verfassungsrechtlichen Status von Schleswig-Holstein. Der Konflikt war im Jahr 1852 durch die Londoner Protokolle vorerst beigelegt worden, als Dänemark die Nichtinkorporation Schleswigs in das Königreich Dänemark und die Garantie der landständischen Rechte in den Elbherzogtümern Holstein und Lauenburg zugesagt hatte. Mit den neuen dänischen Gesamtstaatsverfassungen von 1854/55 wurden diese Garantien jedoch in Frage gestellt, und Österreich und Preußen brachten das Schleswig-Holstein-Problem am 29. Januar 1857 wieder in die Bundesversammlung, die daraufhin einen Ausschuß einsetzte. Ein Jahr später, im Februar 1858 erklärte die Bundesversammlung das Vorgehen der dänischen Regierung für unrechtmäßig und verlangte, den vorherigen Rechtszustand in Schleswig-Holstein wieder herzustellen. Zwar gab die dänische Regierung zunächst nach, doch schwelte der Streit auch in den folgenden Jahren weiter und führte letztendlich zum deutsch-dänischen Krieg von 1864. Vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 450–515.

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daher dem Bunde, sobald dieser in ein den Umständen angemessenes bedächtliches Tempo übergeht, eine sehr unverdiente Gehässigkeit aufbürdet. Das Verhältniß würde sich wahrscheinlich ganz anders gestalten, wenn eine Versammlung von Delegirten der Landesvertretung am Bunde zu einer Kundgebung in dieser Sache Anlaß erhielte. Diese Kundgebung würde sicherlich bei Weitem vorsichtiger gehalten sein, als diejenige ist, zu der die einzelnen Landesvertretungen frischweg vorschreiten, ohne sich viel Sorge über die Folgen zu machen, wogegen eine auf energisches Vorgehen gerichtete Manifestation einer solchen Delegirtenversammlung, die sich einem entsprechenden Bundesbeschluß anschlösse, diesem, dem In- und Auslande gegenüber, einen sehr erwünschten Nachdruck geben müßte. Endlich ist auch nicht die Betrachtung zurückzuweisen[,] daß, wenn die deutschen Regierungen eine derartige Rechenschaftsablegung in Aussicht zu nehmen hätten, sie darin ohne allen Zweifel einen sehr bewegenden Grund finden würden, sich in schwebenden Bundesfragen eher zu einigen, als dies jetzt zumeist geschieht, gleichwie in den einzelnen Staaten Meinungsverschiedenheiten zwischen den einzelnen Ministerialdepartments, ja zuweilen zwischen Krone und Ministerium, durch die Aussicht auf den bevorstehenden Landtag häufig ihre Lösung finden, die außerdem noch lange Zeit auf sich würde warten lassen. Allerdings tritt der Einwurf entgegen, daß Meinungen eher zu versöhnen sind, als Interessen. Gleichwohl werden auch diese einem Compromisse zugänglicher, wenn das Bekenntniß ihrer Unverträglichkeit abgelegt werden soll. Dagegen würde es für die Landtage in den Einzelstaaten ein unendlicher Gewinn sein, wenn die Discussion über allgemeine politische Fragen, die alsdann ohnfehlbar der Delegirtenversammlung allein zufiele, aus den Berathungen der Einzellandtage entfernt und diese der Verhandlung der eigentlichen Landesangelegenheiten ausschließlich zurückgegeben würden; die Discussion in der Delegirtenversammlung selbst aber würde, wenn sie auf der einen Seite allerdings dazu führen kann, die politische Aufregung im Volke zu erhalten und zu erhöhen, auf der andern Seite auch dazu dienen, die Ansichten in vielen Punkten zu klären und schroffe Parteistandpunkte in ihrer praktischen Unausführbarkeit ebenso erkennbar werden zu lassen, als die Schwierigkeiten, die oft mit den Aufgaben des Bundes verknüpft sind. Aber – wird man einhalten – wurde nicht oben gesagt, ein deutsches Parlament sei ein Kind der Revolution und werde es bleiben? Sollte nicht jede Umgestaltung vermieden werden, die auf Umsturz hinausführt? Ein deutsches Parlament, d. h. eine Versammlung von Abgeordneten, welche zwar in den verschiedenen deutschen Ländern, aber ohne jede Verpflichtung gegen dieselben unmittelbar vom Volke gewählt werden, führt nicht allein zum Umsturz des bestehenden Föderativsystems, es ist bereits der Um-

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sturz selbst. Sein Mandat weist nicht auf die in den Einzelstaaten bestehenden verfassungsmäßigen Gewalten zurück, sondern auf die Gesammtheit des deutschen Volkes, und der natürliche Ideengang muß dahin führen, sonach die Gesammtheit über den Einzelnen stehend erscheinen zu lassen. Folgerechterweise stellt sich daher ein Parlament nicht neben die im Bunde vereinigten deutschen Regierungen, sondern über dieselben und der hierdurch eben so natürlicherweise hervorgerufene Widerstand dieser Regierungen gegen eine solche Usurpation muß, wie i. J. 1849 geschah, zuletzt zum Kampf zwischen Idee und Wirklichkeit, zwischen Anspruch und Recht führen. Zwischen einem deutschen Parlament und einer Vertretung der Kammern beim Bunde aber bestehen sehr erhebliche Unterschiede. Die zu dieser Versammlung gewählten Abgeordneten erhalten ihr Mandat von der gesetzlichen Vertretung des Landes, dem sie angehören, sie haben verfassungsmäßige, eidlich angelobte Pflichten gegen dieses Land und dessen Oberhaupt; die Regierungen dieser Länder haben zwar nicht die Füglichkeit directer Einwirkung auf jene Abgeordneten, wohl aber haben sie solche in Bezug auf die Kammern, welche sie entsenden; die Abgeordneten stehen in Gemeinschaft mit den Vertretern der Kammern anderer deutschen Länder, der Gesammtheit der deutschen Regierungen gegenüber, und es erfolgt eine Aenderung der bisherigen Verhältnisse eigentlich nur insofern, als bestimmte Fragen, welche bisher jede einzelne Regierung mit ihrer Landesvertretung einzeln verhandelte, nunmehr gemeinsam von der Gesammtheit der Regierungen mit einem Ausschusse sämmtlicher Landesvertretungen verhandelt werden. Zu vergessen ist dabei nicht, daß in allen denjenigen Ländern, wo zwei Kammern bestehen, die verfassungsmäßige Gleichstellung beider auch gleiche Betheiligung an der Wahl von Abgeordneten zur Vertretung am Bunde bedingt und daß hiermit ein Element in dieser Letztern gesichert ist, welches eine nicht zu unterschätzende Bürgschaft für Wahrung particularer Rechte neben den einheitlichen Bestrebungen bietet. In den beiliegenden Vorschlägen zur Modification einiger Artikel der Bundesacte wird man den Versuch erkennen, den vorstehenden Gedanken eine praktische Gestaltung zu geben. Es sei gestattet, diese Vorschläge mit einigen Bemerkungen zu begleiten. Das vorangestellte erneuerte Gelöbniß zur Aufrechterhaltung der Bundesacte16 kennzeichnet den Character derselben, welcher wesentlich dahin gerichtet sein soll, den bestehenden Bundesvertrag in ungeschwächter Kraft zu erhalten. Das durch die Bundesacte eingesetzte Organ, die Bundes-Versammlung, wird nicht aufgehoben, wohl aber wird dasselbe seiner bisherigen Sphäre entzogen und auf einen neuen Boden verpflanzt. 16 Nach Bundesacte durchgestrichen: und Wiener Schlußacte.

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Die Bundesversammlung soll fortan nicht mehr eine Conferenz von Regierungsbevollmächtigten darstellen, welche an einen schleppenden und aufhältlichen Geschäftsgang gewiesen, nicht in der Lage sich befinden, die dem Bunde vorliegenden Fragen zu berathen und in kurzer Zeit zu erledigen, sondern genöthigt sind, Instruction vor jeder Abstimmung einzuholen. Vielmehr sollen in Zukunft die am Bunde zu verhandelnden Geschäfte in zwei kurzen Sessionen erledigt werden und zwar durch solche Bevollmächtigte, welche in der Lage sind, darüber sofort in Berathung zu treten und ohne besondere Instructionseinholung abzustimmen. Daß hierzu active Minister in den meisten Fällen die geeignetsten Persönlichkeiten sein werden, liegt auf der Hand, indeß ist die Wahl anderer Personen dazu nicht ausgeschlossen. Man hat als Zeitraum der Session ein Maximum von 4 Wochen gestellt. Würde indessen die vorgeschlagene Verhandlungsmodalität angenommen, so wäre mit Sicherheit darauf zu rechnen, daß in der Regel zwei bis höchstens drei Wochen hinreichen würden. Es könnte auch, wenn die wichtigeren Gegenstände erledigt wären, für die minder wichtigen der Hauptbevollmächtigte einen zweiten Bevollmächtigten substituiren. Es darf von dieser Einrichtung der Nutzen mit Sicherheit erwartet werden, daß das öffentliche Interesse, welches jetzt dem langsamen und unproductiven Geschäftsgange der Bundesversammlung gänzlich fehlt, einer periodischen, kurz dauernden Session sich zuwenden und solchergestalt sich mit den Bundesverhandlungen befreunden werde. Ein anderer Vortheil ist darin zu erkennen, daß, während es im hohen Grade mißlich sein würde, eine Ministerconferenz zu dem Zwecke zusammentreten zu lassen, um die Frage der Bundesreform zu erörtern, weil ein resultatloser Ausgang die Autorität des Bundes und der Regierungen nur compromittiren könnte, hier ein Mittel zur Begegnung der Minister und zu directem Ideenaustausch gegeben ist, ohne jenen nachtheiligen Erfolg befürchten zu lassen, indem ein Resultat derartiger Besprechungen alsdann erfolgen kann, ohne in bestimmte Aussicht genommen zu sein. Der Vorschlag geht dahin, die Session abwechselnd in einer Stadt des Südens und in einer Stadt des Nordens abzuhalten. Regensburg war dabei durch geschichtliche Erinnerung, Hamburg durch die bisherige Wahl der freistädtischen Localität an die Hand gegeben. Man ging dabei von der Ansicht aus, daß ein solcher Wechsel, weit entfernt eine Scheidung von Norden und Süden zu bewirken, vielmehr geeignet sein werde, beide sich gegenseitig noch mehr zu befreunden und die Untrennbarkeit beider zu besiegeln. Man hat dabei auf eine hochherzige Entschließung S. M. des Kaisers von Oesterreich gerechnet, welche in dem Herzen Seines erhabenen Verbündeten S. M. des Königs von Preußen sicherlich entsprechenden Widerhall finden würde.

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Frankfurt soll auch ferner die ständigen Behörden beherbergen, welche beizubehalten sein würden. Es sind die Bundesmilitair-Commission, welche unter dem Namen der Bundesmilitairverwaltung nächst ihrem bisherigen Geschäftsbereich noch die selbstständige Verwaltung des Bundeseigenthums zugetheilt erhielte[,] und die Bundescanzlei. Für die Bundesversammlung dagegen – auch Vorurtheile müssen im öffentlichen Leben berücksichtigt werden – wird es vortheilhaft sein, ihre Sitzungen anderswo abzuhalten als in der Eschenheimer Gasse. Die Beschaffung der nöthigen Localitäten würde – die Annahme der vorgeschlagenen Städte vorausgesetzt – sicherlich durch die königlich bayerische Regierung und die fürstlich taxi[s]’sche Verwaltung einer-, und durch den Senat der freien Hansestadt Hamburg andererseits erleichtert werden. Damit die Continuität der Bundesaction nicht unterbrochen werde, wird vorgeschlagen, zwischen den beiden Sessionen eine mit außerordentlicher Vollmacht ausgestattete Executive einzusetzen, gebildet aus Seiner Majestät dem Kaiser von Oesterreich, Seiner Majestät dem Könige von Preußen und einem von den übrigen Bundesgliedern beauftragten dritten Souverän. Diese Executive hätte beim Eintritt außerordentlicher politischer Conjuncturen beschließend und ausführend einzutreten, nach Befinden auch für Ausführung gefaßter Bundesbeschlüsse zu sorgen. In Bezug auf die Zusammensetzung der Abgeordneten-Versammlung ist nur das Eine zu bemerken: es erscheint auf den ersten Anblick nicht angemessen, daß die übrigen Staaten mehr Abgeordnete entsenden sollen, als Oesterreich und Preußen zusammen. Man wird aber zugestehen müssen, daß dieses Verhältniß bei der Betheiligung der Landesvertretungen kein Mißverhältniß ist, und für die beiden Großstaaten ein viel günstigeres Verhältniß herausstellt, als solches die Bundesacte im Plenum annimmt. Ueber das Bundesgericht enthalten die Vorschläge keine nähern Details. Der seit fast zwei Jahren zu erwartende und wohl nun hoffentlich bald zu gewärtigende Bericht des Bundestagsausschusses über den einschlagenden Vorschlag der großherzoglich badischen Regierung17 wird hierüber Material genug an die Hand geben. So mögen denn die Vorschläge angelegentlich empfohlen sein. Sie kommen vielleicht spät, aber sie kommen nicht zu spät, wenn man eine Besserung des jetzigen, weder Regierungen noch Volk befriedigenden Zustandes ernstlich will. Sie machen nicht Anspruch darauf, das Beste, das Unfehlbarste zu bieten. Würden sie nur dazu führen, daß von anderer Seite etwas Besseres, Annehmbareres gefunden würde, so hätten sie ihren Zweck erreicht.

17 Siehe QGDB III/2, Dok. 112.

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87. Erklärung von Sachsen-Coburg und Gotha in der Bundesversammlung zur Dringlichkeit einer Reform der deutschen Verfassung ProtDBV 1861, § 260, S. 677–679. Druck: Das Staatsarchiv, Bd. 1, 1861, Nr. 163, S. 394–396; Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, 2. Jg. 1861, S. 24–26.

Die Regierung von Sachsen-Coburg und Gotha beklagt, daß der deutschen Nation jede „Gemeinsamkeit ihrer politischen Leitung genommen“ und ihr „jede gemeinsame und gesetzliche Betheiligung an ihren Schicksalen entzogen ist“. Das Recht und das Bedürfnis der Nation erfordern eine einheitliche Kriegsverwaltung, eine einheitliche Leitung der auswärtigen Angelegenheiten und eine einheitliche Verwaltung der gemeinsamen internen Interessen. Die Reform der deutschen Verfassung ist dringlich, weil sich die Nation von der bestehenden Bundesverfassung schon lange abgewandt hat.

30. Sitzung

Frankfurt am Main, 31. Oktober 1861 § 260. Die Bundesverfassung betreffend. (17. Sitz. § 137 v. J. 1861.)1

Großherzoglich- und Herzoglich-Sächsische Häuser für Sachen-Coburg-Gotha. Die Herzogliche Regierung sieht sich in die Nothwendigkeit gesetzt, festzustellen, daß der von ihr schon vor Monaten geäußerte Wunsch, der in Betreff des Vereinswesens von dem Großherzogthum Hessen gestellte Antrag2 möge baldmöglichst einer Erledigung entgegengeführt werden, bisher noch nicht erfüllt worden ist. Sie hatte zur Aeußerung dieses Wunsches besondere, ihrer Lage entnommene Gründe; sie glaubte aber zugleich, die Berathung jenes Antrages werde dazu führen, daß die Bundesversammlung die auf eine einheitliche Verfassung Deutschlands gerichteten Bestrebungen als berechtigt anerkenne. Wenn die Herzogliche Regierung sich jetzt nicht verhehlen kann, daß jene Berathung, wenn überhaupt, jedenfalls erst nach längerer Frist, stattfinden wird, so hält sie sich, um den in jenem Antrage, wenn auch unabsichtlich, ge1 In der Sitzung vom 10. Mai 1861 hatte die Regierung von Sachsen-Coburg und Gotha verlangt, „baldmöglichst“ über den Antrag von Hessen-Darmstadt vom 5. Januar 1861 zu entscheiden und die Frage zu klären, ob der Nationalverein unter das Verbot des Bundesvereinsbeschlusses von 1854 falle. Zur Begründung wurde angeführt, der hessische Antrag enthalte „den unverschleierten Vorwurf, daß die Herzogliche Regierung durch die Zulassung dieses Vereins ihre Bundespflichten verletzt habe“. Es sei nicht wünschenswert, daß in dem einen Bundesstaat etwas als ein Verbrechen verfolgt werde, was in dem anderen erlaubt sei, zumal die Bestrebungen des Nationalvereins „auf die Kräftigung des nationalen Bandes“ gerichtet seien „und mit den Wünschen der großen Mehrzahl der Nation“ zusammenfielen. Vgl. ProtDBV 1861, § 137, S. 382 f. 2 Siehe Dok. 70.

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gen sie enthaltenen Vorwurf zu entkräften und im Interesse der gedeihlichen Entwickelung der deutschen Verhältnisse, verpflichtet, mit voller Offenheit den Gesichtspunkt darzulegen, von welchem aus sie eine Verbesserung der bestehenden deutschen Verfassung und die baldige und freie Ausführung dieser Reform durch die Regierungen selbst für ein Gebot patriotischer Pflicht und Einsicht erachtet. Die bestehende Bundesverfassung gesteht den einzelnen Regierungen Deutschlands eine Gewalt zu, welche, wie sie der ganzen deutschen Geschichte fremd ist, seit dem Bestehen des Bundes jedes gemeinsame und kräftige Handeln nach Außen und das Entstehen wichtiger und selbst von dem Bundesvertrage in Aussicht gestellter Einrichtungen im Innern behindert hat. Diese Bundesverfassung schließt zugleich die Nation von jeder Theilnahme an ihren gemeinsamen Angelegenheiten aus. Die deutsche Bundesverfassung kennt nur in einzelnen Sätzen, denen jegliche praktische Folgerung fehlt, die Grundbedingung jeder organischen Gestaltung, die Unterordnung der Theile unter das Ganze; sie kennt die Herrschaft eines einzigen und persönlichen Willens selbst in denjenigen Angelegenheiten nicht, welche ausdrücklich als gemeinsame anerkannt sind. Die einzelnen Staaten haben die Militärhoheit und die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten. Die Bundesarmee ist nichts als eine Contingentarmee; die Bundesversammlung, der die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten zufallen sollte, hat niemals in nennenswerther Weise einen Einfluß nach Außen zu üben versucht und kann bei ihrer Zusammensetzung und in den Formen, die ihr vorgeschrieben sind, einen solchen auch nicht geltend machen. Die Beschlüsse über die Beförderung der materiellen Interessen der Nation unterliegen dem unbedingten Verneinungsrechte jeder Regierung. Diejenige Unterordnung, welche die deutsche Bundesverfassung nicht kennt, könnte bis zu einem gewissen Grade durch das thatsächliche Uebergewicht der beiden im Bunde begriffenen Großmächte hergestellt werden, wenn nicht ein vor Allem in dem Verhältnisse dieser Bundesgemeinschaft begründeter Gegensatz zwischen beiden Staaten jedes heilsame Uebergewicht derselben unmöglich machte. So ist der Nation jede Gemeinsamkeit ihrer politischen Leitung genommen und es ist nur eine nothwendige Folge davon, daß ihr auch jede gemeinsame und gesetzliche Betheiligung an ihren Schicksalen entzogen ist. Die Folgen dieses Zustandes haben sich nach Innen und nach Außen in einer Weise entwickelt, welche vor Aller Augen liegt und welche eine Wiederherstellung des alten Rechtes der Nation unabweislich macht. Die deutsche Nation, die an Gleichartigkeit ihrer Theile in Sprache, Denkart und Gesittung hinter keiner der großen Nationen Europa’s zurücksteht, hat einen in ihrer tausendjährigen Geschichte und in ihrem Interesse wohlbegrün-

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deten Anspruch darauf, daß ihre Verfassung ihr die Behauptung der Unabhängigkeit nicht erschwere, sondern erleichtere und eine durch die gegebenen inneren Grenzen nicht gehemmte Entwickelung ihrer Kräfte möglich mache. Das Recht und das Bedürfniß der Nation fordern eine einheitliche Kriegsverwaltung, Armee und Flotte, eine einheitliche Leitung der auswärtigen Angelegenheiten und die entsprechende Vertretung im Auslande, und eine einheitliche Verwaltung der gemeinsamen inneren Interessen. Diese Einheit kann dem monarchischen Princip gemäß nur durch Einen persönlichen Willen zur Ausführung gebracht und durch eine einheitliche Volksvertretung für die gemeinsamen Angelegenheiten gestützt werden. Eine auf diesen Grundlagen errichtete Verfassung würde sich nicht nur dem alten Staatsrechte Deutschlands annähern, sie würde zugleich auch den wichtigsten Principien der Grundgesetze des Bundes mehr als die gegenwärtige Verfassung entsprechen. Wenn die einzelnen Bundesregierungen als solche das Recht des Krieges und Friedens nur mit Einschränkungen, welche die politische Wirksamkeit desselben im Wesentlichen aufheben, das der Verträge gleichfalls nur mit wesentlicher Beschränkung besitzen, so ist es nur folgerichtig, daß das Armeewesen und die auswärtigen Verhältnisse aller deutschen Staaten gemeinsam seien. Wenn die Bundesacte die materiellen Interessen der Stimmenmehrheit unterwarf, so entspricht das bestehende Recht dieser Forderung nicht und wenn dieselbe für die einzelnen Theile eine ständische Vertretung vorschrieb, so ist damit das Princip auch für das Ganze ausgesprochen. Eine Reform der deutschen Verfassung wird von den einzelnen Regierungen nur geringe Opfer, von den Bevölkerungen keine Opfer fordern. Wo eine Theilnahme an einer engeren Gemeinschaft in Folge auswärtiger Verhältnisse nicht möglich ist, wird nicht nur ein Verharren in dem bestehenden Rechte, sondern selbst eine wirksamere Entwickelung desselben möglich sein. Gegenüber dem jetzigen rechtlichen und thatsächlichen Zustande wird nach keiner Seite hin eine Verminderung oder Lockerung des Bundes einzutreten haben. Diese Reform ist dringlich. Die materielle Gewalt kann auf die Dauer überlebte Zustände nicht festhalten, von der bestehenden Bundesverfassung aber hat sich die Nation schon seit lange abgewandt und die Regierungen des Bundes selbst haben noch vor Kurzem die Nothwendigkeit der Reform einstimmig anerkannt. Wie auch die einzelnen Regierungen durch die Verschiedenheit der von ihnen in inneren Fragen zur Richtschnur genommenen Principien getrennt sein mögen, es findet zwischen ihnen darüber eine vollkommene Uebereinstimmung statt, daß es ihre höchste Aufgabe ist, die Unabhängigkeit und Wohlfahrt Deutschlands zu sichern.

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Die Herzogliche Regierung muß sich bescheiden, in der angegebenen Richtung bestimmte Anträge zu stellen, sie darf aber die Hoffnung aussprechen, daß die größeren Regierungen des Bundes die Reform desselben zum Gegenstande der Erwägung und demnächst weitere Vorschritte machen werden. Präsidium bemerkte, daß, da die eben vernommene Erklärung keinen Antrag enthält, eine geschäftliche Behandlung entfalle, und daß, insofern es sich um die Meinungsäußerung einer Regierung handle, dieselbe zu Protokoll gehe.

88. Rechberg an Werner HStA Dresden, 10 717, Nr. 936, fol. 168–182. Erlaß mit Beilage. Abschrift. Vermerk: „Durch den K. K. Oesterreich. Gesandten Frhr. von Werner br. m. mitgetheilt am 7. November 1861.“ Druck: Das Staatsarchiv, Bd. 2, 1862, Nr. 223, S. 115–123.

Rechberg übermittelt die österreichische Reaktion auf den Bundesreformplan von Beust. Wien hat gegen mehrere Punkte erhebliche Bedenken, insbesondere gegen das Alternat im Bundesvorsitz und gegen die abwechselnde Abhaltung der Bundesversammlungen in Nord- und Süddeutschland. Der Dresdener Entwurf würde die völkerrechtlichen Beziehungen des Deutschen Bundes zum Ausland in nachteiliger Weise verändern und im Innern Deutschlands das Gleichgewicht zwischen Österreich und Preußen aufheben. Die Kompetenz der Delegiertenversammlung in politischen Fragen wäre mit der Natur des Staatenvereins unvereinbar. Die Bestimmungen des sächsischen Entwurfs erscheinen für das Ziel einer Vereinfachung und Beschleunigung der Bundesgeschäfte nicht geeignet. Der Entwurf verlangt ferner von Österreich den Verzicht auf das alleinige Bundespräsidium, ohne ihm dafür ein politisches Äquivalent zu geben.

Wien, 5. November 1861 [a) Erlaß] Hochwohlgeborener Freiherr, Durch die Gefälligkeit des Freiherrn von Beust kennen Ew. pp. bereits so vollständig die Reformvorschläge des Dresdener Cabinets, sowie deren Motivirung, daß ich Hochdenselben die betreffenden von dem kgl. Gesandten vertraulich in Händen gelassenen Actenstücke, nämlich eine jene Vorschläge formulirende Punctation, eine begleitende Denkschrift1, dann zwei Erlasse an den Freiherrn v. Koenneritz v. 20. und 21. Octber2, 1 Siehe Dok. 86. 2 Am 20. Oktober 1861 hatte Beust seine Denkschrift an den sächsischen Gesandten in Wien, Könneritz, gesandt; HStA Dresden, 10 717, Nr. 937, fol. 83–88.

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nur noch zum Zwecke der Aufbewahrung bei den Gesandtschaftsacten in Abschrift zuzufertigen haben werde. Wie dem k. s.3 Hrn. Minister des Aeußern durch den Freih. v. Koenneritz berichtet worden sein wird, habe ich es mir zur Pflicht gemacht, seine wichtige Mittheilung unverweilt S. M. dem Kaiser zu unterlegen. In Vollziehung der Allerhöchsten Befehle befinde ich mich nunmehr in dem Falle, dem sächsischen Cabinete die Ergebnisse der reiflichen Erwägung zur Kenntniß zu bringen, welcher seine Vorschläge hier unterzogen worden sind. Ich brauche nicht erst zu versichern, daß ich mich dieser Aufgabe in demselben Geiste offenen und freundschaftlichen Vertrauens entledigen werde, welchen Freiherr v. Beust seinerseits durch die vorläufige Mittheilung seines Entwurfes uns von Neuem hat bethätigen wollen. Vorausschicken muß ich übrigens die Bemerkung, daß man hier nicht geglaubt hat, eine umfassende Prüfung des Dresdener Projects in allen seinen Einzelheiten schon in der jetzigen Lage der Sache vornehmen zu sollen. Man hat nur beabsichtigen können, vorläufig in einigen besonders wichtigen Beziehungen die allgemeinen Gesichtspunkte aufzustellen, welche Angesichts der Vorschläge Sachsens für das Urtheil der ksrl. Regierung vorzugsweise maasgebend sein müssen. Ich zweifle nicht, daß gerade dieses Verfahren der Intention der k. s. Regierung vollkommen entspreche. Eine Aufzeichnung, welche diesem Erlasse beiliegt, giebt die wesentlichsten der Betrachtungen in kurzen Zügen wieder, welche sich unserem Geiste bei der Beschäftigung mit einer Vorlage von so großer Tragweite dargeboten haben. Freiherr v. Beust wird den Eindruck empfangen – wir können uns dies nicht verhehlen – daß unsere Bemerkungen sich nicht bloß gegen untergeordnete und ohne Schwierigkeit aufzuopfernde Nebenpunkte seines Planes richten, sondern daß sie diesen Plan in einigen seiner Grundgedanken und in einem großen Theile seiner Oekonomie berühren. Wir fühlen sehr wohl, daß wir mehr gegen als über mehrere Punkte der Vorschläge Sachsens sprechen. Aber sicher wird das k. Cabinet uns glauben, daß wir nur nach gewissenhaftester Ueberlegung uns entschließen, Bedenken von so eingreifender Art geltend zu machen. Wir sind überzeugt von der Wichtigkeit des Zweckes, eine Reform der deutschen Bundesverfassung im volksthümlichen Sinne zu Stande zu bringen; wir halten für angezeigt, daß die deutschen Mittelstaaten die Initiative in dieser Richtung ergreifen, und mit unserer vollen Zustimmung hat Freiherr v. Beust die Aufgabe, das Programm einer solchen Reform zu entwerfen, übernommen. Bei Einwendungen von geringem Gewichte würden wir uns bei sol-

3 königlich sächsischen.

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cher Lage der Dinge gewiß nicht aufhalten. Sowie wir uns aber seither unser Urtheil vorbehalten mußten, bis der früher uns in den allgemeinsten Umrissen angedeutete Plan4 uns in mehr ausgebildeter Form vorliegen würde, so verlangt die Größe des Gegenstandes, daß wir jetzt, nachdem dies der Fall ist, nicht etwa aus Vorliebe für den Zweck oder für die Art, wie das Project entstanden, die Zweifel, die es in uns hervorruft, unterdrücken oder abschwächen. Und in solchem Geiste empfehlen wir denn die auf den beiliegenden Blättern aufgezeichneten Bemerkungen der ernstlichsten Beachtung des k. s. Hrn. Ministers. An die Ergebnisse seiner Würdigung unserer Ansichten wird sich dann die weitere Rücksprache zu knüpfen haben. In einem Hauptpunkte glauben wir jedoch einem Einwande, der dem Freiherrn v. Beust vielleicht nahe liegen wird, im Voraus begegnen zu sollen. Wenn wir für unsere Einwilligung in das Alternat mit Preußen die Voraussetzung festhalten, daß der Deutsche Bund sich in seiner Eigenschaft als Gesammtmacht durch Ausdehnung seines Vertheidigungssystems auf die außerdeutschen Besitzungen Oesterreichs und Preußens consolidire, so wird man in Dresden die Frage in Bereitschaft haben, ob denn bei dem jetzigen Stande der Dinge ein Versuch, diese Voraussetzung zu verwirklichen, mit irgend einer Aussicht auf Erfolg unternommen werden könne? Bejahen können wir diese Frage nicht. Wir selbst stehen in keiner Unterhandlung über diesen Punkt und wir können auf kein Symptom verweisen, welches uns berechtigte, einen Dritten zu neuer Anregung des Gedankens der Gesammt-Garantie des Besitzstandes der deutschen Mächte zu ermuthigen. Aber wenn wirklich in Deutschland der Augenblick noch nicht erschienen wäre für diese Stufe der Entwicklung, so folgern wir eben hieraus, daß es noch nicht an der Zeit sein könnte, zu Gunsten des dualistischen Princips unserer Stellung als erste deutsche Macht zu entsagen. Ohne die Motive hier näher erörtern zu wollen, welche Freiherr v. Beust am Schlusse der Depesche vom 20. October für einen solchen Verzicht anführt, können wir doch nicht umhin zu bemerken, daß uns dieselben von zu unbestimmter und schwankender Natur zu sein scheinen, um auf unsere Beschlüsse bestimmend einwirken zu können. Und andererseits vermöchten wir in keiner Weise zuzugeben, daß wenn das Alternat nicht in Vorschlag gebracht würde, dann überhaupt die bedingenden Voraussetzungen für den Dresdener Entwurf fehlen und die Aussicht auf praktischen Erfolg ihm entzogen sein würde. Denn nicht als primäre Vorbedingung einer Bundesreform, nicht als deren eigentlichen Kern und Inhalt haben wir jemals die Eventualität des Alternats zugelassen, sondern nur als ein äußerstes Opfer, welches von uns dem 4 Siehe Dok. 84.

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Zwecke einer an sich heilsamen und den obersten politischen Anforderungen entsprechenden Reform gebracht werden könnte. Und auch Freiherr v. Beust seinerseits hat in seinen Unterredungen mit Ew. pp. die Möglichkeit einer veränderten, das Alternat beseitigenden Ausarbeitung seines Planes nicht ausgeschlagen. Wenn wir uns gerne hierauf berufen, so geschieht dies besonders auch aus dem Grunde, weil wir es uns im Interesse der Sache nicht versagen wollen, ehe wir schließen, die Aufmerksamkeit des Hrn. Ministers Freiherrn v. Beust auf eine hiermit verwandte Reihe von Gedanken zu lenken. Fast will es uns nämlich scheinen, als wenn der größte Theil der Bedenken, die wir in der Anlage zusammengestellt haben, dadurch gehoben werden könnte, daß auf den Vorschlag des Wechsels der Bundesversammlung zwischen Nord, und Süddeutschland verzichtet, den beiden anderen Hauptgedanken des Entwurfes aber – einer größeren Concentration der Bundesthätigkeit und der Zuziehung eines repräsentativen Elementes – die durch die Beibehaltung Frankfurts als beständigen Sitzes der Bundesversammlung bedingte Entwicklung gegeben würde. In diesem Falle wäre es dann auch leicht, den Wechsel im Präsidium des Bundestages entweder ganz zu vermeiden oder eventuell statt des dualistischen in seiner Bedeutung mehr oder weniger bedenklichen Alternats zwischen Oesterreich und Preußen einen Wechsel zwischen diesen beiden Mächten und einer die übrigen Staaten vertretenden dritten Regierung in Antrag zu bringen. Wir verfolgen übrigens für jetzt diese Andeutung nicht weiter, um nicht den Erwägungen des Dresdener Cabinetes über den Einfluß, den es unseren Bemerkungen über seinen Entwurf verstatten will, zu sehr vorzugreifen. Ew. pp. wollen sich für ermächtigt halten, sowohl den gegenwärtigen Erlaß als dessen Anlage streng vertraulich und ausschließlich zu dem Zwecke, um der k. s. Regierung dem ksrl. Cabinete gegenüber zur Grundlage der weiteren Erörterung zu dienen, dem k. Hrn. Minister der auswärtigen Angelegenheiten in Händen zu lassen. Empfangen Hochdieselben pp. (gez.) Rechberg. [b)] Einige allgemeine Bemerkungen den Dresdner Entwurf einer Reorganisation des deutschen Bundes betr. 1. Der Dresdner Entwurf scheint die völkerrechtlichen Beziehungen des deutschen Bundes zum Ausland in nachtheiliger Weise zu alteriren.

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Die Artikel I bis XI der deutschen Bundesakte, die nach den Vorschlägen Sachsens zum Theile abzuändern wären, sind zugleich in die Wiener Congreßacte eingeschaltet worden, und diese Artikel bilden die Grundlage, auf welcher die völkerrechtliche Anerkennung des deutschen Bundes als einer politischen Einheit beruht. Nun werden zwar die Regierungen Deutschlands niemals dem Auslande ein Recht der Einsprache gegen eine unter ihnen vereinbarte Aenderung der Bundesverträge zugestehen. Allein auf der andern Seite wird es von dem freien Belieben der fremden Mächte abhängen, den deutschen Bund, wenn er seinen auf den Verträgen beruhenden Organismus ändert, noch fernerhin als eine politische Einheit anzuerkennen oder nicht. Diese Betrachtung erhält überdies eine erhöhte und zwar eine unmittelbar praktische Bedeutung durch eine Consequenz des sächsischen Vorschlags, über welche in den Dresdner Schriftstücken mit gänzlichem Schweigen hinweggegangen worden ist. Wenn nämlich in Frankfurt eine deutsche Bundesversammlung nicht mehr residiren wird, so wird auch ein auswärtiges diplomatisches Corps dort nicht mehr residiren können. An die zweimal jährlich auf vier Wochen an wechselnden Orten und unter wechselndem Vorsitze stattfindenden Bundesversammlungen werden aber die fremden Mächte sicher keine Ge-

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2. Der Dresdner Entwurf verändert auch im Innern Deutschlands die Basis des Bundesverhältnisses und hebt zugleich das Gleichgewicht zwischen Oesterreich und Preußen auf, indem er faktisch die gesammte preußische Monarchie dem Bunde incorporirt.

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sandtschaften schicken können, noch wollen. Nach dem Dresdner Projekte erscheint sonach die einzige Form, in welcher seither die Eigenschaft des deutschen Bundes als Gesammtmacht gegenüber dem Auslande thatsächlichen Ausdruck gefunden hat, stillschweigend und ohne allen Ersatz als aufgegeben. Wie man auch über den praktischen Werth des aktiven und passiven Gesandtschaftsrechtes des deutschen Bundes urtheilen möge, immer wird es dem aufmerksamen Beobachter der Zeitereignisse als im hohen Grade bedenklich erscheinen müssen, in solcher Weise das Ausland zu der Frage zu berechtigen, ob und wo es noch mit einer den deutschen Bund in seiner Gesammtheit vertretenden Autorität in Verkehr zu treten vermöge.

Nach den Vorschlägen des Entwurfs wären die dreißig Mitglieder, welche Preußen zur Abgeordnetenversammlung am Bundestage zu schicken hätte, aus den beiden Häusern des preußischen Landtages, also aus den Vertretern der gesammten Monarchie zu wählen, während die dreißig österreichischen Abgeordneten aus den Landesvertretungen der deut-

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schen Provinzen Oesterreichs an den Bund zu entsenden wären. Hiedurch würde aber ein nach allen Seiten hin unhaltbares Verhältniß geschaffen werden. Die Stellung Oesterreichs im Bunde würde nothwendig herabgedrückt werden durch das Uebergewicht, welches Preußen aus der factischen Theilnahme der Gesammtmonarchie an den Angelegenheiten des Bundes ausüben würde. In Preußen andererseits würde man sich nicht damit begnügen zu können glauben, für das ganze Königreich nur durch die gleiche Anzahl von Abgeordneten, wie die deutschen Provinzen Oesterreichs, am Bunde vertreten zu sein. Es besteht bei der kais. Regierung die volle und rückhaltlose Geneigtheit, der hochwichtigen Frage, wie in die deutsche Bundesverfassung das volksthümliche Element einer dem Bundestage für bestimmte Aufgaben der Gesetzgebung zur Seite zu stellenden Repräsentanten-Versammlung, im Vereine mit ihren hohen Bundesgenossen näher zu treten. Allein es wird auch in dieser neuen Form der Bundesthätigkeit das Gleichgewicht zwischen Oesterreich und Preußen erhalten werden müssen, und es dürfte sich in dieser Beziehung aus den gegebenen Verhältnissen keine andere Combination ableiten lassen, als daß in beiden Häusern, sowohl des österreichischen Reichsraths als des preußischen Landtags, die Wahlen der Delegirten für den deutschen Bund ac-

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3. Der Vorschlag, der Delegirten-Versammlung am Bunde nicht ausschließlich einen legislativen Beruf, sondern auch eine, wenn gleich sehr bedingte Competenz in politischen Fragen anzuweisen, dürfte mit dem Wesen und der Natur eines Staatenvereins, an welchem zwei Großmächte theilnehmen, schwer in Einklang zu bringen sein.

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tiv und passiv auf die Mitglieder aus den Bundesländern beschränkt werden.

Nach dem Dresdner Entwurfe soll zwar die Bundesversammlung eine politische Frage nicht anders als unter der Voraussetzung, daß darüber bereits eine Einigung zwischen den Regierungen stattgefunden hätte, zum Gegenstande einer Mittheilung an die Delegirten der Landesvertretungen und einer Verhandlung mit denselben machen. Allein selbst in dieser sehr wesentlichen Beschränkung dürfte eine derartige Verfassungsbestimmung nicht nur, wie die Denkschrift des Freiherrn v. Beust anerkennt, manche Unbequemlichkeiten mit sich bringen, sondern es dürfte der Zuwachs an Schwierigkeiten und Verwickelungen, den sie nur zu leicht im Gefolge haben könnte, um Vieles den möglichen Nutzen überwiegen. Einerseits müßte eine Verhandlung über einen bereits von den Regierungen gefaßten Beschluß von politischer Tragweite, – soll sie anders nicht als entbehrlich erscheinen – wohl unvermeidlich den definitiven

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4. Es erscheint als nicht wenig problematisch, ob die Bestimmungen des sächsischen Entwurfes dem angestrebten Zwecke einer Vereinfachung und Beschleunigung der Bundesgeschäfte auch wirklich zu entsprechen geeignet seien.

5 über uns, aber ohne uns.

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Charakter des Beschlusses sofort wieder in Frage stellen. Andererseits müßte doch näher definirt werden, – und es würde dies eine der schwierigsten Aufgaben sein – wie sich eine etwaige Berücksichtigung der Ansichten der Delegirtenversammlung mit der verfassungsmäßigen Competenz der Stände in den Einzelstaaten, besonders in denjenigen, welche eine selbständige politische Existenz haben, vereinigen ließe. Dazu kommt noch, daß in Fragen dieser Art, an welchen Oesterreich und Preußen in der Regel in ihrer Eigenschaft als europäische Mächte betheiligt sind, die Rücksicht auf die außerdeutschen Besitzungen dieser Mächte eine Verhandlung am Bunde sehr erschweren würde, indem eine solche Berathung – selbst wenn in der Sache an sich keine Schwierigkeit läge – auf die am Bunde nicht vertretenen Bevölkerungen den Eindruck hervorbringen müßte, als ob „de nobis sine nobis“5 verhandelt würde.

Wie sehr man auch gewohnt sein mag, den Bundestags-Verhandlungen Schwerfälligkeit und Langsamkeit vorwerfen zu hören, so liegt doch in

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Wahrheit die Ursache dieser Mängel nicht in dem Organismus oder der Geschäftsordnung des Bundestages, sondern sie liegt vor allem in der Schwierigkeit, die nöthige Uebereinstimmung in den Ansichten der Regierungen herbeizuführen. So oft diese Uebereinstimmung nicht fehlt, genügen die jetzigen Einrichtungen vollkommen, um die Geschäfte in Frankfurt zweckmäßig und ohne unnöthigen Aufenthalt zu erledigen. Nun scheint aber gegen die sächsischen Vorschläge mit Grund eingewendet werden können, daß dieselben in geschäftlicher Hinsicht manche neue Schwierigkeiten und bisher nicht gekannte Hemmnisse erschaffen, während doch eine bloße Änderung der Organisationsformen nicht die Wirkung haben kann, die Aufgabe der materiellen Verständigung zwischen den deutschen Regierungen wesentlich zu erleichtern. Das jedesmalige fünfmonatliche Intervall zwischen den beiden jährlichen Sessionen, – die Wanderung zwischen den beiden Bundesstädten – die locale Trennung der Bundesversammlungen von der Bundeskanzlei und der Militaircommission, – diese Einrichtungen müssen nothwendig neue Ursachen der Verzögerung in der Behandlung der Bundesgeschäfte zur Folge haben. Anträge, Gesuche, Reclamationen werden auf die beiden jährlichen Sitzungsperioden warten müssen. In wichtigeren Fällen soll nach dem Dresdener Project in der Einen Session die Wahl einer begutachtenden

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Regierung und erst in der nächstfolgenden die Erstattung des Gutachtens und die Abstimmung über die Anträge erfolgen. Es wird also bis zu dem Augenblicke, wo der Bundesversammlung ein Gutachten zur Prüfung vorgelegt sein wird, regelmäßig eine im günstigsten Falle halbjährige Frist verstreichen. Das Gutachten aber wird dann an die Versammlung gelangen, ohne daß vorher eine Ausgleichung entgegenstehender Ansichten hätte vorbereitet werden können, wie dies gegenwärtig durch die in dieser Beziehung sehr nützlichen und durch die Correspondenz der Cabinete keineswegs zu ersetzenden Berathungen der Bundestags-Ausschüße geschieht. Und wenn dann während der Session für eine rasche Schlußfassung dadurch gesorgt werden soll, daß zur Instructionseinholung keine längere Frist als eine Frist von drei Tagen, für statthaft erklärt wird, so mag wohl sehr zu besorgen sein, daß diese Bestimmung auf dem Papiere bleiben würde, denn über Fragen, welche in das Staatsleben tiefer eingreifen und gewöhnlich eine Berathung zwischen mehreren Ministerien erheischen, wird sich eine Entscheidung, wenn sie nicht schon vor Erstattung des Gutachtens erfolgte, in der Regel nicht binnen drei Tagen nachholen lassen. Insofern übrigens bei etwaigen Modificationen dieser Bestimmungen wirklich Vortheile dadurch erreicht werden könnten, daß die Permanenz der Bundesversammlung aufgegeben und die Thätigkeit der-

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5. Das sächsische Project verlangt von Oesterreich das Opfer des bleibenden Präsidiums ohne für eine Consolidation der deutschen Zustände, wie sie auf dem österreichischen sowohl als dem gesammtdeutschen Standpunkte als Aequivalent für das Aufgeben der einheitlichen Form betrachtet werden könnte, hinreichende Sicherheit darzubieten.

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selben in zwei kurzen – jedoch wohl nicht nothwendig auf eine Frist von vier Wochen zu beschränkenden jährlichen Sessionen concentrirt würde, ließe sich doch schwer irgend ein innerer Zweckmäßigkeitsgrund erkennen, warum diese Versammlungen, anstatt am seitherigen Sitze des Bundestages, abwechselnd in einer süddeutschen und in einer norddeutschen Stadt gehalten werden sollten. In der That dürfte es denn auch nicht das geschäftliche Interesse als solches sein, durch welches dieser Wechsel motivirt werden könnte, sondern es ließe sich in demselben eben nur das äußerliche Motiv für die Einführung des Alternats zwischen Oesterreich und Preußen erkennen.

Das Dresdener Cabinet schreibt: „Man hat dabei auf eine hochherzige Entschließung S. M. des Kaisers von Oesterreich gerechnet, welche in dem Herzen Seines erhabenen Verbündeten, S. M. des Königs von Preußen, sicherlich entsprechenden Wiederhall finden wird.“ Es kann diesen beredten Worten nur die Auffassung zu Grunde liegen, daß das Präsidialrecht Oesterreichs

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keine andere Bedeutung in Anspruch nehmen könne, als diejenige eines nicht mehr zeitgemäßen Vorrechts Oesterreichs vor Preußen, und daß kein gemeinsam deutsches Interesse einem großmüthigen Verzicht auf dieses Vorrecht entgegenstehe. So wirksam stets jede auf das Wohl Deutschlands gegründete Berufung im Gemüthe S. M. des Kaisers sich erweisen wird, und so großes Gewicht im vorliegenden Falle diese Berufung durch die Stelle, von welcher sie ausgeht, gewinnt, so muß doch hier hervorgehoben werden, daß jene Auffassung der Bedeutung des Präsidialrechtes directe derjenigen widerspricht, welche seither stets nicht nur vom Kaiserhofe, sondern auch von vielen ihm befreundeten Regierungen Deutschlands festgehalten worden ist. Man hat in Wien – aber nicht in Wien allein – dieses Ehrenrecht stets als eine von der Gesammtheit der deutschen Fürsten im allgemeinen Interesse Deutschlands dem Kaiserhofe anvertraute Vorzugsstellung betrachtet. Das durch die deutsche Bundesacte nach arger Zerrüttung neugegründete Nationalband, – konnte es auch nicht so fest und enge geschlossen werden, wie dies in den Wünschen der Vaterlandsfreunde lag, – sollte doch der einheitlichen Form wenigstens nicht gänzlich in seiner Erscheinung nach innen und außen entbehren. Kein Zweifel, daß der deutsche Nationalverein von 1861 diesen Ge-

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sichtspunkt wenig würdigt. Allein daß in denjenigen Kreisen, in welchen man die Erhaltung der Einheit Deutschlands von der Pflege und Entwickelung des bestehenden Föderativbandes hofft, die Theilung des Präsidiums zwischen Oesterreich und Preußen für wünschenswerth und für ein wirksames Mittel, die Tendenzen des Nationalvereins zu überwinden, gehalten werde, – dies wird vorerst noch mit allem Fug in Abrede gestellt werden dürfen. Vielleicht wird man der Wirklichkeit mehr sich nähern, wenn man voraussetzt, daß diese Theilung von vielen der Gegner Deutschlands mit Freude, von vielen der wärmsten Patrioten mit Schmerz und Trauer, als der Anfang vom Ende des Bundes, als der Wendepunkt zu einer verhängnißvollen Peripetie würde betrachtet werden. Und gewiß hat jene Ansicht von dem Werthe einer einheitlichen Form des deutschen Föderativ-Verhältnisses auch noch heute ihre tiefe Berechtigung. Man stelle sich z. B. vor, daß aus dem gegenwärtigen Kriege in Amerika6 ein Compromiß hervorginge, wonach an die Stelle des Congresses in Washington eine abwechselnd in Philadelphia und Charleston tagende Versammlung und die wechselnde Präsidentschaft eines Nordund eines Südländers zu treten hätte, würde dann die amerikanische Union in den Augen der Völker noch ebenso gesichert und imponirend daste-

6 Hinweis auf den amerikanischen Bürgerkrieg, der am 12. April 1861 begonnen hatte.

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hen, wie seither? Gewiß nicht. Vielmehr würde jedermann glauben, daß der Dualismus, sowie er die Macht hatte, die einheitliche Form der Föderation zu durchbrechen, so auch stark genug sein werde, um bei dem nächsten neuen Conflict der Interessen den Bund selbst zu sprengen. Aber ist denn nicht dem sächsischen Minister bei seiner jüngsten Anwesenheit in Wien eingeräumt worden, daß das Opfer des ausschließlichen Präsidiums Oesterreichs unter Umständen durch die Vortheile einer allseitigen Einigung über die Reformfrage für aufgewogen gelten könnte? Es ist dies in der That in Wien zugegeben worden, aber doch immer nur für den Fall, daß durch dieses Opfer ein hoher politischer Zweck mit Sicherheit erreicht werden könnte. In dieser Bedingung liegt kein anderer Sinn, und es kann in ihr kein anderer liegen, als daß das Fundament des deutschen Bundes an Festigkeit und Gediegenheit gewinnen müßte, was die Spitze an Einheit verloren hätte. Sicher kann aber dieser Bedingung nimmermehr durch eine bloße Neugestaltung der Organe des Bundes Genüge geleistet werden. Sie kann nur erfüllt werden durch die Heilung des eigentlichen Grundübels im Bunde, und dieses Grundübel – wer mag dies leugnen – besteht darin, daß der deutsche Bund in Folge der Doppelstellung Oesterreichs und Preußens sich nicht zu einem vollständigen und aufrichtigen Bunde gegenüber dem Auslande aus-

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gebildet hat. Die Bundesverträge lassen die Möglichkeit bestehen, daß ein Theil der deutschen Nation gegen das Ausland kämpfe, während der andere Theil den egoistisch rechnenden Zuschauer abgiebt, und leider zeigten sich in den seitherigen Verwickelungen die politischen Gesinnungen des Volkes und der Regierungen nicht einmüthig genug, um virtuell das zu ersetzen, was in dieser wesentlichen Beziehung den Bundesgesetzen fehlt. So lange dieser Zustand dauert, werden Reformen der äußersten [sic] Organisation des Bundes nur wenig fruchten können. Ein lohnendes und für Deutschland wahrhaft heilbringendes Werk wird erst dann vollbracht sein, wenn solche Reformen mit der durch gebieterische Umstände erheischten politischen Consolidation des Bundes, d. h. mit einer festen allseitigen Verbürgung der gesammten deutschen wie außerdeutschen Besitzungen Oesterreichs und Preußens verbunden sein werden. Oesterreich seinerseits hat seit zwölf Jahren in verschiedenen Formen eine solche allgemeine Garantie in Vorschlag gebracht. Sieht man ab von dem für die Dauer des orientalischen Krieges abgeschlossenen – aber nicht von Undeutlichkeit freien Bündnißvertrage7, so hat seither der Königl. Preußische Hof es nicht in 7 Während der Krimkriegskrise hatten Österreich und Preußen am 20. April 1854 ein Schutz- und Trutzbündnis geschlossen, dem sich im Sommer 1854 die übrigen Bundesmitglieder anschlossen. Österreich hatte sich davon eine Unterstützung in der Auseinandersetzung mit Rußland über die Donaufürstentümer erhofft; vgl. Angelow, Von Wien nach Königgrätz, S. 174 ff.; Druck des Bündnisvertrags in: Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 2, S. 12–14.

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seinem Interesse gefunden, hierin dem Gedanken Oesterreichs entgegenzukommen. Welches die Natur und die Berechtigung der widerstrebenden Richtungen gewesen sein möge, – es wäre unnöthig, dies hier zu untersuchen. Aber diese Ueberzeugung kann nicht oft und nicht entschieden genug ausgesprochen werden, – und sie dürfte im Geiste Aller, die sich ihr nicht absichtlich verschließen wollten, Fortschritte gemacht haben, – daß das Verlangen nach einem den Gesammtbesitz der deutschen Mächte schützenden Defensivbündnisse keineswegs bloß eine im ausschließlichen Interesse Oesterreichs erhobene Prätention sei, sondern zugleich einer Fundamentalbedingung der Sicherheit und Machtstellung Deutschlands entspreche. Und würde diese sich mächtig aufdringende Wahrheit demungeachtet noch immer verkannt, dann würde gerade in dieser Thatsache ein entscheidender Grund gefunden werden müssen, in jedem Zugeständnisse an den Dualismus nur eine Quelle der Täuschung und der Gefahr zu erblikken. Erst wenn der deutsche Bund durch Ausdehnung seines Vertheidigungszweckes auf die nichtdeutschen Besitzungen Oesterreichs und Preußens in Wahrheit zu einer im Centrum Europa’s festverbundenen Gesammtmacht wird, dann – aber auch dann allein – wird der Wiener Hof mit Beruhigung und mit ungeschmälerter Würde auf das Vorrecht des bleibenden Vorsitzes, welches

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alsdann für Deutschland wie für Oesterreich gut verwerthet sein wird, Verzicht leisten können. Eventuell möge übrigens in Beziehung auf das Alternat noch bemerkt werden, daß nachdem der Dresdener Entwurf die Executivgewalt des Bundes in die Hände des Kaisers von Oesterreich, des Königes von Preußen und eines dritten deutschen Fürsten gelegt wissen will, es wohl nur folgerichtig sein würde, auch den Wechsel im Präsidium der Bundesversammlung nicht auf Oesterreich und Preußen zu beschränken, sondern auch hier einen Turnus zwischen Oesterreich, Preußen, und einer dritten Regierung einzuführen, worin auch ein weiterer Grund liegen könnte, Frankfurt als beständigen Sitz der Bundesorgane beizubehalten.

89. Beust an Hohenthal 11 HStA München, MA 493/2. Depesche. Abschrift.

Beust übermittelt der preußischen Regierung sein Bundesreformprojekt vom 15. Oktober 1861 und bittet um dessen eingehende Erwägung, da es höchste Zeit sei, die Frage der Bundesreform „dem zersetzenden Treiben des Parteiwesens“ zu entziehen und unter den Regierungen zu einer Verständigung zu gelangen.

[Dresden,] 11. November 1861 Ew. p. sind bereits durch meine vorläufigen mündlichen Mittheilungen davon unterrichtet worden, daß die k. Regierung sich die Aufgabe gestellt hat, eine 1 Karl Adolf Graf von Hohenthal-Knauthain (1811–1875), 1852–1866 sächsischer Gesandter in Berlin; ADB, Bd. 12, S. 696; NDB, Bd. 9, S. 494.

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Abänderung der für die Behandlung der Bundesangelegenheiten bisher bestandenen Einrichtungen zu dem Zwecke vorzuschlagen, damit die Thätigkeit des Bundes eine raschere und fördersamere, und die öffentliche Meinung ihm dadurch befreundet werde, daß die Bevölkerungen den nöthigen Einklang zwischen Einzelverfaßungen u. Bundesverfaßung hergestellt sehen und zu der Energie des Bundes Vertrauen fassen. Daß die gegenwärtigen Zeitverhältniße, wo Deutschland gleichzeitig von äußern Feinden u. von innerer Zerrißenheit bedroht erscheint, ernstlich zu solchem Unternehmen mahnen, bedarf nicht der nähern Darlegung. Die sächsische Regierung hat für ihren Theil das Bedürfniß einer Verständigung der deutschen Regierungen über die Art und Weise wie, und über das Maß, innerhalb dessen die Bundeseinrichtungen den gerechten Forderungen der Zeit entsprechend modifizirt werden möchten, zu lebhaft empfunden, um sich nicht aufgefordert zu fühlen, dazu durch Vorschläge einen Impuls zu geben. Sowie sie aber hierzu alle[n] deutschen Regierungen gleichen Beruf zuerkennt, so auch ist sie weit davon entfernt, in ihren Vorschlägen das einzige Mittel einer gedeihlichen Lösung zu erblicken, vielmehr wird sie jeden anderweiten Vorschlag, den ihr Entgegenkommen hervorrufen möchte, falls er Hoffnung auf Erreichung des gestellten Zwecks gewähren und größere Aussicht auf allseitige Zustimmung haben sollte, freudig begrüßen. Ein Irrthum würde es sein zu glauben, daß die sächsische Regierung zu der Formulirung des vorzulegenden Projektes seiten anderer Regierungen ein Mandat erhalten habe. Ein solches liegt ebenso wenig vor, als eine vorläufige Zustimmung anderer Regierungen. Letzteres gilt insbesondere von dem kaiserl. österr. Cabinet, welchem der diesseitige Vorschlag zunächst unterbreitet wurde, aus Gründen, deren Rechtfertigung aus dem Inhalte des Projekts selbst zu erkennen ist. Unter Vorausschickung dieser Bemerkungen wollen Ew. p. den beiliegenden Vorschlag zu Modificirung einiger Artikel der Bundesacte, sowie die denselben begleitende Denkschrift dem Herrn Grafen von Bernstorff2 überreichen und Beides dessen geneigter Aufnahme empfehlen. Sie können dabei was die vorgeschlagenen Abhaltungen periodischer Bundestage betrifft, eine Autorität anrufen, welche in Berlin nicht wird zurückgewiesen werden. Es ist die des verewigten Freiherrn von Stein3, welcher eine gleiche Einrichtung auf 2 Albrecht Graf von Bernstorff (1809–1873), nach langjährigem Dienst als preußischer Gesandter (u. a. in Wien 1848–1851 und London 1854–1861) wurde er 1861 preußischer Außenminister, kehrte aber schon ein Jahr später nach der Berufung Bismarcks zum Minsterpräsidenten auf den Gesandtenposten nach London zurück; ADB, Bd. 2, S. 486–488; NDB, Bd. 2, S. 136. 3 Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein (1757–1831), Berater des russischen Zaren auf dem Wiener Kongreß; ADB, Bd. 35, S. 614–641; Ritter, Stein; Duchhardt, Stein.

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dem Wiener Congreß vor der Unterzeichnung der Bundesacte in Vorschlag brachte.4 Wohin immer die Ansichten der k. preußischen Regierung sich neigen mögen, so dürfen wir hoffen, daß dieselbe unsern Vorschlägen eine eingehende Erwägung nicht versagen, jedenfalls aber nicht sich der in ihren Händen so gewichtigen Mitwirkung zu Lösung der angeregten Frage entziehen werde. Gewiß wird die k. preußische Regierung anzuerkennen sich bereit zeigen, daß es hohe Zeit und im Interesse der Erhaltung der für alle Staaten gleich nothwendigen obersten Grundsätze der Ordnung und des Rechts geboten sei, die Frage der deutschen Bundesreform dem zersetzenden Treiben des Parteiwesens zu entnehmen und zu diesem Zwecke wenigstens zu einer offenen und vertrauensvollen Auseinandersetzung unter den deutschen Regierungen zu gelangen, aus welcher unseres Erachtens die wie wir nicht verkennen wollen, schwere Verständigung am Ehesten Aussicht hat hervorzugehen. (gez.) Beust.

90. Pfordten an Pfistermeister HStA München, Abt. III, Geheimes Hausarchiv, Kabinettsakten König Maximilians II., Nr. 27e. Depesche. Eigenhändige Ausfertigung.

Pfordten ist davon überzeugt, daß die Reformvorschläge Beusts von Preußen abgelehnt werden und daß auch Österreich nicht geneigt sein wird, darauf einzugehen. Er hat große Bedenken gegen die Ausführbarkeit der Pläne. Die Krankheit des Bundes liegt nicht in seiner Verfassung, sondern in dem Zwiespalt zwischen Österreich und Preußen. Pfordten bezweifelt, daß die Vorschläge die Zustimmung der öffentlichen Meinung gewinnen werden, und er hat große Bedenken, ob die Interessen Bayerns dabei gewahrt bleiben. Bayern soll jedoch nicht das Odium auf sich nehmen, das Projekt sofort scheitern zu lassen. Deshalb soll die Antwort Österreichs und Preußens abgewartet werden, bevor Bayern zu dem Reformprojekt Stellung nimmt.

Frankfurt am Main, 11. November 18611 Hochgeehrter Herr Hofrath! In Bezug auf die Vorschläge des H. v. Beust zur Reform des Bundes enthält Ihr Brief vom 8t. d. M. drei Fragen, die ich mich der Reihe nach zu beantworten anschicke. 4 Beust bezieht sich offenbar auf die Denkschrift Steins über die Deutsche Verfassung vom 10. März 1814; vgl. QGDB I/1, S. 108–110. 1 Diese Datierung findet sich auf der ersten Seite des Schreibens. Am Ende des Dokuments ist dann die weitere Datierung angefügt: „Frankfurt a/M den 12 Nov. 1861“.

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I. Was ist von den Vorschlägen überhaupt zu halten? Um das Projekt richtig zu verstehen, muß man auf seine Motive aufmerksam seyn. Diese liegen zunächst in einem Versprechen, welches H. v. Beust den sächsischen Kammern gegeben hat, Reformvorschläge zu machen. Sodann wirkte der Mißmuth über die Art u. Weise, wie Oestreich in den letzten zwei Jahren das Bundespräsidium geführt, und über den geringen Widerstand den die Bundesversammlung den Bestrebungen Preußens und dem Nationalverein geleistet hat. Endlich liegt der Wunsch zu Grunde, diesen Bestrebungen gegenüber eine bessere Position zu erringen, dem Vorwurfe der leeren Negation zu entgehen, und die öffentliche Meinung für sich zu gewinnen, wenn etwa Preußen diese, wie H. v. Beust meint, populären Vorschläge ablehnt. Daß diese Ablehnung nicht unwahrscheinlich ist, davon ist wohl v. Beust selbst überzeugt, und darum hat er wohl die praktische Ausführbarkeit seiner Vorschläge etwas weniger scharf in’s Auge gefaßt. Ich bin zunächst überzeugt, daß die Vorschläge nicht angenommen werden. Vor allem wird Preußen sie ablehnen, und mit ihm die kleinern Staaten, die doch definitiv von der Exekutivgewalt ausgeschlossen wären. Aber auch Oestreich ist gewiß abgeneigt, das Präsidium zu theilen, und die Mittelstaaten werden sich schwerlich über die Wahl des Dritten in der Exekutivgewalt einigen. Das Projekt bietet den Anhängern der preußischen Hegemonie zu wenig, und den Bundesfreunden muthet es zu große Opfer an Rechten u. Grundsätzen zu; so befriedigt es keine Partei, und darum wird es fallen. Aber auch hievon abgesehen, habe ich große Bedenken gegen seine Ausführbarkeit, wenn nicht die ständige Exekutivgewalt mehr in den Vordergrund gestellt, und mit größern Befugnissen ausgestattet wird. Ich glaube nicht, daß der wandernde Bundestag, welcher jährlich zweimal auf höchstens vier Wochen zusammentreten soll, geeignet ist, alle wichtigern Beschlüsse zu fassen. Das Projekt meint, da sollten nicht Gesandte zusammentreten, die an Instruktionseinholung gebunden wären, sondern die Minister selbst. Allein zunächst bezweifle ich, daß die Minister der größern Staaten zweimal jährlich auf vier Wochen von zu Hause weggehen können u. wollen. Sodann sind ja doch auch diese an den Willen ihrer Souveräne gebunden. Das Projekt fühlt dies auch, und will drei Tage zur Instruktionseinholung gönnen; das ist aber beinahe lächerlich. Man denke nun ferner daran, daß der wandernde Bundestag doch auch seine Akten bei sich haben müßte, daß über sehr viele Fragen nicht die Ministerien des Äußern allein competent sind, sondern mit den übrigen Ministerien, namentlich des Kriegs, der Finanzen, aber auch der Justiz, des Innern, berathen müssen, daß bei einer solchen periodischen Versammlung jedesmal Tage mit Visiten, Festen, Formalien verloren gehen, daß jede Meinungsverschiedenheit sofort an die große Glocke kommen und den ganzen Zusammentritt leicht erfolglos erscheinen lassen würde, daß die

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ganze vorbereitende u. vermittelnde Thätigkeit der Ausschüsse wegfallen würde, welche bisher allein den Bund am Leben erhalten hat, und man wird sich leicht überzeugen, daß der wandernde Bundestag höchstens den Charakter einer ersten Kammer neben der ebenfalls vorgeschlagenen Versammlung von Abgeordneten der Landeskammern haben könnte, und daß somit die bisherige Thätigkeit der Bundesversammlung wesentlich an die ständige Exekutivbehörde übertragen werden müßte, weit mehr, als dies in dem Projekte vorgeschlagen ist. Die Voranstellung dieser ständigen Behörde scheint mir aber auch noch aus einem andern Grunde dringend nothwendig. Die nur periodischen Versammlungen können sehr leicht ein oder das andermal unterbleiben, und es wäre auf diese Weise möglich, die allmählige Auflösung des Bundes herbeizuführen, ohne einen plötzlichen und offenen Bruch vornehmen zu müssen. In dem Maße aber, als hiernach das Gewicht der ständigen Behörde steigen müßte, wird wieder deren Bildung und Funktion schwieriger. Je mehr Competenz sie hat, desto weniger werden die einzelnen Staaten geneigt seyn, auf die Theilnahme daran zu verzichten, und desto schwieriger wird die Aufgabe und Stellung des Dritten zwischen Oestreich und Preußen. Die Krankheit des Bundes liegt nicht in seiner Verfassung, sondern in dem Zwiespalt zwischen Oesterreich u. Preußen. Darum kann auch eine Verfassungsänderung nicht helfen, sondern nur eine Sinnesänderung. Gerade diese wird aber der Beust’sche Vorschlag eher erschweren als erleichtern. Preußen wird noch viel eher einer Majorität von 11 oder 12 Stimmen nachgeben, als dem Votum des Dritten in der Exekutivbehörde. Nicht unbedenklich erscheint mir deshalb auch der vorgeschlagene Wechsel im Präsidium. Derselbe sanktionirt gleichsam den Dualismus. Entweder ist der Vorsitz nur eine Geschäftsform, und dann bedarf es keines Wechsels, oder er ist ein wichtiges Recht, und dann ist nicht abzusehen, warum das dritte Element in Deutschland, zusammen so stark wie Preußen, nicht auch an dem Wechsel Antheil haben soll. Schlüßlich bezweifle ich, daß durch diese Vorschläge, wenn sie in der Bundesversammlung als Antrag gestellt werden, wirklich die öffentliche Meinung gewonnen und Preußen gegenüber eine günstigere Position errungen wird. Die Einwendungen gegen die Vorschläge liegen so nahe, und treten schon jetzt in der Presse so bestimmt hervor, daß die Ablehnung derselben Preußen nicht schaden wird, am wenigsten bei der Partei, welche eben um jeden Preis den jetzigen Bund auflösen will. Vielmehr wird gerade diese Partei die Vorschläge für sich ausbeuten als Beweis dafür, daß die Unhaltbarkeit der jetzigen Bundesversammlung nun sogar von den bisherigen Vorkämpfern derselben anerkannt sey. Die Vorschläge werden also keinen positiven Erfolg haben, aber einen gewichtigen negativen; sie werden der Bundesversammlung den

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kleinen Rest von Geltung, den sie noch hat, sehr schmälern oder ganz entziehen. Das Bestehende wird preisgegeben, ohne etwas anderes an die Stelle setzen zu können. II. Wie stellen sich die Vorschläge zu den Interessen Bayerns? Ich habe von jeher den Grundsatz festgehalten, daß Bayern keine Bundesverfassung anerkennen dürfe, nach welcher es in dem ständigen Bundesorgan nicht eine ständige, eigene, und entscheidende (nicht blos consultative) Stimme haben würde. Diesem Grundsatze gemäß müßte Bayern die Beust’schen Vorschläge entschieden als seinen Interessen entgegenstehend und damit unvereinbar erachten, wenn ihm nicht in der ständigen Exekutivbehörde die dritte Stelle neben Oestreich u. Preußen eingeräumt wird. Ob dies die Intention des H. v. Beust ist, kann man nicht erkennen. Er sagt, über den Dritten müßten sich die Mittelstaaten verständigen. Da würde man wohl zugestehen, daß Bayern zuerst der Dritte wäre; aber dann wird man einen Turnus oder Wahl einführen wollen; denn die drei andern Königreiche und selbst Baden werden sich nicht für immer ausschließen lassen. Aber Turnus u. Wahl halte ich für Bayern für unannehmbar. Innerhalb des Bundes muß Bayern ganz gleiches Recht mit Oestreich u. Preußen fordern; sonst steigt es herab in die Reihe der Staaten, die nur durch den Bund existiren. Ein Staat, der einer politischen Behörde untergeordnet wird, in welcher er nicht selbst eine Stimme hat, ist mediatisirt, und sogar wenn von dieser Behörde keine nachtheiligen Beschlüsse zu erwarten wären, oder wenn man durch Einwirkung auf dieselbe jedem Nachtheile vorbeugen könnte, verbietet nach meinem Gefühle die Ehre und Würde Bayerns, eine solche Stellung auch nur im Turnus zu acceptiren. Schon um dieses Punktes willen halte ich die Vorschläge Beust’s für unausführbar. III. Welche Politik hat Bayern diesem Plane gegenüber zu befolgen? So lebhaft ich nach Obigem überzeugt bin, daß das Beust’sche Projekt nicht zweckmäßig ist, so würde ich doch nicht rathen, daß Bayern das Odium auf sich nähme, es sofort scheitern zu machen. Zunächst würde ich Herrn v. Beust antworten: die bayr. Regierung halte es für bedenklich mit Reformvorschlägen in der Bundesversammlung aufzutreten, so lange nicht deren Annahme wahrscheinlich oder doch wenigstens die Zustimmung Oesterreichs u. Preußens gesichert sey; denn erfolglose Vorschläge würden nur die schon sehr angegriffene Autorität der jetzigen Bundesverfassung ganz untergraben, und hätten so die Gefahr der Auflösung derselben ohne Ersatz in sich. Die bayr. Regierung könne sich daher zur Zeit an der Stellung der vorgeschlagenen Anträge nicht betheiligen, so sehr sie auch die bundesfreundliche Absicht derselben anerkenne, und mehrfache Keime zur Fortbildung der Bundesverfassung in zeitgemäßem Sinne darin erkenne. Sie

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ersuche vielmehr die K. Sächs. Regierung, vorerst mit Wien u. Berlin sich vertraulich zu benehmen, und je nach dem Resultate dieser vertraulichen Verhandlung ihren definitiven Entschluß darüber zu fassen, ob es räthlich sey, mit diesen Anträgen in der Bundesversammlung hervorzutreten. Stellt sodann Sachsen seine Anträge dennoch, so wird Preußen denselben so entschieden entgegentreten, daß Bayern nicht nöthig hat, dabei in erste Linie zu treten, vielmehr volle Zeit u. Gelegenheit haben wird, seine Interessen je nach dem Gange und der Wendung der Verhandlungen zu wahren. Ich bin aber überzeugt, daß es Preußen gar nicht zu eingehenden Verhandlungen kommen läßt, und daß auch Oesterreich nur mit Widerstreben sich dazu herbeilassen wird. Jedenfalls muß man vorerst wissen, wie Oesterreich u. Preußen auf die vertrauliche Anfrage Beust’s antworten, ehe man sich zu eingehender Äußerung veranlaßt sehen kann. Mit vorzüglichster Hochachtung Euer Hochwohlgeboren ergebenster v. d. Pfordten

91. Liebe an Wittgenstein HStA Wiesbaden, Abt. 210, Nr. 10 722. Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 18. November 1861. Ein gleichlautender Bericht ging auch an das großherzoglich-oldenburgische Staatsministerium; vgl. StA Oldenburg, 31–15–13, Nr. 95 I, fol. 116–118 (Abschrift).

Der Reformplan von Beust läuft darauf hinaus, die Zustände bis vor das Jahr 1663 zurückzuschrauben. Statt zu einer größeren Einheit wird man zu einer noch größeren Auflockerung gelangen. Es ist zu bezweifeln, ob Beust selbst an die Ausführbarkeit seines Plans glaubt. Wahrscheinlich ist, daß er bloß etwas tun wollte, um sein Gewissen zu retten.

Berlin, 13. November 1861 Durchlauchtigster Prinz! Es ist wahrscheinlich nicht ohne Interesse über das neueste Bundesreformproject des Sächsischen Ministers v. Beust nähere Nachricht zu haben: ich bitte daher um Erlaubniß dasjenige, was sich darüber auf sichere Weise erfahren läßt ganz gehorsamst mittheilen zu dürfen. Schon im vorigen Monate hatte Herr v. Beust den Plan zu einer Bundesreform wahrscheinlich als Folge mündlicher Besprechungen die er auf seinen Reisen hatte, einzelnen der Regierungen der Mittelstaaten communicirt.1 Von 1 Siehe Dok. 86.

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Berlin, 13. November 1861

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diesen wurde der Plan zunächst als ein Ministerialmysterium behandelt, indeß drangen doch einzelne Notizen darüber in die Zeitungen u. insonderheit muss eine in der Augsburger Allgemeinen Zeitung enthaltene Nachricht2 von Jemandem herrühren, der die Actenstücke selbst gesehen hat. Der Plan selbst läuft auf Folgendes hinaus. Die Angelegenheiten des Bundes sollen durch drei Behörden wahrgenommen werden: durch die Bundesversammlung, eine Volksvertretung am Bunde, u. ein Bundesgericht. Die Bundesversammlung soll nicht mehr permanent sein, sondern sich jährlich zweimal, einmal in einer norddeutschen Stadt unter Preussischem u. einmal in einer süddeutschen unter Oestreichischem Präsidium versammeln. Sie soll jedesmal nur auf etwa vier Wochen zusammentreten u. alle Geschäfte in der bisherigen Weise unter Beibehaltung der 17 Stimmen des engern Raths, abmachen: die Gesandten sollen aber so vollständig instruirt sein, – meist müssten also wohl die dirigirenden Minister selbst kommen – dass keine Instructionseinholungen nöthig sind. In der Zeit wo die Bundesversammlung nicht beisammen ist, soll eine Executivbehörde die Deutschen Staaten leiten, welche aus dem Kaiser von Oestreich, dem Könige von Preussen u. einem der übrigen Deutschen Fürsten besteht. Bundesmilitärcommission u. Bundeskanzlei sollen in Frankfurt bleiben. Die der Bundesversammlung beizugebende Volksvertetung von etwa 120 Mitgliedern soll aus den Deutschen Ständeversammlungen genommen werden u. ein consultatives Votum haben. Es ist wohl kaum nöthig näher auf diesen Plan einzugehen. Er enthält nur allgemeine Umrisse, die zu einer ganzen Reihe von Consequenzen führen die sich unmöglich übersehen u. einigermaßen erschöpfend beurtheilen lassen. Das Wichtigste u. Originellste an dem Plane ist, dass die Zustände gewissermaßen bis vor das Jahr 1663 zurückgeschraubt werden sollen, zu welcher Zeit bekanntlich der Deutsche Reichstag, auf dem früher die Fürsten selbst erschienen, erst permanent wurde u. sich zu einem Congresse von Bevollmächtigten gestaltete. An eigentlicher Thätigkeit hat damals die Reichsregierung durch die Permanenz des Reichstages nicht gewonnen u. es ist nur der Character des Reichs als einer großen Conföderation dadurch mehr hervorgetreten. Hebt man jetzt die Permanenz der Bundesversammlung auf u. stellt als einzige permanente Behörde eine triadisch organisirte Executivgewalt hin, so wird man damit wahrscheinlich nicht zu einer großen Einheit, sondern zu einer noch größern Auflockerung gelangen. 2 Liebe bezieht sich auf einen Artikel in der Beilage zu Nr. 310 der Allgemeinen Zeitung vom 6. November 1861, S. 5056. Dort wird unter dem Datum des 4. November aus Frankfurt über das Bundesreformprojekt von Beust berichtet (Dok. 86), und es werden dabei die Grundzüge des Reformprogramms erläutert. Der Zeitungsbericht verweist auf „gute Quellen“ aus „den hiesigen diplomatischen Kreisen“.

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Liebe an Wittgenstein

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Herr v. Beust wird in der nächsten Zeit nach Berlin kommen um seinen Plan dem Grafen v. Bernstorff eingänglich zu machen. Ob er selbst an die Durchführbarkeit desselben glaubt, läßt sich wohl bezweifeln. Auf allseitigen Consens wird er nicht gerechnet u. wohl bedacht haben, dass Holland u. Dänemark es sehr gern sehen werden, wenn man den Plan ohne sie ausführt u. ihnen Luxemburg und Holstein einfach überläßt. Es ist wahrscheinlicher, dass Herr v. Beust blos um sein Gewissen zu retten, Etwas hat thun wollen. Jede größere Bewegung bringt die Bundesreformfrage auf die Tagesordnung. Im orientalischen Kriege wurde dieselbe, wie die gehorsamsten Berichte vom October u. November 1855 zeigen, von Baiern u. Sachsen lebhaft erörtert3 u. seit dem italienischen Kriege ist sie in noch viel ausgedehnterem Umfange hervorgetreten. Zu den Desiderien u. Projecten conservativer Regierungen kommen Volksagitationen u. Impulse von solchen Regierungen die jenen Agitationen entgegenkommen zu müssen glauben, um sie ungefährlicher zu machen. Herr v. Beust hält es offenbar für gerathen, offen zu zeigen, dass es der Sächsischen Regierung weder an richtigem Erkennen noch an gutem Willen fehlt. Mit größter Ehrerbietung Ew. Durchlaucht gehorsamster v. Liebe

3 Zu den Reformdebatten im Herbst 1855 siehe die Dokumente in QGDB III/2, vor allem Dok. 75–91.

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92. Anonyme Broschüre aus Preußen zur deutschen Frage Preußen vor den Wahlen von 1861. Berlin 1861. Verlag von A. Charisius. Lüderitz’sche Buchhandlung, S. 32–36. – Die Broschüre wurde vom sächsischen Gesandten in Berlin, Graf Hohenthal, am 14. November 1861 an Beust übersandt mit der Bemerkung: „Dieselbe gilt als das Programm der ministeriellen Fraction . . .“; Hohenthal an Beust, HStA Dresden, 10 717, Nr. 936, fol. 234–236, Zitat fol. 236r; die Broschüre ebd. fol. 237–257. Siehe auch Rosenberg, Nationalpolitische Publizistik, Bd. 1, Nr. 251, wonach der Verfasser der Schrift der liberale Philosoph und Staatswissenschaftler Constantin Rößler (1820–1896) war, der sich seit Ende der 1850er Jahre publizistisch für die nationale Einigung unter preußischer Führung engagierte.

Preußen muß in der deutschen Frage einen grundlegenden Schritt tun. Es soll in der Bundesversammlung einen Antrag stellen und darin den permanenten Oberbefehl über die gesamten außerösterreichischen Bundestruppen und die alleinige Entscheidung über Krieg und Frieden fordern. Im Gegenzug übernimmt Preußen die Garantie des gesamten österreichischen Länderbesitzes mit Ausnahme von Venetien. Ferner muß die Grundlage für ein deutsches Parlament gelegt werden, indem sich zunächst in Berlin alljährlich Abgeordnete aller deutschen Kammern mit dem preußischen Herrenhaus und Abgeordnetenhaus zu einer deutschen Volksvertretung vereinigen. Diese soll das Recht haben, Maßregeln für ganz Deutschland, auf die sich die Einzelregierungen verständigt haben, zu genehmigen. Wird dieser Antrag Preußens zurückgewiesen, so soll Preußen erklären, daß es bei der offenkundigen Unbrauchbarkeit der Bundesverfassung im Fall eines Krieges „lediglich nach den Umständen und dem eigenen Ermessen“ handeln werde. Das preußische Abgeordnetenhaus soll bei jeder Gelegenheit sein Ceterum censeo aussprechen: „Preußen an der Spitze Deutschlands!“

Berlin, [November] 1861 IV. Die deutsche Frage. Es ist die höchste Zeit, daß die deutsche Frage endlich aufhöre, eine Frage zu sein. Die Beweise des Vertrauens, welche der preußischen Regierung von Seiten des deutschen Volks unermüdlich entgegengebracht werden, wie sich eben wieder in den Flottensammlungen auf unmißdeutbare Weise zeigt1, sind fast rührend. Sie fangen an für das preußische Volk beschämend zu werden, wenn die Rathlosigkeit seiner Regierung es dahin bringen sollte, den Schatz geduldiger Treue, der unerschöpflich ist, unbeschützt und unbeachtet verderben zu lassen. 1 Die Sammlung von Spenden für die Bildung einer nationalen Kriegsflotte wurde vom Nationalverein initiiert. In der Ausschußsitzung vom 18./19. Mai 1861 wurde zunächst beschlossen, die in einigen norddeutschen Städten eingeleitete Bewegung für den Bau von Kanonenbooten zum Zweck des Küstenschutzes zu unterstützen. Der Nationalverein koordinierte in der Folgezeit die Flottensammlungen und steuerte selbst einen Betrag von 10 000 Gulden aus Vereinsmitteln bei. Die Spenden wurden dem preußischen Kriegs- und Marineministerium übergeben. Insgesamt gingen bis 1865 nach offiziellen Angaben 458 536 Taler ein, von denen der Nationalverein 140 000 Gulden einsammelte; vgl. Biefang, Politisches Bürgertum, S. 185–191; Biefang (Bearb.), Der Deutsche Nationalverein, S. 97, 106 f., 151, 469–477.

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Anonyme Broschüre aus Preußen zur deutschen Frage

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Schon nagen Motten und Rost an diesem Schatze. Die Anhänger des deutschen Staates, auch die redlichsten und eifrigsten, veruneinigen sich über Dinge, die noch in weiter Ferne liegen. In diesen vorzeitigen Streit der Meinungen werfen die Gegner ihre Lockungen und ihre furchterregenden Gespenster. Eine einzige Losung der preußischen Regierung ist im Stande, den Geistern, Halt! zuzurufen und die große Zahl ihrer Freunde sofort in der richtigen Linie zu sammeln. Wir meinen, es sei gerade jetzt sehr leicht, den ersten grundlegenden Schritt in der deutschen Frage sowohl zu finden als auszuführen. Preußen muß einen Antrag an den Bundestag stellen. Aber nicht im Geheimen, sondern so, daß der Inhalt sofort veröffentlicht wird. Und Preußen muß diesem Vorschlag sogleich beifügen, was es zu thun entschlossen ist, wenn derselbe abgewiesen wird. Der Inhalt des Antrags aber muß folgender sein. Preußen fordert: 1) den permanenten Oberbefehl über die gesammte außerösterreichische Bundeskriegsmacht und das alleinige Besatzungsrecht der Bundesfestungen; 2) die alleinige Entscheidung über Krieg und Frieden. Dafür übernimmt es die Garantie des gesammten österreichischen Länderbesitzes mit Ausnahme von Venetien. In Bezug auf letzteres verpflichtet sich Preußen, dafür einzustehen, daß Oesterreich für den venetianischen Besitz volle Entschädigung erhält. Man hat oft gesagt, der Oberbefehl über die deutsche Kriegsmacht erfordere sofort ein steuerbewilligendes Parlament. Allein dieser Schritt ist keineswegs sogleich erforderlich. Um die Souveränität der Mittel- und Kleinstaaten zu schonen, mag es so lange als möglich bei den jetzigen Bundescontingenten bleiben; wollen wir uns genügen lassen, vorläufig nach der gleichartigen aber nicht nach der einheitlichen Organisation des deutschen Heeres zu streben. Auf diese Weise kann den Einzelkammern die Bewilligung des Militärbudgets verbleiben. Zur deutschen Volksvertretung aber muß allerdings der Grund einmal gelegt werden. Dies kann am besten so geschehen. Am Schluß der preußischen Landtagssession, also ungefähr Anfang jedes Sommers, vereinigen sich zu Berlin mit dem Herrenhause und dem Abgeordnetenhause Abgeordnete aller deutschen außerösterreichischen Kammern nach Maßgabe der Bevölkerungszahl ihrer Staaten. Diese deutsche Volksvertretung hat einerseits das Recht, Maßregeln für ganz Deutschland, welche von den Regierungen vereinbart sind, an Stelle der Einzelstände zu genehmigen; und andererseits die Befugniß, Anträge an die preußische Regierung zu richten, für welche diese die Zustimmung der übrigen Bundesregierungen erwirken soll. Dieser Ansatz einer deutschen Volksvertretung mag Manchem sehr unbefriedigend erscheinen. Und doch wäre damit ein Großes gewonnen. Es wäre der Boden gewonnen, auf welchem alle Gegensätze in der deutschen Verfas-

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sungsfrage, – namentlich über den Grad der Selbstständigkeit, welche den Einzelstaaten verbleiben soll u.s.w. – die jetzt Luftstreiche gegeneinander führen und sich dabei in ebenso unnützer als gefährlicher Weise erhitzen, sich ausgleichen könnten. Nur das Minimum einer obersten Souveränität wäre verwirklicht, ohne welches von einer deutschen Einheit überhaupt nicht die Rede sein kann. Der geistigen Arbeit der neuen Gesammtvertretung und ihrer moralischen Wirksamkeit bliebe die Entscheidung überlassen, ob die deutsche Einheit bei diesem Minimum stehen bleiben oder weiter verwirklicht, und bis zu welcher Grenze sie geführt werden soll. Wird ein solcher Antrag Preußens, wie es fast selbstverständlich ist, zurückgewiesen, so hat die Regierung Folgendes zu thun. Sie hat zu erklären, daß, bei der offenkundigen Unbrauchbarkeit der Bundesverfassung für den Fall eines Deutschland berührenden Krieges, das Fortbestehen derselben für Preußen nichts Anderes bedeute, als die Nothwendigkeit, bei einem Kriege lediglich nach den Umständen und dem eigenen Ermessen zu handeln. Oesterreich gegenüber muß Preußen erklären, daß es nach der abermaligen Vereitelung der deutschen Verfassungsreform sich in jedem Fall auf den Schutz des deutschen Bundesgebietes beschränken werde. So gewaltig ist heute die Stellung Preußens, daß Venetien, Ungarn und Galizien nächsten Sommer für Oesterreich verloren gehen, wenn Preußen erklärt, daß es unter keinen Umständen seine Hand mehr über diese Länder halten wird. Und dennoch hält mit einer solchen Handlungsweise Preußen sich streng in dem Kreise seiner Pflicht. Es tritt nur nicht über denselben hinaus, aber es bleibt nicht hinter ihm zurück. Es ist doch die Frage, ob eine solche Erklärung nicht etwas fruchten würde. Wo nicht, so wird der Eintritt der angekündigten Eventualität einen Zustand herbeiführen, wo die Diktatur Preußens in Deutschland sich von selbst macht. Um aber das Vertrauen des deutschen Volkes, auf welchem die Diktatur ruhen muß, zu behalten, muß Preußen jetzt einen Schritt in der deutschen Frage thun, welcher allen Parteien den Beweis seiner Mäßigung und seines guten Willens unwidersprechlich liefert. Das preußische Abgeordnetenhaus kann in der deutschen Frage nichts weiter thun, als bei jeder schicklichen Gelegenheit sein Ceterum censeo auszusprechen: Preußen an der Spitze Deutschlands!

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Promemoria der Regierung von Hessen-Darmstadt

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93. Promemoria der Regierung von Hessen-Darmstadt zur Bundesreformfrage HStA Wiesbaden, Abt. 210, Nr. 11 368. Promemoria. Reinschrift. Abschrift des Promemoria auch in HStA München, Gesandtschaft Bundestag, Nr. 37, mit dem Vermerk in der Hand von der Pfordtens: „Von Baron Dalwigk erhalten. Dezember 1861.“ Druck: Schüßler (Hrsg.), Die Tagebücher des Freiherrn Reinhard v. Dalwigk zu Lichtenfels, S. 57–82, nach einer Abschrift im HStA Darmstadt. Das Promemoria beruhte auf einem Entwurf von Legationsrat Karl Hofmann (1827–1910) und wurde von Dalwigk redigiert (ebd., S. 57, Anm. 2).

Die Auflösung des Deutschen Bundes würde die Existenz der Mittel- und Kleinstaaten gefährden. Deshalb ist jede Maßregel willkommen, die den auf Zerstörung des Bundes gerichteten Kräften entgegenarbeitet. Eine Reform der Bundesverfassung wird von daher als höchst erwünscht betrachtet. Sie läßt sich in zwei Richtungen denken, nämlich als Erweiterung der Kompetenz des Bundes und als Veränderung der Organisation der Bundesgewalt. Eine Stärkung der Bundeszentralgewalt würde die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der einzelnen Staaten gefährden. Die Revision der Bundesverfassung soll sich deshalb auf eine veränderte Bundesorganisation richten. In Betracht kommen dabei eine starke Exekutivbehörde zur Vollziehung der Bundesbeschlüsse, eine Volksvertretung zur Mitwirkung bei der Gesetzgebung und ein oberstes Bundesgericht zur Garantie der öffentlichen Rechtszustände. Eine Politik des Abwartens ist gefährlich, die Regierungen müssen vielmehr die Bundesreform einleiten, solange sie das Heft noch fest in der Hand halten. Man muß den Druck der öffentlichen Meinung durch Gegendruck erwidern und eine Lösung der deutschen Frage in Aussicht stellen. Auch die äußere Lage drängt zur Bundesreform, bevor europäische Katastrophen eintreten. Es ist die Aufgabe einer konservativen Politik, auf der Grundlage der bestehenden Ordnung nach einer Lösung für die Wünsche des deutschen Volkes zu suchen. In den revolutionären Erschütterungen seit 1789 machen sich zwei Elemente bemerkbar: das demokratische und das nationale. Das demokratische Prinzip zerstört den Staat und führt zu Sozialismus und Kommunismus. Die nationale Idee ist ihrer Natur nach positiven Inhalts und kann auch in der Monarchie ihre Befriedigung finden. Es gilt, der Demokratie die Waffe des nationalen Gedankens zu entwinden und diesen gegen die Demokratie zu wenden. Neben der Demokratie ist der Dualismus der Großmächte ein weiterer Feind der Mittelstaaten. Dem nationalen Sinn gelüstet es am allermeisten nach Machtentfaltung gegen außen, deshalb sollen die Mittelstaaten dahin wirken, daß der Deutsche Bund eine Gestalt erlangt, die ihn zu einer kräftigen Aktion, namentlich nach außen, befähigt. Es ist leicht, mit der Demokratie fertig zu werden, wenn man sich auf eine kraftvolle auswärtige Politik stützen kann. Die sogenannten Würzburger Regierungen müssen mit Reformschritten vorangehen und dürfen nicht anderen den Vortritt lassen. Die Bundesreform liegt im konservativen Interesse. – Gegen das Reformprojekt von Beust gibt es im einzelnen erhebliche Bedenken. Der Dualismus im Präsidium und der Wechsel der Bundesversammlung zwischen Nordund Süddeutschland sind nicht von Vorteil, ebensowenig die Beschränkung der Sitzungsperiode auf zweimal vier Wochen jährlich. Bei der Abgeordnetenversammlung wäre die Einführung eines Zweikammersystems zu erwägen. Die Abgeordnetenversammlung soll bei allgemeinen Gesetzen nur das materielle Prüfungsrecht haben, nicht aber ein formell bindendes Zustimmungsrecht. Zu erwägen wäre, ob man der Abgeordnetenversammlung nicht einen gewissen Einfluß auf das Finanzwesen des Bundes einräumen könnte. Das Bundesgericht muß von der Bundesversammlung mög-

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lichst unabhängig sein, den Ständen der Einzelstaaten wäre deshalb vielleicht ein Mitwirkungsrecht bei der Besetzung des Gerichts einzuräumen. Die Bundesexekutive muß eine beständige Behörde sein, um ihre Wirksamkeit zu sichern. – Nach der österreichischen Reaktion muß der Reformplan von Beust als gescheitert betrachtet werden. Die Grundzüge eines neuen Reformprogramms müßten sein: Beibehaltung der bisherigen Bundesversammlung in Frankfurt; Bildung einer ständigen Bundesexekutivgewalt; Volksvertretung am Bund zur Mitwirkung bei Gesetzgebungsarbeiten; Bundesgericht. Die ganze Reform wird sich auf einmal nicht durchsetzen lassen, deshalb sollte man Schritt für Schritt nach den praktischen Bedürfnissen vorgehen. Das erste praktische Bedürfnis ist neben der Revision der Bundeskriegsverfassung die Berufung der Abgeordnetenversammlung, vorerst nicht als dauerhafte organische Einrichtung, sondern nur als vorübergehende Maßnahme.

Darmstadt, 18. November 1861 Promemoria, Betreffend: Die Reform der Bundesverfassung; insbesondere die desfallsigen Vorschläge des Königlich Sächsischen Staatsministers pp. Freiherrn von Beust. Ehe man auf die vorliegenden Reformpläne des Freiherrn von Beust näher eingeht, möge es erlaubt sein, Einiges über die allgemeinen Gesichtspunkte zu bemerken, von welchen die Großherzogliche Regierung bei Beurtheilung der fraglichen Vorschläge und der auf Bundesreform gerichteten Bestrebungen überhaupt, auszugehen haben dürfte. –––––––––––– Diejenigen deutschen Staaten, welche, wie das Großherzogthum Hessen, in Folge politischer, geschichtlicher und geographischer Verhältnisse nicht in der Lage sind, als selbstständige Mächte im europäischen Staatensystem aufzutreten, finden im Deutschen Bunde, der allen seinen Mitgliedern innere und äußere Sicherheit, Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit zusichert, die beste Gewähr ihrer Existenz und gedeihlicher Entwicklung. Eine Auflösung des Bundes würde die Lebensbedingungen dieser Staaten den größten Gefahren preisgeben. Es muß daher jede Maßregel, welche, den auf die Zerstörung des Bundes gerichteten Bestrebungen gegenüber, dazu beitragen kann, das Bundesverhältniß für die Dauer zu erhalten und zu befestigen, im Interesse namentlich der mittleren und kleineren deutschen Staaten willkommen geheißen werden und eine Reform der Bundesverfassung, welche auf diesen Zweck gerichtet und denselben zu verwirklichen geeignet wäre, könnte im Allgemeinen nur als höchst erwünscht betrachtet werden.

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Eine solche Reform läßt sich aber hauptsächlich in zwei Richtungen denken, nämlich durch Erweiterung der Competenz des Bundes und durch veränderte Organisation der Bundesgewalt. Die Competenz des Bundes und seiner Organe ist, nach den bestehenden Bundesgrundgesetzen, durch die Zwecke des Bundes bestimmt und begränzt. Darüber hinauszugehen und eine Reform der Bundesverfassung dadurch anzustreben, daß man von den einzelnen Regierungen noch weitere Opfer an ihrer Selbstständigkeit dem Bunde gegenüber verlangt, (wie es z. B. die Herzoglich Sachsen-Coburg-Gothaische Regierung in ihrer neulichen Erklärung am Bundestag gethan1) erscheint nicht gerechtfertigt. Man könnte auf diesem Weg allerdings eine kräftigere Centralgewalt constituiren, aber die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der einzelnen Staaten würde dann durch den Bund selbst gefährdet sein, anstatt, wie es der Zweck des Bundes ist, durch denselben geschützt und gesichert zu werden. So gewiß aber die einzelnen deutschen Staaten ein Interesse daran haben, ihre Selbstständigkeit nicht weiter aufzugeben, als der Bundeszweck dieß erfordert, so gewiß muß den Regierungen daran gelegen sein, daß diejenigen Opfer an Selbstständigkeit, welche dem Bundeszwecke gebracht werden müssen und ohne welche der Bund überhaupt undenkbar wäre, nicht umsonst gebracht seien, d. h., daß diejenigen Befugnisse, welche von der Souveränität der Einzelstaaten auf die Bundesgewalt übertragen sind und deren Summe eben die Bundesgewalt ausmacht, in die Hände wirklich lebensfähiger und kräftiger Organe gelegt werden, weil es nur so möglich ist, daß jene Opfer unmittelbar dem Ganzen und hiedurch mittelbar wieder den einzelnen Theilen zu gut kommen und sich lohnen. Deßhalb ist eine Revision der Bundesverfassung in Bezug auf die Organisation der Bundesgewalt von den deutschen Regierungen selbst als ein Bedürfniß längst anerkannt. Es sind hier folgende Punkte in Betracht zu ziehen: 1. Eine starke Executivbehörde zur Vollziehung der Bundesbeschlüsse pp. Wenn bei der Constituirung der beschließenden Bundesbehörde die Rücksicht auf die Verschiedenheit der realen Machtverhältnisse dem föderativen Princip der Rechtsgleichheit aller Bundesglieder so, wie es in der Bundesacte bei der Stimmenvertheilung im engeren Rath und im Plenum der Bundesversammlung geschehen ist, in weitreichendem Maße untergeordnet werden kann und muß, so versteht es sich von selbst, daß bei der Bildung einer kräftigen Vollzugsbehörde, deren Thätigkeit die Anwendung wirklicher Gewalt mit sich bringen soll, auch auf die wirklichen Machtverhältnisse mehr Rücksicht zu nehmen ist. In dieser Beziehung wird es sich namentlich fragen, ob und inwie1 Siehe Dok. 87.

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fern den beiden deutschen Großmächten ein größerer, ihrer Machtstellung entsprechender Einfluß einzuräumen wäre. Doch müßte auch hier das föderative Princip des Bundes insofern gewahrt bleiben, daß den übrigen Bundesgliedern eine verhältnißmäßige Betheiligung an dem Executivorgan zustände, sei es etwa auch nur in der Weise, daß neben Oesterreich und Preußen ein Repräsentant der übrigen Staaten als drittes Mitglied in der Executive Platz fände, dessen Wahl, nach dem Stimmenverhältniß im engeren Rath oder im Plenum oder in sonst geeigneter Weise, durch die Regierungen der mittleren und kleineren Staaten zu geschehen hätte. Eine vermehrte Mitgliederzahl, etwa von fünf würde zwar eine bedeutendere Betheiligung der letztgenannten Staaten möglich machen, in anderen Beziehungen jedoch mit Nachtheilen und Schwierigkeiten verknüpft sein. Unter allen Umständen aber wird man darauf zu sehen haben, daß die Befugnisse der Executivbehörde auf den Vollzug der Bundesbeschlüsse, der Austrägal- (oder zukünftigen Bundesgerichts-) Urtheile und dergl. beschränkt bleiben und nicht, wie dieß z. B. bei der auf den Dresdner Conferenzen projectirten Vollzugsbehörde vielfach der Fall war, in die Competenz der beschließenden Behörde d. i. der Bundesversammlung, übergreifen. 2. Eine weitere Einrichtung, welche bei einer Umgestaltung der Bundesgewalt zur Erwägung kommt, ist die Heranziehung der in den Einzelstaaten bestehenden Volksvertretungen zu der gesetzgebenden Thätigkeit der Bundesversammlung. Daß hierdurch, wenn mit der nöthigen Vorsicht und Mäßigung zu Werke gegangen wird, eine Verstärkung der Bundesgewalt und somit eine Befestigung des Bundesverhältnisses selbst erzielt werden könnte, möchte nicht wohl zu bezweifeln sein. Aber auch würde man an dem föderativen Character aller Bundesinstitutionen festzuhalten haben. Diesem Character entspricht es, daß nur die constituirten Gewalten der Einzelstaaten am Bunde vertreten sein können. Es würde also keine aus Urwahlen hervorgegangene Volksvertretung, sondern nur eine Versammlung von Abgeordneten der deutschen Ständekammern zur Theilnahme an den legislativen Arbeiten der Bundesversammlung berufen werden können. Endlich 3. gehört hierher noch die Errichtung eines Bundesgerichts, als eines weiteren Bundesorgans, welches den Zweck hätte, den öffentlichen Rechtszuständen Deutschlands eine neue, dauernde Garantie zu bieten. Die Zweckmäßigkeit, beziehungsweise Nothwendigkeit einer solchen Institution ist von allen Seiten und namentlich auch von der Großherzoglich Hessischen Regierung so oft und laut anerkannt worden, daß man diese Sache, über welche bereits seit einiger Zeit am Bunde verhandelt wird, hinsichtlich der Frage: ob ein Bundesgericht herzustellen sei? als für den diesseitigen Standpunkt entschieden ansehen kann. ––––––––––––

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Wenn hiernach eine, in den angegebenen Richtungen sich bewegende Revision der Bundesgrundgesetze im Allgemeinen als den Interessen des Großherzogthums entsprechend würde bezeichnet werden können, so fragt es sich doch, ob auch der gegenwärtige Zeitpunkt geeignet erscheine, mit solchen Reformvorschlägen hervorzutreten. In dieser Beziehung hat man von verschiedener Seite her sehr ernste Bedenken geäußert. Man hat behauptet, daß es der gegenwärtigen Zeit an der nöthigen Grundlage fehle, um einen dauerhaften Neubau der Bundesverfassung auszuführen und man hat es für gefährlich gehalten, gerade in der jetzigen Zeit an den bestehenden Institutionen zu rütteln. Das Gewicht der Gründe, welche dieser Meinung zur Seite stehen, läßt sich nicht verkennen, allein es gibt andere Betrachtungen, die wohl eben so schwer und vielleicht noch schwerer wiegen und welche zu dem Schlusse führen, daß gerade die gegenwärtigen Zeitverhältnisse einer Initiative der Regierungen in der Bundesreform-Frage nicht nur nicht entgegenstehen, sondern dieselbe sogar dringend fordern. Zunächst wird man von der Voraussetzung ausgehen dürfen, daß bei einer solchen, von der bundestreuen Mehrzahl der deutschen Regierungen angeregten Revision der Bundesverfassung die Existenz und Fortdauer des Bundes selbst gar nicht in Frage gestellt und daß es sich nicht um die Lockerung, sondern um die Befestigung des Bundesverhältnisses durch eine kräftigere Gestaltung der Bundesgewalt in den oben angedeuteten Beziehungen handeln wird. Für eine derartige Behandlung der Bundesreformfrage würde die größere Bewegung, welche sich seit einiger Zeit in der öffentlichen Meinung Deutschlands kund gibt, nur dann als ein Hinderniß betrachtet werden können, wenn diese Bewegung bereits eine solche Gestalt angenommen hätte, daß die Regierungen nicht mehr im Stande wären, in ruhiger Ueberlegung und mit freiem Entschlusse zu handeln. Dahin aber ist man glücklicherweise noch nicht gelangt. Die Regierungen halten das Heft noch fest in der Hand und der Druck der öffentlichen Meinung ist noch nirgends so groß, daß er – vielleicht eine oder zwei Ausnahmen abgerechnet, einen übermäßigen Einfluß auf die Entschließungen der Gouvernements ausübte. Wenn man freilich sicher wäre oder nur mit einiger Wahrscheinlichkeit voraussehen könnte, daß die Erregtheit der Gemüther sich bald von selbst wieder legen und der öffentliche Geist sich aus eigenem Antrieb wieder beruhigen werde, so möchte es wohl gerathen erscheinen, diesen Zeitpunkt abzuwarten. Aber wer bürgt dafür, daß eine solche Wendung eintreten werde? Woher soll die Beruhigung kommen, wenn Seitens der Regierungen nichts zu diesem Zwecke geschieht? Muß in diesem Falle nicht vielmehr ein Zunehmen der Bewegung erwartet werden? Gerade dadurch, daß man die an sich als nothwen-

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dig oder doch als nützlich anerkannten reformatorischen Maßregeln hinausschiebt, wird die Stimmung voraussichtlich nicht besser, sondern immer schlechter und zu einer billigen Aufnahme sachgemäßer Vorschläge immer weniger geneigt werden. Gegen eine Politik des Abwartens dürfte schon der Umstand sprechen, daß diese Politik auch dort Eingang gefunden hat, wo man sich davon Erfolge verspricht, die keineswegs mit dem übereinstimmen, was den diesseitigen Interessen angemessen ist. In Zeiten der Gährung und Aufregung ist nichts gefährlicher, als Unthätigkeit der Regierungen. Gerade in solchen Zeiten muß das Volk den Zügel spüren, der es lenken soll und die öffentliche Meinung wird unfehlbar in die Irre gehen, wenn ihr nicht durch die klare und bestimmte Bezeichnung Dessen, was die Regierung will, der rechte Weg gewiesen wird. Darin eben liegt das Bedenkliche und Krankhafte unserer Zustände, daß alle Welt die Unzulänglichkeit der Bundesverfassung im Munde führt, daß die Organe der Regierungen selbst davon reden, wie wenig die Bundesinstitution den berechtigten Wünschen der Nation entspreche und daß doch nirgends eine entschiedene Meinung über die Art und Weise der Besserung aufgestellt wird. Nirgends – außer vom National-Verein und seiner Presse! Die Agitation dieses Vereins verdankt ihre bisherigen – im Ganzen freilich sehr dürftigen – Erfolge zum großen Theil gewiß dem Umstand, daß kein positives großdeutsches Reformprogramm ihr gegenüber steht, welches den in der öffentlichen Meinung zahlreich vorhandenen, dem Nationalverein entgegengesetzten Elementen und ihrer Bewegung zum sicheren Ausgangs- und Stützpunkte dienen könnte. Ein rein passives Verhalten reicht hier offenbar nicht aus und da, wie es scheint, Repressivmaßregeln gegen den Verein von Seiten der Bundesversammlung nicht zu erwarten sind, so muß man seinen Druck auf die öffentliche Meinung durch einen Gegendruck erwiedern, wenn man nicht fortgeschoben sein will. Man muß eine bestimmte Lösung der deutschen Frage in Aussicht stellen, wenn man das Volk nicht glauben machen will, daß es nur eine solche Lösung, und zwar die vom Nationalverein empfohlene, gebe. Abgesehen von unseren inneren Zuständen, mahnt aber auch ein Blick nach außen dazu, die Hände nicht in den Schoß, sondern an’s Werk zu legen. Die Vorsicht räth jedenfalls, sich auf gewaltsame Erschütterungen gefaßt zu machen und sich die Frage vorzulegen, ob der in letzterer Zeit so emsig unterwühlte Bau des deutschen Bundes diesen Erschütterungen gewachsen sein wird, wenn man ihn nicht bei Zeiten mit neuen Stützen versieht. Nach einer neuen europäischen Katastrophe könnte es für eine Bundesreform doch gar leicht zu spät sein! Und wenn man die jetzige politische Lage nicht blos in ihrer momentanen Bedeutung, sondern im Zusammenhang mit der Geschichte der letzten Jahr-

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zehnte ins Auge faßt, so treten Gesichtspunkte hervor, welche es geradezu als die Aufgabe einer conservativen, die Erhaltung des monarchischen Princips in den einzelnen deutschen Staaten bezweckenden Politik erscheinen lassen, nach einer Lösung des Problems zu suchen, wie auf den Grundlagen der bestehenden Ordnung der Dinge den Wünschen des deutschen Volkes nach einer kräftigeren, für die Dauer gesicherten Vertretung seiner Gesammtinteressen eine größere Befriedigung gewährt werden könne. In den revolutionären Bewegungen, von welchen Europa seit 1789 periodisch erschüttert wird, sind zwei, sowohl nach ihrem Ursprung als nach ihren Wirkungen verschiedene Elemente bemerkbar: das demokratische und das nationale. Das demokratische Princip, wie es seit der Französischen Revolution von dem politischen Radicalismus gepredigt wird, entstammt einer Geistesrichtung, welche sich fast auf allen Gebieten des menschlichen Denkens als unbeschränkte Geltendmachung des persönlichen Wollens und Meinens der Individuen gegenüber jeder auf Ueberlieferung beruhenden Autorität kund gibt. Wie auf religiösem Gebiet eine den Glauben vernichtende subjective Kritik des Dogmas zum Atheismus geführt hat, wie in der Philosophie, in den Künsten und Wissenschaften der s. g. Materialismus hervorgetreten ist, so erschien in der Politik die Lehre von der unbedingten Gleichberechtigung Aller, basirt theils auf den neidischen Grundgedanken, daß jeder Mensch mit demselben Anspruch auf materiellen Lebensgenuß geboren werde, theils auf eine maßlose Ueberschätzung solcher individuellen Ansprüche gegenüber den unvergänglichen Interessen der von Geschlecht zu Geschlecht forterbenden Persönlichkeit des Staats. Diese Lehre führt zunächst zur Vernichtung der Aristokratie, zur Monarchie auf „breitester demokratischer Grundlage“, und von da nothwendig zur Republik. Aber selbst eine Republik muß durch schrankenlose Anwendung des demokratischen Princips schließlich ruinirt werden. Denn die Demokratie zerstört den Staat selbst; sie löst den Organismus der bürgerlichen Gesellschaft in seine Atome auf, um dann auf eine rein mechanische, willkürliche und deßhalb unmögliche Art den Staat von Neuem zu construiren. Das demokratische Princip ist selbst da oder vielmehr grade da, wo es zur Grundlage einer Verfassung, also zum formalen Recht wird, staatsgefährlich und führt in Ländern, in welchen die bürgerliche Gesellschaft nicht aus sehr gleichartigen Bestandtheilen zusammengesetzt ist, nothwendig zum Socialismus und Communismus oder zu demjenigen Zustande, in welchem die bürgerliche Gesellschaft sich Glück wünscht, wenn ihr die rettende That einer militärischen Despotie zur Hilfe kommt. Das seinem Wesen nach nur negative, und nothwendig destructive demokratische Princip taugt daher, namentlich in größeren Staaten, absolut nicht zur Grundlage eines gesunden Lebens.

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Die nationale Idee dagegen hat mit der Staatsform nichts zu schaffen. Sie kann eben so wohl in der Monarchie als in einer Republik zur Geltung gelangen und es gab und gibt Staaten genug, in welchen die Aristokratie die vorzügliche Trägerin des nationalen Gedankens war, resp. ist. Das nationale Gefühl ist seiner Natur nach positiven Inhalts und soweit es auf Geschichte und Tradition beruht, conservativ. Es stammt aus derselben Quelle wie der Sinn für die Familie, für die Heimath. Ebendeßhalb ist das Nationalgefühl sehr wohl geeignet, einer starken Regierung und einem gesunden Staatsleben zur Grundlage zu dienen. Staatsgefährlich wird es nur da, wo es mit dem gegebenen formalen Recht im Widerspruch steht, während das formale Recht vielmehr an Stärke gewinnt, je tiefer es in dem Nationalcharacter eines Volkes wurzelt. Diesen zwischen Demokratie und nationalem Princip offenbar vorhandenen sehr wesentlichen Unterschieden entspricht das Verhältniß, in welchem beide zu einander stehen. Wo durch die politischen Zustände das nationale Gefühl eines Volkes verletzt ist, da wuchern üppig die demokratischen Irrlehren. Je mehr dagegen ein Volk in seinem Nationalbewußtsein befriedigt ist, um so weniger findet die Demokratie Boden. Ja, die Erfahrung lehrt, daß ein Volk willig seine Freiheit opfert und die unbeschränkte Gewalt in die Hände der Regierung legt, wenn es hierin ein Mittel zur Erlangung nationaler Größe sieht. In den revolutionären Bewegungen Deutschlands waren bisher demokratische und nationale Tendenzen stets vereinigt. Dem vereinten Angriff dieser beiden Elemente erlag im Jahr 1848 der Bundestag. Auch heute stehen die Regierungen einer solchen Vereinigung gegenüber und wenn die gegenwärtige oppositionelle Bewegung auch noch lange nicht die Intensität derjenigen von 48 und 49 wieder erlangt hat, so ist doch ihr Umfang – darüber darf man sich nicht täuschen – bedeutend gewachsen; sie hat sich in Kreise verbreitet, denen sie früher fern lag. Sollte es daher auch nicht schwer fallen, einen etwaigen neuen Ausbruch, solange das Militär treu ist, rasch zu unterdrücken und die Ordnung wieder herzustellen, so wäre doch damit eine dauernde Beruhigung nicht erzielt. Demokratie und nationales Streben würden vereint emsig fortarbeiten und, den bisherigen Erfahrungen zufolge, nur immer weiter um sich greifen um demnächst neue Erschütterungen hervorzurufen. Unter solchen Umständen aber liegt es nahe, an eine alte Maxime der politischen Strategie, an das „Divide et impera“, an eine Sprengung der revolutionären Allianz, zu denken. Mit der Demokratie ist natürlich kein Friede möglich. Ebendeßhalb gilt es, ihr die Waffe, die sie sich aus dem nationalen Gedanken geschmiedet hat, zu entwinden und sie selbst vermittelst dieser Waffe zu bekämpfen. Und hierzu sind, wie sich von selbst versteht, vorzugsweise die deutschen Mittelstaaten berufen, weil sie eben den Angriffen der unter dem nationalen Deckmantel fechtenden Demokratie zunächst ausgesetzt sind.

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Die Mittelstaaten haben übrigens außer der Demokratie noch einen anderen Feind, auf den man auch mit einem Wort hindeuten möchte. Es ist dieß der Dualismus der beiden deutschen Großmächte. Was Preußen bei der Revision der Bundeskriegsverfassung vor Kurzem am Bund beantragte2, war, nach dem ursprünglichen Vorschlag, nichts mehr und nichts weniger, als die Theilung Deutschlands zwischen Oesterreich und Preußen in militärischer Beziehung. Man kann unmöglich wissen, ob nicht der Tag kommen wird, wo sich die deutschen Mittel- und Klein-Staaten in der Lage befinden werden, gegen die Gefahren der „Mainlinie“ auch an das Bewußtsein der nationalen Einheit im deutschen Volk zu appelliren, und es dürfte schon deßhalb als ein Gebot der Staatsklugheit erscheinen, daß man sich dieses Nationalgefühl durch Befriedigung seiner Ansprüche soweit als möglich, zum Freund mache. Aber sind denn Concessionen an das nationale Princip nicht ebenso verwerflich wie Concessionen an die Demokratie? Müssen nicht die Mittelstaaten, um die nationalen Sympathieen auf ihre Seite zu bringen, ihre Selbstständigkeit und ihre ganze bisherige Politik in Bezug auf Oesterreich, sowie gegenüber den Nationalitätsbestrebungen der Nachbarvölker, ein- für allemal aufgeben? Solche Einwürfe dürften nicht schwer zu widerlegen sein. Zunächst verlangt das Nationalbewußtsein der Deutschen keineswegs den Einheitsstaat. Es schließt das Gefühl der Stammeseigenthümlichkeit, der Besonderheit, nicht aus, denn es fließt aus derselben Quelle, wie dieses. Man wird überhaupt das Bewußtsein der nationalen Einheit d. h. der Zusammengehörigkeit durch gleiche Abstammung, Sprache, Gesittung pp nicht verwechseln dürfen mit der Forderung politischer Einheit. Diese Forderung ist es, welche die Selbstständigkeit der Einzelstaaten in Frage stellt und Oesterreich ausschließen möchte; jenes Bewußtsein dagegen, wie es sich z. B. fast durchgehends auf den Volksfesten der letzten Jahre kund gegeben hat, erfaßt mit Vergnügen die einzelnen deutschen Stämme als solche und umschlingt sie sämmtlich mit einem föderativen Band; es will also weder Besonderheiten aufheben, noch Oesterreich ausschließen. Das Arndt’sche 2 Am 2. Mai 1861 hatte die preußische Regierung in der Bundesversammlung den Antrag gestellt, daß im Falle eines Bundeskrieges die Artikel 12 bis 16 der Kriegsverfassung des Deutschen Bundes, die die Bestellung des Oberfeldherrn und seine Kompetenzen regelten, außer Kraft gesetzt werden sollten. Statt dessen sollten sich die beiden Großmächte Österreich und Preußen darüber verständigen, „wie die kriegsherrlichen Rechte des Deutschen Bundes“ ausgeübt werden sollten. Dazu gehörten insbesondere die Regelung des militärischen Oberbefehls und die Einteilung der Bundesstreitkräfte. Eine solche Bestimmung hätte es Preußen ermöglicht, seinen Wunsch nach der Kontrolle über die norddeutschen Bundeskontingente in bilateralen Verhandlungen mit Österreich durchzusetzen und erst nachträglich die Zustimmung des Bundes einzuholen. Vgl. ProtDBV 1861, § 120, S. 182–184.

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Lied mit seiner gründlichen Aufzählung aller einzelnen deutschen Völkerschaften3 und seiner auf das Ganze gerichteten Tendenz wird bekanntlich stets gesungen, sobald der nationale Enthusiasmus auf Schiller-, Schützen-, Sänger-, Turner- oder Philologen-Festen seinen Gipfelpunkt erreicht hat. Was aber die Italiener, Ungarn und Polen betrifft, so ist ein System nationaler Politik – das versteht sich von selbst – kein Gastmahl, zu welchem man auch die Nachbarn einlädt; es ist keine Theorie, für die man auf der ganzen Welt Propaganda machen möchte, wie sie die Demokratie mit ihren kosmopolitischen Principien zu machen wünschen muß. Vielmehr hat jedes Volk seine besondere nationale Politik für sich, welche zum großen Theil darin besteht, auf Kosten anderer Völker bestimmte Interessen zu verfolgen. Das deutsche 3 Ernst Moritz Arndt (1769–1860): Des Deutschen Vaterland, entstanden 1813, erstmals 1814 als Flugblatt veröffentlicht. Text nach Arndt, Gedichte, S. 233–235. Was ist des Deutschen Vaterland? Ist’s Preußenland, ist’s Schwabenland? Ist’s, wo am Rhein die Rebe blüht? Ist’s, wo am Belt die Möve zieht? O nein! nein! nein! Sein Vaterland muß größer sein.

Was ist des Deutschen Vaterland? So nenne mir das große Land! So weit die deutsche Zunge klingt Und Gott im Himmel Lieder singt, Das soll es sein! Das, wackrer Deutscher, nenne dein!

Was ist des Deutschen Vaterland? Ist’s Baierland, ist’s Steierland? Ist’s, wo des Marsen Rind sich streckt? Ist’s, wo der Märker Eisen reckt? O nein! nein! nein! Sein Vaterland muß größer sein.

Das ist des Deutschen Vaterland, Wo Eide schwört der Druck der Hand, Wo Treue hell vom Auge blitzt, Und Liebe warm im Herzen sitzt – Das soll es sein! Das, wackrer Deutscher, nenne dein!

Was ist des Deutschen Vaterland? Ist’s Pommerland, Westfalenland? Ist’s, wo der Sand der Dünen weht? Ist’s, wo die Donau brausend geht? O nein! nein! nein! Sein Vaterland muß größer sein.

Das ist des Deutschen Vaterland, Wo Zorn vertilgt den wälschen Tand, Wo jeder Franzmann heißet Feind, Wo jeder Deutsche heißet Freund – Das soll es sein! Das ganze Deutschland soll es sein!

Was ist des Deutschen Vaterland? So nenne mir das große Land! Ist’s Land der Schweizer? ist’s Tirol? Das Land und Volk gefiel mir wohl; Doch nein! nein! nein! Sein Vaterland muß größer sein.

Das ganze Deutschland soll es sein! O Gott vom Himmel sieh darein Und gieb uns rechten deutschen Muth, Daß wir es lieben treu und gut. Das soll es sein! Das ganze Deutschland soll es sein!

Was ist des Deutschen Vaterland? So nenne mir das große Land! Gewiß es ist das Oesterreich, An Ehren und an Siegen reich? O nein! nein! nein! Sein Vaterland muß größer sein.

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Nationalgefühl, sobald es nicht mehr durch die Verbindung mit der Demokratie verfälscht wäre, würde sehr bald, (wie es zum Theil sogar jetzt schon der Fall ist) der Sympathie für Italiener, Polen u.s.w. ein Ende machen, und seine Befriedigung vielmehr darin finden, daß diese Völker unter deutsche Macht gebeugt werden. Denn das ist’s ja grade, wonach dem wirklich nationalen Sinne am allermeisten gelüstet: Machtentfaltung gegen außen, kraftvolles Auftreten des eigenen Volkes, als einer achtunggebietenden Persönlichkeit, im Verkehr und im Kampf mit den anderen Nationen. Man braucht das gegenwärtige Regime in Frankreich nicht in jeder Hinsicht als Muster zu betrachten und kann doch von ihm lernen, welche Stärke einer Regierung aus der Befriedigung des nationalen Bewußtseins, selbst der nationalen Eitelkeit des Volks erwächst und wie leicht es ist, mit der Demokratie, sogar wenn man ihr die Herrschaft verdankt, fertig zu werden, sobald man sich dabei auf eine kraftvolle, dem Nationalstolz schmeichelnde auswärtige Politik stützen kann. Nun sind die deutschen Mittel- und Kleinstaaten freilich nicht in der Lage, eine solche Politik selbstständig zu treiben. Um so mehr müßten sie sich angelegen sein lassen, dahin zu wirken, daß der deutsche Bund eine Gestalt erlange, welche ihn zu einer kräftigen Action, namentlich auch gegenüber dem Auslande, befähigt. Irrt man nicht, so liegt es auch ganz im Geiste der, auf eine regere, productive Thätigkeit des Bundes gerichteten s. g. Würzburger Politik, der deutschen Nation durch eine Reform der Bundesorganisation dauernde Garantieen für eine wirksame Förderung und Vertretung der deutschen Gesammtinteressen nach innen und nach außen zu gewähren. Und wenn dieß der Fall ist, so möchte mit desfallsigen Schritten nicht zu zögern sein. Denn es könnte doch wohl fast als ein Fehler betrachtet werden, wenn man Seitens der s. g. Würzburger Regierungen anderen Kabinetten den Vortritt bei den Anträgen auf Bundesreform, insbesondere auf Volksvertretung am Bund, überlassen wollte. Wie aus dem Vorstehenden erhellt, betrachtet man hier die Bundesreform keineswegs blos als Agitationsmittel, sondern sie erscheint als eine sehr ernst zu ergreifende Aufgabe, um im conservativen Interesse, das nationale Gesammtbewußtsein mit der in den einzelnen Staaten bestehenden monarchischen Ordnung wirklich und auf die Dauer auszusöhnen. Wenn aber ein neuer, und zwar von den Mittelstaaten angeregter, Versuch der Bundesreform, gleich den früheren, scheitern sollte, so würde denn doch immer der Vortheil erreicht sein, daß es sich abermals gezeigt hätte, wie es nicht die Interessen der auf die Vereinigung im Bunde geradezu angewiesenen Mittel- und Kleinstaaten sind, welche der Befriedigung der wahren nationalen Bedürfnisse im Wege stehen.

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Die Gr.4 Regierung hat bei Wiederbeschickung des Bundestags im Jahr 1850 „eine starke Bundesregierung, ein Bundesgericht und die Berufung von Vertretern der Nation zur Theilnahme an der Berathung über die wichtigsten Interessen“ als die „Basis der den Anforderungen der Nation entsprechend festzustellenden Bundesverfassung“ bezeichnet. Die Gr. Regierung bleibt diesem Programm auch jetzt noch treu. Um so weniger kann daher irgend ein Zweifel darüber obwalten, daß man sich diesseits dringend aufgefordert fühlt, erneuerten Anträgen auf Bundesreform, wenn sie von einer, das Bundesverhältniß in seinen Grundlagen festhaltenden, wahrhaft nationalen Politik dictirt sind, im Allgemeinen mit Eifer zuzustimmen, unter Vorbehalt natürlich der Geltendmachung abweichender Ansichten über die Vorschläge im Einzelnen. –––––––––––– Das Reformproject des Königlich Sächsischen Ministers Freiherr von Beust characterisirt sich im Ganzen als ein Versuch, das Bundesverhältniß nicht durch Erweiterung der Competenz, sondern durch Umgestaltung der Organisation des Bundes und zwar in der Weise zu kräftigen, daß die Bundesversammlung (freilich in einer fast bis zur Unkenntlichkeit veränderten Form) als Mittelpunkt der Bundesthätigkeit beibehalten, neben ihr aber drei neue Organe, nämlich eine auf der Triasidee beruhende Executiv-Gewalt, sodann eine Versammlung von Abgeordneten der deutschen Ständekammern und ein Bundesgericht geschaffen werden sollen. In diesen Grundzügen stimmt das Project mit den obenangedeuteten allgemeinen Gesichtspuncten überein; sein näherer Inhalt aber gibt zu manchen erheblichen Bedenken Anlaß. Die fraglichen Vorschläge, wie sie in der Anlage zu der Königlich Sächsischen Denkschrift d. d. Dresden, den 15ten October 1861 enthalten sind, beginnen mit einem erneuerten Gelöbniß der Bundesglieder, den in der Acte vom 8ten Juni 1815 niedergelegten Bundesvertrag unverbrüchlich aufrecht erhalten und beobachten zu wollen. Gleichzeitig soll jedoch „eine zeitgemäße Umgestaltung der Artikel IV, V, IX und X der Bundesacte“ vereinbart werden. (Daß auch einige andere Bestimmungen der Bundesacte, als die hier citirten, und ebenso die betreffenden Bestimmungen der Schlußacte modificirt resp. aufgehoben werden müßten, ist in den Königlich Sächsischen Vorschlägen zwar nicht ausdrücklich bemerkt, versteht sich aber nach deren Inhalt von selbst.) Zur Wahrnehmung der Angelegenheiten des Bundes sollen, nach dem Dresdener Projekt, folgende Organe bestehen: 4 Großherzogliche.

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a) die Bundesversammlung. Ihr wären untergeben: aa) die Bundesmilitärverwaltung bb) die Bundescanzley b) die Abgeordneten-Versammlung c) das Bundesgericht. (Die neue Bundes-Executivgewalt ist an dieser Stelle, wiewohl sie offenbar hierher gehört hätte, in dem Reformplan nicht mitaufgezählt; sie erscheint erst ganz am Schlusse und wird gewissermaßen nur als Consequenz der bezüglich der Bundesversammlung beantragten Aenderungen in den Reformplan eingeführt.) Nach dieser Aufzählung der Bundesorgane enthält das Reformproject nähere Vorschläge a) bezüglich der Bundes-Versammlung. Unberührt bleiben hierbei die bestehenden Bestimmungen 1. über die Competenz. Nur durch die für die Militär-Commission in Anspruch genommene selbstständigere Stellung und durch die Befugnisse der zu bildenden Bundesexecutive würde die Competenz der Bundes-Versammlung Beschränkungen erleiden, von welcher weiter unten die Rede sein wird. 2. über die Formirung eines engeren Raths und eines Plenums, über die Vertheilung der Competenz zwischen diesen beiden Formen der Versammlung, über das Stimmenverhältniß in Beiden und über die Nothwendigkeit der Einstimmigkeit, resp. der 2/3 Majorität in gewissen Fällen. (Insbesondere ist auch Art. IV der Bundesacte, welchen der Eingang des Reformprojects unter den abzuändernden Artikeln aufführt, seinen wesentlichen Bestimmungen nach beibehalten.) Die bezüglich der Bundesversammlung vorgeschlagenen Neuerungen beziehen sich vielmehr hauptsächlich nur auf folgende Punkte: 1. die Zeit, 2. den Ort, 3. das Präsidium des Bundestags. Zu 1. Nach Art. VII der Bundes-Acte ist die Bundesversammlung „beständig[“], hat aber die Befugniß, „wenn die ihrer Berathung unterzogenen Gegenstände erledigt sind, auf eine bestimmte Zeit, jedoch nicht auf länger als 4 Monate sich zu vertagen.“ Auch die Wiener Schluß-Acte sagt in Art. 7: Die Bundesversammlung – – stellt den Bund in seiner Gesammtheit dar und ist das beständige verfassungsmäßige Organ seines Willens und Handelns. Statt dessen soll, nach den Vorschlägen des Freiherrn von Beust die Bundesversammlung nur 2mal im Jahr, am 1. Mai und am 1. November auf die Zeit von längstens vier Wochen zusammentreten.

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Zu 2. Der Sitz der Bundesversammlung soll, nach dem Königlich Sächsischen Project, nicht mehr, wie in Art. IX der Bundes-Acte bestimmt, in Frankfurt sein, sondern abwechselnd in Regensburg und Hamburg. Zu 3. Das Präsidium würde nicht mehr, nach der Bestimmung des Artikel[s] X der Bundes-Acte, von Oesterreich allein, sondern, correspondirend mit dem Wechsel des Sitzes der Bundes-Versammlung bald von Oesterreich und bald von Preußen geführt werden. Diese drei Vorschläge stehen offenbar im engsten Zusammenhang miteinander. Es ist dabei bezüglich des Punktes 3 auf die Bereitwilligkeit Oesterreichs gerechnet, Preußen das Alternat im Präsidium zuzugestehen. Daß die Königlich Preußische Regierung ein solches Zugeständniß gern acceptiren würde, läßt sich nicht wohl bezweifeln. Eine andere Frage aber ist es: ob die übrigen deutschen Staaten sich zu einer solchen Aenderung Glück zu wünschen Ursache hätten und ob dem Gesammtinteresse der Nation mit einer solchen formellen Anerkennung des Dualismus gedient wäre? Diesseitigen Erachtens dürfte hierauf mit Nein zu antworten sein. Will Oesterreich den Vorzug seines ausschließlichen Präsidialrechts wirklich opfern, so muß Deutschland daran gelegen sein, daß das Präsidium überhaupt aufhöre, ein Privilegium dieses oder jenes Staates zu sein. Der Würde und dem Ansehen des Bundes würde es bei weitem am meisten entsprechen, wenn die Bundesversammlung ihren Vorsitzenden selbst, aus ihrer Mitte, auf eine bestimmte Reihe von Jahren erwählte. Will man aber nicht eine solche Einrichtung, (die freilich auch ihre Schattenseiten haben würde,) sondern einen Turnus an die Stelle des Oesterreichischen Präsidialrechts treten lassen, so möge dabei wenigstens nicht eine privilegirte Parität der beiden Großmächte, sondern die verhältnißmäßige Gleichberechtigung sämmtlicher deutscher Staaten in der Weise zu Grund gelegt werden, daß der Vorsitz zwischen Oesterreich, Preußen und einer von den übrigen Staaten zu bestimmenden Regierung alternire. Wenn man den Dualismus im Präsidium verwirft, so wird man auch einen Wechsel des Versammlungsortes zwischen Nord und Süd nicht billigen können. Das Dresdener Cabinet ist bei diesem Vorschlage von der Ansicht ausgegangen, daß ein solcher Wechsel, „weit entfernt, eine Scheidung von Norden und Süden zu bewirken, vielmehr geeignet sein werde, beide sich gegenseitig noch mehr zu befreunden und die Untrennbarkeit beider zu besiegeln.“ Aber eine solche Ansicht ist denn doch wohl zu problematisch, um die Bedenken aufzuwiegen, welche sich der projectirten Maßregel in mehr als einer Hinsicht entgegenstellen. Ein fester Sitz ist für die Autorität der Bundesversammlung jedenfalls ersprießlicher, als das Wandern zwischen Regensburg und Hamburg; ganz abgesehen von den Schwierigkeiten, welche hieraus für die Behandlung der Geschäfte entstehen müßten. Und wenn die Königlich Sächsische Denkschrift weiter sagt: daß es für die Bundesversammlung vortheilhaft

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sein werde, ihre Sitzungen anderswo abzuhalten als in der Eschenheimer Gasse, da auch Vorurtheile im öffentlichen Leben zu berücksichtigen seien, so darf man wohl entgegnen, daß die Bundesversammlung, wenn sie sich, um Vorurtheilen zu entgehen, gewissermaßen auf flüchtigen Fuß begeben wollte, schwerlich in der öffentlichen Meinung gewinnen würde und daß überdies Niemand vorauswissen könnte, wie bald die Versammlung, nach diesem System, sich auch in ihren neuen Localen zu Regensburg und Hamburg nicht mehr sicher fühlen möchte. Im allerschlimmsten Fall müßte man doch an Frankfurt als der dritten Stadt im Turnus festhalten, schon um dem Gegensatz zwischen Nord und Süd die Spitze abzubrechen. Aber dann würde freilich das Wandern noch complicirter. Deßhalb dürfte es am besten sein, in der alten Krönungsstadt am Main zu bleiben, die als dritter Stützpunkt gegenüber den Schwerpunkten Wien und Berlin für das deutsche Gleichgewicht fast unentbehrlich ist. Was endlich den weiteren Vorschlag betrifft, daß die Bundes-Versammlung nur 2mal im Jahr jedesmal vier Wochen lang tagen soll, so verspricht sich die Königlich Sächsische Denkschrift hiervon zunächst den Vortheil, daß das öffentliche Interesse, welches jetzt dem langsamen und unproductiven Geschäftsgange der Bundesversammlung gänzlich fehle, einer periodischen, kurz dauernden Session sich zuwenden und solchergestalt sich mit den Bundesverhandlungen befreunden werde. Es muß hierbei bemerkt werden, daß nach dem Königlich Sächsischen Project die zu dem Bundestag abgesendeten Bevollmächtigten stets mit derartigen Instructionen versehen sein sollen, um sofort in Berathung über den betreffenden Gegenstand treten und darüber abstimmen zu können. Zur Instructionseinholung während des Bundestags soll kein längerer Termin als 3 Tage bestimmt werden. Deßhalb werden active Minister als die geeignetsten Persönlichkeiten zur Beschickung des Bundestags in den Motiven des Sächsischen Entwurfs bezeichnet, ohne daß jedoch die Wahl anderer Personen ausgeschlossen sein soll. Nun läßt sich allerdings nicht läugnen, daß, wenn der Gedanke der Königlich Sächsischen Regierung vollkommen zur Ausführung gelangte, die zweimal im Jahr wiederkehrenden Bundestage durchschnittlich interessantere Sitzungen halten würden, als es jetzt die wöchentlichen Sitzungen der Bundesversammlung sind. Denn es würden sich in der Regel eine Reihe wichtiger Fragen auf die kurze Sitzungsperiode zusammendrängen und es ist sicherlich leichter die öffentliche Aufmerksamkeit 2mal im Jahr vier Wochen lang, als während des ganzen Jahrs (die Ferien ausgenommen!) zu fesseln. Aber man wird berechtigt sein, zu fragen, ob eine so rasche Erledigung der Geschäfte, wie sie das Dresdener Cabinet im Auge hat, in der Praxis nicht auf unübersteigliche Hindernisse stoßen würde, und zwar gerade dann, wenn man

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die auf den Geschäftsgang bezüglichen näheren Vorschläge des Königlich Sächsischen Entwurfs in Betracht zieht. Darnach sollen nämlich die Verhandlungsgegenstände spätestens 4 Wochen vor Eröffnung des Bundestags bei der Präsidialregierung angemeldet werden, welcher es obliegt, selbige sofort nach deren Eingang, ohne Aufenthalt, sämmtlichen Bundesregierungen – bei Curiatstimmen der stimmführenden Regierung – mitzutheilen. Erwägt man nun, daß diese Mittheilung, (namentlich wenn man sich auch die nothwendige Vervielfältigung der eingegangenen Schriften als Sache des Präsidialhofs denkt,) doch immerhin einige Zeit beansprucht, daß die meisten Anträge pp. mithin kaum 14 Tage bis 3 Wochen vor Beginn der Sitzung in den Händen der Regierungen sein werden, daß über die am Bund zur Verhandlung kommenden Gegenstände häufig ein Benehmen zwischen verschiedenen Landesbehörden nöthig ist, ohne welches auch ein activer Minister als Bundestagsgesandter sich nicht für genügend instruirt würde halten können, so darf man kaum anders annehmen, als daß sich aus solchen Einrichtungen (zumal wenn man noch die projectirte Entfernung des Sitzes der Bundes-Kanzlei vom Versammlungsort des Bundestags in Betracht zieht) die mannigfachsten Verzögerungen und Verschleppungen nothwendig ergeben müßten. Und wie, wenn erst während des „Bundestags“ eine Frage auftauchen, eine Wendung eintreten würde, die neue Instructionen nöthig machte? Müßte dann nicht gerade die Entfernung der Minister von den Sitzen ihrer Regierungen hemmend einwirken und eine Instruirung binnen dreier Tage, trotz aller Telegraphendrähte, unmöglich machen? Man denke z. B. an den Fall, daß etwa in der Holsteinischen Verfassungsangelegenheit eine Erklärung des Dänischen Cabinets von der Art, wie sie in den letzten Jahren mehrfach vorgekommen sind, gegen das Ende der vierwöchigen Session eingebracht oder im Ausschußvortrag in dieser Sache kurz vor dem Schlusse der Sitzungen erstattet würde. Nach der jetzigen Einrichtung könnte darüber binnen 6 bis 8 Wochen Beschluß gefaßt sein; nach dem Sächsischen Vorschlage wäre eine Vertagung auf 6 (oder wenn man genau sein will etwas über 5) Monate nothwendig! Wie oft kann es außerdem vorkommen, daß Meinungsverschiedenheiten unter den Regierungen, welche bei der ersten Behandlung einer Sache hervortreten, weitere Erörterungen und Verhandlungen vor der Beschlußfassung wünschenswerth machen! In solchen Fällen würde nach dem Königlich Sächsischen Project, die betreffende Angelegenheit vom Mai-Bundestag auf den November-Bundestag und von diesem vielleicht wieder auf den Mai verschoben werden müssen. Hieße das nicht die öffentliche Geduld auf die Folter spannen? Während jetzt doch wenigstens von 8 zu 8 Tagen ein Bundesbeschluß in wichtigen Dingen erwartet werden kann, so würden nach dem Dresdener Reformprogramm immer sechsmonatliche Pausen eintreten. Könnte man wohl mit Sicherheit erwarten, daß solche auf das Interesse des Publicums gezogene

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und von 6 zu 6 Monaten prolongirte Wechsel am Verfalltag endlich noch eingelöst werden würden? Der Vortheil einer größeren Theilnahme der Presse und des Volks an den Bundestagsverhandlungen, welchen sich das Königlich Sächsische Cabinet von dem hier in Rede stehenden Theil seines Projects verspricht, dürfte daher wohl als illusorisch zu betrachten sein. Selbst wenn die vorausgesetzte Wirkung in der That einträte, so würde sie, ohne Zweifel, dennoch die Nachtheile nicht aufwiegen, welche die fragliche Einrichtung in anderer Beziehung nothwendig mit sich bringen müßte. Diese Nachtheile bestehen hauptsächlich darin, daß es 1. zur Beschleunigung des Geschäftsganges, wie schon bemerkt, im Ganzen unmöglich beitragen könnte, wenn statt einer, (durch die Erledigung der vorliegenden Geschäfte bedingten) jährlichen Vertagung von höchstens 4 Monaten, eine zweimalige unbedingte Vertagung von je 5 Monate[n], also von zusammen 10 Monaten im Jahr stattfände. Sodann ist 2. zu berücksichtigen, daß durch die Permanenz der Bundesversammlung ein beständiger Mittelpunkt für eine, gewissermaßen persönliche Berührung der deutschen Regierungen, eine fortwährende Gelegenheit zum Meinungsaustausch durch die Bundestagsgesandten gegeben ist. In dieser Hinsicht wird namentlich die Thätigkeit der Bundestags-Ausschüsse, (welche nach dem Dresdner Vorschlag ganz wegfallen würden) nicht unterschätzt werden dürfen. Schon mehr als ein scharfer Gegensatz – man erinnere sich z.B. der Verhandlungen über die Revision der Bundeskriegsverfassung – ist im Schoße der Ausschüsse gemildert und beseitigt worden. Diese Art der Vorbereitung der Bundesbeschlüsse, bei welcher die verschiedenartigen Interessen ihre Vertretung finden können, ist jedenfalls in formeller und materieller Hinsicht geeigneter, eine zweckmäßige Bearbeitung der Bundesangelegenheiten herbeizuführen und zur Versöhnung, zum inneren Frieden in Deutschland beizutragen, als wenn, wie es das Königlich Sächsische Project will, jedesmal eine einzelne Regierung mit der Erstattung des Gutachtens beauftragt werden sollte. Freilich kann nicht geläugnet werden, daß durch die Berathung in den Bundestagsausschüssen schon manche Verzögerung hervorgerufen worden ist, die sich nicht durch das Bestreben, eine Ausgleichung bestehender Meinungsverschiedenheiten herbeizuführen, rechtfertigen ließ. Allein um solchen Verschleppungen möglichst vorzubeugen, dazu genügen Aenderungen des Geschäftsgangs, wie sie von der Bundesversammlung ohne Weiteres bewirkt werden könnten. So steht z. B. nichts im Wege, jedesmal, wenn eine Sache an einen Bundestags-Ausschuß verwiesen wird, zugleich eine Frist für die Berichterstattung anzuberaumen, so daß der Ausschuß, wenn es ihm nicht mög-

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lich war, die Frist einzuhalten, mindestens die Gründe der Verzögerung anzugeben hätte. 3. Die Stellung der Bundesversammlung den übrigen Bundesorganen gegenüber würde durch die vorgeschlagene Beschränkung ihrer Sitzungszeit (zumal in Verbindung mit dem periodischen Wechsel des Ortes) voraussichtlich bedeutend herabgedrückt werden. Zehn Monate lang in jedem Jahr würden die Geschäfte in den Händen der ständigen Bundesorgane ruhen. Der jeweiligen Präsidialregierung würde die oberste formelle Geschäftsleitung und wohl auch die Unterhaltung des diplomatischen Verkehrs zustehen; die Präsidialregierung aber würde stets zugleich Mitglied der Executiv-Gewalt sein, in welcher factisch die ganze Macht des Bundes während der Vertagung der Bundesversammlung concentrirt wäre. Die Executive würde darnach zur eigentlichen Bundesregierung, namentlich auch dem Ausland gegenüber, werden. Die periodischen Sitzungen des Bundestags, neben den ebenfalls von Zeit zu Zeit und zwar ebenfalls nur in einem Hause stattfindenden Abgeordneten-Versammlungen würden die Bundesversammlung nach und nach als eine bloße Repräsentation der sämmtlichen einzelnen Regierungen gegenüber der Centralgewalt erscheinen lassen und das deutsche Parlament von dem Freiherr von Beust ausgesprochenermaßen nichts wissen will, – wäre thatsächlich hergestellt! Noch einen anderen Vortheil verspricht sich die Dresdener Denkschrift von der projectirten Einrichtung der periodischen Bundestage. Nämlich den, „daß während es in hohem Grade mißlich sein würde, eine Ministerconferenz zu dem Zwecke zusammentreten zu lassen, um die Frage der Bundesreform zu erörtern, weil ein resultatloser Ausgang die Autorität des Bundes und der Regierungen nur compromittiren könnte, hier ein Mittel zur Begegnung der Minister und zu directem Ideenaustausch gegeben wäre, ohne jenen nachtheiligen Erfolg befürchten zu lassen, indem ein Resultat derartiger Besprechungen alsdann erfolgen könnte, ohne in bestimmte Aussicht genommen zu sein.“ Wenn es hiernach scheint, als solle die jetzt projectirte Bundesreform nur als Übergang zu weiteren Reformen in Aussicht genommen sein, so dürfte das Verhältniß des gewählten Mittels zu dem Zweck doch wohl nicht das richtige sein! Was ferner die der Bundesversammlung untergeordneten Organe betrifft, so schlägt das Königlich Sächsische Cabinet vor, daß aa) der Bundes-Militärcommission, neben ihrem bisherigen Geschäftskreise die selbstständige Verwaltung des Bundeseigenthums übertragen werde. Eine solche Aenderung dürfte indessen dann nicht als hinlänglich motivirt erscheinen, wenn die Bundesversammlung ihren ständigen Sitz an demselben Orte, wie die Militär-Commission behält. Auch kommt in Betracht, daß es jedenfalls zweckmäßig ist, wenn das Finanzwesen des Bundes in einer Hand, also

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in der der Bundesversammlung concentrirt bleibt, was mit einer ganz selbstständigen Verwaltung des Bundeseigenthums, insbesondere der Bundesfestungen, durch die Bundesmilitärcommission nicht wohl vereinbar wäre. Dazu kommt, daß gerade hinsichtlich der Bundesfestungen (z. B. bei der Frage über Armirung u. dgl.) vielfach politische Rücksichten maßgebend sind, deren Beurtheilung man der Bundesversammlung nicht wird entziehen wollen. bb) Die Bundes-Canzlei soll, nach dem oftgenannten Project, nur aus wenigen Beamten bestehen, welche „von Oesterreich, Preußen, Bayern und den übrigen Staaten im Turnus“ ernannt würden. Es ist hier nur zu bemerken, daß, wenn die Bundesversammlung selbst ihre alte Gestalt behält, auch eine Aenderung in den Verhältnissen der Bundes-Kanzlei nicht angezeigt sein wird. –––––––––––– b) Die Abgeordneten-Versammlung soll, nach dem vorliegenden Reformplan, aus 128 von den Landesvertretungen gewählten Repräsentanten bestehen, von welchen 30 auf Oesterreich (d. h. auf die Landesvertretungen seiner deutschen Provinzen), 30 auf Preußen, 10 auf Bayern, je 6 auf Sachsen, Hannover und Württemberg, 5 auf Baden, je 4 auf Kurhessen und Großherzogthum Hessen fallen würden. Die Abgeordnetenversammlung soll nicht regelmäßig, sondern nur auf Beschluß der Bundesversammlung zusammentreten und sich lediglich mit den ihr von letzterer überwiesenen Gegenständen beschäftigen. Die Einberufung der Abgeordneten-Versammlung hätte jedesmal zu erfolgen, wenn es sich um die Ausarbeitung eines allgemeinen Gesetzes handelt, welches entweder in die Kategorie der allgemein nützlichen Anordnungen (Art. 64 der Wiener Schlußacte) fällt oder auf der durch Art. 2 der Bundesacte dem Bunde gestellten Aufgabe beruht. Außerdem ist der Fall in Aussicht genommen, daß die Bundesversammlung sich veranlaßt fände, der Abgeordneten-Versammlung als Vertreterin der deutschen Kammern, in Fällen außerordentlicher politischer Conjuncturen, von denjenigen Beschlüssen, wozu die Bundesversammlung sich geeinigt hat, Eröffnung zu machen und weitere Aufschlüsse zu geben, beziehungsweise ihre Kundgebung zu vernehmen. Eine Kritik dieser Vorschläge im Einzelnen dürfte hier weder nöthig noch nützlich sein. Denn da es sich um Einführung eines ganz neuen Instituts handelt, so fehlt es an sicheren Anhaltspunkten zur Beurtheilung und es wird, wenn es zur Errichtung dieses Instituts überhaupt kommen sollte, das mehr oder weniger von politischen Convenienzrücksichten abhängige Detail durch eine besonders dazu eingesetzte Bundes-Commission zu bearbeiten und alsdann durch freie Verständigung unter den Regierungen zu vereinbaren seyen

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[sic]. Hierbei möchte insbesondere auch die Frage zur Erwägung zu kommen haben, ob es nicht angemessen sein würde, für die Abgeordneten-Versammlung das Zweikammer-System zu wählen, wodurch dann selbstverständlich eine größere Abgeordnetenzahl im Ganzen bedingt und wohl auch eine, namentlich den diesseitigen Ansprüchen mehr zusagende Abstufung im Einzelnen möglich wäre. Über die Art und Weise der Wirksamkeit des Abgeordneten-Congresses bei dem Zustandekommen allgemeiner Gesetze enthält das Dresdener Project Folgendes: Das Gesetz soll, nachdem es durch eine zur Ausarbeitung niedergesetzte Commission von Sachverständigen vollendet worden ist und die Genehmigung der Bundes-Versammlung erlangt hat, der Abgeordneten-Versammlung zur Annahme vorgelegt werden. „Als Commissarien fungiren alsdann in der Abgeordneten-Versammlung die Mitglieder der Commission, welche mit der Ausarbeitung des Gesetzes betraut waren. Es kann jedoch die Bundesversammlung auch Commissarien aus ihrer Mitte dazu delegiren.“ (Letzteres würde, wie sich wohl von selbst versteht, immer dann der Fall sein, wenn das Gesetz nicht durch eine Commission von Sachverständigen, sondern durch einen Bundestags-Ausschuß entworfen worden ist, was z. B. bei den auf Art. 2 der Bundes-Acte beruhenden Gesetzen die Regel sein wird.) „Der Gesetzesentwurf[“], heißt es im Königlich Sächsischen Vorschlag weiter, [„]kann (von der Abgeordneten-Versammlung) entweder abgelehnt oder pure oder mit Amendements angenommen werden. Im letzteren Falle reicht ihn die Commission dem nächsten Bundestage mit einem Gutachten ein, worauf der Bundestag entweder die Genehmigung oder die Ablehnung des Entwurfs beschließt.“ Es ist bei diesen Bestimmungen offenbar nicht die Absicht gewesen und konnte nicht wohl die Absicht sein, an dem bestehenden Verhältnisse zwischen der Competenz des Bundes und derjenigen der Landesgesetzgebungen etwas zu ändern. Denn sonst wäre nicht blos die Bundes-Verfassung, es wären auch die Landesverfassungen zu reformiren. Jenes Verhältniß aber und somit auch die Stellung und der Wirkungskreis der projectirten Abgeordnetenversammlung ist verschieden, je nachdem es sich um solche Gesetze handelt, die unter die Kategorie der gemeinnützigen Anordnungen (Art. 64 der Wiener Schlußacte) fallen oder um solche, die auf den in Art. 2 der Bundesacte ausgesprochenen Bundeszweck, namentlich die innere Sicherheit Deutschlands, Bezug haben. Bei Gesetzen der ersteren Art fällt dem Bunde nur die Vermittelung zu. Die Bundesversammlung hat, wenn gemeinnützige Anordnungen bei ihr beantragt sind und sie die deßfallsigen Vorschläge im Allgemeinen für zweckmäßig und ausführbar hält, „die Mittel zur Vollführung derselben in sorgfältige Erwä-

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gung zu ziehen und ihr anhaltendes Bestreben dahin zu richten, die zu dem Ende erforderliche freiwillige Vereinbarung unter den sämmtlichen Bundesgliedern zu bewirken.“ Demgemäß haben Bundesbeschlüsse der hier bezeichneten Gattung keine zwingende Natur und es bleiben deßhalb auch die constitutionellen Befugnisse der Ständekammern in den Einzelstaaten durch dieselben unberührt d. h. die auf Veranlassung des Bundes ausgearbeiteten Gesetze müssen, wie es auch z. B. bei dem allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch überall geschehen oder noch beabsichtigt ist, den Einzellandtagen zur verfassungsmäßigen Zustimmung vorgelegt werden. Wenn bei Gelegenheit der Einführung des Handelsgesetzbuchs über Beeinträchtigung der ständischen Rechte geklagt worden ist, so handelte es sich dabei nicht um das formelle Zustimmungs-Recht, sondern darum, daß die Stände in die Lage versetzt waren oder doch sein konnten, in materieller Hinsicht Bedenken zu unterdrücken, um das Zustandekommen eines allgemeinen deutschen Gesetzbuchs nicht zu vereiteln. Das materielle Prüfungsrecht der Stände von diesem moralischen Zwang, (welchen sie sich übrigens selbst, durch ihr Interesse an einer allgemeinen deutschen Gesetzgebung, freiwillig auferlegen und welchem, beiläufig bemerkt, die Regierungen so gut unterworfen sind, wie die Stände,) zu befreien, ist die hauptsächliche Aufgabe einer Vertretung der Ständekammern am Bunde. In diesem Sinne wird man namentlich auch die von dem letzten Juristentag in Dresden gewünschte Einrichtung aufzufassen haben.5 Ist das aber richtig, so folgt daraus, daß eben dieser Vertretung am Bund auch nur das materielle Prüfungsrecht, nicht aber ein für die Bundesversammlung, resp. für die Einzelstaaten formell bindendes Zustimmungsrecht wird beigelegt werden können. Die Abgeordneten-Versammlung in Frankfurt (denn dort wird dieselbe doch wohl ihren Sitz aufzuschlagen haben, wenn sie nicht auch ambulant sein soll, worüber sich in dem Sächsischen Project keine Bestimmung findet) wird daher den Gesetzesentwurf zu prüfen und auf Grund dieser Prüfung einen Beschluß zu fassen haben, welcher aber doch nur die Form eines Antrags an die Bundesversammlung haben kann, indem er sich entweder pure für oder gegen den Entwurf erklärt oder Abänderungen vorschlägt. Immer aber wird der Beschluß seiner Natur nach nur begutachtend sein können, weil die 5 Der 2. Deutsche Juristentag fand vom 27.–30. August 1861 in Dresden statt. Die Versammlung erklärte in einem einstimmig gefaßten Beschluß ihre Zustimmung zur Einführung einer gemeinsamen Gesetzgebung im Deutschen Bund und sprach die Überzeugung aus, „daß zum endlichen Zustandekommen einer gemeinsamen Gesetzgebung auf dem Gebiete des Prozeß- und Obligationenrechts eine gemeinsame von den Regierungen und den Kammern der Einzelstaaten anerkannte, wenn auch lediglich zu diesem nationalen Werke berechtigte Einrichtung nothwendig ist. Den gleichen Wunsch spricht der deutsche Juristentag auch bezüglich einer gemeinsamen Strafgesetzgebung aus“; zit. nach Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, Jg. 2, 1861, S. 74 f.; vgl. Conrad/Dilcher/Kurland, Der Deutsche Juristentag.

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definitive Erklärung der Zustimmung oder Ablehnung den Einzellandtagen zusteht und weil ein doppeltes Veto, welches den landständischen Körpern einmal in ihrer Vertretung am Bunde und dann nochmals im Sonderlandtag beigelegt würde, nur zur Verwirrung führen könnte. Dagegen würde es allerdings nützlich und für die volle Erreichung des Zwecks der beantragten neuen Institution sogar nothwendig sein, wenn die Regierungen übereinkämen, Gesetzesentwürfe, welche die Zustimmung der Abgeordneten-Versammlung am Bunde gefunden haben, ihren Particularständen nur in folle6 zur Annahme oder Ablehnung vorzulegen, natürlich insoweit als ein solches Verfahren nicht etwa mit Bestimmungen der Landesverfassungen im Widerspruch wäre. Anders als mit den bisher besprochenen, unter den Begriff gemeinnütziger Anordnungen fallenden allgemeinen Gesetze, verhält es sich mit Bundesbeschlüssen, welche Maßregeln zum Gegenstand haben, die zur Erfüllung des Bundeszwecks, namentlich für die innere Sicherheit Deutschlands nothwendig sind, (z. B. Preßgesetz, Vereinsgesetz). Solchen Beschlüssen muß vom Standpunkte des Bundesrechts aus eine zwingende Natur, eine für die particulären Staatsgewalten unbedingt verbindliche Gültigkeit beigelegt werden. Insbesondere kann deßhalb solchen Beschlüssen gegenüber ein Veto der Einzellandtage wenigstens theoretisch nicht statuirt werden. Hier wäre demnach durch ein votum decisivum der Vertretung der Ständekammern am Bund das Mittel gegeben, ärgerlichen Conflicten zwischen der Bundesgewalt und den ständischen Prärogativen der Einzellandtage vorzubeugen und das constitutionelle Staatsrecht der Einzelstaaten mit dem Bundesrecht in besseren Einklang zu bringen. Freilich werden die größeren Staaten, welche bisher eine unmittelbare, von der Zustimmung der gesetzgebenden Factoren des einzelnen Landes unabhängige, Wirksamkeit der Bundesbeschlüsse nicht anerkannt haben, auch fernerhin auf diesem Widerspruch beharren, allein es wäre doch immerhin durch die in Rede stehende Einrichtung eine vorhandene Anomalie wenigstens theilweise gehoben und zugleich eine größere Wahrscheinlichkeit dafür geboten, daß die unter Zustimmung des Repräsentanten-Congresses gefaßten Bundesbeschlüsse in allen Bundesstaaten gleichmäßig zur Wirksamkeit gelangen würden. Im Allgemeinen unterliegt es gewiß keinem Zweifel, daß es nöthig ist, für die Wirksamkeit der Abgeordneten-Versammlung feste, genau markirte, Schranken zu errichten. Allein wenn man nicht von vornherein und mehr als nöthig, die Keime der Zwietracht und des Kampfes in das neue Institut hinein legen will, so dürfte es gerathen sein, diese Schranken nicht allzueng, sondern vielmehr so weit zu ziehen, als es der föderative Character des Bun6 im Ganzen, als Gesamtpaket.

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des zuläßt. Gerade auf dem hier in Rede stehenden Gebiet sind halbe oder Schein-Concessionen überaus gefährlich und es ist, wenn man in der fraglichen Beziehung eine bleibende Einrichtung überhaupt gründen will, besser, dieselbe sogleich mit denjenigen Attributen zu versehen, welche man ihr überhaupt zugestehen kann als daß man sich anfangs allzuängstlich benimmt und nach und nach von einer Concession zur anderen drängen läßt. Es möchte sich in dieser Hinsicht namentlich auch fragen, ob man der Abgeordneten-Versammlung nicht einen gewissen Einfluß auf das Finanzwesen des Bundes einräumen könnte und sollte. Denn es läßt sich wohl nicht verkennen, daß wenn einmal eine Vertretung der Kammern am Bund als dauerndes Institut geschaffen wäre, der bisherige Zustand, wonach jede einzelne Regierung in ihrem Staatshaushalt an die verfassungsmäßige Mitwirkung der Stände gebunden ist, die im Bund repräsentirte Gesammtheit der Regierungen aber ohne alle ständische Controle über die finanziellen Kräfte der Nation verfügt, sehr bald als eine auf die Dauer nicht haltbare Anomalie betrachtet werden würde. In dem Münchener Entwurf einer deutschen Bundesverfassung vom 27ten Februar 1850, welchem Oesterreich bekanntlich damals beistimmte und welcher auf dem Grundgedanken beruhte, den Character des deutschen Bundes als eines Staatenbundes festzuhalten und keinen Bundesstaat daraus werden zu lassen, war die Zustimmung der Nationalvertretung, (welche, beiläufig bemerkt, aus einer Versammlung von 300 Mitgliedern, nämlich 100 für Oesterreich, 100 für Preußen und 100 für die übrigen Staaten bestehen sollte) zur Feststellung der Bundes-Ausgaben und der zu erhebenden Matrikular-Beiträge für nothwendig erklärt.7 Bei einer solchen Einrichtung würde freilich auch eine periodische Einberufung der Abgeordnetenversammlung und die Einführung einer Budgetwirthschaft am Bunde nöthig sein. Aber gerade von diesen beiden Maßregeln dürfte viel eher eine Kräftigung, als eine Schwächung der Bundesgewalt und somit des Bundesverhältnisses selbst erwartet werden können. c) Ueber das Bundesgericht enthalten die Königlich Sächsischen Vorschläge keine näheren Details, weil „der seit fast zwei Jahren zu erwartende und wohl nun bald zu gewärtigende Bericht des Bundestagsausschusses über den einschlagenden Vorschlag der Großherzoglich Badischen Regierung hierüber Material genug an die Hand geben“ werde. Indessen ist doch der Zusammenhang, in welchem das Dresde7 Übereinkunft zwischen Bayern, Sachsen, Württemberg und Hannover über die Hauptgrundsätze für eine Revision der Bundesverfassung vom 27. Februar 1850 („Vierkönigsbündnis“), Druck: Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 568–570; vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 53–55.

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ner Project des Bundesgerichts Erwähnung thut, nicht ganz ohne Bedeutung. Es wird nämlich da, wo von der Thätigkeit der Bundes-Versammlung die Rede ist, unter Anderem bemerkt: „Handelt es sich dabei (d. h. bei den an den Bund gelangenden Beschwerden, Reclamationen und Gesuchen) um streitige Rechtsfragen, so hat die Bundes-Versammlung, sobald sie die Competenz des Bundes in der Sache anerkennt, die Entscheidung dem Bundesgerichte zu überweisen.“ Hierin liegt, wie es scheint, der Grundsatz ausgesprochen, daß das Bundesgericht nur zufolge eines Beschlusses der Bundesversammlung seine Zuständigkeit in jedem einzelnen Falle ausüben könne, – ein Grundsatz, der seine sehr bedenklichen Seiten hat. Denn das Bundesgericht muß als ein von der Bundesversammlung möglichst unabhängiges Organ dastehen, wenn es seinen Zweck erfüllen soll. Dieser Zweck ist die Befestigung des Vertrauens in die öffentlichen Rechtszustände Deutschlands. Will man diesen Zweck mit vollem Ernst, so wird man sich auch der Erwägung der Frage nicht ganz entziehen können, ob es, um jenes Vertrauen (und zwar namentlich da, wo es sich um Verfassungsstreitigkeiten in den einzelnen Ländern handelt) wirklich herzustellen, nicht nöthig sein werde, den Ständen eine gewisse, wenn auch indirecte Mitwirkung bei der Besetzung des Bundesgerichts, etwa in der Art einzuräumen, daß die Stände der einzelnen deutschen Staaten eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern des obersten Gerichtshofs im Lande der Regierung vorschlügen, damit diese hieraus Denjenigen oder Diejenigen wähle, welche sie als Mitglieder des Bundesgerichts zu ernennen das Recht hat. Man deutet diesen Punct hier nur an und verkennt keineswegs die großen Bedenken, die sich daran knüpfen können! d) Ueber die Executiv-Gewalt geht der Königlich Sächsische Entwurf, wie bereits oben bemerkt, sehr kurz hinweg. Er sagt nur: in der Zwischenzeit von einem Bundestage zum anderen solle eine Bundesexecutiv-Gewalt in Wirksamkeit treten. „Diese ExecutivGewalt legt der Bund in die Hände I. I. M. M. des Kaisers von Oesterreich, des Königs von Preußen und eines dritten Bundesfürsten, welcher in Vollmacht sämmtlicher übrigen Bundesstaaten handelt.“ Die Frage, ob die Beauftragung dieses dritten Mitglieds im Wege einer Wahl oder im Wege eines Turnus oder wie sonst zu bewerkstelligen sei, ist weiterer Verständigung vorbehalten. Ueber die Art und Weise, wie die mit der Executiv-Gewalt zu betrauenden drei Souveräne vertreten sein und zusammenwirken sollen, über den Sitz der neuen Behörde, die, um ihren Zweck vollständig zu erfüllen, nicht allein mit der jeweiligen Präsidialregierung, sondern auch mit der Bundesmilitärverwaltung und der Bundes-Kanzlei in unmittelbarem und beständigem Verkehr stehen müßte, ist in den Königlich Sächsischen Vorlagen nichts bemerkt.

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Was den Wirkungskreis der Executiv-Gewalt betrifft, so soll dieselbe zunächst „für den Eintritt außerordentlicher politischer Conjuncturen mit ausgedehnter Vollmacht des Bundes ausgestattet“ und in diesen Fällen berechtigt sein „die Ergreifung entsprechender Maßregeln, namentlich in militärischer Beziehung anzuordnen und ihren Anordnungen ist unbedingt Folge zu leisten.“ Außerdem soll es der Executive zustehen, über die Ausführung der auf dem Bundestage gefaßten Beschlüsse zu wachen und die dazu nach Befinden nöthigen Maßregeln anzuordnen. Dieß würde insbesondere da gelten, wo der Bund eine Einleitung des Executiv-Verfahrens beschlossen hätte. Es ist bereits oben darauf hingedeutet worden, wie eine mit solchen Befugnissen ausgestattete Executive, neben einer nach dem Königlich Sächsischen Reformplan umgestalteten Bundesversammlung, allmählig zur eigentlichen Inhaberin der Bundesgewalt werden müßte. In dieser Beziehung dürften noch folgende Bemerkungen hier am Platze sein. Der Sächsische Entwurf spricht von ausgedehnten Vollmachten für den Eintritt außerordentlicher politischer Conjuncturen. Allein auch abgesehen von solchen außerordentlichen Conjuncturen, könnten Fälle eintreten, in welchen, während der nach den Kgl. Sächsischen Vorschlägen 2mal im Jahre wiederkehrenden 5monatlichen Vertagung der Bundesversammlung, Beschlüsse gefaßt werden müßten, die nicht bis zum nächsten „Bundestag“ verschoben werden könnten. In solchen dringenden Fällen, die auch bei gewöhnlichen politischen Conjuncturen vorkommen können, würde daher die Executive in der Lage sein, ganz an die Stelle der Bundesversammlung zu treten und deren sämmtliche Befugnisse auszuüben, wenn sie nicht zu außerordentlichen Berufungen des Bundestags (wie sie im Dresdener Project nicht vorgesehen sind) schreiten wollte. Ein solches Verhältniß ist denn auch in den Motiven des Sächsischen Entwurfs angedeutet, indem an einer Stelle die „Continuität der Bundesaction“ als Zweck der Executive genannt wird. Insbesondere würde, nach den Dresdener Vorschlägen, die Bundes-Executiv-Gewalt häufig auch in die Lage kommen können, die Stelle der Bundesversammlung gegenüber dem Abgeordnetenhause einzunehmen. Der Bundesversammlung soll es nämlich zustehen, die Abgeordneten-Versammlung zu vertagen und aufzulösen. Nun wird aber unter Anderem gerade die Vorbereitung der Gesetze, welche der Abgeordneten-Versammlung vorgelegt werden sollen, Gegenstand der Berathung des Bundestags sein und es wird mithin die Abgeordneten-Versammlung erst nach dem Schlusse des Bundestags zusammenberufen werden können. Oder, wenn man sich auch Bundestag und Abgeordnetenversammlung zugleich berufen denkt, können doch leicht die Berathungen der letzteren länger dauern als die Sitzung des ersteren. Und wer soll, während der Vertagung des Bundestags, mit der Abgeordneten-Versammlung

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verkehren, wer die bei derselben fungirenden Bundescommissare eintretendenfalls mit den etwa erforderlichen weiteren Instructionen versehen, wer endlich über Vertagung oder Auflösung der Abgeordneten-Versammlung entscheiden? Doch wohl – da etwas Anderes im Entwurf nicht vorgesehen ist – die Executivbehörde! Man sieht, wie sehr die Bundesversammlung, wenn man ihre Permanenz aufgibt und dagegen eine permanente Executivbehörde schafft, an Bedeutung verlieren würde. Dagegen dürfte eine starke Executivgewalt neben der beständigen Bundes-Versammlung und unter deren fortwährender Controle nicht nur unbedenklich, sondern sogar für die Kräftigung der Bundesgewalt im Ganzen und für eine zum Voraus gesicherte Vollziehung der Bundesbeschlüsse von dem höchsten Nutzen sein. In letzterer Beziehung gibt der vorliegende Entwurf noch einem weiteren Zweifel Raum. Die projectirte Executiv-Gewalt soll nämlich nur in der Zwischenzeit zwischen den periodischen Bundestagen bestehen. Während der Dauer dieser Bundestage aber würde demnach keine besondere Bundesexecutive vorhanden sein, sondern es würden die der letzteren übertragenen Befugnisse auf die Bundesversammlung zurückfallen. Dieß möchte jedoch, namentlich wenn man an ein im Gange befindliches Executionsverfahren denkt, kaum ausführbar erscheinen, wie es denn überhaupt angemessener sein dürfte, die Executive als beständig der Bundesversammlung zur Seite stehend, zu constituiren. –––––––––––– Nachdem das Vorstehende beinahe vollständig niedergeschrieben war, ist die Abschrift der Depesche des Grafen Rechberg an den Kaiserlich Oesterreichischen Gesandten in Dresden, d. d. Wien, 5. l. Mts., nebst Abschrift einer dazu gehörigen Denkschrift hierher gelangt.8 Danach ist 1. ein Verzicht Oesterreichs auf das ausschließliche Präsidialrecht zu Gunsten eines Alternats mit Preußen, wie er in den Sächsischen Vorschlägen für die Umgestaltung der Bundes-Versammlung vorausgesetzt wird, nicht zu erwarten. Denn Oesterreich erklärt sich zu einem solchen Opfer nur unter der Bedingung bereit, daß der deutsche Bund sein Defensiv-System auf die außerdeutschen Besitzungen Oesterreichs und Preußens ausdehne, eine Bedingung, zu deren Erfüllung dermalen, wie das Kaiserliche Kabinet selbst bemerkt, keine Aussicht vorhanden ist. Dagegen ist in der erwähnten Depesche d. d. Wien, 5ten l. Ms., angedeutet, daß die Oesterreichische Regierung unter Umständen nicht abgeneigt sein werde, das Präsidialvorrecht zu Gunsten eines Wechsels zwischen Oesterreich, Preußen und einer die übrigen Staaten vertre8 Siehe Dok. 88.

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tenden Regierung und zum Zweck eines hierauf zu bauenden Bundesreformplans aufzugeben. 2. Das Wiener Cabinet erklärt sich auch mit den auf die Bundesversammlung bezüglichen sonstigen Abänderungsvorschlägen der Königlich Sächsischen Regierung, namentlich in Bezug auf Zeit und Ort der Bundestagssitzungen, nicht einverstanden. Es läßt dagegen durchblicken, daß es gegen eine auf größere Concentration der Bundesthätigkeit und auf Zuziehung eines repräsentativen Elements berechnete Bundesreform im Allgemeinen nichts zu erinnern finden würde. Nach dieser Oesterreichischen Erklärung wird man das jetzt vorliegende Reformproject des Dresdener Cabinets, soweit es sich insbesondere auf die Umgestaltung der Bundesversammlung bezieht, also in den Puncten, welche auch in den obigen Bemerkungen hauptsächlich beanstandet sind, als gescheitert betrachten müssen und es könnte sich nur noch fragen, ob sich aus den Trümmern dieses Plans etwas Neues bauen ließe, das größeren Halt verspräche. Die Grundzüge eines solchen neuen Reformprogramms müßten etwa Folgende sein: 1. die Bundesversammlung wäre in ihrer bisherigen Organisation, mit dem beständigen Sitz in Frankfurt a/M, als Mittelpunct der Bundesthätigkeit beizubehalten. Dagegen möchte die auf den Dresdener Ministerialconferenzen von 1851 bereits eingeleitete Revision derjenigen Bestimmungen wieder aufzunehmen sein, welche sich auf die Nothwendigkeit der Stimmeneinhelligkeit resp. der 2/3 Majorität bei gewissen Bundesbeschlüssen beziehen. Insbesondere müßte dabei die Beseitigung der irrationellen Vorschrift angestrebt werden, wonach über organische Einrichtungen (d. h. bleibende Anstalten, als Mittel zur Erfüllung der ausgesprochenen Bundeszwecke) kein Beschluß durch Stimmenmehrheit (auch nicht durch 2/3 Majorität) stattfindet. – Ob und inwiefern die bestehenden Bestimmungen über das Präsidium zu ändern wären, würde von der deßfallsigen endgiltigen Entschließung Oesterreichs abhängen. Als Grundsatz aber müßte festgehalten werden, daß an die Stelle des ausschließlichen österreichischen Präsidialrechts kein Privileg des Dualismus, sondern nur ein Turnus unter Dreien treten dürfte. 2. Bildung einer ständigen Bundesexecutiv-Gewalt, deren Befugnisse und Obliegenheiten theils dem Wirkungskreise der bisherigen Bundes-ExecutionsCommission zu entnehmen, theils so zu bestimmen wären, daß sie eine dauernde und im Voraus festgestellte Garantie für die Vollziehung aller Bundesbeschlüsse, Austrägal- (oder bundesgerichtlichen) Urtheile pp. involvirten. Käme ein zwischen Oesterreich, Preußen und einer von den übrigen Staaten gewählten Regierung wechselndes Präsidium zu Stande, so wäre damit zugleich ein geeigneter Anhaltspunkt für die Bildung der Executive gegeben. Es könnte daraus gewissermaßen ein Präsidialausschuß entstehen, welchem, an-

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knüpfend an die formelle Geschäftsleitung durch den jeweiligen Präsidialgesandten, vielleicht schon eine vorbereitende Thätigkeit für die Bundesbeschlüsse und dann, nach Fassung des Beschlusses, dessen Vollziehung zu übertragen wäre. 3. Eine Volksvertretung am Bund, bestehend aus einer Versammlung von Abgeordneten der deutschen Ständekammern, zur Mitwirkung bei Gesetzgebungsarbeiten. Bezüglich der Fragen: ob eine oder zwei Kammern? Der Mitgliedschaft, des Verhältnisses der Betheiligung der einzelnen, zum Bunde gehörigen Gebiete, der Geschäftsordnung pp. würden zunächst Vorschläge durch eine dazu besonders ernannte Commission auszuarbeiten und der Bundesversammlung zu unterbreiten sein. Auch über die Frage: ob und inwiefern der Abgeordneten-Versammlung etwa hinsichtlich anderer Gegenstände, als der Gesetzgebung, Befugnisse einzuräumen seien, könnten sich die Regierungen vorerst weitere Verständigung etwa bis dahin vorbehalten, wenn die Erfahrungen über die Wirksamkeit des neuen Instituts eine Erweiterung der Competenz desselben zulässig und räthlich erscheinen lassen sollten. 4. Ein Bundesgericht, wie es aus den bevorstehenden Verhandlungen der Bundesversammlung hervorgehen wird, beziehungsweise mit denjenigen Modificationen, welche sich durch die vorgeschlagenen sonstigen Bundesreformen als nothwendig oder nützlich ergeben sollten. –––––––––––– Ueber einen auf solchen Grundlagen ruhenden Reformplan wäre eine Verständigung der Mittelstaaten unter sich und mit Oesterreich wohl nicht unmöglich. An eine allseitige Zustimmung aber (wie solche zu Abänderungen der Bundesgrundgesetze erfordert wird), an einen einstimmigen, einen solchen oder irgend einen anderen Reformplan als Ganzes annehmenden Beschluß der Bundesversammlung könnte dermalen nicht wohl gedacht werden. Man darf zwar nicht behaupten, daß man einen derartigen Antrag überhaupt nicht stellen solle, weil man keine Aussicht hat, ihn durchzubringen. Denn auch das Stellen des Antrags könnte und würde seine Vortheile haben. Allein es liegt zugleich nahe, sich nach einem anderen Weg umzusehen, welcher vielleicht langsamer, aber sicherer zum Ziele führt und welcher einstweilen betreten werden könnte, ohne daß man deßhalb die andere Verfahrungsweise unversucht zu lassen brauchte. Ein solcher Weg scheint der zu sein, daß man nicht die ganze Reform auf einmal, sondern daß man sie successiv, soweit das jedesmalige practische Bedürfniß gerade reicht, in’s Werk zu setzen sucht. Dieser Weg gewährt den großen Vortheil, daß man das bestehende Recht nur nach und nach verläßt, somit

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stets festen Boden unter den Füßen behält und bei jedem Schritt Erfahrungen sammeln kann, die den weiteren Gang bestimmen und demselben umsomehr Sicherheit und Festigkeit geben können. Als nächstes practisches Bedürfniß aber dürfte (abgesehen von der Revision der Bundeskriegsverfassung und ähnlicher militärischer Sachen, die sich schon in Verhandlung befinden) die Berufung von Abgeordneten der Ständekammern zu betrachten sein, weil sich hier die Reformfrage an eine vom Bund bereits in Angriff genommene und Seitens der Mehrzahl der deutschen Regierungen, namentlich aber durch die Regierungen der Mittelstaaten, eifrigst geförderte Aufgabe, nämlich die Herbeiführung einer übereinstimmenden deutschen Gesetzgebung auf verschiedenen Gebieten des Rechts- und Verkehrslebens, zunächst anlehnt.9 So wie man über die Gründung eines Bundesgerichts selbstständige Verhandlungen eingeleitet hat, ohne eine Revision der Bundesverfassung im Ganzen abzuwarten, so könnte man auch die Volksvertretung am Bunde als eine besondere organische Einrichtung, unabhängig von der Bundesreform im Ganzen und unbeschadet derselben, in Angriff nehmen. Noch wichtiger aber würde es, nach diesseitiger Ansicht, sein, die Repräsentation der Ständekammern am Bund nicht sogleich als eine dauernde, organische Einrichtung, sondern vorerst nur als eine vorübergehende Maßregel in Anregung, und eventuell in Ausführung zu bringen und zwar als ein Mittel, um die vorhin erwähnten, in gemeinschaftlichen Werken der Gesetzgebung bestehenden gemeinnützigen Anordnungen in’s Leben zu führen. Man würde sich damit streng auf dem bundesgesetzlichen Boden des Artikels 64 der Wiener Schlußacte halten. Bei einem solchen Verfahren würde man am ersten Aussicht haben, eine Vereinigung aller oder doch fast aller deutschen Regierungen zu Stande zu bringen und man würde eines Erfolges jedenfalls insofern gewiß sein können, als die fragliche Maßregel, auch wenn sie nicht die 2/3 Majorität des Plenum’s für sich haben sollte, doch (analog dem Verfahren, welches z. B. hinsichtlich der Niedersetzung einer Commission zur Berathung über gleiches Maß und Gewicht beobachtet worden10) von den zustimmenden Regierungen allein, soweit es sie betrifft, in Ausführung gebracht werden könnte. 9 Die Harmonisierung der Gesetzgebung im Deutschen Bund, insbesondere auf dem Gebiet des Handels und Verkehrs wurde seit 1856 auf Bundesebene betrieben. In zahlreichen Bundestagsausschüssen und Sachverständigenkommissionen wurden entsprechende Gesetzentwürfe vorbereitet. Vgl. dazu ausführlich Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation S. 391–564, sowie jetzt Müller, Der Deutsche Bund und die ökonomische Nationsbildung. 10 Die Bundesversammlung hatte am 22. November 1860 eine Sachverständigenkommission für die Einführung gleicher Maße und Gewichte im Deutschen Bund einberufen. Die preußische Regierung sowie Braunschweig, Reuß jüngere Linie und Lippe sprachen sich gegen die Sach-

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Wenn eine Versammlung von Abgeordneten der deutschen Ständekammern, gewissermaßen eine Vereinigung der Gesetzgebungsausschüsse der Einzellandtage, in der angegebenen Weise d. h. zur Begutachtung der von Bundes wegen auszuarbeitenden Gesetzesentwürfe über ein deutsches Obligationen-Recht, über einen deutschen Civilprozeß, über ein deutsches Patentgesetz11 pp zusammengerufen wäre, so würden die Regierungen immerhin freie Hand behalten, das Institut, je nachdem es sich bei der ihm zunächst gestellten Aufgabe bewährte oder nicht, demnächst weiter auszubilden oder es wieder fallen zu lassen. Im ersteren Fall würde dann auch die Frage einer weiteren Bundesreform vielleicht unter günstigeren Verhältnissen wieder aufgenommen werden können. Ein dem Vorstehenden entsprechender Antrag am Bund könnte, unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Artikel 64 der Wiener Schlußacte, etwa dahin formulirt werden: Die Bundesversammlung wolle 1. beschließen, daß diejenigen Bundesregierungen, welche ihre Bereitwilligkeit, sich an den in Aussicht genommenen commissarischen Conferenzen zur Bearbeitung eines gemeinsamen deutschen Obligationen-Rechts und Civilprozesses, eines allgemein deutschen Patentgesetzes und eines Bundesbeschlusses über die Heimathsverhältnisse12, zu betheiligen, schon erklärt haben verständigenkommission aus, die dennoch – ohne die dissentierenden Staaten – am 12. Januar 1861 ihre Verhandlungen in Frankfurt aufnahm und am 30. April 1861 einen Entwurf für eine bundeseinheitliche Maß- und Gewichtsordnung vorlegte. Vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 444–446. 11 Zur Herbeiführung eines bundeseinheitlichen Gesetzes über die Rechtsgeschäfte und Schuldverhältnisse hatte der Ausschuß für das Bundesgericht am 12. August 1861 den Antrag auf Einsetzung einer Bundeskommission gestellt. Die Bundesversammlung setzte am 13. November 1862 eine entsprechende Sachverständigenkommission ein, die am 6. März 1864 einen Gesetzentwurf vorlegte, der aber niemals in Kraft gesetzt wurde. Die Einführung einer Allgemeinen Deutschen Zivilprozeßordnung stand seit 1859 auf der Tagesordnung der Bundesversammlung. Eine Sachverständigenkommission für dieses Projekt wurde am 17. Juli 1862 eingesetzt, ein Gesetzentwurf lag am 25. Juli 1864 vor. Über die Vereinheitlichung des Patentwesens wurde seit 1851 im Deutschen Bund verhandelt. 1859/60 verlangten die Staaten der „Würzburger Koalition“ die Berufung einer Sachverständigenkommission, die am 24. Juli 1862 von der Bundesversammlung eingesetzt wurde und am 25. November 1862 ihre Tätigkeit aufnahm; Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 429, 432–434, 507. 12 Die Frage des Heimatrechts hatte schon im Vormärz wiederholt zu Verhandlungen in der Bundesversammlung geführt. Im Februar 1856 hatte die bayerische Regierung angeregt, „eine Gleichförmigkeit in den gesetzlichen Bestimmungen über Staatsangehörigkeit und Ansässigmachung in ganz Deutschland herbeizuführen“, doch war es nicht zu konkreten Verhandlungen darüber gekommen. Auf der Würzburger Konferenz 1859 einigten sich die Mittelstaaten darauf, das Thema erneut in die Bundesversammlung zu bringen, und sie stellten am 17. Dezember 1859 den Antrag, die Verhandlungen über das Heimatrecht wieder aufzunehmen, doch

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oder noch erklären werden, aufzufordern seien, die Entsendung von Abgeordneten der in ihren zum deutschen Bunde gehörigen Besitzungen bestehenden landständischen Versammlungen auf geeignetem Wege zu veranlassen, damit diesen, in einem noch zu bestimmenden Zeitpunkte an den Sitz der Bundesversammlung zu berufenden Abgeordneten, die von den betreffenden Commissionen ausgearbeiteten, von der Bundesversammlung vorläufig genehmigten Entwürfe der fraglichen Gesetze pp. (sowie der von der Handelsgesetzgebungs-Commission ausgearbeitete Entwurf eines Gesetzes über Vollstreckung der civilgerichtlichen Urtheile13) zur Prüfung und zur Beschlußfassung über die auf Grund dieser Prüfung bei der Bundesversammlung zu stellenden Anträge vorgelegt werden können; 2. die Zahl der Abgeordneten, ihre Vertheilung auf die einzelnen Landesvertretungen, die Organisation der Versammlung und eine Geschäftsordnung für dieselbe durch besondere Beschlüsse festsetzen und zu diesem Behuf zunächst eine eigene Commission mit dem Auftrag versehen, deßfallsige Entwürfe auszuarbeiten und mit Gutachten vorzulegen; 3. wegen des demnächstigen Versammlungslocals der Abgeordneten, wegen der Vertretung der Bundesversammlung gegenüber der Abgeordnetenversammlung und in den sonst etwa zur Sprache kommenden Beziehungen das Geeignete vorkehren.

scheiterte die Initiative an den unvereinbaren partikularistischen Interessen; vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 548–551. 13 Die 1857 eingesetzte Kommission zur Herbeiführung eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs hatte 1861 eine Subkommission eingesetzt, die einen Entwurf für ein Bundesgesetz zur gegenseitigen Rechtshilfe erarbeitete. Der Entwurf wurde der Bundesversammlung am 25. Juli 1861 vorgelegt und bereits am 8. August 1861 genehmigt. Bis Ende 1862 gaben 28 Regierungen ihre Zustimmung zur Einführung des Gesetzes, doch kam eine definitive Einigung aller Bundesmitglieder bis 1866 nicht zustande; vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 419 f.

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94. Nachtrag zum Bundesreformplan Beusts HStA München, MA 493/2. Metallographie. – Reinschrift mit Korrekturen von der Hand Beusts in: HStA Dresden, 10 717, Nr. 936, fol. 353–362; Abschrift in: GStA Berlin, I. HA, Rep. 81, Gesandtschaft zu Wien II, Nr. 284; Veröffentlicht in: (Augsburger) Allgemeine Zeitung, Beilage zu Nr. 347 vom 13. Dezember 1861, S. 5677–5682; Druck in: Das Staatsarchiv, Bd. 2, 1862, Nr. 176, S. 10–15; Beust, Aus Drei Viertel-Jahrhunderten, Bd. 1, S. 291–298; Ebeling, Beust, Bd. 2, S. 17–23. – Beust sandte den „Nachtrag“ am 1. Dezember 1861 an die sächsischen diplomatischen Vertreter in Wien, Berlin, München und Hannover mit der Bemerkung: „Der Zweck dieses Schriftstücks ist kein anderer als den Regierungen gegenüber, welchen wir unsere Vorschläge mitgetheilt haben oder noch, auf besondern Wunsch, mittheilen sollten, mit der vollständigen Darlegung der leitenden Gedanken, die jenen Vorschlägen zu Grunde liegen, abzuschließen, wogegen es nicht unsere Absicht ist, in Folge der eingegangenen und noch zu erwartenden Entgegnungen, eine Polemik fortzusetzen. Es ist vielmehr unsere Absicht, auf die Letzteren nur insoweit einzugehen, als wir darin Anknüpfungspunkte für eine mögliche Verständigung aufzufinden vermögen sollten.“ HStA Dresden, 10 717, Nr. 936, fol. 351; vgl. HStA Dresden, Gesandtschaft München, Nr. 51.

Der Deutsche Bund ist ein Staatenbund. Ein Bundesstaat wäre gleichbedeutend mit der Auflösung des Bundes. Von daher kann es kein aus allgemeinen Wahlen hervorgehendes Parlament, keine einheitliche Zentralregierung, kein einheitliches militärisches Oberkommando und keine einheitliche Vertretung nach außen geben. Das bedeutet aber nicht, daß der Staatenbund vollkommen unfähig ist, den Anforderungen der nationalen Zusammengehörigkeit und der nationalen Machtentfaltung zu genügen. Wenn die deutschen Regierungen sich aufrichtig vereinigen, kann eine schrittweise Reform gelingen. Die Reformvorschläge vom Oktober sind eine Anregung, sie werden nicht durch die Kritik widerlegt, sondern erst dann, wenn eine bessere Lösung dargeboten wird.

Dresden, 20. November 1861 Nachtrag. Wir haben es mit einer Reform der Bundesverfassung zu tun. Will man dieses Wort zu Ehren bringen und nicht von vorn herein Lügen strafen, so wird man sich vergegenwärtigen müssen, daß es nicht Aufgabe sein kann, das Bestehende über den Haufen zu werfen und auf der Basis von Theorien, von Voraussetzungen und Wünschen ein neues Gebäude aufzuführen, sondern daß es darauf ankommt, das Bestehende umzubilden, ohne es in seiner Grundlage zu erschüttern. Geht man über diese Gränze hinaus, so erreicht man nichts als einen vollkommen berechtigten Widerstand hervorzurufen. Man muß daher vor Allem den Charakter des Bestehenden in’s Auge fassen und solchergestalt sich erinnern, daß der Deutsche Bund ein Staatenbund ist. Ein deutscher Bundesstaat ist mehrfach angestrebt worden, die Frage jedoch, ob er nur möglich sei, wird bei dem obigen Standpunkte der Reform schon durch die einfache Betrachtung verneint, daß der Bundesstaat gleichbedeutend ist mit der Auflösung des Bundes. Es genügt darauf hinzuweisen, daß die Vertheidiger dieser Idee keine andere Verwirklichung derselben aufzufinden ver-

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mocht haben, als die Constituirung einer einheitlichen Leitung in der Hand der einen Großmacht, woraus, ganz abgesehen von der Frage der zweifelhaften Unterordnung sämmtlicher, unter diese Leitung zu stellenden Staaten, die Ausscheidung der andern Großmacht aus dem deutschen Bunde folgt; denn darüber wird Niemand, der die Dinge mit offenen Augen betrachten will, in Zweifel sein, daß der dabei in Aussicht genommene weitere Bund nichts Anderes sein könnte, als ein Allianzvertrag, dessen Dauer und Ausführung, wie jedes andere politische Bündniß von wechselnden Umständen abhängig bleiben würde. Diese einfache Betrachtung begründet den Standpunkt, daß jeder Reformversuch, der den Staatenbund nicht zum Ausgang nimmt, ein unpraktischer ist. Unpraktisch ist daher der Vorschlag eines aus directen allgemeinen Volkswahlen hervorgehenden Parlaments. Eine solche Nationalvertretung, die, ihrem Mandat zufolge, von den einzelnen conföderirten Staaten nichts weiß, kann in einem Staatenbunde nicht ein organisches Glied werden, ohne entweder den Staatenbund aufzulösen oder vom Staatenbund aufgelöst zu werden. Dies war die Geschichte der Jahre 1848 und 49. Das Erste wurde versucht, das Zweite geschah. In einer Bundesreform ist daher für diese Idee kein Platz. Unpraktisch ist der Gedanke einer einheitlichen Centralregierung, welcher die einzelnen Staaten in ständiger Weise zu gehorchen hätten. Ihre Aufgabe könnte eine solche Centralgewalt nur dann erfüllen, wenn sie in Einer Hand sich befände. Angenommen nun selbst, daß die übrigen Staaten außer Oesterreich und Preußen sich, in der Gestalt eines unter Beiden wechselnden Turnus, dem absoluten Dualismus unterwerfen wollten, was nachhaltig zu bestreiten ist, so würden beide Mächte es mit ihrer europäischen Stellung nicht vereinbar finden, sich auch nur zeitweise eine[r] der andern unterzuordnen und noch weniger Dies einem Vertreter der übrigen Staaten gegenüber zu thun. Unpraktisch erscheint aus denselben Gründen ein ständig in Einer Hand befindliches militairisches Obercommando, und nicht minder eine ausschließliche einheitliche Vertretung nach außen. Auch diese Gedanken gehören daher nicht in das Gebiet der Bundesreform. Heißt Das etwa dem Staatenbunde ein absolutes Armuthszeugniß ausstellen? Ist der Staatenbund, dessen Bestehen Deutschland die schönsten Blüthen seines inneren Culturlebens, seiner Volkswirthschaft, seines materiellen Wohlstandes verdankt, vollkommen unfähig, den Anforderungen der nationalen Zusammengehörigkeit, der nationalen Machtentfaltung zu genügen? Gewiß nicht. Nur wolle man nicht mit einem Schlage erreichen, was das Werk mühsamen und beharrlichen Zusammenwirkens sein muß, dann aber auch gelingen wird. Von diesen Gesichtspunkten aus, welche allerdings nicht auf theoretischer Grundlage construirt sind, wohl aber auf einer nüchternen Anschauung recht-

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licher und thatsächlicher Verhältnisse beruhen, möge man die gemachten Vorschläge beurtheilen. Der leitende Gedanke, der ihnen zum Grunde liegt, ist dahin gerichtet, daß eine concentrische und expansive Thätigkeit eines Staatenbundes wesentlich bedingt sei, durch eine möglichst unmittelbare lebendige Berührung der Bundesglieder unter sich, und zwar in gemeinsamer Berathung. Hierdurch allein kann es möglich werden, eine billige Erkenntniß der sich gegenüberstehenden gerechten Ansprüche, die Beseitigung unseligen Mißtrauens, das Gefühl der vereinten Kraft zu erreichen und ist Dies erst erreicht, so wird man auch zur Eintracht gelangen und es wird alsdann an Selbstverleugnung und Aufopferungsfähigkeit nicht fehlen. Die diplomatischen Beziehungen unter den einzelnen deutschen Staaten erweisen sich nützlich, um ein freundliches Vernehmen unter ihnen zu erhalten und die gegenseitigen Interessen zu fördern und auszugleichen; jenem allgemeinen Zwecke können sie nicht genügen. Eben so wenig kann Dies eine Versammlung von Bevollmächtigten, welche weder berufen, noch befähigt sind, eine gemeinsame selbstständige Berathung zu pflegen. Aus diesem Grunde, nicht um mit dem Scheine einer Neuerung, die Sache beim Alten zu lassen, sondern um dem eben ausgesprochenen Gedanken eine lebende Gestalt zu geben, hat man die periodischen Bundestage vorgeschlagen. Man hat dabei an der Zusammensetzung des engern Raths Etwas nicht geändert, um nicht von Haus aus Schwierigkeiten hervorzurufen, die nach den Erfahrungen der Dresdner Conferenzen man sehr zu vermeiden Ursache hatte, während sachlich man darauf einen sehr secundairen Werth legen zu sollen glaubte. Die realen Machtverhältnisse, für welche man vielfach eine organisatorische Form beansprucht, werden bei einer periodischen Zusammenkunft, wobei die Regierungen so zu sagen von Angesicht zu Angesicht sich begegnen, besser in’s Gewicht fallen, als wenn eine scheinbare Ausgleichung mit ein paar Stimmen mehr oder weniger versucht wird. Man wird vielleicht einhalten, daß der ebenangeführte Vorgang der Dresdener Conferenzen kein ermuthigender sei.1 Es sind indessen verschiedene Umstände zu beachten, welche auf den Verlauf derselben ungünstig einwirkten und welche für die periodischen Bundestage gar nicht in Aussicht zu nehmen sein würden. Die Dresdener Conferenzen traten in einem Augenblicke zusammen, wo ein großer Meinungskampf sich moralisch in sich selbst aufgezehrt, thatsächlich aber und in seinen äußeren Folgen Deutschland an die Schwelle des Bürgerkriegs gebracht hatte. Eine sehr natürliche Nachwirkung war daher 1 Zum Verlauf und den Ergebnissen der Dresdener Konferenzen von 1850/51 siehe QGDB III/1, sowie Flöter/Wartenberg (Hrsg.), Die Dresdener Konferenz, Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 55–68, Flöter, Beust und die Reform des Deutschen Bundes, S. 55–89.

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Nachtrag zum Bundesreformplan Beusts

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Erschöpfung auf der einen Seite, Sehnsucht nach Ruhe und innerem2 Frieden auf der andern. Es war daher nicht sowohl, wie man oft behauptet hat, ein Mißtrauen in die Resultate eines Regierungscongresses, als vielmehr die aus den eben geschilderten Zeitverhältnissen erwachsende Abspannung, welche von Anfang an die Dresdener Conferenzen mit einer gewissen Gleichgültigkeit umgab und ihnen den heilsamen Impuls der öffentlichen Aufmerksamkeit entzog. So kam es dann auch daß die schließliche Rückkehr zum alten Bundestag zwar als Merkmal der Unfruchtbarkeit der Conferenz ausgebeutet, im Allgemeinen aber als Etwas der augenblicklichen Lage Entsprechendes und ihren nächsten Anforderungen Genügendes betrachtet wurde. Der mehr oder minder resultatlose Ausgang hatte überdies seinen Grund in der formellen Einleitung der Geschäftsbehandlung. Man berief ein Bundesplenum mit persönlicher Vertretung aller Virilstimmen, verhandelte die Geschäfte in Commissionen, in welchen die beiden Großmächte und die vier Königreiche fast ausschließlich das Wort führten und legte das Resultat dem Plenum vor, in welchem wiederum nicht nach Maßgabe der Stimmenzahl im Plenum abgestimmt wurde. So gelangte man dann zu dem denkwürdigen Ergebnisse, daß Vorschläge, über welche die beiden Großmächte und die vier Königreiche sich geeinigt hatten, von der Mehrzahl der übrigen Bundesglieder mit Erfolg verworfen werden konnten. Es ist aber ganz besonders Eines nicht aus den Augen zu verlieren, was bereits in der vorausgehenden Denkschrift3 hervorgehoben wurde: Die periodischen Bundestage würden nur die Aufgabe haben, die beim Bunde anhängigen Angelegenheiten zur Erledigung zu bringen. Es können auch Verbesserungen einzelner Theile der Bundeseinrichtungen – wie namentlich die Ausführung einzelner Bestimmungen der Bundeskriegsverfassung, die Frage der maritimen Vertheidigung Deutschlands, eine engere Vereinigung der Vertretung nach außen, genauere Normirung der Competenz der einzuberufenden Kammervertretung beim Bunde – daselbst zur Verhandlung kommen, aber immerhin würde es nicht die erklärte Aufgabe des zusammentretenden Bundestags sein, eine revidirte Bundesverfassung zu entwerfen, mithin auch ein resultatloser Ausgang, wie solcher bei den Dresdener Conferenzen eintrat, nicht in Aussicht stehen. Der Nutzen jeder neuen Einrichtung wird stets von dem Eifer und von der Einsicht abhängen, womit diejenigen sie handhaben, welche dazu berufen sind. Mit Sicherheit wird sich daher nie im Voraus über die Güte und über die Mängel einer neuen Institution absprechen lassen und vielleicht dann am wenigsten, wenn dieselbe den Anforderungen einer systematischen Gliederung 2 Emendiert. Vorlage: inneren. 3 Siehe Dok. 86.

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sich gefällig erweist. Der einzige Maßstab, der sich für die Beurtheilung noch am Ehesten als zulässig denken läßt, dürfte in der Anwendung auf bereits dagewesene Fälle zu finden sein; und in dieser Beziehung erscheint es erlaubt, auf den verhängnißvollen Zeitpunkt zu verweisen, welchem man im Frühjahr 1859 gegenüber stand.4 Mögen noch heute die Ansichten über das, was damals geschah, und das, was hätte geschehen sollen, auseinander gehen – und es darf angenommen werden, daß ein allseitiges aufrichtiges Bekenntniß hierüber heute keinen wesentlichen Zwiespalt mehr herausstellen würde – darüber wird man ernstlich einen Zweifel nicht erheben wollen, daß ein Bundestag, wie ihn die Vorschläge sich denken, wenn er am 1. Mai 1859 zusammentrat, nicht ohne einen entscheidenden Beschluß auseinander gehen konnte, und daß dieser Beschluß in dem Votum einer gleichzeitig einberufenen Delegirtenversammlung – man wolle sich nur der in jenen Tagen allgemein herrschenden Stimmung erinnern – einen sichern Nachdruck gefunden haben würde. Das geeinigte Deutschland würde die eine Großmacht nicht verlassen und sich der Führung der andern gern anvertraut haben. Man wird den Vorschlägen, soweit sie die Vertretung der Kammern betreffen, eine gewisse Unsicherheit der Auffassung und einen Mangel scharfer Begrenzung zum Vorwurf machen. Es ist deshalb nicht überflüssig, auch hier den leitenden Standpunkt darzulegen. Wäre es darauf angekommen, in der öffentlichen Meinung einen raschen Beifall zu erndten, so würde es nicht schwer gefallen sein, einen diesem Zwecke entsprechenden Vorschlag zu finden. Dies aber konnte nicht die Aufgabe sein. Man hätte es mit der Gewissenhaftigkeit nicht zu vereinigen vermocht, Vorschläge hinauszugeben, mit denen man die Annehmlichkeiten des Applauses für sich selbst, die Unannehmlichkeiten des Widerspruchs dagegen für Andere in Aussicht zu nehmen hatte. Es sind daher der Thätigkeit der projectirten Abgeordnetenversammlung enge Grenzen gezogen worden, indem man nach der einen Seite daran festhielt, daß in Bezug auf das Mehr oder Minder der einzuräumenden Befugnisse der freien Vereinbarung der Regierungen nicht vorgegriffen werden dürfe, von der andern Seite aber es zweckmäßig erschien, daß der Versuch des neuen Organismus in einer vorsichtigen Weise und dergestalt eingerichtet werde, um den Regierungen dazu Muth, den Volksvertretungen aber, beziehentlich deren Delegirten Anlaß zu der Betrachtung zu geben, daß nur ein maßvoller Gebrauch der gebotenen Mitwirkung von ihrer Seite die Befestigung und Ausbildung der neuen Einrichtung bedinge. 4 Beust bezieht sich auf die Frage, welche Stellung der Deutsche Bund im Hinblick auf den Krieg zwischen Österreich und Italien einnehmen sollte; vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 276–286; Brandt, Deutsche Geschichte 1850–1870, S. 71–78; zur internationalen Dimension: Gall, Europa auf dem Weg in die Moderne, S. 46–56; Baumgart, Europäisches Konzert und nationale Bewegung, S. 352–363.

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Nachtrag zum Bundesreformplan Beusts

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Daß die Verhandlung, unter den angenommenen Voraussetzungen, keine leichte Aufgabe sein werde, wurde bereits anerkannt. So unverkennbar indessen die Schwierigkeiten sind, die sich nach der angenommenen Basis vorhersehen lassen, so dürfen sie auch nicht überschätzt werden. Die Vorbedingung des ganzen Vorschlags beruht freilich auf der Voraussetzung einer aufrichtigen Vereinigung der deutschen Regierungen zu dem neuen Organismus. Erklärt man diese für eine Unmöglichkeit, so wäre freilich jede weitere Betrachtung über die Güte des Organismus selbst unnöthig. Ist sie dagegen zulässig, und hiervon allein kann eine Discussion über die Consequenzen der neuen Einrichtung ausgehen, so werden die im Bundestage vereinigten Regierungen eben so gut, wie jede einzelne Regierung, und sogar noch mehr, diejenigen Kräfte zu ihrer Verfügung haben, deren es bedarf, um einer Repräsentation gegenüber Stand zu halten, und durch Nachdruck ebensowohl, als durch Versöhnlichkeit ihre Unterstützung zu gewinnen. Unter dieser Voraussetzung werden dann auch die Schwierigkeiten nicht unüberwindlich bleiben, die mit der Berücksichtigung etwaiger Anträge verbunden sein könnten. Was die Zahl der abzuordnenden Delegirten und deren Vertheilung auf die einzelnen Länder betrifft, so sind die Vorschläge selbstverständlich nur bestimmt, einen ersten Wurf zu geben, ohne im mindesten einer anderweiten Regulirung vorzugreifen. Dasselbe gilt von den vorgeschlagenen Modalitäten der Geschäftsbehandlung auf den einzuberufenden Bundestagen. Es hätte einerseits über die nächste Bestimmung der Vorschläge hinausgeführt, ein erschöpfendes Geschäftsregulativ aufzustellen, andererseits erschien es sogar unzweckmäßig sich in Fixirung von Details einzulassen, deren Beschaffenheit etwas rein Secundaires ist und bei deren Feststellung man Gefahr läuft, mit unbekannten Neigungen und Abneigungen in Conflict zu gerathen. Nur Einer möglichen Ausstellung möge begegnet sein. Man wird bei der vorgeschlagenen Einrichtung einen Ersatz für die bisherigen Ausschüsse der Bundes-Versammlung vermissen und vielleicht namentlich an diesen rühmen daß sie zur Vermittelung entgegenstehender Ansichten dienten. Dieser Nutzen soll keineswegs bestritten werden. Wenn man indessen einhalten sollte daß die Berathung wie sie jetzt in den Ausschüssen stattfindet durch Correspondenz unter den Regierungen nicht zu ersetzen sei, so würde zu entgegnen sein, daß jene Ausgleichung sehr häufig, ja fast in der Regel nur das Resultat der Correspondenz war, was eben für die Verzögerung der Berichtserstattung die geeignete Entschuldigung darbot. Innerhalb der vier Wochen, die nach den Vorschlägen zwischen der Kenntnißnahme des Gutachtens und dem Bundestage inneliegen sollen, ist für die einzelnen Regierungen, wenn sie sich concordiren wollen, Zeit genug zur Correspondenz darüber gegeben. Jene ausgleichende Thätigkeit der Ausschüsse hat aber noch überdies nicht selten ihre

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Schattenseite gehabt. Das Bestreben, vermittelnd einzuwirken, hat oft dazu beigetragen, Unsicherheit in die Bundesbeschlüsse zu bringen. Wenn eine einzelne Regierung mit der Erstattung des Gutachtens betrauet ist, so wird sie es als eine Ehrensache behandeln, daß dasselbe mit gleicher Gründlichkeit, als dies in anerkennenswerther Weise in den Ausschüssen geschah, geliefert werde, sie wird dazu die besten, ihr zu Gebote stehenden Kräfte verwenden, dieses Gutachten aber, bei dessen Redaction man nicht ausgeglichen hat, wird mehr sachlich und consequent durchgeführt sein, als dies häufig in den Ausschußberichten geschah, und es möchte anzunehmen erlaubt sein, daß die Abstimmung über ein solches Gutachten manchen Regierungen leichter werden würde, als dies zuweilen bei den jetzigen Ausschußberichten der Fall ist, deren vortrefflicher Ausarbeitung eben durch die Folgen jener Ausgleichung nicht selten Abbruch geschieht. Die Errichtung des Bundesgerichts auf der einen, die Einsetzung der Executive auf der andern Seite, welcher gerade auf dem militairischen und diplomatischen Gebiete, nach Erfordern der Umstände die ausgedehntesten Vollmachten zufallen würden, weisen zur Genüge die Voraussetzung zurück, als seien die Vorschläge nur darauf berechnet, die Bundesgewalt nach Innen zu stärken, nicht aber nach Außen. Endlich mag an die Schlußworte der vorausgehenden Denkschrift erinnert werden. Die Vorschläge bezwecken eine Anregung, nur geschieht diese Anregung in etwas nachdrücklicherer Form, als der eines allgemeinen Antrags. Sie sind der Kritik zugänglich, allein sie werden in der Kritik allein nicht ihre Widerlegung finden, sondern erst in der Darbietung einer bessern und zugleich ausführbaren Lösung.

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Artikel im Frankfurter Journal

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95. Artikel im Frankfurter Journal11 Frankfurter Journal vom 26. November 1861, Erste Beilage zu Nr. 328.

Der Reformplan Beusts hilft keinem einzigen Mißstand ab, sondern gibt dem Grundübel, dem Partikularismus, neue Stützen. Preußen wird den Plan ablehnen, weil es auf den ihm zugrunde liegenden Triasgedanken nicht eingehen kann. Der Plan wird keinen anderen Erfolg haben, als zu zeigen, was das deutsche Volk von mittelstaalicher Reformpraktik zu erwarten hat.

Frankfurt am Main, 26. November 1861 Deutschland. P. Vom Rhein, 23. Nov. Die Existenz eines von Hrn. v. Beust entworfenen Bundesreform-Projects steht nunmehr außer Frage, und auch die Grundzüge desselben, wie sie in öffentlichen Blättern mitgetheilt worden sind, scheinen richtig angegeben zu seyn. Das Urtheil darüber kann von Seiten der Reformfreunde nur ein ablehnendes seyn. Wenn dieser Plan auch nur einige der Uebel der bestehenden Bundesverfassung beseitigte, so könnte man in ihm eine Abschlagszahlung erblicken; so aber hilft er keinem einzigen Mißstand ab, und strebt im Wesen nur dahin, dem Grundübel, an dem wir leiden, dem Mißverhältniß zwischen Vielheit und Einheit, statt der alten, morsch werdenden neue dauerhafte Stützen zu geben. Der Grundgedanke, der die ganze Politik des Particularismus beherrscht, den Schwerpunct aller Entscheidungen in seine Hände zu bringen, das ungelöste Verhältniß zwischen Oesterreich und Preußen zu seinem Vortheil auszubeuten, und mit Hülfe des ersteren das letztere niederzuhalten; dieser Grundgedanke tritt unverhüllt aus den Grundzügen des Projectes hervor, und darum wird er Niemand täuschen, als sich selbst. In dem dreiköpfigen Directorium, das an die Stelle des Bundestags treten soll, ist der Triasgedanke verkörpert, der nur in sehr kleinen Kreisen Anklang findet. Wer soll der dritte im Bunde seyn? Wenn Oesterreich und Preußen als Großmächte einen Anspruch auf das Recht haben, bleibende Mitglieder des Directoriums zu seyn, so hat Bayern als der bedeutendste unter den Mittelstaaten offenbar ein ähnliches Recht, diese Staatengruppe zu repräsentiren. Dieser Vorzug wird ihm aber eben so bestritten werden, als es selbst den zwei Großmächten das Recht einer dualistischen Führung streitig macht. Dieses dreigetheilte Directorium hätte zwei Glieder, die sich selbst bestimmen würden, und Eines, das jeweils zu wählen wäre, und als Vollmachtsträger einer größeren Staatengruppe von ihr sein Mandat zu erhalten hätte. Daß dieß ein sehr schwerfälliger, zu 1 Das „Frankfurter Journal“ erschien von 1783 bis 1903. Die Zeitung war 1848/49 das führende Organ der Demokraten gewesen und vertrat später nationalliberale Positionen; Dokumente aus geheimen Archiven, Bd. 5, S. 415, Anm. 409.

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Zwietracht und Zeitverlust führender Organismus wäre, liegt am Tage. So lang Oesterreichs deutsche Politik im alten Geleise sich bewegt, wird dieses Directorium wesentlich nur die Einigkeit zwischen ihm und den Mittelstaaten darstellen, um Preußen zu überstimmen. Darum wird dieses auf einen solchen Plan nie eingehen können. Was die Umwandlung des Bundestags in zwei Ministertage betrifft, so ist auch damit nichts gewonnen. Zu ihrer Empfehlung führt man an, daß die auf ihnen versammelten Minister nicht erst Instructionen einzuholen haben, sondern dieselben im Voraus mitbringen würden. Es läßt sich nicht denken, wie dieß möglich seyn werde, ohne daß unter den die Ministertage beschickenden Regierungen im Voraus eine Vereinbarung über das dort zu Beschließende stattgefunden habe, denn sie werden schwerlich geneigt seyn, ihre Vertreter zu ihren Herren zu machen. Da mit diesen Ministertagen eine Volksvertretung verbunden seyn soll, über deren Rechte freilich nichts bemerkt, und doch nicht vorauszusehen ist, was für Anträge aus dem Schooße derselben hervorgehen werden, so ist es um so unmöglicher, die Minister mit Instructionen für Fälle zu versehen, die gar nicht vorher zu bestimmen sind. Was ferner die Zahl der Volksvertreter betrifft, so tritt auch hier der Triasgedanke und die Absicht, den Mittelstaaten und Oesterreich das Uebergewicht zu geben, klar hervor. Oesterreich soll eben so viel Vertreter senden, als Preußen, obgleich letzteres mehr als das Doppelte der Bevölkerung zählt, die bei einem deutschen Parlament allein in Anschlag gebracht werden kann, nämlich die deutsche. Daß auch auf diesen Theil des Projects Preußen nicht eingehen kann, ist klar. Oesterreich und die Mittelstaaten würden auch auf den sog. Ministertagen es überflügeln. Endlich ist auch die Wahl der Orte für die letzteren unglücklich, Regensburg und Hamburg. Warum wird nicht Frankfurt, der Sitz des Directoriums, beibehalten? Können nicht die im Vorsitz alternirenden Mächte eben so gut hier als an zwei Orten ihre Functionen ausüben? Was diesen wechselnden Vorsitz der beiden Großmächte selbst betrifft, so ist er sehr wenig geeignet, ein Ausdruck der Rechtsgleichheit unter beiden zu seyn. Er ist für Preußen eher ein Hohn als eine Ehre, wenn man in Betracht zieht, daß es mit seinen fast 17 Millionen Deutschen nicht stärker vertreten seyn soll, als Oesterreich mit sieben. Es ist ein wesenloser Schein, der die schreiendste Rechtsverkümmerung verdecken soll. Unter solchen Umständen wird dieser Beust’sche Plan wohl keinen andern Erfolg haben, als jenes schätzbare Dresdner Material2 zu vermehren, und dem deutschen Volk zu zeigen, was es von mittelstaatlicher Reformpraktik zu erwarten habe! 2 Als „schätzbare Materialien“ wurden allgemein die in Dresden 1850/51 verhandelten Entwürfe für eine Bundesreform bezeichnet. Die Formulierung geht zurück auf das preußische Votum („schätzbare Arbeiten“) in der 9. Plenarsitzung der Dresdener Konferenz vom 15. Mai 1851. Im Schlußprotokoll der Konferenz war von „schätzbaren Materialien“ die Rede; QGDB III/1, S. 510 u. 542.

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Artikel in der Zeit

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96. Artikel in der Zeit 11 Die Zeit. Tageblatt für Politik, Handel und Wissenschaft, unter Mitwirkung von L. Häusser, G. Riesser, Dav. Strauß und E. Zeller redigirt von A. Lammers, Nr. 202 vom 26. November 1861, S. 2453–2456.

Der Reformplan Beusts hat bei allen, die bisher davon Kenntnis erhielten, völlige Enttäuschung hervorgerufen. Die Vorschläge Beusts beruhen auf einer falschen Grundlage, sind in vielem praktisch unausführbar und im Hinblick auf die nationale Frage ungenügend. Es sind „Flickereien“ an den bisherigen Einrichtungen, die nicht weiterhelfen. Der Reformplan ist bedeutungslos.

Frankfurt am Main, 26. November 1861 Das Beust’sche Project. Der sächsische Minister Herr von Beust gilt für den begabtesten Staatsmann in den Mittelstaaten; daher wurde auch die Nachricht, daß er einen Vorschlag zur Veränderung der Bundeseinrichtungen entworfen habe und denselben den übrigen Regierungen mitzutheilen beabsichtige, überall in Deutschland mit großer Theilnahme aufgenommen, und man sah Näherem mit Spannung entgegen. Nun, der Vorschlag dringt jetzt allmählich in die Oeffentlichkeit, das Ergebniß aber ist bei Allen, welche bis jetzt in der Lage waren zu sehen oder zu hören, völlige Enttäuschung! Man vernimmt nur Erstaunen über die Unbedeutendheit und zu gleicher Zeit handgreifliche Unausführbarkeit der Vorschläge, und über die Flüchtigkeit der Begründung. Niemand konnte natürlich so naiv sein zu glauben, Herr von Beust werde seine ganze Richtung verändert haben, der preußischen Hegemonie gewogen sein und dergleichen: allein man war durch den Ruf des Mannes berechtigt, etwas staatsmännisches von ihm zu erwarten; man durfte wenigstens von dem mit der Führung von Geschäften Vertrauten auf etwas practisch Handbares [sic] rechnen. Sind wir recht unterrichtet, – und wir glauben es zu sein, – so ist das Project im wesentlichen so, wie die Allgemeine Zeitung vor einiger Zeit angegeben hatte.2 Der jetzige Bund soll also in seiner blos völkerrechtlichen Bedeu1 Das Blatt „Die Zeit. Tageblatt für Politik, Handel und Wissenschaft“ erschien 1861/62 in Frankfurt am Main und ging 1862 in der „Süddeutschen Zeitung“ auf. Gründer und Redakteur des kleindeutsch-nationalliberalen Blatts war August Lammers (1831–1892), ein Gründungsmitglied des Nationalvereins, der zuvor schon Redakteur bei der „Weser-Zeitung“, der „Hildesheimer Allgemeinen Zeitung“ und der „Zeitung für Norddeutschland“ gewesen war. Als Mitarbeiter konnten die renommierten Liberalen Ludwig Häusser (1818–1867) und Gabriel Riesser (1806–1863) sowie die bekannten Wissenschaftler David Friedrich Strauß (1808–1874) und Eduard Zeller (1814–1908) gewonnen werden; ADB, Bd. 51, S. 536–542 (Lammers). 2 (Augsburger) Allgemeine Zeitung, Beilage zur Nr. 347 vom 13. Dezember 1861, S. 5677–5682: Abdruck der Reformdenkschrift Beusts vom 15. Oktober 1861 und des Nachtrags vom 20. November 1861; vgl. oben Dok. 86 und 94.

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tung bestehen bleiben, ebenso seine ganze jetzige Competenz negativ und positiv, so wie die Art seines Verfahrens; und nur nachstehende Aenderungen werden vorgeschlagen: Vor allem soll der jetzige Bundestag als stehende Behörde aufgehoben werden, dagegen am 1. Mai und am 1. November, einmal in Regensburg und einmal in Hamburg, eine Versammlung von gleicher Art zusammentreten, längstens je auf vier Wochen. Als Führer der siebzehn Stimmen sind die Minister der auswärtigen Angelegenheiten vorausgesetzt, jedoch nicht ausdrücklich genannt; ein zweiter Bevollmächtigter könnte aber, so ist in den Motiven angedeutet, bleiben, wenn der erste nach einigen Wochen abreiste, und das Minderwichtige besorgen. Die Stimmführer sollen so vollständig mit Instructionen versehen sein, daß ohne Zeitverlust zu den Beschlüssen geschritten werden könnte; zu einer etwa nöthigen neuen Instructionseinholung dürften nie mehr als drei Tage verwilligt werden. Damit aber eine solche Bereitschaft möglich sei, werden während der Ferien alle Anträge von Regierungen und Privaten vom Präsidialstaate alsbald an sämmtliche deutsche Regierungen mitgetheilt; nur solche jedoch, welche wenigstens vier Wochen vor dem Zusammentritt der Bundesversammlung eingereicht sind, können zur Verhandlung kommen. Die siebzehn Stimmen in der Versammlung wären ganz geordnet wie im jetzigen Engeren Rathe des Bundestages; ebenso soll das Plenum bleiben; den Vorsitz führen abwechselnd Oesterreich und Preußen. Neben dem nomadischen Bundestage sollen aber bleibende Bundesbehörden sein, und zwar: eine Executivgewalt, bestehend aus dem Kaiser von Oesterreich, dem Könige von Preußen und einem dritten Fürsten aus der Zahl der übrigen; die auf wenige Beamte zu beschränkende Bundeskanzlei; die Militärcommission, umgewandelt in eine Militärverwaltung; endlich ein Bundesgericht, dessen nähere Einrichtung dem nächstens (!) zu erwartenden Bundesbeschlusse überlassen bleibt. Endlich wird auch noch eine Vertretung der Nation, oder vielmehr der Ständeversammlungen bewilligt, bestehend aus 128 Mitgliedern, je 30 aus Oesterreich und aus Preußen, 10 aus Bayern, 6 aus Sachsen, Hannover und Würtemberg, und so dann herunter; nur Liechtenstein und Homburg sollen gar nichts erhalten. Die Mitglieder sollen in jedem Lande von den vereinigten ständischen Kammern gewählt werden; die Versammlung findet nicht regelmäßig statt, sondern es wird von dem Bundestage beschlossen, ob und zu welchem Behufe ein Zusammentritt stattfinden soll. Dieser löst auch auf und vertagt; so wie er die Geschäftsordnung zu geben hat. Was nun aber die Zuständigkeit dieser verschiedenen Organe des staatlichen Lebens von Gesammtdeutschland betrifft, so bleibt es für die Bundesversammlung ganz bei dem Bisherigen; nur die Dauer und der Ort seiner Sitzung ist geändert. Die Bestimmung der Executivbehörde ist im wesentlichen durch den Namen gegeben; sie soll die Beschlüsse der Versammlung vollstrecken;

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dabei ist ihr denn aber auch das Recht eingeräumt, in der Zwischenzeit zwischen zwei Sitzungen etwa nothwendig werdende Maßregeln, namentlich in militärischer Beziehung, anzuordnen, welchen dann unbedingt Folge zu leisten sei. Die Militärverwaltung soll neben dem bisherigen Geschäftskreise der Militärcommission auch noch das Bundeseigenthum, also die Festungen und ihre Ausrüstung, etwa auch eine Bundesmarine, „selbständig“ verwalten, doch unter der Verpflichtung halbjähriger Geschäftsberichte. Ueber die Bundeskanzlei ist nichts Näheres bestimmt, als daß sie aus wenigen Beamten zu bestehen habe. Dagegen wird dem Bundesgerichte die Entscheidung aller auftauchenden Rechtsfragen, insbesondere der Streitigkeiten zwischen Regierungen und Ständen zugewiesen. Und was endlich die Nationalvertretung betrifft, so ist zunächst ausgesprochen, daß sie mit den sämmtlichen Vertheidigungseinrichtungen und mit den Kosten derselben nichts zu thun haben soll, indem die Beschlüsse hierüber unbedingt verpflichtend seien. Dagegen soll sie die aus Artikel 2 der Bundesacte sich ergebenden und etwa auch nach Analogie auszudehnenden Gesetze berathen und beschließen dürfen, ebenso Gesetzeswerke, welche für alle deutschen Staaten gleichförmig gewünscht werden. Fachmänner-Commissionen werden die Entwürfe ausarbeiten, auch dieselben durch Mitglieder aus ihrer Mitte vor der Versammlung vertreten; doch könne auch die Bundesversammlung zur letzteren eine Abordnung schicken. In eigentlich politischen Angelegenheiten habe die Versammlung keine Zuständigkeit, jedoch könnten immerhin Mittheilungen an sie erfolgen, ohne aber daß ihr ein votum consultativum oder gar decisivum zustände. Es sei zwar eine solche Theilnahme an Politik sehr bedenklich, allein etwas müsse man sich schon gefallen lassen. Eigentlich ist es wohl überflüssig, diese Vorschläge erst noch im einzelnen zu beleuchten; doch sei es gestattet, einige Punkte hervorzuheben, welche die Falschheit der Grundgedanken, die practische Unausführbarkeit der vorgeschlagenen Einrichtungen, das Ungenügende des der Nation Gebotenen, endlich die wohlfeile Lückenhaftigkeit des Projectes besonders hervortreten lassen. Die Unrichtigkeit des Grundgedankens liegt darin, daß Herr von Beust die Ursachen der bisherigen Unthätigkeit, Verschleppung und Energielosigkeit in den allgemeinen deutschen Angelegenheiten weder sucht in der Natur eines bloßen Staatenbundes, also der Nothwendigkeit eine Anzahl von mehr als dreißig rechtlich souveränen und einander gleichstehenden Regierungen unter Einen Hut zu bringen, noch in dem Vorhandensein zweier Großmächte mit verschiedener Politik und traditionellem Antagonismus, welche sich unter einander nicht zur Einstimmung zwingen, noch weniger von den übrigen zu einer Einwilligung genöthigt werden können; sondern in der schläfrigen und verzögerlichen Geschäftsbehandlung des Bundestages, wie er dies in den Motiven

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weitläufig erörtert. Es soll nun wahrlich nicht in Abrede gezogen werden, daß der Bundestag viele Sünden begangen hat: allein wer ist schließlich Schuld daran als die Regierungen? Waren denn die Bundestagsgesandten die Ursache an den unvereinbaren Instructionen, welche sie von Hause erhielten und nur vorzulesen hatten? Haben sie oder haben die Regierungen sich zu nützlichen Maßregeln nicht herbeilassen wollen? Hätten die Gesandten die Geschäfte liegen lassen können, wenn deren Vornahme ernstlich verlangt worden wäre? Wenn Einstimmigkeit und Wille bei den Regierungen war, ist es auch am Bundestage, in guten und in schlimmen Dingen, schnell genug gegangen, wie die Karlsbader Beschlüsse, die Schlußacte, die Maßregeln von 18323 u.s.w. beweisen. Dadurch, daß die Bundesversammlung nicht mehr in Frankfurt, sondern in Regensburg oder in Hamburg ihre Sitzungen hält, ändert sich nun aber wahrlich an dem Widerstreite und der Ungeneigtheit der Bundesglieder nichts. Auch dadurch nicht, daß die Sitzungen nur kurz dauern sollen; im Gegentheile tritt dann die Meinungsverschiedenheit nur um so schneller zu Tage und ist keine Zeit zu etwaiger Ausgleichung. Auch daß die Minister selbst zusammentreten, kann keinen Unterschied machen; denn auch diese werden mit entgegengesetzten Ansichten und Absichten kommen und können einander nichts befehlen. Man wird vielleicht die vorgeschlagene Executive als wesentliche Vorkehrung geltend machen wollen. Allein einerseits soll diese ja nur (abgesehen von politischen und militärischen Beschlüssen, von welchen sogleich weiter) vollziehen, was eine Einigung der Versammlung voraussetzt, welche gerade bleiben soll, wie bisher, also auch so handeln wird, wie bisher; andererseits sind ja gerade in ihr die hauptsächlichen Schwierigkeiten eines raschen und übereinstimmenden Handelns personificirt. Werden Preußen und Oesterreich einstimmiger sein, wenn ihre Organe an einem kleinen, als wenn sie an einem großen Tische neben einander sitzen? Wird Oesterreich dann keine Rücksicht auf seinen ganzen Ländercomplex und auf seine wirklichen oder vermeintlichen europäischen Interessen mehr nehmen? Wird das dritte Mitglied, Bayern etwa, keine Souveränetätspolitik für sich und für die übrigen kleineren treiben? Werden nicht auch im Schoße der Executive hieraus Verzögerungen und gegenseitige Lahmlegung entstehen? Und was die politischen und militärischen Beschlüsse betrifft, so ist es doch naiver als erlaubt anzunehmen, eine der beiden Großmächte werde sich, wenn im Directorium die Mehrheit der beiden andern Mitglieder einen Krieg oder eine dazu wahrscheinlich treibende Aufstellung beschließe, alsbald mit Zurückstellung ihrer Interessen und ihrer Politik fügen und in einen Kampf auf Leben und Tod stür3 Gemeint sind die Bundesbeschlüsse vom 28. Juni („Sechs Artikel“) und 5. Juli 1832 („Zehn Artikel“) „zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Ruhe im Deutschen Bund“; vgl. QGDB II/1, Dok. 42 u. 44.

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zen zur Durchfechtung von Zwecken, welche ihr fremd, vielleicht selbst feindselig sind. Auf solche Weise werden wahrlich die im innersten Wesen der deutschen Verhältnisse liegenden Schwierigkeiten nicht gelöst, nicht einmal escamotirt. Doch es ist fast beleidigend darüber nur zu reden. Die Sache liegt ganz einfach. Ist es nicht möglich, nur eine Großmacht in Deutschland zu haben, und will man die Souveränetät der einzelnen Regierungen in den allgemeinen Angelegenheiten nicht beschränken, so bleibt eben Alles beim Alten. Flickereien an dem jetzigen Organismus helfen zu gar nichts und wenn sie viel besser an sich wären, als die von Herrn von Beust vorgeschlagenen. Nicht der Organismus des Bundes ist jetzt schlecht, im Gegentheile er entspricht der Natur der Thatsachen im Wesentlichen; sondern die Grundlage ist falsch. Daß diese Anschauungen von einem Hauptträger der mittelstaatlichen Politik nicht getheilt werden, begreift man nun allerdings; aber geradezu unbegreiflich ist die practische Unbrauchbarkeit eines guten Theiles der von Herrn von Beust zur Förderung seines Planes vorgeschlagenen Einrichtungen. Auch wenn man mit dem Zwecke, nämlich der wesentlichen Beibehaltung des Bestehenden mit nur einzelnen Verbesserungen vollkommen einverstanden wäre, mit der Ausführung könnte man es unmöglich sein. Was soll es, um damit zu beginnen, nützen, wenn der Bundestag zu einer Wanderversammlung gemacht wird? Die Stühle und Bänke im Taxis’schen Palast sind ja nicht Schuld an der Bundesmisere; wenn dieselben Menschen mit denselben Rechten, Leidenschaften und Absichten im alten Reichsrathssaale in Regensburg sitzen, werden sie nicht[s] anderes denken und wollen. Preußen wird der Erfüllung seiner Hegemonieforderungen in Hamburg nicht näher, Oesterreich seiner traditionellen Politik in Regensburg nicht ferner sein. Die Abwechslung des Regierungssitzes zwischen dem Haag und Brüssel hat das einstige Königreich der Niederlande nicht bewahrt vor dem Auseinanderreißen, das Umherwandern der Tagsatzung das Schweizervolk nicht verhindert, sein Verlangen nach einer bundesstaatlichen Einheit schließlich doch durchzusetzen. Auch hat sich, daß wir wüßten, kein Mensch noch darüber beklagt, daß der Bundestag gerade in Frankfurt seinen Sitz habe. Der Ort ist neutral, liegt Jedem bequem, die der Versammlung zu Gebote stehenden Räumlichkeiten sind passend. Es liegt also gar kein Grund zu einer Aenderung vor. Allein daran nicht genug. Ein Umherwandern hätte ja nicht nur keinen Vortheil, sondern sogar die offenbarsten Schwierigkeiten und Nachtheile. Mit der Bundesversammlung müßte natürlich auch immer die Bundeskanzlei sammt dem Archive wandern. Eben so die Militärcommission mit ihrem eben so großen Archive. Ferner die Executive mit dem, was sie allmählig an Beamten und Papieren hätte. Endlich, selbstverständlich, die Abgeordnetenversammlung. Welch’ eine Mühe, welche Verwirrung in allem Material, welche Kosten, völlig ohne Sinn und Zweck! – Ebenso unpractisch ist die vorgeschlagene Beschränkung der halbjährigen Bundesver-

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sammlungen auf eine vierwöchige Sitzung. Wenn man nun in dieser Zeit nicht fertig wird, was dann? Sollten etwa dringende Geschäfte nicht erledigt werden wegen eines rein willkürlich gegriffenen Termins? Herr von Beust lebt zwar der Hoffnung, daß wenn nur alle Mitglieder gehörig instruirt seien, selbst vierzehn Tage ausreichen würden, und instruirt sollen sie sein. Wenn nun aber Incidenzpunkte kommen, oder wenn, wie doch gewiß genug ist, Meinungsverschiedenheiten hervortreten, welche erst ausgeglichen werden müssen, Modalitäten vorgeschlagen werden? Nun dann sind drei Tage zu neuer Instructionseinholung gestattet. Man hat in der That Mühe sich zu überzeugen, daß dies ernstlich gemeint sei. Dem Kaiser von Oesterreich, dem preußischen Ministerrath wird ein unerstrecklicher Termin von 3mal 24 Stunden gesetzt, sonst können sie nicht mehr abstimmen, wenn nur Nassau und Reuß-Schleiz-Greiz dazu im Stande sind! Welcher Jubel würde ertönen, wenn ein unglücklicher Professor solche Vorschläge gemacht hätte zur Bewerkstelligung einer energischen und schlagfertigen deutschen Politik; dießmal aber ist es ein Minister, ein practischer Geschäftsmann, und dann ist es etwas anderes. Herr von Beust scheint vergessen zu haben, daß schon Verfassungsurkunden eine bestimmte Zeitdauer der Landtage als Mittel anwenden wollten zur Bewerkstelligung beschleunigter Arbeiten, daß sie aber kläglich damit Fiasco gemacht haben, und das ganze Ergebniß eine lächerliche Komödie von successiven Verlängerungen ist. Wie unpractisch sind die in Betreff der Abgeordnetenversammlung vorgeschlagenen Bestimmungen! Dieselbe soll nur auf Berufung der Bundesversammlung zusammentreten, welche ihrer Seits nur vier Wochen sitzen darf. Es ist also einleuchtend, daß die aus ganz Deutschland zusammenzurufende Versammlung entweder nur wenige Tage beisammen bleiben und verhandeln kann (wenn nämlich gleich in dem Beginne der Bundestagssitzung eine Einberufung beschlossen würde), oder aber, und zwar gewöhnlich, erst nach sechs Monaten mit dem nächsten Zusammentritt des Bundestages ebenfalls sich versammeln kann. Im ersten Falle kann nichts bedeutendes beschlossen, im andern Falle müssen die Geschäfte verschleppt werden. Unpractisch ist sodann der Vorschlag, anstatt Vorbereitungscommissionen aus der Bundesversammlung selbst immer durch Wahl eine bestimmte Regierung zur Uebernahme der Bearbeitung zu wählen und über deren Bericht bei der nächsten Zusammenkunft, also in sechs Monaten, abzustimmen. Welche Beschleunigung der Geschäfte; und wie zweckmäßig, wenn die Sache einerseits Eile hat, andererseits eine4 Commission aus dem Schoße der Versammlung in wenigen Tagen mit ihren Anträgen fertig sein könnte! Unwillkürlich wird man bei dieser Einrichtung an die alte Universitätsanecdote erinnert, welcher zu Folge jener Professor der Zoologie sodann [sic] Famulus im Januar befahl: „Packe 4 Emendiert. Vorlage: eien.

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Er diesen Seehund ein und schicke er ihn nach NN.; aber es pressirt, noch in diesem Jahre.“ Und wenn Herr von Beust etwa der Meinung ist, daß eine Versöhnung verschiedener Ansichten in der Ministerversammlung durch ein von Außen kommendes Gutachten erleichtert werden würde, so dürfte er eben so sehr im Irrthum sein, als wenn er Verschleppungen dadurch glaubt abhelfen zu können. Wenn der mit dem Gutachten beauftragten Regierung mit der Erledigung nicht gedient ist, oder wenn ein mächtiger Einfluß eine Verzögerung von ihr verlangt, so wird eben die Arbeit nach sechs Monaten nicht fertig sein, deßhalb aber nicht gleich Bundesexecution erfolgen. – Sehr unpractisch ist ferner der Gedanke, der Militärcommission die selbständige Verwaltung der Bundesfestungen zu übertragen. Das würde schöne Rechnungen geben! Die Techniker sind sprüchwörtlich unersättlich, und militärische wahrlich nicht weniger als andere. Schon jetzt hat man mit zu weit gehenden Forderungen der Militärcommission genug zu kämpfen. – Doch um mit dieser Seite des Projectes zu Ende zu kommen, nur noch Einen Punkt, aber freilich einen capitalen. Herr von Beust gibt der Verschleppung der Geschäfte durch den jetzigen Bundestag einen großen Theil der unbefriedigenden Zustände und des allgemeinen Mißvergnügens Schuld. Wie will er dem nun aber abhelfen? Dadurch, daß die Bundesversammlung nur alle halbe Jahre zusammentritt! Fünf Monate lang soll also gar nichts geschehen können. Der Präsidialhof sammelt alle Anträge, alle Fragen, alle Bedürfnisse, wie dringend sie sein mögen, während vier Monaten ruhig ein und legt sie ad acta, im fünften werden sie zur Einsicht und Instructionseinholung in Deutschland umhergeschickt, und im sechsten erledigt (s. oben). Indessen steht die Welt still, und wie dringend ein Bedürfniß sei, es wird eben auf die nächste Sitzung vertröstet; sollte aber auch dann vielleicht nicht gleich eine abschließende Entscheidung erfolgen können, dann wird abermals sechs Monate gewartet. Ist dies in der That bitterer Ernst? Die jetzige Bundeswirthschaft ist schlimm genug, Gott sei es geklagt; aber offenbar noch zehnmal schlimmer würde sie werden, wenn Herrn von Beust’s Vorschlag zur Ausführung käme (wozu freilich glücklicherweise geringe Aussicht ist). Drittens haben wir behauptet, das der Nation in dem Vorschlage Gebotene sei durchaus ungenügend. Wir machen zur Begründung dieses Urtheils zunächst aufmerksam auf die Bestimmung, daß die zu bildende Abgeordnetenversammlung nicht regelmäßig zusammen kommen soll, sondern nur auf willkürlich eintretende oder unterbleibende Einberufung des Bundestages. Zweitens weisen wir auf die kleine Zahl der eingeräumten Abgeordneten. Hundertachtundzwanzig für fünfunddreißig Millionen sind offenbar viel zu wenig. Es fällt uns nicht ein, die Bedeutung einer Volksvertretung nur nach der Zahl ihrer Mitglieder zu beurtheilen und zu glauben, daß eine Versammlung von sechshundert doppelt so gut sei, als eine von dreihundert, und daß zwölfhun-

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dert noch einmal so zweckmäßig die Geschäfte besorgen, noch einmal so kräftig die Rechte vertheidigen werden, als sechshundert. Allein es hat alles sein Maß. Eine populare Versammlung muß auch durch ihre Zahl Eindruck machen; und die Zahl der Plätze in derselben darf nicht so karg bemessen sein, daß nur für einen verschwindend kleinen Theil der ausgezeichnetsten Männer Raum in ihr ist. Herr von Beust hebt in seinen Motiven hervor, daß die Regierungen unter Umständen einen moralischen Halt an einer Volksvertretung finden können; dies ist sehr richtig, allein dann darf sie nicht bloß aus einer Handvoll Menschen bestehen. – Ungenügend ist sodann die vorgeschlagene gemeinschaftliche Wahl durch die Kammern der einzelnen Staaten. Wir sind nicht unbedingt gegen eine Zusammensetzung der allgemeinen deutschen Volksvertretung durch Mitglieder der einzelnen Landesversammlungen; allein einmal möchten wir uns dem Gedanken zuneigen, daß neben diesen Ausschüssen der Kammer[n] auch noch unmittelbare Wahlen aus dem Volke stattfinden sollten, sei es zu einem besonderen Hause, sei es zur Verstärkung und Popularisirung der Ausschüsse; zweitens muß die Wahl aus den Kammern ehrlich angeordnet und nicht den aristokratischen und pseudoaristokratischen Bestandtheilen derselben die gleiche Bedeutung gegeben werden, wie der ungeheuern Ueberzahl der Nichtprivilegirten. Mit einer Nationalvertretung, bei deren Wahl unsere großen und kleinen Herrenhäuser vielleicht entscheidend einwirken, wird sich die Nation nimmermehr zufrieden stellen. – Wichtiger als Alles aber ist endlich die völlige Unzureichenheit der Zuständigkeit der beantragten Versammlung. Wir haben es oben bereits bemerkt, dieselbe soll in allen auf das Kriegswesen und auf die Ausgaben für dasselbe sich beziehende [Angelegenheiten] gar keine Stimme haben; sie soll nicht einmal ein berathendes Votum abgeben dürfen bei politischen Angelegenheiten, wenn die Bundesversammlung je für gut erachten sollte, ihr Mittheilungen darüber zu machen, höchstens mag sie eine unmaßgebliche Aeußerung thun; eine eigentliche Wirksamkeit soll ihr nur bei Gesetzen zustehen, wenn die Bundesversammlung über die Erlassung eines solchen erst unter sich einig geworden ist, wozu, wohl bemerkt, in der Regel Stimmeneinhelligkeit gehört. Und damit ja nicht etwa eine unliebsame Ausschreitung stattfinde, ist noch zu allem Ueberflusse der Bundesversammlung in jedem einzelnen Falle anheimgegeben zu bestimmen, womit die Abgeordneten sich überhaupt beschäftigen dürfen, und soll auch der Bundestag den Abgeordneten die Geschäftsordnung vorzeichnen. Dies alles ist doch kaum besser als offener Hohn. Das deutsche Volk knirscht, daß es trotz seiner Bildung, seines numerischen Gewichts in Europa, seiner Berechtigungen in den einzelnen Staaten keinen Einfluß auf seine allgemeinen Geschicke habe; und man will es mit einem solchen Schatten eines Schatten abspeisen! Freilich ein deutsches Parlament, sagt Herr von Beust, ist ein Erzeugniß der Revolution und führt zur Revolution. Wir vermessen uns

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nicht, ihn zu überzeugen; aber aussprechen wollen wir es doch, daß unserer Anschauung nach nichts so sicher zu einer Revolution führt, als ein solches völliges Verkennen dessen, was man einer großen Nation schuldig ist und was sie mit immer steigender Bestimmtheit verlangt. Eine Vertretung, wie die vorgeschlagene, wird Deutschland als eine Beleidigung aufnehmen und als einen Beweis, daß von den Regierungen nichts zu erwarten sei, daß sie Steine bieten anstatt Brod. Es ist schließlich oben noch der Vorwurf gemacht worden, daß das vorgelegte Project an wohlfeiler Lückenhaftigkeit leide. Wir halten ihn aufrecht, und zwar nicht etwa in der Art, daß wir eine Reihe von Gegenständen aufführten, welche gar keine Beachtung gefunden haben, obgleich bei ihnen eine Verbesserung sehr an der Stelle wäre. Auch dieser Standpunkt wäre ein berechtigter, indem man, wenn man einmal an das Reformiren geht, die Sache gleich recht anfassen soll; allein auch nur auf der engen von Herrn von Beust nun einmal gewonnenen Grundlage ist durchaus Nothwendiges ganz übergangen oder nur mit einer Phrase, welche die Schwierigkeit unberührt läßt, abgefertigt. Ganz übergangen ist die Oberbefehlsfrage, deren Lösung doch in der That die brennendste ist. Ganz übergangen ferner die Organisation der Executive. Man kann sich gar keinen Begriff davon machen, wie sich das Project diese denkt. Einerseits ist natürlich ein beständiges oder auch nur häufiges persönliches Zusammensein und Berathen der drei Fürsten außer Frage; ebenso müßte, denken wir, eine Executive, welche nur durch diplomatische Correspondenz unter drei Höfen zu Entschlüssen und Handlungen käme, eine Monstrosität genannt werden. Allein soll nun etwa ein Turnus stattfinden, wie bei dem Vorsitze im Reichstage5? Und wo bleibt denn, bejahenden Falles, die dritte Regierung, der Lepidus im Triumvirate?6 Oder soll eine beständige Vertretung der drei Fürsten durch Delegirte stattfinden? Wo dann? Mit welchem Rechte der Vertreter? Mit welcher Geschäftsordnung? Dies sind doch weder müßige noch leicht zu beantwortende Fragen, welche zu lösen offenbar Sache des Herrn von Beust gewesen wäre. Liegen doch gerade hierin die practischen Schwierigkeiten, mit deren Beseitigung seit Jahren jeder zu Trias- und großdeutschen Ideen sich hinneigende Politiker in Deutschland sich beschäftigt und welche glücklich zu überwinden noch Keinem gelungen ist. Zahlenvorschläge zu machen über die Dauer der Sitzungsperioden, über die Anzahl der Abgeordneten u.s.w. ist ein Kinderspiel; hier war der Ort, wo der gedankenreiche und practi5 Gemeint ist hier offenbar der Bundestag. 6 Anspielung auf das 2. Triumvirat in der späten römischen Republik. Diesem Triumvirat, das im Jahr 43 v. Chr. geschlossen wurde, gehörte neben den politischen Schwergewichten Marc Anton und Octavian der wenig bedeutende Militär und Politiker M. Aemilius Lepidus (um 90–12 v. Chr.) an.

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sche Staatsmann sich zeigen konnte und mußte. Auch nur mit einer Phrase abgemacht finden wir das Bundesgericht. Daß Herr von Beust in der That der Hoffnung sei, es werde mit nächstem der Bundestag einen fertigen Vorschlag zu einem Bundesgerichte vorlegen, der also auf der armseligen Grundlage des früheren badischen Antrages gebaut wäre7, können wir unmöglich glauben. Er weiß zu gut, wie es darum steht. Also hat er sich mit einem faux fuyant8 aus der Sache gezogen, was ebenfalls wieder keine Kunst war. Doch, wir kommen zum Ende. Wir wollen keine Sympathien für Herrn von Beust und für seine Richtung heucheln; allein wir können mit Wahrheit sagen, daß wir mit Spannung seinen Vorschlägen entgegensahen, indem wir der Ansicht sind, daß aus den tüchtigen Gedanken eines Gegners immer zu lernen ist, und daß sich die eigenen Gedanken daran berichtigen und abklären können. Wir sind daher, wie ausnahmslos Alle, mit denen wir Gelegenheit hatten über die Sache zu reden, unangenehm enttäuscht. Mit Planen von handgreiflicher Unausführbarkeit, und welche, so weit sie einen Inhalt haben, nur auf eine unnatürliche Herrschaft der Mittelstaaten und auf eine fast höhnende Beschränkung der Bedürfnisse und Forderungen der Nation hinauslaufen, ist nichts gewonnen. Solche können in jeder Dachstube ausgeheckt werden, und es sind ihrer schon Dutzende ersonnen worden, ohne allen Erfolg als für den Käsekrämer.9 Nur Eine Bedeutung hat somit der ganze Vorschlag des sächsischen Ministers, die nämlich eines Beweises, daß selbst in dem Kreise der Regierungen, und zwar der Würzburger Regierungen, die Nothwendigkeit einer Veränderung der jetzigen Dinge anerkannt ist; und diese Thatsache hat ihren Werth. An sich selbst ist der ganze Versuch völlig bedeutungslos, und der persönliche Ruhm des Herrn von Beust hat wenig dadurch gewonnen.

7 Gemeint ist der badische Vorschlag zur Errichtung eines Bundesgerichts vom 10. März 1857. Vgl. QGDB III/2, Dok. 112 a) und b). 8 Franz.: Ausflucht. 9 Ein spöttischer Hinweis darauf, daß unausgegorene Reformpläne allenfalls dazu taugen, als Einwickelpapier für Käse benutzt zu werden.

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97. Eisendecher an das oldenburgische Staatsministerium StA Oldenburg, 31–15–13, Nr. 95 I, fol. 126. Bericht. Auszug.

Beusts Reformvorschläge werden in Frankfurt nicht ernstgenommen.

Frankfurt am Main, 28. November 1861 [Die Reformvorschläge von Beust] werden nur sehr nebenher und nicht eben ernsthaft besprochen. Es wird ihnen so ziemlich jede Lebensfähigkeit abgesprochen und man glaubt auch kaum, daß ihr Urheber irgendwie an sie glaube, vielmehr daß er nur deshalb damit hervorgetreten sei, um eine den Sächsischen Ständen gegebene Zusage äußerlich zu erfüllen.

98. Platen an Blome11 HStA Hannover, Dep. 103, VI, Nr. 658. Depesche. Behändigte Ausfertigung.

Die Regierung von Hannover hat erhebliche Bedenken gegen den Bundesreformplan von Beust. Die Vorschläge würden die Einheit der deutschen Länder eher verringern als steigern; die Eigenschaft des Bundes als europäische Macht würde beeinträchtigt; es ist zweifelhaft, ob die „Dismembration“ der Bundesgewalt für die Föderation und das deutsche Vaterland vorteilhaft ist; die vorgeschlagene Exekutive entspricht nicht dem Wesen eines Staatenbundes; die geplante Abgeordnetenversammlung könnte kaum von der politischen Teilnahme an den Bundesgeschäften ferngehalten werden; die beiden Großmächte werden dem Reformplan kaum zustimmen.

Hannover, 28. November 1861 Hochwohlgeborner Freiherr! Vertraulich ist mir von Herrn von Koenneritz eine Denkschrift des Königlich Sächsischen Herrn Ministers, Freiherrn von Beust, mitgetheilt worden, worin Vorschläge zu einer Modification der Bundesverfassung gemacht sind und deren Nothwendigkeit und Zulässigkeit erörtert und vertheidigt wird. Der hohen Bedeutung des Gegenstandes sich bewußt, hat die Königliche Regierung dem Projekte ihre aufmerksamste Beachtung gewidmet. Mit Anerkennung fand sie darin einen neuen Beweis jenes dankenswerthen Strebens der Königlich Sächsischen Regierung das Ansehen und die Sicherheit des Bundeskörpers zu erhöhen und zur Wohlfahrt des deutschen Vaterlandes beizutragen. Sowie aber jedes Projekt, welches die Umformung der Bundesakte 1 Baron von Blome, hannoverscher Geschäftsträger in Dresden; Gothaischer genealogischer Hofkalender nebst diplomatisch-statistischem Jahrbuche auf das Jahr 1862, S. 787.

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zum Thema hat, Raum zu gewichtigen Einwänden bieten wird, weil ein wesentlich anderer Organismus als ihn die Bundesverfassung aufstellt, kaum gedacht werden kann für eine Staatenreihe, welche einerseits zwar Vereinigung der Staaten zu einem Ganzen herstellen, aber zugleich anderseits die Selbstständigkeit und Souverainität der einzelnen Staaten beibehalten will: so sind uns auch wider den Entwurf der Königlich Sächsischen Regierung mehrere erhebliche Bedenken aufgestoßen. Die innig freundschaftliche Beziehung, in welcher wir zu dieser hohen Regierung stehen, entschuldigt und verpflichtet uns, sie mit voller Offenheit auszusprechen. 1) Uns kömmt es vor, als ob derjenige Grad von Vereintheit der deutschen Länder zu einem Ganzen, welcher nach der gegenwärtigen Bundesverfassung besteht, durch die vorgeschlagene Umänderung eher verringert als gesteigert würde. Was ist das äußerliche Kennzeichen der innern und festen Einheit eines Staatenbundes? Das Dasein einer festen, permanenten Centralautorität, welche die Gewalt ausübt, die ihr durch die Verfassung des Vereins bezüglich dessen allgemeiner Angelegenheiten übertragen wurde. In der Bundesversammlung besitzt der deutsche Bund ein solches Corpus: sie ist permanent, hat ihren festen Sitz und bildet das einzige Centralorgan für die Bundesangelegenheiten. Wir befürchten, daß diese vorhandene Einheit eine bedeutende Abschwächung erleidet, wenn das Bundesorgan die Einrichtung bekommt, welche der Königlich Sächsische Entwurf wünscht. Nach ihm wechselt das Organ verschiedene Male im Jahre: bald übt die Bundesversammlung die Bundesgewalt aus, bald die proponirte Trias; der Sitz der Bundesversammlung und ihre Mitglieder wechseln; der Vorsitz und der Ort, wo das Präsidium ausgeübt wird, wechselt und die Orte, von wo aus Theilhaber der Trias ihre Rechte geltend machen, liegen zerstreut. Wird nicht der Begriff eines „Ganzen“ dadurch gestört und gelockert werden, wenn der Sammelpunct so flüchtige, unstete Natur bekömmt, um den sich bis jetzt die Theile schaarten? Harmonirt diese Lockerung mit dem Wunsche der Nation nach Verstärkung des Einheitsbandes? 2) Wir können uns der Besorgniß nicht entschlagen, daß durch die vorgeschlagene Bundesreform die wichtigste Eigenschaft des Bundes, die einer „europäischen Macht“ wesentlich alterirt würde. Die Union der deutschen Staaten genießt das große Glück, im Völkerrecht als „Macht“ anerkannt zu sein. Die übrigen europäischen Mächte betrachten und behandeln also Deutschland als ein Länderganzes und stellen die deutschen Staaten als Nationalität und gewissermaßen als Staatspersönlichkeit den andern Mächten gegenüber. Sowie aber überhaupt die völkerrechtliche Anerkennung mit der Existenz und Form einer bestimmten Regierung in enger Beziehung steht, so hängt auch jenes Anerkenntniß des Bundes als völkerrechtliche Macht mit dem Vorhandensein eines einheitlichen und stetigen Bundes-

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organs zusammen. Wird aber nicht die Stellung des Bundes als Macht in der Auffassung und Behandlung der auswärtigen Mächte erbleichen, wenn seine bestehende Centralregierung ihre Permanenz und feste Gestalt verliert, in Stücke getheilt ist und wechselnde Localität bekömmt? Wo soll der diplomatische Verkehr der auswärtigen Mächte mit dem Bunde seinen Betrieb aufschlagen und Halt und Organisation behalten, wenn Ort und Person der Bundesgewalt viermal wechselt im Jahre und mehrere Bundeshäupter mit verschiedenen Wohnorten bestehen? 3) Wir bezweifeln, ob die Theilung und Dismembration der Bundesgewalt, welche von dem Entwurfe der Königlich Sächsischen Regierung vorgeschlagen ist, dem Vortheile der Föderation und des deutschen Vaterlandes entspricht. Gegenwärtig besitzt der Bund eine Centralbehörde, die Bundesversammlung, in welcher alle Stücke von Regierungsgewalt des Bundes so zusammenlaufen, daß sie diese unmittelbar ausübt. Diese Concentration der Bundesgewalt in einem Körper ist um so nothwendiger und heilsamer, je mehr im Wesen eines Staatenbundes die Neigung zur Dissolution liegt: sie dient als Gegengift wider die natürliche Krankheit jener Staatsform. Wie soll dagegen die Form der Bundesgewalt nach dem Königlich Sächsischen Entwurfe werden? Das Präsidium verliert seine einheitliche und permanente Natur und wechselt zwischen Oestreich und Preußen; die vorbereitende Thätigkeit ist getheilt zwischen dem Präsidium und der Bundesversammlung, die beschließende zwischen der Bundesversammlung und der Abgeordneten-Versammlung; die executive Gewalt wird von der Bundesversammlung abgelöst und der Trias überliefert, die Entscheidung von Rechtsfragen geht an das Bundesgericht über, die Militair-Verwaltung an eine selbstständige Behörde. Jene Concentration der Bundesgewalt wäre damit aufgelöst und eine Anzahl von Gewalten geschaffen, von denen keine die erste ist und eine wahrscheinlich durch die andere befeindet wird oder sogar fällt. Würde nicht dadurch der Organismus zu verwickelt und ein guter, rascher Geschäftsgang unmöglich? 4) Die Executive, welche der Königlich Sächsische Entwurf proponirt, entspricht nach diesseitiger Ansicht in zweierlei Rücksicht nicht dem Wesen eines Staatenbundes und eines Bundesorgans. Erstens liegt es in der Natur eines Staatenvereins, daß auch seine Executive, wenn sie getrennt sein soll von der legislativen Gewalt, doch außerhalb der einzelnen Bundesstaaten steht und in corporativer Gestalt auftritt. Nach der diesseitigen Auffassung müßte daher jene vorgeschlagene executive Trias nicht aus den drei genannten allerhöchsten Monarchen selbst bestehen, sondern aus einem Collegium von drei Repräsentanten jener Regenten, welches am Sitze der gesetzgebenden Gewalt fungirte. Dabei können wir aber nicht

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umhin ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, daß es seine großen Mißlichkeiten hat, die beiden Großmächte in einer dualistischen oder aus drei bestehenden Executive sich zu unmittelbar gegenüber zu stellen, so daß zu leicht jede Differenz sofort schroffen Gegensatz bekömmt. Die Erfahrung der Bundes-Centralcommission von 1849 hat dieß hinreichend gelehrt2, weshalb wir diesseitig die Bundesversammlung auch für die Executive vorziehen, weil hier das Medium vieler anderer Theilhaber den Gegensatz vermittelt oder abschwächt. Zweitens scheint es uns der Natur der Conföderation zu widersprechen, daß die proponirte executive Gewalt, welche zugleich die discretionaire Gewalt eines Dictators haben soll und also die außerordentliche Gewalt des Bundes bildet, fünf Sechstel des Jahres am Ruder ist, während die ordinaire und regelmäßige Bundesgewalt, die Bundesversammlung, nur in einem Sechstel des Jahres zu walten bestimmt ist. Diese Einrichtung kehrt, nach unserm Erachten, das regelmäßige Bedürfniß der Föderation um, welche für gewöhnlich ein Corpus nöthig hat, an dem alle Mitglieder der Union einen gewissen Antheil besitzen, weil die im Centrum vereinigte Gewalt aus den einzelnen Ländern zusammengetragen und entnommen ist, also die Einzelstaaten für den Verlust durch Theilnahme an der Centralregierung zu entschädigen sind. 5) Absehend von der Frage, ob es überhaupt nach dem Begriffe und Wesen des Staatenbundes möglich ist, Abgeordnete der Ständeversammlungen in den Einzelländern an der Bundesgewalt Theil nehmen zu lassen, so möchten wir doch sehr bezweifeln, daß diejenige Theilnahme, welche ihnen das Königlich Sächsische Projekt verleiht, die Völker und Stände befriedigen, den Gegensatz zwischen dem Bundesorgane und den Ständeversammlungen aufheben und die letzteren von der Discussion über allgemeine politische Fragen abhalten würde. Entsteht einmal eine Abgeordneten-Versammlung am Bunde, so wird man sich auch auf alle die Erscheinungen gefaßt machen müssen, welche regelmäßige Begleitung von ständischen Versammlungen bisher gewesen sind. Muthmaßlich würde die eingeräumte Theilnahme von ihr nur als eine Leiter zu der Theilnahme an den politischen Discussionen und Entscheidungen betrachtet und benutzt, welche ihr vorläufig versagt sind. Oder wäre wohl die 2 Die interimistische Bundeszentralkommission war am 30. September 1849 geschaffen worden. Sie bestand aus je zwei Vertretern Österreichs und Preußens und hatte die Aufgabe, den Deutschen Bund als völkerrechtlichen Verein der Fürsten und freien Städte zu erhalten und die innere und äußere Sicherheit Deutschlands zu gewährleisten. Dieses Ziel wurde indessen nicht erreicht, denn die Bundeszentralkommission erlangte keine wirkliche politische Bedeutung. Statt dessen verfolgten Österreich und Preußen im Jahr 1849/50 ihre antagonistischen Pläne zur Neuordnung Deutschlands, die zum Jahresende 1850 beinahe in einen Krieg mündeten. Vgl. dazu QGDB III/1, Einleitung S. XIIff.

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Abgeordneten-Versammlung am Bunde bescheidener, als sie in den Einzelstaaten sich zeigte? Würde sie dort die geschriebene Grenze, welche sie von der Politik trennt, mehr respectiren, als in Ländern, wo sie diese als bloßen Kreidestrich behandelte und trotz aller geschriebenen Gegenprinzipe die verbotene Frucht erreichte? Gesetzt aber den Fall, daß es gelänge, jene Versammlung am Bunde von der Politik fern zu halten, so würde dann das Bundesorgan trotz der zugelassenen ständischen Theilnahme keine Popularität bei den Völkern und Ständen der Einzelstaaten genießen. Außerdem kann man schwerlich darauf rechnen, daß den Regierungen die Erörterung und Opposition der einheimischen Stände erspart würde, weil die Abgeordneten-Versammlung am Bunde gesetzlich diese Gegenstände als Attribut bekömmt. Kann man den Ständeversammlungen jene Discussion verbieten, wenn sie auf dem Umwege der Geldbewilligung oder des Petitionsrechtes dazu schreiten? Wir glauben es nicht. Oder verzichten sie vielleicht freiwillig darauf? Das wäre eine Resignation, welche ihrer Natur nicht entspricht. Die Regierungen würden vielmehr bei jener Einrichtung den Lärm und Widerstand doppelt haben, einmal im Lande und außerdem am Bunde. Und so wie in den Ländern die Ständeversammlungen mit den Körperschaften in Provinzen, Städten und Gemeinden, welche ähnliche Position haben, wie die Stände im Lande, in Zusammenhang stehen und ein wechselseitiges Echo bilden, so würden muthmaßlich die Ständeversammlungen in den Ländern, die Organe und Gehülfen jener Abgeordneten-Versammlung des Bundes namentlich in allen Fragen bilden, wo die letztere Opposition wider die Bundesgewalt und deren Mitglieder machte. Jedenfalls aber würde eine Vertretung am Bunde, wenn überhaupt, so doch nur durch eine einheitliche, mit voller Souverainität bekleidete Centralgewalt in gehörigen Schranken gehalten werden können, und daher die Einführung einer Volksvertretung die Gefahr bringen, auf die Bahn einer solchen einheitlichen Centralgewalt zu führen, um den, die staatliche Ordnung Deutschlands untergrabenden Ausschreitungen einer solchen Volksvertretung Schranken zu ziehen. 6) Endlich scheint uns, dem Königlich Sächsischen Entwurfe stehe noch der practische Einwand entgegen, daß ohne Zustimmung und Einigung der beiden deutschen Großmächte keine Umformung des Bundes zu Stande kommen kann, soweit wir zu urtheilen vermögen, aber an jenem Projekte sich Bedenken für beide Großmächte zeigen. Ohne in eine nähere Erörterung dieses Punctes einzugehen, wissen wir aus früheren Vorgängen namentlich hinsichtlich der Kaiserlich Oesterreichischen Regierung, daß sie nicht geneigt ist, das Alternat des Präsidiums einzuräumen, weil sie den Vorsitz nicht blos für ein Recht, sondern auch für eine Pflicht hält, welche die einheitliche Form des Bundeskörpers dem Auslande gegenüber mit repräsentirt und aufrecht erhält. Jedenfalls wird sie das Alternat nicht anders zugeben, als wenn die nichtdeut-

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schen Provinzen Oestreichs in den Bund aufgenommen werden, ein Zugeständniß, welches anderseits Preußen bisher nie machen wollte. Es liegt nicht in unserer Absicht, alle gegen das mit großem Scharfsinn entworfene Königlich Sächsische Projekt geltend zu machenden Einwände zu erschöpfen. Wir haben es für genügend erachtet mit voller Offenheit einige der erheblichen Bedenken gegen dies Projekt hervorzuheben, um darzulegen, daß nach unserer Auffassung durch dasselbe der beabsichtigte Zweck, eine größere Einheit in der Organisation des deutschen Bundes ohne Gefährdung der Selbstständigkeit der einzelnen Regierungen, eine raschere und erfolgreichere Geschäftserledigung, eine kräftigere Machtstellung nach Außen, und damit Befriedigung und Beruhigung der auf jene Ziele jetzt in den Massen gerichteten Bestrebungen schwerlich erreicht werden würde; wie vielmehr zu besorgen steht, daß durch eine solche Umgestaltung der deutschen Bundesverfassung ungleich größere Gefahren für Deutschland und die einzelnen deutschen Bundesstaaten herbeigeführt werden möchten. Indem ich Ew. Hochwohlgeboren noch beauftrage, dem Königlich Sächsischen Herrn Minister den besten Dank der Königlichen Regierung für die gefällige Mittheilung der Denkschrift auszudrücken und aus diesem Erlaß das Erforderliche mitzutheilen, erneure ich die Versicherung meiner vollkommensten Hochachtung. Platen-Hallermund

99. Bray an Schrenk HStA München, MA 493/2. Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 5. Dezember 1861.

Bray berichtet über den Plan eines Schutz- und Trutzbündnisses zwischen Preußen und Deutschland einerseits sowie Österreich andererseits, das an die Stelle des aufzulösenden Deutschen Bundes treten soll.

Wien, 4. Dezember 1861 Hochwohlgeborner Freiherr, Hochzuverehrender Herr Staatsminister! Fürst Oettingen1 kehrt heute nach München zurück, und ich benütze diese Gelegenheit um meinem Berichte No 114 vom 29ten vor. Mts., den Euere Excel1 Wahrscheinlich ist Ludwig Fürst von Oettingen-Wallerstein (1791–1870) gemeint, der langjährige bayerische Diplomat und Parlamentarier; ADB, Bd. 40, S. 736–747.

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lenz erhalten haben werden, noch einige vertrauliche Bemerkungen folgen zu laßen. Der Plan eines zwischen Preußen mit Deutschland einerseits – und Oesterreich anderer Seits abzuschließenden Schutz- und Trutzbündnisses, welches an die Stelle des aufzulösenden deutschen Bundes zu setzen wäre, ist mir confidentiell durch meinen hiesigen preußischen Collegen, Baron Werther2, entwickelt worden. Er bezeichnete zwar das Projekt als „reine Theorie“, fügte aber doch hinzu: „Preußen fühle sich unbehaglich und unbefriedigt im jetzigen Bunde; es könne deshalb auch nichts wollen, was zu deßen Ausbildung und Befestigung führen würde. – Es müße nach neuen Formen und einem neuen Verhältniße streben. Komme Oesterreich den preußischen Wünschen hierin entgegen, und trage es dazu bei, sie den übrigen deutschen Regierungen annehmbar zu machen, so könne es auf große politische Conceßionen und auf ein festes Bündniß mit Preußen rechnen. – Thue Oesterreich Dies nicht, so werde es an Preußen einen gleichgültigen und unzufriedenen Nachbar haben, der in Zeit äußerer Bedrängniß die Bewahrung der Neutralität wohl als das Zusagendste für sein Interesse betrachten könnte.“ Diese Sprache in dem Munde des Gemäßigsten und für Oesterreich Wohlwollendsten der preußischen Diplomaten läßt mich nicht daran zweifeln, daß von Berlin aus solche Ansichten inspirirt und begünstigt werden. Ich glaube Euere Excellenz davon in Kenntniß setzen zu sollen, unter Beifügung der Bitte, davon nur den confidentiellsten Gebauch machen zu wollen, da ich sonst leicht eine wichtige und ergiebige Quelle der Information verlieren könnte. Die bestimmten und absolut abweisenden Äußerungen des Grafen Rechberg, welche durch die Brochüre „Preußen vor den Wahlen von 1861“3 veranlaßt wurden, werden das preußische Ministerium vorsichtiger und zurückhaltender gestimmt haben, – und Graf Rechberg selbst glaubt erwarten zu dürfen, daß man in Berlin Anstand nehmen wird, mit den beabsichtigten Vorschlägen sobald und in so greller Weise hervorzutreten. Ich verbleibe mit ausgezeichnetster Hochachtung, Euerer Excellenz ganz ergebenster Gf. von Bray

2 Karl Freiherr von Werther (1809–1894), 1859–1869 preußischer Gesandter in Wien; ADB, Bd. 42, S. 113–116. 3 Siehe Dok. 92.

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100. Bernstorff an Savigny HStA Dresden, 10 717, Nr. 936, fol. 415–426. Depesche. Abschrift. „Durch den k. preuß. Gesandten, Herrn v. Savigny br. m. mitgetheilt am 29. Decbr. 1861.“ – Weitere Abschriften: GStA Berlin, I. HA, Rep. 75 A, Nr. 282, fol. 63–69; HStA München, MA 493/2. Druck: Das Staatsarchiv, Bd. 2, 1862, Nr. 177, S. 16–21; Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, 2. Jg. 1861, S. 96–98 (Auszug); Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 2, Nr. 95, S. 121–123 (gekürzt).

Das Hauptgebrechen der Bundesverfassung besteht darin, daß in den Bundesverträgen der völkerrechtliche Charakter des Bundes nicht rein festgehalten ist, sondern daß er mit Fragen des inneren Staatsrechts vermischt ist. Um den Bund lebensfähig zu erhalten, muß die Reform in der entgegengesetzten Richtung zu den Plänen Beusts erfolgen. Die den ganzen Bund umfassenden Reformvorschläge in bundesstaatlicher Richtung sind unausführbar. Preußen erscheint aber ein Bundesstaat innerhalb des Staatenbundes möglich. Die Reform geschieht am besten auf dem Weg der freien Vereinbarung der Einzelstaaten, wobei die realen Machtverhältnisse zu Grunde gelegt werden müssen. Der von Beust vorgeschlagene Verfassungsorganismus wäre ein weit künstlicherer Bau als der bisherige.

No. 34.

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Hochwohlgeborner Herr! Euere Hochwohlgeboren wissen, welche Beachtung wir der staatsmännischen Thätigkeit des Freiherrn v. Beust auf dem Gebiete deutscher Fragen zu widmen gewohnt sind, und Sie werden während Ihrer letzten Anwesenheit hierselbst Sich zu überzeugen Gelegenheit gehabt haben, wie sehr auch die jüngste Arbeit dieses hervorragenden Staatsmannes über die Reform der BundesVerfassung unser Interesse in Anspruch genommen hat. Die darauf bezüglichen Schriftstücke, welche Graf Hohenthal uns mitzutheilen beauftragt war, befinden sich in E. H. Händen. Wir sind mit lebhafter Genugthuung den eben so klaren als geistvollen Ausführungen der Denkschrift des Freih. v. Beust gefolgt, welche die Nothwendigkeit der Reform zu motiviren, die Mängel und Gebrechen der bestehenden Zustände zu beleuchten und ihre Ursachen zu erklären bestimmt ist. Die Ueberzeugung von jener Nothwendigkeit datirt in Preußen von Jahrzehnten her, und ebenso alt sind unsere ernstlichen aber fruchtlosen Bemühungen, ihr unter den Bundesgenossen gleiche Geltung zu verschaffen. In sehr vielen Fällen stimmen wir mit dem K. Sächsischen Minister in Beziehung auf die von ihm dargelegten Mißstände des Bundes und die Mängel in den Bundeseinrichtungen überein, wenn wir auch den Erklärungsgründen derselben oft nicht in gleicher Weise beipflichten können. Die wesentlichste Verschiedenheit in der Auffassung aber, welche auch bei unserer Beurtheilung des von ihm aufgestellten Reformplanes maßgebend ist, waltet bei uns in so fern ob, als wir das Hauptgebrechen der ganzen Bundesverfassung darin erkennen müssen, daß in den Bundesverträgen nicht der völ-

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kerrechtliche Charakter des Bundes in seiner Reinheit festgehalten, sondern daß schon die erste Grundlage desselben mit Bestimmungen über Fragen des inneren Staatsrechts in einer für das Bundesverhältniß nachtheiligen Weise vermischt ist. Hierin ist, unserer Ansicht nach, die hauptsächlichste Quelle der vielen Mißstände zu suchen, welche bei diesen gemischten Grundlagen in dem Bundesverbande deshalb um so weniger ausbleiben konnten, weil ihm die heterogensten Staaten angehören. Ein Blick auf das verschiedene Verhältniß, in welchem die deutschen Großstaaten und die anderen dem Bunde nur mit einem Theile ihres Gebietes angehörenden Mächte im Vergleich zu den übrigen Staaten zum Bunde stehen, wird zum Verständniß genügen. Wenn irgendwo, so dürfte insbesondere in dem Uebelstand dieser vermischten Grundlage eine den Lebenskeim des Bundes bedrohende Gefahr und deshalb auch die dringende Mahnung liegen, diese Grundlage, welche für alle Bundesglieder gleichmäßig gelten soll, in ihren Elementen zu sichten u. zu vereinfachen, und zwar in einer dem Plane des Freiherrn v. Beust gerade entgegengesetzten Richtung. Jedenfalls ist es unverkennbar, daß das Bundesverhältniß derjenigen vier Staaten, welche den Schwer- und Mittelpunkt ihres Organismus außerhalb jenes Verhältnisses haben, ein unüberwindliches Hinderniß für eine Entwickelung der Verfassung des Gesammtbundes in bundesstaatlicher Richtung bilden muß. Das Verfolgen dieser Richtung setzt eine sich steigernde Beschränkung der Autonomie der einzelnen Staaten voraus, für welche – hierin wird uns Freiherr v. Beust gewiß beistimmen – Einhelligkeit sämmtlicher Bundesglieder niemals zu erreichen sein wird.1 Wir müssen deshalb alle auf den ganzen Bestand des Bundes berechneten Reform-Vorschläge in der bundesstaatlichen Richtung, in welcher sich dieselben, trotz der Erläuterungen der Nachtragsdenkschrift, unserer Ansicht nach, bewegen, von vorn herein für unausführbar halten. Dagegen erscheint es uns nicht unwahrscheinlich, oder wenigstens nicht unmöglich, daß eine Vereinfachung der Grundlagen des Bundes in seiner Gesammtheit, insbesondere die Zurückführung derselben auf die zur Erhaltung seiner Integrität und seiner Sicherheit nothwendigen Vertragsbestimmungen, einstimmig beschlossen werden könnte. Und ferner halten wir es für unzweifelhaft, daß für die andere Seite der Reform des Bundes, welche die engere Vereinigung seiner Glieder auf dem Gebiete des inneren Staatsrechtes bezweckt, der Weg freier Vereinbarung mit dem besten Erfolge zu betreten wäre. Dies ist der eine Hauptgesichtspunkt, von welchem aus Preußischer Seits bereits verschiedentlich allgemeine Reformbestrebungen eingeleitet worden sind, und welcher, auch ohne daß solche vorlagen, in Beziehung auf die Entwickelung der verschiedenartigsten, das gemeinsame deutsche Interesse för1 Marginalie von Beust: Ist aber auch nicht allemal nöthig.

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derlichen Maßnahmen und Einrichtungen, von Preußen stets festgehalten worden ist. Von diesem Standpunkte aus kann eine Begründung oder Erweiterung der Competenz des Bundes auf dem Gebiete einer allgemeinen Gesetzgebung nicht rathsam erscheinen. Es kann weder im wahren Interesse des Einzelstaates noch der Gesammtheit liegen, daß die Schwerfälligkeit des Bundesweges freie Vereinbarungen zwischen einzelnen Staaten deshalb hindere oder verzögere, weil über den Gegenstand derselben gleich die Vereinigung der Gesammtheit in Angriff genommen werden soll.2 Eben so wenig läßt es sich rechtfertigen, daß deshalb, weil die Gesammtheit eine Anordnung durch Einstimmigkeit zum Bundesgesetz erhoben hat, der Einzelstaat für eine ihm wünschenswerthe Veränderung an die Vorbedingung der Einstimmigkeit gebunden bleiben soll.3 Ein zweiter mit dem vorstehend erörterten gleich wichtiger Gesichtspunkt, welcher nach unserer Auffassung zur Richtschnur jeder bedeutsamen Reform des Bundes genommen werden muß, wenn anders dieselbe von praktischem Nutzen sein soll, ist der, daß sowohl bei der Bildung der verfassungsmässigen Organe des Bundes, als auch bei der Begründung der organischen Einrichtungen desselben, die realen Machtverhältnisse zum Grunde gelegt werden, und daß in den Bundesbeziehungen überhaupt das Gewicht der Stimmen mehr mit dem Gewicht der Leistung, die Größe der Berechtigung mehr mit der Größe der Verpflichtung in Einklang gesetzt werde. Wir halten es für ein tief liegendes Gebrechen der gegenwärtigen Bundeseinrichtungen, daß den realen Machtverhältnissen meist keine irgend genügende Rechnung getragen ist, und haben hierauf insbesondere auch in den schwebenden Verhandlungen über die Revision der Bundeskriegsverfassung wiederholt auf das Ernstlichste hingewiesen.4 Der sinnreiche und mit grossem Verständniß der nach verschiedenen Richtungen auseinandergehenden Wünsche und Tendenzen der Bundesgenossen aufgestellte Reformplan des Freih. von Beust theilt auch diesen zweiten Hauptgesichtspunkt nicht mit uns. Es bleibt nach demselben als Grundlage des neuen Verfassungsorganismus das Stimmenverhältniß, welches im engeren Rathe, wie im Plenum der Bundesversammlung, den beiden Großstaaten nur je 1/17 des Stimmengewichts zuschreibt, obwohl jeder derselben im Bunde etwa 1/3 des Machtgewichts bildet, selbst wenn man von der Thatsache absieht, daß sie beide für die höchsten Zwecke des Bundes, wenn auch nicht bundesverfassungsmässig, doch factisch mit ihrer Gesammtmacht einstehen. 2 Marginalie von Beust: Thatsächlich findet grad das umgekehrte Verhältnis statt. 3 Marginalie von Beust: Eigenthümliche Illustration zur Einheitsidee. 4 Marginalie von Beust: Dagegen will man nichts davon wissen, wenn die Würzburger sich zu einer realen Macht constituiren wollen.

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Freiherr von Beust will sogar die vorgeschlagene Volksvertretung am Bunde in einem ähnlichen Verhältniß, und zwar so gebildet wissen, daß die beiden Großmächte zusammen noch nicht einmal die Hälfte der Abgeordneten zu entsenden hätten, und er beruft sich dabei auf den Umstand, daß dieses Zahlenverhältniß für sie ein günstigeres sei, als das im Plenum der Bundesversammlung. Wenn nun auch der Reformplan des Freiherrn von Beust auf Grundlagen beruht, zu denen wir uns nach obigen Andeutungen in einem entschieden gegensätzlichen Verhältniß befinden, und von denen aus, nach unserer Ueberzeugung, für Reformversuche kein ersprießliches Ergebniß zu erwarten steht, so kann uns dieser Umstand doch nicht hindern, dem patriotischen Geiste, von welchem die Vorschläge getragen sind, einzelnen Zielen, nach welchen dieselben streben, und vor Allem der Absicht unsere Anerkennung zu zollen, die Thätigkeit der Bundesversammlung zweckentsprechend zu beleben, und das Interesse der Nation daran zu erhöhen. Wir zweifeln nicht, daß eine abgekürzte und concentrirtere Thätigkeit des Bundestages in dieser Richtung wirken könnte, wenn uns dies Mittel auch nicht ausreichend erscheint. Allein, ob nicht bei der Verwandlung des Bundestages in eine periodisch zusammentretende Minister-Conferenz die Vorbereitung der Beschlußfassungen auf anderem Wege, als durch Ausschuß-Berathungen, namentlich durch Verhandlung von Regierung zu Regierung, von größerem Zeitverlust für die Durchführung begleitet sein dürfte, wagen wir nicht verneinend zu entscheiden. Was die erste Begründung einer Volksvertretung am Bunde anbetrifft, so theilen wir die Ausführungen der Denkschrift des Freiherrn von Beust darin, daß eine solche wohl am besten durch Delegation von Seiten der Landtage der einzelnen Staaten würde erfolgen können. Aber wir dürfen zugleich die Bedenken und Schwierigkeiten nicht unberührt laßen, die allein schon dadurch entstehen müssen, daß der einheitliche Verfassungsorganismus, welcher in Preußen Bundeslande und Nichtbundeslande umschließt, weder eine unbedingte Aussonderung eines Theiles der gesetzgeberischen Thätigkeit aus der Competenz des Landtages, noch eine allgemeine Unterordnung des ganzen Landtages unter eine Abgeordneten-Versammlung am Bundestage gestattet. Aehnlich, und vielleicht noch schwieriger, würde es sich mit Oesterreich verhalten. Die Entfaltung des Verfassungslebens in den dem Bunde nur mit einem Theile ihrer Lande angehörenden Staaten hat überhaupt eine größere Individualisirung derselben hervorgerufen und damit folgerecht ihre Stellung zum Bunde spröder gestaltet. Die Executivgewalt, welche nach dem Vorschlage des Freiherrn von Beust durch Mandat der Bundesversammlung während deren Vertagung an drei Bundesfürsten, darunter die Souveraine der beiden Großmächte, übertragen

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werden, und welche dieselben zur Ausführung der Beschlüsse der Bundesversammlung, so wie zur Ergreifung außerordentlicher Maßregeln in ungewöhnlichen politischen Conjuncturen ermächtigen soll, halten wir, ganz abgesehen von anderen dagegen obwaltenden Bedenken, schon aus Rücksicht auf die Stellung der Souveraine der beiden Großmächte und die nothwendige Selbstständigkeit der Politik ihrer Cabinette, nicht für ausführbar. Eben so wenig wird, unseres Erachtens, ein Bundesgericht von so umfassender Competenz, wie Freih. von Beust sie begründet zu sehen wünscht, in’s Leben zu rufen sein. – Im Hinblick auf die ebenberührten Verfassungsverhältnisse der nur mit einem Theile ihrer Lande im Bunde stehenden Staaten müssen wir vielmehr bestreiten, daß einem Bundesgerichte das Recht der höchsten Entscheidung über Verfassungsfragen der Einzelstaaten übertragen werden könne. Was endlich die Erhebung des bisherigen technischen Beiraths der Bundesversammlung in Militair-Angelegenheiten, der Militair-Commission, zu einer selbstständigen Bundesverwaltungsbehörde anbelangt, so würden auch bei dieser neuen organischen Einrichtung die gewichtigsten Bedenken zu überwinden sein. Die Competenz der neuen Behörde, welcher die Verwaltung des Bundeseigenthums und die Verfügung über die dazu erforderlichen Mittel anvertraut werden soll, würde nicht leicht zu begrenzen sein, auch die Zusammensetzung derselben, welche nicht die der Militair-Commission (Oesterreich, Preußen und die Vertreter der 4 Bundes-Corps) bleiben könnte, alsbald schwer zu lösende Streitfragen heraufbeschwören. Fassen wir nun aber den vom Frh. von Beust entworfenen Verfassungsorganismus des Bundes, in welchem den bisherigen Organen desselben neue hinzugefügt, und die Befugnisse der früheren erweitert sind, in seiner Gesammtheit in’s Auge, so tritt uns ein weit künstlicherer und verwickelterer Bau, als der bisherige, entgegen, und wir können uns der Ueberzeugung nicht erwehren, daß, die Durchführbarkeit desselben vorausgesetzt, die Action des Bundes durch den neuen Apparat im Großen und Ganzen nicht erleichtert, vielmehr erschwert werden würde. Im Eingange des Nachtrages zu seiner, die Reformvorschläge motivirenden Denkschrift, erläutert Freih. von Beust den Standpunkt, von dem er ausgeht, näher dahin, daß es sich bei den Reformen des Bundes immer nur um die bessere Entwickelung eines Staatenbundes handeln könne, weil der Bundesstaat gleichbedeutend mit der Auflösung des Bundes sei. Auch wir glauben, daß ein ernster Versuch, den ganzen Bund in bundesstaatliche Formen zu zwingen, leicht von solchen Folgen begleitet sein könnte, während uns die Bildung eines Bundesstaates im Staatenbunde mit dem Fortbestehen des letzteren sehr wohl vereinbar scheint. Eben daher schreibt sich eines unserer Hauptbedenken gegen die Reformpläne des Freih.

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von Beust, welche, wie wir schon oben andeuteten, nach unserer Ansicht gerade für das Ganze eine bundesstaatliche Richtung einschlagen. Denn in dem von ihm gewünschten neuen Bundesorganismus erstrebt Freih. von Beust unzweifelhaft eine staatsrechtliche Verbindung der im Bunde begriffenen Staaten unter einer über das Ganze sich erstreckenden, höheren Staatsgewalt, welche in ihrer bestimmten Sphäre souverän sein soll. Er erstrebt ferner der Constituirung eines förmlichen Gesetzgebungsrechts, eines selbstständigen Bundesgerichts und eines selbstständigen militairischen Verwaltungs-Organs. Hiermit kommen aber gerade die wesentlichen Attribute des Bundesstaates: Gesetzgebung, Oberaufsicht und Vollziehung in Bundessachen, zum Ausdruck.5 In dem Nachtrage ist ferner die Ansicht ausgesprochen, daß die Vereinigung eines Theiles der Bundesgenossen zu einem engeren Verbande das Ausscheiden der einen Großmacht aus dem Bunde zur nothwendigen Folge haben müsse, weil der weitere Bund in jenem Falle zu einem blossen Allianz-Vertrage herabsinke, dessen Dauer und Ausführung von wechselnden Umständen abhängig bleiben würde. Wir vermissen jede nähere Begründung dieser Ansicht, und vermögen unsrerseits die Nothwendigkeit solcher Folgen nicht einzusehen. Denn weder würde aus der Benutzung des durch Art. 11 der Bundes-Akte gewährten Bündnißrechts6 zu engeren Vereinigungen unter einem Theile der Bundesgenossen für die anderen die Berechtigung zum Ausscheiden aus dem Bunde erwachsen, noch würde dadurch die Garantie für den Bestand des weiteren Bundes eine Veränderung erleiden. Sie bliebe im Gegentheil ganz die bisherige und würde vielmehr durch die Verbesserung der Verfassung gestärkt, während der Bund bei seiner gegenwärtigen mangelhaften Organisation Zweifel über seine Widerstandskraft in großen Wechselfällen erwecken kann, und eine solche jedenfalls erst noch zu bewähren hat. Wir theilen mit dem Freiherrn von Beust die Ansicht, daß für den ganzen Bund keine kräftige Centralgewalt, sei es eine einheitliche, sei es eine zusammengesetzte, dauernd erreicht werden könne. Auch haben wir uns bereits in dem umfänglichen Schriftwechsel, welcher über die Vorfragen zur Revision der Bundeskriegsverfassung stattgefunden hat, in einer mit seiner gegenwärtigen Auffassung übereinstimmenden Weise darüber ausgesprochen, daß ein zwischen den beiden Großmächten wechseln5 Marginalie von Beust: Hier ist eben der große Unterschied zwischen B. Staat und Staatenbund übersehen. Beide können gleiche Action ausüben, im ersten wird sie , im zweiten vereinbart. [Es folgt ein Satz, der nicht zu entziffern ist.] 6 Art. XI DBA: „Die Bundesglieder behalten das Recht der Bündnisse aller Art; verpflichten sich jedoch in keine Verbindungen einzugehen, welche gegen die Sicherheit des Bundes oder einzelner Bundesstaaten gerichtet wären.“ QGDB I/1, S. 1512.

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der Turnus, welcher die eine der anderen zeitweise unterordnen würde, mit ihrer Europäischen Stellung nicht vereinbar sei. Dagegen erkennen wir der Ansicht, daß ein ständiges militairisches OberCommando in einer Hand und eine einheitliche Vertretung nach außen unpraktisch oder unausführbar sei, die Berechtigung nur für den Fall zu, wenn die Vereinigung dieser Attribute für den ganzen Staatenbund in Anspruch genommen würde; nicht aber für den Fall, wenn sie sich blos auf einen engeren Verband im Bunde bezöge, in welchem man für dieselbe einen vertragsmäßigen Boden gelegt hätte. Wie sehr nun auch immer bei den Betrachtungen, mit welchen wir die interessanten Erörterungen des Kgl. Sächsischen Ministers in seinen Denkschriften begleitet haben, der beiderseitige Gedankengang sich in gegensätzlichen Richtungen bewegt, so können wir doch nicht umhin, hier schließlich noch einmal in Betreff der patriotischen Absichten unsere Anerkennung auszusprechen, von welchen diese Denkschriften Zeugniß ablegen. Von der größten Bedeutung und von hohem Werthe ist für uns aber vor Allem der Umstand, daß überhaupt von so gewichtiger Seite und in so eindringlicher Weise eine unumwundene Kundgebung über das unabweisliche Bedürfniß der Reform der Bundesverfassung erfolgt ist. Wir bekennen uns, wie Freiherr von Beust in seiner unterm 11. v. Mts. an den Grafen von Hohenthal gerichteten Depesche7 sehr richtig vorausgesetzt hat, jetzt, wie früher, sehr gern zu der von ihm so beredt dargelegten Ueberzeugung, daß es hohe Zeit und im Interesse der Erhaltung der für alle Staaten gleich nothwendigen obersten Grundsätze der Ordnung und des Rechts geboten sei, die Frage der deutschen Bundesreform dem zersetzenden Treiben des Parteiwesens zu entnehmen und zu diesem Zweck zu einer offenen Auseinandersetzung unter den Bundesgenossen zu gelangen. Eure Hochwohlgeboren ersuche ich ergebenst, bei Abstattung unseres verbindlichsten Dankes an den Freiherrn von Beust für seine gefälligen Mittheilungen, unsrer aufrichtigen Genugthuung, insbesondere in letzterer Beziehung, den wärmsten Ausdruck leihen und dem gedachten Herrn Minister, falls er es wünschen sollte, Abschrift der gegenwärtigen Depesche mittheilen zu wollen. Empfangen u.s.w. (gez.) Bernstorff.

7 Mit der Depesche an Hohenthal vom 11. November 1861 hatte Beust seine Reformdenkschrift der preußischen Regierung übermittelt; Beust an Hohenthal, 11. November 1861, GStA Berlin, I. HA, Rep. 81, Gesandtschaft zu Wien II, Nr. 284 (Abschrift).

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101. Bray an König Maximilian II. HStA München, MA 493/2. Immediatbericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 30. Dezember 1861. Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 2, S. 65 f. (ohne die letzten beiden Sätze).

Bray berichtet über eine Besprechung mit Rechberg über das Vorgehen in der Bundesreformfrage. Entweder wartet man ab, bis Preußen die Initiative ergreift, oder man stellt selbst einen Reformplan auf. Dazu ist vor allem eine Verständigung zwischen Österreich und Bayern erforderlich. Österreich wird in Kürze einen Entwurf mit den Hauptprinzipien einer Reform nach München zur Prüfung übermitteln.

Wien, 28. Dezember 1861 Allerdurchlauchtigster Großmächtigster Koenig Allergnädigster König und Herr! In einer gestern gepflogenen Besprechung habe ich dem Grafen von Rechberg den Inhalt des Ministerial-Erlaßes No 342 vom 24. d. M.1 mitgetheilt, und habe mich hierüber mit ihm in eingehender Weise benommen. Der Graf schien diese Eröffnung erwartet zu haben, und er nahm sie mit sichtlicher Befriedigung entgegen. Vor Allem erklärte er sich damit einverstanden, daß in ein gemeinschaftlich aufzustellendes Projekt nur diejenigen Hauptprinzipien aufzunehmen seien, welche einer Bundesreform zugrunde liegen müßen, – die Details aber späterer Vereinbarung überlaßen werden. – In dieser Hinsicht stellt Graf Rechberg gegenwärtig folgende Alternative auf: Entweder man wartet ab, wie dies hier Anfangs projektirt war, bis Preußen mit einem, wie leicht vorauszusehen, – nicht annehmbaren Projekte die Initiative ergreift. Dann würde das aufzustellende Gegenprojekt eben so wenig Aussicht auf die Annahme von Seite Preußens haben, – somit mehr eine Schutzwaffe zur Abwehr des preußischen Angriffs, ein Panier für die großdeutsche Partei, als ein ernst gemeinter Reformplan sein. Es würde in diesem Falle weniger Werth auf eine genaue, behutsame und allgemein annehmbare Formulirung zu legen sein, da an eine Realisirung doch nicht zu denken wäre. 1 Schrenk an Bray, 24. Dezember 1861, HStA München, MA 493/2. Als Reaktion auf die Meldung Brays, daß die österreichische Regierung ein eigenes Bundesreformprojekt plane, um den preußischen Plänen entgegenzutreten, formulierte Schrenk in seinem Erlaß die Hauptprinzipien, die aus bayerischer Sicht einem Bundesreformprojekt zugrunde liegen müßten: 1. Eine Volksvertretung am Bunde sollte nur für ganz bestimmte Fälle hinzugezogen werden, und es müsse „jeder Gedanke an eine unmittelbare Volkswahl und ein deutsches Parlament“ ausgeschlossen sein; 2. In einer ständigen Bundesexekutive müsse zumindest jeder größere Staat durch einen eigenen Delegierten vertreten sein; 3. In der Zusammensetzung des Bundestags und am Abstimmungsmodus im engeren Rat und im Plenum solle „so wenig wie möglich oder gar nichts geändert werden“. – In einem weiteren vertraulichen Erlaß vom gleichen Tag (ebd.) reklamierte Bayern als eine „conditio sine qua non“ einen ständigen Sitz in der Bundesexekutive.

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Anders verhielte es sich, wenn dem Entschluß einer selbst zu ergreifenden Initiative der Vorzug eingeräumt werden sollte. In diesem Falle würde, nach Graf Rechberg’s Ansicht, die gemeinschaftliche Aufstellung der Anfangs erwähnten Grundprinzipien zu erfolgen haben, und hiemit die Berufung von Minister-Conferenzen zu verbinden sein, welchen die Ausarbeitung der Details überlaßen bliebe. Daß Preußen sich entschließen sollte, diese Conferenzen zu beschicken, zieht Graf Rechberg freilich auch in Zweifel, und es würde somit das wahrscheinliche Ergebniß in beiden Fällen ziemlich dasselbe sein, d. i. das Beharren beim alten Bunde. Von Seite der Regierungen wäre aber der öffentlichen Stimmung Rechnung getragen und es könnte sie der Vorwurf nicht treffen, sich blos unthätig und negirend verhalten zu haben. Bei Betrachtung beider Eventualitäten gelangten wir zu dem Schluße, daß vor Allem eine Verständigung Oesterreichs mit Bayern erforderlich sei. Graf Rechberg beabsichtigt in Folge Deßen einen Entwurf von Hauptprinzipien, – mit deßen Aufstellung das kaiserliche Ministerium des Äußern gerade beschäftigt ist, – sobald derselbe dem Kaiser vorgelegt und aus Venedig wieder eingetroffen sein wird2, in München mitzutheilen, und dortiger Prüfung zu unterstellen. Zugleich will derselbe an Bayern, und sodann an die übrigen gleich gesinnten Mittelstaaten, den Antrag richten, ein gegenseitiges Abkommen zu treffen, wonach den genannten deutschen Staaten die Erhaltung ihrer Souveränetät und staatsrechtlichen Stellung, – Oesterreich dagegen die Bewahrung seiner Stellung in Deutschland, – und Unterstützung gegen Verdrängungsversuche – gewährleistet werden würde. Letztere Eröffnung ersuchte mich der Minister als eine ganz vertrauliche zu betrachten, und von derselben Keinem meiner hiesigen Collegen etwas mitzutheilen, da er für’s Erste nur mit Euerer Königlichen Majestät Regierung darüber zu conferiren wünsche. Die im Ministerial-Erlaß No 342 bezeichneten Punkte3 beabsichtigt Graf Rechberg dem mit der Aufstellung des österreichischen Entwurfs beauftragten Ministerialrath von Biegeleben4 mitzutheilen, damit er sie in seinen Ideengang mit aufnehme, und bei seiner Arbeit benütze.

2 Kaiser Franz Joseph I. war nach Venedig gereist, wo sich seine Frau Elisabeth seit Oktober 1861 aufhielt. 3 Siehe oben Anm. 1. 4 Ludwig Freiherr von Biegeleben (1812–1872), seit 1850 Sektionsrat, seit 1852 Ministerialrat im „deutschen Referat“ des österreichischen Außenministeriums, war seit Ende der 1850er Jahre federführend bei der Konzeption der österreichischen Bundespolitik; ADB, Bd. 2, S. 620–622; NDB, Bd. 2, S. 224 f.

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Die nähere Beschaffenheit dieser letzteren wird erst nach ihrer Vollendung ersichtlich, und dann erst ein Urtheil darüber zu fällen möglich sein. Aus mehreren Äußerungen des Grafen Rechberg glaube ich entnehmen zu können, daß ihm ein älteres Projekt des Freiherrn von Blittersdorf vorschwebt, wonach an ein Bundesdirektorium oder Centralgewalt von 5 Mitgliedern zu denken wäre, worin Oesterreich, Preußen und Bayern ständige Sitze haben würden, die übrigen 2 dagegen abwechslungsweise durch die anderen Staaten zu besetzen wären.5 Es wäre dies die Trias in veränderter Gestalt, wobei gleichwohl Bayern eine ständige Betheiligung zugedacht bliebe. Einen bezüglich der Form bestimmten Entschluß hatte Graf Rechberg gestern noch nicht gefaßt. Auch meinerseits konnte sohin in das détail der Berathung hierüber, nach Maßgabe der allerhöchsten Direktiven im Erlasse No 340, noch nicht eingegangen werden, und ich mußte mich darauf beschränken die Hauptprinzipien zu wahren. Ich behalte mir aber vor, sowohl mit dem Minister, als mit dem Referenten, sobald in das Stadium der spezielleren Berathung eingetreten wird, die mir vorgezeichneten Gesichtspunkte genau und nachdrücklichst zu wahren. Ich verharre in tiefster Ehrfurcht, Euerer Königlichen Majestät, allerunterthänigst treugehorsamster Gf. von Bray.

5 Rechberg bezieht sich hier offenbar auf die Vorschläge des badischen Bundestagsgesandten Friedrich Freiherr von Blittersdorff (1792–1861), die dieser im Jahr 1846/47 entwickelt hatte. Vgl. dazu von Hippel, Blittersdorff, S. 142–151; Blittersdorff, Mappe.

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102. Schrenk an König Maximilian II. HStA München, MA 493/2. Antrag. Behändigte Ausfertigung.

Die österreichische Regierung hält die Lage der Dinge in Deutschland für sehr bedrohlich und befürchtet eine Spaltung unter den Bundesmitgliedern. Es ist an der Zeit, sich unter den Regierungen, die die Bundesverfassung aufrechterhalten wollen, über eine gemeinsame Haltung zu verständigen. Zunächst sollen Österreich und Bayern übereinkommen, daß sie keinem Bundesreformprojekt ihre Zustimmung geben, durch welches Österreich aus der gemeinsamen deutschen Verfassung ausgeschlossen wird. Beide Staaten sollen deshalb weder einem parlamentarischen Bundesstaat noch der Übertragung der politischen und militärischen Führung an Preußen zustimmen. Österreich will mit einer Antragstellung in der Reformfrage warten, bis von Preußen oder einer anderen Regierung die Initiative ergriffen wird. In diesem Fall würde Österreich zu einer Ministerkonferenz einladen, die eventuell auch ohne Preußen zusammentreten sollte und folgende Bundesreformentwürfe zu beraten hätte: Errichtung einer ständigen Bundesexekutive, Delegiertenversammlung zur Mitwirkung an der gemeinsamen Gesetzgebung, Errichtung eines Bundesgerichts, Ausdehnung des Defensivsystems des Bundes auf die außerdeutschen Besitzungen Österreichs und Preußens. Sollte es wegen der Opposition Preußens am Bund zu einer Spaltung kommen, so sollen nach dem Willen Österreichs die bundestreuen Regierungen ein politisches und militärisches Bündnis schließen, um die gemeinsame Verfassung Deutschlands zu erhalten. Schließlich verlangt Österreich, daß Bayern sich bei einem Angriff auf Österreich in Italien an einem Bundeskrieg gegen Frankreich und Italien beteiligt. Schrenk spricht sich dafür aus, den Vorschlägen Österreichs, „so weit solches nur immer zulässig erscheint“, entgegenzukommen.

München, 8. Januar 1862 An Seine Majestaet den Koenig Allerunterthänigster Antrag von Seite des Staats Ministeriums des Koeniglichen Hauses und des Aeussern Betreff. Bundesreform-Bestrebungen. Euerer Koeniglichen Majestaet Allerhöchstem Befehle vom 6n d. gehorsamst entsprechend hat der treugehorsamst Unterzeichnete unterm vorgestrigen und gestrigen mit dem k. öster. Gesandten Grafen Blome ausführliche Besprechungen gepflogen und er beeilt sich nunmehr deren Ergebniß in nachstehendem allerunterthänigst vorzutragen. Die kais. österreichische Regierung erachtet die politische Lage der Dinge in Deutschland und in ganz Europa für sehr bedrohlich, sie besorgt, daß die Bundesreform-Bestrebungen in Deutschland und die Haltung der kngl. preussischen Regierung in Bezug auf dieselben eine förmliche Spaltung unter den Bundesregierungen hervorrufen, und daß im kommenden Frühjahre auch Verwicklungen nach aussen hinzutreten könnten, und sie glaubt, daß es für jene Regierungen, welche die dermalige Bundesverfassung in der Wesenheit auf-

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recht zu erhalten [sic] und Deutschland vor den drohenden Gefahren wahren wollen, an der Zeit sey, sich über gemeinsam einzunehmende Haltung zu verständigen. Von dieser Auffassung ausgehend hat das kais. Cabinet den Gesandten Grafen Blome hieher abgeordnet, um die Nothwendigkeit einer derartigen Verständigung darzulegen, und zunächst der bayerischen Regierung desfallsige Vorschläge mitzutheilen, und mit dieser dieselben in nähere Berathung zu ziehen. Der Ernst der dermaligen politischen Situation bedarf nun wohl keines näheren Nachweises, und die Zweckmäßigkeit einer Verständigung der gleichgesinnten deutschen Regierungen ergiebt sich aus derselben von selbst, und ist von Euerer Koeniglichen Majestaet bereits Allerhöchst anerkannt worden; der treugehorsamst Unterzeichnete glaubt deßhalb sofort auf die von dem Grafen v. Blome überbrachten Vorschläge übergehen, und jedem derselben sogleich sein unzielsetzliches Gutachten beifügen zu dürfen. 1) Zunächst sollen nach Ansicht des Wiener Cabinets die österreichische und bayerische Regierung dahin übereinkommen, keinem Bundesreform-Projekte die Zustimmung zu geben, durch welches Österreich aus dem Verbande der gemeinsamen deutschen Verfassung ausgeschloßen und die übrigen deutschen Fürsten der Krone Preussen untergeordnet würde[n]. Beide Regierungen würden daher, weder in die Gründung eines preußisch-deutschen parlamentarischen Bundesstaates, noch in irgend eine andere Einrichtung willigen, durch welche die diplomatische und militärische, oder auch die rein militärische Führung im nicht österreichischen Theile von Deutschland auf Preussen übertragen werden sollte, vielmehr die Wahrung der Stellung Österreichs an der Spitze des Bundes und der Gleichberechtigung Bayerns und der übrigen größeren Regierungen im Bunde als Bedingungen jeder Reform der BundesVerfassung festhalten. Diese Ansicht über das Maß der Zulässigkeit einer Bundesreform entspricht ganz dem diesseitigen Interesse und den steten Bestrebungen Bayerns; es unterliegt deßhalb wohl keinem Bedenken, dem Vorschlage beizutreten und die Uebereinstimmung mit demselben kund zu geben. 2) Die kais. Regierung erachtet es unter den gegenwärtigen Umständen noch für angezeigt, ihrerseits erst dann zu einer Antragstellung in der Reformfrage überzugehen, wenn von Seite Preussens oder einer anderen Bundesregierung durch ein Project der vorbezeichneten unzulässigen Richtung die Initiative ergriffen werden sollte. Auch mit dieser Auffassung dürfte man sich wohl einverstanden erklären können; denn es hat die jüngste Äusserung Preussens über das v. Beust’sche Reformproject die Ueberzeugung bestärken müßen, daß kein Vorschlag von jener Seite hier Zustimmung finden werde, welcher nicht die Idee einer ein-

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heitlichen Leitung der militärischen Kräfte u. der diplomatischen Beziehungen des ausserösterreichischen Deutschlands verwirklicht, es möchte aber kaum gut seyn, die Zahl unausführbarer Reform-Vorschläge ohne Nothwendigkeit hiezu zu vermehren. 3) Eintretenden Falles würde Österreich zu einer Ministerconferenz einladen, welche eventuell auch ohne Betheiligung Preussens zusammentreten, und über folgende Entwürfe zur Bundesreform zu berathen hätte: a) einen Entwurf betreffend die Errichtung einer ständigen Bundesexecutive, b) einen Entwurf in Betreff der Mitwirkung einer aus Delegirten der Landesvertretungen gebildeten Versammlung in Angelegenheiten gemeinsamer deutscher Gesetzgebung, c) einen Entwurf bezüglich der Errichtung eines Bundesgerichtes und d) einen Entwurf wegen Ausdehnung des Defensiv-Systems des Bundes auf die nicht deutschen Besitzungen Österreichs und Preussens. Gegen die Berufung von Ministerconferenzen im Falle die BundesreformFrage förmlich zu verhandeln seyn wird, scheint dem treugehorsamst Unterzeichneten ebenso wenig eine Einwendung erhoben werden zu können, als dagegen, daß diese Conferenzen dennoch beschickt werden, um einen Bundesreform-Plan näher zu berathen und aufzustellen, wenn auch die preussische oder andere Regierungen an solchen Berathungen keinen Antheil nehmen sollten. Von den Reform-Vorschlägen, welche hiebei in das Auge gefaßt werden sollen, stimmen die ersten beiden, die Bestellung einer Executiv-Behörde u. die Einberufung von Delegirten zu Gesetzgebungs-Arbeiten mit jenen überein, welche Euere Königliche Majestät Allerhöchst Selbst durch den Grafen Bray zu Wien haben in Anregung bringen lassen; und auch der Errichtung eines Bundesgerichtes beizustimmen, haben Euere Koenigliche Majestaet bereits bei früheren Anlässen Geneigtheit Allergnädigst kund gegeben, und es dürfte demgemäß zugestimmt werden, daß diese drei Vorschläge, vorbehaltlich natürlich der näheren Präzisirung derselben, aufgestellt und zum Gegenstande der Verhandlung gemacht werden. Neu ist dagegen der Vorschlag auf Ausdehnung des Defensiv-Systemes des Bundes. Nach art. [sic] 47 der Wiener Schlußacte tritt, wenn Österreich oder Preussen in ihren ausser dem deutschen Bunde gelegenen Besitzungen bedroht oder angegriffen werden, für den Bund die Verpflichtung zur Hülfeleistung nur dann ein, wenn die Bundesversammlung per majora Gefahr für das Bundesgebiet erkennt. Nach dem Vorschlage Österreichs soll nun eine derartige Gefahr im voraus als stets vorhanden angenommen und zu gemeinschaftlichen Vertheidigungs-Maßregeln geschritten werden, so oft ein feindlicher Angriff auf gedachte Besitzungen erfolgt.

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Es ist nicht zu verkennen, daß durch Annahme dieses Vorschlages dem Bunde eine erhöhte Verpflichtung auferlegt wird; wenn indessen erwogen wird, daß es unzweifelhaft im Interesse des Bundes selbst liegt, die beiden deutschen Großmächte im Besitze ihrer vollen Kraft zu erhalten, und daß die Integrität des ganzen deutschen u. durch Österreich und Preussen zu Deutschland gehörigen Ländergebietes durch eine Garantie der Gesammtheit wesentlich gesichert wird, wenn es ferner kaum wird wiedersprochen [sic] werden können, daß ein Krieg, welchen einer der beiden Großstaaten führt, nie ohne Rückwirkung auf ganz Deutschland bleiben kann, so dürfte kein überwiegendes Bedenken bestehen, dem Vorschlage beizupflichten, durch dessen Annahme zudem Vorgänge u. Zerwürfniße, wie sie im Jahre 1859 hervortraten, abgeschnitten werden würden. Es besteht freilich keine Hoffnung, daß Preussen je einem solchen Vorschlage beipflichten werde, desto unverfänglicher wird es aber seyn, auf denselben einzugehen, mit dem Vorbehalte immerhin, bei allenfallsiger näherer Berathung desselben, von Österreich u. Preussen als Gegenleistung zu verlangen, daß sie in Kriegsfällen nicht blos ihre Bundescontingente, sondern alle ihre Streitkräfte dem Bunde zur Verfügung stellen. 4) Sollte es in Folge der Ansprüche Preussens am Bunde zu einer Spaltung kommen, so würden nach Ansicht des Wiener Cabinets die bundesgetreuen Regierungen, unter Protest gegen die Auflösung des Bundesvertrages, unter sich ein Bündniß zu dem Zwecke zu schließen haben, jeden Angriff auf die Unabhängigkeit und freie Selbstbestimmung seiner Mitglieder abzuwehren und das österreichische Bundesgebiet im Verbande der gemeinsamen Verfassung Deutschlands zu erhalten, und es müßte dem politischen Bündniße eine Militärconvention zur Seite gestellt werden. Mit dem Zwecke dieses Vorschlages wird man sich, nach des treugehorsamst Unterzeichneten unmaßgeblicher Auffassung nur einverstanden erklären können; denn, wenn es dahin kommen sollte, daß Bundesregierungen es versuchen sollten, jene Pläne thatsächlich durchzuführen, welche auf Unterordnung aller deutschen Mittel- und Klein-Staaten unter eine einheitliche Central-Gewalt gerichtet sind, so würde jenen deutschen Regierungen, welche ihre Selbstständigkeit erhalten wollen, nichts erübrigen, als diese gemeinsam und mit Hülfe Österreichs zu vertheidigen. Hiezu bedürfte es indessen nach des treugehorsamst Unterzeichneten unmaßgeblichem Dafürhalten nicht des Abschlußes von neuen Bündnißen und Conventionen, es dürfte vielmehr genügen, wenn die bundesgetreuen Regierungen ihrerseits und für sich die Bundesverfassung aufrechthalten und alle durch die Bundesverträge dargebotenen Mittel und Wege wie alle ihre Kräfte dazu anwenden würden, ihn in bundesverfassungsmäßigem Rechte und Selbstständigkeit zu erhalten, und sich gegenseitig zu sichern.

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5) An diese die inneren deutschen Angelegenheiten berührenden Vorschläge reiht schlüßlich das Wiener Cabinet noch einen weiteren die italienische Frage betreffenden, der freilich mit jenen dadurch in Zusammenhang tritt, daß im Falle des Ausbruchs eines Krieges in Italien sofort die Frage wieder in den Vordergrund treten, und möglicherweise wieder Meinungs-Verschiedenheiten und Zerwürfniße im Gefolge haben wird, ob eine Gefahr für deutsches Bundesgebiet bestehe und hienach Vertheidigungs-Maßregeln zu ergreifen seyen, oder nicht? Um dem zuvorzukommen wünscht das Wiener Cabinet eine Äusserung dahin, daß, wenn Österreich in Italien angegriffen würde, Bayern Österreich als zugleich im Namen des Bundes Krieg führend betrachten und ihm jedenfalls, – vorbehaltlich materieller Mitwirkung zum Schutze der Bundesgrenzen –, die vollste moralische Unterstützung gewähren werde. Käme Frankreich den Italienern zu Hülfe so würde die bayerische Regierung, nach dem Vorschlage des Wiener Cabinetes, für die Erklärung des Bundeskrieges zu stimmen, u. in Berlin allen Einfluß aufzubieten haben, um Preussen zur Theilnahme am Kriege zu bestimmen; falls aber Preussen dennoch neutral bleiben sollte, ein Interventionscorps (etwa 30 000 Mann) der kaiserl. Regierung zur Verwendung als Besatzung in solchen Landestheilen, welche nicht von den Franco-Italienern angegriffen werden, zur Verfügung stellen. Auf diesen letzteren Vorschlag kann, nach des treugehorsamst Unterzeichneten unzielsetzlichstem Dafürhalten nimmermehr eingegangen werden, und es beruht derselbe offenbar auf einer Mißkennung der maßgebenden rechtlichen u. thatsächlichen Verhältniße. Bayern ist bundesvertragsmäßig nicht befugt selbstständig Verabredungen zu treffen und Handlungen vorzunehmen, welche den deutschen Bund in Krieg verwickeln könnten, und wenn in Folge der Ereigniße am Bunde eine Spaltung eintreten, derselbe sich faktisch auflösen sollte, so bedarf Bayern wohl aller seiner Wehrkraft, um die eigene Existenz, den eigenen Besitz zu schützen. Die bayerische Regierung ist seit 1859 fortan bestrebt gewesen, dahin zu wirken, daß der Besitz Venetiens in Österreichs Hand als ein deutsches Interesse, daß ein Angriff darauf als eine Bedrohung Deutschlands anerkannt werde, und daß der deutsche Bund eintretenden Falles Schutzmaßregeln ergreife; mehr wird dieselbe auch fernerhin kaum zu thun vermögen, jedenfalls aber heute noch keine Entschlüße über Eventualitäten zu fassen vermögen, deren Gestaltung und Tragweite unmöglich noch überblickt und beurtheilt werden kann. So lebhaft es auch zu wünschen ist, so sehr es selbst im Interesse ganz Deutschlands liegt, daß Österreich, wenn es nochmals zum Kampfe gezwungen wird, aus demselben siegreich hervorgehe, und so gewiß deßhalb Euere Koenigliche Majestaet Allerhöchst geneigt seyn werden, wie bisher, so

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auch fernerhin dahin wirken zu lassen, daß Österreich eintretenden Falles vom Bunde möglichst kräftig unterstützt werde, so dürfte denn doch zur Zeit mehr noch nicht geschehen können, als daß der kais. österreichischen Regierung die Zusicherung gegeben wird, es werde Bayern, wie bisher, so auch ferner bestrebt seyn, im Falle eines erneuerten Kampfes in Italien, die Unterstützung Österreichs durch den Bund in jeder zuläßigen Weise herbeizuführen. Nachdem der treugehorsamst Unterzeichnete in vorstehendem seine unzielsetzlichste Ansicht über die Vorschläge Österreichs ehrerbietigst dargelegt hat, erlaubt er sich schlüßlich sich noch unmaßgeblichst über die Form zu verbreiten, in welcher die Sache weiter zu behandeln seyn werde. Dem kaiserlichen Cabinete muß auf die Vorschläge, welche es vertrauensvoll mitgetheilt hat, eine Erwiederung zu theil werden, und es besteht in Wien der Wunsch, daß diese Erwiederung in ein zwischen dem treugehorsamst Unterzeichneten und dem Grafen Blome aufzunehmendes Protokoll niedergelegt werde. Gegen diese Form dürfte an und für sich ein Bedenken nicht bestehen; es wird durch dieselbe keine andere Verbindlichkeit begründet, als solches durch einen Noten-Austausch geschehen würde, nicht die Form des Protokolles, sondern der Inhalt desselben ist entscheidend. Für den Fall, daß Euere Koenigliche Majestaet die von dem treugehorsamst Unterzeichneten ehrerbietigst vorgetragene Beurtheilung der österreichischen Vorschläge allergnädigst gutzuheißen geruhen sollten, hat es der treugehorsamst Unterzeichnete versucht, die Erwiederung, welche demgemäß der kaiserlich österreichischen Regierung zu geben wäre, in die Form eines Protokolles zu bringen, und er wagt es den Entwurf desselben hieneben der Allerhöchsten Einsicht zu unterbreiten. Indem der treugehorsamst Unterzeichnete nunmehr der Allerhöchsten Entschließung in tiefster Ehrfurcht entgegensieht, wagt er es noch eines hier anzudeuten und zu allerhuldreichster Berücksichtigung unzielsetzlichst zu bevorworten. Österreich befindet sich in einer mißlichen Lage und sieht isolirt einem drohenden Kampfe entgegen. Preußen bietet ihm Unterstützung an, wenn es seine[n] hegemonischen Bestrebungen im übrigen deutschen Gebiete freien Raum läßt; selbst von Frankreich her sollen lockende Aussichten eröffnet werden, wenn Österreich etwaigen Verwicklungen am Rheine ruhig zusieht. Noch hat Österreich nach beiden Seiten hin kein Gehör gewährt, es glaubt, mit Unterstützung der deutschen Mittelstaaten wenigstens, die Stürme selbst bestehen und auch deren Selbstständigkeit gewährleisten zu können. Daher stammen die vorliegenden Vorschläge; finden dieselben keinen Eingang, so liegt die Besorgniß nahe, daß Österreich sich freie Hand behält, und eintretenden Falles da Hülfe annimmt, wo sie ihm angeboten wird, um einen

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Kaufpreis dessen größeren Theil die deutschen Mittelstaaten zu bezahlen haben werden. Auch aus diesem Grunde will es dem treugehorsamst Unterzeichneten scheinen, daß den Vorschlägen Österreichs, so weit solches nur immer zulässig erscheint, in Bayerns eigenem Interesse willfährig entgegen zu kommen seyn dürfte. Frhr. v. Schrenk [Beilage] Vertrauliches Protokoll.1

103. Vertrauliches Protokoll zwischen den Regierungen von Österreich und Bayern HStA München, MA 493/2. Vertrauliches Protokoll. Behändigte und besiegelte Ausfertigung. Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 2, S. 117–119; Hohlfeld (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 112–114; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 2, S. 124 f.

Österreich und Bayern werden keinem Bundesreformprojekt zustimmen, durch welches Österreich aus der gemeinsamen deutschen Verfassung ausgeschlossen wird. Sie werden die Gründung eines parlamentarischen deutschen Bundesstaates unter einheitlicher Leitung nicht akzeptieren. Beide Regierungen werden nur gemeinschaftlich über die Reformfrage verhandeln. Eintretenden Falles würde Österreich zu einer Ministerkonferenz einladen und dabei Entwürfe für die Errichtung einer ständigen Bundesexekutive, einer Delegiertenversammlung, eines Bundesgerichts sowie die Ausdehnung des Defensivsystems des Bundes auf die nichtdeutschen Besitzungen Österreichs und Preußen vorlegen. Kommt es wegen der Bundesreform zu einer Spaltung im Bund und zum Austritt einzelner Bundesmitglieder, so werden Österreich und Bayern so lange wie möglich am Bundesvertrag festhalten. Wenn Österreich in Italien angegriffen wird, stellt die bayerische Regierung Österreich jede mit der Neutralität vereinbare Unterstützung in Aussicht. Sollte Frankreich den Italienern zu Hilfe kommen, so wird Bayern dahin wirken, daß die Bundesversammlung gemäß Artikel 47 der Wiener Schlußakte interveniert und Österreich militärisch unterstützt. Beide Regierungen werden in Berlin gleichlautende Noten übergeben lassen, worin sie den von Bernstorff am 20. Dezember 1861 entwickelten Plan als unvereinbar mit den Bundesgrundgesetzen zurückweisen. Die Regierungen von Sachsen, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Großherzogtum Hessen, Braunschweig und Nassau werden eingeladen, sich diesen gleichlautenden Noten anzuschließen. 1 Der Entwurf des Protokolls wurde von König Maximilian am 14. Januar 1862 genehmigt, allerdings mit einigen Zusätzen; vgl. König Maximilian II. an Schrenk, 14. Januar 1862, HStA München, MA 493/2. Nach Rücksprache von Graf Blome mit der Regierung in Wien wurde das Protokoll am 22. Januar 1862 aufgenommen; siehe Dok. 103.

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Vertrauliches Protokoll zwischen Österreich und Bayern

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[München,] 22. Januar 1862 Vertrauliches Protokoll aufgenommen den 22. Januar 1862. In Anbetracht der sich immer drohender gestaltenden Lage der Dinge in Europa und in Deutschland insbesondere, haben die Unterzeichneten: der Koeniglich Bayerische Staatsminister des Koeniglichen Hauses des Aeußeren Freiherr von Schrenk, und der von Seiner Majestät dem Kaiser von Oesterreich mit einer ausserordentlichen Mission am koeniglich bayerischen Hofe betraute kaiserlich koenigliche Kämmerer und Gesandte Graf Blome Namens Ihrer erhabenen Monarchen nachstehende Gesichtspunkte und Maßnahmen als leitende Norm für das gemeinsame Verhalten der beiderseitigen Regierungen für die nächste Folgezeit aufgestellt: 1. Die koeniglich bayerische und die kaiserlich oesterreichische Regierung werden keinem Bundesreform-Projecte zustimmen, durch welches Oesterreich aus dem Verbande der gemeinsamen deutschen Verfassung ausgeschloßen, und die übrigen deutschen Fürsten einem Bundesgliede untergeordnet würden. Sie werden daher weder in Gründung eines parlamentarischen deutschen Bundesstaates unter einheitlicher Leitung, noch in irgend eine andere Einrichtung willigen, durch welche die diplomatische und die militärische Führung in den nicht oesterreichischen Theilen Deutschlands ausschließend an ein Bundesglied übertragen würde, vielmehr die Wahrung der Stellung Oesterreichs und der Gleichberechtigung Bayerns und der übrigen größeren Regierungen im Bunde als Bedingung jeder Reform der Bundesverfassung festhalten. Die beiden Hohen Regierungen werden daher auch jedem Vorschlage entgegentreten, nach welchem die diplomatische oder militärische Führung der Bundesstaaten zwischen zwei Bundes-Regierungen zu theilen wären. 2. Die koeniglich Bayerische und die kaiserlich Oesterreichische Regierung erachten es unter den gegenwärtigen Verhältnißen noch für angezeigt, ihrerseits erst dann zu einer Antragstellung in der Reform-Frage überzugehen, wenn von Seite irgend einer anderen Bundesregierung durch ein Project in der unter Ziffer 1 als unzuläßig bezeichneten Richtung die Initiative in dieser Frage ergriffen würde. Die beiden Hohen Regierungen werden daher auch außerhalb der Bundesversammlung nur gemeinschaftlich über die Reformfrage verhandeln und jeden Antrag, der in Bezug auf diese etwa von einer anderen Bundesregierung, an eine derselben gebracht wird, sogleich der anderen mittheilen, und erst nach gepflogenem Einvernehmen beantworten. 3. Eintretenden Falles würde Oesterreich zu einer Minister-Conferenz ein-

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laden, welche, auch wenn einzelne Bundesregierungen sich nicht an derselben betheiligen sollten, zusammentreten und in welcher a) ein Entwurf, die Errichtung einer ständigen Bundes-Executive betreffend, b) ein Entwurf bezüglich der Mitwirkung einer aus Delegirten der Landesvertretungen in den einzelnen Bundesstaaten gebildeten Versammlung in Angelegenheiten gemeinsamer deutscher Gesetzgebung, c) ein Entwurf über Errichtung eines Bundesgerichtes, und d) ein Entwurf wegen Ausdehnung des Defensiv-Systems des Bundes auf die Nicht-Deutschen Besitzungen Oesterreichs und Preußens, zur Vorlage zu bringen wären, wobei die nähere Verständigung über die Fassung dieser Entwürfe noch vorbehalten bleibt. 4) Käme es in Folge der Bundesreform-Bestrebungen zu einer Weigerung, verfaßungsmäßige Beschlüße des Bundes anzuerkennen, zu einer Spaltung im Bunde und zum Austritte einzelner Bundesglieder, so würden Bayern und Oesterreich im Vereine mit den übrigen bundesgetreuen Regierungen dennoch ihrerseits so lange als möglich an dem Bundesvertrage festhalten und die Wiederherstellung des Bundes im Ganzen anstreben, eventuell aber ihre gegenseitigen Beziehungen zur Wahrung ihrer Unabhängigkeit, Selbstständigkeit und freyen Selbstbestimmung im Geiste der Bundesverträge regeln. 5) Für den Fall, daß Oesterreich in Italien angegriffen würde, stellt die bayerische Regierung auch in der Voraussetzung, daß nicht Veranlaßung zur Ergreifung gemeinsamer Vertheidigungsmaßregel nach den Vorschriften der Bundesgrundgesetze gegeben wäre, der kaiserlichen Regierung jede mit der Neutralität vereinbare Unterstützung in Aussicht und sollte Frankreich den Italienern zu Hülfe kommen, so wird die bayerische Regierung, getreu ihrem bisherigen Verhalten, auf jede Weise bemüht seyn, dahin zu wirken, daß die Bundesversammlung auf Grund des Artikels 47 der Wiener Schluß-Akte in solchem Angriffe eine Gefahr für Deutschland anerkenne, und demgemäß alle diejenigen Maßregeln ergreife, welche je nach dem Gange der Ereignisse geeignet und erforderlich erscheinen, um Oesterreich in dem Kampfe zu unterstützen und damit die zugleich bedrohten deutschen Interessen zu wahren. 6. Beide Hohe Regierungen werden durch ihre Gesandten in Berlin gleichlautende Noten übergeben laßen, worin sie den in der Depesche des Grafen Bernstorff an den preußischen Gesandten zu Dresden vom 20. vor. Mts1 entwickelten Plan zur Reform des deutschen Bundes als unvereinbar mit den Grundgesetzen und dem Bestande des Bundes nachweisen und die vertrauensvolle Erwartung aussprechen, die koeniglich Preußische Regierung werde demselben keine weitere Folge geben. 1 Siehe Dok. 100.

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Edelsheim an Roggenbach

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Die beiden Hohen Regierungen werden die Regierungen von Sachsen, Hannover, Württemberg, beiden Hessen, Braunschweig und Nassau einladen, sich dieser Erklärung durch gleichlautende Noten anzuschließen. Frh. v. Schrenk Blome2

104. Edelsheim1 an Roggenbach GLA Karlsruhe, 48/1524. Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 3. Februar 1862.

Rechberg betrachtet die preußische Antwort auf die Reformdenkschrift Beusts als eine Provokation und einen Appell an die Revolution. Für Österreich läge es nahe, darauf mit einem entschiedenen Gegenprogramm zu reagieren, um die Nation auf seine Seite zu ziehen. Dies würde den Bruch mit Preußen und den Bürgerkrieg zur Folge haben. Österreich erkennt die Bedürfnisse der Nation an, aber der preußische Weg zur Lösung der deutschen Frage laufe auf die Verdrängung Österreichs aus Deutschland und die Mediatisierung der übrigen deutschen Staaten hinaus. Die kaiserliche Regierung sieht nur den Dualismus oder die Trias als mögliche Lösungen der deutschen Frage an, gibt aber der Trias den Vorzug. Edelsheim hat den Eindruck, daß Österreich die Politik des Zuwartens aufgeben und gegen Preußen entschieden auftreten wolle. In Wien herrscht große Erbitterung über Preußen.

Wien, 23. Januar 1862 Hochwohlgeborener Freiherr! Hochzuverehrender Herr Präsident! Euer Hochwohlgeboren beehre ich mich, gehorsamst anzuzeigen, daß ich, nachdem durch die Abwesenheit des Grafen Rechberg es sich etwas verzögert hatte, gestern die erste Zusammenkunft mit demselben in diesem Jahre hatte und ihm den Inhalt der Depesche vom 31. v. Ms (die Holstein’sche Angelegenheit betreffend) mittheilte. [Die Behandlung der Holsteinischen Angelegenheit.]

Der weitere Verlauf der Unterredung, welche beinahe zwei Stunden dauerte und von Seiten des Ministers nicht nur sehr lebhaft sondern auch in ungewöhnlich entgegenkommender Weise geführt wurde, bewegte sich vorwiegend um die deutsche Frage. 2 Gustav Graf Blome (1829–1906), 1860–1863 österreichischer Gesandter bei den Hansestädten, 1863–1866 Gesandter in München; NDB, Bd. 2, S. 315. 1 Ludwig Freiherr von Edelsheim (1823–1872), 1861–1864 badischer Ministerresident bzw. Gesandter in Wien, 1864–1865 Gesandter in Dresden, 1865–1866 badischer Außenminister; ADB, Bd. S. 640 f.; NDB, Bd. 4, S. 309 f.

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Wien, 23. Januar 1862

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Ueber den Beust’schen Entwurf ging der Graf, trotz meines Versuchs darüber eine Erörterung hervorzurufen, kurz hinweg und bestätigte nur die in meinem gestrigen Berichte bereits erwähnte Nachricht, daß die Oesterreichische Antwort in diesen Tagen veröffentlicht werden würde. Dagegen gab die Berührung des Verhältnisses zu Preussen ihm Veranlassung, sich über das dermalige Verhalten dieses Staates in der bittersten Weise zu äußern. Er erklärte die Note des Grafen Bernstorff2 für eine „Provocation sonder Gleichen“ und für ein unverhülltes Appelliren an die Revolution. Nach diesem Vorgang läge es für Oesterreich nahe, den Handschuh aufzunehmen und zu versuchen, durch ein offenes und entschiedenes Gegenprogramm die Majorität der deutschen „Nation“ auf seine Seite zu bringen; wenn die Kaiserl. Regierung noch Anstand nehme, dies zu thun, so sei es nur, weil dann der Bruch mit Preussen unvermeidlich und der Bürgerkrieg die nothwendige Folge sei. Lange aber könne Oesterreich nicht mehr ruhig zusehen, wie Preussen in der „perfidesten“ Art den Kaiserstaat aus Deutschland hinaus zu „intriguiren“ suche. Die ganze jetzige Calamität und der Zustand von Uneinigkeit im Innern und Schwäche nach Außen, in welchem sich Deutschland gegenwärtig befinde, sei eine Folge der treulosen Politik, welche Preussen seit 1859 befolge. Diese Politik führe direct zur Revolution oder zum Bürgerkrieg. Wenn Preussen die Bundesverträge nur noch insoweit gelten lasse, als dieselben für jenen Staat von Vortheil seien und ihm Rechte gewährten, so oft es sich aber von Erfüllung von Bundespflichten handle, die Theorie der freien Hand aufstelle, so werde Oesterreich nicht umhin können, nach denselben Principien zu handeln und ausschließlich sein eigenes Interesse zur Richtschnur zu nehmen. Was die Folge sein werde, habe Preussen zu verantworten! Preussen’s Intriguen trügen allein die Schuld, daß die deutschen Kabinette nicht einig würden; wären die Kabinette einig, so würden die einzelnen Volksstämme sich auch bald beruhigen und Deutschland wäre stark und gefürchtet wie im Jahr 1841.3 Auf meine Bemerkung, daß es weder meine Aufgabe noch meine Absicht sei, die Preussische Politik unbedingt zu vertheidigen, daß ich jedoch auf einen Punkt aufmerksam machen müsse, dessen Bedeutung, wie mir scheine, in Oesterreich bedeutend unterschätzt werde, nämlich auf das alle Schichten der deutschen Nation durchdringende Gefühl von der Nothwendigkeit und Dringlichkeit einer größern politischen Einigung. Dieses Gefühl beherrsche die ganze Nation; wenn aber eine Idee in einem großen Volke zu einer solchen un2 Siehe Dok. 100. 3 Anspielung auf die „Rheinkrise“, in der Preußen und Österreich angesichts der französischen Drohungen am 28. November 1840 eine Punktation abschlossen, in der sie gemeinsame Verteidigungsmaßregeln bei einem eventuellen französischen Angriff verabredeten. Vgl. Veit-Brause, Die deutsch-französische Krise, S. 281–292 Druck der Punktation.

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Edelsheim an Roggenbach

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bestrittenen und allgemeinen Herrschaft gelangt sei, dann sei dies eine Macht, welche bei der Entscheidung mit in Rechnung gezogen werden müsse. Daher würde eine bloße Einigkeit der Kabinette die Sache, meines Erachtens, keineswegs zu einem befriedigenden Abschluß bringen können, sondern nur eine solche Einigkeit, welche auf der Basis einer Berücksichtigung der nationalen Wünsche und Bedürfnisse zu Stande käme: – auf diese meine Bemerkung erwiederte Graf Rechberg, daß die Kaiserliche Regierung das Vorhandensein jenes Bedürfnisses in der Nation anerkenne und bereit sei, demselben umfassend Rechnung zu tragen, daß aber auf dem von Preussen vorgeschlagenen Weg eine befriedigende Lösung nicht zu erreichen sei, indem jener Weg einfach darauf hinauslaufe, Oesterreich aus Deutschland zu verdrängen und die übrigen deutschen Staaten zu mediatisiren, und dies würden weder Oesterreich noch die Mittelstaaten sich ruhig gefallen lassen. Ich erwiederte darauf, daß der erste Theil der eben vernommenen Erklärung gewiß sehr erfreulich sei, allein daß es sehr wünschenswerth und für die Sache förderlich sein würde, wenn die Kaiserliche Regierung sich nicht auf das Negiren der andern Vorschläge beschränken, sondern ihre eigene Ansicht über den zur Realisirung jenes Gedankens einzuschlagenden Weg mittheilen würde; dadurch würde nicht nur überhaupt die Situation geklärt werden, sondern es sei dies auch das beste Mittel, um die gewiß nicht unnatürlichen Zweifel, wie mit dem dermalen von der Kaiserlichen Regierung angestrebten centralistischen Oesterreich ein Verbleiben eines Theils desselben in einem mit Centralgewalt und Centralvertretung ausgerüsteten Bundesstaat überhaupt vereinbar sein werde, zu bekämpfen und, wenn möglich, zu beseitigen. Auf diese Bemerkung entgegnete der Graf, daß wenn die Kaiserliche Regierung mit ihren Vorschlägen auch nicht an die Oeffentlichkeit getreten sei, dies aus Schonung für Preussen geschehen sei, indem mit einer öffentlichen Erklärung der Kaiserlichen Regierung auch ein offener Kampf beginnen würde; im Uebrigen könne er mir sagen, daß die Kaiserliche Regierung nur eine Wahl zwischen Dualismus und Trias für möglich halte und unter diesen ihr die Trias das zweckmäßigere zu sein scheine. Was meine Bedenken wegen einer Collision zwischen einer deutschen Centralvertretung und dem Oesterreichischen weitern Reichsrath betreffe, so gelte dies einmal eben so gut bezüglich des Preussischen Parlaments, und dann scheine ihm dies höchstens eine Schwierigkeit, keineswegs aber ein unübersteigliches Hinderniß; bei gutem Willen werde sich für das Alles ein Weg finden lassen; auch sei es recht gut, wenn die Vertretungen sich an einander „abreiben“ würden. Im weitern Verlauf der Unterredung entschlüpfte dem Minister eine Aeußerung, welche mir darauf hinzudeuten schien, als ob jetzt hier ein derartiges Project in der Arbeit sei; doch schien ihn offenbar die Aeußerung alsbald zu reuen und er suchte daher, derselben nachträglich eine möglichst bedeutungslose Fär-

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bung zu geben. Doch fiel mir die Sache sehr auf, und ich will daher nicht unterlassen, Euer Hochwohlgeboren darauf besonders aufmerksam zu machen. Im Allgemeinen ließ der zweite Theil der Unterredung in mir den Eindruck zurück, als ob man in der deutschen Frage die bisherige Politik des Zuwartens aufgeben und in entschiedener Weise gegen Preussen auftreten wolle. Daß die Erbitterung gegen Preussen hier in der neuesten Zeit einen ganz ungewöhnlichen Grad erreicht hat, glaube ich mit Bestimmtheit behaupten zu können. Es zeigt sich dies in jeder Hinsicht, sowohl in der heftigen und verletzenden Art, wie in allen hiesigen Journalen dermalen tagtäglich Preussen angegriffen wird, als auch in den darin ganz gleichlautenden Aeußerungen aller der Regierung näher stehenden Personen. Am Meisten aber fiel es mir bei Herrn von Schmerling auf, der sonst immer sich in einer versöhnlichen Weise über Preussen äußerte, bei einer Unterredung aber, welche ich vor drei Tagen mit ihm hatte, sich auch sehr erbittert über dasselbe aussprach, und die heftigen Angriffe des Botschafters gegen jenen Staat als durch die maßlose Ueberhebung und die provocirende Politik der dortigen Regierung wenn auch nicht gerechtfertigt so doch jedenfalls völlig entschuldigt erklärte! Daß unter den vorstehenden Umständen das seit der Ankunft des Herzogs von Gramont4 immer besser werdende Verhältniß zwischen Oesterreich und Frankreich Manches zu denken gibt, will ich schließlich blos andeuten. Verehrungsvoll verharrend Edelsheim

105. Reigersberg an Schrenk HStA München, MA, 493/2. Telegramm.

Der König von Württemberg stimmt der bayerisch-österreichischen Übereinkunft vom 22. Januar 1862 zu.

Stuttgart, 26. Januar 1862, 13.10 Uhr Le Roi de Wurttemberg approuve entièrement convention avec la cour de Vienne. Graf Reigersberg.1 4 Antoine Alfred Agénor, Herzog de Gramont (1819–1880), 1861–1870 französischer Botschafter in Wien; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 189. 1 Ein mit dem bayerisch-österreichischen Protokoll vom 22. Januar 1862 (Dok. 103) im Wortlaut identisches Protokoll zwischen den Regierungen von Württemberg und Österreich wurde am 26. Januar 1862 ausgefertigt und von Blome und Hügel unterzeichnet. Die Regierung von Nas-

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Roggenbach an Marschall

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106. Roggenbach an Marschall11 GStA Berlin, I. HA, Rep. 81, Gesandtschaft zu Wien II, Nr. 302, Vol. I. Depesche. Abschrift. – Korrigierter Entwurf im GLA Karlsruhe, 48/1524. Veröffentlicht in: Beilage zu Nr. 46 der Karlsruher Zeitung, 23. Februar 1862. Druck: Das Staatsarchiv, Bd. 2, 1862, Nr. 228, S. 136–147; Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, 3. Jg. 1862, S. 20–25 (gekürzt).

Die badische Regierung begrüßt den Anstoß, den Beust mit seiner Denkschrift der Diskussion über die Bundesreform gegeben hat. Beust ist mit seinem Entwurf einer Aufforderung der badischen Regierung zuvorgekommen, „einer wirksamen Organisation des Bundes“ die Aufmerksamkeit zuzuwenden. Baden hat eine ganz andere Grundanschauung über die „in Deutschland zu erfüllende politische Aufgabe“. Baden hält eine Verbesserung innerhalb des Staatenbundes für untunlich und strebt eine Reform an, die die Grundlage des Staatenbundes verläßt. Es ist wichtig, wie es Graf Bernstorff getan hat, den Gedanken des „Deutschen Bundesstaates“ aufzunehmen, weil eine Reorganisation des Bundes in bundesstaatlicher Richtung nicht möglich ist. Die gesellschaftlich-politische Bewegung in Deutschland verlangt die Aufhebung der als ungenügend empfundenen Bundesverfassung und ihre Ersetzung durch eine feste Einheitsform. Die Bundesverfassung von 1815 war nur ein Provisorium, und sie ist nach 1848 auch nur als ein Provisorium wiederhergestellt worden. Ein längeres Zögern bei der Lösung der deutschen Frage wäre unverantwortlich. Es gibt keinen Vorschlag, der größere politische Erfolge verspricht, als die Idee eines engeren Bundesstaates im fortbestehenden weiteren Bund. Die partikulare Existenz der Einzelstaaten soll erhalten bleiben, aber es bedarf einer deutschen Zentralregierung, welche die gemeinsamen deutschen Interessen vor allem nach außen wahrnimmt. Zur konstitutionellen Kontrolle der Zentralregierung ist eine Nationalvertretung unerläßlich. Die Reform kann nur auf dem Weg der freien Vereinbarung zustande kommen, nicht aber durch den Rückgriff auf die Bestimmungen der Bundesakte.

Karlsruhe, 28. Januar 1862 Die Depesche, wodurch Freiherr von Beust den Königlichen Gesandten, Herrn Grafen v. Hohenthal beauftragte, uns vertrauliche Mittheilung des Nachtrags2 zu dem, von dem K. Sächsischen Herrn StaatsMinister ausgearbeiteten Bundesreform-Entwurfe zu machen, spricht die Absicht aus, mit diesem sau trat dem Protokoll am 31. Januar 1862 bei. Vgl. HStA Wiesbaden, 130 II, Nr. 6469, fol. 39–42: Vertrauliches Protokoll, aufgenommen in Wiesbaden, den 31. Jänner 1862, unterzeichnet vom nassauischen Staatsminister Prinz zu Wittgenstein und dem außerordentlichen österreichischen Gesandten Graf von Blome. Die Regierung von Hannover trat dem Protokoll am 1. Februar 1862 bei; HStA Hannover, Dep. 103, VIII, Nr. 87. Beust erklärte sich mit dem Protokoll im wesentlichen einverstanden, hatte aber Bedenken gegen die Punkte 2 und 3 und trat der Vereinbarung nicht förmlich bei; vgl. Gise an König Maximilian II., 1. Februar 1862, HStA München, MA 493/2. 1 Adolf Freiherr Marschall von Bieberstein (1806–1891), 1856–1864 badischer Gesandter in Berlin und Dresden. Marschall hielt sich zur Zeit des Schreibens in Berlin auf, wohin auch die Depesche von Roggenbach gerichtet wurde; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 20. 2 Siehe Dok. 94.

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Nachtrage die vollständige Darlegung der leitenden Gedanken jener Vorschläge abzuschließen und auf etwaige Entgegnungen nur in so weit einzugehen, als darin Anknüpfungspunkte für eine mögliche Verständigung aufzufinden sein würden. Wenngleich in der Mittheilung, die wir empfangen, für uns keine unmittelbare Veranlassung einer eingehenden Rückäußerung gelegen war, so hat die Frage der Bundesreform, welche durch den Sächsischen Entwurf angeregt worden ist, doch eine zu große Bedeutung, als daß die Vertreter der Großherzoglichen Regierung nicht darüber unterrichtet sein müßten, wie wir die Vorschläge des Freih. v. Beust aufgenommen haben, wie wir deren praktischen und nationalen Werth schätzen, und welche Stellung die Großherzogl. Regierung ihrerseits zu der angeregten Frage einzunehmen gedenkt. Der Versuch des K. Sächsischen Herrn StaatsMinisters, durch Bearbeitung seines Projects das dringende Bedürfniß einer Bundesreform zur Erwägung der verbündeten Regierungen zu bringen, ist von uns mit aufrichtiger Anerkennung begrüßt worden. Es scheint uns das Verdienst dieses Vorgehens als solches wenig zu berühren, wenn unmittelbare praktische Ergebnisse aus demselben kaum erwartet werden konnten. So lange die zur Lösung in Deutschland stehende [sic] Fragen noch vom Standpunkte der möglichsten Berücksichtigung der vielfach widersprechenden Einzelinteressen, statt von dem anderen, der zu erstrebenden höchsten Leistung für die Gemeinschaft, betrachtet wird, dürfte ein ähnlicher Mißerfolg zunächst alle Vorschläge treffen, von welcher Seite sie auch ausgehen. Wäre es möglich, die politischen Gegensätze, unter welchen der bestehende politische Zustand Deutschlands leidet, blos durch Auffindung einer neuen Formel zu heben, die Aufgabe würde längst nicht mehr den Gegenstand allseitiger Bemühung bilden, und wäre nicht zum Ausgangspunkte tiefer Parteiung des doch mehr, wie alle anderen Nationen durch seine Erfahrungen auf Einigkeit angewiesenen Deutschen Volks geworden. Wir selbst waren im Begriffe, als der Entwurf uns überraschte, an unsere Hohen Verbündeten nicht etwa einen ausgearbeiteten Vorschlag, wohl aber die ernsteste Aufforderung zu richten, dem großen Gegenstande einer wirksamen Organisation des Bundes ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden und nicht länger zu zögern, eine Frage, welche so viele Herzen und die besten Köpfe dieses Volkes bewegt, auch in geschäftliche Behandlung zu nehmen. Wir würden sie aufgefordert haben, sich der Einsicht nicht zu verschließen, daß nur allseitige Opferbereitwilligkeit in der Lage des Volkes etwas bessern könne, dessen Theile sie sind, und hätten ausgeführt, daß es an der Zeit sei, sich mit dem Entschluße zu rüsten, unter Hinwegwerfen aller kurzsichtigen Engherzigkeit, Befugnisse nicht fest zu halten, deren selbstlose Hingabe von dem Wohle des Ganzen künftig von uns verlangt werden kann, wie bisher die Rechtfertigung

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unserer gegenwärtigen staatsrechtlichen Stellung wesentlich auf der Voraussetzung ruhte, daß dieselbe ausschließlich im Dienste des gemeinsamen Vaterlandes verwerthet werde. Nachdem der Vorschlag des Königlich Sächsischen Herrn Staatsministers aber vorlag, war einerseits die Anregung zu wechselseitigem Ideenaustausch gegeben, – anderseits nahmen wir Anstand, mit so wesentlich verschiedenen Gesichtspunkten die ruhige und besonnene Erwägung der Vorschläge zu durchkreuzen, welche in dem Entwurfe gegeben waren. Nach dem von Freiherrn von Beust in der eben erwähnten Depesche ausgesprochenen Wunsche, nur dann die Verhandlung weiter zu führen, wenn sich in den einzelnen Aeußerungen Anknüpfungspunkte einer Verständigung zeigen sollten, schien es uns aber um so gebotener mit unserer Beurtheilung zurückzuhalten, als auch noch nicht allseitig zu übersehen war, welche Aufnahme die Ideen des Vorschlages bei anderen Hohen Regierungen und vor Allem bei der wesentlich in Betracht zu ziehenden öffentlichen Meinung gefunden hatten. Wären in den einzelnen Erwiderungen Gesichtspunkte klar geworden, deren Pflege und Entwickelung eine Förderung der Interessen Deutschlands, auf welche allein es ankommt, erwarten ließen, die Großherzogliche Regierung ihrerseits wäre, getreu dem Ziele, das sie sich gesteckt hat, auf eine ernste und gewissenhafte Discussion derselben eingegangen, wenn gleich die ursprünglichen Vorschläge der Ueberzeugung nicht entsprochen hatten, welche sie selbst gefaßt hat. Wir hatten uns eine Zeit lang der Hoffnung hingegeben, durch Aufsuchen solcher etwaiger Keime einer künftigen vollkommeneren Gestaltung in dem Entwurfe des Freiherrn von Beust, eine Stellung auch zu dem Inhalte desselben einnehmen zu können, welche der Anerkennung entsprochen hätte, die wir der Thatsache des Hervortretens mit einem Entwurfe überhaupt, gezollt hatten. In dieser Absicht haben wir zunächst constatirt, daß Freiherr von Beust durch seinen Entwurf dem Bedürfnisse einer Reform selbst, ein werthvolles Zeugniß ausgestellt hat, welches wir um so höher achten, als dasselbe vielfach in einer Weise begründet ist, der wir nur zustimmen können. Nicht weniger ergiebt uns das Zugeständniß einer interimistischen Executivbehörde, auch von Seiten der Königlich Sächsischen Regierung die Anerkennung des Princips, daß deutsche Regierungen einer solchen in ihrem Namen zu übenden Executivbehörde sich, ohnbeschadet ihrer Souverainetätsansprüche, unterzuordnen im Stande sein würden. Endlich konnte auch der Vorschlag, eine gemeinsame Vertretung für einzelne Fälle im Umfange der Rechte der Einzelkammern und zu Zwecken gemeinsamer Gesetzgebung wirksam werden zu lassen, von uns als stillschweigende Anbahnung des weiteren Schrittes aufgefaßt werden, dieser Vertretung allmählig die nothwendigsten, zu wirksamer Functionirung unentbehrlichen constitutionellen Rechte

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zuzuweisen, ohne welche sie außer Stande sein würde, die Verfassungsrechte der einzelnen Stände-Versammlungen in irgend einer, noch so beschränkten Weise in sich aufzunehmen. Immerhin wurden wir, trotz dieses entgegenkommenden Bestrebens dahin geführt, uns bei näherer Prüfung des Entwurfes der Verschiedenheit unserer Grundanschauung über die in Deutschland zu erfüllende politische Aufgabe und über die nothwendige weitere geschichtliche und staatsrechtliche Entwikkelung unseres gemeinsamen Vaterlandes erst recht bewußt zu werden. Der geistige Kampf zwischen den Gegensätzen, welche sich in Deutschland entgegenstehen, muß innerhalb der Nation einen Abschluß gefunden, oder unter der Lehre trüber Erfahrung zum Schweigen gekommen sein, ehe sich hoffen läßt, eine entsprechende Form für so verschiedenartige Standpunkte gewinnen zu können. So lange ein Theil deutscher Staatsmänner, mit der ganzen Wärme patriotischer Ueberzeugung, ein System zu verwirklichen strebt, von dem der andere, mit einer Ueberzeugung, die wir nicht für weniger aufrichtig halten möchten, keinen Anstand nimmt, Bürgerkrieg und Einmischung des Auslandes vorherzusagen, liegt zunächst eine wichtigere Aufgabe vor uns, als die Aufsuchung von Formen – nämlich vor Allem die Unterordnung der vielgespaltenen Einzelbestrebungen unter den einen, allbeherrschenden und allein berechtigten Gedanken eines einigen und mächtigen Vaterlandes. Es ist nur eine Erscheinung dieses betrübenden Gegensatzes, wenn Freiherr von Beust davon ausgeht, daß der Staatenbund nicht in Frage gestellt werden dürfe, nicht nur weil ein anderes unpractisch sei, sondern weil die Pflicht gebiete, zu keiner Neugestaltung die Hand zu reichen, welche wie der Bundesstaat eine Auflösung des Bundes in sich trage. Die Idee des deutschen Bundesstaates ist darnach die Idee der Revolution und als solche unbedingt zu verwerfen. Innerhalb der Bundesverfassung selbst und ihrer Grundlagen, des Staatenbundes, soll sich die Reform vollziehen. Innerhalb derselben scheinen dem Königlich Sächsischen Staatsminister mannigfache Verbesserungen möglich. Wir unsererseits gehen davon aus, daß die staatenbundliche Form der Bundesverfassung überhaupt als solche nicht zu größerer Leistungsfähigkeit entwickelt werden kann, als der Bund seit seiner Gründung bewährt hat. Und zwar halten wir eine Verbesserung innerhalb des Staatenbundes für so unthunlich, daß wir unbedingt die Erhaltung des status quo zu vertheidigen uns genöthigt finden, so lange nicht eine Reform in Angriff genommen wird, welche entschlossen ist, auch die Grundlage des Staatenbundes zu verlassen. Wir scheuen uns nicht, unsererseits eine Veränderung als nothwendig zu bezeichnen, welche über diese Schranken des Staatenbundes hinausgeht, und fürchten nicht, daß der Vorwurf der Revolution einen Gedanken treffen kann, den

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schon heute Deutsche Regierungen offen zu dem ihrigen gemacht, dem in nicht langer Vergangenheit deren Mehrzahl als einem rettenden beigetreten war und welchen in vielleicht nicht ferner Zukunft gerade Die genehmigen können, die ihn heute noch zurückweisen. Die einzige entscheidende Frage für Deutsche Regierungen, welche sich bewußt sind, daß sie Alles vermögen und Alles dürfen, wo es sich um die große Sache des ihrer politischen Leitung anvertrauten Vaterlandes handelt, kann nur sein: was nützt demselben und was ist unsere Pflicht? – Nimmer aber dürften wir vor diese erkannte Pflicht ein selbstgeschaffenes Hemmniß aufstellen, welches uns an deren Erfüllung zu hindern im Stande wäre, wie es der Ausschluß fruchtbarer und möglicher politischer Systeme unter dem Vorwande revolutionären Makels sein würde. Es gereicht uns zu großer Befriedigung, daß eine Regierung von so entscheidender Bedeutung und hervorragender Wichtigkeit, wie das Königlich Preußische Cabinet und ein Staatsmann von so großer Erfahrung auf dem Felde deutscher Politik den Gedanken des Deutschen Bundesstaates in der Beschränkung, unter welcher er auch uns allein denkbar ist, aufgenommen und zugleich die Unmöglichkeit einer Reorganisation des Bundes in Bundesstaatlicher Richtung, wenn dabei der ganze Bund in’s Auge gefaßt wird, nachgewiesen hat. Es ist von hohem Werth, daß dadurch das Recht der Deutschen Regierungen auch über diese enge Grenze des Staatenbundes hinaus die Wege in Berathung zu ziehen, wie der politische Zustand Deutschlands gebessert werden könnte, im Voraus gewahrt und vorbereitende Verhandlungen über eine eventuelle Reorganisation des Bundes, vorbehaltlich späterer Zustimmung der übrigen Regierungen ermöglicht geblieben sind. Wir stimmen im Wesentlichen dem von dem Herrn Grafen von Bernstorff Gesagten bei und freuen uns, die Ueberzeugung aussprechen zu können, daß Seitens der Königlich Preußischen Regierung der offenen Anerkennung des Bedürfnisses, auch die beharrliche Verfolgung der als gemeinsam erkannten Ziele nicht fehlen wird. In Mitte dieses Gegensatzes der Meinungen, der sich kundgegeben hat, scheint es mir von besonderer Wichtigkeit, die Gesichtspunkte einmal klar und unzweideutig festzustellen, von welchen nach unserer Ansicht ausgegangen werden müßte, soll überhaupt die Deutsche Bundesreform einen Schritt weiter geführt werden. – Es ist nothwendig, sich die Lage zu vergegenwärtigen, unter welcher die Deutschen Regierungen zu handeln berufen sind. Durch ganz Deutschland geht eine große gesellschaftlich politische Bewegung, die in ihrem letzten Ziele nichts Geringeres beabsichtigt, als die Aufhebung unserer als ungenügend befundenen Bundesverfassung und die Ersetzung derselben durch eine feste und enger geschloßene und zugleich vollkommener gegliederte Einheitsform.

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Daß gegenüber den, die einzelnen Deutschen Staaten vertretenden Regierungen und Tendenzen nun auch die Nation als Ganzes eine wirkliche, selbstständige Vertretung finde und daß hierdurch jeder einzelne Deutsche eine genügende Sicherung seines nationalen Daseins und Bewußtseins nach innen wie nach außen erhalte, das ist der allgemeine Sinn der Forderungen, die während der letzten Jahre sich in allen Kreisen unseres öffentlichen Lebens, namentlich in Presse, Kammern und Vereinen, immer entschiedener geltend gemacht haben und die in dieser ihrer mäßigen Fassung auch Seitens der Regierungen nur selten einem Widerspruch, ja gelegentlich Seitens einiger Derselben einer entschiedenen Zustimmung begegnet sind. Die Großherzogliche Regierung glaubt deshalb nicht nur das thatsächliche Vorhandensein einer solchen großen nationalen Bewegung als feststehend betrachten, sondern auch die vielfache sittliche wie geschichtliche Begründetheit und Berechtigung als eine bereits zugegebene Wahrheit voraussetzen zu können. Schon dauert sie seit der Auflösung des Deutschen Reiches und der Gründung der gegenwärtigen Bundesverfassung. Im Jahre 1848 hat sich die zerstörende Kraft derselben an den bestehenden Staatszuständen erprobt. Die Gefahr der Wiederkehr ähnlicher Ausbrüche ist nicht ausgeschlossen, so lange der tiefe Unmuth über den Mangel jeder nationalen Leistung die gegenwärtige Ordnung mit dem Vorwurfe treffen kann, denselben zu verschulden. Sollten solche Erschütterungen nicht ausbleiben, so ist zu befürchten, daß deren Folgen für die Throne, wie für die Existenz der Einzelstaaten verhängnißvoll werden. Aber auch die bloße Fortdauer des herrschenden Mißbehagens und des Zweifels an der ausreichenden Kraft unserer Institutionen droht die besten Elemente des Deutschen Volkscharakters zu verderben. Deutschland läuft dadurch Gefahr, mit den Entbehrungen der Gegenwart zugleich die Bedingungen einer bessern Zukunft zu verlieren. Und gewiß, wenn ein enger Zusammenhang zwischen nationaler und staatlicher Einheit schon vom Standpunkt der innern Politik als eine Forderung sittlicher Nothwendigkeit erscheint, und wenn ferner auch in Rücksicht auf die Europäischen Machtverhältnisse der geschlossene Bestand eines großen Ganzen sich für jedes Volk Europas als ein dringendes Bedürfniß geltend macht, so sind die Befriedigung dieses Bedürfnisses, die Verwirklichung jenes Gesetzes doppelt berechtigt bei einer Nation, die, wie die Deutsche den Namen und die Form jener nationalen Einheit bereits seit einem Jahrtausend lang besessen und dieselben auch seit dem Ende des Reiches immer nur interimistisch und provisorisch aufgegeben hat. Sogar die Bundesverfassung, vermittelst der im Jahre 1815 ein Vergleich hergestellt werden sollte, zwischen widerstreitenden Souverainetätsansprüchen des alten Gesammtreiches und den neuen Einzelstaaten, hatte von Anfang an nichts beansprucht, als eine provisorische Geltung und fortentwickelbare Bedeutung, und sie ist denn auch nach ihrer formellen Aufhebung im Jahre 1848, wie uns

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scheint, nur mit zweifelhaftem Rechte und jedenfalls im Bewußtsein, sowohl der Regierungen, als der Nation, nur als ein abermaliges Provisorium wiederhergestellt worden. Nichts erscheint demnach als naturgemäßer, – ja nichts legt von dem gesunden Leben und Gewissen der Nation ein erfreulicheres Zeugniß ab, als die gegenwärtige der Fortdauer jenes Provisoriums überdrüßige Deutsche Bewegung. Aber nichts auch, sind wir überzeugt, beansprucht seitens der Deutschen Regierungen ein rascheres und entschlosseneres Entgegenkommen. Daß seitens derselben die große Bewegung nicht noch länger sich selbst überlassen, und der doppelten Gefahr preisgegeben werde, entweder revolutionair auszuarten oder hoffnungslos gleichgültig in sich selbst zu verkommen, halten wir für eine sämmtlichen Regierungen obliegende Pflicht, nicht minder der politischen Klugheit wie des politischen Gewissens. Kein Theil der Nation hängt in allen seinen Lebensbedingungen mit der Deutschen Frage inniger zusammen, – keiner ist zu ihrer Erledigung mehr unmittelbar berufen und befähigt, als wir Deutsche Regierungen, und schon daß wir bis jetzt die Initiative dieser Erledigung so vorzugsweise den Bevölkerungen überlassen haben, enthält für uns den stillen Vorwurf einer nicht genügenden Thätigkeit, Einsicht und Entschlossenheit. Unverantwortlich aber würden wir handeln, – unverantwortlich vor der Nation, wie vor der Geschichte, wenn wir durch noch längeres Zuwarten jenen Mangel an Thätigkeit nun gewissermaßen zur Maxime erheben und uns zu bewußten Urhebern aller der verderblichen Folgen machen wollten, die eine längere Nichterledigung der Frage von innen oder außen über das Vaterland herbeiziehen könnte. Und wahrlich nicht über das Vaterland allein, – denn bei der Nichterledigung der Deutschen Frage handelt es sich noch um ein Weiteres. – Es handelt sich darum, ob der Continent die wichtigsten politischen Fragen, die ihn bewegen, immer vertagen soll, weil das große Volk in seiner Mitte, das den Schwerpunkt seiner Geschicke zu bilden berufen ist, sich nicht definitiv zu constituiren vermag und statt zum Horte seiner nationalen Freiheiten, vielfach zum Gegner ihrer Entwickelung geworden ist. Gehen wir von dieser Betrachtungsweise über zur Untersuchung, welche Voraussetzungen eine Lösung derselben haben muß; so kann dieselbe grundsätzlich nur eine solche sein, die den eigentlichen Kern des nationalen Bedürfnisses in keiner Weise, etwa durch neue Theilungen, ängstlich umgeht, sondern diese in seiner ganzen idealen wie realen Bedeutung offen anerkennt und befriedigt. Noch weniger würde dies beispielsweise ein Versuch vermögen, bei wandelndem3 oder auch forterhaltenem Bundestage, – welche Mittel auch zu seiner Popularisirung angewandt würden, – eine Ausgleichung des vielfach an 3 Emendiert. Vorlage: wandelnden.

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den Tag getretenen Antagonismus der Großstaaten durch Stipulation von Bedingungen herbeizuführen, welche nicht der Gemeinsamkeit zu Gute kommen, oder gar ihr noch Lasten auferlegen würden. Dahin gehört der Gedanke, das Alternat im Bundesvorsitze mit erweiternder Interpretation des wahren Charakters der Präsidialstellung, als ein Ausgleichungsmittel in Rechnung zu nehmen, während doch diese Gewährung eine, vielleicht für den betroffenen Einzelstaat nicht gleichgültige, für die Gemeinsamkeit aber so ganz wesenlose Veränderung bildet, daß sie eben so wenig eine Befriedigung des nationalen Dranges enthält, als eine Gegenleistung für Deutschland begründen kann. Nicht weniger unannehmbar erscheint uns die Bestellung einer Executivbehörde, wie solche auch gebildet sei, welche einerseits nicht von dem deutschen Interesse ausschließlich geleitet, anderseits sich der Controle, der dieses Interesse vertretenden nationalen Repräsentation entziehen könnte, oder auch eine Vertretung, welche mit ihrer Competenz die Functionen nicht ergreift, durch welche das politische Interesse Deutschlands, das Interesse seiner Macht und Unabhängigkeit gewahrt werden kann. Für Deutschland hat in der That nur die Organisationsveränderung Werth, welche diesem größten Bedürfnisse des Deutschen Volkes und des StaatenComplexes, in dem es lebt, eine unmittelbare Befriedigung und eine wirksame Vertretung verleiht. Wir aber suchen vergeblich bisher nach einem Vorschlage, welcher für die Gemeinsamkeit größere politische Erfolge verspricht, als die Idee eines engeren Bundes im forterhaltenen größeren Verbande, wie sie im Wesentlichen Herr Graf von Bernstorff in seiner Beurtheilung des Entwurfs des Freiherrn von Beust gleichfalls angenommen hat. Dagegen vermissen wir in den Einwürfen gegen den engern Bundesstaat jede Begründung des wesentlichsten Bedenkens, – des als gewiß angenommenen Erfolges, daß dieser weitere Bund größeren Wechselfällen ausgesetzt sein soll, als es jetzt schon der Deutsche Bund gewesen ist. Im Gegentheil darf angenommen werden, daß durch Hinwegräumung der Hauptveranlassungsgründe vorhandener Meinungsverschiedenheiten unter den Deutschen Großstaaten, die Beziehungen derselben den natürlichen Interessen entsprechen würden, welche beiden Staaten in den wichtigsten Fragen gemeinsam sind, – und daß ein Verhältniß begründet werden wird, in welchem für einen erwiesenen großen nationalen Dienst –, aber auch nur für ihn –, willig eine nicht karge Gegenleistung übernommen werden könnte. Durch eine solche künftige, die eigene Sicherheit wechselseitig verbürgende Ergänzung des einmal zur Macht ausgebildeten, geeinigten Deutschlands, und des mächtigen verbrüderten Kaiserstaates, würde uns in der That ein lohnendes und für die ganze Gemeinschaft heilbringendes Werk vollbracht scheinen, darin würden auch wir dann die endliche politische Consolidation des Bundes erblicken

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und um so bereitwilliger zu derselben die Hand bieten – als wir gewohnt sind, in der engen Verbindung aller Theile dieses weiten Völkerbundes die Fundamentalbedingung der Sicherheit und Machtstellung Deutschlands zu sehen. Es kann vorerst davon Umgang genommen werden, näher auf die Organisation eines solchen engern Bundesstaates einzugehen. Es wird genügen, im Allgemeinen die Grundlagen zu bezeichnen, welche für denselben durch den Zweck, wie wir ihn oben entwickelten, gegeben sind, und welche uns so lange maaßgebend erscheinen werden, als die ganze Idee des engeren Bundesstaates nicht durch veränderte Verhältnisse, von welcher Seite dieselben auch eintreten mögen, als unausführbar sich erweist. Die Großherzogliche Regierung will diesen Bundesstaat aber vor Allem, – weil er eben nicht der Einheitsstaat ist, sondern die, nicht nur für die Individualität des Deutschen Volkes angemessenere, als auch vollkommenere Form staatlichen Lebens überhaupt. – Sie will ihn, weil der Bundesstaat die Erhaltung der Selbstständigkeit der Deutschen Staaten verbürgt, und die Grundlagen derselben unberührt läßt, – während er allein eine Leistung für die Gemeinschaft durch das verfassungsmäßig gewordene Zusammenwirken aller Theile ermöglicht. Zunächst ist es nämlich unsere, durch die bestimmteste Forderung unserer Bevölkerung gestützte und in unsern heiligsten Pflichten wohlgegründete Ansicht, daß die herzustellende Bundeseinheit keine ausschließliche und unbedingte, sondern eine solche sei, innerhalb deren auf dem ganzen Gebiete der inneren Gesetzgebung und Verwaltung die Selbstständigkeit und Souverainetät sämmtlicher dermaligen Bundesstaaten ungestört fortdauert. Auch ohne Rücksicht auf die Rechtsfrage würden wir in der Aufhebung dieser particularen Selbstständigkeit (die übrigens freie Vereinbarungen nicht ausschließt) weit weniger ein Förderniß, als ein Hemmniß unserer nationalen Entwicklung und eine wesentliche Beraubung unseres geistig politischen Lebens erblicken. Das unverkümmerte Gesetzgebungsrecht auf dem Gebiete innerer Verwaltung bildet aber nicht nur die Grundlage der constitutionellen Verfassungen der deutschen Staaten, sondern die Bedingung des Fortbestandes der staatlichen Sonderexistenz selbst. Dagegen werden nach unserer Auffassung um so ausschließlicher alle Staatsfunctionen, durch welche politische Macht im Verkehr mit fremden Staaten entwickelt und bethätigt wird, also das ganze Vertheidigungswesen Deutschlands und der diplomatische Verkehr, einer einheitlichen im Namen aller Deutschen Staaten zu führenden, nicht sowohl die Machtstellung des Einzelnen, als das gemeinsame Wohl Aller berücksichtigenden Leitung zu unterstellen sein. Und dabei wird der Grundsatz angewandt werden müssen, daß alle Staatsfunctionen, deren Centralisirung von dem allgemeinen Interesse einmal gefor-

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dert wird, auch ganz und mit Ausschließung aller Concurrenz der Einzelstaaten, in der Hand der Centralregierung vereinigt werden müssen, welcher die Leitung anheimgegeben wird. Während es sich ebenso von selbst versteht und unbedenklich auch von dem Herrn Grafen von Bernstorff zugegeben werden wird, daß dieser Centralregierung und einer etwa neben ihr zu bildenden Vertretung gegenüber, auch ohne Ausnahme alle Kammern in Betreff der einmal als gemeinsam anerkannten und dieser Centralregierung unterworfenen Zweige keine concurirende [sic] Competenz haben können. Es handelt sich bei dieser Forderung einer Centralregierung nicht von dem Erjagen einer künstlichen Stellung internationaler Eitelkeit und inhaltlosen Scheines, nicht Ehrgeiz liegt der Deutschen Bewegung zu Grunde, sondern wesentlich nur das Interesse der mäßigsten Sicherheit und das gerechte Verlangen, nach derjenigen Geltung unter den Völkern der Erde, welche ohne die schwersten moralischen, politischen und oeconomischen Nachtheile nicht entbehrt werden kann. Die sittliche Liebe zum Vaterlande wurzelt hauptsächlich in dem Bewußtsein, daß wir ein gemeinsames Interesse gegenüber allen Völkern haben, wie innig auch unsere Beziehungen zu denselben sein mögen und daß dieses Interesse eine wirksame Vertretung durch unsere staatlichen Organe hat. Ohne diese Liebe aber bleiben Individuen, wie Staaten immer unter ihrer Bestimmung und müssen in hoffnungsloser Verkümmerung verderben. Alle Plane, welche auf die Voraussetzung gegründet sind, daß Deutschland auch auf diesem beschränkten Gebiete keine Einheit der Interessen besitze, daß es sich in den Beziehungen zum Auslande sogar nicht als ein einiges darstellen lasse, zerstören die Idee des einen und einzigen Vaterlandes und entbehren gerade darum des Charakters der ihnen allein nationalen Werth und Brauchbarkeit geben könnte. Wir glauben gerade, weil wir die Forderung der Centralisirung auf das engste Gebiet beschränken, wo nur noch gemeinsame Interessen[,] keine trennenden Gegensätze mehr Platz greifen, um so strenger sein zu müssen, bei Aufstellung der Befugnisse und der Competenz der Institution, welcher die Pflege dieses Gebietes zugewiesen werden soll. Immerhin muß dieselbe eine einheitliche, persönliche und verantwortliche Regierung möglich machen, deren Executivgewalt keine Hindernisse in der Organisation findet, damit sie einen politischen Gedanken mit der ganzen Kraft der Nation und allen Hülfsmitteln der einzelnen Theile durchzuführen im Stande sei. Wie hoch auch der Werth ist, den wir auf die Vertretung der Einzelregierungen in den Verfassungsorganismus der Centralregierung legen, jede conföderative Mitwirkung in der obersten Spitze, die Theilnahme eines nach Instructionen beschließenden Collegiums ohne die Kraft eines bestimm-

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ten Willens und ohne die Fähigkeit zur Verfolgung bestimmter Plane muß ausgeschlossen bleiben. Dagegen ließe sich mit der Energie der Centralregierung sehr wohl vereinigen, daß auf verfassungsmäßig zu ordnende Weise die Mitwirkung der Hohen Bundesregierungen selbst überall da in Anspruch genommen werde, wo die Verhältnisse solche zulassen. – Das einzige und geeignetste Mittel dazu, die Interessen der Einzelstaaten mit denen der Gesammtheit auszugleichen, liegt in der Berufung einer ausreichenden, die Bevölkerungen wie die Regierungen der Einzelstaaten umfassenden Vertretung zu constitutioneller, durch das Recht der Bewilligung der Mittel für die Centralregierung, wirksamer Controle dieser höchsten Behörde innerhalb ihrer Competenz. Die Frage, ob diese Vertretung durch Ausschüsse der Einzelkammern, oder aus directen Wahlen zu bilden sei, kann füglich vorerst als eine offene, außer Erörterung gelassen werden. Eine solche Nationalvertretung kann allein den Hintergrund bilden, auf dem in ungetrennter Einheit die Achtung der Einzelinteressen mit der Rücksicht auf die Bedürfnisse des Ganzen verbunden wurzelt. Nur sie trägt einen Organismus, in welchem die im Leben ungetheilt neben einander liegenden Bedürfnisse stets gleichzeitig wirksam werden. Beschränkt sich für die Großherzogliche Regierung das dringendste Bedürfniß der Reform somit darauf, daß diejenigen Regierungsbefugnisse centralisirt werden, welche mit der Vertretung und Vertheidigung der Nation nach außen zu thun haben, so glauben wir doch nicht, daß damit der Kreis der Befugnisse der Centralregierung absolut abgeschlossen sein sollte, wenn ein weiteres Bedürfniß sich zeigen würde. Allein unserer Ansicht nach, würde es rathsam sein, die Zuweisung eines jeden weiteren Zweiges der bisher von den Einzelregierungen geübten Functionen von der freien, auf die Ueberzeugung der Zweckmäßigkeit gegründeten Vereinbarung abhängig zu machen. Dadurch würde einerseits der Centralinstitution jede wünschenswerthe Dehnbarkeit erhalten, andererseits die Einzelstaaten der Gefahr entzogen, wider ihren Willen und ihre Ueberzeugungen Functionen der gemeinsamen Leitung überwiesen zu sehen, deren Erhaltung in unmittelbarer Verfügung ihnen werthvoll scheinen könnte4. Müssen wir gleich zugeben, daß die Souveränetät der Deutschen Fürstenhoheit durch eine Umgestaltung der Bundesverfassung in diesem Sinne eine scheinbare, aber auch nur eine scheinbare Minderung erfahren würde, so wird die bisherige Stellung andererseits durch Theilnahme an der größeren Macht des Ganzen wesentlich gebessert. Einmal wird in keiner Weise principiell dem Wesen der Souverainetät eine Beschränkung auferlegt. Wir sehen vielmehr die 4 Emendiert. Vorlage: könnten.

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im Obigen als nothwendig geforderten Beschränkungen nur als nothwendige weitere Ausführungen derjenigen Beschränkung an, welche die Bundesacte selbst der Souverainetät der deutschen Fürsten durch die Verpflichtung gegen Bund und Mitfürsten aufgelegt hat. Daß im Laufe der Zeiten diese Beschränkung eine formelle Umgestaltung erfahren muß, und die Art und Weise der Ausübung, gegenüber der unwandelbar gleichen Verpflichtung gegen das gemeinsame Vaterland, sich modificirt, berührt das Princip der Berechtigung selbst nicht. Von einer Auflösung des Bundesvertrages ist bei einer solchen naturgemäßen und blos das Wohl des Ganzen in’s Auge fassenden Reorganisation des Bundes in keiner Weise die Rede und es würde der Character des Bundes, als eines „unauflöslichen Vereins der Deutschen Staaten“ dadurch keineswegs leiden, daß es einzelnen deutschen Bundesstaaten zur Zeit vielleicht schwer fallen könnte, sich einer solchen einheitlichen Centralregierung unterzuordnen und ihr Verhältniß insofern ein privilegirtes genannt werden müßte, als denselben freigestellt werden müßte, statt in ein engeres Bundesverhältniß mit den anderen deutschen Staaten einzutreten, in dem bestehenden zu verharren. Indem die Bundesverfassung demgemäß sich dem Gesetze der größtmöglichsten politischen Leistung, wie ernste Pflicht sie zu erstreben gebietet, fügt, und sich dem jedesmaligen Bedürfnisse anpaßt, steht nichts im Wege, mit allen Staaten, welche der Ausbildung des deutschen Staatenlebens im eigenen Interesse nicht zu folgen vermögen, vorerst das Verhältniß wechselseitiger Rechte und Verpflichtungen aufrecht zu halten, welche den materiellen Inhalt des Bundesvertrages von 1815 ausmachen. Dagegen, daß Deutschland aus einem Zustande verhältnißmäßiger politischer Schwäche zu einer Großmacht sich erhebe, und so die Mittel erlange, übernommene Verbindlichkeiten in ausgedehntem Maße zu erfüllen, kann billigermaßen von Seiten der Staaten, welche dieser kräftigern Organisation sich nicht anzuschließen vermögen, keine Beschwerde erhoben werden. Kein Bundesstaat hat nach unserer Meinung ein Recht, daß ihm die Erfüllung der im Bundesvertrage gegebenen Zusage in immer gleichförmiger Weise gewährleistet werde. Keiner hat aber auch ein Recht auf Fortbestand formeller Bestimmungen die 1815 zum Wohle des Ganzen aufgenommen waren, wenn heute dasselbe Wohl eine Veränderung fordern sollte. So lange wechselseitige Rechte und Pflichten geachtet werden, ist das Bundesverhältniß in seiner Unauflöslichkeit bewahrt und geheiligte Bande, die wir unsererseits nicht aufgeben möchten, erhalten. Die Besorgniß, es möchte von dem aus verwandten nationalen Elementen gebildeten Bundesstaate eine Attraction auf die im weiteren Bunde verbleibenden Bestandtheile gleicher Nationalität, die anderen Rechtsverbänden zugehören, geübt werden, erscheint aus doppelten Ursachen

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unbegründet: Einmal ist die Verfassungssatzung zwischen dem engern und weitern Bunde gerade so verpflichtend, und um nichts schwächer, als die bestehende Bundesformel. Dann kann es nicht im Interesse des engeren Bundesstaates liegen, sichere politische Verbindungen dadurch auf immer in Frage zu stellen, daß er sich mit mehr oder weniger fremdartigen Bestandtheilen zu vergrößern suchen sollte. Anderseits könnte Deutschland, das sich selbst zu gehören ein gutes Recht hat und seine Gestaltung vollziehen muß, nach dem eigensten nationalen Bedürfnisse, doch nur bis zu einem gewissen Grade auf Bedenken Rücksicht nehmen, die im Verhältnisse von Staat zu Staat, mehr nicht zu bedeuten hätten als Forderungen eines bestimmten Staatsegoismus gegenüber dem Egoismus der Selbsterhaltung der Deutschland so lange gefehlt hat, und ihm so sehr Noth thut. Während damit die wesentlichen Gesichtspunkte gegeben sind, von welchen bei jedem Versuche einer Bundesreorganisation, die einigermaßen dem Bedürfniß entsprechen soll, ausgegangen werden muß, ist es vielleicht zweckmäßig, auch auf die Methode hinzuweisen, durch welche jeder Fortschritt der Bundesreformfrage, sich in Deutschland zu vollziehen hat.5 Es kann nur der Weg freier Vereinbarung unter den Hohen Regierungen selbst vor Allem auch der Verständigung unter den beiden deutschen Großmächten sein. Gerade um deswillen wird aber diese Reform auch nicht angewiesen sein auf Benutzung der durch die bestehenden Bundesverträge, namentlich Artikel 11, zugelassenen formellen Auswege. Im Gegentheile müssen wir uns gegen die Zulässigkeit aller Bündnisse erklären, welche keine höhere Berechtigung für sich anzuführen haben, als die Genehmigung dieses Artikels. Wie das nationale Bedürfniß allein Richtschnur für den Willen der Regierungen sein kann, wie sich darnach die Grenzen des zu Erstrebenden bestimmen, so liegt in der Nothwendigkeit allein auch die Rechtfertigung jeder formellen Abweichung von der Acte von 1815. Den Regierungen, als Contrahenten der Bundesverträge, muß es jederzeit erlaubt sein, unter Festhaltung deren Geistes, die 1815 gewählte Form jeder Aenderung zu unterwerfen. Je eher diese große Frage aber einem Weg der geschäftlichen Behandlung und freier Verständigung zugewiesen und dadurch den vergifteten Einflüssen der Partheileidenschaft und der Polemik entzogen wird, um so leichter wird es möglich sein, Gegensätze zu überwinden, die heute noch unüberwindlich scheinen und in so scharfem6 Widerspruche in den Denkschriften des Freiherrn von Beust und der dadurch veranlaßten Depesche des Herrn Grafen von Bernstorff hervorgetreten sind. 5 Emendiert. In der Vorlage steht statt des Punktes am Satzende ein Semikolon. 6 Emendiert. Vorlage: scharfen.

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Daß das schließliche Resultat der Verständigung der ständischen Zustimmung bedarf, braucht nicht erst besonders hervorgehoben zu werden. Liegt darin aber eine sichere Bürgschaft, daß über nichts übereingekommen werden kann, was nicht, soll es Aussicht auf Genehmigung haben, in der That den Interessen der einzelnen Länder entspricht, so sollte, unserem Ermessen nach, in dieser beruhigenden Gewißheit ein um so dringenderer Beweggrund zu finden sei[n], mit den vorbereitenden Schritten nicht länger unter den Hohen Regierungen zu zögern. Die Großherzogliche Regierung ihrerseits ist jederzeit bereit, in Verhandlungen über Vorschläge einzutreten, welche der Voraussetzung der Leistungsfähigkeit entsprechen und die Resultate geben können, wegen deren wir allein eine Reform der Bundesverfassung wünschen. Entspricht der nächste Ausgangspunkt auch nicht ganz unseren Wünschen, wir würden bereit sein, solche Verhandlungen beharrlich und unverdrossen weiterzuführen, überzeugt, daß der zeitigende Einfluß der Ereignisse und die überwältigende Macht der Natur der Verhältnisse, die einzig mögliche Auflösung schon bringen und dadurch zugleich als die einzig richtige erweisen werden. Ich ersuche Eure Hochwohlgeboren sich bei jeder geeigneten Gelegenheit im Sinne dieser Depesche zu äußern und ermächtige Sie, dem Herrn Grafen von Hohenthal in gleicher Weise, wie Eure Hochwohlgeboren vertrauliche Kenntniß der Ausarbeitungen des Königlich Sächsischen Herrn Staatsministers erhalten haben, gleichfalls vertrauliche Mittheilung derselben zu machen. (gez.) Roggenbach.

107. Identische Noten von Österreich, Bayern, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Großherzogtum Hessen, Nassau und Sachsen-Meiningen an die preußische Regierung GStA Berlin, I. HA, Rep. 75 A, Nr. 282, fol. 102–106. Note der österreichischen Regierung, vom Berliner Gesandten Károlyi an Bernstorff gerichtet. Abschrift. Druck: Das Staatsarchiv, Bd. 2, 1862, Nr. 229, S. 147–150; Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, 3. Jg. 1862, S. 25–27 (gekürzt); Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 2, S. 126 (gekürzt).

Die Regierungen legen Verwahrung ein gegen die von Preußen in dem Erlaß vom 20. Dezember 1861 aufgestellten Grundsätze. Jeder Versuch, den Organismus des Bundes durch einen engeren Bund zu durchbrechen, wäre unvereinbar mit dem Wesen und der Verfassung des Deutschen Bundes. Die Regierungen sind der Auffassung, daß bei allseitiger Bereitwilligkeit eine Bundesreform möglich ist, zu der die Errichtung einer wirksamen Exekutivgewalt und die Schaffung einer Delegiertenversammlung gehören.

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Identische Noten an die preußische Regierung

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Berlin, 2. Februar 1862 Erhaltenem Auftrage zufolge, hat der unterzeichnete Kaiserlich Oesterreichische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister die Ehre der erleuchteten Erwägung Seiner Excellenz des Herrn Staatsministers und Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Grafen von Bernstorff die nachstehenden Bemerkungen anzuempfehlen. Die Reformvorschläge Sachsens haben der Königlich Preußischen Regierung Veranlassung zu Erklärungen gegeben, welche zu wichtig sind und das Wesen des deutschen Bundes-Vertrags, sowie die Interessen sämmtlicher deutschen Staaten zu nahe berühren, als daß sie nicht die ernstlichste Aufmerksamkeit der Allerhöchsten Regierung des Unterzeichneten hätten in Anspruch nehmen müssen. Inhaltlich des Erlasses nämlich, welchen das Cabinet von Berlin, die erwähnten Vorschläge beantwortend, unter dem 20ten December 1861 an den Königlichen Gesandten in Dresden, Herrn von Savigny, gerichtet hat1, bekennt Preußen in der deutschen Reformfrage sich zu dem leitenden Gedanken, daß in dem, das gesammte Deutschland umfassenden Bundesvertrage der völkerrechtliche Charakter des Bundes in seiner Reinheit festgehalten werden sollte, während eine engere Vereinigung eines Theiles der Bundesglieder auf dem Gebiete des inneren Staatsrechtes der freien Vereinbarung der betreffenden Regierungen vorbehalten bliebe. Ohne sich im Einzelnen über die Grundzüge oder über die Ausdehnung einer solchen engeren Vereinigung auszusprechen, scheint das Königlich Preußische Cabinet den Fall nicht ausschließen zu wollen, daß dieser Bund im Bunde sich bis zur Form eines s. g. Bundesstaates entwickelte, in welchem die wichtigsten Attribute der Staatshoheit auf eine Centralgewalt übertragen, namentlich ein ständiges militairisches Oberkommando und das Recht der Vertretung nach Außen in Eine Hand gelegt würden. In einer solchen bundesstaatlichen Einigung glaubt die Regierung Preußens nur eine vollberechtigte Benutzung des im Artikel XI der Bundesakte gewährten Bündnißrechtes zu erkennen, und sie ist der Ansicht, daß durch die Ausführung ihres Gedankens weder den am engeren Bunde nicht betheiligten Regierungen ein Recht zum Ausscheiden aus dem weiteren Bunde erwachsen, noch die vorhandenen Bürgschaften für den Bestand des Letzteren eine Veränderung erleiden würden. Je lebhafter die Kaiserl. Oesterreichische Regierung den Wunsch empfinden muß, der Frage einer Reform der deutschen Bundesverfassung nicht anders als in engem Einverständnisse mit Preußen näher zu treten, mit desto innigerem Bedauern hat sie den Königlich Preußischen Hof in Bezug auf die politischen 1 Siehe Dok. 100.

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und rechtlichen Voraussetzungen dieser Reform Anschauungen darlegen sehen, mit welchen sich zu vereinigen ihre Ueberzeugungen und ihre Pflichten gleich entschieden ihr verbieten. – Sie muß vielmehr, sowohl vom Gesichtspunkte der allgemeinen Interessen Deutschlands, wie von dem des positiven Rechts gegen die Aufstellungen des erwähnten von Berlin nach Dresden gerichteten Erlasses Verwahrung einlegen. Unmöglich kann die Kaiserliche Regierung in dem Verlangen, daß das alle Deutsche vereinigende Nationalband strenge auf die Bedeutung eines völkerrechtlichen Vertrages zurückgeführt werde, eine berechtigte Voraussetzung Deutscher Bundesreform oder einen richtigen Ausdruck des im Deutschen Volke unläugbar vorhandenen Einigungsbedürfnisses anerkennen. Sie ersucht das Königlich Preußische Cabinet sich vergegenwärtigen zu wollen, in wie ganz anderer Richtung einst Preußen als Mitgründer des Deutschen Bundes in den Verhandlungen des Wiener Congresses zur Feststellung des Bundesvertrages mitwirkte. Und sie fühlt die Pflicht, freimüthig auszusprechen, daß ihr Deutschlands Sicherheit und Einigkeit, sein moralischer Friede, und seine Hoffnung auf gedeihliche Fortbildung des Bundesvertrages in hohem Grade bedroht und gefährdet erscheinen würde, wenn Preußen auf das Bestreben zurückkommen wollte, einen Theil der Deutschen Staaten durch eine centralisirte Verfassung unter einem Oberhaupte zu einigen, während das Verhältniß zwischen diesem Theile und den übrigen Gliedern des Bundes auf dem Fuße bloßer Verträge, wie sie auch zwischen Völkern fremden Stammes geschlossen werden können, zu regeln wäre. Es wird statt weiterer Ausführungen genügen, an die unheilvollen Folgen zu erinnern, welche schon in einer früheren Epoche Bestrebungen desselben Characters über Deutschland heraufzubeschwören drohten.2 Mit vollster Ueberzeugung muß ferner die Kaiserliche Regierung jeden Versuch, den Organismus des Bundes durch einen engeren Bund zu durchbrechen, zugleich als unvereinbar mit dem positiven Vertragsrechte bezeichnen. Der Artikel XI der Deutschen Bundesakte gewährt allerdings den Regierungen Deutschlands das Recht der Bündnisse aller Art, aber was könnte deutlicher aus dieser Bestimmung folgen, als daß die Bundesakte Mitglieder des Bundes voraussetzt, welche sich ihre Selbstständigkeit und daher Fähigkeit Bündnisse zu schließen, bewahren? Augenscheinlich hat die Bundesacte nur von Bündnissen zwischen unabhängigen Regierungen sprechen wollen. Jener Artikel will, daß die Deutschen Regierungen das Recht der Bündnisse aller Art, sofern solche nicht gegen die Sicherheit des Bundes oder einzelner Bundesglieder gerichtet sind, behalten. Ein Staat aber, der sich einer bundesstaat2 Gemeint ist die preußische Unionspolitik von 1849/50, die im Herbst 1850 beinahe zu einem innerdeutschen Krieg geführt hatte.

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lichen Centralgewalt oder auch nur der diplomatischen und militärischen Führung eines anderen Staates unterordnet, ein solcher Staat kann vielleicht noch Verträge über administrative Angelegenheiten, aber er kann nicht mehr ein Bündniß selbstständig schließen. Ja, der Vertrag selbst, der diese Unterordnung begründete, ließe sich sicherlich nicht als ein eigentliches Bündniß bezeichnen. Ein solcher Vertrag wäre ein Subjections-Vertrag. Und wäre endlich der Artikel XI der Bundesacte, an sich betrachtet, der Anwendung fähig, welche das Königlich Preußische Cabinet ihm geben will, so würde doch die flüchtigste Erinnerung an andere wesentliche Bestimmungen der Bundesverträge genügen, um die rechtliche Möglichkeit dieser Anwendung schlechthin auszuschließen. Der Deutsche Bund ist als eine Gemeinschaft selbstständiger, unter sich unabhängiger Staaten, mit wechselseitig gleichen Vertragsrechten und Vertragsobliegenheiten gegründet worden. Seine ganze Organisation beruht auf diesem Grundprincip und auf dem durch die Bundesacte festgestellten Stimmenverhältnisse. Beides aber, das Grundprincip sowohl, als die daraus abgeleitete Organisation würden bis zur gänzlichen Vernichtung beeinträchtigt werden durch einen engeren Bund, durch dessen einheitliche Verfassung die Rechtsgleichheit seiner Mitglieder aufgehoben, und ihnen die Fähigkeit entzogen würde, ein selbstständiges Stimmrecht in den wichtigsten politischen und militärischen Angelegenheiten auszuüben. Die Kaiserliche Regierung sieht sich daher in dem Falle zu erklären, daß sie die Gründung eines engeren s. g. Bundesstaates in Deutschland keineswegs als gerechtfertigt durch den Artikel XI der Bundesacte, vielmehr als unvereinbar mit dem Wesen und der Verfassung des Deutschen Bundes, ja als dessen factische, wenn auch nicht rechtliche Auflösung in sich schließend betrachten müßte. Der Unterzeichnete hat übrigens der vorstehenden Darlegung der Ansichten seiner Allerhöchsten Regierung den Ausdruck ihrer vertrauensvollen Erwartung hinzuzufügen, daß der Königlich Preußische Hof, in seiner Weisheit und seiner Anhänglichkeit an die Grundsätze des Rechts, einer Auffassung der Deutschen Reformfrage nicht Folge geben werde, welche bei seinen Bundesgenossen so gewichtige Bedenken erregt, und die er nicht bethätigen könnte, ohne Deutschland in Verwirrung zu stürzen, ja nicht festhalten, ohne die gedeihliche Wirksamkeit und Ausbildung der zu Recht bestehenden Bundesverfassung zu hemmen. Das Königlich Preußische Cabinet hat in dem erwähnten Erlasse nach Dresden es lebhaft anerkannt, daß die Regierung Sachsen’s ihre Ueberzeugung von der Räthlichkeit einer Bundesreform offen bekundet hat. Der Unterzeichnete darf versichern, daß auch seine Allerhöchste Regierung diese Ueberzeugung theilt. Tief durchdrungen von der Wahrheit, daß das Princip jeder solchen Reform das der organischen Entwickelung der bestehenden, das ganze Deutschland vereinigenden Bundesverfassung sein müsse, glaubt die Kaiserliche Regierung, daß auf dieser Grundlage, bei allseitiger Bereitwil-

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ligkeit, wichtige, den Fortschritten der inneren Entwickelung Deutschlands entsprechende Verbesserungen in’s Leben gerufen werden könnten, zu welchen sie namentlich die Begründung einer wirksamen Executiv-Gewalt des Deutschen Bundes und die Regelung der Thätigkeit des Bundes in den Angelegenheiten gemeinsamer Deutscher Gesetzgebung durch Zuziehung von Delegirten der deutschen Stände-Versammlungen rechnet. – Mit Freude würde die Kaiserliche Regierung einen Beschluß der verbündeten Regierung Preußens begrüßen, durch welchen die Eröffnung von Berathungen über Bundesreform auf dieser für alle gleich gerechten und den gegebenen Verhältnissen Deutschlands angemessenen Grundlage ermöglicht würde. Der Unterzeichnete benutzt schließlich diesen Erlaß um die Ehre zu haben, Sr Excellenz dem Herrn Grafen von Bernstorff den Ausdruck seiner ausgezeichnetsten Hochachtung zu erneuern. (gez.) Károlyi.3

108. Hohenthal an Bernstorff GStA Berlin, I. HA, Rep. 81, Gesandtschaft Dresden nach 1807, Nr. 57. Abschrift; Konzept im HStA Dresden, 10 717, Nr. 937. Druck: Das Staatsarchiv, Bd. 2, 1862, Nr. 230, S. 150 f.; veröffentlicht in: Dresdner Journal Nr. 37 v. 14. Februar 1862, S. 153; Leipziger Zeitung Nr. 40 v. 15. Februar 1862, S. 723 f.

Sachsen schließt sich der identischen Note Österreichs und der Mittelstaaten vom 2. Februar 1862 an und erklärt die Gründung eines Bundesstaates innerhalb des Bundes für unvereinbar mit der Bundesverfassung. Die sächsische Regierung spricht sich für eine Reform auf dem Boden der Bundesverfassung aus und wird sich an entsprechenden Verhandlungen bereitwilligst beteiligen.

Berlin, 2. Februar 1862 Der Unterzeichnete hat, wie Seine Excellenz der Herr Staatsminister Graf von Bernstorff Sich zu erinnern geneigen wollen, die Ehre gehabt, einen Erlaß seiner höchsten Regierung vom 11. v. M.1 zur Kenntniß Seiner Excellenz zu bringen, welcher die Erwiederung des Königl. Preußischen Cabinets auf die diesseits gemachten Vorschläge wegen einer Bundesreform zum Gegenstand hatte. Diese Rückäußerung entwickelte auf der einen Seite die Gründe, aus 3 Aloys Graf von Károlyi (1825–1889), 1859–1866 und 1871–1878 österreichischer Gesandter in Berlin; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 288; ÖBL, Bd. 3, S. 246. 1 Beust an Hohenthal, 11. Januar 1862, Abschrift im HStA München, MA 493/2; Druck: Das Staatsarchiv, Bd. 2, 1862, Nr. 227, S. 135 f.

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denen die Königlich Sächsische Regierung auf die Darlegung derjenigen Entgegnungen verzichte, zu denen die ihr gemachten Einwürfe Anlaß böten, während sie auf der anderen Seite die Bereitwilligkeit zu erkennen gab, einer Aufforderung zu entsprechen, welche dahin gerichtet seyn würde, durch eine eingehende weitere Besprechung die angeregte Frage mehr und mehr aufzuklären, um auf diesem Wege Anknüpfungspunkte zu einer Verständigung zu finden. Eine derartige Aufforderung ist seitdem nicht allein unterblieben, sondern es ist auch der diesseitigen Regierung kein Anlaß gegeben worden, ihr für die Folge entgegensehen zu dürfen. Inzwischen ist die Königlich Sächsische Regierung davon unterrichtet worden, daß das Kaiserlich Oesterreichische Cabinet, sowie die Regierungen mehrerer andern Bundesstaaten, aus Anlaß der, an den Königl. Preußischen Gesandten am diesseitigen Hofe unterm 20. December v. J. ergangenen Depesche2, sich bewogen gefunden haben, von ihren Ansichten über Inhalt und Tragweite dieses Erlasses der Königlich Preußischen Regierung Eröffnung zu machen.3 Des Unterzeichneten höchste Regierung glaubt es, unter diesen Umständen, der Königl. Preußischen Regierung sowohl, als sich selbst schuldig zu seyn, über ihre eigene Anschauung keinen Zweifel bestehen zu lassen. Der Unterzeichnete ist daher angewiesen worden zu erklären, daß die Königl. Sächsische Regierung auch ihrerseits die in der Depesche vom 20. December v. J. aufgestellte Ansicht von der Zulässigkeit der Bildung eines Bundesstaats innerhalb des Bundes mit den Bestimmungen und dem Geiste der Bundesgrundgesetze nicht für vereinbar hält und dieselbe daher der in jener Eröffnung ausgesprochenen Verwahrung sich anschließt. Treu dem Gedanken, daß eine Reform der bestehenden Bundeseinrichtungen in einer den Anforderungen der Zeit entsprechenden Weise und im Wege der Verständigung unter den Bundesgenossen auf dem Boden der Bundesverfassung mit Ernst und Eifer angestrebt werden müsse, begrüßt dieselbe freudig das am Schlusse eben jener Eröffnungen gethane Erbieten zum Eintritte in diesfallsige Berathungen, an welchen sie selbst sich um so mehr bereitwilligst betheiligen wird, als sie der Hoffnung Raum geben darf, daß die anzustrebende Reform nicht auf die engen Grenzen der dabei angedeuteten Verbesserungen beschränkt bleiben werde. Indem der Unterzeichnete dieses Auftrages sich hiermit entledigt, benutzt er pp. (gez.) Graf von Hohenthal 2 Siehe Dok. 100. 3 Siehe Dok. 107.

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109. Broschüre „Ein Preußisches Programm in der deutschen Frage“ StA Oldenbourg, 31–15–13, Nr. 95 I, fol. 130–137. Druck. Berlin 1862. Verlag von Julius Springer. Von Beust am 4. Februar 1862 an die Regierung in Oldenburg gesandt mit der Bemerkung, es werde „bestimmt behauptet, daß sie vom Auswärtigen Amt inspirirt sei“ (ebd., fol. 129). Die Schrift wurde offenbar von dem preußischen Diplomaten Robert von der Goltz (1817–1869), der von 1860 bis 1863 Botschafter in St. Petersburg war, verfaßt. Vgl. Rosenberg Nationalpolitische Publizistik, Bd. 1, Nr. 546, S. 403 f.; Kaiser/Buchge (Bearb.), Der Springer Verlag. Katalog seiner Veröffentlichungen 1842–1945, S. 7.

Der Bund muß auf seine rein völkerrechtliche Grundlage zurückgeführt werden. Die engere Vereinigung der Bundesstaaten in allen Materien, die dem inneren Staatsrecht angehören, bleibt dem freien Vertragsweg überlassen. Jede Umgestaltung des Bundes hat die realen Machtverhältnisse der Staaten zum Ausgangspunkt zu nehmen. Der Bund soll neutral sein und Krieg nur zu seiner Selbstverteidigung führen. Wenn die Stellung der beiden Großmächte in der Bundesverfasusng auf die realen Machtansprüche zurückgeführt und gegenseitig abgegrenzt würde, so würde auch die Stellung der anderen Bundesstaaten nach einem richtigen internationalen Verhältnis geregelt und der Bund würde aufhören, eine Versicherungsanstalt für fingierte Machtansprüche der kleinen Bundesstaaten zu sein. Preußen muß auf den Standpunkt eines gesunden Machtegoismus zurückkehren und die ideelle nationale Politik hinter sich lassen. Das preußische Programm schließt eine Entwicklung des gesamten Bundes in bundesstaatlicher Richtung aus, es soll mithin für den Bund keine gemeinsame Exekutive, keine Volksvertretung, keine allgemeine Gesetzgebung und kein Bundesgericht geben. Diese Einrichtungen können nur auf dem Weg freier Vereinbarung in einem kleineren Kreis herbeigeführt werden. Die Bundeskriegsverfassung und das Bundesfestungswesen spiegeln die Unnatur der bestehenden organischen Einrichtungen im Bund wider. Hier ist eine Rückführung auf das naturgemäße Verhältnis – eine Teilung in Nord- und Süddeutschland – dringend notwendig. Eine kriegerische Lösung der deutschen Frage steht hoffentlich nicht bevor, ebensofern liegt Preußen die Anwendung revolutionärer Mittel. Preußen bleibt nichts anderes übrig, als zuerst sein eigenes Machtgewicht wiederherzustellen und dann seinen Einfluß bei den Bundesgenossen wieder kräftiger geltend zu machen.

Berlin, 1862 Ein Preußisches Programm in der deutschen Frage. Motto: Vor Allem sich selbst treu. 1. Zum ersten Male seit einem Jahrzehnt hat die Preußische Regierung sich wieder klar und bestimmt über ihre Stellung zur Reform des Bundes ausgesprochen. Es ist dies in der Depesche des Grafen von Bernstorff vom 20. December 18611 geschehen, welche die Reformvorschläge des Königlich Sächsischen Ministers Freiherrn von Beust einer eindringenden Beleuchtung unterwirft. 1 Siehe Dok. 100.

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Nicht darum kann es sich jetzt handeln, an die Stelle eines unvollendeten gothischen Baues einen vollständigeren von gleicher Art zu setzen. Nicht darum, unter dem Dache des ersteren einen theilweisen Neubau nach einem fertigen theoretischen Plane auszuführen, mit Vielen oder mit Wenigen, und dabei bis an die Grenze des Möglichen zu gehen. Nicht darum, die einheitliche Executive nebst Volksvertretung und die einheitliche Vertretung Deutschlands nach außen, zwei Forderungen, deren Erfüllung angeblich die „Nation“ (die deutschen Stämme oder die deutschen Staaten?) unabweislich verlangen soll, mit besonderer Energie (es ist nicht klar wie und gegen wen) geltend zu machen. Dem nüchternen Staatsmann handelt es sich gewiß in den Reformbestrebungen um solche als neu auftretende Versuche nicht, vielmehr um einen fortgesetzten Proceß wirklicher Agentien und Reagentien. Um einen Proceß, der nicht willkürlich und zusammenhangslos auftritt, den nicht voraneilende Wünsche zum Stillstehen oder in eine andere Richtung bringen können, sondern dem die Erfahrungen der Vergangenheit sein Strombett gegraben und die Marksteine seiner Richtung gesetzt haben. In drei Fundamentalsätzen bezeichnet die Depesche des Grafen Bernstorff die Richtung dieses Processes, in welchem Preußen keinen Augenblick aufgehört hat, das hauptsächlich bewegende Element zu sein, wenn es auch bisweilen abschweifte. 1. Der Bund muß auf seine reinvölkerrechtliche Grundlage zurückgeführt und die Bundesverträge lediglich auf die Bestimmungen beschränkt werden, welche die Integrität und die Sicherheit der Bundeslande garantiren. 2. Eine engere Vereinigung der Bundesstaaten in allen Materien, welche dem inneren Staatsrecht angehören, bleibt dem freien Vertragswege überlassen. 3. Jede Umgestaltung des Bundes hat die realen Machtverhältnisse der Staaten zum Ausgangspunkte zu nehmen. 2. Die Zurückführung der Bundesverträge auf den reinvölkerrechtlichen Boden entkleidet zunächst das Verhältniß, in welchem Oesterreich, Preußen, die Niederlande und Dänemark zum deutschen Bunde stehen, des falschen Scheines. Bei ihnen liegt keine Identität des besonderen Staats-Interesses und des Bundes-Interesses vor. Nicht das Letztere wird, wenn beide Interessen in Widerstreit gerathen, jenen Staaten zur Richtschnur dienen. Diese Thatsache darf nicht durch Formen und Einrichtungen verhüllt werden, die auf einem trügerischen unwahren Grunde beruhen. Der Bund soll neutral sein und Krieg nur zu seiner Selbstvertheidigung führen. Aber Preußen und Oesterreich können zwei Drittel seiner Streitkräfte zu Offensivkriegen verwenden, welche mittelbar sein Interesse benachtheiligen, unmittelbar seine Vertheidigungskraft schwächen.

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Der Bund soll gemeinschaftliche Militär-Einrichtungen und einen besonderen Schematismus für dieselben haben, in welchem Theile der Armeen der beiden Großmächte untergebracht sind. Und doch ist klar, daß weder die Preußische noch die Oesterreichische Armee in großen Kriegen je ihren Verband nach jenem Schematismus lockern werden. Daß ferner jede Großmacht ihre Armee nur zur Erhaltung der eigenen Machtstellung und vorzugsweise nur zur Vertheidigung der innerhalb derselben liegenden Gebiete der Bundesgenossen verwenden wird. Nach seiner jetzigen Verfassung kann der Bund keine dauernde Vertheidigungsanstalt gründen, ohne dem Bundesgliede, gegen welches sie eintretenden Falls gerichtet wäre, Einblick darein zu gestatten und dessen Zustimmung dazu zu erhalten. Bundesanstalten zur Küstenvertheidigung kann also Dänemark allein hintertreiben. Alle solche und ähnliche Unzuträglichkeiten, welche den Bund in den wichtigsten Beziehungen zu einem Scheinwesen stempeln und den Keim des Verderbens für ihn enthalten, lassen sich beseitigen, wenn er nach gesunden internationalen Grundsätzen vereinfacht wird. Wenn die in ihrer Allgemeinheit unklare, in der Bundesverfassung auch gar nicht verwirklichte Zusicherung gleicher Rechte bei gleichen Pflichten, auf ein reelles Vertragsverhältniß zurückgeführt wird, wo der Leistung die wirkliche, nicht eine fingirte Gegenleistung gegenübersteht, und nur für ganz homogene Interessen Gemeinsamkeit und Allseitigkeit aufrecht erhalten bleibt. Die Stellung der beiden Deutschen Großmächte als Schutzmächte des Bundes kann nur in einem solchen Verhältniß ihre richtige Begründung und gegenseitige Begrenzung finden. Diese natürliche Stellung ist in der Bundesverfassung zu gar keiner Anerkennung, zu gar keinem Ausdruck gelangt. Sie ist darin vielmehr absichtlich verhüllt. Dennoch wird sie Niemand anzweifeln, weil ihre Berechtigung handgreiflich ist. Preußen und Oesterreich haben die bundesvertragsmäßige Verpflichtung, die ungeschmälerte Existenz der einzelnen, dem Bunde ganz angehörenden souveränen Staaten zu vertheidigen und zu beschirmen. Dagegen steht keinem dieser Staaten, und eben so wenig ihrer Gesammtheit, das Recht oder die Pflicht zu, für die Erhaltung des Staates Preußen oder des Staates Oesterreich in ihrer Integrität als Vertheidiger aufzutreten. Dieser Umstand genügt zur Kennzeichnung des wahren Wechselverhältnisses. Es kann von gleichen Rechten und gleichen Pflichten unter diesen beiden Kategorien von Bundesstaaten im wahren Sinne des Wortes gar nicht die Rede sein. Auf der einen Seite stehen die beschützten, auf der andern die schützenden Staaten. Und der Ausspruch des Artikels 3 der Bundesakte, wonach alle Bundesglieder als solche gleiche Rechte haben, erhält hiernach eine sehr precäre allgemeine Bedeutung, abgesehen davon, daß ihn schon das Stimmenverhältniß in den Bundesorganen dementirt.

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Nichts hat weniger realen Boden unter sich als die Machtsphäre, in welche jene große Zahl reiner Bundesstaaten durch ihr Stimmrecht erhoben wurde, und für deren Erhaltung ihre Bundesthätigkeit weit mehr in Bewegung ist als für die Förderung der höchsten Bundeszwecke. Der Bund ist deshalb viel mehr eine Versicherungsanstalt für fingirte Machtansprüche der kleinen Bundesstaaten, als ein wirksamer Verein von Kräften zum gemeinsamen Schutz seiner Gebiete geworden. Würde aber die Stellung der beiden Schutzmächte in der Bundesverfassung als solche anerkannt und gegenseitig abgegrenzt; würde die Stellung der andern Bundesstaaten zu ihnen nach einem richtigen internationalen Verhältniß geregelt, dann hörte der gefährliche Streit der beiden Nebenbuhler über die Grenzen ihres Machteinflusses eben so auf, wie die ohnmächtigen Versuche zur Gründung einer dritten Staatengruppe. Erhielte man dazu die aus der Rheinbundsakte in die Bundesakte herübergekommene Souveränetät der deutschen Staaten in strengster Form aufrecht, so würde auch Bayern keinen Grund zur Klage haben. Das materielle Gewicht dieses Staates würde dann vielmehr zur natürlichen Geltung kommen. Die Zurückführung des Bundesverhältnisses auf diese einfacheren und naturgemäßeren Grundlagen wird, wie die Preußische Depesche andeutet, ohnehin die realen Machtverhältnisse zum Ausgangspunkte und Maßstabe haben müssen. Graf Bernstorff hält für eine Bundesreform in diesem Sinne sogar die erforderliche Einhelligkeit sämmtlicher Bundesglieder für möglich. In der That bedürfte es nur einer wenig eingreifbaren Umgestaltung der eilf ersten allgemeinen Artikel der Bundesakte, um zu dem gewünschten Ergebnisse zu gelangen. Diese sind bekanntlich allein in die Wiener Congreßakte aufgenommen. Was die neun Artikel der besonderen Bestimmungen der Bundesakte anlangt, so sind sie theils facultativer, theils promissorischer Natur, und fast in ihrem ganzen Umfange, ja sogar darüber hinaus, bereits verwirklicht und durch die Landesgesetzgebungen erledigt, so daß sie dem neuen Bundesvertrage füglich fern bleiben könnten. 3. Wir glauben übrigens an die einhellige Zustimmung der Bundesglieder zur Herstellung eines reinvölkerrechtlichen Bundesverhältnisses nicht und zwar aus dem einfachen Grunde nicht, weil die Mittelstaaten im Schatten der bundestäglichen Theorien großmächtig emporgewachsen und diese Theorien auch vielen kleineren Staaten nützliche Hebel für ihre Sonderinteressen geworden sind. Der Reduktions-Proceß kann aber unserer Ansicht nach mit bestem Erfolge auch ohne jene formelle Einhelligkeit eingeleitet werden. Es kommt ja überhaupt nicht auf Herstellung neuer Formeln an, wenn es möglich ist, das Wesen der Sache auf anderm Wege zu erreichen. Die schönsten theoretischen Con-

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structionen haben keinen bundesstaatlichen Verein in Deutschland zum Leben gebracht. Andererseits hat ein ganzer Wald von bundesmäßigen Bestimmungen nichts zu bedeuten, wenn ihm gegenüber das natürliche Machtgewicht eines Staates sich in richtiger Weise geltend macht. Wie viel Artikel der Wiener Schlußakte sind hohle Aehren geblieben? Keine synthetische Methode kann uns in Deutschland frommen, wenn der analytische Proceß ihr nicht vorangegangen ist. Der letztere hat mit der Herstellung des natürlichen Machtgewichts der Staaten im Bunde zu beginnen. So verstehen wir die Zurückführung des Bundes auf das reinvölkerrechtliche Verhältniß. Den Anfang damit hat Preußen zu machen. Es muß vor Allem seinen deutschen Bundesgenossen gegenüber auf den Standpunkt eines gesunden Staatsegoismus zurückkehren. In den letzten Jahrzehnten hat es sich an der wirklichen Consolidirung der deutschen Verhältnisse besonders dadurch schwer vergangen, daß es bei jeder Gelegenheit vor und für Deutschland da war, für ein Deutschland, das mit der vorausgesetzten Gemeinsamkeit und Gleichartigkeit der Interessen gar nicht existirte, noch weniger hinter ihm stand. Seit der Gründung des Bundes war Preußen als bevorzugtes Glied zu unverhältnißmäßigen Lasten für das Ganze verurtheilt. Es hatte diese vorzugsweise Belastung zu seiner ungünstigen territorialen Lage mit in den Kauf genommen. Dies war aber nicht Alles. Statt sich innerhalb der Grenzen seines Machtgebietes durch energische Geltendmachung seiner Staatsinteressen zu consolidiren, was die zersplitterte territoriale Basis dringend erheischte, verfolgte Preußen viel zu sehr eine ideelle „nationale“ Politik, indem es für die Vertretung „deutscher“ Interessen und „deutscher“ Fragen bei jeder Gelegenheit in erster Linie auftrat. (Wir erinnern an die Jahre 1839, 1840, 1848, 1849, 1854 und 1859.) Die Folge davon war einmal die Ueberspannung seiner dauernden Leistungen für Festungen und Armee, in welchen es einen guten Theil für Andere trug; sodann der bald als selbstverständlich betrachtete Anspruch der Bundesgenossen, daß Preußen unter der Firma Deutschlands sich bald nach Ost bald nach West einsetzen sollte (gegen Rußland für Oesterreichs Donauinteressen, gegen Frankreich für dessen italienischen Besitz, in Schleswig-Holstein für deutsches Recht u.s.w.); endlich die positive Bestärkung der centrifugalen Richtung der anderen Bundesgenossen, wo es sich um positive Leistungen für den Bund handelte, und ihrer centripetalen Bestrebungen, wo es galt, sich in fingirte Machtstellungen zu schrauben. Das Gefühl des zunehmenden politischen Gewichts, namentlich bei den Mittelstaaten, in Folge der idealen Expansionspolitik Preußens stand im richtigen Verhältnisse zu dessen freiwilliger Machteinbuße. Wie groß diese am Bunde ist und wie tief der Einfluß Preußens unter den deutschen Regierungen überhaupt in den letzten Jahrzehnten gesunken ist, davon zeugen wohl am be-

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sten die Abstimmungen in Frankfurt und der Umstand, daß der Großmacht das Ziehen eines Telegraphendrahtes, die Legung eines Schienenweges über ein paar Meilen fremden Gebietes hartnäckig verweigert werden durfte. Ohne eine kräftige Consolidirung Preußens ist eine Consolidirung der Deutschen Verhältnisse undenkbar. Wie soll ferner Deutschland nach Außen zu einem gesteigerten Machtausdruck gelangen, wenn sein vorzüglichstes Staatenglied in Deutschland selbst zu einer Schattenmacht herabsinkt? Der erste Schritt also, den Preußen zu thun hat, ist, sich selbst wieder zu finden. Aus dem Katechismus seiner Politik, die „moralischen Eroberungen“, die „Sympathien Deutschlands“ überall da auszumerzen, wo diese auf politischem Boden sehr ephemeren und sehr leicht wiegenden Früchte nur mit reellen und vollwichtigen Opfern zu erlangen sind. Ein lakonisches Nein! in Frankfurt und den einzelnen Regierungen gegenüber in allen Angelegenheiten, die nicht mittelbar oder unmittelbar ein positives preußisches Interesse fördern, – das ist unserer Ansicht nach das erste Wort zur Lösung des deutschen Räthsels. 4. Das Programm, welches in der Preußischen Depesche über das Sächsische Reformproject enthalten ist, versagt zunächst dem deutschen Bunde jede Entwickelung in bundesstaatlicher Richtung. Es soll für den ganzen Bund keine gemeinsame Executive, keine Volksvertretung, keine allgemeine Gesetzgebung, kein Bundesgericht gegründet werden. Das Programm versagt ihm auch eine engere Beziehung als Staatenbund. Der vollkommen ausreichende Grund dafür ist die Ungleichartigkeit der zum deutschen Bunde vereinten Staaten, die Zusammenfassung von staatlichen Gegensätzen, welche schon den jetzigen Organismus des Bundes zu einem ohnmächtigen machen. Der engere Zusammenschluß und jene Einrichtungen sind einem kleineren Kreise innerhalb des völkerrechtlichen Bundesverhältnisses vorbehalten. Das Programm zieht aber dessen Grenzen nicht; wir glauben mit Absicht nicht. Es scheint uns selbstverständlich, daß der Kreis sich im Wege freier Vereinbarung nur nach und nach in einer Weise wird bilden können, welche den Grund beseitigt, der die Verengerung des ganzen Bundes unmöglich macht, – die Gegensätze materieller und politischer Interessen. Wir glauben, daß die Preußische Politik jetzt keinen theoretisch construirten Bundesstaat vorschlagen kann und wird, welcher staatliche Gegensätze in sich aufnehmen müßte. Ein solcher Bundesstaat, wenn er durch uns unbekannte Mittel ins Leben zu rufen wäre, würde die Fehler des bisherigen weiteren Bundes im verjüngten Maßstabe haben. Eine Verhandlung darüber würde nur dazu führen, Preußen mit einem neuen ohnmächtigen Versuche bloszustellen.

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In der Erkenntniß dieser Sachlage scheint uns heute nur noch der politische Kannegießer oder der verblendete Parteimann zurückzustehen. Nur diese Species verkennt im Ernst noch heute die Thatsache, daß die Gemeinsamkeit von Volksfesten und nationalen Erinnerungsfeiern keine Gemeinsamkeit staatlicher Interessen darstellen, und daß letztere weder ersungen noch ertoastet werden können. Wäre dies der Fall, dann wäre die Erhebung des Arndt’schen Vaterlandsliedes zu einem politischen Programm, wie es die großdeutsche Partei gethan, in der That nicht was sie ist – eine Thorheit oder eine Lüge. Der Begriff des deutschen Volkes umfaßt zwar Bruderstämme, deren Zusammengehörigkeit im Gegensatz zu andern Nationen durch das steigende Nationalgefühl dargelegt wird, und im Racenkriege sich hoffentlich besser bewähren würde, als vor einem halben Jahrhundert, wo Bayer und Schwabe in den östlichen Theilen Deutschlands ärger hausten als der Franzose. Aber dies Gefühl nationaler Zusammengehörigkeit schließt die größten materiellen und politischen Gegensätze nicht aus, welche sich nach entgegengesetzter Richtung staatlich geltend machen wollen.* Vielleicht würde Preußen mit Hilfe norddeutscher Stämme Süddeutschland erobern können, wenn es den Bruderkrieg eben so wenig scheute wie dieses im Verein mit Oesterreich im Jahre 1850, nach der Bregenzer Huldigung.2 Daß aber ein haltbarer staatlicher Organismus die Nord- und Südhälfte Deutschlands dauernd, wo möglich schon in nächster Zukunft umschließen und zur segensreichen Entwickelung der von verschiedenartigen Lebensbedingungen abhängigen Stämme führen könne, das muß der denkende Patriot, welcher das deutsche Vaterland und seine Stämme einigermaßen kennt und ihre Geschichte nicht vergessen hat, ernstlich bezweifeln. * Der „deutsche“ Patriotismus im südwestlichen Deutschland, namentlich in Bayern, bildet ein seltsames Compositum. Man feiert dort neben den glorreichen Erinnerungen an die Feldzüge mit der grande armée jetzt auch – die Leipziger Völkerschlacht! bei welcher der bayerische Theil der letztern allerdings nicht mehr gegen, wenn auch nicht für Deutschland kämpfte. Die Schlachtenbilder im Königl. Residenzschlosse in München stehen damit freilich eben so im Widerspruch, wie der Obelisk, auf welchem den 30 000 in den französischen Kriegen gegen Deutschland und dessen Verbündeten gebliebenen Bayern bezeugt wird, daß auch sie für das Vaterland (das französisch-bayerische) gefallen sind! 2 Im Bregenzer Vertrag vom 12. Oktober 1850 hatten sich Österreich, Bayern und Württemberg darauf verständigt, „die Rechte und das Ansehen des Bundes mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln zu wahren und auf jede Weise zur Geltung zu bringen, und stellen hiezu ihre bewaffnete Macht der Bundesversammlung zur Verfügung“. Das Bündnis richtete sich gegen den preußischen Versuch, im kurhessischen Verfassungsstreit die Intervention des Bundes zu blockieren. Die drei Bündnispartner drohten eine Bundesexekution in Kurhessen an und verpflichteten sich, dazu eine Armee von 220 000 Mann bereitzuhalten. Vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 915 f.; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 571 f.

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Die letztere zeigt uns auf ihren glänzendsten Blättern immer nur einen lokkeren Zusammenhang des Reichs. Eine wirkliche Einigkeit oder Einheit herrscht darin in der Regel nur so weit, so weit die kaiserliche Hausmacht mittelbar oder unmittelbar sich zu erstrecken vermag. Auch im jetzigen Deutschland würde eine zuverlässige Einigung nur so weit reichen, so weit die zusammenfassende Kraft der Schutzmächte je in den beiden Hälften ausreichen würde. Preußens Politik hat, wie gesagt, einem nationalen Idealismus wiederholt nur allzusehr gehuldigt. Sie bewegte sich dabei nothwendiger Weise in gleicher Richtung mit der Partei, welche das Aufgehen dieses Staates in ein Deutschland, das erst geschaffen werden soll, auf ihre Fahne geschrieben hatte oder unbewußt verfolgte. Sie bewegte sich in gleicher Richtung mit jenem Troß verirrter Inländer oder adoptirter Ausländer, welche die preußenfeindliche Devise – avilir puis démolir3 – zur Richtschnur genommen zu haben scheinen, indem sie den Staat, den sie an die Spitze Deutschlands stellen wollen, in der schmählichsten Weise verunglimpfen und herabwürdigen und zwar unter dem Vorwande, daß er der Musterstaat ihrer „Freiheit“ werden müsse. Den Abirrungen der preußischen Politik in Deutschland stand aber glücklicher Weise ein heilsamer Berichtiger zur Seite. Es war der ununterbrochene Einfluß, den dieser vielgeschmähte und angefeindete Staat durch zahlreiche Verträge über die wichtigsten materiellen Interessen und staatlichen Einrichtungen vorzüglich auf den Entwicklungsgang derjenigen Staaten ausübte, welche in seinem Machtbereich liegen. Der Annäherungsproceß, der so durch Wirkung und Rückwirkung ein intensiveres Band in diesen Kreis brachte, war die praktische Vorbereitung zu einer Gestaltung der Verhältnisse, die ohne vorlaufenden theoretischen Plan einen naturgemäßen engeren Staatenverband herbeiführen kann. Das preußische Programm scheint uns nunmehr nur die schärfere Verfolgung und Förderung eines doppelten Processes sein zu müssen. Einmal innerhalb des Bundesverhältnisses diejenigen Beziehungen zu lockern, welche verborgene Gegensätze in sich schließen, und dies durch eine unzweideutige verneinende Haltung am Bunde gegen alle Maßnahmen zu bekunden, welche solche Beziehungen betreffen. Andererseits eine gesteigerte Vertragsthätigkeit auf dem Gebiete materieller, militärischer und politischer Interessen da zu entwickeln, wo jene Gegensätze nicht vorhanden sind, wo vielmehr die terri3 Der Ausspruch „avilir puis démolir“ („erst demütigen, dann zerstören“) geht angeblich zurück auf den österreichischen Ministerpräsidenten Felix zu Schwarzenberg (1800–1852), der diese Devise im Jahr 1850 zur Richtschnur seiner Politik gegenüber Preußen gemacht haben soll. Die Authentizität der Aussage ist nicht belegt; vgl. Flathe/Prutz, Restauration und Revolution, S. 691; ADB, Bd. 33, S. 284.

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torialen und staatlichen Vorbedingungen auf eine analoge Entwickelung mit Preußen hinweisen. Ein Blick auf den Weg, den Preußen seit den letzten drei Jahren in den deutschen Angelegenheiten, wenn auch nur sehr schüchtern, wieder betreten hat, scheint zu einer solchen Auffassung zu berechtigen, denn der erwähnte Proceß ist bereits in vollem Gange. 5. Wir können zu der Wiederherstellung der Continuität in einer Politik, welche auf die besten preußischen Traditionen zurückgeht, uns und Deutschland nur Glück wünschen. – Bestätigt sich unsere Auffassung, so ist es dringend wünschenswerth, daß Preußens Verhalten am Bunde bei jeder einzelnen Frage mit voller Bestimmtheit heraustrete. Es muß bei jeder Gelegenheit sich offen zu der Tendenz bekennen, dem obersten Bundeszweck dadurch bessere Geltung zu verschaffen, daß die Thätigkeit der Bundesorgane vereinfacht und daß so wenig wie möglich Angelegenheiten ihnen überwiesen werden, deren langsame Behandlung dem gemeinsamen wie dem Einzeln-Interesse gleich schädlich ist. Preußen muß seine Mitwirkung sofort kategorisch versagen, wenn die bundesmäßigen Vorbedingungen zum Zustandekommen einer Angelegenheit von der Art sind, daß letzteres aussichtslos ist. Die Fälle, in denen sich dies übersehen läßt, sind nicht selten. Die Küstenvertheidigungssache ist einer derselben; die Gründung eines Bundesgerichts ein anderer. Wer glaubt im Ernste, daß die für solche organische Einrichtungen nothwendige Einhelligkeit in der Bundesversammlung erreichbar sei? Wozu also die ganze Inszenirung dort? Wozu der Wust unnützer Arbeit? Wozu dem Sonder-Interesse, welches die Pflicht eigener Leistung vernachlässigt, Gelegenheit geben, sich hinter den Vorwand des Bundesweges verbergen zu können? Nach dem preußischen Programm, welches die allgemeinen Verhältnisse für den ganzen Bund vereinfacht wissen will, werden folgerichtig für denselben neue organische Institute überhaupt abzulehnen sein. – Schon die bestehenden organischen Einrichtungen des Bundes sind nur ein treues Spiegelbild seiner eigenen unorganischen, für die praktische Aktion wenig geeigneten Verfassung. Das Verhalten der preußischen Politik ihnen gegenüber kann nur darin bestehen, ihre Mängel bloszulegen und das Bestreben zu bekunden, sie für praktische Zwecke zu reformiren. In Beziehung auf das wichtigste organische Institut, welches der Bund besitzt, die Bundes-Kriegsverfassung, hat Preußen dies seit zwei Jahren aufs Neue in redlichster und unumwundenster Weise zu thun begonnen. Nachdem es zur Gründung eben dieser Bundes-Kriegsverfassung und langen Verhandlungen, schließlich nur ja gesagt, um dem aus naher Vergangen-

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heit noch drohend herüber fallenden Schatten der Rheinbündelei auch auf diesem Wege entgegenzutreten, hat vorzugsweise Preußen ein halbes Jahrhundert hindurch den Stein des Sisyphus gewälzt, indem es dieses unvollkommene Institut zu verbessern suchte. Nur zweimal gelang es, in und nach drohenden Gefahren, einige glückliche Veränderungen durchzusetzen und von den andern Bundesgenossen geringfügige Mehrleistungen zu erzielen. Aber im Ganzen bieten diese Versuche bis auf den heutigen Tag nur das Schauspiel eines ernstlichen Ringens nach dem Bessern auf preußischer Seite und des bedachten Ausweichens aus partikularen Interessen auf der anderen. Was ist vernünftiger als die Forderung der gleichen Organisation und des Zusammenschlusses derjenigen deutschen Streitkräfte für den Kriegsfall, welche zur Vertheidigung derselben Landesgebiete auftreten müssen? Preußen verfolgt bei der letzten, vor zwei Jahren begonnenen Revision dies Ziel, und verlangt damit von den Staaten Norddeutschlands eine einfache Pflichterfüllung, welche ihre Selbstvertheidigung erheischt. Was ist die Folge? von allen Seiten ertönt der Ruf: man wolle sich nicht mediatisiren lassen! und man organisirt sich in entgegengesetzter Richtung. Hannover setzt seine Division möglichst auf österreichischen Fuß und vermehrt die bunte Gestaltung der Kontingente des 10. Bundescorps. Sachsen nimmt für seine Division österreichisches Kaliber an, um seine Vereinigung mit dem 7. und 8. Bundescorps im Sinne der Würzburger Beschlüsse vorzubereiten und sich zugleich von der zweiten Division des 9. Bundescorps, zu dem es gehört, möglichst abzuwenden. Ein kleiner Widerspruch mit den ausdrücklichen Bestimmungen der Bundes-Kriegsverfassung verschlägt dabei nicht. Selbst Preußen eng befreundete Staaten wollen das richtige Anschlußverhältniß nicht mit langer Hand vorbereiten, sondern erst im Augenblick der Gefahr sich entschließen. Bei solchem Verhalten entsteht einfach die Frage, ob Preußen nicht sowohl im eigenen Staatsinteresse als in gewissenhafter Erfüllung seiner Bundespflicht nach den endlosen Reformbemühungen am Bunde die Erklärung abzugeben hat: „Wenn ich bei plötzlichem Kriegsfall nicht in der Lage bin, jene Streitkräfte, wie der Bundeszweck es erfordert, mit meiner Armee in einer Weise zu vereinigen, die mich davor sichert, im Augenblicke der Gefahr durch verspätete Organisation Nachtheile zu erleiden, so wird in einem solchen Augenblicke nur die Rücksicht auf den eigenen Staat für meine Entschlüsse und Vorkehrungen maßgebend sein.“ Wir glauben, daß eine solche Erklärung mit Preußens unumwundenen Darlegungen über die Unausführbarkeit der wesentlichsten Artikel der BundesKriegsverfassung in vollem Einklang stehen würde. Dieselbe wird zweckmä-

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ßiger Weise aber auch gleich mit einem weiteren Schritte verbunden werden können, der in dem Vorgehen Oesterreichs im Jahre 1854 bereits einen Präcedenzfall gefunden hat. Das Wiener Kabinet erbot sich damals bekanntlich, denjenigen deutschen Bundesstaaten, welche sich ihm anschließen würden, eine besondere Garantie ihres Besitzstandes zu gewähren. (Geheime Depesche des Grafen Buol vom 14. Januar 1854.)4 In gleicher Weise kann Preußen den innerhalb seines strategischen Wirkungsbereiches liegenden Staaten, welche ihre militärischen Kräfte in der Art organisiren, daß sie sich mit Leichtigkeit der Preußischen Armee anschließen lassen, eine besondere Garantie des Besitzstandes zusichern. Daß eine entsprechende Organisation der kleineren Contingente ohne Verletzung der bestehenden Bundes-Kriegsverfassung herzustellen ist, darüber waltet kein Zweifel ob. Preußen hat mit dem Abschluß dahin zielender Militär-Conventionen neuerdings bereits den Anfang gemacht. Es kehrt somit auf den Standpunkt zurück, den patriotische und umsichtige Militärs schon während den Verhandlungen über die Gründung der Bundes-Kriegsverfassung als den allein richtigen bezeichnet und über den namentlich v. Boyen5 sich am klarsten ausgesprochen hatte. „Entweder eine Kriegsverfassung, welche die Contingente der zwischen den Preußischen Ost- und West-Provinzen liegenden Staaten mit der Preußischen Armee in organischen Zusammenhang bringt, oder wenn dies nicht erreichbar ist, gar keine gemeinsame Kriegsverfassung.“ So ungefähr lautete v. Boyen’s Urtheil. Ohne die Bundes-Kriegsverfassung hätte sich, das wird jetzt kaum Jemand ernstlich bestreiten, das naturgemäße Verhältniß der norddeutschen Contingente zur Preußischen Armee im Conventionswege weit besser gestaltet, als es gegenwärtig der Fall ist. 6. Neben der Bundes-Kriegsverfassung spiegelt das Bundes-Festungswesen die Unnatur der bestehenden, organischen Einrichtungen am deutlichsten ab. Wegen der erforderlichen Gulden- und Kreuzerbewilligung wird über jede Ein4 Es handelt sich offenbar um die geheime Zirkulardepesche des österreichischen Außenministers Carl Ferdinand Graf von Buol-Schauenstein (1797–1865) vom 14. Januar 1855. Österreich, das Ende 1854 die Mobilmachung der Bundesarmee beantragt hatte, um Rußland in der orientalischen Frage unter Druck zu setzen, setzte im Januar 1855 alles daran, die deutschen Staaten, die ebenso wie Preußen mehrheitlich für eine neutrale Haltung des Deutschen Bundes im Krimkrieg eintraten, auf seine Seite zu ziehen. In der geheimen Depesche vom 14. Januar 1855 versprach Buol den deutschen Regierungen, die den Kurs Österreichs unterstützen würden, „für alle Ereignisse ihren gegenwärtigen Besitz und ihre Territorialstellung zu verbürgen“; HHStA Wien, Bundespräsidialgesandtschaft Frankfurt, Nr. 23. 5 Hermann von Boyen (1771–1848), 1814–1819 und 1841–1847 preußischer Kriegsminister; NDB, Bd. 2, S. 495–498.

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zelheit in Einrichtungen oder Anschaffungen von dem Aeropag der vierunddreißig Staaten vorberathen. Das Interesse, welches die verschiedenen Regierungen an der einen oder der anderen Bundes-Festung nehmen, ist ein verschiedenes. Die Gemeinschaftlichkeit der Fürsorge und der Verwaltung kann daher dem sachlichen Zwecke nicht entsprechen. Aber auf ihn scheint es in der That nicht anzukommen, so oft das Recht der Gemeinschaftlichkeit des Berathens in Frage steht. Wir erinnern an einen, seiner Zeit in die Oeffentlichkeit gedrungenen Fall. Bekanntlich machte Preußen im Beginn des Jahres 1859, als die Ausrüstung der Bundesfestungen rathsam war, den Vorschlag, sie sollten je von der Territorialregierung, auf deren Gebiet die Bundesfestung lag, im Vereine mit der Besatzung gebenden Großmacht ausgeführt und das Liquidations-Verfahren am Bunde nachträglich vorgenommen werden. Dieser Vorschlag wurde trotz der Besorgnisse vor Frankreich, die man im Südwesten unaufhörlich bekannte, allgemein verworfen. Man zog die Berathschlagungen am Bunde vor und die Bundes-Festungen hatten, wie alle Welt weiß, ihre volle Ausrüstung noch nicht, als der Friede von Villafranca bereits geschlossen war. Auch in dieser organischen Einrichtung wäre daher die Zurückführung auf das naturgemäße Verhältniß eine dringende Nothwendigkeit. Warum sollte das Durcheinander der Leistungen für die Bundesfestungen nicht dadurch rationell zu ordnen sein, daß Süd und Nord sich in die Erhaltung derselben theilte? Vielleicht böte die unausbleibliche Forderung neuer Geldbewilligungen zum Aus- oder Umbau der Festungen Gelegenheit, eine solche Regulirung einzuleiten. Jedenfalls läge dieselbe in der folgerichtigen Ausführung eines Preußischen Programms, welches den realen Verhältnissen Rechnung trüge. In der Frage wegen Gründung der Küstenbefestigungen und Küstenflotte zur Vertheidigung Norddeutschlands ist Preußen genau in diesem Sinne verfahren, als es vorschlug, daß zunächst die Uferstaaten sich zu jenem Zweck vereinigen sollten.6 Aus der hergebrachten Furcht vor der Preußischen Hegemonie, insbesondere aber aus der natürlichen Abneigung vor eigenen Opfern, flüchtete Alles auf den Bundesweg. Preußen folgte auch hierin; und es schickt sich nun der Bund seit zwei Jahren zur Beantwortung der Frage an, ob er eine Küstenvertheidigung begründen wolle oder nicht. Wenn inzwischen auch der Thatendrang in den Hansestädten zur feurigen Beredsamkeit entflammte, so späht man doch vergebens nach den Kanonenbooten, die er bauen wollte. Und da der Bund trotz des Ernstes seiner Vorberathungen die neue organische Einrichtung nicht wird begründen können, weil Dänemarks nein! allein genügt, sie zu verhindern, so steht – vielleicht nach zwei weiteren Jahren – die Rückkehr zu Preußens Vorschlag wieder in Aussicht. 6 Siehe oben Dok. 44, Anm. 4.

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Wir könnten noch viele ähnliche Miß-Verhältnisse bei bestehenden oder in’s Leben zu rufenden organischen Einrichtungen oder allgemeinen Bundesgesetzen die Revue passiren lassen. Das Gesagte genügt aber vollkommen, um ein politisches Programm zu rechtfertigen, welches die schärfste Negation gegen die Entwickelung des Bundes nach dieser Richtung hin als Forderung aufstellt. Worin die fruchtbare Compensation für eine solche Verneinung liegt, hat Preußen durch seine Verträge auf handelspolitischem Gebiete, über Verkehrsverhältnisse, über Heimathswesen, über Paßwesen, über einzelne militärische und Verwaltungs-Einrichtungen bald in einem engeren, bald in einem weiteren Kreise seiner Bundesgenossen längst praktisch bewiesen. Die Fortsetzung dieses Weges bereitet von selbst eine engere Vereinigung der Staaten da vor, wo eine analoge Entwickelung der Verfassungs-Verhältnisse, der Einzeln-Gesetzgebungen, der handelspolitischen und materiellen Interessen vor sich geht. Grenzen und Grundlagen zu einem bundesstaatlichen Verbande können so gewonnen worden. Möchte die Reform des nunmehr bald zu kündigenden Zoll-Vereines die Rücksicht auf dies hochwichtige, politische Moment nicht außer Acht lassen. Sie muß bei einer energischen Handhabung [der] Preußischen Politik der Ausgangspunkt für eine durchgreifende Neugestaltung der deutschen Verhältnisse werden. Inzwischen scheint die umsichtige Förderung des angedeuteten Processes, welcher am Bunde seine richtige Negation, den einzelnen Regierungen gegenüber seine positive Kraft zu bewähren hat, uns in der That das einzig mögliche Preußische Programm zu sein. So bereitwillig auch der Preußische Minister des Auswärtigen von der besorglichen Erklärung des Sächsischen Ministers Akt genommen hat, daß eine offene Auseinandersetzung der Regierungen über die Bundesreform dringend noth tue, so zweifelt doch Niemand daran, daß es eben bei der Auseinandersetzung bleiben würde und daß ein Erfolg von dem Verhandeln über neue theoretische Constructionen nicht zu erwarten ist. Eine Lösung mit dem Schwerte steht der deutschen Frage hoffentlich nicht bevor. Wenigstens ist Preußen ihr schon einmal – im Jahre 1850 – ausgewichen, als Oesterreich mit seinen süddeutschen Bundesgenossen nicht davor zurückschreckte. Eben so fern liegt Preußen die Anwendung revolutionärer Mittel. Was bleibt also übrig, als ein festes Vorgehen auf einem Wege, auf welchem Preußen zuerst sein eigenes Machtgewicht wieder herstellen und sodann auch zwingende Momente finden kann, seinen Einfluß den Bundesgenossen gegenüber wieder kräftiger geltend zu machen? Druck von L. Burkhardt in Berlin.

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110. Broschüre „Eine praktische Lösung der Deutschen Frage“ HStA Wiesbaden, 130 II, Nr. 1564, Nr. 4. Nürnberg. Verlag von Wilhelm Schmidt. 1862. Vgl. Rosenberg, Nationalpolitische Publizistik, Bd. 1, Nr. 560, S. 418 f.

Die deutsche Frage bildet einen Gordischen Knoten, die Geschichte hat die Deutschen zu einem zerrissenen Volk gemacht. Inzwischen ist das deutsche Volk zu einem nationalen Bewußtsein erwacht, aber es stehen sich die Partei des Nationalvereins und die Großdeutschen gegenüber. Die Großdeutschen sollen ebenfalls einen Verein bilden, um ihre Kräfte zu bündeln. Preußen hat keinen Anspruch auf die Oberherrschaft in Deutschland. Österreich muß, wenn es seinen Einfluß in Deutschland erhalten will, seine Verfassung umgestalten und seinen deutschen Provinzen eine solche Autonomie geben, die es ihnen möglich macht, alle Rechte und Pflichten deutscher Bundesglieder wahrzunehmen. Die deutsche Verfassung erfordert eine Zentralgewalt, ein Staatenhaus und ein Volkshaus. Die einzige rechtlich mögliche und praktisch ausführbare Lösung für die Zentralgewalt liegt in der Trias aus Österreich, Preußen und einem von den übrigen deutschen Staaten gewählten Fürsten. Das Staatenhaus soll gebildet werden aus den Regenten sämtlicher deutscher Länder, und es wacht darüber, daß die Reichsverfassung nicht verletzt wird. Das Volkshaus soll aus Abgeordneten der Länderparlamente bestehen, wobei die Zahl der Abgeordneten sich proportional nach der Einwohnerzahl berechnen soll. Staatenhaus und Volkshaus bilden zusammen den Reichstag, der alle drei Jahre zusammentritt, um Gesetze zu verabschieden und das Reichsbudget zu beschließen. Der Reichstag kann Mißtrauensvoten gegen Reichsminister abgeben und Anklage vor dem Reichsgericht gegen Minister oder ganze Ministerien erheben. Das unabhängige Reichsgericht ist zuständig für endgültige Urteile bei Ministeranklagen, Streitigkeiten unter den Einzelstaaten und bei Konflikten zwischen Regierungen und ihren Kammern. Der Impuls zur Veränderung und zur Verständigung kann nur von den Mittel- und Kleinstaaten ausgehen, die sich zu einem engeren Bund zusammenschließen sollen. Die Initiative dazu soll Bayern ergreifen.

Nürnberg, 1862 Eine praktische Lösung der Deutschen Frage. Adresse an die h. Regierungen und die Völker der Mittel- und Kleinstaaten. Dr. Schaumann1 zeigt, daß das deutsche Interesse so lange leer ausgehen wird, bis die Mittel- und Kleinstaaten Deutschlands eine besondere Vereinsmacht bilden. Varnhagen von Ense2 Tagebücher Bd. II. S. 343.3 1 Adolf Friedrich Heinrich Schaumann (1809–1882), Historiker und Bibliothekar, 1846–1851 Professor der Geschichte in Jena, 1851–1867 Archivar, Oberbibliothekar und Historiograph des königlichen Hauses in Hannover; 1844 veröffentlichte Schaumann eine „Geschichte des zweiten Pariser Friedens für Deutschland. Aus Aktenstücken“; ADB, Bd. 30, S. 638–641. 2 Karl August Varnhagen von Ense (1785–1858), liberaler Diplomat und Schriftsteller; DBE, Bd. 10, S. 183; ADB, Bd. 39, S. 769–780; Greiling, Varnhagen von Ense. 3 Das Zitat stammt aus dem 1861 veröffentlichten zweiten Band der Tagebücher. Im Eintrag vom 2. August 1844 bezieht sich Varnhagen auf die „Geschichte des zweiten Pariser Friedens für

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Einleitung. Die Deutsche Frage bildet einen Gordischen Knoten, wie die Geschichte noch nie einen geflochten und wenn er nicht mit dem Schwert durchhaut werden soll, welches wenige aufrichtige Patrioten wünschen dürften, so bringt es die Natur der Sache mit sich, daß so manche Hand sich vergeblich abmühen wird, denselben zu lösen. Die Geschichte, das heißt die unglückselige Politik unserer thatkräftigen Kaiser, die einem Phantom in Italien nachjagten und sich dafür zu Hause vor einem Heer usurpatorischer Dynasten beugten, haben uns zu einem zerrissenen Volk gemacht, welches sich nicht mehr zu dem stolzen Bewußtsein seiner Kraft und Macht erheben konnte. Von den Kaisern, selbst von den besten derselben, verlassen und den kleinen und kleinsten Herren preißgegeben, ging seine politische Demoralisation so weit, daß seine verschiedenen Volksstämme sich nicht blos gleichgültig, sondern leider oft genug feindselig gegenüber standen. Nur ein Segen ging aus dieser politischen Calamität hervor, der unberechenbare Gewinn einer durch das ganze Vaterland verbreiteten geistigen Bildung des Volkes, eines gleichmäßigen Wohlstandes und eine in den allseitigen Kämpfen gestählte sittliche Kraft der Einzelnen. Das deutsche Reich aber als solches war bereits vernichtet, als es sich von dem Räuber und Mordbrenner Ludwig4 Straßburg nehmen ließ. Es bedurfte großer Demüthigungen uns zur Erkenntniß unserer politischen Schmach zu erwecken und daran hat es Napoleon5 nicht fehlen lassen: er wirkte wie die Kraft, die stets das Böse will und doch das Gute schafft.6 Ein Strahlenkranz von Vaterlandsliebe, Tapferkeit und größter Aufopferung vereinte schnell die deutschen Völker, aber leider nur auf kurze Zeit. Deutschlands äußerer Feind war vertrieben, die einheimischen Feinde waren geblieben. Man glaube nicht, daß wir damit nur den Ehrgeiz und die Herrschsucht der deutschen Regierungen anklagen wollen! Sie haben viel verschuldet und viel zu verantworten, aber unser größDeutschland“ von Adolf Schaumann und schreibt dazu: „Für einen deutschen Professor ein außerordentliches Werk! Durch Zerlegung der Thatsachen legt er die Hand auf einen Hauptschaden der deutschen Zustände, nämlich dass diese nur durch Oesterreich und Preußen politisch vertreten sind; er zeigt, daß das deutsche Interesse leer ausging und leer ausgehen wird, so lange nicht die Mittel- und Kleinstaaten Deutschlands eine besondere Vereinsmacht bilden; er zeigt, auch der Zollverein leiste politisch nichts, außer für Preußen. Sein Mittel, den deutschen Bund wahrhaft zu beseelen mit deutschem Interesse, ist gleichsam eine Erhebung des deutschen Kerns, den er mit preußischer und österreichischer Schale wohl verbunden lassen will, aber doch dieser scharf entgegengesetzt.“ Varnhagen von Ense, Tagebücher, Bd. 2, S. 343 f. 4 Ludwig XIV. (1638–1715), seit 1643 König von Frankreich. 5 Napoleon Bonaparte (1769–1821), 1799 Erster Konsul der Französischen Republik, 1804–1814 Kaiser der Franzosen. 6 Zitat aus Goethes „Faust“, in dem sich Mephistopheles vorstellt als: „Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“. Goethe, Werke. Hamburger Ausgabe, Bd. 3, S. 47.

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ter Feind war unsere eigene Gleichgültigkeit gegen das gesammte Vaterland, unser bedauerlicher Provinzial-Egoismus, der Mangel eines jeden Nationalgefühls. Eine Krankheit, die sich Jahrhunderte hindurch in einer Familie fortgeerbt hat, läßt sich schwer ausrotten: wenn auch gesunde Männer wie Carl von Stein, Moritz Arndt, Max von Schenkendorf7 in derselben geboren werden, so ist damit die Familie noch nicht geheilt. Als zu Anfang der zwanziger Jahre auf Anregung von drei gereifteren Männern der sogenannte Jünglingsbund8 gestiftet wurde, welcher sich die Aufgabe stellte, für eine Einheit Deutschlands zu wirken, da fand ein solches Streben noch keine Sympathien beim deutschen Volk, wohl aber Aergerniß und Spott genug. Das deutsche Volk ist endlich nach vielen Widerwärtigkeiten und Kämpfen zu einem deutschen National-Bewußtsein erwacht, aber leider ist dieses Erwachen bei gar Vielen noch kein vollkommenes: Träumerei, Schlaftrunkenheit und Erschlaffung lastet noch auf gar Vielen; zur klaren Erkenntniß und zum thatkräftigen Wollen sind noch Wenige gekommen. Ja eine Partei weiß allerdings, was sie will, sie weiß, was sie hier und dort für ihren Willen ausgeben darf und verfolgt rührig und opferbereit ihr Ziel: wir brauchen nicht beizufügen, daß wir die Partei des deutschen National-Vereins meinen. Wir mögen seine Begriffe von deutscher Einheit und die Wege, die zu derselben führen sollen, billigen oder tadeln, das müssen wir ihm jedenfalls zugestehen, daß er eine lobenswerthe Thätigkeit aufbietet und wir müssen es ihm danken, daß er den nationalen Gedanken lebendig erhält und durch stete Anregung allmählig die Indolenz gar vieler ächter deutscher Spießbürger überwindet, die zwar auch beim Bierglas von Selfgovernement sprechen, aber es in der That mit dem bequemen Lehrsatz halten: Ruhe ist des Bürgers Pflicht. Dem NationalVerein soll eine sehr große Partei gegenüber stehen, welche als die der Großdeutschen bezeichnet wird. Ja, diesen Namen haben wir zuweilen gehört, zuweilen gelesen, aber die Partei wüßten wir nicht zu suchen, nicht zu finden. Gegen den National-Verein haben sich wohl einzelne Redner in den süddeutschen Ständekammern erhoben, und ein paar Zeitungen werden allerdings des Kampfes gegen den National-Verein nicht müde; aber daß diese großdeutschen Volksvertreter und diese eben so großdeutschen Journalisten von der bequemen Negation zur Action sich gewendet, ja daß sie nur Miene gemacht hätten, die Zahl ihrer Gesinnungsgenossen kennen zu lernen, davon haben wir nie etwas erfahren. Während die „Kleindeutschen“ durch ihre Thätigkeit und 7 Maximilian von Schenkendorf (1783–1817), patriotischer Dichter; ADB, Bd. 31, S. 74–82; NDB, Bd. 22, S. 680 f. 8 Der „Jünglingsbund“ wurde 1821 als geheime politische Vereinigung von radikalen Burschenschaftlern gegründet. Die Mitglieder wurden im August 1823 von der preußischen Polizei verhaftet und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Vgl. Fraenkel, Politische Gedanken.

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durch ihren Enthusiasmus eine Position um die andere gewinnen, harren die Großdeutschen auf des Sanct Zeitgeists gebratene Tauben; während der National-Verein in Baden bei der Regierung und bei der Volksvertretung die Majorität gewonnen, in Coburg die Militär-Convention mit Preußen durchgesetzt9, in andern Staaten ähnliche Verträge eingeleitet hat, haben die Großdeutschen in der bayrischen Kammer vor ein paar Jahren eine eingereichte deutsche Adresse mißmuthig zu den Akten gelegt10 und in der letzten Versammlung hat gar ein sonst sehr ehrenwerther Abgeordneter gegen eine aus der Kammer selbst hervorgegangene deutsche Anregung geäußert, es sei jetzt nicht an der Zeit, Oestreich mit der deutschen Angelegenheit zu drängen, wo dasselbe seine Kämpfe mit Ungarn und den slavischen Nationalitäten auszufechten habe – als wenn das Heil Deutschlands dem Prosperiren der Habsburg-Lothringer Dynastie nachstehen müßte, als wenn nicht gerade Oestreich, ein constitutionelles Oestreich nämlich, an einem einigen Deutschland den kräftigsten Halt gegen alle unbilligen Forderungen der Magyaren und Slaven gewinnen würde; als wenn nicht gerade jetzt die Zeit drängte, den östreichischen Machthabern ein caveant consules11 zuzurufen, damit sie nicht auf dem Wege der Centralisation fortgehen, der, wenn er je zu einem östreichischen Ziel führen sollte, was aber noch sehr in Frage steht, eine organische Vereinigung des gesammten Deutschlands unmöglich macht. Aber wir wollen es uns deutlich aussprechen, was wir vorläufig wollen: Wir wollen, daß die Großdeutschen den Kleindeutschen an Regsamkeit nicht nachstehen, damit sie nicht zu spät erfahren, daß wie immer, so auch in dieser Frage dem Muthigen und Thätigen der Sieg zu Theil wird; wir wollen, daß die Großdeutschen ebenfalls in Vereine zusammentreten, sei es auch nur, um ihre Kräfte kennen zu lernen. Ueber kurz oder lang wird Großdeutschland jedenfalls seine Kraft mit Kleindeutschland messen müssen; aber mit dem Schwerte in der Hand, Deutsche gegen Deutsche, wird der angedeutete Kampf denn doch nicht ausgefochten werden sollen, wenn auch dort und hier mancher Heißsporn leichtsinnige Worte hinwirft, deren Bedeutung und Folge er nicht bedenkt. Es sind auch nicht immer die Muthigsten, welche der fernen Gefahr so herausfordernd entgegentreten: mehr als einmal hat ein Demosthenes im wirklichen Kampfe seinen Schild weggeworfen12, und wir werden uns kaum 9 Am 1. Juni 1861 schloß der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha eine Militärkonvention mit Preußen ab. Dadurch wurden die Truppen des Kleinstaats in die preußische Armee eingegliedert. Vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 401; Biefang, Politisches Bürgertum, S. 186. 10 Siehe Dok. 9. 11 „Caveant consules ne quid detrimenti respublica capiat!“ – „Gebt Acht Konsuln, daß nicht die Republik Schaden nehme“; bekanntes römisches Sprichwort. 12 Der athenische Staatsmann und Feldherr Demosthenes (384–322 v. Chr.) soll im Kampf gegen

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täuschen, wenn wir vorhersagen, daß wir jene Helden des National-Vereins, die schon jetzt an die rohe Gewalt appelliren, seiner Zeit in der Reihe der Kämpfenden nicht finden werden. Wir unsererseits verabscheuen einen solchen Kampf, wenn es mehr als ein Vertheidigungskampf sein soll. Aber wir wollen uns offen und ehrlich und mit ganzer Macht einander gegenüber stellen, nicht um einander die Zähne zu zeigen, sondern um das Abwägen der Kräfte, die Frage zu entscheiden, ob der kleindeutsche Gedanke die Berechtigung hat, sich für den Gedanken des deutschen Volks auszugeben. Aber das sagen wir unseren Gegnern aus innigster Ueberzeugung vorher: mag die Gesammtzahl der Großdeutschen so groß oder so klein sein als sie will, ihr Widerwille gegen die preußische Oberherrschaft wird unter allen Umständen unerschütterlich sein. Wir zählen nicht zu denjenigen, welche sich von jeder Strömung der Volksmeinung mit fortreißen lassen, wir kennen und fühlen nichts von einem Preußenhaß, welchen wir geradezu verdammen; ja wir haben im Jahre 1859 der mißleiteten und außergewöhnlich aufgeregten öffentlichen Meinung gegenüber die politische Haltung Preußens warm vertheidigt: wir haben erklärt, daß eine Betheiligung bei dem versuchten Niederwerfen der Italier für ganz Deutschland eine Schmach, für Preußen ein Selbstmord und die Vertheidigung Deutschlands am Po eine armselige, heuchlerische Phrase, ein Sieg Oestreichs in Italien aber für Deutschland eine wahre Calamität wäre, da er eine maaßlose politische und klerikale Reaction über uns bringen und allen constitutionellen Fortschritt wieder in Frage stellen würde; ja wir erklären noch jetzt, daß Herr von Schleinitz Deutschland vor großem Unglück bewahrt, Oestreich zur Selbsterkenntniß gebracht und ihm damit den größten Dienst geleistet hat. Bei alle dem sagen wir es frei und offen, daß weder das preußische Volk einen Anspruch auf den Primat und noch weniger sein König einen Anspruch auf die Oberherrschaft in Deutschland hat. Ein Volk, welches 1848 seine freisinnigen und ehrenhaften Vertreter so unehrenhaft verleugnete; welches 10 Jahre lang sich manteufeln13 ließ, während das kleine Volk der Ratten14, dem ganzen deutschen Bunde trotzend, fest an seinem Rechte hielt; ein solches Volk mag sich über die andern deutschen Volksstämme überheben, soviel ihm beliebt, es mag als den Ausdruck seines höchsten Enthusiasmus sein Preußenlied singen und seine weiß und schwarzen Farben anrufen, aber das schwarzrothgoldene die Makedonen in der Schlacht von Chaironeia aus Feigheit seinen Schild weggeworfen haben. 13 Anspielung auf den konservativen preußischen Ministerpräsidenten Otto von Manteuffel, der von 1850 bis 1858 amtierte. 14 Gemeint sind wohl die Räter, d. h. die Bewohner von Rätien, eine Region in der Schweiz, die seit dem 19. Jahrhundert mit dem Kanton Graubünden identifiziert wurde. Es ist nicht klar, worauf sich die Broschüre konkret bezieht.

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Banner vorzutragen, dazu hat es keinen Beruf. Und was bietet erst die preußische Regierung den bereits im constitutionellen Leben mündig gewordenen Volksstämmen? Ein Königthum von Gottesgnaden, welches das göttliche Recht dem politischen Fortschritt seines Volks wie einen Medusenschild entgegen hält; ein Herrenhaus vom schönsten mittelalterlichen Typus und den entsprechenden Rechtsbegriffen; eine Armee mit vorherrschend adeligen Offizieren namentlich in den höheren Charchen [sic]; eine Heeres-Organisation, von welcher sich die Scharnhorst, Blücher und Gneisenau15 gewiß nicht träumen ließen, welche das Volk zu Bettlern macht und dann auf moralische Eroberungen ausgeht; eine reactionäre Bureaukratie, welche so freundlich ist, dem einfältigen Unterthanen-Verstand die Wahlzettel zu schreiben; eine Rechtspflege, welche nicht blind ist, sondern sich die Leute wohl ansieht, mit welchen sie es zu thun hat, denn „suum cuique“ ist der preußische Wahlspruch, zu deutsch: dem Offizier 5 Monat Festungs-Arrest, dem Bürger 20 Jahre Zuchthaus! und über alle dem ein Ministerium mit dem Wahlspruch: Es ginge wohl, es geht aber nicht! dessen größte deutsche Thaten darin bestanden, jedem Bestreben nach sozialer, legislativer und politischer Einheit des deutschen Volkes einen ohnmächtigen Widerspruch entgegen zu setzen; eine Regierung, welche die Vertretung des deutschen Volks beim Bund für unmöglich erklärt und kein Hehl daraus macht, daß sie bei der diplomatischen, militärischen und commerziellen Vertretung Deutschlands keinen andern Directiven zu folgen gesonnen ist, als ihrem Belieben. Das sind die Ideale, welche die preußische Regierung dem deutschen Volk und seinen Fürsten bietet. Und das deutsche Volk wird sich gewiß sehr beeilen, nach solchen Gütern zu greifen und ihnen keine östreichischen Länder im engern und die dazu gehörenden Magyaren und Slaven im weitern Bund zu opfern. Eine Vorfrage. Der Nationalverein und die Großdeutschen wollen ein einiges, mächtiges und freies Deutschland; aber während die Großdeutschen in ihrem Programm vor allem fordern: „das ganze Deutschland soll es sein!“ glaubte der Nationalverein – abgesehen von spezifisch preußischen Instincten – es sei nicht thunlich, ein engverbundenes constitutionelles Deutschland mit Einschluß von Oestreich zu schaffen, und gestehen wir es redlicher Weise ein, zur Zeit, als der Nationalverein gegründet wurde, war wenig Aussicht vorhanden, das absolutistische Oestreich, welches seit Jahrhunderten nur dynastische Interessen im 15 Die preußischen Generäle und Heeresreformer Gerhard von Scharnhorst (1755–1813), Gebhard Leberecht Fürst von Blücher (1742–1819) und August Wilhelm Anton Graf Neidhardt von Gneisenau (1760–1831).

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Auge hatte, in ein engverbundenes parlamentarisches Deutschland einzufügen. Das ist anders geworden: wir vergessen die Vergangenheit, insoweit die Geschichte nicht die Mutter der Vorsicht ist und rufen Oestreich mit den Worten unseres populärsten Dichters zu: „Du kommst spät, aber du kommst.“16 Unter solchen waltenden Umständen hat man an den Nationalverein die wohl motivirte Anforderung gestellt, er möge dann doch die Mittel angeben, durch welche er Oestreich gegen seinen Willen aus Deutschland hinausdrängen und die übrigen deutschen Volksstämme, ebenfalls gegen ihren Willen, unter die preußische Oberherrschaft beugen wolle. Die Antwort darauf ist der Nationalverein schuldig geblieben und er mußte sie um so mehr schuldig bleiben, da der König von Preußen so ziemlich alles aufbietet, um die im übrigen Deutschland bestehende Abneigung gegen die preußische Oberherrschaft noch zu steigern. Aber wenn wir gerecht sein wollen, so müssen wir zugestehen, daß der Nationalverein ganz mit demselben Recht an die großdeutsche Partei die Fragen stellen kann: In welcher Form wollt Ihr ein einiges Deutschland schaffen und in welcher Weise, mit welchen Mitteln wollt Ihr euer Ziel erreichen? Wie wollt Ihr es anfangen, den östreichischen Einheitsstaat als ein ebenbürtiges Mitglied des engeren deutschen Bunds zu gewinnen? Diese Fragen sind weder müßige noch leicht zu lösende und wäre namentlich die letzte von der großdeutschen Partei ernstlich in Erwägung gezogen worden, so würde man sich wohl gehütet haben, die Erklärung abzugeben, daß man jetzt Oestreich in seinen Kämpfen gegen Magyaren und Slaven nicht stören dürfte; und ehe wir daran gehen, eine Verfassungsform von Großdeutschland anzudeuten und die Mittel zu bezeichnen, welche uns wenigstens dem ersehnten Ziele näher bringen, wenn wir solches nicht sobald erreichen sollten, wollen wir das Verhältniß Oestreichs zu dem übrigen Deutschland und die Bedingungen des innigen Anschlusses von Oestreich an Deutschland besprechen. Wir können uns nicht denken, wie Oestreich als Einheitsstaat dem deutschen Bunde einverleibt und den Dictaten der deutschen Centralgewalt und des deutschen Parlaments unterworfen werden könne. Der Gedanke, daß ganz Oestreich das deutsche Parlament beschicke, würde bei den fremden Nationalitäten Oestreichs denselben unbesieglichen Widerstand finden, wie bei den deutschen Volksstämmen: es wäre auch ein gar zu komisches Ding um ein deutsches Parlament, in welchem neben den Deutschen auch Magyaren, Kroaten, Tschechen, Polen, Serben, Rumänen, Italier ec. Sitz und Stimme hätten: der bekannte Thurmbau konnte nicht vollendet werden, weil die Bauleute sich nicht mehr verstanden und hier sollten Völker zusammentreten, die sich nie 16 Friedrich Schiller, Wallenstein. Die Piccolomini: „Spät kommt Ihr – Doch Ihr kommt!“; Schiller, Sämtliche Werke, Bd. 2, S. 315.

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verstanden haben und nie verstehen werden, um einen Bau zu schaffen und zu unterhalten, bei dem nur das innigste Verständniß ein zuverläßiges Fundament bilden kann. Oder wollt Ihr etwa die Magyaren, Slaven, Italier ec. zu den Verpflichtungen des deutschen Bundes beiziehen, ohne ihnen im Volksrath Sitz und Stimme zu gewähren? Das könnt Ihr nicht und wenn Ihr es könntet, so dürftet Ihr es nicht: Der Geist der neuen Zeit, der Geist, dem wir huldigen, kennt und duldet kein Helotenthum. Eine deutsche Centralgewalt aber ohne ein deutsches Parlament würde weder von den deutschen Volksstämmen noch von den deutschen Fürsten hingenommen werden: für die ersteren wäre sie eine sehr verböserte [sic] Auflage des Bundestags, für die letzteren die Mediatisirung. Aber mit oder ohne Parlament würde Oestreich als Einheits-Staat seine ererbte Ländergier gewiß nicht aufgeben – weiß man ja recht gut, was die beliebte Redensart besagen will, Oestreich habe die deutsche Cultur gegen Osten zu tragen; dasselbe Oestreich, welches so lange die deutsche Cultur wie Kriegskontrebande behandelt und seinen Studenten den Besuch deutscher Universitäten verboten hat, und das als Culturträger uns in allerhand Stänkereien mit dem Ausland verwickeln könnte, aus denen für Deutschland gewiß nie ein Vortheil hervorgehen würde. Nein! das gesammte Oestreich als Einheitsstaat kann eben so wenig ein Mitglied des engeren deutschen Bundes sein, als Dänemark, ja Dänemark und Holland würden als Glieder des großen germanischen Stammes weit eher zu uns passen, als das vorherrschend slavisch-magyarische Oestreich. Wenn daher Oestreich bei uns bleiben und seinen Einfluß in Deutschland erhalten will, so muß es seine Verfassung so gestalten, daß die deutschen Provinzen zusammen und dann das von je zum Reich gehörende Böhmen eine solche Autonomie bekommen, die es diesen beiden Ländern möglich macht, alle Rechte und Pflichten deutscher Bundesglieder mit uns zu theilen, ohne daß daraus ein Unrecht oder eine Vergewaltigung für die andern Völker des Donaureichs hervorgeht. Freilich müßten dann die guten Wiener den Glauben aufgeben, daß sie das auserwählte Volk seien, berufen über Magyaren und Slaven zu herrschen, wie auch die Preußen von dem Wahn lassen müssen, daß sie von Gottesgnaden die Oberherren des deutschen Volkes seien. Man glaube nicht, daß wir eine solche Zersplitterung Oesterreichs wünschen, welche endlich die gänzliche Auflösung des Donau-Reichs zur Folge haben müßte, denn ein solcher Gedanke verträgt sich nicht mit einem aufrichtigen und einsichtsvollen deutschen Patriotismus und jenen spezifischen Oestreichern, die jeden wenigstens als einen beschränkten Kopf hinstellen möchten, welcher über ihren naturwidrigen Organisations-Plan den Kopf schüttelt, erklären wir mit Zuversicht, daß die Consolidirung Oestreichs zu einem von Deutschland politisch geschiedenen Reich nicht nur auf unübersteigliche Hindernisse stoßen, sondern auch, wenn wirklich ausgeführt, für Oester-

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reich und für Deutschland nur ein Unglück sein würde, und wir können es zur Stunde nicht begreifen, wie Männer, an deren politischen Redlichkeit wir nicht zweifeln dürfen und die im Jahre 1848 für ein einiges und mächtiges Deutschland schwärmten, nun ein einiges Donau-Reich aufbauen wollen, welches nur durch die lockersten Fäden des socialen Verkehrs mit Deutschland zusammenhängen soll, so daß Oestreich der Hülfe von Deutschland, Deutschland der Hülfe von Oestreich beraubt wäre. Schließt sich aber Deutsch-Oestreich mit Böhmen als ein aufrichtiges Mitglied mit gleichen Rechten und gleichen Pflichten an den constitutionellen deutschen Bund an, dann muß der deutsche Bundesstaat, welcher von17 Oestreich den Beistand aller seiner Volksstämme fordert, auch ihm für alle seine Länder denselben Beistand leisten und ein wirklich revolutionäres Gebahren der Magyaren und Slaven würde dann vom gesammten Deutschland eben so wenig geduldet werden, als ein Angriff äußerer Feinde auf die außerdeutschen Länder des Donau-Reichs. Der Beistand Deutschlands würde sich aber nur auf die Vertheidigung Oestreichs beschränken, jedes offensive Vergehen Oestreichs gegen andere Staaten aber streng untersagen, wie er solches von keinem seiner Mitglieder dulden kann. Wenn Oestreich jedem Kronland eine eigene Verfassung und für dessen Landes-Angelegenheiten ein eigenes Ministerium unter einem Statthalter gewährt, so kann es immer noch das Reich durch eine Centralgewalt zusammen halten. Mit einem Wort, die Verfassung der nordamerikanischen Freistaaten kann ihm mit gewissen Modifikationen als Muster dienen, und daß bei ihm ähnliche Secessions-Versuche wie in Nordamerika nicht auftauchen, dagegen kann die Gesammtverfassung Vorkehrungen treffen und wird der deutsche Bundesstaat volle Sicherheit gewähren. Eine solche Einrichtung zu machen, dazu ist die Februarverfassung nicht angethan, eher noch ließe das OktoberDiplom sich dazu ausbilden.18 Oestreich müßte sich jedenfalls dazu verstehen, die Finanzen in Reichs- und Länder-Finanzen zu scheiden, wie solches bereits einmal im Nürnberger Correspondenten vorgeschlagen worden ist, ohngefähr der Art, daß alle indirekten Steuern in die Reichskasse, die direkten Steuern aber in die Landeskassen fließen. Die indirekten Steuern in Gesammtöstreich betragen 169 Millionen, die direkten Steuern 103 Millionen. Wenn nun die einzelnen Kronländer nicht blos für ihre Civilverwaltung, sondern auch für ihre Armeen zu sorgen haben, so würden die indirekten Steuern nicht nur ausreichen, die Civilliste auszustatten, das Reichsministerium zu fondiren, die 17 Emendiert. Vorlage: vom. 18 Mit dem Oktoberdiplom vom 20. Oktober 1860 und dem Februarpatent vom 26. Februar 1861 leitete die österreichische Regierung Verfassungsreformen an, mit denen das absolutistische Regime beendet und Anschluß an die konstitutionelle Regierungsweise, wie sie in fast allen deutschen Staaten vorherrschte, gewonnen werden sollte. Vgl. Rumpler, Eine Chance für Mitteleuropa, S. 373–379; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 378–382.

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Zinsen der Staatsschuld zu decken und die Marine zu vermehren und zu verbessern, sondern es würden auch noch hübsche Beträge zur Vertheilung unter die Kronländer übrig bleiben. Bei einer solchen Einrichtung fielen alle Verlegenheiten wegen des Ausschreibens und des Eintreibens der direkten Steuern in den einzelnen Kronländern für die Centralregierung weg, da sie mit diesen Steuern nichts mehr zu thun hat. Wir können uns wohl denken, wie der Vorschlag, jedem Kronland ein eigenes Ministerium und gar eine eigene Armee zu gewähren, von den östreichischen Centralisten aufgenommen wird. Aber was sind denn diese Ministerien und die Landesstände viel anderes, als in Bayern die Provinzial-Regierungen mit ihren Landräthen? Sie funktioniren freilich auf Grund einer dem Lande eigenen Verfassung: aber das ist es ja eben, was wir als oberstes Prinzip aufstellen, daß man die Völker nicht in Verfassungen uniformiren kann, sondern daß die Verfassung eines jeden Volkes den socialen Verhältnissen, der allgemeinen und der politischen Bildung des Volkes angepaßt sein muß. Deutsch-Oestreicher, Magyaren, Italier, Tschechen, Kroaten, Polen, Serben und Rumänen lassen sich nicht nach einer Chablone regieren. Und was die Armeen der einzelnen Kronländer betrifft, die jedenfalls unter dem Befehl der Centralgewalt stehen müssen, so mag es wohl eine gerechtfertigte Vorsicht des Metternich’schen Systems gewesen sein, die böhmischen Regimenter nach Italien, die italischen nach Deutschland und die deutschen nach Böhmen ec. zu verlegen, aber wie weit ist denn der Despotismus im Jahr 1848 mit dieser Vorsicht gekommen? Oder glauben die spezifischen Oestreicher, daß solche Stürme nicht wiederkehren können? Ein aufrichtiges constitutionelles Regiment kann eines so trügerischen Schutzes entbehren. Gebt den Ungarn so viel Autonomie als sich nur immer mit dem monarchischen Prinzip und einer Central-Gewalt verträgt und Ihr habt nichts von einer ungarischen Armee zu fürchten, ja Ihr dürft den aufopferungsmuthigen Beistand von derselben erwarten, wie sie ihn so enthusiastisch ihrer großen Kaiserin geleistet hat. Freilich zum Niederwerfen der Verfassungen anderer Völker werdet Ihr sie nicht benützen können. Es thut aber für Oestreich dringend Noth, daß es sich mit seinen einzelnen Ländern und mit Deutschland arrangire. Der bis jetzt, wenn auch in guter Absicht eingeschlagene, Weg stößt schon jetzt im Frieden bei jedem Schritt auf die größten Verlegenheiten, was soll erst werden, wenn es über kurz oder lang zu einem unausbleiblichen Kriege kommt? Wir wollen die Gefahren der Lage nicht schildern, wir wollen Allbekanntes und oft Gesagtes nicht wiederholen, aber das Ergebniß dieser Lage, die mit zwei Worten: „Feinde ringsum“ gezeichnet ist, wäre der unabwendbare Verfall Oestreichs und die größte Calamität Deutschlands. Was von Oestreich gesagt wurde, gilt bis zu einem gewissen Grade auch von Preußen. Auch dieses Königreich sollte seiner politischen Provinz eine

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eigene Verfassung und Verwaltung geben, um sich mit seinen deutschen Stämmen so inniger mit dem übrigen Deutschland vereinen zu können. Ob aber Preußen in der Provinz Posen eine polische [sic] Armee stehen lassen dürfe, das ist eine Frage, deren Beantwortung wir der preußischen Regierung überlassen wollen. Eine deutsche Verfassung. Die deutsche Verfassung fordert eine Centralgewalt, welche die Exekutive hat und einen Faktor der Gesetzgebung bildet; ein Staatenhaus, welches die Rechte der einzelnen deutschen Volksstämme und ihrer Regierungen vertritt und wahrt, und ein Volkshaus, welches die Einheit, die Rechte und das Wohl des gesammten deutschen Volkes sichert und mit dem Staatenhaus den andern Faktor der Gesetzgebung bildet. Ueber diese Forderungen sind gewiß alle einig, die es mit Deutschland redlich meinen*; aber schon bei der Constituirung der Centralgewalt gingen die Meinungen und Wünsche weit auseinander. Ob es jetzt, nachdem die Erklärungen von Preußen und von Oestreich über die Reformen des deutschen Bundes vorliegen, noch einen anständigen deutschen Mann gibt, welcher für eine preußische Oberherrschaft zu sprechen wagt, kann uns gleichgültig sein; wir erkannten gleich im Beginn der deutschen Bewegung und sprachen es aus, daß nur ein Triumvirat dem historischen und natürlichen Recht, den gegebenen Machtverhältnissen und der politischen Statik entspricht. Wenn auch eine solche Ansicht zuerst durch demokratische Utopien und bald darauf von preußischen und österreichischen Intriken [sic] überschrieen oder gar in’s Lächerliche gezogen werden wollte, so drängte sie sich doch immer wieder dem unbefangenen und unbestochenen Forscher als die einzige rechtlich mögliche und praktisch ausführbare auf. Es bestehen in Deutschland 3 Gruppen von Volksstämmen von ziemlich gleicher Macht; nämlich 1) die Gruppe von Bayern, Franken, Hessen, Schwaben, Thüringern und Sachsen, welche unter mehreren Königen und Fürsten vereint circa 17 Millionen zählen, gewöhnlich unter der Bezeichnung der Mittel- und Kleinstaaten zusammengefaßt werden und bei welchen die politische Bildung, der Sinn für bürgerliche Freiheit und parlamentarisches Regiment am meisten vorgeschritten, am tiefsten gewurzelt ist. Diese Gruppe muß für jeden, der kein Höfling ist, als die bedeutungsvollste an physischer und moralischer Macht erscheinen. Die zweite Gruppe besteht aus Franken, Westphalen, Thüringern, Sachsen, Preußen und Schlesiern, zählt etwas über 15 Millionen und * Die preußische Regierung stimmt diesen Forderungen bekanntlich nicht bei; Graf Bernstorff hat die Vertretung des Volkes am Bundestag für ganz unzulässig erklärt, aber es hat auch noch Niemand behauptet, daß Preußen, so lange es diesen Namen trägt, es je und zu irgend einer Zeit mit Deutschland redlich gemeint habe.

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ist mit einer polnischen Provinz unter der Krone Preußens vereint. Die dritte Gruppe besteht aus Bayern und Tschechen, (welche seit sechshundert Jahren zu Deutschland gehören) zählt circa 12–13 Millionen und ist mit mehreren andern Nationalitäten unter der Krone Oestreich vereint. Damit sind denn die drei Hauptelemente des deutschen Bundes und somit auch des Triumvirats gegeben. Zwei Glieder des Triumvirats heißen natürlich Oestreich und Preußen, das dritte Glied, der Vertreter der Mittel- und Kleinstaaten würde am naturgemäßesten und einfachsten Bayern sein, aber das würde die Eifersucht der übrigen Mittelstaaten und wahrscheinlich auch die der Kleinstaaten, die sich übrigens länger als 40 Jahre von Oestreich und Preußen in’s Schleppthau nehmen ließen, in gewaltige Aufregung bringen; es mögen sohin die Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten aus ihrer Mitte einen Fürsten auf 5 oder 10 Jahre oder auf Lebenszeit als ihren Obmann und Vertreter in der Trias wählen. Daß damit nicht die Verwirrungen eines Wahlreichs hereinbrechen, dagegen ist durch die beiden ständigen Glieder der Trias, durch das eigene Interesse der Fürsten der Mittel- und Kleinstaaten und durch die Parlamente gesorgt. Der Vorsitz im Triumvirat mag zwischen Oestreich und Preußen in beliebigen Perioden wechseln. Ob und wie die Triumvirn die Geschäfte der innern Verwaltung, der Vertretung nach Außen und der Vertheidigung des Reichs unter sich vertheilen wollen, mag ihnen anheim gestellt werden. Die Triumvirn führen das Regiment in gewöhnlichen Zuständen durch drei nur ihnen verantwortliche Statthalter, welche, wenn sie nicht schon persönlich dem Fürstenstand angehören, für die Dauer ihrer Statthalterschaft fürstliche Ehren genießen. Bei wichtigen Angelegenheiten kommen die Triumvirn selbst zusammen, sei es auf Anrufen der Majorität der Statthalter, sei es auf Anrufen eines der drei hohen Triumvirn. Die Centralgewalt, (Triumvirn oder Statthalter) vollzieht ihre Beschlüsse durch verantwortliche Minister, von welchen alle Erlasse der Triumvirn und der Statthalter contresignirt sein müssen, um Geltung zu haben. Die laufenden Geschäfte, d. h. die durch Reichsgesetze übertragene Executive übt unabhängig die Centralgewalt. Zu Kriegs-Erklärungen und Friedensschlüssen bedarf sie der Zustimmung des Senats, welcher ein ständiger Ausschuß des Staatenhauses ist und von dem weiter unten die Rede sein wird. Zu Reichsgesetzen und zu jeder Veränderung des Status quo ist die Uebereinstimmung der Centralgewalt, des Staaten- und des Volkshauses erforderlich. Die Centralgewalt vertritt das gesammte Deutschland durch Gesandte bei auswärtigen Mächten. Oestreich und Preußen mag es unbenommen bleiben, ihre Reiche noch besonders vertreten zu lassen; die Fürsten der Mittel- und Kleinstaaten aber würden ihren guten Willen dadurch zeigen, daß sie den theuren Luxus unnützer Gesandtschaften aufgeben. Die Armeen stehen im Frieden unter den Befehlen ihrer Regierungen, doch hat die Centralgewalt durch ein Ministerium der Reichsarmee für Einheit in

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der Bewaffnung und in den Reglements ec. zu sorgen. Bei ausbrechendem Krieg stehen alle Armeen unbedingt unter den Befehlen der Central-Gewalt, welche auch die Obergenerale ernennt, während die Commandanten der Armee-Corps von ihren entsprechenden Regierungen berufen werden. Aehnliches wie von der Armee gilt auch von den Festungen, doch brauchen diese keine fremden Garnisonen und Commandanten gegen den Willen des Landesherrn aufzunehmen, so lange dieser die nöthigen Vertheidigungskräfte besitzt und aufbietet. Die zu schaffende Marine aber steht zu jeder Zeit und in jeder Beziehung unter der Centralgewalt. Das Staatenhaus besteht aus den Regenten sämmtlicher deutscher Länder, aber jeder Fürst ist berechtigt, einen vertrauten Rath mit in die Versammlungen zu nehmen und sich von demselben die gewünschten Aufklärungen geben zu lassen. Das Staatenhaus entscheidet durch Stimmenmehrheit, aber jedes hohe Mitglied desselben hat so viel Stimmen, als sein Land hunderttausende von Einwohnern zählt. Das Staatenhaus wählt aus seiner Mitte einen ständigen Ausschuß, welcher sich wieder aus seiner Mitte einen Vorstand wählt. Dieser Ausschuß bildet den der Central-Gewalt zur Seite stehenden Senat und hat darüber zu wachen, daß die Reichs-Verfassung nicht verletzt wird und bei Kriegs-Erklärungen und Friedensschlüssen seine Stimme abzugeben. Deshalb sollten die Mitglieder dieses Ausschusses stets am Sitz der Centralgewalt, so viel als thunlich in der Mitte von Deutschland, residiren oder wenigstens des Rufs ihres Vorstandes stets gewärtig sein. Das Volkshaus zählt so viel Mitglieder, als Deutschland hunderttausende von Einwohnern zählt, jedes deutsche Land schickt sohin für je hunderttausend Einwohner einen Abgeordneten. Diese Abgeordneten werden am besten aus den Landständen der Länder gewählt, zu solchen Wahlen müßten aber selbstverständlich die beiden Ständekammern zusammen treten. Der Reichstag besteht aus dem Staaten- und dem Volkshaus. Es wird ausreichen, wenn er alle 3 Jahre zu einer bestimmten Zeit zusammentritt. Außerdem kann er von der Centralgewalt und eben so vom Senat zu außerordentlichen Sitzungen zusammengerufen werden. Ohne seine Zustimmung können weder neue Reichsgesetze gegeben, noch weniger an der Reichsverfassung und überhaupt an dem Status quo etwas geändert, noch Handels- und sonstige Verträge mit andern Staaten geschlossen werden. Die Initiative steht der Centralgewalt und jedem der beiden Häuser des Reichstags zu. Der Reichstag hat ferner das Reichsbudget zu votiren. Auch ist seine Zustimmung zur allgemeinen Organisation und zur Feststellung der Stärke des Heeres, sohin auch zur Bestimmung der einzelnen Contingente nöthig. Er kann, im Verein beider Häuser Zutrauens- und Mißtrauens-Vota für die Reichsminister abgeben. Ueberdies hat jedes Haus für sich das Recht, einzelne Reichs-Minister oder das gesammte Reichs-

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Ministerium in Anklagezustand zu versetzen. Die von beiden Häusern angeklagten Minister müssen jedenfalls abtreten, abgesehen davon, wie das Urtheil des Reichsgerichts ausfallen mag. Die Reichsfinanzen lassen sich am leichtesten ordnen, wenn man die Mauthgefälle der Reichskasse zuweist, jedoch unter der Bedingung, daß in dreijährigen Finanz-Perioden der Reichstag zu bestimmen hat, wie viel davon die Centralgewalt zur Bestreitung der Reichsausgaben verwenden darf, und wie der Reichs-Finanz-Minister den etwaigen Rest unter die einzelnen Staaten des deutschen Bundes zu vertheilen hat. Man lasse dabei nicht außer Acht, daß nur unter solchen Bedingungen eine Achtung gebietende Flotte geschaffen werden kann. Das Reichsgericht, welches das endgültige Urtheil bei Anklagen der Reichs-Minister, bei allen Differenzen der einzelnen Staaten unter sich, sowie bei Differenzen zwischen den Landes-Regierungen und ihren Kammern ec. abzugeben hat, dürfte aus 9 Mitgliedern bestehen, von welchen drei durch die Centralgewalt, drei vom Staaten- oder Fürstenhaus und drei vom Volkshaus gewählt werden. Die Mitglieder dieses Gerichts wären ganz unabhängig zu stellen, ihre Verhandlungen und Abstimmungen sollten öffentlich sein und das Gericht sollte weder in der Residenz der Central-Gewalt, noch weniger an einem Fürstenhof seinen Sitz haben. Die Gründe für diesen Vorschlag verstehen sich von selbst. Was noch einzelne Reichs-Aemter betrifft, als da sind: die General-Inspektion der Armee, der Marine, der Posten, der Eisenbahnen, insoweit letztere dem Reich zu militärischen Zwecken dienen, der Mauth ec., so greifen diese so wenig in die Verfassung des deutschen Bundesstaats ein, daß man ihre Verleihung an hohe Personen der Centralgewalt überlassen kann, welche dadurch das Mittel erhält, bei einflußreichen und ausgezeichneten Persönlichkeiten das Interesse für die Reichs-Verfassung noch mehr zu beleben. Der Weg zum Ziel. Das wäre der Umriß einer Reichs-Verfassung, an der so manches modifizirt werden könnte, die aber ihrem Wesen nach durch das Gleichgewicht der Gewalten, durch die Betheiligung aller Regierungen und die Sicherung der Rechte des Volks allen billigen Anforderungen der Einzelstaaten entspricht und dem Reich eine Kraft verleiht, wie sie in einem Föderativ-Staat erreichbar und nöthig ist, welcher nicht an Eroberungen denkt, Recht und Freiheit seiner Nachbarstaaten achtet, aber bereit ist, jeden ungerechten Angriff mit Energie zurückzuweisen. Bei alle dem wird die Zahl derjenigen, welche einer solchen Reichsverfassung beistimmen, nicht sehr groß sein. Von Preußen haben wir den entschiedensten Widerspruch zu erwarten und zwar von der Mehrheit des

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Volks wie von seinem König. Die Stimmung des Preußen-Volks offenbart sich durch die Thatsache, daß die sonst gefeierten Herren Berg, Bücher [sic] und Rodbertus, die sich für die Trias ausgesprochen, bei der jüngsten Abgeordneten-Wahl gar nicht berücksichtigt wurden.19 Herr von Sybel20 hat es deutlich ausgesprochen: daß das preußische Volk berufen ist, über die andern deutschen Volksstämme zu herrschen, und diesen seinen Beruf nöthigenfalls mit Waffengewalt zur Geltung bringen wird. Ob Herr von Sybel diese Weisheit des Gedankens und Großartigkeit des Entschlusses seinen historischen Studien verdankt, das wissen wir nicht, wohl aber hat die jüngste Zeit gelehrt, daß es in Preußen viele Kraftgenies gibt, die das Alles dem Herrn von Sybel aus dem Stegreif nachmachen, ohne dazu historische Studien nöthig zu haben, ja die Männer der Berliner Allgemeinen, der Vossischen und der National-Zeitung haben Herrn von Sybel bereits überboten: sie führen nicht blos gewaltige Worte ins Gefecht, sondern commandiren bereits 28 Millionen Deutsche, nur sagen sie uns nicht, ob es, um mit Herrn von Vinke zu reden, die Sehnsucht nach dem Glück und der Ehre der Preußischen Administration, oder die Furcht vor den 48pfündner Worten ist, welche alle benachbarten Volksstämme ins preußische Lager treibt. Uns will aber bedünken, daß das, was man das preußische Volk zu nennen beliebt, ein Complex von verschiedenen Volksstämmen sei, welche nicht alle gleichmäßig nach der Ehre geizen, ein königlich Preußisches Volk zu heißen. Wenn diese gewaltigen Herren, die übrigens lange nicht so schlimm sind als ihre Worte, sich im eigenen Lande ein Bischen umsehen wollten, so würden sie bald entdecken, daß, abgesehen von Posen und der Rhein-Provinz, in Preußen nicht alle Männer die schwarzweiße Gedanken-Livree tragen und daß es dort noch viele selbständige und hochherzige Charaktere gibt, welche ähnlich wie die Spener’sche Zeitung die Drohungen einer ohnmächtigen Wuth eben so mißbilligen, wie bei uns alle Besonnenen 19 Philipp von Berg (1816–1866), Lothar Bucher (1817–1892) und Johann Karl Rodbertus (1805– 1875) hatten während der Revolution von 1848/49 der demokratischen Fraktion der preußischen Nationalversammlung angehört. Im Januar 1861 erregten sie großes Aufsehen durch die Veröffentlichung eines politischen Manifests, in dem sie einen großdeutschen Standpunkt einnahmen. Sie protestierten dagegen, „dass Deutsche auf den Besitzstand Deutschlands das sogenannte Nationalitätsprinzip anwenden wollen“. Es sei falsch „die vierhundertjährige Verbindung [Deutschlands] mit seinen südöstlichen Nachbarn“ zu lösen, für eine „gesicherte Machtstellung“ benötige Deutschland sowohl einen Zugang zur Adria als auch eine „Garantie gegen feindliche politische und wirthschaftliche Systeme an der Donau“. Weiter hieß es, der Bundestag in Frankfurt sei tot, und es müsse nun das deutsche Volk die Gestaltung Deutschlands in die Hand nehmen; Karl Rodbertus/Philipp von Berg/Lothar Bucher, Erklärung. Berlin 1861. Wiederabdruck in: Rodbertus, Gesammelte Werke und Briefe, Abt. I, Bd. 2, S. 835–838. Vgl. Jansen (Bearb.), Nach der Revolution, Nr. 381 u. 386, S. 722, Anm. 2–4, S. 731, Anm. 11. 20 Heinrich von Sybel (1817–1895), Historiker, seit 1861 Professor in Bonn, 1862–1864 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses; ADB, Bd. 54, S. 645–667; DBE, Bd. 9, S. 643.

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alles Schmähen gegen Preußen gründlich verurtheilen. Dieser After-Patriotismus, der jetzt in Preußen in ziemlicher Ausbreitung herrscht, ist eben eine geistige Epidemie, wie die Geschichte der Menschheit so manche aufzuweisen hat und wird vorübergehen, wie so viele vorübergegangen sind. Wenn die preußischen Preußen der Vorstellung unzugänglich sein sollten, daß der constitutionelle Sinn, der denn doch mit dem Sinn für politische Freiheit identisch ist*, in den Mittel- und Kleinstaaten ein älteres Datum hat und tiefer wurzelt als in Preußen, und daß ein in langen parlamentarischen Kämpfen erstarktes Volk seine Selbstbestimmung nicht so leicht aufgiebt, als ein Volk, welches sich zeitweise mit riesenhafter Kraft erhebt, bald darauf aber der treulosesten Bedrückung nicht einmal einen passiven Widerstand entgegen zu setzen vermag, wie die Jahre 1813 und 1848 mit ihren Folgen zeigen; wenn dafür die Preußen kein Verständnis haben und die mehr als bedauerliche Ansicht festhalten sollten, daß das Volk als solches in politischen Fragen nicht in Erwägung kommt, sondern seine politische Bedeutung erst in dem Maaße gewinnt, in welchem eine große Zahl desselben einem Herrn unterthan ist; wenn sie glauben, daß Hohn und Drohungen ausreichen, um über ein anderes human und politisch gebildetes Brudervolk nach Belieben zu verfügen, so werden sie sich jedenfalls faktisch überzeugen, daß ihr König kein Victor Emanuel ist und unsere Fürsten weder fremde Fürsten sind, noch in die Kategorie der Bourbonen oder der Lothringer in Modena und Parma gestellt werden können; sie werden erfahren, daß ein König von Gottesgnaden von constitutionell regierten Volksstämmen bei etwaigen Annexions-Versuchen ganz anders empfangen wird, als ein constitutioneller Fürst bei den unter Fremdherrschaft oder geist- und herzlosem Despotismus seufzenden verwandten Volksstämmen, und daß kein preußischer Garibaldi in der kleinsten deutschen Residenzstadt einen ähnlichen Husaren-Streich ausführen könnte, welchen der italische Garibaldi in der großen Metropole des südlichen Italiens wagen durfte. Ueberdies möge man wohl beachten, daß selbst in Italien die unter den günstigsten Umständen versuchte Centralisation noch lange keinen festen Boden hat, und daß dieser Centralisations-Versuch kein Blatt in Cavour’s sonst wohl verdientem Lorbeer bildet. Die gewünschte Verständigung mit Preußen zu erreichen, dazu ist jetzt keine Aussicht gegeben, die irre geleitete öffentliche Meinung braußt dort wie ein Hochwasser, dessen Verlauf man ruhig abwarten muß. Wir beklagen solches tief, aber wir sind nicht trostlos; denn sollte unserem Vaterlande eine Gefahr nahen, welche nur mit vereinten Kräften abgewehrt werden kann, so werden alle deutschen Volksstämme dem Fremden wie ein Mann gegenüber stehen, wenn sie auch unter sich noch soviel hadern mögen. Inzwi* Wir verstehen nämlich unter constitutionellem Sinn das Festhalten an volksthümlichen Gesetzen.

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schen wollen wir rüstig an dem Damm bauen, welcher uns gegen die angedrohte Ueberschwemmung schützen soll. Auch in Oestreich steht die Trias in nicht viel besserem Geruch, wenn man auch dort in der neusten Zeit ein wenig mit ihr kokettirt: abgesehen von den wirklichen Schwierigkeiten, welche der beliebte östreichische Einheitsstaat ihr entgegen stellt, haben die ächten Schwarzgelben eben so wenig Sympathie für sie wie die Schwarzweißen, doch will es uns in neuester Zeit bedünken, daß das schwarzgelbe Banner leichter zu seinen bisherigen Farben das Roth aufnehmen kann, als das schwarzweiße Banner von seinem Lilien-Weiß lassen und dafür zu seinem Schwarz das Roth und Gold hinnehmen und begreifen wird, daß nur diese drei Farben über das gesammte Deutschland wehen können und daß jede ihren Träger haben muß. Die Augsburger allgemeine Zeitung, dieser Fühler und Brennpunkt östreichischer Gedanken, hat seiner Zeit die Trias mit souveräner Verachtung behandelt und sie mag es dafür hinnehmen, wenn man ihr nachsagt, sie habe von einem Wiedererstehen des deutschen Reichs unter östreichischem resp. Lothringer Scepter geträumt. Ausgesprochen hat sie freilich diesen komischen Gedanken nicht, denn dazu war sie zu vorsichtig und gegen Spott zu empfindlich; aber zwischen ihren Zeilen war er jeden Tag zu lesen. Oder was konnte sie sonst gewollt haben? Die preußische Hegemonie war ihr ein Greuel, die Trias eine Absurdität, der Dualismus eine Calamität, was bleibt sohin übrig als der gute alte deutsche Kaiser, wie die östreichische Dynastie zu ihrem Nutz und Frommen, wenn auch nicht gerade zum Heil von Deutschland ihn geschaffen, oder die eine und untheilbare deutsche Republik? Für den östreichischen deutschen Kaiser hätte sich schon wieder ein Metternich gefunden – war ja schon der hoffnungsgrüne Bach21 da – der das constitutionelle Treiben in Deutschland wieder in Ordnung gebracht hätte. Diese schönen Träume hat der Kanonendonner von Solferino und Magenta verscheucht: Oestreich hat die Lombardei verloren, aber wir haben Oestreich gewonnen, und wir wollen es festhalten, festhalten in Liebe und Treue. Es soll erfahren, daß das deutsche Vaterland ihm freiwillig und gerne bietet, was es im Ausland vergebens gesucht: Macht und Ehre; es soll zu der Ueberzeugung kommen, daß seine Verluste in Italien ihm den größten Gewinn brachten. Oestreich kann der Natur der Dinge nach noch nicht auf dem Standpunkt stehen, auf welchem wir es so gerne sehen möchten, aber hört! das absolutistisch-finstere, reactionäre, ultramontane Oestreich hat dem deutschen Volk bereits mehr geboten, als der Repräsentant des Staates der Intelligenz zu bieten für möglich erklärte. Aber sind 21 Alexander Freiherr von Bach (1813–1893), im Vormärz liberaler österreichischer Politiker, Mitglied der Nationalversammlung 1848, wandte sich nach der Revolution dem konservativen Lager zu und wurde Justizminister im reaktionären Kabinett Schwarzenberg, ab 1852 Ministerpräsident, nach der Niederlage im Italienischen Krieg 1859 entlassen; DBE, Bd. 1, S. 234 f.

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Oestreichs Anerbietungen ganz aufrichtig gemeint? Zur Zeit gewiß nicht! Aber sie sind Ergebnisse der Nothwendigkeit und es ist an uns, dafür zu sorgen, daß diese Nothwendigkeit kein Ende nimmt, und daß fernerhin Oestreich das gerne thut, was es jetzt, dem Drang der Verhältnisse nachgebend, gezwungen und mit Unwillen gethan hat. Oder glaubt Ihr, daß irgend ein Fürst in der Welt so con amore das Regiment mit seinem Volke getheilt hat? Bei der gegenwärtigen Lage der Dinge in Oestreich dürfen wir nicht erwarten, daß es zur Durchführung der oben angedeuteten deutschen Verfassung die Hand bietet, ist ja selbst ein großer Theil des östreichischen Volks kurzsichtig und engherzig genug, dem Schattenbild eines selbstständigen und unabhängigen Oestreich nachzujagen. Sie meinen: haben wir nur erst ein selbständiges und kräftiges Oestreich, so wird sich das andere schon von selbst finden, vergessen jedoch, daß nur der Mann, der das Wenn und das Aber erdacht, aus Häckerling22 Gold sich gemacht. Wir haben aber dabei nicht jene verfassungsfeindliche Feudal-Aristokratie im Auge, welche nicht einsehen will, daß ihre Stellung durch die Constitution am meisten gewinnt, sondern wir sprechen vom Volk, vom wirklichen Volk. Männer wie Berger23 und Schuselka24 sind dort noch zu zählen, während die Kurandas25 auf allen Straßen herum laufen, und es darf uns solches nicht wundern, nachdem der ehemals für Deutschland begeisterte Giskra26 jetzt auf Schwarz und Gelb schwört! Also auch auf Oestreich dürfen wir jetzt nicht zählen, wenn es sich um den Ausbau einer guten deutschen Verfassung handelt. Bei so auseinander gehenden, ja schroff sich gegenüber stehenden Meinungen und Bestrebungen kann der Impuls zu einer Verständigung und Vereinbarung nur von den Mittel- und Kleinstaaten ausgehen und wir behaupten mit Varnhagen von Ense, Dr. Schaumann hat vollkommen Recht, wenn er sagt: „Das deutsche Interesse wird solange leer ausgehen, bis die Mittel- und Kleinstaaten eine besondere Vereinsmacht bilden.“ 22 kleingeschnittenes Stroh, Häcksel. 23 Johann Nepomuk Berger (1816–1870), Schriftsteller, Journalist und Politiker, 1848 Paulskirchenabgeordneter, 1861–1870 Mitglied des Niederösterreichischen Landtags, 1863–1870 deutschliberaler Abgeordneter im österreichischen Reichsrat; Best/Weege, Biographisches Handbuch, S. 95. 24 Franz Schuselka (1811–1886), Advokat, Schriftsteller und Politiker, 1848 Paulskirchenabgeordneter, 1861–1865 deutschliberaler Abgeordneter im Niederösterreichischen Landtag; Best/ Weege, Biographisches Handbuch, S. 312 f. 25 Ignaz Kuranda (1811–1884), liberaler Schriftsteller und Journalist, Gründer der Wochenzeitschrift „Die Grenzboten“, 1848 Mitglied der Nationalversammlung, seit 1861 Mitglied des Niederösterreichischen Landtages und Abgeordneter des österreichischen Reichsrates; ADB, Bd. 51, S. 445–450; NDB, Bd. 13, S. 320 f. 26 Karl Giskra (1820–1879), Professor der Staatswissenschaften in Wien, 1848 Paulskirchenabgeordneter, seit 1861 Führer der Deutschliberalen im österreichischen Reichstag; ÖBL, Bd. 1, S. 446 f.; Best/Weege, Biographisches Handbuch, S. 155.

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Es ist dringend geboten, daß die Mittel- und Kleinstaaten ihre volle Thätigkeit der deutschen Frage zuwenden: die Liebe zum deutschen Vaterland und der Instinkt der Selbsterhaltung fordern sie gleich gebieterisch dazu auf. Das hat denn auch die königlich sächsische Regierung wohl gefühlt, indem sie Herrn v. Beust ermächtigt, einen Entwurf zur Bundesreform auszuarbeiten und den andern deutschen Regierungen vorzulegen.27 Wir wollen uns in keine Beurtheilung dieses Entwurfs einlassen, sei er gut oder unzulässig, gleichviel, die sächsische Regierung hat sich jedenfalls das Verdienst erworben, durch denselben eine Discussion über unsere wichtigsten Angelegenheiten in den höheren Regionen angeregt zu haben. Der Kampf hat sich von der Literatur in das Gebiet der Diplomatie verbreitet. Wie die preußische Regierung diesen Entwurf aufgenommen, ist bekannt, ebenso, wie unvorsichtig und schroff der Graf von Bernstorff denselben beantwortet28 und damit zugleich einen Schritt gethan hat, der gelind gesagt, sehr übereilt war, denn diese Note mußte allen Anhängern des National-Vereins, die es mit Deutschland ehrlich meinten, die Augen öffnen, stand ja deutlich darin zu lesen: Wir wollen kein einiges constitutionelles Deutschland, wir wollen ein großes, Deutschland beherrschendes Preußen; die obscuren Mittel- und Kleinstaaten mögen in solange fort vegetiren, als sie Blut und Gut zur Verherrlichung Preußens opfern.* Diese naive Erklärung mußte denn doch die behagliche Ruhe in etwas stören, welcher sich die Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten den deutschen Großmächten gegenüber seit 40 Jahren hingegeben hatten. Jetzt erkannten sie, was ihnen von Preußen droht, nachdem sie so lange gewöhnt waren, in den deutschen Großstaaten die Nothhelfer gegen unbequeme Landstände zu verehren und mehr als eine Regierung es mit ihrem politischen Gewissen verträglich gehalten hatte, am Bundestag mit Oestreich und Preußen gegen Gesetze zu stimmen, die sie im eigenen Lande sanctioniert hatten. Ein Bischen mehr Liebe und Vertrauen zu ihren Völkern würde so manches verhütet haben. Jetzt galt es, den preußischen Uebergriffen entgegen zu treten und so kam denn unter den Auspizien von Oestreich die bekannte Verwahrung zu Stande, welche von Oestreich, den vier Königreichen und mehreren Herzogthümern in Berlin übergeben wurde. So viel wir auch gegen diese Art von Verwahrung zu bemerken haben, so begrüßen wir sie doch freudigst, da sie uns als das erste politische * Die preußischen Zeitungen gehen aber noch etwas weiter und betrachten es als etwas von selbst verständliches, daß das Königreich Preußen sich von den benachbarten deutschen Staaten so viel annectirt, als es zu seiner Arrondirung bedarf, und es wird nicht wenig sein, wenn die um Norddeutschland in Ost und West ausgespannten Arme ausgefüllt werden sollen.

27 Dok. 86. 28 Dok. 100.

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Lebenszeichen der Mittel- und Kleinstaaten erscheint, welches man vor noch nicht langer Zeit nicht erwarten durfte; wir begrüßen sie als ein Zeichen, daß die Mittel- und Kleinstaaten daran denken, sich endlich von der politischen Bevormundung der Großmächte zu emancipiren, wir begrüßen sie als den Anfang einer neuen Aera in Deutschland. Bei alle dem können wir Form und Inhalt dieser Verwahrung nicht beistimmen. Wir finden es natürlich, klug und lobenswerth, daß die Mittel- und Kleinstaaten sich vor allem mit Oestreich über eine solche Verwahrung verständigten; daß aber die Mittel- und Kleinstaaten ganz dieselbe Note überreichten wie Oestreich und daß der Sache das Ansehen gegeben wurde, als hätten die Mittel- und Kleinstaaten unter den Fittigen des doppelten Adlers sich zu einer solchen Verwahrung ermuthigt gefühlt, das ist es, was uns nicht gefallen will. Wir sagen dieses gewiß nicht aus Abneigung gegen Oestreich, wir freuen uns vielmehr aufrichtig, wenn Oestreich mit den Mittel- und Kleinstaaten den gleichen Weg geht, aber im Interesse der Sache hätten wir gewünscht, daß die Mittel- und Kleinstaaten zum Bewußtsein ihrer Würde und ihrer Macht gekommen und unter sich vereint ganz unabhängig aufgetreten wären. Wir hätten dieses schon deswegen gewünscht, damit nicht unseren Gegnern in Norddeutschland Veranlassung zu dem, wenn auch unbegründeten Vorwurf gegeben werde, man wolle den preußischen, nun östreichische Hegemonie-Bestrebungen entgegensetzen. Also die Verwahrung wäre besser von den Mittel- und Kleinstaaten ausgegangen und dann von Oestreich gebilligt und adoptirt worden. Den Inhalt betreffend, so behauptet die Verwahrung, daß Preußen nach Lage der Bundes-Verfassung nicht das Recht habe, einen sogenannten engeren Bund im deutschen Bund zu stiften. Die preußische Regierung widerspricht dieser Behauptung und wird bei diesem Widerspruch verharren. Was nun? Wenn einzelne kleine Staaten schwach oder unklug genug sein sollten, sich freiwillig von Preußen mediatisiren zu lassen, was können Oestreich und die Mittel- und Kleinstaaten dagegen thun? Wollen sie solches etwa mit Waffengewalt verhindern? Das Appelliren an den Bürgerkrieg wollen wir Herrn von Sybel und seinen Gesinnungsgenossen in Berlin als Privilegium des Maulheldenthums überlassen: Die Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten können unmöglich an ein solches, den deutschen Namen verunehrendes Vorgehen denken. Auch der König von Preußen hat offen und wiederholt erklärt, der Gedanke, seine Plane durch Mittel der Gewalt zu verfolgen, liege ihm ferne, und wir glauben und vertrauen ihm darin unbedingt. Verflucht sei die deutsche Hand, gleichviel in welchem Lager sie sich findet, welche die Waffen gegen deutsche Brüder anders als in der Nothwehr erhebt? Um den preußischen Ansprüchen mit Erfolg entgegen zu treten, gibt es ein ganz einfaches Mittel, gegen welches Humanität, Recht und Gesetze keine Einsprache erheben können

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und das besteht darin, daß wir uns auf denselben Boden stellen, dasselbe fordern und dafür dieselben Gesetze anrufen wie Preußen. Preußen sagt: Wir erstreben eine freiwillige engere Verbindung im deutschen Bund, ohne daß wir aufhören werden, den Anforderungen des Bundes Genüge zu leisten, und diejenigen, welche sich diesem engeren Bund nicht anschließen wollen oder können, bleiben mit uns im weitern Bund. Das Recht, dieses zu thun, gibt uns der § 11. der Bundes-Akte. Nun gut, sagen wir eben so: auch wir erstreben einen engeren Bund im weiteren Bund, ohne unsere Pflichten gegen den Bund zu verletzen und die Mitglieder des engeren Bundes sollen sein alle Mittel- und Kleinstaaten, die sich uns freiwillig anschließen; es denkt Niemand von uns daran, diesem engeren Bund ein Oberhaupt zu octroyiren, sondern wir wählen uns für kürzere oder längere Zeit einen Obmann, der uns beim Bundestag, oder wenn man will, bei der Centralgewalt vertritt und bevollmächtigt ist, für uns zu votiren. Treten Luxemburg und Holstein dem engeren Bunde bei, dann besteht der deutsche Bund aus 3 Gliedern, aus Preußen, Oestreich und dem engeren Bund. Treten die genannten beiden Staaten nicht bei, so besteht er aus 5 Gliedern. Die Berathung wird dadurch jedenfalls vereinfacht, am Stimmenverhältniß wird aber nichts geändert, wenn er aus 5 Gliedern besteht, weil dann die Seelenzahl berücksichtigt werden muß, welche durch den Stimmenden vertreten sind; besteht aber der Bund nur aus 3 Gliedern, die an Seelenzahl so ziemlich gleich stark sind, so gibt es nur 3 Stimmen. Daß die Mittel- und Kleinstaaten das Recht haben, einen solchen engeren Bund zu stiften, haben wir bereits oben gezeigt und Preußen wird nach der von ihm abgegebenen Erklärung solches gewiß nicht in Abrede stellen wollen, und Oestreich, dem mit einer solchen Reform des Bundes nur gedient sein kann, muß im wohl verstandenen eigenen Interesse dieser Reform zustimmen; denn von den Mittel- und Kleinstaaten hat es nichts zu fürchten, wohl aber um so mehr zu hoffen, je mehr die Macht derselben consolidirt ist. Noch könnte man vielleicht das Bedenken erheben, ob nach Lage der Bundesgesetze ein Gesandter fortwährend mehrere Staaten beim Bundestag vertreten dürfe. Aber auch darauf hat Preußen die Antwort bereits gegeben: als in der BundestagsSitzung vom 30. Januar die Frage in Erwägung gezogen wurde, ob der badische Bundestagsgesandte, Herr v. Mohl fortwährend Waldeck und Reuß jüngere Linie vertreten dürfe, hat der preußische, von seiner Regierung darauf instruirte Gesandte nicht nur diese Frage entschieden bejaht, sondern er hat sogar Protest gegen die Wahl einer Commission eingelegt, welche diese Frage auch nur in Erwägung ziehen sollte.29 Ein bundesgesetzliches Hinderniß steht

29 Vgl. ProtDBV 1862, § 49, S. 52 f.

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sohin der Vereinigung der Mittel- und Kleinstaaten zu einem engeren Bund nicht entgegen. Dagegen würde diese Reform des Bundes folgende Vortheile bieten: 1) Könnte Oestreich sich sofort an dem Bunde betheiligen, ohne in der Verfassung seiner Länder eine Veränderung vorzunehmen und dabei so lange beharren, bis es ihm vortheilhaft erscheint, zur Annahme einer gemeinsamen deutschen Bundes-Verfassung überzugehen. Dabei versteht sich von selbst, daß die Mittel- und Kleinstaaten immer bereit sein würden, Oestreich in seinen ehrlichen Vertheidigungskriegen zu unterstützen, von eroberungssüchtigen Angriffskriegen aber sich ferne zu halten. 2) Würde dadurch der Gegensatz zwischen Preußen und Oestreich und die zwischen diesen beiden Großmächten zum großen Nachtheil von Deutschland bestehende Eifersucht mit ihren Folgen durch das gleichstarke dritte Element ausgeglichen und alle schlimmen Folgen, die der Dualismus immer mit sich bringt, würden verhütet. 3) Würde der Geschäftsgang beim Bunde bedeutend vereinfacht und erleichtert. Für die Mittel- und Kleinstaaten aber würde daraus nicht blos eine größere Unabhängigkeit und für die Völker dieser Staaten eine größere Garantie ihrer constitutionellen Freiheit hervorgehen, sondern diese Staaten würden auch einen größeren Einfluß auf die deutsche Politik gewinnen. Wenn wir aber eine provisorische Vereinigung der Mittel- und Kleinstaaten zu einem engeren Bund oben nur kurz angedeutet haben, so versteht es sich von selbst, daß diese Verbindung eine feste Organisation fordert. Es handelt sich nicht blos darum, einen Obmann oder Vertreter oder wie man ihn immer nennen will, zu wählen, sondern derselbe muß auch ein entsprechendes Collegium oder Bureau haben, und die einzelnen Staaten müssen bei diesem engeren Bund vertreten sein. Die Sache ist übrigens so einfach, daß eine Andeutung dieser Bundes-Einrichtung genügt, und nur die Bemerkung wollen wir uns erlauben, daß eine Art von Central-Gewalt damit verbunden sein muß, um eine gemeinsame Organisation der Landes-Vertheidigung einzuführen und zu überwachen, die gemeinschaftliche Gesetzgebung zu leiten und überhaupt alles dasjenige zu leisten, was die Einzelstaaten nicht wohl oder nicht genügend selbst thun können. Wir wenden uns vor allem an Bayern, als den größten deutschen Mittelstaat, der neben seiner materiellen Macht auch einen bedeutenden moralischen Einfluß aufzubieten vermag; wir wenden uns an die bayerische Regierung mit der dringenden Aufforderung, daß sie mit Klugheit, Vorsicht und Energie die Initiative einer solchen Bewegung ergreife. Die bayerische Regierung weiß so gut wie wir, daß sie bei einem solchen patriotischen Streben keinen ehrgeizigen Gedanken in den Vordergrund treten lassen darf; sie muß wenigstens mit

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den andern Königreichen auf gleichem Fuß unterhandeln und nach Feststellung der Institution den verbündeten Staaten die Wahl des Obmanns anheim stellen; sie kann dabei nur gewinnen, nichts verlieren. Da wir aber nicht zu denjenigen zählen, die alles nur von den Regierungen erwarten und für alles nur die Regierungen verantwortlich machen möchten, so richten wir eben so dringend, ja noch dringender die Aufforderung an alle Bürger der Mittel- und Kleinstaaten, daß sie in Vereine zusammentreten und bei ihren Regierungen petitioniren, dieselben möchten einen engeren constitutionellen Verein bilden und damit nicht blos die Vertheidigungskräfte Deutschlands stärken, sondern auch ihre Unabhängigkeit wahren und alle etwaigen unberechtigten Einflüsse auf unser constitutionelles öffentliches Leben, woher dieß auch kommen möge, zurückweisen. Erklärt aber auch Euren Regierungen, daß Ihr sie bei einem solchen patriotischen Vorgehen treu, kräftig und opfermuthig unterstützen wollt. Nicht um Eure Regierungen zu drängen, sollt Ihr sie mit Adressen bestürmen, sondern um sie zu überzeugen, daß sie ein ergebenes, treues Volk hinter sich haben. Die deutschen Fürsten werden Euch gewiß hören, denn sie wissen besser, als vielleicht sehr viele aus dem Volke, um was es sich handelt: Das jetzige preußische Programm, wie es in der Note des Grafen von Bernstorff mehr als angedeutet ist, ist nicht der erste, sondern der vorletzte Akt in der Mediatisirung der kleineren deutschen Staaten. Der erste spielt seit 1818 und die Carlsbader Beschlüsse, die Wiener Ministerial-Conferenzen, die Vorgänge des Bundestags in dem hessischen Verfassungs-Streit, die Bundesgesetze gegen die Presse und das Vereins-Recht waren seine brillantesten Scenen, in welchen den Fürsten ihre größte Macht, die Liebe und das Vertrauen ihrer Völker entzogen werden sollte; im zweiten Akt nimmt man ihnen das Kommando ihrer Armeen; im dritten Akt werden sie dann pensionirt oder gar dimittirt. Wenn auch manche Fürsten für die Gefahren, die ihren Völkern drohen, nicht gerade das feinste Vorgefühl haben, so haben sie für die Gefahren für ihre eigene Existenz eine um so größere Fernsicht; nur haben sie früher die Gefahren da vermuthet, wo sie Schutz und Rettung zu suchen hatten. Graf von Bernstorff hat sie eines andern belehrt und sich dadurch, wenn auch gegen seine Absicht, ein Verdienst um das deutsche Volk und seine Fürsten erworben. Die deutschen Fürsten der Mittel- und Kleinstaaten werden Euch daher hören und wenn 17 Millionen Deutsche unter sich und mit ihren Fürsten in Liebe und Treue vereint ihre geistigen und physischen Kräfte dem Vaterlande widmen wollen, wer wird sie deshalb tadeln, wer sie daran verhindern, wer wird ihnen den Erfolg streitig machen?

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111. Antrag auf Herbeiführung einer gemeinschaftlichen Zivil- und Kriminalgesetzgebung für die deutschen Bundesstaaten ProtDBV 1862, § 58, S. 59–68.

Im Hinblick auf die angestrebte Herbeiführung einer gemeinsamen Zivil- und Kriminalgesetzgebung in Deutschland beschließt die Bundesversammlung, eine Kommission zur Ausarbeitung einer allgemeinen Zivilprozeßordnung und eine weitere Kommission zur Ausarbeitung eines Gesetzes über die Rechtsgeschäfte und Schuldverhältnisse einzusetzen. In der kontroversen Debatte über den Antrag legt Preußen gegen den Beschluß Verwahrung ein und erklärt, daß diese Materien nicht zur Kompetenz der Bundesversammlung gehören.

29. Sitzung

Frankfurt am Main, 6. Februar 1862

§ 58. Herbeiführung einer gemeinschaftlichen Civil- und Criminalgesetzgebung für die deutschen Bundesstaaten. (29. Sitz. § 248 v. J. 1861.)

Bevor Präsidium die auf heute anberaumte Abstimmung über die von der Mehrheit des Ausschusses für Errichtung eines Bundesgerichtes in der Sitzung vom 12. August v. J. (Prot. § 248) eingebrachten Anträge eröffnet hatte, wurde von dem Königlich-Preussischen Herrn Gesandten nachstehende Erklärung zu Protokoll gegeben: Die Königliche Regierung muß sich den Ausführungen der Minorität des vortragenden Ausschusses anschließen und ist der Königliche Gesandte angewiesen worden, gegen die Anträge der Majorität zu stimmen und diese Abstimmung mit folgenden Erläuterungen zu begleiten. Die Königliche Regierung hat niemals ihr Interesse an der Herstellung einer gemeinschaftlichen Civil- und Criminalgesetzgebung in Deutschland verleugnet. Sie hat diese Gesinnung auch neuerlich durch den Versuch bethätigt, die größeren unter ihren deutschen Bundesgenossen zu vorläufigen Besprechungen und Verständigungen in der Sache selbst zu bewegen. Sie glaubte bei diesem Schritte von der Annahme ausgehen zu dürfen, daß hierin die Sache der Behandlungsform voranstehe und daß die Form sich leichter finden würde, sobald über die Materie eine Einigung angebahnt worden. Der Erfolg hat jedoch diese Annahme nicht gerechtfertigt. Fast überall trat der Königlichen Regierung die Ansicht entgegen, die Behandlung am Bunde sei vor Allem nothwendig; außer am Bunde war man nicht gemeint, sich auf Prüfung der Materie einzulassen. Dieser Umstand hat die Königliche Regierung veranlassen müssen, die Frage noch näher zu untersuchen, ob in diesem Falle der Bundesweg wirklich die berechtigte und geeignete Form sei, oder nicht?

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Die vorurtheilsfreie Betrachtung der Bundeszwecke und der einschlagenden Bundesgesetze setzt es nun außer Zweifel, daß legislatorische Attributionen im Allgemeinen, insbesondere auf dem Felde des Privatrechts der Einzelstaaten, zu den Befugnissen der Bundesversammlung nicht gehören; schon die völkerrechtliche Natur des Bundesverhältnisses steht dem principiell entgegen. Aber auch solche anderweite Gegenstände, welche ausnahmsweise in den Bundesbestimmungen der hohen Bundesversammlung zur Behandlung anheimgestellt sind, wie die im Artikel 64 der Wiener Schlußacte erwähnten gemeinnützigen Anordnungen, können nur in strictem Sinne interpretirt und nicht mit der Latitüde, wie neuerlich öfter geschehen, aufgefaßt, der vorliegende Fall aber sicherlich nicht darunter begriffen werden. Das Civil- und Criminalrecht ist eine tiefe, fast alle menschlichen Verhältnisse durchdringende Nothwendigkeit des Völkerlebens und müßte mit einem schwerer wiegenden Ausdrucke zu bezeichnen sein. Wie elastisch man jene Bezeichnung des Artikels 64 auslegen mag und auch schon ausgelegt hat, so findet diese Dehnbarkeit doch ihre Grenze. Ohne dem Texte der Bundesbestimmungen und dem deutschen Sprachgebrauche Gewalt anzuthun wird man die gesammte Rechtssphäre einer Nation nicht mit dem Namen „gemeinnützige Anordnung“ belegen können. Gemeinnützige Anordnungen sind jedenfalls vorzugsweise utilitarische Einrichtungen, die ihrer Natur nach mehr dem Gebiete der Verwaltung als der Gesetzgebung angehören – technische Gegenstände, welche in der Regel den Staatsadministrationen mehr oder weniger willkürlich zu ordnen frei steht. Das Civil- und Criminalrecht zu entwickeln, hierzu sind in allen deutschen Staaten die Landesvertretungen mitberufen, und es würde kaum gerechtfertigt erscheinen, wollte eine Regierung ihre Initiative an solche vorgängige Verabredungen mit ihren Bundesgenossen knüpfen, welche ihr die Hände bänden und auf die Ständeversammlungen einen moralischen Zwang übten. Schon bei dem mehr speciellen und technischen Falle des Handelsgesetzbuches hat sich die Incongruenz einer solchen Behandlung herausgestellt; es ist auch in den Preussischen Kammern nicht unbemerkt geblieben, wie eine von allen deutschen Staaten zu beschickende Commission von Technikern durch Mehrheitsbeschluß Bestimmungen durchsetzen kann, welche die Preussische Regierung gegen ihre Ueberzeugung dem Preussischen Landtage zur unbedingten Annahme und zwar unter dem Präjudiz würde empfehlen müssen, im Ablehnungsfalle andererseits ein Werk von nationalem Interesse zu vereiteln. Zur Uebernahme einer die Landesgesetzgebungen beschränkenden legislatorischen Thätigkeit fehlt aber außerdem der hohen Bundesversammlung diejenige organische Verfassung und Gliederung, welche für die Uebung gesetzgeberischen Berufes nothwendig sind; vor Allem fehlt in der gegenwärtigen Gestaltung des Bundes die Vertretung durch entsprechende legislative Facto-

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ren, welche in keiner Weise durch den Zusammentritt technischer Fach- und Specialcommissäre ersetzt werden kann. Erst wenn die Bundesorganisation eine gesetzgeberischen Zwecken genügende Form erfähre, würden auch die einer allgemeinen deutschen Gesetzgebung sich entgegenstellenden Schwierigkeiten eine leichtere Lösung finden. Es scheint also gewiß, daß der vorliegende Gegenstand der Civil- und Criminalgesetzgebung dem Kreise der Bundescompetenz nicht angehört und auch durch keine besondere Bestimmung demselben überwiesen worden ist. Will die hohe Bundesversammlung einen Gegenstand, welcher nicht in ihrer Competenz liegt, in Behandlung nehmen, so ist dieß alsdann auf dem Felde der Bundesaction ein Novum und kann als solches nur nach dem einstimmigen Uebereinkommen aller Mitglieder des Bundes erfolgen. Soll hiernach die Civil- und Criminal gesetzgebung in die Bundescompetenz und die Bundesbehandlung gezogen werden, so wird dieß nicht anders zu geschehen haben, als etwa in der Weise, wie überhaupt Zusätze zu der Bundesacte und neue organische Einrichtungen – auch innerhalb des unzweideutigen Bundeszweckes – zu Stande kommen sollen. Kann eine Regierung, wie in diesem Falle die Preussische, mit dem Novum sich nicht einverstanden erklären, so wird die hohe Bundesversammlung diesen Widerspruch nicht unbeachtet lassen und nicht ohne Weiteres zur eigentlichen Behandlung des Gegenstandes übergehen können. Dieß würde aber geschehen, wenn die hohe Bundesversammlung nach dem Majoritätsantrage des vorgetragenen Ausschusses, bevor über die Inangriffnahme der Sache einstimmig entschieden worden, die Niedersetzung und Beschickung einer Fachcommission beschließen wollte. Aus diesem Grunde hat der Königliche Gesandte von seiner allerhöchsten Regierung Befehl erhalten, gegen einen derartigen eventuellen Beschluß Verwahrung einzulegen und zu erklären, daß eine solche Commission als Bundescommission anzuerkennen nicht möglich sein würde. Unter diesen Umständen kann die Königliche Regierung sich enthalten, auf eine Prüfung der praktischen und materiellen Seite der Sache am Bunde einzugehen. Hiernächst erfolgte die Abstimmung über die oben erwähnten Anträge. Oesterreich. Der Gesandte ist ermächtigt, sich dahin auszusprechen, daß die Kaiserlich-Oesterreichische Regierung – die Sachkenntniß und die Klarheit, mit welcher der Bericht des Ausschusses der hohen Bundesversammlung die wichtige Frage der Ausführbarkeit einer allgemeinen deutschen Codification geprüft und die deßfalls bestehenden Wünsche auf praktische Ziele zu lenken sich bemüht hat, vollkommen anerkennend – mit wahrer Befriedigung sich in den Stand gesetzt findet, den Anträgen der Mehrheit des Ausschusses zuzustimmen und daß sie sich mit Eifer an der Ausarbeitung der Gesetzentwürfe betheiligen wird, deren Bestimmung es ist, Gemeingut für sämmtliche Staaten Deutschlands zu werden.

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Preussen. Der Gesandte bezieht sich auf seine soeben zu Protokoll gegebene Erklärung. Bayern. Der Gesandte ist von seiner allerhöchsten Regierung angewiesen, den Anträgen der Ausschußmajorität einfach zuzustimmen. In Folge der von dem Königlich-Preussischen Herrn Gesandten abgegebenen Erklärung hält er sich aber für verpflichtet, diese Abstimmung in Folgendem zu motiviren. Der Zweck der Ausschußanträge wird auch von der allerhöchsten Königlich-Preussischen Regierung gebilligt und dieselbe spricht ihr Interesse an der Herstellung einer gemeinschaftlichen Civil- und Criminalgesetzgebung in Deutschland aus. Sie bestreitet aber, daß zu Erreichung dieses Zweckes der Bundesweg die berechtigte und geeignete Form sei, und weist dagegen auf freie Verständigung der Regierungen außerhalb des Bundes hin. Was zunächst die Berechtigung anlangt, so ist diese in dem Artikel 64 der Wiener Schlußacte als begründet zu erachten. Mag dieser nun in gewöhnlicher Weise oder als eine ausnahmsweise Competenzbestimmung nur in strictem Sinne zu interpretiren sein, immerhin wird diese Interpretation nur der hohen Bundesversammlung selbst zustehen, welche berufen ist, die Bestimmungen der Bundesacte zu erklären und ihre richtige Anwendung zu sichern. Mögen auch gemeinnützige Anordnungen ihrer Natur nach vorzugsweise dem Gebiete der Verwaltung angehören, so können sie doch auch in dem Gebiete der Gesetzgebung Platz greifen und die Thätigkeit, welche die hohe Bundesversammlung in den letzten Jahren unter dankenswerther Mitwirkung der Königlich-Preussischen Regierung in Bezug auf die Wechselordnung, die Handelsgesetzgebung, die gegenseitige Rechtshülfe mit gutem Erfolge entwickelt hat, liefert den Beweis, daß die Majorität des Ausschusses die bisherige Auffassung und Uebung des Bundesrechtes für sich hat, indem sie den Artikel 64 der Wiener Schlußacte ihren Anträgen zu Grunde legt. In Bezug auf die Frage, ob der Bundesweg der geeignete zur Erreichung des allseitig angestrebten Zieles sei, wird in der Erklärung des Königlich-Preussischen Herrn Gesandten darauf hingewiesen, daß es dem Bunde an entsprechenden legislativen Factoren fehle und daß es kaum gerechtfertigt erscheinen würde, auf die Landesvertretungen der einzelnen Staaten einen moralischen Zwang zu üben. Hiergegen kommt vor Allem in Betracht, daß dieser Einwand nicht bloß der Vereinbarung eines Gesetzentwurfes im Bundeswege entgegensteht, sondern auch ganz in derselben Weise die Verständigung der Regierungen außerhalb des Bundes, weil auch einem auf solchem Wege zu Stande gebrachten Gesetzentwurfe gegenüber die Rechte und die Stellung der Gesetzgebungsfactoren in den einzelnen Staaten genau dieselben sein würden. Darüber also, ob der Bundesweg hier der geeignete sei, beweist dieses Argument zu viel, und eben

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darum beweist es nichts. Wenn man diesem Argumente ein entscheidendes Gewicht beilegen will, so muß man eben auf jedes Anstreben einer gemeinschaftlichen Gesetzgebung verzichten, welche doch von allen Seiten als ein Werk von hohem nationalen Interesse anerkannt und gewünscht wird. Während sich demnach in Bezug auf diese Schwierigkeit die beiden denkbaren Wege völlig gleich stehen, spricht für den Bundesweg die Erwägung, daß die hohe Bundesversammlung zur Zeit das einzige rechtlich bestehende Gesammtorgan der deutschen Nation ist. An dieses Organ sich anzuschließen und von demselben auszugehen, ist darum bei allen nationalen Bestrebungen ebenso naturgemäß und rechtlich begründet, als zweckmäßig und nothwendig, wenn solche Bestrebungen aufrichtig und ernst gemeint sind. Wenn endlich noch gesagt worden ist, daß über die Inangriffnahme dieser Sache nur einstimmig entschieden werden könne, daß gegen einen Majoritätsbeschluß auf Berufung einer Fachcommission Verwahrung einzulegen und die Commission als Bundescommission anzuerkennen nicht möglich sein würde, so muß hiergegen hervorgehoben werden, daß zwar nach Art. 14 der Wiener Schlußacte bei organischen Einrichtungen auch über die Vorfrage der Nothwendigkeit nur durch Stimmeneinhelligkeit entschieden werden kann, daß aber für gemeinnützige Anordnungen eine gleiche Vorschrift nicht besteht. Vielmehr ergibt sich aus dem Wortlaute und Geiste des Art. 64 der Wiener Schlußacte, daß hier nur zu dem Endbeschlusse die allseitige Zustimmung erforderlich ist und die vorbereitenden Beschlüsse auch durch Stimmenmehrheit gefaßt werden können. In diesem Sinne hat auch die Wissenschaft des Bundesrechtes den genannten Art. 64 aufgefaßt, und in der That würde es ein innerer Widerspruch sein, die Bundesversammlung, wie jener Artikel thut, zu verpflichten, daß sie jedes Mittel zur Vollführung der von einzelnen Bundesgliedern beantragten gemeinnützigen Anordnungen in sorgfältige Erwägung ziehe und ihr anhaltendes Bestreben auf Bewirkung der freiwilligen Vereinbarung richte und zugleich durch Aufstellung des Erfordernisses der Stimmeneinhelligkeit für jeden vorbereitenden Schritt die Mittel zur Erfüllung jener Pflicht abzuschneiden. Zu dem jetzt in Antrag stehenden Beschlusse ist daher die Bundesversammlung auch durch Mehrheit der Stimmen befugt, und es kann ebensowenig der durch Stimmenmehrheit berufenen Commission die Eigenschaft einer Bundescommission bestritten, als gegen den Beschluß selbst mit Grund Verwahrung eingelegt werden. Wohl hätte jede Bundesregierung Grund und Anlaß, ihre Rechte zu verwahren, wenn die hohe Bundesversammlung einen verfassungswidrigen Beschluß fassen wollte; wenn aber ein Beschluß auf Grund der Bundesgesetze in geschäftsordnungsmäßiger Weise gefaßt wird, so entbehrt eine Verwahrung dagegen des rechtlichen Grundes und darum auch der rechtlichen Wirkung.

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Königreich Sachsen. Die Königliche Regierung stimmt den Anträgen der Majorität des Ausschusses zu, verbindet aber hiermit den Antrag: Hohe Bundesversammlung wolle die Königlich-Preussische Regierung ersuchen, über Grundlage, Tragweite und Erfolg der zu gleichem Zwecke zwischen dem Königlich-Preussischen Justizministerium und den Ministerien anderer Bundesstaaten gepflogenen Vernehmungen Mittheilung zu machen, um bei Ausführung des gegenwärtigen Beschlusses berücksichtigt werden zu können. Hannover. Der Gesandte ist angewiesen, den von der Mehrheit des Ausschusses in Ziffer 1 bis 4 gestellten Anträgen Namens der Königlichen Regierung beizutreten, und zu erklären, daß seine allerhöchste Regierung diese Anträge mit lebhafter Freude begrüßt und es sich zum besonderen Vergnügen gereichen lassen wird, über die bei ihr eingeführte Civilproceßordnung alle und jede gewünschte Auskunft zu ertheilen. Württemberg. Die Königlich-Württembergische Regierung hegt für das Zustandekommen einer gemeinsamen deutschen Justizgesetzgebung, und zwar zunächst auf dem Gebiete des Civilprocesses, wo das Bedürfniß der Reform in einer Mehrzahl deutscher Staaten und so auch in Württemberg als ein sehr dringendes empfunden wird, das lebhafteste Interesse. Höchstdieselbe hat demzufolge auch schon seit einem Jahre ihre unausgesetzten und nachdrücklichen Bemühungen dahin gerichtet, diejenigen Bundesregierungen, bei denen sie nach dem dermaligen Stande ihrer Landesgesetzgebung das Bedürfniß der Reform vorzugsweise voraussetzen zu dürfen glaubte, für die Betheiligung an dem gemeinsamen Gesetzgebungswerke zu gewinnen. Hierbei hat sie die Genugthuung gehabt, überall einem erfreulichen Einverständnisse über die Sache selbst, wenn auch nicht über den einzuschlagenden Weg zu begegnen. Die Königliche Regierung legt nun auf die bundesmäßige Behandlung des Gegenstandes, welche bereits in Beziehung auf die gemeinsame Handelsgesetzgebung zu einem ausgezeichneten Erfolge geführt hat, den entschiedensten Werth, zumal da die erstrebten Gesetzgebungsarbeiten nach den gegenwärtig bestehenden Verhältnissen nur durch ihre Vermittlung am Bunde den Stempel der Gemeinsamkeit auch in formeller Hinsicht erhalten können. Auf das größere oder geringere Maß der Mitwirkung des Bundes legt dagegen die Königliche Regierung kein so hohes Gewicht, daß sie nicht gern in dieser Beziehung den Wünschen der einen oder anderen Regierung entgegenkommen möchte, wofern um diesen Preis eine allseitige Betheiligung zu erreichen oder eine erhebliche Beschleunigung der Arbeiten, um welche es ihr ganz besonders zu thun ist, zu erzielen sein sollte. Die Württembergische Regierung hat auch dieser Anschauungsweise in den bisher gepflogenen Verhandlungen Ausdruck gegeben. Von weit größerer Bedeutung und einer ernsten Erwägung würdig, erscheint ihr die Frage, auf welche Weise eine rechtzeitige und wirksame Einflußnahme

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der Landesvertretungen auf die Codificationsarbeiten der von den Regierungen ausgewählten Sachverständigen zu ermöglichen wäre. Diese Frage tritt jedoch mit gleichem Gewichte entgegen, mögen die Sachverständigen mit oder ohne Vermittlung des Bundes berufen sein. Für jetzt begnügt sich die Königliche Regierung, auf die Nothwendigkeit einer Lösung dieser Frage hinzuweisen und solche der Aufmerksamkeit der hohen Regierungen zu empfehlen. Dem vorliegenden Antrage des Bundestags-Ausschusses aber muß sie, da zur Zeit eine andere Behandlungsweise, welche sich der allseitigen Zustimmung oder auch nur der gleichmäßigen Billigung der hohen Regierungen der beiden deutschen Großstaaten zu erfreuen hätte, noch nicht ermittelt ist, ihre Beistimmung geben, und sie erlaubt sich, hiermit nur den Wunsch nach möglichster Beschleunigung der Angelegenheit zu verknüpfen, da das Bedürfniß einer Reform des Civilprocesses in Württemberg so dringend ist, daß dasselbe keinen längeren Aufschub gestattet und die Regierung sogar in die Nothwendigkeit versetzt werden könnte, einstweilen eigene legislative Arbeiten vornehmen zu lassen. Baden. Die Großherzogliche Regierung erkennt den Werth der allmählichen Herbeiführung einer möglichst übereinstimmenden Civil- und Criminalgesetzgebung für die einzelnen deutschen Bundesstaaten vollkommen an und kann es nur für angemessen erachten, die Versuche, eine solche Uebereinstimmung zu erzielen, zunächst auf die Ausarbeitung eines Entwurfes für gleichmäßige Ordnung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und der bezeichneten Theile des Civilrechtes zu beschränken. Wie sehr sie auch gewünscht hätte, daß der von der Königlich-Preussischen mit anderen deutschen Regierungen gemeinsam betretene Weg einer unmittelbaren Verständigung über die wesentlichen Grundlagen einer solchen Proceßordnung Erfolg gehabt hätte, so ist sie doch ihrerseits bereit, sich bei den beantragten Commissionsarbeiten, zunächst für Vorbereitung des Entwurfes eines Gesetzes über diese Materie, zu betheiligen. Nachdem der Ausschuß bei der Wahl der Stadt Hannover zum Sitze der Commission ausdrücklich hervorgehoben, daß dieser die freie Wahl der Grundlagen für ihre Berathungen überlassen werden solle und somit angenommen werden darf, daß eine etwaige Adoption der Königlich-Hannöverischen Proceßordnung und insbesondere der Königlich-Hannöverischen Gerichtsverfassung als Basis der Verhandlungen aus der Bezeichnung jenes Ortes nicht gefolgert werden wolle, so ist die Großherzogliche Regierung auch der vorgeschlagenen Wahl des Ortes für den Sitz der Commission nicht entgegen; wohl aber erscheint es ihr angemessen, die Bezeichnung der Stadt, wo die künftig zu berufende Commission zur Ausarbeitung eines Entwurfes über gleichförmige Gesetzgebung in Betreff der Rechtsgeschäfte und Schuldverhältnisse für die deutschen Bundesstaaten ihren Sitz zu nehmen haben werde, im Interesse der Sache selbst, der künftigen freien Vereinbarung der Regierungen zu überlassen.

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Uebrigens kann, nach Ansicht der Großherzoglichen Regierung, diese ihre Theilnahme an den vorgeschlagenen commissarischen Berathungen in keiner Weise der Frage über die künftige Behandlung der aus diesen Berathungen hervorgehenden Entwurfe präjudiciren. In dieser Beziehung steht die Absicht der Großherzoglichen Regierung vollkommen fest, und es ist von ihr vielfach ausgesprochen worden, daß die auszuarbeitenden Entwürfe nur dann Gesetzeskraft und Rechtsverbindlichkeit gewinnen können, wenn dieselben durch ein mit ausreichender gesetzgeberischer Gewalt ausgestattetes Organ sanctionirt sind, daß sie als solches aber weder den Bundestag, noch auch die gesetzgeberischen Versammlungen der Einzelstaaten zu erkennen vermag. Den Versuch, auf einem indirecten Wege die fehlende Institution einer gemeinsamen deutschen Vertretung zu schaffen und der hohen Bundesversammlung gesetzgebende Befugnisse zuzuweisen, dabei aber die einzelnen Staaten als diese gemeinsame deutsche gesetzgeberische Versammlung – unter Auferlegung der Last eines Verzichtes auf wirksame und eingehende Einzeldiscussion – stellvertretend handeln zu lassen, hält die Großherzogliche Regierung in vielen Beziehungen für sehr bedenklich. Sie erklärt daher schon jetzt, daß, wenn sie auch dahin kommen sollte, einstens die Ausarbeitungen der niederzusetzenden Commission als „Proceßordnung für das Großherzogthum“ ihren Ständen als Gesetzesvorlage zu unterbreiten, dieses nur unter der Voraussetzung von deren vollkommen unbeschränkter Discussion durch dieselben geschehen kann. Gegen Absatz 4 der Ausschußanträge findet die Großherzogliche Regierung nichts zu erinnern. Der Gesandte behält im Uebrigen seiner höchsten Regierung das Protokoll offen für eine etwaige Aeußerung, betreffend die von der Königlich-Preussischen Regierung abgegebene Erklärung. Kurhessen und Großherzogthum Hessen: treten den Anträgen der Mehrheit des Ausschusses bei. Dänemark wegen Holstein und Lauenburg. Der Gesandte befindet sich noch ohne definitive Instruction seiner allerhöchsten Regierung, hat daher das Protokoll für die Abstimmung und etwa für erforderlich erachtete Erklärung offen zu halten. Niederlande wegen Luxemburg und Limburg. Der Gesandte ist angewiesen, sich gegen die von der Majorität des Ausschusses gestellten Anträge auszusprechen. Großherzoglich- und Herzoglich-Sächsische Häuser. Der Gesandte ist von den höchsten Regierungen von Sachsen-Weimar-Eisenach und Sachsen-Altenburg angewiesen, zu erklären, daß dieselben, sobald nur durch erzielte Uebereinstimmung Oesterreichs und Preussens die erforderliche Basis für

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eine durchgreifende Gemeinsamkeit in der vorliegenden Angelegenheit gewonnen sein werde, im Sinne der Ausschußanträge zu stimmen nicht verfehlen werden. In Rücksicht auf die noch mangelnde Uebereinstimmung der deutschen Großmächte nehmen hiernach beide gedachten höchsten Regierungen zur Zeit Anstand, diesen Anträgen beizustimmen. Sachsen-Meiningen tritt den Ausschußanträgen bei und Sachsen-CoburgGotha schließt sich der Abstimmung Preussens an. Braunschweig und Nassau. Der Gesandte stimmt den Anträgen der Mehrheit des Ausschusses bei. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz. Die Großherzoglichen Regierungen tragen zwar um so weniger Bedenken, den Anträgen der Mehrheit des Ausschusses im Allgemeinen zuzustimmen, als sie an der ersten vorläufigen Anregung der betreffenden Angelegenheit Theil genommen haben; indessen müssen sie nach weiterer Prüfung für eine Modification der Anträge der Mehrheit dahin sich aussprechen, daß die sub 2 und 3 in Aussicht genommenen beiden Commissionen nicht gleichzeitig zu berufen wären, und daß die sub 3 gedachte Commission für das Obligationenrecht früher zusammenzutreten hätte, als die sub 2 bezeichnete Commission für Ausarbeitung einer Civilproceßordnung. Diese Modification erscheint den Großherzoglichen Gouvernements sehr wichtig, namentlich deßhalb, weil die Bearbeitung einer gemeinsamen Civilproceßordnung, welche überdieß in die bestehenden Organisationen der Gerichtsbehörden tief eingreifen wird, besonders großen Schwierigkeiten unterliegt, so lange in der Beurtheilung der Rechtsgeschäfte und Schuldverhältnisse selbst keine Gleichmäßigkeit besteht. Oldenburg, Anhalt und Schwarzburg. Der Gesandte hat sich Namens der hohen Regierungen von Oldenburg, Anhalt-Dessau-Cöthen, Anhalt-Bernburg und Schwarzburg-Sondershausen gegen die Anträge der Ausschußmehrheit zu erklären, während allein Schwarzburg-Rudolstadt für dieselben stimmt. Er hat dabei hinzuzufügen: für Oldenburg: daß die Großherzogliche Regierung zwar den Ausführungen der Ausschußminderheit nicht in allen Punkten beizutreten vermag, dessenungeachtet aber, in Berücksichtigung aller Erwägungsgründe, der Minderheit zuzustimmen sich veranlaßt sieht; für beide Anhalt: daß die Herzoglichen Regierungen sich den Erklärungen Preussens anschließen; für Schwarzburg-Sondershausen: daß die Fürstliche Regierung, indem sie vor Allem eine Einigung sämmtlicher deutschen Bundesstaaten in Betreff einer gemeinsamen deutschen Civil- und Criminalgesetzgebung, insbesondere einer Civilproceßordnung, lebhaft wünscht, bei der sich kundgebenden Verschiedenheit in den Mitteln zur Erreichung eines solchen Zieles einen geringe-

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ren Werth auf die Wahl unter diesen Mitteln legt, sich daher für die Auffassung der Königlich-Preussischen Regierung wegen Herbeiführung jener Gesetzgebung im Wege freier Vereinbarung entschieden hat, und deßhalb dem Erachten der Ausschußminderheit sich anschließt; für Schwarzburg-Rudolstadt andererseits, daß die Fürstliche Regierung die Schwierigkeiten der Sache und der möglicherweise entstehenden Unzuträglichkeiten allerdings nicht verkennt, aber doch der Ansicht ist, daß die der Sache zu Grunde liegende Idee die kräftigste Förderung von allen Seiten verdiene und daß die Verwirklichung dieser Idee wohl dazu angethan sein dürfte, die Autorität des Bundes zu stärken und zu heben. Liechtenstein, Reuß, Schaumburg-Lippe, Lippe, Waldeck und Hessen-Homburg. Für die Curie stimmt der Gesandte den von der Majorität des Ausschusses gestellten Anträgen bei; derselbe ist für Lippe dagegen zur Abgabe folgender Erklärung autorisirt: Nach erhaltener Mittheilung hält die Königlich-Preussische Regierung den Weg der freien Vereinbarung zwischen den verschiedenen deutschen Regierungen für denjenigen, auf welchem das auch von ihr angestrebte Ziel der größeren Gemeinsamkeit in der in Rede stehenden Gesetzgebung, in Berücksichtigung der Grundgesetze des Bundes und der Verfassung der einzelnen Bundesstaaten, am ersten und zwar in der Weise zu erreichen sein werde, daß der von Commissarien derjenigen Regierungen, welche den Weg der freien Vereinbarung betreten haben würden, ausgearbeitete Gesetzentwurf an die Bundesversammlung behufs seiner Empfehlung an die Bundesregierungen vorgelegt werde. Seine Durchlaucht der Fürst halten den von der Majorität der BundestagsCommission in Antrag gebrachten Weg zwar nach wie vor für unbedenklich zulässig, da ja, wie am Schlusse des Commissionsberichtes ausdrücklich hervorgehoben ist, auch bei Einschlagung dieses Weges die Rechte der einzelnen Landesvertretungen gewahrt und vorbehalten bleiben. Seine Durchlaucht halten indessen die möglichst baldige Erreichung des nationalen Zieles einer gemeinsamen deutschen Civil- und Criminal-Proceßordnung so sehr für die Hauptsache, daß Höchstdieselben, da dessen Erreichung auf dem Wege des Bundesbeschlusses zweifelhaft erscheint und gehofft werden darf, daß diejenigen Regierungen, welche für einen solchen Bundesbeschluß sind, wenn dessen Zustandekommen auf Bedenken stößt, sich einer freien Vereinbarung nicht entziehen werden, nicht anstehen, auch den von der Königlich-Preussischen Regierung vorgeschlagenen und von mehreren anderen größeren deutschen Regierungen bereits genehmigten Weg der freien Vereinbarung in der oben angegebenen Weise einzuschlagen. Für Schaumburg-Lippe hat der Gesandte noch zu erklären, daß die Fürstliche Regierung nicht beabsichtigt, einen Rechtsgelehrten zu den sub 2 und 3 beantragten Commissionen abzuordnen.

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Frankfurt am Main, 6. Februar 1862

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Von den Fürstlichen Regierungen von Reuß jüngerer Linie und Waldeck ist der Gesandte mit Instructionen noch nicht versehen und behält denselben Erklärung vor. Freie Städte. Der Gesandte hat zu erklären, daß, wenn gleich der Senat von Bremen die gegen den vorgeschlagenen Weg zur Anbahnung einer gemeinschaftlichen Gesetzgebung hervorgehobenen Bedenken nicht für ganz unbegründet erachten könne, sämmtliche Senate mit den Anträgen im Allgemeinen sich einverstanden erklärten, jedoch den angelegentlichen Wunsch hinzufügen müßten, daß die beiden beantragten Commissionen nicht gleichzeitig, sondern nach einander in Thätigkeit träten, daß übrigens der Senat zu Lübeck sein Einverständniß an die Voraussetzung knüpfe, daß sämmtliche Bundesstaaten mit den Anträgen sich einverstanden erklären würden, und der Senat zu Hamburg seine Betheiligung an den sub 2 und 3 in Vorschlag gebrachten Commissionen davon abhängig mache, daß sich mindestens die für die Verkehrsverhältnisse bedeutenderen Bundesregierungen zur Abordnung vor Commissarien bereit erklären würden. Die Bundesversammlung hat hierauf beschlossen: 1) die allmähliche Herbeiführung einer gemeinsamen Civil- und Criminalgesetzgebung für Deutschland sei allerdings wünschenswerth, jedoch seien die hierauf zu richtenden Bestrebungen zunächst auf einige Theile des Civilrechtes und auf das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu beschränken; 2) zunächst eine Commission zur Ausarbeitung und Vorlage des Entwurfes einer allgemeinen Civilproceßordnung für die deutschen Bundesstaaten in Hannover niederzusetzen; 3) ferner eine Commission zur Ausarbeitung und Vorlage des Entwurfes eines allgemeinen Gesetzes über die Rechtsgeschäfte und Schuldverhältnisse (Obligationenrecht) für die deutschen Bundesstaaten mit dem Sitze in Dresden in Aussicht zu nehmen; 4) an die höchsten und hohen Regierungen, welche geneigt wären, zu diesen Commissionen auf ihre Kosten Rechtsgelehrte abzuordnen, durch Vermittlung der Herren Bundestags-Gesandten das Ansuchen zu stellen, hiervon in Zeit von sechs Wochen Mittheilung machen und sich zugleich über den ihnen genehmen Zeitpunkt des Zusammentrittes der einen oder anderen dieser Commissionen aussprechen zu wollen. Preussen. Die Königliche Regierung legt, indem sie die von ihr abgegebene Erklärung in allen Punkten aufrecht erhält, gegen den so eben gefaßten Beschluß Verwahrung ein. Was die Motivirung des Königlich-Bayerischen Votums betrifft, so muß zwar der Königliche Gesandte seiner allerhöchsten Regierung eine etwaige

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Aeußerung darauf vorbehalten. Er bemerkt jedoch, daß die gegenwärtige Verwahrung sich auf die mangelnde Competenz der hohen Bundesversammlung, in einer nur mit Stimmeneinhelligkeit zu beschließenden Angelegenheit gegen den Widerspruch auch nur einer Regierung einen Majoritätsbeschluß zu fassen, bezieht. Er fügt ferner im Hinblick auf die Abstimmung des Bayerischen Herrn Gesandten hinzu, daß eine authentische Interpretation von Bundesgrundgesetzen nur mit Stimmeneinhelligkeit erfolgen kann. Bayern. Der Gesandte bemerkt hierauf, daß er von einer authentischen Interpretation nicht gesprochen habe, sondern von derjenigen, welche sich in den bisherigen Anwendungen des Artikels 64 der Wiener Schlußacte ausprägt. Mag übrigens zu einer authentischen Interpretation Stimmeneinhelligkeit erforderlich sein, oder Stimmenmehrheit genügen, jedenfalls kann sie durch eine Minderheit nicht gegeben werden. Präsidium spricht das lebhafte Bedauern aus, bei der angestrebten Herbeiführung einer im Allgemeinen als gemeinnützig und selbst als nationales Bedürfniß erkannten Uebereinstimmung des Rechtes und der Rechtspflege in den deutschen Staaten nicht nur die so wünschenswerthe Mitwirkung der Königlich-Preussischen Regierung jetzt in Frage gestellt, sondern selbst Verwahrung eingebracht zu sehen gegen einen Beschluß der hohen Versammlung, welchem die feste Ueberzeugung zu Grunde liegt, daß das vorgesteckte Ziel auf dem bezeichneten Wege am entsprechendsten zu erreichen sei. So wenig der Artikel 64 der Wiener Schlußacte, seinem Wortlaute und Geiste nach, bei dem eben gefaßten Beschlusse die in der heutigen KöniglichPreussischen Abstimmung als Forderung aufgestellte Stimmeneinhelligkeit zu rechtfertigen vermöchte, eben so wenig sprechen für dieselbe frühere Vorgänge, von welchen die beschlossene Einsetzung einer Bundescommission in der Angelegenheit der Herstellung gemeinsamen Maßes und Gewichtes in die jüngste Zeit fällt. Präsidium bezieht sich daher, dieser Verwahrung gegenüber, auf den so eben gefaßten Bundesbeschluß, welcher in einer der wichtigsten Zeitfragen unter Wahrung der selbstständigen schließlichen Entscheidung der höchsten und hohen Regierungen, sowie der verfassungsmäßigen Betheiligung der Landesvertretungen die freie Vereinbarung am Bunde im Sinne des Artikels 64 der Wiener Schlußacte vorzubereiten bestimmt ist. Die Mehrheit der hohen Bundesversammlung trat dieser Präsidialäußerung bei.1 1 Zum Kontext dieses Bundesbeschlusses vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 421–434. Für die allgemeinen politischen Reformbestrebungen gewann der Beschluß im Laufe des Jahres 1862 eine besondere Bedeutung, indem sich der im Sommer von Österreich

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Schwerin, 8. Februar 1862

112. Oertzen an Gamm11 HStA Hannover, Dep. 103, VIII, Nr. 86. Erlaß. Abschrift. Weitere Abschrift im HStA München, MA 493/2; Entwurf im LHA Schwerin, MdaA, Nr. 99. Druck: Das Staatsarchiv, Bd. 2, 1862, Nr. 234, S. 157–159.

Mecklenburg-Schwerin stimmt mit Österreich überein, daß eine bundesstaatliche Einigung eines Teils der deutschen Staaten zur Auflösung des Deutschen Bundes führen müßte. Gleichwohl sind die Bedenken Preußens gegen die Ausführbarkeit der sächsischen Bundesreformvorschläge berechtigt. In dem Erlaß Bernstorffs vom 20. Dezember 1861 sieht Mecklenburg-Schwerin keine wirklichen Vorschläge, so daß es sich einer „abmahnenden Äußerung“ gegenüber Berlin nicht anschließen wird.

Schwerin, 8. Februar 1862 Ew. Hochwohlgeboren haben mit Ihrem Berichte vom 3. d. M. mir eine Abschrift der identischen Note übersandt2, welche in Bezug auf den Erlaß des Kgl. Preußischen Ministers Grafen von Bernstorff an den Kgl. Gesandten in Dresden Herrn v. Savigny vom 20. Decbr. 18613, die Beantwortung der Sächsischen Bundesreform-Vorschläge betr., in diesen Tagen von Oesterreich und anderen deutschen Bundesregierungen in Berlin übergeben sein wird. Zugleich bin ich von den Aeußerungen in Kenntniß gesetzt, mit welchen der Graf Rechberg Ew. Hochwohlgeboren diese Mittheilung gemacht hat. Ich ersuche Sie, dem k. Herrn Minister, und zwar wenn es gewünscht wird, unter Zurücklassung einer Abschrift des Gegenwärtigen, darauf das Nachstehende zu erwiedern: Die Großhrzgl. Regierung theilt unter den Umständen, wie sie gegenwärtig in Deutschland vorliegen, vollkommen die Ueberzeugung des kais. Cabinets, daß jeder neue Versuch, den bestehenden deutschen Bund auf ein blos völkerrechtliches Vertragsverhältniß zurückzuführen, um dagegen bundesstaatliche Einrichtungen unter einem Theile der deutschen Staaten herbeizuführen, nicht blos den Grundgesetzen des deutschen Bundes zuwiderlaufen würde, sondern auch für die Gesammtheit der deutschen Staaten mehr und mehr zu einer Lokkerung der nationalen Bande und folglich zur Auflösung und Schwächung Deutschlands führen müßte. Ebenso ist sie von der Wahrheit durchdrungen, daß das Princip jeder Bundesreform das der organischen Entwickelung der beund den Mittelstaaten auf den Weg gebrachte Antrag zur Einberufung einer Delegiertenversammlung konkret auf den Beschluß vom 6. Februar berief und der geplanten Delegiertenversammlung die Aufgabe zuwies, bei den dort in Gang gesetzten Gesetzgebungsvorhaben mitzuwirken. Vgl. Dok. 140. 1 Carl Freiherr von Gamm (um 1822–1877), 1858–1873 mecklenburg-schwerinscher Geschäftsträger in Wien; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 268. 2 Siehe Dok. 107. 3 Siehe Dok. 100.

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Oertzen an Gamm

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treffenden, das ganze Deutschland vereinigenden Bundesverfassung sein müsse. Gleichwohl kann die Großhrzgl. Regierung das Gewicht einzelner Bedenken nicht verkennen, welche Preußischerseits gegen die Ausführbarkeit der das gesammte Deutschland umfassenden Sächsischen Reform-Vorschläge erhoben worden sind. Dahin gehören insbesondere die in den Verhältnissen derjenigen Staaten, welche dem deutschen Bunde angehören und daneben außerdeutsche Gebiete umfassen, unverkennbar liegenden Schwierigkeiten. Diese Schwierigkeiten stehen nun aber jeder engeren bundesstaatlichen Vereinigung eines Theils der deutschen Bundesstaaten, wenn diese auch Staaten mit außerdeutschem Gebiete umfassen soll, aus denselben Gründen entgegen, aus welchen eine bundesstaatliche Vereinigung des ganzen bestehenden weiteren Bundes als unausführbar erscheint und hierin liegt der Grund, weshalb bisher zwar viele Mängel der bestehenden Bundesverfassung als solche haben erkannt werden müssen, und die auf Abstellung derselben gerichteten Wünsche auch unter den deutschen Regierungen allgemein verbreitet sind, dagegen aber alle positiven Vorschläge zu einer wirklichen Bundesreform mit vollem Rechte für unpraktisch erklärt worden sind. Unter diesen Umständen scheint es fast, daß der richtige Ausgangspunkt für praktische Bundesreformvorschläge erst dann gewonnen werden wird, wenn diejenigen deutschen Regierungen, welchen die Initiative in dieser hochwichtigen Angelegenheit zukommt, der Aufstellung positiver Vorschläge auf der oben schon erwähnten bundesverfassungsmäßigen Grundlage sich unterziehen werden, und daß den bisherigen vorläufigen Erörterungen darüber die Bedeutung solcher Vorschläge noch nicht beizulegen ist. Die Großhrzgl. Regierung entnimmt hieraus ihrerseits das Motiv, auch die in dem Erlasse des Grafen v. Bernstorff vom 20. Decbr. 1861 ausgesprochenen Ansichten noch nicht als wirkliche Vorschläge des Kgl. Preuß. Gouvernements zu betrachten und findet sich eben deshalb nicht veranlaßt, an dasselbe eine abmahnende Aeußerung zu richten. Fest entschlossen zu einer Veränderung der Bundesverfassung, welche ihrer Ueberzeugung nach zu einer Lockerung und Schwächung des deutschen Bundes führen müßte, unter keinen Umständen die Hand zu bieten, hält sie zugleich die Hoffnung fest, daß derartige Vorschläge in bestimmter, zu praktischer Ausführung empfohlener Gestalt von Seiten des Kgl. Preuß. Gouvernements den übrigen deutschen Regierungen nicht werden gemacht werden. Sie darf gleichwohl annehmen, daß wenn etwa später bestimmte Vorschläge zur Reform der Bundesverfassung zu einer gemeinsamen Berathung gelangen sollten, nirgends ein Zweifel obwalten dürfte, in welchem Sinne sie sich darüber entschließen und erklären wird. Empfangen pp. (gez.) v. Oertzen.

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113. Artikel in der Neuen Frankfurter Zeitung 11 Neue Frankfurter Zeitung (Frankfurter Handelszeitung) Nr. 43 vom 12. Februar 1862.

Die nationale Frage steht an einem Entscheidungspunkt. Preußen kann nur bestehen, wenn es zu Deutschland wird. Preußen hätte 1859 die Gunst der Stunde nutzen können, um die Zuneigung der Nation zu gewinnen, aber es war zu schwach oder zu redlich. Die moralischen Eroberungen sind nicht gelungen und die kriegerischen unterblieben. Sein Glück im Unglück ist, daß auch die Mittelstaaten und Österreich der Nation nur jämmerliche Angebote machen. Wenn Preußen die politische und militärische Führerschaft in Deutschland will, so muß es wissen, daß dies eine Revolution bedeutet. Eine Revolution von oben zusammen mit einer Revolution von unten ist unwiderstehlich. Wenn Preußen der Nation eine einheitliche und freiheitliche Verfassung gewährt, wird die Nation es unterstützen.

Frankfurt am Main, 12. Februar 1862 Die Coalition der Mittelstaaten. Die nationale Frage steht an einem jener Entscheidungspunkte, die, nur für den Augenblick entscheidend und für die Zukunft fruchtlos, in langer trostloser Reihe sich durch die deutsche Geschichte hinziehen. Verwirrt und in unklarem Gemenge haben bisher die Prätensionen einzelner Regierungen mit einander und unter einander gekämpft; List und Schlauheit, Verheißungen und Vorspiegelungen, Täuschungen und Enttäuschungen, was haben wir nicht alles erlebt! Hier ward preußische Vergrößerungssucht verhöhnt, dort die kleinstaatliche Anmaßung einer nicht berechtigten Existenz bespöttelt, dort wieder österreichische Ausbeutung der deutschen Nation zu Habsburgischen Zwekken angeklagt; und jeder Hohn und jeder Spott und jede Anklage von jeder Seite her vermochte sich auf überzeugende Gründe und auf den traurigen Beweis der Erfahrung zu stützen. Preußen kann nur bestehen, wenn es zu Deutschland wird; Oesterreich besorgt, sich vor dem Zerfall nicht wahren zu können, wenn Deutschland ihm nicht seine Kräfte leiht. Fürstengeschlechter wollen ihre Herrschaft „bis an der Welten Ende“ erhalten; Großstaaten wollen das Mark ihrer Größe aus Deutschlands Blut und Lebenssaft erneuen [sic]: aber von der deutschen Nation ist bei alle dem nie die Rede. Es ist als ob es all diesen Freiern um Deutschland nicht darauf ankäme, die Neigung einer Braut zu umwerben, sondern die Dienste einer Sklavin zu erobern. 1 Das Blatt wurde 1856 unter dem Namen „Frankfurter Geschäftsbericht“ des Bankiers und liberalen Politikers Leopold Sonnemann (1831–1909) gegründet, nahm noch im selben Jahr den Namen „Frankfurter Handelszeitung“ an und wurde 1859 schließlich in „Neue Frankfurter Zeitung“ umbenannt. Nach der Besetzung Frankfurts 1866 wurde die Zeitung kurzzeitig verboten, erschien aber ab November 1866 wieder unter dem Titel „Frankfurter Zeitung und Handelsblatt“; Paupié, Die Frankfurter Zeitung; Estermann (Hrsg.), Zeitungsstadt Frankfurt.

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Artikel in der Neuen Frankfurter Zeitung

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Im Jahre 1859 rief Oesterreich die Macht Deutschlands auf, fast als sei sie sein zum Gehorsam gebotener Heerbann, um Italien im Joch zu halten. Die Deutschen hätten wohl den Kampf gegen Napoleon gewollt, aber nicht die Niederdrückung der Italiener; an diesem Widerspruch und Gegensatz erlahmte die Sympathie der Deutschen für einen Krieg, den sodann nicht die Uebermacht der Sieger, sondern das Ungeschick der Besiegten zu Ende führte. Preußen hätte die Gunst des Augenblicks, der den Nebenbuhler um die Obmacht in Deutschland kraftlos niederwarf, zur raschen Krönung seiner hundertjährigen Kaiserpläne benutzen können; Oesterreich wenigstens hätte sich gewiß eine so gute Gelegenheit nicht entgehen lassen, das hat das Beispiel von 1850 gezeigt: aber zu solchen Wagnissen war Preußen zu schwach oder zu redlich, wie man es nennen mag; in der Weltpolitik sind beide Eigenschaften oft, wenigstens im Erfolge, gleichbedeutend, und wer von der Redlichkeit Friedrich des Zweiten die Größe Preußens ableitet, der – – irrt sich. Preußen schien aber zur selben Zeit einen Anlauf zu nehmen, um die Zuneigung der deutschen Nation, eine wahrlich nicht schwer zu erobernde Veste, im Sturm zu gewinnen; man nannte das: „moralische Eroberungen“. Es kam aber nicht über den ersten Anlauf hinaus. Man hatte zu Berlin weder gegen die deutschen Regierungen den Muth rasch zuzugreifen, noch gegenüber dem deutschen Volke die großartige Entschlossenheit, es durch ein vollwichtiges Angebot von Recht und Freiheit zu sich herüber zu ziehen; man schwankte zwischen Beiden hin und her, wollte das Volk gewinnen und doch vom vergilbten Mantel des Gottesgnadenthums kein Zipfelchen abschneiden, die Regierungen unter eine preußische Führerschaft nöthigen und ihnen doch den Schein des freien Willens lassen. Man wollte Alles und nichts. Die Folgen treten nun endlich blendend hell vor die starrenden Augen der überklugen Herren; und ist es auch noch zu früh, Preußen mit einem „zweiten Tage von Olmütz“2 bedroht zu erklären, so hat das Ministerium Schwerin3 doch das herrliche Ziel erreicht, daß Preußen so verlassen steht von den Regierungen wie vereinsamt in der Nation. Oesterreich bekämpft in ihm den alten Feind, den es um so mehr haßt als seine Feindschaft sich nie bis zu einer That versteigt; die Mittelstaaten hassen in ihm den sich aufdrängenden Führer, den sie höchstens als ebenbürtig anerkennen; und die Nation, – die Nation fragt, was Preußen für sie gewollt und gethan hat und welche neuen Formen der Existenz es ihr gewährleistet, bevor sie sich entschließt zu seinen Gunsten alte Zustände zu zerstören. 2 Anspielung auf die Olmützer Punktation vom 29. November 1850, mit der Preußen auf österreichischen Druck seine kleindeutsche Unionspolitik aufgab und einer Rückkehr zum Deutschen Bund zustimmte. 3 Das seit 1859 amtierende liberale Ministerium um Innenminister Maximilian Graf von Schwerin-Putzar stand kurz vor der Auflösung und wurde am 17. März 1862 entlassen; ADB, Bd. 33, S. 432.

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Es ist wirklich ein seltsam Ding um die preußischen Führerschaftsgelüste. Dies Preußen will die deutsche Nation unter seinem Banner einigen, und als das einzige Mittel zu diesem Zweck gebraucht es diplomatische Noten, in denen es durch Paragraphen von Verträgen und Artikel von Bundesgrundgesetzen den pedantischen Beweis führt, daß die deutschen Regierungen berechtigt sind, sich zu einem engeren Bundesstaat innerhalb des deutschen Bundes zu verschmelzen. Und wenn nun dies durch Urkunden und Zeugen bis zum Erfüllungseid und drüber hinaus bewiesen wäre, was weiter? Die Regierungen mögen immerhin dazu berechtigt sein; aber Niemand ist verpflichtet, von seiner Berechtigung Gebrauch zu machen. Die Regierungen dürfen, aber sie wollen nicht; sie erklären, daß sie nicht wollen. Damit hat die Sache ein Ende, und das politische Rechenexempel wird durchstrichen. Das deutsche Volk ist nicht gewonnen, die deutschen Regierungen aber abgestoßen; die moralischen Eroberungen sind nicht gelungen, die kriegerischen unterblieben. Was wird nun Preußen thun? sich bis auf bessere Zeiten in den Mantel seiner Enthaltsamkeit hüllen, und die Deutschen anklagen, daß sie ihr Glück zurückgewiesen? Solche Rolle wird ihm eben so wenig in der Nation Zutrauen erwerben, als die Vergrößerung seines Heeres ihm wirkliche Macht zugewendet hat. Das Schlimmste für das preußische Cabinet ist aber, daß die Beweisgründe die es erfunden, die politische Schöpfung die es entworfen und vorgezeichnet, jetzt von seinen Gegnern in die Hand genommen und weit besser benutzt werden, als man es zu Berlin vermochte. Der neue engere Bund, den zu stiften bisher Preußen als in Rechten erlaubt verkündigte, ihn wollen jetzt die Mittelstaaten mit Oesterreich schließen; und mit welchen Rechtsgründen vermöchte Preußen zu bestreiten, wofür seine Radowitz und Bernstorff beharrlich ins Feld des Notenwechsel gezogen?4 Was mit Preußen Rechtens war, kann mit Oesterreich nicht Unrecht sein. – Preußen wollte mit den anderen Staaten einen engeren Bund, dessen bloßes Bestehen schon Oesterreich aus Deutschland hinausgedrängt hätte; wenn diese anderen jetzt einen solchen Bund mit Oesterreich wollen, kann Preußen seinerseits sich nicht beschweren, daß es durch ihn von Deutschland abgerissen werde. Was Einem recht ist, ist dem Andern billig; als Staaten betrachtet, und lediglich vom politischen Standpunkte aus, hat Preußen keinen Vorzug vor Oesterreich bei den deutschen Regierungen zu beanspruchen. 4 Joseph Maria von Radowitz (1797–1853) war 1849/50 wichtigster außenpolitischer Berater von König Friedrich Wilhelm IV. und zeitweise preußischer Außenminster. Albrecht Graf von Bernstorff (1809–1874) amtierte von 1848 bis 1851 als preußischer Gesandter in Wien und war 1861/62 preußischer Außenminister. Radowitz war der Architekt der kleindeutschen Unionspläne von 1849/50, auf die Bernstorff in Reaktion auf den Bundesreformplan Beusts wieder zurückgriff.

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Artikel in der Neuen Frankfurter Zeitung

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Das ist die unvermeidliche Folge jenes schwächlichen, unklaren Berliner Systems, das auf ein Ziel nur mit dem Finger zu deuten wagte, anstatt darauf den kräftigen Gang zu richten; das ist die Folge davon, daß man den Zweck will und die Mittel scheut; das ist die Folge davon, daß Preußen sich an den realen Egoismus statt an die ideale Begeisterung, daß es sich an die Regierungen statt an das Volk gewendet. Die Mittelstaaten begreifen wohl den ungeheuren Fehler, den Preußen begangen; aber das Princip ihrer eigenen Existenz verbietet ihnen, den Fehler des Gegners vollständig zu benützen. Sie sind nicht im Stande, selbst zu vermeiden, was die Nation Preußen zur politischen Sünde anrechnet, obschon sie nach Kräften den Versuch unternehmen. Um ihren Fortbestand dem Volke erwünscht zu machen, greifen sie nach der vermoderten Idee von 1847, den Bundestag mit einem Absud der deutschen Kammern zu verwässern5; das soll denn eine Nationalvertretung ersetzen. Das Kunststückchen, wenn es selbst nicht etwas Unmögliches bezielte, ist zu ungeschickt, als daß die Nation sich nur einen Augenblick der geringsten Täuschung hingeben könnte; das Angebot ist zu jämmerlich, als das die Gläubigerin es für die große Forderung der Einheit und Freiheit als Abschlagszahlung anzunehmen vermöchte. Wie gewisse Regierungen nach dem Jahre 1815 das Volk mit Verfassungen begabten, um an diesen einen Halt und Schutz gegen die Antastungen der Cabinette von Berlin und Wien zu finden, so wollen sie jetzt in ähnlichem Sinne ein Spottgebild von Parlament herstellen, in der Hoffnung, an ein solches ihr Fortbestehen anlehnen zu können. Es gilt die Nation zu gewinnen; aber hier wie dort, diesseits wie jenseits ist die Selbstsucht zu groß, als daß sie den hohen Gewinn mit irgend welcher Opfergabe verdienen möchten. Und das ist noch Preußens Glück im Unglück. Es hat sich nicht ermannt zur Schaffung der Freiheit; aber seine Nebenbuhler vermögen es eben so wenig. Preußen will den deutschen Bundesstaat ohne etwas dafür zu thun; seine Nebenbuhler wollen ihn gar nicht: Beides aber kommt für die Nation auf Eines hinaus. Wer aus diesen Kämpfen und Krämpfen der deutschen Nation den besten Nutzen zu ziehen denkt, das ist jedenfalls Oesterreich. Die Mittelstaaten sind ihm nur Werkzeuge für seine Plane auf Italien, wo die Zustände von 1858 wiederherzustellen sein erstes und letztes Ziel ist. Deutschland soll die Feuerzange sein, dem Hause Habsburg die Frucht aus den glühenden Kohlen zu ho5 Der Autor bezieht sich hier offenbar auf den Reformplan von Radowitz, den dieser am 20. November 1847 dem preußischen König vorlegte. Darin wurde unter anderem vorgeschlagen, Bundeskommissionen mit Sachverständigen „aus allen Theilen Deutschlands“ zu bilden, um die Reformen durchzuführen. Vgl. Hassel, Radowitz, S. 452 ff.; Meinecke, Radowitz, S. 50–58, Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 39; Druck des Radowitz-Plans in: Radowitz, Gesammelte Schriften, Bd. 3, S. 314–337.

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len. Die Verbürgung des österreichischen Länderbesitzes wird nach wie vor den deutschen Staaten angesonnen, und Oesterreich wird nicht ruhen und rasten, bis sie sich im Abgrund dieser Thorheit fangen lassen, wenn nicht der große Gerichtstag der deutschen Nation vorher schon anbricht. Die Frage, was Preußen zu thun bleibt, um nicht in die Bedeutungslosigkeit und das politische Nichts der Manteuffel’schen Zeit zurückzufallen, beantwortet sich von selbst aus dem was es will. Es will die politische und militärische Führerschaft in Deutschland; wenn es sich je die Bedeutung dieser Forderung klar gemacht hat, so muß es wissen, es will eine Revolution oder die Folgen einer Revolution. Es gibt Revolutionen von Oben und Unten; beide im Verein sind unwiderstehlich. Biete Preußen der Nation eine freiheitliche und einheitliche Verfassung, wie sonst nur eine gewaltige Umwälzung sie ihr schaffen könnte, so wird es triumphirend erkennen, was dafür ihm die Nation gewährt. Den rechten Zeitpunkt zu wählen, wäre freilich der Tapferkeit und nicht der ängstlichen Vorsicht anheimzugeben; aber bis daß er komme, müßte Preußen einstweilen in seinen inneren Verfassungsverhältnissen deutlich zeigen, was dereinst die ganze Nation von ihm mit Sicherheit zu erwarten hätte. Ist das zuviel verlangt? Es kommt darauf an, an wen die Nation ihr Verlangen richtet. Besitzen die Lenker der Staatsgeschicke in Berlin nicht die Erkenntniß und den Muth und die Kraft für eine der schwersten Aufgaben der Geschichte, wohl so entsage Preußen den Hoffnungen, jemals mit seiner Größe das deutsche Volk verbündet zu sehen; es trete zurück von der unfruchtbaren Aufgabe, Regierungen zu überzeugen, daß sie selbst ihre Selbständigkeit verstümmeln müssen; das Königthum von Gottes Gnaden verlange von seines Gleichen keine Unterordnung. Nur die Kraft der Nation und die nationale Idee vermag Deutschland zu einem Ganzen zu gestalten, und die Sünde von 18066 wieder gut zu machen, die das tausendjährige deutsche Reich mit Hülfe des Reichsfeindes in vierzig Souveränetäten zerschlug.

6 Gemeint ist die Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Nach der Niederlage Österreichs gegen Napoleon bei Austerlitz am 2. Dezember 1805 und dem Frieden von Preßburg vom 26. Dezember 1805 kam es im Juli 1806 zur Gründung des Rheinbundes unter französischem Protektorat. Die Rheinbundstaaten traten am 1. August 1806 aus dem Reich aus, worauf Kaiser Franz II. am 6. August 1806 die Kaiserkrone niederlegte; vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 64–74.

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Artikel im Frankfurter Journal

Nr. 114

114. Artikel im Frankfurter Journal Frankfurter Journal Nr. 46 vom 15. Februar 1862.

Die moralische Kraft der identischen Noten ist sehr gering, und es ist nicht ersichtlich, welcher materieller Gewinn daraus für Österreich und seinen Anhang erwachsen soll. Der geistige Kampf wird andauern. Wenn Preußen den nationalen Reformgedanken anerkennt, kann es nur noch vorwärts gehen. Nur wenn Preußen sich in deutschen Dingen schwach und unentschlossen zeigt, wird es in die Isolation geraten. Auch deshalb sollen König und Ministerium in der kurhessischen Frage mit Entschlossenheit handeln.

Frankfurt am Main, 15. Februar 1862 P. Vom Rhein, 13. Febr. Es ist sehr erklärlich, wenn die großdeutschen Blätter in der Uebergabe der gleichlautenden Noten1 gegen die deutsche Bundesreformpolitik des Grafen Bernstorff schon die Morgenröthe begrüßen, die demnächst über Großösterreich und Großdeutschland den Tag der Verjüngung heraufführen wird. Allein es steht sehr zu befürchten, daß die alte Bauernregel: „Morgens roth, Abends Koth“2 sich eher bewähren wird, als die großen Hoffnungen, zu denen ihre erhitzte Phantasie sich hinreißen läßt. Sie nennen es einen höchst genialen Schachzug, der gegen Preußen geführt worden sey, allein das letztere müßte in der That ein sehr stümperhafter Spieler seyn, wenn es sich durch jenen sehr trivialen Zug matt setzen ließe. Sie triumphiren, daß es isolirt sey, während jene Noten keinen neuen Zustand herbeiführen, sondern nur den bisherigen constatiren. Sie geben dem längst bestehenden Gegensatz, der sich, freilich in nicht sehr glücklicher Weise, in die Formel von Groß- und Kleindeutsch zusammengefaßt hat, nur einen Ausdruck, der nichts wesentlich Neues zur Begründung bringt. Kann so die moralische Kraft jener Noten mit ihrer Aufwärmung zehnmal widerlegter Argumente, und Verläugnung der Geschichte der Vergangenheit wie des geschichtlichen Rechts der Gegenwart, jedenfalls nur eine sehr geringe seyn, so ist vollends nicht ersichtlich, welch materieller Gewinn Oesterreich und seinem Anhang aus ihren gleichlautenden Erklärungen erwachsen könnte. Sie setzen Preußen in keine nachtheiligere Lage, als es bisher war. Alle die schönen Pläne, mit denen sie sich tragen mögen, sind mit Unfruchtbarkeit geschlagen, so lang Preußen sie zurückweist. Da sie anzunehmen Verrath an sich selbst und an Deutschland wäre, so ist eine Abweisung so gut als gewiß. (Siehe neueste telegr. Depesche aus Berlin vom 13. d.)3 Allerdings wird dem Großdeutschthum gelingen, dem Status quo noch 1 Siehe Dok. 107. 2 Bauernregel: Gut Wetter kündet Abendrot, doch Morgenrot bringt Wind und Kot. 3 Die Antwort Preußens auf die identischen Noten wurde am 12. Februar 1862 nach Wien gesandt und sollte am 13. Februar an die übrigen Regierungen übermittelt werden; Telegramm von

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ein längeres Daseyn zu fristen; allein die auf die Erfahrungen und das wohlverstandene geschichtliche Recht begründete Reformansicht wird darum nicht todt gelegt, sondern eher zu neuer Kraft erweckt. Schon jetzt ist ihre moralische Kraft so groß, daß kein Gegner daran denken darf, ihn mit physischen Mitteln bezwingen zu wollen. Der geistige Kampf wird fortdauern, immer größere Verhältnisse annehmen, zumal wenn Preußen erkennt, daß, nachdem es den nationalen Reformgedanken förmlich und feierlich als den seinigen anerkannt hat, es nicht mehr zurück, sondern nur noch vorwärts gehen kann. Und daß es dieser Einsicht gemäß handeln werde, das ist uns darum nicht zweifelhaft, weil es sich vor Allem um seine ganze Stellung als europäische Großmacht handelt. Zeigt es in deutschen Dingen sich schwach und unentschlossen, dann, aber auch nur dann wird es in einen Zustand der Isolirung gerathen, der es seinen Feinden preisgibt, nicht mehr zum Haß, wohl aber zum Hohn und Spott. Darum ist anzunehmen, daß es, wenn auch weit entfernt, die Einheit Deutschlands durch Bürgerkrieg herbeiführen zu wollen, doch sich frei machen wird von jenen Rücksichten, die ihm keinen Dank und keinen Gewinn bringen! Auf die Forderung einer Garantie aller nichtdeutschen Länder Oesterreich mit der Anerkennung Italiens zu antworten, dürfte nicht außerhalb seines Interesses liegen. Dem Grimm Oesterreichs und seiner Anhänger gegenüber könnte es in aller Seelenruhe auf die Millionen Deutsche blicken, die innerhalb und außerhalb Preußens diesen mannhaften Entschluß als eine Garantie für eine entschlossene Politik betrachten und ihm doppelte Sympathien zuwenden würden. Eine großdeutsche Kriegserklärung braucht es nicht zu besorgen; wohl aber hat es zu hoffen, daß England ihm mehr Vertrauen zuwenden wird, als bisher, und sich geneigt finden lassen wird, in ein näheres Verhältniß zu ihm zu treten. Frankreich hat Italien anerkannt, kann also in demselben Schritt Preußens nichts ihm feindliches erblicken. Rußland hat nicht das geringste Interesse, Oesterreich zur Seite zu stehen. Ein weiterer Schritt deutscher Politik wäre eine energische öffentliche Erklärung in Sachen Kurhessens. Geschieht er, so wird das Großdeutschthum abermals die Lehre empfangen, daß Preußen in Deutschland nicht isolirt ist, und es wird das letztere die Genugthuung erlangen, daß in die Grube, die ihm von seinen Feinden in Kurhessen gegraben worden ist, schließlich sie selber hineinstürzen! Darum gebe Gott, daß, gestützt auf die Einigkeit aller liberalen Fraktionen, König und Ministerium entschlossenen Muthes die Bahn des Rechtes gehen, und erkennen, wo ihre Kraft liegt. Ihre Feinde könnten nur Montgelas an Schrenk, 13. Februar 1862, 18.30 Uhr, HStA München, MA 493/2. Die den Regierungen von den jeweiligen preußischen Gesandten vor Ort überreichten Noten sind jedoch auf den 15. Februar 1862 datiert, siehe unten Dok. 116.

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Artikel in den Deutschen Blättern

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stark werden durch Schwäche, die sie gegenübersehen, die Freunde aber werden aus seiner Kraft auch die ihrige saugen im Kampfe gegen die Reformfeinde. Durch Energie und Thatkraft wird einer schlechten Sache oft zum Sieg verholfen, durch Mangel an Entschlossenheit auch die beste rettungslos zu Grunde gerichtet!

115. Artikel in den Deutschen Blättern Deutsche Blätter. Ein Sprechsaal für gebildete Vaterlandsfreunde. Verbunden mit der Zeitschrift „Der deutsche Verkehr“ Nr. 7 vom 15. Februar 1862, S. 49 f.

Die identischen Noten sind ein wichtiger Schritt in der deutschen Frage. Es kann nicht weitergehen wie bisher. Preußen strebt die faktische Mediatisierung der Mittel- und Kleinstaaten an und versucht den Bund lahmzulegen. Die preußische Regierung wird auf den Vorschlag einer Bundesreform nicht eingehen, solange das jetzige bundesfeindliche Ministerium im Amt ist. Mit seiner Ablehnung einer Fortbildung des Deutschen Bundes erklärt Preußen faktisch sein Ausscheiden aus dem Bund. Die Kraft und das Vertrauen des Volkes müssen durch Ausbildung eines regen Bundeslebens gestärkt werden, ansonsten droht der Zerfall der Nation.

Frankfurt am Main, 15. Februar 1862 Biegen oder brechen. In der deutschen Frage ist nunmehr ein wichtiger Schritt erfolgt. Die Cabinette von Wien, München, Dresden, Stuttgart, Hannover, Darmstadt und Wiesbaden haben in gleichlautenden Noten1 sich über die Bernstorff’sche Antwort an die kgl. sächs. Staatsregierung ausgesprochen. Sie verwahren sich gegen die Andeutungen des preußischen Ministers, daß dessen Idee über einen engern Bund im deutschen Bunde mit gemeinsamem Oberhaupt mit den Grundsätzen des Bundesvertrags vereinbar sein könne. Ein Staat, der sich einer bundesstaatlichen Centralgewalt oder auch nur der diplomatischen oder militärischen Führung eines andern Staates unterordne, könne vielleicht noch Verträge über administrative Angelegenheiten, aber nicht mehr ein Bündniß selbständig schließen. Ein Vertrag, der diese Unterordnung begründete, sei nicht ein Bündniß, sondern ein Subjectionsvertrag. Die vereinigten Regierungen drücken ihre Hoffnung aus, daß der k. preußische Hof einer solchen Auffassung nicht Folge geben werde. Sie glauben, daß 1 Siehe Dok. 107.

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das Princip jeder Reform die organische Entwicklung der bestehenden, das ganze Deutschland vereinigenden Bundesverfassung sein müsse und daß auf dieser Grundlage bei allseitiger Bereitwilligkeit wichtige, den Fortschritten der inneren Entwicklung Deutschlands entsprechende Verbesserungen ins Leben gerufen werden könnten. Als solche bezeichnen die Noten die Begründung einer wirksameren Exekutivgewalt des d. B.2 und die Regelung der Thätigkeit des Bundes in den Angelegenheiten gemeinsamer deutscher Gesetzgebung durch Zuziehung von Delegirten der d.3 Ständeversammlungen. Würde die preuß. Regierung darauf eingehen, so wäre dadurch die Eröffnung von Berathungen über Bundesreform ermöglicht. Jeder unbefangene und denkende Vaterlandsfreund wird zugeben, daß der Antrag der betheiligten Regierungen weder in Form noch Inhalt die Eigenschaften bundestreuer und versöhnlicher Gesinnung verläugnet. Daß es so nicht fortgehen kann, liegt auf flacher Hand. Von Preußen wird auf eigene Hand mit der factischen Mediatisirung der Kleinstaaten vorangegangen, indem man ihre Contingente auf dem Wege der Convention dem preußischen Oberbefehle einverleibt, während die bestehende Bundeskriegsverfassung nur ein Bundesheer kennt, das die Truppenkörper der Einzelstaaten dem Bunde unterordnet, einem gemeinsamen Bundesfeldherrn – das ferner von den Bundesgeneralen beaufsichtigt wird und vom Bunde seine Instructionen erhält. Man strebt zugleich nach dem Alleinbesitz strategisch wichtiger Plätze, namentlich der Festung Mainz, des Schlüssels zu Süd- und Mittel-Deutschland. Während man den Bund lahm zu legen sucht, unterstützt man von Berlin aus jede Agitation der gothaisch-demokratischen Partheien in Deutschland. Namhafte Männer dieser Partei sitzen im Cabinet und der Abgeordnetenkammer. Während man zur Mitwirkung auch bei der bescheidensten Reform, wie z. B. über eine gemeinsame Civilgesetzgebung, Patentwesen ec. jede Thätigkeit versagt, ja sogar nicht einmal die Ausschüsse mehr beschicken will, steht mit dieser Passivität die eigenmächtige Vielthätigkeit in grellem Widerspruch, mit welcher man sich auf solche Fragen wirft, welche, wie z. B. die verwickelten kurhessischen Angelegenheiten der Erledigung durch den Bund große Schwierigkeiten entgegensetzen und daher zur Depopularisirung der Bundesverfassung und des ganzen Bundeslebens vorzugsweise geeignet sind. In der preußischen Presse duldet man ohne alles Einschreiten der Gerichte die gröbsten Schmähungen gegen alle Bundesregierungen, welche sich den gothaischen Annexionsplänen widersetzen, die Personen der regierenden Monar2 deutschen Bundes. 3 deutschen.

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chen, ihre Familien- und Privatverhältnisse werden lügenhaft verdreht und mit einer Rücksichtslosigkeit an den Pranger gestellt, welche in monarchischen Staaten ihres Gleichen nirgends hat. Ein politischer Verein, der sich die praktische Verwirklichung der gothaischen Pläne auf dem vorbereitenden Wege der mündlichen und journalistischen Agitation zur Aufgabe stellt, wird entweder begünstigt, oder doch wenigstens nirgends gemißbilligt, nicht einmal in der amtlichen Presse. Wer noch daran zweifelt, daß es in den Plänen des Ministeriums Auerswald4 liegt die deutsche Verwirrung und politische Zerfahrenheit möglichst zu steigern, um dadurch die Mittel- und Kleinstaaten in Verlegenheit zu bringen, bis sie unter kräftiger Mitwirkung der Nationalvereine und ihrer Presse sich verzweifelnd den Staatsmännern in Berlin an den Hals werfen und ihnen die gewünschten Hegemonien und Alles, was sie wünschen, auf dem Präsentir-Teller entgegenbringen, der muß ungläubiger sein, als einst der heilige Thomas. Wird nun die preußische Regierung auf das Ansinnen wegen Zusammentretens zur Vornahme der Bundesreform in besonderen Berathungen wohl eingehen? Wir glauben nicht. Das jetzige Cabinet scheut offenbar weniger die Niederlagen, als deren Schein. Je staatskluger von den betreffenden Regierungen gehandelt und dadurch eine gewisse Ueberraschung erzeugt wurde, je günstiger der Eindruck eines raschen und energischen Zusammenfassens derselben in der ganzen Nation gewesen ist, desto weniger wird man sich nach jetziger Sachlage in Berlin auf den Antrag einlassen. Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß man ihn wenigstens ausbeuten wird, um, gestützt auf die Isolirung Preußens, das hohe Militärbudget bei der zweiten Kammer durchzusetzen, in welchem der preußische Monarch eine Lebensbedingung des Staates erblickt.5 Bei aller Unannehmlichkeit des Schrittes bietet er doch den zahmen zwischen den Wünschen der Krone und den Forderungen des Volkes eingeengten Fortschrittsmännern des Landtags, den Vortheil, auf gute Manier von ihrer früheren Weigerung abzukommen und in den sauern Apfel der Verwilligung zu beißen. Wir sind der Meinung, daß dieser Ausgang bei weitem der wahrscheinlichere ist. 4 Rudolf von Auerswald (1795–1866) war 1858 ins preußische Staatsministerium berufen worden und übernahm 1860 das Amt des Ministerpräsidenten, von dem er im März 1862 zurücktrat; ADB, Bd. 1, S. 651–654; NDB, Bd. 1, S. 439 f. 5 Der Konflikt zwischen der preußischen Staatsführung und dem Abgeordnetenhaus über die Heeresreform erreichte im Februar/März 1862 seinen Höhepunkt und führte im März 1862 zur Entlassung des Ministeriums und dem Ende der „Neuen Ära“ in Preußen; vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 275–296, bes. S. 290–294.

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Die Frage wird nach erledigter Militärangelegenheit aber nun gebieterisch auftreten ob das bisherige Ministerium des Gothaismus noch länger am Ruder des Staates bleiben oder einem andern Platz machen wird. Die persönliche Entschließung des Monarchen wird hier maßgebend sein, ein Act, über welchen man nicht einmal Vermuthungen aufstellen kann. Es steht einzig in „der Vorsicht Hand“. Möge sich der königliche Wille zum Besten des Gesammtvaterlandes lenken! Was nun die Folge sein wird, wenn das jetzige bundesfeindliche Ministerium bleibt, das die Interessen der Gegenwart schwärmerischen Zukunftsplä6 nen opfert? Niemand hat uns in die Pläne der Cabinette eingeweiht*, aber wir theilen das Vertrauen jedes denkenden Deutschen, daß sich die verbündeten Regierungen auf eine ablehnende Antwort des Berliner Cabinets bereits eingerichtet haben. Will Preußen die Erhaltung und Fortbildung des jetzigen Bundes nicht, wie er besteht und völkerrechtlich normirt ist, so erklärt es damit factisch sein Ausscheiden aus dem Bunde. Kann ein vernünftiger Mensch darüber im Zweifel sein, daß man einen Bund, die bloße Form und der Organismus für Erreichung der Bundeszwecke, nicht fortführen kann und darf, wenn die Verbündeten darüber in Zwiespalt sind, was eigentlich durch die Föderation er-

* Wenn unsere letzten Artikel von vielen Zeitungen als inspirirte Berichte praktischer Staatsmänner aufgefaßt wurden, so gereicht uns das zu nicht geringer Genugthuung. Die Deutschen Blätter werden es sich zur Ehre rechnen, allen guten und gerechten Dingen nach Maßgabe ihrer Kräfte beizustehen, mögen solche von Regierungen ausgehen oder von Regierten – diesmal sind aber die betreffenden Organe auf falscher Fährte. Gehört denn amtliche Inspiration dazu, um zu erkennen, daß eine Verständigung und gemeinsame Action der bundestreuen Staaten gegen die bundesfeindlichen von den Umständen so dringend geboten ist, als das Heilmittel von der Krankheit, die Vertheidigung von dem Angriff? Das capitolinische Geschrei gewisser Federn, die mit der Sense des Saturn oder der Kurierpeitsche den Eingang in das verlorene Abonnentenparadies erstürmen möchten, kümmert uns übrigens wenig. Conscia mens recti vulgi mendacia ridet.6 In welchen Händen ist doch ein guter Theil der deutschen Presse! Was kann aus diesem Unfug der Ignoranz und verlegerischen Habsucht anders herauskommen, als die schnödeste Verwirrung der Begriffe? Nach der Meinung dieser Gelehrten darf man gedruckt Alles sagen und einleiten, was, mündlich ausgesprochen und gethan, Jemanden ins Zuchthaus bringen müßte. Gute Aussichten für die Preßfreiheit!

6 „Ein Geist, im Bewußtsein des Richtigen, lacht über die Lügen eines Gerüchts“, römisches Sprichwort, nach Ovid, Die Fasten 4, 311, in der Ausgabe von Bömer übersetzt als: „Im Bewußtsein ihrer Unschuld verlachte sie [Claudia Quinta] die Lügenreden“; [Ovid,] Die Fasten, Bd. 1, S. 193.

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Preußische Antwort auf die identische Note Österreichs

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reicht werden soll? Wenn der widerstrebende Bundesgenosse den Bund selbst nicht mehr will? Wenn dieser Bundesgenosse sogar eine Hauptmacht und den wesentlichen Schlußstein der ganzen Verbindung bildet? Wenn er die Hände nach den wichtigsten Souveränetätsrechten der schwachen Staaten ausstreckt? Niemand wird dem Gedanken einer leichtsinnigen Lösung des Bundes das Wort reden. Wenn aber alle Versuche einer Verständigung zurückgewiesen werden, so wird Unthätigkeit Verbrechen, Thätigkeit zur zehnfachen Pflicht. Allenthalben drohen Stürme, Feinde umstehen unsere Marken ringsum. Die Kraft und das Vertrauen des Volkes müssen durch Ausbildung eines regen Bundeslebens gehoben werden oder uns droht nationaler Zerfall. Wie nothwendig es für die Lenker der deutschen Staaten ist, sich in allen Stücken mit dem Kern ihrer Bevölkerungen, namentlich auch den Landesvertretungen, in Einverständniß zu halten, ihre Absichten, so weit möglich, offen darzulegen und den Geist eines engherzigen, rechthaberischen Büreaukratismus wie jetzt auch bei weiterem Verfolg der inhaltschweren Angelegenheit fern zu halten, bedarf unserer Mahnungen nicht. Vertrauen wir den Regierern auf der eingeschlagenen Bahn. Die Geschichte wird dereinst anerkennen, daß sie die einzige mögliche von der Lage des Vaterlandes dringend gebotene war.

116. Preußische Antwort auf die identische Note Österreichs und der Mittelstaaten HStA München, MA 493/2. Note von Perponcher an Schrenk. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 16. Februar 1862. Gleichlautende Noten ergingen an die Regierungen in Wien, Stuttgart, Hannover und Nassau. Druck: Das Staatsarchiv, Bd. 2, 1862, Nr. 232, S. 154–156; Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, 3. Jg. 1862, S. 29 (gekürzt); Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 2, S. 127 f. (gekürzt).

Preußen weist den Bundesreformplan Beusts zurück, weil dieser den Bestand des Bundes gefährden würde. Exekutive, Volksvertretung und gemeinsame Gesetzgebung können nur auf dem Weg freier Vereinbarung in einem engeren Bund herbeigeführt werden.

München, 15. Februar 1862 Der unterzeichnete außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Seiner Majestät des Königs von Preußen ist beauftragt, die Note, welche der außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Seiner Majestät des

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Königs von Bayern, Graf von Montgelas1, unterm 2ten d. M. an den Königlichen Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Grafen von Bernstorff gerichtet hat2, in nachfolgender Weise zu beantworten. Die Bemerkungen, welche der gedachte Herr Gesandte der Erwägung der Königlichen Regierung mittelst jener Note anzuempfehlen beauftragt worden ist, beziehen sich auf die bei Beurtheilung der Bundesreformvorschläge des Freiherrn von Beust Preußischer Seits der Königlich Sächsischen Regierung gegenüber ausgesprochenen Ansichten über den heilsamen Weg zur Reform des Bundes. Diese Ansichten gingen im Wesentlichen dahin, daß ein Versuch, den ganzen Bund durch Herstellung einer wirksamen Executive mit Volksvertretung und gemeinsamer Gesetzgebung in bundesstaatlicher Richtung umzugestalten, mit ernstlicher Gefahr für dessen Fortbestehen verbunden sein müßte; wogegen der Bestand des Bundes nicht gefährdet sein würde, wenn, unter Festhaltung der völkerrechtlichen Grundlagen des Ganzen, für eine engere Vereinigung seiner Glieder auf dem Gebiete des inneren Staatsrechts der Weg der freien Vereinbarung betreten und jene für das Ganze vorgeschlagene Einrichtungen: Executive (militärischer Oberbefehl und einheitliche Vertretung nach außen), Volksvertretung und gemeinsame Gesetzgebung, innerhalb solcher engerer Grenzen gegründet würden. Die Königlich Bayerische Regierung hat sich veranlaßt gefunden, dieser von Preußischer Seite der Königlich Sächsischen Regierung kundgegebenen Auffassung gegenüber zu erklären, daß zu ihrem innigen Bedauern ihre Pflichten und ihre Ueberzeugungen ihr gleich entschieden verböten, sich solchen Anschauungen anzuschließen. Die Königlich Preußische Regierung würde sich bei Entgegennahme dieser Erklärung, welche eine ihr auch vorher schon bekannte Thatsache bestätigt, auf die Versicherung haben beschränken können, daß sie jenes Bedauern ihrerseits theile. Da aber die Königlich Bayerische Regierung noch einen Schritt weiter geht, und sich berufen fühlt, vom Gesichtspunkte der „allgemeinen Interessen Deutschlands“, sowie von dem des „positiven Rechts“, und unter Hinweisung auf die unheilvollen Folgen, welche Preußens Reformbestrebungen in früheren Epochen gehabt hätten, eine förmliche Verwahrung gegen die Preußische Auffassung einzulegen, so will die Königliche Regierung nicht verhehlen, daß ihr weder ein begründeter Anlaß, noch irgend eine Berechtigung zu einer solchen Verwahrung vorzuliegen scheint. Dieser Schritt, welcher dadurch noch auffälliger wird, daß er verabredeter Maßen in identischen Noten gleichzeitig von mehreren Bundesregierungen 1 Ludwig Graf von Montgelas (1814–1892), 1854–1858 und 1860–1867 bayerischer Gesandter in Berlin; NDB, Bd. 18, S. 54 f.; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 30 f. 2 Siehe Dok 107.

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Preußische Antwort auf die identische Note Österreichs

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gethan worden ist, entspricht so wenig dem Charakter des von der Königlich Sächsischen Regierung eingeleiteten Meinungs-Austausches über die von vielen Seiten als dringend nothwendig anerkannte Bundesreform, daß die Königliche Regierung sich nicht bewogen finden kann, darnach noch auf irgend eine Erörterung der in der Note des Königlich Bayerischen Gesandten aufgestellten Gegen-Ansichten einzugehen. Die Bedeutung der letzteren hat übrigens von Seiten Preußens bereits in einer früheren Zeit ihre entsprechende Würdigung gefunden. Es wird jedoch in Bezug auf die unheilvollen Folgen, welche ähnliche Bestrebungen in jener Zeit über Deutschland heraufzubeschwören gedroht haben sollen, daran erinnert werden müssen, daß es nicht Preußens Bestrebungen für die Reform der Bundesverfassung waren, welche jene Folgen herbeizuführen drohten, sondern daß es das Verhalten derjenigen Regierungen war, an deren Widerstand diese Bestrebungen damals scheiterten. Ihnen verdankt Deutschland die unveränderte Wiederherstellung der alten Bundesverfassung, und damit einen dauernden Keim zu ähnlichen Wirren. Wenn jetzt von derselben Seite durch die erwähnte Bemerkung der Note vom ten 2 Februar Anlaß dazu gegeben wird, daß diese Thatsache wieder in ihrem vollen Lichte erscheint, und wenn man sich dabei auf die Sorge um die Sicherheit und den moralischen Frieden Deutschlands beruft, welche man durch Preußen bedroht finden will, so ist der Augenblick dafür um so weniger glücklich gewählt, als man gleichzeitig gezwungen ist, das Reformbedürfniß einzugestehen, dessen rechtzeitige Befriedigung man schon einmal verhindert hat. In der gewissenhaften Erfüllung der Bundespflichten, in der Vertretung wahrhaft deutscher Interessen, in dem ernstlichsten Bemühen, wohlberechtigten nationalen Anforderungen selbst gerecht zu werden und ihnen bei den anderen Bundesregierungen Geltung zu verschaffen, räumt die Königlich Preußische Regierung keinem ihrer Bundesgenossen den Vorrang ein. Sie hat aber aus dem Bewußtsein treuer Pflichterfüllung bisher keine Berechtigung zu einem Schritte hergeleitet, wie er mit der in Rede stehenden identischen Note von den betheiligten Regierungen gegen Preußen gethan worden ist. Die Königliche Regierung würde in der Verwirklichung der am Schlusse der Note angedeuteten Reform-Ansichten, wonach für den ganzen Bund eine Verfassung mit wirksamer Executiv-Gewalt, gemeinsamer Gesetzgebung und Volksvertretung begründet werden soll, und an welche sich leicht das Streben nach einer weiter gehenden „politischen Consolidation“ mit außerdeutschen Gebieten schließen dürfte, wie dies in der Depesche des Kaiserlich Oesterreichischen Cabinets vom 5ten November v. J.3 bereits hervorgetreten ist, eine weit größere Gefährdung des Bestandes des Bundes erkennen müssen, als in 3 Siehe Dok. 88.

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Darmstadt, 19. Februar 1862

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Reformen in derjenigen Richtung, welche Preußen in der Depesche vom 20sten December v. J.4 bezeichnet hat. Dennoch ist die Königliche Regierung weit davon entfernt schon der bloßen Kundgebung jener Ansichten über die Grundlagen der Reform mit einer Verwahrung entgegenzutreten. Sie glaubt im Gegentheil ihr schließliches Urtheil darüber zurückhalten zu sollen, bis ihr ein bestimmt gestalteter Reformvorschlag mitgetheilt wird, welcher ihr das Verständniß der Absichten der Königlich Bayerischen Regierung vollständig ermöglicht. Für jetzt erscheint der Königlichen Regierung die Unausführbarkeit einer Reform nach den vorliegenden allgemeinen Andeutungen als unzweifelhaft, und da dieselben in vollkommenem Widerspruch mit dem Standpunkt stehen, zu welchem sie selbst sich bekennt, so muß sie ihrerseits den Eintritt in Berathungen über eine Reform auf solchen Grundlagen für unthunlich erachten. Der Unterzeichnete benutzt zugleich diesen Anlaß um Seiner Excellenz dem Königlich Bayerischen Staatsminister des Königlichen Hauses und des Äußeren, Herrn Freiherrn von Schrenk, die erneuerte Versicherung seiner ausgezeichnetsten Hochachtung auszusprechen. Perponcher5

117. Dalwigk an Roggenbach GLA Karlsruhe, 48/1524. Depesche. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 22. Februar 1862.

Es ist nötig, die verfassungsmäßigen Befugnisse der einzelstaatlichen Parlamente mit dem Streben der Bundesversammlung nach einheitlicher Gesetzgebung in Einklang zu bringen. Den Ständen muß Gelegenheit gegeben werden, die auf Veranlassung des Bundes ausgearbeiteten Gesetzentwürfe zu prüfen. Zu diesem Zweck soll eine Versammlung von Delegierten der einzelstaatlichen Kammern einberufen werden. Dies wäre auch vom Standpunkt der nationalen Interessen aus ein Gewinn. Dalwigk regt an, einen entsprechenden Bundesbeschluß zur baldigen Einberufung von Abgeordneten zu fassen.

Darmstadt, 19. Februar 1862 Hochwohlgeborner Freiherr, Hochzuverehrender Herr Ministerial-Präsident! Seitdem die deutsche Bundesversammlung ihr Bestreben dahin gerichtet hat, auf gewissen Gebieten des deutschen Rechts- und Verkehrslebens überein4 Siehe Dok. 100. 5 Wilhelm Ludwig Heinrich Arend Graf von Perponcher-Sedlnitzky (1819–1893), 1862–1863 preußischer Gesandter in München; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 325.

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Dalwigk an Roggenbach

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stimmende Gesetze und Einrichtungen in den einzelnen Bundesstaaten herbeizuführen, ist, wie Ew. Excellenz bekannt, von verschiedenen Seiten her der Wunsch nach einer Anordnung laut geworden, um die verfassungsmäßigen Befugnisse der gesetzgebenden Factoren der Einzelstaaten mit jenem Streben der Bundesversammlung in Einklang zu bringen. Zur Erörterung dieser Frage hat der am 6. l. Mts. gefaßte, auf Herbeiführung einer gemeinsamen Civil- und Criminalgesetzgebung für Deutschland gerichtete Bundesbeschluß1 einen neuen Anlaß gegeben und es dürfte, nach diesseitigem Ermessen, dringend an der Zeit seyn, daß die deutschen Regierungen der Erwägung näher treten, ob und wie jenem Wunsche Genüge zu leisten sey. Ew. Excellenz erlaube ich mir daher das Ergebniß, zu welchem man diesseits bei sorgfältiger Prüfung der Sachlage gelangt ist, nachstehend ganz ergebenst mitzutheilen. Das Verlangen einer Reform in der oben bezeichneten Richtung stützt sich hauptsächlich auf die Betrachtung, daß zwischen der auf Herbeiführung einer gleichmäßigen deutschen Gesetzgebung gerichteten Thätigkeit der Bundesversammlung und den verfassungsmäßigen Befugnissen der Landstände in den einzelnen Bundesstaaten die stete Gefahr eines Conflicts vorliegt, weil in allen Fällen, in welchen die landständische Versammlung eines Staats mit dem Inhalt eines auf Veranlassung der Bundesversammlung commissarisch ausgearbeiteten Gesetzesentwurfs nicht einverstanden ist, entweder der von der Bundesversammlung erstrebte Zweck vereitelt oder das ständische Zustimmungsrecht zur inhaltlosen Form herabgedrückt werden wird. Nun läßt sich allerdings nicht läugnen, daß die Stände unter den jetzt vorliegenden Verhältnissen, leicht in die Lage kommen können, materielle Bedenken gegen die von Bundeswegen entworfenen Gesetze zu unterdrücken, weil ihnen das politische Interesse an dem Zustandekommen einer einheitlichen deutschen Gesetzgebung höher steht und schwerer wiegt, als die Rücksicht auf volles Einverständniß mit dem Inhalt des betreffenden Gesetzes selbst. Der moralische Zwang, welchen sich die Kammern in solcher Weise auferlegen und von welchem, beiläufig bemerkt, auch die Regierungen bis zu einem gewissen Grade nicht frei sind, bildet nun zwar, wie sich von selbst versteht, durchaus keine wirkliche Verletzung constitutioneller Rechte. Aber es ist und bleibt doch immerhin schon an und für sich ein bedenklicher Mißstand, wenn die Siege des nationalen Gedankens auf dem Gebiete der Gesetzgebung durch das Opfer von Überzeugungen Seitens der ständischen Körper erkauft werden müssen. Und dann liegt gerade in diesem Verhältniß stets eine Gefahr für das Zustandekommen der von allen Seiten gewünschten und als Bedürfniß 1 Siehe Dok. 111.

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Carl Friedrich Reinhard von Dalwigk (1802–1880)

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der Nation anerkannten Übereinstimmung der Gesetzgebung, eine Gefahr, deren Beseitigung mithin die deutschen Regierungen mit demselben Eifer sich angelegen seyn lassen müssen, mit welchem sie auf die Errichtung des soeben genannten Ziels überhaupt hinzuarbeiten entschlossen sind. Fragt man nun aber nach den Mitteln zur Beseitigung des gerügten Mangels, so drängt sich zunächst die Erwägung auf, daß eine vollständige Übertragung der legislatorischen Befugnisse der Particularlandtage auf ein erst neu zu bildendes Central-Organ weder mit den Verfassungen der einzelnen Staaten, noch mit der Stellung, welche der Bundesversammlung nach den Bundesgrundgesetzen bei den hier in Betracht kommenden Werken allgemein deutscher Gesetzgebung angewiesen ist, im Einklang stehen würde. Hinsichtlich der Verfassungen der einzelnen Bundesstaaten ist es nämlich an sich klar, daß ohne eine sehr tiefeingreifende Abänderung derselben eine Übertragung der oben bezeichneten Art nicht stattfinden könnte. Was aber die Stellung der Bundesversammlung betrifft, so steht derselben bekanntlich eine eigentliche gesetzgebende Gewalt bei den hier berührten Angelegenheiten nicht zu. Die Bundesversammlung hat hierbei nur anzuregen, zu vermitteln; sie hat nach der ausdrücklichen Bestimmung des Art. 64 der Wiener Schlußacte ihr ganzes Bestreben auf Herbeiführung einer „freien Vereinbarung“ zu richten. Hieraus folgt aber, nach diesseitiger Ansicht, daß, solange die Stellung der Bundesversammlung in dieser Beziehung nicht gründlich umgewandelt seyn wird, auch einer Collectivvertretung des deutschen Volks resp. der deutschen Ständeversammlungen zum Zweck der Mitwirkung bei den Werken der nationalen Gesetzgebung nur solche Befugnisse beigelegt werden könnten, welche sich innerhalb des angegebenen, der Bundesversammlung selbst gezogenen Wirkungskreises bewegen. Denn es würde eine offenbare Anomalie seyn, wenn man durch Concentrirung der sämmtlichen Befugnisse aller Einzellandtage in Einer Versammlung, einen wirklichen gesetzgebenden Factor neben die Bundesversammlung stellen wollte, während diese doch selbst als gesetzgebender Factor wenigstens dermalen keineswegs zu betrachten ist. Geht man daher von dem jetzt bestehenden Verhältniß der Bundescompetenz zur Gesetzgebung der Einzelstaaten aus – und zu einer gründlichen Aenderung dieses Verhältnisses ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen wenig Aussicht vorhanden – so wird man zu dem Schlusse gelangen müssen, daß das letzte entscheidende Wort bei Werken allgemein deutscher Gesetzgebung, wie sie hier in Frage kommen, nur den gesetzgebenden Factoren der Einzelstaaten zustehen kann und daß mithin eine vollständige Übertragung der Rechte der Einzellandtage auf ein repräsentatives Centralorgan zum Zweck der Herbeiführung einer einheitlichen deutschen Gesetzgebung bei der nun einmal gegebenen Gestaltung des öffentlichen Rechts in Deutschland nicht ausführbar wäre.

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In der That dürfte aber auch eine solche Übertragung nicht nöthig seyn, um das vorhandene Bedürfniß zu befriedigen. Denn, wie oben bemerkt, liegt das Mißliche des jetzigen Verhältnisses vorzugsweise darin, daß der allgemeine patriotische Zweck von den Ständen möglicherweise das Opfer ihrer besonderen Überzeugung fordert und somit den Ständen das Recht der Prüfung zwar formell, aber auch nur formell, gelassen wird. Die Aufgabe ist also, für diesen Verlust des materiellen Prüfungs-Rechts einen Ersatz zu bieten und solches könnte in weitreichendem Maße, ohne daß die Bundesgrundgesetze und die Landesverfassungen irgendwelche Abänderung zu erleiden brauchten, schon dadurch geschehen, daß man den Ständen Gelegenheit gäbe, die auf Veranlassung des Bundes commissarisch auszuarbeitenden Gesetzesentwürfe, ehe dieselben von Bundeswegen festgestellt und den einzelnen Regierungen zur weiteren Behandlung überwiesen werden, durch Stellvertreter d. h. durch erwählte Männer des Vertrauens einer gründlichen und umfassenden Prüfung zu unterziehen. Es wäre zu diesem Zweck, neben den von den Regierungen zu beschickenden Commissionen ein StändeTag d. h. eine Versammlung von Delegirten aller einzelnen deutschen Ständekammern (gewissermaßen eine Vereinigung der Gesetzgebungsausschüsse der sämmtlichen Kammern) zu berufen, deren Mitwirkung bei der Festsetzung der fraglichen Entwürfe noch näher zu bestimmen wäre und vielleicht am zweckmäßigsten dahin geregelt würde, daß die von den Regierungen entsandten Commissionen schon bei Ausarbeitung der Entwürfe, namentlich schon bei Aufstellung der leitenden Grundsätze, sich des Einverständnisses der Abgeordneten-Versammlung zu versichern hätten. Daß eine solche Einrichtung keine vollkommene seyn würde, verhehlt man sich diesseits keineswegs. Auch ist man weit entfernt zu glauben oder behaupten zu wollen, daß in einer Anordnung der fraglichen Art eine ausreichende Befriedigung des nationalen Verlangens nach einer Gesammtrepräsentation des deutschen Volks liegen würde. Indessen ist dies auch nicht der Zweck des obigen Vorschlags. Vielmehr gilt [sic] es hier zunächst nur darum, zur Beseitigung einer vorliegenden Schwierigkeit und zur Erreichung eines bestimmten, allseits erstrebten Ziels das beste, unter den bestehenden2 Verhältnissen mögliche, Mittel zu finden. Die weiter gehenden, die eigentlich politischen Forderungen des nationalen Bewußtseyns zu befriedigen, das ist die Aufgabe von Verhandlungen über die Bundesreform, welchen durch eine Maßregel, wie die hier empfohlene keineswegs vorgegriffen werden soll und kann. Auf der anderen Seite aber darf daran erinnert werden, wie es, bei der tief zu beklagenden Verschiedenheit der Gesichtspunkte, von welchen die deutschen Regierungen die Frage der Bundesreform auffassen, unter den dermali2 Emendiert. Vorlage: bevorstehenden.

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Dalwigk an Roggenbach

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gen Umständen, ganz dahin gestellt bleiben muß, ob und wann eine verfassungsmäßige, auf die Dauer gegründete Gesammtvertretung des deutschen Volks wirklich ins Leben treten wird. Und deßhalb dürfte es denn doch auch vom Standpunkt der nationalen Interessen aus als ein nicht ganz zu verschmähender Gewinn erscheinen, wenn die Zusammengehörigkeit aller deutschen Volksstämme durch eine Versammlung von Abgeordneten aller deutschen Ständekammern, sei diese auch nur zu einem bestimmten Zwecke berufen, einen lebendigen Ausdruck fände. Den im Vorstehenden entwickelten Ansichten der Großherzoglich Hessischen Regierung würde es entsprechen, wenn der obenerwähnte Bundesbeschluß vom 6. l. Mts. durch einen weiteren Beschluß der Bundesversammlung dahin ergänzt würde, daß, um einestheils die Erreichung des durch den Beschluß vom 6. l. Mts. gesteckten Ziels möglichst zu sichern und anderntheils den deutschen Ständekammern eine eingehende Prüfung des Inhalts der auszuarbeitenden Gesetzesentwürfe zu ermöglichen, demnächst eine Versammlung von Abgeordneten der einzelnen Ständekammern zur Begutachtung dieser Entwürfe zu berufen, zunächst aber ein Ausschuß zu dem Zwecke zu wählen sey, um die in dieser Hinsicht erforderlichen näheren Vorschläge zu machen. Ew. Excellenz bitte ich ganz ergebenst, die vorstehenden Bemerkungen einer geneigtesten Prüfung unterziehen und mich demnächst wissen lassen zu wollen, ob für einen bei der Bundesversammlung einzubringenden Antrag des bezeichneten Inhalts auf die Unterstützung resp. die Zustimmung der Großherzoglich Badischen Regierung gerechnet werden könnte. Da der jenseitige Bundestags-Gesandte dem Bundesbeschlusse vom 6. l. Mts. zugestimmt hat, so glaubt man sich diesseits der Hoffnung auf eine bejahende Antwort nicht ohne Grund hingeben zu können. Indem ich mir zum Schluß die Bitte um möglichste Beschleunigung der gefälligen Rückäußerung beizufügen erlaube, benutze ich zugleich mit Vergnügen diesen Anlaß, um die Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung zu erneuern, womit ich verharre Ew. Excellenz ergebenster Frhr v. Dalwigk.

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118. Dalwigk an Wambolt 11 GStA Berlin, I. HA, Rep. 81, Gesandtschaft zu Wien II, Nr. 302, Vol. II. Erlaß. Abschrift. Druck: Schüßler (Hrsg.), Die Tagebücher des Freiherrn Reinhard v. Dalwigk zu Lichtenfels, S. 88–92.

Die Bundesreformfrage ist nicht eine Frage der Machtstellung dieses oder jenes Staates, sondern eine Lebensfrage der deutschen Nation. Der nationale Gedanke erfordert eine alle Teile der Nation umschlingende Verfassung. Dazu gehört ein Zentralorgan, welches die Einheit der Nation repräsentiert. Nur in dem organischen Ausbau des Bundes ist die naturgemäße und rechtlich begründete Entwicklung des nationalen Gedankens zu finden. Preußen hingegen will den nationalen Gedanken auf eine engere Basis beschränken, doch dies würde nicht zur Einigung, sondern zur Trennung der Nation führen. Die Einheit des Ganzen kann nur in einer föderativen Verfassung verwirklicht werden. Die Betonung des Machtgedankens und des Eigennutzes würde Deutschland mit dem Bürgerkrieg und der Teilung bedrohen. Österreich und Preußen müssen ihre partikularen Interessen den nationalen Interessen Deutschlands unterordnen.

Darmstadt, 21. Februar 1862 Eure Hochwohlgeboren kennen aus den öffentlichen Blättern bereits die, auch hier durch den Königlichen Preußischen Gesandten überreichte Erwiederung des Herrn Grafen von Bernstorff2 auf die in Berlin übergebene identische Note vom 2. l. Mts.3 Der in dieser Note eingelegten Verwahrung gegenüber, hält der Königlich Preußische Herr Minister der auswärtigen Angelegenheiten in seiner Erwiederung an der von Seiten des Königlichen Cabinets bereits früher kundgegebenen Auffassung der Deutschen Frage fest und ohne auf die diesseits erörterten Argumente näher einzugehen, erklärt derselbe, daß zu jener Verwahrung weder ein begründeter Anlaß, noch irgend eine Berechtigung vorzuliegen scheine. Dieser einfache Widerspruch hat, der Natur der Sache nach, die Anschauungen der Großherzoglichen Regierung nicht zu ändern vermocht, und es glaubt dieselbe daher, den von ihr eingenommenen Standpunkt, sowie die demgemäß erfolgte Verwahrung umsomehr aufrechterhalten zu müssen, als sie den von Königlich Preußischer Seite wiederholt ausgesprochenen Ansichten nicht beitreten könnte, ohne ihren innersten Ueberzeugungen untreu zu werden. Die Großherzogliche Regierung ist nämlich fortwährend der Meinung, daß die Frage der Bundes-Reform, um in ihrer vollen und wahren Bedeutung gewürdigt zu werden, nicht als eine Frage der Machtstellung dieses oder jenes 1 Franz Freiherr Wambolt von Umstadt (1829–1908), großherzoglich hessischer Ministerresident in Berlin. 2 Siehe Dok. 116. 3 Siehe Dok. 107.

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Staates, sondern als eine Lebensfrage der Deutschen Nation erfaßt werden muß. Für das im Deutschen Volke vorhandene, im tiefsten geistigen Leben, wie in den materiellen Bedürfnissen wurzelnde, an Umfang und Stärke täglich wachsende Bewußtsein der Zusammengehörigkeit die rechte politische Form, für den nationalen Gedanken den entsprechenden realen Ausdruck zu finden, – das ist, nach diesseitiger Anschauung, das eigentliche Ziel der Bundesreform und zugleich eine Aufgabe, deren Lösung gerade im Interesse einer wahrhaft conservativen, auf die sittlichen Grundlagen des Volkslebens sich stützenden, Politik dringend erheischt wird. Der nationale Gedanke aber fordert, daß das Deutsche Volk als Ein Ganzes erscheine und dazu gehört nothwendig das Band einer alle Theile der Nation gleichmäßig umschlingenden Verfassung. Es gehört dazu die Existenz eines Central-Organs, welches die Einheit der ganzen Nation repräsentirt, welches das Recht und die Interessen der Gesammtheit nach Außen und im Innern kräftig zu schirmen die Macht und den Willen besitzt. In diesem Sinne war der nationale Gedanke schon damals in den Herzen der Regierungen wie der Bevölkerung Deutschlands lebendig, als es sich, nach der Befreiung von dem Joche der französischen Weltherrschaft, um die politische Wiedergeburt Deutschlands handelte. Auf der Grundlage jenes Gedankens stiftete man damals den Deutschen Bund und ging dabei, gerade um dem natürlichen Bedürfniß gerecht zu werden, über ein rein-völkerrechtliches Bündniß der Regierungen hinaus; man zog, um das nationale Band zu festigen, staatsrechtliche Elemente in die Bundesverfassung herein. Und wahrlich diese staatsrechtlichen Elemente sind es nicht, welche die Schuld daran tragen, daß der Deutsche Bund die Erwartungen, die man bei seiner Stiftung auf ihn setzte, nicht vollständig erfüllt hat. Die Gründe der traurigen Erscheinung, daß sich die Deutsche Nation von dem einzigen, rechtlich und factisch bestehenden Organ, in welchem ihre Einheit verkörpert erscheinen sollte, allmählig immer mehr abgewendet hat, liegen doch wohl zunächst darin, daß der Bund Jahrzehnte lang, anstatt die Gesammtinteressen der Nation, wie es seine ursprüngliche Bestimmung war, im Innern und nach Außen wirksam zu fördern, aus Gründen, die hier nicht näher erörtert zu werden brauchen, fast nur dazu diente, um die Entwickelung des constitutionellen Systems in den rein deutschen Staaten und die Entfaltung des öffentlichen Lebens in Deutschland überhaupt möglichst zu hemmen. Ein Rückfall des Bundes in diese Art von Thätigkeit ist, da jetzt auch Oesterreich und Preußen verfassungsmäßig regiert werden, für die Zukunft nicht zu befürchten, und wenn heute die Bundesversammlung in ihrem ernstlich begonnenen Streben eine gedeihliche Wirksamkeit für die Gesammtinteressen der Nation durch Herbeiführung gleichartiger Gesetze und Einrichtungen im Rechts- und Ver-

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kehrsleben Deutschlands zu entfalten, immer noch auf Hindernisse stößt, so ist daran bekanntlich nicht die Bundesverfassung und nicht die an den Grundlagen der Bundesverfassung festhaltende Mehrzahl der Deutschen Regierungen schuld. Indessen würde man, wie ich glaube, die Wahrheit nur halb erkennen, wenn man in der Art und Weise, wie die Bundesgewalt früher gehandhabt ward, den einzigen Grund erblicken wollte, weshalb der Deutsche Bund dem nationalen Gefühl bisher keine volle Befriedigung zu gewähren vermocht hat. Es kommt vielmehr noch ein anderes Moment hinzu, welches zugleich verstehen hilft, wie es möglich war, daß die Thätigkeit des Gesammtorgans der Nation den wirklichen Gesammtinteressen der Nation so lange hat entzogen werden können. Es ist dies die mangelhafte Organisation der Bundesgewalt. Wenn nämlich auch der Bundesvertrag in seiner Grundlage den nationalen Gedanken vollständig ausgeprägt hat, so ist dies doch in der Organisation der Bundesgewalt nur unvollkommen geschehen. Es unterblieb die Errichtung einer Executivgewalt, welche den Gesammtwillen energisch zu vollführen im Stande gewesen wäre. Es unterblieb die Zusammenberufung einer Vertretung des Deutschen Volks, welche die Interessen der Nation wirksam hätte geltend machen können. Es unterblieb endlich die Gründung eines Bundesgerichts, welches dem ganzen Gebäude des öffentlichen Rechts in Deutschland zum Schlußstein gedient haben würde. Hiermit sind die Punkte berührt, um welche sich der tief beklagenswerthe Zwiespalt der Meinungen über die der Bundesreform zu gebende Richtung hauptsächlich dreht. Die Mehrzahl der Deutschen Regierungen, zu welchen auch das diesseitige Gouvernement gehört, hält an der das gesammte Vaterland umfassenden und darum wahrhaft nationalen Grundlage der Bundesverfassung fest und vermag, ebendeßhalb weil die Grundlage des Bundes dem nationalen Gedanken vollkommen entspricht, nur in dem organischen Ausbau des Bundes auf dieser Grundlage, die naturgemäße, rechtlich und logisch begründete Entwickelung des nationalen Gedankens zu finden. Die Königlich Preußische Regierung dagegen ist bestrebt, den nationalen Gedanken auf eine engere Basis zu beschränken, obwohl hierdurch der Gedanke selbst, seines wesentlichsten Inhalts entkleidet, ja geradezu verleugnet wird. Denn die von dem Königl. Preußischen Cabinet in Aussicht genommene staatsrechtliche Verbindung einzelner Theile der Nation trennt die letztere, anstatt sie zu einigen, und indem dieser Plan ein Bruchstück gewährt, was dem Ganzen gebührt, entzieht er der Nation für immer die Möglichkeit, sich in ihrer Gesammtheit, als eine Persönlichkeit im juristischen Sinne zu constituiren, wie der nationale Gedanke dies fordert.

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Königl. Preußischer Seits beruft man sich dabei auf die Rücksicht, welche den realen Machtverhältnissen der beiden Deutschen Großstaaten und ihrer besonderen Stellung zum Bunde gebühre. Man ist diesseits weit entfernt, derartige Rücksichten zu unterschätzen, und man kann sich allerdings nicht verhehlen, daß in einem Bundesverhältniß, welches Oesterreichische und Preußische Landestheile umschließt, die Constituirung einer einheitlichen Centralgewalt, selbst bei Beschränkung ihrer Competenz auf bestimmte gemeinschaftliche Angelegenheiten, mit jenen Rücksichten nicht vereinbar wäre. Aber auch hier glaubt die Großhl. Regierung mit der wahren Meinung und mit dem wirklichen Bedürfniß der Nation im vollen Einklang zu stehen, wenn sie der Ausdehnung des Bundes auf das ganze Vaterland mehr Gewicht beilegt, als der einheitlichen Gestaltung der Bundesgewalt. Weit entfernt, die Stammesunterschiede zu verleugnen u. die Aufhebung der besonderen Landesverfassungen, sowie die Errichtung eines Einheitsstaates zu verlangen, fordert das deutsche Nationalgefühl vielmehr überall da, wo es in seiner Reinheit unbeirrt durch eine in bestimmten Tendenzen befangene Partei-Agitation, an den Tag tritt, in erster Linie und vor Allem, das ungeschmälerte Zusammenstehen aller Einzelnen, die Einheit des Ganzen, wie sie nur durch das Band einer föderativen Verfassung verwirklicht werden kann. Uebrigens scheint es der Großhl. Regierung, daß es in der Berücksichtigung der realen Machtverhältnisse zu weit gehen hieße, wenn man dieselben als einen politischen Grundsatz, als ein nicht bloß Mittel und Wege, sondern auch Zweck und Ziel des politischen Strebens bestimmendes Princip hinstellen wollte. Denn damit wäre nur ein System des Eigennutzes, des Rechts der physischen Gewalt proclamirt, ein System, welches, bei rücksichtsloser Durchführung, Deutschland mit dem Bürgerkrieg und schließlich mit der Theilung zwischen den Mächtigsten bedrohen würde. Ist es Idealismus, zu verlangen und zu hoffen, daß die partikularen Interessen, welche sich stets als die allein „realen“ geltend machen möchten, auch von Seiten Oesterreichs und Preußens den nationalen Interessen Deutschlands untergeordnet werden, so bekennt sich die Großhl. Regierung dieses Idealismus gerne schuldig. Sie thut es um so lieber, als sie weiß, daß jene beiden Großstaaten doch mit den Wurzeln ihrer eigenen Kraft an’s deutsche Vaterland gefesselt sind und daß sie sich von Deutschland nicht losreißen können und werden, ohne die Bedingungen ihrer eigenen Machtstellung zu gefährden. Und weil dem so ist, weil weder Oesterreich noch Preußen Deutschland auf die Dauer entbehren können, weil sie vielmehr in ihrem eigenen Interesse mit der Deutschen Nation gehen müssen und werden, wenn diese nur fest in sich zusammenhält, so vertraut die Großherzogl. Regierung darauf, daß die beiden Großmächte schließlich doch im eigenen wohlverstandenen Interesse, wie in

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dem der Nation, sich zur Verständigung über den organischen Ausbau der Bundesverfassung die Hand reichen und dadurch der nationalen Idee den Sieg über die realen Verhältnisse selbst bereiten werden. Nach dem Vorstehenden bedarf es nicht erst der Versicherung, wie sehr man es diesseits bedauert, daß die Königl. Preußische Regierung den Eintritt in Verhandlungen über Bundesreform, wie sie in der identischen Note vom 2. l. M. in Aussicht genommen waren, ablehnen zu müssen geglaubt hat und daß sie in Bezug auf einen Punkt, von welchem sie nur voraussetzte, daß er einen Gegenstand der Berathungen bilden könne, mit einem unbedingten Widerspruch gegen Dasjenige hervorgetreten ist, was sie, wie es scheint, als in den Wünschen der andern Seite liegend ansah. Zwar hat die Königl. Preußische Regierung zugleich erklärt, ihr schließliches Urtheil über die in der Note vom 2ten l. M. geltend gemachte Anschauung bezüglich der Bundesreform zurück halten zu wollen, bis ihr ein bestimmt gestalteter Vorschlag mitgetheilt werde und es könnte hiernach scheinen, als ob schon dermalen eine Aussicht durch weitere Verhandlungen zu einer endlichen Verständigung zu gelangen, dargeboten wäre; allein bei dem vollkommenen Widerspruch, welcher, wie die Königl. Preußische Regierung selbst constatirt, zwischen ihrer eigenen Auffassung und der in der diesseitigen Note vom 2ten l. Mts. niedergelegten Ansicht über die Grundlagen der Bundesreform obwaltet, läßt sich nicht wohl erwarten, daß ein nach der letzteren Ansicht ausgearbeiteter Reformplan sich der Zustimmung der Königl. Preußischen Regierung zu erfreuen haben würde. Wenn daher auch die Großherzogliche Regierung ihrerseits noch immer bereit ist, sich an Berathungen über Bundesreform zu betheiligen, so muß sie doch bezweifeln, ob unter den vorliegenden Umständen die übrigen, mit ihr gleichgesinnten Regierungen geneigt sein werden, Conferenzen über Bundesreform zu veranstalten, deren Erfolg im Voraus als durch den Widerspruch Preußens vereitelt erscheint. Man kann daher diesseits nur wiederholt und auf’s Lebhafteste den Wunsch aussprechen, daß die Königlich Preußische Regierung, im Interesse des gemeinsamen Vaterlandes, sich nicht auf die Dauer der Ueberzeugung verschließen möchte, wie in einer organischen Entwickelung des Bundesverhältnisses auf den bestehenden Grundlagen der heilsamste Weg zur Befriedigung der wohlbegründeten Ansprüche des deutschen Volkes eröffnet ist. Ich habe es für Pflicht gehalten, im Obigen den Standpunkt näher darzulegen, welchen die Großh. Regierung in der Bundesreformfrage überhaupt einnimmt, weil ich es der Königl. Preußischen Regierung schuldig zu sein glaube, sie über die Motive, welche die Diesseite [sic] bewogen haben, die Verwahrung vom 2ten l. M., gleich den übrigen bei diesem Schritt betheiligten Regierungen, einzulegen, nicht im Mindesten in Zweifel zu lassen und weil

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ich zugleich hoffe, daß die Königl. Preußische Regierung, welche, wie der Herr Minister Graf Bernstorff versichert, in gewissenhafter Erfüllung der Bundespflichten, in der Vertretung wahrhaft deutscher Interessen, in dem ernstlichsten Bemühen, wohlberechtigten nationalen Anforderungen selbst gerecht zu werden, und ihnen bei anderen Bundesregierungen Geltung zu verschaffen, keinem ihrer Bundesgenossen den Vorrang einräumt, jenen Motiven, bei unbefangener Würdigung ihre Anerkennung nicht versagen wird. Ew. Hochwohlgeboren werden hiernach ersucht, sich dem Herrn Grafen Bernstorff gegenüber im Sinne der vorstehenden Bemerkungen zu äußern, und demselben, Falls er es wünschen sollte, eine Abschrift des gegenwärtigen Erlasses mitzutheilen. Empfangen p. p. (gez.) Dalwigk.

119. Preußische Zirkulardepesche an die Gesandten bei den deutschen Höfen GStA Berlin, I. HA, Rep. 81, Gesandtschaft Dresden nach 1807, Nr. 57. Zirkulardepesche. Behändigte Ausfertigung an den preußischen Legationssekretär Gundlach in Dresden. Druck: Das Staatsarchiv, Bd. 2, 1862, Nr. 251, S. 211–217.

Preußen weist die in der identischen Note vom 2. Februar geäußerte Kritik an seiner Position zurück. Die Gründung eines engeren bundesstaatlichen Vereins im Bund sei durchaus mit dem Bundesrecht vereinbar und stelle keine Bedrohung des Bundesverhältnisses dar. Die eigentliche Bedeutung der identischen Note liegt darin, daß Österreich damit seine entschieden negative Haltung gegen jede von Preußen ausgehende Bundesreform zu erkennen gegeben hat.

Berlin, 21. Februar 1862 Hochwohlgeborner Herr! Die Ausführungen der identischen Note vom 2ten Februar1, mit welchen eine Anzahl Bundesregierungen, Oesterreich an der Spitze, die Preußische Auffassung der Bundesreformfrage zu bekämpfen bemüht ist, gehen von zwei Gesichtspunkten aus – von demjenigen des allgemeinen Interesses Deutschlands und von demjenigen des positiven Vertragsrechts. In erster Beziehung beschränkt sich die Note darauf, die folgenden Behauptungen aufzustellen: 1 Siehe Dok. 107.

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Das Verlangen Preußens, das Nationalband, welches „alle Deutsche“ vereinige, auf die Bedeutung eines völkerrechtlichen Vertrages zurückzuführen, sei keine berechtigte Voraussetzung Deutscher Bundesreform, kein richtiger Ausdruck des im Deutschen Volke vorhandenen Einigungsbedürfnisses. Deutschlands Sicherheit, Einigkeit, moralischer Friede u.s.w. werde gefährdet durch das Bestreben, einen Theil der Deutschen Staaten unter einem Oberhaupte zu vereinigen, während das Verhältniß zwischen diesem Theile und den übrigen Gliedern des Bundes auf dem Fuße bloßer Verträge geregelt würde, wie sie zwischen Völkern fremden Stammes geschlossen werden. Preußen habe als Mitbegründer des Deutschen Bundes in den Verhandlungen des Wiener Congresses eine ganz andere Richtung verfolgt. Aus diesen, ohne alle Substanzirung aufgestellten Behauptungen ist zunächst die falsche Deutung zu entfernen, welche der Reformansicht Preußens dadurch gegeben wird, daß man die Herstellung oder das Festhalten des rein völkerrechtlichen Characters für den Gesammtbund mit der Herstellung eines Verhältnisses zwischen den Bundesgliedern identificirt, wie es auf dem Fuße bloßer Verträge zwischen Völkern fremden Stammes geschlossen werden könne. Es wird bei dieser Deutung der Umstand übergangen, daß der Deutsche Staatenbund dem Auslande gegenüber die unauflösliche Zusammengehörigkeit der Deutschen Lande und Stämme sichert, und daß das völkerrechtliche Verhältniß, von welchem Preußen spricht, nur den Character der Grundlage bezeichnen soll, auf welcher sich innerhalb dieses Staatenbundes die souveränen und unabhängigen Deutschen Staaten unter sich vereinigt haben. Mit dem Europäischen Völkerrechte ist die Grundlage der Bundesverträge und das darauf beruhende Bundesrecht nicht identisch und der Vergleich derselben mit internationalen Verträgen unter fremden Stämmen ganz unzutreffend. Hat man nun den falschen Schein beseitigt, welchen diese Auslegung auf Preußens Absichten wirft, so ergiebt sich ferner, daß allerdings die engere Vereinigung wenigstens eines Theiles der Deutschen Staaten und Stämme innerhalb des Staatenbundes dem anerkannten Einigungsbedürfniß des Deutschen Volkes entsprechen wird; umsomehr, je mehr die engere Vereinigung aller Deutschen Staaten sich als eine Unmöglichkeit erweist. Wie wenig stichhaltig aber die Behauptung ist, daß Deutschlands Sicherheit, Einigkeit, moralischer Friede u.s.w. durch die engere Vereinigung eines Theiles seiner Staaten unter einem Oberhaupte an und für sich gefährdet werden würden, ergiebt die einfache Betrachtung, daß Niemand eine solche Gefährdung darin erkennen, oder zu erkennen berechtigt sein würde, wenn jene Vereinigung, statt im Vertragswege, sich im Wege des Erbgangs vollzöge. Daß das Einigungsbedürfniß des Deutschen Volkes sich dagegen auflehnen würde, wäre vollends eine ganz unhaltbare Annahme.

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Wir sehen hieraus, was es mit der Behauptung auf sich hat, daß ein Entwikkelungsgang, wie er in der Preußischen Reformansicht angedeutet ist, auf keiner berechtigten Voraussetzung beruhe und unheilvolle Folgen nach sich ziehen müsse. Man dürfte vielmehr nicht irren, wenn man den Grund der Scheu vor jenem Entwickelungsgange in der Besorgniß suchte, daß durch denselben eine Nöthigung zum Eintritt in die engere Vereinigung in manchen Staaten sich geltend machen könnte, wo schon zur Zeit der Gründung des Bundes die Abneigung oder Furcht vor der Einbuße oder Beschränkung irgend eines Hoheitsrechtes ein strafferes Zusammenfassen des Bundesbandes verhindert hat. Ein Rückblick in jene Zeit wird zugleich die dritte Behauptung der Note in ihrem richtigen Lichte erscheinen lassen, nach welcher Preußen in den Verhandlungen des Wiener Congresses eine ganz andere Richtung verfolgt haben soll, als in seinen jetzigen Reformansichten. Als Preußen für die Wiederherstellung Deutschlands die Initiative ergriff, wie es dies vorher für dessen Befreiung gethan hatte, da waren bekanntlich die Grenzen, innerhalb welcher diese Wiederherstellung geschehen sollte, noch nicht gezogen. Die sechs Entwürfe, welche Preußen nach und nach für die Aufrichtung einer Bundesverfassung vorlegte2, wollten allerdings ein engeres Band um die im Bunde zu vereinigenden Staaten geschlungen wissen. Preußen scheiterte aber mit seinen Vorschlägen nicht blos an dem Grundgedanken des Fürsten Metternich, nach welchem der Deutsche Bund nur ein System von Bedürfnissen zwischen den Deutschen Fürsten sein sollte, sondern grade an derselben Abneigung und Besorgniß vor Beeinträchtigung der durch die Rheinbundsacte3 gewährten Souveränetätsrechte und zwar größtentheils bei denselben 2 Gemeint sind wohl Hardenbergs „10 Artikel“ vom Juni 1814, Hardenbergs „Entwurf der Grundlagen der deutschen Bundesverfassung“ in 41 Artikeln (1. Fassung von Anfang Juli 1814 und 2. Fassung vom 17.–23. Juli 1814), Humboldts Denkschrift über die künftige Verfassung Deutschlands vom Dezember 1813, Humboldts „Entwurf einer deutschen Bundesverfassung mit einer Einteilung Deutschlands in Kreise“ (1. Fassung vom Dezember 1814) sowie Humboldts „Entwurf einer deutschen Bundesverfassung ohne Einteilung Deutschlands in Kreise“ (2. Fassung vom 7. Februar 1815); siehe QGDB I/1, Nr. 12, 30, 31, 34, 150, 179. 3 In der Rheinbundakte vom 12. Juli 1806 schlossen sich 16 deutsche Fürsten zu einem Bund unter dem Protektorat Napoleons I. zusammen. Bis Ende 1807 traten weitere 23 deutsche Fürsten durch Akzessionsverträge dem Rheinbund bei. Für viele deutsche Fürsten war der Beitritt zum Rheinbund mit einer Rangerhöhung und Gebietserweiterungen verbunden. Artikel 26 der Rheinbundakte garantierte den deutschen Fürsten in ihren Ländern ausdrücklich die Souveränitätsrechte der Gesetzgebung, Rechtsprechung, Polizeigewalt, der militärischen Konskription und der Steuererhebung. Nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft strebten die ehemaligen Rheinbundstaaten, allen voran die süddeutschen Mittelstaaten, beharrlich und mit Erfolg danach, ihre Souveränitätsrechte ungeschmälert zu bewahren. Druck der Rheinbundakte in: Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, Nr. 2, S. 28–34.

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Staaten, welche sich aus Besorgniß vor Mediatisirungen jetzt schon gegen die bloße Kundgebung des Gedankens eines engeren Verbandes im Bunde verwahren zu müssen glauben.4 Es kann hier erläuternd hinzugefügt werden, daß Graf Rechberg in der That mit der größten Offenheit dem Königlichen Gesandten in Wien eine Aufklärung über die Bedeutung des identischen Schrittes gegeben hat: es habe damit in Berlin angedeutet werden sollen, daß die Mittelstaaten sich nicht wollen mediatisiren lassen, und daß Oesterreich sich nicht aus Deutschland würde herausdrängen lassen. Bei einem Rückblick auf die Verhandlungen zur Zeit der Entstehung des Deutschen Bundes wird man auch noch an einen anderen Umstand erinnert, der in der Gegenwart seine Analogie findet. Wie damals nämlich mehrere Staaten nur dann sich zu einem Bunde vereinigen wollten, wenn derselbe das „ganze Deutschland“ umfasse, so will man auch jetzt nur für den GesammtBund eine engere Vereinigung als ausführbar gelten lassen und nur an einer solchen sich betheiligen. Damals wie jetzt schimmert indessen durch den patriotischen Vorwand das particulare Motiv zu deutlich hindurch, um verkannt zu werden. An die drei, aus den „allgemeinen Interessen Deutschlands“ hergeleiteten Behauptungen der identischen Note, welche vorstehend besprochen sind, schließen sich sodann zwei andere an, welche aus dem positiven Vertragsrechte hergeleitet werden. Sie betreffen die von Preußen ausgesprochene Ansicht, daß das durch Artikel XI der Bundesacte gewährte Bündnißrecht zu engeren Vereinigungen unter einem Theile der Bundesgenossen benutzt werden könne, ohne daß die Garantie für den Bestand des weiteren Bundes eine Veränderung erlitte. Es muß hier vorweg erläuternd bemerkt werden, daß von Preußen zwar noch keine Erklärung über die eigentliche Organisation eines solchen engeren Vereins abgegeben ist, daß die identische Note aber voraussetzt, es sei ein Bundesstaat mit einheitlicher Spitze gemeint, an welche sich das Recht des militairischen Ober-Commandos, sowie dasjenige der Vertretung der einzelnen Staaten nach außen knüpfe. Wir lassen das Hypothetische der Voraussetzung auf sich beruhen, und wenden uns gleich gegen die Behauptung der Note, wonach: die Worte des Art. XI „die Bundesglieder behalten zwar das Recht der Bündnisse aller Art u.s.w.“ die Bedeutung haben sollen, daß dieselben sich dies Bündnißrecht unbeschränkt zu bewahren hätten, wollten sie anders wirklich unabhängige Mitglieder des Bundes sein. Der Eintritt in ein bundesstaatliches Verhältniß oder die Unterordnung unter die militairische und diploma4 Zu den Positionen und dem Gang der Verhandlungen auf dem Wiener Kongreß siehe ausführlich die Einleitung von Treichel, in: QGDB I/1, XXIX–CXLII.

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tische Führung eines anderen Staates, wäre ein Subjections-Vertrag, welcher das betheiligte Bundesglied für die Folge unfähig machen würde, noch ein Bündniß selbstständig zu schließen. Der Art. XI wäre deshalb der Anwendung nicht fähig, welche Preußen ihm geben wolle. Um die sonderbare Deutung zu beseitigen, welche hier dem Worte behalten beigelegt wird, genügt es daran zu erinnern, daß wohl kaum ein Zweifel darüber bestehen kann, weshalb dieser Ausdruck im Artikel XI der Bundesacte beliebt wurde. Er bezeichnet bekanntlich einfach den Umstand, daß die Bundesgenossen das unbeschränkte Bündnißrecht, welches sie seit dem Westphälischen Frieden unbestritten besessen, auch nach Errichtung des Bundes behalten sollen, nur mit der Beschränkung, daß es sich nicht gegen die Sicherheit des Bundes richten dürfe. Daß dies unbeschränkte Bündnißrecht unter der letzteren Voraussetzung nicht auch zum Eintritt in ein bundesstaatliches Verhältniß unter Bundesgliedern solle berechtigen können, dafür bleibt die identische Note den Beweis schuldig. Ebenso dafür, daß jener Eintritt ein Subjections-Vertrag sei. Um letztere Ansicht begründen zu können, müßte auch offenbar über die Organisation des bundesstaatlichen Verhältnisses ein ganz bestimmter Aufschluß vorliegen. Da dieser fehlt, so entbehrt die Behauptung der identischen Note von dem Subjections-Vertrage jede Berechtigung. Die Uebertragung des Ober-Commandos über die Contingente der einzelnen, dem engeren Verein angehörenden Staaten an den Vorstand desselben, würde kein solcher Subjections-Vertrag zu sein brauchen. Sie findet sogar in dem gegenwärtigen Bundesverhältniß bereits ein Vorbild darin, daß die Staaten, welche zu einem Armeecorps-Verbande vereinigt sind, das Commando über ihre Contingente einem Staate aus ihrer Mitte vertragsmäßig übertragen. Von Seiten Hannovers ist neuerdings sogar das Bestreben rege gewesen, dieses Commando im 10. Bundes-Corps sich von den andern dazu gehörigen Staaten dauernd zusichern zu lassen.5 Die bekannten Verhandlungen der Würzburger Conferenzstaaten endlich zielten ganz offen dahin, für alle außerpreußische und außerösterreichische Bundes-Corps ein ständiges Ober-Commando zu errichten, und mit Bayern an der Spitze in dieser Beziehung einen geschlossenen engeren Verein im Bunde zu bilden.6 Dennoch ist, so viel bekannt, dagegen von keiner Seite aus dem Bundesrechte Verwahrung eingelegt worden. Und dieselben Würzburger Conferenz-Staaten, welche jetzt in der identischen Note Art. XI der Bundes-Acte gegen ähnliche Unternehmungen in 5 Das 10. Bundesarmeecorps setzte sich zusammen aus Kontingenten von Hannover, Holstein und Lauenburg, Braunschweig, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Lübeck, Bremen und Hamburg. Hannover stellte etwa die Hälfte aller Truppen in diesem Corps; vgl. die Übersichten in Angelow, Von Wien nach Königgrätz, S. 324–330. 6 Siehe Dok. 34 sowie Angelow, Von Wien nach Königgrätz, S. 223–230.

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Anwendung zu bringen suchen, haben bisher für die eigenen Absichten in gleicher Richtung keinen Anstoß in denselben gefunden. Was ferner die Uebertragung der diplomatischen Vertretung von Seiten der einzelnen Staaten eines zu bildenden engeren Vereins an den Vorstand desselben betrifft, so sind uns bundesrechtliche Bestimmungen nicht bekannt, die einer solchen Uebertragung entgegenstehen. Dieselbe, wie die Uebertragung des militairischen Commandos, zu einem „Subjections-Vertrage“ zu stempeln, und sie mittelst einer eben so willkürlichen als gezwungenen Deutung des Art. XI deshalb als unstatthaft zu bezeichnen, ist ein Verfahren, welches keiner ernstlichen Widerlegung zu bedürfen scheint. Die zweite aus dem positiven Vertragsrechte hergeleitete Behauptung der identischen Note ist folgende. Der Deutsche Bund als eine Gemeinschaft selbstständiger unter sich unabhängiger Staaten mit gleichen Vertragsrechten und Vertragsobliegenheiten würde in seinem Grundprincip und in der daraus abgeleiteten Organisation bis zur gänzlichen Vernichtung beeinträchtigt werden durch einen engeren Bund, durch dessen einheitliche Verfassung die Rechtsgleichheit seiner Mitglieder aufgehoben und ihnen die Fähigkeit des selbstständigen Stimmrechts entzogen würde. Wir bemerken zunächst, daß auch diese Behauptung als erste Stütze einer hypothetischen Voraussetzung bedarf, der Voraussetzung nämlich, daß der engere Bund wirklich eine derartige einheitliche Verfassung haben werde, durch welche unter Andern seinen Mitgliedern auch die Ausübung des selbstständigen Stimmrechtes im weiteren Bunde unmöglich gemacht würde. Wir glauben nicht an die unbedingte Nothwendigkeit einer solchen einheitlichen Verfassung für den engeren Verein und würden durch die Uebertragung des militairischen Commandos und der diplomatischen Vertretung nach außen die Ausübung des selbstständigen Stimmrechts im weiteren Bunde eben so wenig unmöglich gemacht sehen, als durch eine Volksvertretung zu gemeinsamer Regelung von Fragen des inneren Staatsrechts innerhalb des engeren Vereins. Wäre jene Nothwendigkeit aber auch wirklich vorhanden, oder würde überhaupt durch die Einrichtung eines engeren Vereins eine Rückwirkung geübt, die eine neue Regelung des Stimmenverhältnisses in dem Organe des weiteren Bundes erforderlich machte, so wäre damit allein der Bund noch nicht bis zur Vernichtung beeinträchtigt. Wir dürfen in dieser Beziehung nur darauf hinweisen, daß die Vereinigung mehrerer jetzt selbstständiger Bundesstaaten unter dem Scepter eines Deutschen Bundesfürsten, wie sie durch Erbgang erfolgen kann, eine solche neue Regelung des Stimmenverhältnisses nöthig machen und doch den Bestand des Bundes nicht bedrohen würde. Wäre dies der Fall, dann müßten die Bundes-

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verträge Bestimmungen enthalten, welche jene Vereinigung verhinderten. Wir kommen auf eine Erörterung dieses Punktes übrigens zurück, indem wir den Kern der zweiten Behauptung einer ausführlichen Beleuchtung unterwerfen. Dieser besteht darin, daß ein engerer Verein im Bunde, auf dessen Vorstand Souverainitätsrechte der Mitglieder übertragen werden, überhaupt gegen den Grundsatz des Bundesrechts verstoße, welcher die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der einzelnen Bundesstaaten gewahrt wissen will. Dieser Einwand ist schon bei früherem Anlaß mit gewichtigen Gründen bestritten worden, es wird deshalb hier nur einer zusammenfassenden Wiederholung derselben bedürfen. Der Staatenbund von 1815 ist kein bloßer Personalbund der Souveraine oder Regierungen, er ist wesentlich ein Realbund. Die Unabhängigkeit der im Bunde begriffenen Staaten, oder (W. S. A. VI7) der am Bunde theilnehmenden Staaten, ist sein Zweck. Die Stimmen im Plenum der Bundesversammlung haften nach Artikel XVI der Wiener Schlußacte auf den Besitzungen. Die Zahl seiner Mitglieder ist keine geschlossene. Artikel VI der Wiener Schlußacte sieht den Fall der Aufnahme neuer Mitglieder vor; Artikel XVI gedenkt des Falles, wenn die Besitzungen eines souverainen Hauses durch Erbfolge auf ein anderes übergehen.8 Es äußert dies Letztere keine andere Wirkung auf die Bundesverhältnisse, als die dadurch herbeigeführte Nothwendigkeit eines Gesammtbeschlusses über das Stimmrecht im Plenum der Bundesversammlung. Rechtlich hindert durchaus nichts, daß ein Deutsches Regentenhaus nach und nach den größten Theil von Deutschland durch Erbgang gewönne, und es hätte dies keine andere Folge, als die Verminderung der Stimmen im engeren Rathe und einen Beschluß über das Stimmenverhältniß im Plenum. Was aber von dem Uebergang der Rechte durch den Rechtstitel der Erbfolge gilt, das muß von dem Uebergange der Rechte durch jeden anderen Rechtstitel in ganz gleicher Weise gelten. Es muß eben so gelten für den Fall, in welchem ein Deutscher Regent einem anderen seine Rechte an einer seiner Besitzungen oder an allen durch Cession abtritt. Sollte dies unstatthaft sein, so müßte es das Bundesrecht durch eine ausdrückliche Bestimmung untersagen. Die Wiener Schlußacte enthält aber gerade im Gegentheil ausdrücklich eine Bestimmung, welche 7 Emendiert. Vorlage irrtümlich: W. S. A. IV. 8 Art 16 WSA: „Wenn die Besitzungen eines souverainen deutschen Hauses durch Erbfolge auf ein anderes übergehen, so hängt es von der Gesammtheit des Bundes ab, ob und in wie fern die auf jenen Besitzungen haftenden Stimmen im Plenum, da im engeren Rathe kein Bundes-Glied mehr als eine Stimme führen kann, dem neuen Besitzer beigelegt werden sollen.“ Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 93.

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den Fall der Abtretung von Souverainitätsrechten an ein Bundesglied für bundesrechtlich zulässig erklärt. Denn Artikel VI der Wiener Schlußacte setzt fest: daß eine freiwillige Abtretung auf einem Bundesgebiete haftender Souverainitätsrechte zu Gunsten eines Mitverbündeten ohne Zustimmung der Gesammtheit geschehen könne.9 Selbst das könnte in diesem Falle noch fraglich sein, ob eine solche Abtretung eine Veränderung des Stimmverhältnisses nach sich ziehe, da die Nothwendigkeit zu solcher aus Artikel XVI der Wiener Schlußacte nur analogisch herzuleiten ist. Nach dem eben angeführten Artikel VI steht jedem Bundesmitgliede unzweifelhaft frei, durch Abtretung der Souverainitätsrechte persönlich aus dem Bunde auszuscheiden. Der Staat dagegen muß im Bunde verbleiben, denn in Betracht der zu ihm gehörigen Staaten, nicht der Personen ihrer Vertreter, ist der Bund unauflöslich. Kann nun ein Bundes-Mitglied seine gesammten Souverainitätsrechte, unbeschadet der Verhältnisse seines Staats zum Bunde, einem Mitverbündeten zu eigenem Rechte abtreten, ohne daß irgend Jemand eine Mitsprache darüber zusteht, so hat er unzweifelhaft auch das weit mindere Recht: der Ausübung eines Theiles dieser Souverainitätsrechte zum Besten eines Bundesgenossen, oder einer Gemeinschaft derselben, zu entsagen. Und hat er das Recht seine Souverainitätsrechte ganz oder theilweise abzutreten, so hat er unbestreitbar auch das mindere Recht, ihre Ausübung ganz oder theilweise einem Mitverbündeten zu delegiren. Durch einen engeren Verein, welcher auf Grund einer solchen Abtretung oder Delegation gestiftet würde, würde demnach der Bund in seinem GrundPrincipe nicht vernichtet werden. Was die Wiener Schlußacte in Beziehung auf Abtretung und Uebertragung von Souverainitätsrechten unter seinen Gliedern ausdrücklich gestattet, kann jenem Grund-Principe nicht entgegenstehen, und auch der Unauflöslichkeit des Bundes nicht widersprechen. Unter der Letzteren kann namentlich in Uebereinstimmung damit, daß der Bund ein 9 Eine recht eigenwillige Auslegung der betreffenden Bestimmung, die im Zusammenhang des Artikels 6 der Schlußakte folgendermaßen lautet: „Der Bund ist nach seiner ursprünglichen Bestimmung auf die gegenwärtig daran Theil nehmenden Staaten beschränkt. – Die Aufnahme eines neuen Mitgliedes kann nur Statt haben, wenn die Gesammtheit der Bundes-Glieder solche mit den bestehenden Verhältnissen vereinbar und dem Vortheil des Ganzen angemessen findet. – Veränderungen in dem gegenwärtigen Besitzstande der Bundes-Glieder können keine Veränderungen in den Rechten und Verpflichtungen derselben in Bezug auf den Bund, ohne ausdrückliche Zustimmung der Gesammtheit, bewirken. – Eine freiwillige Abtretung auf einem BundesGebiete haftender Souverainetätsrechte kann ohne solche Zustimmung nur zu Gunsten eines Mitverbündeten geschehen.“ Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 92. – Insgesamt scheint der Artikel die Errichtung eines engeren Bundes(staates) im Bund eher zu erschweren als zu ermöglichen.

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Realbund ist, nur verstanden werden, daß ein Bundesstaat von demselben nicht getrennt werden darf. Ob und welche Reformen die Stiftung eines engeren Vereines in Beziehung auf die Stimmführung im Plenum und engeren Rathe der Bundesversammlung nöthig machen würde, das bliebe immer von der Natur des Vereines abhängig. So viel aber steht nach dem Ausgeführten unbedingt fest, daß, wenn bundesrechtlich Beschlußnahmen über solche Reformen in dem Stimmenverhältniß ausdrücklich offen gehalten sind, eine Bedrohung der Existenz des Bundes nicht in der Gründung eines engeren Vereines gefunden werden darf, der nur eine solche Reform der Bundesreorganisation in Anspruch nehmen würde. Andere als die vorstehend erörterten aus positivem Vertragsrecht hergeleiteten Einwendungen gegen einen engeren Verband von Staaten im Bunde sind in der identischen Note, welche übrigens jeden solchen in bundesstaatlicher Richtung gegründeten Verein ohne Weiteres als Sprengung des Bundes zu betrachten scheint, nicht erhoben. Wir wollen unsere Erörterung nicht schließen, ohne hier gelegentlich daran zu erinnern, welche Stellung das Wiener Cabinet zu der Frage der Umgestaltung der Bundesverfassung zu jener Zeit eingenommen hat, als diese Verfassung provisorisch in ganz andere Formen übergegangen war. Denn es besteht, abgesehen von letzterem Umstande, eine wichtige Analogie in den betreffenden Verhältnissen. Fürst Felix Schwarzenberg erkannte in seinem dem Reichstage von Kremsi[e]r am 27. November 1848 vorgelegten Programm unumwunden an, daß durch das Zusammenschließen der Deutschen Bundeslande Oesterreichs mit seinen übrigen Kronländern in einer centralisirenden Gesammtverfassung eine abgesonderte Gestaltung der Deutschen Verhältnisse nothwendig werde, und daß die staatlichen Beziehungen Oesterreichs zu Deutschland sich erst nach beiderseitiger Verfassungsverjüngung würden bestimmen lassen.10 Die centralisirende Verfassung vom 26. Februar v. J.11 versetzt Oesterreich in ein ähnliches Verhältniß, und schwerlich vermögen seine leitenden Staats10 Zum Programm von Kremsier, in dem der österreichische Ministerpräsident Schwarzenberg die Unteilbarkeit des habsburgischen Gesamtstaats bekräftigte, siehe Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 720 f.; Abdruck des Kremsierer Programms in: Roth/Merck (Hrsg.), Quellensammlung, Bd. 2, S. 67–72. 11 Mit dem Februarpatent vom 26. Februar 1861 wurde ein Reichsrat für die gesamte Habsburgermonarchie geschaffen, der als zentrale parlamentarische Institution für die Heeres- und Finanzfragen des österreichischen Gesamtstaates zuständig sein sollte. Der Reichsrat wurde gebildet aus Delegierten der (Provinzial-)Landtage, die aufgrund des Oktoberdiploms vom 20. Oktober 1860 gebildet worden waren. Mit diesen beiden Verfassungsstatuten gab sich Österreich eine landständische Verfassung, in der allerdings im Vergleich zu den Verfassungen

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männer schon jetzt die Stellung zu übersehen, welche der Kaiserstaat einzunehmen haben würde, wenn die Frage der Bundesreform ernstlich zur Lösung gebracht werden sollte. Deshalb können wir die eigentliche Bedeutung des jüngsten Schrittes insbesondere nur darin finden, daß das Wiener Cabinet damit in entschiedener Weise seine negative Haltung gegen jedes ernstliche Vorgehen mit der Bundesreform von unserer Seite zu erkennen gegeben hat. Gegenwärtiger Erlaß ist, wie ich dies bereits in meinem vertraulichen Erlasse vom 13. d. Mts.12, welcher ihn in Aussicht stellte, angedeutet habe, nur zu Eurer Hochwohlgeboren persönlicher Orientierung bestimmt. Empfangen Eure Hochwohlgeboren die erneuerte Versicherung meiner vollkommensten Hochachtung. Bernstorff

120. Beust an Hohenthal HStA München, MA 494. Erlaß. Abschrift. Vermerk: „b. m. mitgetheilt den 1. März von dem k. Sächsischen Geschäftsträger.“

Beust erläutert die Beweggründe Sachsens für den Anschluß an die Verwahrung Österreichs und der Mittelstaaten gegen die Note Bernstorffs vom 20. Dezember 1861. Die identischen Noten hatten die wohlmeinende Absicht, Preußen gegenüber den übereinstimmenden Entschluß der beteiligten Regierungen zu konstatieren, sich an der Bildung eines engeren Bundesstaates nicht zu beteiligen. Die Schuld für das bislang unbefriedigte Reformbedürfnis darf nicht jenen zugewiesen werden, die jederzeit zu Verhandlungen darüber bereit sind. Beust appelliert an Preußen, sich an Verhandlungen über die Bundesreform zu beteiligen.

Dresden, 23. Februar 1862 Ew. pp. ist der Inhalt derjenigen Note bekannt, welche der königl. preußische Geschäftsträger am königlichen Hofe, in Verfolg der von Ihnen dem Herrn

der meisten deutschen Staaten die konstitutionellen Rechte der parlamentarischen Gremien eingeschränkt waren und zudem der Widerstand Ungarns sowie Böhmens und Mährens die Ausbildung eines einheitlichen „Reichsparlaments“ verhinderte. Vgl. Die Habsburgermonarchie, Bd. 7/1, S. 145–158; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 378–382; Rumpler, Eine Chance für Mitteleuropa, S. 373–385. 12 Bernstorff an Gundlach, Berlin, 13. Februar 1862, GStA Berlin, I. HA, Rep. 81, Gesandtschaft Dresden nach 1807, Nr. 57.

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Beust an Hohenthal

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Grafen von Bernstorff unterm 2. dieses Monats, in Betreff der Bundesreformfrage, gemachten Mittheilung unterm 14. dieses Monats übergeben hat.1 So wenig es in der Absicht der diesseitigen Regierung liegen kann, die Fortsetzung einer von der königlich preußischen Regierung sicherlich nicht gewünschten Polemik anzustreben, so giebt ihr gleichwohl der in jener Note enthaltene Ausdruck des Bedauerns über den diesseitigen Anschluß an die von Oesterreich und anderen Bundesstaaten eingelegte Verwahrung dringenden Anlaß, sich mit wenigen Worten über die Beweggründe dieser Handlung auszusprechen. Eine diesfallsige Auseinandersetzung mag zwar an sich ebenso müßig als nutzlos erscheinen, indem der Natur der Dinge nach zwischen Dem, der eine Verwahrung einlegt, und Dem, an welchen sie gerichtet ist, Einverständniß über deren Begründung oder Nichtbegründung überhaupt nie obwalten kann. Inzwischen wollen wir, um dem möglichen Vorwurf zu begegnen, als hätten wir uns einem, der königl. preußischen Regierung unwillkommenen Schritte, ohne die Ueberzeugung von dessen Nothwendigkeit angeschlossen, den Grund hervorheben, der uns dazu bestimmt hat. Dieser Grund ist kein anderer, als daß das in der Depesche vom 20. December2 aufgestellte Programm nicht den Charakter einer Ansicht bewahrt, welche anstandslos jedem Bundesgliede freistehen muß, sondern einen Weg vorzeichnet, auf welchem factisch eine Reform in’s Werk gesetzt werden soll, wobei die Vereinbarung wohl als Vorbedingung für diejenigen vorangestellt wird, die sich dabei durch Bildung eines engeren Bundes betheiligen wollen, nicht aber auch für die Bundesglieder, welche daran nicht Theil nehmen würden, und denen ein verfassungsmäßiger Einspruch dagegen zusteht, daß andere Bundesglieder nicht in ein gesondertes Verhältniß, unter Alterirung des Gesammtbundes, treten. Die Note des Herrn von Gundlach3 erklärt ferner, daß preußischerseits der, mit Sachsen eingeleitete Meinungsaustausch, obschon hierseits man unterm 11n vorigen Monats der Hoffnung nicht entsagt habe, Anknüpfungspunkte für eine Verständigung zu finden, darum nicht fortgesetzt worden sei, weil die königl. preußische Regierung die Ueberzeugung gehegt habe, der principielle Gegensatz sei ein zu tief liegender, um jene Hoffnung begründet erscheinen zu lassen. Diese Auslassung gewährt uns die allerdings unfruchtbare, aber bei der Lage der Sache nicht minder werthvolle Beruhigung, daß die diesseitige Regierung bei dem Beitritt zu der von Seiten Oesterreichs und mehrerer anderer 1 Siehe Dok. 107 und 116. 2 Siehe Dok. 100. 3 Friedrich Heinrich Karl von Gundlach (1822–1871), 1860–1863 Legationssekretär bei der preußischen Gesandtschaft in Dresden; Grypa, Der Diplomatische Dienst des Königreichs Preußen, S. 425.

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Regierungen erfolgten Kundgebung sich nicht im Irrthum befand, indem sie eben jene Hoffnung als erloschen betrachten zu müssen glaubte. Sie hat ihrerseits nicht ohne Bedauern aus der ihr abschriftlich mitgetheilten, an das kaiserlich österreichische Cabinet und andere Bundesregierungen gerichteten Note ersehen, daß die königlich preußische Regierung an der Form jener Kundgebung Anstoß genommen und ihr den Charakter eines, gegen Preußen gerichteten Schrittes beigelegt hat, während aus Wortlaut und Richtung der identischen Note das Bestreben allein ersichtlich war, den übereinstimmenden Entschluß der betheiligten Regierungen zu constatiren, zu der Bildung des engeren Bundesstaates nicht die Hand zu bieten, und zwar in der wohlmeinenden Absicht, damit einem Unternehmen rechtzeitig begegnet werde, welches schon durch die Thatsache dieser Manifestation seinen Gegenstand verliert und dessen weitere Verfolgung daher nur dazu dienen könnte, eine gemeinsame Reform der Bundesverhältnisse zu verzögern. Sicherlich ist die königl. preußische Regierung nicht gemeint, in dieser Beziehung dem Selbstbestimmungsrecht der einzelnen Bundesstaaten Schranken setzen oder auf dasselbe einen zwingenden Einfluß üben zu wollen und ebendeshalb wird sie eine hierauf bezügliche Kundgebung nicht unberücksichtigt lassen, sondern in den Kreis ihrer Erwägungen zu ziehen geneigt sein. Ist aber diese Voraussetzung begründet, so ist auch die Hoffnung erlaubt, daß die königlich preußische Regierung lediglich aus principiellen Gründen nicht bei einem Programm stehen bleiben wird, welches ganz abgesehen von der rechtlichen Frage ob diejenigen Bundesglieder, die sich bei dessen Ausführung betheiligen wollen, dies ohne Rücksicht auf die Erklärung dissentirender Bundesglieder zu thun in der Lage sind, jedenfalls thatsächlich auf die engen Grenzen einer kleinen Staatengruppe neben Preußen sich reduziren müßte. So wenig die diesseitige Regierung sich zu einem nähern Eingehen auf den Inhalt des unterm 14. dieses Monats an das kaiserlich-österreichische Cabinet und andere Bundesregierungen ergangenen Erlasses und die darin enthaltenen geschichtlichen Rückblicke aufgefordert findet, so dürfen wir gleichwohl an diese Letzteren die Frage knüpfen und der Beurtheilung der königlich preußischen Regierung anheim geben, ob wohl mit Recht die Schuld eingestandenen und unbefriedigten Reform-Bedürfnisses denjenigen aufgebürdet werden kann, welche jederzeit zu Verhandlungen darüber, ohne präjudicielle Bedingung, sich bereit zeigten, und ob nicht ihre wohlgemeinten Bestrebungen vereitelt werden müssen, wenn von anderer Seite stets nur die Wahl zwischen einem für sie unannehmbaren Programm und der reinen Negation geboten wird? Wir vermögen daher auch nicht der Hoffnung zu entsagen, daß in billiger Erwägung dieser Umstände die königlich-preußische Regierung geneigt sein werde, zu Verhandlungen die Hand zu bieten, für welche in der identischen Note bereits praktische Unterlagen geboten sind und welchen durch

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weitere Vorschläge eine erhöhte Bedeutung zu geben in der Macht der königlich preußischen Regierung steht. Ebenso wenig vermögen wir der Befürchtung Raum zu geben, daß die in der neusten Entgegnung mit Hinweis auf eine Depesche des kaiserlich österreichischen Cabinets vom 5. November vorigen Jahres4 aufgestellte Voraussetzung des Gedankens an eine weiter gehende politische Consolidation mit außerdeutschen Gebieten und die daran geknüpfte Besorgniß einer Gefährdung des Bundes an sich und in dieser Allgemeinheit gedacht die königlich preußische Regierung abhalten könnten, in die proponirten Verhandlungen einzutreten, nachdem wir uns zu erinnern haben, daß zu einem nicht weit zurückliegenden Zeitpunkte Preußen ein auf gleicher Grundlage beruhendes Uebereinkommen mit Oesterreich seinen Bundesgenossen als ein auf die Wahrung des Gesammtinteresses Deutschlands gerichtetes zum Beitritt vorgelegt hat5 und die Möglichkeit nicht ausgeschlossen erscheint, durch außerordentliche politische Constellationen gleiche Auffaßung herbeigeführt zu sehen. Ew. pp. wollen vorstehende Depesche zur Kenntniß des Herrn Grafen von Bernstorff bringen, auch auf Verlangen Abschrift hinterlassen. (gez.) Beust.

121. Bernstorff an Savigny GStA Berlin, I. HA, Rep. 81, Gesandtschaft Dresden nach 1807, Nr. 57. Erlaß. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 11. März 1862.

Die identischen Noten waren ungerechtfertigt, weil Preußen noch gar kein Reformprojekt eingeleitet hat. Die Tendenz der Noten geht dahin, diejenigen Regierungen zu beeinflussen, die die Auffassung Preußens in der Reformfrage teilen. Der Vorwurf, daß Preußen den Bundesreformvorschlägen nur mit Negation begegne, trifft auch umgekehrt zu, weil die anderen Regierungen der preußischen Auffassung die absolute Negation entgegenhalten und der preußischen Regierung zumuten, auf ein undurchführbares Programm einzugehen. Preußen wünscht, den Schriftwechsel in dieser Angelegenheit zu beenden, weil keine positiven Resultate zu erwarten sind.

Berlin, 10. März 1862 Hochwohlgeborner Herr! In der abschriftlich beifolgenden unterm 23ten Februar d. J. an den hiesigen Königlich Sächsischen Gesandten Grafen von Hohenthal gerichteten Depe4 Siehe Dok. 88. 5 Beust bezieht sich auf das österreichisch-preußische Schutz- und Trutzbündnis vom 20. April 1854; siehe oben Dok. 88, Anm. 7.

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sche1 finden Eure Hochwohlgeboren die Rückäußerung des Herrn Freiherrn von Beust auf unsere Beantwortung der Sächsischen Note vom 2ten Februar d. J. Der Königlich Sächsische Herr Minister ist darin sichtlich bemüht, uns über die Motive seines Anschlusses an die in der identischen Note enthaltene Verwahrung möglichst aufzuklären. Wir erfahren, daß die Letztere uns den Entschluß der betheiligten Regierungen kund geben sollte, zu der Bildung des engeren Bundes die Hand nicht zu bieten, und dies in der Absicht, um einem Unternehmen rechtzeitig zu begegnen, welches schon durch die Thatsache jener Manifestation seinen Gegenstand verliere. Die Andeutung dieser Motive kennzeichnet, unserer Ansicht nach, das Hinfällige des ganzen mit so großer Umständlichkeit in Scene gesetzten Aktes. Denn demselben muß danach die unbegründete Voraussetzung zu Grunde gelegt werden, daß Preußen bereits ein Unternehmen eingeleitet, also seinen Bundesgenossen mindestens Vorschläge zur Bildung des engeren Bundes gemacht habe, und ferner, daß es die an der identischen Note vom 2ten Februar betheiligten Regierungen zum Beitritt eingeladen habe. Keines von Beiden ist der Fall gewesen, und es ergiebt sich deshalb als natürlichster Schluß, daß die Manifestation eine unberufene war, nicht aber, daß durch dieselbe das Programm Preußens seinen Gegenstand verliere. Freiherr von Beust bemerkt sehr richtig, daß die Königliche Regierung nicht gemeint ist, dem Selbstbestimmungsrecht der deutschen Staaten in Beziehung auf die Frage der Bundesreform Schranken zu setzen. Allein, von dieser Voraussetzung ausgehend, hätte der Königlich Sächsische Minister auch von Preußischer Seite keine Berücksichtigung der durch die identische Note versuchten Einwirkung in Anspruch nehmen sollen. Es lag vielmehr danach der Schluß weit näher, daß sich Preußen in seinem Rechte der Selbstbestimmung und der eigenen Entschlüsse nicht durch unberechtigte Einsprüche oder Verwahrungen werde beirren lassen. Die Tendenz, welche aus den identischen Noten unverkennbar hervorblickte, und welche die Depesche des Freiherrn von Beust vom 23ten Februar ganz unverhüllt bezeichnet, geht offenbar recht eigentlich darauf aus, diejenigen Bundesglieder, welche die Auffassung Preußens in der Reformfrage theilen, zu beeinflussen und in ihrem Selbstbestimmungsrecht zu beeinträchtigen. Wenn Freiherr von Beust ferner darüber klagt, daß den Regierungen, von welchen die identische Note ausgegangen, in der Reformfrage von Preußen nur die Wahl zwischen einem für sie unannehmbaren Programm oder der reinen Negation geboten werde, so wird derselbe sich billiger Weise auch der 1 Siehe Dok. 120.

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Thatsache nicht verschließen, daß Preußen von den gedachten Regierungen genau in dieselbe Alternative versetzt wird, da sie der Preußischen Auffassung der Reformfrage die absolute Negation entgegenhalten und andererseits der Königlichen Regierung zumuthen, auf ein nur in seiner Grundlage angedeutetes ganz unausführbares Programm einzugehen. Wie wir nun vollends den angeblich praktischen Unterlagen, welche in der identischen Note für die Bundesreform geboten sein sollen, unsererseits durch weitere Vorschläge eine erhöhte Bedeutung zu geben die Macht haben sollen, ist uns vollkommen unverständlich. Denn dem Königlich Sächsischen Minister wird doch nicht unbekannt sein, daß die Regierungen, welche nach seinem Vortritt die gedachte „praktische“ Basis (d. h. Centralgewalt und Parlament für den ganzen Bund) vorgeschlagen haben, selbst außer Stande sind, unserem Wunsche nach einer bestimmter gestalteten Darlegung ihrer Reformvorschläge auf dieser Basis ihrerseits zu entsprechen. Unter diesen Umständen wird der Herr Freiherr von Beust es gewiß erklärlich finden, daß wir den lebhaftesten Wunsch hegen, mit der gegenwärtigen Depesche einen Schriftwechsel geschlossen zu sehen, der sich an einen so unliebsamen Vorgang geknüpft hat, wie die Manifestation der identischen Note es war, und von dessen Fortsetzung erspriesliche Resultate für die bundesfreundlichen Verhältnisse nicht zu erwarten sind. Ich ersuche Eure Hochwohlgeboren, diesen Erlaß dem Königlich Sächsischen Herrn Minister vorzulesen, ihm auch, wenn er es wünschen sollte, Abschrift davon mitzutheilen. Empfangen Eure Hochwohlgeboren die Versicherung meiner vorzüglichsten Hochachtung. Bernstorff

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München, 13. März 1862

122. Schrenk an König Maximilian II. HStA München, MA 494. Antrag. Behändigte Ausfertigung, mit beigefügtem Signat von König Maximilian II.

Die acht Regierungen von Österreich, Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Großherzogtum Hessen, Nassau und Sachsen-Meiningen sind sich einig in der Bundesreformfrage. Auch die Regierungen von Braunschweig und Mecklenburg-Schwerin teilen in der Sache die in den identischen Noten vom 2. Februar geäußerte Auffassung. Die Aufregung über die Note hat in Preußen inzwischen abgenommen und dem Wunsch nach Verständigung Platz gemacht. Die Mehrzahl der an der Note vom 2. Februar beteiligten Regierungen ist dafür, weitere Schritte in der Reformfrage einzuleiten. Schrenk rät indessen dazu, jeden Schritt zu vermeiden, der die Meinungsverschiedenheit steigern könnte. Eine Konferenz zur Beratung der Bundesreform ist derzeit nicht ratsam, da sie nur zu Zerwürfnissen mit Preußen führen würde. Die reformwilligen Regierungen sollten sich allenfalls auf dem Korrespondenzweg über die Grundlagen der angestrebten Reform verständigen.

München, 13. März 1862 An Seine Majestaet den Koenig Allerunterthänigster Antrag von Seite des Staats-Ministeriums des Koeniglichen Hauses und des Aeussern Bundesreformbestrebungen betreffend. Der treugehorsamst Unterzeichnete ist bei Abgang des ersten Couriers nach Nizza1 bestrebt gewesen, mittels allerunterthänigster Anträge vom 13. und 14. vorigen Monats Euerer Königlichen Majestät möglichst vollständig allerunterthängst anzuzeigen2, was seit Allerhöchstdero Abreise von München in der Bundesreformfrage verhandelt worden ist, er erlaubt sich nunmehr, anknüpfend an jene ehrfurchtsvollsten Anzeigen Euerer Königlichen Majestaet allerunterthänigst vorzutragen, was seither in dieser Angelegenheit weiter vorgekommen ist. Bekanntlich war damals volle Übereinstimmung erzielt worden unter den Regierungen von Oesterreich, Bayern, Han[n]over, Württemberg, Großherzogthum Hessen, Nassau und Sachsen-Meiningen, die Königlich Sächsische Regierung aber beabsichtigte den getroffenen Abreden nur unter Vorbehalten beizutreten; seitdem hat nun das Königliche Kabinet zu Dresden, in Folge der von Wien aus dagegen erhobenen Einwendungen, von jenen Vorbehalten abgesehen, es besteht unter sämmtlichen vorgenannten 8 Regierungen hienach 1 König Maximilian II. hielt sich zur Kur in Nizza auf. 2 Antrag Schrenk an König Maximilian II., 14. Februar 1862, HStA München, MA 494. Der erwähnte Antrag vom 13. Februar 1862 liegt nicht in der Akte. Möglicherweise meinte Schrenk den Antrag vom 11. Februar, in dem er den König ausführlich über die Bundesreformdiskussion informierte; ebd.

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Schrenk an König Maximilian II.

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nun volles Einverständniß über die in der Bundesreformfrage einzunehmende Haltung, und es theilt auch der Herzog von Braunschweig, wie der treugehorsamste Unterzeichnete bereits am 14. vorigen Monats zu Euerer Königlichen Majestät Allerhöchster Kenntniß zu bringen sich erlaubte3, die Auffaßung der vorgenannten Regierungen, wenn gleich Er Sich an dem am 2. Februar zu Berlin gemachten Schritte nicht betheiligen zu können geglaubt hat. In einer ähnlichen Lage befindet sich auch die großherzogliche Regierung von Mecklenburg-Schwerin, wie Euere Königliche Majestät aus der nebst 2 Beilagen hieneben anruhenden Erwiederung des Staatsministers von Oertzen auf die von dem treugehorsamst Unterzeichneten bewerkstelligte Mittheilung der identischen Note an denselben allergnädigst zu ersehen geruhen.4 Man theilt demgemäß zu Schwerin in der Sache selbst unsere Auffaßung und hat sich in diesem Sinne gegen den königlich preußischen Gesandten auch geäußert, erachtet es aber dennoch nicht für erforderlich, der Depesche des Grafen Bernstorff vom 20. Dezember gegenüber, sich dem von uns in Berlin gemachten Schritte anzuschließen. Der Eindruck, welchen dieser Schritt in Berlin hervorgerufen hat, und die Erwiederung, welche das preußische Cabinet am 14. und 15. dies [sic]5 an die betheiligten Regierungen ergehen, gleichzeitig aber auch veröffentlichen ließ, ist Euerer Königlichen Majestät bereits Allerhöchst bekannt, sowie, daß beabsichtigt war, diese Erwiederung in der Wesenheit in gleichem Sinne, jedoch mittels selbstständiger an die Gesandten der betreffenden Regierungen in Berlin zu erlassender Depeschen zu beantworten. Diese Absicht ist seither verwirklicht worden, und nur die Regierung von Hannover hat für ihre Antwort[,] welche unter allen die eingehendste ist, wieder die Form einer Note gewählt.6 Der treugehorsamst Unterzeichnete vermag Euerer Königlichen Majestät eine Abschrift dieser Note, sowie der bezüglichen Depesche des Freiherrn von Beust7 hieneben ehrerbietigst vorzulegen, und erlaubt sich anzufügen, daß er auf Grund des am 10. dies [sic] von dem königlichen Legationsrathe Dr. Sigmund8 ihm überbrachten Allerhöchsten Signats vom 3. dies [sic] am darauffolgenden Tage die Allerhöchst genehmigte Depesche an den Grafen 3 4 5 6

Siehe vorige Anm. Die Beilagen befinden sich nicht in der Akte. Die preußische Antwort erging am 14. und 15. Februar 1862; siehe Dok. 116. Der Entwurf der Note wurde der bayerischen Regierung am 1. März 1862 vom hannoverschen Gesandten in München, Ernst von dem Knesebeck (1809–1869), übermittelt; HStA München, MA 494. 7 Siehe Dok. 120. 8 Dr. Joseph Hugo Sigmund, Legationsrat im bayerischen Staatsministerium; Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern 1861. München o. J., S. 188.

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von Montgelas9 hat expediren lassen, auf deren Eintreffen in Berlin Graf Bernstorff, wie dem treugehorsamst Unterzeichneten mitgetheilt wurde, nur noch wartet, um sodann sich nochmals über die Sache zu äußern, unzweifelhaft unter Festhaltung der am 20. Dezember vor. Jahres kundgegebenen Ansicht. Andere Verhandlungen als die vorerwähnten haben seither in der Reformfrage nicht stattgefunden; indessen scheint es, daß die Aufregung, welche der gemeinsame Schritt vom 2. Februar Anfangs zu Berlin hervorgerufen, inzwischen abgenommen und dem Wunsche nach einer Verständigung Raum gegeben hat. Zu dieser Hoffnung berechtigt die Haltung der Regierung bei der Verhandlung des Ausschußes der Kammer der Abgeordneten über die deutsche Frage, indem Graf Bernstorff an dieser Verhandlung persönlich keinen Antheil nahm, und der von ihm abgeordnete Commissär sich mit dem vom Ausschuße begutachteten Antrage wie mit dessen Motivirung nicht einverstanden erklärte, sondern das bestehende Bundesrecht als Ausgangspunkt für jede Reform, sowie das Mittel der Vereinbarung als allein zuläßigen Weg zu Erzielung einer solchen festhielt.10 Es berechtigt hiezu dann wohl auch das dringende Bestreben der preußischen Regierung, eine Verständigung zur Regelung der kurhessischen Verfaßungs-Angelegenheit zu Stande zu bringen11; denn gerade diese 9 Das Signat befindet sich auf dem Antrag Schrenks an König Maximilian II. vom 20. Februar 1862, HStA München, MA 494; ebd. auch der Entwurf des Erlasses von Schrenk an Montgelas. 10 Ein Ausschuß des preußischen Abgeordnetenhauses brachte am 25. Februar 1862 einen Antrag ein, in dem eine bundesstaatliche Organisation Deutschlands verlangt wurde. Nach dem Antragsentwurf sollte die preußische Regierung aufgefordert werden, „im vollen Bewußtsein ihres deutschen Berufs diese bundesstaatliche Organisation offen als das Ziel ihrer Politik“ hinzustellen und auf die Verwirklichung dieses Ziels „zunächst durch Vereinbarungen mit den deutschen Staaten“ hinzustreben. Die Regierung erklärte sich mit dem Antrag weder nach Form noch nach Inhalt einverstanden, denn dies bedeute „ein Hindrängen auf einen Weg, der eine Drohung einschließe und zu bedenklichen Auslegungen Anlaß geben könne“. Die Kommission des Abgeordnetenhauses ließ sich davon aber nicht beeindrucken, sondern bekräftigte am 28. Februar ausdrücklich ihren Standpunkt und beschloß, dem Abgeordnetenhaus die Annahme der Resolution zu empfehlen. Die Debatte darüber sollte am 11. März stattfinden, doch wurde an diesem Tag das preußische Abgeordnetenhaus aufgelöst, so daß es zu keiner weiteren Diskussion über die deutsche Frage kam. Vgl. Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, 3. Jg. 1863, S. 33–38, 41. 11 Preußen und Österreich verständigten sich am 1. März 1862 über ein gemeinsames Vorgehen in der kurhessischen Frage und brachten am 8. März einen Antrag in der Bundesversammlung ein. Danach sollte der Kurfürst aufgefordert werden, die im Jahr 1852 außer Kraft gesetzte Verfassung von 1831 „vorbehaltlich derjenigen zunächst auf verfassungsmäßigem Wege zu vereinbarenden Abänderungen, welche zur Herstellung der Uebereinstimmung mit den Bundesgesetzen erforderlich sind“, wieder in Wirksamkeit treten zu lassen. Vgl. Schulthess (Hrsg.),

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Angelegenheit wurde dazu ausgebeutet, um die preußische Regierung als den Hort verfaßungsmäßiger Freiheit zu preisen und ihr die Sympathien der freisinnigen Partei in ganz Deutschland zuzuwenden. Hiezu kömmt, daß neuerlich sowohl Graf Bernstorff dem österreichischen Gesandten zu Berlin, als der königlich preußische Gesandte zu Wien dem Grafen Rechberg gegenüber auf die Nothwendigkeit einer Verständigung der beiden Großstaaten über die Grundlagen einer Bundesreform hindeuteten, wobei der letztere, nachdem er vergeblich versucht hatte, den in der preußischen Depesche vom 20. Dezember eingenommenen Standpunkt zur Geltung zu bringen, auf die dualistische Leitung der Bundesangelegenheiten, wie solche durch die Central-Commission in den Jahren 1849 bis 1851 statthatte12, überging. Graf Rechberg lehnte das eine wie das andere als Basis irgendwelcher Verhandlung über die Bundesreformfrage entschieden ab, zeigte indessen dabei volle Geneigtheit, anderweite Vorschläge entgegenzunehmen, und es ist nun zu erwarten, ob man preußischerseits mit solchen hervortreten werde; zu hoffen wagt es der treugehorsamst Unterzeichnete vorerst noch nicht, er glaubt vielmehr annehmen zu müßen, daß das Berliner Cabinet, nachdem es keine Aussicht hat, Oesterreich von den übrigen Bundesregierungen zu trennen, und mit ihm allein sich auf eine der vorerwähnten Grundlagen hin zu verständigen, wieder eine zuwartende Stellung einnehmen wird. Für die Regierungen, welche die gleichlautende Note vom 2. Februar in Berlin überreicht haben, entsteht nun die Frage, ob sie sich gleichfalls passiv zu verhalten, oder aber Schritte zu Verwirklichung der in gedachter Note in Aussicht gestellten Reformen zu machen haben. Die Mehrzahl der betheiligten Regierungen ist nun ganz entschieden für die zweite Alternative und Sachsen, wie Hannover, Württemberg und Großherzogthum Hessen drängen, namentlich in Wien zu weiteren Schritten in der Reformfrage, indem sie besorgen, daß die Bedeutung des am 2. Februar gemachten Schrittes abgeschwächt würde, wenn es bei diesem verbleiben sollte, und Europäischer Geschichtskalender, 3 Jg. 1862, S. 38 u. 40 (Zitat). Vgl. dazu Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 444–447. 12 Am 30. September 1849 vereinbarten Österreich und Preußen eine interimistische Bundeszentralkommission, die nach dem Rücktritt des von der Paulskirche eingesetzten Reichsverwesers bis zu einer definitiven Neugestaltung der deutschen Verhältnisse die „Leitung der gemeinsamen Angelegenheiten des Deutschen Bundes“ übernehmen sollte. Die Bundeszentralkommission konnte indessen wegen der Interessengegensätze der deutschen Großmächte keine große politische Wirkung entfalten und beschränkte sich im wesentlichen auf die Verwaltung des Bundeseigentums. Die Bundeszentralkommission wurde am 30. Mai 1851 aufgelöst. Vgl. dazu Müller, Einleitung, in: QGDB, Bd. III/1, S. XIIf., XVI u. ebd. S. 204, Anm. 1; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 548–551.

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daß man daraus die Folgerung ziehen könnte, es seien von den betreffenden Regierungen die bezüglich der Bundesreform gemachten Zusagen nicht ernstlich gemeint gewesen. Der treugehorsamst Unterzeichnete ist nun der unmaßgeblichen Ansicht, daß vor Allem jeder Schritt zu vermeiden sei, welcher die zwischen den deutschen Bundesregierungen leider bestehende Meinungsverschiedenheit über die Reformfrage erweitern und die daraus folgenden Mißstimmungen steigern könnte, ohne doch in der Hauptsache selbst einen Erfolg in Aussicht zu stellen. Deßhalb erscheint es ihm nicht anräthlich, jetzt etwa eine Conferenz zu Berathung der Bundesreform einzuberufen oder der preußischen Regierung formulirte Vorschläge auf der von dieser bereits abgelehnten Grundlage hin mitzutheilen, oder aber die Sache in der Bundesversammlung anzuregen. Jedes derartige Vorgehen wird Angesichts der preußischen Auffaßung voraussichtlich erfolglos bleiben, aber unzweifelhaft zu Zerwürfnißen führen. Alles was dermalen nach des treugehorsamst Unterzeichneten unmaßgeblichstem Dafürhalten geschehen könnte und sollte, bestünde darin, daß die Regierungen, welche sich über die Grundlagen der Reform geeinigt haben, nun eventuell sich auch über die Modalitäten der Ausführung dieser Grundlagen verständigen, was auf dem Wege der Correspondenz und durch Vermittlung der in Wien accreditirten, deßfalls mit Instruktionen zu versehenden Gesandten geschehen könnte. Mit dieser Ansicht scheint nach Inhalt des jüngsten Berichtes des Grafen Bray auch das kaiserliche Cabinet zu Wien einverstanden zu sein und es erlaubt sich der treugehorsamst Unterzeichnete demgemäß den allerunterthänigsten Antrag zu stellen: „Euere Königliche Majestät möchten allergnädigst zu genehmigen geruhen, daß sofort auf dem bezeichneten Wege ein Vorschlag zu Reform der Bundesverfaßung unter Festhaltung der hiefür bereits vereinbarten und allerhöchst gutgeheißenen Grundlagen vereinbart werde.“ Frhr. v. Schrenk [Signat König Maximilians II.] praes. 29. Maerz 1862. Nizza, 25. März 1862 Einverstanden mit dem hier Vorgetragenen genehmige Ich den nebenstehenden Antrag und ist p. Graf Bray auf die seit Meinem Schreiben vom 12tn Dezbr v. Js. an ihn ergangenen Instruktionen zu verweisen, in welchen er die eingehendsten Aufschlüsse über unsere Auffassungen in den einzelnen Fällen erhalten hat. Dabei ist derselbe jedoch zu beauftragen, sofort, unermüdet

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und ausführlich über alles Dasjenige zu berichten, was er in der Bundesreform-Frage in Wien erfahren und verhandeln wird. Ausser den hier allegirten Beilagen folgen auch jene des Berichts vom 12ten d. Mts. Ziffer 108, welche Ich wegen der darin enthaltenen kurzen Anzeige zurückbehalte, hiebei zurück. Max

123. Sächsische Zirkulardepesche an die Gesandten bei den deutschen Höfen HStA München, MA 494. Erlaß. Metallographie.

Die preußischen Vorwürfe wegen der identischen Note sind unhaltbar. Beust weist die Kritik Bernstorffs an der sächsischen Note vom 23. Februar 1862 zurück. Die preußische Regierung gibt den Reformvorschlägen Österreichs und der Mittelstaaten eine nicht gerechtfertigte Auslegung und benutzt dies als Vorwand, um sie als unausführbar abzustempeln. Da die preußische Regierung nicht bereit ist, sich auf Verhandlungen einzulassen, ist es an der Zeit, daß sich die reformwilligen Regierungen auf spezielle Grundlagen für die Ausführung der Reform verständigen.

Dresden, 17. März 1862 Nachdem ich Eurer *** diejenige Depesche in Abschrift mitgetheilt habe, welche unterm 23. vorigen Monats an den Königlichen Gesandten in Berlin in der Bundesreformfrage erging1, stelle ich Ihnen heute Abschrift eines Erlasses zu, welchen Graf Bernstorff in deren Folge an den hiesigen Königlich Preußischen Gesandten gerichtet hat2. Wäre auch nicht am Schlusse dieses Erlasses der ausdrückliche Wunsch ausgesprochen, den beiderseitigen Schriftenwechsel damit geschlossen zu haben, so würden wir ohnedies in der äußern Form sowohl als dem inneren Gehalt jenes Erlasses, eine dringende Aufforderung erkannt haben, diesen Schriftenwechsel nicht fortzusetzen. Was nämlich die Form betrifft, so könnten wir dadurch nur auf eine Behandlungsweise hingeführt werden, die unsern Gefühlen und Gewohnheiten fremd ist. Soviel dagegen den materiellen Inhalt anlangt, so können wir die Erreichung des von uns in offener und loyaler Weise bisher verfolgten Zieles einer eingehenden Auseinandersetzung bei einer Discussion nicht ferner uns versprechen, welche nicht dahin gerichtet wird, die gegenüberstehenden Standpunkte scharf und deutlich zu bezeichnen, die ge1 Siehe Dok. 120. 2 Siehe Dok. 121.

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genseitigen Interessen und Ansprüche zu beleuchten und nach dem Mittel zu suchen, dieselben mit den Bundesgrundgesetzen und dem Reformbedürfnisse in Einklang zu bringen, sondern welche sich vielmehr darin gefällt in der Deutung einzelner Worte Anhalt zu finden, um einer eingänglichen Erörterung auszuweichen. Es kann bei jedem Schriftenwechsel, möge er unter Regierungen oder Privaten stattfinden, der Fall eintreten, daß der eine Theil demselben mit einem letzten Worte ein Ziel setzen will. In diesem Falle bringen es jedoch die üblichen Rücksichten mit sich, daß der abbrechende Theil jedes verletzende Wort für den andern Theil vermeidet. Ob der vorliegende Erlaß des Grafen Bernstorff, welcher unsere Handlungen und Schriften mit den Bezeichnungen von „hinfällig“, „unberufen“ und „unliebsam“ bedenkt, ein entsprechendes Verfahren beobachtet habe, bedarf nicht der Erörterung. Wende ich mich dagegen zu dem sachlichen Theile der Entgegnung, so finde ich fast in jedem Satze eben jenen Charakter der Discussion, den ich so eben näher zu kennzeichnen in dem Falle war. Die Preußische Regierung hat in der bekannten Depesche vom 20ten December vorigen Jahres die Bildung eines engeren Bundesstaates innerhalb des Bundes als die allein mögliche Bundesreform und als eine solche bezeichnet, welche zu verfolgen sein werde. Sie hat dieses Programm auch der Commission des Berliner Abgeordnetenhauses gegenüber festgehalten, nicht zu gedenken der thatsächlichen Ausführung des Gedankens, welche theilweise schon zuvor in dem Abschlusse einer Militairconvention hervorgetreten war.3 Es war daher eine ebenso wahrhafte als berechtigte Behauptung, wenn der letzte diesseitige Erlaß darauf hinwies[,] daß die Unterzeichner der identischen Note, der man sich hierseits angeschlossen, in der wohlmeinenden Absicht gehandelt hätten, rechtzeitig durch eine offene Erklärung einem Unternehmen zu begegnen, welches ebendadurch d. h. durch eine offene Darlegung des wahren Sachstandes sein Object verlieren mußte. Denn darüber wird und kann man sich in Berlin nicht täuschen, daß, wenn der Nichtbeitritt zum engeren Bunde von Seiten der vier Königreiche, Großherzogthum Hessens, Nassau’s und Sachsen-Meiningen’s sowie zufolge der inzwischen erfolgten diesfallsigen Kundgebung auch Seiten Mecklenburgs feststeht, selbst die thatsächliche Ausführung des preußischen Programms in keinem Falle die Bedeutung einer Bundesreform, um die es sich doch handelt, mehr gewinnen könnte. Wie kann daher Graf Bernstorff, welcher unmittelbar darauf wiederum von dem „Programm Preu3 Nach der von Preußen am 1. Juni 1861 mit Sachsen-Coburg und Gotha abgeschlossenen Militärkonvention folgten weitere Militärkonventionen mit Waldeck am 23. Februar 1862 und Sachsen-Altenburg am 30. März 1862. Vgl. Biefang, Politisches Bürgertum, S. 186, Anm. 114; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 401.

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ßens“ spricht, die geschehene Manifestation darum als eine unberufene bezeichnen, weil Preußen noch keine Vorschläge zu Bildung des engeren Bundes gemacht und die, bei der identischen Note betheiligten Regierungen nicht zum Beitritte eingeladen habe! Ebenso unhaltbar ist die ferner beliebte Anwendung des diesseitigen Ausspruchs über das Selbstbestimmungsrecht der deutschen Staaten auf Preußen und die übrigen deutschen Regierungen. Diesseits hatte man die präsumtive und gegenwärtig von Graf Bernstorff selbst zugestandene Achtung dieses Selbstbestimmungsrechts von Seiten Preußens zu dem Zwecke betont, um das Gewicht der dargelegten factischen Sachlage in das volle Licht zu setzen. Wenn wir selbstverständlich dabei Preußen und den übrigen Staaten ein gleiches Selbstbestimmungsrecht einräumen, so wird damit einestheils an jener factischen Sachlage nichts geändert, durch deren offene und loyale Darstellung wir eine durchaus erlaubte, keinesweges aber „beeinträchtigende“ Beeinflussung anderer Regierungen ausüben, während andererseits wir das Selbstbestimmungsrecht der deutschen Staaten allerdings in der Weise nicht zuzugestehen vermögen würden, daß dasselbe auf Kosten des Bundes seinen Ausdruck finde. Gleiches Verfahren wird endlich auch gegenüber dem Satze der diesseitigen Depesche vom 23. Februar beobachtet, wo in der schonendsten Form, Angesichts der gegen die Unterzeichner der identischen Note erhobenen Anschuldigung wegen unbefriedigten Reformbedürfnisses, darauf hingewiesen war, daß diesen Regierungen preußischerseits nur die Wahl zwischen einem für sie unannehmbaren Programm und der reinen Negation geboten wurde. Graf Bernstorff meint, Preußen werde von den gedachten Regierungen genau in dieselbe Alternative versetzt, da sie der preußischen Auffassung der Reformfrage die absolute Negation entgegenhielten und andererseits ihr zumutheten, auf ein nur in seiner Grundlage angedeutetes ganz unausführbares Programm einzugehen. Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß man in Berlin bei unbefangener Erwägung sich davon Rechenschaft geben werde, wie weit man sich hiermit von der Wahrheit entfernt. Oder sollte man wirklich dem Gange der Verhandlungen so wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben, um nicht zu wissen, daß die Preußen gegenüberstehenden Regierungen nie und nirgends die von ihnen gemachten Vorschläge als die allein mögliche Reform bezeichnet haben, wie dies hinsichtlich des engeren Bundesstaates von Seiten Preußens geschehen ist, während sie ebensowenig eine Abgeneigtheit zu erkennen gegeben, auf andere Vorschläge, die ihnen Preußen machen würde, einzugehen, wogegen die Haltung Preußens in den Verhandlungen am Bundestage sowohl, als außerhalb desselben consequent allen Versuchen einer Erweiterung der Bundesthätigkeit die reine Negation entgegengestellt hat.

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Wenn schließlich die diesseitige Bemerkung, daß es in Preußens Macht stehen würde, den praktischen Unterlagen, welche in der identischen Note enthalten seien, durch weitere Vorschläge eine erhöhte Bedeutung zu geben, dem Grafen Bernstorff vollkommen unverständlich ist, so kann hierin nur der Ausdruck einer ungewöhnlichen Bescheidenheit erkannt werden. Dem unbefangenen Beurtheiler der Sache wird es nicht schwer werden zu erkennen, daß, wenn man in Berlin von einem Programme abgehen wollte, welches nur in einer gewaltsamen Durchführung unsichere Chancen des Gelingens, in dem beabsichtigten friedlichen Wege aber deren überhaupt keine darbietet, die preußische Regierung in Bezug auf die Herstellung einer kräftigen Executive sowohl, als auf die Herbeiziehung einer Vertretung der Kammern, sehr wohl in der Lage sein würde, Vorschläge zu machen, die, von dieser gewichtigen Seite kommend, bei den übrigen Regierungen nicht ohne Eindruck bleiben möchten und daß Nichts die preußische Regierung abhalten könnte, den zu eröffnenden Verhandlungen durch Vorschläge anderweiter Verbesserungen in der That eine erhöhte Bedeutung zu geben. Es erübrigt mir noch, eine zusätzliche Betrachtung des preußischen Erlasses mit einigen Bemerkungen zu begleiten. „Dem Königlich Sächsischen Minister – sagt Graf Bernstorff – wird doch nicht unbekannt sein, daß die Regierungen, welche nach seinem Vortritt die gedachte ,praktische‘ Basis (d. h. Centralgewalt und Parlament für den ganzen Bund) vorgeschlagen haben, selbst außer Stande sind, unserem Wunsche nach einer bestimmter gestalteten Darlegung ihrer Reformvorschläge auf dieser Basis ihrerseits zu entsprechen.“ Es kann uns, die wir eine Veröffentlichung des preußischen Erlasses zu wünschen nicht Ursache haben würden, diese Stelle desselben nur Beruhigung gewähren. Denn kaum möchte es in der Absicht der preußischen Regierung liegen, dem deutschen Volke zu verkünden, daß ihm Centralgewalt und Parlament von den bei der identischen Note betheiligten Regierungen geboten werden. Indessen, auch wir sind bescheiden und wollen uns nicht ein Mehreres nachrühmen lassen, als wir wirklich geleistet haben. Wir haben uns wohl für eine concentrirte, einheitliche Thätigkeit des Bundes und für Schaffung eines hierzu geeigneten Organs ausgesprochen, nicht aber für Das, was man unter Centralgewalt zu verstehen pflegt, womit eine ständige Regierung, deren Anordnungen sich alle Landesregierungen zu unterwerfen haben, eingesetzt werden soll, ein Gedanke, dem auch die Depesche des Herrn Grafen von Bernstorff vom 20. December die Verwirklichung versagt. Wir wollen ferner, in consequenter Durchführung des in den Bundesstaaten bestehenden constitutionellen Systems und zu größerer Belebung des Bundes, Vertreter der Kammern an dessen Thätigkeit zu bestimmten Zwecken betheiligt wissen, nicht aber wollen wir ein Parlament, unter welchem man eine aus

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directen Volkswahlen ohne Rücksicht auf die in den Bundesstaaten bestehenden verfassungsmäßigen Gewalten hervorgehende und in Bezug auf alle öffentlichen Angelegenheiten Deutschlands sich als Vertretung der Gesammtheit gerirende Versammlung versteht, und auch diese Schöpfung findet in dem Erlasse des Grafen Bernstorff vom 20. December vorigen Jahres keine Befürwortung. Dürfen wir sonach allerdings uns rühmen, in unsern Reformvorschlägen nicht hinter denen der preußischen Regierung zurückzustehen, so müssen wir gleichwohl wünschen, daß denselben nicht eine weder durch ihren Wortlaut noch durch ihren Sinn gerechtfertigte Tragweite gegeben werde, welche, wie uns der vorliegende Erlaß des preußischen Herrn Ministers lehrt, nur zu leicht als Vorwand dienen möchte, um an sich vollkommen ausführbare Dinge zu unausführbaren zu stempeln. Daß die Regierungen, welche in diesen Grenzen zu einer Verhandlung über die Bundesreform sich bereit erklärt haben, selbst außer Stande sein sollen, dem preußischen Wunsche nach einer bestimmter gestalteten Darlegung zu entsprechen, ist mir, obschon Graf Bernstorff das Gegentheil anzunehmen scheint, allerdings unbekannt, wohl aber ist mir vollkommen gegenwärtig, daß die preußische Antwort auf die identische Note mit der Erklärung schloß, der Königlichen Regierung erscheine die Unausführbarkeit einer Reform nach den vorliegenden allgemeinen Andeutungen unzweifelhaft und sie müsse den Eintritt in Berathungen über solche Grundlagen für unthunlich erachten, da dieselben in vollkommenem Widerspruch mit dem Standpunkte ständen, zu welchem sie selbst sich bekenne. Nach dieser Erklärung und angesichts von Kundgebungen, wodurch die Königlich Preußische Regierung, ihren Kammern gegenüber, zu unverrückter Festhaltung eben dieses Standpunktes sich verbindlich machte, konnte es für die betheiligten Regierungen nicht sehr ermunternd sein, mit genauer präcisirten Vorschlägen hervorzutreten welche der gegenüberstehende Standpunkt und die ausgesprochene Ansicht von der absoluten Unausführbarkeit einer den ganzen Bund umfassenden Reform im Voraus zurückwieß. Für die betheiligten Regierungen erschien es unter diesen Umständen als die nächste Aufgabe, im Wege offener und eindringlicher Vorstellung die thatsächliche Unausführbarkeit des gegenüberstehenden Standpunktes anschaulich zu machen, und in dieser Richtung hat sich nicht blos die diesseitige, sondern auch die Erwiederung anderer Regierungen ausgesprochen, indem man von der Hoffnung ausging, daß wenn erst es gelungen sei, die Königlich Preußische Regierung hiervon zu überzeugen, alsdann auch erwartet werden dürfe, daß sie zu einer Verhandlung über eine Reform des Bundes in seiner Gesammtheit sich herbeilassen werde. Da inzwischen diese Hoffnung sich nicht verwirklicht hat, so werden unsers Erachtens die betheiligten Regierungen sich nunmehr allerdings die Frage zu stellen haben, ob es nicht an der Zeit und ihre Aufgabe sei, der von der preußi-

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schen Regierung an sie gestellten Aufforderung nachzukommen und den Versuch zu machen, derselben specielle Unterlagen für die Ausführung einer Reform, die sie im Voraus für unausführbar erklärt, darzubieten. Dieselben werden hierzu umso unbedenklicher vorschreiten können, als die Königlich Preußische Regierung, ohne mit sich selbst in Widerspruch zu kommen, es möge die Vernehmung im schriftlichen oder mündlichen Wege erfolgen, unmöglich eine unberufene und unliebsame gegen Preußen gerichtete Demonstration in einer Berathung erblicken kann, welche den Zweck hat, einem von ihr ausgesprochenen Wunsche zu genügen. Vorstehende Betrachtungen werden Euerer *** den Standpunkt der Königlichen Regierung vollkommen anschaulich machen und Sie in den Stand setzen, denselben mit entsprechender Bestimmtheit zu vertreten.

124. Rechberg an Schönburg11 HStA München, Gesandtschaft Wien, 1622/I. Erlaß. Abschrift. – Gleichlautende Erlasse ergingen an die an der identischen Note vom 2. Februar 1862 beteiligten Regierungen. Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 2, S. 297–303.

Mehrere deutsche Regierungen haben sich in Wien nach der ablehnenden Antwort Preußens auf die identischen Noten dafür ausgesprochen, weitere Schritte in der Reformfrage zu tun. Österreich spricht sich für den Vorschlag des hessischen Ministers Dalwigk aus, wonach die Ausbildung der Bundesverfassung an den Bundesbeschluß vom 6. Februar 1862 anknüpfen soll und legislative Befugnisse auf eine Delegiertenversammlung übertragen werden sollen. Österreich schlägt einen entsprechenden Antrag derjenigen Regierungen vor, welche die Note vom 2. Februar unterzeichnet haben. Damit tritt dann die Frage der Bundesexekutive in den Vordergrund sowie auch die Frage des Bundesgerichts. Über diese Punkte sollen die befreundeten Höfe in vertrauliche Beratungen eintreten, um sich über die konkretere Gestaltung der Reformvorschläge zu verständigen.

Wien, 17. März 1862 Hochgeborener Fürst! Seit das königlich preußische Cabinet die gleichlautenden Noten vom 2ten Februar2 ablehnend beantwortet hat3, haben mehrere der Regierungen, welche jene Noten unterzeichnet haben, mit Wärme die Ansicht bei uns vertreten, daß 1 Alexander Fürst zu Schönburg-Hartenstein (1826–1896), 1859–1863 österreichischer Gesandter in München; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 297. 2 Siehe Dok. 107. 3 Siehe Dok. 116.

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die föderativ gesinnten deutschen Höfe nunmehr weitere Schritte thun sollten, um den Ernst ihrer auf eine Reform der deutschen Bundesverfassung gerichteten Absichten zu bethätigen. Durch solche Schritte würden die Unterzeichner der gedachten Noten aus dem Rahmen der getroffenen Verabredungen in einer gewissen Beziehung allerdings heraustreten. Geleitet von Rücksichten, die in hohen Anschlag gebracht zu werden verdienen, hatten sie den Vorsatz gefaßt, zu positiven Reformvorschlägen erst in dem Falle überzugehen, wenn von anderer Seite her ein auf die Verwirklichung der Hegemonie Preussens abzielendes Projekt zu Tage gefördert würde. Formell ist diese Voraussetzung bis jetzt nicht eingetreten. Demungeachtet hat im Kreise der gleichgesinnten Regierungen die Meinung immer mehr Boden gewonnen, daß es bei dem Proteste vom 2ten Februar nicht einfach sein Bewenden4 behalten dürfe, und daß man den Anforderungen der Lage nicht entsprechen würde, wenn man sich gegenüber der Negation Preussens auf blosses Zuwarten beschränken wollte. Auch die kaiserlich österreichische Regierung konnte sich den Gründen für diese Ansicht nicht verschliessen. Sie hat daher die wichtige Frage, wie nunmehr die befreundeten Höfe ihr weiteres Verfahren einzurichten hätten, eine Frage, über welche ihr verschiedene und zum Theil auseinandergehende Ansichten ausgesprochen worden waren, mit jener ernsten und gewissenhaften Sorgfalt erwogen, die der tiefgreifenden Bedeutsamkeit des Gegenstandes entspricht. Ich sehe mich in Folge hievon nunmehr in den Stand gesetzt, die Anschauungen und Vorschläge der kaiserlichen Regierung der Würdigung unserer hohen Verbündeten mittelst der nachstehenden Darlegung zu unterziehen. I. Zunächst muß ich hervorheben, daß ein von dem großherzoglich hessischen Minister Freiherrn von Dalwigk ausgegangener Vorschlag5 bei mehreren der betheiligten Höfe entschiedenen Anklang gefunden hat. Dieser Vorschlag, rücksichtlich dessen beachtungswerther Motivirung ich auf die abschriftlich anliegende Mittheilung des Freiherrn von Dalwigk verweise6, geht von dem Gedanken aus, daß der am 6ten Februar gefaßte Bundes-

4 Emendiert. Vorlage: Verwenden. – In den gleichlautenden Erlassen an die österreichischen Gesandten in Dresden, Stuttgart und Hannover steht: Bewenden. Vgl. HStA Dresden, 10 717, Nr. 938, fol. 2–10, hier fol. 2v; HStA Stuttgart, E 70b, Büschel 54; HStA Hannover, Dep. 103, VI, Nr. 4099. 5 Siehe Dok. 117. 6 Dalwigk an Drachenfels, Darmstadt, 14. Februar 1862; HStA München, Abt. III, Geheimes Hausarchiv, Kabinettsakten König Maximilians II., Nr. 27 b.

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beschluß7 – wonach Commissionen von Sachverständigen zur Ausarbeitung von Entwürfen gemeinsamer deutscher Gesetze über Civilproceß und über Obligationenrecht eingesetzt werden sollen – die natürlichste Veranlassung darbiete, den in den Noten vom 2ten Februar bekundeten Absichten wegen Ausbildung der deutschen Bundesverfassung einen Anfang von Ausführung zu geben. Die bundestreuen Regierungen hätten nämlich nach dem Vorschlage des hessischen Herrn Ministers mit der durch den erwähnten Bundesbeschluß verlangten Erklärung, ob sie jene Commissionen beschicken wollen, einen Antrag auf Ergänzung des Beschlußes zu verbinden, etwa dahin gehend, daß demnächst eine Versammlung von Abgeordneten der einzelnen deutschen Ständekammern zur Begutachtung der fraglichen Entwürfe zu berufen, und einstweilen ein Ausschuß zu dem Zwecke zu wählen sey, um die in dieser Hinsicht erforderlichen näheren Vorschläge auszuarbeiten. Sollten gegen einen förmlichen Antrag dieser Art Bedenken obwalten, so könnten doch – nach der Ansicht des Freiherrn von Dalwigk [–] die Regierungen der Majorität sich dahin verständigen, übereinstimmend zu erklären, wie sie eine Maßregel der bezeichneten Art als zweckentsprechend erachteten, und zu derselben mitzuwirken bereit wären. Im Artikel 64 der Wiener Schlußakte würde – wie die großherzoglich hessische Regierung hinzufügt, – das beantragte Verfahren eine ebenso sichere rechtliche Grundlage finden, wie der Bundesbeschluß vom 6ten Februar selbst. Von Seite des königlich baierischen Ministers des Äussern Freiherrn von Schrenk sind zwar gegen diesen Vorschlag vorläufig einige Bedenken erhoben worden.8 Jedoch ist dies weder in definitiver Weise geschehen, noch sind die Einwendungen des Freiherrn von Schrenk gegen das Prinzip des Vorschlages gerichtet. Das Nähere hierüber, sowie die Erwiderung des Freiherrn von Dalwigk auf die ihm von München aus gemachten Bemerkungen wollen Sie aus den beiden weiteren in Abschrift beigefügten Actenstücken entnehmen.9 Das kaiserliche Cabinet seinerseits glaubt eine dem erwähnten hessischen Vorschlage günstige Meinung aussprechen zu sollen. Derselbe geht folgerichtig aus der Sachlage hervor, entspricht dem Grundsatze organischer Ausbildung der Bundesverfassung, knüpft den unverkennbar so schwierigen Versuch, die Stände der einzelnen deutschen Staaten zur Wirksamkeit des Bundes heranzuziehen, an ein unmittelbar vorhandenes practisches 7 Siehe Dok. 111. 8 Schrenk an Drachenfels, München, 28. Februar 1862; HStA München, Abt. III, Geheimes Hausarchiv, Kabinettsakten König Maximilians II., Nr. 27 b. 9 Schrenk an Drachenfels, München, 28. Februar 1862; HStA München, Abt. III, Geheimes Hausarchiv, Kabinettsakten König Maximilians II., Nr. 27 b; Dalwigk an Drachenfels, Darmstadt, 6. März 1862; Abschrift im HStA Dresden, 10 717, Nr. 938, fol. 19–22.

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Bedürfniß, befördert in der wesentlichsten Beziehung das Zustandekommen gemeinsamer deutscher Gesetzgebung, und dürfte daher vollkommen geeignet seyn, die Stellung der bundestreuen Regierungen zu verstärken und ihnen eine neue Stütze in der öffentlichen Meinung zu verschaffen. Abgesehen von seiner inneren Zweckmässigkeit dürfte jener Vorschlag sich aber auch durch die Betrachtung empfehlen, daß gegenüber Preussen dem Schritte der föderativ gesinnten Regierungen der versöhnlichste Charakter gegeben werden könnte, so zwar, daß dem Berliner Cabinete, falls dort der Wunsch der Annäherung an die Bundesgenossen Boden gewänne, ein Mittel der Verständigung dargeboten würde, welches es nicht verschmähen könnte, ohne sich noch entschiedener ins Unrecht zu setzen. Da nämlich Preussen in Frankfurt seine Gegnerschaft gegen den Beschluß vom 6ten Februar hauptsächlich auf die Berechtigung der eigenen legislativen Faktoren und auf den Mangel eines solchen Faktors am Bunde gestützt hat, so könnten die antragstellenden Regierungen als ein Motiv ihres Schrittes ausdrücklich auch die Hoffnung anführen, daß Preussen nunmehr, nachdem den deutschen Ständekammern ein Antheil an den beabsichtigten Gesetzgebungswerken eingeräumt werden sollte, nicht länger Bedenken tragen werde, sich an der gemeinsamen Aufgabe zu betheiligen. Indem übrigens das kaiserliche Cabinet in dieser folgenreichen Angelegenheit seinen deutschen Verbündeten Oesterreichs Mitwirkung entgegenbringt, glaubt es auch seinerseits auf die in dem Vorschlage der großherzoglich hessischen Regierung vollkommen richtig eingehaltenen Gränzen hinweisen zu müssen, innerhalb welcher nach der Natur der deutschen Staatenverhältnisse eine Uebertragung legislativer Befugnisse auf eine Versammlung von Delegirten am Bunde allein als möglich und ausführbar erscheint. Das innere Verfassungsrecht der einzelnen Staaten erlaubt es nicht, einer solchen Uebertragung eine definitive Wirkung in der Art beizulegen, daß die Beschlüsse der Delegirten-Versammlung ohne Weiteres die Stelle der verfassungsmässigen Zustimmung der Einzellandtage vertreten, also unmittelbar durch die Sanction der Regierungen Gesetzeskraft erlangen könnten. Es läßt sich augenscheinlich nicht fordern, daß die deutschen Ständeversammlungen einen hochwichtigen Theil ihres Berufes an Ausschüsse aus ihrer Mitte abtreten, und die Regierungen Deutschlands dürften es daher für unerläßlich halten, das definitive Zustimmungsrecht zu den am Bunde unter Mitwirkung der Delegirtenversammlung vereinbarten Gesetzesvorlagen den eigenen Ständen vorzubehalten. Hiemit muß die kaiserliche Regierung sich umsomehr einverstanden erklären, als ihr gerade in diesem Vorbehalte das Mittel geboten ist, ihre Theilnahme an der beabsichtigten Maßregel mit den Anforderungen der inneren Verfassungsentwicklung der österreichischen Monarchie in Einklang zu bringen. Sachlich wird ungeachtet dieser nothwendigen Begränzung der Befugnisse der Delegirten-Versammlung ohne allen Zweifel stets eine starke Bürgschaft

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dafür vorhanden sein, daß einer Vorlage, welche am Bunde gleichsam mit den Gesetzgebungsausschüssen der einzelnen Kammern berathen und festgestellt worden wäre, auch die verfassungsmässige Zustimmung dieser Kammern selbst nicht fehlen würde. Der öffentliche Geist in Deutschland aber ist gewiß hinlänglich herangereift, um nicht eine unmögliche Absorption der Einzelverfassungen von Einem Centralpunkte aus zu verlangen. Er wird vielmehr den Regierungen Beifall zollen, wenn sie einen grossen Fortschritt mit ernstem Willen, aber ebendeshalb mit sorgfältiger Beachtung der Schranken verwirklichen, die ihnen – sey es durch ihre Pflichten, sey es durch die Macht der Thatsachen – gezogen sind. Geleitet von diesen Erwägungen würden wir damit einverstanden seyn, wenn demnächst die Regierungen, welche die Note vom 2ten Februar unterzeichnet haben, – sowie diejenigen Regierungen, welche sich etwa ihnen anschliessen würden – in der Bundes-Versammlung zuerst einzeln die Sachverständigen für die Commissionen in Hannover und Dresden10, oder wenigstens für die erstere derselben, namhaft machten, dann aber gemeinsam einen Antrag folgenden wesentlichen Inhalts stellten: Es sey gegen den Bundesbeschluß vom 6ten Februar der Einwand erhoben worden, daß derselbe in die verfassungsmässigen Rechte der gesetzgebenden Körperschaften in den einzelnen deutschen Staaten eingreife. Die Richtigkeit dieses Einwandes vermöge nun zwar nicht anerkannt zu werden, indem der Beschluß vom 6ten Februar nur die Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen unter freier Mitwirkung der Betheiligten bezwecke, und die demnächstige verfassungsmässige Verhandlung und Beschlußfassung über diese Entwürfe den Legislaturen der einzelnen Staaten ungeschmälert vorbehalte. Allein die antragstellenden Regierungen könnten sich demungeachtet der Erkenntniß nicht verschliessen, daß das an sich so wünschenswerthe und vielversprechende Unternehmen, die Gesammtheit deutscher Gesetzgebung auf wichtigen Gebieten durch die Einwirkung des Bundes herbeizuführen, so lange diese Einwirkung ausschließlich in den Händen der Regierungen liege, einer ernsten Schwierigkeit in der Ausführung begegnen müsse. Es würden nämlich demnächst die Stände der einzelnen Staaten, wenn ihnen die am Bunde vereinbarten Entwürfe vorgelegt würden, allerdings sich in eine bedenkliche Alternative versetzt sehen. Entweder müßten sie das ausserhalb ihres Wirkungsbereiches entstandene Werk ohne eigene Prüfung genehmigen, 10 Der Bundesbeschluß vom 6. Februar 1862 (siehe Dok. 111) sah die Einsetzung von Bundeskommissionen zur Ausarbeitung einer Allgemeinen Deutschen Zivilprozeßordnung (eingesetzt am 17. Juli 1862, Tagungsort Hannover) und zur Ausarbeitung eines Gesetzes über die Rechtsgeschäfte und Schuldverhältnisse (eingesetzt am 13. November 1862, Tagungsort Dresden) vor. Preußen beteiligte sich an den beiden Kommissionen nicht. Vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 429 u. 433.

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mithin auf ihren verfassungsmässigen Beruf der Mitwirkung zur Gesetzgebung im weiten Umfange thatsächlich verzichten, – oder sie müßten, indem sie diesen Beruf geltend machten, die Erreichung des patriotischen Zweckes, ein gemeinsames Gesetz für Deutschland zu schaffen, ungeachtet aller für diesen Zweck bereits aufgewendeten Mühe, sofort wieder in Frage stellen. Damit nun dieser Schwierigkeit abgeholfen und das materielle Prüfungsrecht der deutschen Ständeversammlungen mit dem Wunsche nach einheitlicher Gestaltung der Gesetzgebung in zweckmässiger Weise vermittelt würde, wäre nach dem Erachten der antragstellenden Regierungen den einzelnen Ständekammern schon am Bunde selbst eine Einwirkung auf das Zustandekommen der fraglichen Gesetzesentwürfe der Art zu überweisen, daß diese Entwürfe einer von den Einzellandtagen gewählten Versammlung von Delegirten zur Berathung vorzulegen wären. Die von der Bundes-Versammlung in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen dieser Gesammtvertretung festgestellten Gesetzesentwürfe wären dann von den Regierungen Behufs der Einholung der verfassungsmässigen Zustimmung empfehlend an die Ständeversammlungen in den einzelnen Staaten zu leiten. Indem man diese wichtige Maßregel als Ergänzung des Beschlusses vom 6ten Februar und um dessen Ausführung zu erleichtern, beantrage, gebe man sich zugleich der Hoffnung hin, es würden diejenigen Bundesgenossen, die jenem Beschlusse mit Rücksicht auf die Competenz der heimischen Volksvertretung nicht zugestimmt hätten, durch diesen Vorschlag ihre Bedenken gehoben oder doch gemindert finden, und ihre Mitwirkung dem gemeinsamen Werke nicht entziehen. Es werde demgemäß zunächst die Wahl eines Bundestags-Ausschusses beantragt, welcher die näheren Vorschläge wegen der Art der Zusammensetzung und Einberufung der Delegirten-Versammlung zu erstatten hätte. Sobald wir von der Geneigtheit der befreundeten Höfe, sich mit uns zu einem solchen Antrage zu vereinigen, benachrichtigt wären, und man sich über die Fassung des Antrages vollständig geeinigt hätte, würden wir nicht zögern, den kaiserlichen Bundes-Präsidial-Gesandten mit den entsprechenden Instruktionen zu versehen. II. Durch den so eben besprochenen Schritt in Frankfurt scheint uns jedoch die Aufgabe, die der gegenwärtige wichtige Augenblick den bundesgetreuen Regierungen stellt, noch keineswegs vollständig erschöpft zu sein. Da die Gesetzesentwürfe über Civilprozeß u. über Obligationenrecht zuerst durch Sachverständige ausgearbeitet werden müssen, vor der wirklichen Berufung der Delegirtenversammlung also jedenfalls noch ein langer Zeitraum verstreichen wird, so wird dem bis zu einem hohen Grade von Spannung ge-

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steigerten allgemeinen Verlangen, die Reformfrage durch entschiedenes Handeln praktisch gefördert zu sehen, offenbar nicht mit den blossen Vorberathungen über die künftige und auf einen einzelnen Fall beschränkte Einberufung ständischer Ausschüsse Genüge geleistet werden können. Abgesehen hievon, knüpft sich aber an jeden Versuch, der Bundesversammlung ein legislatives Organ zur Seite zu stellen, nothwendig auch die Aufgabe, eine mehr concentrirte Regierungsvertretung am Bunde, eine stärkere Exekutive zu begründen. Der künftigen Delegirtenversammlung gegenüber werden in irgend einer Form Bundesbevollmächtigte aufgestellt werden müssen, um den Standpunkt der Regierungen wahrzunehmen, die Versammlung zu eröffnen, zu leiten, zu schliessen, vor Ausschreitungen zu bewahren. Die Frage der Errichtung einer wirksamen Exekutive tritt also mit dem Antrage auf Berufung von ständischen Ausschüssen von selbst in den Vordergrund. Ebenso wird dieser letztere Antrag, da er selbstredend nicht definitiv auf den einzelnen jetzt in Frankfurt vorliegenden Fall beschränkt bleiben kann, nothwendig zu einer näheren Berathung der Frage führen müssen, wie die Mitwirkung des repräsentativen Elements am Bunde organisch zu gestalten seyn werde. Ein Einverständniß hierüber wird auch schon aus dem Grunde nicht entbehrt werden können, weil im Zusammenhange hiemit die Mitglieder des nach dem obigen Vorschlage einzusetzenden Bundestags-Ausschusses mit den nöthigen Instruktionen wegen der Modalitäten ihres Gutachtens zu versehen seyn werden. Nicht weniger dürfte es an der Zeit seyn, zu einem Beschlusse darüber zu gelangen, ob die längst gestellten Anträge wegen Errichtung eines Bundesgerichts, so wie sie vorliegen, zur Abstimmung gebracht, und von den Regierungen der Majorität angenommen und ausgeführt werden sollen. Es scheint uns sonach hinreichende Veranlassung ja dringende Aufforderung vorzuliegen, über diese verschiedenen Punkte nunmehr in eine nähere Berathung einzutreten, wie sich dies übrigens die gleichgesinnten Höfe bereits ausdrücklich vorbehalten haben, und es bleibt uns nur noch übrig, unsere Ansicht über die Form zu äussern, in welcher eine solche Berathung in der dermaligen Sachlage am zweckmässigsten eingeleitet werden könnte. Man hat theils auf Minister-Conferenzen hingewiesen, theils auf vertrauliche Besprechungen, die in Wien zwischen dem kaiserlichen Cabinet und den Gesandten der befreundeten Höfe gepflogen werden könnten. Der Zusammentritt einer Ministerconferenz würde uns im gegenwärtigen Augenblicke als ein zu demonstrativer Schritt erscheinen, da die königlich preussische Regierung ihrerseits sich eines activen Vorgehens in der deutschen Frage enthalten hat, und es Angesichts der in Berlin schwebenden Krisis11 gewiß von Wichtigkeit 11 Gemeint ist der Konflikt zwischen der preußischen Staatsführung und dem Abgeordnetenhaus, der im Februar 1862 eskalierte und im März zur Auflösung des Abgeordnetenhauses und

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ist, die Entwickelung der dortigen Dinge zwar in fester, aber nicht in herausfordernder Haltung abzuwarten. Dagegen würden wir es für vollkommen zeitgemäß und zweckentsprechend halten, wenn die betreffenden hohen Regierungen ihre Gesandten am kaiserlichen Hofe mit den nöthigen Instruktionen versehen wollten, um sich über die bestimmtere Gestaltung von Reformvorschlägen in den angedeuteten Richtungen mit dem kaiserlichen Cabinete vertraulich zu berathen. Insbesondere also würden wir entschiedenen Werth darauf legen, über die Fragen 1. in welcher Zahl und Zusammensetzung die Delegirtenversammlung aus den einzelnen Ständekammern hervorzugehen hätte, und welche Wirksamkeit ihr einzuräumen wäre, 2. wie die Executive des Bundes einzurichten wäre, namentlich auch im Hinblick auf die Aufgabe der Leitung einer solchen Versammlung, 3. ob die Anträge wegen des Bundesgerichtes unverändert, oder mit welchen Modifikationen, zum Beschluße erhoben werden sollten, unsere Ansichten mit denjenigen der Vertreter der befreundeten Höfe austauschen, beziehungsweise auf Grund dieser Berathungen die Entwürfe der zu beantragenden organischen Beschlüsse feststellen zu können. Was endlich hiebei das Verhältniß zu Preussen betrifft, so wird es allerdings nicht im Interesse der Sache liegen, daß der königlich preussische Gesandte an solchen rein vertraulichen Vorberathungen Theil nehme, solange Preussen auf dem Standpunkte ausgesprochener Gegnerschaft gegen die Reformprojekte der föderativ gesinnten Regierungen verharrt. Preussen in seiner seitherigen Haltung würde seine Theilnahme an diesen Berathungen nur zu deren entschiedenster Bekämpfung benützen. Auf der anderen Seite halten wir jedoch für räthlich, gegenüber der königlich preussischen Regierung in der offensten Weise zu verfahren, und selbst den Schein zu vermeiden, als ob Preussen anders als freiwillig den Reformbestrebungen der andern Höfe seine Theilnahme vorenthalte. Diesen Rücksichten wäre daher, wie ich glaube, in der Art zu entsprechen, daß ich, sobald dem obigen Vorschlage gemäß die Eröffnung vertraulicher Besprechungen in Wien bevorstünde, dem königlich preussischen Gesandten offen, jedoch nur mündlich mittheilte, es handle sich nunmehr um nähere Feststellung der Ansichten über die in den gleichlautenden Noten vom 2ten Februar in den Grundzügen angedeuteten Reformen, sowie über die Errichtung des Bundes-Gerichtes, und die betheiligten Höfe insgesammt würden es auf das freudigste begrüßen, wenn Preussen, die grundsätzliche Basis ihrer Vorschläge annehmend, auch an dem vertraulichen Gedanken-Austausche über deren Ausführung Antheil nehmen wollte. zur Entlassung der Regierung führte. Vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 294 f.

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Ich schließe, indem ich Sie einlade, den gegenwärtigen Erlaß dem königlichen Herrn Minister des Aeussern unverweilt mittheilen und um baldgefällige Rückäusserung ersuchen zu wollen. Die Bitte, diese Mittheilung als eine streng vertrauliche zu behandeln, werde ich nicht erst ausdrücklich hinzuzufügen nöthig haben, und ebenso wäre es vollkommen überflüssig, wenn ich die Wichtigkeit einer raschen Einigung der Unterzeichner der Noten vom 2ten Februar über die im Vorstehenden besprochenen Punkte noch besonders hervorheben wollte. Empfangen Dieselben die Versicherung meiner vollkommensten Hochachtung. (gez.) Rechberg.

125. Promemoria Mohls 11 über die Bundesreformfrage GLA Karlsruhe, 48/1524. Promemoria. Reinschrift. Von Mohl am 26. März 1862 an Roggenbach gesandt.

Wegen des preußischen Verfassungskonflikts muß der Plan, Deutschland eine einheitliche Organisation unter Preußens Führung zu geben, vertagt werden. Preußen wird in der nächsten Zeit nicht in der Lage sein, eine Bundesreform wirksam zu betreiben. Österreich und die „Würzburger Staaten“ werden versuchen, die Gelegenheit zur Förderung ihrer Pläne zu benutzen. Wahrscheinlich wird auch die Stimmung in der Nation sich gegen Preußen richten. Für Baden empfiehlt sich in dieser Situation eine Politik des Abwartens.

[Frankfurt am Main, 26. März 1862] Der Plan, Deutschland eine einheitliche Organisation unter Preußens Führung zu geben, muß durch die jüngsten konstitutionellen Ereigniße2 in Berlin3 als auf unbestimmte4 Zeit vertagt betrachtet werden, welche Erklärungen 1 Robert von Mohl (1799–1875), 1861–1866 badischer Bundestagsgesandter; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 22; ADB, Bd. 22, S. 745–758; NDB, Bd. 17, S. 692–694; Angermann, Robert von Mohl. 2 Emendiert. Vorlage: Ereignißen. 3 Mohl bezieht sich auf die Eskalation des preußischen Verfassungskonflikts. Nachdem es zu keiner Einigung zwischen Regierung und Abgeordnetenhaus über die Heeresreform gekommen war, löste König Wilhelm am 11. März 1862 das Abgeordnetenhaus auf und entließ am 14. März das Ministerium der „Neuen Ära“. Vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, S. 294 f. 4 In der Vorlage ist der Verdoppelungsstrich über „m“ und „n“ nicht konsequent gesetzt. Bei der Transkription des Dokuments wurden die Konsonanten „m“ und „n“ in den entsprechenden Fällen immer verdoppelt.

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auch das jetzige Ministerium über Beibehaltung seiner deutschen Politik immer machen mag. Zwar wäre es voreilig, jetzt schon sich darüber eine bestimmte Ansicht zu bilden, welchen Verlauf die preußische[n] Verfassungs-Angelegenheiten nehmen, durch welche Phasen sie hindurch gehen, und welche schließliche Ergebniße sie haben werden; allein daran kann nicht gezweifelt werden, daß wenigstens in der nächsten Zeit Preußen thatsächlich nicht in der Lage sein wird, eine Bundesreform wirksam zu betreiben. Nicht nur werden voraussichtlich Zeit und Kräfte von den inneren Angelegenheiten gebieterisch in Anspruch genommen sein, sondern und hauptsächlich wird es an den beiden Vorbedingungen des Gedeihens der schwierigen Aufgabe fehlen, nemlich einmal an dem Gewichte, welches Preußen in die Waagschale legt, falls die Regierung mit dem Volke und dessen Vertretern im vollkommenen Einklange sich befindet und diese zu Opfern bereit hinter sich hat; und zweitens an der Sympathie der übrigen deutschen Bevölkerungen und ihrer Ständeversammlungen, deren freie Zustimmung zu einem legalen Zustandekommen unerläßlich ist. Ein im Innern uneiniges5 Preußen werden die Mittelstaaten nicht fürchten; einer im principiellen Kampfe mit dem konstitutionellen Leben begriffenen Regierung werden sich die übrigen Stämme nicht anschließen wollen. Es fragt sich nun aber, was während dieses Zustandes, – dauere er nun kurz oder lang, – wahrscheinlich ist, und was von Andern, insbesondere von Baden, zu geschehen hat. Als wahrscheinlich muß vor Allem betrachtet werden, daß Oesterreich und die Würzburger Staaten die Zeit des Darniederliegens Preußen[s] zur Förderung ihrer Plane benützen. Solange nicht bekannt ist, ob und welche bestimmte Verabredungen zwischen diesen Staaten bereits getroffen sind, lassen sich freilich nur mehr oder weniger wahrscheinliche Vermuthungen aufstellen. Nicht anzunehmen ist wohl, daß die Zeit preußischer Unmacht zu einem wirklichen organischen Ausbau angewendet werden wird, indem ein solcher doch kaum anders, als mit einer gewißen Unterordnung unter Oesterreich möglich wäre, zu dieser aber die Mittelstaaten vielleicht aus Besorgniß vor einem noch größere Opfer auferlegenden Bundesstaate und vor dem verhaßten Preußen willfährig gemacht werden können, aber keinen Grund dazu haben, wenn jene größere Besorgniß nicht vorhanden ist. Dagegen scheint es unzweifelhaft zu sein, daß die von den Würzburger Cabineten bereits in Gang gesetzten unbedeutenden oder nur scheinbaren Verbesserungen, einschließlich des ständischen Ausschußes, werden jetzt mit allem Eifer betrieben werden. Auch dürfte wohl jede andere Gelegenheit, welche sich etwa darbietet, zu einer Majorisirung und Demüthigung Preußens im Bunde benützt werden. Vor Allem 5 In der Vorlage verbessert aus: unabhängiges.

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möchte, außer den bereits im Gange befindlichen Anträgen auf gemeinnützige Einrichtungen, die kurhessische Frage, in welcher Preußen ohnedem mit so vieler Ungeschicklichkeit eine Handhabe geboten hat, hiezu Gelegenheit geben. Als nicht weniger wahrscheinlich erscheint es, daß die Gesinnungen in der Masse der Nation eine für Preußen nachtheilige und eine an sich gefährliche Stimmung annehmen werden6. Die konstitutionelle Partei sowohl in Preußen als in den übrigen deutschen Staaten, schon längst verstimmt durch Halbheit und Zögerung, ist jetzt tief verletzt durch das Verfahren der Regierung gegen das Abgeordnetenhaus, sowie durch die mehr oder weniger reactionaire Färbung des neuen Ministeriums; und die fast mit logischer Nothwendigkeit zu erwartenden weiteren Schritte bei den Wahlen und gegenüber von dem neuen Hause aber werden voraussichtlich die Mißstimmung noch erhöhen. Es ist deßhalb zu fürchten, daß ein Theil dieser Partei ins democratische Lager übergehen, ein anderer wenigstens den Rest seiner Zuversicht verlieren wird. Die demokratische Partei aber wird theils schon hiedurch verstärkt werden, theils überhaupt bestimmter sich ihren eigentlichen Gesinnungen zuwenden, durch welchen [sic] sie bis jetzt durch eine Scheu vor Preußen und vor der an demselben eine Stütze findenden constitutionellen Partei sich abhalten ließ. Namentlich ist zu besorgen, daß in dem Nationalvereine die democratische Richtung jetzt die Ueberhand erhalten wird. Beide Umstände aber, nemlich die Scheinverbesserungen der Mittelstaaten und die Schwächung der Kraft des Constitutionalismus, zeigen eine schlimme Perspective, namentlich wenn von außen her ein Anstoß kommen sollte. Die weise Absicht, durch Befriedigung der wirklichen Bedürfniße der Nation revolutionairen Gelüsten und Umtrieben den Boden unter den Füßen wegzuziehen, ist zunächst gescheitert und kann später vielleicht nicht mehr mit gleichem wahrscheinlichem Erfolge aufgenommen werden. Diesen Verhältnissen und Wahrscheinlichkeiten gegenüber ist denn eine dreifache Haltung von Seiten Badens möglich. Entweder kann die von Preußen fallen gelassene Fahne aufgehoben und unbeirrt vorangegangen werden mit Aufrechterhaltung des Reformplans, mit Anträgen gegen freiheitsfeindliche Bundesgesetze7 u. drgl. – Oder aber könnte man die bisher eingehaltene Bahn ganz verlassen und sich den Würzburger Staaten anschließen, Preußen seinem selbst gewählten Schicksale überlassend und im Nothfalle mit gemeinschaftlicher Gewalt nationalen Bewegungen entgegen tretend. – Oder endlich mag man sich passiv verhalten, ohne Grundsätze aufzugeben und bessere Zeiten abwarten. 6 Emendiert. Vorlage: wird. 7 Gemeint sind die Bundesbeschlüsse zur Unterdrückung der freien Presse und des Vereinswesens von 1854. Vgl. QGDB III/2, Dok. 51 u. 52.

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Der erste Weg müßte als ein glorreicher betrachtet werden, wenn er irgend Aussicht auf Erfolg hätte. Allein war das Gelingen schon schwierig mit Preußen, so erscheint es, verlassen von demselben, als geradezu unmöglich. Hülfe wäre von keiner geordneten Macht zu erwarten. Sondern höchstens von einer einerseits unzuverläßigen, andererseits wohl bald überfluthenden Demokratie. Und überdieß wäre man geographisch abgetrennt und von dem selbst geschwächten Preußen nur schwach vertheidigt, dem längst bestehenden Grolle und längst gehegten Gelüsten feindseliger stärkerer Nachbarn ausgesetzt. Wenn die Politik die Kunst des Möglichen8 ist, so kann sie nimmermehr zu einem solchen Verfahren rathen. Ein Bund mit den Mittelstaaten und ein Eingehen in ihre kurzsichtigen egoistischen Zwecke wäre dagegen eine Verläugnung alles dessen, was man als recht und als nothwendig erkannt und laut ausgesprochen [hat]. Ueberdieß würde diese Verletzung der eigenen Ehre schwerlich den Vortheil bringen, welchen man sich davon etwa versprechen möchte. Oesterreich und die Würzburger würden das Bekenntniß unbedingter Hülflosigkeit sehen, und sie würden von etwaigen Planen nicht nur nicht abgebracht, sondern eher noch in denselben bestärkt werden. Ueberdieß könnte man sich leicht im Innern von der jetzt treu ergebenen constitutionellen Partei trennen müssen, und dürfte auswärts die jetzt so weit verbreitete und immerhin als eine mächtige Bundesgenossin zu betrachtende Sympathie der Nation für den Großherzog und für das Land in das Gegentheil sich verwandeln. Somit ergibt sich denn, schon weil keine andere Wahl übrig bleibt, eine Politik des Zuwartens als die richtige. Unzweifelhaft ist dieselbe nicht leicht durchzuführen und bietet sie zunächst wenig Glanz und Reiz bei mancher unvermeidlichen Widerwärtigkeit, allein sie ist doch diejenige, bei welcher man sich selbst und die Hoffnung eines endlichen Sieges der guten Sache noch am besten erhält. Die Aufgabe wäre also: zwar mit keiner neuen Maaßregel hervorzutreten, selbst die bereits ausgesprochenen Reformideen nicht weiter zu urgiren, auch in gleichgültigen und untergeordneten Dingen gefällig zu sein; dagegen niemals einen ausgesprochenen Grundsatz zu verläugnen und auch vorkommenden Falls folgerichtig mit der bisherigen Haltung zu stimmen und zu handeln; mit einem Worte, nicht zu provociren, aber auch keine Wandlung oder Furcht zu zeigen. Gegenüber von Preußen aber wäre wohl zweierlei zu beachten. Einerseits würde man ihm immer zur Seite stehen, wo ihm die Gegner ein Unrecht oder eine Unbill zufügen wollten. Es ist und bleibt doch im8 Diese Formulierung wird gemeinhin Bismarck zugeschrieben, doch läßt sich das Zitat nicht verifizieren. Nach Amelung (Hrsg.), Bismarck-Worte, Nr. 11, sagte Bismarck am 11. August 1867 zu Friedrich Meyer von Waldeck: „Die Politik ist die Lehre vom Möglichen.“ Ein exakter Quellenbeleg fehlt allerdings. Vgl. auch Pflanze, Bismarck, Bd. 1, S. 94.

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mer der natürliche Freund Badens und seines Regentenhauses; von ihm ist unter keiner Voraussetzung Schlimmes zu befürchten; es kann und es wird, wenn nicht das ganze Vaterland in Graus und Umsturz fällt, sich früher oder später wieder ermannen und die rechte Linie einhalten. Anderer Seits aber dürfte auf jetzt möglicherweise hervortretende unbegründete Wünsche und Idiosynkrasieen Preußens z. B. hinsichtlich vorgeschlagener gemeinnütziger Anstalten keine Rücksicht genommen werden, sondern nur auf die eigene Ueberzeugung von der materiellen Nützlichkeit des einzelnen Vorschlags, denn wenn Preußen durch seinen Mangel an staatsmännischem Verständniße sich zunächst um die Möglichkeit gebracht hat, das Gute im Großen zu schaffen und damit um den Anspruch, von seinen Freunden überhaupt und in Allem Anschluß zu verlangen: so haben diese das Recht, während des Zwischenzustandes unbedingt nur nach ihrem eigenen Interesse und nach ihrer eigenen Ueberzeugung zu handeln. Gelegenheiten zu solcher Haltung werden sich bald genug ergeben durch die am Bunde bereits anhängigen Anträge auf angebliche gemeinnützige Einrichtungen. – War schon bisher die Politik Preußens, den unreformirten Bund an allen und jeden, selbst eigentlich gar nicht politischen, innern Verbesserungen zu hindern, von sehr zweifelhafter Richtigkeit: so wird eine Theilnahme an ihr unter den jetzigen Umständen und in der nächsten Zeit fast unmöglich. Man würde durch verweigerte Theilnahme nur dem eigenen Lande schaden und als den Wünschen der Nation in unschädlichen Dingen feindlich erscheinen, ohne dafür etwas Allgemeines oder auch nur eine Aussicht auf solches als Ersatz zu bieten. Die nächste Folge der jetzigen Sachlage wäre also eine Betheiligung an den im Antrage befindlichen nützlichen Einrichtungen, wenn man und so weit man sachlich für sie ist, und etwa unter gelegentlicher Betonung, daß in solchen untergeordneten Verbesserungen nicht die eigentliche Aufgabe erblickt werde, sondern sie nur als Abschlagszahlungen gelten können. Ferner liegt in der kurhessischen Frage die Nothwendigkeit einer Entscheidung vor. Daß Preußen, nachdem es sich einmal mit Oesterreich eingelassen hat, vollkommen correkt verfahren werde, ist nicht zu erwarten und kaum möglich. Für Baden aber ist es von dem höchsten Interesse, gerade in dieser Sache seine Stellung vollkommen rein zu erhalten. Nicht eines Beweises bedarf es wohl, daß die Bedingung einer glücklichen Durchführung der abwartenden Haltung die Fortdauer des glücklichen Verhältnißes im Innern des Landes und die Erhaltung des Ruhmes einer mustergültigen, freisinnigen Regierung ist. Durch ein unzweifelhaftes Vorgehen auf der betretenen Bahn im Besondern wird der Nation ein Verständniß von der in allgemeinen Fragen aufgedrungenen Rückhaltung gegeben, wird deren Theilnahme erhalten u. gesteigert werden, wird vielleicht für das Ganze ein Rest von Vertrauen bewahrt bleiben.

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Beust an Könneritz

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Kommen dann einst wieder günstigere Zeiten, so ist nichts vergeben und nichts erst wieder gut zu machen; selbst in gefahrdrohenden Verhältnißen aber wäre eine Zufriedenheit des eigenen Landes immer noch der beste Schutz und die größte Schwierigkeit für feindselige Plane ehrgeiziger Nachbarn.

126. Beust an Könneritz HStA Dresden, Gesandtschaft Wien, Nr. 101. Vertraulicher Erlaß. Behändigte Ausfertigung.

Beust verteidigt den preußisch-französischen Handelsvertrag. Sachsen kann sich nicht vom Zollverein trennen, ohne seinen Wohlstand zu gefährden. Die Aufgabe der Bundesreform hat man in Wien nicht mit dem richtigen Ernst erfaßt. Bei einer energischen Politik der österreichischen Regierung wären die Schwierigkeiten rasch beseitigt worden. Wenn Österreich nun den preußisch-französischen Handelsvertrag benutzt, um den Kampf vom Boden der Bundesreform auf ein anderes Feld zu tragen, treibt es ein gefährliches Spiel. Österreichs schwankende Politik ist der Schlüssel zu der Unfruchtbarkeit aller Bundesreformbestrebungen. Die einzige praktische Idee, welche gegen die preußischen Hegemoniebestrebungen wirken kann, ist die Trias. Diese wird aber nicht zur Ausführung kommen, so lange sich die Dritte Gruppe in Deutschland nicht als gesonderte Macht mit eigener Armee und eigener Gesamtvertretung konstituiert.

Vertraulich

Dresden, 28. April 1862

Ew. Excellenz Bericht vom 24. dieses Monats, den französischen Handelsvertrag1 betreffend, gibt mir zu nachstehenden Bemerkungen Anlaß. Ich schicke voraus, daß dieselben ganz allein für Sie und dazu bestimmt sind, eine mündliche Besprechung zu ersetzen. Wenn indessen, wie Sie selbst ermessen werden, diese Aufzeichnung nirgends Gegenstand einer Mittheilung sein kann, so habe ich nichtsdestoweniger zu wünschen, daß Sie bei günstiger Gelegenheit einzelne Ihnen geeignet erscheinende Momente gesprächsweise verwerthen mögen. 1 Am 29. März 1862 hatte Preußen ohne Rücksprache mit den Zollvereinspartnern mit Frankreich einen Handelsvertrag abgeschlossen. Darin wurden die gegenseitige Meistbegünstigung vereinbart sowie zahlreiche Zollsenkungen beschlossen. Der Handelsvertrag schloß Preußen und damit die Zollvereinsstaaten an das westeuropäische Freihandelssystem an, und er beendete die Sonderstellung, die Österreich seit dem Handelsvertrag von 1853 gegenüber dem Deutschen Zollverein innegehabt hatte. Mit dem Vertragsabschluß stand der „Entscheidungskampf um die wirtschaftliche Führung in Mitteleuropa [. . .] nun endgültig auf der Tagesordnung“. Vgl. Hahn, Der Deutsche Zollverein, S. 169 f.; Hahn, Mitteleuropäische oder kleindeutsche Wirtschaftsordnung, S. 208 f.; Franz, Entscheidungskampf; ders., Entstehungsgeschichte; Böhme, Deutschlands Weg, S. 107 ff.

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Dresden, 28. April 1862

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Vor Allem will ich jedoch nicht unterlassen, den letzten Theil Ihres Berichts mit der Versicherung zu erwidern, daß es jederzeit meinen Absichten entsprechen wird, wenn Sie mit rücksichtsloser Offenheit alle Ihre Wahrnehmungen zu meiner Kenntniß bringen. So unerwünscht und peinlich uns die Eindrücke sind, die sich gegenwärtig in Wien offenbaren, so können wir doch einerseits den gethanen Schritt nicht bereuen, andererseits aber nicht außer Beachtung lassen, daß die entstandene Verstimmung weniger in unserer speciellen Stellung zu jenem Vertrage, als darin ihren Grund hat, daß wir, und zwar wohl bewußt, damit ein Beginnen durchkreuzen, welches sich über die Grenzen der zunächst vorliegenden Frage hinaus bewegt und das wir als ein entschieden unheilvolles betrachten müssen. Was die erstere Rücksicht betrifft, so werden Ew. Excellenz aus den Ihnen gestern zugefertigten Schriften ein vollständiges Bild unserer Auffassung zusammenstellen können. Ich habe denselben wenig hinzuzufügen. Nur Eins will ich noch hervorheben, was ich absichtlich in jenen officiellen Erlassen unterdrückte, weil es mehr eine innere Frage betrifft und ich es nicht für räthlich erachten konnte, selbst befreundeten Regierungen gegenüber, mit voller Offenheit davon zu sprechen. Sachsen kann sich handelspolitisch nicht vom Norden trennen, ohne seinen blühenden, aber zum Theil auf künstlicher Basis beruhenden Wohlstand preiszugeben und ohne daß die Dynastie an ihren eigenen Wurzeln rüttelt. Wir müssen daher gewissenhafterweise diese Nothwendigkeit fest im Auge behalten und zu rechter Zeit darauf Bedacht nehmen, daß sie ohne Gefährdung unserer politischen Selbstständigkeit ihr Recht behaupte. Eine solche Gefahr tritt uns aber mit der Möglichkeit einer Auflösung des Zollvereins entgegen. Täusche man sich nicht über die gegebenen Verhältnisse. Welches immer die Mängel und Fehler des französischen Vertrags sein mögen, er entspringt einer allgemeinen positiven Richtung, und Preußen läuft nicht Gefahr einen Fehlgriff zu thun, wenn es für 1866 selbstständig eine entsprechende Stellung einnimmt. So viel aber steht fest, daß eine Verwerfung des Vertrags die Gefahr einer Auflösung des Zollvereins zutage legt und die Regierung ist es dem Lande und sich selbst schuldig, daß sie diese Gefahr nicht nur nicht vermehrt, sondern auch zu verhindern gestrebt habe. Anlangend dagegen den zweiten Gesichtspunkt, so legen vielfache Beobachtungen den Gedanken nahe, daß man in Wien die so unabweisbare Aufgabe der Bundesreform nicht mit dem Ernste aufrichtigen Wollens erfaßt hat. Wir kennen wohl die Schwerfälligkeiten und Bedenklichkeiten der mittelstaatlichen Höfe, wir wissen aber nicht minder, daß es nur einer energischen Kundgebung des kaiserlichen Cabinets im diplomatischen Verkehr bedurft hätte, um diese Schwierigkeiten rasch zu beseitigen. Die Verhältnisse waren so günstig, wie sie nur sein konnten. Graf Rechberg kennt sein München und

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sein Hannover so gut wie ich. Er wußte sehr wohl, welche Aussichten der Schriftenwechsel mit Nizza und Herrnhausen im Gefolge hatte.2 Er wußte aber ebenfalls, daß wenn er Mitte März eine Ministerconferenz nach Wien berief, weder der bayrische noch hannoversche Vertreter ausbleiben würden, und daß, wenn er der Conferenz das Präjudiz gestellt hätte, Oesterreich werde, im Fall eines resultatlosen Ausganges, seine Aufgabe in der Bundesreform als erledigt betrachten, man sich ohne Zweifel über eine Vorlage in Frankfurt geeinigt haben würde. Ich habe das Alles dem Baron Werner oft genug gepredigt. Das Protokoll vom 2. Februar3 hatte ja aber schon das Prinzip der Negation und der Passivität besiegelt. Vergeblich war unser Bemühen, ihm eine größere Lebenskraft zu geben. Jetzt erscheint der französische Vertrag als ein willkommener Deus ex machina, um den Kampf gegen Preussen von dem ungern betretenen Boden der Bundesreform hinweg auf ein anderes Feld zu spielen. Auf dieses aber wünschen wir uns nicht zu begeben und wir sind der festen Ueberzeugung, daß Oesterreich selbst damit ein gefährliches Spiel treibt. Freilich kommen dabei manche populäre Leidenschaften, manche weit verzweigte Interessen zu Hülfe, aber die Wirkung des Unternehmens kann nur eine zerstörende, keine schaffende sein, und während damit nichts geschieht, um die Einheitsbestrebungen in ein gutes Gleis zu bringen, wird man mehr nicht erreichen, als einen Theil der Preußen widerstrebenden Bundesglieder wider ihren Willen an dasselbe zu fesseln und seine Sondergelüste zu unterstützen. Lassen Sie mich nun zum letzten Theile Ihres4 Berichtes übergehen. Ich begreife vollkommen die Erscheinungen, die Ihnen entgegengetreten sind und die Betrachtungen die Sie daran knüpfen. Ich gestehe aber aufrichtig, daß ich die darin enthaltenen Befürchtungen als keine sehr ernsten ansehe. Die augenblickliche Mißstimmung wird zu eingreifenden Entschließungen sobald nicht führen und man wird es sich zweimal überlegen, bevor man den von Ihnen angedeuteten Gedanken zur Ausführung bringt. Die allgemeine politische Lage ist nicht dazu angethan, Experimente zu machen, und die Allianzverhältnisse stehen zu ungünstig, um einer Boutade5 wegen sich des Stützpunktes zu berauben, den man in Deutschland hat. Allein selbst dann, wenn jener Gedanke zur Wirklichkeit werden sollte, wird es mir sehr zweifelhaft sein, ob wir es zu beklagen hätten. Sie wissen, daß ich schon vor Jahren als eine Nothwendigkeit bezeichnete, Oesterreich in Ungarn einen solchen Schwerpunkt gewinnen zu 2 In Nizza hielt sich der bayerische König auf, in Schloß Herrenhausen bei Hannover residierte der König von Hannover. 3 Gemeint ist die identische Note vom 2. Februar 1862, siehe Dok. 107. 4 Emendiert. Vorlage: ihres. 5 Franz. für: Scherz, scherzhafte Bemerkung.

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sehen, womit es seinen deutschen Provinzen und Deutschland überhaupt imponiren könnte. Was wäre bei einer solchen Wandlung für Oesterreich, was wäre für uns verloren? Die kaiserliche Regierung schwankt jetzt, das läßt sich gar nicht verkennen, haltlos zwischen ihren außerdeutschen Besitzungen und dem deutschen Bunde. Diese Halbheit läßt sie weder hier, noch dort vorwärts kommen. Und wir? Gestehen wir es doch offen, daß in diesem steten inneren Widerspruch weit mehr als in dem Partikularismus der Mittelstaaten der Schlüssel zu der Unfruchtbarkeit aller unserer Reformbestrebungen liegt. Gestehen wir uns doch, daß unsere großdeutsche Idee blauer Dunst und Nebel ist, so lange Oesterreich bei allen Neugestaltungen sich betheiligen muß und dieselben nie ausführen kann. Die einzige praktische Idee, welche die der preußischen Hegemonie verdrängen kann, ist und bleibt die Trias. Diese aber wird nie zur ernsten Ausführung kommen, so lange sich die dritte Gruppe nicht ganz von beiden Großmächten abgesondert constituirt, ihre eigene Armee und ihre eigene Gesammtvertretung hat. Dazu können sich die meisten Regierungen nicht entschließen, sie ziehen vor in dem jetzigen Verhältnisse zu bleiben, wo sie sich einzeln an Oesterreich anlehnen zu können glauben, das auf jeden Schritt und Tritt verhindert ist, ihnen unter die Arme zu greifen. Nimmt einmal Oesterreich die Position, die Sie gerade befürchten, so werden die Regierungen der Mittelstaaten endlich zum Einsehen kommen und lernen, in ihrer Vereinigung ihre Hauptkraft zu erkennen, und wenn sie sich entschlossen als Ganzes organisiren, so werden sie an Oesterreich einen natürlichen und verlässigen Bundesgenossen haben. Erschrecken aber kann mich daher jene vermeintliche Gefahr nicht. Allein, ich wiederhole es, ich habe noch Mühe an den Eintritt dieser Wendung zu glauben. Doch bin ich weit entfernt in dieser Beziehung das Wiener Terrain besser beurtheilen zu wollen, als Sie selbst und ich kann nur wünschen, daß Sie Ihre diesfallsigen Beobachtungen mit gleicher Aufmerksamkeit fortsetzen, sowie ich berichtigende Bemerkungen sehr genau vernehmen werde, falls ich Ihre Auffassung der Verhältnisse nicht vollständig verstanden haben sollte. Zum Schluß noch ein Wort. Ich kann es nur billigen, wenn Sie, wie Sie in Ihrem Partikularschreiben sagen, es vermeiden, zu politischen Recriminationen Ihre Zuflucht zu nehmen. Indessen könnte doch bei passender Gelegenheit die Betrachtung Raum finden, daß, nachdem wir seit Jahren unausgesetzt, aber vergeblich bemüht waren, ohne Rücksicht auf die Schwierigkeiten, die uns politische Stimmungen im eigenen Lande bereiteten, ein einverständliches Handeln unter den Mittelstaaten zur Regel zu machen, man es uns nicht verargen kann, wenn wir einmal in einer Frage, wo es sich nicht um politische Meinungen, sondern um Lebensbedingungen der Bevölkerung handelt, uns die Stimmung des Landes zur alleinigen Richtschnur nehmen. Beust

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Werther an Bernstorff

Nr. 127

127. Werther an Bernstorff GStA Berlin, I. HA, Rep. 75 A, Nr. 283, fol. 33–35. Bericht. Abschrift. Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 2, S. 341–343.

Werther hat mit Rechberg über die Bundesreformfrage gesprochen. Rechberg sagte, er habe immer noch die Absicht, sich vor allem mit Preußen zu verständigen, die vorgesehenen Besprechungen mit den Mittelstaaten sollten dafür eine Basis liefern. Eine Demonstration gegen Preußen sei damit nicht beabsichtigt. Rechberg äußerte Verständnis für die preußische Weigerung, sich einer deutschen Zentralgewalt unterzuordnen und sagte, Österreich sei in einer analogen Situation.

Wien, 7. Mai 1862 Hochgeborner Graf, In einer meiner Unterredungen nach meiner Rückkehr aus Berlin, habe ich mich veranlaßt gesehen dem Grafen Rechberg gegenüber unter Anderem auch die Initiative zu ergreifen, um mich über die deutsche Bundesreformfrage auszusprechen. Ich habe ihn daran erinnert, wie er mir bei meiner Abreise von Wien gesagt, daß er in dieser Angelegenheit von einigen deutschen Regierungen gedrängt würde, mit Vorschlägen hervorzutreten, doch bis jetzt diese Angelegenheit hingezogen habe und immer den Wunsch hege nicht eher in der Sache voranzugehen, als bis er den Versuch gemacht hätte, sich mit uns darüber einigermaßen zu verständigen. Er hat es mir bestätigt, daß ich hierin seine Auffassung vollkommen richtig verstanden. Ich habe ihm darauf entgegnet, wie ich diese Aeußerung doch nicht vollkommen damit in Uebereinstimmung fände, daß man unterdessen erfahren, er habe durch eine Circular-Depesche vom 17ten Maerz d. J.1 die deutschen Regierungen, welche sich an der identischen Note betheiligt, eingeladen, ihre hiesigen Gesandten mit Instructionen zu versehen, um über diesen Gegenstand Ideen-Austausch und Besprechungen hervorzurufen. Er habe daher, wie mir schiene, die Initiative ergriffen, um diese Frage möglichst lebhaft zu betreiben. Graf Rechberg meinte, daß in obigen Aeußerungen und in seiner Handlungsweise kein Widerspruch bestände. Er habe immer noch die Absicht den Versuch zu machen, sich mit uns vor Allen zu verständigen, doch müßte dazu eine Basis vorhanden sein, und die wünsche er eben durch diese Besprechungen mit den Mittelstaaten zu erlangen. Uebrigens wäre bis jetzt darin noch gar nichts geschehen; von einer Demonstration, einem coup gegen Preußen, wie dies in einigen Blättern geschildert worden wäre, sei nicht die Rede. Sobald diese eventuellen Besprechungen zu irgend einem Resultat führten, würde er mich davon unterrichten. Als ich ihn fragte, ob die Nachricht begründet sei, daß zu diesen Verhandlungen ein Dalwigksches Bundes-ReformProject2 die Grundlage bilde, erwiederte er mir, dies wäre auch nicht vollständig 1 Siehe Dok. 124. 2 Siehe Dok. 117.

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der Fall, doch sei es richtig, daß hierbei der Dalwigksche Antrag, ständische Delegirte an den Bundestag zu schicken, um ein Gutachten abzugeben über die eventuellen Verhandlungen einer Bundes-Commission in Betreff gemeinschaftlicher Regelung der Civil- und Criminal-Prozeß-Ordnung, einen Anhaltspunkt bilden würde3. Graf Rechberg stellte mir sodann die Frage, in welcher Weise eventuelle Bundes-Reform-Vorschläge in Berlin aufgenommen werden würden. Ich entgegnete ihm, ich glaubte, wir würden unseren Standpunkt, wie er in unserer Depesche vom 20ten December v. J.4 aufgestellt, festhalten, doch wäre ich überzeugt, würden wir anderweitige Vorschläge darüber in reifliche Erwägung ziehen, wenn auch Eure Excellenz fänden, daß gegenwärtig solche Verhandlungen nicht zeitgemäß wären und keine praktischen Resultate hervorbringen würden. Nach meiner Ansicht ließe sich jetzt schon mit Gewißheit bei solchen Bundesreform-Projecten sagen, daß Preußen außer Stand sein würde, seine Selbstständigkeit einer etwa verstärkten deutschen Centralgewalt, selbst wenn es auch wie natürlich dabei betheiligt wäre, zu unterwerfen, auch hielte ich es für unmöglich, daß der Preußische Landtag einer etwaigen parlamentarischen Vertretung am Bunde untergeordnet werde. Graf Rechberg fand dies sehr begreiflich und bemerkte, daß Oesterreich hierin in einer ganz analogen Stellung sei wie Preußen. Von meinen deutschen Collegen habe ich die Bestätigung erhalten, daß diese besagten Besprechungen und Verhandlungen eigentlich noch gar nicht in Gang gekommen sind. Der Bayerische Gesandte, Graf Bray, hat bis jetzt über diesen Gegenstand, wie er mir versichert, noch gar keine Instruction erhalten. Herr von Könneritz behauptet auf jene Circular-Depesche vom 17ten Maerz, vom Herrn von Beust nur die Antwort erhalten zu haben, daß man auf diese Besprechungen eingehen würde, sich jedoch sächsischer Seits vorbehielte, auch dabei specielle Wünsche vorzutragen. Doch wären dieselben bis jetzt noch nicht praecisirt. Der Baron Werner, von dem es hieß, er wäre zu diesen Verhandlungen hierher berufen, hat sich hier nur einige Tage aufgehalten, ist längst in Dresden zurück und wie ich höre nur zu dem Zweck auf eigenen Wunsch hergekommen, um dem Kaiser persönlich für die Verleihung des Leopoldordens5 zu danken. Eurer Excellenz ermangele ich nicht diese Notizen gehorsamst vorzulegen und werde ich Hochdenselben sehr dankbar sein durch Mittheilung der Berichte unserer Gesandtschaften in Deutschland unterrichtet zu werden, ob dieselben mit meinen Wahrnehmungen übereinstimmen. Genehmigen p. p. (gez.) Werther 3 Emendiert. Vorlage: würden. 4 Siehe Dok. 120. 5 Im Jahr 1808 von Kaiser Franz I. gestifteter Verdienstorden.

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Debatte in der württembergischen Kammer der Abgeordneten

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128. Debatte in der württembergischen Kammer der Abgeordneten Verhandlungen der Württembergischen Kammer der Abgeordneten in den Jahren 1862–64, 1. Protokollband, S. 109–117.

Die Kammer berät über einen Antrag der Abgeordneten Wiest und Lichtenstein, wonach die Regierung ersucht werden soll, sich für eine Reform der Bundesverfassung mit Nationalvertretung einzusetzen und allen Bestrebungen zur Bildung eines engeren Bundesstaates entgegenzuwirken. Der Abgeordnete Hölder wendet sich dagegen, die Forderung nach einer einheitlichen Vertretung durch eine Versammlung von Ständeausschüssen abzuspeisen, weil dies eine Stärkung der partikularistischen Elemente bedeuten würde. Er fordert eine kräftige Bundesregierung und eine deutsche Nationalvertretung. Weiter spricht sich Hölder für eine friedliche Reform aus, die Alternative wäre eine gewaltsame Katastrophe. Der Abgeordnete Oesterlen ist der Ansicht, es sei Zeit das diplomatische Schweigen zu brechen und den Willen des Volkes offen auszusprechen. Das deutsche Volk habe ein natürliches und geschichtlich begründetes Recht auf eine politische Existenz. Der Bundestag entspreche nicht seiner Aufgabe, ein Organ der nationalen Einheit zu sein. Er solle deshalb durch einen Staatenbund mit einer Bundesregierung ersetzt werden. Das größte Hindernis für die Lösung der deutschen Frage sei der Dualismus der Großmächte. Deshalb müßten die Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten eine nationale Politik betreiben und sich dabei auf die Macht der öffentlichen Meinung stützen. Sie sollten eine zugleich liberale und nationale Politik einschlagen und nicht länger den Fußstapfen der österreichischen und preußischen Kabinettspolitik folgen. Oesterlen verliest anschließend den von ihm und Hölder eingebrachten Antrag der Abgeordneten in bezug auf die deutsche Verfassungsfrage und die Begründung dafür. Es folgt eine längere Debatte, in deren Verlauf die Abgeordneten Geßler und Wächter einen eigenen Antrag stellen, der auf das „praktisch Erreichbare“ abzielt. Wächter spricht sich gegen Volkssouveränität und parlamentarische Allmacht aus, warnt vor französischen Zuständen und wirbt statt dessen für einen wirklichen Konstitutionalismus im deutschen Geiste. Die Anträge werden der staatsrechtlichen Kommission zur Begutachtung überwiesen.

Stuttgart, 21. Mai 1862 Verhandlungen der Württembergischen Kammer der Abgeordneten. Stuttgart, Mittwoch den 21. Mai 1862. Vormittags 9 Uhr. 9. Sitzung. Unter dem Vorsitz des Präsidenten, Staatsraths Römer1. Abwesend: Die Abgeordneten Reyscher2, Amos3 (beurlaubt). Am Ministertisch: Zu IV: Minister des Innern, Frhr. v. Linden4. 1 Friedrich Römer (1794–1864), 1844–1863 Mitglied (ab 1851 Präsident) der württembergischen Abgeordnetenkammer für den Bezirk Geislingen, 1848 Chef des württembergischen Märzministeriums, 1849–1864 Rechtsanwalt in Stuttgart; NDB, Bd. 21, S. 724 f.; Raberg, Biographisches Handbuch, S. 734 f.; Köhler, Römer.

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2 II. 34 Das Diarium der Motionen enthält einen Antrag der Abg. Wiest5 und Dr. Lichtenstein6. Derselbe lautet: Die Unterzeichneten stellen in Betreff der deutschen Frage den Antrag: „Die hohe Kammer wolle die K. Staatsregierung ersuchen, ihre Bestrebungen auf eine die Sicherheit Deutschlands gegen außen, sowie dessen concentrirtere Einigung nach innen bezweckende Umwandlung der Bundesverfassung mit Nationalvertretung zu richten, und hiebei vor Allem an einem das ganze deutsche Vaterland gleichmäßig umfassenden Verbande festzuhalten und Strebungen entgegenzuwirken, welche auf die Bildung eines engeren Bundesstaates im Bunde gerichtet sind und zu einer Spaltung des Gesammtvaterlandes führen.“

III. Präsident: Zur Entwicklung dieser Motion wird heute Gelegenheit gegeben werden. Wir kommen nun zum ersten Gegenstand der Tagesordnung, zur Entwicklung des Antrags der Abg. Hölder7 und Oesterlen8; Herr Hölder hat zunächst das Wort. Hölder: Meine Herren! Als am 2. Mai 1859, aus Veranlassung der drohenden Kriegsgefahr, die Kammer der Regierung die ganze Landwehr zur Verfügung gestellt und zu außerordentlichen Kriegsrüstungen viele Millionen verwilligt hatte, glaubte ich, daß es an der Zeit sei, die deutsche Frage in Form

2 August Ludwig Reyscher (1802–1880), Staatsrechtler und Politiker, Mitglied des Nationalvereins, 1851–1855 und 1858–1863 Mitglied der württembergischen Abgeordnetenkammer; ADB, Bd. 28, S. 360–368; NDB, Bd. 21, S. 482 f.; Raberg, Biographisches Handbuch, S. 719–721. 3 Hermann Amos (1813–1873), 1861–1868 Mitglied der württembergischen Abgeordnetenkammer für den Wahlkreis Reutlingen; Raberg, Biographisches Handbuch, S. 11. 4 Joseph Freiherr von Linden (1804–1895), 1850–1864 württembergischer Innenminister, 1838–1849 und 1862–1868 Mitglied der Abgeordnetenkammer; ADB, Bd. 41, S. 719–721; NDB, Bd. 14, S. 589 f.; Raberg, Biographisches Handbuch, S. 508–510. 5 Alois von Wiest (1810–1890), 1848/49 und 1851–1866 Mitglied der württembergischen Abgeordnetenkammer für den Wahlkreis Ehingen, seit 1859 Oberjustizrat in Stuttgart; Raberg, Biographisches Handbuch, S. 1017 f. 6 Karl Lichtenstein (1816–1866), 1862–1866 Mitglied der württembergischen Abgeordnetenkammer für den Wahlkreis Schwäbisch Gmünd, Theologe; Raberg, Biographisches Handbuch, S. 504. 7 Julius Hölder (1819–1887), Rechtsanwalt, 1849/50 und 1856–1881 liberaler Abgeordneter in der württembergischen Kammer der Abgeordneten; Raberg, Biographisches Handbuch, S. 366 f.; ADB, Bd. 50, S. 446–448; DBE, Bd. 5, S. 93. 8 Ludwig August Oesterlen (1819–1893), Rechtsanwalt, 1862–1876 Abgeordneter der Demokratischen Volkspartei in der württembergischen Kammer der Abgeordneten; Raberg, Biographisches Handbuch, S. 624–626.

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eines Antrags zur Sprache zu bringen.9 Unter Hinweisung auf die Gefahren jener Zeit und unter dem Erbieten zu jedem Opfer, welches nöthig werden sollte, um die Integrität des Vaterlandes zu retten, sollte sich die Kammer nach meinem Antrage dahin aussprechen, daß nach ihrer festen Ueberzeugung die Unabhängigkeit und Wohlfahrt Deutschlands nur durch die Neugestaltung seiner öffentlich rechtlichen Verhältnisse im Sinne der Einheit und der aktiven Theilnahme des deutschen Volkes an seinen gemeinsamen Angelegenheiten in befriedigender Weise gesichert werden könne, daß daher die gegenwärtige politische Sachlage die dringendste Mahnung enthalte, dieser wohlbegründeten Forderung endlich gerecht zu werden. Meine Herren! Dieser Antrag wurde mit 67 gegen 24 Stimmen abgelehnt. Es war eine Zeit tiefer Reaction. Die Einen wollten nichts mehr von der deutschen Frage wissen; den Andern kam der Antrag wenigstens ungelegen; die deutsche Frage schien begraben, verlassen, oder mindestens in eine unberechenbare Ferne hinausgerückt zu sein. Aber der Kanonendonner, welcher in jenen Tagen in der oberitalienischen Ebene erdröhnte, hat die deutsche Frage wieder aufgeweckt und seitdem hat das deutsche Volk seine Sache wieder aufgenommen. Seit jener Zeit ist die Frage der Bundesreform, die Frage der Herstellung einer bessern Einheit Deutschlands von Vereinen, von unzähligen Versammlungen, von einer Reihe deutscher Volksvertretungen zum Gegenstande der Berathung und Beschlußfassung gemacht worden. Ja sogar die Regierungen selbst haben sich gedrungen gesehen, zu dem im Jahre 1848 abgegebenen Bekenntnisse zurückzukehren, daß die gegenwärtige Bundesverfassung unzulänglich und daß eine Bundesreform dringend geboten sei. Meine Herren! Der rasche Umschwung der Geister in dieser kurzen Spanne Zeit ist mehr als irgend etwas Anderes geeignet, den Muth im Kampfe für die deutsche Sache zu stählen und die Hoffnung auf einen endlichen Sieg derselben aufrecht zu erhalten. Es scheint an der Zeit zu sein, daß auch die württembergische Kammer endlich das lang Versäumte nachhole, daß endlich auch sie ihre Stimme für die Bundesreform erhebe, ihre Ansicht über den zunächst einzuschlagenden Weg abgebe. Und, meine Herren, ich werde wohl annehmen dürfen, daß es in der Absicht der Mehrheit dieses hohen Hauses gelegen ist, diese Frage nicht wieder auf die Seite zu schieben; denn Diejenigen, welche sich für Erlassung einer Adresse ausgesprochen haben, sind wohl meistentheils von der Absicht ausgegangen, daß bei der Adreßdebatte die deutsche Frage zur Erörterung kommen solle. Aber auch von den Gegnern der Adresse hat ein großer Theil schon bei jener Debatte und seitdem durch die neben den unsrigen gestellten weiteren Anträge zu erkennen gegeben, daß auch er der Erörterung dieser Frage nicht länger auszuweichen gewillt ist. Andere freilich haben es auch jetzt noch nicht an der Zeit 9 Siehe dazu Langewiesche, Liberalismus und Demokratie, S. 286 f.

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erachtet, auf die Frage der Bundesreform einzugehen; aber ihre Gründe haben mich nicht überzeugt. Man hat uns in dieser Beziehung eingewendet, es werde angemessen sein, vor Allem die Vorlagen der K. Staatsregierung abzuwarten, auf welche in der Thronrede hingewiesen worden ist. Aber, meine Herren, wenn ich es auch noch so sehr anerkenne, daß die deutschen Regierungen selbst endlich zur Einsicht von der Nothwendigkeit einer Bundesreform zurückgekehrt sind, wenn ich ferner anerkennen mag, daß sie die Frage zunächst von der Seite angreifen, ein gemeinschaftliches Organ für die Gesetzgebung herzustellen, so scheint es mir gleichwohl nicht gerathen, zu schweigen und die Vorlagen der Regierung, welche im Werke sind, abzuwarten, weil mir der betretene Weg nicht der richtige zu sein scheint. Meine Herren! Man kann Abschlagszahlungen annehmen, aber sie müssen auf dem rechten Wege zum rechten Ziele liegen, sie dürfen nicht auf Abwege führen. Als einen solchen Abweg würde ich es aber betrachten, wenn man die Forderung der Nation nach einer einheitlichen Vertretung durch eine Versammlung von Ausschüssen der Ständeversammlungen abspeisen wollte, welche dem Partikularismus ein neues Organ gewähren würden. Meine Herren! Ich habe nicht nöthig auf die Art und Weise hinzuweisen, wie seit vielen Jahren der Ausschuß unserer Ständeversammlung zusammengesetzt worden ist. Die Fortschrittspartei10, welche doch unzweifelhaft die überwiegende Mehrheit des Volkes für sich hat, und welche auch in diesem Saale, abgesehen von den 23 privilegirten Stimmen, die unzweifelhafte Mehrheit besitzen würde, ist seit vielen Jahren durch kein einziges ihrer Mitglieder im Ausschuß vertreten gewesen. Meine Herren! Ich glaube nicht, daß unser württembergisches Volk sich in einem Zusammentritte von Ausschüssen deutscher Ständeversammlungen, in welchem von Seiten Württembergs ein solcher Ausschuß seinen Sitz nehmen würde, sich für vertreten erachtete. Allein auch abgesehen von dieser in unserem engeren Vaterlande hervorgetretenen Erscheinung bedarf der Gedanke der nationalen Einheit einer Repräsentation, und es wäre verkehrt, die particularistischen Elemente zu verstärken, statt ihnen ein nationales Gegengewicht zu geben; – eine Verstärkung der particularistischen Elemente würde es aber sein, wenn man die Volksvertretung am Bunde von Ausschüssen der Ständeversammlungen bilden wollte.

10 Die „Partei des gemäßigten Fortschritts“ in Württemberg bildete sich seit 1859 durch den Zusammenschluß von Liberalen und Demokraten. Im Dezember 1861 einigten sich die Liberaldemokraten auf einer Landesversammlung in Plochingen auf ein „Wahlprogramm der Fortschrittspartei“ für die Landtagswahlen von 1862. Bei diesen Wahlen im Frühjahr 1862 errang die Fortschrittspartei etwa die Hälfte der Mandate in der württembergischen Kammer der Abgeordneten. Vgl. Langewiesche, Liberalismus und Demokratie, S. 285 ff., ebd. vor allem S. 293–295.

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Meine Herren! Indem ich und meine Freunde hienach genöthigt sind, uns gegen den Weg auszusprechen, welchen die Regierungen der deutschen Mittelstaaten einzuschlagen beabsichtigen, bedarf es unseren Mitbürgern gegenüber der Versicherung nicht, daß wir uns hiebei durch keinerlei unlautere Nebenrücksichten, sondern allein durch die Rücksicht auf das Wohl unseres Vaterlandes leiten lassen, welches für uns, seit wir politisch thätig sind, nicht bloß eine Aufgabe des politischen Verstandes, sondern eine Herzensangelegenheit gewesen ist. Eine weitere Einwendung gegen die Erörterung der deutschen Frage wurde davon hergenommen, daß sich dabei nur Uneinigkeit herausstellen werde, und daß die Sache der Einheit durch eine solche zu Tage getretene Uneinigkeit unmöglich gefördert werden könne. Ich habe auf diesen Einwand schon in der Adreßdebatte geantwortet; ich habe darauf hingewiesen, daß die Wahrheit nur durch die Erörterung der verschiedenen Ansichten zu Tage treten könne und daran halte ich noch heute fest. Wenn aber von einem Redner der Gegenseite darauf hingewiesen wurde, daß durch die Erörterung dieser Frage und gerade dieser Frage in dem demokratischen Lager selbst ein Riß sich öffnen werde, welcher der Action dieser Partei nicht förderlich sein könne, so denke ich, daß diese Besorgniß oder vielmehr diese Hoffnung unserer Gegner nicht in Erfüllung gehen wird. Sie wird nicht in Erfüllung gehen, weil die demokratische Partei ohne eine particularistische oder dynastische Vorliebe von einem gemeinschaftlichen principiellen Gedanken getragen ist, und von diesem gemeinschaftlichen Gedanken aus die deutsche Frage wie die übrigen übereinstimmend zu beantworten und zu lösen vermag. Meine Herren! Der erste Entwurf unserer Anträge und der Motive dazu rührt von dem Herrn Mitantragsteller her. Sie haben ihre jetzige Form durch eine Reihe von Berathungen mit einer Anzahl unserer näheren politischen Freunde erhalten und ich kann und darf so viel sagen, daß sich bei diesen Berathungen in allen Grundanschauungen und Grundzügen, welche bei Erörterung der deutschen Frage zur Sprache kommen mußten, eine übereinstimmende Ansicht herausgestellt hat, daß wir uns neben untergeordneten Nuancirungen nicht nur in den Sätzen, welche in die Anträge selbst aufgenommen sind, sondern auch in der Motivirung dieser Anträge, welche der Herr Mitantragsteller verlesen wird, einig gefunden haben. Es hat sich auch hiebei die Einigkeit der Fortschrittspartei wieder bestätigt, welche in den letzten Jahren auf wiederholten vom ganzen Lande beschickten Versammlungen hervorgetreten ist. Es sind dieselben Sätze, welche von uns auf diesen Versammlungen als maaßgebend angenommen wurden, die auch hier in diesem Saale für uns die leitenden sein werden. Wir halten daran fest, daß die berechtigte Forderung des deutschen Volkes auf einheitliche Gestaltung des deutschen Staatswesens in der deutschen Reichsverfassung ihren rechtlichen Ausdruck gefunden hat. Allein die Partei des politischen Fortschritts wird auch solchen Bestrebungen ihre

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Mitwirkung nicht entziehen, welche, ohne die Reichsverfassung nach allen ihren Einzelheiten zum Zielpunkt zu nehmen, darauf gerichtet sind, die wesentlichen Bestimmungen derselben, eine kräftige Bundesregierung und eine deutsche Nationalvertretung ins Leben einzuführen. Mit diesen Sätzen werden zwar diejenigen nicht befriedigt sein, welche bei der Adreßdebatte es als eine Nothwendigkeit bezeichnet haben, im Einzelnen sich darüber auszusprechen, was denn in Deutschland geschehen soll. Meine Herren! Man hat uns bei der Adreßdebatte zugerufen, wenn die deutsche Frage verhandelt werde, dann müsse man mit den letzten Gedanken herausrücken, dann dürfe man mit nichts hinter dem Berge halten, dann müsse man im Einzelnen angeben, wie man sich die Lösung der Frage denke. Dieser Aufforderung gegenüber kann ich für meine Person die Erklärung abgeben, daß ich auf jede Frage, welche vernünftigerweise im gegenwärtigen Entwicklungsstadium gestellt werden kann, meine Antwort ohne Rückhalt geben werde. Man kann uns aber nicht zumuthen – und Niemand würde sich selbst gegenüber diese Zumuthung anerkennen – über alles Detail und jede denkbare Eventualität zum Voraus eine Antwort zu geben. Ueber die Fragen aber, welche Tagesfragen sind, über welche der politische Streit entbrannt ist, über die Fragen, welche praktisch vorliegen, wird unsererseits und jedenfalls meinerseits die Antwort nicht fehlen. Aber, meine Herren, wenn wir die Antwort auf die an uns gestellten Fragen geben werden, so werden wir auch uns die Freiheit nehmen, unsere Gegner um ihre Antwort zu befragen; wir werden uns gleichfalls zu fragen erlauben, wie sie sich von ihrem Standpunkte aus die einheitlichere Gestaltung Deutschlands als möglich denken, und es soll mich freuen, wenn wir bei dieser Gelegenheit eine Antwort erhalten, welche bisher gerade von der Seite, welche ich hier besonders im Auge habe, stets abgelehnt worden ist oder vielleicht gar nicht gegeben werden konnte. Allein, meine Herren, wenn der Einzelne über die Fragen, welche zur Debatte des Tages gehören, seine Ansicht nicht zurückhalten soll, so ist es etwas Anderes mit Anträgen und Beschlüssen, welche einer politischen Partei oder gar einer Ständeversammlung angesonnen werden. Ständeversammlungen und politische Parteien können sich nicht auf Eventualitäten einlassen, für sie ziemt es sich, vor Allem die Zielpunkte zu bezeichnen, welche für ihre Bestrebungen maaßgebend sein sollen, und weiter sich darüber auszusprechen, was unmittelbar praktisch zu geschehen hat. Hienach sind die Anträge bemessen, welche wir der hohen Kammer vorgelegt haben. In Ziff. 2 sind die Ziele bezeichnet, welche wir bei der Bundesreform im Auge behalten müssen; in Ziff. 1 und 3 sind diejenigen Fragen behandelt, welche als unmittelbar praktische Aufgaben sich dargestellt haben, und zwar ist in Ziff. 1 eine negative Erklärung gegen den Weg vorgeschlagen, welchen ein Theil der deutschen Regierungen eingeschlagen zu haben scheint; in Ziff. 3 eine positive Erklärung über

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die Gesichtspunkte, welche nach unserer Ansicht die Vorbedingungen für eine Bundesreform in friedlichem Wege sind. Meine Herren! Niemand von uns weiß, ob es im Rathschlusse der Geschichte unserem Vaterlande nicht bestimmt ist, die Frage seiner Einheit in irgend einer gewaltsamen Weise zu lösen; aber diese gewaltsame Lösung des Knotens liegt außer der Aufgabe unserer politischen Kombination und unserer politischen Thätigkeit; unsere Aufgabe ist vielmehr gerade die, durch richtige Vorschläge im Sinne einer friedlichen Reform jener gewaltsamen Katastrophe, welche als Möglichkeit im Hintergrunde steht, vorzubeugen. Wenn es sich aber darum handelt, welches die nothwendigen praktischen Vorbedingungen einer Bundesreform im friedlichen Sinne, der Herstellung einer deutschen Bundeseinheit ohne Gewalt seien, so können wir zunächst keine andere bezeichnen, als die Opferbereitwilligkeit der deutschen Regierungen und der deutschen Volksstämme. Meine Herren! Ohne Opfer, ohne Selbstentäußerung läßt sich keine Bundeseinheit herstellen; denn wie auch die Centralgewalt des deutschen Bundes für künftig gedacht werden mag, so steht so viel unter allen Umständen fest, daß sie nicht ins Leben treten kann, oder nur ein Scheinwesen bleiben könnte, wenn nicht die einzelnen deutschen Regierungen von ihrer souveränen Machtvollkommenheit diejenigen Befugnisse an die Centralgewalt abzutreten bereit sind, welche dieser zu Erfüllung ihrer Aufgabe nothwendig zukommen müssen. Meine Herren! Dieser Gesichtspunkt ist vor Allem der praktische, und wenn die deutschen Regierungen einmal in Wirklichkeit zu diesen Opfern entschlossen sind, dann zweifle ich nicht daran, daß sich auch die Form für die Centralgewalt finden wird. Wir beantragen daher, daß die hohe Kammer an die Regierung das Verlangen stellen soll, sich zu Bringung der Opfer, welche zur friedlichen Lösung der Frage erforderlich sind, ihrerseits bereit zu erklären; ich halte diese Aufforderung für eine Pflicht, nicht bloß gegen unser deutsches Vaterland, sondern für eine Pflicht gegen die Regierung selbst. Denn der deutsche Gedanke wird nicht mehr untergehen, er wird fortschreiten und fortkämpfen bis er zum Siege hindurchgedrungen ist; es ist daher im eigenem Interesse eines jeden Elements des deutschen Staatslebens geboten, bei Zeiten seine Versöhnung mit diesem nationalen Gedanken zu suchen. Diejenigen Elemente aber, welche sich unterfangen sollten, sich mit dem Gedanken der nationalen Einheit in einen Kampf auf Leben und Tod einzulassen, würden ganz gewiß in diesem Kampfe schließlich zu Grunde gehen. Oesterlen: Meine Herren! Ich würde fürchten, die Geduld dieser hohen Versammlung über die Gebühr in Anspruch zu nehmen, wenn ich dem eingehenden Vortrage, welcher soeben zu Rechtfertigung des gestellten Antrages stattgefunden hat, gleichfalls eine ausführliche Motivirung nachfolgen lassen würde; ich werde mich daher auf wenige Worte beschränken. Ich freue mich vor Allem mit dem Herrn Mitantragsteller der Ueberzeugung, daß der Antrag,

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welchen wir Ihnen vorzulegen uns erlaubt haben, keine Hintansetzung des Beschlusses der Majorität enthalte, welcher in Betreff der Frage, ob eine Antwortsadresse auf die Eröffnungsrede erlassen werden soll oder nicht, gefaßt wurde; ich freue mich der Ueberzeugung, daß die Majorität in diesem hohen Hause zu der Ansicht gekommen zu sein scheint, daß es Zeit sei, das diplomatische Schweigen zu brechen, welches die Kammer der Abgeordneten in Württemberg vielleicht zu lange in Betreff der deutschen Verfassungsfrage beobachtet hat. Das diplomatische Schweigen – wir sind keine Diplomaten, wir machen keinen Anspruch auf jene Staatskunst, welche die Geschicke der deutschen Nation in die traurige Lage geführt hat, in welcher sie sich jetzt befindet, und aus welcher der höchsten Staatskunst kaum möglich ist, sie zu besseren Zuständen herauszuführen, – wir beschränken unsere Ansprüche auf jenen einfachen Volksverstand, welcher fort und fort entschieden, aber fort und fort vergebens gegen eine solche Führung sich erklärt hat, wir sind auch nicht eingeweiht in die Geheimnisse der Diplomatie, wir wissen nicht, welche Ansicht in den Kabineten in Betreff der deutschen Frage herrscht, aber wir haben – und bei den Wahlen, aus welchen wir hervorgegangen sind, ist es neuerdings geschehen, – wir haben unser Ohr an das Herz des Volkes gelegt und wissen, daß es nicht schlägt für den Bundestag, für den alten so wenig, als für den neuen, welcher uns in Aussicht gestellt wird, daß es nicht schlägt für die Hegemonie Preußens, so wenig als für die Suprematie Oesterreichs in Deutschland, wir wissen, daß es nicht erfüllt ist von Haß gegen das Volk in Preußen, so wenig als gegen das Volk in Oesterreich; wir wissen, daß es erfüllt ist von der lebendigsten Liebe zum Vaterland, zu Deutschland. Und dieser Stimme einen Ausdruck zu geben, ist unsere Pflicht, ist Pflicht gegen das Volk, das uns als Organ bestellt hat, seinen Willen und seine Bedürfnisse kund zu geben, und Pflicht gegen uns selbst; denn wenn wir aufhören, der lebendige Ausdruck des Volkswillens und der öffentlichen Meinung zu sein, dann zerstören wir selbst den Boden unter uns, dann sind wir machtlos, auch gegenüber der Regierung. Es ist aber auch unsere Pflicht, jener Stimme einen Ausdruck zu geben der Regierung gegenüber bei Fortsetzung der Reformversuche, von welcher die Thronrede gesprochen hat, damit sie wisse, wie das Volk und seine Vertretung gesinnt sind; vor Allem aber ist es auch Pflicht gegenüber vom Auslande, damit es erfahre, daß der Vorwurf des Particularismus, den die Organe einer gewissen Partei fortgesetzt gegen unser Land erheben, nicht begründet ist; damit es wisse, daß ächt deutsche Gesinnung, ächt deutsche Bestrebungen in unserem Lande vorwiegen; damit es wisse, daß man in unserem Lande particularistisch ist nur gegenüber dem größeren Particularimus, particularistisch nur gegenüber jenem Preußenthum, das herumgeht, wie ein brüllender Löwe, und sucht, wen es verschlinge. Von Erfüllung dieser Pflicht soll uns das Bedenken nicht abhalten, die deutsche Ver-

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fassungsfrage liege noch nicht in concreter Form zur Berathung vor. Ich fürchte sehr, meine Herren, daß dieselben Politiker, welche diesen Einwand gegen die Erörterung der deutschen Frage erhoben haben, wenn diese in concreter Gestalt uns vorliegen würde und wir uns mit ihrer Lösung nicht einverstanden erklären wollten, uns sagen möchten, es sei jetzt zu spät, es habe nun einmal eine Verständigung unter den Regierungen stattgefunden, und wir in Württemberg werden diesem Einigungswerke Schwierigkeiten nicht entgegensetzen wollen, wir sollen uns dem fügen, was die Regierungen einmal beschlossen haben. Es gibt Politiker, welche zwar die Gerechtigkeit der Forderungen und die Dringlichkeit der Bedürfnisse des Volkes anerkennen, welchen aber nie der Zeitpunkt angemessen zu sein scheint, sie zu berücksichtigen. Wir, meine Herren, wollen uns einem solchen Vorwurfe nicht aussetzen, wir wollen wenigstens einen nach der Lage der Sache möglichen Ausspruch in der deutschen Frage thun. Meine Herren! Das Recht des deutschen Volkes auf eine politische Existenz ist ein natürliches und ein geschichtlich begründetes. Ich glaube nicht, daß irgend wer in diesem hohen Hause den Vorwurf des Nationalitätenschwindels erhebe, wenn wir sagen, die deutsche Nation habe ein natürliches Recht auf politische Existenz, die Nation, welche vermöge ihres Charakters und ihrer hohen Bildung, vermöge ihrer Leistungen auf jedem Gebiete des menschlichen Wissens und der menschlichen Thätigkeit die erste ist in der Reihe der Völker und nur da, wo die Interessen der Dynastien der Entwicklung und Gestaltung des nationalen Geistes hindernd entgegentreten, nur auf dem politischen Gebiet unmächtig und gering geschätzt vom Auslande ist. Dieses natürliche Recht, meine Herren – ich brauche Sie nicht daran zu erinnern daß es verwirklicht war in der Verfassung des alten deutschen Reiches, daß es verwirklicht war in der Reichsverfassung und daß, nachdem die Reichsverfassung nicht durchgeführt werden konnte, nachdem die Regierungen einseitig den Bundestag wiederhergestellt haben, auch im Jahr 1850 noch die Nothwendigkeit einer Neugestaltung der deutschen Verfassung im Geiste jenes Rechts anerkannt und ein kaiserliches Wort dafür verpfändet wurde. Meine Herren! Daß der Bundestag seiner Aufgabe, ein Organ der nationalen Einheit zu sein, nicht entspricht, darüber bedarf es wohl keiner weiteren Worte. Der Bundestag selbst hat dieses Bekenntniß abgelegt, als er seine Auflösung beschloß; er selbst hat kein Sündenbekenntniß abgelegt und anerkannt, daß er das Vertrauen der Nation nicht in Anspruch nehmen könne; er hat, als er wieder zusammentrat, Besserung gelobt, allein er hat diesen Vorsatz, – es ist ihm hier gegangen wie anderen Menschen, – er hat diesen schönen Vorsatz in 12 Jahren nicht zur Ausführung gebracht. Es ist daher vollkommen berechtigt, wenn wir in dem Antrage, welchen wir diesem hohen Hause vorgelegt haben, die Ersetzung des bestehenden völkerrechtlichen Bundes und seines Organes, des Bundestags, durch einen Staatenbund und durch das Organ einer

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Bundesregierung verlangen. Daß die neuzubildende Centralgewalt für ganz Deutschland bestellt sein solle, ist in unseren Motiven ausdrücklich hervorgehoben und eine sich von selbst verstehende Sache. Die Organisation derselben betreffend, so glaubten wir uns begnügen zu können, nur in kurzen Zügen sie zu bezeichnen. Wir treffen mit unserem Antrage den entscheidenden Punkt, von welchem jede wirkliche Reform nothwendig abhängig ist, den der Unterordnung des Einzelstaates und der Einzelregierung unter den deutschen Gesammtstaat und die deutsche Gesammtregierung, den Punkt, wo es gilt, Opfer zu bringen für die deutsche Einheit, Opfer von Seite der Regierungen, wie von Seite der Stände. Aus Nichts wird Nichts, und wenn wir eine deutsche Gesammtregierung und ein deutsches Parlament wollen, so muß der einzelne Staat einen Theil seiner Rechte auf den Altar des Vaterlandes niederlegen. Indem wir versuchen, einen wenn möglich einstimmigen Ausspruch der hohen Versammlung hierüber herbeizuführen, thun wir nichts Unpraktisches, sondern handeln richtig. Ich möchte fragen, ob Jene aufrichtige Freunde der deutschen Einheitsbestrebungen, ob sie nicht mindestens gefährliche Freunde derselben sind, die sagen, wir seien jetzt schon schuldig genau zu bezeichnen, wie die Centralgewalt zusammengesetzt sein müsse, welches ihr Resort, ihre Machtvollkommenheit, namentlich gegenüber den Einzelregierungen, sein müsse? Ich glaube nicht, daß wir nöthig haben, dieß zu thun, ich fürchte sehr, daß solche Anmuthung Hader und Widerspruch bringen würde in die Einmüthigkeit der Stimme des Volkes und der Parteien dieses Hauses, welche, wie ich hoffe, im Uebrigen in Beziehung auf die deutsche Verfassungsfrage herrscht. Eine Verfassung, meine Herren, wie wir sie in kurzen Zügen, im Grundrisse nur bezeichnet haben, bestimmt, für ganz Deutschland zu gelten, dürfte von allen Parteien des Hauses hoch willkommen geheißen werden. Wenn das deutsche Staatsgebäude nach diesem Grundrisse hergestellt wird, – wenn es nur erst hergestellt wäre – der großdeutsche Herr Schäffle11 würde sich vollkommen behaglich und wohnlich in demselben befinden, auch wenn 70 Millionen nicht Platz darin haben, so wie ich andererseits überzeugt bin, daß auch die Kleindeutschen in diesem Saale – es hat sich bis jetzt noch Niemand hier als Kleindeutscher bekannt, und ich weiß daher nicht, welchen anderen Namen ich dem des Herrn Schäffle entgegen setzen soll – ich glaube, daß auch diejenigen, welche für Kleindeutschland sind, von einem solchen staatlichen Gebäude vollkommen befriedigt sein würden, auch wenn noch 7 Millionen Oestreicher Platz darin fänden. 11 Albert Schäffle (1831–1903), seit 1860 Professor für Volkswirtschaftslehre in Tübingen, 1862–1865 Mitglied der württembergischen Kammer der Abgeordneten; Raberg, Biographisches Handbuch, S. 766 f.; NDB, Bd. 22, S. 521 f.

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Meine Herren! Es ist bei der Berathung über die Frage der Antwortsadresse auch das Verlangen aufgestellt worden, daß wir den Weg bezeichnen sollen, welcher zum Ziele führe. Ich glaube auch nicht, daß wir hiezu verpflichtet sind. Die deutsche Nation hat einen Anspruch an die deutschen Regierungen auf eine ihrer Macht und ihren Bedürfnissen, ihrem natürlichen und geschichtlichen Rechte entsprechende Reform der Verfassung; die deutsche Nation ist in dieser Richtung der Gläubiger und die Regierungen sind die Schuldner. Die Gerechtigkeit der Forderung überhaupt muß anerkannt werden, und dann, meine Herren, mögen die Schuldner zusehen, wie sie ihre Verbindlichkeit erfüllen; wir haben nicht nothwendig, ihnen die Mittel und Wege zu bezeichnen, wie sie ihrer Verpflichtung Genüge thun können. Wir erheben den Anspruch zunächst an unsere Regierung, die sich unter der Zahl jener Schuldner befindet, und wir verlangen von ihr – wir wissen wohl, daß sie allein nicht im Stande ist, der deutschen Nation gerecht zu werden – wir verlangen aber von ihr, und dazu sind wir berechtigt, daß sie ihre Verbindlichkeit anerkenne, ihres Theils mitzuwirken, daß die Schuld an die Nation bezahlt werde, und diejenigen Opfer zu bringen, welche zur Befriedigung der gerechten Forderungen des Volkes nothwendig sind. Es ist wahr, auch wenn unsere Regierung ihre Bereitwilligkeit hiezu erklären würde, ja wenn auch noch andere Regierungen dem Beispiele, von welchem ich von Herzen wünsche, daß unsere Regierung es geben möchte, folgen würden, so wäre damit die deutsche Verfassungsfrage noch lange nicht gelöst. Es ist der Dualismus zwischen den beiden deutschen Großmächten, zwischen Oesterreich und Preußen, welcher das größte Hinderniß einer Lösung begründet. In der Natur der Sache liegt es, daß die Großmacht Oesterreich einer politischen Neugestaltung Deutschlands ihre Zustimmung versagt, welche ihren politischen Einfluß auf Deutschland und ihre berechtigten Ansprüche auf die Theilnahme an der Gesammtregierung Deutschlands beeinträchtigen würde. Ebenso liegt es aber auch in der Natur der Sache, daß die Großmacht Preußen einer Lösung der deutschen Verfassungsfrage widerstrebt, welche sie unter eine höhere Centralgewalt stellen würde. Es ist somit eine traurige Wahrscheinlichkeit, daß sich die Regierungen der beiden deutschen Großmächte nicht verständigen werden über eine Lösung der deutschen Frage, weil eben jede derselben ihr eigenes Großmachtinteresse und nicht das deutsche Nationalinteresse im Auge hat. Angesichts dieser Schwierigkeiten, meine Herren, ist es gekommen, daß viele wohlgesinnte deutsche Männer ihre nationalen Bestrebungen an die preußische Politik anknüpfen, an jene Politik, welche dahin geht, sich auf Kosten des übrigen Deutschlands zu vergrößern und zu verstärken. Ich beklage die Verfolgung dieser Politik deßhalb, weil ich die Ueberzeugung habe, daß sie nicht zum Ziele führt, sondern daß sie den Zwiespalt, welcher bisher vorzugsweise unter den Regierungen Preußens und Oesterreichs

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geherrscht hat, hereinträgt in die Nation selbst. Wenn man anerkennen muß, daß der Antagonismus der deutschen Großmächte das hauptsächliche Hinderniß einer befriedigenden Lösung der deutschen Verfassungsfrage ist, dann, meine Herren, handelt man, glaube ich, unrichtig, wenn man sich anschließt an die Cabinetspolitik der einen oder der andern dieser beiden Großmächte, denn man vermehrt dadurch nur die Schwierigkeiten, statt sie zu vermindern. Vermindert würden diese Schwierigkeiten meines Erachtens bloß, wenn gegenüber jenen politischen Bestrebungen, welche ihren Ausgangspunkt in der österreichischen und preußischen Cabinetspolitik haben, eine andere Politik als die maßgebende anerkannt würde von den Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten Deutschlands, nämlich eine nationale Politik; wenn diese Staaten sich losreißen würden von dem Schlepptau, in welchem Oesterreich und Preußen sie nach sich ziehen; wenn sie sich stützen würden auf die Macht der öffentlichen Meinung, wenn sie sich stützen würden auf die Sympathien der Völker Deutschlands, auf den nationalen Geist, welcher in Deutschland mächtig erwacht und das einzige Mittel ist, die deutsche Verfassungsfrage zu einer befriedigenden Lösung zu bringen. Ich glaube, die Regierungen der Mittelund Kleinstaaten, welche die Hegemoniebestrebungen Preußens fürchten, würden in ihrem eigenen Interesse handeln, wenn sie eine zugleich liberale und nationale Politik ergreifen würden, und sich dadurch ihre Theilnahme an der Bundesregierung des neu zu constituirenden Deutschlands besser sichern, als wenn sie sich in den Fußstapfen der österreichischen oder preußischen Cabinetspolitik auch fortan bewegen. Unser Antrag, meine Herren, mahnt auch unsere Regierung, die Bahn einer nationalen und liberalen Politik einzuschlagen. Ob diese Mahnung einen Erfolg haben wird, steht dahin, ich möchte es fast bezweifeln; allein die Möglichkeit, daß sie erfolglos sei, darf uns nicht abhalten, die Mahnung ergehen zu lassen. So bitten wir mit unserem Antrag diese hohe Versammlung, wenigstens ein gutes deutsches Wort zu sprechen in der guten Sache des deutschen Volkes, und wenn es auch das politische System des Ministeriums Linden nicht zu ändern vermag, so wird es wenigstens ein Wort des Trostes sein für unser Volk in seiner Sorge um die Zukunft und ein Strahl der Hoffnung für seine Sehnsucht nach einem Vaterlande. Meine Herren! Ich erlaube mir nun nach vorangeschickter mündlicher Erläuterung sowohl von Seiten meines Herrn Mitantragsstellers, als meiner selbst, die schriftliche Begründung des gestellten Antrages vorzulesen. Sie ist das kurze Ergebniß langer Berathungen, welche im Kreise einiger Freunde der linken Seite dieses Hauses stattgefunden haben. (Die Begründung wird sofort verlesen, wie folgt:) „Antrag in Betreff der deutschen Verfassungsfrage. Die Unterzeichneten stellen folgenden Antrag:

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Die hohe Kammer der Abgeordneten wolle der K. Staatsregierung gegenüber aussprechen, 1) daß sie die in der Thronrede erwähnten Bemühungen, „auf Anbahnung von Unterhandlungen hinzuwirken, welche zum Zwecke haben, das Band zwischen den deutschen Volksstämmen fester zu knüpfen,“ als ein Zugeständniß der Mangelhaftigkeit der bestehenden deutschen Verfassungsverhältnisse zu würdigen wisse, daß sie aber das Bestreben, das bestehende „gemeinschaftliche Organ der deutschen Regierungen zu kräftigen und eine Betheiligung der deutschen Volksvertretungen bei Fassung seiner Beschlüsse herbeizuführen,“ als geeignet, die deutsche Bundesreform in befriedigender Weise zu verwirklichen, nicht anzuerkennen vermöge; 2) daß vielmehr aus Gründen des Rechts und des Staatswohls die Herstellung einer innerhalb ihrer nothwendigen Competenz über den Einzelnregierungen stehenden, mit den erforderlichen Machtbefugnissen ausgerüsteten Bundesregierung für Gesammtdeutschland und einer vom Volke gewählten Vertretung der deutschen Nation insbesondere auch für Erlassung allgemeiner deutscher Gesetze das Ziel der politischen Reform sein müsse; 3) daß dieses Ziel im Weg der Reform nur erreicht werden könne, wenn die Regierungen der deutschen Staaten, der großen wie der kleinen, der politischen Einheit Deutschlands ihre Sonderinteressen unterordnen, daß aber das Widerstreben der einen oder andern Regierung die übrigen nicht abhalten dürfe, das gemeinschaftliche Ziel zu verfolgen und unter sich, wie mit den Vertretern des Volks die Organisation des neuen Staatenverbandes festzustellen, daß insbesondere auch die württembergische Regierung eine solche Politik als maaßgebend für ihr Verhalten anerkennen und für die Durchführung derselben in Gemeinschaft mit andern Regierungen nach Kräften wirken möge.“ Begründung. „Die Nothwendigkeit einer Bundesreform, welche der Nation in ihrer Gesammtheit und nach Außen die nöthige Einheit und Macht, in ihren Gliedern und nach Innen die berechtigte Selbstständigkeit und Freiheit neben der Möglichkeit einer allgemeinen Gesetzgebung gewährt, ist allgemein anerkannt und daher jeder Beweis derselben überflüssig. Auch das Recht der Nation auf eine solche Reform der deutschen Verfassungszustände ist unbestreitbar und hat in der deutschen Reichsverfassung Ausdruck und Geltung gefunden. Die Thronrede selbst gibt zu, daß die das Wohl des Ganzen wie des Theils bedingende Einigung noch zu erzielen sei. Die nothwendige und berechtigte Reform kann aber durch Kräftigung des factisch bestehenden gemeinschaftlichen Organs

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der deutschen Regierungen nicht bewirkt werden, weil dieser nach dem Aufhören der Reichsregierung zusammengetretenen Gesandtenconferenz jede selbstständige Machtbefugniß und eben damit die Fähigkeit, rasch zu beschließen und kräftig zu handeln, fehlt. Dieselbe muß daher durch eine Bundesregierung für Gesammtdeutschland ersetzt werden, welche als eine über den Einzelnregierungen stehende nationale Institution, nicht einer Einzelnregierung als solcher in der Form der Hegemonie übertragen werden darf, in ihrer Ueberordnung aber von allen deutschen Staaten anzuerkennen ist, welche dem künftigen deutschen Staatsverbande angehören werden. Die Vertretung des deutschen Volks der Bundesregierung gegenüber kann den von der Thronrede angedeuteten Ausschüssen der deutschen Ständeversammlungen schon deßhalb nicht und jedenfalls nicht allein anvertraut werden, weil diese in ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung einen richtigen Ausdruck des Volkswillens nicht gewähren und solche Ausschüsse der Natur der Sache nach sich vorzugsweise als Vertreter ihres besonderen Staates und nicht der Nation betrachten werden, daß particularistische Element in der Bundesverfassung aber mehr eines Gegengewichts, als einer Kräftigung bedarf. Die Schwierigkeit, die deutsche Verfassungsfrage im Sinne einer das gesammte Deutschland umfassenden politischen Einheit zu lösen, liegt hauptsächlich in dem particularistischen Verhalten der Regierungen, namentlich der beiden deutschen Großmächte. Graf Bernstorff bekennt sich zu den Grundsätzen der preußischen Unionspolitik und Graf Rechberg hat erst in den letzten Tagen erklärt, daß der Leitstern, dem er in der deutschen Politik folge, „das Interesse und die Machtstellung Oesterreichs“ sei. Die Regierungen der Mittelund Kleinstaaten unterliegen noch dem bestimmenden Einfluß der dermaligen preußischen oder österreichischen Kabinetspolitik und insolange kann eine befriedigende Lösung der deutschen Frage auch von ihren zögernden Reformbestrebungen nicht erwartet werden. Es ist möglich, daß die Geschichte der einen oder andern deutschen Großmacht vorbehalten hat, den gordischen Knoten der deutschen Frage mit dem Schwerte zu lösen; eine solche Lösung liegt aber außerhalb der legitimen Bestrebungen der Kammer, deren Ziel nur die Neugestaltung Deutschlands im Wege der Reform sein kann. Dieser Weg muß endlich einmal mit Kraft betreten werden, und daß es mit Aussicht auf Erfolg nur geschehen kann, wenn die Regierungen dem großen Gedanken der politischen Einheit Deutschlands ihre Sonderinteressen unterordnen und die nöthigen Opfer an souveräner Machtvollkommenheit zu bringen bereit sind, ist einleuchtend. „Das ganze Deutschland soll es sein!“ Der Wunsch und Anspruch, daß der deutsche Staatsverband auch die deutsch-österreichischen Lande umfasse, bedarf in einer württembergischen Kammer keine Rechtfertigung. Wenn aber das particularistische Bestreben der einen oder andern Regierung zur Zeit

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nicht zu überwinden ist, wenn insbesondere die Politik Oesterreichs und das Festhalten an seiner Gesammtstaatsverfassung den Eintritt der deutsch-österreichischen Lande in den neuen deutschen Staatsverband für jetzt ausschließt, dann verzichten wir zwar nicht auf unsere Sympathien für diese Lande, auf die Hoffnung und den Anspruch ihres künftigen Eintritts, aber die dringende Aufforderung an die übrigen Regierungen Deutschlands bleibt bestehen, das Werk der Reform nicht ruhen zu lassen, sondern im Vertrauen auf die Macht der öffentlichen Meinung und das allerwärts steigende Bedürfniß der Einheit sich offen zu den Grundsätzen einer ächt nationalen und liberalen Politik zu bekennen und unter sich, wie mit den Vertretern des Volks die nothwendige, nach Lage der Sache mögliche Organisation des neuen Staatenverbandes festzustellen. Diese Aufforderung auch an unsere Regierung zu richten, halten wir für eine Pflicht der Kammer; sie darf in Erfüllung derselben der Zustimmung des Volks in Württemberg gewiß sein. Stuttgart, den 14. Mai 1862.“ Schott12: Herr Präsident! Ich würde den Druck dieser Motion sofort beantragen, wenn nicht auch Seitens des Herrn Abgeordneten von Crailsheim13 eine schriftliche Motivirung seines Antrages nunmehr würde vorgetragen werden. Ich glaube nun, es wird zur Vereinfachung dienen, wenn unter der Voraussetzung, daß diese hohe Kammer geneigt ist, für beide Motivirungen das gleiche Maaß der Behandlung eintreten zu lassen, erst nach dem Vortrage des Herrn Abgeordneten von Crailsheim darüber abgestimmt wird, ob beide Motivirungen gedruckt werden sollen. Präsident: Es wird keinem Zweifel unterliegen, daß diese beiden Anträge mit ihren mündlichen Motivirungen gedruckt werden; es sind beide an die staatsrechtliche Commission zu verweisen und diese Commission muß behufs der Berichterstattung das nöthige Material in Händen haben. Herr Schäffle hat zu seiner kurzen persönlichen Bemerkung das Wort. Schäffle: Meine Herren! Ich ergreife ganz kurz das Wort, um mein persönliches Bedauern darüber auszudrücken, daß mir die Geschäftsordnung nicht erlaubt, theils die unrichtigen Auslegungen zurückzuweisen, welche meine bei Berathung der Adreßfrage gesprochenen Worte gefunden haben, theils die Vorwürfe abzulehnen, welche, zwar zunächst der großdeutschen Partei im Allgemeinen gemacht, durch Nennung meines Namens eine ganz persönliche 12 Sigmund Schott (1818–1895), Rechtsanwalt, 1851–1868 Mitglied der württembergischen Kammer der Abgeordneten; Raberg, Biographisches Handbuch, S. 832 f.; ADB, Bd. 54, S. 166 f. 13 Theodor von Geßler (1821–1886), seit 1857 Professor der Rechte an der Universität Tübingen, 1862–1870 Mitglied der württembergischen Kammer der Abgeordneten; Raberg, Biographisches Handbuch, S. 265 f.; ADB, Bd. 49, S. 335 f..

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Färbung erhalten haben. Ich möchte hier nur constatiren, daß nur die Geschäftsordnung die Ursache ist, wenn die Bemerkungen von der Gegenseite erst dann die entsprechende Erwiederung von meiner Seite finden werden, wenn die deutsche Frage seiner Zeit zur Berathung kommen wird. Im Uebrigen erlaube ich mir, dem Herrn Abgeordneten von Hall14 zu bemerken, daß ich seine persönliche Wendung gegen mich durchaus nicht verletzend gefunden habe, ich bin im Gegentheile stolz darauf, daß er in mir einen so specifischen Repräsentanten für eine ganze Partei gefunden hat, daß er keine ebenso prägnante Species der kleindeutschen Gattung in einem bestimmten Namen aus diesem Saale mir an die Seite zu stellen vermochte. Ich darf ihm ferner versichern, daß viele Männer der großdeutschen Partei ebensowenig in der österreichischen Kabinetspolitik wurzeln, als er und manche seiner Freunde, wie ich mit großer Befriedigung aus seiner Rede vernommen habe, in der preußischen Kabinetspolitik befangen sind. Präsident: Ich gebe nun dem Herrn Geßler das Wort zur Entwicklung seiner Motion. Geßler: Ich habe mich bereits bei der Adreßdebatte dafür erklärt, daß die deutsche Verfassungsfrage eine gründliche Erörterung in diesem Hause, und zwar im Wege der Motion, erhalten möchte. Dieser Weg ist betreten worden von den Herren Abgeordneten von Besigheim und von Hall15 und ich und mein Herr Mitantragsteller mußten uns daher die Frage vorlegen, ob es an uns sei, auch unserer Seits noch einen Antrag zu stellen. Allein sowohl der Inhalt als die Begründung des Antrags der genannten Herren Abgeordneten weicht von unserem Antrage und dessen Begründung so sehr ab, daß wir hierin die Aufforderung sahen, auch unseren Antrag der hohen Kammer vorzulegen, indem der unsrige zugleich beabsichtigt, das praktisch Erreichbare in bestimmten Zügen darzulegen. Ich werde nicht mit hellen glänzenden Farben diese Frage beleuchten, sondern ich werde Ihnen zunächst das, was unsere Begründung des Antrages enthält, in schlichter nüchterner Gestalt vor Augen führen und ich habe es, meine Herren, Ihrem Urtheile zu überlassen, ob Sie auch aus diesen schlichten nüchternen Worten ein Herz herausfühlen werden, das für die Größe Deutschlands schlägt. (Der Antragsteller verliest sofort den Antrag und dessen Motivirung.) (1. Beil.-Bd. Nr. 21.)16 Präsident: Meine Herren! Wie die vorige wird auch diese Motion dem Drucke zu überweisen und sofort der staatsrechtlichen Commission zu übergeben sein. 14 Der Abgeordnete für das Oberamt Hall war Ludwig August Oesterlen. 15 Hölder und Oesterlen. 16 Siehe Dok. 129.

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Wächter17: Meine Herren! Es war nicht meine Absicht, Sie auch noch mit Worten zu ermüden, aber die ersten beiden Herren Redner haben mich dazu gedrängt; denn es schien mir, als ob ein Mackel [sic] auf alle Diejenigen fallen möchte, welche nicht unbedingt sich unter die Fahne der Worte stellen, welche wir da hören mußten: „demokratisches Lager“, „demokratische Partei“, „Fortschrittspartei.“ Meine Herren! Es könnte scheinen, als ob Alle, welche gegen eine Adreßberathung waren, und als ob Alle, welche heute einem anderen Antrage lieber ihr Ohr oder ihren Mund leihen, nicht auch begeistert sein könnten für die Freiheit und Einheit der Nation, für die einheitliche Entwicklung unserer öffentlichen Zustände; als ob diese eben Knechte der Regierung wären, als ob sie unter einem Einflusse ständen, unter welchem ein Volksvertreter nicht stehen soll und darf. Meine Herren! Gewiß auch wir erkennen vollkommen die schwere Schuld der deutschen Regierungen und Höfe und die traurigen Versäumnisse der vergangenen Jahre; wir erkennen, daß es Noth thut, eine andere Bahn einzuschlagen, aber wir wollen uns darum nicht von der Hand unserer Geschichte losreißen lassen. Es wäre ja erwünscht gewesen, wenn nur ein Antrag auf den Tisch dieses Hauses niedergelegt werden konnte, wenn man diesem Antrage unbedingt beizutreten in der Lage gewesen wäre; und äußerlich angesehen, haben ja auch die beiden Anträge, welche Sie bis jetzt vernommen haben, abgesehen von ihrer Begründung, eine gewisse Gleichartigkeit. Aber es entgeht wohl keinem Mitgliede dieses hohen Hauses, daß sie denn doch aus einem verschiedenen Geiste hervorgehen. Der von mir mitunterzeichnete Antrag will in der deutschen Politik das Nothwendige und Erreichbare, vor Allem aber die Achtung aller bestehenden Rechte. Das Banner der Gerechtigkeit ist es, unter welchem allein die deutschen Volksstämme gedeihen können, unter welchem nicht Volkssouveränetät und parlamentarische Allmacht wuchert, sondern ehrlicher, voller, wirklicher Constitutionalismus seine Lebensfülle entfaltet. Nicht abstrakte Einheit, sondern die Einigung, welche den Reichthum vielseitiger Reichsgestaltungen beherrscht, entspricht dem deutschen Geiste. Nicht französische Zustände wollen wir, sondern deutsche Entwicklung im Fortgange nationaler Geschichte. So gewiß das deutsche Volk seit Jahrhunderten der Träger der höchsten geistigen Bildung ist, so gewiß diese edle Frucht nur an der Sonne der Freiheit reift, so gewiß wäre es eine falsche Freiheit und betrügliche Einheit, welche mit Mißachtung des Rechtes, mit Hinschätzung der national-sittlichen Güter, mit Emancipation von Gottes Ordnung erkauft werden wollte. So gewiß die nationale Erhebung vor 50 Jahren nur im treuen Zusammengehen der Fürsten und Volksstämme

17 Oskar von Wächter (1825–1902), 1862–1876 Mitglied der württembergischen Kammer der Abgeordneten für das Oberamt Herrenberg; Raberg, Biographisches Handbuch, S. 963 f.

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das napoleonische Joch brach, so gewiß bleibt auch heute dieser Weg der Einigung des gesammten Deutschlands der rechte. Präsident: Der Abgeordnete Wächter hat der Entwicklung der Motion Bemerkungen beigefügt, welche gewiß besser bei der Berathung der staatsrechtlichen Commission und später in der Kammer zur Sprache und zum Ausdruck gekommen wären. Nun hat in der Folge dieser Bemerkungen des Abgeordneten Wächter Herr Hölder mich um das Wort gebeten zum Behufe einer persönlichen Bemerkung. Hölder: Meine Herren! Ich habe mich zum Wort gemeldet, um der Annahme des Herrn Vorredners, als ob ich oder mein Herr Mitantragsteller denjenigen, welche zu einer andern politischen Farbe sich bekennen als wir, das Interesse für das Wohl unseres gemeinsamen deutschen Vaterlandes abgesprochen hätten, entgegenzutreten. Ich bin mir nicht bewußt, durch welche Worte ich zu diesem großartigen Mißverständnisse Anlaß gegeben habe; allerdings habe ich von der demokratischen Partei gesprochen, weil bei Gelegenheit der Adreßdebatte ein Redner darauf hingewiesen hat, es werde aus Veranlassung der Berathung der deutschen Frage Uneinigkeit unter der demokratischen Partei selbst ausbrechen; ich habe von der Fortschrittspartei gesprochen, weil es mir dienlich schien, auf zwei Versammlungen, welche von derselben in den letzten Jahren gehalten worden sind, hinzuweisen. Ich habe aber ausdrücklich anerkannt, daß unter den Gegnern der Adreßberathung sich auch solche befänden, welche ausdrücklich erklärt haben, daß sie eine Berathung der deutschen Frage in diesem Saale wünschen, und ich kann nur wiederholen, daß es mir nie eingefallen ist, denjenigen, welche sich nicht zu meiner Farbe bekennen, deutschen Patriotismus abzusprechen. Wächter: Herr Präsident! Es ist mir nicht beigefallen, dem Herrn Abgeordneten Hölder eine solche Unterstellung zu machen; ich habe nur gesagt, es könne aus den Worten der beiden ersten Redner ein falscher Schein auf diejenigen fallen, welche jener Partei nicht angehören. Präsident: Nun, meine Herren, kommt die Entwicklung des Antrags der Abgeordneten Wiest und Lichtenstein. Wiest: Meine Herren! Ich werde Ihre Aufmerksamkeit nicht lange in Anspruch nehmen. Der Herr Abgeordnete Hölder hat zwar im Laufe seiner Rede einige Rückblicke auf von mir früher Gesagtes geworfen; es steht mir jedoch nicht zu, ihm in dieser Beziehung zu erwiedern, ich gehe deßhalb sogleich zur Sache über. Erlauben Sie mir den Antrag, welchen der Herr Abgeordnete Lichtenstein und ich stellen, noch einmal zu verlesen; er lautet: „Die hohe Kammer wolle die K. Staatsregierung ersuchen, ihre Bestrebungen auf eine, die Sicherheit Deutschlands gegen Außen, sowie dessen concentrirtere Einigung nach Innen bezweckende Umwandlung der Bundesverfassung mit Nationalvertretung zu richten, und hiebei vor Allem

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an einem das ganze deutsche Vaterland gleichmäßig umfassenden Verbande festzuhalten und Strebungen entgegenzuwirken, welche auf die Bildung eines engeren Bundesstaates im Bunde gerichtet sind und zu einer Spaltung des Gesammtvaterlandes führen.“ Meine Herren! Die Antragsteller beabsichtigten ursprünglich nicht, diesen Antrag schon jetzt zu stellen, wozu sie hauptsächlich durch den Antrag der Herren Abg. Geßler und Wächter bestimmt wurden, indem es ihnen möglich schien, durch einen Zusatz zu jenem Antrag ihren Zweck auch erreichen zu können. Allein bei genauerer Erwägung haben wir uns, und zwar erst heute, noch entschlossen, diesen Antrag jetzt schon einzubringen, weil, wenn die beiden andern Anträge an eine Commission gewiesen werden, es gut ist, daß dieselbe auch über unseren Antrag sich ausspricht. Ich befinde mich unter solchen Umständen nicht in der Lage, unserem gemeinsamen Antrag eine gemeinsame Begründung beizufügen, denselben namentlich gegen Einwendungen, die gemacht werden können, ausführlich in Schutz zu nehmen; ich glaube übrigens, es ist dies nicht nothwendig. Denn in der deutschen Frage kann man überhaupt nichts Neues sagen und ich befände mich in der Lage, schon oft Gesagtes wiederholen zu müssen. Mit dem Geßler’schen Antrage sind wir, namentlich nachdem wir dessen Begründung gehört haben, in vielen Beziehungen einverstanden; allein wir haben an demselben hauptsächlich zu vermissen, daß der Grundgedanke, dem wir einen Ausdruck gegeben wissen wollen, nicht mit aller Bestimmtheit hervortritt. Es ist vor Allem unsere Absicht, daß dieser Gedanke, daß die zu erstrebende Verfassung Deutschlands alle deutsche Staaten, das ganze deutsche Vaterland zu umfassen habe, unumwunden und mit aller Bestimmtheit seinen Ausdruck finde. Ebenso sind wir der Ansicht, daß dem gegenwärtigen Stande der Sache gegenüber bestimmt auszusprechen ist, daß wir mit Bestrebungen, welche bei der Bundesreform nicht das ganze Deutschland als Grundlage und Ausgangspunkt festhalten, nicht einverstanden sein können, und daß jedes Project einer Reform, welches hievon abweicht, nicht zum Heile des Vaterlandes dienen kann und unausweichlich auf Hindernisse stoßen wird, die zu Erschütterungen führen können. Sodann haben wir an dem Geßler’schen Antrage weiter zu vermissen, daß derselbe die Machtbefugnisse der Centralgewalt in einen zu engen Kreis einschließen zu wollen scheint. Wir haben deßhalb in dieser Beziehung unserem Antrag eine allgemeinere Fassung gegeben. Ich glaube nicht nöthig zu haben, weiter auseinanderzusetzen, was wir mit unserem Antrage vor allem erreichen wollen; derselbe spricht hinsichtlich dieses von mir bezeichneten Hauptzweckes von selbst klar und deutlich. Ich muß übrigens noch erklären, daß uns nach Umständen eine Verschmelzung unseres Antrages mit dem Geßler-Wächter’schen, und eine dießfällige Verständigung nicht unmöglich zu sein scheint, und daß wir unseren Zweck als-

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dann auch mit einem Zusatze erreichen könnten. Mehr habe ich für jetzt nicht beizufügen; wir behalten uns vor, seiner Zeit, wenn der Gegenstand in diesem Saale zur Berathung kommt, unsere Ansicht näher zu begründen und zu vertheidigen. Präsident: Auch diese Motion ist der staatsrechtlichen Commission zur Begutachtung zu überweisen.

129. Antrag auf Bundesreform in der württembergischen Kammer der Abgeordneten Verhandlungen der Württembergischen Kammer der Abgeordneten in den Jahren 1862 und 1863. 1. Beilagen-Band. 1. Abtheilung. Stuttgart 1862–1863, Beilage 21, S. 109–112. Der Antrag wurde in der Kammersitzung vom 21. Mai 1862 eingebracht und in der (Augsburger) Allgemeinen Zeitung vom 23. Mai 1862, Außerordentliche Beilage zu Nr. 143, S. 2390–2392, veröffentlicht.

Der in der Sitzung der Abgeordnetenkammer vom 21. Mai 1862 eingebrachte Antrag der Abgeordneten Geßler und Wächter geht dahin, die Bundesverfassung in einer den Anforderungen der äußeren Sicherheit Deutschlands und gemeinsamer innerer Einrichtungen entsprechenden Weise umzugestalten und dem damit zu beauftragenden Organ eine deutsche Volksvertretung mit konstitutionellen Befugnissen beizugeben. Bei der Fortbildung der bestehenden Verhältnisse sollen nicht ideale Standpunkte, sondern der Standpunkt der realen Politik eingenommen werden. Demnach ist ein Verzicht Österreichs auf den bisherigen Verband nicht möglich. Um die äußere Sicherheit Deutschlands zu gewährleisten, schlägt der Antrag vor, das Militärwesen zu vereinheitlichen und eine Regelung des Oberbefehls für den Kriegsfall herbeizuführen, während eine einheitliche diplomatische Vertretung des Bundes nicht für nötig gehalten wird. Im Hinblick auf das sich rasch entwickelnde Verkehrsleben besteht die Notwendigkeit gemeinsamer Einrichtungen im Zoll-, Eisenbahn-, Post-, Telegraphen-, Münz-, Maß- und Gewichtswesen. Auch im allgemeinen bürgerlichen Rechtswesen sind Vereinheitlichungen sinnvoll, doch ist es nicht möglich oder wünschenswert mit einem Schlag in allen Gebieten des Rechts eine Gemeinsamkeit herzustellen. Bei der institutionellen Fortbildung der Bundesverfassung sind ein gesetzgebendes, vollziehendes und richterliches Organ nötig. Zwar kann Württemberg nach einer unmittelbaren Volksvertretung streben, doch hängt es von anderen Staaten, wie z. B. Preußen ab, ob man sich nicht mit einer aus den Landtagen der Einzelstaaten hervorgehenden Volksvertretung begnügen muß. Der Ausführbarkeit des Reformprogramms steht die Gesamtstaatsverfassung Österreichs nicht notwendig im Weg. Am Ende warnen die Antragsteller noch einmal vor extremen Wünschen und idealen Forderungen und werben für die angemessene Fortbildung des Bestehenden. Gänzlich ausgeschlossen sein muß der Weg der Revolution, denn er würde zur Vernichtung der Freiheit und zum Militär- oder Volksdespotismus führen. Die Mittelstaaten haben bei der Lösung der deutschen Frage die Funktion des Mörtels, der die beiden großen Steine zusammenhält.

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Stuttgart, 23. Mai 1862 Motion der Abgeordneten Geßler und Wächter in der deutschen Verfassungsfrage. Unser Antrag lautet: Die hohe Kammer wolle beschließen, die K. Staatsregierung zu ersuchen, ihre Bestrebungen darauf zu richten, daß 1) die deutsche Bundesverfassung in einer den Anforderungen Deutschlands auf Sicherheit gegen außen und auf Verwirklichung gemeinsamer für ganz Deutschland erheblicher Einrichtungen entsprechenden Weise umgestaltet, daß sodann 2) dem für die Vollziehung dieser Aufgabe zu bestellenden Organe eine deutsche Volksvertretung mit constitutionellen Befugnissen beigegeben werde. Diesem Antrage liegen folgende Erwägungen zu Grunde, welche den Inhalt des Antrags selbst noch genauer zu bestimmen geeignet sind. Die Frage, ob an dieser Stelle die deutsche Verfassungsfrage überhaupt gegenwärtig zur Erörterung zu bringen ist, wird im Hinblick auf den Inhalt der Eröffnungsrede über diese Frage, auf die Aussprüche, welche hierüber von den Ständen Preußens und in dem Abgeordnetenhause zu Wien, sowie von den Ständen Badens zu erwarten, beziehungsweise gegeben sind, auf den französisch-preußischen Handelsvertrag, welcher dieselbe von selbst nahe legt, unbedenklich zu bejahen sein. Der Versuch, in Zeiten innerer und äußerer Ruhe die richtige Stellung Württembergs zu dieser Frage klar zu machen, wird auch für die Zeit der Bewegung oder Noth eine tüchtige Richtschnur unserer Handlungsweise geben; noch mehr wäre dies in einer erlangten Einigung gelegen. Württemberg und seine Volksvertretung ist berufen, hierüber bestimmte Aussprüche zu thun. Dasselbe gehört zu den Mittelstaaten, welche, obwohl in der Vereinzelung schutzbedürftig, durch die ihnen insgesammt zukommende Macht den mit ihnen enger Verbündeten ein reicheres Maaß von Streitkräften zu gewähren vermögen. Es ist in einer befriedigenden Lage, so daß bei voller Geneigtheit zur Knüpfung engerer Bande mit den übrigen Staaten Deutschlands doch nur das Bedürfniß stärkeren Schutzes nach außen ein dringenderes und eben deßhalb unmittelbar nothwendig bestimmendes ist. Württemberg hat bei der Frage größerer Einigung keine besonderen Zwecke anzustreben, nur die Aufgabe, als Glied eines größeren Ganzen diesem die gebührende Machtstellung eingeräumt, zugleich aber auch, so weit nicht für die Gemeinsamkeit der Einrichtungen bestimmte Aufforderung gegeben ist, die individuelle Entwicklung als berechtigt anerkannt und gesichert zu wissen. Hienach ist für Württemberg der Standpunkt der realen Politik – die angemessene Fortbildung der gegebenen Verhältnisse – der natürlich angewiesene. Eben deßhalb ist vor Allem zu untersuchen, welche Bedürfnisse zu größerer

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Einigung ergeben sich aus dem gegenwärtigen Zustande, und auf welche Weise sind sie zu befriedigen. Hiebei ist das von Württemberg Anzustrebende und das namentlich mit Rücksicht auf die Verhältnisse der Großstaaten – Oesterreich und Preußen – Erreichbare zu bestimmen. Zugleich ist sodann zu untersuchen, in wie weit das gewonnene Resultat auch für andere ideale Standpunkte als ein annehmbares erscheint, und bei solchen Standpunkten, denen dasselbe nicht entspricht, eine Kritik ihrer Berechtigung zu geben. Dafür, daß bei einer solchen Untersuchung die Rechte des Volkes auf möglichst freie Entwicklung zur Geltung gelangen, bürgt das gerade in Württemberg reich gestaltete constitutionelle Leben. Der gegenwärtige Zustand enthält das Bedürfniß einer Fortbildung, einmal rücksichtlich der Aufgabe des Bundes, sodann hinsichtlich des Organs, welchem die Vollziehung dieser Aufgabe zukommt. In erster Hinsicht kommen in Betracht die Sicherheit nach außen, so wie die Beziehungen der einzelnen Staaten zu einander, welche das bisherige Band zu lose geknüpft erscheinen lassen. Eine Erweiterung der Sicherheit nach außen ist in dem Maße anzustreben, daß Deutschland den ihm möglichen Beruf erfüllt, nicht bloß den Frieden Deutschlands, sondern den Europa’s thunlichst zu garantiren. Wird eine Kriegführung unter anderen Staaten Europa’s stets, wie die Lage Deutschlands in der Mitte Europa’s und die Erfahrung es ergeben, leicht auch eine direkte oder indirekte Betheiligung Deutschlands hervorrufen, so ist bei der nicht eroberungssüchtigen, sondern nur erhaltenden Richtung Deutschlands ihm eine entscheidende Stellung zugewiesen, wenn ihm die Verfügung über eine Macht zukommt, welche jedem Staate Europa’s das Gleichgewicht hält. Diese Stellung vermag Deutschland nur einzunehmen, wenn die Berücksichtigung des ganzen gegenwärtigen Bundesgebietes hiebei möglich ist. Selbst die Sicherheit Deutschlands allein wäre bei bloßer Berücksichtigung des deutschen Bundesgebietes, mit Ausnahme Oesterreichs, nicht genügend garantirt, denn bei der großen Vertheidigungslinie, welche Deutschland Frankreich gegenüber zu schützen hat, würde den Mittelstaaten bei ausschließlicher Stütze auf Preußen kein viel größeres Maß von Streitkräften zuwachsen, als ihnen durch ihre Vereinigung bereits zu Gebote steht. Jedenfalls gehört es idealen, nicht realen Standpunkten an, einen Verzicht Oesterreichs selbst auf den bisherigen Verband oder eine Unmacht Oesterreichs, sich der Beschränkung auf eine weniger feste Einigung zu widersetzen, anzunehmen. Das Eine wie das Andere ist eben so wenig zu wünschen als zu erwarten. Zur Erfüllung des Bedürfnisses der Herstellung einer größeren Einigung der militärischen Kraft würde allerdings vorzüglich dienen: die Aufstellung eines Oberhauptes auch für die Zeit des Friedens.

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Allein der Gedanke ist unausführbar, einmal, weil, wenn, wie bemerkt, Oesterreich ein wesentliches Glied des Ganzen zu bilden hat und seine Beseitigung jedenfalls nur durch Bruderkrieg zu erlangen wäre, bei mit gleicher Macht ausgestatteten Staaten die Frage des Oberhauptes unlösliche Schwierigkeiten darbietet, weil sodann selbst hievon abgesehen ein Verzicht auf jede Militärhoheit den übrigen Staaten nicht angesonnen werden kann, ohne wesentliche Interessen, wenigstens der größeren dieser übrigen Staaten zu verletzen. Ist, wie später zu zeigen ist, ein bestimmter Kreis der Regelung von Verhältnissen der individuellen Entwicklung noch zu überlassen, so genügt hiefür nicht die bloße Anerkennung des Rechtes hiezu, sondern bedarf es zur Durchführung der Ausübung des Rechts auch des Schutzes. In politischen Verhältnissen hat aber der Staat in Wirklichkeit nur soviel Recht, als er Macht hat. Ein völliger Verzicht auf letztere kommt somit gleich dem Verzichte auf das Recht selbst. Wohl kein Satz ist deßhalb unrichtiger, als der, daß die Entwicklung der individuellen Interessen gerade durch den gänzlichen Verzicht auf die militärische Oberhoheit geschützt werde. Für die Zeit des Friedens ist hiemit anzustreben, möglichst gleichheitliche Bewaffnung, Einübung der Truppen; für ihre Durchführung ist entscheidend die später zu erörternde Aufstellung des Organs, dessen Einrichtung auch die stetige Möglichkeit der Anwendung der relativ besten Mittel im Kriegswesen thunlichst zu garantiren hat. Gegenseitige Achtung, richtige Würdigung der Stellung des eigenen Staates, welcher je nach seiner Größe hauptsächlich auf die Macht der Intelligenz angewiesen sein kann, die Wirksamkeit der öffentlichen Meinung werden auch auf diesem Gebiete zu Ergebnissen führen, welche die Einheit des Oberbefehls zwar formell leichter, aber vielleicht materiell einseitiger bewirkt. Für die Zeit des Kriegs ist die Einheit des Oberbefehls, auf welchen der jeweilig mit der größten Streitmacht auftretende Staat gerechten Anspruch hat, eine Nothwendigkeit, welcher particulare Rücksichten zu opfern sind. Zwar ist nicht zu verkennen, daß die letzteren in so lange ihre relative Berechtigung haben würden, als zu befürchten wäre, daß die einem anderen Staate angehörigen Truppen von der betreffenden Großmacht als fremde betrachtet werden, welche auch als solche behandelt werden. Allein wird das Band enger geschlungen, wird das Organ mit Herbeiziehung einer Volksvertretung gegründet, so liegen hierin materielle und formelle Garantien für eine gleichheitliche Behandlung und wird auf dem Schlachtfelde die Bluttaufe die gegenseitige Annäherung vollziehen, welche der Austausch der gegenseitigen Anschauungen und Bedürfnisse bei Vertretern von Regierung und Volk im Frieden bewirken wird. Ebendeßhalb wird bei gemeinsamer gleicher Aktion beider Großstaaten die gemeinsame Gefahr nach vorgängiger Verständigung über ein be-

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stimmtes Maß von Einwirkung, welches jedenfalls dem einen Großstaate zukommen muß, die Schwierigkeiten überwinden, welche eine rein abstrakte Betrachtung der Verhältnisse hier stets finden wird. Vielfach wird als ein Gebiet der Erweiterung der Aufgabe des Bundes auch die diplomatische Vertretung behauptet. Schon bisher ist es Aufgabe des Bundes, die Bundesgenossen gegen Auswärtige durch wirksamste Verwendung zu vertreten und für Unterthanen in Folge Antrags ihrer Staatsregierung bei auswärtigen Staaten sich zu verwenden. Mag auch ein reicheres Maß von Schutz im Auslande und eine imposantere Vertretung Deutschlands im Auslande überhaupt Bedürfniß sein, so ist dies nur auf Kosten von Einrichtungen erreichbar, welche, abgesehen hievon, nicht wünschenswerth sind und für deren Herbeiführung der Gewinn an Vertretung im Auslande ein nicht entsprechendes Aequivalent wäre. Die eigene Vertretung der Mittelstaaten im Auslande ist dem gemeinsamen Zwecke nicht gefährlich, für die beiden Großmächte aber nothwendig. Vertrauen wir hier dem weiteren Entwicklungsgange, welcher auch hier bei Knüpfung engerer Bande materiell vielfach dasjenige herbeiführen wird, was formell zu erlangen, nur mit unverhältnißmäßigen Opfern, wie Ausschließung eines Großstaats, sofortige Preisgebung individueller Interessen, erreichbar wäre. In wie weit die handelspolitische Führung erweitert sein sollte, wird die Berathung des französisch-preußischen Handelsvertrages praktisch zeigen; eine weitere Ausführung an dieser Stelle wäre unzeitgemäß, weil sie die Ergebnisse dieser Berathung nicht berücksichtigen könnte. Hinsichtlich der Beziehungen der einzelnen Staaten zu einander bringt das immer großartiger sich entwickelnde Verkehrsleben das Bedürfniß mit sich, daß eine gemeinsame Leitung der hierauf sich beziehenden Anstalten stattfinden sollte. Die vertragsmäßig geschaffenen Zoll-, Eisenbahn-, Post- und Telegraphen-Vereinigungen1 geben uns einen bestimmten Fingerzeig für die Nothwendigkeit gemeinsamer Einrichtungen, doch wird selbst hier eine Ausscheidung von gemeinsamen Anordnungen und der besonderen Entwicklung zu Ueberlassendem an der Hand der Natur der Sache und erprobter Erfahrung hauptsächlich auch in finanzieller Hinsicht geboten sein. Münz-, Maß- und Gewichts-Wesen verlangen Gemeinsamkeit. Die Rechtsverständigen wünschen, anschließend an die Bedürfnisse der Betheiligten, gemeinsames bürgerliches Recht und Verfahren, gemeinsames 1 Gemeint sind der Deutsche Zollverein (1834), der Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen (1847), der Deutsch-Österreichische Postverein (1850), und der Deutsch-Österreichische Telegraphenverein (1850); Hahn, Der Deutsche Zollverein; Gall/Pohl (Hrsg.), Die Eisenbahn in Deutschland; Neutsch, Der Beitrag der Post; Reindl, Telegraphenverein.

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Strafrecht und Strafverfahren. Die Wissenschaft, soll sie für das bestehende Recht nicht untergehen, bedarf der Entstehung eines solchen Rechts und das Recht hat, soll seine Uebung nicht des höheren Gehalts entbehren, die Wissenschaft nöthig. Doch auch im Kreise von Rechtsverständigen sind Zweifel, ob überhaupt oder doch mit Einem Schlage in allen Gebieten des Rechts eine Gemeinsamkeit zu erlangen möglich und nur wünschenswerth wäre. Auch hier begegnen wir somit dem Bedürfnisse der Ausscheidung des Gemeinsamen und des Besonderen, für welch’ letzteres die Gestaltung nicht bloß auf dem Wege des Gewohnheitsrechts, sondern auch auf dem der Gesetzgebung, deren Möglichkeit somit dem engeren Kreise zukommen muß, zu erlangen ist. Die größeren Staaten werden vorzugsweise Anspruch hierauf machen. Aufgabe kann hier nicht sein, Belege im Einzelnen anzuführen. Die Berathung des Handelsgesetzbuchs wird dieselben wohl an die Hand geben. Ebensowenig kann als Aufgabe, für deren schwierige Lösung übrigens der Münchner Entwurf einer deutschen Bundesverfassung vom 27. Februar 1850 Art. 1 einige Anhaltspunkte bietet2, betrachtet werden, das Gebiet der Gemeinsamkeit mit aller Bestimmtheit zu fixiren; es genügt die Constatirung des Bedürfnisses einer Erweiterung der Aufgabe des Bundes in dieser Richtung. Wenden wir uns nun zur Frage der Fortbildung der Bundesverfassung hinsichtlich des Organs, welchem die Erfüllung der Aufgabe zukommt, so haben wir solches als gesetzgebendes, vollziehendes und richterliches nöthig. Für ersteres ergibt sich als Forderung eine Vertretung der Regierungen der einzelnen Staaten, welcher eine Volksvertretung beigegeben ist. Die Vertretung der Regierungen ist sodann auch das Organ der Vollziehung. Ohne irgend in das Einzelne gehende Vorschläge zu machen, erscheint wohl als der vorzüglich richtige Maßstab für die Organisation die Größe der Pflichten. So viel Recht, als Pflicht. Das Maß des Einflusses, welcher durch die Organisation dem einzelnen Staat möglich ist, ist aber der Ausdruck für das Recht. Hiernach würde wohl ein Hauptgewicht auf das Maß der Leistungen an Streitmacht und Geldkräften zu legen sein, welches von dem einzelnen Staate verlangt wird. Die Organisation der Volksvertretung richtet sich nach dem Umfang des Gemeinsamen, welches dem Organe überhaupt zukommt. Der Wunsch nach einer unmittelbaren Vertretung des Volkes, für deren Auswahl andere Gesichtspunkte bestehen, als bei der Volksvertretung des einzelnen Staats, ist sicher ein begründeter, dessen Erfüllung auch gewiß von jedem Staate anzustreben ist, welcher versichert sein kann, daß die Anordnungen des gemeinsamen gesetzgeberischen Organs willig auch von seiner Regierung und Volksvertre2 In Artikel 1 der Münchener Übereinkunft wurden die „gemeinsamen Bundesangelegenheiten“ definiert; Druck in: Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 568–570, hier S. 568.

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tung anerkannt und zum Vollzuge gebracht werden. Wir werden hiezu ohne Weiteres Württemberg zu rechnen befugt sein, welches in seinem Rechtssinne die Anordnungen, welche das von ihm selbst mit geschaffene Organ innerhalb seines Ressorts trifft, redlich zu vollstrecken bestrebt sein wird. Das Bestreben unserer Regierung wird deßhalb auch auf unmittelbare Vertretung des Volks gerichtet sein können. Allein vermögen wir eines gleichen Entgegenkommens von Seiten anderer Staaten, insbesondere der Großstaaten gesichert zu sein und, wenn nicht, müssen wir sofort ein Anerbieten, welches einzig auf Vertretung der Kammern dieser Staaten gerichtet ist, zurückweisen, die Annahme eines solchen Anerbietens dem gegenwärtigen Zustand vorziehen? Die Kammern zu Berlin ec. werden möglicherweise Beschlüsse nicht anerkennen und vollziehen wollen, bei welchen ihnen gar nicht oder nur zu geringerem Theile angehörige oder doch ohne ihren Einfluß bestimmte Personen mitgewirkt haben. Nicht unsere Verhältnisse, sondern die anderer Staaten können somit dazu führen, daß wir nur eine aus den Volksvertretungen der einzelnen Staaten hervorgegangene Volksvertretung zu erlangen vermögen. Liegt hierin der Nachtheil einer Beschränkung der Wahl, die Befürchtung eines unverhältnißmäßigen Ueberwiegens der ersten Kammer bei in einem Staate bestehendem Zweikammernsystem, so ist doch der erstere in großen, wie kleineren Staaten nicht so bedeutend, weil die entsprechende Zahl tüchtiger Männer auch in dieser Beschränkung sich finden wird, und kann der letzteren Befürchtung durch Festsetzung der Zahl und der Wahlart begegnet werden. Läßt sich aber nur eine solche Einrichtung erreichen, so hat diese wenigstens einen Keim der Weiterentwicklung in sich tragende Organisation den relativen Vortheil, daß die Geneigtheit der Unterordnung, die Kenntniß der verschiedenen Momente, welche bei den Beschlüssen des gemeinsamen Organs bestimmend wirken, wächst, wenn in beiden Volksvertretungen theilweise die gleichen Personen sich befinden. Stets ist jedoch festzuhalten, daß Württemberg in seinen Verhältnissen keinen genügenden Grund hat, seine Bestrebungen nur auf Vertretung der Kammern zu richten, daß ein Eingehen hierauf bloß bei der Unmöglichkeit eine unmittelbare Volksvertretung zu erlangen, gerechtfertigt erscheinen wird. Zu diesen Organen hat hinzuzutreten: ein richterliches. Ihm kommt nicht blos die Aufgabe zu, Streitigkeiten zwischen den einzelnen Bundesgliedern, zwischen Regierung und Volksvertretung des einzelnen Staats zur Ausgleichung zu bringen, damit solche nicht den Bestand der Einigung gefährden. Die gemeinsame Gesetzgebung fordert auch zu ihrer Erhaltung ein gemeinsames Organ, welches, ohne in die Verwaltung der Rechtspflege durch den einzelnen Staat unmittelbar einzugreifen, die Rechtssätze, welche bestritten sind,

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an der Hand des bestehenden Rechts normirt und hiemit ein gemeinsames Recht bewahrt. Ein Kassationshof für das Gebiet der gemeinsamen Rechtsnormen ist Bedürfniß. Der Ausführbarkeit des Bisherigen steht die Gesammtstaatsverfassung Oesterreichs nicht nothwendig im Wege. Sie beruht auch, wenn sie praktisch durchführbar sich zeigt, auf einer Ausscheidung von Gemeinsamem und Besonderem und gehört zu Ersterem nach der Natur der obwaltenden Verhältnisse vorzugsweise die staatliche Einheit im Militär und Finanzwesen – Gebiete, welche ihre Trennung von dem mit Deutschland Gemeinsamen wohl zulassen. Das den deutschen Theilen überlassene Besondere wäre sodann dem von dem Gesammtorgane Deutschlands Beschlossenen anzupassen. Die Uebernahme des Schutzes von Oesterreich und Preußen mit ihren Gesammtstaaten durch den Bund war in dem Münchner Entwurfe von 18503 eine offengelassene Frage, welche nur unter keinen Umständen die den beiden Staaten gewährte Zahl von Volksvertretern zu erhöhen vermögen sollte; doch steht sehr in Frage, ob, wenn in allen Hauptpunkten Einigung erreichbar wäre, die Großstaaten, insbesondere das hiebei namentlich betheiligte Oesterreich als Schlußbedingung hieran festhalten würden. Hat das übrige Deutschland ein Interesse an der betreffenden Streitfrage, so bietet wohl die festere Einigung materielle Garantie für das Eintreten des Schutzes dar; fehlt jedes Interesse an der Streitfrage für das übrige Deutschland, so ist eine matte Erfüllung der Zusage von zweifelhaftem Werthe. Haben wir das bisher Ausgeführte als die Grundzüge einer angemessenen Fortbildung der deutschen Bundesverfassung erkannt, so erübrigt uns noch, dieses Ergebniß an der Hand der verschiedenen Standpunkte, welche in der deutschen Verfassungsfrage bestehen, zu prüfen. Die hierin angestellten Forderungen mögen partikularen Anschauungen nicht sowohl der kleineren, als vielmehr insbesondere der größeren Staaten zu groß sein. Allein die ersteren verkennen ihr wahres Interesse, welches durch eine Isolirung und Abschließung nicht gefördert, vielmehr verletzt wird, sofern durch das Ankämpfen gegen berechtigte Forderungen extreme Wünsche genährt werden und ein allseits unbefriedigender Zustand zu erhalten gesucht wird. Die partikularen Anschauungen größerer Staaten sind aber entweder auch auf die Möglichkeit einer Abschließung gestützt, welcher das Gleiche entgegen zu halten ist, oder es liegt ihnen bewußt oder unbewußt der Hintergedanke zu Grunde, daß den betreffenden Staaten eine angesehenere Stellung in Deutschland vorbehalten sei. Für die Erlangung dieser erscheint ihnen der sicherere 3 Siehe Anm. 2.

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Weg, daß man das Verlangen bestimmter Ansprüche festhalte und, wenn diese zur Zeit nicht befriedigt werden können, lieber Nichts zu Stande kommen lasse, weil der gegenwärtige unbefriedigende Zustand leichter zur Erreichung der Wünsche führe, als eine Reform desselben. Die Vertreter solcher Anschauungen sind daran zu erinnern, daß die realen Verhältnisse eine Macht sind, welche nicht ohne Weiteres außer Acht gelassen werden kann, daß durch ein Sträuben gegen berechtigte Forderungen leicht eine Isolirung und Entfremdung entsteht, welche unübersteigliche Kluften hervorruft. Erkennen sie ihre Wünsche als wirklich berechtigte, so mögen sie der Macht der öffentlichen Meinung vertrauen, welche durch die vorgeschlagenen Einrichtungen ein bedeutendes Organ erhält und Schranken, sofern sie unnatürlich wären, allmählig, aber sicher und mit Schonung sonst berechtigter Interessen zu beseitigen im Stande ist. Letzteres werden selbst diejenigen zu erwägen haben, welche nicht von einem particulären Standpunkt, sondern in idealer Begeisterung für ein starkes, mächtiges Deutschland ein Staatsoberhaupt, ein Heer, eine Vertretung im Auslande verlangen. Ein Hinderniß für die Verwirklichung dieser Idee, wenn sie ihnen lebenskräftig erscheint, könnte doch nicht in einem engeren Aneinanderschließen der einzelnen Volksstämme, in der Aufstellung eines gemeinsamen Ziels, in der Schaffung eines Mittelpunkts für gegenseitige Annäherung, für praktischen Ideenaustausch der Vertreter der verschiedenen Volksstämme gelegen sein. Ein Band mit Oesterreich soll ja hiebei stets noch bestehen: gehen die Vertreter dieses Standpunkts von der Annahme des Zerfalls Oesterreichs aus, so wäre ja, wenn diese Episode eintreten würde, ein fester Kern bereits gebildet, zöge dieser Fall nicht den Fall Deutschlands nach sich. Mit denjenigen, welche den Weg der Revolution für den einzig möglichen zur Erlangung eines befriedigenden Zustandes in Deutschland halten, ist eine Auseinandersetzung nicht möglich. Nach menschlicher Berechnung wird dieser Weg nicht zur Freiheit, sondern zur Vernichtung der Freiheit führen, sofern Militär- oder Volksdespotismus zugleich mit ihm oder doch als unmittelbare Folge erscheinen wird. Wäre je die Einheit ihre Frucht, so wäre sie theuer, mit Zerstörung mühsam errungener Kultur erkauft. Würde das in diesem Wege ersehnte Ziel der wirkliche Beruf Deutschlands sein, so werden zu seiner Erlangung auch die übrigen Wege angemessener Fortbildung des Bestehenden führen. Die Unterlassung der Betretung dieser Wege bewirkt aber nicht Einigung, sondern Entzweiung, einen Dualismus, welcher zur Einheit schwer zurückführt. Jede annehmbare Organisation, welche eine engere Vereinigung der deutschen Volksstämme bewirkt, ist dagegen, wenn sie auch unvollkommen wäre, eine Form, welche, von dem Geiste der Einheit geschaffen und getragen, Deutschland zu dem ihm wahrhaft zukommenden Berufe führen und hiemit segensreich wirken wird.

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Hügel an König Wilhelm I. von Württemberg

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Mögen bei den großen Schwierigkeiten, welche die Lösung dieser wichtigen Frage darbietet, die Mittelstaaten erfassen, daß sie, wie ein neuerer Schriftsteller sagt, der Mörtel sind, welcher die beiden großen Steine zusammenhält, daß, wenn sie diese Stellung verkennen, die beiden großen Steine auseinandergehen und an die Stelle des fest gefügten Baues zwei lose vereinigte Massen treten. Ihrem Berufe und einer richtigen Auffassung der gegenwärtigen Lage Deutschlands entspricht nur eine Verfassung, welche, wie die Collectivnote zum Münchener Entwurfe von 1850 sagt: „die beiden größten Staaten in gleich würdiger und einflußreicher Stellung umfaßt und ohne Vernichtung der übrigen Staaten solche Bundesorgane einsetzt, in welchen eine wirksame Thätigkeit der Regierungsgewalt mit der freien Entwicklung des Volksgeistes durch eine Nationalvertretung sich zum Wohle des Ganzen verbinden können.“4

130. Hügel an König Wilhelm I. von Württemberg HStA Stuttgart, E 9, Büschel 62. Schreiben. Behändigte Ausfertigung.

Hügel berichtet über die Pfingstversammlung deutscher Abgeordneter in Frankfurt, die zu der Befürchtung Anlaß gibt, es werde ein neues Vorparlament vorbereitet. Diesen gefährlichen Bestrebungen dürfen die Regierungen nicht untätig zusehen. Die Regierungen müssen die Reform der Bundesverfassung in der Hand behalten und müssen diese ohne weiteren Verzug in Angriff nehmen, weil ansonsten die auf den Umsturz gerichteten Bestrebungen immer mehr Raum gewinnen könnten. Zunächst soll Kontakt zu den befreundeten Höfen in München, Dresden und Wien aufgenommen werden, um sich einerseits über Maßnahmen zur Sicherung der Ruhe und Ordnung zu verständigen, und um andererseits zu klären, wie die bald zu eröffnenden Verhandlungen über die Bundesreform beschleunigt werden können.

Stuttgart, 11. Juni 1862 Eurer Koeniglichen Majestaet höchster Aufmerksamkeit wird es nicht entgangen seyn, daß in den letztvergangenen Pfingstfeiertagen eine Versammlung von Mitgliedern deutscher Ständeversammlungen in Frankfurt stattgefunden hat1, welche sämmtlich der 4 Kollektivnote der Unterzeichnerstaaten der Münchner Übereinkunft vom 27. Februar 1850 (Bayern, Sachsen und Württemberg) an die Regierungen von Österreich und Preußen, HStA München, Nachlaß von der Pfordten, Nr. 53, fol. 107 f., Zitat fol. 107v. 1 Am 8. Juni 1862 fand in Frankfurt eine Versammlung von 37 führenden liberalen Politikern statt, die eine nationale Abgeordnetenversammlung vorbereiteten; Biefang, Politisches Bürger-

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demokratischen Partei angehören und die sogenannte deutsche Verfassungsfrage zum Gegenstand ihrer Besprechungen gemacht haben. Nach den Nachrichten öffentlicher Blätter war die Versammlung einig in der Ansicht von der Nothwendigkeit der Berufung eines deutschen Parlaments und von der Nothwendigkeit eines einmüthigen Zusammengehens aller freisinnigen Parteien und es ist insbesondere die bedeutsame Thatsache hervorgetreten, daß auch die Vertreter der großdeutschen Partei sich eventuell mit dem Vorschlag einer Constituirung Deutschlands ohne Oesterreich einverstanden erklärt haben. Da die baldige Berufung einer größeren Versammlung von Gesinnungsgenossen beschlossen worden ist, so legt sich der Gedanke nahe, daß es in der Absicht der Leiter dieses Unternehmens liegen könnte, den Versuch der Bildung eines Vorparlaments, wie es 1848 zusammengetreten ist, zu machen2; hiezu vielleicht die Zeit des bevorstehenden Schützenfestes in Frankfurt3 zu benützen und eine Bewegung zu Gunsten ihrer radikalen Bestrebungen zu Stand zu bringen, welche allerdings unter dem Zusammentreffen mancher – diesen Bestrebungen günstiger Verhältnisse sehr gefährliche Dimensionen annehmen könnte. Zu dieser Annahme ist man um so mehr berechtigt, als gerade unter den Leitern des ganzen Unternehmens sich Männer befinden (wie Haeusser und Bluntschli4), welche ganz speciell als die Seele der dermaligen Politik der Großherzoglich Badischen Regierung angesehen werden müssen, so daß aller Grund zu der Voraussicht vorliegt, daß die genannte Regierung der Bewegung nicht nur nicht entgegentreten, sondern sich dabei betheiligen werde. Ohne die Bedeutung dieser Versammlung und die Gefahren ihrer Bestrebungen zu überschätzen, glaube ich dennoch, daß die Regierungen hiebei nicht gleichgiltig und unthätig bleiben sollten. Ist einerseits das Bedürfniß einer Reform der Bundesverfassung anerkannt, so darf andererseits diese für ganz Deutschland so wichtige Angelegenheit nicht der Agitation der Parteileidenschaft anheimfallen; sie kann vielmehr nur von den Regierungen selbst, welche auch allein zu einer Aenderung des Buntum, S. 228–240; Real, Pfingstversammlung; zur großen öffentlichen Wirkung siehe Baumgarten, Die deutsche Presse und die Frankfurter Pfingstversammlung. 2 Nach einem Bericht des bayerischen Gesandten in Wien erblickte auch Graf Rechberg in der Pfingstversammlung „den Versuch eines neuen Vorparlaments“; Bray an Schrenk, Wien, 10. Juni 1862, HStA München, MA 504. 3 Das Erste Deutsche Schützenfest fand vom 13.–22. Juli 1862 in Frankfurt statt. Es beteiligten sich daran 8000 Schützen aus neun Ländern. Vgl. Das erste deutsche Schützenfest in Frankfurt am Main vom 13. bis 22. Juli 1862. Frankfurt 1862; Weismann (Hrsg.), Schützenfest; Brandt, Einheit, Freiheit und Macht. 4 Johann Caspar Bluntschli (1808–1881), seit 1861 Professor der Rechtswissenschaft in Heidelberg, Mitglied der ersten badischen Kammer, Präsident des 2. Deutschen Juristentages in Dresden (1861); ADB, Bd. 47, S. 29–39; NDB, Bd. 2, S. 337 f.; Metzner, Bluntschli.

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Hügel an König Wilhelm I. von Württemberg

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desvertrags berechtigt sind, in der Hand behalten und mit der Besonnenheit und Umsicht, welche nur bei den Regierungen gesucht und erwartet werden können, berathen und ausgeführt werden. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, daß jede Zögerung unter den obwaltenden Verhältnissen gefährlich wird und daß die Regierungen daher die schon zu wiederholten Malen verheißene Reform der Bundesverfassung ohne weiteren Verzug in Angriff nehmen und dem immer ungestümer herantretenden Verlangen nach einer – den Bedürfnissen und Anschauungen der gegenwärtigen Zeit entsprechenden Gestaltung der deutschen Verfassungsverhältnisse so schleunig als möglich entsprechen müssen, wenn nicht die auf den Umsturz der bestehenden Bundesverfassung gerichteten Bestrebungen mehr und mehr Raum gewinnen und am Ende die Oberhand behalten sollen. Es stellt sich daher – meines Erachtens – nach den ebenerwähnten Erscheinungen als die nächste Aufgabe der Bundesregierungen dar, der weiteren Entwicklung dieses Unternehmens die vollste Aufmerksamkeit zuzuwenden, insbesondere aber die geeignete Vorkehr zu treffen, damit etwaige Versuche zu revolutionären Manifestationen und Bewegungen sogleich unterdrückt werden können, zugleich aber auch die längst verabredeten Verhandlungen über eine Bundesreform unverzüglich zu eröffnen, und dadurch die öffentliche Meinung davon zu überzeugen, daß es den Regierungen mit einer – den Bedürfnissen der Gegenwart entsprechenden Ausbildung der deutschen Verfassungsverhältnisse wirklich Ernst ist. Zunächst schien es mir angemessen, sich so schnell als möglich mit den befreundeten Höfen von München, Dresden und Wien über die zu treffenden Einleitungen zu verständigen, wobei dem Wiener Hofe anheimgegeben wäre, sich wegen Erhaltung der inneren Sicherheit Deutschlands gegen etwaige Umsturzversuche mit dem hiebei nicht minder betheiligten Berliner Hofe ins Benehmen zu setzen. Nach meinem unterthänigsten Erachten sollte die Verständigung mit den befreundeten drei Höfen unverzüglich entweder auf dem gewöhnlichen Correspondenzwege oder vielleicht auch auf andere – noch rascher zum Ziele führende Weise eingeleitet werden; und sie hätte nach dem oben Angeführten sich zunächst auf die Maßnahmen zu Sicherung der Ruhe und Ordnung in Deutschland und namentlich in dem zunächst bedrohten Frankfurt und den benachbarten südwestlichen Bundesstaaten gegen etwaige Versuche zu revolutionären Bewegungen, sodann aber auch darauf zu beziehen, auf welche Weise die alsbald zu eröffnenden Verhandlungen über die Bundesreform am ehesten beschleunigt werden könnten. Der höchsten Entschließung Euerer Königlichen Majestät hierüber unterthänigst entgegensehend, verharre ich ehrfurchtsvoll pp. Hügel

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Wien, 2. Juli 1862

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131. Rechberg an Károlyi GStA Berlin, I. HA, Rep. 81, Gesandtschaft zu Wien II, Nr. 302, Vol. III. Erlaß. Abschrift. Praes.: 8. Juli 1862. Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 2, S. 433–435.

Rechberg sieht in der Frankfurter Pfingstversammlung deutscher Abgeordneter die Gefahr, daß die Leitung der Reformbewegung den Händen der deutschen Regierungen entwunden wird. In Berlin ist man indessen der Ansicht, das Unternehmen sei unschädlich. Der preußische Gesandte in Wien hat statt dessen Bedenken gegen die bevorstehenden Reformberatungen der Regierungen in Wien erhoben, weil dies die Leidenschaften der Parteien und die Gegensätze zwischen den Regierungen steigern könne. Rechberg weist diese Einwände zurück und hält eine Initiative der Regierungen angesichts der wachsenden politischen Aufregung für notwendig. Daß Preußen dabei die Mitwirkung verweigert, ist mißlich. Die Regierungen von Österreich und der Mittelstaaten würden es freudig begrüßen, wenn Preußen sich an der Fortbildung der Bundesverfassung beteiligen würde. Formell und inhaltlich gibt es keinen Grund, die Eröffnung der Reformberatungen in Wien zu mißbilligen, denn sie bezwecken die Wohlfahrt Deutschlands und die Befestigung des deutschen Staatensystems gegen die Kräfte des politischen und sozialen Umsturzes. Rechberg fordert Preußen auf, den Reformvorschlägen, über die in Wien beraten werden soll, nicht schroff entgegenzutreten, sondern den Weg zu einer allmählichen Annäherung offenzuhalten.

Wien, 2. Juli 1862 Hochgeborner Graf, In einer meiner Unterredungen mit dem Freiherrn von Werther hatte ich dessen Aufmerksamkeit auf die Nachrichten gelenkt, die uns aus Frankfurt über die dort nach dem Muster des Vorparlaments von 1848 abgehaltene Versammlung von Parteimännern zugekommen waren.1 Ich hatte gegen den kön. Herrn Gesandten die Frage aufgeworfen, ob die deutschen Regierungen jenen offenbaren Versuch, die Leitung der Reformbewegung in Deutschland ihren Händen zu entwinden, ohne ernste Gefahr noch näher an sich herankommen lassen sollten. Freiherr von Werther hatte es übernommen, meine Bemerkungen seinem Hofe zu berichten, und er kam bald nachher auf den Gegenstand bei mir zurück, um mir mitzutheilen, man sei in Berlin der Ansicht, daß jener Frankfurter Agitationsversuch im Grunde doch nur von der längst bekannten Propaganda des sogenannten Nationalvereines ausgegangen sei, daß dieses Unternehmen voraussichtlich unschädlich verlaufen werde, und daß die kön. preußische Regierung sich darauf beschränken müsse, den Standpunkt, den sie im Gegensatze zu den Bestrebungen des erwähnten Vereines notorischer Weise eingenommen habe, auch fernerhin unverändert festzuhalten. 1 Rechberg bezieht sich auf die Frankfurter Pfingstversammlung vom 8. Juni 1862; siehe Dok. 130, Anm. 1.

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Rechberg an Károlyi

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Allein der kön. Herr Gesandte berührte in seinen Aeußerungen vertraulich zugleich eine hiemit verwandte wichtige Angelegenheit. Hinweisend auf die in Umlauf befindlichen Nachrichten über bevorstehende Berathungen in Wien wegen deutscher Bundesreform, verhehlte Freiherr von Werther mir nicht, daß seine Regierung den gegenwärtigen Augenblick nicht als geeignet für solche Berathungen ansehe. Er ließ durchblicken, daß nach der Ansicht des kön. preußischen Cabinetes die deutschen Regierungen Angesichts der ohnehin in Deutschland unverkennbar vorhandenen Aufregung sich hüten sollten, gerade jetzt an die deutsche Reformfrage heranzutreten und dadurch die Leidenschaften der Parteien und die Reibung der einmal leider auch zwischen den Regierungen bestehenden Gegensätze zu steigern. Wir werden es uns zu einer angelegentlichen Pflicht machen, uns über diesen Punkt mit der rückhaltlosesten Aufrichtigkeit gegen das kön. preußische Cabinet auszusprechen. Kaum werden wir der kön. Regierung etwas Neues sagen, wenn wir uns außer Stande erklären, die Ansicht zu theilen, daß Verhandlungen der deutschen Regierungen über die Reformfrage im gegenwärtigen Augenblicke nicht für zeitgemäß gehalten werden könnten. Die deutschen Regierungen haben sich zu oft und zu bestimmt für eine Reform der Bundesverfassung ausgesprochen, als daß sie sich noch länger der Aufgabe entziehen könnten, mit positiven Vorschlägen für diesen Zweck hervorzutreten. Wenn Deutschland, wie wir nicht läugnen wollen, sich im Zustande wachsender politischer Aufregung befindet, so erblicken wir die Ursache hievon darin, daß die Einen mit Spannung und Ungeduld auf die Initiative der Regierungen warten, die Anderen im Gegentheile darauf ausgehen, das Feld der deutschen Frage ausschließlich für ihre radikalen und den Lebensinteressen Oesterreichs feindlichen Bestrebungen offen zu erhalten. Wir können die Erwartungen der Ersteren nicht täuschen, wir können den Forderungen der Letzteren nicht Recht geben. Wir wissen nicht, ob die Reformfrage heute ruhen könnte, wenn der Erlaß des Berliner Cabinetes vom 20.2 Dezbr. und die gleichlautenden Noten vom 2. Februar3 nimmer geschrieben worden wären, – aber wie die Dinge jetzt einmal liegen, müssen wir der an uns ergangenen Aufforderung Folge geben, von den allgemeinen Andeutungen dieser Noten zu den entsprechenden näheren Vorschlägen überzugehen. Daß es für uns und für die Regierungen, die mit uns übereinstimmen, in mehr als einer Hinsicht ein überaus mißliches Beginnen sei, ohne Preußens Mitwirkung Berathungen über allgemein deutsche Angelegenheiten zu eröff2 Emendiert. Vorlage: 26. 3 Siehe Dok. 100 und 107.

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nen, steht uns nur zu klar vor Augen, und es ist uns vollkommen bewußt, daß der heilsame Zweck, Deutschlands politische Zustände zu verbessern, – was wir auch vorschlagen mögen – zuletzt doch immer nur durch Preußens freie Zustimmung erreicht werden kann. Aber in den Verhältnissen liegt für uns, wir wiederholen es, unabweisbar die Nöthigung, unsererseits weitere Schritte in dieser Richtung zu thun, und die Hand dazu zu bieten, daß die früher nur in den Grundzügen angedeuteten Vorschläge zur Entwickelung der deutschen Bundesverfassung nunmehr eine bestimmtere Gestalt annehmen. Die Erklärungen, die Preußen wiederholt abgegeben hat, haben uns bis jetzt die Aussicht nicht eröffnet, daß die verbündete Deutsche Macht sich mit uns und ihren übrigen Bundesgenossen zu Berathungen zu diesem Zwecke werde vereinigen wollen. Daß wir aber auf Preußens Theilnahme den größten Werth legen würden, brauchen wir nicht erst zu versichern, und unter allen Umständen sind wir entschlossen, vor der Königl. Preußischen Regierung unsere Handlungsweise nicht zu verbergen. Ich werde daher dem Frhr. v. Werther heute oder morgen die Eröffnung machen, daß die am Kaiserl. Hofe beglaubigten Gesandten der Regierungen die unseren Standpunkt theilen, am 7. d. M. zu einer ersten vertraulichen Berathung bei mir zusammentreten werden.4 Ich werde zugleich in unserem Namen, wie in dem der übrigen Theilnehmer die Versicherung hinzufügen, daß die betheiligten Höfe insgesammt es auf das freudigste begrüßen würden, wenn ihren Verhandlungen, die sich auf der Grundlage zeitgemäßer Fortbildung der das gesammte Deutschland umfassenden Bundesverfassung so wie der Wahrung der Gleichberechtigung der deutschen Souveräne bewegen müßten, die Mitwirkung Preußens nicht vorenthalten bliebe. Indem ich aber Eure Hochgeboren hievon benachrichtige, glaube ich zugleich von den obenerwähnten Aeußerungen des Königl. Preußischen Herrn Gesandten Anlaß nehmen zu sollen, den aufrichtig und warm empfundenen Wunsch u. die Hoffnung auszudrücken, daß die bevorstehenden Berathungen in Wien keineswegs, wie Frhr. von Werther besorgte, die vorhandenen Gegensätze der Anschauungen über die deutsche Frage schärfen, sondern daß sie vielmehr den Uebergang zur Milderung und Ausgleichung dieser Verschiedenheiten bilden würden. Der Königl. Preuß. Hof hat es nicht abgelehnt, Anträgen, die von den Unterzeichnern der Noten vom 2. Februar ausgehen würden, eine unbefangene Prüfung zu widmen. Ja Preußen selbst hat diese Regierungen aufgefordert, den Beweis des praktischen Werthes ihrer Ansichten durch Aufstellung bestimmter Vorschläge anzutreten. Formell liegt also in der Eröffnung von Berathungen zu diesem Zwecke nichts, was von Seite Preußens Tadel oder Miß4 Siehe Dok. 132.

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billigung erfahren könnte. In der Sache selbst verlassen wir uns auf die Gerechtigkeit unserer Absichten. Wir verlassen uns darauf, daß von den Zielen, die wir verfolgen auch die Wege Preußens sich nicht abwenden können, denn diese Ziele sind die Wohlfahrt Deutschlands, die Befestigung des deutschen Staatensystems, die Stärkung der Kräfte des Widerstandes in Europa gegen die Kräfte des politischen und socialen Umsturzes. Wir verlassen uns darauf, daß die Lage Deutschlands und Europa’s, ja der ganze Gang der Zeitgeschichte, für alle monarchische Staaten, für Preußen wie für Oesterreich, so manche ernste Mahnung enthält, um keines Preis von dem Grundsatze gesetzlich fortschreitender Entwickelung auf der Basis des bestehenden Rechtes abzuweichen. Wir werden es uns zwar erklären, wenn das Königlich Preußische Cabinet den Standpunkt, den es durch die Darlegungen vom 20.5 Dezember eingenommen hat, nicht durch eine plötzliche und auffallende Wendung wird ändern wollen. Aber dringend und in freundschaftlichstem Vertrauen legen wir der Königlichen Regierung für den Fall, daß sie sich zur Theilnahme an den Berathungen in Wien zu unserem Bedauern nicht entschließen würde, unsern Wunsch ans Herz, daß sie den Vorschlägen der Höfe, die wir an dieser Stelle nicht als die föderativ gesinnten bezeichnen wollen, um nicht Preußen von dieser Benennung auszuschließen, wenigstens nicht schroff entgegentreten, sondern ihr Verhalten so einrichten wolle, um eine allmählige Annäherung nicht im vorhinein auszuschließen. Es möge der Weisheit und Mäßigung des kön. preußischen Hofes vorbehalten sein, eine Lage, deren tief zu beklagende Unregelmäßigkeit in der Nichttheilnahme Preußens an Berathungen über deutsche Bundesreform ihren Ausdruck fände, nicht noch mehr zu erschweren, sondern ihr durch bundesfreundliches Eingehen auf berechtigte Anschauungen und Bestrebungen der verbündeten Regierungen die Wendung zu geben, die allein für Deutschland heilbringend werden kann. Die vorstehenden Bemerkungen sind bestimmt, der Sprache Ew. p. zur Richtschnur zu dienen, falls Sie Anlaß fänden, sich über die mehrerwähnten zu Wien beginnenden Berathungen auszusprechen. Es ist Ihnen indessen auch anheimgegeben, den gegenwärtigen Erlaß streng vertraulich dem Kön. Minister des Aeußern, Herrn Grafen von Bernstorff vorzulesen, und selbst in Händen zu lassen, falls Se Excellenz dies wünschte. Empfangen p. (gez.) Rechberg.

5 Emendiert. Vorlage: 26.

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Wien, 7. Juli 1862

132. Erste Besprechung Österreichs und der Mittelstaaten in Wien über eine Bundesreform HStA München, MA 494. Beglaubigte Ausfertigung. Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 2, S. 444–451.

Unter dem Vorsitz des österreichischen Außenministers Rechberg verhandeln in Wien die Gesandten von Bayern, Sachsen und Sachsen-Meiningen, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Großherzogtum Hessen und Nassau über die Bundesreform. Rechberg rekapituliert den Gang der Verhandlungen seit den identischen Noten vom 2. Februar 1862 und hebt die Übereinstimmung der Beteiligten über die Notwendigkeit einer zeitgemäßen Entwicklung der deutschen Bundesverfassung hervor. Er teilt mit, daß die österreichische Regierung die preußische Regierung zur Teilnahme an den Beratungen eingeladen hat, diese darauf aber nicht eingegangen sei. Die Reformvorschläge umfassen vier Punkte: 1. die Einberufung einer Delegiertenversammlung zum Zweck der Begutachtung spezieller Gesetzentwürfe; 2. die Teilnahme ständischer Delegierter an der Bundesgesetzgebung als organische Einrichtung; 3. die Einsetzung einer konzentrierten Bundesexekutive; 4. die Einsetzung eines Bundesgerichts. Biegeleben erklärt, daß eine Reform der Bundesverfassung ohne die Mitwirkung Preußens nicht möglich sei, so daß die zu beschließenden Reformanträge so abgefaßt sein müßten, daß der Beitritt Preußens offengehalten werde. Eine permanente Exekutivbehörde ließe sich ohne Preußen nicht begründen, man müsse sich deshalb hier auf Vorschläge beschränken. Die Delegiertenversammlung und das Bundesgericht könnten indessen provisorisch als gemeinsame Institute einer Mehrzahl von Regierungen durch freie Vereinbarung ins Leben treten. Im Hinblick auf die Exekutive und die Delegiertenversammlung legt Biegeleben einen Entwurf für einen Antrag in der Bundesversammlung vor, der auf dem großherzoglich hessischen Vorschlag vom 19. Februar 1862 (Dok. 117) beruht. Für die Errichtung des Bundesgerichts legt Biegeleben einen erweiterten Entwurf vor, der auf dem Gutachten des Bundestagsausschusses für das Bundesgericht beruht. Die beteiligten Gesandten werden aufgefordert, über die Entwürfe die Instruktionen ihrer Regierungen einzuholen.

Wien, 7. Juli 1862 Registratur. Erste vertrauliche Besprechung über Vorschläge zur Reform der deutschen Bundesverfassung, abgehalten zu Wien im kk. Ministerium des Aeußern am 7. Juli 1862. Gegenwärtig: für Oesterreich: der kk. Minister des Hauses und des Aeußeren Graf von Rechberg-Rothenlöwen, der kk. Hof- und Ministerialrath von Biegeleben, für Baiern: der königl. außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Graf von Bray-Steinburg,

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Erste Besprechung Österreichs und der Mittelstaaten

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für das Königreich Sachsen und das Herzogthum Sachsen-Meiningen: der königl. sächsische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Freiherr von Könneritz, für Hannover: der königl. außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Freiherr von Stockhausen1, für Württemberg: der königl. außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Freiherr von Ow2, für Kurhessen: der kurfürstl. außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister, Freiherr von Schachten3, für Großherzogthum Hessen und Herzogthum Nassau: der großherzogl. hessische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Freiherr von Drachenfels4. Eröffnung der Berathungen. Der kk. Minister des Aeußern begrüßte die auf seine Einladung erschienenen Herren Gesandten mit einer Ansprache folgenden Inhalts: Die hohen Regierungen, welche dem königl. preußischen Hofe die gleichlautenden Noten vom 2. Februar l. J.5 überreichen ließen, seien sich Angesichts der dermaligen politischen Zustände Deutschlands in der Überzeugung begegnet, daß ihr ernstlichstes Bestreben dahin gerichtet sein müsse, den am Schlusse jener Noten nur in den allgemeinsten Grundzügen angedeuteten Ansichten über eine zeitgemäße Entwickelung der deutschen Bundesverfassung praktische Folge zu geben. Der kaiserl. Hof habe es daher für seine Pflicht gehalten, in dem Circularerlasse vom 17. März d. J.6 einige bestimmte Vorschläge über Form und Inhalt der in dieser Richtung zu fassenden Entschließungen der Würdigung der gleichgesinnten Höfe zu unterziehen. Die Auseinandersetzungen dieses Erlasses hätten vielseitige Zustimmung gefunden, zum Theil auch Anlaß zu Gegen1 Bodo von Stockhausen (1810–1885), 1852–1865 hannoverscher Gesandter in Wien; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 211. 2 Adolf Freiherr von Ow-Wachendorf (1818–1873), 1855–1866 württembergischer Gesandter in Wien; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 427. 3 Georg Freiherr von Schachten (1796–1868), 1851–1863 kurhessischer Gesandter in Wien; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 250. 4 Adolf Freiherr von Drachenfels (1795–1862), 1850–1862 großherzoglich hessischer Gesandter in Wien; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 221. 5 Siehe Dok. 107. 6 Siehe Dok. 124.

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bemerkungen gegeben, sämmtliche betheiligte Höfe aber hätten eingewilligt, durch das Organ ihrer Vertreter in Wien mit dem kaiserl. Cabinete in vertrauliche Besprechungen über die erwähnten Vorschläge einzugehen. Graf Rechberg befinde sich sonach mit hoher Befriedigung in dem Falle, im Vereine mit den Herren Repräsentanten enge befreundeter und von übereinstimmenden Überzeugungen beseelter Regierungen an die hochwichtige Aufgabe herantreten zu können, zeitgemäße Reformen der Verfassung Deutschlands vorzubereiten. Er sei beauftragt, den Anwesenden mitzutheilen, daß Se Majestät der Kaiser, sein allergnädigster Herr, gewohnt den höchsten Werth auf die Freundschaft und das Vertrauen Seiner deutschen Mitfürsten, wie auf Oesterreichs Stellung und Beruf in Deutschland zu legen, die beginnenden Berathungen mit der wohlwollendsten Theilnahme und den regsten Wünschen für einen gedeihlichen Erfolg begleite. Für sich persönlich richtete Graf Rechberg an die versammelten Herren Gesandten die Bitte, die zutrauensvollen Gesinnungen, welche er ihnen in reichem Maße entgegenbringe, auch ihm erweisen zu wollen und ihm durch ihre bereitwillige Mitwirkung seinen Antheil an der gemeinsamen Aufgabe zu erleichtern. Der königl. baierische Gesandte Graf von Bray ergriff hierauf das Wort, um den kais. Minister für sich und im Namen der übrigen Anwesenden zu ersuchen, bei Sr kk. Apostolischen Majestät der Dollmetscher des Dankes der Versammlung für die ihr soeben im kaiserl. Auftrage ausgedrückten Gesinnungen sein zu wollen. Graf von Bray bemerkte sodann, wie es der Sitte und dem Herkommen der Höfe entspreche, daß der Vertreter desjenigen Hofes, auf dessen Einladung und in dessen Residenz eine gemeinsame Berathung stattfinde, auch die Leitung derselben übernehme, und wie er überzeugt sei, auch im Sinne der übrigen Herren Gesandten zu sprechen, wenn er den Vorschlag mache, es möge der kaiserl. Minister Graf von Rechberg ersucht werden, die bevorstehenden Berathungen als Vorsitzender zu leiten. Der Vorschlag des Grafen v. Bray fand allseitige Zustimmung. Der königl. sächsische Gesandte Freiherr von Könneritz übergab hierauf dem Grafen von Rechberg die Vollmachtsurkunde, die ihn zur Vertretung Sr Hoheit des Herzogs von Sachsen Meiningen bei dem vorliegenden Anlasse ermächtigt. Ebenso übergab der großherzgl. hessische Gesandte Freiherr von Drachenfels die ihn zur Vertretung Sr Hoheit des Herzogs von Nassau legitimirende Vollmacht. Formelles Verhältniß zu Preußen. Der kk. Minister des Aeußeren machte hierauf der Versammlung die Mittheilung, daß er im Sinne des diesfälligen Vorschlages im Circularerlasse vom

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17. März, dem königl. preußischen Gesandten am kais. Hofe, Freiherrn von Werther mündlich eröffnet habe, wie nunmehr die Regierungen, welche dem Berliner Hofe die gleichlautenden Noten vom 2. Februar hätten übergeben lassen, in einen näheren Meinungsaustausch über die dort angedeuteten Reformvorschläge, wie auch über Errichtung eines Bundesgerichtes eintreten würden, und wie die betheiligten Höfe insgesammt es auf das freudigste begrüßen würden, wenn diesen vertraulichen Berathungen, welche auf der Grundlage zeitgemäßer Entwickelung der das gesammte Deutschland umfassenden Bundesverfassung, sowie der Wahrung der Gleichberechtigung der deutschen Souveräne beruhen müßten, die Mitwirkung Preußens nicht vorenthalten bliebe. Eine Eröffnung ähnlichen Inhalts sei auch durch den kais. Gesandten in Berlin an das Cabinet gerichtet und bereits zur Kenntniß der in dieser Versammlung repräsentirten hohen Höfe gebracht worden. In Folge hievon habe jedoch Freiherr von Werther dem kais. Cabinete soeben erwidert, daß er nicht ermächtigt worden sei, an den beabsichtigten Berathungen sich zu betheiligen, daß er übrigens dem kais. Cabinete den Dank seiner Regierung für die an sie gerichtete Mittheilung auszudrücken habe. Die Versammlung nahm Vorstehendes zur Kenntniß. Aeußere Form der Besprechungen. Der Vorsitzende bemerkte weiter: Was die äußere Form der Berathungen angehe, so erlaube er sich vorzuschlagen, daß keine förmlichen Protokolle unterzeichnet werden möchten, damit die Besprechung sich freier bewegen und die etwa nicht auf speciellen Instruktionen beruhenden Aeußerungen der Herren Gesandten nicht als bindend in Anspruch genommen werden könnten. Es dürfte genügen, wenn über die geschäftlichen Vorgänge der einzelnen Conferenzen bloße Registraturen vom kais. Cabinete aufgenommen würden, welche den Berichten und Instruktionseinholungen der Herren Gesandten zur Unterlage dienen könnten. Graf Rechberg schlug vor, daß die Abfassung dieser Registraturen dem kk. Hof- & Ministerialrathe von Biegeleben übertragen werden möge, welchen er zugleich als Referenten für das kais. Cabinet der Versammlung vorstellte. Die Herren Gesandten erklärten sich mit obigen Vorschlägen einverstanden. Reihenfolge der Berathungsgegenstände. Hierauf wurde zunächst die Ansicht des kais. Cabinets über die Reihenfolge, in welcher die einzelnen Reformvorschläge in Berathung zu nehmen wären, von Herrn von Biegeleben vorgetragen, wie folgt: Überblicke man die vier Punkte des Programms, nämlich: 1. Einberufung ständischer Delegirter zum speciellen Zwecke der Begut-

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achtung der von den Regierungsvertretern auszuarbeitenden Gesetzesentwürfe über Civilprozeß und über Obligationenrecht – 2. Theilnahme ständischer Delegirter an der Bundesgesetzgebung als organische Einrichtung – 3. Einsetzung einer mehr concentrirten Exekutive des Bundes – 4. Einsetzung eines Bundesgerichtes – so ergebe sich, daß zwischen den drei ersteren Berathungsgegenständen ein nothwendiger innerer Zusammenhang bestehe. Es liege nahe, daß man bei Einberufung ständischer Delegirten für einen speciellen legislativen Zweck nur nach denselben Grundsätzen werde vorgehen wollen, die man auch für die organische Einfügung eines repräsentativen Elementes in die Bundesverfassung selbst als die passendsten betrachte. Der Vorschlag, die Zuziehung eines solchen Elementes zunächst an die beiden gerade jetzt in Aussicht genommenen gemeinsamen Gesetzgebungswerke zu knüpfen, sei im Grunde nur bestimmt, den Übergang zu einem weiteren die Delegirtenversammlung als organisches Institut in die Bundesverfassung einführenden Antrage zu bilden. Da es nun nach dem Vorschlage der gßhzgl. hessischen Regierung7 Aufgabe eines von der Bundesversammlung einzusetzenden Ausschusses sein werde, die näheren Vorschläge wegen der Art der Zusammensetzung und Einberufung der Delegirtenversammlung ad hoc zu erstatten, so scheine der zweckmäßigste Gang der Behandlung dieses Gegenstandes der zu sein, daß 1. in Wien die Fassung des von der gßhzgl. hessischen Regierung angeregten Antrags vereinbart, im Antrage auf die Absicht, die Delegirtenversammlung zu einem organischen Institute zu gestalten, bereits vorläufig hingewiesen, und der Antrag baldmöglichst in Frankfurt eingebracht, – dann 2. in Wien die den Mitgliedern des Bundestagsausschusses für ihr Gutachten vertraulich zu ertheilenden Instruktionen und im Zusammenhange mit denselben die Grundzüge des weiter zu beantragenden organischen Beschlusses verabredet – endlich 3. dieser letztere Antrag in Frankfurt etwa gleichzeitig mit der Berichterstattung des Ausschusses über den Antrag ad 1 oder mit der Abstimmung über denselben eingebracht würde, nachdem man sich inzwischen in Wien auch über die Frage wegen der verstärkten Exekutive vollständig oder doch bis zu dem Punkte geeinigt hätte, daß 4. der betreffende Antrag demjenigen wegen der organischen Ständevertretung am Bunde unverzüglich nachfolgen könnte. Dieser durch die Lage des Geschäftes bedingte Gang werde zugleich den Vortheil darbieten, daß der kön. preußischen Regierung das Beharren bei ihrer 7 Siehe Dok. 117.

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negativen Haltung einigermaßen erschwert würde. Die Bundesversammlung würde nämlich gewiß den preußischen Bundestagsgesandten zum Mitgliede des erwähnten begutachtenden Ausschusses wählen, und es müßte dann Preußen entweder diese Wahl ablehnen, sich also in schroffer Weise von dem Werke der Einführung einer ständischen Vertretung am Bunde ausschließen, oder Preußen würde, falls es sich an den Ausschußberathungen in Frankfurt betheiligen wollte, wohl auch in die Wiener Berathungen hineingezogen werden, da in diesen die Instruktionen für die Ausschußmitglieder zu verabreden wären. Einen mehr für sich bestehenden Gegenstand bilde endlich das Bundesgericht, und da hierüber bereits umfassende Vorarbeiten vorliegen, so schlage das kais. Cabinet vor, auf die Berathung über den Antrag der gßhzgl. hessischen Regierung sofort diejenige über das Bundesgericht folgen zu lassen. Werde diese Reihenfolge eingehalten, so stehe zu hoffen, daß in kurzer Frist zwei wichtige Ergebnisse, nämlich die Anträge in Frankfurt wegen der ständischen Mitwirkung zu den am Bunde in Aussicht genommenen Gesetzgebungswerken, und wegen des Bundesgerichtes, aus den Wiener Berathungen an die Oeffentlichkeit hervortreten könnten, während zugleich auch die beiden schwierigeren organischen Fragen der Exekutive und der Legislative des Bundes der Reife näher gebracht würden. Der kön. hannoversche Gesandte Freiherr von Stockhausen bemerkte: in Bezug auf den Vorschlag, zuerst dem Antrage der gßhzgl. hessischen Regierung Folge zu geben, sei er in dem Falle Bedenken zu äußern, glaube dies jedoch der Besprechung über den speciellen Gegenstand, die voraussichtlich hiezu Gelegenheit bieten werde, vorbehalten zu können. Der kk. Minister des Aeußern ersuchte hierauf die Herren Gesandten, bei ihren Regierungen anzufragen, ob sie mit der vorgetragenen Art der Reihung der Verhandlungsgegenstände einverstanden sein würden. Die Herren Gesandten nahmen dies ad referendum. Verhältniß zu Preußen in materieller Beziehung. Hofrath von Biegeleben trug weiter vor: Es scheine vor dem Eingehen auf die einzelnen Berathungspunkte nützlich, sich im Allgemeinen nochmals die rechtliche und faktische Sachlage zu vergegenwärtigen, in welche die berathenden Regierungen durch die Enthaltung eines so wichtigen Bundesgliedes, wie Preußen, sich versetzt sähen. – Ohne Zweifel könne in keiner jener Richtungen, in welchen die Reformvorschläge der berathenden Regierungen sich bewegten, an eine definitive Ausbildung der deutschen Bundesverfassung ohne Preußens Mitwirkung gedacht werden, auf der anderen Seite aber hieße es die Reformbestrebungen der bundesgetreuen Regierungen im voraus zur Unfruchtbarkeit verurtheilen und den unionisti-

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schen Projekten das Feld räumen, wenn man zugeben wollte, daß die Nichttheilnahme Preußens jede, auch partielle, Ausführung der Reformprojekte auf föderativer Basis hemmen müßte. Es scheine sich daher zu empfehlen, die verschiedenen Anträge so zu gestalten, daß sie zwar, ihrer Absicht und Anlage nach, stets auf den gesammten deutschen Bund berechnet wären und nirgends auf eine vorhergesehene Sonderstellung Preußens hindeuteten, aber doch, so weit immer möglich, unter Offenhaltung des Beitritts Preußens einstweilen innerhalb des Bereichs der zustimmenden Staaten zur praktischen Ausführung gebracht werden könnten. Eine permanente Exekutivbehörde des Bundes lasse sich allerdings ohne die Mitwirkung Preußens weder rechtlich noch faktisch begründen, und in diesem Punkte sei man daher auf Vorschläge beschränkt. Die Delegirtenversammlung dagegen, und selbst das Bundesgericht könnten provisorisch auch als gemeinschaftliche Institute einer Mehrzahl deutscher Regierungen kraft deren freien Vereinbarungsrechtes ins Leben treten. Ob übrigens der Vorschlag der gßhzgl. hessischen Regierung als auf eine organische Einrichtung oder auf eine gemeinnützige Anordnung im Sinne des Art. 64 der Wiener Schlußakte gerichtet aufzufassen sei, scheine nicht nöthig zu untersuchen, da im einen wie im andern Falle Stimmeneinhelligkeit zu einem Bundesbeschlusse erforderlich sei, somit, wenn nicht Preußens Veto Alles hindern soll, zum Art. XI. der Bundesakte und dem freien Vereinbarungsrechte der Regierungen zurückgegriffen werden müsse, was übrigens eine fortdauernde vermittelnde Einwirkung der Bundesversammlung keineswegs ausschließe. Der Vorsitzende, Graf. v. Rechberg, gab anheim, zur Klarstellung der Sachlage und zur Vermeidung etwaiger späterer Controversen bei den hohen Regierungen anzufragen, ob diese Auffassung des Verhältnisses der beabsichtigten Reformvorschläge zu Preußen im Allgemeinen von ihnen getheilt werde, – wozu die Herren Gesandten sich bereit erklärten. Entwurf des in Frankfurt in Folge des Vorschlags der gßhzgl. hessischen Regierung zu stellenden Antrags. Der Referent für das kais. Cabinet legte hierauf den anliegenden Entwurf des in Frankfurt in Folge des Vorschlags der gßhzgl. hessischen Regierung8 zu stellenden Antrags mit folgenden einleitenden Bemerkungen vor: Dieser Entwurf sei wesentlich nach dem von der Mehrzahl der betheiligten Höfe gebilligten Vorschlage im Circularerlasse vom 17. März abgefaßt, und nur am Schlusse sei in Gemäßheit der oben bezüglich der Reihenfolge der Berathungsgegenstände vorgetragenen Bemerkungen der Vorbehalt der weiteren Antragstellung wegen der organischen Einrichtung der Ständevertretung am 8 Emendiert. Vorlage: Regierungen.

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Bunde und wegen der verstärkten Exekutive hinzugefügt. Unter den jetzigen Verhältnissen scheine es der ausdrücklichen Beifügung dieses Vorbehalts zu bedürfen, um dem Antrage überhaupt eine günstige Aufnahme zu bereiten. Von Einer Seite seien allerdings mehrfache Bedenken gegen den hessischen Vorschlag geltend gemacht worden. In der That sei nicht zu verkennen, daß die Regierungen durch denselben in wichtigen Beziehungen gebunden würden, ehe sie sich über die Lösung der organischen Fragen, namentlich über die verstärkte Exekutive, die doch jedenfalls vor der wirklichen Einberufung einer Delegirtenversammlung errichtet werden müßte, vollständig geeinigt hätten. Indessen sei es wohl ein nicht vorherzusehender Fall, daß bis zu dem noch entfernten Zeitpunkte, wo die Delegirtenversammlung ad hoc wirklich einzuberufen wäre, nicht auch ein Einverständniß über die Exekutive zu Stande gebracht sein sollte, und selbst in diesem ungünstigen Falle könnte durch Ernennung von Bundescommissären ad hoc geholfen werden. Da die Art der Ausführung des hessischen Antrags und sein Zusammenhang mit dem Ganzen des Reformplans sich nunmehr klarer werde übersehen lassen, da alle anderen Regierungen beigepflichtet hätten, und da es sich um die relativ am leichtesten und schnellsten zu bewerkstelligende öffentliche Kundgebung der Anschauungen und Entschlüsse der föderativ gesinnten Höfe handle, so sei wohl der Wunsch gerechtfertigt, daß von jenen Einwendungen gegen diesen ersten Punkt des Programmes im Interesse des gemeinsamen Zweckes Abstand genommen werden möge. Der königl. hannoversche Gesandte Freiherr von Stockhausen erklärte: die vorhin von ihm vorbehaltenen Bedenken beruhten wesentlich auf dem Umstande, daß der gßhzgl. hessische Vorschlag die Lösung der organischen Fragen bereits in einem bestimmten Sinne präjudicire, namentlich den Grundsatz, daß der Bundesversammlung ein ausschließlich aus ständischen Elementen gebildeter Körper zur Seite gestellt werden solle, in einer als defintiv anzunehmenden Weise zur Ausbildung bringe. Nachdem hingegen bemerkt worden war, daß die Annahme dieses Grundsatzes bereits aus der betreffenden Erklärung in den gleichlautenden Noten vom 2. Februar zu folgern sein dürfte, den Einzelheiten der Ausführung aber durch den gßhzgl. hessischen Vorschlag nicht vorgegriffen werde, richtete Graf Rechberg an den kön. hannoverschen Gesandten das Ersuchen, bei seiner hohen Regierung sich dafür verwenden zu wollen, daß sie geneige, in Anbetracht der Sachlage, sowie um der wünschenswerthen Einigung willen, sich in diesem Punkte mit den Anschauungen ihrer Verbündeten zu vereinigen. Der königl. sächsische Gesandte Freiherr von Könneritz nahm das Wort, um seinerseits dieses Ersuchen zu unterstützen, und auch die Gesandten von Baiern, Württemberg und beiden Hessen schlossen sich dem ausgesprochenen Wunsche an.

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Freiherr von Stockhausen erklärte den Gegenstand ad referendum zu nehmen, und die Herren Gesandten nahmen Exemplare des Entwurfs Behufs der Einholung der Entschließungen ihrer Regierungen entgegen. Vorschlag wegen Errichtung eines Bundesgerichtes. Graf v. Rechberg leitete sodann die Verhandlung auf die Frage der Errichtung eines Bundesgerichtes, und Herr von Biegeleben trug vor, daß das kais. Cabinet sich veranlaßt gefunden habe, unter Zugrundelegung des im betreffenden Bundestagsausschusse ausgearbeiteten Gutachtens einen veränderten und erweiterten Entwurf eines Bundesbeschlusses wegen Errichtung eines Bundesgerichtes aufzustellen. Er entwickelte kurz die Motive, welche dem kais. Cabinete nicht unwesentliche Modificationen des Frankfurter Antrags als angezeigt hätten erscheinen lassen, und bezog sich wegen näherer Darlegung dieser Beweggründe auf ein Memorandum, von welchem9, sowie von dem Entwurfe selbst, den Herren Gesandten Exemplare eingehändigt wurden. Graf v. Rechberg empfahl den Vorschlag der kais. Regierung der Würdigung der befreundeten Höfe, und deren Gesandte übernahmen es, die erwähnten Schriftstücke einzusenden und sich Instruktionen über deren Gegenstand zu erbitten.10 Schluß der Besprechung. Der Vorsitzende ersuchte die Herren Gesandten ihn benachrichtigen zu wollen, sobald die auf ihre Berichte eingehenden Aeußerungen der hohen Regierungen Veranlassung zu einer zweiten Vereinigung darbieten würden, und schloß hiemit die heutige Besprechung. Zur Beglaubigung. Biegeleben11

9 Emendiert. Vorlage: welchen. 10 Die von Biegeleben vorgelegten Entwürfe werden hier nicht abgedruckt, da sie mit den am 14. August 1862 in der Bundesversammlung eingebrachten Anträgen identisch sind. Siehe Dok. 140. 11 Eigenhändige Unterschrift Biegelebens.

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Anträge des Großherzogtums Baden in der Bundesversammlung

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133. Anträge des Großherzogtums Baden in der Bundesversammlung zur Aufhebung der Reaktionsbeschlüsse von 1854 ProtDBV 1862, § 228 und 229, S. 389–392.

Die badische Regierung beantragt die Aufhebung der Bundesbeschlüsse von 1854 zur Einschränkung der Pressefreiheit und des Vereins- und Versammlungsrechts, weil die Gründe für diese Maßnahmen inzwischen entfallen seien. Die Herstellung gesicherter Rechtszustände soll den Landesgesetzgebungen überlassen werden, wobei auf den Artikel 18 der Bundesakte zurückgegriffen werden soll. Beide Anträge werden dem politischen Ausschuß zugewiesen.

27. Sitzung

Frankfurt am Main, 10. Juli 1862

§ 228. Allgemeine Bundesbestimmungen zur Verhinderung des Mißbrauches der Preßfreiheit. (20. Sitzung § 213 v. J. 1854.)

Baden. Der Beschluß der Bundesversammlung vom 6. Juli 18541, die Erlassung allgemeiner Bestimmungen zur Verhinderung des Mißbrauches der Presse betreffend, ist eine Consequenz der im Jahre 1851 unter den Bundesregierungen zu Stande gekommenen Vereinbarungen. Nach schweren politischen Stürmen sollte von Bundeswegen Institutionen und Zuständen entgegengetreten werden, welche für die innere Ruhe und Ordnung der einzelnen Bundesstaaten und dadurch für die Sicherheit des ganzen Bundes bedrohlich erschienen. So trägt denn das Preßgesetz den Charakter einer Zeit, welche, nach einer Periode der Gesetzeslosigkeit und Unmacht der Staatsgewalt in einzelnen deutschen Ländern, den Regierungen die Mittel der Repression gegen jede den Bestand des Staates möglicherweise gefährdende freiere Bewegung der Geister zurückzugeben bedacht war. Auf den Artikel XVIII der Bundesacte gegründet, welcher der Bundesversammlung die Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die Preßfreiheit zur Aufgabe macht, beschränkt der Beschluß die Gesetzgebungsgewalt der einzelnen Bundesstaaten, indem er allgemeine Grundsätze aufstellt, welche als äußerste Grenze für die in den einzelnen Bundesländern zu gestattende Preßfreiheit zu betrachten sind. Nachdem nun aber diese Ausnahmsperiode der deutschen Verhältnisse einer ruhigeren Gestaltung wieder Platz gemacht hat, ist von mancher Seite die Frage laut geworden, ob der Bestimmung des Bundesgrundgesetzes in ihrer wahren Bedeutung nicht besser entsprochen würde, wenn die Bundes1 Siehe QGDB III/2, Dok. 51.

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versammlung sich auf die Aufstellung allgemeiner Grundsätze über das Minimum der zu gewährenden Preßfreiheit beschränkte und so das Eingreifen ihrer Thätigkeit in die Partikulargesetzgebungen auf eine Festsetzung der äußersten Grenze der möglichen Beschränkung der Preßfreiheit in den einzelnen Ländern minderte. Die Großherzogliche Regierung, welche den Bestimmungen des Bundesbeschlusses vom 6. Juli 1854 durch dessen Publicirung und Vollzug nachgekommen ist, vermag die Berechtigung dieser letzteren Auffassung nicht zu verkennen und würde ein Zurückgreifen auf diese dem Geiste der Bundesgrundgesetze angepaßte Auslegung der im Artikel XVIII der Bundesacte gemachten Verheißung freudig begrüßen. Jedenfalls wird der Satz, daß eine für ganz bestimmte Zeitverhältnisse gegebene Gesetzgebung ihrer Natur nach nicht zur unabänderlichen Norm bestimmt ist, Anwendung auch auf die Preßgesetzgebung finden müssen. Die Gründe, welche das Bundespreßgesetz vom Jahre 1854 hervorriefen, sind nicht mehr. Die Großherzogliche Regierung geht nun zwar keineswegs so weit, alle Bestimmungen jenes Gesetzes jetzt für unzeitgemäß und unanwendbar zu erklären, wohl aber glaubt sie, nach den gemachten Erfahrungen, dieß von einer derselben behaupten zu müssen. Es ist dieß das im § 2 zur Regel gemachte Concessionssystem, welches das Recht zum Betriebe eines mit der Presse zusammenhängenden Gewerbes von persönlicher Concession abhängig macht und diese wegen „Mißbrauches“ nicht allein durch Richterspruch, sondern auch durch Verfügung einer Verwaltungsbehörde entziehen läßt. So brauchbar und nothwendig eine solche Macht in Händen der Regierungen in politisch kritischen Zeiten scheinen mochte, eben so unzweifelhaft widerspricht in geordnetem Staatsleben die fragliche Bestimmung allen Rechtsgrundsätzen. Es ist von selbst klar, daß von Preßfreiheit keine Rede ist, so lange alle mit der Presse beschäftigten Gewerbetreibenden in solcher persönlichen Abhängigkeit von dem wechselnden Willen der Administrativbehörden stehen. Die außerordentliche Härte der Concessionsentziehung wird überdieß dadurch noch drückender, daß in den meisten Fällen nicht der Hauptschuldige, der Verfasser der incriminirten Schrift, sondern derjenige getroffen wird, der höchstens dessen Gehülfe, oft sogar nur ein bewußtloses und mißbrauchtes Werkzeug war. Die Leichtigkeit solcher Entziehung beruht offenbar auf dem Schlusse, ein Recht, welches einem Individuum nicht von selbst, sondern nur mittelst freier Bewilligung der Staatsgewalt zukomme, könne ihm auch ohne allzugroße Aengstlichkeit wieder entzogen werden. Wird nun aber das Recht zum Betriebe eines Preßgewerbes, wie dieß doch bei allen anderen Gewerben der Fall ist, als Ausfluß der natürlichen Freiheit aufgefaßt, so ergibt sich von selbst die Consequenz, daß dasselbe nur kraft eines Strafgesetzes durch ein Strafgericht und jedenfalls nur wegen persönlicher Verschuldung des Betref-

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Anträge des Großherzogtums Baden in der Bundesversammlung

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fendem diesem entzogen werden kann. Diesen gesicherten Rechtsstand wünscht jedenfalls die Großherzogliche Regierung durch die Landesgesetzgebung der Presse zu gewähren. Aus den im Vorstehenden angegebenen allgemeinen Gründen und bei dem engen Zusammenhange der Bestimmungen des § 2 mit den übrigen Vorschriften des Bundesbeschlusses vom 6. Juli 1854 beantragt denn die Großherzogliche Regierung: daß der Bundesbeschluß vom 6. Juli 1854 über die Presse seinem ganzen Wortlaute nach außer Kraft gesetzt und die Erlassung der nöthigen gesetzlichen Vorschriften zur Verhinderung des Mißbrauches der2 Preßfreiheit der einzelnen Bundesregierungen anvertraut werde; eventuell, daß, wenn eine Mehrheit der hohen Bundesregierungen hierauf nicht eingehen zu können glauben sollte, die Aufhebung des Concessionssystems, wie es jener Bundesbeschluß anordnet, als unverschieblich beschlossen werden möge. Auf Präsidialvorschlag wurde beschlossen: vorstehenden Antrag der Großherzoglich-Badischen Regierung an den politischen Ausschuß zu verweisen. § 229. Maßregeln zur Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ordnung und Ruhe im Deutschen Bunde, insbesondere das Vereinswesen betreffend. (21. Sitz. § 219 v. J. 1854.)

Baden. Der Bundesbeschluß vom 13. Juli 18543, welcher im Interesse der gemeinsamen Sicherheit und Ordnung allgemeine Grundsätze für die landesgesetzliche Regelung des Vereinswesens aufstellte, war aus dem natürlichen und wohlbegründeten Streben der Bundesregierungen hervorgegangen, Garantieen gegen die Wiederkehr beklagenswerther Zustände, wie sie über das ganze Bundesgebiet gebracht worden waren, zu schaffen. Zu diesen Garantieen schien denn namentlich, nach den Zeiten äußerster politischer Aufregung, die Festsetzung eines Minimums der der Staatsgewalt durch die Partikulargesetzgebung einzuräumenden Befugnisse gegen Vereine und Versammlungen zu gehören. Die innere Begründung solcher Bestimmungen wurde damals allerseits anerkannt, und es können auch die guten Früchte derselben, wo sie zur Ausführung gebracht wurden, nicht geläugnet werden. Nachdem nunmehr aber geordnete Rechtszustände in Deutschland wiedergekehrt sind, erscheint es aus formellen und materiellen Beziehungen bedenk2 Emendiert. Vorlage: den. 3 Siehe QGDB III/2, Dok. 52.

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lich, solche nur besonderen Bedürfnissen der Zeit entnommene Normen dauernd fortbestehen zu lassen, vielmehr darf mit Sicherheit angenommen werden, daß dermalen sämmtliche Bundesregierungen bezüglich des Vereinswesens die nach den Bedürfnissen ihrer Staaten erforderliche Begrenzung der individuellen Freiheit selbst richtig erkennen und ihre Gesetzgebung danach einzurichten bemüht und es zu können in der Lage sind. Für das Verlassen der bisherigen gleichförmig auf das ganze Bundesgebiet ausgedehnten Vorschriften spricht sowohl das Souverainetätsverhältniß der einzelnen Bundesglieder, als die Rücksicht auf die ernstliche Handhabung des Gebotenen und endlich der Inhalt des bestehenden Beschlusses. Das unmittelbare Eingreifen der Bundesgewalt in ein Gebiet, welches der Natur der Sache nach der durch die Verfassungen geregelten Gesetzgebungsund Executivgewalt des einzelnen Staates untersteht, erscheint schon nach dem allgemeinen Grundsatze, nach welchem bei dem Abschlusse der Bundesverträge die Selbstständigkeit der einzelnen Staaten nur in gewissen ganz bestimmten Richtungen zu Gunsten der Allgemeinheit begrenzt wurde, im Rechte nicht völlig begründet. Zu diesen der regelmäßigen Competenz der Bundesversammlung unterstellten Gegenständen gehört aber das Vereinswesen überall nicht. Diese principielle Rücksicht fällt um so schwerer in’s Gewicht, als auch der praktische Nutzen allgemeiner Normen, deren Handhabung lediglich von dem guten Willen oder der Auffassung der einzelnen Regierungen abhängt, dann sehr zweifelhaft ist, wenn in der Auslegung und Anwendung derselben sich in den einzelnen Bundesländern eine wesentliche Verschiedenheit zeigt. Eine solche Verschiedenheit hat denn aber die Erfahrung der letzteren Zeit dargethan. Und was endlich den materiellen Inhalt des Bundesbeschlusses vom 13. Juli 1854 anbelangt, so darf wohl behauptet werden, daß das demselben zu Grunde gelegte Präventivsystem in seiner vorgeschriebenen weitesten Anwendung schon an und für sich doctrineller und praktischer Bestreitung unterworfen ist. Es muß dasselbe aber insbesondere, namentlich in der vom Bunde angenommenen Ausdehnung, als absolut unvereinbar mit den Grundsätzen bezeichnet werden, welche auf anderen Gebieten des Staatslebens in der Mehrzahl der Bundesstaaten die leitenden geworden sind, wie z. B. für die Presse, das Gewerbewesen. Die Großherzogliche Regierung glaubt daher, daß die hohe Bundesversammlung an Grundsätzen, welche sie für bestimmte, durch Ausnahmszustände hervorgerufene Zeitforderungen aufgestellt hat, nicht länger festhalten sollte, und daß der Zeitpunkt gekommen ist, wo den Bundesregierungen selbst mit Vertrauen die Sorge der nöthigen Ueberwachung des Vereins- und Versammlungsrechtes, welche nicht minder eine Pflicht der einzelnen Landesre-

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gierungen ist, als sie im Interesse der Gesammtheit des Bundes liegt, wieder in die Hand gegeben werden könne und stellt den Antrag: die hohe Bundesversammlung möge ihren Beschluß vom 13. Juli 1854, die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für das Vereinswesen in den sämmtlichen deutschen Bundesstaaten betreffend, aufheben und dabei aussprechen, daß sie mit vollem Vertrauen den Bundesregierungen selbst die Erlassung der in gedachter Beziehung nöthigen gesetzlichen Bestimmungen auf dem Wege der Landesgesetzgebung überlasse. Auf Vorschlag des Präsidiums wurde beschlossen: diesen Antrag der Großherzoglich-Badischen Regierung dem politischen Ausschusse zu überweisen.

134. Bernstorff an Werther GStA Berlin, I. HA, Rep. 81, Gesandtschaft zu Wien II, Nr. 302, Vol. III. Geheimer Erlaß. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 14. Juli 1862. Druck: Die auswärtige Politik Preußens, Bd. 2/2, Nr. 473, S. 693–697.

Bernstorff widerspricht der Auffassung Rechbergs, Preußen habe mit der Depesche vom 20. Dezember 1861 die Initiative zur Bundesreform ergriffen. Die Depesche hat somit keinen zwingenden Anlaß für die identischen Noten vom 2. Februar 1862 und die nachfolgenden Reformberatungen gegeben. Die preußische Regierung war bereit, sich mit Österreich über die Bundesreformfrage zu verständigen, aber von Wien ist kein Schritt zur Vorverständigung mit Preußen getan worden, man hat vielmehr in geheimen Verhandlungen den Versuch gemacht, mit den Mittelstaaten gemeinsame Vorschläge zustandezubringen, die dem preußischen Standpunkt zuwiderlaufen. Preußen verwahrt sich dagegen, daß Österreich und die Mittelstaaten das Prädikat „föderativgesinnt“ ausschließlich für sich in Anspruch nehmen. Preußen steht ebenso wie diese Regierungen auf dem Boden des Bundesrechts. Die preußische Nichtteilnahme an den Wiener Beratungen über die Bundesreform wurde hervorgerufen durch das Vorgehen Österreichs und einiger anderer deutscher Regierungen gegen Preußen in Fragen, welche den Lebensnerv der preußischen Politik berühren.

Geheim. durch Engl. Courier

Berlin, 11. Juli 1862

Hochwohlgeborener Freiherr, Meinen gestrigen vertraulichen Erlaß, betreffend die in Wien stattfindenden Besprechungen über Bundesreformen, begleite ich noch mit einigen Bemer-

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kungen, zu denen mir die uns von dem Grafen Karolyi gemachte Mittheilung1 Veranlassung giebt. Eure Excellenz finden anliegend eine Abschrift dieser als streng vertraulich zu behandelnden Mittheilung. Es hat mich darin zunächst eine Andeutung befremdet, welche sich an die Frage anschließt, ob der gegenwärtige Augenblick für die Aufnahme der Bundesreform-Verhandlungen ein günstiger sei. Graf Rechberg meint nämlich, daß, nachdem einmal durch meine Depesche vom 20. December 1861 und die identischen Noten vom 2. Februar d. J.2 der Anstoß gegeben worden, die Reformfrage nicht mehr ruhen dürfe. Es läge vielmehr für das Wiener Cabinet die Nothwendigkeit vor, von den allgemeinen Andeutungen jener Noten zu den entsprechenden näheren Vorschlägen überzugehen. Diese Nothwendigkeit will ich nicht näher untersuchen, aber ich darf nicht unerwähnt lassen, daß nicht Preußen mit der Depesche vom 20. December 1861 die Initiative in der Bundes-Reform-Frage ergriffen hat. Unserer Depesche ist vielmehr ein lebhafter Meinungsaustausch zwischen Dresden und Wien über dieselbe Frage vorangegangen. So wenig ferner in jener Depesche eine zwingende Veranlassung zu dem Einschlagen des Weges gegeben war, den das Wiener Cabinet mit der identischen Note vom 2. Februar solidarisch mit einer Anzahl anderer Deutscher Regierungen betrat, eben so wenig war eine solche Nöthigung für die Fortsetzung dieses solidarischen Verhältnisses nach unserer Beantwortung der identischen Noten und nachdem wir unsere ganz bestimmte Stellung zu der in denselben enthaltenen Basis für die Bundesreform genommen hatten, für Oesterreich vorhanden. Denn es wird dem Grafen Rechberg doch gewiß erinnerlich sein, und ich darf mich hierbei nur auf meinen vertraulichen Erlaß an Eure Excellenz vom 12. Februar d. J.3 beziehen, daß an unserer Bereitwilligkeit zu einer Verständigung mit dem Wiener Cabinet über die Bundesreformfrage auch nach unserer Antwort auf die identischen Noten nicht zu zweifeln war. Ich schrieb Eurer Excellenz unter jenem Datum: „Es ist mir erfreulich gewesen, aus den Aeußerungen des Grafen Rechberg zu entnehmen, daß . . . das Wiener Cabinet nach wie vor sehr bereit sei, sich mit uns über Letztere (die Bundesreform) zu verständigen. Wenn Graf Rechberg zu diesem Zwecke indessen wiederum von uns Vorschläge über die Basis dazu zu haben wünscht, so wollen wir nicht verhehlen, daß wir uns hiezu nicht 1 Siehe Dok. 131. 2 Siehe Dok. 100 und 107. 3 Bernstorff an Werther, 12. Februar 1862, Regest und Auszug in: Die auswärtige Politik Preußens, Bd. 2/2, Nr. 443/2, S. 578 f.

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in der Lage zu befinden glauben . . . Es scheint uns daher jetzt unter allen Umständen angemessener und wünschenswerther, daß uns von Wien aus die Vorschläge zur Verständigung über eine Bundesreform gemacht werden. – Nur das muß ich schon jetzt bemerken, daß wir eine Basis, welche sich den Triasideen zuneigt, nicht würden annehmen können.“ Von Wien aus ist indessen hierauf kein Schritt zu einer Vorverständigung mit uns über die Reform-Frage gethan worden. Man hat dort vielmehr in fortgesetzten geheimen Verhandlungen mit den Würzburger Conferenzstaaten den Versuch gemacht, mit diesen Staaten gemeinsame Vorschläge zu Stande zu bringen, und zwar auf einer Grundlage und in einer Richtung, welche unserem Standpunkte durchaus zuwiderlief. Nachdem jene Verhandlungen Monate lang im schriftlichen Wege geführt worden und die Vergeblichkeit der Bemühungen zu Tage getreten ist, auf diesem Wege zum Ziele zu gelangen, wird nun der Versuch dazu auf einer Gesandten-Conferenz gemacht, zu der sich die Betheiligten zum Theil nur mit Widerstreben bereit erklärt haben. Statt der besonderen Verständigung mit uns, von der seit dem Schriftwechsel über die identischen Noten nicht mehr die Rede gewesen ist, schlägt nunmehr Graf Rechberg uns eine einfache Theilnahme an diesen erweiterten Würzburger Conferenzen vor, und zwar auf der in den identischen Noten angedeuteten Grundlage, gegen welche wir uns ausdrücklich erklärt haben. Wir wollen gegen jene Conferenzen eben so wenig jetzt wie früher irgend einen Einspruch oder Tadel erheben, wiewohl sie uns nicht auf dasjenige Hauptziel gerichtet erscheinen, dessen Verfolgung allein der nationalen Agitation ihre gefährlichen Hebel entziehen kann. Allein verhehlen will ich Eurer Excellenz nicht, daß wir eine förmliche Einladung zu denselben nach den im Vorangehenden angedeuteten thatsächlichen Sachverhältnissen nicht erwartet haben. Wir hätten uns eine solche Einladung vollkommen erklärt, wenn sie von einer Aeußerung begleitet gewesen wäre, die eine Annäherung an unseren Standpunkt von Seiten der Unterzeichner der identischen Noten, oder ein sonstiges Entgegenkommen in der Sache selbst in Aussicht gestellt hätte. Da aber dies nicht der Fall ist, da vielmehr die vertrauliche Depesche des Grafen Rechberg vom 2. Juli4 diese seltsame Voraussetzung ausspricht, daß wir den Standpunkt der Depesche vom 20. December möglicher Weise würden verändern, dies jedoch nicht durch eine plötzliche oder auffallende Wendung thun wollten, so scheint es, daß ein Mißverständniß zu jener förmlichen Einladung mit beigetragen hat. Wir haben aber unsererseits zu mißverständlichen Voraussetzungen über Preußens Stellung zur Deutschen Reformfrage jedenfalls keine Veranlassung 4 Siehe Dok. 131.

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gegeben. Eure Excellenz wollen hierauf hinzudeuten dem Grafen Rechberg gegenüber nicht unterlassen. Auch dagegen müssen wir uns verwahren, daß, wie in der Depesche des Kaiserlich Oesterreichischen Ministers in indirecter Weise geschieht, für die zu der identischen Note vereint gewesenen, und den sogenannten gesammtoder großdeutschen Standpunkt vertretenden Regierungen, mit einer gewissen Ausschließlichkeit das Prädikat „föderativ-gesinnt“ in Anspruch genommen werde. Preußen steht ebenso wie jene Regierungen auf dem positiven Boden des Bundesrechts, und wird ihren Reformansichten auch in dieser Beziehung keinen Vorzug vor den eigenen einräumen. Was schließlich die tief zu beklagende Unregelmäßigkeit anbelangt, welche die mehrfach erwähnte Depesche des Grafen Rechberg in dem Umstande findet, daß Preußen an den Wiener Berathungen über Deutsche Bundesreformen sich nicht betheiligt, so wird keinem Unbefangenen entgehen, daß diese Unregelmäßigkeit gerade durch das solidarische Vorgehen Oesterreichs und einer Anzahl deutscher Regierungen gegen Preußen, sowohl in jener Frage, als auch in einigen, damit mehr oder weniger eng zusammenhängenden anderen schwebenden Fragen, hervorgerufen ist, welche den Lebensnerv der Preußischen Politik berühren. Der gegenwärtige Erlaß ist nur zu Eurer Excellenz persönlicher Kenntnißnahme und Orientirung, nicht aber zur Mittheilung an den Grafen Rechberg bestimmt. Empfangen Eure Excellenz die erneuerte Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung. Bernstorff

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Mohl an Rogggenbach

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135. Mohl an Rogggenbach GLA Karlsruhe, 48/1482. Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 24. Juli 1862.

Mohl berichtet über das Erste Deutsche Schützenfest in Frankfurt, das ohne Unannehmlichkeiten ablief. Weder die Befürchtungen der einen noch die Hoffnungen der anderen sind erfüllt worden. Es gab keine Streitigkeiten und keine Demonstration gegen die bestehende Ordnung und den Bundestag. Der Versuch der demokratischen Partei, das Schützenwesen zu demokratisieren, ist vereitelt worden, weder die kleindeutsche noch die großdeutsche Richtung hat eine entschiedene Förderung erhalten. Das Fest hat aber durchaus eine politische Bedeutung gehabt. Von Freiheit war anders als 1848 wenig die Rede, und es scheint, daß die Wünsche sich vor allem auf eine größere Macht und Einheit Deutschlands beziehen. Die Versammlung wies insofern einen ausgeprägten demokratischen Geist auf, als man das monarchische Prinzip ignorierte und ganz selbstverständlich davon ausging, daß das Volk selbst die Einheit Deutschlands anstreben und erreichen werde. Daran zeigt sich, daß es ein großer Fehler war, den deutschen Einheitsgedanken nicht zur Sache der Regierungen zu machen, sondern ihn auf der Straße zu lassen. Über die Mittel und Wege zur Einheit herrscht große Verschiedenheit der Meinungen. Gleichwohl wird das Schützenfest Folgen haben, weil es das Bewußtsein der nationalen Einheit verstärken wird. Auch wird es als Argument für die Wehrhaftigkeit des Volkes und gegen die Notwendigkeit stehender Heere ausgebeutet werden.

Frankfurt am Main, 23. Juli 1862 Hochgeehrtester Herr Präsident! Das große hiesige Schützenfest1 ist gestern zu Ende gegangen u. zwar, wie sein ganzer Verlauf war, in vollständiger Ruhe und Ordnung. Das Fest hat von dem Eröffnungszuge an seinen Charakter beibehalten, nemlich eine überraschend große u. fast überwältigende Theilnahme, sowohl von Schützen, als von bloßen Zuschauern; eine verständige und energische Leitung von Seiten des Comités und der die Frankfurter Polizei führenden Frankfurter Turner; eine allgemeine Freundlichkeit und Vermeidung aller Unannehmlichkeiten von Seiten sämmtlicher Theilnehmer. Wenn die allmälig sich einstellende Ermattung auch den Wunsch nach endlichem Schluße sehr allgemein machen mußte, so ist doch wohl der Gesammteindruck für alle Theilnehmer und Zuschauer ein günstiger gewesen. Ohne Zweifel hat die anfängliche Anwesenheit S. H. des Herrn Herzogs von Coburg, dessen sehr tactvolles Verhalten allgemein anerkannt worden ist, viel zu dem richtigen Tone des Ganzen beigetragen. Es sind mit einem Worte weder die Befürchtungen der Einen, noch die Hoffnungen der Andern erfüllt worden. Das Fest hat keine Streitigkeiten unter Parteien und Landsmannschaften, keine Demonstration gegen die bestehende 1 Das Erste Deutsche Schützenfest fand vom 13.–22. Juli 1862 in Frankfurt auf der Bornheimer Heide statt; siehe oben Dok 130, Anm. 3; vgl. Weismann (Hrsg.), Das allgemeine deutsche Schützenfest zu Frankfurt am Main, Juli 1862.

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Robert von Mohl (1799–1875)

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Ordnung, namentlich auch nicht gegen den Bundestag, hervorgerufen, es ist nicht der Anfang irgend einer Bewegung geworden. Auf der andern Seite ist auch der von den Führern der hiesigen demokratischen Partei im Vereinsvorstande gemachte Versuch, das ganze Schützenwesen bewußt zu demokratisiren, vereitelt worden, es scheinen keinerlei Plane zu einem bestimmten Handeln in politischer Beziehung verabredet worden zu sein; es hat weder die großdeutsche noch die kleindeutsche Richtung eine entschiedene Förderung und Stütze erhalten. An Reden hat es freilich nicht gefehlt, und manche derselben waren extravagant, einige auch gehässig genug; allein die meisten giengen über die banale Phrase nicht hinaus, und eine unmittelbare Wirkung konnte keine derselben schon aus dem einfachen Grunde haben, weil sie in dem betäubenden Lärmen der Festhalle kaum von einigen Wenigen gehört wurden. Bekanntgeworden sind sie erst nachträglich durch die Preße. Dessenunerachtet möchte ich nicht behaupten, daß das Fest keine politische Bedeutung habe. Vielmehr scheint mir dies in doppelter Beziehung der Fall zu sein; einmal als Criterium der bestehenden Zustände, und zweitens als wenigstens entfernte Quelle von Handlungen. In ersterer Beziehung fiel mir dreierlei als denkwürdig auf. Vor Allem, daß in den vielen Reden von Freiheit oder Freiheiten sehr wenig u. nur gar gelegentlich die Rede war. Der Unterschied in dieser Beziehung war sehr auffallend, wenn man das Gesagte mit den Volksreden vom Jahr 1848 verglich. Es scheint also, daß die Bedürfniße und Wünsche in dieser Richtung gegenwärtig so ziemlich befriedigt sind, und daß die letzteren sich fast ausschließlich auf eine größere Macht u. Einheit Deutschlands beziehen. Sodann aber fiel mir der sehr ausgeprägte democratische Geist der Versammlung auf. Nicht daß er sich in Ungezogenheiten oder directen Angriffen gegen das monarchische Princip geäußert hätte; sondern vielmehr, weil man eigentlich die Existenz desselben u. seine mögliche Bedeutung für die ausgesprochenen nationalen Wünsche ganz ignorirte. Es verstand sich in allen den zahllosen Reden ganz von selbst, daß das Volk selbst die Einheit Deutschlands anstreben und endlich erreichen werde. Auch wo von revolutionairen Mitteln u. Gedanken keine Rede war, (was freilich gelegentlich auch vorkam) kam wenigstens eine zu hoffende Thätigkeit der Regierungen gar nicht in Betracht, und es zeigte sich, wie unglücklich es ist, daß die längst vorgetragene Warnung, den deutschen Einheitsgedanken nicht auf der Straße zu laßen, sondern ihn zur ehrlichen, geschäftsmäßigen Verhandlung der Regierungen zu machen, sowenig Gehör gefunden hat. Nach dem jetzt Geschehenen scheint mir der Fehler schwer wieder gut gemacht werden zu können. Endlich ist mir darüber kein Zweifel geblieben, daß in der Masse bis jetzt ein irgend klarer Begriff über die Mittel und Wege, welche zu größerer Einheit führen können, und über die unvereinbare Verschiedenheit derselben nicht das

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geringste Verständniß besteht. Allerdings mögen wohl manche der Redner sich der Sache klarer bewußt gewesen sein, und hätten sie wohl auch gerne deutlicher gesprochen; allein die Stimmung der ganzen großen Masse war von der Art, daß jede ausschließende Maaßregel und jede Polemik übel aufgenommen worden wäre, und man über die allgemeinste, inhaltlose Phrase nicht hinausgehen konnte. Diese Unklarheit mag allerdings zunächst inso [sic] fern ein Vortheil sein, als sich gewaltige u. zum Handeln bereite Parteien zur Durchführung eines bestimmten Zweckes u. Mittels in solchem Zustande nicht bilden lassen; allein auf der anderen Seite erschwert natürlich auch eine so geringe Verbreitung scharfer Einsicht die Bildung einer vernünftigen u. unüberwältigenden Meinung. Es ist zu fürchten, daß früher Ereigniße eintreten als ein Verständniß. Bei solchen Auffassungen möchte es vielleicht als ein innerer Widerspruch erscheinen, wenn ich das Schützenfest doch auch als ein[en] Ausgangspunkt für Erscheinungen im Leben betrachte. Ich glaube aber, daß solche Folgen doch in mehreren Beziehungen zu erwarten sind, nur freilich nicht in bestimmter u. unmittelbar nachweisbarer Form. – Zunächst bin ich der Ansicht, daß das Bewußtsein der nationalen Einheit durch dieses Zusammenströmen und freundliche Verkehren so vieler Tausende und durch deren Berichte in der Heimath sich wesentlich vermehren u. stärken wird. Die Folgen hievon mögen nicht zu berechnen sein; allein die Kraft kann sich unversehends gelten [sic] machen, sei es zum Guten, sei es zum Bösen. Namentlich werden die jetzt ohne Zweifel regelmäßig sich folgenden kleineren u. größeren Schützenfeste viel zur Verbreitung in den mannigfachsten Kreisen beitragen; zu gleicher Zeit freilich auch zu dem Bewußtsein der Wehrhaftigkeit, also im Nothfalle der Möglichkeit einer Durchführung mit Gewalt. – Sodann scheint mir, daß diese großen Schießübungen mehr und mehr zu einer vielleicht ganz unverständigen Argumentation gegen die Nothwendigkeit stehender Heere werden ausgebeutet werden. Unverkennbar hat das geordnete u. mehr als halb militairische Auftreten der Schweizer einen großen Eindruck in dieser Richtung gemacht u. sie selbst haben demselben in ihren Reden noch gehörig nachgeholfen. – Ferner kann ich es mir nur als einen Vortheil auch auf practischem Gebiete denken, daß die zahlreich hier gewesenen Schweizer nicht nur mit der ihnen gewordenen Aufnahme sehr zufrieden waren, sondern daß ihnen auch offenbar der ungeheure Zusammenfluß, die Ordnung, wohl auch der hervortretende democratische Sinn der Menge, sie sichtlich überraschten. Sie haben die Anschauung mitgenommen, daß hier eine mächtige, wenn auch nicht genügend geordnete Nation vorhanden und in Bewegung sei. Ich halte es daher für wahrscheinlich, daß künftig in politischen Combinationen und wohl auch in einzelnen Verhandlungen mit der Schweiz ein leichteres Verständniß stattfinden kann. Nicht aus den Augen gelaßen darf dabei namentlich werden, daß

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König Maximilian II. an Schrenk

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unter den Anwesenden mehrere ihrer Staatsmänner und Führer waren. – Endlich sei es mir noch gestattet, die Hoffnung auszudrücken, daß der Aufenthalt in Frankfurt für die Tiroler eine gute Erziehungsmaaßregel war. Der Anblick einer großen und schönen Stadt ohne Heiligenbilder u. voll Protestanten, sowie die sehr freundliche Aufnahme in derselben und von denselben war für sie, wie sie sich oft naiv äußerten, etwas ganz Neues u. Ueberraschendes. Die ihnen mitgegebene Ueberwachung von Geistlichen und ultramontanen Parteiführern hat nicht ausgereicht, und es wird sich hoffentlich die Tradition in ihren Bergen verbreiten, daß in der Welt nicht Alles so sei, wie man es ihnen glauben machen wolle. Ich darf schließlich noch gehorsamst berichten, daß sehr häufig der Wunsch gegen mich geäußert worden ist, S. K. H. der Großherzog möchten das Fest mit HöchstIhrer Gegenwart beehren. Sie würden mit Jubel aufgenommen worden sein. Verehrungsvoll verharrend: Mohl

136. König Maximilian II. an Schrenk HStA München, MA 494. Schreiben. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 31. Juli 1862.

König Maximilian will „nimmermehr freiwillig“ der Schaffung eines Bundesgerichts zustimmen und fordert Schrenk auf, bei den übrigen Mittelstaaten dahin zu wirken, daß auch diese den vorgelegten Entwurf ablehnen.

Berchtesgaden, 30. Juli 1862 Herr Staats Minister p. Freyherr von Schrenk! Der mit Ihrem Berichte vom 23. d. Mts1 Mir vorgelegte Entwurf eines Bundesbeschlusses „die Errichtung eines Bundesgerichtes betreffend“, erweckt in Mir so wesentliche und weit gehende Bedenken, daß Ich Mich nimmermehr freiwillig werde entschließen können, auf die Errichtung eines solchen Bundesgerichtes einzugehen, welch Letzteres nach Meiner Meinung sich auf die Behandlung materieller Fragen zu beschränken hätte. Ich bin der Ansicht, daß eine gleiche oder ähnliche Anschauung dieser Frage in allen jenen deutschen Staaten Platz greifen dürfte, welche auf ihre Unabhängigkeit noch zu halten 1 Antrag Schrenks an König Maximilian II., 23. Juli 1862, HStA München, MA 494. Der König bezieht sich auf den von Österreich bei den Wiener Reformberatungen am 7. Juli 1862 vorgelegten Entwurf. Vgl. Dok. 132.

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gesonnen sind, und glaube, daß es in unserm Interesse gelegen, in Sachsen, Hannover, Württemberg und im Großherzogthum Hessen, vielleicht auch in Nassau und Mecklenburg dahin zu wirken, daß eine zustimmende Erklärung für den vorliegenden Entwurf auch dort nicht erfolge. p. Graf Bray ist vorläufig von dieser Meiner Anschauung in Kenntniß zu setzen. Mit bekannten Gesinnungen, Ihr wohlgewogener König Max

137. Zweite Besprechung Österreichs und der Mittelstaaten in Wien über eine Bundesreform HStA München, MA 494. Beglaubigte Ausfertigung. Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 2, S. 496–503.

Die mittelstaatlichen Regierungen stimmen dem österreichischen Vorschlag zu, nicht mit einer umfassenden Bundesreformakte hervorzutreten, sondern die einzelnen Aufgaben der Reform getrennt zu behandeln. Ein vollständiges Reformprogramm würde von Preußen abgelehnt, während die sukzessive Behandlung den Beitritt Preußens zu den Reformberatungen solange wie möglich offenhalte. Der österreichische Vorschlag zur Einrichtung einer Delegiertenversammlung wird angenommen. In bezug auf das Bundesgericht wird beschlossen, nicht den österreichischen Entwurf der Bundesversammlung vorzulegen, sondern den Ausschuß für das Bundesgericht aufzufordern, seine Verhandlungen wieder aufzunehmen und bald Bericht zu erstatten. Ferner schließen sich die Anwesenden dem österreichischen Vorschlag an, die Reformanträge in der letzten Bundestagssitzung vor den Ferien am 14. August einzubringen, um die Sache nicht weiter zu verzögern.

Wien, 10. August 1862 Registratur. Zweite vertrauliche Besprechung über Vorschläge zur Reform der deutschen Bundesverfassung, abgehalten zu Wien im kk. Ministerium des Aeußern, am 10. August 1862. Gegenwärtig: die in der Conferenz vom 7. Juli1 Anwesenden. Der kk. Minister des Aeußeren, Graf von Rechberg eröffnet die Berathung mit dem Bemerken, daß er die Herren Gesandten, nachdem sie die Gefälligkeit 1 Siehe Dok. 132.

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gehabt, ihn von dem Eintreffen der erwarteten Instruktionen zu benachrichtigen, nunmehr einlade, die Erklärungen ihrer hohen Regierungen über die Vorlagen vom 7. v. M. abgeben zu wollen. Reihenfolge der Berathungsgegenstände. Anknüpfend an diese frühere Verhandlung ersucht Graf von Rechberg zuvörderst um die Aeußerungen der Gesandten über die bei der Berathung der einzelnen Reformfragen einzuhaltende Reihenfolge. Die Gesandten von Baiern, Sachsen, Hannover, Kurhessen und Großherzogthum Hessen, letzterer zugleich für Nassau, erklären, daß ihre Regierungen gegen die über diesen Punkt von dem kais. Cabinete in der Conferenz vom 7ten entwickelten Ansichten keine Einwendung zu erheben gefunden haben. Der kön. Württembergische Gesandte, Freiherr von Ow gibt die nachstehende Erklärung ab: Seine hohe Regierung sei völlig einverstanden mit der von der kais. österreichischen Regierung kundgegebenen Anschauung, wonach die Verhandlungen über eine Reform der Bundesverfassung überhaupt sich auf folgende vier Punkte, nämlich 1. Einberufung ständischer Delegirter zum speciellen Zwecke der Begutachtung der von den Regierungsvertretern auszuarbeitenden Gesetzesentwürfe über Civilprozeß und Obligationenrecht; 2. Theilnahme ständischer Delegirter an der Bundesgesetzgebung als organische Einrichtung; 3. Einsetzung einer mehr concentrirten Exekutive des Bundes und 4. Einsetzung eines Bundesgerichtes zu beziehen haben werden. In Absicht auf die formelle Behandlung der Sache, würde sie es jedoch weitaus vorgezogen haben, wenn die bei der Conferenz vom 7. Juli d. J. betheiligten Regierungen zunächst ihre Ansichten über sämmtliche vorbezeichnete Berathungsgegenstände festgestellt und sich über die hiernach an den Bund zu bringenden Anträge verständigt haben würden, um sodann mit einem vollständigen, alle Richtungen, in welchen eine Reform der Bundesverfassung überhaupt für nöthig erachtet werde, umfassenden Programm an den Bund, d. h. vor die Oeffentlichkeit zu treten. Für eine solche Behandlung der Sache hätten der königl. Regierung sehr gewichtige Gründe vorzuliegen geschienen, welche theils der Natur der Sache, namentlich dem engen inneren Zusammenhange zwischen den verschiedenen, in Aussicht genommenen organischen Bundeseinrichtungen, theils der Rücksichtsnahme auf die öffentliche Meinung der Nation, welche mit zum Theil hochgespannten Erwartungen den schon so lang in Aussicht gestellten Reformvorschlägen entgegensehe und durch das Hervortreten mit vereinzelten Anträgen voraussichtlich sich wenig befriedigt finden werde, theils endlich der Betrachtung ent-

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nommen seien, daß die Hoffnung der kais. österreichischen Regierung, durch die von ihr vorgeschlagene successive Behandlung der gedachten Berathungsgegenstände die kön. preußische Regierung doch noch zur Betheiligung an den unternommenen Reformverhandlungen zu gewinnen, nach der seitherigen Haltung dieser Regierung, wie auch nach ihren neuesten Erklärungen zum Mindesten als eine sehr zweifelhafte betrachtet werden müsse. Nachdem nun aber die sämmtlichen übrigen bei der Conferenz vom 7. Juli d. J. vertretenen Regierungen sich mit der von Oesterreich vorgeschlagenen Behandlung der Sache einverstanden erklärt haben, wolle die königl. Regierung, beseelt von dem Wunsche, jede Störung der so nothwendigen und so glücklich bestehenden engen Verbindung der bundestreuen Regierungen zu vermeiden, und mit ihren Genossen auch in dieser Angelegenheit soweit als irgend möglich Hand in Hand zu gehen, in Absicht auf die formelle Behandlung der Berathungsgegenstände von den oben angedeuteten Bedenken vorerst Umgang nehmen. Der Vorsitzende Graf von Rechberg bemerkte: Er nehme mit Vergnügen Akt von der Erklärung des Freiherrn von Ow, daß die kön. württembergische Regierung im Interesse der so sehr zu wünschenden Einigung zwischen den föderativ gesinnten Höfen von den so eben dargelegten Bedenken abzusehen geneigt sei. Was jedoch diese Einwendungen selbst betreffe, so dürfe er in das Gedächtniß zurückrufen, daß das kais. Cabinet bereits in der Circulardepesche vom 17. März2 den Vorschlag, nicht mit dem Projekte einer umfassenden Bundesreform-Akte aufzutreten, sondern die einzelnen Aufgaben der Reform vorläufig getrennt zu behandeln, entwickelt habe, und daß dieser Vorschlag von der kön. württembergischen Regierung nicht weniger wie von den übrigen betheiligten Höfen gebilligt worden sei. Wäre gleich damals eine entgegengesetzte Ansicht geltend gemacht worden, so hätte man sich vielleicht für die Aufstellung eines vollständigen Reformprogramms entscheiden können, jetzt aber ließe sich das im Sinne der Depesche vom 17. März vorbereitete Geschäft nicht mehr ohne Nachtheil rückgängig machen. An gewichtigen Gründen für die von dem kais. Cabinete bevorwortete Modalität scheine es übrigens auch jetzt noch keineswegs zu fehlen. Der Zustand des öffentlichen Geistes in Deutschland, besonders in Preußen, sei wohl kaum von der Art, um die Annahme zu rechtfertigen, daß Preußen einem vollständigen Reformprojekte, wie es von den bundestreuen Regierungen vorgelegt werden könne, seine Zustimmung nicht würde vorenthalten können. Ein solches ohne seine Theilnahme ausgearbeitetes Projekt werde Preußen im Gegentheile sicher verwerfen, und da an die Ausführung der vollständigen Reform, namentlich die Verstärkung der Exekutive, ohne Preußen nicht gedacht werden könne, so würden 2 Siehe Dok. 124.

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nach Vorlegung eines allgemeinen Reformplanes und dessen Verwerfung durch Preußen die Mittel der bundestreuen Regierungen total erschöpft sein und die preußische Negation würde allein das Feld behaupten. Die vorgeschlagene successive Behandlung der Berathungsgegenstände habe dagegen den Vortheil, daß sie die Eventualität des Hinzutritts Preußens zu den Reformberathungen so lange wie möglich offen halte. Es sei zu hoffen, daß die öffentliche Meinung Deutschlands in ihrem gesünderen Theile dieses Motiv der Zurückhaltung würdigen und auf das von dem Reformwerke sich abwendende Preußen einen heilsamen Druck ausüben werde. Überdies gehöre eine Einigung über die beiden organischen Fragen der Gründung einer stärkeren Exekutive und der Einfügung eines repräsentativen Elementes in die Bundesverfassung erfahrungsmäßig zu den schwierigsten Aufgaben, und je größer die Spannung sein möge, mit welcher die Meinung in Deutschland die Vorschläge der bundesgetreuen Regierungen erwarte, auf eine desto härtere Probe werde sie gestellt werden, wenn jetzt plötzlich wieder der erste Schritt in der Reformfrage bis zu einem umfassenden Einverständnisse über jene beiden Aufgaben vertagt werden solle. Verhältniß zu Preußen. Dieser Gegenstand wird hiemit verlassen, und der Vorsitzende gibt den Herren Gesandten anheim, sich über die vom kais. Cabinete laut der Registratur vom 7. v. M. (Seite 13) geäußerten Bemerkungen über die Eventualität einer Ausführung der beabsichtigten Anträge3 im Kreise der betheiligten Regierungen auszusprechen. Die Gesandten von Baiern, Württemberg und Großherzogthum Hessen sind durch ihre Instruktionen zu einer Aeußerung über diesen Punkt nicht veranlaßt. Der königl. sächsische Gesandte glaubt nach den ihm zugekommenen Weisungen voraussetzen zu können, daß seine hohe Regierung im Allgemeinen die von Oesterreich dargelegte Anschauungsweise theile, will jedoch den weiteren Aeußerungen, zu welchen sein Hof sich demnächst veranlaßt sehen könnte, nicht vorgreifen. Der königl. hannoversche Gesandte bemerkt, daß er beauftragt sei, sich eine Aeußerung über die erwähnte Eventualität vorerst noch vorzubehalten. Der kurfürstl. hessische Gesandte erklärt, seine hohe Regierung glaube ihre Zustimmung zu den beabsichtigten Anträgen an die Voraussetzung knüpfen zu sollen, daß diese Anträge auf das gesammte Bundesgebiet Anwendung zu finden haben würden. 3 Rechberg bezieht sich hier auf den in der Wiener Besprechung vom 7. Juli 1862 von Österreich gemachten Vorschlag, bei einer Weigerung Preußens zur Mitwirkung an der Bundesreform eine „partielle Ausführung der Reformprojekte auf föderativer Basis“ anzustreben; siehe Dok. 132, S. 702 f.

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Die Versammlung ist darüber einig, daß die weitere Berathung über diesen eventuellen Theil der Frage den später etwa eintretenden Conjunkturen vorzubehalten sei. Antrag wegen der Delegirtenversammlung. Der kais. Minister des Aeußeren erbittet sich hierauf die Erklärungen der Gesandten über den von ihm in der Conferenz vom 7. Juli vorgelegten Entwurf eines Antrags wegen Einberufung einer Delegirtenversammlung zur Berathung der Gesetzbücher über Civilprozeß und über Obligationenrecht. Der königl. baierische Gesandte, Graf von Bray, erklärt, daß der Münchener Hof diesem Entwurfe zustimme. Der königl. sächsische Gesandte, Freiherr von Könneritz, hält sich gleichfalls für ermächtigt, dem österreichischen Vorschlage pure beizustimmen, gibt jedoch gleichzeitig die Erklärung ab, daß seine hohe Regierung bei ihrer Ansicht über eine erweiterte Wirksamkeit der Delegirtenversammlung fortwährend verharre, und sich vorbehalte, diese ihre Ansicht im Schooße der Bundesversammlung zu vertreten, so wie auch im Detail Modifikationen zur Sprache zu bringen, wenn sie auch jetzt dem Zwecke der Einigung über die gestellten Anträge alles Weitere unterordne. Für Sachsen-Meiningen ist Freiherr v. Könneritz noch ohne Instruktion. Der königl. hannoversche Gesandte, Freiherr von Stockhausen, stimmt dem Vorschlage Oesterreichs mit dem Bemerken zu, daß der Hannoversche Hof sich durch den Wunsch, vereint mit seinen Bundesgenossen zu handeln, bewogen finde, über manche erhebliche Bedenken hinwegzusehen, zu welchen ihm der hier in Rede stehende Antrag, sowie jener wegen des Bundesgerichtes, an und für sich Anlaß darzubieten scheine. Für die königl. württembergische Regierung spricht Freiherr von Ow sich dahin aus, daß man es in Stuttgart vorziehen würde, wenn der Antrag wegen der Delegirtenversammlung nicht bloß in den allgemeinen Grundzügen, sondern auch in den specielleren Bestimmungen mindestens so weit ausgearbeitet würde, daß der an die Oeffentlichkeit tretende Reformvorschlag ein bestimmtes in seinen wesentlichen Anordnungen klar erkennbares Bild der beabsichtigten Institution gebe. Hinsichtlich des Entwurfs wegen des Bundesgerichts sei dies im befriedigenden Maße der Fall, nicht aber hinsichtlich des jetzt in Rede stehenden Projektes. In der Voraussicht, daß der Antrag wegen der Delegirtenversammlung in seiner jetzigen unbestimmten Fassung den bundestreuen Regierungen in der öffentlichen Meinung kaum einen Vortheil bringen werde, müsse daher die königl. Regierung zunächst wünschen, daß vor der Antragstellung am Bunde ein Entwurf näherer Bestimmungen über die Zusammensetzung, die Organisation und den Geschäftsgang der Delegirtenversammlung vereinbart werde, etwa unter Be-

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zeichnung weiterer Gegenstände, für welche dieselbe, auch so lange sie noch nicht als organische Einrichtung eingeführt würde, in Thätigkeit zu setzen wäre. Der Vorsitzende hebt hervor, daß die Aufgabe, die näheren Vorschläge wegen der Zusammensetzung und Organisation der Delegirtenversammlung zu erstatten, bereits durch den Antrag selbst dem Bundestags-Ausschusse zugewiesen werde, und daß dieser Ausschuß seinen Bericht ebenso bald, ja in kürzerer Zeit werde erstatten können, als die Regierungen sie nöthig hätten, um mit einer neuen Vorverhandlung über den Inhalt eines vollständigen Antrages zum Ziele zu kommen. Auch sei zu hoffen, daß dem Antrage wegen der Delegirtenversammlung ad hoc der Antrag wegen der organischen Einrichtung der Vertretung am Bunde in nicht zu langer Zeit nachfolgen werde. Freiherr von Ow erklärt sich eventuell, nämlich für den Fall, wenn alle übrigen an der Conferenz betheiligten Regierungen auf sofortiger Stellung des gedachten Antrags beharrten, für ermächtigt, auch die Zustimmung seiner hohen Regierung zu demselben auszusprechen, jedoch mit dem Anfügen, daß Württemberg hierdurch selbstredend nicht der künftigen Entscheidung über die organische Einrichtung und Competenz eines in die Bundesverfassung einzufügenden repräsentativen Elements vorgegriffen haben wolle, sowie daß die königl. Regierung die Berathung über diese organische Frage und die damit zusammenhängende Gestaltung der Bundes-Exekutive in jeder thunlichen Weise beschleunigt zu sehen wünsche. Der kurfürstl. hessische Gesandte, Freiherr von Schachten, bezeugt das Einverständniß seines Hofes mit dem österreichischen Vorschlage, unter der bereits erwähnten Voraussetzung der Ausführung im gesammten Bundesgebiete. Freiherr von Schachten fügt hinzu, die kurfürstl. Regierung unterstelle, daß sie durch ihre Zustimmung zu den gestellten Anträgen vorerst keine Verpflichtungen für dieselben übernehme. Der großhzgl. hessische Gesandte, Freiherr von Drachenfels, stimmt dem Vorschlage Oesterreichs mit dem Bemerken bei, daß er sich in Namen der großhzgl. Regierung dem von dem königl. sächsischen Gesandten ausgedrückten Vorbehalte anschließe. Für Nassau pflichtet Freiherr von Drachenfels gleichfalls dem österreichischen Entwurfe bei. Der kais. Minister des Aeußeren faßt die abgegebenen Erklärungen dahin zusammen, daß nach denselben der Einbringung des in Rede stehenden Antrages von Seite sämmtlicher in der Conferenz vertretenen hohen Regierungen (mit Ausnahme Sachsen-Meiningens, welches sich noch nicht erklärt habe) nichts mehr entgegenstehe.

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Errichtung eines Bundesgerichtes. Der Vorsitzende leitet hierauf die Berathung auf den Vorschlag Oesterreichs wegen Errichtung eines Bundesgerichtes. Graf von Bray bemerkt, die kön. Baierische Regierung halte theils Aenderungen, theils Vervollständigungen des von Oesterreich mitgetheilten Entwurfs für räthlich, und stimme deshalb dafür, daß von den Theilnehmern an den Wiener Besprechungen nicht dieser Entwurf der Bundesversammlung vorgelegt, sondern durch eine gemeinsame Erklärung der bereits bestehende Ausschuß aufgefordert werde, die ins Stocken gerathenen Verhandlungen bezüglich der Errichtung eines Bundesgerichtes wieder aufzunehmen, und in Bälde einen Vortrag über diesen Gegenstand zu erstatten. Die hierdurch wieder in Gang kommenden Ausschußberathungen würden dann die passendste Gelegenheit bieten, die angemessen scheinenden Bestimmungen über ein Bundesgericht im Einzelnen näher zu verabreden. Graf von Rechberg erklärt hierauf, daß das kais. Cabinet, um überhaupt einen baldigen gemeinsamen Schritt auch in Bezug auf das Bundesgericht zu ermöglichen, diesem Vorschlage Baierns nicht entgegen sein wolle, jedoch alsdann sich vorbehalten zu müssen glaube, im Ausschusse an die von Baiern bevorwortete allgemeine Anregung des Gegenstandes der Bundesversammlung im eigenen Namen den österreichischen Entwurf einer Bundesgerichtsverfassung mit dem Antrage vorlegen zu lassen, denselben prüfen und im Falle der Billigung ihrem Beschlusse zu Grunde legen zu wollen. Der kön. sächsische Gesandte constatirt, daß er ermächtigt sei, dem österreichischen Entwurfe einfach zuzustimmen. Nachdem aber die kais. kön. Regierung selbst einen baierischer Seits gestellten das Verfahren modificirenden Antrag annehme, so glaube er, die Zustimmung sämmtlicher übriger Conferenzglieder vorausgesetzt, obgleich ohne specielle Instruktion im Interesse der wünschenswerthen Einigung jener Übereinstimmung nicht widersprechen zu sollen, beziehe sich aber umsomehr und ausdrücklich auch bei diesem Anlasse auf den bereits oben erwähnten Vorbehalt, im Schooße der Bundesversammlung Modificationen zur Sprache zu bringen. Für Hannover tritt Freiherr von Stockhausen dem Vorschlage Baierns bei, unter allgemeiner Empfehlung des österreichischen Entwurfes. Freiherr von Ow spricht sich ebenso für Württemberg aus, hinzufügend, daß seine hohe Regierung dem österreichischen Entwurfe besondere Anerkennung zolle, und mit den allgemeinen Grundzügen desselben, sowie damit, daß dieser Entwurf als Grundlage der weiter am Bunde über diesen Gegenstand zu pflegenden Verhandlungen genommen werde, einverstanden sei, wobei sie sich jedoch bezüglich der einzelnen Bestimmungen des Entwurfs vorbehalte, im Laufe der Verhandlungen Aenderungsvorschläge oder weitere Anträge einzubringen.

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Freiherr von Schachten, ermächtigt, dem österreichischen Vorschlage für Kurhessen unter dem Vorbehalte der Annahme für das gesammte Bundesgebiet zuzustimmen, glaubt sich um der Einigung willen auch dem baierischen Vorschlage unter Empfehlung des österreichischen Entwurfs anschließen zu können. Freiherr von Drachenfels stimmt für das Großherzogthum Hessen dem baierischen Vorschlage zu. Ebenso für Nassau, mit dem Bemerken, daß die herzogl. Regierung ihn ermächtigt habe, dem österreichischen Entwurfe beizupflichten. Der Vorsitzende zieht aus den Aeußerungen der Herren Gesandten das Ergebniß, daß dem baierischen Vorschlage, durch eine gemeinschaftliche Erklärung in der Bundesversammlung den betreffenden Ausschuß zur Wiederaufnahme der Verhandlungen über Errichtung eines Bundesgerichtes und zu baldiger Berichterstattung aufzufordern, die allseitige Zustimmung zu Theil geworden sei, – daß ferner die kais. Regierung sich vorbehalte, im Anschlusse an diesen gemeinsamen Schritt ihren Entwurf einer Bundesgerichtsverfassung der Bundesversammlung im Namen Oesterreichs vorzulegen, – sowie daß sie hoffen dürfe, in den Bundestagsverhandlungen vielseitige Unterstützung für die wesentlichen Bestimmungen dieses Entwurfs zu finden. Nachdem noch Freiherr von Könneritz bemerkt hatte, daß er über die heute besprochenen Verhandlungspunkte sich noch nicht im Namen der hzgl. Regierung von Sachsen-Meiningen habe aussprechen können, daher er dieser hohen Regierung die Aeußerungen, die sie etwa noch nach Frankfurt zu richten finden würde, vorbehalte, wendete sich der kais. Minister des Aeußern, Graf Rechberg, zur Besprechung des nunmehr weiter einzuhaltenden formellen Ganges in der Reformfrage. Weiterer Gang des Verfahrens in der Reformfrage. Graf Rechberg bemerkt zunächst, daß die Vertagung der Bundesversammlung in unmittelbarer Aussicht stehe4, daß jedoch diese Vertagung unter den obwaltenden Umständen sich in keiner Weise anders rechtfertigen lasse, als wenn sie durch die Nothwendigkeit, die Berichte der Ausschüsse abzuwarten, motivirt, und überdies abgekürzt würde. Er würde daher großen Werth darauf legen, wenn die beiden Antragstellungen wegen der Delegirtenversammlung und wegen des Bundesgerichtes in der bevorstehenden Bundestags-Sitzung vom 14. August eingebracht werden könnten, und sofort den betreffenden Ausschüssen zur Berichterstattung überwiesen, auch die Referenten bestellt 4 Die Sitzungsperiode der Bundesversammlung endete mit der Sitzung vom 14. August 1862, eben jener Sitzung, in der die Reformanträge Österreichs und der Mittelstaaten eingebracht wurden; siehe unten Dok. 140.

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würden, und die Bundesversammlung erst dann in Erwartung der zu erstattenden Gutachten sich vertagte. Graf Rechberg gab den Gesandten anheim, sich bei ihren Höfen – wegen Kürze der Zeit durch den Telegraphen – dafür verwenden zu wollen, daß dieser Vorgang in der bevorstehenden Bundestags Sitzung eingehalten werden könne. Die Mitglieder der Conferenz erklären sich bereit, diesem Ersuchen zu entsprechen. Der kais. Minister erwähnt sodann weiter, daß die kais. Regierung es sich zur Pflicht machen werde, ihre Ansichten über die nunmehr den begutachtenden Ausschüssen in Frankfurt an die Hand zu gebenden näheren Anleitungen ihren hohen Verbündeten bekannt zu geben, gleichwie sie sich auch vorbehalte, so bald als thunlich die Berathungen auch über die vorerst noch ausgesetzt gebliebenen organischen Fragen zu eröffnen. Der Vorsitzende schließt hiemit die heutige Besprechung. Zur Beglaubigung Biegeleben5

138. Vertraulicher Zusatz zur Registratur vom 10. August 1862 HStA München, MA 494. Beglaubigte Reinschrift. Druck: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 2, S. 503.

Österreich und die Mittelstaaten stimmen überein, daß gemeinschaftliche Manöver der Kontingente der Bundesarmee aus politischen und militärischen Gründen empfehlenswert sind. Ein entsprechender Antrag in der Bundesversammlung soll aber für den Augenblick nicht gestellt werden, sondern es soll den Regierungen überlassen bleiben, sich über die Modalitäten der Ausführung des Vorschlags zu verständigen.

Wien, 10. August 1862 Der kais. Minister des Aeußern lenkte die Besprechung auf den Vorschlag, gemeinschaftliche Waffenübungen der Contingente des Bundesheeres am Bunde in Antrag zu bringen. Es ergab sich aus den Aeußerungen der Herren Gesandten im Grundsatze ein allseitiges Einverständniß darüber, daß solche gemeinschaftliche Übungen ein in vorzüglichem Grade geeignetes Mittel darbieten würden, nicht nur die gleichmäßige technische Ausbildung der Bundesarmee zu fördern, sondern auch in deren Contingenten das Gefühl der Zusammengehörigkeit und Waffenbrüderschaft zu stärken, und daß es sich daher aus politischen wie aus mili5 Eigenhändige Unterschrift.

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tärischen Gründen, empfehle, den erwähnten Vorschlag sobald als möglich in Ausführung zu bringen. Dagegen stellte sich in Bezug auf die Fragen: ob unter den gegebenen Verhältnissen die beabsichtigte Maßregel auf das gesammte Bundesheer, also auch auf österreichische und preußische Truppentheile, auszudehnen, oder ob sie auf Contingente des 7ten bis 10ten Armeecorps zu beschränken wäre, – ferner ob die augenblicklichen Rücksichten der Opportunität mehr für den Weg der Antragstellung am Bunde oder für Behandlung der Sache auf dem Wege freier Verabredung zwischen den Regierungen sprechen, – nicht die gleiche Übereinstimmung heraus, so wie auch der Zweifel ausgesprochen wurde, ob für die erforderlichen Vorbereitungen zur Ausführung gemeinschaftlicher Exercitien im laufenden Jahre noch hinreichende Zeit gegeben wäre. Die Versammlung erkannte unter diesen Umständen an, daß für den Augenblick von der Einbringung eines Antrages in Frankfurt zu dem mehrgedachten Zwecke abgesehen werden müsse, während es den hohen Regierungen vorbehalten bleibe, sich über die Modalitäten der Ausführung des im Princip von ihnen entschieden gebilligten und empfohlenen Vorschlags mit thunlichster Beschleunigung weiter zu verständigen. Zur Beglaubigung Biegeleben1

1 Eigenhändige Unterschrift.

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139. Rechberg an Zwierzina11 HStA München, MA 494. Erlaß. Abschrift „von dem k. öst. Geschäftsträger von kurzer Hand mitgetheilt den 14. August 1862. Sch[renk]“.

Österreich legt großen Wert auf die baldige Erstellung des Ausschußgutachtens zu dem Antrag auf die Bildung einer Delegiertenversammlung beim Deutschen Bund. Der Bericht soll möglichst sofort bei der Wiedereröffnung der Bundesversammlung im Oktober vorgelegt werden. Bei der Zusammensetzung der Delegiertenversammlung könnten die Ausschußmitglieder ermächtigt werden, die Vorschläge Beusts vom Herbst 1861 zugrunde zu legen. Im Hinblick auf die Art der Einberufung der Delegiertenversammlung regt Rechberg an, der Ausschuß solle beantragen, daß die Einberufung „demnächst“ durch einen Bundesbeschluß zu erfolgen hätte. Wenn bis dahin die Frage der Bundesexekutive noch nicht entschieden sei, solle die Bundesversammlung Kommissare zur Leitung der Delegiertenversammlung ernennen.

Wien, 12. August 1862 Wohlgeborner Herr! Die anliegende Registratur2 wird sie mit dem Verlaufe der am 10. dieses Mts. zu Wien stattgehabten zweiten vertraulichen Besprechung über die Angelegenheit der Bundesreform vollständig bekannt machen. Die Mittheilung dieses Actenstückes ist übrigens nur zu ihrer persönlichen Kenntnißnahme bestimmt, da dasselbe gleichzeitig von den betreffenden Gesandten an ihre Höfe geleitet werden wird. Dagegen bin ich in dem Falle, Sie zu ersuchen, in Bezug auf einen die weitere Behandlung dieser wichtigen Frage betreffenden Punkt der kgl. Regierung Nachstehendes zu eröffnen: Die nächste gemeinsame Aufgabe besteht nunmehr in der Ertheilung näherer Instructionen an die Mitglieder desjenigen Ausschußes, welcher beauftragt werden soll, über die Art der Zusammensetzung und Einberufung der Delegirtenversammlung ad hoc die geeigneten Vorschläge zu erstatten. Wie aus der erwähnten Registratur hervorgeht, wird auf die baldthunlichste Feststellung dieses Ausschuß-Gutachtens großer Werth gelegt, und die Umstände scheinen dringend zu erheischen, daß der Bericht des Ausschußes der Bundesversammlung sofort bei ihrem Wiederzusammentritte im Anfang des Monats Oktober vorgelegt werden könne. Die kaiserliche Regierung glaubt daher, den Wünschen ihrer hohen Verbündeten entgegen zu kommen, wenn sie nicht säumt, ihnen die vorläufig von ihr

1 Ferdinand Rudolf Ritter von Zwierzina (1804–1872), seit 1854 Legationsrat an der österreichischen Gesandtschaft in München; Akten zur Geschichte des Krimkriegs, Ser. I, Bd. 3, S. 111, Anm. 1. 2 Siehe Dok. 137.

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gewonnene Ansicht über diesen Gegenstand mitzutheilen und den daraus hervorgehenden Vorschlag ihrer Würdigung zu unterziehen. Was die Zusammensetzung der Delegirtenversammlung angeht, will es ihr nämlich scheinen, die Ausschußmitglieder könnten ermächtigt werden, ihrem Gutachten im Allgemeinen diejenigen Vorschläge zu Grunde zu legen, welche das im Herbste 1861 von dem königl. sächsischen Staatsminister Freiherrn von Beust ausgegangene Reformproject3 in seinem, auf die Bildung einer Ständevertretung am Bunde Bezug habenden Theile entwickelt. Die dort in Aussicht genommene Zahl von 128 Mitgliedern der Delegirtenversammlung dürfte weder als zu hoch noch als zu niedrig gegriffen erscheinen und der Natur des Instituts wie den Anforderungen der deutschen Verhältniße entsprechen. Modificationen im Einzelnen könnten selbstredend der Berathung im Ausschuße vorbehalten bleiben, namentlich würde, was speziell Oesterreich betrifft, die kaiserl. Regierung die Wahl der Delegirten im engeren Reichsrathe durch dessen, den deutschen Bundesländern angehörige Mitglieder an die Stelle der im sächsischen Project angedeuteten Wahl durch die Landtage setzen. Was endlich die Art der Einberufung der Versammlung anbelangt, so würde nach unserem unvorgreiflichen Erachten der Ausschuß seine Aufgabe für jetzt beiläufig erschöpfen, wenn er beantragte, daß demnächst durch einen Bundesbeschluß die Einberufung der Versammlung nach Frankfurt zu erfolgen hätte, und daß falls bis dahin die organische Frage der Errichtung einer stärkeren Executive noch keine Lösung gefunden hätte, die Bundesversammlung Commissäre ernennen würde, welche die Versammlung zu leiten, eintretenden Falles sie zu vertagen oder aufzulösen, sowie die Gesetzesentwürfe zu vertreten hätten. Wir ersuchen nunmehr die k. Regierung um eine gefällige Äußerung ihrer Ansichten über die vorstehenden Andeutungen. Fänden dieselben die Billigung der an den Verhandlungen betheiligten hohen Höfe, so würde es vielleicht in diesem Falle keiner besonderen Conferenz in Wien bedürfen, um übereinstimmende Instructionen an die betreffenden Gesandten am Bunde abgehen laßen zu können. Euer Wohlgeboren sind ermächtigt, den gegenwärtigen Erlaß dem k. Herrn Minister vertraulich in Händen zu lassen. Empfangen Dieselben die Versicherung meiner vollkommenen Achtung (gez.) Rechberg.

3 Siehe Dok. 86.

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140. Antrag von Österreich und den Mittelstaaten auf Bundesreform ProtDBV 1862, § 273–274, Beilagen 1 und 2 zu § 274, S. 479–484, 493–497, 499–503. Druck: Das Staatsarchiv, Bd. 3, 1862, Nr. 416–419, S. 154–168.

Österreich und die Mittelstaaten Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Großherzogtum Hessen und Nassau stellen den Antrag, eine Delegiertenversammlung bei der Bundesversammlung einzuberufen und diese mit der Prüfung der auszuarbeitenden Gesetzentwürfe für eine allgemeine Zivilprozeßordnung und das Obligationenrecht zu beauftragen. Sie stimmen überein, daß die Delegiertenversammlung eine dauerhafte Einrichtung werden soll. Da diese Einfügung eines repräsentativen Elements in die Bundesverfassung auch eine neue Gestaltung der Bundesexekutive bedingt, behalten sie sich weitere dahingehende Anträge vor. Preußen lehnt den Antrag ab, weil eine solche Maßnahme nur mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen werden könne. Eine gedeihliche Reform der Bundesverfassung sei auf diesem Wege nicht möglich. Mit Stimmenmehrheit wird die Verweisung des Antrags an den Ausschuß für das Bundesgericht beschlossen. Österreich und die verbündeten Regierungen stellen ferner den Antrag, die Verhandlungen über das Bundesgericht wieder aufzunehmen. Auch dieser Antrag wird zusammen mit einem österreichischen Entwurf und einem Memorandum dem Ausschuß überwiesen.

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§ 273. Zusammensetzung und Einberufung einer aus den einzelnen deutschen Ständekammern durch Delegation hervorgehenden Versammlung, zunächst zur Berathung der Gesetzentwürfe über Civilproceß und Obligationenrecht. Oesterreich, Bayern, Königreich Sachsen, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Großherzogtum Hessen, sowie Braunschweig und Nassau für Nassau. Die Gesandten sind beauftragt, den nachfolgenden Antrag zu stellen: Die hohe Bundesversammlung hat sich in den letzten Jahren mit einer Reihe von Anträgen beschäftigt, welche in den verschiedensten Zweigen des Staatslebens auf Einführung gemeinsamer Gesetze für das gesammte deutsche Bundesgebiet gerichtet waren. Der allgemeinen deutschen Wechselordnung1 ist der Entwurf des Handelsgesetzbuches für Deutschland gefolgt2 und es wurden Anträge eingebracht auf 1 Im Jahr 1847 hatte die Bundesversammlung eine Allgemeine Deutsche Wechselordnung beschlossen, die aber nicht in allen deutschen Staaten in Kraft getreten war. Die Beratungen über eine Vereinheitlichung der verschiedenen Wechselrechte wurden 1854 wieder aufgenommen und führten am 13. April 1861 zu einem Bundesbeschluß über ein einheitliches Wechselrecht: Vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 418. 2 Der seit 1857 von einer Sachverständigenkommission vorbereitete Entwurf für ein Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch wurde am 31. Mai 1861 von der Bundesversammlung angenom-

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eine gemeinschaftliche Patentgesetzgebung, auf ein gemeinschaftliches Gesetz zum Schutze des geistigen Eigenthums, auf Einführung gleichen Maßes und Gewichtes, auf Feststellung allgemeiner Bestimmungen bezüglich der Heimathsverhältnisse, auf ein Gesetz wegen gegenseitiger Rechtshülfe in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, endlich auf gemeinschaftliche Civil- und Criminalgesetzgebung, aus welchem weiten Gebiete zunächst das Verfahren im Civilprocesse und das Obligationenrecht in Angriff genommen werden sollen.3 So freudig alle diese Anträge begrüßt wurden, so unverkennbar sie die Zunahme des Gemeinsinnes in Deutschland bezeugen und so gute Früchte sie bereits getragen haben und hoffentlich noch tragen werden, so konnte doch die Wirksamkeit des Bundes auf dem Felde der Gesetzgebung eine so große Ausdehnung nicht erlangen, ohne daß die Frage des Verhältnisses dieser Wirksamkeit zu den gesetzgebenden Gewalten der einzelnen Bundesstaaten hätte in den Vordergrund treten müssen. Der hohen Bundesversammlung ist in frischer Erinnerung, daß Fälle vorgekommen sind, in welchem einzelne Genossen des Bundes sich der Theilnahme an den beantragten Vorarbeiten für gemeinsame deutsche Gesetze enthalten, ja sogar gegen deren Vornahme Verwahrung einlegen zu müssen glaubten, weil sie der Meinung waren, daß durch diese Arbeiten in den verfassungsmäßigen Beruf der heimischen Gesetzgebungsfactoren eingegriffen würde. Namentlich sind solche Einwendungen in der Sitzung vom 6. Februar d. J.4 dem Beschlusse dieser hohen Versammlung wegen Ausarbeitung von Entwürfen einer allgemeinen Civilproceßordnung für die deutschen Bundesstaaten und eines allgemeinen Gesetzes über die Rechtsgeschäfte und Schuldverhältnisse (Obligationenrecht) entgegengestellt worden. Die antragstellenden Regierungen vermögen nun zwar die Richtigkeit der erwähnten Einreden im Grundsatze nicht anzuerkennen. Mit Recht ist zu deren Widerlegung bereits in der Sitzung vom 6. Februar hervorgehoben worden, daß alle jene auf Herbeiführung gemeinsamer deutscher Gesetze gerichteten Anträge und Beschlüsse, soweit es sich nicht um bloß vorbereitende Maßregeln handelt, die freie Mitwirkung aller Betheiligten zur bundesrechtlichen Voraussetzung haben, und daß sonach den Legislaturen der einzelnen Staaten keineswegs der Beruf entzogen werden soll, über die aus der gemeinsamen Berathung der Regierungen hervorgehenden Gesetzentwürfe demnächst auf dem verfassungsmäßigen Wege zu verhandeln und Beschluß zu men und in den folgenden Jahren von fast allen deutschen Staaten eingeführt. Vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 412–418. 3 Vgl. zu diesen Anträgen Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 421–434. 4 Siehe Dok. 111; vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 427–429.

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fassen. Allein die antragstellenden Regierungen können sich dessenungeachtet der Erkenntniß nicht verschließen, daß das an sich so preiswürdige und vielversprechende Unternehmen, die Gemeinsamkeit deutscher Gesetzgebung auf so wichtigen Gebieten durch die Einwirkung des Bundes herbeizuführen, einer ernsten Schwierigkeit in der Ausführung begegnen müsse, so lange diese vom Bunde ausgehende Einwirkung ausschließlich auf die gemeinsame Initiative der Regierungen beschränkt bleibt. Es würden nämlich demnächst die Stände der einzelnen Staaten, wenn ihnen die am Bunde vereinbarten Entwürfe vorgelegt würden, allerdings sich in eine bedenkliche Alternative versetzt sehen. Entweder müßten sie das außerhalb ihres Wirkungsbereiches entstandene Werk ohne eigene Prüfung genehmigen, mithin auf ihren verfassungsmäßigen Beruf der Mitwirkung zur Gesetzgebung in weitem Umfange thatsächlich verzichten, oder sie müßten, indem sie diesen Beruf geltend machten, die Erreichung des patriotischen Zweckes, ein gemeinsames Gesetz für Deutschland zu schaffen, ungeachtet aller von den Regierungen für diesen Zweck bereits aufgewendeten Mühe sofort wieder in Frage stellen. Damit nun dieser Schwierigkeit abgeholfen und das materielle Prüfungsrecht der deutschen Ständeversammlungen mit dem Wunsche nach einheitlicher Gestaltung der Gesetzgebung in zweckmäßiger Weise vermittelt würde, müßte eine Einrichtung getroffen werden, durch welche den einzelnen Ständekammern schon am Bunde selbst eine Gelegenheit zur Einwirkung auf das Zustandekommen der fraglichen Gesetze dargeboten würde. Nach dem Erachten der antragstellenden Regierungen könnte diese Einrichtung darin bestehen, daß die im Auftrage des Bundes ausgearbeiteten Gesetzentwürfe einer von den Einzellandtagen zu wählenden Versammlung von Delegirten zur Berathung vorgelegt würden. Von der Bundesversammlung, in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen dieser Gesammtvertretung festgestellt, wären dann diese Entwürfe von den Regierungen behufs der Einholung der verfassungsmäßigen Zustimmung empfehlend an die Ständeversammlung in den einzelnen Staaten zu leiten. Das innere Verfassungsrecht dieser Staaten bliebe sonach in uneingeschränkter Geltung und Wirksamkeit, aber zwischen der deutschen Bundesverfassung und den Verfassungen der Einzelstaaten würde ein lebendiger Zusammenhang hergestellt, und sachlich würde stets eine starke Bürgschaft dafür vorhanden sein, daß einer Vorlage, welche am Bunde gleichsam mit den Gesetzgebungsausschüssen der einzelnen Kammern berathen und festgestellt worden wäre, auch die verfassungsmäßige Zustimmung dieser Kammern selbst nicht fehlen würde. Indem die antragstellenden Regierungen sich hiermit bereit erklären, zu einer Maßregel, wie sie hier in den Grundzügen angedeutet ist, zunächst in specieller Anwendung auf die von der hohen Bundesversammlung am 6. Februar l. J. beschlossene Ausarbeitung von Gesetzen über Civilproceß und über Obli-

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gationenrecht mitzuwirken, geben sie sich der Hoffnung hin, daß diejenigen Bundesgenossen, welche dem Beschlusse vom 6. Februar mit Rücksicht auf die Competenz der eigenen Volksvertretung nicht zugestimmt haben, ihre Bedenken durch diesen ergänzenden Vorschlag gehoben oder doch gemindert finden und ihre Mitwirkung dem gemeinsamen Werke nicht entziehen werden. Die Gesandten stellen aus diesen Gründen den Antrag: Hohe Bundesversammlung wolle sich durch einen Ausschuß die näheren Vorschläge über die Art der Zusammensetzung und Einberufung einer aus den einzelnen deutschen Ständekammern durch Delegation hervorgehenden Versammlung erstatten lassen, welcher demnächst die laut Bundesbeschlusses vom 6. Februar d. J. auszuarbeitenden Gesetzentwürfe über Civilproceß und über Obligationenrecht zur Berathung vorzulegen sein werden. Sowie übrigens die Regierungen, welche sich zu diesem Antrage vereinigt haben, zugleich in der Ansicht und dem Wunsche übereinstimmen, daß der Vorschlag, gemeinsame deutsche Gesetze durch Delegirte der Einzellandtage am Bunde berathen zu lassen, nicht etwa bloß als Auskunftsmittel für einen einzelnen Fall, sondern auch dauernd in die Organisation des Deutschen Bundes übergehe, so haben die genannten Regierungen andererseits sich gegenwärtig halten müssen, daß die organische Einfügung eines repräsentativen Elementes in die deutsche Bundesverfassung mit Nothwendigkeit zugleich eine entsprechend veränderte Gestaltung der Executive des Bundes bedinge. Die hohen antragstellenden Höfe behalten sich in der einen wie in der anderen Beziehung ihre weiteren Anträge vor. Königreich Sachsen. Indem die Königliche Regierung bei dem Antrage wegen Einberufung einer Versammlung von Delegirten der Landesvertretungen behufs Begutachtung der demnächst auszuarbeitenden Gesetzentwürfe sich betheiligt, erklärt sie, daß sie dieß in der bestimmten Absicht und Erwartung thue, daß damit der erste Anfang zu einer auf umfassenderer Grundlage herzustellenden organischen Einrichtung gemacht werde. Württemberg. Der Gesandte hat noch den dringenden Wunsch der Königlichen Regierung auszudrücken, es möchten die nach diesem Antrage vorbehaltenen Berathungen über die Einführung einer ständischen Vertretung am Bunde und über die damit zusammenhängende Bundesexecutive in jeder thunlichen Weise beschleunigt werden. Preussen. Die Königliche Regierung hat ihre Ansicht über das Verhältniß der Bundesgesetze zu der Frage über gemeinnützige Anordnungen für die deutschen Bundesstaaten wiederholt kundgegeben. Diese Ansicht geht dahin, daß die hohe Bundesversammlung die sogenannte „vorläufige Frage“ über sachlich eingehende Behandlung nur mit Stimmeneinhelligkeit zu entscheiden im Stande ist. Der soeben gestellte Antrag auf Abordnung einer Versammlung

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von Delegirten der deutschen Ständeversammlungen hat hingegen die Berechtigung zu einer Entscheidung hierüber durch eine Stimmenmehrheit zur Voraussetzung. Die Königliche Regierung muß deßhalb zunächst die Verwahrung, welche sie in der Sitzung vom 6. Februar d. J. gegen die Einsetzung einer Bundescommission für eine gemeinsame Civilproceßordnung abgegeben hat, nunmehr auch auf eine Erweiterung derselben durch zugezogene Delegirte ausdehnen. Zur Begründung ihrer allgemeinen Auffassung bezieht die Königliche Regierung sich auf die früheren Aeußerungen und glaubt sich hier auf nachfolgende Bemerkungen beschränken zu sollen. Die Ansicht, daß alle Bundesbeschlüsse über Gegenstände, welche nicht streng innerhalb der Grenzen der ausdrücklich festgestellten Bundeszwecke liegen, nur mit Einstimmigkeit gefaßt werden können, hat bekanntlich ihre Begründung in der Natur des Bundesverhältnisses. Sie findet ferner ihren sehr bezeichnenden Ausdruck in den Verhandlungen der Conferenzen über die Wiener Schlußacte. Um sich authentisch zu überzeugen, wie die damals vereinbarten Bestimmungen gemeint sind und unter welchen Voraussetzungen sie Geltung gewannen, darf man nur die Acten jener Conferenz befragen. Unter Anderem hat der Vorsitzende, der Kaiserlich-Königlich-Oesterreichische Staatskanzler Fürst Metternich, sowohl das obige Princip selbst, als auch die Nothwendigkeit, daran festzuhalten, in der 23. Sitzung überzeugend dargelegt.5 Er führt aus: „von welcher Wichtigkeit es sei, sich die beiden Hauptbeziehungen im Bunde, dessen Wirkungskreis und Zweck als Gesammtkörper und die Rechte seiner einzelnen souverainen Glieder stets gegenwärtig zu erhalten. Wäre die Souverainetät der Fürsten nicht hinlänglich gesichert, so würde der Verein nicht lange auf den Namen eines Staatenbundes Anspruch machen können, sondern bald in einen Bundesstaat übergehen, dessen Existenz aber nothwendig ein Oberhaupt, wenigstens eine oberste gesetzgebende und ausübende Macht, es sei in einem Monarchen, es sei in einem Directorium, voraussetze.“ Zwar verkennt der Fürst keineswegs die Nachtheile einer „ungebührlichen Ausdehnung des Souverainetätsprincips“, dessen Ausübung nie „ein Act blinder Willkür“ sein dürfe, warnt aber doch vornemlich vor einer „zu weit getriebenen Ausdehnung des Princips der Stimmenmehrheit.“ „Es sei das wohlverstandene, richtig erklärte Veto der Bundesglieder der Gesammtheit eben so wichtig, wie den einzelnen Staaten, und die Erhaltung der Gesammtrechte nicht weniger als die Erhaltung der Souverainetätsrechte daran geknüpft. Denn sollte diese Schutzwehr der Souverainetät aus dem 5 Vortrag Metternichs in der 23. Sitzung der Wiener Ministerialkonferenz vom 19. April 1820, in: Ilse (Hrsg.), Protocolle der deutschen Ministerial-Conferenzen, S. 226 f. – Die zitierten Passagen weichen leicht vom Wortlaut der bei Ilse gedruckten Fassung ab.

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Bunde verschwinden, so würde die Verfassung in Kurzem ihre Gestalt ändern, der gegenwärtige Bundesverein sich auflösen und einer neuen unbekannten Form Platz machen müssen. Gleichwie daher eine zu weit getriebene Beschränkung des Princips der Stimmenmehrheit nicht bloß dem Ganzen, sondern auch jedem einzelnen Gliede desselben den empfindlichsten Nachtheil zufügen müßte, eben so würde umgekehrt jede zu weit getriebene Ausdehnung dieses Princips, jeder Eingriff in die durch den Grundvertrag gesicherten Souverainetätsbefugnisse nicht bloß den einzelnen Staaten, sondern in seinen nächsten Folgen auch der Gesammtheit zum Verderben gereichen.“ Eine derartige Competenzerweiterung über den staatenbundlichen Charakter hinaus, welche mit dem bisherigen Bundesrechte also nicht im Einklange stände, glaubt die Königliche Regierung zu ihrem Bedauern in der gegenwärtigen Vorlage sehen zu müssen. Sie verkennt nicht das dabei zu Grunde liegende Bestreben, dem einheitlichen Drange der deutschen Nation entgegenzukommen. Allein gerade auf diesem Felde, als Bundesreform betrachtet, scheint der Antrag am wenigsten seinem Zwecke zu entsprechen. Selbst deutsche Landstände, deren Befugnissen man eben durch Ernennung von Delegirten zur Begutachtung der Arbeiten technischer Bundescommissionen gerecht zu werden versucht, würden sich durch eine solche Maßnahme kaum beruhigt finden, und es wäre daher auch von dieser Seite Widerspruch zu erwarten. Die Königliche Regierung darf darauf aufmerksam machen, daß hiermit derjenige Weg nicht betreten würde, welcher zu einer gedeihlichen Reform der Bundesverfassung als berechtigt und zweckmäßig erscheint. Erst der in seiner Verfassung wahrhaft reformirte Bund würde alsdann in Kraft dieser Neugestaltung die Befugniß besitzen können, die Gesetzgebung des gemeinsamen Vaterlandes zu organisiren. Nicht auf dem vorgeschlagenen Wege also, nicht durch ein Vorgehen mit Einzelmaßregeln wird, nach der Ueberzeugung der Königlichen Regierung, jenes tiefe und berechtigte Bedürfniß der Nation nach einer heilsamen einheitlichen Gestaltung ihrer öffentlichen Verhältnisse Befriedigung finden. Hierfür erscheint, wie erwähnt, eine Umgestaltung des Wesens und der principiellen Grundlagen des Bundesverhältnisses als Vorbedingung. Daneben ist auch die große nationale Bewegung in erster Linie sichtlich auf eine erhöhte Machtstellung Deutschlands nach Außen gerichtet, welcher man in einer gekräftigten Executivgewalt, sowie in einer damit zusammenhängenden Nationalrepräsentation Ausdruck geben möchte. Die Königliche Regierung hat dieses Ziel wiederholt in allseitig bekannt gewordenen Schriftstücken gewürdigt und erklärt auch bei dieser Gelegenheit, daß sie dasselbe unverrückt im Auge behalten wird. Die gegenwärtig vorgeschlagene Maßregel indeß scheint ihr nur geeignet,

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von dem Ziele der wahren Reformbestrebungen abzulenken. Die Königliche Regierung glaubt daher, eine höhere Pflicht zu erfüllen, indem sie dem vorliegenden Antrage von vornherein ihre Zustimmung versagt. Präsidium. Hinsichtlich der von dem Königlich-Preussischen Herrn Gesandten abgegebenen Erklärung und der darin enthaltenen Ausführungen kann Präsidium, wie in der Sitzung vom 6. Februar d. J., nur das lebhafte Bedauern aussprechen, daß die Königlich-Preussische Regierung den Bestrebungen mehrerer deutschen Regierungen, die Bundesverfassung zu entwickeln und zeitgemäß auszubilden, ihre Mitwirkung versagt, gibt aber die Hoffnung nicht auf, daß die am Bunde nunmehr eingeleiteten Verhandlungen über diese hochwichtigen Fragen schließlich doch zur Verständigung führen werden. Präsidium schlägt vor, den obigen Antrag, sowie die darauf erfolgten Erklärungen dem Ausschusse für Errichtung eines Bundesgerichtes zuzuweisen. Oesterreich: tritt dem Präsidialvorschlage bei. Preussen. Der Gesandte bezieht sich auf seine so eben zu Protokoll gegebene Erklärung. Bayern, Königreich Sachsen, Hannover, Württemberg, Baden, Kurhessen und Großherzogtum Hessen: stimmen dem Präsidialvorschlage bei. Dänemark wegen Holstein und Lauenburg. Die Königliche Regierung hat sich bis jetzt einer Aeußerung über die wegen Herbeiführung einer gemeinsamen Civil- und Criminalgesetzgebung stattgehabten Verhandlungen und gefaßten Beschlüsse enthalten. Da nun überdieß dem Gesandten die Ansichten seiner allerhöchsten Regierung über die an diese Bestrebungen geknüpften bedeutungsvollen Vorschläge unbekannt sind, muß sich derselbe zur Zeit jeder Aeußerung und der Abstimmung enthalten, auch seiner Regierung alles Weitere lediglich reserviren. Niederlande wegen Luxemburg und Limburg. Nachdem die KöniglichGroßherzogliche Regierung bereits in früheren Abstimmungen zu erkennen gegeben, daß sie an den Berathungen und dem Zwecke der fraglichen beiden Commissionen sich nicht zu betheiligen gedenke, glaubt der substituirte Gesandte über den vorliegenden wichtigen Antrag, worüber ihm die Ansichten der Königlich-Großherzoglichen Regierung nicht bekannt sind, sich der Abstimmung enthalten und Allerhöchstderselben jede weitere Aeußerung vorbehalten zu sollen. Großherzoglich- und Herzoglich-Sächsische Häuser, Braunschweig und Nassau, sowie Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz: erklären sich mit dem Präsidialvorschlage einverstanden. Oldenburg, Anhalt und Schwarzburg. Der Gesandte findet gegen die geschäftliche Behandlung nichts einzuwenden. Die sechzehnte und die siebenzehnte Stimme traten dem Präsidialvorschlage bei.

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Hierauf wurde

beschlossen: obigen Antrag der hohen Regierungen von Oesterreich, Bayern, Königreich Sachsen, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Großherzogthum Hessen und Nassau, sowie die Erklärung von Königreich Sachsen, Württemberg und Preussen dem Ausschusse für Errichtung eines Bundesgerichtes zuzuweisen. § 274. Errichtung eines Bundesgerichtes (32. Sitz. § 267 v. J. 1860.)

Oesterreich, Bayern, Königreich Sachsen, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Großherzogthum Hessen, Großherzoglich- und Herzoglich-Sächsische Häuser für Sachsen-Meiningen, sowie Braunschweig und Nassau für Nassau. Die Gesandten sind beauftragt, die hohe Bundesversammlung einzuladen, daß sie die in letzter Zeit unterbrochenen Verhandlungen bezüglich der Errichtung eines Bundesgerichtes wieder aufnehme und demnach die Erwartung auszusprechen, daß der am 8. Juli 1851 niedergesetzte Ausschuß in Bälde Vortrag über diesen Gegenstand erstatten werde. Oesterreich. Indem der Gesandte sich auf die eben abgegebene gemeinschaftliche Erklärung bezieht, hat er im Auftrage seiner allerhöchsten Regierung einen Entwurf bezüglich eines einzusetzenden Bundesgerichtes* samt dem dazu gehörigen Memorandum** der hohen Bundesversammlung vorzulegen und dabei anheimzugeben, diesen Entwurf prüfen und im Falle der Billigung ihrem Beschlusse zu Grunde legen zu wollen. Königreich Sachsen. Indem die Königliche Regierung die bereits früher bewirkte Anregung der Berathungen wegen Errichtung eines Bundesgerichtes im Vereine mit den vorgenannten Regierungen wiederholt, will sie auch ihrerseits den von der Kaiserlich-Königlich-Oesterreichischen Regierung jetzt vorgelegten Entwurf der eingehendsten Beachtung des berathenden Ausschusses empfohlen wissen, ohne jedoch auf die Geltendmachung abweichender Ansichten bei der weiteren Behandlung des Gegenstandes zu verzichten, wobei sie insbesondere an der zuvor schon von ihr vertretenen Ansicht festhält, daß ein Bundesgericht, um seinen Zweck vollständig zu erfüllen, eine von der Bundesversammlung und deren vorausgehenden Beschlüssen völlig unabhängige Competenz und Stellung erlangen müsse. Württemberg. Die Königliche Regierung, mit dem von der Kaiserlich-Oesterreichischen Regierung vorgelegten Entwurfe eines Bundesbeschlusses in seiner Richtung und seinen allgemeinen Grundzügen einverstanden, wünscht, daß * M. s. die Beilage 1. ** M. s. die Beilage 2.

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derselbe zur Grundlage der Berathungen der Bundesversammlung über den Gegenstand genommen werde. Auf Präsidialantrag wurde beschlossen: die abgegebenen Erklärungen und diese Vorlage dem Ausschusse für Errichtung eines Bundesgerichtes zu überweisen. Beilagen 1 und 2 zu § 274 des Protokolls der 32. Sitzung der Deutschen Bundesversammlung vom 14. August 1862. Beilage 1. Entwurf eines Bundesbeschlusses, betreffend die Errichtung eines Bundesgerichtes. Erster Abschnitt. Wirkungskreis des Bundesgerichtes. Artikel I. Die Entscheidung des Bundesgerichtes kann angerufen werden: 1) von Privatpersonen gegen den Deutschen Bund, wenn erstere gegen letzteren Ansprüche aus privatrechtlichen Titeln erheben und ein besonderer Gerichtsstand hierwegen nicht begründet ist; 2) von Privatpersonen gegen mehrere Bundesregierungen, wenn bestritten ist, welche der letzteren eine Forderung der ersteren zu befriedigen habe; 3) von Privatpersonen gegen den Souverain oder Staatsfiscus eines einzelnen Bundesstaates, wenn wegen der behaupteten, auf privatrechtlichen Titeln beruhenden Forderung in der Verfassung oder Gesetzgebung des betreffenden Staates kein Gerichtsstand begründet ist; 4) von Privatpersonen gegen eine einzelne Bundesregierung, wenn erstere auf Grund der Verfassung und der bestehenden Gesetze des Landes und nach Erschöpfung der landesgesetzlichen Mittel der Abhülfe über Verweigerung oder Hemmung der Rechtspflege Beschwerde führen; 5) von Bundesregierungen gegen andere Bundesregierungen, wenn der klagende Theil Befriedigung einer Geldforderung, oder Erfüllung eines Vertrages, oder Schadloshaltung wegen nicht erfüllten Vertrages verlangt, und der beklagte Theil sich entweder im Voraus der Entscheidung des Bundesgerichtes unterworfen hat, oder diese Entscheidung annehmen zu wollen erklärt. In allen diesen Fällen entscheidet das Bundesgericht auf unmittelbar bei ihm angebrachte Klage kraft bleibender Vollmacht des Deutschen Bundes, in dessen Namen die Urtheile gesprochen werden.

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Artikel II. Das Bundesgericht entscheidet als Schiedsgericht kraft besonderen von der Bundesversammlung nach vergeblich versuchter Vermittelung zu ertheilenden Auftrages: 1) zwischen Mitgliedern des Deutschen Bundes in Streitigkeiten aller Art; 2) zwischen Mitgliedern regierender deutscher Familien in Streitigkeiten über Thronfolge, Regentschaft, Regierungsfähigkeit, Vormundschaft, sowie über Ansprüche an das Hausfideicommiß, insofern nicht über das Verfahren in dergleichen Streitigkeiten und deren Entscheidung durch die Verfassung des betreffenden Landes Hausgesetze oder Verträge besondere Bestimmung getroffen ist; 3) zwischen der Regierung eines Bundesstaates und einzelnen Staatsangehörigen, Corporationen oder ganzen Classen, wenn dieselben wegen Verletzung der ihnen durch die Bundesverfassung gewährleisteten Rechte Klage führen; 4) zwischen der Regierung und der Landesvertretung eines Bundesstaates in Streitigkeiten über Auslegung oder Anwendung der Landesverfassung, sofern zur Austragung solcher Streitigkeiten nicht schon anderweitig Mittel und Wege gesetzlich vorgeschrieben sind, oder dieselben nicht zur Anwendung gebracht werden können. Artikel III. In den Fällen des Artikels II 4 haben sowohl die Regierung als die Stände das Recht, die streitige Frage der Bundesversammlung vorzulegen und deren Vermittelung zu beantragen. Bleibt die Vermittelung fruchtlos, so hat die Bundesversammlung, wenn die betreffende Landesverfassung vom Bunde garantirt ist, die ihr im Artikel 60 der Wiener Schlußacte6 beigelegten Befugnisse in Ausführung zu bringen, und insofern von dem einen oder dem anderen Theile eine schiedsrichterliche Entscheidung verlangt wird, den Streit an das Bundesgericht zu verweisen. Was die nicht besonders garantirten Verfassungen betrifft, so hat die Bundesversammlung aus Veranlassung der nachgesuchten Vermittelung vorerst zu prüfen, ob die dabei in Betracht kommenden Bestimmungen der Landesverfassung mit den geltenden Gesetzen des Bundes im Einklange stehen, oder ob 6 Art. 60 WSA: „Wenn von einem Bundes-Gliede die Garantie des Bundes für die in seinem Lande eingeführte landständische Verfassung nachgesucht wird, so ist die Bundes-Versammlung berechtigt, solche zu übernehmen. Sie erhält dadurch die Befugniß, auf Anrufen der Betheiligten, die Verfassung aufrecht zu erhalten, und die über Auslegung oder Anwendung derselben entstandenen Irrungen, so fern dafür nicht anderweitig Mittel und Wege gesetzlich vorgeschrieben sind, durch gütliche Vermittelung oder compromissarische Entscheidung beizulegen.“ Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 99.

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dieß etwa nicht der Fall ist. Gewinnt die Bundesversammlung bei der anzustellenden Prüfung die Ueberzeugung von dem Vorhandensein eines Widerspruches, so hat sie vorerst beide Theile zu entsprechender Abänderung der Landesverfassung aufzufordern. Sowohl dann, wenn die Abänderung erfolgt, als auch dann, wenn ein solcher Widerspruch nicht vorhanden war, hat die Bundesversammlung gerade so wie bei garantirten Verfassungen zu verfahren. Die durch den Schiedsspruch des Bundesgerichtes erfolgende Entscheidung kann nur auf dem in dem betreffenden Staate für Verfassungsänderungen vorgezeichneten Wege wieder abgeändert werden. Artikel IV. In Fällen, wo es zwischen zwei oder mehreren Mitgliedern des Bundes um den vorläufigen Schutz des jüngsten Besitzstandes handelt, tritt das Bundesgericht an die Stelle des nach Artikel 20 der Wiener Schlußacte zu bezeichnenden obersten Gerichtshofes.7 Artikel V. Mit Genehmigung der Bundesversammlung kann dem Bundesgerichte durch die Verfassung oder Gesetzgebung eines Bundesstaates auch in anderen als den in den Artikeln I und II bezeichneten Fällen eine richterliche oder schiedsrichterliche Gewalt übertragen werden. Artikel VI. Damit in der Anwendung gemeinsamer deutscher Gesetze über Civil- oder Strafrecht die möglichste Gleichförmigkeit bestehe, ist das Bundesgericht berufen, in Fällen, wo sich bezüglich dieser Anwendung in der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe der Bundesstaaten Verschiedenheiten ergeben, die Bundesversammlung, behufs der weiter erforderlichen Veranlassung, auf das Bedürfniß einer authentischen Auslegung oder gesetzlichen Regelung aufmerksam zu machen. Artikel VII. Das Bundesgericht hat der Bundesversammlung auf Erfordern rechtliche Gutachten zu erstatten, insofern es sich nicht um Fälle handelt, in welchen das Bundesgericht demnächst selbst zuständig werden kann.

7 Nach Artikel 20 der Wiener Schlußakte war die Bundesversammlung befugt, bei Streitigkeiten zwischen Bundesgliedern über den Besitzstand die Entscheidung darüber dem obersten Gerichtshof eines unbeteiligten Bundesgliedes zu übertragen und die Vollziehung des ergehenden Urteils zu bewirken; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 93 f.

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Artikel VIII. Wo keine besonderen Entscheidungsnormen vorhanden sind, hat das Bundesgericht nach den in Rechtsstreitigkeiten derselben Art vormals von den Reichsgerichten subsidiarisch befolgten Rechtsquellen, insofern solche auf die jetzigen Verhältnisse der Bundesglieder und auf die Streitsachen selbst noch anwendbar sind, zu erkennen. Artikel IX. Streitigkeiten oder Beschwerden, welche bereits vor Errichtung des Bundesgerichtes durch einen Bundesbeschluß endgültig erledigt worden sind, können nicht von Neuem vor dem Bundesgerichte angebracht werden. Zweiter Abschnitt. Einrichtung des Bundesgerichtes. Artikel X. Das Bundesgericht besteht aus einem Präsidenten, zwei Vicepräsidenten, zwölf ordentlichen und zwölf außerordentlichen Beisitzern. Der Sitz des Bundesgerichtes ist am Orte der Bundesversammlung. Artikel XI. Zwölf ordentliche Beisitzer des Bundesgerichtes werden von den Regierungen aus den Mitgliedern der obersten Gerichtshöfe ernannt. Oesterreich und Preussen ernennen je zwei, Bayern einen, die folgenden 14 Stimmen des engeren Rathes der Bundesversammlung nach einer zwischen ihnen zu verabredenden Reihenfolge sieben solche Beisitzer. Die erste Ernennung der letzterwähnten sieben Bundesrichter erfolgt durch Sachsen, Hannover, Württemberg, Baden, Kurhessen, Großherzogthum Hessen, und nach Entscheidung des Looses durch Holstein oder Luxemburg. Drei ordentliche Beisitzer des Bundesgerichtes ernennt die Bundesversammlung mit Stimmenmehrheit aus der Reihe der Rechtslehrer an den deutschen Hochschulen. Die Bundesversammlung ernennt ferner aus den fünfzehn ordentlichen Mitgliedern des Bundesgerichtes den Präsidenten, die beiden Vicepräsidenten und die Mitglieder des ständigen Senates (Artikel XII). Die zwölf außerordentlichen Mitglieder des Bundesgerichtes werden von den Regierungen auf Vorschlag und aus der Mitte der Ständeversammlungen ernannt. Diese Ernennungen erfolgen durch dieselben Regierungen, beziehentlich in derselben Reihenfolge, wie die Ernennungen der ordentlichen Beisitzer.

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Artikel XIII. Der Präsident, einer der Vicepräsidenten, und drei ordentliche Beisitzer müssen am Sitze des Bundesgerichtes wohnen. Sie bilden den ständigen Senat des Bundesgerichtes. Dem ständigen Senate ist zugewiesen: 1) die Leitung des Verfahrens in sämmtlichen an das Bundesgericht gelangenden Streitsachen bis zur Spruchreife, 2) die Entscheidung in erster Instanz in den von der klagenden Partei unmittelbar am Bundesgerichte anzubringenden Streitsachen (Artikel I 1–5), 3) die Erstattung von Gutachten (Artikel VII), 4) die Ueberwachung der Gleichmäßigkeit der Rechtsprechung in den Bundesstaaten (Artikel VI). Artikel XIII. Die nicht am Sitze des Bundesgerichtes wohnenden ordentlichen Beisitzer werden durch den Präsidenten periodisch oder so oft der Stand der Geschäfte es erfordert, zur ordentlichen Plenarsitzung des Bundesgerichtes einberufen. Der ordentlichen Plenarsitzung des Bundesgerichtes ist zugewiesen: 1) die Entscheidung als Revisionsinstanz in den vom ständigen Senate in erster Instanz abgeurtheilten Rechtssachen, 2) die schiedsrichterliche Entscheidung in den Fällen des Artikels II, 1–3. Zur Beschlußfähigkeit des Bundesgerichtes in ordentlicher Plenarsitzung ist die Anwesenheit von wenigstens elf Mitgliedern erforderlich. Gegen die vom Bundesgerichte in ordentlicher Plenarsitzung gefällten Entscheidungen findet nur das Rechtsmittel der Restitution wegen neu aufgefundener Thatsachen oder Beweismittel innerhalb einer Frist von vier Jahren statt. Ueber Zulässigkeit und Begründung dieses Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht in derselben Zusammensetzung. Artikel XIV. In Streitigkeiten zwischen einer Bundesregierung und der Landesvertretung (Art. II 4) ertheilt das Bundesgericht den Schiedsspruch in außerordentlicher Plenarversammlung, zu welcher der Präsident die sämmtlichen ordentlichen und außerordentlichen Beisitzer einberuft. Die Anwesenheit von wenigstens zehn ordentlichen und zehn außerordentlichen Beisitzern ist in diesen Fällen zur Beschlußfähigkeit des Gerichtes erforderlich. Der in den gesetzlichen Formen gefällte Schiedsspruch unterliegt keiner weiteren Berufung und ist sofort vollziehbar.

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Artikel XV. Der Präsident, sowie die übrigen Mitglieder des ständigen Senates werden von der Bundesversammlung besoldet. Sie können nach erreichtem 70. Lebensjahre von der Bundesversammlung in Ruhestand versetzt werden. Ein Reglement wird die betreffenden Gehalte, sowie die Reiseentschädigungen und Functionsgebühren der nichtständigen und der außerordentlichen Beisitzer feststellen. Artikel XVI. Die näheren Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesgerichte werden durch eine Gerichtsordnung getroffen werden, welche der ständige Senat des Bundesgerichtes entwerfen und der Bundesversammlung zur Genehmigung vorlegen wird. Artikel XVII. Mit Einführung des Bundesgerichtes kommen die seitherigen Bestimmungen über Austrägalinstanz8, beziehentlich das Bundesschiedsgericht9, auch die Competenz der Bundesversammlung in den im Artikel 29 der Wiener Schlußacte10 bezeichneten Fällen, und der Bundesbeschluß vom 15. September 184211 in Wegfall. Dagegen bewendet es auch fernerhin bei Artikel 24 der Schlußacte12.

8 Die am 16. Juni 1817 von der Bundesversammlung verabschiedete Austrägalordnung sah eine Schlichtung von Konflikten zwischen Bundesmitgliedern durch einen Ausschuß der Bundesversammlung vor; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 114–116. 9 Auf der Wiener Ministerialkonferenz von 1834 war in den „Sechzig Artikeln“ beschlossen worden, bei Verfassungskonflikten zwischen Regierungen und Landständen ein Bundesschiedsgericht einzuberufen, eine Möglichkeit, die in der Praxis aber niemals genutzt worden war. Vgl. Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 36; QGDB II/1, Dok. 95, S. 557–560. 10 Artikel 29 der Wiener Schlußakte ermöglichte das Eingreifen des Bundes bei Fällen von Justizverweigerung und gehemmter Rechtspflege in den Einzelstaaten; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 95. 11 Der Bundesbeschluß vom 15. September 1842 regelte die Einsetzung einer richterlichen Instanz bei Beschwerden von Mediatisierten, die sich unter Berufung auf die in Artikel 14 der Bundesakte zugesicherten Rechte an die Bundesversammlung wandten; ProtDBV 1842, § 283, S. 625, 634 f.; vgl. Kotulla (Hrsg.), Deutsches Verfassungsrecht, Bd. 1, S. 137 f., 787 f. 12 Art. 24 WSA: „Es steht übrigens den Bundes-Gliedern frey, sowohl bey einzelnen vorkommenden Streitigkeiten, als für alle künftigen Fälle, wegen besonderer Austräge oder Compromisse übereinzukommen, wie denn auch frühere Familien- oder Vertrags-Austräge durch Errichtung der Bundes-Austrägal-Instanz nicht aufgehoben, noch abgeändert werden.“ Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 94.

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Beilage 2. Memorandum, die Errichtung eines Bundesgerichtes betreffend. Zu verschiedenen Zeiten haben die deutschen Regierungen sich mit der Frage der Errichtung eines Bundesgerichtes beschäftigt. Wiederholt haben sie sich im Grundsatze zu Gunsten einer solchen Schöpfung ausgesprochen, wiederholt haben sie ein Bundesgericht als wünschenswerth, ja als den nothwendigen Schlußstein der Bundesverfassung Deutschlands anerkannt. Dessenungeachtet hat niemals irgend ein bestimmter Vorschlag zur Errichtung eines Bundesgerichtes entschiedenen Anklang gefunden. Man hat Entwürfe ausgearbeitet, aber man hat sie auch wieder zurückgelegt, gleich als ob der Beifall, welchen man in der Theorie dem Gedanken eines Bundesgerichtes schenkte, jedem Versuche praktischer Ausführung sofort wieder abhanden kommen müßte. Welches sind die Ursachen dieses so oft zu Tage getretenen Widerspruches? Man wird sie wesentlich auf die Schwierigkeit zurückführen dürfen, für das Bundesgericht, ohne Beeinträchtigung der Jurisdictionsrechte der einzelnen Staaten, einen Wirkungskreis zu ermitteln, welcher eine regelmäßige und fortlaufende judicielle Thätigkeit erfordert. Die Pflege des Privatrechtes gehört der Justizhoheit der Einzelstaaten an, und überall in Deutschland ist für dieselbe die ausreichendste Fürsorge getroffen. Es besteht daher, was Streitigkeiten über Mein und Dein betrifft, das Bedürfniß einer ergänzenden Gerichtsbarkeit des Bundes nur für wenige Kategorien von Rechtsfällen, für solche nämlich, welche nach Begründung oder Gegenstand über die Grenzen eines einzelnen Bundesstaates hinausreichen. Aber auch diese Fälle, welche seither die Bundesversammlung an ein deutsches oberstes Gericht als Austrägalinstanz zu verweisen hatte, sind immer seltener geworden, da sie größtentheils ihren Ursprung aus den Territorialund Rechtsverhältnissen des ehemaligen deutschen Reiches ableiteten und im Laufe der Zeit abgeurtheilt oder in anderer Weise erledigt wurden. Auf dem Gebiete der Privatrechtspflege ist sonach in Deutschland für ein Bundesgericht, neben der Justizhoheit der Einzelstaaten, nur ein sehr eingeschränkter Kreis des Wirkens eröffnet. Es bleibt das staatsrechtliche Gebiet übrig. Auf diesem kann vorzugsweise das Bundesgericht eine wichtige Stelle einnehmen, aber es ist Thatsache, daß die deutschen Regierungen lange Zeit große Scheu getragen haben, das Bundesgericht als eine eigentliche politische Institution anzuerkennen. Sie haben geglaubt, dem abstracten Souverainetätsbegriffe nichts vergeben zu dürfen, welcher allerdings nicht zuläßt, daß ein Richtercollegium anders als kraft freiwilligen Compromisses ein oberstes Entscheidungsrecht in streitigen Verfassungsfragen ausübe, also gewissermaßen über Souveraine in Regierungssachen zu Gericht sitze.

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In diesem Sinne hat auch der Kaiserlich-Oesterreichische Hof noch auf den Dresdener Conferenzen seinen Bedenken gegen die Statthaftigkeit förmlicher Verfassungsprocesse Ausdruck geliehen.13 Wenn man nun aber das Bundesgericht als Privatrechts-Institut nicht mit einer umfassenden Gerichtsbarkeit ausstatten konnte, und wenn man es als politisches Institut nur in der möglichst bedingten und beschränkten Weise in’s Leben rufen wollte, so begreift sich leicht, daß die Versuche, ein Statut für ein Bundesgericht zu Stande zu bringen, nicht eben sehr befriedigend ausfallen konnten, ja daß sie jedesmal die Zweifel wachriefen, ob überhaupt das in der Theorie so gerühmte Bundesgericht sich praktisch als eine lebensfähige und wirksame Schöpfung bewähren würde. Wenigstens mußte die Frage sich immer von Neuem aufdrängen, ob für die Thätigkeit eines permanenten Bundesgerichtshofes wirklich hinreichender Stoff sich darbiete. Das Kaiserliche Cabinet glaubt an diese negativen Antecedentien hier erinnern zu müssen, weil es auch Angesichts des neuesten im Jahre 1860 in dem betreffenden Bundestagsausschusse ausgearbeiteten Entwurfes14, bei aller Anerkennung der Gründlichkeit dieser Arbeit und der Fortschritte, welche die Frage des Bundesgerichtes ihr verdankt, ähnlicher Zweifel und Besorgnisse sich nicht ganz zu entschlagen gewußt hat. Dieser Entwurf stellt ein zahlreiches Collegium von 12 sämmtlich in Frankfurt residirenden Bundesrichtern auf. Allein wenn man die neun im Art. III desselben aufgezählten Competenzpunkte durchmustert, wenn man sich die mancherlei Clauseln vergegenwärtigt, durch welche in den meisten derselben die Zuständigkeit des Bundesgerichtes bedingt ist, so wird man finden, daß diese Fälle sämmtlich wohl nur selten, vielleicht erst nach langen Zwischenräumen vorkommen werden. Man bringe namentlich den Umstand in Rechnung, daß gerade in den wichtigsten jener neun Kategorien die bundesgerichtliche Competenz in doppelter Beziehung nur eine subsidiäre ist, daß sie nämlich nur insofern eintritt, als erstens Verfassung und Gesetzgebung des betheiligten Staates keine Entscheidungsnormen an die Hand geben, – eine Voraussetzung, die fast allgemein nicht zutrifft oder doch künftig nicht zutreffen wird, – und als zweitens die Vermittelung der Bundesversammlung vorher fehlgeschlagen ist. Man wird sich dann die Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit nicht verhehlen dürfen, daß es dem Bundesgerichte zeitweise fast ganz an Beschäftigung fehlen und daß zwischen dem Organismus dieses Instituts, wie ihn der Frankfurter Entwurf beantragt, und dem Umfange seiner 13 Vgl. das österreichische Votum vom 15. Mai 1851 in der 9. Plenarsitzung der Dresdener Konferenz, QGDB III/1, S. 509. 14 Es handelt sich um den Entwurf des Ausschußreferenten von Linde vom 23. Januar 1860, siehe oben Dok. 65, Anm. 6.

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Wirksamkeit ein grelles Mißverhältniß sich herausstellen könne. Der Beifall, welcher dem Entschlusse der Regierungen, ein Bundesgericht zu gründen, ohne Zweifel Anfangs entgegenkommen würde, könnte sich dann nur zu leicht in das Gegentheil verkehren, wenn die Erfahrung zeigte, daß dadurch die Institutionen des Bundes nur um eine kostspielige, aber an Arbeitsmangel leidende Anstalt, um ein Tribunal ohne Processe bereichert worden wären. Auch bei Ausarbeitung des Frankfurter Gutachtens scheint das Gewicht dieses Einwandes gefühlt worden zu sein, denn man sucht dasselbe dadurch zu vermindern, daß man vorschlägt, dem Bundesgerichte auch legislative Arbeiten zu übertragen. Allein sowie man in den einzelnen Staaten nicht die Gerichtshöfe, sondern eigene Gesetzgebungscommissionen mit der Ausarbeitung von Gesetzbüchern beauftragt, so dürfte es auch weder leicht noch zweckmäßig sein, im Personal des Bundesgerichtes die doppelte Eignung für die Behandlung praktischer Streitfragen des Staats- und Bundesrechtes und für ganz heterogene, wissenschaftliche Leistungen vereinigen zu wollen. Auch hat bekanntlich der Bund für die beabsichtigten gemeinsamen Gesetzgebungswerke – Civilproceßordnung und Obligationenrecht – bereits die Einsetzung eigener Commissionen beschlossen, und auch wenn man demnächst diese Codification auf weitere Materien ausdehnte, würde man es sicher zweckentsprechend finden, sich an bewährte Autoritäten des speciellen Faches, nicht an die Bundesrichter, deren Beruf eine ganz andere Qualification erheischt, zu wenden. Ist dieß richtig, so ist gegen den Frankfurter Entwurf einzuwenden, daß er für die präsumtive regelmäßige Thätigkeit des Bundesgerichtes einen zu großen Apparat aufstellt. Umgekehrt scheint aber eben dieser Apparat für die wichtigste der außerordentlichen Functionen des Bundesgerichtes[,] für die Entscheidung in Verfassungsstreitigkeiten zwischen Regierung und Ständen nicht auszureichen. Ein Collegium von 12 ausschließlich von den Regierungen ernannten Justizmännern wird kaum als eine so hohe und im Vertrauen aller Betheiligten feststehende Autorität erscheinen, um z. B. in einer Frage wie die Kurhessische mit unantastbarer moralischer Wirkung die oberste Entscheidung fällen zu können. Will man einmal die Jurisdiction eines Gerichtes in Verfassungssachen, so wird man auch diesem Gerichte eine möglichst achtunggebietende Zusammensetzung geben müssen und es wird nur billig sein, auch den Ständen einen Antheil an derselben einzuräumen. In letzterer Beziehung geht der Frankfurter Entwurf weniger weit als der Bundesbeschluß vom Jahre 183415, nach welchem die 34 Spruchmänner zwar sämmtlich von den Regierungen ernannt, im einzelnen Falle aber das aus sechs solchen Spruch15 Bundesbeschluß vom 30. Oktober 1834 zur Einführung eines Bundesschiedsgerichts; ProtDBV 1834, S. 934–936; vgl. Kotulla (Hrsg.), Deutsches Verfassungsrecht, Bd. 1, S. 766–768.

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männern bestehende Schiedsgericht zur Hälfte von den Ständen gewählt werden sollte. Ausgehend von allen diesen Betrachtungen kann das Kaiserliche Cabinet nur zu der Ansicht gelangen, daß der Organismus des Bundesgerichtes nicht ein für alle Fälle sich gleich bleibender sein dürfe, sondern je nach den sehr verschiedenen Anforderungen der einzelnen Kategorien der Bundesgerichtsprocesse verschieden gestaltet werden müsse. Ein aus wenigen Mitgliedern gebildeter ständiger Senat des Bundesgerichtes wird genügen, um über privatrechtliche Ansprüche zu entscheiden, an welche kein allgemeineres Interesse sich knüpft; zur Entscheidung über wichtige staatsrechtliche Fälle wird sich ein periodisch oder je nach Bedürfniß einzuberufendes Plenum eignen; und dieses Plenum wird durch Beisitzer, die aus ständischen Wahlen hervorgehen, verstärkt werden müssen, wenn es sich um einen Schiedsspruch zwischen Regierung und Ständen handelt. Ein solcher Wechsel der äußeren Organisation des Bundesgerichtes wird zugleich einen anderen in grundsätzlicher Beziehung wichtigen Vortheil gewähren können. Der Frankfurter Entwurf enthält keine systematisch durchgeführte Unterscheidung zwischen den Fällen, in welchen die Gerichtsbarkeit des Bundesgerichtes sich wesentlich auf dem Gebiete des Privatrechtes bewegen, und jenen, in welchen das Bundesgericht zur Ausübung einer hohen politischen Function berufen sein wird. Für beide Kategorien – für die eigentlich richterliche wie für die schiedsrichterlich politische Thätigkeit des Bundesgerichtes – stellt jener Entwurf im Artikel 5 gleichmäßig die Regel auf, daß das Bundesgericht selbst über seine Competenz zu entscheiden habe. Diesen Satz paralysirt jedoch der Entwurf der praktischen Wirkung nach durch den unmittelbar folgenden Satz, wonach die Bundesversammlung jederzeit berechtigt sein soll, kraft ihrer eigenen Competenz das bundesgerichtliche Verfahren einzustellen. Die theoretische Berechtigung der Nebeneinanderstellung dieser beiden Sätze mag dahin gestellt bleiben, jedenfalls wird aber ein also abgefaßter Artikel nicht dazu beitragen, dem beantragten Institute in der allgemeinen Meinung Gunst und Vertrauen zuzuwenden. Das Kaiserliche Cabinet glaubt, daß dieser Nachtheil vermieden würde und zugleich der Begriff der Staatssouverainetät im Verhältnisse zur Competenz des Bundesgerichtes in politischen Fragen einen reineren Ausdruck erhielte, wenn in der ganzen Organisation des Bundesgerichtes ein Unterschied durchgeführt würde zwischen den Privatrechtsfällen, in welchen das Bundesgericht, wie jeder andere Gerichtshof, unmittelbar vom klagenden Theile angegangen werden kann, und den politischen Streitsachen, in welchen es eines besonderen Auftrages der Bundesversammlung, d.h. eines aus der Souverainetät der Regierungen abgeleiteten Actes bedarf, um dem Bundesgerichte schiedsrichterliche Autorität zu übertragen. Für den Vorschlag einer wechselnden Zusammensetzung des Bundesgerich-

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tes spricht ferner auch der Grund, daß dadurch für die dazu geeigneten Fälle die Anordnung eines Instanzenzuges ermöglicht wird, auf welchen in dem Frankfurter Entwurfe nicht Bedacht genommen worden ist. Auch des geringeren Kostenaufwandes bei vermindertem ständigen Personal des Bundesgerichtes mag schließlich Erwähnung geschehen. Dieß sind die Hauptgesichtspunkte, welche dem Kaiserlichen Cabinete eine theilweise Umgestaltung des Frankfurter Vorschlages wünschenswerth erscheinen ließen, und welche dem anliegenden veränderten und vervollständigten Entwurfe eines Bundesbeschlusses wegen Errichtung eines Bundesgerichtes zu Grunde gelegt wurden. Dieser Entwurf unterscheidet sich übrigens von der Frankfurter Vorlage auch in einigen Einzelheiten, welche nicht unmittelbar mit den im Vorstehenden dargelegten Erwägungen zusammenhängen. Das Kaiserliche Cabinet glaubt jedoch in diesen weniger erheblichen Punkten seine Vorschläge, ohne in’s Einzelne gehende Begründung, für sich selbst sprechen lassen zu dürfen. Nur eine dieser Modificationen bedarf vielleicht einer kurzen Andeutung der Motive, da sie die jüngst so ernstlich erörterte Frage vom Verhältnisse der Bundesautorität zu bundeswidrigen Bestimmungen der Verfassung eines Einzelstaates berührt. Aehnlich wie der Bundesbeschluß vom 23. August 185116, behandelt der mehrgedachte Frankfurter Entwurf (Art. III 8) dieses Verhältniß in einer Weise, die zwar die vorläufige Einhaltung des landesverfassungsmäßigen Weges behufs der Beseitigung bundeswidriger Bestimmungen nicht ausschließt, aber doch keineswegs das sofortige autoritative Einschreiten der Bundesversammlung von irgend einer Verhandlung mit den Ständen abhängig macht. Angesichts der neueren Entwickelung der Dinge in Deutschland muß das Kaiserliche Cabinet in dieser Beziehung gegen die Beibehaltung der Frankfurter Redaction Bedenken hegen. Die verschiedenen Erklärungen, welche von den deutschen Regierungen über diesen Punkt aus Anlaß des Kurhessischen Verfassungsstreites abgegeben worden sind, stimmen zwar sämmtlich darin überein, daß in letzter Instanz, also wenn wegen Beseitigung einer das Bundesrecht verletzenden Verfassungsbestimmung vergeblich mit den Ständen unterhandelt worden ist, der Bund das Recht besitzen müsse, auch gegen den Willen dieser Stände den Bundesverpflichtungen Geltung zu verschaffen. Selbst die Großherzoglich-Badische Regierung hat dieß ausdrücklich anerkannt. Allein es ist andererseits vielfach Nachdruck darauf gelegt worden, daß der Bund von seinem Rechte nicht ohne einen vorherigen Versuch der Einigung zwischen Regierung und Ständen Gebrauch machen solle, und factisch hat sich die Bundesversammlung durch ihren Beschluß vom 24. Mai d. J., die 16 QGDB III/2, Dok. 14.

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Kurhessische Sache betreffend17, diesen Grundsatz angeeignet. Es könnte also kaum einen anderen als höchst nachtheiligen Eindruck hervorbringen, wenn so kurze Zeit nach diesem Beschlusse die Bedingung vorheriger Verhandlung mit den Ständen gelegentlich der Errichtung des Bundesgerichtes wieder als zweifelhaft hingestellt würde. Das Kaiserliche Cabinet hat deßhalb in der Fassung der in Rede stehenden Bestimmung (Art. III des anliegenden Entwurfes) eine Aenderung vornehmen zu müssen geglaubt, welche – ohne dem obersten Entscheidungsrechte der Bundesversammlung das Geringste zu vergeben – Beruhigung darüber gewährt, daß auch künftig in Fällen, wo es sich um Herstellung des Einklanges zwischen Bundes- und Landesverfassung handeln würde, die Einwirkung des Bundes zunächst dahin gerichtet werden müßte, zu diesem Zwecke ein Einverständniß zwischen Regierung und Ständen herbeizuführen.

141. Schrenk an König Maximilian II. HStA München, MA 494. Antrag. Behändigte Ausfertigung.

Schrenk bittet um die Erteilung von Instruktionen an den Bundestagsgesandten von der Pfordten, der mit der Erstellung des Ausschußgutachtens über die Reformanträge vom 14. August beauftragt ist. Er stimmt Rechberg zu, daß für die Zusammensetzung der Delegiertenversammlung die Vorschläge Beusts vom Herbst 1861 maßgebend sein sollen. Die Frage der Kompetenz der Delegiertenversammlung soll noch offengelassen werden. Die Entscheidung darüber, ob die Delegiertenversammlung eine ständige, an Gesetzen und politischen Gegenständen beteiligte Einrichtung sein soll, muß aufgeschoben werden, bis über die Neugestaltung der Bundesexekutive entschieden ist.

München, 16. August 1862 An Seine Majestaet den Koenig Allerunterthänigster Antrag von Seite des Staats-Ministeriums des Koeniglichen Hauses und des Aeussern Die zur Reform der Bundes-Verfaßung am Bundestage gestellten Anträge betreffend. Euere Königliche Majestät haben bereits davon Kenntniß zu nehmen geruht, daß der in Wien von der Gesandten-Conferenz verabredete Entwurf eines 17 Mit dem Bundesbeschluß vom 24. Mai 1862 wurde auf gemeinsamen Antrag von Österreich und Preußen vom 8. März 1862 die kurhessische Regierung aufgefordert, die im Jahr 1852 aufgehobene Verfassung von 1831 wieder in Kraft zu setzen; ProtDBV 1862, S. 285 f.; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 2, S. 170. Vgl. dazu Goebel, Die Bundes- und Deutschlandpolitik Kurhessens, S. 152–155.

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Antrages im bezeichneten Betreffe am 14. dieses Monats in der Bundesversammlung eingebracht, dem Ausschuße zugewiesen und von diesem Freyherr von der Pfordten zum Referenten in fraglicher wichtiger Angelegenheit bestimmt wurde.1 Da der Bundestag jedoch gleichzeitig Ferien beschloß, so kann der Vortrag des Ausschußes in der Bundes-Versammlung vor deren Wiederzusammentritte (9ten Oktober) nicht erstattet werden. Es ist nun aber gewiß wünschenswerth, daß die Zwischenzeit dazu benützt werde, um den besagten Vortrag gehörig vorzubereiten und es möchte ersprießlich sein, den königlichen Bundestags-Gesandten Freiherrn von der Pfordten deßhalb mit Instruktionen zu versehen. Graf Rechberg, von gleicher Absicht geleitet, hat daher auch nicht gesäumt, eine darauf bezügliche Depesche an die hiesige kaiserlich königlich österreichische Gesandtschaft zu erlassen, wovon der treugehorsamst Unterzeichnete eine Abschrift erhalten, und diese Euerer Königlichen Majestät zu allergnädigster Einsichtnahme anruhend zu unterbreiten sich allerehrerbietigst gestattet.2 Der kaiserlich österreichische Minister glaubt hinsichtlich der DelegirtenVersammlung sich an diejenigen Vorschläge halten zu sollen, welche der von dem königlich sächsischen Staatsminister Freiherrn von Beust früher aufgestellte bekannte Entwurf eines neuen Bundes-Vertrages enthält.3 Diesen Entwurf erlaubt sich der treugehorsamst Unterzeichnete abschriftlich beizuschließen, und auf dessen Contenten von Seite 3 bis 6 ehrerbietigst hinzuweisen. Bezüglich der Zahl und Zusammensetzung der (128) Mitglieder der Delegirtenversammlung glaubt auch der treugehorsamst Unterzeichnete nichts erinnern zu können; was aber die Frage der Einberufung, Vertagung oder Auflösung der Delegirten-Versammlung betrifft, so dürfte wohl diese nicht, wie Graf Rechberg in seiner Depesche vom 12. dieses Monats annimmt, von den Bundes-Commissären, sondern lediglich nur durch die Bundesversammlung selbst zu geschehen haben, womit auch der Beust’sche Entwurf übereinstimmt. Der Wirkungskreis der fraglichen deutschen Repräsentation wird in der mehrbesagten Depesche des Grafen Rechberg wohl aus dem Grunde nicht berührt, weil die Einberufung der Delegirten-Versammlung zunächst nur ad hoc, zu ganz bestimmt vorhergesehenen Arbeiten der Gesetzgebung erfolgen soll. Wenn daher Euerer Königlichen Majestät Bundestagsgesandter jetzt auf den 1 Siehe Dok. 140. 2 Siehe Dok. 139. 3 Siehe Dok. 86.

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Entwurf des Freiherrn von Beust zu einiger Richtschnur verwiesen werden soll, so kann selbstverständlich diese Bezugnahme auch nur auf diese Befugniß-Grenzen beschränkt werden, und jene Weiterung, vermöge deren die Bundesversammlung regelmäßig oder ausnahmsweise die Delegirten zu Beschlüßen oder Kundgebungen in den durch Artikel 64 der Wiener Schlußakte vorgesehenen gemeinnützigen Angelegenheiten oder auch selbst in politischen Gegenständen zu veranlaßen haben soll (Beustischer Entwurf Seite 5 und 6), muß zur Zeit wohl gänzlich außer Betracht und bis zu jenem Momente aufgeschoben bleiben, wo die nach dem Bundestags-Antrage vom 14. dieses Monats in Aussicht genommene Neugestaltung der Exekutive des Bundes ins Leben tritt. Es wird am besten sein, die Frage der Competenz der Delegirten-Versammlung vorerst möglichst offen zu lassen. Ohnehin kann im Allgemeinen zu der Umsicht und Sachkenntniß des Referenten Freiherrn von der Pfordten das Vertrauen gehegt werden, daß er seine Einsicht auch im gegenwärtigen Falle bewähren wird. Eine Zugrundelegung der Beust’schen Vorschläge unter den obgedachten den Wirkungskreis betreffenden Einschränkungen beziehungsweise eine darauf gerichtete Instruktion des königl. Bundestagsgesandten möchte aber deßungeachtet sich empfehlen, und der treugehorsamst Unterzeichnete erlaubt sich demzufolge, von Euerer Königlichen Majestät sich die allerhöchste Ermächtigung zu erbitten, den Freiherrn von der Pfordten in Übereinstimmung mit der Ansicht des Grafen Rechberg mit einem dießbezüglichen Erlaße versehen zu dürfen. Übrigens ist der treugehorsamst Unterzeichnete in tiefster Ehrfurcht der Verhaltsbefehle gewärtig, welche Euere Königliche Majestät vielleicht ihm noch insbesondere in dieser Sache allergnädigst zu ertheilen geruhen mögen. Frh. v. Schrenk [Signat König Maximilians II., Praes.: 14. Oktober 1862] Durch die heutige Bescheidung des Antrages vom 24ten v. Mts. erledigt.4 Partenkirchen den 13. Oktober 1862. Max

4 Antrag Schrenk an König Maximilian II., 24. September 1862, HStA München, MA 494, siehe Dok. 144.

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142. Mohl an Roggenbach GLA Karlsruhe, 48/1482. Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 20. August 1862.

Mohl gibt einen Rückblick auf die Tätigkeit der Bundesversammlung in der abgelaufenen Sitzungsperiode. Das seit dem letzten Herbst Geleistete ist weder quantitativ noch qualitativ von großer Bedeutung. Am häufigsten hat sich die Bundesversammlung mit den Militärangelegenheiten beschäftigt. Dabei ist Nützliches geschaffen worden, aber zu einer zufriedenstellenden Ordnung der Verteidigungsanstalten des Bundes fehlt noch das Wesentliche, nämlich die Regelung der Frage des Oberbefehls. Über gemeinsame Gesetze und nützliche Einrichtungen ist mehrfach verhandelt worden, aber nichts ist vollendet worden. Hier bildet die grundsätzliche Fernhaltung Preußens von den Verhandlungen ein Hindernis für allgemeine Regelungen. In der schleswig-holsteinischen Frage hat sich die Bundesversammlung passiv verhalten, während sie in der kurhessischen Verfassungsfrage mit großer Entschiedenheit aufgetreten ist, allerdings gegen ihren Willen und ohne großen Erfolg. Vollkommen untätig war die Bundesversammlung im Hinblick auf die Handelsverträge und die Reform der Bundesverfassung. Diese Stagnation ist gefährlich und kann sich schwer rächen. Die Bundesversammlung ist vielfach Gegenstand der Satire und der rücksichtslosesten Kritik. Der maßgebende Grund für die Nullität der Bundesversammlung liegt im immer schrofferen Antagonismus der beiden Großmächte, in der Schwäche der preußischen Politik und im partikularistischen Souveränitätsstreben der Mittelstaaten. Das einzige Mittel gegen diese Zustände ist, daß Preußen sich an die Spitze der liberalen Meinung setzt und mit einem politischen Programm für einen Bundesstaat hervortritt und damit dokumentiert, daß Preußen in Deutschland aufgehen wolle. Es ist nicht wahrscheinlich, daß daraus ein Krieg entstehen würde, weil es Österreich und den Mittelstaaten an Mut fehlt. Wenn Preußen nicht handelt, dann gibt es drei Möglichkeiten: Entweder übernimmt Österreich die Hegemonie, oder es bleibt im Bund alles beim Alten, oder es kommt zum revolutionären Umsturz. Die Gefahr einer Revolution ist noch nicht akut, aber die gegenwärtige Politik der Mehrzahl der deutschen Regierungen und des Bundes könnten in der Zukunft „Veranlassung zu popularer Gewaltbewegung“ liefern. Die badische Regierung darf sich in dieser Situation unter keinen Umständen dem Würzburger Lager anschließen. Sie kann aber auch nicht, wie Preußen, in der bloßen Negation verharren, weil mit bloßem Verhindern nichts besser gemacht wird. Baden sollte, gemeinsam mit anderen Staaten, positive Reformvorschläge im Hinblick auf Bundesexekutive, Volksvertretung und Bundesgericht einbringen.

Frankfurt am Main, 17. August 1862 Hochgeehrtester Herr Präsident! Der jetzt eingetretene Schluß der Bundestags-Sitzungen hat mir die Aufgabe nahegelegt, einen Blick zurückzuwerfen auf die Thätigkeit der Bundesversammlung während des abgelaufenen Geschäftsabschnittes, was ich denn nicht thun konnte, ohne damit eine Umschau zu verbinden in den sonstigen allgemeinen deutschen Zuständen. So wenig erfreulich das Ergebniß der Betrachtungen auch ist, bitte ich doch Euer Hochwohlgeboren ergebenst um die Erlaubniß, dasselbe vorlegen zu dürfen. Mögen doch schon die noch im letzten Augenblicke vor den Ferien eingebrachten Anträge, welche jeden Falles

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bei Wiederaufnahme der Geschäfte am Bunde, und vielleicht schon in der Zwischenzeit ein sicheres und correktes Handeln nöthig machen werden, auch einen unbedeutenden Beitrag zur Beurtheilung der Sachlage als nicht überflüßig erscheinen lassen. Beginne ich mit der Thätigkeit der Bundesversammlung selbst, so kann ich leider nicht in Abrede ziehen, daß das seit dem Wiederzusammentritte im Herbste des vorigen Jahres Geleistete weder quantitativ noch qualitativ von großer Bedeutung, und daß es unter allen Umständen nicht geeignet ist, das immer dringendere und daher gefahrdrohendere Bedürfniß einer besseren Ordnung Deutschlands zu befriedigen. Das wirklich Geschehene1 ist nur wenig, und es betrifft zum großen Theile nur Fragen von untergeordneter Bedeutung; wo aber je Wichtiges ins Auge gefaßt wurde, da ist es noch in dem ersten Vorbereitungsstadium und ein Erfolg in weiter Ferne, wenn überhaupt zu erwarten. Nur die Entscheidung in der kurhessischen Sache macht eine Ausnahme von dem Unbedeutenden und Unfertigen, obgleich auch sie Vieles zu wünschen übrig läßt und namentlich in der Art ihrer Herbeiführung wenig zur Hebung des Ansehens der Bundesversammlung beiträgt. Wie zu jeder Zeit, so waren auch in der verfloßenen Periode die MilitairAngelegenheiten derjenige Gegenstand, welcher die Thätigkeit der Bundesversammlung am häufigsten in Anspruch nahm, und in welchen ohne Zweifel am meisten geleistet wurde. Abgesehen von den laufenden Geschäften, welche durch die Aufsicht über die Bundescontingente veranlaßt wurden, hat namentlich die Verwaltung und Verbesserungen der Bundesfestungen zahlreiche und umfaßendere Arbeiten veranlaßt. Steht mir auch, als Laien, kein Urtheil über das in letzterer Beziehung bereits Geschehene oder doch für die nächste Zeit Vorbereitete zu, so kann ich doch nicht umhin, anzuerkennen, daß das Bundesfestungswesen von sämmtlichen damit beauftragten Bundesbehörden mit großem Eifer behandelt wird, und da auch die geforderten materiellen Mittel immer von den sämmtlichen Bundesregierungen verwilligt worden, so ist ohne Zweifel Bedeutendes und Nützliches geschaffen worden; – doch darf man sich keiner Ueberschätzung hingeben. Zu einer zufriedenstellenden Ordnung der Vertheidigungs-Anstalten fehlt immer noch sehr Vieles und vielleicht gerade das Wesentliche. Nicht nur nemlich hat die Oberfeldherrnfrage keine Lösung gefunden, sondern sie ist auch wohl gegenwärtig von einer solchen weiter entfernt, als je, damit aber die wirksame Verwendung der allerwärts mit so großen Kosten und so vieler technischer Bemühung bereit gehaltenen Truppenmacht des Bundes sehr zweifelhaft gemacht, sondern es fehlt auch noch Großes an den Befestigungsanlagen. Die Bundesfestungen sind noch unvollkommen gegen die Wirkungen der neuen Geschütze gesichert und 1 Emendiert. Vorlage: Geschenen.

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hiezu noch weit aussehende Bauten und höchst bedeutende Ausgaben nöthig; die zur Aufstellung deckender Heere nöthigen verschanzten Lager bestehen noch nicht, eben sowenig die zur Küstenvertheidigung erforderlichen Werke und Schiffe. Da sich überdieß in Beziehung auf die beiden letzteren Punkte theils technische theils leider politische Meinungsverschiedenheiten und Gegenströmungen geltend machen, so ist wohl auch die Feststellung der Plane, geschweige denn die Ausführung, in weiter Ferne; und was in der jüngsten Zeit an vorbereitenden Schritten geschehen ist, theils bei der Militair-Commission, theils von Seiten der besonders einberufenen KüstenvertheidigungsCommission, wäre bei einer schnell einbrechenden Nothwendigkeit von gar keiner wirksamen Bedeutung. Eine zweite Aufgabe, welche der Bundesversammlung auferlegt war, nemlich die Förderung gemeinsamer Gesetze und nützlicher Einrichtungen, hat in der abgelaufenen Geschäftsperiode ebenfalls mehrfache Verhandlungen hervorgerufen, auch sind wirklich einige Schritte zur Weiterführung geschehen; allein vollendet ist in keinem einzigen Falle Begonnenes geworden, und in Beziehung der meisten einschlägigen Gegenstände steht ein Ergebniß noch in weiter Ferne, wo nicht gar in entschiedenem Zweifel. Die Thätigkeit der Versammlung war aber hier eine dreifache. – Einmal beschäftigte sie sich mit der Einsammlung von Abstimmungen über bereits fertig vorliegende Entwürfe. Dieß war der Fall hinsichtlich der in Nürnberg ausgearbeiteten Verbesserungen der Wechselordnung, der dort getroffenen Verabredungen über gegenseitige Rechtshülfe, hinsichtlich des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs, endlich des Maaß- und Gewichts-Systems.2 Die wirklich abgegebenen Erklärungen der einzelnen Regierungen sind verschieden ausgefallen. Theils wurde bereits eine gesetzliche Einführung angekündigt; theils eine solche in Aussicht gestellt, sei es mit, sei es ohne Modifikation und Bedingungen. Von einer Anzahl von Staaten ist noch gar keine Mittheilung erfolgt. So hat sich denn die Bundesversammlung beschränkt auf eine Sammlung des Materials und die, voraussichtlich in mehreren Fällen schwierige, Schlußarbeit der Ziehung eines Gesammtergebnißes steht noch bevor. Dieselbe wird wohl längere Zeit in Anspruch nehmen; doch darf hier allerdings früher oder später ein mehr oder weniger allgemeiner Erfolg erhofft werde. – In einer zweiten Gattung von Fällen gieng das Bestreben der Bundesversammlung zunächst nur auf die Bildung von Fachcommissionen zur Bearbeitung von Entwürfen für gemeinschaftliche Vorschriften. Dieß war der Fall in Betreff der Heimatsverhältniße; einer Civilproceßordnung und eines Obligationenrechts; einer Patentordnung; endlich eines Gesetzes zum Schutze der Autorenrechte.3 Zum Beschluße 2 Siehe dazu Müller, Deutscher Bund und deutsche Nation, S. 412 ff., 419 ff., 435 ff. 3 Siehe ebd., S. 512 ff., 421 ff., 432 ff., 496 ff., 457 ff.

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wurde bis jetzt nur die Bildung einer Commission in Hannover zur Ausarbeitung einer Civilproceßordnung gebracht4; in Betreff der drei anderen beabsichtigten Commissionen fehlen noch Abstimmungen. Ob übrigens in allen diesen Fällen wirklich für ganz Deutschland gültige gesetzliche Einrichtungen werden zu Stand gebracht werden können, steht sehr dahin. Abgesehen von der Nichttheilnahme einzelner Regierungen bei der einen oder anderen Commission – so namentlich unserer hohen Regierung an den Commissionen für die Heimathsverhältniße und für das Patentgesetz, bildet die grundsätzliche Fernehaltung Preußens von diesen sämmtlichen Gesetzgebungsarbeiten ein voraussichtlich unbeseitigbares Hinderniß für eine wirklich allgemeine Ordnung und namentlich für eine Ordnung durch einen Bundesbeschluß. Jeden Falls ist zunächst und noch auf längere Zeit hinaus von einer wirklichen Leistung des Bundes keine Rede. – Endlich hatte, drittens, die Bundesversammlung sich auch mit verlangter Aufhebung bis jetzt bestehender allgemeiner Bestimmungen zu beschäftigen, nemlich mit dem Antrage der Großh[erzoglich]en Regierung auf Zurücknahme der Bundesbeschlüße über Preße und über Vereine.5 Auch diese Angelegenheit hat noch zu keinem Ergebniße geführt, indem der mit der Berichterstattung beauftragte politische Ausschuß bis zu Eintritt der Ferien dieser Auflage nicht nachgekommen ist. Sehr verschieden war das Verhalten der Bundesversammlung in den beiden rechtlich-politischen Angelegenheiten, welche schon seit mehr als einem Jahrzehent [sic] einer Lösung vergeblich harren und deren Behandlung dem Bunde so vielen, theils völlig verdienten, theils freilich auch wegen Nichtbeachtung der internationalen Verhältniße ungerechten Tadel zugezogen haben, nemlich in der schleßwig-holsteinschen und in der kurhessischen Sache. In der ersteren verhielt sie sich im Wesentlichen passiv, die Fortsetzung der Verhandlungen mit Dänemark ihren Mandataren, Oesterreich und Preußen, überlassend. Diese Verhandlungen konnten der Sachlage nach nur eine Offenhaltung der Frage und besten Falles ein Hindrängen Dänemarks zu einem Geständniß der Nichtvollziehung und Nichtvollziehbarkeit der Vereinbarungen von 1850/51 bezwecken; eine Behandlung, mit welcher freilich die unter der dänischen Ungerechtigkeit unmittelbar Leidenden, sowie die mehr eifrigen als einsichtsvollen Stimmführer in der deutschen Preße und in Ständeversammlungen nicht einverstanden sein mögen, welche aber ohne die Gefahr, einen europäischen Krieg zu veranlaßen, nicht wohl zu ändern war. Mit Ausnahme einer gelegentlichen Billigung sah die Bundesversammlung dem bitter werdenden Notenwechsel zu ohne eigene Thätigkeit. In wie ferne diese Haltung auch in der Zukunft wird beibehalten werden können, hängt freilich ohne 4 Siehe Dok. 111. 5 Siehe Dok. 133.

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Zweifel davon ab, ob der unglücklicherweise auch auf diesem Boden neuestens entstandene Hader zwischen Oesterreich und Preußen zum öffentlichen Ausbruche kommen oder wieder verkleistert werden wird. In der hessischen Verfassungsfrage dagegen trat die Bundesversammlung handelnd auf und anscheinend mit großer Entschiedenheit, allein in der That, was die große Mehrheit betrifft, sehr gegen ihren Willen und ohne genügenden Erfolg. Jeden Falls verdient sie keinen Dank für ihr Verlassen der früheren Bahn, indem solches nicht aus Ueberzeugung und mit Ruhe, sondern nur gedrängt durch Besorgniß vor einer Kraftentwicklung Preußens und nur mit fast unwürdiger Hast geschah. Fast ein Jahr lang hatte der von der größten Regierung gestellte maaßvolle Antrag keine andere Beachtung gefunden, als eine widerwillige und unter verschiedenen Referenten langsam vorschreitende Vorbereitung für einen Ausschußbericht, welcher allem Anscheine nach gegen die Forderung nach Wiederherstellung des Rechts ausgefallen wäre. Selbst als sich Oesterreich von Preußen zu einem gemeinschaftlichen Antrage von zweifelhaftem, aber doch immer gegen die Fortsetzung des Unwesens in Kassel gerichteten Inhalte hatte bestimmen lassen, unterblieb jede Verhandlung noch wochenlang, so daß die kurfürstliche Regierung bis zum äußersten Uebermuth des Trotzes ermuthigt wurde. Erst als jetzt Preußen die Geduld verlor und sogar – unzweifelhaft im Widerspruche mit allem Bundesrechte – zu bedeutenden militairischen Rüstungen schritt, kam die träge Maße plötzlich in den Fluß, und nun wurde über Nacht ein Beschluß gefaßt, welcher die seit zehn Jahren befolgte Richtung und die als unfehlbar aufgestellten Grundsätze verlies und das Gegentheil anordnete. Lieber wollte man unmotivirt und kahl sich mit sich selbst in Widerspruch setzen, als Preußen den etwaigen politischen Vortheil gönnen, welcher ihm von einem Einschreiten in Kurhessen hätte zufallen können. Seitdem aber Oesterreich mit großer Schlauheit und Keckheit seinen Einfluß in Cassel auf Kosten der einzigen möglichen Ausführung des Bundesbeschlußes bewahrt und den preußischen abgehalten hat, sieht man wieder mit unverhohlener Freude dem Spiele mit der angeblich wiederhergestellten Verfassung von 1831 zu, und es wird eines anderen ebenfalls wieder gefürchteten Zwischenfalles bedürfen, um die Mehrheit der Versammlung zu einer Einwirkung auf eine wirkliche Durchführung ihres Beschlußes zu veranlaßen. Am bezeichnendsten für die Stellung und für die Brauchbarkeit der Bundesversammlung6 war wohl, endlich, deren vollkommene Unthätigkeit und Uebergehung in der wichtigsten gegenwärtigen Aufgabe des deutschen Staatslebens, in den Handelsverträgen und in der Reform der Bundesverfassung. In beiden Beziehungen hat die Bundesversammlung selbst während der ganzen 6 Emendiert. Vorlage: Bundesverfassung.

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Zeit gar nichts gethan und zu thun gehabt. – Daß für Verträge des Zollvereins oder für Anträge an denselben der Bundestag nicht das richtige Organ wäre, ist allerdings wahr; allein ein schlagender Beweis von der allgemeinen Ueberzeugung von der falschen Organisation und daher rührenden Unfähigkeit zur Lösung schwieriger Fragen scheint es mir doch zu sein, daß in einem Streite, welcher die wirtschaftlichen Grundlagen aller deutschen Staaten und Länder bedroht und mit den unberechenbarsten Folgen schwanger geht, Niemand beigegangen ist, an eine Schlichtung durch die Bundesversammlung zu denken, obgleich der Bundesvertrag Handhabe dazu gewährt. – Und noch bedenklicher ist es, daß auch die zahlreichen und verschiedenartigen Bemühungen, eine Verbesserung der Bundesverfassung herbeizuführen, welche die letzten Monate erfüllten, – also die hochherzige Erklärung der Großh. Regierung, das phantastische Project des sächsischen, das schwächliche und unklare des groß. hessischen Ministers, die inhaltschwangeren Erklärungen Preußens und die dagegen erlassenen identischen Noten, endlich die Verhandlungen in Wien – samt und sonders außerhalb der Bundesversammlung vor sich giengen, derselben sogar nicht einmal mitgetheilt wurden. Erst im letzten Augenblicke der Jahres-Sitzung sind ihr einige anderwärts verabredete Vorschläge zur weiteren Behandlung übergeben worden, jedoch zunächst ohne weitere Anmuthung, als daß die Versammlung sie einem Ausschuße zuweise und dann auf Monate auseinandergehe. Ein Rückblick auf ein so geringes Maaß und auf eine solche Art von Thätigkeit ist nun freilich nichts weniger als erfreulich. Selbst in der ruhigsten Zeit wäre der Zeitverlust und die Versäumniß Nützliches zu bewirken, tadelnswerth; erschreckend und gefährlich aber ist eine solche Stagnation des verfassungsmäßigen Organs „für das Wollen und Handeln“ Deutschlands in einer Zeit der allgemeinen Unsicherheit und Unruhe, in welcher dem einfachsten Menschenverstande klar ist, daß eine Bereithaltung schlagfertiger Abwehr und die Herstellung innerer Zufriedenheit auf geistigem und materiellen Gebiete eine Aufgabe ist, deren Versäumniß sich plötzlich aufs schwerste rächen kann. Welches aber sind die Ursachen dieses üblen Zustandes? und giebt es Mittel gegen denselben? – Ich fürchte freilich Eulen nach Athen zu tragen, wenn ich mir erlaube, mich über diese Fragen gegen Euer Hochwohlgeboren zu äußern; allein es ist mir Bedürfniß, mich über diese Cardinalpunkte vollständig auszusprechen. Die Ursache der Nullität der Bundesversammlung in ihr selbst, d. h. in ihrer persönlichen Zusammensetzung und im Mangel eigenen guten Willens und eigener Einsicht zu suchen, liegt allerdings nahe, und es wird bekanntlich auch oft genug in dieser Weise gesprochen. Die Bundesversammlung ist vielfach der Gegenstand der Satyre und des rücksichtslosesten directen Tadels. Es soll

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nun nicht in Abrede gezogen werden, daß nicht Alles unverdient ist. Ohne Zweifel sind in der Versammlung Mitglieder, welche als Personifikationen eines beschränkten und gehäßigen Particularismus und einer blinden Reactionsneigung gelten können. Andere sind unbedeutende, willenlose Werkzeuge. Es könnte, bei besserem Willen, schneller und erfreulicher gearbeitet werden. Allein dieß sind doch schließlich nur Äußerlichkeiten oder vielmehr Folgerungen tieferer und mächtigerer Uebel. Die Bundesversammlung ist, wie sie zusammengesetzt wird; die Gesandten sind so, wie sie die Regierungen ausgesucht haben; sie stimmen ab, wie sie instruirt sind. Der Bundestag ist nur das Spiegelbild der wirklichen Zustände in Deutschland umher. Der bestimmende Grund der Unthätigkeit der Bundesversammlung ist vielmehr zu suchen in dem immer schroffer hervortretenden Antagonismus der beiden Großmächte, in der Schwäche der preußischen Politik, in der Abneigung der Mittelstaaten gegen jede wirkliche Abtretung eines auch nur vermeintlichen Souverainetätsrechtes an eine Centralgewalt. – Oesterreich scheint, ohne Rücksicht auf seine eigenen inneren und äußeren Zustände, zu einem aggressiveren Vorgehen gegen Preußen auf allen Gebieten entschloßen zu sein: so in Handelssachen; in der deutschen Reformfrage; in der Behandlung des dänischen Streits; in allen, auch untergeordneten Fragen, welche für Preußens Einfluß von einiger Bedeutung sind, wie in Kassel, in der Stimme der 16. Curie7. – Hiebei wird es denn unbedingt unterstützt von der8 enge geschloßenen Phalanx der Würzburger Staaten, welche ihrem Haße gegen eine preußische Suprematie auf diese Weise dienen. Eine Angelegenheit braucht blos von Preußen zur Sprache gebracht zu werden, um sogleich Widerspruch zu finden; was Preußen unangenehm ist, wird beantragt oder unterstützt. Weder der Inhalt, noch auch die Möglichkeit eines wirklichen Erfolges kommt dabei in Frage. – Preußen aber hat sich diese unverträgliche Stellung selbst zugezogen. Seine Ansprüche auf Hegemonie in einem engeren Bunde hat es hinreichend ausgesprochen, um lebhafte Besorgniße zu erregen und doch immer die Gelegenheiten versäumt, wirklich aufzutreten. Statt Einigkeit und Vertrauens im Innern besteht unerquicklichster und bedenklichster Hader der Regierung mit den Ständen, der Parteien unter einander; anstatt einer Sammlung und Stärkung der Kraft kommt die vorhandene in Schwanken und Zweifel. Seine diplomatischen Schritte sind oft mehr als ungeschickt. Den anderseits vorgeschlagenen Verbesserungen deutscher Zustände tritt es aus sehr bestreitbaren Gründen einfach negierend entgegen, ohne Anderes und Besseres9 vor7 Die 16. Kurie wurde gebildet von den Vertretern der Kleinstaaten Liechtenstein, Reuß ältere und jüngere Linie, Schaumburg-Lippe, Lippe, Waldeck und Hessen-Homburg. 8 Emendiert. Vorlage: dem. 9 Emendiert. Vorlage: Besonderes.

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zuschlagen. Mit Einem Worte es verkennt, daß es keine deutsche Politik machen kann, ohne daß seine Regierung das eigene Volk und einen großen Theil der übrigen Nation entschloßen, wo nicht enthusiastisch, hinter sich hat. Auf diese Weise wird es gehaßt, aber nicht gefürchtet. Zu jeder Stunde kann man hören: Preußen hat den Muth nicht zu dem, was es will. Damit aber der Widerstand gegen Preußen von der öffentlichen Meinung nicht als eine rein dynastische und Souveränitäts-Opposition aufgefaßt, die Verwerfung bundesstaatlicher Einrichtungen nicht als ein Beharren bei den jetzigen, allgemein als ungenügend anerkannten, Zuständen erklärt werde, erscheint nach und nach eine Reihe von Anträgen in politisch gleichgültigen, wenn schon an und für sich nicht unwichtigen Dingen, über Maaß und Gewicht, Civilproceß, Patent, Nachdruck u.s.w., jetzt selbst über eine Scheinrepräsentation und ein Bundesgericht. Diese Anträge haben denn einen doppelten Vortheil. Einmal erscheinen die Urheber als besorgt um das öffentliche Wohl, ohne eigentlich Kosten dabei zu haben, anderer Seits erscheint Preußen, welches sich aus, vielleicht falschen, principiellen Gründen nicht anschließen wird, als separatistisch und jeder Verbesserung abgeneigt. Eine solche Politik ist zwar wohlfeil und fadenscheinig genug; allein sie ist doch nicht ganz ohne Wirkung. Eine dieser Wirkungen, freilich eine nicht zunächst beabsichtigte, ist aber eine Stagnation der Bundesversammlung, welche bei dem Widerspruche von Preußen keine neuen organischen Einrichtungen schaffen kann und einer leergehenden klappernden Mühle gleicht. Giebt es nun aber ein Mittel gegen diese bedenklichen Zustände? – Nach meiner unvorgreiflichen Meinung allerdings; aber nur ein einziges. Preußen mache Frieden im eigenen Lande, stelle sich an die Spitze der liberalen Meinung in innern und in Bundesfragen, trete mit einem politischen Programm zu bundesstaatlichen Einrichtungen hervor und betreibe alsbald ernstlich und mit dem ganzen Gewicht seiner Macht dessen Discussion und Annahme. Also: ein parlamentarisches Ministerium; populaire Ordnung der Militairfrage; Verbesserung des Herrenhauses; positives Handeln, nicht blos Abwehren, in allen einzelnen deutschen Fragen; Unterstützung der liberalen Parteien in Hanover, Mecklenburg, den kleinen reactionairen Staaten in Mitteldeutschland; bei den Vorschlägen aber Vermeidung kleinlicher Selbstsucht, Beweise, daß man nicht einseitig für sich gewinnen wolle, sondern auch zu Opfern bereit sei, nicht Deutschland in Preußen, sondern Preußen in Deutschland aufgehen lassen wolle.10 Es wäre allerdings – um gleich ein Äußerstes anzunehmen – ein desparater Schritt, wenn Preußen kurzer Hand die Reichsverfassung von 1849 verkünden und Wahlen zum Parlament in ganz Deutschland ausschreiben 10 Mohl erinnert hier an die Proklamation König Friedrich Wilhelms IV. vom 21. März 1848: „Preußen geht fortan in Deutschland auf.“ Siehe Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 448.

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würde; allein daß es mißlingen würde, ist mir keineswegs erwiesen. – Aber, dieß ist die schwere Frage, deren gewissenhafte Beantwortung die höchste Pflicht ist, würden dann nicht Oesterreich und die Würzburger Staaten zum offenen Kampfe schreiten? Würde dadurch nicht ein Dreißigjähriger Krieg eröffnet, Deutschland zum Spielballe fremder Einmischung? Es ist möglich; allein es ist nicht wahrscheinlich. Der Muth Oesterreichs sowohl als der Königreiche ist doch nur wohl ein relativer, d. h. ein auf die Ueberzeugung von Preußens Schwäche gegründeter. Dieß hat sich in der Hessischen Angelegenheit gezeigt. Sobald Preußen wirklich Ernst zeigte (und es war dabei formell im Unrechte soviel als nur möglich,) war es nicht nur mit allem Widerspruche zu Ende, sondern man that in schmählichster Eile das gerade Gegentheil von dem, was man seit 10 Jahren verfochten hatte. Und nicht mehr Muth zeigten dieselben Staaten selbst gegen populare Erscheinungen, so widrig sie ihnen auch waren, weil sie der öffentlichen Meinung nicht entgegen zu treten wagten, so bei Gelegenheit des Nationalvereins, des Schützenfestes.11 Wenn Preußen als feste, in sich sichere Macht auftritt und dabei den deutsch-gesinnten Theil der Nation, auch in den Würzburger Staaten, für sich hat, wird es schwerlich ernstlichen Widerstand finden. Oesterreich namentlich kann keck sein auf dem diplomatischen Schachbrette, schwerlich aber das Schwert ziehen bei seinen finanziellen und innern sowie äußern politischen Nöthen. Dann wäre aber auch Bayern wohl nicht in der Lage, seinen großen Worten die That wirklich folgen zu lassen. – Wird nun aber dieses Mittel von Preußen wirklich ergriffen werden? Ich stehe Personen und Dingen zu ferne, um ein Urtheil zu haben; fürchte aber freilich, daß in eine solche Politik nicht eingeschlagen werden wird. Ist dem aber so, oder ist der eben angedeutete Plan überhaupt ein falscher und unausführbarer, so drängt sich die Frage auf, was dann zunächst geschehen wird? – Es scheinen drei Möglichkeiten zu sein. Entweder Oesterreich übernimmt auch formell die Hegemonie in bundesstaatlichen Zuständen, mit Ausschluß Preußens aus dem engern Bunde, nimmt also die natürliche Stellung des letzteren. Oder es bleibt im Bunde wesentlich beim Alten, etwa unter Beifügung einer Anzahl unwesentlicher und Schein-Verbesserungen. Oder endlich es wird, hervorgerufen durch äußern oder innern Anlaß, der ganze legale Zustand der Dinge durch eine allgemeine revolutionaire Erhebung umgestürzt und die Nation in unberechenbare Ereigniße und Handlungen, jeden Falles in unübersehbares Unglück geworfen. Von diesen drei Fällen ist wohl der erstgenannte der unwahrscheinlichste. Ganz abgesehen davon, daß Oesterreich möglicherweise selbst in Stücke zerfallen oder wenigstens in schwere innere Kämpfe verwickelt werden kann, 11 Gemeint ist das Erste Deutsche Schützenfest vom 13.–22. Juli 1862 in Frankfurt am Main.

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welche seine Kraft und Aufmerksamkeit voll in Anspruch nehmen; abgesehen ferner davon, daß wenn dieses auch nicht eintritt, der Besitz einer überwiegenden Maße von außerdeutschen Besitzungen und Interessen die Einfügung Oesterreichs in ein irgendwie organisirtes deutsches Staatsleben theoretisch und practisch kaum als denkbar erscheinen läßt: ist an dem Willen der Würzburger Regierungen, sich Oesterreich in solcher Weise unterzuordnen, durchaus zu zweifeln. Ihr Haß gegen Preußen rührt nicht aus einem specifischen Widerwillen gerade gegen diesen Staat her, und noch weniger aus einer wirklichen Unvereinbarkeit der Interessen ihrer Länder, (wenn je diese Rücksicht ins Gewicht fällt), sondern aus der Abneigung, von den Souverainitätsrechten irgend etwas Nennenswerthes an eine Centralgewalt abzutreten. Es ist daher mit der größten Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß in demselben Augenblicke, als Oesterreich wirklich formulirte Kaisergedanken aufstellen würde, die ganze Phalanx abfallen und sich entweder in der gewonnenen engen Verbindung selbstständig halten oder vielleicht nun selbst an Preußen anlehnen würde. Es ist kaum zu glauben, daß sich Oesterreich über das wahre Motiv der jetzigen Freundschaft seiner Verbündeten Selbsttäuschungen hingiebt; daher auch anzunehmen, daß es den Versuch eines deutschen Bundesstaates unter seiner Oberleitung gar nicht machen, sondern sich mit dem Vortheile begnügen wird, welchen ihm (wenigstens seiner Auffassung nach) die Verhinderung Preußens an einer deutschen Hegemonie und der Einfluß in dem zersplitterten und uneinigen Deutschland gewährt. Die Folge hievon ist denn, daß wohl die nächste Folge eines Nichteintretens preußischer Leitung eine wesentliche Erhaltung des jetzigen Staatenbundes mit allen seinen Schwächen und Gefahren sein wird. Es ist sogar anzunehmen, daß der anorganische Zustand selbst noch gesteigert werden wird, da Preußen jeden Falles seine Politik, keiner neuen Ausbildung und Gesetzgebung zuzustimmen, festhalten, dadurch aber zwar allgemeinere Durchführungen verhindern, wohl aber Verabredungen in engeren Kreisen hervorrufen dürfte. Zu solchen Hindernißen ist es immer mächtig genug, und die formelle Berechtigung steht ihm ohnedem bei der bestehenden Bundesverfassung zu. Sollte namentlich der Zollverein in dem gegenwärtigen Paroxismus preußenfeindlicher Leidenschaft in Stücke gehen, so wäre, wenn auch nicht formell der Bund so doch der Sache nach Deutschland, noch mehr zerrißen und zu allen Dingen unmächtig, als bisher; und die etwa durch Separatbünde und Verträge zu Stande kommenden Verbesserungen an Maaß und Gewicht, Patent und Autorenrecht oder was sonst an Spiegelfechtereien ersonnen werden möchte, wäre ein kläglicher Ersatz des wirklichen Verlustes. Wie lange ein solcher Zustand dauern könnte, ob er nicht unversehens durch eine revolutionaire Bewegung mit Einem Schlage zusammen geworfen werden würde, läßt sich freilich nicht berechnen. Dieß würde von zu vielen

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und nicht vorauszusehenden Factoren abhängen, z. B. von dem Schicksale oder Unternehmungen Frankreichs, von den ferneren inneren Zuständen Preußens, von dem Verlaufe der österreichischen Einhaltsbemühungen u. s. w., vielleicht selbst von einem vereinzelten Ausbruche in einem nicht allzukleinen deutschen Lande. Allein vor der Wahrheit kann man die Augen nicht verschließen, daß die, wie zu fürchten steht, zunächst erfolgreichen Bestrebungen, einen engern Bundesstaat mit preußischer Spitze zu verhindern, lediglich der Democratie und schließlich der Revolution in die Hände arbeiten. Wie weise es gewesen wäre, die Reformbedürfniße und Verlangen von der Straße entfernt zu halten und sie durch ehrliche und zeitbewußte Verabredungen der Regierungen zu erfüllen, muß sich auch einem stumpfen Beobachter nachgerade zeigen. Die immer weiter gehende Organisation von mehr oder weniger oppositionellen Vereinen; der nicht zu verkennende Anfang von, wenn auch jetzt noch sehr anorganischen, Rüstungen mittelst Schützen, Turnern, Feuerwehren; der Ton vieler Zeitungen, welchem man weder durch Regierungsmaaßregeln entgegen zu treten wagt, und welchen sich nur ein geringer Widerspruch in anderen Blätter[n] gegenüberstellt, endlich schon die offene und als ganz natürlich und berechtigt angenommene Selbstbezeichnung als „democratische Partei“ und als „Democrat“ sind doch offenbar bedeutende Zeichen der Zustände. Namentlich war auch das Frankfurter Schützenfest in dieser Beziehung eine merkwürdige signatura temporis. Der überschwengliche Enthusiasmus, zu welchem ein unmittelbar greifbarer Grund gar nicht vorlag; das in jedem Augenblicke hervortretende Bewußtsein einer selbstständigen und von den Regierungen abgelösten Stellung und selbst Politik des Volks; der democratische Inhalt sämmtlicher, nicht blos vereinzelter und damit die Ausnahme konstatirender, Reden, und die augenscheinliche Unmöglichkeit, sich in anderer Richtung auch nur Gehör zu verschaffen, laßen sich nur aus einem schon weit gediehenen und verbreiteten Gefühle erklären, daß auf legalem Wege schwerlich etwas zu hoffen sei. Daß dieß alles noch sehr unklar und verschwommen war, daß sicher Niemand an die Möglichkeit einer Handlung in nächster Zeit dachte, selbst daß die Mehrzahl der deutschen Länder keineswegs unter unerträglichen Beschwerden leidet, ändert schließlich nichts. Die Unzufriedenheit mit dem Zustande der Gesammtheit besteht und ist im Wachsen begriffen; eine besondere Veranlaßung, Führer und Stichworte finden sich dann schon. Mit einem Worte, die Gefahr ist wahrscheinlich noch nicht nahe, sie wäre auch jetzt abwendbar; allein es ist wohl nicht Schwarzseherei, wenn man in der, aus der gegenwärtigen Politik der Mehrzahl der deutschen Regierungen, mit Wahrscheinlichkeit sich ergebenden Festhaltung der bisherigen Verfassung und Handlungsweise des Bundes eine sichere Veranlassung zu popularer Gewaltbewegung und alle ihre unberechenbaren und unseeligen Folgen erblickt.

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Dieß sind allerdings keine erfreulichen Betrachtungen, und es mag formell sein, sie an ein so unbedeutendes Ereigniß zu knüpfen, wie der Eintritt von Bundesferien ist. Allein die Frage ist: ob die Anschauungen begründet, und ob im Bejahungsfalle es besser ist, sich die Sachlage ohne Illusionen zu verdeutlichen, als sich in eine trügerische Sicherheit und Unbekümmertheit einzuwiegen? Wie dem aber immer sein mag, jedenfalls bleibt noch die wichtigste, leider auch die schwierigste Erwägung übrig, nemlich die, wie sich in dieser unglücklichen Sachlage die Großh[erzoglich]e Regierung zu verhalten habe. Würde das Machtverhältniß dem Willen und der Einsicht, sowie den innern erwünschten Verhältnißen entsprechen, so wäre die Antwort freilich eine leicht zu findende; allein es muß mit den gegebenen Factoren gerechnet werden. – Ich bin mir des Mangels an Initiative und an leitenden politischen Gedanken allzusehr bewußt, daß ich es wagen dürfte, hier mit irgend einer Sicherheit aufzutreten; was ich thun kann und darf, ist lediglich auf nüchternem Verstands-Standpunkte Schlüße ziehen aus Thatsachen oder aus Voraussetzungen, welche mir als unläugbar erscheinen. Als thatsächlich feststehend glaube ich hier denn annehmen zu können: die fortdauernde Ueberzeugung der Großh[erzoglich]en Regierung von der Nothwendigkeit einer bundesstaatlichen Einrichtung mit preußischer Spitze und einer parlamentarischen Betheiligung des Volkes; – die entschiedene Abneigung Oesterreichs und der Königreiche gegen eine solche Abänderung des jetzigen Bundes und ihr Vorsatz, durch untergeordnete Verbesserungen dem Verlangen nach einer wesentlichen Reform die Spitze abzubrechen; – die aus dieser Verschiedenheit der Ansichten entstandene Isolirung Badens sowohl in geographischer, als auch, wenn schon in geringerem Maaße, in politischer Beziehung. Als sehr wahrscheinlich aber nehme ich an: daß Preußen, so lange nicht vollständig Einigkeit im Innern hergestellt ist, zwar seine deutsche Politik in thesi festhalten, allein nicht im Stande sein wird, ihr Durchführung, gleichviel auf welchem Wege, zu verschaffen; – daß Oesterreich und die Würzburger Staaten zwar Baden sehr abgeneigt sind, von ihnen jedoch, so lange friedliche Zustände in Deutschland bestehen, keine wirkliche Gefahr droht; – endlich daß das moralische Ansehen Badens durch eine offene und furchtlose Vertretung des Rechts und der Nationalwünsche bei einem großen Theile des deutschen Volkes noch steigern und sich befestigen wird. Aus diesen Voraussetzungen ziehe ich denn nun aber folgende Schlüße: 1. Von einem Verlassen der bis jetzt befolgten Politik in deutschen Dingen und etwa einem Uebergange in das Würzburger Lager kann unter keinen Umständen die Rede sein. Es wäre dieß nicht nur ein unehrenhaftes Aufgeben einer wohlerwogenen und bis jetzt weder durch Thatsache noch durch Gründe

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erschütterten Ueberzeugung, sondern es würden dadurch auch, wenn nicht im Augenblicke, so doch um so gewißer später einer Seits Gefahren hervorgerufen, anderer Seits längst vorhandene nicht beseitigt werden. – Was das Erstere betrifft, so habe ich mir oben schon erlaubt, auf die weit verbreitete, zwar noch unklare, unorganisirte und führerlose, allein in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzende Mißstimmung in Deutschland hinzuweisen. Diese wird unzweifelhaft noch in Schranken gehalten durch die Hoffnung, daß eine Verbesserung der Verfassung des Bundes doch vielleicht noch auf legalem Wege zu erreichen sei; vor Allem wird dabei auf Baden und seine Bemühungen geblickt. Wenn auch diese Hoffnung wegfallen würde, wäre nicht nur eine Verstärkung des Mißmuths, sondern auch eine bewußte Organisation zu der, jetzt allein übrig bleibenden Selbsthülfe, d. h. der Revolution, mit großer Wahrscheinlichkeit zu besorgen. Wie groß dann aber die Gefahr auch für Baden wäre, namentlich nach einem solchen Abfalle von seinen Grundsätzen, bedarf keiner Ausführung. – Diese Steigerung drohender Uebelstände würde aber nicht etwa ersetzt durch das Wegfallen der von Seiten der deutschen Nachbarstaaten nachweisbar gehegten üblen Gesinnungen und Absichten. Diese sind hervorgetreten in dem Bregenzer Vertrage12, längst vor jeder Differenz über deutsche Verfassung, und sie würden sich, auch bei einer völligen Uebereinstimmung in diesem Punkte, bei einer günstigen Gelegenheit wieder rühren. Ein moralisch geschwächtes Baden wäre nicht weniger ein Gegenstand der Gier für Nachbarn; ein eingeschüchtertes würde einer Beeinträchtigung wenigstens in gleichem Maaße ausgesetzt sein. 2. Die Großh[erzoglich]e Regierung kann sich aber auch nicht mit einer blosen Negation der Würzburgischen Plane begnügen, in der Art des preußischen Verhalten[s]. Dieß aber aus mehr als Einem Grunde. Vorerst können zwar wohl die unzureichenden und verkehrten Vorschläge durch den Nichtbeitritt Badens verhindert werden, wenigstens als Bundeseinrichtung; allein dann bleibt die jetzige gefährliche und allgemein als unhaltbar anerkannte Lage bestehen. Mit blosem Verhindern ist nichts besser gemacht, vielmehr dem Uebel nur Zeit gelassen und Stoff gegeben, sich tiefer einzufreßen. Zweitens würde eine blose Verwerfung gegen Baden ebenso sehr ausgebeutet werden, wie dieß jetzt gegen Preußen geschieht, nur daß dieses eine solche, wenn auch eigentlich unverdiente, Impopularität leichter ertragen kann. Drittens endlich ist es eine falsche Politik, in der Vertheidigung zu bleiben, wenn man zum Angriffe übergehen kann. Wie die in Wien tagenden Regierungen gegen die Preußische Negation einen nicht ungeschickten Schachzug gemacht haben, so müßen sie jetzt ihrer Seits durch Vorschläge wahrer und dem Bedürfniße genügender Re12 Bregenzer Vertrag vom 12. Oktober 1850 zwischen Österreich, Bayern und Württemberg zum Schutz der Rechte des Deutschen Bundes; vgl. Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 1, S. 571.

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formen in Nachtheil versetzt werden. Da nach aller Wahrscheinlichkeit Preußen einen solchen Schritt nicht thun wird, so hat Baden die Gelegenheit dazu, und wird es dann auch den Nutzen für sich gewinnen. Diese positiven Vorschläge müßten natürlich das Bundesgericht, die Volksvertretung am Bunde, dann aber nothwendig auch die Executive umfaßen. An einem augenblicklichen Erfolge [sic] ist freilich nicht zu denken; allein die heuchlerische Selbstglorifikation der Würzburger wird jeden Falls durch die Gegenüberstellung der Wahrheit zerstört. Zu überlegen dürfte dabei wohl sein, ob nicht ein gemeinschaftlicher Antrag mit Oldenburg, einigen sächsischen Häusern, Waldeck u.s.w. zu Stande gebracht werden könnte. 3. Wenn es wahr ist, einer Seits, daß nur ein correktes und muthiges Vorgehen eines von allgemeinen Sympathien unterstützten Preußens die bedenkliche Krisis der deutschen Angelegenheiten zum Guten wenden, anderer Seits, daß ein solches Vorgehen dem jetzigen Regierungssysteme in Preußen unmöglich ist: so ist es natürlich von der höchsten Wichtigkeit zu untersuchen, ob nicht auf eine günstige Aenderung eingewirkt werden kann? Unglücklicherweise dreht sich allerdings alles um den Militärstreit, auf dessen Lösung selbst der befreundetste Rath wohl keinen direkten Einfluß haben wird; auch ist es kaum anders möglich, als daß sich das Berliner Cabinet schon von selbst klar geworden ist über seine gegenwärtige unvortheilhafte Stellung zu den deutschen Angelegenheiten: allein sollte nicht wenigstens der Versuch gemacht werden können, demselben die Sachlage auch aus dem Gesichtspunkte der Interessen seiner natürlichen Verbündeten darzustellen und ihm offen zu erklären, daß die Lähmung seiner Macht durch unabsehbare innere Streitigkeiten, das Verharren in unfruchtbarer Negation und blos verneinender Vertheidigung, endlich das hierdurch recht eigentlich hervorgerufene agressive Zugreifen seiner zahlreichen Gegner auch den aufrichtigsten Gesinnungsgenossen ein Beharren auf seiner Seite leicht zur Unmöglichkeit machen könnte? Hätte nicht vielleicht ein gemeinschaftlicher Schritt mit den eben genannten befreundeten Regierungen eher Aussicht auf Erfolg? – Ich kann freilich nicht umhin, meinen eigenen schwachen Glauben zu bekennen; allein, wie ich schon die Ehre hatte, zu bemerken, bin ich doch mit den Verhältnißen nicht bekannt genug, um auf meine Hand hin allein die völlige Unnützlichkeit jedes Versuches als constatirt betrachten zu dürfen. In dem jämmerlichen Zustande der Angelegenheiten ist es ohnedem Pflicht und eigenes Bedürfniß, nach allen nur denkbaren Verbesserungsmitteln umzuschauen. Ich sehe mit Schrecken, wie lange ich Euer Hochwohlgeboren Zeit in Anspruch zu nehmen mir erlaubt habe, und wie weit mich die unscheinbare Veranlassung, einen Schlußbericht über die Sitzungen des Bundestages zu erstatten, geführt hat: hoffe jedoch insofern auf einige Entschuldigung, als die in Vorstehendem ergebenst vorgetragenen Erörterungen die mündliche Instruc-

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tions-Ertheilung vielleicht erleichtern werden, um welche ich während der Dauer der Ferien zu bitten die Ehre haben werde. Verehrungsvoll verharrend: Mohl

143. Hügel an Degenfeld HStA München, MA 494. Depesche mit zwei Beilagen. Abschrift. „Vom kgl. Württembergischen Gesandten am 18ten September übergeben. Pelkhoven1“.

Hügel legt einen Entwurf für die Organisation der Delegiertenversammlung mit erläuternden Bemerkungen vor. Es erscheint dringend geraten, mit der Ausführung der Reformanträge vom 14. August nicht zu zögern, sondern die Verhandlungen am Bund zu beschleunigen. Die Delegiertenversammlung soll aus 134–136 Repräsentanten der Landesvertretungen bestehen. Die Mitglieder werden aus der Mitte der Landesvertretungen gewählt, der Wahlmodus bleibt den Einzelstaaten überlassen. Die Delegiertenversammlung verhandelt in einer ungeteilten Versammlung, wählt ihren Vorsitzenden selbst, gibt sich eine Geschäftsordnung und faßt ihre Beschlüsse mit absoluter Mehrheit. Die Delegiertenversammlung wird von der Bundesversammlung einberufen, sie prüft vorgelegte Gesetzentwürfe und faßt Beschlüsse darüber, ob die Gesetze den einzelstaatlichen Landtagen zur Annahme empfohlen werden sollen oder nicht. Die Bundesversammlung kann ihre Gesetzentwürfe in der Delegiertenversammlung durch Kommissare vertreten lassen. Die Bundesversammlung kann die Delegiertenversammlung vertagen und auflösen.

Stuttgart, 14. September 1862 Euer Hochgeboren ist bereits bekannt, daß die in der Wiener Gesandten Conferenz vom 10. August d. J. von den dabei betheiligten Regierungen gefaßten Beschlüsse2 von den hiebei betheiligten Regierungen in der Bundestagssitzung vom 14ten v. M. als Collectivanträge an die Bundesversammlung gebracht und von der Letzteren in geschäftsordnungsmäßige Behandlung genommen worden sind.3 Die Kaiserl. Oesterr. Regierung, welche in der Gesandten Conferenz vom ten 10 v. M.4 ihre Absicht kundgegeben hatte bezüglich der Art der Ausführung der gefaßten Beschlüsse den befreundeten Höfen weitere Mittheilung zu machen, ist inzwischen dieser Absicht nachgekommen, indem sie unterm 12ten v. M. den übrigen Conferenz-Regierungen eine Eröffnung hat zugehen las1 Maximilian Joseph Freiherr von Pelkhoven (1796–1864), 1846–1864 Mitglied des bayerischen Staatsrats; stellvertretender Außenminister; Schärl, Zusammensetzung, S. 368. 2 Siehe Dok. 137. 3 Siehe Dok. 140. 4 Emendiert. Vorlage: 14ten v. M.

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sen5, in welcher als die nächst[e] gemeinsame Aufgabe der bei den Collectivanträgen vom 14ten v. M. betheiligten Regierungen bezeichnet wird, den Mitgliedern des Bundestagsausschußes, welcher über die Art der Zusammensetzung und Einberufung der beantragten Delegirten-Versammlung Vorschläge zu erstatten haben wird, dießfalls geeignete Instructionen zu ertheilen. Zu diesem Endzweck hat die Kaiserl. Regierung in der gedachten Eröffnung ihre eigene Ansicht über den Gegenstand der fraglichen Instructionen mitgetheilt und zugleich den Wunsch ausgedrückt, die diesseitige Anschauung hierüber so zeitig zu erhalten, daß die Erstattung des Ausschußvortrags an die Bundesversammlung sofort bei deren Wiederzusammentritt stattfinden könne. Die Ansicht der Kaiserl. Regierung geht dahin, daß in Absicht auf die Zusammensetzung der Delegirten-Versammlung die Vorschläge des bekannten Reformprojektes, welches der Königlich Sächsische Minister des Aeußern im Jahre 1861 aufgestellt hat6, in dessen die ständische Vertretung betreffenden Theile von dem berichtenden Bundesausschusse als Grundlage seiner Vorschläge angenommen werden könnte und daß in Absicht auf die Einberufung der Versammlung der Ausschuß sich auf den Antrag beschränken könnte, daß demnächst durch einen Bundesbeschluß die Delegirten-Versammlung einzuberufen wäre und daß, wenn bis dahin die organische Frage wegen Errichtung einer stärkeren Executive noch keine Erledigung gefunden hätte, die Bundesversammlung Commissäre ernennen würde, welche die Versammlung zu leiten, eintretenden Falls sie zu vertagen, oder aufzulösen, so wie die Gesetzesentwürfe zu vertreten hätten. Bei der Prüfung dieser Vorschläge des Wiener Cabinets war für die Königl. Regierung die Betrachtung maßgebend, daß, wenn auch im Collectivantrag vom 14. August d. J. zunächst nur die Berufung einer Delegirten-Versammlung zu dem speciellen Zweck der Begutachtung der in Gemäßheit des Bundesbeschlusses vom 6. Februar d. J.7 von Bundescommissionen auszuarbeitenden Entwürfe gemeinsamer Gesetze über Civilproceß und Obligationenrecht vorgeschlagen ist, dennoch bei der Ausführung dieses Vorschlages zugleich auch auf die im Schlußsatze jenes Collectivantrags von den betheiligten Regierungen kundgegebene Absicht der Einführung eines bleibenden, repräsentativen Elements in den Bundesorganismus Rücksicht genommen werden muß. Zwar haben die gedachten Regierungen sich die Anträge bezüglich der gedachten organischen Einrichtung vorbehalten. Allein die Annahme liegt nahe, und es ist auch in der Natur der Sache begründet, daß die nach dem Collectivantrage vom 14ten August zu berufende Delegirten-Versammlung als das 5 Siehe Dok. 139. 6 Siehe Dok. 86. 7 Siehe Dok. 111.

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Vorbild des in Aussicht gestellten Organs am Bunde sich darstellen und betrachtet werden wird. Ebendarum wird es aber auch unerläßlich sein, bei der Organisation der jetzt zu schaffenden Delegirten-Versammlung die künftige ständische Vertretung am Bunde stets im Auge zu behalten, d. h. die Organisation der Ersteren so zu gestalten, daß sie, wenigstens in ihren Grundzügen, auch für die Letzere als geeignet und brauchbar erkannt werden könne. Von diesem Gesichtspunkte aus hat die Königl. Regierung die ihr mitgetheilten Vorschläge des Wiener Cabinets in genaue Erwägung genommen; sie ist dabei zu dem Ergebnisse gelangt, daß in Absicht auf die Zusammensetzung der Delegirten-Versammlung die oesterreichischen Vorschläge (d. h. das von Oesterreich bevorwortete sächsische Reformprojekt) in der Hauptsache, jedoch mit einigen Modificationen und Vorbehalten angenommen und daß bezüglich der Art der Einberufung der Delegirten-Versammlung dem oesterreichischen Vorschlage theilweise beigetreten werden könne, theilweise aber auch derselbe einer Abänderung und überdieß in mehrfacher Beziehung der Vervollständigung bedürfe. In dem beiliegenden Entwurfe finden E. H. die Ansicht der Königl. Regierung über die Organisation der Delegirten-Versammlung in der Gestalt formulirter Vorschläge zusammengestellt und in der weiteren Beilage erläuternde Bemerkungen zu diesen Vorschlägen, welche die Standpunkte und Anschauungen der Königl. Regierung genauer darlegen. Je erfreulicher die Wahrnehmung gewesen ist, daß den Collectivanträgen, welche die bei der Wiener Gesandten Conferenz betheiligten Regierungen am 14ten August d. J. an den Bund gebracht haben, in der öffentlichen Meinung eine günstige Aufnahme zu Theil geworden ist, desto dringender scheint es gerathen, mit der weiteren Ausführung dieser Anträge nicht zu zögern, vielmehr die dießfälligen Verhandlungen und Beschlüsse am Bunde so sehr als möglich zu beschleunigen. Wir können daher den Wunsch des Wiener Cabinets, daß der Vortrag des Bundes-Ausschusses bezüglich des Antrags auf Einberufung einer Delegirten-Versammlung sofort bei dem Wiederzusammentritte der Bundesversammlung erstattet werde, nur theilen und müssen zu diesem Zwecke auch unsererseits es für ganz angemessen halten, daß die bei jenem Antrage betheiligten Regierungen sich über die den Mitgliedern des Ausschusses zu gebenden Directiven verständigen. Zu diesem Endzweck haben wir das gegenwärtige Ergebniß unserer Prüfung der hieher mitgetheilten oesterreichischen Vorschläge unterm Heutigen dem diesseitigen Gesandten am Wiener Hofe Behufs der Mittheilung an die Kaiserl. Regierung übermacht.8 Wir glauben aber die Verständigung zwischen 8 Hügel an Tessin, 14. September 1862, Depesche mit Anlagen; HStA Stuttgart, E 70 b, Büschel 361. – Hermann Freiherr von Tessin war Legationssekretär an der württembergischen Gesandt-

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den betheiligten Regierungen zu fördern, indem wir die diesseitige Anschauung noch einigen anderen befreundeten Regierungen, insbesondere der K. Bayerischen, welche in dem berichtenden Bundesausschusse vertreten und deren Bundestagsgesandter überdieß mit dem Referat über den in Rede stehenden Antrag betraut worden ist, mittheilen. Demgemäß ersuche ich E. H., den Inhalt des gegenwärtigen Schreibens und seiner Anlagen zur vertraulichen Kenntniß des K. Bayerischen Herrn Staatsministers des Aeußern oder seines Stellvertreters zu bringen und ihm Abschriften von diesen Aktenstücken zu lassen. Sehr erwünscht wäre es, wenn unsere Anschauung sich der Billigung der K. Bayerischen Regierung zu erfreuen haben sollte und die Letztere sich veranlaßt finden könnte, unsere Vorschläge in Wien zu unterstützen und dieselben bei den Instructionen an ihren Vertreter beim Bunde zu berücksichtigen. Sodann wollen E. H. den Inhalt der gegenwärtigen Eröffnung und der beiliegenden Aktenstücke auch dem königl. Sächsischen Minister Residenten mit dem Ersuchen mittheilen, hievon den Herrn Staatsminister Freiherrn von Beust in Kenntniß setzen zu wollen. Da die diesseitigen Vorschläge in wesentlicher Uebereinstimmung mit dem seiner Zeit von dem genannten Herrn Minister ausgegangenen Reformprojekte stehen, so glauben wir uns der Hoffnung hingeben zu dürfen, daß denselben der Beifall der K. Sächsischen Regierung zu Theil werden werde und es dürfte kaum nöthig sein, beizufügen, daß wir auf das Einverständniß dieser so eng befreundeten Regierung gleichfalls besonderen Werth legen würden. Indem ich nun zunächst einem Berichte E. H. über den Vollzug dieses Auftrags und seinerzeit sodann über die Aufnahme, welche die diesseitigen Vorschläge bei der K. Bayerischen Regierung gefunden haben, entgegensehe, benütze ich inzwischen auch diesen Anlaß zu erneuter Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung. (gez.) Hügel Beilage A. Entwurf der Vorschläge für die Organisation der Delegirten-Versammlung 1. Die nach dem Antrage vom 14. August d. J. zu berufende Delegirten-Versammlung ist gebildet aus Repräsentanten der Landesvertretungen der deutschen Bundesstaaten. schaft in Wien und führte im September 1862 interimistisch die Gesandtschaft; Königlich Württembergisches Hof- und Staatshandbuch 1862, S. 112.

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Hieran entsendet Oesterreich (aus der Zahl der Vertreter seiner deutschen Bundesländer) 30 Mitglieder Preußen 30 Mitglieder Bayern 10 " Sachsen 6 " Hannover 6 " Württemberg 6 " Baden 5 " Kurhessen 4 " Großherzogthum Hessen 4 " Holstein 2 " Luxemburg 2 " Braunschweig 2 " Mecklenburg-Schwerin 2 " Mecklenburg-Strelitz 2 " Nassau 2 " Sachsen-Weimar 2 " " -Altenburg 1 " " -Meiningen 1 " " -Coburg-Gotha 1 " Oldenburg 2 " sodann jeder der übrigen Bundesstaaten, in welchen eine Landesvertretung sich befindet, einen Abgeordneten. Hienach beträgt die Gesamtzahl der Delegirten-Versammlung höchstens 134–136 Mitglieder. Die Frage von einer etwaigen Verstärkung der Delegirten-Versammlung bleibt auf die vorbehaltenen Anträge bezüglich der definitiven Einfügung eines repräsentativen Elements in den Bundes-Organismus ausgesetzt. 2. Die Mitglieder der Delegirtenversammlung werden von den Landesvertretungen der einzelnen Bundesstaaten aus ihrer (der Landesvertretungen) Mitte gewählt. Wo die Landesvertretung aus zwei Kammern besteht, werden die Delegirten aus beiden Kammern gewählt. Die Bestimmungen über die Modalitäten der Wahl bleiben den Einzelstaaten überlassen. 3. Die Wahl der Abgeordneten zur Delegirtenversammlung erfolgt in der Regel in jedem Staate gleich nach dem Zusammentritte der Ständeversammlung und es bleibt die Wahl für die verfassungsmäßige Dauer der Wirksamkeit der Ständeversammlung in Kraft.

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4. Es bleibt den Landesvertretungen der Einzelstaaten anheimgestellt, ihre Abgeordneten zur Delegirten-Versammlung mit Instructionen zu versehen. 5. Die Delegirten-Versammlung verhandelt in Einer ungetheilten Versammlung. (Die Frage von einer etwaigen Abtheilung der Kammer bleibt auf die Anträge wegen der organischen Einführung eines repräsentativen Elements am Bunde ausgesetzt). 6. Die Delegirten-Versammlung wählt ihren Vorsitzenden selbst. Sie wird ihre Geschäftsordnung feststellen. 7. Die Delegirten-Versammlung faßt ihre Beschlüsse mit absoluter StimmenMehrheit. Zu Fassung eines giltigen Beschlusses ist die Anwesenheit von mindestens zwei Dritttheilen der Gesammtzahl der Abgeordneten zur Versammlung erforderlich. Eine Stimm-Uebertragung findet nicht statt. Weitere Vorschläge bezüglich der Beschlußfassung der Delegirten-Versammlung bleiben auf die bereits erwähnten Anträge wegen eines bleibenden repräsentativen Elements am Bunde vorbehalten. 8. Die Delegirten-Versammlung tritt zusammen, sobald sie von der Bundesversammlung einberufen wird. Die Einberufung geschieht in Folge eines von der Bundesversammlung gefaßten Beschlusses. Die Einberufung wird jedesmal erfolgen, wenn die Erlassung eines allgemeinen Gesetzes am Bunde beschlossen und der dießfällige Entwurf von der hiefür niedergesetzten Bundescommission vollendet ist. 9. Die Delegirtenversammlung hat diesen Entwurf zu prüfen und darüber Beschluß zu fassen, ob derselbe den gesetzgebenden Factoren der Einzelstaaten mit oder ohne Abänderungen zur Annahme zu empfehlen ist oder nicht. 10. Die Delegirten-Versammlung hat keine andere Angelegenheit zum Gegenstand ihrer Berathungen zu machen, als welche ihr von der Bundesversammlung zu diesem Zweck übergeben werden. 11. Die Bundesversammlung kann Commissäre in die Delegirtenversammlung entsenden, um darin die der Berathung der Letzteren übergebenen

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Entwürfe vertreten zu lassen. Als solche werden zunächst die Mitglieder der Bundescommission fungiren, welche die betreffenden Entwürfe ausgearbeitet haben. Doch kann die Bundesversammlung auch Commissarien aus ihrer Mitte delegiren. 12. Der Bundesversammlung steht es zu, die Delegirten-Versammlung zu vertagen. Im Falle eine Auflösung erfolgt, bevor die Delegirten-Versammlung die ihr gestellte Aufgabe erledigt hat, muß eine Neuwahl und Wiederberufung der Versammlung längstens innerhalb Eines Jahres erfolgen. Beilage B. Erlaeuternde Bemerkungen. I. In dem Collectivantrage, welche[n] die bei den Wiener Gesandten Conferenzen vom 7. Juli und 10. August d. J. betheiligten Regierungen am 14. August d. J. bei der Bundesversammlung eingebracht haben, ist zunächst nur die Berufung einer Delegirten Versammlung zu dem speciellen Zwecke der Begutachtung der nach dem Bundesbeschlusse vom 6. Februar d. J. von Bundes Commissionen auszuarbeitenden Entwürfe gemeinsamer Gesetze über Civilproceß und Obligationenrecht in Aussicht genommen. Es darf aber nicht übersehen werden, daß in dem Schlußsatze des gedachten Collectivantrages von den betheiligten Regierungen die Absicht kund gegeben worden ist, die Einführung eines bleibenden repräsentativen Elements in den Bundesorganismus in Anregung zu bringen. Zwar sind die dießfälligen Anträge vorerst noch ausdrücklich vorbehalten worden. Allein die Annahme liegt nahe und es ist auch wirklich in der Natur der Sache begründet, daß die jetzt für den oben erwähnten speciellen Zweck zu berufende Delegirten-Versammlung sich in der Hauptsache als ein Vorbild des beabsichtigten Organs einer ständischen Vertretung am Bunde darstellen und als solches betrachtet werden wird. Es erscheint daher mit Nothwendigkeit geboten, bei der jetzt zu schaffenden Organisation der Delegirten-Versammlung für den mehrgedachten speciellen Zweck stets die in Aussicht gestellte organische Einrichtung eines repräsentativen Elements am Bunde im Auge zu behalten, d.h. die Organisation der Ersteren so zu gestalten, daß sie, in ihren Grundzügen wenigstens, auch für das künftige repräsentative Bundesorgan als geeignet und brauchbar erscheine. Von diesem Gesichtspunkte aus stellt es sich unerläßlich dar, schon jetzt alle diejenigen Fragen in genauere Erwägung zu ziehen, welche bei der

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Organisation einer ständischen Vertretung am Bunde als bleibende organische Einrichtung überhaupt in Betracht kommen können. Diese Fragen werden nun folgende seyn: 1. Die Zusammensetzung der Delegirten-Versammlung, insbesondere a) die Größe der Versammlung (Zahl der Delegirten) überhaupt; b) das Verhältniß, in welchem die einzelnen Bundesstaaten in derselben vertreten seyn sollen (Zahl der Delegirten aus den Einzelstaaten); c) die Art ihrer Wahl – ob die Delegirten unmittelbar aus Volkswahlen hervorgehen, oder von den Ständeversammlungen der Einzelstaaten aus ihrer Mitte gewählt werden sollen? und letzteren Falls, ob die Wahl in solchen Ständeversammlungen, welche aus zwei Kammern zusammengesetzt sind, je von den einzelnen Kammern, oder in einem Zusammentritt derselben (gemeinschaftlich) vorgenommen werden soll? – endlich d) ob die Delegirten-Versammlung selbst als Eine Versammlung bestehen oder in zwei Kammern abgetheilt werden soll. 2. Das Verhältniß der Delegirten-Versammlung zu den Ständeversammlungen der Einzelstaaten, besonders dann, wenn die Mitglieder der Ersteren aus der Mitte der Letzteren gewählt werden, insbesondere a) ob die Delegirten ein förmliches Mandat von den sie wählenden Ständeversammlungen zu empfangen haben, und an deren Instruktionen gebunden seyn sollen? b) wie lange das Mandat zu dauern hat? (regelmäßige Dauer der Wahl zum Mitglied der Delegirten-Versammlung); 3. Das Verhältniß der Delegirten-Versammlung zur Bundesregierungsgewalt, insbesondere a) ob die Delegirten-Versammlung kraft eigener Befugniß (periodisch) zusammenzutreten hat, oder nur auf Einberufung durch die Bundesregierungsgewalt, b) wann diese Einberufung zu erfolgen hat? – ob periodisch, innerhalb bestimmter Fristen oder nur ad hoc, d. h. wenn das Bedürfniß wirklich vorhanden ist? c) ob und in welcher Weise die Bundesregierungsgewalt sich an den Verhandlungen der Delegirten Versammlungen betheiligen kann? (Commissäre); d) wann und unter welchen Voraussetzungen die Bundesregierungsgewalt die Delegirten-Versammlung vertagen oder auflösen kann; endlich 4. auf welche Weise die Beschlüsse der Delegirten-Versammlung zu Stande kommen sollen (ob durch absolute oder relative Stimmenmehrheit)? Es ist einleuchtend, daß die Entscheidung aller dieser Fragen wesentlich auch davon abhängt, welche Bestimmung das repräsentative Organ am Bunde

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zu erfüllen haben, mit welchen Befugnissen dasselbe ausgestattet werden soll? Geht man nämlich (um die Sache anschaulicher zu machen) davon aus, daß das repräsentative Organ unter allen Umständen nur dazu berufen seyn solle, die am Bunde ausgearbeiteten Entwürfe gemeinsamer Gesetze zu begutachten, welche sodann noch der Zustimmung der Ständeversammlungen der Einzelstaaten unterstellt werden sollen, so stellt sich das repräsentative Element am Bunde als eine Vervollständigung der für das Zustandekommen gemeinsamer deutscher Gesetze in vorbereitender Weise thätigen Organe des Bundes dar; die ständische Vertretung am Bunde hat dann nur die Bedeutung, daß ein von den Regierungen vereinbartes Gesetz auch noch von einer ständischen Vertretung geprüft und entweder als den Ständen der Einzelstaaten zur Annahme zu empfehlend geeignet erfunden wird oder nicht. Da die Thätigkeit eines solchen repräsentativen Organs am Bunde eine lediglich vorbereitende, für das endliche Schicksal des unternommenen Gesetzgebungswerks durchaus nicht entscheidende ist, so folgt hieraus von selbst, daß die Zusammensetzung des fraglichen ständischen Organs so wohl als die Regelung seiner Verhältnisse zur Bundesregierungsgewalt und zu den Ständeversammlungen der Einzelstaaten wenige Schwierigkeiten darbieten werden. Diese Schwierigkeiten werden dagegen in dem Maaße zunehmen, als man dem ständischen Organ am Bunde auch noch eine andere Bestimmung, weitergehende Befugnisse als die oben angedeuteten – namentlich z. B. eine Betheiligung an der Legislative des Bundes mit beschließender Stimme (votum decisivum) – einzuräumen beabsichtigen würde. II. Das Reformprojekt des K. sächsischen Ministers des Aeussern, welches von dem Wiener Cabinet, wenigstens bezüglich der Zusammensetzung der Delegirten-Versammlung, zur Annahme empfohlen wird, beantragt die Einführung einer ständischen Vertretung am Bunde als bleibendes Bundes Organ. Dasselbe soll bestehen aus einer Abgeordneten Versammlung, welche aus der Mitte der Ständeversammlungen der deutschen Bundesstaaten zu wählen, und welcher die Bestimmung zugedacht ist, an dem Zustandekommen der am Bunde beschlossenen (gemeinsamen) Gesetze mitzuwirken, und nicht blos solcher Gesetze, welche in die Categorie der gemeinnützigen Anordnungen gehören (Art. 64 der Wiener Schlußakte), sondern auch solcher Gesetze, welche auf der durch Art. 2 der Bundesakte dem Bunde gestellten Aufgabe beruhen (wie z. B. Vereinsgesetze, Preßgesetze). Ueberdieß soll nach dem sächsischen Vorschlage die der Abgeordnetenversammlung zugedachte Mitwirkung bei den gedachten legislatorischen Arbeiten des Bundes nicht nur eine berathende seyn; vielmehr soll dieses ständische Organ das Recht haben, die An-

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nahme (pure oder mit Amendements) oder die Ablehnung des Gesetzes zu beschließen. Wird das Gesetz von der Abgeordneten Versammlung angenommen, so beschließt die Bundesversammlung dessen Genehmigung, und dasselbe wird ebendadurch Gesetz für die Bundesstaaten, ohne daß es noch der Zustimmung der Partikular-Ständeversammlungen bedürfte, indem vielmehr das Zustimmungsrecht der Letzteren auf die Abgeordneten Versammlung am Bunde übertragen werden soll. Ob zu einer so weit gehenden Competenz des beabsichtigten ständischen Organs am Bunde die allseitige Zustimmung zu erlangen seyn werde, möchte zu bezweifeln seyn. Abgesehen von der Frage, ob die Schaffung eines mit so ausgedehnten Befugnissen ausgestatteten repräsentativen Elements am Bunde in der Absicht sämmtlicher, bei dem Collectivantrage vom 14. August d. J. betheiligten Regierungen gelegen haben mag, liegt die Vermuthung nahe, daß selbst die Ständeversammlungen mancher Staaten und namentlich der größeren Bundesstaaten einer Uebertragung ihres constitutionellen Mitwirkungsrechts an der Gesetzgebung an das ständische Organ beim Bunde in einem so ausgedehnten Umfange, wie ihn der sächsische Vorschlag beabsichtigt, Widerstand entgegensetzen werden. In der That sprechen aber auch, was insbesondere die Gesetze betrifft, welche in die Categorie der gemeinnützigen Anordnungen fallen, sehr gewichtige Gründe dafür, diese Gesetze der Cognition und dem verfassungsmäßigen Zustimmungsrechte der Partikularständeversammlungen nicht zu entziehen, daher die Thätigkeit des ständischen Organs am Bunde in Absicht auf diese Art von Gesetzen auf eine Begutachtung zu beschränken, wie solches in dem Collectivantrage vom 14. August d. J. für den dort bezeichneten speciellen Zweck vorgesehen ist. Was dann aber diejenigen Gesetze anbelangt, welche „auf der durch den Art. 2 der Bundesakte dem Bunde gestellten Aufgabe beruhen“, so ist bekannt, welche Conflicte sich bisher zwischen der Bundesgesetzgebung und dem Verfassungsrechte der Einzelstaaten dadurch ergeben haben, daß der Bund auf dem eben bezeichneten Gebiet Beschlüsse gefaßt hat, deren Vollzug in den Bundesstaaten auch ohne ständische Mitwirkung selbst dann erfolgen mußte, wenn diese Beschlüsse mit der bestehenden Gesetzgebung oder Verfassung einzelner Bundesstaaten in Widerspruch standen. Unstreitig ist es eine Forderung des in allen deutschen Bundesstaaten durchgeführten constitutionellen Systems, daß kein neues Gesetz erlassen, kein bestehendes Gesetz abgeändert werde ohne ständische Mitwirkung. Mit dieser Forderung wäre es aber unvereinbar, wenn fernerhin Bundesbeschlüsse, welche von der Bundesversammlung zu Erfüllung eines Bundeszwecks gefaßt werden und welche ihrem Wesen nach in das Gebiet der Gesetzgebung fallen, ohne irgend welche ständische Mitwirkung Anspruch auf Rechtsgiltigkeit in den Bundesstaaten haben sollten.

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Indessen wird es nicht nothwendig seyn, bei dem vorliegenden Anlasse schon die Frage, ob das repräsentative Element am Bunde, dessen Einführung die bei dem Collectiv Antrage vom 14. August d. Js. betheiligten Regierungen beabsichtigen, mit so weit gehenden Befugnissen auszustatten sey, wie das sächsische Reformproject sie vorschlägt; ebensowenig als die Frage, ob die Thätigkeit des fraglichen ständischen Organs unter allen Umständen auf eine Begutachtung (votum consultativum) der vom Bunde beschlossenen Gesetze zu beschränken, oder ob diesem Organ auch eine beschließende Stimme (votum decisivum) und in welchen Fällen einzuräumen sey? zu entscheiden. Diese Entscheidung wird vielmehr erst dann zu treffen seyn, wenn es sich darum handeln wird, die vorerst noch vorbehaltenen Anträge wegen Einführung eines repräsentativen Elements am Bunde als organische Einrichtung zu stellen. Dagegen ist es für jetzt, wo es sich um die Organisation einer Delegirten Versammlung zu speciellem Zweck der Begutachtung zweier Gesetzes Entwürfe handelt, dennoch geboten, schon bei dieser Organisation auch die oben erwähnten Fragen beständig im Auge zu behalten. III. Bei einer Prüfung der Vorschläge des Wiener Cabinets von den bisher dargelegten Gesichtspunkten aus ist nun zunächst bezüglich der beantragen Zusammensetzung der Delegirten-Versammlung ad hoc zu bemerken: Das in dieser Beziehung von der Kaiserlich Oesterreichischen Regierung als Grundlage angenommene und empfohlene Reformprojekt des K. sächsischen Ministers von Beust enthält bezüglich der Zusammensetzung einer Abgeordnetenversammlung am Bunde folgende Vorschläge: 1. Die Versammlung besteht im Ganzen aus 128 Mitgliedern. 2. Vertreten sind darin: Oesterreich durch 30 Mitglieder Preussen " 30 " Bayern " 10 " Sachsen " 6 " Hannover " 6 " Württemberg " 6 " Baden " 5 " Kurhessen " 4 " Großh. Hessen " 4 " Holstein " 2 " Luxemburg " 2 " Braunschweig " 2 " Mecklenburg Schwerin " 2 " Mecklenburg Strelitz " 2 "

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Nassau " 2 " Sachsen Weimar " 2 " " Meiningen " 1 " " Coburg Gotha " 1 " " Altenburg " 1 " Oldenburg " 2 "  Anhalt Dessau  Anhalt Bernburg  zusammen durch 1 "  Schwarzburg Rudolstadt  Schwarzburg Sondershausen  durch 1 " Waldeck  Lippe  Lippe-Schaumburg  zus. durch 1 " Reuß ältere Linie   Reuß jüngere Linie  zus. durch 1 " Lübeck durch 1 " Frankfurt " 1 " Bremen " 1 " Hamburg " 1 " (Liechtenstein und Homburg fallen in Ermanglung einer Landesvertretung ganz aus) 3. Die (Abgeordneten) Mitglieder der Delegirten-Versammlung werden von den Ständeversammlungen der Einzelstaaten aus ihrer Mitte gewählt und zwar da, wo die Stände Versammlung aus zwei Kammern besteht, sollen die Abgeordneten zur Delegirten-Versammlung aus beiden Kammern gewählt werden. (Ob im Zusammentritte beider Kammern oder von jeder einzelnen Kammer für sich eine gleiche Anzahl, ist weder aus dem sächsischen Projekt noch aus der demselben beigegebenen erläuternden Denkschrift mit Bestimmtheit zu entnehmen.[)] 4. Es muß angenommen werden, daß nach dem sächsischen Reformprojekt die Abgeordneten-Versammlung als ein ungetheilter Körper verhandelt, indem eine Abtheilung derselben in zwei Kammern nicht beantragt ist. Soviel nun ad 1. u. 2. die Anzahl der aus jedem einzelnen Staate zur Delegirten Versammlung zu entsendenden Abgeordneten und die hieraus sich ergebende Gesammtzahl der Versammlung betrifft, so muß – da die Delegirten-Versammlung aus Vertretern der Partikular-Landes-Stände-Versammlungen gebildet seyn soll – als erster Grundsatz vorangestellt werden, daß jede in Deutschland bestehende selbstständige Landesvertretung in der gedachten Versammlung auch selbstständig, d. h. mindestens durch einen eigenen Bevollmächtigten vertreten seyn muß.

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Der sächsische Entwurf will mehreren Staaten gemeinschaftlich nur eine Curiatstimme in der Delegirten Versammlung geben. Dieses System, welches in den Bundesregierungsbehörden eingeführt worden ist, kann eine analoge Anwendung in der Delegirten Versammlung aus naheliegenden Gründen nicht wohl finden. Soviel bekannt, werden dermalen alle deutschen Staaten (mit Ausnahme der in dem preussischen Landtag vertretenen Hohenzollern’schen Fürstenthümer) selbstständige Landesvertretungen wenigstens mit berathender Stimme haben, so namentlich auch Hessen Homburg und Liechtenstein. Die Durchführung des obigen Grundsatzes wird übrigens – da nur einige kleine Bundesstaaten hier in Betracht kommen, welchen der sächsische Entwurf blos Curiatstimmen geben wollte, nur eine geringe Vermehrung der in dem sächsischen Project vorgeschlagenen Gesammtzahl (um 6–7 Mitglieder) zur Folge haben. Wird im Uebrigen das Verhältniß der aus den Einzelstaaten zu entsendenden Mitgliederzahl angenommen, wie der sächsische Entwurf solches beantragt, so ergäbe sich eine Gesammtzahl von etwa 134–136 Mitgliedern. Diese Anzahl ist für den zunächst vorliegenden Zweck einer Versammlung zu Begutachtung einzelner Gesetzes Entwürfe jedenfalls ausreichend; sie ist auch ausreichend für das in Aussicht genommene bleibende ständische Organ am Bunde, wofern dasselbe nur die Bestimmung erhalten soll, die am Bunde beschlossenen Gesetze zu begutachten. Es könnte sich selbst fragen, ob in diesem letzteren Falle es zweckdienlicher wäre, das ständische Organ mit einer geringeren Anzahl von Mitgliedern zu besetzen. Allein hiegegen kommt in Betracht, daß, wenn jeder einzelne Bundesstaat in der Delegirten Versammlung durch eigene Bevollmächtigte vertreten werden soll, das Stimmen Verhältniß nicht wohl anders vertheilt, und namentlich den beiden Großstaaten und den Mittelstaaten nicht weniger Stimmen zugeschieden werden können, als es der sächsische Entwurf beantragt, weil sonst der anerkanntermassen in der Bundesversammlung und namentlich in der Plenarversammlung bestehende Mißstand einer ganz unrichtigen Vertheilung des Stimmengewichts seine Wirkungen auch in der Delegirten Versammlung und zwar dort in noch fühlbarerer Weise äussern würde. Es kann mithin die Anzahl der Mitglieder der ständischen Vertretung am Bunde nicht wohl geringer bestimmt werden, als in dem sächsischen Project vorgeschlagen ist. Eine andere Frage ist dagegen, ob die in Antrag gebrachte Zahl von höchstens 136 Mitgliedern auch dann als zureichend erkannt werden könne, wenn das ständische Organ am Bunde die Bestimmung erhalten sollte, an den legislatorischen Arbeiten der Bundesregierungsgewalt mit beschließender Stimme Antheil zu nehmen, wenn hiemit das constitutionelle Mitwirkungsrecht der vielen und theilweise sehr großen ständischen Körper der Einzelstaaten an der Gesetzgebung auf das ständische Organ am Bunde übertragen werden sollte? Allein diese Frage wird wohl erst dann zu erörtern und zu entscheiden seyn, wenn

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einmal feststeht, welche Befugnisse dem ständischen Organ am Bunde eingeräumt werden sollen. Für jetzt wird es genügen, etwaige Vorschläge auf Verstärkung der Delegirten-Versammlung auf die in Aussicht gestellten Anträge wegen der bleibenden Einfügung eines repräsentativen Elements in den Bundesorganismus vorzubehalten. Im Uebrigen dürfte gegen das im sächsischen Entwurfe vorgeschlagene Verhältniß der Stimmenzahl unter den Staaten, d. h. gegen die Anzahl der Delegirten, welche aus jedem einzelnen Staat entsendet werden soll, vorerst nichts zu erinnern seyn. Der sächsische Vorschlag entspricht im Wesentlichen den thatsächlichen Verhältnissen, welche hierbei in Betracht kommen können (insbesondere Flächenraum und Bevölkerung der Bundesstaaten, politische Bedeutung u. dgl.). Insbesondere entspricht es den angegebenen Verhältnissen, wenn jeder der beiden Großstaaten nahezu ein Viertheil, beide zusammen beinahe die Hälfte der Gesammtzahl stellen, und überdieß liegt hierin eine Bürgschaft für die Erhaltung einer conservativen Mehrheit in der Versammlung. Belangend hiernächst ad 3. den Vorschlag des sächsischen Projekts, daß die Mitglieder der Delegirten Versammlung aus der Mitte der Ständeversammlungen gewählt werden (nicht aber aus directen Volkswahlen hervorgehen) sollen, so dürfte es genügen, zu constatiren, daß auch dem Collectivantrage vom 14. August d. J. der Gedanke zu Grunde liegt, daß die Delegirten Versammlung aus Vertretern der Partikular-Landes-Vertretungen, von den letzteren aus ihrer Mitte gewählt, gebildet werden soll. Es wird noch beigefügt werden dürfen, daß in den Centralorganen des Bundes vom principiellen und logischen Standpunkte aus betrachtet, nur die in den deutschen Bundesstaaten wirklich bestehenden legislativen Gewalten vertreten seyn können, also die Regierungen einer- und die Landesvertretungen andererseits. Eine aus Volkswahlen hervorgehende Repräsentation am Bunde aber würde nicht als eine Vertretung der Ständeversammlungen zu betrachten seyn; sie wäre ein den bestehenden legislativen Gewalten ganz fremdes Organ und würde sofort ganz von selbst dahin gedrängt, sich über jene Gewalten zu erheben und eine ganz selbstständige Stellung als Vertretung des idealen Begriffs der deutschen Gesammtnation einzunehmen, wodurch die Selbstständigkeit der Einzelstaaten nothwendig in tiefgreifendster Weise beeinträchtigt werden müßte; mit einem Worte, es würde wirklich ein deutsches Parlament ueber der Bundesregierungsgewalt entstehen, wie solches nur in einem Bundesstaate denkbar und zulässig seyn kann, nicht aber in einem Staatenbunde souveräner Staaten. Wird die Delegirtenversammlung als Vertretung der Einzellandesvertretungen aus der Mitte derselben gewählt, so ist es eine Forderung des Rechts, daß, wo die Landesvertretung aus zwei Kammern besteht, beide Kammern in der Delegirten Versammlung vertreten seyn müssen. Für das dießfällige Verfahren lassen sich nun

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verschiedene Modalitäten denken, namentlich z. B. das in der württembergischen Ständeversammlung für die Wahl des ständischen Ausschusses verfassungsmäßig vorgeschriebene Verfahren, wonach die Wahl im Zusammentritte der beiden Kammern vorgenommen wird und aus jeder Kammer eine bestimmte Zahl gewählt werden muß. Es ist aber, was Württemberg betrifft, mit Sicherheit vorherzusehen, daß die Kammer der Abgeordneten auf einen solchen Wahlmodus für die Wahl der Mitglieder der Delegirtenversammlung nicht eingehen wird, und es könnte daher dieser Wahlmodus von hier aus nicht befürwortet werden. Soferne übrigens die Verhältnisse der Landesvertretungen in den deutschen Bundesstaaten sehr verschieden sind, dürfte es das Beste seyn, wenn die Bestimmung der Modalitäten der Wahl den Einzelstaaten überlassen bleiben würde. Ohnehin will die Kaiserl. Oesterreichische Regierung ihrerseits für die Wahl der Delegirten aus dem österreichischen Reichstag sich die Bestimmung des Wahlmodus vorbehalten; in dieser Beziehung werden die übrigen Bundesstaaten darauf zu halten haben, daß nur Abgeordnete aus den deutschen Bundesländern Oesterreichs in die Delegirten Versammlung kommen. ad 4. Daß die Delegirten Versammlung, solange sie nur berathende Befugnisse übt, am zweckmäßigsten in Einer ungetheilten Versammlung ihre Bestimmung erfüllen wird, ist einleuchtend. Ob dieses ebenso der Fall seyn wird, wenn das ständische Organ am Bunde auch andere Befugnisse auszuüben berufen werden sollte, ist eine Frage, welche sich zum Theil auch danach beantworten wird, ob und welche Verstärkung in diesem Fall das ständische Organ erhalten wird. Wird die Versammlung nicht viel zahlreicher, als sie für jetzt in Aussicht genommen ist, so würde immerhin es angemessen erscheinen, sie – auch mit beschließenden Befugnissen wie der sächsische Entwurf vorschlägt – ungetheilt in Einer Versammlung verhandeln und ihre Beschlüsse fassen zu lassen. Indessen wird es gerathen seyn, sich für die eben bezeichnete Eventualität vorerst weitere Anträge vorzubehalten. IV. In Absicht auf die Art der Einberufung der Delegirten Versammlung wird man dem österreichischen Vorschlage darin unbedenklich beitreten können, durch9 die Bundesregierungsgewalt – sey es nun die neu zu schaffende Executive oder, sofern diese noch nicht errichtet seyn sollte, die Bundesversammlung [–] [die Delegirten Versammlung] einzuberufen, und in derselben die ausgearbeiteten Gesetzes Entwürfe durch Bundes Commissäre vertreten zu lassen, auch (entweder selbst oder durch ihre Commissäre) die Versammlung zu vertagen, erforderlichen Falls aufzulösen haben werden. Wenn aber 9 Emendiert. Vorlage: daß. – Der Satz ist insgesamt syntaktisch und grammatisch fehlerhaft.

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der österreichische Vorschlag der Bundesversammlung auch ferner die Befugniß geben will, durch ihre Commissäre die Versammlung leiten zu lassen, so ist zwar nicht bestimmter angedeutet, was unter dieser Leitung verstanden ist und ob namentlich der Gedanke der Kaiserlichen Regierung etwa dahin geht, daß ein Bundeskommissär der Vorsitzende der Delegirten Versammlung seyn soll. Wie dem aber seyn mag, so stehen, nach diesseitigem Erachten, jeder Art von Leitung der Delegirtenversammlung durch die Bundesversammlung ernstliche Bedenken entgegen. Einmal nämlich entspricht es nicht dem Verhältnisse der Delegirtenversammlung zur Bundesregierungsgewalt, daß die Erstere von der Letzteren geleitet werde; vielmehr folgt aus der Natur dieses Verhältnisses ganz von selbst, daß die Delegirtenversammlung, einmal einberufen, sich innerhalb ihres Wirkungskreises selbstständig und unabhängig bewege und insbesondere ihre Constituirung als politischer Körper selbst vornehme und dessen Leitung aus sich selbst heraus schaffe. Sodann aber ist sehr zu besorgen, daß ein Vorschlag, welcher die Leitung dieser Versammlung der Bundesregierungsgewalt übertragen wollte, in der öffentlichen Meinung einen sehr ungünstigen Eindruck und vielseitigen Widerspruch hervorrufen würde. Ein solcher Vorschlag würde – und nicht mit Unrecht – als ein bedenklicher Eingriff in die Selbstständigkeit der Delegirtenversammlung bezeichnet werden und das Vertrauen der Nation zu der neu geschaffenen Institution alsbald ernstlich gefährden. Es kann daher diesem Vorschlage der Kaiserlichen Regierung nicht beigestimmt, sondern es muß vielmehr beantragt werden, daß die Leitung der Delegirten-Versammlung dieser selbst überlassen bleibe. Ueberdieß erfordert aber der Rückblick auf die oben angegebenen allgemeinen Gesichtspunkte (Ziff. I. und II.) einige Vervollständigung der oesterreichischen Vorschläge in Beziehung auf die Art der Einberufung der Delegirten Versammlung sowie überhaupt auf deren Verhältniß zu der Bundesregierungsgewalt. Nach den vorerwähnten Gesichtspunkten ist es nothwendig, auch in der oben gedachten Beziehung schon jetzt präzise Bestimmungen zu treffen. Der Gedanke legt sich nahe, auch in dieser Beziehung auf die Vorschläge des sächsischen Reformprojekts zurückzugreifen. Diese gehen dahin: 1. Die Delegirten Versammlung versammelt sich nicht regelmäßig (periodisch), sondern nur auf Einberufung durch die Bundesversammlung, welche jedesmal hierüber Beschluß faßt. 2. Die Einberufung wird immer erfolgen, wenn die Bundesversammlung die Ausarbeitung eines allgemeinen Gesetzes beschlossen hat, und nachdem der Entwurf des letzteren durch eine Bundes Commission vollendet und vom Bunde genehmigt worden ist. 3. Die Bundesversammlung legt den Gesetzes Entwurf der Delegirten Versammlung zur Annahme vor und als Commissarien der Ersteren fungiren hie-

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bei die Mitglieder der Commission, welche mit der Ausarbeitung des Gesetzes beauftragt waren. Doch kann die Bundesversammlung auch aus ihrer Mitte Commissarien delegiren. 4. Die Bundesversammlung kann der Delegirten Versammlung auch in Fällen ausserordentlicher politischer Conjuncturen von den dießfälligen Bundesbeschlüssen Eröffnung machen, und hierüber ihre Kundgebung vernehmen. In diesem Falle fungiren als Commissäre der Bundesversammlung bei der Delegirtenversammlung diejenigen Mitglieder der Ersteren, welche sie hiezu gewählt hat. 5. Der Bundesversammlung steht es zu, die Delegirtenversammlung zu vertagen oder aufzulösen. 6. Die Bundesversammlung wird eine Geschäftsordnung für die Abgeordneten-Versammlung entwerfen, in welcher unter Anderem festzusetzen ist, daß die Abgeordneten-Versammlung sich nur mit den Gegenständen zu befassen habe, welche ihrer Berathung von Seite der Bundesversammlung unterstellt werden. Was nun die Vorschläge ad 1. und 2. betrifft, so wird man sich unbedenklich mit denselben einverstanden erklären können; sie erscheinen auch für den Fall am Platze, wo dem ständischen Organ am Bunde weitergehende Befugnisse als die der Begutachtung eingeräumt werden wollten. ad 3. Auch diesem Vorschlage kann man beitreten, indem insbesondere seine Fassung zu der Annahme berechtigt, daß eine Leitung der Delegirtenversammlung durch die Bundesversammlung oder deren Commissäre nicht beabsichtigt ist. ad 4. Dieser Vorschlag berührt zunächst die Competenz der Delegirtenversammlung. Die Frage, ob die Bundesversammlung wirklich auch Mittheilungen politischer Natur der Delegirten-Versammlung machen und letztere zu einer Kundgebung hierüber veranlassen will, wird übrigens vorerst noch offengelassen werden können, bis die Frage von den Attributionen des ständischen Organs am Bunde überhaupt definitiv entschieden wird. ad 5. Daß der Bundesversammlung das Recht vorbehalten bleibe, die Delegirten Versammlung zu vertagen, und nach Befund der Umstände aufzulösen, ist sehr wichtig. Es entspricht diese Bestimmung ganz dem Verhältnisse der Delegirtenversammlung zur Bundesregierungsgewalt, welches analog ist dem Verhältnisse der Landesvertretung zur Regierung in den Einzelstaaten. Zu vermissen ist aber hier in dem sächsischen Projecte eine Bestimmung darüber, wie es im Fall der Auflösung mit der Frist zur Neuwahl und Wiedereinberufung der Versammlung zu halten sey? Eine solche Bestimmung ist unerläßlich und könnte (mit Rücksicht auf die Verschiedenheit in dem Zeitpunkte des Zusammentritts der einzelnen Landesvertretungen) etwa dahin

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gegeben werden, daß im Falle der Auflösung der Delegirtenversammlung innerhalb Jahresfrist eine neue Versammlung neu zu wählen und einzuberufen wäre. ad 6. So wünschenswerth es seyn mag, bestimmt auszusprechen, daß die Delegirtenversammlung sich nur mit denjenigen Gegenständen zu befassen habe, welche ihrer Berathung durch die Bundesversammlung unterstellt werden, so wenig scheint es angemessen, daß die Bundesversammlung die Geschäftsordnung der Delegirten Versammlung entwerfe. Es wäre dieß ein großer Eingriff in die Selbstständigkeit dieses Bundesorgans, welche vielmehr erfordert, daß die Delegirten Versammlung selbst ihre Geschäftsordnung festsetze. Ist doch seither sogar den vom Bunde für bestimmte Zwecke berufenen Commissionen (z. B. für das Handelsgesetzbuch, für Küstenbefestigung) die Befugniß nicht bestritten worden, ihre Geschäftsordnung selbst festzustellen! Der Anspruch für die Bundesversammlung, daß sie die Geschäftsordnung für die Delegirtenversammlung zu entwerfen habe, würde voraussichtlich den entschiedensten Tadel in der öffentlichen Meinung erfahren und mit Recht. Es wird vielmehr gerathen seyn, geradezu vorzuschlagen, daß die Delegirtenversammlung ihre Vorsitzenden und Bureaux wählt und ihre Geschäftsordnung entwirft. Dabei kann dann auch unbedenklich als eigentlich selbstredende Voraussetzung in dem Beschlusse, durch welchen die Delegirtenversammlung ins Leben gerufen wird, bestimmt werden, daß dieses repräsentative Element am Bunde sich nur mit denjenigen Gegenständen zu beschäftigen habe, welche ihm von der Bundesversammlung mitgetheilt werden. Damit sind dann das Recht der Initiative, der Interpellation, der Beschwerde ec. von selbst – wenigstens vorerst – beseitigt. Hiemit dürften auch die Vorschläge bezüglich des Verhältnisses der Delegirten Versammlung zur Bundes-Regierungsgewalt vorerst erschöpft seyn. V. Es ist nun aber noch eine andere Seite der Organisation der Delegirtenversammlung übrig, deren in den Vorschlägen der Kaiserl. Oester. Regierung keine Erwähnung geschehen ist, das Verhältniß nämlich der Delegirten Versammlung zu den einzelnen Landesvertretungen, aus deren Schoße sie hervorgeht und welche sie am Bunde zu vertreten berufen ist. Auch hierüber stellen im Hinblick auf die oben (I u. II) bezeichneten Gesichtspunkte Bestimmungen sich als nothwendig dar. Das mehrerwähnte sächsische Reformprojekt enthält über diesen Punkt eigentlich nur den einen Vorschlag, daß die Abgeordneten zur Delegirten-Versammlung von den einzelnen Ständeversammlungen sofort nach dem Zusammentritt des Landtags gewählt werden und diese Wahl für die Dauer der Landtagsperiode in Kraft bleiben soll.

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Unter letzterem Ausdrucke wird wohl die verfassungsmäßige Dauer einer einmal gewählten Ständeversammlung verstanden seyn (z. B. in Württemberg 6 Jahre), nicht aber die Dauer eines einzelnen Landtags, der möglicherweise sehr kurz seyn kann. Im Falle einer Auflösung10 der Ständeversammlung vor Ablauf ihrer regelmäßigen Dauer würde natürlich die Wahl der Abgeordneten zur Delegirten Versammlung ausser Wirkung treten. Es entspricht dieser Vorschlag des sächsischen Reformprojekts logisch dem Verhältnisse, in welchem die zur Delegirtenversammlung gewählten Abgeordneten zu den sie wählenden Landesvertretungen stehen. Sie sind die Vertreter der Letzteren; dieß können sie nur solange seyn, als die sie entsendenden Versammlungen selbst in verfassungsmäßiger Wirksamkeit stehen. Hört diese auf, so hört ja der aus der Mitte der abtretenden Ständeversammlung entsendete Delegirte auch auf, Mitglied einer Ständeversammlung zu seyn, und wie die Letztere selbst keinen Anspruch mehr auf Vertretung am Bunde hat, so kann ihr seitheriger Bevollmächtigter sie am Bunde nicht mehr vertreten. Es ließe sich zwar eine analoge Anwendung der in Württemberg bezüglich des ständischen Ausschusses geltenden Bestimmungen denken, wonach auch in dem Fall, wo eine Ständeversammlung am Ende ihrer verfassungsmäßigen Dauer angelangt ist, dennoch Mitglieder aus der selben den ständischen Ausschuß zu bilden fortfahren. Allein erscheinen dennoch überwiegende Gründe dafür zu sprechen, daß die Vollmacht der Mitglieder der Delegirten Versammlung mit der Wirksamkeit der sie entsendenden Landesvertretungen erlösche. Es kann zwar diese Einrichtung den Mißstand haben, daß während der Zeit der Thätigkeit der Delegirtenversammlung vielleicht häufiger Wechsel in dem Personalbestand der Versammlung eintritt; es kann dieß vielleicht sogar eine Störung der Verhandlungen dieses ständischen Organs zur Folge haben, indem möglicherweise einzelne Staaten vorübergehend gar keine Vertreter in der Versammlung haben, zu einer Zeit, wo ihre Thätigkeit nothwendig erscheint. Diese Möglichkeiten können jedoch, der logischen Consequenz des obgedachten Princips gegenüber nicht in Betracht kommen. Auch wird es nicht schwierig seyn, den angedeuteten Mißständen zu begegnen und Sache der Einzel-Regierungen wie der Bundesversammlung wird es seyn, zu diesem Zwecke die geeigneten Einrichtungen zu treffen. Ob die Kaiserl. Oesterr. Regierung in ihrem Vorschlag über die Zusammensetzung der Delegirtenversammlung auch den gedachten Vorschlag des sächsischen Reformprojects über die Dauer der Vollmacht der Delegirten stillschweigend mit aufgenommen hat, ist aus dem Wortlaut des Vorschlags nicht zu entnehmen. Jedenfalls wird eine Bestimmung über die Dauer der Wahl der

10 Emendiert. Vorlage: Auflößung.

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Delegirten schon jetzt getroffen werden müssen, und der sächsische Vorschlag dürfte als ein folgerichtiger anzunehmen seyn. Die Denkschrift zum sächsischen Entwurfe erwähnt nun noch, freilich nur oberflächlich, eines anderen Punktes, welcher hier in Betracht kommt, des Mandats, welches die Mitglieder der Delegirten-Versammlung11 von den sie entsendenden Landesvertretungen erhalten. Es fragt sich, ob die Vertreter der Partikular Ständeversammlungen am Bunde ebenso an Instructionen gebunden werden sollen, wie die Vertreter der Einzelregierungen am Bunde es sind? Die Beantwortung auch dieser Frage wird wesentlich auch davon abhängen, welche Befugnisse die Delegirten-Versammlung auszuüben berufen seyn wird. Soll ihre Thätigkeit nur in einer Begutachtung der ihr von der Bundesregierungsgewalt vorgelegten Gesetzesentwürfe bestehen, zu deren Giltigkeit die Zustimmung der Einzelkammern vorbehalten ist, so bedarf es offenbar keiner eingehenden Instruction an die Bevollmächtigten der Einzel Landes Vertretungen, da ja der schließlichen Entscheidung der Letzteren durch die Beschlüsse der Delegirten Versammlung nicht vorgegriffen wird. Anders ist die Sache, wenn der Delegirten Versammlung eine beschließende Befugniß (votum decisivum) eingeräumt werden sollte. In diesem Falle wird das constitutionelle Mitwirkungsrecht bei der Gesetzgebung, welches die Partikular Ständeversammlungen seither ausgeübt haben, auf die Delegirtenversammlung übertragen und es haben daher die erstgenannten Versammlungen ein sehr naheliegendes Interesse, ihre Bevollmächtigten mit genauen Instructionen zu versehen. Ebendarum aber ist die Frage, ob und inwieweit die Mitglieder der Delegirten-Versammlung an Instructionen von Seite der sie entsendenden Ständeversammlungen zu binden seyen? vorwiegend Gegenstand der Erwägung der Letzteren (d. h. der Ständeversammlungen), weniger aber der Regierungen. Diese werden ihrerseits kein dringendes Interesse dabei haben, zu verhindern, daß die Delegirten an Instructionen ihrer Mandanten gebunden werden, und jedenfalls möchte es gerathen seyn, ein solches Hinderniß nicht zu erheben, vielmehr ausdrücklich zu erklären, daß den Stände Versammlungen anheim gestellt bleibe, die von ihnen gewählten Abgeordneten zur Delegirten Versammlung mit Instructionen zu versehen; die Modalitäten der Ausführung, welche ihre erheblichen Schwierigkeiten haben dürften, können aber darum, weil sie nicht von den Regierungen auszugehen haben, vorerst unerörtert bleiben. VI. Endlich ist noch eine wichtige Frage in Betracht zu ziehen, welche in den Vorschlägen der Kaiserl. Oesterr. Regierung nicht berührt ist, und welche auch 11 Emendiert. Vorlage: Delegirten-Versammlungen.

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der sächsische Entwurf nicht beantwortet hat: die Frage, in welcher Weise die Delegirtenversammlung ihre Beschlüsse zu fassen haben wird? Wofern der Delegirten-Versammlung so weitgehende Befugnisse eingeräumt werden wollten, als sie z. B. der sächsische Entwurf vorschlägt, wofern derselben insbesondere das Mitwirkungsrecht der Partikular Landesvertretungen in Gesetzgebungssachen übertragen werden wollte, würde die Frage: ob eine Beschlußfassung der Delegirten Versammlung mit Stimmenmehrheit für alle ihrer Competenz unterliegenden Fälle zulässig sey, oder nicht, wenigstens für einzelne Gegenstände, Stimmeneinhelligkeit ebenso erfordert werden müßte, wie solche bei gewissen Beschlüssen der Bundesversammlung nothwendig ist? einer eingehenden Erörterung bedürfen. Solange es sich indessen darum handelt, eine ständische Vertretung am Bunde zu schaffen, welcher die Aufgabe zufallen soll, die am Bunde beschlossenen Gesetze zu begutachten, ist es ganz unbedenklich, die Beschlüsse dieses ständischen Organs stets mit Stimmenmehrheit zu Stande kommen zu lassen, weil ja durch diese Beschlüsse der den Partikular Landesvertretungen vorbehaltenen Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung der fraglichen Gesetze in keiner Weise vorgegriffen wird. Noch könnte die Frage entstehen, ob die Stimmenmehrheit in einer Versammlung, in welcher einzelne Staaten durch eine Mehrzahl von Abgeordneten vertreten sind, in der Weise zu berechnen sey, daß nach Staaten gerechnet wird, so daß also die Gruppe der Abgeordneten desselben Staates unter sich abstimmen und das Ergebniß dieser Abstimmung in der Hauptabstimmung der Versammlung als eine Stimme gezählt werden würde, oder ob nicht vielmehr absolute Stimmenmehrheit, d. h. durch einfaches Zusammenzählen der Stimmen aller abstimmenden Mitglieder angenommen werden soll? Letzteres wird diesseits unbedingt als das Zweckmäßigere erachtet, es ist der einfachere Modus, auch stünde eine Abstimmung nach Gruppen nicht im Einklang mit der Vertheilung des Stimmengewichts, wie es bei der Zusammensetzung der Versammlung beabsichtigt wurde. Sodann muß auch eine Bestimmung darüber getroffen werden, welche Anzahl von Mitgliedern der Delegirtenversammlung zu Fassung eines giltigen Beschlusses erforderlich ist, sowie über die Zulässigkeit einer Stimmübertragung. Für eine berathende Delegirtenversammlung wird in ersterer Beziehung die Festsetzung von mindestens zwei Dritttheilen genügen und eine Stimm Uebertragung nicht erforderlich, daher auch nicht zuzulassen seyn. Indessen wird es auch gerathen seyn, weitere Vorschläge bezüglich der Beschlußfassung auf die in Aussicht gestellten Anträge bezüglich der definitiven Einführung einer ständischen Vertretung am Bunde vorzubehalten.

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Schrenk an König Maximilian II.

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144. Schrenk an König Maximilian II. HStA München, MA 494. Antrag. Behändigte Ausfertigung.

Schrenk hat keine Bedenken gegen den württembergischen Reformentwurf vom 14. September. Er ist eine brauchbare Grundlage und wäre dem bayerischen Bundestagsgesandten von der Pfordten zur Berücksichtigung bei der Erstattung seines Referats über den Reformantrag vom 14. August zu empfehlen. König Maximilian II. genehmigt den württembergischen Entwurf und weist Schrenk an, von der Pfordten entsprechend zu instruieren. Pfordten soll darauf hinwirken, daß bei der Delegiertenversammlung die Bevölkerungszahl die Grundlage für das Stimmenverhältnis bildet. Bayern soll mindestens 12 Delegierte erhalten.

München, 24. September 1862 An Seine Majestaet den Koenig Allerunterthänigster Antrag von Seite des Staats-Ministeriums des Koeniglichen Hauses und des Aeussern. Die zur Reform der Bundes-Verfassung am Bundestage gestellten Anträge betreffend. Der treugehorsamst Unterzeichnete hat unterm 16ten vorigen Monats Euerer Koeniglichen Majestaet über eine Depesche des Grafen Rechberg an die hiesige kaiserlich österreichische Gesandtschaft in Betreff einer Delegirten-Versammlung am Bundestage pflichtmäßig Vortrag zu erstatten gehabt.1 Im Verfolge der nämlichen Angelegenheit hat in den letzten Tagen auch die koeniglich württembergische Regierung an ihren Gesandten am hiesigen allerhöchsten Hofe eine Depesche gerichtet, und zugleich mit dieser einen in zwölf Artikeln ausgearbeiteten förmlichen Entwurf von Vorschlägen für die Organisation der Bundes-Delegirten-Versammlung vorgelegt.2 Diese Depesche wurde vom Grafen Degenfeld mündlich in einer Abschrift und mit dem Beifügen übergeben, daß es seiner Regierung sehr erwünscht wäre, wenn auch Bayern den württembergischen Anschauungen sich anschließen und in Gemäßheit deßen den koeniglich Bayerischen Bundestagsgesandten zu instruiren geneigen wollte. Gleichzeitig ist aber auch noch ein Bericht des Freiherrn von der Pfordten de dato Frankfurt den 18ten dieses Monats eingetroffen3, in welchem derselbe über die Erstattung des ihm übertragenen Referats für die Bundesversammlung in Betreff der Delegirtenversammlung sich verbreitet und seine Ansicht dahin ausspricht, wie er glaube, in fraglicher wichtiger Sache nur auf Grund von Instructionen Seitens Euerer Koeniglichen Majestaet Regierung vorgehen zu können. 1 Siehe Dok. 141. 2 Siehe Dok. 143. 3 Pfordten an König Maximilian II., 18. September 1862, HStA München, MA 494.

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Der treugehorsamst Unterzeichnete hat also doppelte Veranlaßung, Allerhöchst Denselben gegenwärtigen allerunterthänigsten Vortrag zu unterbreiten und er erlaubt sich, das Nachstehende ehrfurchtsvoll zur allergnädigsten Würdigung auszuführen. Der koeniglich Württembergische Entwurf basirt zunächst bezüglich der Zusammensetzung der Delegirtenversammlung auf dem koeniglich Sächsischen und schließt sich darin der Euerer Koeniglichen Majestaet vorliegenden oesterreichischen Depesche an. Da der treugehorsamst Unterzeichnete bereits in dem allerunterthänigsten Vortrage vom 16ten vorigen Monats die Meinung auszusprechen sich gestattete, daß gegen die Annahme solcher Formationsgrundlage ein gegründetes Bedenken nicht bestehe, so dürfte in diesem Hauptpunkte die Uebereinstimmung wohl zu erklären seyn. Auch gegen die übrigen Artikel des Württembergischen Entwurfs scheinen dem treugehorsamst Unterzeichneten wesentliche Bedenken nicht erhoben werden zu können. Der Wahlmodus der Delegirten, wie ihn die Artikel 2 und 3 enthalten, scheint zweckmäßig. Was der Entwurf sodann über Einberufung, Vertagung und Auflösung enthält, – Artikel 8 und 12 – stimmt ganz mit der Ansicht des treugehorsamst Unterzeichneten überein, entgegen der oesterreichischen, worüber der allerunterthänigste Vortrag vom 16ten vorigen4 Monats sich ausspricht. Einer der wesentlichsten und wichtigsten Punkte ist unstreitig der Artikel 5 des Entwurfes, welcher bestimmt, daß die Delegirtenversammlung in einer ungetheilten Versammlung verhandle, dabei in Parenthese jedoch das Zweikammersystem für die spätere organische Ausbildung der Bundesverfaßung offen läßt. Dieß dürfte gleichfalls nicht zu beanstanden seyn. Die Delegirtenversammlung ad hoc, für gewiße legislative Zwecke aus zwei Körpern bestehen zu laßen, empfiehlt sich keineswegs, und würde nach dem Dafürhalten des treugehorsamst Unterzeichneten die Natur dieser Versammlung verändern und ein eigentlich repräsentatives Element in einem viel stärkeren Maße begründen, als die dermalige Bundesversammlung ohne concentrirte Executive verträgt. Der Wirkungskreis der Delegirtenversammlung wird durch die Artikel 8 (Absatz 3), 9 und 10 des Entwurfs normirt, und die Competenz derselben soll einen berathenden begutachtenden Character haben. Auch diese Bestimmungen geben dem treugehorsamst Unterzeichneten zu keinen Bemerkungen Anlaß. Die noch übrigen Artikel 4, 6, 7 und 11 beziehen sich auf die formale Behandlung der Geschäfte in der Delegirten-Versammlung, auf die Fassung ihrer Beschlüße und auf die Mandatsverhältniße Seitens der abordnenden Landesvertretungen. Der treugehorsamst Unterzeichnete glaubt sie nicht beanstanden zu sollen und erlaubt sich demnach im Ganzen submissest zu begutachten, daß der von der koeniglich Württembergischen Regierung mitgetheilte Entwurf, 4 Emendiert. Vorlage: dieses. – Zu den Argumenten Schrenks siehe oben Dok. 141.

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als eine brauchbare Grundlage für das am Bundestage zu erstattende Referat enthaltend, dem koeniglichen Bundestagsgesandten Freiherrn von der Pfordten zur Berücksichtigung bei seinem Elaborate wohl zu empfehlen wäre. Hiemit erledigt sich zugleich der obenerwähnte Bericht des Letzteren vom 18. laufenden Monats und der koenigliche Gesandte wird Anhaltspunkte genug haben, um seinen Vortrag für die Bundesversammlung beginnen und bereifen zu können. Die von ihm berichtlich berührte Präjudizialfrage, die er aus der Form des Antrages über die Delegirten-Versammlung vom 14ten August dieses Jahres5 ableitet, bietet wohl kein Hinderniß. Denn wenn der Antrag auch dahin lautet, daß „die Bundesversammlung sich durch einen Ausschuß die näheren Vorschläge über die Art der Zusammensetzung und Einberufung einer aus den einzelnen deutschen Ständekammern durch Delegation hervorgehenden Versammlung erstatten laße“ und wenn es auch möglich, oder vielleicht auf preußischer Seite sogar wahrscheinlich ist, daß die Frage entsteht, ob denn der Ausschuß für das Bundesgericht, welchem nämlich obiger Antrag von der Bundesversammlung zugewiesen worden, oder ein anderer mit der „Erstattung der näheren Vorschläge“ über eine Delegirten-Versammlung zu beauftragen wäre, so hindert nach der Meinung des treugehorsamst Unterzeichneten diese Erwägung doch nicht, schon in dem bevorstehenden Referate die Frage in der zweifachen Richtung zu behandeln, erstens ob die Sache lediglich nur formell oder zweitens auch materiell an den Ausschuß für das Bundesgericht verwiesen werden wollte? Dem treugehorsamst Unterzeichneten bedünkt, daß die Bundesversammlung offenbar die Absicht hatte, der genannte Ausschuß solle derselben bei ihrem Wiederzusammentritte einen in allen materiellen Beziehungen ausgearbeiteten Entwurf vorlegen und darum glaubt er auch, es hätte das fragliche Referat zwar allerdings die formelle Frage anzuregen, zugleich aber zu verneinen und zweitens sodann in die Erledigung der Sache selbst sich einzulaßen. Es ist wohl ebenso zweckmäßig als unverkennbar, daß ein und derselbe Ausschuß mit allen Gegenständen sich zu befaßen haben werde, welche sich auf die Bundesreform beziehen und wohin Bundesgericht, Delegirten-Versammlung, eventuelle organische Einführung des repräsentativen Elementes in die deutsche Bundesverfaßung, Bundesexecutive und so weiter gehören. Indem der treugehorsamst Unterzeichnete schließlich die Abschrift der Depesche der koeniglich württembergischen Regierung an den Grafen Degenfeld vom 14. dieses Monats nebst „Entwurf“ und „Erläuternden Bemerkungen“6, dann den Bericht des koeniglichen Gesandten Freiherrn von der Pfordten vom 5 Siehe Dok. 140. 6 Siehe Dok. 143.

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Karl Ignaz Freiherr Schrenk von Notzing (1806–1884)

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Schrenk an König Maximilian II.

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18. dieses Monats in den Anlagen zur Allerhöchsten Kenntnißnahme unterbreitet, erlaubt er sich sonach um allergnädigste Ertheilung von Directiven ehrfurchtsvoll zu bitten, um in deren Gemäßheit Euerer Koeniglichen Majestaet Gesandtschaft am Bundestage anweisen zu können. Dem koeniglich Württembergischen Gesandten würde er alsdann mündlich, in Erwiederung der Mittheilung desselben, davon Nachricht zu geben haben. Frh. v. Schrenk [Signat König Maximilians II.]

Partenkirchen, 13. Oktober 1862

Ich genehmige, daß der von der k. Württembergischen Regierung mitgetheilte Entwurf als eine brauchbare Grundlage für die Berathungen im Ausschusse und für das Referat Meinem Bundestagsgesandten mitgetheilt und derselbe dabei nach den in diesem Antrage entwickelten Gesichtspunkten instruirt werde. Ich habe jedoch dabei weiter zu bemerken, daß die Grundlage des Stimmenverhältnisses der einzelnen Staaten in der Delegirten Versammlung nach dem Württembergischen Entwurf lediglich eine ganz willkürliche ist und wohl mit einer naturgemäßen und festen Basis zu vertauschen wäre. Als solche erkenne Ich das numerische Verhältniß der Bevölkerungen der einzelnen Staaten, auf welches ja auch die einzelnen Kammern basirt sind und das gleichfalls die Grundlage der desfallsigen Grundgesetze der Schweiz und der nordamerikanischen Freistaaten bildet, aus welchen Vorbildern doch wohl auch die gegenwärtige Einrichtung einer Delegirtenversammlung abgeleitet werden muß. Mein Bundestagsgesandter ist daher anzuweisen, nach aller Möglichkeit darauf hinzuwirken, damit das numerische Bevölkerungsverhältniß als Grundlage für die Berechnung der auf die einzelnen deutschen Staaten treffenden Anzahl von Delegirten aufgestellt werde. Diese Grundlage ist für die größeren Staaten Oesterreich, Preußen und Bayern günstiger als die Aufstellungen des Württembergischen Entwurfes, dabei aber doch wohl auch vollkommen billig, da ja Bayern seiner Bevölkerungszahl und seinem geographischen Umfange nach gegenüber Sachsen, Württemberg und Hannover ungefähr das Dreimalige beträgt. Als absolutes Minimum wäre für Bayern eine Anzahl von zwölf Delegirten festzuhalten; viel angemessener erschiene Mir aber die Anzahl von wenigstens fünfzehn. Mein Bundestagsgesandter ist anzuweisen, über den Gang der Ausschußberathungen fortlaufend zu berichten und seinen Vortrag im Entwurf vorzulegen. Die in seinem Berichte vom 18. v. Mts berührte Präjudizialfrage scheint Mir doch nicht sowohl darin zu bestehen, welcher Ausschuß die näheren Vorschläge zu machen habe als vielmehr darin, ob überhaupt nähere Vorschläge

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durch irgend einen Ausschuß zu machen seyen. Der Gesandte ist daher anzuweisen, nach der ersten Ausschußsitzung über diese Frage wieder zu berichten. Das Ganze betreffend habe Ich schließlich noch zu bemerken, daß es Mir durchaus nicht räthlich erscheint, vorerst für Ertheilung der nöthigen Instruktionen das Ergebniß der bevorstehenden Frankfurter Versammlung abzuwarten.7 Ich bestehe vielmehr darauf, daß die obige Instruction an Frhr. von der Pfordten demselben sofort ertheilt werde. Max

145. Bülow an Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin11 LHA Schwerin, MdaA, Nr. 99. Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 27. Oktober 1862.

Bülow berichtet über seine Unterredungen mit Rechberg und Schrenk über die Bundesreformanträge. Dabei hat er die mecklenburgischen Bedenken gegen die Einführung einer Delegiertenversammlung zur Sprache gebracht. Rechberg hat entgegnet, daß Österreich durch die Haltung Preußens und einiger anderer Regierungen sowie durch die öffentliche Stimmung genötigt gewesen sei, sich mit den mittelstaatlichen Regierungen auf einen Reformvorschlag zu einigen. Der Vorschlag beschränke sich auf ein Minimum, die Stellung der Einzelstaaten werde gewissenhaft berücksichtigt, besonders auch im Hinblick auf die kleineren Staaten. Rechberg lege großen Wert auf die Zustimmung der Regierung von Mecklenburg-Schwerin, deren Schweigen als eine Annäherung an Preußen gedeutet werden könne. Bülow hat erwidert, daß seine Regierung dem Vorschlag nicht ohne weiteres zustimmen könne, sie werde vielmehr abwarten und vor allem darauf achten, ob dem Projekt der demonstrative Charakter gegen Preußen genommen werde. Letzteres sei bei der geographischen Lage Mecklenburgs geboten. Österreich wird in der Reformfrage von Sachsen und Württemberg getrieben, während Bayern und Hannover nur mitgegangen sind, um sich nicht von den anderen zu trennen. Schrenk hat Bülow gesagt, daß die bayerische Regierung die Notwendigkeit einer Bundesreform überhaupt nicht anerkennen könne. Schrenk ist der Meinung, daß der Reformantrag als gescheitert zu betrachten ist, wenn er nicht die einstimmige Annahme in der Bundesversammlung findet, ein Majoritätsbeschluß sei nicht zulässig. Rechberg ist entgegengesetzter Ansicht, da es vorerst nur um konkrete Gesetzesvorhaben und nicht um eine organische Einrichtung gehe. 7 In Frankfurt fand am 28. und 29. Oktober 1862 eine „großdeutsche Versammlung“ statt, bei der 500 Delegierte aus allen deutschen Staaten über die deutsche Frage und insbesondere die Reform des Deutschen Bundes berieten. Die Versammlung beschloß am 29. Oktober 1862 die Gründung eines großdeutschen Reformvereins. Siehe dazu unten Dok. 147–150. 1 Friedrich Franz II., Großherzog von Mecklenburg-Schwerin (1823–1883), regierte seit 1842; ABD, Bd. 49, S. 96–116.

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Bülow an Großherzog Friedrich Franz II.

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Frankfurt am Main, 1. Oktober 1862 Allerdurchlauchtigster Großherzog! Allergnädigster Großherzog und Herr! Ew. Königliche Hoheit haben mir gelegentlich meiner letzten Anwesenheit in Mecklenburg den Auftrag zu ertheilen geruhet, nach der Rückkehr auf meinen Posten dahier über die Eindrücke Bericht zu erstatten, welche ich in Wien und München, wohin ich damals mich zu begeben beabsichtigte, bei etwaigen Unterredungen mit dem Grafen Rechberg und dem Freiherrn von Schrenck2 über die von Oesterreich, Baiern und einigen anderen Regierungen am 14. August d. J. bei der Bundes Versammlung wegen Zuziehung von Abgeordneten deutscher Ständeversammlungen zur Berathung allgemeiner Gesetze und wegen Einsetzung eines Bundesgerichts eingebrachten Anträge empfangen dürfte. Ich habe inzwischen einen, wenn auch nur kurzen Aufenthalt in Wien und München gemacht und daselbst Gelegenheit gehabt, die gedachten beiden Herren zu sehen und zu sprechen. In meiner Unterredung mit Graf Rechberg brachte dieser sehr bald die Anträge vom 14. August d. J. zur Sprache und fragte mich, ob ich ihm über die Ansicht der Großherzoglichen Regierung in Betreff der Anträge Mittheilung zu machen in der Lage wäre, unter dem Hinzufügen, daß es ihm von besonderem Werthe sein würde, solche Ansicht zu kennen. Ich erwiederte hierauf: daß mir die Anschauung der Großherzoglichen Regierung im Allgemeinen wohl bekannt sei. Was die Frage wegen Einsetzung eines Bundesgerichts anlange, so sei die Großherzogliche Regierung, wie ihm gewiß aus der Vergangenheit erinnerlich wäre einer solchen Institution niemals abgeneigt gewesen, sie habe noch in Würzburg im Herbst 18593 an der betreffenden Anregung sich betheiligt, auch sei nach meiner persönlichen Auffassung die von der Kaiserlichen Regierung in dieser Angelegenheit der Bundesversammlung vorgelegte Arbeit in vieler Beziehung als eine sehr gelungene zu betrachten. Was dagegen den Vorschlag wegen Zuziehung von Delegirten deutscher Ständeversammlungen zur Berathung über Gesetzentwürfe, deren Gültigkeit sich über ganz Deutschland auszudehnen bestimmt wäre, betreffe, so sei die Großherzogliche Regierung demselben nicht nur von vorhinein nicht zugethan, sondern von den gewichtigsten Bedenken gegen denselben erfüllt; sie vermöge so wenig die Nothwendigkeit der Einführung einer solchen Institution anzuerkennen, als sich die praktische Ausführung des Gedankens ohne gewichtig in der Sache und deren Consequenz liegenden Gefahren 2 Emendiert. Vorlage: Schenck. 3 Emendiert. Vorlage: 1858. – Bülow bezieht sich hier auf die Würzburger Konferenz vom November 1859, siehe Dok. 34.

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vorstellen. Ich wies dabei auf das Unvereinbarliche einer solchen Institution mit der Grundlage und dem Fortbestand der gegenwärtigen Bundesverfassung, sowie mit dem Fortbestand der Selbstständigkeit der einzelnen Staaten, auf das Unwahrscheinliche von deren Ein- und Durchführung, und auf das voraussichtliche, nachdrückliche Bestreben solcher Delegirten-Versammlung, weitere Rechte und Einfluß auf dem Gebiete der Politik zu gewinnen hin; ich bemerkte insbesondere, daß bei der Allgemeinheit der Vorschläge nicht wohl zu erkennen sei, wie sie sich in ihrer Einfügung in die Bundesverfassung und in ihrer praktischen Ausführung gestalten könnten und würden, daß die Großherzogliche Regierung, bevor sie sich ausspreche wohl abwarten werde, wie die Vorschläge bei den Verhandlungen in der Bundesversammlung genauer würden präcisirt werden, und insbesondere auch, welche Ansichten sich seitens der antragstellenden4 Regierungen bezüglich einer Bundes-Executive, über welche sie sich Vorschläge bekanntlich vorbehalten hätten, kundgeben würden; der letztere Punkt sei für die kleineren Staaten von großer Bedeutung und hänge mit jeglicher Veränderung der Bundes-Verfassung auf das Innigste zusammen. Graf Rechberg entgegnete; daß die kaiserliche Regierung erst nach der reiflichsten Erwägung mit dem Vorschlage vom 14. August vorgegangen, daß sie dazu nach der politischen Lage in Deutschland, der Haltung Preußens und einiger sonst gleichgesinnter Regierungen, nach der öffentlichen Stimmung im Allgemeinen genöthigt gewesen sei, außer Preußen, die bedeutendsten Regierungen Deutschlands zu dem beregten Vorschlage zu vereinigen, – während z. B. die königlich sächsische Regierung einem deutschen Reichsparlament das Wort rede, – daß der Vorschlag sich auf ein Minimum, auf einen Versuch, sich beschränke und ein Uebergriff seitens der Versammlung um so weniger zu befürchten sei, als sie nach seiner Ansicht [nicht] direkt mit der Bundesversammlung, sondern mit eigens von dieser zu ernennenden Commissären zu verhandeln haben werde. Die Frage wegen der Executive sei nur mit Preußen zu berathen und dazu ein günstigerer Moment, als der gegenwärtige, abzuwarten; die Stellung der einzelnen Staaten werde bei den Berathungen und Vorschlägen über die Executive stets gewissenhaft berücksichtigt und ihnen kein durch die Verhältnisse nicht dringend gebotenes Opfer angemuthet werden; der gegenwärtige Vorschlag sei auch in Hinblick auf die Lage der kleineren Staaten gemacht worden und es sei deßhalb auch wünschenswerth, daß sie sich für denselben aussprächen. Er (Graf Rechberg) lege einen besonderen Werth darauf, daß dieß seitens der Großherzoglichen Regierung geschehe und gebe zu bedenken, daß das Schweigen derselben leicht dahin gedeutet werden könnte, als näherte sie sich in ihren Ansichten über eine veränderte Gestaltung 4 Emendiert. Vorlage: Antragstellenden.

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Deutschlands denjenigen der königlich preußischen Regierung. Graf Rechberg berief sich wegen der Nothwendigkeit, nach Einführung von constitutionellen Verfassungen in den deutschen Staaten durch Theilnahme der Landesvertretungen an der Berathung gemeinsamer Gesetze die Rechte derselben zu sichern und zugleich eine geeignete Form zu finden, um den gerechtfertigten Wünschen nach gleichmäßiger Gesetzgebung in Deutschland zu entsprechen, auf das Urtheil des verewigten Fürsten Metternich und theilte mir den Inhalt eines Schreibens mit, welches derselbe im Herbst des Jahres 1849 an einen oesterreichischen Diplomaten gerichtet hatte, und in welchem bereits der jetzt von der kaiserlichen Regierung eingeschlagene Weg als ein geeigneter und nothwendiger bezeichnet worden war. Graf Rechberg betonte dabei, daß ihm dieß Schreiben erst kürzlich – nach dem 14. August – bekannt geworden sei, sowie, daß ich überzeugt sein möge, daß es der kaiserlichen Regierung mit dem5 eingeschlagenen Wege vollkommen Ernst und sie denselben in seinen Consequenzen durchzuführen bereit sei. In meiner Erwiederung erkannte ich dem Grafen Rechberg gegenüber das in dem Vorschlage vom 14. August d. J. liegende Maßvolle und das im Vergleich mit anderen Vorschlägen minder Bedenkliche vollkommen an; ich glaubte aber hinzufügen zu sollen, daß mir durch denselben das Verhältniß der Rechte der Landesvertretungen zu der s. g. Bundesgesetzgebung nicht in einer ausreichenden Weise festgestellt, somit die gewichtigste Frage nicht gelöst zu sein scheine und wohl zu erwarten stehe, daß der Vorschlag der öffentlichen Meinung nicht genügen und die Opposition gegen denselben durch die Divergenz der Ansichten unter den Antrag stellenden Regierungen Nahrung gewinnen werde. Mir sei wohl bekannt, daß die sächsische Regierung sehr weit gehenden Veränderungen und einem Reichsparlament das Wort rede, allein wenn man erwäge, daß Herr von Beust sich seit den Dresdener Conferenzen des Jahres 1851 mit den einschlagenden Fragen beschäftigt hätte und dann im vorigen Jahre mit einem Vorschlage hervorgetreten wäre, welcher vollständiges Fiasco gemacht hätte, so sei ich eher geneigt, hieraus auf die Unlösbarkeit der Frage unter den gegenwärtigen Verhältnissen zu schließen. Man sei überdieß wohl berechtigt, anzunehmen, daß bei der Mehrzahl der antragstellenden Regierungen das Vorgehen am 14. August einestheils durch innere Verhältnisse und die öffentliche Stimme im eigenen Lande, anderntheils durch andere politische Motive – z. B. Rücksichten in Folge des Abschlusses des preußischfranzösischen Handelsvertrags und dessen Consequenzen, – hervorgerufen wäre. Für die Großherzogliche Regierung seien solche bestimmende Gründe nicht vorhanden, sie vermöge den Vorschlag vom 14. August nur völlig objektiv zu betrachten und er (Graf Rechberg) könne es ihr daher nicht verargen, 5 Emendiert. Vorlage: den.

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wenn sie dem Vorschlage nicht ohne Weiteres zustimme, oder sich für denselben vorweg und ohne dessen Tragweite ermessen zu können erkläre. Die Großherzogliche Regierung verkenne sicher den Werth nicht, welcher für sie in dem Anschluß an ein von der kaiserlichen Regierung gemeinsam mit anderen hervorragenden Regierungen wegen einer so wichtigen Angelegenheit eingebrachtes Projekt liege, sie werde gewiß dasselbe der reiflichsten Erwägung unterziehen, und werde, wie ich überzeugt wäre und auch er sich überzeugt halten möge, falls sie sich, was ich keineswegs bestimmt voraussagen wollte, negirend zu dem Projekt verhalten sollte, sich in einer Weise aussprechen, welche keinen Zweifel darüber lassen würde, daß man keineswegs geneigt sei, den preußischen Ideen wegen einer Umgestaltung Deutschlands beizupflichten oder nur Vorschub zu leisten. Wann die Großherzogliche Regierung sich aussprechen werde, vermöge ich nicht zu bestimmen, allein es scheine mir nahe liegend, daß sie erwarten werde, ob und welche praktische Gestalt das Projekt vom 14. August annehmen und daß es dadurch mehr des demonstrativen Charakters gegen Preußen entkleidet werde; die letztere Rücksicht sei bei der geographischen Lage des Großherzogthums und den gegebenen Beziehungen desselben zu Preußen geboten. Ew. Königliche6 Hoheit werden, wie ich glaube annehmen zu können, aus dem vorstehenden Resumé über meine Unterredung mit dem Grafen Rechberg die gegenwärtige Stellung der Kaiserlichen Regierung zu der Bundesreformfrage im Allgemeinen zu erkennen in der Lage sein und meinen Aeußerungen über die Haltung der Großherzoglichen Regierung in derselben Angelegenheit, wie ich hoffe, die Billigung nicht versagen. Die kaiserliche Regierung hält darnach die Einführung einer Art von Volksvertretung am Bunde für geboten und den Vorschlag vom 14. August für einen geeigneten Versuch, eine solche Institution unter den geringsten Gefahren ins Leben zu rufen. Daß der Vorschlag so schnell, und daher unvollkommen, eingebracht wurde, hat seinen zweifelhaften Grund in dem Wunsche, die öffentliche Meinung Deutschlands in Hinblick auf die für Oesterreich wichtigste – Handels[-] und Zollfrage zu capitiviren7. Gleichwohl und zugleich um deßwillen wird Oesterreich die Sache ernstlich betreiben und wird dabei insbesondere durch die Regierungen von Sachsen und Württemberg getrieben. Die übrigen bei dem Antrag vom 14. August d. J. betheiligten Regierungen verhalten sich mehr passiv, diejenigen von Baiern und Hannover sind, wie mir insbesondere Herr von Schrenck in München zugestand, nur mitgegangen, um sich nicht von Oesterreich, Sachsen, Württemberg etc. zu trennen. 6 Emendiert. Vorlage: Königlichen. 7 Nach französisch: captiver = gefangennehmen, fesseln; die deutsche Form müßte korrekt „captiviren“ lauten.

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Bülow an Großherzog Friedrich Franz II.

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Daß auch bei dieser Entschließung Baierns und Hannovers die Handelsund Zollfrage einen gewichtigen Einfluß geübt hat, scheint mir um so zweifelloser, als Herr von Schrenck mir aussprach, wie die königlich baiersche Regierung die Nothwendigkeit einer Bundesreform überhaupt nicht anzuerkennen vermöge. Auch schien derselbe von gleichen Bedenken gegen die praktische Ausführbarkeit des Vorschlags vom 14. August erfüllt zu sein, wie ich sie nach dem Vorstehenden dem Grafen Rechberg ausgesprochen hatte. Bei dieser größeren Uebereinstimmung der Anschauungen zwischen Herrn von Schrenck und mir bot unsere Unterredung weniger erwähnenswerthe Momente, ich beehre mich nur hervorzuheben, daß ich die Sprache auch auf die etwa einzusetzende Bundes-Executive brachte und mich nach der Aeußerung des königlich baierschen Ministers davon überzeugte, daß zwischen den antragstellenden Regierungen über diesen Gegenstand so wenig Verhandlungen gepflogen oder im Zuge sind, als daß in München bereits eines feste Anschauung, wie die Frage am besten zu erledigen sei, besteht. Ein weiterer Punkt, welchen ich aus meiner Unterredung mit Herrn von Schrenck zu erwähnen mir gestatte, betrifft die Frage, wie die für den Antrag vom 14. August stimmenden Regierungen sich zu verhalten haben werden, wenn derselbe nicht die einstimmige Annahme seitens der Bundesversammlung findet. Herr von Schrenck ist gleich mir für diesen Fall der Ansicht, daß der Antrag sodann als gefallen zu betrachten sei und die Bundesversammlung nicht berechtigt sei, ihn noch zum Gegenstand weiterer Erwägung zu machen und etwa durch Majoritätsbeschluß die Institution für die zustimmenden Staaten ins Leben zu rufen. Allerdings kann nach derselben Auffassung diesen Staaten nicht verwehrt werden, durch Privatvereinbarung eine solche Institution für sich zu schaffen, allein die Bundesversammlung ist nicht befugt, darauf irgend welche Einwirkung zu üben. Graf Rechberg, mit welchem ich dieselbe Frage berührte, war allerdings der entgegengesetzten Ansicht, derselbe stützte sich dabei auf das Vorübergehende, was in dem Vorschlage vom 14. August liege, auf dessen Beschränkung auf die Gesetzentwürfe bezüglich der Civilproceßordnung und des Obligationenrechts, und meinte, die Einfügung in den Organismus der Bundesverfassung sei der zweite Akt, welcher erst nach dem Gelingen des ersten Versuches zu geschehen hätte und durch welchen die Institution erst zu einer organischen Einrichtung werden würde. Ich vermag die Richtigkeit dieser Auffassung um so weniger anzuerkennen (ich habe auch mein Bedenken dem Grafen von Rechberg nicht verhehlt), als der Charakter des Bleibenden oder Wiederkehrenden in der Sache selbst und es zugleich in der ausgesprochenen Absicht der antragstellenden Regierungen liegt, die in Vorschlag gebrachte Institution demnächst zu einer bleibenden zu machen. Es muß demnach auch die Frage, ob und wie man eine solche Institution ins Leben rufen will, vorweg erörtert und entschieden werden, es muß

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Frankfurt am Main, 1. Oktober 1862

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selbst die Möglichkeit und Modalität der Einfügung derselben in den Bundesorganismus entschieden sein, ehe man sie fungiren läßt. Das Vorübergehende einer solchen Institution ist nicht wohl anzunehmen und muß jedenfalls als außerhalb der Berechnung liegend angesehen werden. Der Antrag vom 14. August ist daher nur nach Maßgabe der Bestimmungen der Bundesgrundgesetze über die organischen Einrichtungen zu behandeln, und die Frage, ob die dort vorgeschlagene unter den obwaltenden Umständen nothwendig ist, sowie über Entwurf und Anlage derselben in ihren allgemeinen Umrissen und wesentlichen Bestimmungen im Plenum durch Stimmeneinhelligkeit zu entscheiden (Art. 14 der Wiener Schluß-Akte). Wofern aber bei dieser Frage die Stimmeneinhelligkeit nicht zu erreichen ist, fällt die Institution als Bundes-Institution völlig und die Bundesversammlung ist nicht befugt, sie durch Majoritätsbeschluß für einen Theil der Bundesglieder ins Leben zu rufen. Indem ich für jetzt auf diese Bemerkungen glaube mich beschränken zu dürfen, erlaube ich mir ganz gehorsamst hinzuzufügen, daß der bundesgerichtliche Ausschuß, welchem bekanntlich der Antrag vom 14. August zugewiesen worden ist, auch von der Nothwendigkeit durchdrungen zu sein scheint zunächst die Frage, ob die Institution ins Leben zu rufen sei, in Erwägung zu ziehen, und daß der Referent in der Sache den Wunsch geäußert hat, daß die Ausschuß-Mitglieder sich zuvörderst über diese Frage und ob und wie sie zu stellen sei, verständigen mögten, ehe er an Entwerfung des Vortrags ginge. Die erste Sitzung des Ausschusses, in welcher die Frage zur Sprache kommen wird, dürfte erst nach Rückkehr des Königlich preußischen Gesandten statt haben. Was endlich das Verhalten der Kaiserlichen Regierung bei den Einladungen zu den Conferenzen, aus deren Berathungen die Anträge vom 14. August d. J. hervorgegangen sind, betrifft, so glaube ich nach den Informationen, welche ich darüber von verschiedenen Seiten empfangen habe, annehmen zu sollen, daß das Wiener Cabinet sich bei den Einladungen auf den durch die Betheiligung an der bekannten in Berlin übergebenen identischen Note in der deutschen Frage gegebenen Kreis von Regierungen beschränkt hat, daß aber diese Beschränkung in etwaigen besonderen Verabredungen der Conferenz-Regierungen ihren Grund nicht hat; vielmehr glaube ich mit aller Bestimmtheit behaupten zu können, daß derartige geheime Verabredungen nicht erfolgt sind, vielmehr die Gesammtheit der Verabredungen in denjenigen Dokumenten niedergelegt worden ist, welche auch zur Mittheilung an die Großherzogliche Regierung gelangten. In tiefster Devotion ersterbe ich Ew. Königlichen Hoheit allerunterthänigst treugehorsamster B. v. Bülow

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Hügel an Ow

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146. Hügel an Ow HStA Stuttgart, E 70 b, Büschel 361. Erlaß. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 18. Oktober 1862.

Angesichts der Tätigkeit der politischen Parteien im Hinblick auf die deutsche Verfassungsfrage müssen die Regierungen die Bundesreform rasch und entschieden weiter vorantreiben. Die an dem Antrag vom 14. August beteiligten Regierungen müssen sich sobald wie möglich über weitere Reformvorschläge verständigen und diese an den Bund bringen.

Stuttgart, 15. Oktober 1862 Hochwohlgeborner Freiherr! Aus den Berichten des interimistischen K. Geschäftsträgers Freiherrn v. Tessin vom 21. und 26. v. Mts1 habe ich mit lebhafter Befriedigung zu entnehmen gehabt, daß die diesseitigen Vorschläge bezüglich der Organisation der in dem Collectivantrage vom 14. August d. Js2 in Anregung gebrachten Delegirtenversammlung sich bei dem Wiener Cabinete einer beifälligen Aufnahme zu erfreuen gehabt haben. Eine weitere Bestätigung hiefür fand ich in dem Inhalte der Depesche, welche Herr Graf von Rechberg unter dem 4. d. Mts an den Kaiserlichen Geschäftsträger am hiesigen Hofe, Freiherrn von Münch gerichtet hat und von welcher Euer Hochwohlgeboren nach Ihrem gefälligen Berichtschreiben vom 9. d. Mts bereits Einsicht erhalten haben. Dieselben werden aus dem genannten Actenstücke auch des Näheren entnommen haben, welche Modificationen unserer Vorschläge von der Kaiserlichen Regierung in Anregung gebracht worden sind. Wir werden nicht unterlassen, diesen hieher kundgegebenen Wünschen des Wiener Cabinets die sorgfältigste Erwägung zuzuwenden und ich behalte mir vor, die diesseitige Entschließung hierauf Euer Hochwohlgeboren mit thunlichster Beschleunigung zukommen zu lassen. Inzwischen wollen Euer Hochwohlgeboren dem Herrn Grafen von Rechberg für die wohlwollende Beurtheilung, welche die diesseitigen Vorschläge in Wien gefunden haben, den verbindlichsten Dank der Königlichen Regierung ausdrücken. Wir sind bei diesen Vorschlägen von dem Wunsche geleitet gewesen, den Ansichten, welche die Kaiserliche Regierung in der Depesche des Grafen Rechberg vom 12. August d. Js3 gegen ihre Verbündeten kundgetan hat, unsererseits entgegenzukommen und zur thunlichsten Förderung des unter Oesterreichs Anregung und Leitung begonnenen großen nationalen Werkes einer den wahren Bedürfnissen der Gegenwart entsprechenden Bundesreform beizutragen. 1 Konzepte der Berichte in: HStA Stuttgart, E 70 b, Büschel 361. 2 Siehe Dok. 140. 3 Siehe Dok. 139.

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Stuttgart, 15. Oktober 1862

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Die dermalige Sachlage in Deutschland, die Thätigkeit namentlich, welche die politischen Parteien in Erörterung der deutschen Verfassungsfrage seit einiger Zeit entwickeln – wobei nicht zu übersehen ist, daß die auf den radicalen Umsturz der bestehenden Bundesverfassung gerichtete Thätigkeit der sogenannten Fortschrittsparteien an Ausdehnung gewonnen hat und kühner hervortritt – machen es, unseres Erachtens, den Regierungen zur Pflicht, auf der von ihnen betretenen Bahn der Bundesreform rasch und entschieden weiter zu schreiten. Nur auf diese Weise werden sie in der öffentlichen Meinung die Ueberzeugung erhalten, daß es ihnen mit ihren Bestrebungen wirklich ernst ist und daß sie sowohl den guten Willen, als auch die Fähigkeit haben, das von ihnen unternommene Werk einer angemessenen Gestaltung der Verfassungsverhältnisse Deutschlands durchzuführen. Insbesondere erscheint uns daher nothwendig, daß die bei den Anträgen vom 14. August betheiligten Regierungen sich sobald als möglich über die inzwischen vorbehaltenen weiteren Reformvorschläge zu verständigen suchen, um sobald als möglich mit weiteren Reformanträgen am Bunde hervorzutreten, welche mit den Ansichten und Wünschen der conservativen und besonnenen Parteien der Nation, welche demnächst bei der bevorstehenden Frankfurter Versammlung hervortreten werden4, in Uebereinstimmung stehen mögen. Euer Hochwohlgeboren wollen diese Betrachtung der geneigten Erwägung des Kaiserlichen Herrn Ministers des Aeußeren in vertraulicher Weise unterstellen und mir über die Aufnahme, welche sie bei Demselben gefunden, in thunlichster Bälde Bericht erstatten. Empfangen Euer Hochwohlgeboren auch bei diesem Anlasse die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung. Hügel

4 Die Versammlung deutscher Abgeordneter trat Ende Oktober in Frankfurt zusammen; vgl. dazu die nachfolgenden Dokumente 147–150.

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Aufruf an die Versammlung Deutscher Vaterlandsfreunde

Nr. 147

147. Aufruf an die Versammlung Deutscher Vaterlandsfreunde HStA München, Gesandtschaft Bundestag, Nr. 37. Druck.

In Deutschland gibt es drei Parteien: eine kleindeutsch-bundesstaatliche, eine großdeutsche und eine vermittelnde, die für den Eintritt von Deutschösterreich in einen zu gründenden deutschen Bundesstaat eintritt. Vieles spricht für die letztgenannte Lösung, denn Deutschösterreich darf bei der Gesamtgestaltung Deutschlands nicht aufgegeben werden. Damit wäre auch die Gefahr eines kleindeutschen Bundesstaates beseitigt. Der Verfasser des Aufrufs stellt an die bevorstehende Frankfurter Versammlung den Antrag, sich für einen deutschen Staatenbund unter Einschluß Gesamtösterreichs einzusetzen. Innerhalb dieses Staatenbundes soll sich ein deutscher Bundesstaat aus allen nichtösterreichischen deutschen Ländern konstituieren.

Dresden, Oktober 1862 An die Versammlung Deutscher Vaterlandsfreunde zu Frankfurt a. M.1 Drei politische Parteien beantworten jetzt die Deutsche Frage. Die eine sieht das Heil in Gründung eines kleindeutschen Bundesstaates unter Preußens Aegide, eines Bundesstaates, dem von selbst früher oder später Deutschöstreich zufallen werde; die andere, großdeutsche Partei hält ein Deutschland ohne Oestreich für kein Deutschland, und da sie für Oestreich die centralisirende Februar-Verfassung als das allein Richtige ansieht, ist sie für Eintritt Gesammtöstreichs in den Deutschen Bund. Die dritte Partei, eine vermittelnde, theilt die Ansicht östreichischer Föderalisten, der zufolge das Eintreten Deutschöstreichs in einen zu begründenden Deutschen Bundesstaat sich allein rechtfertigt. Alle drei Anschauungen sind mit principiellen Schwierigkeiten verbunden. Kleindeutschland schließt einen großen edlen Theil unserer Nation, Deutschöstreich, aus und wirft es einer, verwirklichte sich der Plan, erwachsenden östreichischen Sonderpolitik in die Arme, stellt unsere Deutschen Brüder im Süden in gleichen Rang mit den Ungarn und östreichischen Slawen. Außerdem übersehen die Vertheidiger dieser Ansicht, daß das von ihnen ohne irgendwelche Cautel dem kleindeutschen Bundesstaate zugesellte und so von vornherein auf „die Preußische Aegide“ verwiesene Parlament diesen Deutschen Bundesstaat leicht in einen Preußischen Einheitsstaat verwandeln würde. Die für Eintritt Gesammtöstreichs in einen Deutschen Bundesstaat eingenommene Partei übersieht aber ihrerseits wiederum die numerische Ueberlegenheit der nichtdeutschen Bestandtheile Oestreichs, deren Gleichberechtigung zu dekretiren von den unheilsamsten Folgen für den Deutschen Geist 1 Die „großdeutsche Versammlung“, die für den 28. und 29. Oktober 1862 in Frankfurt einberufen worden war; siehe das folgende Dok.

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begleitet sein würde; übersieht die Unmöglichkeit, Preußen und Norddeutschland zur Unterstützung Oestreichs in allen Fällen bundesmäßig zu zwingen, wo letzteres an der Militärgrenze, in Siebenbürgen u. s. f. irgendeinen Angriffs- oder Vertheidigungskrieg führen müßte; die Partei übersieht, daß allerdings Oestreich zur Zeit in sich noch nicht fertig ist und Gesammtdeutschland sich nicht mit der Bundespflicht belasten kann, die dort sich langsam klärenden Zustände mit Gewalt und auf einmal in Ordnung zu bringen. Viel scheint auf den ersten Hinblick deßhalb die Anschauung der vermittelnden, dritten Deutschen Partei für sich zu haben, in den Deutschen Bundesstaat unbedingt Deutschöstreich aufzunehmen, aber Oestreichs specifische innere Entwicklung mit alle den Ungarischen, Italienischen, Slawischen Fragen Oestreich allein zu überlassen. Indessen liegt die, wie es scheint, unlösbare Schwierigkeit hier wiederum darin, daß noch Niemand die Frage zu beantworten vermochte, welches Verhältniß dann die zum Deutschen Bunde gehörigen Deutschöstreichischen Provinzen zu dem Gesammtstaate Oestreich einnehmen sollen. Deutschöstreich würde nach diesen Absichten zugleich uns, zugleich Oestreich gehören. Welche Verwickelungen schon für den Fall östreichischer Kriege! Die widersprechendsten Beschlüsse der Deutschen Bundescentralgewalt und der Oestreichischen Regierung würden leicht und oft die doppeltgestellte Deutsche Provinz treffen. Eine Lösung all’ dieser mit gedachten drei Hauptparteiansichten verknüpften Schwierigkeiten zu erzielen, das einigende Etwas in all’ dieser Verwicklung zu finden, war die Aufgabe, welche sich (unter dem Namen „Diotmund“) der Verfasser der Broschüre „Auch ein Deutsches Programm“ (Dresden, W. Türk) schon zu Anfange des vorigen Jahres stellte.2 Weit entfernt nun von der Unbescheidenheit, annehmen zu wollen, das ihm vorschwebende Beste erreicht, glaubt er doch, etwas Mögliches, etwas Erreichbares in folgenden Ideen hingestellt zu haben. Bei einer Gesammtgestaltung unseres theuren Vaterlandes darf und kann Deutschöstreich nicht aufgeben und ebensowenig an der großen germanischen Aufgabe gerüttelt werden, welche dem Kaiserstaate Oestreich hinsichtlich Wahrung der Deutschen Interessen in Ungarn, Siebenbürgen, am Donaustrome überhaupt zufällt. Oestreich darf deßhalb nicht zerrissen, sondern muß den Plänen der Februar-Verfassung gemäß zusammengehalten werden. Hieraus ergiebt sich aber andererseits selbstverständlich, daß Oestreich, als Gesammtstaat, mit Deutschland lediglich in dem jetzt bereits bestehenden Verhältnisse eines Staatenbundes verharren kann. Dieser Staatenbund ist jedoch 2 Diotmund, Auch ein deutsches Programm. Dresden, W. Türk 1861. – Nach Rosenberg, Nationalpolitische Publizistik, Nr. 582, S. 437 f. war Diotmund das Pseudonym von Edmund Judeich (siehe Anm. 4), der sich somit im vorliegenden Dokument selbst zitiert.

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Aufruf an die Versammlung Deutscher Vaterlandsfreunde

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so zu verengern, so auszubilden, daß namentlich Oestreichs Provinz „DeutschOestreich“ zu Deutschland in weit intimere Beziehungen tritt, als das unter Herrschaft des jetzigen Bundestags der Fall ist. Die politische Centralgewalt dieses Staatenbundes würde in den Händen eines nach Instruction stimmenden Bundestages verbleiben müssen, jedoch scheint der jetzt von Oestreich und anderen Regierungen ausgegangene Vorschlag, diesem Staatenhause eine berathende Delegirtenversammlung beizugeben, höchst annehmbar. Im Staatenhause würden a) Beauftragte Oestreichs, b) Bevollmächtigte eines engern deutschen Bundestages sitzen, dessen Idee im Nachfolgenden entwickelt wird. Aufgaben des deutschen Staatenbundes würden vor Allem sein: Zolleinigung ganz Deutschlands, und also unter Eintritt Gesammtöstreichs in dieselbe; einheitliches Rechts-, Münz- und Maßwesen. Und namentlich müßte Deutschöstreich in allen diesen Beziehungen, wie auch hinsichtlich des Heimathwesens mit dem übrigen Deutschland in Uebereinstimmung gebracht werden. Je mehr eine solche staatenbundliche Ausbildung den Intentionen der Regierungen entspricht, je mehr z. B. auch Preußens Opposition nur gegen Gesammtöstreichs Eintritt in einen deutschen Bundesstaat gerichtet ist, desto größere Aussicht auf Erfolg steht derartigen Plänen zur Seite. Wird uns nun so Deutschöstreich, wird uns so das herrliche gesammte Oestreich überhaupt erhalten und bedeutend genähert, wird so Oestreichs Gesammtmacht der nöthige Einfluß auf Deutschland gesichert, so ist die Gefahr gehoben, etwa ein „Kleindeutschland“ dadurch zu fördern, daß sich innerhalb dieses großen „Staatenbundes Deutschland“ die übrigen deutschen Länder zu einem noch engern Bunde, zu einem Deutschen Bundesstaate vereinigen. Das Oestreich aufgebende, wohl gar zersplittern wollende Kleindeutschland, dessen im Eingange gedacht ist, ist ein verwerfliches; der zu normirende engere Bundesstaat muß vielmehr ein Theil des größeren Ganzen bleiben. Die äußere und innere Einrichtung dieses engern Deutschen Bundesstaates nun ist in jenem angezogenen Programm folgender Weise aufgefaßt worden. Zuvörderst ist darauf Rücksicht genommen, daß in dem engern Bundesstaate vollständiges Gleichgewicht, nicht irgend welche Hegemonie herrsche. Ein Blick auf die in Satz 6 des hier beigelegten Programms entworfene Gruppirung der einzelnen Bundesbestandtheile in Kreisen lehrt jedem Kundigen das Nähere. Der Centralgewalt des engern Bundes gegenüber zerfällt z. B. Preußen in drei Kreise, und Satz 5 [und] 7 wahrt den einzelnen „Ländern“ ihre Souveränität. Nicht sollen die zu formenden Kreise neue Souveränitäten bilden, sondern es ist den Kreisbehörden in Satz 7 nur eine bestimmte Thätigkeit im Interesse der Bundescentralgewalt zugewiesen. Wie letztere selbst beschaffen sein soll, lehrt Satz 8. Der jetzige Bundestag – mit Modificationen – soll als Fürstenhaus erhalten bleiben, ihm zur Seite aber ein Volkshaus stehen, das mindestens eine

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beschließende Delegirtenversammlung sein muß. (Bei Weiterbildung und Consolidirung der deutschen Verfassung würde man hier ohne Zweifel zu einem aus den Kreisen direct zu wählenden Parlamente gelangen). Die Regierung, die Executive der Centralmacht liegt nicht in einem Erbkaiser, nicht in einem, fürstliche Eifersuchten anbahnenden Directorium, sondern einzig und allein in dem Reichsministerium, Satz 7. Wer es ernstlich damit meint, daß unsere Deutschen Fürsten durch die Neugestaltung Deutschlands in ihrer Einzelnmacht [sic] zwar beschränkt, in ihrer souveränen Existenz aber nicht alterirt werden sollen, der kann nicht einen oder zwei Fürsten über die andern setzen wollen! Das sind, kurz angedeutet, die Gedanken des Programms. Würden sie einigermaßen zur Lösung der großen Schwierigkeiten unserer Deutschen Frage beitragen können, wäre eine Lebensaufgabe des Verfassers erreicht. Letzterer, leider durch Berufsgeschäfte abgehalten, den Frankfurter Berathungen persönlich beizuwohnen, gestattet sich, schriftlich den Antrag zu stellen: Die Frankfurter Versammlung wolle folgende Resolutionen fassen: 1) die zur Zeit bestehende Verfassung des Deutschen Bundes wahrt die Rechte des Deutschen Volkes und die Stellung der Deutschen Nation im europäischen Staatenverbande in unzureichendem3 Maße. Es ist deshalb 2) ein Deutscher Staatenbund unter Eintritt Gesammtöstreichs und aller, Bundesländern zugehörigen außerdeutschen Provinzen zu bilden: a) aus Gesammtöstreich einerseits, b) aus den zu einem engeren Deutschen Bunde vereinigten nichtöstreichischen Deutschen Ländern andererseits. Und hat dieser Staatenbund: c) seine Centralgewalt durch eine berathende Delegirtenversammlung zu kräftigen; d) Ein Zollsystem für das gesammte Gebiet herzustellen; e) Ein Rechts-, Maß- und Münzwesen einzurichten. 3) Innerhalb des weitern Deutschen Bundes constituirt sich dagegen als „Deutscher Bundesstaat“ ein engerer Bund, und wird gebildet aus allen nichtöstreichischen Deutschen Landen, dergestalt: a) daß er durch geeignete Kreiseintheilung seiner Bestandtheile alle Hegemonie Eines Deutschen Landes ausschließt, b) den jetzigen Deutschen Bundestag in ein, nicht nach Instructionen stimmendes Fürstenhaus verwandelt, diesem c) ein Volkshaus mit beschließender Stimme zur Seite stellt, 3 Emendiert. Vorlage: unzureichender.

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Aufruf an die Versammlung Deutscher Vaterlandsfreunde

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d) die Executive aber dieser (aus Fürsten- und Volkshaus gebildeten) Centralgewalt nicht einem Erbkaiser, nicht einem Direktorium, sondern lediglich dem Reichsministerium überweist. 4) Die im engeren Deutschen Bunde enthaltenen Einzelnstaaten behalten ihre Souveränität und wird diese nur in Bezug auf zu regelnde Contingentstellung zum Reichsheere, in Bezug auf Beiträge zur Deutschen Flotte, durch Unterwerfung unter die nöthigen Reichsgesetze überhaupt und in Bezug auf das Gesandtenwesen beschränkt. 5) Die Vertretung „Deutschlands“ nach außen ist der Centralgewalt des engeren Deutschen Bundes zugewiesen; nur Gesammtöstreich, das nicht in solchem, sondern im weiteren Deutschen Staatenbunde inbegriffen, bleibt es daneben unbenommen, eigene Gesandte zu entsenden. 6) Das Recht über Krieg und Frieden steht der Centralgewalt des engeren Deutschen Bundes zu, bleibt jedoch ebenfalls Oestreich hinsichtlich seiner Lande vorbehalten. Der Bundesmacht des weiteren Deutschen Staatenbundes (s. 2.), ist es natürlich unbenommen, Kriegsfälle Oestreichs zu den ihren zu erheben. 7) Die Frankfurter Versammlung ernennt einen Ausschuß mit der Aufgabe, diese ihre Resolutionen durch Vereinbarung mit den deutschen Regierungen zur Ausführung zu bringen. Der ergebenst Unterzeichnete bittet das Präsidium der Versammlung, diesen seinen Antrag zur Berathung und Abstimmung zu bringen und zwar, was die Abstammung anlangt, dergestalt, daß zunächst über Pkt. 3, dann über die übrigen vorgeschlagenen Resolutionen abgestimmt werde, weil der Antragsteller für den Fall einer gänzlichen Verwerfung des dritten, einen wesentlichen Bestandtheil der gesammten Propositionen bildenden Moments seine sämmtlichen übrigen Anträge zurückzieht. Edmund Judeich4, Rechtsanwalt.

4 Edmund Judeich (1826–1876), Rechtsanwalt und Schriftsteller in Dresden, Gründungsmitglied des Literarischen Vereins zu Dresden (1863); siehe: http://www.judeich.de/chronik.htm; Hempel, Literarische Vereine in Dresden, S. 115 f.

Nr. 148

Frankfurt am Main, 28. Oktober 1862

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148. Antrag der großdeutschen Versammlung in Frankfurt auf Bundesreform Verhandlungen der großdeutschen Versammlung zu Frankfurt a. M. vom 28. und 29. October 1862. Frankfurt am Main 1862, S. 11. Druck: Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, 3. Jg. 1862, S. 100 f.; Huber (Hrsg.), Dokumente, Bd. 2, S. 109 f.

Die Teilnehmer der großdeutschen Versammlung beschließen einen Antrag zur Reform des Deutschen Bundes auf der Grundlage der bestehenden Bundesverfassung. Diese Reform muß allen deutschen Staaten das Verbleiben im Bund möglich machen. Sie findet ihren Abschluß in der Schaffung einer kräftigen Bundesexekutivgewalt mit einer nationalen Vertretung.

Frankfurt am Main, 28. Oktober 1862 Antrag von Dr. Weis1 und Genossen.2 1) Die Reform der Verfassung des deutschen Bundes ist ein dringendes und unabweisliches Bedürfniß, sowohl um die Machtstellung nach Außen, als die Wohlfahrt und bürgerliche Freiheit im Innern kräftiger als bisher zu fördern. 2) Diese Reform muß allen deutschen Staaten das Verbleiben in der vollen Gemeinsamkeit möglich erhalten. 3) Sie findet ihren Abschluß nur in der Schaffung einer kräftigen Bundes-Executiv-Gewalt mit einer nationalen Vertretung. 4) Als die nach den bestehenden Verhältnissen allein mögliche Form einer Bundes-Executiv-Gewalt stellt sich eine concentrirte collegiale Executive mit richtiger Ausmessung des Stimmenverhältnisses dar. 5) Als ein erster Schritt zur Schaffung einer nationalen Vertretung ist die von acht Regierungen beantragte Delegirten-Versammlung anzuerkennen.3 Hierbei wird vorausgesetzt, daß die Regierungen keine Zeit verlieren, jene Versammlung zu einer periodisch wiederkehrenden Vertretung am Bunde mit erweiterter Competenz zu gestalten. 6) Um ihr die nöthige moralische Geltung zu sichern, ist eine größere Zahl von Mitgliedern erforderlich. Der Gesetzgebung der einzelnen Staaten ist die Art und Weise der Wahl zu überlassen, jedoch die Wählbarkeit nicht auf die Mitglieder der einzelnen Landesvertretungen zu beschränken. 1 Dr. Ludwig von Weis (1813–1880), Jurist, seit 1851 Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität, 1849–1871 Mitglied der bayerischen Kammer der Abgeordneten, seit 1854 2. Präsident der Kammer der Abgeordneten; seit 1. Mai 1862 Ministerialrat im bayerischen Justizministerium, ADB, Bd. 55, S. 19–24. 2 Der Antrag wurde am 28. Oktober gestellt und nach eingehender und kontroverser Debatte unverändert angenommen; Verhandlungen der großdeutschen Versammlung zu Frankfurt a. M. vom 28. und 29. October 1862. Frankfurt am Main 1862, S. 33 f. 3 Siehe Dok. 140.

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Rede von Johannes Kuhn auf der großdeutschen Versammlung

Nr. 149

7) Die Reform ist nur auf der Grundlage der bestehenden Bundesverfassung durch Vereinbarung herbeizuführen. 8) Wenngleich ein Bundesgericht, dessen Unabhängigkeit gesichert ist, als eine Einrichtung von wesentlichstem Nutzen sich darstellt, so erscheint doch der neueste in dieser Beziehung gemachte Vorschlag nicht zweckgemäß. [Es folgen die Unterschriften der Antragsteller.]

149. Rede von Johannes Kuhn11 auf der großdeutschen Versammlung Verhandlungen der großdeutschen Versammlung zu Frankfurt a. M. vom 28. und 29. October 1862. Frankfurt am Main 1862, S. 24 f.

Das Bundesverhältnis muß erhalten werden, und eine Reform der Bundesverfassung ist dringend und unabweisbar. Kuhn spricht sich gegen „eine heroische radikale Heilkur“ aus und befürwortet den Weg der schrittweisen Reform. Das Delegiertenprojekt ist in nationaler Hinsicht unzulänglich. Eine reelle Reform ist notwendig, und ein Anfang dazu wäre gemacht, wenn der Delegiertenversammlung konstitutionelle Rechte eingeräumt würden. Kuhn wendet sich aber dagegen, daß die Versammlung sich mit „Constitutionsmacherei“ beschäftigt.

Frankfurt am Main, 28. Oktober 1862 Meine Herren! Unter allen politischen Partheien dieser Versammlung herrscht darüber unzweifelhaft vollkommene Uebereinstimmung, daß das deutsche Bundesverhältniß erhalten werden muß, und nicht minder darüber, daß eine Reform der deutschen Bundesverfassung dringendes und unabweisbares Bedürfniß ist. Niemand, meine Herren, leugnet die Schäden des deutschen Staatskörpers2. Allgemein ist daher auch das Bewußtsein, das Gefühl und das Bedürfniß der Heilung dieser Schäden. Dieses Bedürfniß ist nicht blos auf Seite des Volkes erkannt, sondern ebenso lebendig auch von Seite der Regierungen gefühlt. Aber wie diese Heilung zu geschehen habe und worin sie bestehen soll, darüber gehen die Meinungen und die Wege sehr weit auseinander. Während die Einen mit einem Schritt zum Ziele gelangen wollen und eine heroische radikale Heilkur verfolgen oder versuchen, gehen 1 Johannes Kuhn (1806–1887), Theologe, seit 1837 Professor in Tübingen, 1848–1852 Mitglied der württembergischen Kammer der Abgeordneten, ADB, Bd. 51, S. 418–420; NDB, Bd. 13, S. 263 f. 2 Emendiert. Vorlage: Staatsbürgers.

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Frankfurt am Main, 28. Oktober 1862

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die Meisten, und zu diesen zähle auch ich mich, den Weg der Reform, der stetig schrittweise vorschreitenden Reform. Von der Erkenntniß durchdrungen, daß etwas geschehen müsse, haben 8 deutsche Regierungen das bekannte Delegirtenprojekt am Bunde eingebracht3 und damit ausgesprochen, daß sie unter dem Beirath von Volksvertretern gemeinnützige Gesetze zu Stande bringen wollen. In dieser Rücksicht ist das Projekt beachtenswerth. Unter dem Gesichtspunkt hingegen, des allgemeinen, des nationalen Wunsches und Bedürfnisses nach Reform ist es unzulänglich und fällt nicht ins Gewicht. Dieses Projekt ist nicht geeignet, Propaganda zu machen, weder in der öffentlichen Meinung, noch bei den widerstrebenden Regierungen, schon deßhalb nicht, weil diesen letzteren der Einwand bleibt, daß es den nationalen Wünschen und Bedürfnissen nicht entgegen kommt. Eine reelle Reform, ein Anfang und nicht blos ein Anlauf dazu ist nothwendig. Dieser Schritt empfiehlt sich schon in der zuletzt bezeichneten Rücksicht; denn einer solchen reellen Reform, wenn sie von einigen deutschen Regierungen in die Hand genommen wird, vermöchten die übrigen, bis jetzt wiederstrebenden Regierungen auf die Dauer nicht zu widerstehen und die an ihrer Spitze stehende vermöchte dieß am wenigsten, weil sie selbst die Instanz des nationalen Wunsches und Bedürfnisses gegen das Delegirtenprojekt angerufen hat. Auch die partikulären Volksvertretungen vermöchten einem reellen Anfang wirklicher Reformen nicht zu widerstehen. Ein lebenskräftiger Anfang zu einer Bundesreform ist meines Erachtens erst dann gemacht, wenn der Delegirtenversammlung constitutionelle Befugnisse eingeräumt werden, wenn die Regierungen erklären, daß sie entschlossen seien, das Gesetzgebungsrecht am Bunde mit der Volksvertretung zu theilen. In diesem Sinne schließe ich mich dem uns vorliegenden Antrag4 an. Ich könnte zwar wünschen, daß mein Bedenken auf eine bestimmtere, unzweideutigere Weise darin ausgesprochen sein möchte, und ich könnte mich deßhalb aufgefordert fühlen, einen dahingehenden Antrag zu stellen; allein ich thue es nicht, weil ich keinen Zankapfel in diese Versammlung werfen will, deren ganze Wirksamkeit auf der Einmüthigkeit ihrer5 Beschlüsse beruht und durch sie bedingt ist. (Bravo.) Ich brauche es auch nicht zu thun, denn ich habe die lebendigste Ueberzeugung, daß die Grundlagen des deutschen Programmes, die Behauptung, daß das Bundesverhältniß erhalten werden muß und daß eine Reform der Bundesverfassung nothwendig sei, von selbst zu dem Schritt führen, den ich als den rechten Weg der Reform bezeichnet habe. Ich thue es auch 3 Siehe Dok. 140. 4 Siehe Dok. 148. 5 Emendiert. Vorlage: Ihrer.

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Statuten des großdeutschen Reformvereins

Nr. 150

deßhalb nicht, und gehe überhaupt nicht auf eine nähere Erörterung der Art und Weise der Ausführung, der Schwierigkeiten, welche ihr entgegentreten und wie sie zu beseitigen wären, ein, weil ich einer Versammlung, die kein Mandat und keine Autorität hat, nicht Anlaß geben möchte zu dem, was man Constitutionsmacherei genannt hat. Das Vorgehen in dieser Richtung hat unsere politischen Versammlungen im Auslande in großen Mißcredit gebracht (Sehr gut!) und ich sehe darin einen wirklichen Abweg, vor dem ich warnen möchte.

150. Statuten des großdeutschen Reformvereins11 Verhandlungen der großdeutschen Versammlung zu Frankfurt a. M. vom 28. und 29. October 1862. Frankfurt am Main 1862, S. 38. Druck: Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, 3. Jg. 1862, S. 101 (gekürzt).

Die Teilnehmer der großdeutschen Versammlung beschließen die Statuten für einen deutschen Reformverein. Zweck des Vereins ist die Förderung der Reform der Bundesverfassung auf der Grundlage der vollständigen Integrität Deutschlands. Eine Hauptaufgabe ist es, durch die Presse für die Vereinszwecke zu wirken.

Frankfurt am Main, 29. Oktober 1862 Statuten für einen deutschen Reform-Verein. § 1. Zweck des Vereins ist zunächst, die Reform der deutschen Bundesverfassung nach Kräften zu fördern. Der erste Grundsatz ist, Erhaltung der vollständigen Integrität Deutschlands und Bekämpfung jedes Bestrebens, welches die Ausschließung irgend eines Theiles von Deutschland zum Zwecke oder zur Folge hätte. § 2. Der Beitritt zu dem Verein wird durch Unterzeichnung des Vereinsstatuts erklärt und die Beitretenden verpflichten sich, dem Verein weitere Mitglieder zu werben und in ihren Kreisen die Bildung von Zweigvereinen auf Grund dieses Statuts sich angelegen sein zu lassen.

1 Zum Reformverein siehe Real, Reformverein; Zimmermann, Reformverein.

Nr. 150

Frankfurt am Main, 29. Oktober 1862

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§ 3. Jedes Mitglied verpflichtet sich zur Entrichtung eines vorauszubezahlenden Jahresbeitrags von einem Vereins-Thaler. § 4. Die Leitung der Vereins-Angelegenheiten ist einem Ausschusse von vorerst 24 Mitgliedern übertragen, welche sich nach Bedarf aus den Organen der Zweigvereine ergänzen können. § 5. Dieser wählt einen Vorsteher und einen engern geschäftsführenden Ausschuß von 6 Mitgliedern. § 6. Dem engeren Ausschuß bleibt überlassen, einen Schriftführer und Kassier zu bestellen. Schriftführer und Kassier erhalten eine angemessene Bezahlung. Ausschuß-Mitglieder werden für ihre Auslagen entschädigt. § 7. Die Abtheilung der Geschäfte zwischen dem weiteren und engeren Ausschuß ist im Begriff des weiteren Ausschusses. § 8. Der weitere Ausschuß verfügt über die Geldmittel des Vereins gegen Rechnungsablage und Verantwortung gegenüber der Generalversammlung des Vereins. § 9. Eine Hauptaufgabe der Vereinsführung ist, durch die Presse für die Zwecke des Vereins zu wirken. § 10. Jedes Jahr findet eine regelmäßige Vereinsversammlung statt, außerdem steht dem Ausschuß zu, außerordentliche Versammlungen zu berufen. § 11. Der nächsten Generalversammlung bleibt die Revision der Statuten vorbehalten.

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Pfordten an König Maximilian II.

Nr. 151

151. Pfordten an König Maximilian II. HStA München, MA 494. Bericht. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 14. Dezember 1862.

Die Majorität des Bundestagsausschusses für das Bundesgericht hat ihren Bericht über den Antrag vom 14. August 1862 definitiv festgestellt. Baden hat ein Separatvotum abgegeben, worin es die Zweckmäßigkeit der Delegiertenversammlung bestreitet. Das preußische Votum steht noch nicht fest, die Ausschußmehrheit will sich dadurch aber nicht hinhalten lassen. Die versteckten Drohungen Preußens fallen nicht ins Gewicht, Preußen kann außer dem abweichenden Votum nichts tun. Auf die scherzhafte Frage, ob sich Preußen aus dem Bund zurückziehen werde, haben die preußischen Diplomaten in Frankfurt mit Nein geantwortet. Preußen geht es offenbar nur um die Verschleppung der Sache und um Einschüchterung.

Frankfurt am Main, 12. Dezember 1862 Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König Allergnädigster König und Herr! Die Majorität des Ausschusses hat nunmehr seinen Bericht über den Antrag vom 14. August dieses Jahres1 wegen einer Delegirten-Versammlung definitiv festgestellt. Dabei ist die in dem hohen Erlaße Nr 227 vom 27ten vorigen Monats bezeichnete Aenderung des2 autographirten Exemplars, welches ich mit unterthänigstem Berichte Nr 342 vom 22ten vorigen Monats vorgelegt hatte, vorgenommen worden.3 Ausserdem fanden auf den Wunsch der Königlich Sächsischen Regierung noch einige kleine Redactionsänderungen statt, welche den Sinn in keiner Weise ändern. Diese Abänderungen wurden auch sofort den Gesandten von Preussen und von Baden mitgetheilt. Bald nachher übergab der Badische Gesandte sein Separat-Votum. Es ist ziemlich ausführlich und trocken, bestreitet die Zweckmäßigkeit der Delegirten-Versammlung und führt aus, daß diese doch eigentlich eine organische Einrichtung sey, und deshalb auch bei der Vorfrage Stimmeneinhelligkeit gefordert werden müsse. Meines Erachtens ist eine besondere Entgegnung hierauf nicht mehr nöthig. Doch wird sich die Ausschußmajorität hierüber erst schlüssig machen, wenn auch das Preussische Votum vorliegt. Der Preussische Gesandte hat angedeutet, er habe zwar Instruktionen erhalten, aber das Votum stehe doch noch nicht fest, und als er gestern von uns gedrängt wurde, hat er sowohl dem Baron Kübeck als mir gesagt, es liege nicht im Interesse der Sache, ihn zu drängen, denn das ihm aus Berlin zugesendete 1 Siehe Dok. 140. 2 Emendiert. Vorlage: der. 3 Pfordten hatte am 22. November 1862 seinen Vortragsentwurf an König Maximilian II. gesandt; HStA München, MA 494; ebd. auch der Erlaß von Schrenk an Pfordten vom 27. November 1862.

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Votum sey sehr schroff, und er bemühe sich, eine Milderung desselben zu erreichen. Die Ausschußmajorität ist aber der Ansicht, daß man sich dadurch nicht hinhalten lassen dürfte und daß der Vortrag jedenfalls noch vor Weihnachten erstattet werden müsse. Es besteht daher die Absicht, nächsten Montag oder Dienstag4 eine Ausschußsitzung zu halten und dem Preussischen Gesandten zu erklären, daß man sich nicht länger hinhalten lassen könne. Ich kann diese Auffassung nur billigen. Denn, wenn auch bei dem Widerstande Preussens es sehr zweifelhaft wird, ob und welche praktische Folge den Anträgen5 vom 14ten August dieses Jahres werde zu geben seyn, und wenn ich selbst noch sehr bezweifle, ob die Anträge der Ausschußmajorität in der Bundesversammlung selbst die Majorität erhalten werden, so erscheint es mir doch politisch höchst wichtig, daß die antragstellenden Regierungen nicht das leiseste Bedenken darüber aufkommen lassen, daß es ihnen mit ihren Anträgen voller Ernst sey. In dem Vertrauen hierauf wurzelt die Unterstützung der großdeutschen Parthei, die sich eben jetzt organisirt, und durch deren Hülfe allein es möglich seyn wird, den gegen den Bund und gegen den Zollverein gerichteten Bestrebungen Preussens die Spitze zu bieten. Die versteckten Drohungen über den Inhalt des Preussischen Separatvotums scheinen mir nicht schwer in’s Gewicht zu fallen; denn es ist nicht abzusehen, was Preussen sagen oder thun wolle, ausser dem abweichenden Votum, wenn dies auch etwa sehr unangenehm gefaßt wird. Das Recht, Anträge zu stellen, kann uns doch nicht bestritten werden, und was wir thun wollen, wenn unsere Anträge nicht allseitig angenommen werden, haben wir ja noch nirgends gesagt. Höchstens könnte also Preussen Gegenanträge auf Berufung eines Parlamentes stellen, und ich glaube kaum, daß dies von dem Ministerium Bismarck6 geschieht, noch weniger aber, daß es in einer die großdeutsche Parthei verlockenden Weise geschehen würde. In einem vertraulichen Gespräche mit Herrn von Usedom und eben so mit Herrn von Wentzel7, mit welchen Beiden ich persönlich in sehr gutem Vernehmen stehe, suchte ich Näheres über den gefährlichen Inhalt des Votum[s] zu erfahren, aber vergebens. Ich warf auch scherzweise die Frage hin, ob etwa Preussen sich ganz vom Bunde zurückziehen wolle; sie verneinten dies, gaben

4 Am 15. bzw. 16. Dezember 1862. Die Sitzung des Ausschusses fand am 15. Dezember statt. 5 In der Vorlage nachträglich verbessert aus: der Anträge. 6 Otto von Bismarck (1815–1898), der langjährige Bundestagsgesandte in Frankfurt (1851– 1859), war am 8. Oktober 1862 zum preußischen Ministerpräsidenten und Außenminister ernannt worden. 7 Otto von Wentzel (1819–1899), 1855–1866 preußischer Resident bei der Stadt Frankfurt; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 315.

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aber keine positive Andeutung. Ich glaube daher, daß es eben doch nur auf Verschleppung der Sache und Einschüchterung abgesehen ist. Demgemäß glaube ich mich in der für Montag oder Dienstag bevorstehenden Ausschußsitzung dem oben angedeuteten Verhalten der Majorität anschließen zu sollen, wenn ich nicht entgegengesetzte Weisungen erhalte. Sollte übrigens das Preussische Votum gleichwohl irgend etwas Gefährliches oder Auffallendes enthalten, so werden wir dasselbe vorerst unseren allerhöchsten Regierungen vorlegen, bevor wir unsern Vortrag an die BundesVersammlung erstatten. In tiefster Ehrfurcht Eurer Königlichen Majestät allerunterthänigst treu gehorsamster v. d. Pfordten

152. Bismarck an Werther GStA Berlin, I. HA, Rep. 81, Gesandtschaft zu Wien II, Nr. 302, Vol. IV. Erlaß. Behändigte Ausfertigung. Praes.: 15. Dezember 1862. Druck: Bismarck, Gesammelte Werke, Bd. 4, Nr. 14, S. 22–25; Bismarck, Werke in Auswahl, Bd. 3, Nr. 37, S. 35–39 (Auszug); Die auswärtige Politik Preußens, Bd. 3, Nr. 71, S. 114–118.

Bismarck berichtet über eine Unterredung mit Károlyi, in der er darauf hinwies, daß Preußen die feindselige Haltung Österreichs nicht hinnehmen werde. Österreich dürfe sich der preußischen Unterstützung in europäischen Fragen nicht sicher sein. Preußen werde keineswegs bei einem Krieg gegen Frankreich unter allen Umständen der Bundesgenosse Österreichs sein. Österreich habe die Wahl zwischen einer antipreußischen Verbindung mit den deutschen Kleinstaaten oder einem ehrlichen Bündnis mit Preußen. In der Bundesreformfrage gehe die Majorität der Bundesversammlung mit dreister Entschlossenheit gegen Preußen vor. Das weitere Vorschreiten auf dieser verfassungswidrigen Bahn lasse den Bruch des Bundes voraussehen. Im Falle einer Majorisierung Preußens ist es die Absicht des Königs, den preußischen Bundestagsgesandten abzuberufen.

Berlin, 13. Dezember 1862 Ich darf voraussetzen, daß Graf Karolyi dem Grafen Rechberg Bericht erstattet haben wird über eine Unterredung, zu welcher ich vor einigen Tagen, im Interesse des Einverständnisses beider Höfe, die Initiative ergriffen habe. Ich habe den Kaiserlichen Gesandten darauf aufmerksam gemacht, daß die feindselige Haltung, welche die Organe der Oesterreichischen Regierung sowohl an den Höfen der kleinen Staaten, als durch ihre Verbindung mit der demokratischen Presse, in letzterer gegen Preußen an den Tag legen, von uns auf die Dauer nicht gleichmüthig und abwartend hingenommen werden kann.

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In meiner an Eure Excellenz gerichteten Depesche vom 3n d. Mts1 habe ich bereits die Ueberzeugung ausgesprochen, daß unsere Beziehungen zu Oesterreich unvermeidlich entweder besser oder schlechter werden müssen. Es ist der aufrichtige Wunsch der Königlichen Regierung, daß die erstere Alternative eintrete; wenn wir aber das hiezu nöthige Entgegenkommen des Kaiserlichen Cabinets nachhaltig vermissen, so ist es für uns nothwendig, die andere in’s Auge zu fassen und uns auf dieselbe vorzubereiten. Ich habe den Grafen Karolyi daran erinnert, daß in den Jahrzehnten, die den Ereignissen von 1848 vorhergingen, ein stillschweigendes Abkommen zwischen den beiden Großmächten vorwaltete, kraft dessen Oesterreich der Unterstützung Preußens in Europäischen Fragen sicher war und uns dagegen, wenigstens innerhalb unseres geographischen Rayons, einen durch Oesterreichs Opposition unverkümmerten Einfluß ließ, ja sogar den letzteren unterstützte. Unter diesen Verhältnissen erfreute sich der Deutsche Bund eines Grades von Einigkeit im Innern und von Ansehen nach Außen, wie er seitdem nicht wieder erreicht worden ist. Ich habe unerörtert gelassen, durch wessen Schuld analoge Beziehungen nach der Reconstituirung des Bundestages nicht wieder zu Stande gekommen sind, weil es mir nicht auf Recriminationen für die Vergangenheit, sondern auf eine praktische Gestaltung der Gegenwart ankam. In dieser Gegenwart finden wir gerade in den Staaten, welche naturgemäß der Preußischen Wirkungssphäre anheimfallen, einen zur Opposition gegen uns aufstachelnden Einfluß des Kaiserlichen Kabinets mit Erfolg geltend gemacht. Ich brauche nur Cassel, Hannover, Hamburg, Mecklenburg, ja sogar die Preußische Enclave Anhalt-Dessau zu nennen. Ich gab dem Grafen Karolyi zu erwägen, daß Oesterreich auf diese Weise die Sympathieen der Regierungen jener Staaten vielleicht gewinne, sich aber diejenigen Preußens entfremde. Der Kaiserliche Gesandte tröstete sich hierüber mit der Gewißheit, daß in dem einzigen für beide Deutsche Groß-Staaten gefährlichen Kriege, in dem gegen Frankreich, beide sich dennoch unter allen Umständen als Bundesgenossen wiederfinden würden. Gerade in dieser Voraussetzung liegt, meines Erachtens, ein gefährlicher Irrthum, über welchen vielleicht erst im entscheidenden Augenblicke eine für beide Kabinette verhängnißvolle Klarheit gewonnen werden würde, und habe ich deshalb den Grafen Karolyi dringend gebeten, demselben in Wien nach Kräften entgegenzutreten. Ich habe hervorgehoben, daß schon im letzten Italienischen Kriege das Preußische Bündniß für Oesterreich nicht in dem Maaße 1 Bismarck an Werther, 3. Dezember 1862, Druck: Bismarck, Gesammelte Werke, Bd. 4, Nr. 10, S. 10–14; Bismarck, Werke in Auswahl, Bd. 3, Nr. 30, S. 27 (Auszug); Die auswärtige Politik Preußens, Bd. 3, Nr. 57, S. 97 f.

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wirksam gewesen sei, wie es hätte der Fall sein können, wenn beide Mächte sich nicht in den vorhergehenden 8 Jahren auf dem Gebiete der deutschen Politik in einer schließlich nur für Dritte Vortheil bringenden Weise bekämpft und das gegenseitige Vertrauen untergraben hätten. Dennoch seien damals in dem Umstande, daß Preußen die Verlegenheiten Oesterreichs im Jahre 1859 nicht zum eigenen Vortheil ausgebeutet (ja sogar zum Beistande Oesterreichs gerüstet) habe, die Nachwirkungen der früheren intimeren Verhältnisse unverkennbar gewesen. Sollten aber letztere sich nicht neu anknüpfen und beleben lassen, so würde unter ähnlichen Verhältnissen ein Bündniß Preußens mit einem Gegner Oesterreichs eben so wenig ausgeschlossen sein, als, im entgegengesetzten Falle, eine feste und treue Verbindung beider Deutschen Großmächte gegen gemeinschaftliche Feinde. Ich wenigstens würde mich, wie ich dem Grafen Karolyi nicht verhehlte, unter ähnlichen Umständen niemals dazu entschließen können, meinem Allergnädigsten Herrn zur Neutralität zu rathen; Oesterreich habe die Wahl zwischen der antipreußischen Verbindung mit den Deutschen Kleinstaaten, welche gegenwärtig von ihm cultivirt werde, oder einem ehrlichen Bündnisse mit Preußen. Zu letzterem zu gelangen sei mein aufrichtigster Wunsch. Dasselbe könne aber nur durch das Aufgeben der uns feindlichen Thätigkeit Oesterreichs an den kleineren Höfen gewonnen werden. Graf Karolyi erwiederte mir, daß es für das Kaiserliche Haus nicht thunlich sei, seinen traditionellen Einflüssen auf die kleinen Deutschen Regierungen zu entsagen. Ich stellte die Existenz einer solchen Tradition mit dem Hinweis in Abrede, daß Hannover und Hessen seit hundert Jahren, vom Anbeginn des siebenjährigen Krieges, stets den Preußischen Einflüssen gefolgt seien, und daß in der Epoche des Fürsten Metternich die genannten Staaten auch von Wien aus im Interesse des Einverständnisses zwischen Preußen und Oesterreich ausdrücklich in jene Richtung gewiesen worden seien, daß also die vermeintliche Tradition des Oesterreichischen Kaiserhauses erst seit dem Fürsten Schwarzenberg datire, und das System, welchem sie angehöre, sich bisher der Consolidirung des deutschen Bündnisses nicht förderlich erwiesen habe. Ich hob hervor, daß ich bei meiner Ankunft in Frankfurt2, nach eingehenden Besprechungen mit dem damals auf dem Johannisberg wohnenden Fürsten Metternich3 gehofft habe, Oesterreich selbst werde es als die Aufgabe einer weisen Politik erkennen, uns im Deutschen Bunde eine Stellung zu schaffen, wel2 Bismarck wurde am 8. Mai 1851 zum Geheimen Legationsrat ernannt und ging wenige Tage später als designierter Bundestagsgesandter nach Frankfurt, wo er im August 1851 offiziell den Gesandtenposten übernahm. Vgl. QGDB III/2, S. 89, Anm. 4. 3 Das Schloß Johannisberg nahe Geisenheim im Rheingau war dem österreichischen Staatskanzler Metternich im Jahr 1816 von Kaiser Franz I. für seine Verdienste beim Wiener Kongreß geschenkt worden.

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che es für Preußen der Mühe werth mache, seine gesammte Kraft für gemeinschaftliche Zwecke einzusetzen. Statt dessen habe Oesterreich mit Erfolg dahin gestrebt, uns unsere Stellung im Deutschen Bunde zu verleiden und zu erschweren, und uns thatsächlich auf das Bestreben nach anderweiten Anlehnungen hinzuweisen. Die ganze Behandlungsweise Preußens von Seiten des Wiener Cabinets scheine auf der Voraussetzung zu beruhen, daß wir mehr als irgend ein anderer Staat auswärtigen Angriffen ausgesetzt seien, gegen welche wir fremder Hülfe bedürften, und daß wir uns deshalb von Seiten der Staaten, von welchen wir solche Hülfe erwarten könnten, eine rücksichtlose Behandlung gefallen lassen müßten. Die Aufgabe einer Preußischen Regierung, welcher die Interessen des Königlichen Hauses und des eigenen Landes am Herzen liegen, werde es daher sein, das Irrthümliche jener Voraussetzung durch die That nachzuweisen, wenn man ihren Worten und Wünschen keine Beachtung schenke. Dieses Gefühl erhalte in den letzten Monaten neue Nahrung durch die dreiste Entschlossenheit, mit welche die Majorität der Bundes-Versammlung in der Delegirten-Frage angriffsweise gegen Preußen vorgehe. Vor 1848 sei es unerhört gewesen, daß man am Bunde Fragen von irgend welcher Erheblichkeit eingebracht habe, ohne sich des Einverständnisses beider Großmächte vorher zu versichern. Selbst da, wo man auf den Widerspruch minder mächtiger Staaten gestoßen sei, wie in der Angelegenheit der süddeutschen Bundesfestungen, habe man es vorgezogen, Zwecke von dieser Wichtigkeit und Dringlichkeit viele Jahre hindurch unerfüllt zu lassen, anstatt den Widersprechenden mit dem Versuch der Majorisirung entgegenzutreten. Heut zu Tage werde dagegen der Widerspruch Preußens nicht nur gegen einen Antrag, sondern gegen die Verfassungsmäßigkeit desselben als ein der Beachtung unwerther Zwischenfall behandelt, durch welchen man sich im entschlossenen Vorgehen auf der gewählten Bahn nicht beirren lasse. Ich habe den Grafen Karolyi gebeten, den Inhalt der vorstehend angedeuteten Unterredung mit möglichster Genauigkeit, wenn auch auf vertraulichem Wege zur Kenntniß des Grafen Rechberg zu bringen, indem ich die Ueberzeugung aussprach, daß die Schäden unserer gegenseitigen Beziehungen nur durch rückhaltlose Offenheit zu heilen versucht werden könnten. In Veranlassung der Eurer Excellenz anbei abschriftlich zugehenden Depeschen des Herrn von Usedom, habe ich den Kaiserlichen Gesandten heute aufgesucht, um den Ernst der Lage der Dinge am Bunde seiner Beachtung zu empfehlen. Ich habe ihm nicht verhehlt, daß das weitere Vorschreiten der Majorität auf einer von uns für verfassungswidrig erkannten Bahn uns in eine unannehmbare Stellung bringe, daß wir in den Consequenzen desselben den Bruch des Bundes voraussähen, daß Herr von Usedom über diese unsere Auffassung dem Freiherrn von Kübeck und Herrn von der Pfordten keinen Zwei-

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fel gelassen, auf seine Andeutungen aber Antworten erhalten habe, nach welchen Herr von der Pfordten das Herbeiführen einer Krisis für erwünscht ansähe, und Herr von Kübeck dieselbe wenigstens nicht zu vertagen gesonnen sei, indem er auf beschleunigte Abgabe unseres Minoritätsvotums dränge. Ich habe Herrn von Usedom umgehend angewiesen, sich diesem Drängen zu fügen und das Votum abzugeben. Ein geschäftliches Verfahren der Art wird in kurzer Frist dahin führen, daß im engeren Rath eine von uns für verfassungsund vertragswidrig angesehene Majoritätsabstimmung stattfindet. In diesem Falle ist es die Absicht Seiner Majestät des Königs, den diesseitigen Bundestagsgesandten ohne Substitution abzuberufen. Daß wir die Wirksamkeit einer Versammlung, an welcher wir uns aus rechtlichen Gründen nicht mehr betheiligen, in Bezug auf den ganzen Geschäftskreis des Bundes nicht weiter für zulässig anerkennen können, liegt in der Natur der Dinge. Eure Excellenz werden die praktischen Consequenzen, welche sich aus einer solchen Situation in verhältnißmäßig kurzer Zeit ergeben müssen, selbst ermessen können. Ich habe zunächst an den Grafen Perponcher geschrieben und ihn ersucht, in München zu ermitteln, ob die aus den Anlagen ersichtlichen Aeußerungen des Freiherrn von der Pfordten gegen Herrn von Usedom die Auffassungen des Münchener Cabinets richtig wiedergeben. Sollte dies der Fall sein, und sollten diese Auffassungen von der Mehrheit unserer Bundesgenossen getheilt werden, so müssen wir allerdings die Hoffnung auf eine bundesfreundliche Erledigung der von uns nicht herbeigeführten Krisis in den Verhandlungen am Bundestage aufgeben. Eure Excellenz wollen Sich gegen Graf von Rechberg im vorstehenden Sinne vertraulich aussprechen, jedoch ohne ihm diese Depesche zu überlassen und gleichzeitig zu ermitteln suchen, in welcher Weise Graf Karolyi über meine Unterredung mit ihm berichtet, und welche Aufnahme seine Mittheilungen gefunden haben. v. Bismarck P. S. Eurer Excellenz gefälliger Bericht von der Besprechung des Thema’s dieser Depesche mit Graf Rechberg ist mir heute zugegangen4, und liegt augenblicklich seiner Majestät dem Könige vor. Durch die vorläufigen Aeußerungen des Kaiserlichen Ministers bin ich zu der Bemerkung veranlaßt, daß eine ausweichende Antwort auf die von uns durch offene Aussprache gesuchte Annäherung, für uns mit einer ablehnenden gleichbedeutend sein wird. Bestreitet das 4 Werther an Bismarck, 11. Dezember 1862, in: Srbik (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs, Bd. 2, Nr. 936, S. 623–626.

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Kaiserliche Cabinet das Vorhandensein seiner antipreußischen Bestrebungen in Diplomatie und Presse, so müssen wir annehmen, daß es entschlossen ist, dieselben fortzusetzen. v. B.

153. Promemoria Mohls über die preußischen Pläne GLA Karlsruhe, 48/1482. Reinschrift. Beilage zum Schreiben Mohls an Roggenbach vom 13. Dezember 1862. Praes.: 15. Dezember 1862.

Bismarck hat die Absicht, einen Konflikt mit der Mehrheit der Bundesglieder herbeizuführen und will dazu den Antrag auf eine Delegiertenversammlung benutzen. Wenn der Antrag beschlossen wird, wird Preußen seinen Rücktritt vom Bundestag erklären. Preußen wird dabei von den norddeutschen Staaten ebenfalls den Rückzug aus der Bundesversammlung verlangen beziehungsweise erzwingen. Der Bruch des Bundes würde wahrscheinlich zu einem militärischen Konflikt führen. Die politische Lage in Europa ist jedoch für Preußen nicht günstig, und so sind die Bismarckschen Projekte nicht erfolgversprechend. Baden muß sich bei einem Krieg in Deutschland unbedingt neutral verhalten und versuchen, sich mit gleichgesinnten Mittel- und Kleinstaaten zusammenzuschließen.

[Frankfurt am Main, 13. Dezember 1862] Ob die Plane, welche Minister Bismarck zur Gewinnung einer besseren Stellung Preußens in Deutschland hegt, schon vollkommen gereift, in allen Einzelheiten durchdacht und namentlich in ihren Folgen erwogen sind, mag allerdings bezweifelt werden. Allein soviel ist doch nach zuverläßigen Quellen sicher, daß er ganz ernstlich die Absicht hat, der seit einigen Jahren sich immer schlechter entwickelnden Stellung Preußens im Bunde ein Ende zu machen und die Politik der mit Oesterreich verbündeten Mittelstaaten zu sprengen. Zu dem Ende beabsichtigt er denn einen Conflikt mit der Majorität der Bundesglieder herbeizuführen, und zwar will er den Antrag auf eine Delegirtenversammlung hiezu benutzen. Schon in dem Ausschuße wird deßhalb das preußische Separatvotum, gegen den Antrag des Bundestags-Gesandten, höchst wahrscheinlich eine ziemlich unverhüllte Drohung mit unliebsamen Folgen enthalten1, definitiv aber jeden Falls die Sache bei der Abstimmung zur Entscheidung gebracht werden. Wenn nemlich die Majorität wirklich den Beschluß faßt, eine Delegirtenversammlung auch nur für eine Anzahl von 1 Mohl bezieht sich auf die Verhandlungen des Bundestagsausschusses zur Beratung der Anträge vom 14. August 1862 und den preußischen Bundestagsgesandten Usedom.

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Promemoria Mohls über die preußischen Pläne

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Staaten mittelst Verabredung am Bunde zu gründen: so wird nach den vorliegenden Nachrichten Preußen seinen Rücktritt von dem Bundestage erklären und dessen Thätigkeit als eine grundgesetzwidrige und für Preußen unannehmbare bezeichnen. In welcher Form und Ausdehnung ein solcher Rücktritt beabsichtigt ist, ob nur als Enthaltung von der Bundesverhandlung, ob als Nichtberücksichtigung aller weiteren Bundesbeschlüße, namentlich sämmtlicher Matricularumlagen, oder ob als förmlicher Austritt aus dem Bunde, ist wohl kaum schon bestimmt entschieden, jeden Falles etwas Zuverläßiges hierüber nicht bekannt. Dagegen kann es als bereits feststehend betrachtet werden – und es liegt auch in der Natur der Dinge – daß der preußische Minister nicht allein stehen will in einem solchen Falle, sondern entschloßen ist, die sämmtlichen norddeutschen Staaten, nach der Theorie der Mainlinie, als unter seinem gerechtfertigten Einfluße stehend zu betrachten und zu behandeln. Es würde also von denselben ein mit dem seinigen übereinstimmendes Verhalten am Bundestage verlangt, nöthigenfalls erzwungen werden, ein Rücktritt in den Bund und eine Wiedergestaltung der Bundesversammlung aber erst dann erfolgen, beziehungsweise zugegeben werden, wenn die von Preußen zu stellenden Forderungen durch Nachgeben Oesterreichs und der süddeutschen Staaten befriedigt wären. Welche materiellen Forderungen hiebei gestellt werden würden, ist noch nicht bekannt, wohl noch nicht formulirt, doch kann es wohl als selbstverständlich bezeichnet werden, daß die Fügsamkeit in Sachen des Zollvereins ein wesentlicher Bestandtheil derselben wäre. Geht man von der Unterstellung der Richtigkeit dieser oder wesentlich gleichartiger Plane aus, so stellen sich drei Fragen zur Erwägung. Vor Allem wirft sich die Frage auf, ob diese Plane wirklich durchgeführt werden, ob der Conflikt in der That bevorsteht? – Dieß erscheint nun allerdings als wahrscheinlich, und zwar unter den beiden Unterstellungen sowohl eines jetzt eintretenden Scheiterns des Delegirtenprojekts, als einer Annahme desselben am Bunde. Im ersten Falle – der sich entweder durch Zurückziehen des Antrags von Seite Oesterreichs und seiner Verbündeten, oder durch eine verwerfende Mehrheit in der Bundesversammlung begeben könnte – wäre freilich die nächste Veranlassung zum Streite und Austritte beseitigt; allein in der Hauptsache, nemlich in der Unzufriedenheit Preußens mit seiner Stellung im Bunde, wäre dadurch wesentlich nichts geändert. Steht also, wie denn doch angenommen werden muß, der Entschluß in Berlin fest, sich diese Stellung nicht länger gefallen zu lassen, so würde der Scheinfriede nicht lange dauern, und eine andere Veranlassung zu einem Conflikte würde sich leicht finden lassen und auch benutzt werden. Selbst in diesem günstigsten Falle würde es sich also nur von einer Verzögerung handeln.

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In dem anderen Falle aber, also bei dem Beharren der Gegner Preußens bei dem Delegirtenprojekte läge der Eintritt des Bruches alsbald vor. Man würde sich wohl vergeblich zur Selbstberuhigung sagen: der Wille S. M. des Königs sei noch nicht ausgesprochen; es sei sehr zweifelhaft, ob das Abgeordnetenhaus mit einer so waghalsigen Politik einverstanden sei; Preußen sei schon mehr als Einmal im letzten Augenblicke, und selbst nach diesem, noch zurückgetreten von ähnlichen Planen. Dem steht gegenüber: daß ohne den Willen des Königs nicht so weit, als bereits geschehen ist, gegangen sein könnte; daß die Persönlichkeit des Ministers v. Bismark auch die unüberlegtesten und extremsten Schritte, dabei aber auch den Muth der Durchführung erwarten läßt; daß man auf das Abgeordnetenhaus überhaupt wenige Rücksicht nehmen zu wollen scheint, überdieß ein Widerspruch desselben vielleicht gar nicht eintreten wird, wenn es auch seiner Seits die Ehre und das Interesse Preußens durch dessen Gegner beeinträchtigt findet. Der beabsichtigte und vergeblich angedrohte Austritt würde also nach aller Wahrscheinlichkeit erfolgen, mit ihm aber auch seine Consequenzen. Ist nemlich der Austritt aus dem Bund einmal erklärt, dann ergibt sich eine Steigerung des Conflikts bis zu wirklichen Thätlichkeiten fast mit Nothwendigkeit; denn würden sich Oesterreich und seine Verbündeten auch vielleicht das einfache Ausscheiden Preußens gefallen lassen, so können sie doch unmöglich einem gewaltsamen Losreißen auch der übrigen nord- und mitteldeutschen Staaten zusehen, ohne sich selbst zu vernichten. Jenes Losreißen aber müßte Preußen versuchen zu seiner Selbsterhaltung. – Dazu kommt der bittere Haß gegen Preußen bei einzelnen süddeutschen Regierungen und die Großmachtsucht Bayerns. Die Kräfte sind ohnedem gleich, selbst wenn ein Theil der Macht Oesterreichs als gebunden angenommen wird. – Daß die Vermittlung fremder Mächte den Streit, wenn er erst so weit gediehen wäre, noch rechtzeitig beschwichtigen könnte, ist eine schwache und unmotivirte Hoffnung. Dem Austritte und dann wohl auch Feindseligkeiten, muß also mit Wahrscheinlichkeit entgegengesehen werden. Geht man hievon aus, so entsteht die zweite Frage: welcher Verlauf und Erfolg zu erwarten ist? Niemand wird freilich leicht soviel Selbstvertrauen haben, um hierauf eine entschiedene Antwort geben zu wollen. Am wenigsten kann ein Laie in militairischen Dingen es wagen, da hier unter Umständen Alles auf diese ankommt. Einige politische Erwägungen sind aber jedem offen und mögen in Ermanglung eines allseitig abgeschloßenen und eines zuständigen Urtheils Gehör verlangen. Diese Erwägungen lassen dann aber den günstigen Erfolg eines gewaltsamen2 Vorgehens Preußens als sehr zweifelhaft erscheinen. 2 Emendiert. Vorlage: gemeinsamen.

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Zuerst ist zu bedenken, daß Preußen schwerlich seine ganze Macht gegen die süddeutsche Coalition in das Feld führen könnte. Ein beträchtlicher Theil derselben müßte wohl, wo nicht zur Besetzung, so doch zur Beobachtung der niedergehaltenen mittel- und norddeutschen Staaten verwendet werden; vielleicht noch gegen Dänemark und in Posen. Würde nun aber der Ueberrest genügen, selbst wenn ein oesterreichisches Heer in Italien stehen bleiben müßte? Eine fortdauernde Besetzung Venetiens und gar ein Krieg mit Italien erscheint keineswegs eine absolute Nothwendigkeit. Wenn Oesterreich sich entweder entschlöße, Venetien aufzugeben, um dafür z. B. Schlesien zu nehmen, oder wenn es ihm gelänge, sich mit Frankreich durch irgend eine Combination abzufinden und dieses zur Erhaltung des Friedens in Italien zu gewinnen: so könnte die ganze österreichische Macht in Deutschland verwendet werden. Dann aber würde das Uebergewicht erdrückend sein. Eine Unterstützung Preußens durch fremde Mächte erscheint keineswegs als wahrscheinlich. – Rußland hat mit sich selbst und mit Polen zu thun und kommt weder Für noch Gegen in Betracht. – Eine günstige Einmischung Englands anzunehmen, dazu liegt gar kein Grund vor. Schon die Vergewaltigung Hanovers und die Möglichkeit einer Einverleibung desselben in Preußen könnte es nur mißstimmen; an einer vorherrschenden Macht Preußens in Deutschland, oder auch nur in dessen Norden, hat England kein Interesse; für Oesterreich aber ist es, z. B. durch die orientalischen Fragen, weit leichter, als für Preußen, England durch einen dargebotenen großen Vortheil zu gewinnen. Unter Umständen könnte sogar, wie sogleich zu besprechen ist, die entscheidenste Feindschaft Platz greifen. – Daß es an und für sich Frankreichs Wunsch sein könnte, eine stärkere einheitliche Macht in Deutschland, welcher Art sie sei, entstehen zu sehen, wird Niemand behaupten wollen. Seine Zustimmung und selbst Mitwirkung würde von Preußen freilich augenblicklich durch Abtretung des linken Rheinufers erkauft werden können; und bekanntlich wird Minister von Bismarck schon lange schwadronierender Redensarten in dieser Richtung beschuldigt: allein es stehen, auch abgesehen von der nationalen Unwürdigkeit einer solchen Handlung und von der daraus mit Sicherheit zu entnehmenden Weigerung des Königs und der Mehrzahl der Preußischen Staatsmänner, einer Abtretung materielle Schwierigkeiten entgegen. Ohne Zweifel würde England durch die handgreifliche Gefahr, in welche Belgien durch einen französischen Besitz der Rheinprovinz geräthe, alsbald drohen, in solchem Falle mit Einsetzung seiner letzten Kräfte auf die Seite der Feinde zu treten. Belgien müßte ohnedieß dasselbe thun. Daß dann Dänemark, durch England gedeckt, nicht ruhig bliebe, ist ebenso gut anzunehmen, als daß Holland es vortheilhafter finden möchte, seine Colonien vor einem Angriffe Englands zu bewahren, als durch eine Allianz mit Preußen und Frankreich ein Stück von Belgien zu erstreben und Frankreich wieder zum unmittelbaren

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Nachbar zu bekommen. Die theuer erkaufte3 Hülfe Frankreichs würde also durch die Zuziehung anderweitiger mächtiger und unbequemer Feinde großen Theils ausgeglichen werden. Dazu käme, daß die durch den Vaterlandsverrath hervorgerufene Entrüstung der ganzen Nation, der preußischen mit eingeschloßen, zum mindesten die eigene sittliche Kraft Preußens brechen und die Bereitwilligkeit der Gegner zu den äußersten Anstrengungen steigern würde. Eine Gewinnung der Hülfe Frankreichs ist somit als nicht wahrscheinlich zu betrachten. Weit eher ließe sich sogar ein Bündniß desselben mit Oesterreich um den, wenn auch zunächst geheim gehaltenen Preis einer Eroberung der Rheinprovinz denken; dann aber wäre das Unterliegen Preußens fast mathematisch gewiß. – Was endlich Italien betrifft, so könnte es allerdings eine für Preußen sehr günstige Ablenkung österreichischer und vielleicht baierischer Kräfte bewerkstelligen, und jedenfalls wäre seine bloße Existenz und größere oder geringere Bereitschaft eine Hülfe; allein ob eine wirkliche gemeinschaftliche Kriegführung eintrete, würde doch von dem Willen Frankreichs abhängen, wäre somit sehr ungewiß und jeden Falls nur um den schmerzlichsten Preis zu erlangen. – Alles in Allem genommen scheinen also auch die größeren politischen Combinationen nicht günstig zu liegen, und auch von diesem Gesichtspunkte aus einem wirklichen thatsächlichen Versuche, die Bismarckschen Projekte zur Ausfolgung [sic] zu bringen, kein Erfolg zu versprechen zu sein. Die dritte Frage endlich ist, wie sich Baden zu dem [zu] erwartenden Streite und seinen drohenden weiteren Folgen zu verhalten hat? Kommt es wirklich zum Kriege, so ist offenbar nur dreierlei möglich: Anschluß an Preußen und somit ebenfalls Austreten aus dem Bunde; Verbindung mit Preußens Gegnern; Neutralität. Es bedarf keines Beweises, daß die beiden ersten Schritte gleich verhängnißvoll und unglücklich wären. Täuscht nicht Alles, so stehen einem unbedingten Anschließen an Preußen bei den bezeichneten Planen und Aussichten die schwersten Bedenken entgegen. Schon an sich ist jede Verbindung zu einem Unternehmen, welches vielen und großen Schwierigkeiten entgegen geht, und welches, wenn auch nicht verzweifelt, doch jedenfalls sehr gefährlich ist[,] in hohem Grade bedenklich: doppelt so, wenn man davon auch im besten Falle kaum einen Gewinn zu hoffen hat. Dazu kommen aber noch die eigenthümlichen Gefahren gerade eines Bündnißes Badens mit Preußen. Die geographisch isolirte Lage des Großherzogthums läßt einen preußisch militairischen Schutz, welcher doch unmittelbar nöthig werden würde, als sehr zweifelhaft erscheinen. Es drohte aber nicht blos gewöhnlicher Einfall und Ueberzug. Die Theilungsgelüste der Nachbaren 3 Emendiert. Vorlage: erklärte.

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Promemoria Mohls über die preußischen Pläne

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[sic] sind bekannt; eine wenigstens4 vorübergehende Befriedigung derselben aber wäre um so mehr zu befürchten, als dieselbe sogar als Repreßalie5 gegen preußisches Vorgehen im Norden von Deutschland herausgefordert erscheinen könnte. Eine Wiederherstellung im Frieden oder durch den Einfluß der europäischen Mächte, welche etwa eine Veränderung in der politischen Gestaltung des südwestlichen Grenzlandes verhindern würden, wäre, auch ganz abgesehen von den dazwischen liegenden Uebeln, von einem Siege Preußens abhängig, welcher keineswegs gesichert ist. Es handelt sich also von einer großen Gefahr für das Bestehen der Dynastie und des Landes, gegen welche ausreichende Mittel nicht zu Gebot stehen. Dieß ist aber um so mehr zu bedenken, als die Noth hervorgerufen würde, durch Eintreten für eine Politik, welche keineswegs eine bessere Ordnung Deutschlands, sondern nur eine Steigerung der preußischen Macht zur Absicht hätte. Sowohl reelle als ideelle Gründe sprechen somit gegen eine Verbindung Badens mit Preußen zu Schutz und Trutz und zu gemeinschaftlichem Schicksaal [sic]. Nicht viel weniger ist aber anderer Seits einzuwenden gegen ein Anschließen an die Gegner, eventuell die Feinde Preußens. Auch ganz abgesehen von den persönlichen und verwandtschaftlichen Verhältnissen, welche eine solche Stellung besonders schmerzlich machen müßten6, würde ein Bund mit Oesterreich und den Würzburger Staaten einem definitiven Aufgeben der bisher von der Regierung S. K. H. des Großherzogs befolgten hochherzigen Politik in vaterländischen Angelegenheiten gleich kommen. Man trüge nach Kräften bei zur Vernichtung des einzig vorhandenen Kernes zu einer zufrieden stellenden nationalen Stellung, würde mitwirken zu den blosen Scheinverbesserungen und zur Verewigung der Schwäche und Zerfahrenheit Deutschlands und damit am Ende doch wohl nur zu einem blutigen Umsturze alles Bestehenden. Ueberdieß bestünde wohl keinerlei Sicherheit, daß ein wirkliches Vertrauen der neuen Verbündeten erreicht würde, und daß man die von ihnen drohenden Gefahren unter allen Umständen beseitigte. Immerhin könnten sie den längst ins Auge gefaßten Raub-Gewinn höher anschlagen, als die ihnen durch den Beitritt Badens gewordene Hülfe und danach unter günstigen Umständen handeln. Eine Verbindung mit ihnen gienge also gegen das Gefühl und gegen die politische Ueberzeugung, ohne sicheren Nutzen zu gewähren. Wenn es also möglich ist, ein Mittel aufzufinden, um dieser üblen Alternative zu entgehen, so muß es mit aller Macht ergriffen werden. Ein solches Mittel ist nun aber unzweifelhaft eine vereinzelt von Baden ausgesprochene Neu4 Emendiert. Vorlage: weingstens. 5 Emendiert. Vorlage: Repeßalie. 6 Die Tochter König Wilhelms I., Prinzessin Luise (1838–1923), war seit 1856 mit Großherzog Friedrich I. von Baden (1826–1907) verheiratet.

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tralität nicht. Zwar ist einleuchtend, daß Neutralität das natürliche und für Badens Interesse vortheilhafteste Verhalten wäre. Baden ist bei dem Streite unmittelbar nicht betheiligt, und weder der Sieg des einen noch der des anderen Theils bringt ihm einen Vortheil, oder vielmehr richtiger gesprochen, sowohl der eine als der andere Sieg kann ihm nur Schaden veranlaßen. Der Sieg Preußens hätte doch wohl höchstens die Mainlinie zur Folge, also eine Zerreißung Deutschlands und damit auch eine Beeinträchtigung der particularen Interessen. Der Sieg Oesterreichs würde eine schwere und dem Geiste der Regierung und des Landes antipathische Herrschaft politisch und kirchlich illiberaler Principien zur Folge haben. Nimmt also Baden am Kriege Antheil, so hat es die Kosten und Uebel desselben zu tragen, ohne auch nur die Hoffnung auf einzigen Ersatz. Es versteht sich somit allerdings von selbst, daß man sich, so lange es irgend möglich ist, vom Streite ferne hält; allein es ist leider auch wahrscheinlich, daß dieß nicht immer, vielleicht gar nicht lange thunlich sein wird. Schon die am Bunde nach erklärtem preußischen Austritte voraussichtlich sogleich vorgeschlagenen Beschlüße oder die in Folge eines solchen Schrittes zu erwartenden schweren Verwicklungen in Betreff der Bundesfestungen werden zu einer Erklärung drängen. Jedenfalls werden die süddeutschen Verbündeten an den ebenfalls süddeutschen Staat die Forderung einer Theilnahme bald genug stellen. Ein Mittel, diesen Anmuthungen wirksam zu entgehen, wäre nun allerdings eine starke bewaffnete Neutralität; aber zu einer solchen fehlt es Baden allein die Macht und die begünstigende geographische Lage. Es muß daher ein Anschluß an andere, in gleicher Lage befindlichen Staaten noch als das einzige Hülfsmittel betrachtet werden. Als solche Gleichsituirte erscheinen aber die sämmtlichen nord- und mitteldeutsche[n] Staaten, welches immer ihre politische Richtung und Neigung gewesen sein mag; und selbst Großherzogthum Hessen und Nassau sollten sich vernünftigerweise der Einsicht nicht verschließen, daß sie die größten Gefahren laufen, wenn ein Krieg mit Preußen ausgebrochen ist. Gerade auf ihre Kosten könnte ein wichtiger Friede geschloßen werden. Allerdings wäre auch die Gesammtheit der möglicherweise auf solche Weise zu einem Bunde vereinigter Staaten keinem der kriegführenden Theile allein gewachsen; aber sie würden doch eine Macht bilden, deren Erklärung und fester Entschluß, sich gegen denjenigen der streitenden Parteien zu wenden und ihn bekämpfen zu helfen, welcher den Bundesfrieden wirklich breche und sich nicht zu einem billigen Vergleiche verstehe, von entscheidendem Gewichte sein könnte. Sollte dieser Weg aber als der einzuschlagende wirklich erkannt werden, dann wäre, wenn erst einmal die preußischen Plane unläugbar und Jedem unverkennbar vorlägen, kein Augenblick zu verlieren, um durch einen Zusammentritt von hinreichend Bevollmächtigten, oder noch besser der Fürsten selbst, die Uebereinkunft zu Stande zu bringen.

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Samwer an Freytag

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Leicht möglich ist freilich, daß entweder die Bildung einer solchen Verbindung, oder doch ihre Einwirkung nicht gelingt; dann bleibt wenigstens die Beruhigung, das Mögliche versucht zu haben zur Abwendung eines harten Zwanges, unter zwei Uebeln das nach Umständen der Entscheidungszeit kleinere wählen zu müßen.

154. Samwer1 an Freytag 22 LA Schleswig, 399.52, Nr. 114, fol. 311 f. Schreiben. Eigenhändige Ausfertigung.

Wenn die Bundesversammlung den österreichisch-mittelstaatlichen Plan einer Delegiertenversammlung annimmt, tritt Preußen aus dem Bund aus, und es wird zu einem preußischen Eroberungskrieg in Deutschland kommen. Es stellt sich die Frage, ob die liberale Partei in Preußen dies unterstützen will.

Gotha, 15. Dezember 1862 Lieber Freund, Zu Ihrer Orientirung gebe ich Ihnen einige durchaus sichere Nachrichten über die Berliner Pläne u. bitte Sie dieselben auch Mathy3, aber bitte nicht weiter, mitzutheilen: Sie kennen den Delegirtenplan der Würzburger. Preußen nimmt gegen denselben folgende Stellung ein[:] 1) es läugnet die Competenz des engern Raths, anstatt Plenums[;] 2) es erklärt den Plan aus verschiedenen Gründen für unzweckmäßig. – Es erklärt daß wenn derselbe angenommen werde, es sich in der Lage sehen werde, die Bundesversammlung (oder eigentlich den Bund) nicht mehr anzuerkennen u. knüpft unzweideutige Drohungen daran.

1 Karl Friedrich Luzian Samwer (1819–1882), liberaler Publizist und Politiker, engagierte sich 1848–1851 in der nationaldeutschen Bewegung in Schleswig-Holstein. Nach der Enthebung von seiner Professur in Kiel durch die dänische Regierung 1852 trat Samwer in die Dienste des Herzogs Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha, der ihn 1858 zum Regierungsrat ernannte; ADB, Bd. 30, S. 326–337; QGDB III/1, S. 323, Anm. 1. 2 Gustav Freytag (1816–1895), Schriftsteller und Journalist, 1848–1861 und 1867–1870 Mitherausgeber der nationalliberalen Zeitschrift „Die Grenzboten“; ADB, Bd. 48, S. 749–767; NDB, Bd. 5, S. 425–427. 3 Karl Mathy (1807–1868), liberaler Politiker, 1848 Mitglied der Nationalversammlung, Unterstaatssekretär im Reichsfinanzministerium, badischer Finanzminister, 1862 Wiedereintritt in den badischen Staatsdienst, 1864 badischer Handelsminister; ADB, Bd. 20, S. 595–600; NDB, Bd. 16, S. 380 f.

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Gotha, 15. Dezember 1862

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Der Plan Bismarks ist nun folgender: Wenn die Versammlung4 (was etwa in 6 Wochen geschehen kann) die Delegirten annimmt, so tritt Preußen aus der Bundesversammlung aus u. erklärt den Bund für gebrochen. Es fordert dann die benachbarten Staaten auf sich Preußen anzuschließen u. wenn sie es nicht wollen, zwingt es sie. Da haben Sie nun die „große Action“, in der Form eines preußischen Eroberungskrieges in Deutschland. Ernst ist es dieß Mal. Es versteht sich von selbst, daß der König u. Andere noch die Ausführung abschwächen, vielleicht hemmen können, daß möglicher Weise eine große Blamage für Bismark daraus hervorgeht. Man wird aber wohlthun den schlimmern Fall anzunehmen. Dann erhalten wir einen Krieg, der im besten Falle (denn gutwillig geht kein deutscher Staat aus dem Bunde heraus) Preußen einige deutsche Staaten anschließt, aber der die deutsche Frage in der gehäßigsten u. dem Auslande zugänglichsten Form vorbringt, grade während Preußen unter einer absolutistischen u. in ganz Deutschland verhaßten Regierung obendrein sehr schwach ist. Die wesentliche Frage ist, ob die liberale Partei in Preußen geneigt sein wird, jenen Plan zu begünstigen? Es spricht sehr viel dafür, vor Allem, daß Preußen in der That am Bunde ganz ungehörig majorisirt werden soll. Es spricht aber vor Allem dagegen, daß Preußen nie mehr zur Unzeit in Action kommen kann u. daß einer beßeren künftigen Behandlung der deutschen Frage durch diese jetzige präjudicirt werden würde. Ich muß schließen. Geben Sie mir bitte Ihre Ansicht. Beste Grüße an Mathy. Ganz Ihr Samwer

4 Undeutliche Lesart; gemeint ist die Bundesversammlung.

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Beratung in der Bundesversammlung

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155. Beratung in der Bundesversammlung über den Antrag zur Einberufung einer Delegiertenversammlung ProtDBV 1862, § 371, S. 591–616. Druck: Schulthess (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender, 3. Jg. 1862, S. 114–120 (gekürzt).

Pfordten erstattet den Ausschußbericht über den Antrag vom 14. August 1862. Die Majorität des Ausschusses ist der Auffassung, daß über den Antrag zur Bildung einer Delegiertenversammlung mit Stimmenmehrheit entschieden werden kann, da es sich um eine gemeinnützige Anordnung und nicht um eine organische Einrichtung handele. Der Antrag vom 14. August sei unmittelbar noch keine Bundesreform, bahne diese aber an, und zwar mit Bewahrung des Wesens und der Grundlagen des Bundes. Die Ausschußmehrheit stellt den Antrag, die Delegiertenversammlung einzuberufen. – Preußen bestreitet die Zulässigkeit eines Majoritätsbeschlusses, da es sich bei der legislativen Tätigkeit des Bundes unter Hinzuziehung einer Delegiertenversammlung um ein Novum und mithin um eine Verfassungsänderung handele. Die Durchsetzung des Reformantrags gegen den Willen einer Minorität würde ernsthafte Konflikte hervorrufen und könnte Preußen in die Lage bringen, in der Bundesversammlung nicht mehr das Organ des Bundes zu erblicken. – Baden gibt ein Separatvotum ab und bestreitet die Zulässigkeit des Verfahrens wie auch die Zweckmäßigkeit der geplanten Reform. Der badische Bundestagsgesandte stellt den Antrag, die Delegiertenversammlung nicht zu berufen. – Die Mehrheit des Ausschusses weist die Einwände als unbegründet zurück und hält daran fest, daß der Antrag vom 14. August „zu einer heilsamen Belebung und Fortbildung der Bundesverhältnisse führen werde“. Es wird beschlossen, über den Antrag der Ausschußmehrheit in fünf Wochen abzustimmen.

42. Sitzung

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§ 371. Zusammensetzung und Einberufung einer aus den einzelnen deutschen Ständekammern durch Delegation hervorgehenden Versammlung, zunächst zur Berathung der Gesetzentwürfe über Civilproceß und Obligationenrecht. (32. Sitz. § 273 v. J. 1862.)

Der Königlich-Bayerische Herr Gesandte erstattet Namens des Ausschusses für Errichtung eines Bundesgerichtes nachstehenden Vortrag: In der 32. dießjährigen Sitzung der Bundesversammlung vom 14. August1 haben die hohen Regierungen von Oesterreich, Bayern, Königreich Sachsen, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Großherzogthum Hessen und Nassau den Antrag stellen lassen: Hohe Bundesversammlung wolle sich durch einen Ausschuß die näheren Vorschläge über die Art der Zusammensetzung und Einberufung einer aus den einzelnen deutschen Ständekammern durch Delegation hervorgehenden Versammlung erstatten lassen, welcher demnächst die laut Bun1 Siehe Dok. 140.

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desbeschlusses vom 6. Februar d. J. auszuarbeitenden Gesetzentwürfe über Civilproceß und über Obligationenrecht zur Berathung vorzulegen sein werden. Dieser Antrag wurde sofort dem Ausschusse für Errichtung eines Bundesgerichtes zugewiesen (Prot. § 273). Indem der Ausschuß seine Berathungen begann, konnte er nicht verkennen, daß es sich hier um zwei Hauptfragen handele, nämlich: I. Soll überhaupt eine Delegirtenversammlung der bezeichneten Art einberufen werden? und II. Wie soll dieselbe zusammengesetzt, gewählt und berufen werden? Es kann nicht bezweifelt werden, daß durch die Verweisung des Antrages vom 14. August an einen Ausschuß die erste Frage noch keineswegs bejaht ist, und der berichtende Ausschuß hielt es deßhalb für seine Pflicht, mit Erörterung derselben zu beginnen. Dabei stellte sich jedoch alsbald eine Verschiedenheit der Ansichten heraus. Während nämlich die Majorität des Ausschusses der Ansicht war, daß die Berufung einer Delegirtenversammlung zu dem bezeichneten Zwecke gemeinschaftlicher Gesetzgebung entschieden räthlich sei und begutachtet werden solle, waren zwei Mitglieder des Ausschusses entgegenstehender Meinung, ohne jedoch unter sich selbst in ihren Motiven übereinzustimmen.2 Denn das eine Mitglied der Minorität ging davon aus, daß die Beförderung gemeinschaftlicher Gesetzgebung überhaupt nicht zu den Aufgaben der Bundesversammlung gehöre; das andere dagegen erkannte zwar an, daß der Bund auf dieses Ziel hinwirken dürfe und solle, erachtete aber eine Delegirtenversammlung der vorgeschlagenen Art nicht für ein geeignetes Mittel dazu. Unter diesen Verhältnissen war es geboten, in dem Ausschußvortrage die Anschauungen der Majorität darzulegen und den beiden dissentirenden Mitgliedern die Beifügung von Separatgutachten anheimzugeben. A. Die Herbeiführung gemeinschaftlicher Gesetzgebung ist von der Bundesversammlung bereits seit einer langen Reihe von Jahren und nicht ohne höchst wichtige Erfolge angestrebt worden, und der Bundesbeschluß vom 6. Februar d. J. hat festgestellt, daß und in welcher Richtung zur Zeit jene Erfolge erweitert und ergänzt werden sollen. Demgemäß glaubt die Majorität des Ausschusses jetzt weder die Zulässigkeit noch die Zweckmäßigkeit der auf gemeinschaftliche Gesetzgebung gerichteten Bestrebungen der Bundesversammlung nochmals untersuchen oder näher nachweisen zu dürfen, und faßt vielmehr 2 Gemeint sind die Vertreter von Preußen und Baden; siehe dazu die entsprechenden Voten unten S. 840 ff. und S. 847 ff.

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Beratung in der Bundesversammlung

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nur die Zweckmäßigkeit des Weges in’s Auge, um dessen Beschreitung zur Erreichung des Zieles es sich jetzt handelt. Die Bundesversammlung hat keine gesetzgebende Gewalt im Civil- und Criminalrechte. Diese steht vielmehr den Gesetzgebungsfactoren der einzelnen Bundesstaaten ungeschmälert zu, und die Thätigkeit der Bundesversammlung auf diesem Gebiete muß von dem Gesichtspunkte gemeinnütziger Einrichtungen ausgehen und durch freie Vereinbarung Erfolge erringen. Diese Vereinbarung ist aber um so schwieriger, weil sie nicht bloß die Bundesregierungen, sondern auch die zur Theilnahme an der Gesetzgebung berufenen Landesvertretungen in den Bundesstaaten umfassen muß. Die Vereinbarung unter den Regierungen ist bisher durch die unter Vermittelung der Bundesversammlung berufenen Fachcommissionen erzielt worden, welchen die Ausarbeitung der Gesetzentwürfe übertragen war und an welchen jede Bundesregierung durch einen Bevollmächtigten Theil zu nehmen berechtigt war. Für die Vereinbarung unter den Landesvertretungen dagegen fehlte es bisher und fehlt es zur Zeit noch an einem Organe. Diese befinden sich daher in der eben so bedenklichen als unangenehmen Lage, entweder auf jede Geltendmachung ihrer von dem unter den Regierungen vereinbarten Entwurfe abweichenden Ansichten zu verzichten, oder die Gemeinsamkeit der Gesetzgebung zu gefährden. Bisher haben die deutschen Landesvertretungen in zwei wichtigen Fällen in patriotischer Hingebung jenen Verzicht geübt, und es ist auf diese Weise die gemeinschaftliche Wechsel- und Handelsgesetzgebung zu Stande gekommen. Dabei hat sich jedoch mehrfach das Gefühl der moralischen Nöthigung kundgegeben, und ist auf die Nothwendigkeit hingewiesen worden, für die Zukunft die berechtigte Mitwirkung der Landesvertretungen mehr zur Geltung kommen zu lassen. Dieser unverkennbaren Schwierigkeit kann auch nicht etwa dadurch aus dem Wege gegangen werden, daß man die auf gemeinschaftliche Gesetzgebung gerichteten Bestrebungen der Regierungen dem Bereiche des Bundes und dem Wirken der Bundesversammlung entzieht und in das Gebiet der sogenannten freien Conferenzen verweist, wie dieß von mancher Seite empfohlen und erstrebt wird. Denn dadurch würde für die Vereinbarung unter den Landesvertretungen keinerlei Erleichterung gewonnen und die Stellung derselben zu dem Entwurfe eines gemeinschaftlichen Gesetzes würde nicht im Mindesten geändert werden. Ob ein solcher Entwurf unter den einzelnen Regierungen mit oder ohne Vermittelung der Bundesversammlung vereinbart worden ist, bleibt für die Aufgabe der Landesvertretungen vollkommen gleichgültig, und in beiden Fällen sind sie in ganz gleicher Weise in die Nothwendigkeit versetzt, entweder auf Abänderungen zu verzichten oder die Gemeinschaftlichkeit zu gefährden. Wohl aber wird man annehmen dürfen, daß überall da, wo der Sinn sich nicht völlig dem Bunde, der doch das einzige ge-

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schichtlich und rechtlich begründete organische Band der gesammten deutschen Nation ist, abgewendet hat, das für die Gemeinschaftlichkeit nothwendige Opfer leichter und zuversichtlicher gebracht werden kann und wird, wenn die Anforderung desselben auf einem bundesverfassungsmäßigen Acte der Regierungen ruht. Während also hiernach durch das Verlassen des Bereiches der Bundesthätigkeit für die Vereinbarung unter den Landesvertretungen jedenfalls kein Organ geschaffen oder gefunden würde, wäre zugleich das für die Vereinbarung unter den Regierungen rechtlich bestehende und thatsächlich erprobte Organ bei Seite gelassen und damit unzweifelhaft auch die Einigung der Regierungen selbst erschwert. Wenn man also Gemeinschaftlichkeit der Gesetzgebung für alle Bundesstaaten oder mit andern Worten für die gesammte deutsche Nation ernstlich anstreben will – und dieses große Ziel wird wohl Niemand verleugnen wollen –, so kann es sich nicht darum handeln, daß das hierfür schon bestehende Organ der Regierungen zerstört oder unbenutzt gelassen, sondern darum, daß ein Organ für die Landesvertretungen geschaffen werde, welches deren rechtlich begründete Mitwirkung und deren Vereinbarung erleichtere und trage. Ein solches Organ herzustellen ist die Absicht des Antrages vom 14. August d. J., dessen Annahme die Majorität des Ausschusses empfiehlt, und schon die obige Darstellung zeigt, wie einfach und naturgemäß die vorgeschlagene Einrichtung sich an die bestehenden Rechtsverhältnisse anschließt und aus denselben hervorgehen würde. Wenn die Regierungen sich über den Entwurf eines gemeinschaftlichen Gesetzes in der durch die Bundesversammlung berufenen Commission geeinigt und ein Bundesbeschluß dieser Vereinbarung Ausdruck und Grundlage gegeben hat, dann soll eine aus der freien Wahl aller Landesvertretungen hervorgehende Versammlung von Delegirten diesen Gesetzentwurf in Berathung nehmen, und darüber Beschluß fassen, ob derselbe überhaupt den gesetzgebenden Gewalten der einzelnen Staaten zur Annahme zu empfehlen und ob derselbe zu diesem Behufe einzelnen Abänderungen, und welchen, zu unterziehen sei. Eine solche Berathung würde also Gelegenheit bieten, daß die Zustände und Bedürfnisse der einzelnen Bundesstaaten und ihrer Bevölkerungen auch von dem Standpunkte und nach den Anschauungen ihrer Landesvertretungen geltend gemacht und der Gesetzentwurf an diesen Gesichtspunkten gemessen würde. Die gemeinschaftliche Berathung aber würde leicht erkennen lassen, ob und wie die sich etwa entgegenstehenden Interessen der einzelnen Länder und Stämme sich genähert oder ausgeglichen werden können, und in wie weit es räthlich und geboten erscheine, daß von Einzelnen dem Ganzen Opfer gebracht werden. Die auf solche Berathung, an welcher sich natürlich auch Commissäre der Bundesversammlung als Vertreter des unter den Regierungen vereinbarten Entwurfes zu betheiligen hätten, gestützte Beschlußfassung der Delegirtenversammlung

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würde aber unbestreitbar für das Schicksal eines solchen Gesetzentwurfes maßgebend sein. Spräche sie sich gegen den Entwurf überhaupt aus, so würde von weiterer Verfolgung desselben im Wege der Empfehlung durch die Bundesversammlung nicht mehr die Rede sein können. Nähme sie dagegen den Gesetzentwurf, sei es nun ohne oder mit Modificationen, an, so würde zwar ihr Beschluß die gesetzgebenden Gewalten der einzelnen Bundesstaaten auch nicht binden, aber deren Zustimmung so wesentlich vorbereitet haben und erleichtern, daß dieselbe wohl in den allermeisten Fällen erfolgen und so das gemeinschaftliche Werk zu Stande kommen würde. Die aus der Wahl der einzelnen Landesvertretungen hervorgegangenen Delegirten würden den Gesetzentwurf, dem sie in der Delegirtenversammlung zugestimmt haben, auch in der gesetzgebenden Versammlung ihres Landes vertreten und erläutern, und insbesondere diejenigen Punkte genau nachweisen können, in welchen etwa die Wünsche des betreffenden Landes dem Ganzen untergeordnet werden mußten, um auch andere Länder in anderen Punkten zu gleicher Unterordnung zu bewegen. Die einzelnen Landesvertretungen aber würden das von ihren eigenen freigewählten Delegirten mit berathene und empfohlene Werk viel leichter und vertrauensvoller annehmen, als einen nur durch Regierungscommissäre vereinbarten Entwurf. Bei größeren Gesetzentwürfen, wie sie für die gemeinschaftliche Gesetzgebung vorzugsweise in Frage stehen, bei eigentlichen Gesetzbüchern haben ja auch bisher schon die Landesvertretungen ihre Abstimmungen wesentlich auf die Resultate der Berathungen ihrer Ausschüsse mit den Regierungsorganen gestützt, und die Modification derselben in den Plenarsitzungen ist theils gesetzlich beschränkt, theils freiwillig unterlassen worden. Gewiß würde für die gemeinschaftliche Gesetzgebung etwas Aehnliches geschehen. Die Delegirtenversammlung würde gleichsam eine Vereinigung der Gesetzgebungsausschüsse der sämmtlichen Landesvertretungen darstellen und ihre Beschlüsse würden ein um so größeres Gewicht haben, als ihre Berathungen öffentlich vor der ganzen Nation und in dem erhebenden Gefühle einer Gesammtvertretung gepflogen würden. Demjenigen zuzustimmen, was eine solche Versammlung gut geheißen, würde jedem Mitgliede der Landesvertretungen leicht werden und die Bevölkerungen würden ein so zu Stande gekommenes Gesetz freudig begrüßen; denn so entschieden und mit so gutem Rechte und Grunde die deutschen Stämme es ablehnen, sich unter die Herrschaft eines einzigen unter ihnen zu beugen, so bereit werden dagegen alle, wenn sie nicht ihre eigene Bevorzugung anstreben wollen, der Gemeinschaft in gleichberechtigter Gliederung sich unterordnen. Wende man daher auch nicht etwa ein, daß der Vorschlag einer solchen Delegirtenversammlung nur ein weiteres Rad in die an sich schon complicirte Maschinerie der deutschen Gesetzgebung einfüge; denn eben dieses Rad ist ein solches, welches alle übrigen in Berührung und Verbindung bringt, der sie

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bisher entbehrten, und die denselben somit eine gemeinschaftliche Wirksamkeit möglich macht, nach welcher man verlangt. So lebhaft hiernach die Majorität des Ausschusses von der Zweckmäßigkeit des vorgeschlagenen Weges nach dem Ziele gemeinschaftlicher Gesetzgebung überzeugt ist, so würde sie doch außer Stande sein, die Vertretung desselben zu empfehlen, wenn derselbe mit den Grundgesetzen des Bundes in Widerspruch stände. Daß dieses der Fall sei, ist von der Königlich-Preussischen Regierung angedeutet worden, indem dieselbe sofort in der Sitzung vom 14. August d. J. die Verwahrung, welche sie in der Sitzung vom 6. Februar d. J. gegen die Einsetzung von Bundescommissionen für eine gemeinsame Civilproceßordnung abgegeben hatte, nun auch auf die Erweiterung derselben durch zugezogene Delegirte ausgedehnt hat und dabei von der Ansicht ausgeht, daß die Bundesversammlung die sogenannte „vorläufige Frage“ über fachlich eingehende Behandlung nur mit Stimmeneinhelligkeit zu entscheiden im Stande sei. Dieser Verwahrung gegenüber könnte die Majorität des Ausschusses sich begnügen, auf die Entgegnungen zu verweisen, welche dieselbe in der Sitzung vom 6. Februar d. J. gefunden hat und auf die Beschlüsse, welche die hohe Bundesversammlung jener Verwahrung ungeachtet sowohl am 6. Februar d. J. selbst als später zum Zwecke der Erzielung gemeinschaftlicher Gesetze gefaßt hat. Um jedoch jedem möglichen Mißverständnisse in dieser höchst wichtigen Angelegenheit vorzubeugen und jeden Schein zu vermeiden, als handle es sich hier im Widerspruche mit der oben dargestellten und empfohlenen Gleichberechtigung aller deutschen Bundesstaaten und ihrer Gesetzgebungsfactoren nur um bundeswidrigen Zwang gegen eine Bundesregierung und um Verkürzung des ihr grundgesetzlich zustehenden Veto’s, glaubt die Majorität des Ausschusses noch etwas näher auf diesen Punkt eingehen zu sollen. Die Thätigkeit der Bundesversammlung für gemeinschaftliche Gesetzgebung im Allgemeinen ist sowohl von ihren Freunden als von ihren Gegnern unter dem Gesichtspunkte der gemeinnützigen Anordnungen aufgefaßt worden, und dieß ist insofern wohlbegründet, als es der Bundesversammlung, wie schon oben bemerkt, an gesetzgebender Gewalt im eigentlichen Sinne für solche Gegenstände fehlt. Gemeinnützige Anordnungen aber fallen nach Artikel 64 der Wiener Schlußacte dem Gebiete der freiwilligen Vereinbarung anheim. Es kann daher nicht dem mindesten Zweifel unterliegen, daß keine Bundesregierung gezwungen werden kann oder bundesrechtlich verpflichtet ist, sich an gemeinschaftlicher Gesetzgebung zu betheiligen oder einem von der Mehrzahl der Bundesglieder empfohlenen oder angenommenen Gesetze auch in ihren Landen Gesetzeskraft zu verschaffen. Insoweit kann und muß also von dem Erfordernisse der Stimmeneinhelligkeit gesprochen werden. Wenn aber hieraus weiter gefolgert werden will, daß auch die sogenannte vorläufige Frage, d. h. die Frage der Zweckmäßigkeit und Räthlichkeit eines gemein-

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schaftlichen Gesetzwerkes, und die zur Ausarbeitung und Prüfung des Entwurfes dazu nöthigen Maßregeln an Stimmeneinhelligkeit gebunden sei, so steht sowohl die Natur der Sache als die deutliche Fassung des Artikels 64 der Wiener Schlußacte entgegen. In der That würde es wohl kaum möglich sein, zu irgend einer gemeinnützigen Anordnung zu gelangen, wenn schon bei der ersten Anregung derselben und bei jedem Schritte zur näheren Erörterung und Vorbereitung jede Bundesregierung ein Veto einlegen könnte, und es besteht für eine solche Ausdehnung des Veto’s um so weniger ein Bedürfniß, als ja eben schließlich es jeder Bundesregierung frei steht, der vorgeschlagenen Anordnung beizutreten oder nicht. Daß die Anordnung selbst erörtert und geprüft und für diejenigen, welche sie wünschen, vorbereitet werde, beeinträchtigt gewiß auch diejenigen nicht, welche dieselbe nicht billigen, und es erscheint von deren Seite sicherlich als eine billige Rücksicht der Bundesgenossenschaft, Bestrebungen nicht entgegenzutreten, welche die Mehrheit der Genossen für nützlich hält und welche ihnen selbst jedenfalls nicht schädlich werden können, ganz abgesehen davon, daß es doch immerhin denkbar bleibt, daß auch ihre eigenen Bedenken gegen eine vorgeschlagene Anordnung gerade durch die nähere Erörterung und Prüfung derselben beseitigt werden könnten. Ganz in dieser Weise sagt der Artikel 64 der Wiener Schlußacte, „es liege der Bundesversammlung, wenn sie sich von der Zweckmäßigkeit und Ausführbarkeit eines Vorschlages zu gemeinnützigen Anordnungen im Allgemeinen überzeugt habe, ob, die Mittel zur Vollführung derselben in sorgfältige Erwägung zu ziehen und ihr anhaltendes Bestreben dahin zu richten, die zu dem Ende erforderliche freiwillige Vereinbarung unter den sämmtlichen Bundesgliedern zu bewirken.“ Hier ist doch so viel ganz klar, daß die Ueberzeugung der Bundesversammlung von der Zweckmäßigkeit und Ausführbarkeit einer Maßregel durch Stimmenmehrheit constatirt werden kann, weil eben auf Grund dieser Ueberzeugung sodann auf die Vereinbarung Aller hingewirkt werden soll. Aber auch die hiefür dienlichen Mittel können durch Stimmenmehrheit gewählt und in Thätigkeit gesetzt werden; denn es wäre ein unlösbarer Widerspruch, wenn man die Bundesversammlung nicht bloß berechtigen, sondern geradezu verpflichten wollte, ihr anhaltendes, also wiederholtes, vor Schwierigkeiten nicht sofort zurückweichendes Bestreben auf Erzielung der Vereinbarung zu richten, und zugleich jeden hierauf berechneten Schritt selbst wieder an das Erforderniß der Stimmeneinhelligkeit gebunden erklärte. Diese Auffassung des Artikels 64 der Wiener Schlußacte erhält noch eine wichtige Bestätigung durch die Vergleichung mit Artikel 14 derselben Acte, in welchem bezüglich organischer Einrichtungen auch über die Vorfrage der Nothwendigkeit im Plenum durch Stimmeneinhelligkeit entschieden werden muß, während sodann die weiteren Verhandlungen über die Ausführung im engeren Rathe gepflogen und durch Stimmenmehrheit geregelt werden. Aber auch die

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Verhandlungen, aus welchen die Schlußacte hervorgegangen ist, und die in der Verwahrung der Königlich-Preussischen Regierung theilweise angezogene Aeußerung des Kaiserlich-Königlich-Oesterreichischen Staatskanzlers Fürsten Metternich führen zu keiner anderen Anschauung. Diese Aeußerung findet sich in der 23. Sitzung der Conferenz vom 19. April 18203 und war veranlaßt durch Bedenken gegen die im Artikel 13 der Schlußacte für gewisse Fälle vorgeschriebene Stimmeneinhelligkeit. Um diese Bedenken zu beseitigen, schlug der Staatskanzler den Zusatz vor, welcher sich jetzt im Artikel 13 findet, und zur Rechtfertigung und Erläuterung dieses Vorschlages entwickelte er die zwei Hauptbeziehungen im Bunde, dessen Wirkungskreis und Zweck als Gesammtkörper und die Rechte seiner einzelnen souverainen Glieder. Diesen beiden Beziehungen entspricht eben die Beschlußfassung durch Stimmenmehrheit als Regel und die Nothwendigkeit der Stimmeneinhelligkeit in gewissen Fällen. Diese letztere faßt aber auch der Staatskanzler als Ausnahme auf, beschränkt sie auf „gewisse grundgesetzlich bestimmte Fälle“, hebt hervor, daß man dabei „nicht an ein blindes Veto, sondern an einen qualificirten, mit Gründen belegten, folglich discussionsfähigen Widerspruch“ zu denken habe, und erklärt, „daß bei einer ungebührlichen Ausdehnung des Begriffes der Souverainetät der Bund als Gesammtkörper entweder gar nicht bestehen könnte, oder in einen Zustand von Unbeweglichkeit und Ohnmacht versinken würde, der alle Zwecke desselben vereitelte.“ Aus diesen Erwägungen zieht die Majorität des Ausschusses die Folgerung, daß zwar bei organischen Einrichtungen, nicht aber bei gemeinnützigen Anordnungen die Vorfrage über die Zweckmäßigkeit und das Bedürfniß an Stimmeneinhelligkeit gebunden ist und daß die Mittel zur Vorbereitung und Herbeiführung der Vereinbarung durch Stimmenmehrheit beschlossen und in Wirksamkeit gesetzt werden können. Demgemäß könnte aber jetzt von dem Erfordernisse der Stimmeneinhelligkeit nur gesprochen werden, wenn die in Vorschlag gebrachte Delegirtenversammlung eine organische Einrichtung bilden sollte. Gerade dieß ist aber unverkennbar nicht der Fall. Der Antrag vom 14. August d. J. bezeichnet die Aufgabe der Delegirtenversammlung ausdrücklich nur als eine bestimmt begrenzte, als die Berathung der Gesetzentwürfe über Civilproceß und Obligationenrecht. Sie erscheint also zunächst nur als ein Mittel für Vorbereitung und Herbeiführung einer gemeinnützigen Anordnung. Allerdings haben die antragstellenden Regierungen zugleich den Wunsch ausgesprochen, daß ihr Vorschlag dauernd in die Organisation des Bundes übergehe; sie haben aber die Schwierigkeiten nicht verkannt, welche der Erfüllung dieses Wunsches zur 3 Ilse, Protocolle der deutschen Ministerial-Conferenzen, S. 221–230; die nachfolgenden (von der Fassung bei Ilse leicht abweichenden) Zitate von Metternich ebd. S. 226 u. 228.

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Zeit noch entgegenstehen und es kann gewiß nur förderlich sein, wenn die Erfahrung einiger bestimmten Anwendungen eines solchen Mittels abgewartet wird, bevor man den Vorschlag zu einer organischen Einrichtung macht. Bei dieser Sachlage glaubt die Majorität des Ausschusses zur Zeit auf die weitere Frage noch gar nicht eingehen zu sollen, ob und in welcher Weise es möglich erscheint, daß diejenigen Bundesglieder, welche mit einer bestimmten in Vorschlag gebrachten und zur Einführung im Einzelnen vorbereiteten gemeinnützigen Anordnung einverstanden sind, dieselbe ihrerseits wenigstens in’s Leben rufen. Denn gegenwärtig handelt es sich noch nicht von der gemeinnützigen Anordnung selbst, dem gemeinschaftlichen Gesetze, sondern nur von den Mitteln zur Vorbereitung derselben, und diese ist die Majorität der Bundesglieder jedenfalls zu beschließen und ihrerseits in Wirksamkeit zu setzen berechtigt, wobei es sich eben so von selbst versteht, daß für die dissentirenden Regierungen keine Verpflichtung zur Theilnahme bestehen würde, als daß deren Widerspruch das Zustandekommen der Versammlung nicht zu hindern vermöchte. Von allen weiteren Fragen will die Majorität des Ausschusses um so mehr vorerst absehen, als sie die Hoffnung festhält, daß das anhaltende Bestreben doch noch eine Vereinbarung herbeiführen werde, da ja auch die zur Zeit noch dissentirenden Bundesglieder gewiß nicht jene Unbeweglichkeit und Ohnmacht des Bundes bezwecken, vor welcher der in der Verwahrung der Königlich-Preussischen Regierung als Autorität angerufene Fürst-Staatskanzler so eindringlich gewarnt hat. Der Antrag vom 14. August d. J. ist übrigens auch noch von einem anderen Standpunkte aus bekämpft worden und die Majorität des Ausschusses glaubt auch hierauf noch eingehen zu sollen. Man hat schon von dem Standpunkte der Bundesreform aus den Antrag als unzweckmäßig bezeichnet, weil er eine solche eigentlich nicht enthalte, sondern neben derselben hergehe und zu einer gedeihlichen Reform nicht führe. Für eine solche sei eine Umgestaltung des Wesens und der prinicipiellen Grundlagen des Bundesverhältnisses nöthig, und eine erhöhte Machtstellung Deutschlands nach Außen das Ziel, welcher man in einer gekräftigten Executivgewalt und in einer damit zusammenhängenden Nationalrepräsentation Ausdruck geben möchte. Da diesen Einwendungen keinerlei positive Vorschläge beigefügt sind, so würde die Wirkung derselben lediglich darin bestehen können, daß gar Nichts geschehe, und es könnte deßhalb die Majorität des Ausschusses sich wohl darauf beschränken, auf den positiven Inhalt und die Entwickelungsfähigkeit des Antrages vom 14. August d. J. hinzuweisen. Gleichwohl mag es nicht unfruchtbar sein, auch diejenigen Andeutungen etwas näher in das Auge zu fassen, welche sich in jenen Einwendungen finden. Wenn von der Nothwendigkeit der Umgestaltung des Wesens und der principiellen Grundlagen des Bundesverhältnisses gesprochen wird, so muß die

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Majorität des Ausschusses bekennen, daß ihr damit die Grenzen einer gedeihlichen Reform völlig überschritten erscheinen. Wenn das Fundament eines Gebäudes hinweggenommen wird, so muß es einstürzen, und dieß kann man doch nicht wohl eine Reform desselben nennen. Die Grundlagen des Bundes sind die sämmtlichen in den Bundesstaaten gruppirten Stämme deutscher Nation und ihre Fürsten, wie sie früher zum Reiche vereinigt waren, und die Principien des Bundes sind die föderative Einigung derselben als gleichartiger und gleichberechtigter Glieder zur Erhaltung der äußeren und inneren Sicherheit des Ganzen. Auf eine Umgestaltung dieses Wesens ist der Antrag vom 14. August d. J. allerdings nicht gerichtet; aber dieß wird ihm wenigstens von den Bundesgenossen so wenig zum Vorwurfe gemacht werden, als von ihnen selbst jemals Anträge in solcher Richtung im Schooße der Bundesversammlung würden gestellt werden können. Bestrebungen außerhalb der Bundesversammlung würden schon an sich nicht mehr unter den Gesichtspunkt der Reform fallen, und am wenigsten unter den einer heilsamen. Die Machtstellung Deutschlands nach Außen zu erhöhen, ist gewiß ein Ziel, dem Niemand im Bunde seine Wünsche oder seine Mitwirkung entziehen wird. Aber auch hier wird nach den gemachten Erfahrungen, wie nach der Natur der Sache daran erinnert werden dürfen, daß jede Machtstellung zunächst durch den Umfang der Kräfte bedingt ist, auf den sie sich stützt, und sodann weit mehr durch die Gesinnung als durch die Form, in welcher jene Kräfte zusammengehalten werden. Es ist ein unheilvoller und leider gerade in unserer Zeit vielfach verbreiteter und genährter Irrthum, die Form über das Wesen zu stellen und alles Heil von gewissen nach theoretischen Idealen construirten Gestaltungen zu erwarten, ohne Rücksicht auf den Boden, auf welchem sie stehen, und auf die Lebenselemente, von denen sie erfüllt und in Thätigkeit gesetzt werden sollen. Die Machtstellung des Deutschen Bundes hat eine überwiegend defensive Aufgabe und dieser hat sie im Ganzen und Großen gewiß genügt, indem sie den Bundesstaaten einen Zeitraum des Friedens und der inneren Entwicklung und Wohlfahrt gesichert hat, wie ihn die deutsche Geschichte kaum zu irgend einer anderen Zeit aufzuweisen hat. Allerdings haben in dieser Periode auch kriegerische Conflicte stattgefunden, an welchen die Kräfte Deutschlands nur theilweise betheiligt waren. Der Grund dafür aber, daß nicht die Gesammtmacht auf den Kampfplatz trat, lag in diesen Fällen wahrlich nicht etwa in der Bundesverfassung, sondern in den Ueberzeugungen und Gesinnungen der Bundesgenossen. Nicht eine Verfassungsänderung für sich allein vermag die Machtstellung Deutschlands zu erhöhen, am wenigsten eine solche, die einer scheinbar beweglicheren Form zu Liebe den Umfang der Kräfte schmälerte, sondern die einmüthige Gesinnung ist die unversiegbare Quelle, aus welcher vor Allem des Vaterlandes Größe und Macht hervorströmen muß. Wenn das lebendige Gefühl der Zusammengehörigkeit

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die Fürsten und Völker Deutschlands einigt, so daß kein Glied vor den übrigen einen anderen Vorzug erstrebt, als den der größeren Hingebung an das Gemeinwohl, dann wird die Machtstellung der Nation unter allen Formen ihrer Zusammenfassung unantastbar und weithin nach Außen maßgebend sein; fehlt es aber an jenem Gefühle oder macht sich eine entgegengesetzte Gesinnung geltend, dann wird keine Verfassungsform im Stande sein, die Kräfte der Nation zu einigen, und je mehr dann von der Machtstellung gesprochen wird, desto weniger wird sie vorhanden sein. Diese Betrachtungen leiden gleichmäßige Anwendung auf die Forderung einer gekräftigten Executivgewalt. Als Ziel ist diese auch in dem Antrage vom 14. August d. J. bezeichnet. Wie schwer es ist, eine Form hierfür zu finden, haben ebenfalls die verschiedenen Versuche der letzten Decennien, zumal die ernsten Bemühungen der Ministerialconferenzen zu Dresden gezeigt. Aber es muß auch in dieser Hinsicht hervorgehoben werden, daß keine Form der Executive die Wirksamkeit der Bundesmacht erhöhen wird, wenn nicht der Geist der Eintracht unter den Bundesgenossen diese Form beseelt, und daß in allen einzelnen Fällen, in welchen sich jener Geist geltend machte, auch die jetzige Bundesverfassung, ungeachtet ihrer Verbesserungsfähigkeit, einen sehr raschen Vollzug nicht gehindert hat. Es wird unnöthig sein, die bis in die allerneueste Zeit reichenden Beispiele hervorzuheben. Was endlich die Nationalrepräsentation anlangt, so ist doch gewiß das repräsentative Element in dem Antrage vom 14. August d. J. nicht zu verkennen, und dessen Ausbildung zu einer organischen Einrichtung ist ausdrücklich vorbehalten. Gerade in diesem Punkte mahnen doch wohl die Erfahrungen der Vergangenheit, wie die Zustände der Gegenwart zur größten Umsicht und zur Vermeidung jedes erneuten Versuches einer scheinbar großartigen und doch wegen inneren Widerspruches mit den gegebenen Verhältnissen hohlen und machtlosen Einrichtung, die statt einer ausgleichenden Annäherung nur einen neuen Kampfplatz der zur Zeit vielleicht noch bestimmter als früher bestehenden Gegensätze bieten würde. Es bedarf wohl nur der Frage, welche Stellung eine in formell unitarischem Geiste berufene, aus unmittelbaren Wahlen hervorgehende Nationalrepräsentation über oder neben den Landesvertretungen zumal der beiden Hauptmächte des Bundes und gerade gegenwärtig einnehmen würde, um sich zu überzeugen, daß man eine solche wohl in theoretischer Betrachtung als gefälliges Spiel der Phantasie hegen, nicht aber auf dem verhängnisvollen Gebiete praktischer Thätigkeit ernstlich in Vorschlag bringen kann. Der Antrag vom 14. August d. J. ist also allerdings unmittelbar noch keine Bundesreform, aber er hat diese im Auge und bahnt sie an, und zwar eine Reform nicht mit Umgestaltung des Wesens und der principiellen Grundlagen des Bundes, sondern mit Bewahrung dieses Wesens und auf diesen Grundla-

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gen. Er will beginnen mit einer Maßregel für zwei bestimmte Fälle, welche zunächst noch keine organische Einrichtung sein soll, aber sehr wohl in anderen ähnlichen Fällen wiederholt und so zu einer dauernden organischen Gestaltung ausgebildet werden kann. Der Kern dieser Maßregel ist der repräsentative Gedanke, anknüpfend an die bestehenden repräsentativen Körper in den Bundesstaaten, also an lebendige, rechtlich und thatsächlich wirksame Kräfte, welche sich dem aus ihnen hervorgehenden gemeinschaftlichen Organe mittheilen, dasselbe tragen und mit sich selbst in belebender Wechselwirkung erhalten werden. Die Delegirtenversammlung soll und wird also die Gesammtheit der in den Bundesstaaten gegliederten Nation vertreten, aber nicht in abstracter und darum dieser lebendigen Gliederung widersprechender Weise, sondern im Anschlusse an diese Gliederung, aus ihr hervorwachsend und Kraft und Leben von ihr empfangend und ihr erhöht wieder zuführend. Darum soll auch die Delegirtenversammlung den Landesgesetzgebungen gegenüber keine bindende und verpflichtende Macht haben, und insofern nur eine berathende Stellung einnehmen; aber, wie dieß schon oben angedeutet worden, der Bundesversammlung gegenüber wären ihre Beschlüsse sofort maßgebend und den Landesvertretungen gegenüber würden sie es allmählich werden. Die Eigenthümlichkeit des deutschen Nationallebens ist die reiche Entfaltung der Individualität der Stämme, das Widerstreben gegen uniformirende Centralisation, und diese Eigenthümlichkeit fordert bei jeder Reform des Bundes vorzugsweise Beachtung, da gerade sie zur Klippe werden kann, an welcher alle Reformbestrebungen scheitern. Gerade hier kann nun die vorgeschlagene Delegirtenversammlung wahrhaft organisch eingreifen und segensvoll wirken. Von den Landesvertretungen gewählt und doch auf den Standpunkt des Gemeinwohles gestellt, in achtbarer Anzahl versammelt und in selbstgewählter Geschäftsform öffentlich vor den Augen der Nation berathend, darum frei von dem banalen Vorwurfe dynastischer Sonderinteressen, wird sie die deutschen Stämme sich in würdiger Weise auf einem Felde praktischer Verständigung nahe bringen. Nicht in unfruchtbaren Verfassungsstreitigkeiten werden sich ideale Parteien bekämpfen, sondern in Behandlung realer Lebensverhältnisse werden sich thatsächliche Interessen berühren und ausgleichen. Dem Ueberwuchern des Centralisationsbetriebes wird der Ursprung der Delegirtenversammlung, und den Auswüchsen des Sondergeistes ihre Vereinigung unter den richtenden Augen der Nation entgegenwirken, und so werden jene beiden Principien in dasjenige Gleichgewicht gebracht werden, ohne welches zwar Kampf und Umsturz, nicht aber fortschreitende Reform gedacht werden kann. Ist aber nur erst dieser Geist lebendig geworden und in praktischer Thätigkeit erprobt, dann wird er auch im Stande sein, sich in den Verfassungsfragen geltend zu machen, und es wird für die Reform des Bundes ein Boden gefunden

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sein, auf welchem sie mit Aussicht auf Erfolg in Behandlung genommen werden kann. Der Weg, welchen der Antrag vom 14. August d. J. eröffnet, ist allerdings nur für eine allmählich und besonnen fortschreitende Entwickelung eingerichtet, aber zugleich für eine nachhaltige und wirksame. Daß eine solche allein geeignet ist zu heilsamen Reformen, lehrt die Geschichte aller Nationen, und auf eine solche weist vorzugsweise der Genius der deutschen Nation hin. Ihm kann man vertrauen, daß er die Keime befruchten und entwickeln werde, welche in dem Antrage vom 14. August d. J. gelegt sind. Hiermit glaubt die Majorität des Ausschusses die Erörterung der Hauptfrage, ob eine Delegirtenversammlung der bezeichneten Art einberufen werden solle, abschließen und zugleich ihren gegenwärtigen Vortrag begrenzen zu sollen. Denn erst wenn ein Beschluß hoher Bundesversammlung die Hauptfrage nach den hier dargelegten Gesichtspunkten bejaht hat, wird es möglich sein, Detailvorschläge über die Zusammensetzung, Wahl und Berufung der Delegirtenversammlung aufzustellen. Solche Vorschläge schon jetzt eventuell darzulegen, hielt die Majorität des Ausschusses um so weniger für geeignet, weil dadurch eine Verzögerung des gegenwärtigen Vortrages hätte eintreten können. Der Ausschuß ist aber mit diesem eventuellen Theile seiner Aufgabe eifrigst beschäftigt und wird für den Fall der Genehmigung seiner jetzigen Majoritätsanträge ungesäumt zu weiterer Vortragserstattung schreiten. Aus diesen Erwägungen stellt die Mehrheit des Ausschusses den Antrag: Hohe Bundesversammlung wolle beschließen: 1) es sei zweckmäßig und räthlich, eine aus den einzelnen deutschen Landesvertretungen durch Delegation hervorgehende Versammlung einzuberufen, welcher demnächst die laut Bundesbeschlusses vom 6. Februar d. J. auszuarbeitenden Gesetzentwürfe über Civilproceß und über Obligationenrecht zur Berathung vorzulegen seien, und 2) es sei deßhalb der Ausschuß für Errichtung eines Bundesgerichtes zu beauftragen, daß er sofort nähere Vorschläge über die Art der Zusammensetzung und Einberufung einer solchen Versammlung erstatte. B. Gegenüber den Ausführungen der Majorität des Ausschusses hält das Königlich-Preussische Mitglied an dem Standpunkte fest, welchen seine allerhöchste Regierung in Betreff der legislatorischen Initiative der Bundesversammlung eingenommen und wiederholt dargelegt hat, nämlich: daß der Bund sich erst mit Stimmeneinhelligkeit schlüssig gemacht haben müsse, ehe er eine solche Initiative seinerseits ergreifen könne.

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Ein Majoritätszwang zur Ergreifung dieser Initiative, gegen das Votum einer Minorität, ist dem Charakter des Bundes, dem Geiste und Wortlaute der Bundesgesetze völlig zuwider. I. Die legislatorische Initiative und Thätigkeit des Bundes und der Bundesversammlung insbesondere ist ein Novum; es liegt darin eine Competenzerweiterung, welche nur nach Maßgabe der Wiener Schlußacte Artikel 13, 1, wenn nicht vielmehr nach Artikel 4, 9 und 15 (Bundesacte II, VI resp. VII alin. 4) zu beurtheilen und zu behandeln ist. Sie kann nicht als „gemeinnützige Anordnung“ im Sinne des Artikels 64 der Wiener Schlußacte, noch als „organische Einrichtung“ im Sinne des Artikels 13, 2 gelten. Preussischerseits ist dieß bereits früher wiederholt ausgesprochen worden und es kann daher die Behauptung des Majoritätsberichtes tatsächlich nicht als richtig anerkannt werden, daß die Thätigkeit der Bundesversammlung für gemeinschaftliche Gesetzgebung im Allgemeinen sowohl von ihren Freunden als ihren Gegnern unter dem Gesichtspunkte der gemeinnützigen Anordnungen aufgefaßt worden sei. Nach der Natur des Bundesverhältnisses kann auf eine legislatorische Initiative und Thätigkeit des Bundes nur das Princip der vollen Uebereinstimmung aller Bundesglieder Anwendung finden, welches a fortiori für solche Fälle gilt, die in den Bundesgesetzen nicht vorgesehen sind. Das Princip der Majoritätsbeschlüsse ist nur in den Grenzen zulässig, welche die Bundesgesetze innerhalb der Bundescompetenz deutlich vorgezeichnet haben. Die Majorität des Ausschusses hat nun selbst zugegeben, daß der Bundesversammlung ein Gesetzgebungsrecht auf dem von dem Antrage behandelten Gebiete nicht zustehe. Sie behauptet aber dennoch die Competenz des Bundes, mit der Einsetzung von Commissionen und Delegationen vorzugehen, weil dieß nur Veranstaltungen und Mittel seien, um das eigentliche Object, die Civilproceßordnung ec., „als gemeinnützige Anordnung“ den Bundesregierungen zur freien Vereinbarung vorzuschlagen. Der Begriff der „gemeinnützigen Anordnung“ dürfte einer völlig erschöpfenden bundesrechtlichen Definition entbehren. Allein das steht unzweifelhaft fest, daß unter einer gemeinnützigen Anordnung nicht der Weg verstanden werden kann, auf welchem man mittelst Mehrheitsbeschlüssen die Competenz des Bundes erweitert, indem man, wie im vorliegenden Falle, von letzterem Organe einsetzen läßt, die sich mit Aufstellung eines gemeinsamen Gesetzbuches ec. beschäftigen, also vorbereitende gesetzgeberische Functionen üben sollen. Die Berufung einer Delegirtenversammlung zur Mitwirkung daran setzt eine tiefgreifende Verfassungsänderung in den einzelnen Staaten voraus und involvirt eine Einwirkung und Einmischung in die inneren Verhältnisse der-

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selben, welche die Grundgesetze des Bundes ausdrücklich versagen. (Art. 53 und 61 der Wiener Schlußacte). Eine solche Einwirkung kann also unmöglich als Vorbereitung einer „gemeinnützigen Anordnung“ durch Mehrheitsbeschluß geübt werden. Dieser Einwand gegen die Behauptungen des Majoritätsgutachtens muß als durchgreifend und als allein entscheidend betrachtet werden, um die Vorschläge abzulehnen. Die folgenden Betrachtungen haben daher vorwiegend nur den Zweck, verschiedenen einzelnen Ausführungen der Majorität entgegenzutreten. II. Das Verhältniß der „gemeinnützigen Anordnung“ zu der „organischen Einrichtung“ ist in der Darlegung der Majorität des Ausschusses der Art dargestellt, als ob bei der gemeinnützigen Anordnung das Princip der Stimmeneinhelligkeit in geringerem Maße zur Anwendung zu kommen hätte, als bei der organischen Einrichtung. Gerade das Gegentheil davon ist zutreffend. Die gemeinnützigen Anordnungen liegen außerhalb der bestimmt ausgesprochenen Bundeszwecke, die organischen Einrichtungen dagegen innerhalb derselben, als Mittel zu deren Erreichung. Das Verhältniß ist also das umgekehrte, und man muß von vornherein zugestehen, daß, wenn für die organischen Einrichtungen, in gewissen Stadien der geschäftlichen Entwickelung, Stimmeneinhelligkeit gefordert wird, dieß um so mehr für die gemeinnützigen Anordnungen der Fall sein muß. Die Bundesgesetze lassen hierüber auch keinen Zweifel, und die Verhandlungen über die Wiener Schlußacte bestätigen diese Auffassung vollkommen. Der damals berichtende Ausschuß spricht sich nämlich in folgender Weise über die vorliegende Frage aus: „Wenn auch nach dem Buchstaben der Bundesacte Beschlüsse über gemeinnützige Anordnungen bloß an das Plenum verwiesen, nicht an die Bedingung der Einstimmigkeit geknüpft wurden, so ist doch der Grundsatz, nach welchem in der Bundesacte bei Aufzählung der übrigen, der Stimmenmehrheit entzogenen Gegenstände verfahren worden, auf das, was man unter gemeinnützigen Anordnungen versteht, in seinem vollen Umfange anwendbar. Da dem VII. Artikel der Bundesacte zufolge nicht einmal organische Bundeseinrichtungen, die doch als Mittel zur Erreichung anerkannter Bundeszwecke an und für sich nothwendig sind, anders als durch Stimmeneinhelligkeit beschlossen werden sollen, so ist nicht abzusehen, wie Anordnungen, die außerhalb der ausgesprochenen Bundeszwecke liegen, ihrer Natur nach aber in die innere Verwaltung der einzelnen Staaten viel tiefer als organische Bundeseinrichtungen eingreifen, und sogar jura singulorum berühren können, von einer anderen Regel abhängig gemacht werden sollten. Daß dieß nicht im Sinne der

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Stifter des Bundes gelegen hat, beweisen unter Anderem die unter der Rubrik der besonderen Bestimmungen in mehreren Artikeln des zweiten Abschnittes der Bundesacte vorkommenden Beispiele solcher gemeinnützigen Anordnungen, für welche durchgehends die freie Uebereinkunft sämmtlicher Bundesglieder bereits erfolgt war, oder als nothwendig vorausgesetzt ward. Sollte über gemeinnützige Anordnungen, und besonders in der ausgedehnten Bedeutung, welche dem Worte neuerlich beigelegt worden ist, anders als durch Einhelligkeit entschieden werden, so wäre die ganze mit so vieler Sorgfalt hier gezogene Grenzlinie zwischen der Competenz des Bundes und den Rechten der einzelnen Bundesstaaten verrückt, und die Selbstständigkeit der inneren Gesetzgebung der letzteren auf einem ihrer wichtigsten Punkte gefährdet.“ Bei Begründung der Wiener Schlußacte wurde die Einstimmigkeit des Beschlusses für die organischen Einrichtungen, wie für die gemeinnützigen Anordnungen als nothwendig und als sich logisch von selbst verstehend erkannt. Um aber der praktischen Action und Entwickelung des Bundes innerhalb des festgestellten Zweckes Rechnung zu tragen, wurde der bestehende Modus für die organischen Einrichtungen ausnahmsweise als eine zulässige Beschränkung des Princips der Einstimmigkeit acceptirt. Jede Abweichung von demselben für gemeinnützige Anordnungen wurde aber mit dem Hinweis abgelehnt, daß, wenn schon für die grundsätzliche Entscheidung über organische Bundesbestimmungen die Stimmeneinheit gelte, um so weniger Anordnungen, welche außerhalb der ausgesprochenen Bundeszwecke liegen, von einer Majorität abhängig gemacht werden könnten. Man ist mit der Majorität darin einverstanden, daß die Anwendung des Veto’s keine unüberlegte oder leidenschaftliche sein dürfe. Aber ob der Widerspruch ein motivirter oder ein unmotivirter ist, das Recht des Widersprechenden und die Verpflichtung des Bundes bleiben dieselben. So wenig indeß ein Mißbrauch dieses Rechtes bei gegenseitiger Achtung der Bundesglieder vor einander zu erwarten ist, so wenig sollte auch zu besorgen sein, daß da, wo ein motivirter, nachhaltiger Widerspruch vorliegt, die unfruchtbare Discussion noch weiter fortgesetzt werde. Der Artikel 64 spricht von einer Vereinbarung unter sämmtlichen Bundesgliedern zur Vollführung der gemachten Vorschläge – nicht von einer theilweisen Vereinbarung. – Ja er scheint eher solche von der Behandlung am Bunde auszuschließen, welche durch theilweise Vereinbarungen möglich sind. Nur jene allgemeine Einigung kann Gegenstand bundesgeschäftlicher Berathungen und Acte sein. Dagegen ist die partielle wie die allgemeine Vereinbarung (nach Art. 11) auch ohne die Vermittelung und neben der Bundesbehandlung zulässig, und die Erfahrung liefert den Beweis, daß auf diesem Wege Großes und Dauerndes erreicht werden kann, ohne die Beeinträchtigung irgend welcher Rechte.

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Es ist schon früher bemerklich gemacht, daß das Festhalten an vergeblichen Versuchen zur Erreichung einer Bundeseinigung ein wesentliches Hemmniß solcher partieller freier Uebereinkünfte sein muß. Dasselbe vielseitige nationale Leben, von dem das Majoritätsvotum spricht, und die mannigfaltige staatliche Entwickelung innerhalb des Deutschen Bundes bringt es mit sich, daß eine allgemeine Uebereinstimmung auf dem Gebiete praktischer Fragen sehr erschwert ist, während einzelne Stämme und Staaten sich leichter verständigen. Das Verhoffen einer allgemeinen Einigung bewirkt aber fast nothwendig den Verzug der engeren, welche ihrerseits geeignet ist, durch eine allmähliche und stufenweise Verbreitung und Ausdehnung jene praktisch anzubahnen. So stört also der eine schwierigere Weg den anderen leichteren. Die dem Artikel 64 gegebene Auslegung kann daher weder als die rechtlich begründete, noch als die praktisch richtige anerkannt werden. Im Gegentheile wäre aus demselben, falls überall der in Rede stehende Gegenstand darunter fiele, die Berechtigung herzuleiten, den Antrag vom 14. August und die Vorschläge der Majorität nicht zur Ausführung kommen zu lassen. III. Es bleibt noch übrig, einige Bemerkungen über die politische Zweckmäßigkeit des Antrages zu machen. Die Absicht, welche in dem Antrage vom 14. August liegt, und welche die Majorität des Ausschusses mit deren Empfehlung verbindet, ist ausgesprochenermaßen diese: an einem einzelnen Gegenstande das Vorbild einer sogenannten repräsentativen Einrichtung am Bunde und neben der Bundesversammlung aufzustellen und durchzuführen, welche später durch Wiederholung in derselben Form und gegen den Willen einer Minorität sich allmählich zu einer bleibenden Bundesinstitution gestalten soll. Dieser Proceß beträfe nicht etwa nur ein untergeordnetes Gebiet politischer und staatlicher Thätigkeit, sondern würde sich auf Gegenstände der höchsten Wichtigkeit richten. Es ist nicht abzusehen, mit welchem Rechte man das Eingreifen des Bundes auf irgend einem beliebigem Felde zurückweisen wollte, wenn einmal der Vorgang in einem so wesentlichen Punkte gegeben wäre. Der Bund würde, nach Einfügung eines solchen Organismus ein anderer werden, als er bisher war. Er würde nicht nur seine Competenz auf ein neues, ja auf alle Gebiete der Gesetzgebung und Verwaltung ausgedehnt haben, sondern es würde sich ihm auch in dem Delegirtenkörper, nach Ansicht der Majorität, eine Handhabe für die politische Entwickelung darbieten sollen. Es würde der Bundestag nebst den Delegirten den Anspruch machen, die ganze Nation zu umfassen und darzustellen, während und ungeachtet ein sehr großer, vielleicht der größere, in der Minorität repräsentirte Theil noch außerhalb derselben stände.

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Soll die fragliche Anordnung überhaupt mehr als ein Schein sein, so ist, wie immer man sich die Modalitäten ihrer Ausführung denken mag, hier die Gefahr vorhanden, daß eine große Majorität an Volkszahl und staatlicher Kraft einer Combination von Stimmen unterliegt, welche thatsächlich eine Minorität an Zahl und an Macht vertritt. Schon das gegenwärtige Bundesverhältniß bringt es mit sich, daß in den Gegenständen seiner beschränkten Competenz ein geringer Theil Deutschlands den Rest binden konnte zum Handeln, wie zum Unterlassen. Die beschränkte Natur der Bundeszwecke, insbesondere aber die Rücksicht, welche der Macht der realen Verhältnisse und der Stellung der beiden Großmächte getragen wurde, bot jedoch ein heilsames Correctiv, so daß das der Vitalität des Bundes und seiner Wirksamkeit so sehr gefährliche Gebrechen des Widerspruches zwischen Stimmrecht und Machtgewicht nicht verhängnißvoll wurde. Seitdem aber das Streben rege geworden ist, dieses mißverhältliche Stimmrecht im Bundeswege gegen reale Machtverhältnisse zur Geltung zu bringen, wächst jene Gefahr. Es ist gewiß an der Zeit, darauf aufmerksam zu machen, daß die von der Majorität des Ausschusses im vorliegenden Falle vertretene Absicht, die Bundeszwecke auf dem Wege der Stimmenmehrheit zu erweitern und auf dieselbe Weise neue Organismen zu schaffen, sich in dieser bedenklichen Richtung bewegt. Wenn man den Geist betrachtet, welcher in der Bundesacte selbst und ihren Fundamentalprincipien, sowie in der fast ein halbes Jahrhundert umfassenden Praxis der Bundesthätigkeit waltet, so ergibt sich die unverhältnißmäßige Tragweite eines so entschieden über diesen Geist hinausgehenden Experimentes. Weit entfernt, eine Entwickelung des Bundesrechtes zu enthalten, würde die angestrebte Einrichtung, nach dem Zugeständnisse der Majorität selbst, zu einer völligen Verwandelung in ein anderes Staatswesen führen. In diesem würde die Minorität vielfach eine rechtlich ungenügende Stellung und dem thatsächlichen Vorgehen der Majorität gegenüber eine ohnmächtige Rolle zu übernehmen haben. Daß sich in ein solches Mißverhältniß keine der beiden Großmächte fügen würde, ist als selbstverständlich anzusehen. Die Beseitigung, nicht die Vergrößerung des angedeuteten Gebrechens, welches in der unrichtigen Vertheilung der Stimmen und der mißbräuchlichen Ausübung des Stimmrechtes liegt, wäre zu erstreben. Einrichtungen, wie die vorgeschlagenen, entsprechen dagegen eben so wenig dem Geiste des bisherigen Bundesverhältnisses, als dem Bedürfnisse nach einer Reform desselben. Im Sinne des Majoritätsgutachtens würde die befürwortete Delegirtenversammlung mit berathender Stimme etwa die Grenze dessen bezeichnen, was, auf Bundesgrundlage, dem Drange der deutschen Stämme nach engerer staatlicher Einigung zu bewilligen wäre. Die letzteren aber werden in dem Zwecke des Antrages vom 14. August keine Annäherung an die höheren Ziele staatlicher Einheit und Stärkung erblicken, keinen Fortschritt der nationalen Bewe-

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gung, sondern eine Ablenkung von derselben. Die beantragte Institution würde mithin nicht einmal als eine Abschlagszahlung betrachtet werden. Sie entspricht der Höhe der Anforderungen so wenig, daß man vorziehen würde, nicht durch eine Annahme des Gebotenen das Geforderte zu verlieren. Die Regierungen, die Volksvertretungen, die Bevölkerungen sind zu Opfern bereit, um große nationale Ziele zu verwirklichen. Allein man kann darauf gefaßt sein, daß sie, gegenüber einer ungenügenden Lösung, welche zugleich weitere Fortentwickelung ausschließen soll, lieber auf dem Boden des Bundesrechtes stehen bleiben und sich einstweilen bei den daraus fließenden Rechten und Befugnissen genügen lassen werden. So wenig der dem Ausschusse ertheilte Auftrag es mit sich bringt, schon jetzt sich mit den Modalitäten zu beschäftigen, wie dereinst die berechtigten Wünsche der Nation zu befriedigen wären, so muß inzwischen auf die Nothwendigkeit hingewiesen werden, ihrer Erfüllung nicht zu präjudiciren. Der Gesandte vermag in dem beredten Bilde, welches die Majorität von der Zukunft Deutschlands auf dem vorgeschlagenen Wege entwirft, keine Realität zu erkennen; er muß dringend wünschen, daß auf demselben nicht weiter vorgegangen werde. Die Gefahren, welche die Majorität auf anderen Wegen zu politischer Einigung erblickt, werden auf dem von ihr empfohlenen jedenfalls nicht vermieden. Derselbe läßt die Gegenstände einer wahren und wesenhaften Reform und die tieferen Gründe des Strebens nach einer solchen unberücksichtigt. Sollte der Versuch gemacht werden, ihn dennoch gegen das Recht und den Willen einer Minorität am Bunde zu verfolgen, so möchten dadurch Conflicte erzeugt werden, welche jenen vermeintlichen Gefahren an Ernst nicht nachstehen dürften. Der Gesandte kann schon jetzt bei Gelegenheit dieses Votums sein Befremden darüber nicht unterdrücken, daß nach der Ansicht der Majorität des Ausschusses über den Widerspruch einer der beiden deutschen Großmächte in einer Sache, in welcher das Bedürfniß der Stimmeneinhelligkeit so wenig zweifelhaft erscheint, als in der vorliegenden, und über den präjudiciellen Einwand eben dieser Großmacht wegen der Zulässigkeit des Majoritätsverfahrens überhaupt, durch formelle Fortsetzung des letzteren ohne Weiteres zur Tagesordnung übergegangen werden könnte, als ob dieser Widerspruch nicht vorhanden wäre. Die Ausschußverhandlungen sind nicht der Ort, um das politische Verhalten eines Bundesgliedes gegen Beschlüsse, die in der Bundesversammlung versucht werden könnten, zu erörtern. Doch glaubt der Gesandte den Ausdruck der Besorgniß nicht zurückhalten zu sollen, daß die Fortsetzung des oben vorausgesetzten Verfahrens zu einem Punkte führen könne, wo die dissentirende Regierung außer Stand gesetzt wäre, in einer im Widerspruche mit den Bun-

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desgrundgesetzen verfahrenden Versammlung noch das Organ des Bundes zu erkennen, an dessen Schließung sie sich betheiligt hat. Nach diesen Erwägungen kann der Gesandte aus Gründen des Rechtes wie der Zweckmäßigkeit nur dringend von der Empfehlung der beantragten Maßregel abrathen und stimmt deßhalb gegen die Majoritätsvorschläge, indem er seinerseits beantragt: Hohe Bundesversammlung möge beschließen, dem Antrage vom 14. August keine Folge zu geben. C. Das Badische Mitglied des Ausschusses hat das nachstehende Separatvotum abgegeben: Dem Antrage, welchen die hohen Regierungen von Oesterreich, Bayern, Königreich Sachsen, Hannover, Württemberg, Großherzogthum Hessen und Nassau in Betreff der Einberufung einer Delegirtenversammlung aus einzelnen Ständekammern, zunächst zur Berathung der Gesetzentwürfe über Civilproceß und Obligationenrecht, in der 32. dießjährigen Sitzung der Bundesversammlung vom 14. August gestellt haben, ist in dem Ausschusse, welchem er zugewiesen worden, eine verschiedene Beurtheilung zu Theil geworden. Die Differenz der Auffassung ist ernst genug, um die Abgabe eines von dem Berichte der Mehrheit abweichenden Votums zu rechtfertigen. Das dissentirende Mitglied erkennt mit der Mehrheit als die dem Ausschusse gewordene Aufgabe an, die doppelte Frage zu prüfen: ob überhaupt eine Delegirtenversammlung der bezeichneten Art berufen werden soll und wie dieselbe zusammengesetzt, gewählt und berufen werden soll? Außerdem aber erachtet dasselbe es als geboten, daß der Ausschuß sich auch über die formelle Behandlung der Angelegenheit nach Bundesrecht äußert, in welcher Beziehung mehr als eine schwierige Frage vorliegt. Es erscheint zweckmäßig, mit der Erörterung des letzten Punktes zu beginnen, da ein gesetzlich unangreifbares Verfahren von allen Seiten als präjudiciell anerkannt werden muß. Zur allseitigen Uebersichtlichkeit aber wird es dienen, wenn der Untersuchung des concreten Falles eine principielle Feststellung der streitigen Punkte vorangeht. Die erste der zu besprechenden allgemeinen Fragen ist durch die von dem Königlich-Preussischen Herrn Gesandten in der 32. Bundestags-Sitzung abgegebene Erklärung angeregt und geht dahin: ob bei gemeinnützigen Anordnungen im Sinne des Artikels 64 der Wiener Schlußacte schon die Vorfrage – ob überhaupt der Gegenstand in Behandlung genommen werden solle – nur mit Stimmeneinhelligkeit oder auch durch Mehrheitsbeschluß entschieden werde?

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Eine Entscheidung hierüber ist aber insofern von großer Bedeutung, als bei der bestimmten Erklärung einer hohen Regierung, an den vorgeschlagenen Gesetzesarbeiten überhaupt sich nicht betheiligen zu wollen, ein weiteres Fortschreiten mit Ausbildung der für deren Bearbeitung beantragten Organe eines genügenden Zieles entbehrt. Es darf als von allen Seiten zugegeben betrachtet werden, daß ein jeder Versuch der endlichen Durchführung eines solchen per majora in Behandlung genommenen und als eine gemeinnützige Anordnung erkannten Gegenstandes erst einen mit Einstimmigkeit zu fassenden Bundesbeschluß voraussetzt. Worauf der Beschluß gerichtet sein würde, ist dabei ganz gleichgültig; denn es fragt sich ja überhaupt nur, ob ein Beschluß gültig gefaßt werden kann in einer anderen Form, als der der Einstimmigkeit. Dieß aber muß in richtiger Erkenntniß des Wesens des Bundes, als eines Vereines souverainer Staaten, bestimmt verneint werden. Es ist nicht zweifelhaft, daß eine jede durch Stimmenmehrheit aufgenommene Vorbereitung für eine zu treffende gemeinnützige Anordnung, soll sie aus diesem ersten Stadium der Verwirklichung – sei es auch nur durch empfehlende Verweisung an die hohen Bundesregierungen – näher geführt werden, eines mit Einstimmigkeit gefaßten Bundesbeschlusses bedarf. Die Differenz, welche unter den hohen Bundesregierungen entstanden, betrifft indessen nur die oben bezeichnete Vorfrage, und dabei erscheint denn die Verneinung der Einstimmigkeit nicht nur aus einer richtigen Auslegung des Artikels 64 der Wiener Schlußacte hervorzugehen, sondern auch zweckmäßig. Im Artikel 64 ist nämlich zwar allerdings bei nützlichen Anordnungen die schließliche Annahme durch eine „freiwillige Vereinbarung unter sämmtlichen Bundesgliedern“ bedingt; und wenn also nur eine Stimme nicht zu gewinnen ist, so kann die fragliche Einrichtung nicht als Bundesbeschluß und nicht als Bundesmaßregel angeordnet werden. Allein es ist nirgends vorgeschrieben, daß auch schon in einem früheren Stadium Einhelligkeit der Stimmen nöthig sei; vielmehr geht die Bestimmung wörtlich dahin, daß, wenn die Bundesversammlung „von der Zweckmäßigkeit und Ausführbarkeit solcher Vorschläge im Allgemeinen sich überzeugt habe, ihr obliege, die Mittel zur Vollführung derselben in sorgfältige Erwägung zu ziehen und ihr anhaltendes Bestreben dahin zu richten, die . . . freiwillige Vereinbarung . . . zu bewirken.“ Es ist somit namentlich nicht bestimmt, daß die Ueberzeugung über ihre Zweckmäßigkeit nur aus einem einstimmigen Beschlusse erhellen könne, und da nach Artikel 11 der Wiener Schlußacte Stimmenmehrheit immer entscheidet, wo nicht eine bestimmte Ausnahme ausdrücklich gemacht ist, so kann die einerseits verlangte Einhelligkeit über diese Vorfrage nicht als vom Bundesrechte vorgeschrieben anerkannt werden. – Allerdings beruft sich die angedeutete hohe Bundesregierung auf die Analogie der Bestimmungen über organische Einrichtungen im Artikel 14 der Wiener Schlußacte, welche schon

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„über die Vorfrage, ob solche (Einrichtungen) unter den obwaltenden Umständen nöthig sind“, im Plenum und durch Stimmeneinhelligkeit entscheiden lassen, und es wird bei der Geltendmachung dieser Analogie namentlich der Schluß vom Kleineren auf das Größere angewendet, indem man sagt, wenn Einhelligkeit verlangt werde bei organischen Einrichtungen, also bei bloßen Mitteln zu bereits anerkannten Bundeszwecken, so sei sie noch weit mehr im Sinne der Bundesgesetzgebung bei bloßen nützlichen Anordnungen, welche dem Wesen des Bundes ganz fremd sind. Diese Beweisführung ist jedoch, so bestechend sie auf den ersten Blick sein mag, nicht richtig. Entscheidung durch Stimmenmehrheit ist Regel am Bunde, Einhelligkeit Ausnahme; Ausnahmen dürfen aber nicht vermuthet werden, am wenigsten, wenn, wie hier, ausdrückliche Vorschrift derselben als Bedingung ihrer Zulässigkeit gesetzlich angeordnet ist. Selbst die evidenteste Nützlichkeit einer Einstimmigkeit in der Vorfrage könnte unter solchen Umständen am positiven Rechte nichts ändern; allein diese Nützlichkeit ist überdieß in Abrede zu ziehen. Es dürfte nämlich keinem Zweifel unterliegen, daß das Zustandebringen nützlicher Maßregeln beinahe zur Unmöglichkeit gemacht wäre, wenn Einstimmigkeit schon von vornherein und ehe noch durch gegenseitiges Ab- und Zugeben Widersprüche gehoben, durch Ausarbeitung im Einzelnen anfängliche Zweifel beseitigt sein können, erforderlich wäre. Da nun schließlich die Annahme jedenfalls von dem freien Belieben eines jeden einzelnen Bundesstaates abhängt, somit aus einer vorangehenden Behandlung eines ungern gesehenen Vorschlags kein endlicher Nachtheil entstehen kann, so wäre eine große Schwerfälligkeit, wie sie die Einschiebung einer zweiten Einhelligkeit mit sich brächte, sicher kein Segen für den Bund und für die Nation. Eine zweite allgemeine Frage, welche sich in Betreff der richtigen Behandlung der vorliegenden Angelegenheit am Bunde aufwirft, ist die, ob, wenn für eine nur mit Stimmeneinheit als Bundesmaßregel zu Stande zu bringende Einrichtung die Einheit schließlich nicht erlangt wird, die für die Maßregel gestimmten Staaten eine Sondervereinbarung, und zwar unter sich am Bunde, treffen könnten? Es fragt sich also, ob die einem Unternehmen geneigte Majorität einen Beschluß am Bunde fassen kann, nach welchem die in Frage stehende Vereinbarung zwar nicht als zwingend für die Dissentirenden, aber als Bundessache für die Zustimmenden erklärt und folglich auch in der Folge am Bunde mittelst Beschlusses derselben Majorität am Bunde geleitet würde? Zunächst steht nun hier absolut fest, daß ein Bundesbeschluß, der nach Bundesrecht nur in der Form der Einstimmigkeit gefaßt werden darf, in keiner anderen Form zu Stande kommen oder zugelassen werden kann. – Auch das ist unzweifelhaft, daß in einer solchen Angelegenheit überhaupt nicht auf dem Wege der Bundesbeschlüsse weiter gegangen werden kann.

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Es ist aber auch leicht, die völlige Unvereinbarkeit einer Beschlußfassung am Bunde, in der oben angedeuteten Weise einer Sondervereinbarung, nicht nur mit dem bestehenden Bundesrechte, ja mit dem Begriffe eines Bundes überhaupt nachzuweisen. Was nach klaren Bestimmungen der Bundesgrundgesetze nicht zu einer Bundesanstalt werden konnte, würde nun doch, wenn auch nur für die freiwillig Theilnehmenden, Bundessache werden. Dieß ist nicht nur im Widerspruche mit sich, sondern es müßte auch durch die später immer wiederkehrenden Verhandlungen in der Bundesversammlung, Verweisungen an Ausschüsse, neue Beschlüsse u.s.w. Veranlassung beständigen Haders werden. Es wäre zwar nicht ein engerer Bund im Bunde, wohl aber eine theilweise Thätigkeit einer Anzahl von Bundesstaaten mit Ausschluß und gegen das Recht anderer Regierungen. Die daraus folgende Verstimmung und Verwirrung wäre gar nicht zu ermessen, und es hätte ein solches Gebahren namentlich die große Gefahr, daß die nicht einverstandenen Staaten sich zu extremen Schritten gedrängt fühlen könnten. Bei dieser Sachlage kann es von gar keiner Bedeutung sein, ob die auf solche Weise zu einer theilweisen Bundesmaßregel zu machenden Einrichtungen an sich nützlich sind oder nicht; die Form ist eine unzulässige und rechtsverletzende und bedroht die nicht zustimmenden Regierungen mit einer ganz falschen Stellung. Dieser theoretischen Annahme entspricht denn auch mit Recht die praktische Handhabung in Fällen, in welchen eine nützliche Anordnung wegen ermangelnder Einhelligkeit aller Stimmen nicht zu einer Bundeseinrichtung erhoben und somit nicht durch einen Bundesbeschluß festgestellt und am Bunde weiter geleitet werden konnte. Sie war immer die, daß die über die Nützlichkeit der Maßregel einverstandenen Regierungen, sich stützend auf das im Artikel 11 der Bundesacte gewahrte Vertragsrecht, die Ausführung außerhalb des Bundes und ohne alle weitere Betheiligung desselben verabredeten und unternahmen. Ist auf diese Weise die formelle Behandlung der gemeinnützigen Anordnungen im Allgemeinen erörtert, so kann nun zur Prüfung der Frage übergegangen werden, ob im concreten Falle der Antrag auf Berufung einer Delegirtenversammlung nur eine vorbereitende Maßregel zu einer gemeinnützigen Anordnung sei, und ob der Beschluß auf Berufung einer solchen per majora oder nur mit Einstimmigkeit gefaßt werden könnte? Der Bericht der Mehrheit entscheidet allerdings die Schwierigkeit, indem er von der Annahme, die zu bildende Delegirtenversammlung sei keine organische Einrichtung, zu der weiteren kommt, dieselbe erscheine zunächst nur als ein Mittel für Vorbereitung und Herbeiführung einer gemeinnützigen Anordnung. Diese[s] Mittel sei die Majorität der Bundesglieder jedenfalls zu be-

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schließen und ihrerseits, selbstverständlich ohne Verpflichtung für die dissentirenden Regierungen, in Wirksamkeit zu setzen berechtigt. An dieser Auffassung muß nun aber die Unterstellung bekämpft werden, daß eine so eingreifende Einrichtung, wie die Berufung der Delegirtenversammlung, – eine Einrichtung, bei welcher die hohen antragstellenden Regierungen selbst in der Ansicht und dem Wunsche übereinstimmen, es möchte dieses allerdings zunächst bloß für einen einzelnen Fall vorgeschlagene Auskunftsmittel dauernd in die Organisation des Bundes übergehen, – keine organische Einrichtung auch nur für diesen einzelnen Fall sei. Es wäre allerdings zu wünschen gewesen, daß nicht nur der am 14. August gestellte Antrag, sondern auch der Bericht der Mehrheit den rechtlichen Charakter der beabsichtigten Einrichtung zur vollen Klarheit gebracht hätte. In dem Antrage selbst ist zwar die Delegirtenversammlung nur als eine Anstalt zur Erleichterung des Zustandebringens gemeinschaftlicher Gesetze aufgefaßt; doch auch hier nicht klar ausgesprochen, ob die zu bildende Versammlung eine stehende Bundeseinrichtung für jeden künftigen Act gemeinschaftlicher Gesetzgebung, oder nur für die beiden Gesetze über Civilproceß und Obligationenrecht sein soll. Daß sie „zunächst“ für letztere dienen soll, läßt jedenfalls einer wiederholten und bleibenden Anordnung Raum. Und noch weit zweifelhafter wird die Sache durch den Bericht der Mehrheit. Hier ist nämlich gesagt, daß der Antrag allerdings unmittelbar noch keine Bundesreform sei, aber diese im Auge habe und sie anbahne. Es soll begonnen werden mit einer Maßregel für zwei bestimmte Fälle, welche zunächst noch keine organische Einrichtung sein soll, aber sehr oft wiederholt und so zu einer dauernden organischen Gestaltung ausgebildet werden könne. Es ist somit die beantragte Versammlung einerseits eine Maßregel zu einem bestimmten einzelnen und vorübergehenden Zwecke, andererseits soll dadurch eine ganze Bundesreform angebahnt werden; sie ist einerseits nicht organisch, d. h. bleibend, andererseits zu Wiederholung und Dauer geeignet. Bei genauer Untersuchung läßt sich jedoch der rechtliche Charakter der vorgeschlagenen Maßregel präcis feststellen. Dieser Charakter ist unstreitig dadurch gegeben, daß die vorgeschlagene Einrichtung, wenn auch bei einem einzelnen Falle in’s Leben gerufen, dennoch bestimmt sein soll, in allen analogen eine selbstbestimmte Stelle im Organismus der deutschen Legislatur einzunehmen. Es ist nun aber sowohl unzulässig, durch Bezugnahme auf eine Einzelleistung eine Institution, welche wichtiger ist, als das Werk selbst, das durch sie geschaffen wird, zu einem bloßen „Mittel“ herabzusetzen; als nicht verkannt werden kann, daß durch die ganz gleiche Argumentation eine jede Veränderung in der Bundesorganisation vermöchte gerechtfertigt zu werden und per majora in das Werk gesetzt werden könnte. Beispielsweise könnte die Beru-

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fung eines Parlaments ganz ebenso als Mittel für einen bestimmten vorübergehenden Zweck dargestellt und des Charakters einer organischen Veränderung der Bundesinstitution entkleidet werden. Nicht minder vermöchte jede Veränderung der executiven Einrichtungen beschlossen zu werden von kleinster Mehrheit, wenn sie nur Sorge trägt, diese tiefeingreifende Maßregel als eine vorbereitende für einen bestimmten, in den Vordergrund gestellten Zweck und für Beförderung einer gemeinnützigen Anordnung erscheinen zu lassen. Die vorgeschlagene Delegirtenversammlung wäre selbst als vorübergehende Institution unendlich wichtiger, als die Gesetzbücher, welche sie zu fördern bestimmt ist, und ihr Auftreten im deutschen Staatensysteme ein für den Bundesorganismus so bedeutsames Moment, daß dasselbe fast einer Umwälzung seiner Grundlage gleichkäme. Es muß also mit Bestimmtheit ausgesprochen werden, daß die rechtliche Natur einer für den Bundesorganismus so wichtigen Einrichtung keineswegs durch die Fiction eines bloß vorbereitenden Charakters, sondern durch ihre innerste Wesenheit bestimmt werde. Diese aber verbietet, die Grundsätze, welche bei Vorbereitung gemeinnütziger Anordnungen im oben erörterten Sinne des Artikels 64 der Schlußacte anwendbar sind, zur Geltung zu bringen, sondern fordert vielmehr die anderen, welche für organische Einrichtungen durch die Bundesgrundgesetze vorgesehen sind. Eine andere Behandlung könnte für den Bestand des Bundes und für die Bewahrung des einträchtigen Zusammenwirkens seiner Mitglieder große Gefahren bereiten. Allein selbst wenn auch nicht behauptet werden müßte, daß der Antrag, welcher dem Ausschusse zur Begutachtung vorliegt, die Einführung einer organischen Einrichtung beabsichtige und somit die Stimmeneinhelligkeit zu einem dieselbe instituirenden Bundesbeschlusse nöthig sei; wenn man vielmehr annähme, daß durch Majoritätsbeschluß in der Sache vorgegangen werden dürfe, so könnte man doch nach der obigen Ausführung am wenigsten dahin gelangen, daß es der Mehrheit der abstimmenden Regierungen freistehe, die Einführung dieser Maßregel zu beschließen und ihrerseits, ohne Verpflichtung für die dissentirenden Regierungen, in Wirksamkeit zu setzen. Es müßte vielmehr umgekehrt dahin weiter geschlossen werden: lassen die Bundesgesetze einen Majoritätsbeschluß überhaupt zu, so ist derselbe auch für die Minorität verbindlich. – Der Fall, den der Artikel 64 der Schlußacte entscheidet, ist aber ein dritter. Derselbe stipulirt keineswegs eine Möglichkeit, durch einen Majoritätsbeschluß eine Minorität zu binden, und auch nicht, wie man vielleicht zu interpretiren geneigt sein könnte, die Zulässigkeit einer Vereinbarung unter den Mitgliedern der Majorität zur Durchführung einer von ihnen als gemeinnützig erkannten Anordnung. Es läßt, wie gesagt, ausdrücklich in diesem Falle nur ein Bestreben zu, die zu dem Ende erforderliche freiwillige Vereinbarung unter sämmtlichen Bundesgliedern zu bewirken. – Der ganze Nachdruck des

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Artikels 64 liegt auf dem Worte sämmtlich und das ganze Gewicht der sachlichen und rechtlichen Gründe spricht in einem Bunde dafür, daß damit eine Sondervereinbarung Einzelner und auch der Mehrheit ausgeschlossen ist. – Kommt also diese Vereinbarung unter sämmtlichen Bundesgliedern in Betreff der Delegirtenversammlung nicht zu Stande, – und dieß ist der Fall, wenn eine einzige Stimme dissentirt –, so erübrigt nichts, als jeden ferneren Versuch der Durchführung der beabsichtigten Maßregel am Bunde vorerst zu suspendiren, und bleibt den einzelnen hohen Bundesregierungen dann unbenommen, die von ihnen als nützlich erachtete Maßregel außerhalb des Bundes und insoweit zur Durchführung zu bringen, als dieselbe nicht gegen Geist und Inhalt des Bundes selbst verstößt. Steht in dieser Weise die Art und Weise der bundesrechtlich zulässigen formellen Behandlung des Antrages auf Einberufung einer Delegirtenversammlung fest, so kann nunmehr zur Untersuchung der weiteren Frage geschritten werden, „ob eine solche überhaupt nützlich sei?“ Die vorgeschlagene Einrichtung wird in dem Berichte der Mehrheit des Ausschusses unter einem doppelten Gesichtspunkte empfohlen. Einmal als Erleichterungsmittel zur Gewinnung gemeinsamer deutscher Gesetze gegenüber den Schwierigkeiten, welche das verfassungsmäßige Recht der Einzelkammern, die Gesetzesentwürfe durchzuberathen und zu modificiren, deren Zustandekommen entgegenstellt. Sodann wird von dem Antrage gesagt, daß er eine Bundesreform im Auge habe, sie anbahne, und zwar eine Reform nicht mit Umgestaltung des Wesens und der principiellen Grundlagen des Bundes, sondern mit Bewahrung dieses Wesens und auf diesen Grundlagen. In Betreff des Weges, wie dieß geschehen könnte, aber heißt es in dem Mehrheitsberichte, „die Delegirtenversammlung solle den Landesgesetzgebungen gegenüber keine bindende und verpflichtende Macht haben, und insofern nur eine berathende Stellung einnehmen; aber, wie dieß schon oben angedeutet worden, der Bundesversammlung gegenüber wären ihre Beschlüsse sofort maßgebend und den Landesvertretungen gegenüber würden sie es allmählich werden. Die Eigenthümlichkeit des deutschen Nationallebens sei die reiche Individualität der Stämme, das Widerstreben gegen uniformirende Centralisation, und diese Eigenthümlichkeit fordere bei jeder Reform des Bundes vorzugsweise Beachtung, da gerade sie zur Klippe werden könnte, an welcher alle Reformbestrebungen scheitern möchten. Gerade hier könne nun die vorgeschlagene Delegirtenversammlung wahrhaft organisch eingreifen und segensvoll wirken.“ Die Ausführung des Majoritätsberichtes zum Ausgangspunkte nehmend, wird nun zunächst die Bedeutung der vorgeschlagenen Einrichtung für Entwickelung der deutschen Staatszustände und Verfassungsfragen zu beurtheilen und deren Wirkungen nach zwei Richtungen zu unterscheiden sein:

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Erstens, welches wird der Einfluß der beabsichtigten Maßregel für die Reform der Gesammtverfassung des Deutschen Bundes sein? und Zweitens, welches wird die Rückwirkung auf die Einzelverfassungen der deutschen Staaten werden? In erster Beziehung erscheint der Antrag als ein Versuch, die Gesetzgebungsthätigkeit der Einzelstaaten für gewisse Aufgaben der Legislation zu centralisiren und der Verschiedenheit der Gesetze in Deutschland dadurch entgegenzuwirken, daß fertige Gesetzeswerke, geheiligt durch die Autorität eines Kreises von Delegirten der einzelnen Ständeversammlungen, letzteren zur Zustimmung vorgelegt und deren Verzicht auf eingehende Discussion und abändernde Anträge erwartet wird. Hier ist denn nun aber Manches und Gewichtiges einzuwenden. Vorerst gegen die Art und Weise, wie das gemeinsame Gesetzgebungsrecht geordnet werden will. Man mag einverstanden sein, in der Einheit der Gesetzgebung ein werthvolles Resultat einer glücklichen nationalen Entwickelung und Geschlossenheit anzuerkennen, aber man wird zugeben müssen, daß, wenn das Staatsleben eines Volkes sich in der conföderativen Form festgeordnet hat, vor Allem die Bedingungen einzuhalten sind, unter welchen allein diese Gestaltung erhalten werden kann. Es müßte denn sein, daß darauf ausgegangen würde, dieselbe durch die straffere Einheitsform zu ersetzen. – Hier steht nun aber fest, daß es keine Attribution gibt, welche in den zu einem föderativen Ganzen verbundenen einzelnen Staatsorganismen so wenig auch nur auf die kürzesten Augenblicke entbehrt werden kann, als die volle unbeschränkte Befugniß, Gesetze zu schaffen, zu ändern und aufzuheben; – und wieder gibt es kaum ein Attribut, welches für die Leistungen der von dem deutschen Volke als seinem gutem Rechte verlangten Centralgewalt so gleichgültig ist, als die erleichterte Möglichkeit, in die Gesetzgebung der Einzelstaaten bestimmend oder empfehlend oder auch nur wünschend einzugreifen. Will in einem Bunde eine gemeinsame Gesetzgebung für gewisse Lebensgebiete eingeführt werden, so muß in wesentlich anderer Weise verfahren werden. In allem durch Erfahrung erprobten Föderativeinrichtungen mit gemeinsamer Gesetzgebung hat eine Scheidung der jedem Theile, dann aber ausschließlich, zustehenden Gegenstände der Gesetzgebung bestanden, keineswegs aber eine Verbindung der beiderseitigen Thätigkeit mit verschiedenem Beschlußrechte. Sodann ist Einwendung zu erheben gegen die geringe Bedeutung des gemachten Vorschlages für die politischen Zustände. – Wie fruchtbar sich die Einberufung einer Delegirtenversammlung erweisen möchte, dieselbe würde schwerlich einen vollständigeren Erfolg gewinnen können, als daß ihre Beschlüsse in Gesetzgebungsfragen der Bundesversammlung gegenüber sofort maßgebend und auch für die Landesvertretungen bindend würden. Dieses Resultat könnte vielleicht von solchen geprießen werden, welche entschlossen

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wären, die Existenz der Einzelstaaten dem großen Gedanken nationaler Einheit zu opfern. Allein wie wenig bei der Festhaltung der Grundlage des deutschen Staatslebens den berechtigten Ansprüchen des deutschen Volkes auf eine seine Machtstellung wirksam vertretende und seine Interessen nach Außen zur Geltung bringende Centralgewalt durch diese Aufopferung der wichtigsten Lebensbedingung ihrer Existenz geholfen wäre, liegt auf der Hand. Dem Bedürfnisse des Einzelnen, sich selbst und seine persönliche Entwickelung dadurch auf eine höhere Stufe zu heben, so daß die mächtigen Hebel eines großen und gesunden Staats- und Volkslebens ihm nicht versagt bleiben, dieser sittlichen Forderung einer Nation wie ihrer Glieder würde dieses Opfer nicht nur zur Befriedigung gereichen, sondern im Gegentheile darf mit Recht befürchtet werden, daß auch die heilsamen Früchte verfassungsmäßig gesicherter Ordnung im einzelnen Heimathsstaate wieder durch eine Reihe verwirrender Controversen in Frage gestellt würden. Ferner ist zu bedenken zu geben, daß von dem Ausgangspunkte der vorgeschlagenen Delegirtenversammlung nimmermehr in regelmäßiger Weiterentwickelung zu einer wirksamen Reform, welche die einzigen einer Centralisation bedürfenden Functionen der Staatsthätigkeit, nämlich Vertretung nach Außen und nationale Vertheidigungsanstalten zu Land und See, ergreifen würde, ohne eine Usurpation der Gewalt durch diese Versammlung gelangt werden könnte. Alle Theile sind nun aber einig, daß eine solche Gefahr dem deutschen Staatsleben fern gehalten werden muß. Endlich liegt neben dieser zukünftigen Gefahr alsbald eine andere gegenwärtige für das gedeihliche auf wechselseitigem gutem Einvernehmen beruhende Wirken der bestehenden Bundesorganisation vor, welche gleichfalls vermieden werden muß. – Der Vorschlag soll sich bei Anbahnung einer Reform des Bundes gleichzeitig innerhalb des Bundesrechtes halten. Es muß jedoch diesem Anspruche gegenüber auf den Umstand aufmerksam gemacht werden, daß man damit beginnt, einen Gegenstand, der gar nicht zum Wesen und Kern des Bundes gehört, und der nach Ansicht gewichtiger Bundesglieder und wohl auch nach der Natur der ihn bildenden Staaten gar nicht in seiner Competenz liegt, demselben stillschweigend zuzuweisen, nämlich ein umfassendes Gesetzgebungsrecht. Wollte die Bundesreform mit wirksamer Organisation der wirklich dem Bunde obliegenden Aufgaben beginnen, so wäre rathsam gewesen, nicht einen Gegenstand zu wählen, von dem es zweifelhaft ist, ob er der Competenz des Bundes unterliegt, sondern einen solchen, der ihr unbestritten unterworfen ist. Dahin würden z. B. die Bundessteuern und die Festsetzung der Contingentshöhe gerechnet werden können, für welche beide eine wirksame Controlle durch eine ständische (am besten freilich mit beschließender, nicht bloß berathender Befugniß auszurüstende) Versammlung seit lange geboten erscheint. Eine Competenzstreitigkeit würde auf alle Fälle ein wenig

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hoffnungsreicher Ausgangspunkt einer Bundesreform-Maßregel sein, und zwar um so mehr, als es nicht bloß eine Competenzstreitigkeit unter den Bundesregierungen wäre, sondern eine zwischen den Ständen der Einzelstaaten und dem Bunde; und als auch ein einstimmiger Bundesbeschluß nicht vermöchte, diesen Conflict zu schlichten und die bestrittene Competenz definitiv zu erweitern. Dieß Alles fällt nun um so schwerer in’s Gewicht, als sich, zweitens, die Beurtheilung keineswegs günstiger stellt, wenn die Verfassungsverhältnisse der Einzelstaaten den Standpunkt bilden. Hier ist nämlich, außer der allgemeinen Verwirrung der Competenz für Gesetzgebungsarbeiten, auf die Wahrscheinlichkeit hinzuweisen, daß schon über die Frage, ob die hohen Regierungen einen Beschluß auf Einberufung einer solchen Versammlung überhaupt fassen könnten, ohne den verfassungsmäßig bestimmten gesetzlichen Weg ihren Ständen gegenüber zu verlassen, sich eingreifende Controversen mit den letzteren erheben werden. Bis zu einem gewissen Grade hinge vielleicht die Entscheidung derselben von der Modalität der Vorschläge über das „Wie“ der Zusammensetzung und Einberufung der Delegirtenversammlungen ab. Jedenfalls steht aber fest, daß von Seiten hoher Regierungen weder am Bunde noch außerhalb des Bundes eine Verpflichtung übernommen werden könnte, welche das Recht der Stände, bei der Gesetzgebung mitzuwirken, so tief alterirt. Die schlimmsten Verwickelungen müßten mit Nothwendigkeit sich daraus ergeben. Sodann aber ist der ganze Organismus der inneren Gesetzgebung selbst auf’s schwerste bedroht. – Es ist nicht abzusehen, wie künftig eine unbehinderte Beweglichkeit der Gesetzgebung der Einzelstaaten, diese Grundbedingung der Erhaltung wohlgeordneter Staats- und Gesellschaftszustände, stattfinden sollte, wenn zufällige einzelne Gesetzgebungsgebiete gleichsam isolirt und der freien Einwirkung der regelmäßigen Factoren entzogen wären. Es wird kaum eine Gesetzgebung auf noch so fern liegendem Gebiete sich denken lassen, welche nicht mehr oder weniger wieder Modificationen dieser allgemeinen Gesetzgebung erheischte. – Werden aber unter solchen Umständen die deutschen Stände geneigt sein, oder ist es ihnen zu rathen, daß sie mit Bereitwilligkeit mitwirken bei Schöpfungen, deren beengende Schranken durch keinen der großen moralischen und politischen Vortheile aufgewogen würden, wie solche ein zwar auch zu einheitlicher Gesetzgebung in bestimmtem Kreise berechtigtes, aber außerdem mit wirksamen Rechten ausgestattetes, das geistige Lebenscentrum der Nation bildendes Parlament bieten würde? Diesen Bedenken über Gefahren für die nationale Enwickelung und über die Beeinträchtigung der Verfassungszustände der Einzelstaaten reiht sich nun aber schließlich noch ein bedeutender weiterer Uebelstand an.

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Untersucht man nämlich die Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Delegirtenversammlung an sich, als Organisation, so läßt sich dabei freilich, bei dem Mangel detailirter Vorschläge, nur von der hypothetischen Annahme, wie solche auf Grund des bestehenden Bundesrechtes gestattet sein können, ausgehen. In dieser Hinsicht erscheint nun aber der gemachte Vorschlag als ganz unvereinbar mit der Form des Bundes, wie dieser durch sein innerstes Wesen geboten ist. Zu einer gedeihlichen Wirksamkeit der Delegirtenversammlung würden nothwendig eine leichte Verbindung der Bundesgewalt und eine Theilnahme an den Verhandlungen der Versammlung durch instruirte und zu bindenden Erklärungen ermächtigte Commissäre gehören. Die Bestellung solcher Commissäre ist nun aber der Bundesversammlung, als einer bloßen Vereinigung von Gesandten, welche selbst in jedem einzelnen Punkte von Instructionen abhängen, rechtlich unmöglich. Die Frage wäre also entweder die Unthunlichkeit einer jeden Verbindung mit der Delegirtenversammlung, oder ein in’s Unerträgliche gehender schleppender Geschäftsgang. Abzuhelfen scheint in dieser Hinsicht aber entweder gar nicht, oder nur wenn einem fernen politischen Zwecke zu Liebe, eine temporäre Entäußerung werthvoller Souverainetätsbefugnisse an einige bestellte Commissäre stattfindet. Dabei aber ergibt sich sofort wieder die Schwierigkeit, daß immerhin eine Verantwortlichkeit derselben gegen Regierungen und Stände erhalten bleiben müßte, wenn erstere (um von letzteren gar nicht zu reden) eine Verbindlichkeit haben sollten, das Elaborat nunmehr, wie es aus den Berathungen der Delegirtenversammlung hervorgegangen, unverändert anzunehmen. Als Aufgabe des Ausschusses in Folge des ihm gewordenen Auftrages hoher Bundesversammlung erscheint es, durch Auffindung zweckmäßiger Detailvorschläge diese sich erhebenden Zweifel an der praktischen Ausführbarkeit zu beseitigen; und es ist also ein weiterer Grund, warum das dissentirende Mitglied sich zu einem Separatvotum veranlaßt sieht, weil es nach dem Wortlaute der dem Ausschusse für das Bundesgericht zugewiesenen Aufgabe nicht für zulässig hält, daß ein Antrag auf einen Beschluß zu Gunsten einer Einrichtung gestellt worden, deren Detailirung gleichzeitig zu geben unterlassen wurde, – während gerade dahin der Auftrag gerichtet war. Nur dann, wenn die Frage nach dem „Wie“ der beantragten Einrichtung (wie allerdings von dem dissentirenden Mitgliede geschieht) mit bewußter Ueberzeugung dahin beantwortet wird, daß sich keine Form für die Idee der Delegirtenversammlung finden lasse, deren weitläufiger Apparat irgend in einem Verhältnisse stehe mit dem von ihr zu erwartenden Nutzen, – nur dann erscheint eine Unterlassung dieser näheren Ausführung schon im jetzigen Stadium als gerechtfertigt. Eine solche Ansicht kommt denn aber auch mit Nothwendigkeit zu dem Ergebnisse, das, was sich in der praktischen Durchführung nicht wohl erproben möchte, auch nicht grundsätzlich festzuhalten.

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Aus diesen Gründen erklärt das betreffende Mitglied, dem Berichte der Mehrheit des Ausschusses nicht zustimmen zu können, sondern vielmehr seinerseits zu beantragen: es möge von der Zusammensetzung und Berufung der beantragten Delegirtenversammlung, zunächst für Begutachtung der laut Bundesbeschlusses vom 6. Februar d. J. auszuarbeitenden Gesetzesentwürfe einer allgemeinen deutschen Civilproceßordnung und eines Obligationenrechtes, Umgang genommen werden. D. Diesen beiden abweichenden Gutachten gegenüber glaubt die Majorität des Ausschusses sich im Allgemeinen nur auf ihre eigene Darstellung beziehen und von einer nochmaligen Erörterung der einzelnen Fragen um so mehr Umgang nehmen zu sollen, als die Anschauungen der beiden dissentirenden Mitglieder unter sich selbst mehrfach in Widerspruch stehen. Während nämlich das eine Votum ausführt, daß zwar allerdings bei gemeinnützigen Anordnungen die Vorfrage, ob überhaupt der Gegenstand in Behandlung genommen werden solle, nicht an Einstimmigkeit gebunden sei, daß aber der Antrag vom 14. August d. J. nicht sowohl auf eine gemeinnützige Anordnung, als vielmehr auf eine organische Einrichtung gerichtet sei, hält das andere Separatgutachten die Behauptung fest, daß bei gemeinnützigen Anordnungen in ganz gleicher Weise wie bei organischen Einrichtungen, ja bei jenen in noch höherem Grade, das Erforderniß der Einstimmigkeit bestehe, und führt aus, daß übrigens der Antrag vom 14. August d. J. an sich weder auf eine organische Einrichtung, noch auf eine gemeinnützige Anordnung, sondern auf etwas Neues, auf eine Competenzerweiterung des Bundes gerichtet und nur nach Artikel 13, 1, wenn nicht vielmehr nach Artikel 4, 9 und 15 der Wiener Schlußacte zu beurtheilen und zu behandeln sei. Eine so tiefgehende und vielfache Abweichung der Ansichten würde durch eine fortgesetzte Discussion im Ausschusse weder ausgeglichen noch der Ausgleichung näher gebracht werden können, und es wird vielmehr der hohen Bundesversammlung selbst überlassen werden müssen, sich darüber auszusprechen, wie sie den Antrag vom 14. August d. J. auffaßt und welche Folge sie demselben geben zu sollen glaubt. Nur in einigen speciellen Punkten glaubt die Majorität des Ausschusses zur Feststellung des Thatbestandes noch einige kurze Bemerkungen beifügen zu sollen. Zum Belege dafür, daß, wenn für die organischen Einrichtungen in gewissen Stadien der geschäftlichen Entwickelung Stimmeneinhelligkeit gefordert werde, dieß um so mehr für die gemeinnützigen Anordnungen der Fall sein müsse, beruft sich das Separatvotum des Preussischen Ausschußmitgliedes

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auf die Verhandlungen über die Wiener Schlußacte und auf einen dort erstatteten Ausschußbericht. Es ist damit der Vortrag gemeint, welchen die Redactionscommission in der 22. Sitzung am 15. April 1820 über den Entwurf der Schlußacte gehalten hat4, und es findet sich darin die angezogene Stelle. Es muß aber wohl beachtet werden, daß dabei nur von dem über eine gemeinnützige Anordnung entscheidenden, alle Bundesglieder bindenden Beschlusse die Rede ist. Daß hierzu freiwillige Vereinbarung unter sämmtlichen Bundesgliedern, d. h. Stimmeneinhelligkeit gefordert werde, bestreitet auch die Ausschußmajorität nicht. Die Streitfrage ist vielmehr, ob auch zur Vorfrage und zur Vorbereitung eines solchen Beschlusses über eine gemeinnützige Anordnung Stimmeneinhelligkeit erforderlich sei? Hierüber findet sich in den Wiener Verhandlungen keine unmittelbare Erörterung, wohl aber spricht der ganze Gang derselben für die Auffassung der Ausschußmajorität. Es fanden nämlich vielfache Untersuchungen darüber statt, ob gemeinnützige Anordnungen überhaupt nur irgendwie an Stimmeneinhelligkeit gebunden, oder nicht vielmehr durch die Bundesacte der Plenarentscheidung durch Stimmenmehrheit zugewiesen seien, welche letztere Auffassung sehr entschiedene Vertheidigung fand, und als man sich schließlich über die jetzige Fassung des Artikels 64 geeinigt hatte, fügte eben der in dem Separatvotum jetzt angezogene Commissionsvortrag derselben die Bemerkung bei: „Es wird die gegenwärtige Fassung schwerlich der Vorwurf treffen können, daß sie Vorschläge zu gemeinnützigen Anordnungen von den Bundestags-Verhandlungen auszuschließen geeignet wäre. Die Bundesversammlung hat vielmehr nach diesem Artikel nicht allein die Befugniß, sondern die Pflicht, dergleichen Vorschläge von allen Seiten zu prüfen, und jedes zur Ausführung dienliche Mittel, insofern es die Rechte der einzelnen Bundesstaaten nicht verletzt, zum Gegenstande ihrer anhaltenden Berathungen zu machen.“5 Von mehr als solchen Berathungen ist zur Zeit nicht die Rede, und die Majorität des Ausschusses ist sich bewußt, in ihren Ausführungen die Rechte der einzelnen Bundesstaaten nirgends verletzt, vielmehr deren vollständige Wahrung stets im Auge gehabt zu haben, wie sie denn insbesondere hervorgehoben hat, daß ein die dissentirenden Regierungen zur Theilnahme oder Mitwirkung bindender Beschluß nicht in Aussicht genommen werden könne. Deßhalb kann auch die Majorität des Ausschusses die in dem Separatvotum geäußerten Besorgnisse weder theilen, noch zum Gegenstande von Erwiederungen machen, glaubt vielmehr deren Würdigung lediglich den höchsten und hohen Bundesregierungen überlassen zu sollen. 4 Ilse, Protocolle der deutschen Ministerial-Conferenzen, S. 185–201. 5 Ebd., S. 200.

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In dem erwähnten Separatvotum ist gesagt, im Sinne des Gutachtens der Majorität würde die befürwortete Delegirtenversammlung mit berathender Stimme etwa die Grenze dessen bezeichnen, was auf Bundesgrundlage dem Drange der deutschen Stämme nach engerer staatlicher Einigung zu bewilligen wäre. Daß aber das Majoritätsgutachten nicht in diesem Sinne abgefaßt worden ist, ergibt sich wohl am klarsten aus den Ausführungen über die Entwickelungsfähigkeit der vorgeschlagenen Einrichtung, deren Bedeutung ja dem Separatvotum selbst so wichtig schien, daß es daran inhaltschwere Besorgnisse knüpfen zu müssen glaubte. Das Badische Mitglied des Ausschusses gibt am Schlusse seines Separatvotums als einen weiteren Grund gegen den Majoritätsantrag an, daß derselbe auf einen Beschluß zu Gunsten einer Einrichtung gestellt worden sei, deren Detailirung gleichzeitig zu geben unterlassen worden sei, während die Aufgabe des Ausschusses in Folge des ihm gewordenen Auftrages hoher Bundesversammlung gerade dahin gerichtet gewesen sei, durch Auffindung zweckmäßiger Detailvorschläge die sich erhebenden Zweifel an der praktischen Ausführbarkeit zu beseitigen. Zur Abwehr dieses Vorwurfes wird es genügen, daran zu erinnern, daß in der Verweisung eines Antrages an einen Ausschuß durch die hohe Bundesversammlung eben nur der Auftrag enthalten ist, diesen Antrag zu begutachten, aber keineswegs schon die Billigung des Antrages, oder des demselben zu Grunde liegenden Gedankens. Nun ist aber der Antrag vom 14. August d. J. gerade darauf gerichtet, hohe Bundesversammlung wolle sich durch einen Ausschuß die näheren Vorschläge über die Art der Zusammensetzung und Einberufung einer Delegirtenversammlung erstatten lassen, und nur diesen Antrag hatte mithin der berichtende Ausschuß zu begutachten; weit entfernt also, selbst schon mit den Detailvorschlägen beauftragt zu sein, hat er vielmehr zu begutachten, ob ein Auftrag zu Detailvorschlägen überhaupt erlassen werden soll, sei es nun an ihn selbst oder an einen anderen Ausschuß. Der berichtende Ausschuß würde also höchstens eventuell schon jetzt auf die Details haben eingehen können, und hätte sich dabei dem formell gewiß begründeten Vorwurfe ausgesetzt, daß er den ihm ertheilten Auftrag überschritten und der Beschlußfassung der hohen Bundesversammlung über die Vorfrage vorgegriffen habe. Gerade diesen Vorwurf zu vermeiden, mußte aber der Ausschuß um so mehr bedacht sein, als eben die Vorfrage selbst und der in ihr enthaltene Gedanke auf so entschiedenen, principiellen Widerspruch gestoßen ist. Wenn demnach die Majorität des Ausschusses durch die abweichenden Vota zweier Ausschußmitglieder sich nicht bestimmt sehen konnte, an ihrer Vortragserstattung eine Aenderung vorzunehmen, so hält sie in gleicher Weise die Hoffnung fest, daß der dem Antrage vom 14. August d. J. zu Grunde lie-

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gende fruchtbare Gedanke in fortgesetzter bundesgemäßer Berathung allmählich die ihm zur Zeit noch entgegenstehenden Bedenken überwinden und zu einer heilsamen Belebung und Fortbildung der Bundesverhältnisse führen werde. Auf Präsidialvorschlag wurde beschlossen: hierüber in fünf Wochen abzustimmen.

156. Bismarck an Flemming11 GStA Berlin, I. HA, Rep. 75 A, Nr. 284. Vertraulicher Erlaß. Abschrift. Vermerk: „für Frankfurt“. Druck: Bismarck, Werke in Auswahl, Bd. 3, Nr. 42, S. 45–47; Die auswärtige Politik Preußens, Bd. 2, Nr. 84, S. 135 f.

Sollte die Majorität der Bundesversammlung das Delegiertenprojekt durchsetzen, so würde Preußen das als einen Bundesbruch ansehen und dies „amtlich und öffentlich“ konstatieren. In diesem Fall hätten die Bundesverträge für Preußen keine verbindliche Kraft mehr und Preußen würde die völlige Freiheit der Entschließung in seinen gesamten auswärtigen Beziehungen in Anspruch nehmen.

Vertraulich

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Mit Rücksicht auf die der unsrigen verwandte Stellung, welche die Großherzogliche Regierung2 zu der Frage wegen der Delegirten-Versammlung am Bunde eingenommen hat, beehre ich mich Ew. p. Nachstehendes mitzutheilen. Das aggressive Verfahren, welches die Majorität der Bundesregierungen in dieser Angelegenheit gegen uns beobachtet, setzt uns in die unerwünschte Alternative, entweder die Interpretation der Bundesverträge, welcher wir uns gegenüber befinden, durch unsere Fügsamkeit und Passivität als berechtigt anzuerkennen, oder das Verfahren unserer Gegner als einen Bundesbruch anzusehen und zu behandeln. Seine Majestät der König haben Sich für die letztere Auffassung entschieden. Vertrauliche Eröffnungen, welche wir über diese Lage der Dinge in Wien und bei einigen der mittelstaatlichen Cabinette gemacht haben, sind bisher nicht im Stande gewesen, unsere Bundesgenossen von der Nothwendigkeit einer rücksichtsvolleren Behandlung der Einsprache Preußens zu überzeugen. Gelingt dies auch fernerhin nicht, und schreitet die 1 Albrecht Graf von Flemming (1813–1884), 1859–1884 preußischer Gesandter in Karlsruhe; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 319. 2 Gemeint ist die Regierung von Baden.

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Majorität in Frankfurt wirklich zur Beschlußfassung ungeachtet unseres Widerspruchs, so bleibt uns nur übrig, diesen Bundesbruch amtlich und öffentlich zu constatiren, indem wir gleichzeitig aus demselben die Folgerung ziehen, daß auch für uns die gesammten Bundesverträge keine verbindliche Kraft mehr haben, und daß wir auch in Betreff unserer bisher zum Deutschen Bunde gehörigen Länder in die volle Freiheit der Entschließung über unsere gesammten auswärtigen Beziehungen zurück treten. Wir würden durch eine solche Erklärung zwischen uns und unsern bisherigen Bundesgenossen dasselbe Verhältniß herstellen, welches außerhalb Deutschlands zwischen benachbarten souverainen Staaten besteht, und es denjenigen Deutschen Regierungen, welche das Bedürfniß näherer Vertragsbeziehungen zu Preußen haben sollten, überlassen, sich mit uns wegen der Bedingungen zu verständigen. Die geeigneten Anknüpfungspunkte zu diesem Behufe würden sich insbesondere bei Gelegenheit der Erneuerung des Zollvereins darbieten. Die sofortige Abberufung unserer Bundestags-Gesandtschaft, und unserer Beamten bei der Militair-Commission würde mit einem solchen Schritte nicht nothwendig Hand in Hand zu gehen brauchen. Im Gegentheil würde die Verwaltung des gemeinschaftlichen Bundeseigenthums, und die Ordnung der gemeinschaftlichen militairischen Einrichtungen bis zu erfolgter Auseinandersetzung auf diesen Gebieten unserer Mitwirkung provisorisch nicht entbehren können. Es würde für uns nur darauf ankommen, Preußen in Betreff seiner künftigen Politik von allen den Verbindlichkeiten frei zu wissen, welche wir vermöge der Bundesverträge übernommen hatten. Wann der Moment eintreten würde, wo wir von dieser Freiheit einen den bisherigen Bundespflichten widersprechenden Gebrauch machen wollen, wird lediglich von unserer Beurtheilung unserer eigenen Interessen abhängen. Daß die letzteren in unserer eigenen Hand besser gewahrt sind, als in den Händen einer Majorität von Bundesgenossen, welche uns nach keiner Richtung hin das Aequivalent der uns für den Bund obliegenden Leistungen zu gewähren vermögen, dürfte für Niemand zweifelhaft sein. Ew. p. würden mich verbinden, wenn Sie in ganz vertraulicher Weise ermitteln könnten, wie Freiherr v. Roggenbach die hier angedeuteten Eventualitäten auffaßt, und welches die Stellung der Großh. Regierung zu denselben sein würde. (gez.) Bismarck.

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157. Ysenburg11 an König Wilhelm I. von Preußen GStA Berlin, I. HA, Rep. 75 A, Nr. 284. Bericht. Abschrift.

Die Regierung von Hannover stellt sich in der Frage der Delegiertenversammlung auf den preußischen Standpunkt und wird sich gegen die Durchführung des Projekts mit Stimmenmehrheit aussprechen. König Georg hat diese Absicht nach Wien mitteilen lassen.

Hannover, 29. Dezember 1862 Allerdurchlauchtigster pp. Im Anschlusse an meinen allerunterthänigsten Bericht No 1362, betreffend das Project wegen der dem Bundestage beizuordnenden Delegirten-Versammlung, darf Eurer Königlichen Majestät, nachdem wegen der von Hannover in dieser Frage weiter zu beobachtenden Haltung ich inzwischen wiederum mehrere vertrauliche Besprechungen sowohl mit dem Grafen Platen wie auch mit dem ob dieser Angelegenheit von Hamburg hierher berufenen Staatsrathe Zimmermann3 gehabt, ich heute allerunterthänigst melden, daß die Regierung des Königs Georg nunmehr schon so gut wie fest entschieden sein dürfte, gegenüber diesem Projecte durchaus den Standpunkt mit einzunehmen, welchen Allerhöchstdero Regierung festhält, und daß somit sie ebenfalls sich gegen die Zulässigkeit der Realisirung dieses Projectes durch Stimmenmehrheit aussprechen wird. Ich kann noch daneben weiterhin allerunterthänigst melden, daß König Georg, welcher von Anfang an sehr wenig Geschmack an dem ganzen Delegirtenprojecte fand, und welcher auch jetzt durchaus keinerlei Wohlgefallen an dem betreffenden von der Pfordten’schen Ausschußberichte und den sich daran knüpfenden Anträgen finden kann, dies vor einigen Tagen ganz unumwunden hat nach Wien hin mittheilen lassen, damit man dorten vorbereitet sei, weß man sich in dieser Frage von Hannover zu versehen habe, falls etwa die

1 Gustav Prinz zu Ysenburg und Büdingen (1813–1883), 1859–1866 preußischer Gesandter in Hannover; Bringmann, Handbuch der Diplomatie, S. 317. 2 Ysenburg an Bismarck, 20. Dezember 1862, GStA Berlin, I. HA, Rep. 75 A, Nr. 284. – In diesem Bericht hatte Ysenburg mitgeteilt, daß Graf Platen der Ansicht sei, über den Antrag zu dem Delegiertenprojekt könne nicht durch Majorität, sondern nur durch Stimmeneinhelligkeit entschieden werden; Platen wünsche, daß Österreich und die Mittelstaaten die Sache nicht auf die Spitze treiben würden, habe aber erklärt, Hannover werde sich, wenn es dennoch zu einem Majoritätsbeschluß komme, nicht von der Würzburger Koalition trennen. 3 Gustav Zimmermann (1808–1874), Geheimer Regierungsrat, 1856–1866 Mitglied des Staatsrats von Hannover, 1860–1865 hannoverscher Ministerresident für die Hansestädte Hamburg, Lübeck und Bremen; Wrage, Der Staatsrat im Königreich Hannover, S. 93; ADB, Bd. 45, S. 265 f.

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Ysenburg an König Wilhelm I. von Preußen

Nr. 157

übrigen Würzburger Coalirten, welchen man von hier aus zur Mäßigung räth, dennoch ihre Wünsche in Betreff der Durchführung des fraglichen Projectes weiter auf die Spitze treiben sollten. (gez.) Gustav Prinz zu Ysenburg

Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen

Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen Abt. ADB AGKK Anm. Art. Aufl. BA B.A. B.B. Bd. Bearb. br. m. Bstages B.T. B.V. B.Verfassung c. cfr. CJCG DBA DBE DBV dd; ddo Dep. ders. d. J(s). d. M(ts). DNB Dok. Ebd. ec. E. D. Ed(s). E. E. E. H. ejsd. eod. Ew.; Ewr.

Abteilung Allgemeine Deutsche Biographie Akten zur Geschichte des Krimkriegs Anmerkung Artikel Auflage Bundesarchiv Bundesakte Bundesbeschluß Band Bearbeiter brevi manu (lat.: kurzerhand) Bundestages Bundestag Bundesversammlung Bundesverfassung currentis (lat.: des laufenden [Monats, Jahres]) confero (lat.: vergleiche) Corpus Juris Confoederationis Germanicae Deutsche Bundesakte Deutsche Biographische Enzyklopädie Deutsche Bundesversammlung de dato Depositum derselbe dieses Jahres dieses Monats Dictionary of National Biography Dokument Ebendort et cetera Euer Durchlaucht Editor(s), Editeur(s) Euer Exzellenz Euer Hochwohlgeboren ejusdem (lat.: am selben) eodem (lat.: am selben) Euer

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866 Ex. Exped. f.; ff. FA Fasz. Fhr. fl. fol. Frh.; Frhr. Gf. GHA GLA Grf. GStA H.; Hr.; Hn. HHStA Hrsg. HStA I. I. M. M. Invol. k. k. k. ksrl. lat. Lect. (in Cur.) Leg.-Rat LHA l. M(ts). Loc. m./p. N.B. NDB Ndr. NL No.; Nr.; Nro.; Num. ÖBL o. J. o. O. pag. pCt pp; p.p.; p.

Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen

Exzellenz Expeditionsvermerk, Auslaufdatum folgende Familienarchiv Faszikel Freiherr Gulden folio (lat.: Blatt) Freiherr Graf Geheimes Hausarchiv Generallandesarchiv Graf Geheimes Staatsarchiv Herr(n) Haus-, Hof- und Staatsarchiv Herausgeber Hauptstaatsarchiv Ihre Majestäten Involut königlich kaiserlich-königlich kaiserliche, kaiserlichen lateinisch Lectus (in Curia) (lat.: Verlesen im Senat) Legationsrat Landeshauptarchiv laufenden Monats Locat manu propria (lat.: eigenhändig) Nota Bene! (lat.: beachte!) Neue Deutsche Biographie Nachdruck Nachlaß Nummer Österreichisches Biographisches Lexikon ohne Jahr ohne Ort pagina (lat.: Seite) Prozent perge, perge (lat.: und so weiter)

Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen

P.P. pr. Praes. ProtDBV QGDB r Rgg; Regg; Reggn Rep. Rh. S. Se. seq. s. g. S. K. H. S. k. k. S. K. M. S. M. Sr. StA T. u. a. g. H. u. d. gl. ut in litt. v v. vgl. v. M(ts). Vol. WSA; W.Schl.A. xbr. zit.

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praemissis praemittendis (lat.: man nehme an, der gebührende Titel sei vorausgeschickt) prior (lat.: vorherig) Praesentatum (Einlaufdatum) Protokolle der Deutschen Bundesversammlung Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes recte (lat.: Vorderseite) Regierung(en) Repositur, Repositorium Reihe Seite Seine sequens (lat.: folgend) sogenannte(n) Seine Königliche Hoheit Seine kaiserlich königliche Seine Königliche Majestät Seine Majestät Seiner Staatsarchiv Teil unser allergnädigster Herr und dergleichen ut in litteris (lat.: wie im Brief) verse (lat.: Rückseite) von vergleiche vorigen Monats Volume; Volumen Wiener Schlußakte Dezember zitiert

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Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen

1. Ungedruckte Quellen (Archivalien)

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Quellen- und Literaturverzeichnis 1. Ungedruckte Quellen (Archivalien) Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin I. Hauptabteilung, Rep. 75 A: Preußische Gesandtschaft am Bundestag 1816–1866 Nr. 282 Nr. 283 Nr. 284 I. Hauptabteilung, Rep. 81: Gesandtschaft Dresden nach 1807 Nr. 57 I. Hauptabteilung, Rep. 81: Gesandtschaft zu Wien II Nr. 284 Nr. 302, Vol. I–IV III. Hauptabteilung: Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten Nr. 26 Nr. 118 Nr. 147 Nr. 148 Staatsarchiv Bremen Bestand 2–M.3: Verhältnis Bremens zum Rheinbund und zum Deutschen Bund Akte b.3.b.3.b, Nr. 47 Staatsarchiv Coburg Bestand LA A Nr. 7188 Nr. 7191 Nr. 7192 Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden Bestand 10 717 (Außenministerium) Nr. 930 Nr. 931 Nr. 932 Nr. 933 Nr. 934 Nr. 935 Nr. 936 Nr. 937 Nr. 938 Bestand Gesandtschaft München Nr. 50 Nr. 51 Bestand Gesandtschaft Wien Nr. 101 Nr. 129

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg Bestand 111–1 Senat Cl. I. Lit. Sa, Vol. 23 Cl. I. Lit. Sa, Vol. 24 Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover Dep. 103: Archiv des ehemaligen Hannoverschen Königshauses Bestand VI: Akten der hannoverschen Gesandtschaften, insbesondere zu Frankfurt Nr. 658 Nr. 4099 Bestand VIII: Kabinettsakten Auswärtige Politik Nr. 62 Nr. 70 Nr. 86 Nr. 87 Badisches Generallandesarchiv Karlsruhe Bestand 48: Haus- und Staatsarchiv III. Staatssachen Nr. 1482 Nr. 1523 Nr. 1524 Großherzogliches Familienarchiv (Eigentum SKH des Markgrafen von Baden) Abt. 13: Korrespondenz Großherzog Friedrichs I. Bd. 11 Bd. 13 Bd. 30 Bundesarchiv Koblenz Nachlaß Justin Timotheus Balthasar Freiherr von Linde FN 10/70 I Reichsarchiv Kopenhagen Bestand Udenriksministeriets. Det tyske forbund. Depêcher 1860–1862 Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Abt. II: Neuere Bestände Bestand MA (Ministerium des Äußeren) Nr. 492 Nr. 493/1 Nr. 493/2 Nr. 494 Nr. 504 Nr. 1238 Bestand Bayerische Gesandtschaft Bundestag Nr. 37 Bestand Bayerische Gesandtschaft Wien Nr. 1622/I

1. Ungedruckte Quellen (Archivalien)

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Abt. III: Geheimes Hausarchiv Kabinettsakten König Maximilians II. Nr. 27 a Nr. 27 b Nr. 27 c Nr. 27 e Nr. 34 c Abt. V: Nachlässe und Sammlungen Nachlaß von der Pfordten Nr. 53 Niedersächsisches Staatsarchiv Oldenburg Bestand 38: Hof- und Privatkanzlei Nr. 51 Bestand 31–15–13: Kabinettsregistratur Oldenburg, Gesandtschaft bei der Deutschen Bundesversammlung Nr. 81 III Nr. 95 I Landesarchiv Schleswig Abt. 399.52: Nachlaß Samwer Nr. 114 Landeshauptarchiv Schwerin Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten (MdaA) Nr. 68 Nr. 99 Württembergisches Hauptstaatsarchiv Stuttgart Bestand E 9: Königliches Kabinett I: Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten 1806–1872 Büschel 31 Büschel 62 Bestand E 50/01: Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten betr. Württembergische Bundestagsgesandtschaft in Frankfurt am Main 1816–1866 Büschel 824 Büschel 866 Bestand E 70 b: Württembergische Gesandtschaft in Wien 1806–1894 Büschel 54 Büschel 361 Österreichisches Staatsarchiv Wien, Abt. Haus-, Hof- und Staatsarchiv Bestand Politisches Archiv des Ministeriums des Äußeren (PA) Abt. II: Deutscher Bund 1849–1870 Nr. 38 Nr. 53 Abt. V: Gesandtschaft Dresden 1848–1918 Nr. 60

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Bestand Bundespräsidialgesandtschaft Frankfurt Nr. 23 Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Abt. 130 II: Herzoglich-Nassauisches Hausarchiv Nr. 1564 Nr. 2123q Nr. 6469 Abt. 210: Nassauisches Staatsministerium Nr. 10 722 Nr. 11 368 2. Gedruckte Quellen a) Akten, Protokolle, Werkausgaben Akten zur Geschichte des Krimkriegs [AGKK]. Hrsg. v. Winfried Baumgart. Serie I: Österreichische Akten zur Geschichte des Krimkriegs. Bd. 1–3. Serie II: Preußische Akten zur Geschichte des Krimkriegs. Bd. 1–2. Serie III: Englische Akten zur Geschichte des Krimkriegs. Bd. 1–4. München/Wien 1979–1991. Arndt, Ernst Moritz, Gedichte. Vollständige Sammlung. 2. Aufl. Leipzig 1865. Die auswärtige Politik Preußens 1858–1871. Diplomatische Aktenstücke. Hrsg. v. Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschlands unter Leitung von Arnold Oskar Meyer. 12 Bde. Berlin 1945. Biefang, Andreas (Hrsg.), Der Deutsche Nationalverein 1859–1867. Vorstands- und Ausschußprotokolle. Düsseldorf 1995. Bismarck, Otto Fürst von, Die gesammelten Werke. Bd. 1–15. Berlin 1924–1935. Bismarck, Otto von, Werke in Auswahl. 8 Bde. Jahrhundertausgabe zum 23. September 1862. Hrsg. v. Gustav Adolf Rein u. a. Darmstadt 1962–1982. British Envoys to Germany, 1816–1866. Vol. 4: 1851–1866. Ed. by Markus Mösslang, Chris Manias, and Torsten Riotte. (Camden Fifth Series, Vol. 37.) Cambridge 2010. Corpus Juris Confoederationis Germanicae oder Staatsacten für Geschichte und öffentliches Recht des Deutschen Bundes. Nach officiellen Quellen hrsg. v. Philipp Anton Guido von Meyer. Ergänzt und bis auf die neueste Zeit fortgeführt v. Heinrich Zoepfl. 3 Bde. 3. Aufl. Frankfurt am Main 1858–1865. Dokumente aus geheimen Archiven. Bd. 5: Die Polizeikonferenzen deutscher Staaten 1851–1866. Präliminardokumente, Protokolle und Anlagen. Eingel. u. bearb. v. Friedrich Beck u. Walter Schmidt. (Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam, Bd. 27.) Weimar 1993. Fleck, Peter/Franz, Eckhart G. (Hrsg.), Die nachrevolutionären Landtage des Großherzogtums Hessen 1849–1856. Reden aus den parlamentarischen Debatten. (Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission, N.F., Bd. 28; Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen, Nr. 25.) Darmstadt 2008. Goethe, Johann Wolfgang von, Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. München 1981. Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1849.

2. Gedruckte Quellen

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Hannoversches Landtagsblatt. Enthaltend die Verhandlungen der Zweiten Kammer der vierzehnten Allgemeinen Stände-Versammlung des Königreichs Hannover. Hannover 1860. Hohlfeld, Johannes (Hrsg.), Dokumente der deutschen Politik und Geschichte von 1848 bis zur Gegenwart. Ein Quellenwerk für die politische Bildung und staatsbürgerliche Erziehung. Bd. 1–8. Berlin [1951 ff.]. Heyderhoff, Julius (Bearb.), Die Sturmjahre der preussisch-deutschen Einigung. Politische Briefe aus dem Nachlaß liberaler Parteiführer. (Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts, Bd. 18.) Bonn 1925, Ndr. Osnabrück 1967. Huber, Ernst Rudolf (Hrsg.), Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte. Bd. 1: Deutsche Verfassungsdokumente 1803–1850. 3. Aufl. Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1978. Bd. 2: Deutsche Verfassungsdokumente 1851–1900. 3. Aufl. Stuttgart/Berlin/ Köln/Mainz 1986. Ilse, Leopold Friedrich (Hrsg.), Protocolle der deutschen Ministerial-Conferenzen gehalten zu Wien in den Jahren 1819 und 1820. Frankfurt am Main 1860. Jansen, Christian (Bearb.), Nach der Revolution 1848/49: Verfolgung, Realpolitik, Nationsbildung. Politische Briefe deutscher Liberaler und Demokraten 1849–1861. Düsseldorf 2004. Kotulla, Michael, Deutsches Verfassungsrecht 1806–1918. Eine Dokumentensammlung nebst Einführungen. Bd. 1–3. Berlin 2006–2010. Landtags-Acten vom Jahre 1850/51. 1. Abtheilung: Die königlichen Mittheilungen an die Kammern und die Eingaben der Letzteren an den König enthaltend. Dresden 1850/51. Landtags-Acten. 3. Abtheilung: Die Protocolle der Zweiten [Sächsischen] Kammer. Beilagen zu den Protocollen der Zweiten Kammer. Dresden o. J. Mittheilungen über die Verhandlungen des ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1850 und 1851. Zweite Kammer. Bd. 1. Dresden o. J. Mittheilungen über die Verhandlungen des ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1850 und 1851. Erste Kammer. Bd. 2. Dresden o. J. Mittheilungen über die Verhandlungen des ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1857/58. Zweite Kammer. Erster Band. Dresden o. J. Mittheilungen über die Verhandlungen des außerordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1859. Zweite Kammer. Bd. 1. Dresden o. J. Oncken, Hermann (Bearb.), Großherzog Friedrich I. von Baden und die deutsche Politik von 1854–1871. Briefwechsel, Denkschriften, Tagebücher. Hrsg. v. der Badischen Historischen Kommission. 2 Bde. (Deutsche Geschichtsquellen des 19. Jahrhunderts, Bd. 22/23.) Stuttgart/Berlin/Leipzig 1927. [Ovid] P. Ovidius Naso, Die Fasten. Hrsg., übers. u. kommentiert v. Franz Bömer. 2 Bde. Heidelberg 1957/58. Poschinger, Heinrich Ritter von (Hrsg.), Preußen im Bundestag 1851 bis 1859. Documente der K. Preuß. Bundestags-Gesandtschaft. 4 Bde. Leipzig 1882–1885. Poschinger, Heinrich von (Hrsg.), Preußens auswärtige Politik 1850 bis 1858. Unveröffentlichte Dokumente aus dem Nachlasse des Ministerpräsidenten Otto Frhrn. v. Manteuffel. 3 Bde. Berlin 1902. Protokolle der Deutschen Bundesversammlung von 1816–1866.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes. Für die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften hrsg. v. Lothar Gall. Abt. I: Quellen zur Entstehung und Frühgeschichte des Deutschen Bundes 1813–1830. Bd. 1: Die Entstehung des Deutschen Bundes 1813–1815. Bearb. von. Eckhardt Treichel. München 2000. Abt. II: Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes 1830–1848. Bd. 1: Reformpläne und Repressionspolitik 1830–1834. Bearb. v. Ralf Zerback. München 2003. Abt. III: Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes 1850–1866. Bd. 1: Die Dresdener Konferenz und die Wiederherstellung des Deutschen Bundes 1850/51. Bearb. v. Jürgen Müller. München 1996. – Bd. 2: Der Deutsche Bund zwischen Reaktion und Reform 1851–1858. Bearb. v. Jürgen Müller. München 1998. Real, Willy (Hrsg.), Karl Friedrich von Savigny 1814–1875. Briefe, Akten, Aufzeichnungen aus dem Nachlaß eines preußischen Diplomaten der Reichsgründungszeit. 2 Bde. Boppard 1981. Rodbertus, Karl, Gesammelte Werke und Briefe. Zusammengestellt auf Grund früherer Ausgaben und mit Einleitung sowie Bibliographie herausgegeben von Thilo Ramm. Abt. I: Zur sozialen Frage und Politik. Bd. 2. Osnabrück 1971. Roth, Paul/Merck, Heinrich (Hrsg.), Quellensammlung zum deutschen öffentlichen Recht seit 1848. 2 Bde. Erlangen 1850/52. Salomon, Felix, Die deutschen Parteiprogramme vom Erwachen des politischen Lebens in Deutschland bis zur Gegenwart. Bd. 1. Leipzig 1907. Schiller, Friedrich, Sämtliche Werke in 5 Bänden. Auf der Grundlage der Textedition von Herbert G. Göpfert hrsg. v. Peter-André Alt, Albert Meier u. Wolfgang Riedel. München 2004. Schüler, Winfried (Hrsg.), Nassauische Parlamentsdebatten. Bd. 2: Revolution und Reaktion 1848–1866. Bearb. v. Herbert Reyer u. Winfried Schüler. (Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen, Bd. 1.) Wiesbaden 2010. Schüßler, Wilhelm (Hrsg.), Die Tagebücher des Freiherrn Reinhard v. Dalwigk zu Lichtenfels aus den Jahren 1860–71. (Deutsche Geschichtsquellen des 19. Jahrhunderts, Bd. 2.) Stuttgart/Berlin 1920. Schulthess, Heinrich (Hrsg.), Europäischer Geschichtskalender. 1.–4. Jahrgang 1860– 1863. Nördlingen 1861–1864. Seier, Hellmut (Hrsg.), Akten und Dokumente zur kurhessischen Parlaments- und Verfassungsgeschichte 1848–1866. Bearb. v. Ulrich von Nathusius und Hellmut Seier. (Vorgeschichte und Geschichte des Parlamentarismus in Hessen, 4; Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, 48/2.) Marburg 1987. Siemann, Wolfram (Hrsg.), Der „Polizeiverein“ deutscher Staaten. Eine Dokumentation zur Überwachung der Öffentlichkeit nach der Revolution von 1848/49. (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Bd. 9.) Tübingen 1983. Srbik, Heinrich von (Hrsg.), Quellen zur deutschen Politik Österreichs 1859 bis 1866. 5 Bde. (Deutsche Geschichtsquellen des 19. Jahrhunderts, Bd. 29–33.) Oldenburg 1934–1938. Das Staatsarchiv. Sammlung der officiellen Actenstücke zur Geschichte der Gegenwart. Hrsg. v. Ludwig Karl Aegidi u. Alfred Klauhold. Bd. 1–3. Hamburg 1861– 1862.

2. Gedruckte Quellen

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Stenographische Berichte über die Verhandlungen der durch die Allerhöchste Verordnung vom 22. Dezember 1859 einberufenen beiden Häuser des [preußischen] Landtages. Haus der Abgeordneten. Bd. 2. Berlin 1860. Verhandlungen der großdeutschen Versammlung zu Frankfurt a. M. vom 28. und 29. October 1862. Frankfurt am Main 1862. Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des zweiten bayerischen Landtages im Jahre 1849, resp. 1849/50. Stenographische Berichte Nr. 108–131. Von der CVIII. Sitzung am 6. Mai 1850 bis zur CXXXI. Sitzung am 20. Juni 1850. Bd. 5. Augsburg o. J. Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des bayerischen Landtages in den Jahren 1859/61. Stenographische Berichte. Bd. 1. München o. J. Verhandlungen des am 15. April 1857 einberufenen gemeinschaftlichen Landtags der Herzogtümer Coburg und Gotha 1860. Verhandlungen der Württembergischen Kammer der Abgeordneten in den Jahren 1862 und 1863. 1. Beilagen-Band. 1. Abtheilung. Stuttgart 1862–1863. Verhandlungen der Württembergischen Kammer der Abgeordneten in den Jahren 1862–64. 1. Protokollband. Stuttgart 1864. Weil, Carl (Hrsg.), Quellen und Aktenstücke zur deutschen Verfassungsgeschichte. Von der Gründung des deutschen Bundes bis zur Eröffnung des Erfurter Parlaments und dem Vierkönigsbündnisse. Mit historischen Erläuterungen. Berlin 1850. b) Zeitungen und Zeitschriften (Augsburger) Allgemeine Zeitung. Augsburg, Jahrgang 1861, 1862. Bayerischer Kurier. München, Jahrgang 1861. Der Beobachter. Ein Volksblatt aus Schwaben. Stuttgart, Jahrgang 1860. Deutsche Blätter. Ein Sprechsaal für gebildete Vaterlandsfreunde. Frankfurt, Jahrgang 1859, 1862. Dresdner Journal. Dresden, Jahrgang 1859. Frankfurter Journal. Frankfurt, Jahrgang 1861, 1862. Die Gartenlaube. Leipzig, Jahrgang 1863. Karlsruher Zeitung. Karlsruhe, Jahrgang 1860, 1862. Kladderadatsch. Berlin, Jahrgang 1851. Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen (Vossische Zeitung). Berlin, Jahrgang 1859. Korrespondent von und für Deutschland. Nürnberg, Jahrgang 1859. Neue Frankfurter Zeitung (Frankfurter Handelszeitung). Frankfurt, Jahrgang 1862. Neue Preußische Zeitung (Kreuzzeitung). Berlin, Jahrgang 1859. Neue Würzburger Zeitung. Würzburg, Jahrgang 1859. Ost-Deutsche Post. Wien, Jahrgang 1859. Preussische Zeitung. Berlin, Jahrgang 1861. Preußisches Wochenblatt zur Besprechung politischer Tagesfragen. Berlin, Jahrgang 8, 1859. The Times. London, Jahrgang 1860. Die Zeit. Tageblatt für Politik, Handel und Wissenschaft. Frankfurt, Jahrgang 1861.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

c) Politische Schriften, Flugschriften und Darstellungen bis 1866 Baumgarten, Hermann, Die deutsche Presse und die Frankfurter Pfingstversammlung. Frankfurt am Main 1862. [Blittersdorff, Friedrich Landolin Karl Frhr. von,] Einiges aus der Mappe des Freiherrn von Blittersdorff, vormaligen Großherzoglich Badischen Staatsministers und Bundestagsgesandten. Mainz 1849. Darwin, Charles, The Origin of Species. Complete and Fully Illustrated. New York 1979 [nach der Erstausgabe London 1859]. Der Deutsche Bund, die Verfassungskämpfe 1848 u. 1849 und die Einigungsbestrebungen von 1859. Vom Verfasser der Schrift: Oesterreich keine „Deutsche“ Großmacht! Berlin, Verlag von Ferdinand Riegel 1859. Diotmund, Auch ein deutsches Programm. Dresden 1861. Droste-Hülshoff, Annette Freiin von, Gedichte. Stuttgart/Tübingen 1844. Ein preußisches Programm in der deutschen Frage. Berlin 1862. Eine praktische Lösung der Deutschen Frage. Nürnberg 1862. [Frantz, Constantin,] Untersuchungen über das Europäische Gleichgewicht. Berlin 1859. Ders., Drei und dreißig Sätze vom Deutschen Bunde. Berlin 1861. Fröbel, Julius, Die Forderungen der deutschen Politik. Ein Brief an den Verfasser der Studien über das europäische Gleichgewicht. Frankfurt am Main 1860. Ders., Kleine Politische Schriften. 2 Bde. Stuttgart 1866. Oesterreich keine Deutsche Großmacht! Aufgrund unumstößlicher Thatsachen erwiesen. Berlin 1859. Pierer’s Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart. Neuestes encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe. 4., umgearbeitete und stark vermehrte Aufl. 19 Bde. Altenburg 1857–1865. Preußen vor den Wahlen von 1861. Berlin 1861. Radowitz, Joseph Maria von, Gesammelte Schriften. 5 Bde. Berlin 1852/53. Rodbertus, Karl/von Berg, Philipp/Bucher, Lothar, Erklärung [Januar 1861], in: Karl Rodbertus, Gesammelte Werke und Briefe. Abt. I, Bd. 2. Osnabrück 1971, S. 835– 838. Rousseau, Jean-Jacques, Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts. In Zusammenarbeit mit Eva Pietzcker neu übersetzt und hrsg. von Hans Brockard. Stuttgart 2003. Schaumann, Adolf Friedrich Heinrich, Geschichte des zweiten Pariser Friedens für Deutschland. Aus Aktenstücken. Göttingen 1844. Das erste deutsche Schützenfest in Frankfurt am Main vom 13. bis 22. Juli 1862. Eine Darstellung seines Entstehens und seines ganzen Verlaufs, mit den dabei gehaltenen Reden und Trinksprüchen und der Liste der gewonnenen Ehrenpreise. Frankfurt 1862. Ueber die Centralgewalt in Deutschland. Hannover 1860. Weismann, Heinrich (Hrsg.), Das allgemeine deutsche Schützenfest zu Frankfurt am Main, Juli 1862. Ein Gedenkbuch. Frankfurt am Main 1863.

3. Bibliographien

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d) Memoiren und Tagebücher Beust, Friedrich Ferdinand Graf von, Aus Drei Viertel-Jahrhunderten. Erinnerungen und Aufzeichnungen. 2 Bde. Stuttgart 1887. Ernst II. Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha, Aus meinem Leben und aus meiner Zeit. 3 Bde. Berlin 1878–1889. Varnhagen von Ense, Karl August, Tagebücher. Aus dem Nachlaß. Bd. 2. Leipzig 1862. e) Staatshandbücher Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern 1861. München o.J. Königlich Württembergisches Hof- und Staatshandbuch. Hrsg. v. dem Königl. statistisch-topographischen Bureau. Stuttgart 1862. 3. Bibliographien Kaiser, Hans-Dietrich/Buchge, Wilhelm (Bearb.), Der Springer Verlag. Katalog seiner Veröffentlichungen 1842–1945. Berlin/Heidelberg 1992. Rosenberg, Hans, Die nationalpolitische Publizistik Deutschlands vom Eintritt der neuen Ära in Preußen bis zum Ausbruch des deutschen Krieges: Eine kritische Bibliographie. 2 Bde. München/Berlin 1935. 4. Darstellungen Amelung, Heinz (Hrsg.), Bismarck-Worte. Berlin/Leipzig/Wien/Stuttgart 1918. Angelow, Jürgen, Der Deutsche Bund. Darmstadt 2003. Ders., Von Wien nach Königgrätz. Die Sicherheitspolitik des Deutschen Bundes im europäischen Gleichgewicht 1815–1866. (Beiträge zur Militärgeschichte, Bd. 52.) München 1996. Angermann, Erich, Robert von Mohl 1799–1865. Leben und Werk eines altliberalen Staatsgelehrten. Neuwied/Berlin 1962. Bachmann, Gertraude, Aus dem Leben der Herzogin Alexandrine von Sachsen-Coburg und Gotha, geborenen Prinzessin von Baden, in: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 39, 1994, S. 1–34. Bachmann, Harald, Ernst II., Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, in: Fränkische Lebensbilder. Bd. 5. Würzburg 1973, S. 253–281. Ders. u. a. (Hrsg.), Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha 1818–1893 und seine Zeit. Coburg/Gotha 1993. Bachteler, Kurt, Die öffentliche Meinung in der italienischen Krisis und die Anfänge des Nationalvereins in Württemberg 1859. Tübingen 1934. Baumgart, Winfried, Die Aktenedition zur Geschichte des Krimkriegs. Eine Zwischenbilanz auf Grund der österreichischen Akten, in: Ulrich Haustein/Georg W. Strobel/ Gerhard Wagner (Hrsg.), Ostmitteleuropa. Berichte und Forschungen. Stuttgart 1981, S. 217–236.

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Abbildungsnachweis Illustrirte Zeitung (Leipzig) Bd. 39, 1862, S. 96: Vorsatzblatt (Deutsches Schützenfest in Frankfurt am Main, Juli 1862: Einweihung der Schützenbund-Fahne auf dem Roßmarkt). Bd. 36, 1861, S. 336: S. 609 (Dalwigk). Bd. 36, 1861, S. 444: S. 715 (Mohl). Wikimedia Commons (gemeinfreie Bilddateien): S. 133 (Roggenbach), 285 (Ernst II.), 331 (Riedel), 791 (Schrenk).

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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Register

Register Personenregister Fettdruck der Seitenangaben weist auf nähere biographische Abgaben in den Anmerkungen hin. Im Register sind lediglich die Lebensdaten und – bei den direkt beteiligten Personen – die aktuelle Funktion angegeben. Abée, Conrad (1806–1873), kurhessischer Bundestagsgesandter 165 Abensberg und Traun, Hugo Graf (1828– 1904), österreichischer Diplomat 64 Adolf V. Wilhelm Carl August Friedrich, Herzog von Nassau (1817–1905) 286, 288– 295, 300 Albers, Georg Wilhelm (1800–1876), Senator in Bremen und bremischer Bundestagsgesandter 147, 148 Alberti, Karl Edmund Robert (1801–1870), Stadtschulrat in Stettin 86 Albrecht, Siegfried Wilhelm (1826–1896), hannoverscher Abgeordneter 52, 55 Alexandrine Luise, Prinzessin von Baden (1820–1904) 314 Amos, Hermann (1813–1873), württembergischer Abgeordneter 662 f. Arago, Étienne (1802–1892), französischer Schriftsteller und Politiker 276 Ariosto, Ludovico (1474–1533), italienischer Schriftsteller 373 Armansperg, Caroline Gräfin von (1821– 1888) 306 Armansperg, Joseph Ludwig Graf von (1787– 1853) 306 Arndt, Ernst Moritz (1769–1860) 453, 558 Arnim-Suckow, Harry Kurt Eduard Freiherr von (1824–1881), preußischer Legationssekretär in Wien 143, 147 Auerswald, Rudolf von (1795–1866), preußischer Staatsminister 20, 602 Bach, Alexander Freiherr von (1813–1893), österreichischer Politiker 572 Barth, Marquard Adolph (1809–1885), bayerischer Abgeordneter 38 Bennigsen, Rudolf von (1824–1902), hannoverscher Abgeordneter 52, 55, 217, 363 Bentinck, Reichsgrafen von 225 Berckheim, Christian Friedrich Gustav Frei-

herr von (1817–1889), badischer Gesandter in München 351 f. Berg, Philipp von (1816–1866), preußischer Politiker 570 Berger, Johann Nepomuk (1816–1870), österreichischer Schriftsteller und Politiker 573 Bernhard II. Erich Freund, Herzog von Sachsen-Meiningen (1800–1882) XVIII, 194, 197, 210 f., 304 f. Bernstorff, Albrecht Graf von (1809–1873), preußischer Außenminister 433, 440, 501, 507, 517, 519, 521, 524, 528, 531, 533, 536–538, 541, 543 f., 546, 566, 574, 578, 591 f., 595, 598, 600, 605, 613, 618, 627 f., 630, 632, 634–636, 638–642, 660, 675, 696, 710 f., 713 Beseler, Georg Karl Christoph (1809–1888), preußischer Abgeordneter 219 Beust, Friedrich Ferdinand Freiherr von (1809–1886), sächsischer Außenminister XXVI, XXXV, 28, 58, 60, 64–67, 76, 84, 88 f., 91, 93–95, 103, 105, 145, 152, 160, 165, 169 f., 177, 197, 220, 224, 226, 228, 234, 236, 238, 245, 247 f., 251 f., 257, 306 f., 316, 321, 326 f., 329, 332, 353–356, 387, 392, 394, 407, 415–418, 422, 432, 434–441, 444 f., 455 f., 461, 475, 477, 479, 482–484, 486, 488–494, 501–507, 512, 520 f., 524–527, 531, 536, 541, 543, 574, 595, 604 f., 627, 630–632, 634, 638, 656, 659, 661, 729 f., 750–752, 770, 777, 796 Biegeleben, Ludwig Freiherr von (1812– 1872), Ministerialrat im österreichischen Außenministerium 509, 697, 700, 702, 705, 727 f. Bismarck, Otto von (1815–1898), preußischer Ministerpräsident XI, XXII, 15, 371, 433, 654, 813 f., 815 f., 818 f., 821–823, 827, 861–863 Blind, Karl (1826–1907), badischer Demokrat 29

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Register

Blittersdorff, Friedrich Landolin Karl Freiherr von (1792–1861) 510 Blome, Baron von, hannoverscher Geschäftsträger in Dresden 494 Blome, Gustav Graf, österreichischer Gesandter bei den Hansestädten, außerordentlicher österreichischer Gesandter in München 511 f., 517 f., 520, 523 f. Blücher, Gebhard Leberecht Fürst von (1742–1819), preußischer Generalfeldmarschall 561 Bluntschli, Johann Caspar (1808–1881), Jurist und badischer Abgeordneter 691 Borries, Wilhelm Friedrich Otto von (1802– 1883), hannoverscher Innenminister 84, 86, 155 f., 225 Bose, Carl Gustav Adolf von (1817–1893), sächsischer Ministerresident in München 89, 103, 220, 226, 234, 247, 296, 307, 316, 326, 392 Boyen, Hermann von (1771–1848), preußischer Kriegsminister 553 Brater, Karl (1819–1869), bayerischer Abgeordneter 38 Bray-Steinburg, Otto Camillus Hugo Gabriel Graf (1807–1899), bayerischer Gesandter in Wien 340, 499 f., 508, 510, 637, 661, 691, 697, 699, 719, 723, 725 Brehm, Alfred (1829–1884), Zoologe 314 Breusing, Carl Theodor (1789–1867), hannoverscher Abgeordneter 52, 55 Brockhaus, Eduard (1829–1914), Verleger 52 Brunck, Friedrich Karl (1800–1871), bayerischer Abgeordneter 38 f. Bucher, Lothar (1817–1892), preußischer Politiker 570 Bülow, Bernhard Ernst von (1815–1879), Bundestagsgesandter für Holstein und Lauenburg 213, 215 f., 218 f., 334 f. Bülow, Bernhard Friedrich Ferdinand Karl von (1820–1864), mecklenburgischer Bundestagsgesandter 16, 19, 24, 793 f., 799 Buhl, Franz Peter (1809–1862), bayerischer Abgeordneter 38 f. Buol-Schauenstein, Carl Ferdinand Graf von (1797–1865), österreichischer Außenminister 553 Buol-Schauenstein, Johann Rudolf Graf von (1763–1834), österreichischer Bundespräsidialgesandter 402 Carlowitz, Albert von (1802–1874), preußischer Abgeordneter 215 Cavour, Camillo Benso Graf von (1810–

1861), Premierminister von Sardinien, erster Ministerpräsident von Italien 13, 218, 275, 361, 571 Cotta, Johann Friedrich (1764–1832), Verleger 181 Crämer, Karl von (1818–1902), bayerischer Abgeordneter 38 f. Cretzschmar, Eberhard Ludwig (1792–1862), Gutsbesitzer 52 f., 55 Cromwell, Oliver (1599–1658) 275 Dalwigk zu Lichtenfels, Carl Friedrich Reinhard Freiherr von (1802–1880), Außenminister des Großherzogtums Hessen XXXV, 105, 165, 168, 357, 444, 607, 609, 612 f., 618, 643–645, 660 f. Dannhauser, Ernst, preußischer Bevollmächtigter in der Bundesmilitärkommission 295 Degenfeld-Schonburg, Ferdinand Christoph Graf von (1802–1876), württembergischer Gesandter in München 88, 89, 392, 767, 788, 790 Dellefant, Mathias (1815–1895), bayerischer Abgeordneter 38 f. Demosthenes (384–322 v. Chr.), athenischer Feldherr 559 Dölitzsch, Arthur, Jurist und Demokrat 30 Drachenfels, Adolf Freiherr von (1795–1862), hessischer Gesandter in Wien 644 f., 698 f., 724, 726 Droste-Hülshoff, Anette von (1797–1848), Schriftstellerin 274 Duncker, Franz Gustav (1822–1888), Verleger 52, 230 Edelsheim, Ludwig Freiherr von (1823–1872) badischer Gesandter in Wien 520, 523 Eisendecher, Wilhelm von (1803–1880), oldenburgischer Bundestagsgesandter 11, 224 f., 494 Elder, Peter Ludwig (1798–1881), Bundestagsgesandter von Lübeck 147 Ernst II., Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha (1818–1893) XXIX, 143, 146 f., 216, 283–288, 291, 294, 297, 302–304, 313 f., 357, 363, 714, 826 Fischer-Goullet, Lorenz Wilhelm (1810– 1866), Journalist 26, 95, 205 Flemming, Albrecht Graf von (1813–1884), preußischer Gesandter in Karlsruhe 861 Föckerer, Karl (1814–1886), bayerischer Abgeordneter 38 f.

Personenregister Frantz, Gustav Adolph Constantin (1817– 1891), Publizist 259, 282, 305, 371 Franz II./I., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches/Kaiser von Österreich (1768–1835) 597, 661, 816 Franz Joseph I., Kaiser von Österreich (1830– 1916) 22, 308, 313, 387, 410, 509 Frese, Friedrich Julius (1821–1883), Journalist 52 Freytag, Gustav (1816–1895), Schriftsteller 826 Friedrich I. (Barbarossa), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches 400 Friedrich I., Großherzog von Baden (1826– 1907) 284, 287, 292–294, 299, 313 f., 824 Friedrich II., König von Preußen (1712– 1786) 107, 108, 231 Friedrich Franz II., Großherzog von Mecklenburg-Schwerin (1823–1883) 793 Friedrich Wilhelm III., König von Preußen (1770–1840) 232 Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen (1795–1861) 19, 36, 214, 264, 595, 760 Fries, Hugo (1818–1889), sächsischer Abgeordneter 30, 52, 55 Fröbel, Carl Ferdinand Julius (1805–1893), Publizist 258 f., 264, 267, 273, 282, 304– 306, 364 Gagern, Hans Christoph Ernst Reichsfreiherr von (1766–1852), niederländischer Bundestagsgesandter 402 Gagern, Heinrich Wilhelm August Freiherr von (1799–1880), Präsident der Nationalversammlung und Reichsministerpräsident 1848/49 230, 342 Gamm, Carl Freiherr von (um 1822–1877), mecklenburg-schwerinscher Geschäftsträger in Wien 591 Garibaldi, Giuseppe (1807–1882), italienischer Freiheitskämpfer 275, 290, 361, 571 Geffcken, Friedrich Heinrich (1830–1896), hamburgischer Ministerresident in Berlin 148 Georg V., König von Hannover (1819–1878) 156, 238, 241, 283, 293–296, 300, 302, 658, 863 Gervinus, Georg Gottfried (1805–1871), Historiker 219 Geßler, Theodor von (1821–1886), württembergischer Abgeordneter 676 f., 680, 682 Gise, Maximilian Freiherr von (1817–1890), bayerischer Gesandter in Dresden 220, 247, 326, 524

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Giskra, Karl (1811–1886), österreichischer Politiker 573 Gneisenau, August Wilhelm Anton Graf Neidhardt von (1760–1831), preußischer Generalfeldmarschall 561 Goethe, Johann Wolfgang (1749–1832) 557 Goltz, Robert von der (1817–1869), preußischer Botschafter in St. Petersburg 543 Gramont, Antoine Alfred Agénor, Herzog von (1819–1880), französischer Botschafter in Wien 523 Grote, Eduard (1811–1883), hannoverscher Leutnant 241 Gundlach, Friedrich Heinrich Karl von (1822–1871), preußischer Legationssekretär 618, 627 f. Habicht, August Eberhardt (1805–1896), Jurist 52, 55 Hack, Philipp (1802–1865), bayerischer Abgeordneter 38 f. Häusser, Ludwig (1818–1867), liberaler Politiker, Historiker und Journalist 484, 691 Hall, Karl Christian (1812–1888), dänischer Außenminister 213, 334 Harbou, Andreas Paul Adolph von (1809– 1877), Staatsminister von Sachsen-Meiningen 165, 170, 183 Hardenberg, Karl August Fürst von (1750– 1822), preußischer Staatskanzler 620 Hassenpflug, Hans Daniel Ludwig Friedrich (1794–1862), kurhessischer Minister 207, 215 Hegnenberg-Dux, Friedrich Adam Johann Justus Graf von (1810–1872), bayerischer Abgeordneter 38, 39 Henneberg, Friedrich Wilhelm (1815–1880), gothaischer Abgeordneter 52 f., 55, 198 Hensolt, Leonhard († 1867), bayerischer Abgeordneter 38 f. Hering, Hermann (1821–1887), Abgeordneter in Sachsen-Weimar-Eisenach 52, 55 Hirnbein, Carl (1807–1871), bayerischer Abgeordneter 38 f. Höfter, Alois (1819–1898), bayerischer Abgeordneter 38 f. Hölder, Julius (1819–1887), württembergischer Abgeordneter 662 f., 677, 679 Hoffmann, Julius (1810–1882), Abgeordneter in Sachsen-Meiningen 52 f. Hofmann, Karl (1827–1910), hessen-darmstädtischer Legationsrat 444 Hohenthal-Knauthain, Karl Adolf Graf von (1811–1875), sächsischer Gesandter in Ber-

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lin 432, 441, 501, 507, 524, 537, 541 f., 627, 630 Hohenzollern, Sigmaringen, Karl Anton Fürst (1811–1885), preußischer Ministerpräsident 283 f., 286 Hügel, Karl Eugen Freiherr von (1805–1870), württembergischer Außenminister XXXV, 60, 63, 89, 91, 93–95, 103–105, 165, 168, 234, 252, 255– 257, 321 f., 351, 392 f., 523, 690, 692, 767, 769 f., 800 f. Hugo, Victor (1802–1885), französischer Schriftsteller 276 Humboldt, Wilhelm von (1767–1835), preußischer Politiker 195, 402, 620 Jacobs, Emil (1802–1866), liberaler Politiker 52, 55 Jäger, Bernhard (1829–1900), Jurist 52, 55 Jahreis, Jakob (1801–1879), bayerischer Abgeordneter 38 f. Jasmund, Julius von (1827–1879), Historiker, Journalist 337 Johann von Österreich, Erzherzog (1782– 1859), 1848 Reichsverweser 230 Johann, König von Sachsen (1801–1873) XXVI, 94, 170, 197, 238, 241, 283, 287, 293, 294 f., 297, 300, 302 Jordan, Carl Friedrich Wilhelm (1819–1904), 1848–1852 Ministerialrat im Reichshandelsministerium 5 Joseph, Hermann (1811–1869), Jurist 30 f. Judeich, Edmund (1826–1876), Schriftsteller, Jurist 803, 806 Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (1500–1558) 400 Karl Alexander, Großherzog von SachsenWeimar (1818–1901) 284, 355 Karl Theodor Maximilian August Prinz von Bayern (1798–1875) 349 Károlyi, Aloys Graf von (1825–1889), österreichischer Gesandter in Berlin 537, 541, 693, 711, 814–818 Katzenstein, J., Jurist 52 f., 55 Knesebeck, Ernst von dem (1809–1869), hannoverscher Gesandter in München 238, 634 Könneritz, Rudolph von (1800–1870), sächsischer Gesandter in Wien 28, 58, 60, 62, 238, 415 f., 494, 656, 661, 698 f., 704, 723, 726 Kolb, Georg Friedrich (1808–1884), demokratischer Publizist und Politiker 345

Koller, August Freiherr von (1805–1883), österreichischer Gesandter in Berlin 66 Krämer, Michael Georg († 1865), bayerischer Abgeordneter 38 f. Kreuznacher, Advokat 52 f. Kübeck, Alois Freiherr von Kübau (1813– 1873), österreichischer Bundespräsidialgesandter 11, 14, 186, 188, 812, 817 f. Kuefstein, Franz Seraphicus Graf von (1794– 1871), österreichischer Gesandter in Dresden 43 Kuhn, Johannes (1806–1887), württembergischer Abgeordneter XXXI, 808 Kuranda, Ignaz (1811–1884), österreichischer Journalist und Verleger 152, 573 Lamey, August (1816–1896), badischer Ministerpräsident 218 Lammers, August (1831–1892), Journalist 52, 55, 484 Längenfelder, Johann (1811–1868), bayerischer Abgeordneter 38 f. Langguth, Johann Georg (1808–1881), bayerischer Abgeordneter 38 f. Larisch, Karl August Alfred von (1809–1897), Staatsminister von Sachsen-Altenburg 165, 183 Legeditsch, Ignaz von (1790–1866), österreichischer General 193 Lepidus, M. Aemilius (um 90–12 v. Chr.), römischer Politiker 492 Lichtenstein, Karl (1816–1866), württembergischer Abgeordneter 662 f., 679 Liebe, Friedrich August Gottlob von (1809– 1885), nassauischer Gesandter in Berlin 359, 362, 438–440 Linde, Justin Thimotheus Balthasar Freiherr von (1797–1870), Bundestagsgesandter der 16. Kurie 318, 746 Linden, Joseph Freiherr von (1804–1895), württembergischer Innenminister 662 f., 673 Lucius, Egmont (1814–1884), Jurist 52, 55 Ludwig I., König von Bayern (1786–1868) 306 Ludwig II., Großherzog von Baden (1824– 1858) 284 Ludwig III., Großherzog von Hessen (1806– 1877) 286 Ludwig XIV., König von Frankreich (1638– 1715) 557 Ludwig Wilhelm August Prinz von Baden (1829–1897) 291

Personenregister Luise, Prinzessin von Preußen (1838–1923) 824 Luther, Martin (1483–1546) 68 Machiavelli, Niccolò (1469–1527) 12 Manteuffel, Otto Theodor Freiherr von (1805– 1882), 1850–1858 preußischer Ministerpräsident und Außenminister 5, 9 f., 20, 217, 264, 560, 597 Marc Anton (82–30 v. Chr.), römischer Politiker 492 Marie Amelie Elisabeth Karoline von Baden (1817–1888) 290 Marschall von Bieberstein, Adolf Freiherr (1806–1891), badischer Gesandter in Berlin und Dresden 524 Mathy, Karl (1807–1868), liberaler Politiker, badischer Minister 826 f. Maximilian II., König von Bayern (1811– 1864) 91, 103, 152, 155, 165, 168, 170, 234, 236, 241, 252–256, 283, 291, 293, 295, 297, 300, 302, 304, 340 f., 351, 387, 508, 511, 517, 524, 633, 635, 637 f., 718 f., 750, 752, 788, 792 f., 812 Mensdorff-Pouilly, Alexander Graf von (1813– 1871), österreichischer Politiker 360 Mephistopheles 557 Metternich-Winneburg, Klemens Wenzel Nepomuk Lothar Fürst von (1773–1859), österreichischer Staatskanzler XXXVII, 565, 572, 620, 735, 796, 816, 835 f. Metz, August Joseph (1818–1874), Jurist 52, 55 Meysenbug, Wilhelm Freiherr Rivalier von (1813–1866), badischer Gesandter in Berlin 218 Mohl, Robert von (1799–1875), badischer Bundestagsgesandter 576, 651, 714 f., 718, 753, 760, 767, 819 Moltke, Helmuth von (1800–1891), preußischer General 222 Montgelas, Ludwig Graf von (1814–1892), bayerischer Gesandter in Berlin 599, 605, 635 Müller, Adam (1814–1879), bayerischer Abgeordneter 38 Müller, Friedrich Theodor (1821–1880), Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft 357 Müller, Sigmund (1810–1899), Jurist 52, 55 Münch, Freiherr von, österreichischer Geschäftsträger in Stuttgart 800 Münster, Herbert Ernst Friedrich Reichsgraf zu (1766–1839), hannoverscher Staatsminister 402

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Napoleon Bonaparte (1769–1821) 207, 232, 274 f., 557, 597, 620 Napoleon III., Kaiser der Franzosen (1808– 1873) 10, 12, 22, 110, 116, 208, 237, 239, 276, 283 f., 288–292, 297 f., 594 Neumayr, Max von (1808–1881), bayerischer Innenminister 206 Nikolaus Friedrich Peter II., Großherzog von Oldenburg (1827–1900) 11 Nostitz und Jänckendorf, Eduard Gottlob von (1791–1858), sächsischer Minister und Abgeordneter 330 Oertzen auf Leppin, Jasper Joachim Bernhard Wilhelm von (1801–1874), Staatsminister von Mecklenburg-Schwerin 16, 165, 591 f., 634 Oesterlen, Ludwig August (1819–1893), württembergischer Abgeordneter 662 f., 668, 677 Oettingen-Wallerstein, Ludwig Fürst von (1791–1879) 499 Oktavian (63 v. Chr.–14 n. Chr.), römischer Politiker 492 Otto, König von Griechenland (1815–1867) 306 Ovid (43 v. Chr.–17 n. Chr.), römischer Schriftsteller 603 Ow-Wachendorf, Adolf Freiherr von (1818– 1873), württembergischer Gesandter in Wien 104, 698, 720 f., 723–725, 800 Pachmayr, Franz (1817–1885), bayerischer Abgeordneter 38 f. Patzke, Johann Friedrich, Berliner Polizeioberst 362 Payer, Julius (1841–1915), österreichischer Offizier, Polarforscher 314 Pelkhoven, Maximilian Joseph Freiherr von (1796–1864), bayerischer Staatsrat 767 Pergler von Perglas, Maximilian Freiherr (1817–1893), bayerischer Ministerresident in Hannover 155, 235, 237 f., 241 Perponcher-Sedlnitzky, Wilhelm Ludwig Heinrich Arend Graf von (1819–1893), preußischer Gesandter in München 604, 607 Pfeuffer, Franz von (1808–1883), badischer Geheimer Legationsrat 353 Pfistermeister, Franz (1820–1912), Sekretär König Maximilians II. von Bayern 304, 348, 433 Pfordten, Ludwig Freiherr von der (1811– 1880), bayerischer Bundestagsgesandter

900

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42, 89, 95, 153, 304–306, 348, 350, 433, 438, 444, 750–752, 788, 790, 793, 812, 814, 817 f., 828, 863 Philipp, König von Makedonien (382–336 v. Chr.) 233 Platen-Hallermund, Adolf Graf von (1814– 1880), hannoverscher Außenminister 58, 156, 237 f., 240 f., 494, 863 Plitt, Heinrich Gustav (1817–1879), Jurist 52, 55 Rabl, Joseph (* 1808), bayerischer Abgeordneter 38 f. Radowitz, Joseph Maria von (1797–1853), preußischer Politiker 595 f. Rebay, Franz, bayerischer Abgeordneter 38 f. Rechberg und Rothenlöwen, Johann Bernhard Graf von (1806–1899), österreichischer Außenminister XXIX, 34, 64, 66 f., 104, 143–146, 186, 217, 387, 415, 418, 469, 500, 508–510, 520, 522, 591, 621, 636, 643, 651, 657, 660 f., 675, 691, 693, 696 f., 699 f., 703–705, 710–713, 719–722, 725–727, 729 f., 750–752, 788, 793–798, 800, 814, 817 f. Reigersberg, August Lothar Graf von (1815– 1888), bayerischer Gesandter in Stuttgart 103, 255, 257, 523 Reinhard, Hugo Ludwig Freiherr von (1819– 1871), württembergischer Bundestagsgesandter 321, 326 Reinpold, Max († 1872), bayerischer Abgeordneter 38 f. Reuß, Andreas (1812–1863), Journalist 52, 55 Reyscher, August Ludwig (1802–1880), württembergischer Abgeordneter 364, 662 f. Riedel, Christian Gottlob (1804–1882), sächsischer Abgeordneter 329, 331, 333 Riesser, Gabriel (1806–1863), Jurist und Schriftsteller 49, 484 Rittner, Karl August, sächsischer Abgeordneter 330 Rochau, August Ludwig von (1810–1873), Publizist und Journalist 52 f., 55 Rodbertus, Johann Karl (1805–1875), preußischer Politiker 570 Römer, Friedrich (1794–1864), württembergischer Kammerpräsident 662 Rösing, Johannes (1793–1862), Demokrat 31 Rößler, Constantin (1820–1896), liberaler Staatswissenschaftler 441 Roggenbach, Franz Freiherr von (1825–1907), badischer Außenminister XXXV, 106,

133, 314, 360, 363, 520, 524, 537, 607, 651, 714, 753, 819, 862 Rousseau, Jean-Jacques (1712–1778) 274 Rüdt von Collenberg, Ludwig Freiherr (1799– 1885), badischer Gesandter in Wien 218 Samwer, Karl Friedrich Luzian (1819–1882), liberaler Publizist und Politiker 826 f. Savigny, Karl Friedrich von (1814–1875), preußischer Gesandter in Dresden 76, 353, 356, 501, 538, 591, 630 Sayn-Wittgenstein-Berleburg, August Ludwig Prinz zu (1788–1874), nassauischer Ministerpräsident 165, 228, 359, 438, 524 Schachten, Georg Freiherr von (1796–1868), kurhessischer Gesandter in Wien 698, 724, 726 Schäffle, Albert (1831–1903), württembergischer Abgeordneter 671, 676 Schaffrath, Wilhelm Michael (1814–1893), Jurist 31 Scharnhorst, Gerhard von (1755–1813), preußischer General 561 Schaumann, Adolf Friedrich Heinrich (1809– 1882), Historiker 556 f., 573 Schenkendorf, Max von (1783–1817), Schriftsteller 558 Schiller, Friedrich (1759–1805) 562 Schleinitz, Alexander Freiherr von (1807– 1885), preußischer Außenminister 14, 17, 20, 143 f., 216, 249, 256, 339, 353, 363, 560 Schlieffen, Albrecht Hermann Alexander Graf (1802–1864), Vortragender Rat im preußischen Außenministerium 144 Schmaus, Georg (* 1812), bayerischer Abgeordneter 38 f. Schmerling, Anton Ritter von (1805–1893), österreichischer Ministerpräsident 335, 340, 360, 362, 523 Schönburg-Hartenstein, Alexander Fürst zu (1826–1896), österreichischer Gesandter in München 145, 643 Schott, Sigmund (1818–1895), württembergischer Abgeordneter 676 Schrenk von Notzing, Karl Ignaz Freiherr (1806–1884), bayerischer Staats- und Außenminister 50, 62, 88 f., 91, 95, 103, 105, 152, 160, 162, 165, 168, 170, 177, 206, 220, 224, 226–228, 234, 236 f., 247, 251 f., 255, 321, 326, 329, 340, 351, 353, 387, 392, 499, 508, 511, 517 f., 520, 523, 599, 604, 607, 633, 635, 637, 645, 691, 718, 729, 750, 752, 788 f., 791–794, 797 f., 812

Personenregister Schüler, Gottlieb Christian (1798–1874), Jurist 30, 52, 55 Schulze-Delitzsch, Hermann (1808–1883), Jurist 30, 52 f., 55 Schuselka, Franz (1811–1886), österreichischer Schriftsteller und Politiker 573 Schwarzenberg, Felix Fürst zu (1800–1852), österreichischer Ministerpräsident 43, 44, 243, 550, 572, 626 Schwerin-Putzar, Maximilian Heinrich Carl Anton Curt Graf von (1804–1872), preußischer Innenminister 36, 87, 146, 362, 594 Seebach, Camillo Freiherr von (1808–1894), Staatsminister von Sachsen-Coburg und Gotha 203 Siegel, Franz Ludwig (1812–1877), Jurist 52, 55 Sigmund, Joseph Hugo, bayerischer Legationsrat 634 Simson, Eduard von (1810–1899), preußischer Abgeordneter 27 Sina von Hodos und Kisdia der Jüngere, Simon Georg (1810–1876), Direktor der österreichischen Nationalbank 341 Smidt, Johann (1773–1857), bremischer Bürgermeister und Bundestagsgesandter 57 Soden, Oskar Freiherr von (1831–1906), württembergischer Gesandter in München 252, 257 Sonnemann, Leopold (1831–1909), Frankfurter Bankier und Politiker 593 Stabel, Anton von (1806–1880), badischer Staatsminister 352 Stadler, Alois (1814–1877), bayerischer Abgeordneter 38 f. Stein, Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum (1757–1831) 433, 558 Sterzing, Gotthilf Albert (1822–1889), gothaischer Abgeordneter 198 Stockhausen, Bodo von (1810–1885), hannoverscher Gesandter in Wien 698, 702, 704 f., 723, 725 Strauß, David Friedrich (1808–1874), Theologe 484 Streit, Fedor (1820–1904), coburgischer Abgeordneter 30, 52, 55 Sybel, Heinrich von (1817–1895), Historiker 570, 575 Taschner 52 f., 55 Teleki von Szek, Ladislaus Graf (1811–1861), ungarischer Politiker 361 Tessin, Hermann Freiherr von, württembergischer Geschäftsträger in Wien 769 f., 800

901

Thumb von Neuburg, Otto Freiherr (1817– 1906), württembergischer Ministerresident in Karlsruhe 351 f. Titus, Nikolaus (1808–1874), Jurist 30 Trauttmannsdorff-Weinsberg, Ferdinand Graf (1825–1879), österreichischer Gesandter in Karlsruhe 363 Unruh, Hans Viktor von (1806–1886), Unternehmer 52, 55 Urban, August Anton (1821–1896), bayerischer Abgeordneter 38 f. Usedom, Karl Georg Ludwig Guido Graf von (1805–1884), preußischer Bundestagsgesandter 15, 191, 813, 817–819 Varnhagen von Ense, Karl August (1785– 1858), Schriftsteller 556 f. Vergil (70–19 v. Chr.), römischer Schriftsteller 83 Viktor Emanuel II., König von Sardinien (1820–1878) 262, 291, 571 Vincke, Georg Ernst Friedrich Freiherr von (1811–1875), preußischer Abgeordneter 213, 214, 217, 570 Völk, Franz Joseph (1819–1882), bayerischer Abgeordneter 38–50 Vogel, Eduard (1829–1856), Afrikaforscher 314 Vogt, Carl (1817–1895), Demokrat 27 Voß, Christian Friedrich (1724–1795), Verleger, Jornalist 8 Wächter, Oskar von (1825–1902), württembergischer Abgeordneter 678–680, 682 Waldeck, Friedrich Meyer von (1824–1899) 654 Walz, Johann Adam (1804–nach 1863), bayerischer Abgeordneter 38 f. Wambolt von Umstadt, Franz Freiherr (1829– 1908), hessischer Ministerresident in Berlin 613 Washington, George (1732–1799), amerikanischer Präsident 275 Watzdorf, Christian Bernhard von (1804– 1870), Staatsminister von Sachsen-Weimar 353–355 Weinmann, Karl Ferdinand (1812–1878), bayerischer Abgeordneter 38 f. Weis, Ludwig von (1813–1880), bayerischer Abgeordneter 807 Wendland, August Freiherr von (1806–1884), bayerischer Gesandter in Paris 341

902

Register

Wentzel, Otto von (1819–1899), preußischer Resident bei der Stadt Frankfurt 813 Wermuth, Karl Georg Ludwig (1804–1867), hannoverscher Generalpolizeidirektor 156 Werner, Joseph Freiherr von (1791–1871), österreichischer Gesandter in Dresden 356, 415, 661 Werther, Karl Freiherr von (1809–1894), preußischer Gesandter in Wien 500, 660, 693–695, 700, 710 f., 814 f., 818 Wiest, Alois von (1810–1890), württembergischer Abgeordneter 662 f., 679 Wilhelm I., Prinzregent/König von Preußen (1797–1888) 11, 13, 17, 21 f., 27, 36, 81, 86, 210, 217, 229, 252–257, 283 f., 286, 288, 295–302, 308, 313, 358, 410, 651, 824, 863 Wilhelm I. Friedrich Karl, König von Württemberg (1781–1864) XXXIV, 44 f., 48, 88, 94, 241, 252–256, 287, 291–293, 295, 299 f., 302 f., 392 f., 523, 690

Windthorst, Ludwig (1812–1891), hannoverscher Abgeordneter 186, 188, 225 Winter, Theodor 52 f., 55 Wittgenstein → Sayn-Wittgenstein Ysenburg und Büdingen, Gustav Prinz zu (1813–1883), preußischer Gesandter in Hannover 863 f. Zabel, Friedrich (1802–1875), Journalist 52, 55 Zedlitz-Neukirch, Konstantin Freiherr von (1813–1889), Berliner Polizeipräsident 362 Zeller, Eduard (1814–1908), Philosoph und Theologe 484 Zimmermann, Gustav (1808–1874), hannoverscher Ministerresident in den Hansestädten 59, 863 Zwierzina, Ferdinand Rudolf Ritter von (1804–1872), österreichischer Legationsrat 729

Länder- und Ortsregister

903

Länder- und Ortsregister Aufgenommen wurden alle Länder-, Orts-, Fluß- und Gewässernamen sowie Bezeichnungen für Staatengruppen. Ein Registereintrag erfolgte auch in den Fällen, wo auf die Regierungen und Bevollmächtigten bestimmter Staaten Bezug genommen wurde. Adria 259, 570 Altenburg 30, 134 Amerika/Nordamerika 192, 258, 281, 305, 428, 564, 792 Anhalt 11, 395, 587, 737 Anhalt-Bernburg, Herzogtum 397, 587, 778 Anhalt-Dessau(-Köthen), Herzogtum 52, 134, 397, 587, 778, 815 Athen 758 Auerstedt 207 Augsburg 181 Austerlitz 207, 597 Bad Cannstadt 30 Bad Kreuth 168 Baden, Großherzogtum XXV, XXX, 4, 93, 134, 140, 151, 157, 161, 166, 191, 218, 223, 225, 228, 230, 236, 257, 283 f., 287, 289, 291–294, 299, 303, 305, 349, 351, 357, 360 f., 370, 395, 397, 437, 462, 559, 585, 652 f., 655, 682, 706, 708, 737, 742, 764– 766, 771, 777, 812, 823–825, 829, 861 Baden-Baden 238, 283–302, 313, 360 Bamberg 30 Basel 344 Bayern, Königreich XXIII, 4, 14, 42 f., 47, 61, 72, 92–94, 97, 134, 140, 148, 150–152, 159 f., 163, 193, 212, 225, 241, 252–257, 260, 283, 286–293, 295–297, 300, 302, 304–306, 316 f., 334, 349 f., 363, 365, 373, 375, 388, 395, 397, 407, 437 f., 440, 453, 462, 466, 482, 485, 487, 508–510, 512, 515–519, 537, 546, 549, 565, 567, 577, 582, 590, 605, 622, 633, 690, 697, 704, 720, 722, 725, 731, 737 f., 742, 761, 765, 771, 777, 788, 792, 794, 797 f., 821, 828, 847 Belgien 277, 308, 310, 366, 822 Berchtesgaden 718 f. Berlin 3–10, 21 f., 52, 64, 66 f., 70, 76, 86 f., 96, 144 f., 176, 182, 185, 197, 216–218, 221 f., 230, 235, 249, 252, 271, 313, 322 f., 337–340, 349 f., 355 f., 359–362, 369–373, 433, 438–443, 458, 500–507, 515, 519, 538–555, 574 f., 591, 594–598, 601 f., 613, 618–627, 630–632, 634–636, 638–641, 649,

651, 660 f., 687, 693, 700, 710–713, 799, 812, 814–820, 861 f. Bernburg 134 Besigheim 677 Böhmen 209, 563–565, 627 Bosporus 15, 272 Braunschweig, Herzogtum 93, 134, 148, 161, 208, 245 f., 395, 397, 472, 520, 587, 622, 634, 731, 737 f., 771, 777 Braunschweig, Stadt 52, 55, 185 Bregenz 549, 765 Bremen, freie Stadt 30, 134, 147 f., 221, 245 f., 395, 398, 589, 622, 778 Bremerhaven 57 Brüssel 488 Charleston 428 Coburg XXIX, 30, 52, 90, 161, 170, 302– 304, 336, 559 Crailsheim 676 Dänemark, Königreich 24, 58, 119, 122, 124 f., 137, 142, 200, 215, 233, 244, 246, 268–271, 305, 347, 366, 395, 407, 440, 544 f., 554, 563, 586, 737, 756, 822 Darmstadt 52, 291, 294, 445–474, 600, 607–618, 644 Delitzsch 52 Den Haag 488 Dessau 52 Deutschland XI–XIII, XV–XVIII, XIX, XX, XXII f., XXVII f., XXX f., XXXII–XXXIV, XXXVI f., 4, 6–10, 12–14, 17–26, 28–37, 41–45, 50 f., 53–57, 59, 61 f., 64–71, 75, 78–80, 82–87, 89, 91 f., 94, 101, 103, 107–117, 119 f., 122, 124–126, 138, 144, 146 f., 149 f., 154–156, 160 f., 163, 169 f., 172–174, 179 f., 182, 186–189, 192, 194 f., 197, 199–204, 206–215, 220, 223, 225, 229–231, 233–235, 238 f., 241, 243 f., 247, 250 f., 253 f., 259 f., 262 f., 265, 267–269, 271–275, 277–279, 282, 284, 286, 289, 291–293, 295, 297–299, 303, 309, 311, 315, 329, 332–336, 339, 342, 345–350, 353 f., 366–370, 374 f., 377 f., 392, 394 f., 399–

904

Register

402, 405, 412–414, 417, 419 f., 427 f., 430– 433, 436, 442 f., 447 f., 451–453, 457, 460, 463, 465, 467, 476–479, 484, 488–490, 492, 495, 497–500, 509, 511–515, 518 f., 521 f., 525–529, 531–533, 535 f., 538–541, 544, 547–551, 556–568, 570, 572–575, 578 f., 581 f., 589, 591–599, 601, 605 f., 608, 610, 614–616, 618–621, 624, 626, 630, 635 f., 642, 646–648, 651, 658 f., 661, 663 f., 667, 669, 671–677, 679 f., 682 f., 685, 688–696, 698–700, 708, 716, 721 f., 731–733, 736, 745, 749, 754, 756, 758–762, 764 f., 778, 794–797, 801–806, 810, 819, 822, 824 f., 827, 836–838, 845 f., 854, 862 Donau 259, 272, 453, 570, 803 Donaufürstentümer 430 Donauländer 361 Donaureich 563 f. Dresden 28–35, 45, 52, 64 f., 76–84, 144, 152, 177–186, 197, 220–224, 226–228, 234, 255, 257, 306 f., 316–321, 329–333, 353–356, 394–411, 432–434, 455, 464, 469, 475–481, 483, 519, 538–540, 589, 591, 600, 627–630, 633, 638–644, 647, 656–659, 661, 692, 711, 802–806, 838 Eisenach XVIII, XXVIII, 25 f., 30 f., 44 f., 50–55, 68, 90, 92 Eisfeld 52 Elbherzogtümer (Holstein und Lauenburg) 59, 193, 347, 407 Elsaß 3, 7 England 56, 116, 192, 218, 239, 260, 267, 276 f., 361, 599, 822 Erfurt 128 Esslingen 30 Etsch 344 Europa XIX, XX f., XXXVI, 8, 13 f., 18 f., 24, 50, 116, 195, 199, 207 f., 238, 264, 269, 272 f., 275, 297, 310, 315, 334, 346, 400 f., 413, 431, 450, 491, 511, 518, 529, 683, 696 Franken 3, 566 Frankfurt 55–58, 68–75, 90, 92, 95, 100, 219, 294, 305, 482–493, 593–604, 690–693, 793, 802, 807–811 – freie Stadt XVIII, XXIX, 26 f., 29, 52, 134, 395, 397, 778 – Sitz der Bundesversammlung XXV, XXIX, 4, 11–24, 33, 42 f., 95, 145–152, 157–159, 176, 186–193, 204–206, 213–219, 222, 224 f., 242, 304–306, 320–327, 334–337, 348–350, 352, 354, 357–360, 363, 367, 389 f., 392, 394, 396, 403, 411–415,

418 f., 424, 432, 434–439, 457 f., 464, 470, 473, 494, 548, 570, 579–590, 646, 648 f., 651–656, 658, 701–703, 706–710, 714–718, 726–728, 730–750, 753–767, 788, 794–799, 801, 812–814, 816, 819–826, 828–862 – Sitz der Nationalversammlung 5 Frankreich XVI f., XXII, 8, 10, 16 f., 20, 22, 24 f., 51, 56, 70, 107, 116, 206–208, 217 f., 225, 238 f., 246, 260, 266, 274–276 f., 294, 296, 308–310, 344, 361, 454, 515 f., 519, 523, 547, 554, 656, 683, 763, 815, 822 f. Galizien 443 Gardasee 311 Garmisch-Partenkirchen 752, 792 Gastein 62 Geisenheim 816 Genfer See 274 Göppingen 30 Gotha 44 f., 52, 198–203, 826 f. Graubünden 560 Griechenland 233, 306 Guernsey 276 Habsburg, Habsburgermonarchie → Österreich Hall 677 Hamburg, freie Stadt 29, 134, 188, 192, 221 f., 245, 356 f., 395, 398, 410 f., 457 f., 483, 485, 487 f., 589, 622, 778, 815, 863 Hannover, Königreich 4, 9 f., 11, 27, 31, 43, 52, 58 f., 80, 90, 93, 134, 140, 148, 150 f., 153, 155–157, 161, 187 f., 208, 212, 221– 223, 228, 235–247, 257, 283, 287, 293–296, 300, 349, 363, 373, 375, 389, 395, 397, 407, 462, 466, 485, 494–499, 520, 524, 537, 552, 584, 600, 621, 633 f., 636, 644, 658, 698, 719 f., 725, 731, 737 f., 742, 760, 771, 777, 792, 797 f., 815 f., 822, 828, 847, 863 f. Hannover, Stadt 585, 647, 756 Hansestädte 56, 222, 246, 554 Hechingen 134 Heidelberg 219, 259–282, 306, 314, 341–348 Herrenhausen 156, 658 Hessen, Großherzogtum XXIV, XXIX, XXXIII, 4, 93, 134, 148, 150 f., 153, 160, 163, 165, 193, 283, 286, 289, 291, 295 f., 305, 316 f., 336, 340, 349, 363, 395, 397, 412, 444, 462, 520, 537, 586, 633, 636, 639, 698, 704, 719 f., 722, 726, 731, 737 f., 742, 771, 777, 816, 825, 828, 847 Hessen, Kurfürstentum → Kurhessen Hessen-Darmstadt → Hessen, Großherzogtum

Länder- und Ortsregister Hessen-Homburg, Landgrafschaft 134, 318, 397, 485, 588, 759, 778 f. Hirschberg an der Saale 52 Hohenzollern-Sigmaringen, Fürstentum 134, 283 f., 286 Holland 24, 192, 269, 305, 308, 310, 366, 440, 563, 822 Holstein, Herzogtum 58, 142, 215, 233, 245, 395, 397, 407, 440, 576, 586, 622, 737, 742, 771, 777 Illyrien 344 Isar 3 Italien XVIII, XXVI, 4, 14, 22, 207 f., 239, 262 f., 272, 361, 479, 515 f., 519, 557, 560, 565, 571 f., 596, 599, 822 f. Jena 30, 52, 55, 207 Johannisberg, Schloß 816 Karlsbad 183 Karlsruhe 106–143, 235, 294, 351–353, 360, 363, 524–537 Karpaten 344 Kassel 757, 759, 815 Kehl 291 Kniphausen, Herrschaft 225 Köln 276 Königsberg 232 Köthen 134 Kopenhagen 271 Kremsier 626 Kurhessen 9, 27, 93, 95, 134, 147, 160, 163, 165, 187, 200, 207, 213, 215, 229, 278, 305, 316 f., 363, 395, 397, 462, 520, 537, 549, 586, 599, 698, 704, 720, 726, 731, 737 f., 742, 757, 771, 777, 828 Kyffhäusergebirge 400 Lauenburg, Herzogtum 245, 407, 586, 622, 737 Laxenburg 308–313 Leipzig 52, 182, 347, 353 Liechtenstein, Fürstentum XXXIV, 318, 395, 397, 485, 588, 759, 778 f. Limburg, Herzogtum 142, 586, 737 Lindau 341 Lindenau 30 Lippe, Fürstentum 318, 395, 397 f., 472, 588, 759, 778 Lippe-Detmold, Fürstentum 134, 245 Lombardei 17, 572 London 206–209 Lothringen 3, 7

905

Lothringen-Elsaß 69 Lübeck, freie Stadt 52, 134, 221, 245 f., 395, 397, 589, 622, 778 Luxemburg, Großherzogtum 142, 395, 397, 440, 576, 586, 737, 742, 771, 777 Mähren 627 Magenta 572 Main 458 Mainau, Schloß 313–316 Mainz 191, 193, 601 Mannheim 363 Mantua 14 Mecklenburg 93, 187, 208, 639, 719, 760, 815 Mecklenburg-Schwerin, Herzogtum XXXIV, 27, 93, 134, 150, 160, 165, 193, 221, 245, 305, 316 f., 363, 395, 397, 587, 622, 634, 737, 771, 777, 793 f. Mecklenburg-Strelitz, Herzogtum XXXIV, 27, 93, 134, 150, 193, 245, 305, 317, 395, 397, 587, 622, 737, 771, 777 Meiningen 194–197, 210–213 Memel 259 Mincio 22, 311 Modena 571 München XXXV, 38–49, 88 f., 91–103, 105, 145, 160–162, 166, 173 f., 176, 234–236, 238, 247–251, 255, 307, 316, 326–329, 340 f., 351, 374–386, 389, 499, 509, 511–520, 549, 600, 604–607, 633–638, 645, 657, 692, 750–752, 788–794, 798, 818 Nassau, Herzogtum XXXIII, 30, 93, 95, 105, 134, 148, 150 f., 153, 160, 163, 165, 193, 283, 286, 288, 300, 316 f., 363, 395, 397, 489, 520, 523 f., 537, 587, 633, 639, 698 f., 719 f., 724, 726, 731, 737 f., 771, 778, 825, 828, 847 Neapel 290 Neuenburg, Fürstentum 19 Niederlande 119, 122, 124 f., 137, 142, 268, 270, 395, 488, 544, 586, 737 Nizza 218, 633, 637, 658 Norddeutschland 30, 84, 187–193, 295, 344, 350, 355, 369, 418, 552, 554, 574 f., 803, 824 Norderney 84–86, 155 Nordsee 73, 193, 221, 317 Norwegen 271 Nürnberg 52, 158, 171–177, 556–578, 755 Oberrhein 4, 17 Österreich, Kaisertum XII, XVI, XIX, XXI,

906

Register

XXIII, XXXI, XXXIV, XXXV f., 7, 8–10, 12–15, 17–25, 27–29, 35, 42–44, 51, 54, 56 f., 61 f., 64–67, 70–72, 75, 79 f., 96–98, 104, 107 f., 111–116, 118–120, 124 f., 137, 142, 144 f., 150, 156, 159, 162–164, 172, 175, 179 f., 185–189, 191, 193, 195–197, 201, 204, 207–212, 214, 217–219, 225, 229, 233, 235, 239–242, 244, 259 f., 264, 268–270, 272, 275, 277, 280 f., 283, 286, 292–296, 299–301, 304 f., 308–313, 335, 340–342, 344 f., 347–350, 352, 355, 360–362, 365 f., 368–370, 373, 377, 379, 382, 388, 390, 393–395, 397, 399, 402, 407, 410 f., 417 f., 420 f., 423, 426–432, 435– 439, 442 f., 447, 452 f., 457, 462, 466 f., 469–471, 476, 479, 482 f., 485, 487–489, 496 f., 499 f., 504 f., 509 f., 512–519, 521– 523, 537, 544 f., 547, 549, 553, 555, 557, 559–567, 572–577, 581, 586, 590 f., 593– 599, 604, 614, 616, 618, 621, 626, 628, 630, 633, 635 f., 646, 652, 654–656, 658 f., 661, 669, 672 f., 675 f., 683 f., 688–691, 694, 696 f., 699, 711, 713, 718 f., 721–726, 729, 731, 737 f., 742, 752, 756 f., 759, 761 f., 764 f., 769, 771, 777, 781, 792, 794, 797, 800, 802–806, 815–817, 819–825, 828, 847, 863 Oldenburg, Großherzogtum 134, 161, 221 f., 245, 283, 395, 397, 587, 622, 737, 766, 771, 778 Olmütz 5, 19, 215, 594 Osmanisches Reich 15 Osnabrück 52 Oströmisches Reich 275 Ostsee 7, 58, 193, 221, 259, 317 Paris 218 f., 341, 356, 373, 402 Parma 571 Pfalz 230 Philadelphia 428 Piemont 209 Plochingen 665 Plombières 218 Po 311, 560 Polen 361, 822 Pommern 453 Posen 566, 570, 822 Preußen, Königreich XII, XVI f., XIX, XXI, XXIII, XXXV f., 3–7, 8–10, 12–15, 17–30, 32, 34–37, 43, 51, 54, 56 f., 61–67, 70–72, 75–84, 86 f., 92, 96, 98 f., 107–109, 111–115, 117–121, 123 f., 131 f., 134, 137 f., 140, 142, 144 f., 147, 150, 153 f., 156, 159, 162–164, 166 f., 171 f., 174 f., 179 f., 182 f.,

185–193, 195–197, 201, 204, 207–212, 214–217, 220–222, 225, 227–235, 239–246, 248 f., 252 f., 255 f., 259 f., 262–264, 268–272, 277, 280 f., 283 f., 286, 288–302, 304 f., 308–313, 322, 337–340, 342–344, 346–350, 352, 355, 358–362, 365 f., 369 f., 373, 377, 379, 382, 387–390, 393, 395, 397, 399, 402, 407, 410 f., 417 f., 420 f., 423, 426–432, 435–439, 441–443, 447, 452 f., 457, 462, 466 f., 469 f., 476, 482 f., 485, 487 f., 496 f., 499–501, 503–505, 508–510, 512–516, 519, 521–523, 538 f., 541, 544 f., 547–555, 557, 559 f., 562 f., 565–567, 569– 571, 574–577, 582, 586 f., 589, 593–599, 601–607, 614, 616 f., 619–622, 629–632, 635 f., 639–641, 643 f., 646 f., 650–658, 660, 669, 672 f., 682 f., 688, 690, 694–696, 699 f., 702 f., 711–713, 721 f., 734, 737 f., 742, 752, 756–766, 771, 777, 792, 795, 797, 802–804, 812–817, 819–827, 829, 861–863 Rätien 560 Rastatt 191, 193, 294 Regensburg 393, 395, 410, 457 f., 483, 485, 487 f. Reuß ältere Linie (Reuß-Greiz), Fürstentum 134, 318, 395, 397 f., 489, 588, 759, 778 Reuß jüngere Linie (Reuß-Gera), Fürstentum 134, 395, 397 f., 472, 576, 588 f., 759, 778 Rhein 3 f., 17, 209, 225, 274, 276, 289, 344, 453, 482, 516, 598 Rheingau 816 Rheinpfalz 41 Rheinprovinz, preußische 208, 570, 822 f. Rußland 7, 19 f., 24, 56, 116, 216, 239, 276 f., 361, 430, 547, 553, 599, 822 Sachsen, Königreich XXIII, 27, 43, 47, 92, 94, 134, 140, 148, 150 f., 153, 159 f., 163, 165, 170, 193, 208, 212, 235, 238, 241, 252 f., 283, 287–291, 293–297, 300, 302, 316 f., 329 f., 332, 349 f., 363, 375, 395, 397, 407, 416, 419, 438, 440, 462, 466, 485, 520, 538, 540, 552, 584, 628, 636, 657, 690, 698, 719 f., 731, 734, 737 f., 742, 771, 777, 792, 797, 828, 847 Sachsen-Altenburg, Herzogtum 165, 183, 193, 317, 395, 397, 586, 639, 737 f., 771, 778 Sachsen-Coburg und Gotha, Herzogtum XXIII, 134, 144, 147, 198, 201 f., 216, 283 f., 290 f., 294, 302, 313, 349, 357, 359,

Länder- und Ortsregister 363, 395, 397, 412, 446, 559, 587, 639, 714, 737 f., 771, 778 Sachsen-Meiningen, Herzogtum 134, 165, 183, 193, 197, 210 f., 227, 292, 305, 317, 395, 397, 537, 587, 633, 639, 698 f., 723 f., 726, 737 f., 771, 778 Sachsen-Weimar, Großherzogtum 134, 283 f., 290, 349, 357, 360, 395, 397, 586, 737 f., 771, 778 Sardinien XVI, 8, 17, 22, 170, 207, 218, 263, 309, 311 Sardinien-Piemont, Königreich 290 Savoyen 209, 218 Schaumburg-Lippe, Fürstentum 134, 245, 395, 397 f., 588, 759, 778 Schlesien 822 Schleswig 3, 7, 407 Schleswig-Holstein 200, 203, 217 f., 229, 235, 269, 281, 313, 347, 407, 547, 826 Schwaben 453, 566 Schwarzburg 11, 395, 398, 587, 737 Schwarzburg-Rudolstadt, Fürstentum 134, 395, 397 f., 587 f., 737, 778 Schwarzburg-Sondershausen, Fürstentum 134, 395, 397 f., 587, 737, 778 Schweden 271, 362 Schweiz 3, 7, 19, 184, 218, 277, 310, 346, 366, 560, 717, 792 Schwerin 591 f. Serbien 361 Siebenbürgen 803 Sizilien, Königreich 290 Solferino 22, 207, 572 Spanien 266, 277 Stettin 36, 86, 146, 338 Straßburg 289, 557 Stuttgart 30, 45, 60–63, 103–105, 218 f., 229–233, 252–257, 351, 392 f., 523, 600, 644, 662–692, 723, 767–787, 800 f. Süddeutschland XXIV, XXIX, 27, 70, 84, 188, 190, 218, 355, 363, 418, 549, 601 Süditalien 290 Südtirol 209 Teplitz 308–313

907

Thüringen 3, 400, 566 Tirol 209, 453 Trier 289 Türkei 277 Ungarn 209, 335, 361, 369, 443, 453, 559, 565, 627, 658, 802 f. USA → Amerika/Nordamerika Varel, Herrschaft 225 Venedig 509 Venetien 209, 309, 311, 442 f., 515, 822 Verona 14 Villafranca 17, 23, 113, 119, 217, 554 Vorderriß 152 Waldeck, Fürstentum 134, 245, 395, 397 f., 576, 588 f., 639, 759, 766, 778 Washington 428 Waterloo 287, 291, 293, 298 Weichsel 259, 344 Weimar 30, 52, 313, 353, 355 Weissenhaus 58 f. Westfalen 453 Weströmisches Reich 275 Wien 3, 58–60, 62, 64–67, 70, 76, 88, 96 f., 104, 111, 144–147, 152–155, 176, 183, 185, 197, 229, 235, 271, 305, 341, 349, 356, 387–392, 415–432, 438, 458, 469, 499 f., 508–510, 513, 516 f., 520–523, 596, 598, 600, 621, 633, 636–638, 643–651, 657 f., 660 f., 682, 691–705, 710–712, 719–730, 750, 758, 765, 770, 794, 800, 815 f., 861, 863 Wiesbaden 29, 106, 600 Wittenberg 68 Württemberg, Königreich XXIII, 4, 30, 43– 45, 47 f., 91 f., 94, 134, 140, 148, 150 f., 153, 160, 163, 165, 193, 212, 218, 235, 241, 253 f., 256 f., 283 f., 286 f., 291 f., 295, 297, 299 f., 302 f., 316 f., 349, 351, 363, 375, 395, 397, 407, 462, 466, 485, 520, 523, 537, 549, 584 f., 633, 636, 665, 669 f., 676, 682 f., 687, 690, 698, 704, 719, 722, 724 f.,

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Register

Sachregister Abgeordnetenversammlung → Delegiertenversammlung Abgeordnetenversammlung, großdeutsche (1862) 690 f., 693, 793, 801–811 Absolutismus 200 – Frankreich 239 – Österreich 561, 572 Allgemeines Anzeigenblatt der deutschen Bundesstaaten 205 Alternat (im Bundespräsidium) 145, 311 f., 355, 393, 417 f., 426–432, 435 f., 457, 469 f., 483, 498, 531 Altes Reich XII, 5, 106, 108, 110, 266, 400, 529, 557, 597, 670, 745, 837 Amerikanischer Bürgerkrieg 428 Anträge in der Bundesversammlung – 1859, 13. Mai 4 – 1859, 20. Oktober 92, 148–151, 153, 169, 248–250 – 1859, 3. November 157–159 – 1859, 17. Dezember 193, 221 f., 317, 473 f. – 1860, 23. Februar 318 – 1860, 26. Juli 300 f., 318 – 1861, 5. Januar 336 f., 357 f., 360, 412 – 1861, 2. Mai 452 – 1861, 31. Mai 363 – 1861, 12. August 473 – 1862, 6. Februar 579–590 – 1862, 8. März 635, 750 – 1862, 10. Juli 706–710 – 1862, 14. August XXXV, 705, 723 f., 726, 731–752, 767–770, 773, 776 f., 780, 790, 794–801, 812–814, 828 f., 831, 835–838, 840, 844 f., 847, 851, 858, 860 Anwaltstag (Hannover) 30 Aristokratie 274, 450 f., 573 Auflösung des Deutschen Bundes 34, 436, 445, 475 f., 500, 505, 514, 527, 535, 540, 604, 817 → Bundesbruch Augsburger Allgemeine Zeitung 181, 191, 340, 439, 484, 572 Ausschüsse des Bundestags/der Bundesversammlung XIV, XVIII, XXX, 185, 320, 322–325, 327 f., 391, 425, 436, 460, 463, 480 – Ausschuß für Ansässigmachung und Heimatrecht (1856) 167 – Ausschuß für das Bundesgericht (1851) 157, 159, 168, 318, 411, 466, 473, 579, 581–588, 648 f., 701 f., 705, 724, 726,

729 f., 734, 737–739, 746, 751, 768–770, 790, 792 f., 799, 812–814, 819, 828–861 – Ausschuß für die holstein-lauenburgische Frage 59, 407 – Ausschuß für Militärangelegenheiten 4, 150 f., 193, 222 f., 249 f., 300 – Ausschuß zur Veröffentlichung der Verhandlungen der Bundesversammlung (1851) 166 f., 317 – Politischer Ausschuß (1851) XXX, 337, 756 Austrägalgericht 104, 447, 470, 744 f. Auswanderung 167 Banken 166 Basel, Friede von (1795) 344 Bayerischer Kurier 374–386 Befreiungskriege 18, 232, 571 Bentincksche Angelegenheit 225 Berliner Allgemeine Zeitung 570 Bildung 9, 56 f., 73, 75, 282, 491, 670 – geistige 557, 678 – politische 70, 565 f. Bregenzer Vertrag (1850) 549, 765 Buchhandel 190 Budgetbewilligung 136 Bündnisse 431 – der bundestreuen Regierungen 514 – Schutz- und Trutzbündnis zwischen Preußen und Österreich (1854) 430, 630 – Schutz- und Trutzbündnis zwischen Preußen, Deutschland und Österreich 500 Bürgerkrieg 27, 266, 279, 342, 403, 477, 521, 527, 549, 559, 575, 599, 616, 684 – amerikanischer 428 Bürgerliche Freiheit 68, 566, 807 Bürgerliche Gesellschaft 450 Bund – engerer 562–564, 576–578, 595, 600, 620–626, 628, 631, 639 f., 759, 761, 850 – weiterer 576, 621, 623 Bundesabsolutismus 200 Bundesadvokat 138 Bundesakte (1815) XV, 5 f., 27, 44, 77, 107, 111, 118, 125, 154, 173, 194, 394, 404, 409, 411, 419, 427, 433 f., 446, 455 f., 494, 535 f., 546, 581 f., 842 f., 845, 859 – Artikel 1–11 419 – Artikel 2 XIX, 107, 399, 405, 462 f., 486, 775 f., 841 – Artikel 3 545

Sachregister – – – – – – –

Artikel 4 394, 455 f. Artikel 5 394, 455 Artikel 6 395, 841 Artikel 7 456, 841 f. Artikel 9 394, 455, 457 Artikel 10 394, 455, 457 Artikel 11 506, 536, 538–540, 576, 621– 623, 703, 850 – Artikel 13 44, 187 – Artikel 14 744 – Artikel 18 706 f. Bundesanleihen 130 Bundesarchiv 390, 488 Bundesarmee XVII, XIX, 4, 18, 72 f., 127, 132, 145, 196, 212, 242, 249, 268, 295 f., 300 f., 332 f., 376 f., 382–386, 413, 442, 601, 727 f. Bundesarmeekontingente, Bundesarmeekorps 14, 17, 21, 73, 122, 127, 144, 169, 237, 245 f., 253, 256 f., 296, 299 f., 342, 344, 349 f., 363, 385, 442, 452, 514, 552 f., 601, 622, 727 f., 754, 855 Bundesbank 129 f., 138, 140 Bundesbeamte 129, 131 f. Bundesbeschlüsse XXVII, 135, 142, 147, 154, 403, 405, 411, 460, 464 f., 468–471, 481, 820 – 1832, 28. Juni 487 – 1832, 5. Juli 487 – 1834, 30. Oktober 747 – 1842, 15. September 744 – 1851, 23. August 749 – 1851, 7. November 317 – 1854, 6. Juli XXI, XXV, 706–708, 756 – 1854, 13. Juli XXI, XXV, XXVIII, XXX, 336–338, 405, 412, 653, 708–710, 756 – 1859, 2. Juli 4 – 1859, 11. August 191 – 1860, 8. März 317 – 1860, 24. März 213 f., 223, 248, 321 – 1860, 28. Juni 327 – 1862, 6. Februar 579–590, 608, 612, 644–648, 732–735, 768, 773, 829, 833, 840, 858 – 1862, 24. Mai 749 f. Bundesbruch 222, 370, 436, 817, 821, 827, 861 f. → Auflösung des Deutschen Bundes Bundesdienstpragmatik 131 Bundeseigentum 354, 390, 396, 411, 461 f., 486, 505, 636, 862 Bundesexekution 399, 468 f., 490 – gegen Dänemark 59 – gegen Kurhessen 549 Bundesexekutionskommission 470

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Bundesexekutive, Bundes(exekutiv)behörde XXXIV, 196, 212 f., 240, 354 f., 358, 393, 399, 411, 432, 435–437, 439, 446 f., 455 f., 461, 467–470, 481, 485–488, 492, 496 f., 504 f., 508, 513, 519, 526, 531, 541, 544, 601, 605 f., 615, 640, 649 f., 701–704, 720–722, 724, 730, 734, 766, 768, 781, 789 f., 795, 798, 807, 836, 838 Bundesfeldherr 104, 132, 144 f., 169, 217, 244, 295 f., 300, 376 f., 601 → Oberbefehl Bundesfestungen 73, 127, 191, 225, 384 f., 442, 462, 486, 490, 553 f., 754 f., 817, 825 – Mainz 191, 193, 601 – Rastatt 191, 193 Bundesfinanzen, Bundesbudget 136, 138, 140 f., 461, 466 Bundesfrieden 130, 825 Bundesgarnison Frankfurt 191, 193 Bundesgebiet XVII, 87, 92, 111, 118, 121, 125 f., 136, 342, 344, 379, 383 f., 400, 443, 513–515, 625, 683, 708 f., 722, 724–726, 731 Bundesgericht XIX, XXXIV, 43, 63, 79, 104 f., 123 f., 129–132, 138–140, 156–159, 168, 281 f., 318, 320 f., 325, 327, 333, 343, 391, 394, 396, 405, 411, 439, 447, 455 f., 466 f., 470–472 f., 481, 485 f., 493, 496, 505 f., 513, 519, 548, 551, 579, 615, 649 f., 687 f., 700–703, 705, 718, 720, 725 f., 737–750, 760, 766, 790, 794, 808 Bundesgerichtsordnung 744 Bundesgesetze, Bundesgesetzgebung XXXII, XXXV, 89, 98, 105, 123, 127, 129, 131 f., 135, 139 f., 155–157, 166–169, 303, 333, 391, 398, 406, 430, 463–465, 471–474, 486, 503, 513, 519, 526, 541, 555, 580–589, 601, 605–608, 610 f., 646–648, 687, 701 f., 720, 731–733, 747, 751, 755 f., 775–777, 782, 786 f., 796, 809, 829–861 Bundesgrundgesetze XXXVIII, 33 f., 78, 101, 149, 175, 178, 242, 337 f., 353, 400, 414, 446, 448, 471, 519, 542, 588, 590, 595, 610 f., 639, 706, 799, 833, 841 f., 846 f., 850, 852 Bundesheer → Bundesarmee Bundesinspektion 145 Bundesintervention in Kurhessen 215, 278 Bundeskanzlei 390, 394, 396 f., 411, 424, 439, 456, 459, 462, 467, 485 f., 488 Bundeskasse 135, 137, 140, 242 Bundeskommissionen XVIII, XXXV – Exekutionskommission 470 – Küstenschutz 222 – Militärkommission 92, 102, 122, 150 f.,

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Register

169, 222, 225, 249, 295, 300, 323, 390, 396, 411, 424, 439, 456, 461 f., 485 f., 488, 490, 505, 755, 862 Bundeskrieg 21, 71, 132, 295, 372, 452, 515 Bundeskriegsverfassung XVII, 17, 21 f., 29, 73, 89, 92, 102, 104 f., 121, 127, 138–151, 211, 222, 227, 245 f., 287, 349, 358, 364, 478, 551–553, 601 – Artikel 12–16 452 – Artikel 37 22 – Artikel 46 22 – Revision 148–151, 156, 169, 222 f., 235, 248–250, 254, 295 f., 300 f., 452, 460, 472, 503, 506, 551–553 Bundesmilitärkommission 92, 102, 122, 150 f., 169, 222, 225, 249, 295, 300, 323, 390, 396, 411, 424, 439, 456, 461 f., 485 f., 488, 490, 505, 755, 862 Bundesmilitärverwaltung 394, 396, 411, 456, 467, 485 f., 496, 505 f. Bundesminister, Bundesministerien 123 f., 132, 137–139, 141 Bundesmünze 129 Bundesprotokolle (Veröffentlichung) XXIV, 161, 166 f., 317 Bundesprozeßordnung 139 Bundesrat, Bundesräte 137 f., 141 f. Bundesreform XI f., XIV f., XVII–XX, XXV f., XXXI, XXIV f., XXXVII f., 5, 8–10, 35, 38–49, 59, 62 f., 77, 87–89, 97, 110, 144–146, 152 f., 155 f., 164, 178, 181 f., 194 f., 204, 214, 221, 250, 282, 293, 298, 329–333, 335, 340–348, 351–355, 358 f., 361, 366, 374–440, 443–508, 511–513, 518 f., 524–528, 534, 536–541, 543 f., 546, 555, 566, 574, 576 f., 591 f., 598 f., 601 f., 605–608, 611, 613–615, 617–619, 626–628, 631–644, 649, 652, 657–661, 664 f., 667 f., 671, 674, 676, 680, 691 f., 694, 696–705, 710–713, 719–752, 757 f., 764, 770, 790, 797 f., 800 f., 807– 810, 836 f., 839 f., 845, 851, 853, 855 f. Bundesreformakte 721 Bundesregierung, deutsche 43, 137–139, 332, 358, 455, 667, 671, 673–675, 774, 781–784 Bundesschiedsgericht 156, 333, 744, 747 f. Bundesstaat 316, 332, 344, 346, 349, 402, 466, 475, 488, 501 f., 505 f., 512, 518, 522, 527 f., 548, 555, 564, 569, 591, 596, 600, 605, 621 f., 626, 635, 652, 735, 760, 762, 780 – engerer 531 f., 535 f., 538–540, 542, 592,

595, 621, 629, 639 f., 663, 680, 763, 804–806 – kleindeutscher XIV, XXXV, 512, 518, 764, 802 Bundesstaatsanwalt 129, 138 Bundessteuern 855 Bundesstrafgerichtsordnung, Bundesstrafgesetz 129, 131 f., 139 f. Bundestag 4, 15, 25, 37, 51, 104 f., 119, 142, 153–155, 164, 172, 192, 211, 214–216, 283, 309, 311–313, 323, 332, 340, 345, 354, 372, 375, 377, 389–392, 395 f., 398 f., 404, 419–421, 423 f., 426, 433, 435 f., 442, 446, 451, 455, 458 f., 461, 463, 467–470, 477–480, 482 f., 485–493, 504, 508, 530, 563, 566, 574, 576, 578, 586, 596, 640, 661, 669 f., 716, 750 f., 758 f., 766, 790, 792, 804 f., 815, 818, 820, 844 Bundestagsgesandte XIV, XXV, 4, 100, 119, 225, 242, 316, 320, 328, 389, 459 f., 487, 589, 770 – badischer 317, 510, 576, 612, 651 – bayerischer 42, 62, 95, 300, 327, 751 f., 770, 788–793 – braunschweigischer 359 – bremischer 147 – mecklenburgischer 16 – niederländischer 402 – preußischer 15, 76, 154, 191, 702, 812– 814, 816, 818 f. – sächsischer 89, 238, 320 – württembergischer 321 – 15. Kurie 11 – 16. Kurie 318 Bundesverfassung XI, XVI, XXIII f., XXVI, XXIX, XXXI, XXX–XXXVII, 8–10, 13, 16, 28, 31, 33–35, 38, 40–45, 53, 60–63, 65–67, 70, 72, 77–79, 83–89, 92, 94, 96, 101, 103, 118, 120 f., 124 f., 139, 141, 144, 146 f., 149, 153–155, 164, 172–176, 178, 189, 192, 195 f., 204, 211 f., 214 f., 217, 250, 254, 259, 266, 268, 317, 328, 332, 334 f., 339, 350, 353, 374 f., 377, 379, 387, 389, 401, 404, 412–416, 421, 437, 443, 445 f., 448 f., 455, 463, 472, 475, 478, 482, 494 f., 499, 501, 507, 511 f., 514, 518, 527–529, 534 f., 537 f., 540, 542, 545 f., 575, 577, 592, 601, 606, 614 f., 617, 620, 626, 637, 644 f., 663 f., 675, 679, 682, 686, 688, 691 f., 694 f., 697 f., 700–702, 719 f., 722, 724, 733, 736 f., 740, 745, 750, 757 f., 762, 765, 789 f., 795, 798, 801, 807 f., 810, 837 f. Bundesverrat 129, 131, 139, 141 Bundesversammlung XIV, XVIII, XX,

Sachregister XXIV f., XXX–XXXIII, XXXV–XXXVII, 4, 15, 22, 33, 42 f., 59, 61, 63, 77, 79, 92 f., 95, 101, 104, 120, 123, 131, 135, 138, 145, 147, 149, 158 f., 161, 166 f., 172 f., 175 f., 196, 212–216, 221 f., 224 f., 227 f., 240– 244, 248 f., 280–282, 300, 304 f., 317 f., 320–328, 335–339, 342 f., 350, 354 f., 363, 365, 372, 390, 392–396, 398 f., 402–404, 406 f., 409–415, 418 f., 422, 424–426, 435–439, 447, 449, 455–458, 460–464, 467–471, 473 f., 480, 485–491, 495–497, 504 f., 513, 518 f., 551, 580–583, 586, 588–590, 607 f., 610, 612, 614, 624, 626, 637, 647–649, 702–704, 706–710, 723, 725 f., 729 f., 751–760, 767–769, 772 f., 776, 779, 781–790, 795, 798 f., 817, 820, 826–834, 837, 840 f., 844, 846–848, 850, 853 f., 857, 859 f. – Anträge – 1859, 13. Mai 4 – 1859, 20. Oktober 92, 148–151, 153, 169, 248–250 – 1859, 3. November 157–159 – 1859, 17. Dezember 193, 221 f., 317, 473 f. – 1860, 23. Februar 318 – 1860, 26. Juli 300 f., 318 – 1861, 5. Januar 336 f., 357 f., 360, 412 – 1861, 2. Mai 452 – 1861, 31. Mai 363 – 1861, 12. August 473 – 1862, 6. Februar 579–590 – 1862, 8. März 635, 750 – 1862, 10. Juli 706–710 – 1862, 14. August XXXV, 705, 723 f., 726, 731–752, 767–770, 773, 776 f., 780, 790, 794–801, 812–814, 828 f., 831, 835–838, 840, 844 f., 847, 851, 858, 860 – Austritt Preußens 227, 813 f., 818, 820 f., 825–827 – Sitzungen – 1848, 12. Juli 15 – 1851, 8. Juli 157, 159 – 1852, 21. Februar 166 – 1856, 21. Februar 167 – 1858, 6. Mai 166 – 1859, 3. Juni 14 – 1859, 25. Juni 4 – 1859, 2. Juli 4 – 1859, 20. Oktober 148–151, 153, 169 – 1859, 3. November 157–159 – 1859, 17. Dezember 193, 221, 317 – 1860, 23. Februar 249, 300 – 1860, 10. Mai 224

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– – – –

1861, 5. Januar 336 f. 1861, 10. Mai 412 1862, 30. Januar 576 1862, 6. Februar 579–590, 608, 612, 644– 648, 732–735, 737, 833 – 1862, 14. August 726, 731–752, 767, 828, 833, 847 – 1862, 18. Dezember 828–861 Bundesvertrag, Bundesverträge 16, 71, 78, 101, 149, 174, 235, 403, 409, 413, 419, 430, 501, 514, 518, 521, 535 f., 538–540, 544, 546, 600, 619, 623 f., 691 f., 758, 861 f. Bundeswahlgesetz 131, 135 Bundeszeitung XXIV, 95, 100 f., 161, 192 f., 204–206 Bundeszentralkommission (1849) 497, 636 Bundeszentralmilitärbildungsanstalt 127 f. Bundeszwecke(e) 118, 120, 124 f., 127–130, 380, 405, 446, 463, 465, 470, 546, 551 f., 580 f., 603, 624, 735, 842 f., 845, 849 Burschenschaften 402, 558 Corn Laws (1846) 267 Darmstädter Konvention (1852) 163 Delegiertenversammlung XXXII, XXXV, 98, 340, 342 f., 360, 365–367, 388, 391 f., 394, 397–399, 406–409, 411, 420–423, 436, 439, 447, 455 f., 461–466, 468 f., 471–474, 479 f., 485, 488–490, 496–498, 504, 513, 519, 541, 591, 601, 611 f., 640, 645 f., 648– 650, 652, 661, 665, 700 f., 703 f., 720, 723 f., 729–731, 733–735, 751 f., 767–790, 792, 794 f., 800, 804 f., 807, 809, 812–814, 817, 819–821, 826–864 Demokraten, demokratische Partei XVIII, 25, 28, 50–55, 58, 62, 65, 68, 81, 85 f., 104, 156, 284, 601, 653, 666, 678 f., 691, 716 f., 763, 814 Demokratie 263, 273 f., 281, 334, 335, 450– 454, 566, 654, 763 Der Beobachter. Ein Volksblatt aus Schwaben 229–233 Deutsche Allgemeine Zeitung 31, 182 Deutsche Blätter XVIII, 26 f., 55–58, 68–75, 95, 100, 204, 600–604 Deutsche Fortschrittspartei 230 Deutsche Reichs-Zeitung 185 Deutsche Zeitung 219 Deutscher Beruf Preußens 230 Deutsches Reich XII, 4–7, 364–366, 572 – Altes Reich 106, 108, 110, 266, 400, 529, 557, 597, 670, 745, 837 Deutschkatholiken 66

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Register

Deutsch-Österreichischer Postverein 685 Deutsch-Österreichischer Telegraphenverein 685 Diäten 242 Diktatur 240 f., 243 f., 497 – Preußens in Deutschland 443 Diplomatie 56, 72, 192, 200, 268 f., 277, 282, 574, 669, 685, 819 – österreichische 187 – preußische 190 Direktorium (des Bundes) 482 f., 487, 510, 735, 805 f. Dreißigjähriger Krieg 86, 761 Dresdener Konferenz (1851) XIV, 77, 79, 157, 159, 240, 305, 322, 389, 447, 470, 477 f., 483, 746, 796, 838 Dresdner Journal XXIII, 177–186 Dualismus 195, 350, 417, 429, 431, 436, 452, 457, 470, 476, 482, 497, 522, 572, 577, 636, 672 f., 689 Einheit, Einigung, Einigkeit, deutsche bzw. nationale 32, 41, 49 f., 54, 61, 65, 69–72, 75, 108, 147, 179, 194, 201, 215, 224, 250, 262, 272, 299, 303, 315, 335, 339, 345, 348, 356, 358, 372 f., 401, 406, 414, 428, 443, 452, 521 f., 529, 539, 550, 558, 599, 614, 619, 663–666, 668, 670 f., 674–676, 678 f., 682 f., 689, 716 f., 855, 860 Einheitsstaat 94, 262, 282, 346, 369, 452, 532, 616, 802 – Österreich 562–565, 572 Eisenacher Programm 50–55, 66, 68, 146, 148, 184 Eisenbahnwesen 129, 138, 253, 569, 685 Elberfelder Zeitung 182 Engerer Rat der Bundesversammlung 173 f., 183, 241 f., 439, 446 f., 456, 477, 485, 503, 508, 624, 626, 742, 818, 826, 834 Erbfeindschaft 238 Europäische Politik 18–20, 148, 194, 212, 265, 267, 273, 290, 292, 298 Europäisches Gleichgewicht 259 Europäisches Konzert 18 Europäisches Staatensystem XVI, 373, 377, 445, 805 Februarpatent (1861) 564, 626 f., 802 f. Feuerwehrvereine 763 Flagge, deutsche 342, 347, 560 f., 572 Flotte, deutsche 5, 73, 128, 342, 414, 441, 486, 554, 568 f., 806 → Marine Flußzölle 129, 138 Föderalismus, Föderation, föderative Gesin-

nung, föderative Ordnung, föderatives Prinzip XII, XV, 66, 172, 174, 182 f., 238, 240, 243, 259, 272–275, 278 f., 366, 368, 408, 428 f., 446 f., 452, 465, 496 f., 569, 603, 616, 644, 646, 650, 696, 703 f., 713, 721, 802, 837, 854 Fortschrittspartei(en) 54 f., 230, 602, 665 f., 678 f., 801 Frankfurter Handelszeitung 593 Frankfurter Journal 482 f., 598–600 Frankfurter Postzeitung 29 Frankfurter Zeitung und Handelsblatt 593 Französische Revolution (1789) 106, 450 Französische Revolution (1830) 238 Freie/freiwillige Vereinbarung 406, 479, 532, 538, 544, 588, 590, 605, 610, 703, 830, 833, 843 f., 848, 852, 859 Freihandel 267, 656 Freiheit Deutschlands/der Nation/der Völker XVII, 45, 54, 57, 74, 107, 176, 184, 201, 259, 282, 347, 451, 530, 550, 569, 594, 596 f., 667, 674, 678, 689, 716 – bürgerliche 68, 566, 807 – individuelle 709 – italienische 10 – konstitutionelle 577, 636 – natürliche 707 – politische 9 f., 571 – rechtliche 30 – religiöse 9 f. – staatliche 53 Friede von Basel (1795) 344 Friede von Preßburg (1806) 597 Friede/Waffenstillstand von Villafranca 17, 23, 25, 113, 119, 217, 554 Fürstenhaus, deutsches/Fürstentag 365, 367, 370, 569, 804–806 Fürstenkonferenz in Baden-Baden (1860) 238, 257, 283–304, 360 Fürstentag (1863) XXVI Fürstenversammlung 211 Gartenlaube (Zeitschrift) 314 Gemeinnützige Anordnungen/Bestrebungen/ Einrichtungen 4, 63, 178, 322, 338, 391, 398, 462 f., 465, 472, 580, 582 f., 653, 655, 703, 734, 752, 755, 775 f., 809, 830, 833–836, 841–843, 847–850, 852, 858 f. Geschäftsordnung – der Bundesversammlung 323–325, 424 – der Delegiertenversammlung 398, 471, 474, 485, 491, 772, 783 f. – von Nationalrat und Staatenrat 137 Geschichte 7, 12, 78, 172, 176, 178, 190,

Sachregister 207, 262 f., 271, 449, 451, 530, 557, 562, 571, 597 f., 604, 668, 675, 840 – deutsche/nationale 41, 70, 206, 399 f., 413, 476, 549, 593, 678, 837 – des Deutschen Bundes 175, 179 f. – Weltgeschichte 277 – Zeitgeschichte 696 Gleichberechtigung 172 f., 446, 457, 483, 518, 623, 695, 700, 833 Gleichgewicht – deutsches 458 – europäisches 259, 683 – zwischen Österreich und Preußen 420 f. Gothaer (Partei), gothaische Politik XXVIII, 28, 44 f., 58, 62, 65, 96–98, 104, 146, 214, 217, 235, 253 f., 287, 299, 301 f., 305, 349 f., 601–603 Grenzboten (Zeitschrift) 826 Großdeutsch, Großdeutschland XXXII, 98, 191, 341, 347, 364–371, 449, 492, 508, 549, 558–562, 570, 598 f., 659, 671, 676 f., 713, 716, 801–811, 813 Großdeutsche Versammlung (1862) 793, 802–811 Großmacht, deutsche 268, 271, 535 Großmächte – deutsche XXXV, 23 f., 27, 62, 70–72, 93, 98, 108–110, 144, 156, 163, 172–177, 179–181, 184 f., 195–197, 240, 265, 272, 290, 294, 308–313, 322, 352, 375, 417 f., 422, 446, 452, 457, 476, 482, 486, 497 f., 504, 513 f., 531, 536, 545, 575, 636, 672 f., 675, 684 f., 759, 779, 814–819, 845 f. – europäische 56, 238 f. Hamburger Nachrichten 182 Handel, Handelswesen 4, 56 f., 121, 130, 190, 356, 382, 555, 656–658, 685, 759, 797 f. Handelsgesetzbuch, Allgemeines Deutsches/ Handelsgesetzgebung 102, 104 f., 158, 161, 406, 464, 474, 580, 582, 584, 686, 731, 755, 784, 830 Handelsvertrag, Handelsverträge 757 f. – preußisch-französischer (1862) 656–658, 682, 685, 796–798 – preußisch-österreichischer (1853) 187, 656 Hansestädte 56, 222, 246, 554 Heeresreform, preußische 602 f., 649–651, 760, 766 Hegemonie 282, 375, 675, 804 f. – bayerische 174 – österreichische 575, 669, 761 – preußische 21, 156, 186, 188 f., 204, 215,

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243, 359, 388, 435, 484, 488, 516, 554, 560, 562, 572, 574 f., 597, 602, 644, 659, 669, 673, 759, 762 Heilige Allianz 19 Heimatrecht 161, 167, 317, 320, 327, 473 f., 555, 732, 755 f., 804 Holsteinische Frage 58, 166, 200, 203, 335, 459, 520 Identische Noten 519 f., 537–542, 574 f., 591, 598, 600, 604–606, 613, 617–623, 626–636, 639–645, 647, 650 f., 658, 660, 694 f., 698, 700, 704, 711–713, 758, 799 Imperialismus 274 f. – französischer 273, 275 Instruktionen (der Bundestagsgesandten) 4, 120, 135, 176, 212, 320, 323–325, 328, 343, 354, 389, 396, 410, 425, 435, 439, 458 f., 483, 485, 487, 489 f., 857 Interessenverbände XXII, XXX Italienischer Krieg XI, XVI f., XIX, XXI f., XXVI, XXXVI, 8, 17, 82, 199, 218, 221, 290, 440, 479, 515, 560, 572, 594, 664, 815 f. Josefinismus 368 Jünglingsbund 558 Jura singulorum 125, 842 Juristentag XXXI, 464 Kabinettspolitik XXV, 402, 673, 675, 677 Kaiser, Kaisertum – deutsches 6, 29 f., 107, 275, 364–367, 369 f., 402, 572, 762, 805 f. – preußisches 97, 594 Karlsbader Beschlüsse (1819) 183 f., 216, 303, 340, 487, 578 Karlsruher Zeitung XXIII, 292 Kassationshof 688 Katastrophe 210, 449, 668 Katholizismus 277, 368 Kirche, kirchliche Verhältnisse 190, 368, 825 Kleindeutsch, Kleindeutschland XXXII, 68, 98, 217, 234, 262, 272–274, 341, 366, 369 f., 476, 558–560, 598, 671, 677, 716, 802, 804 Kleinstaaten 10, 13, 27, 56–58, 61, 72, 93 f., 108, 113, 156, 162–165, 172–177, 181, 183, 195 f., 206–209, 231, 265, 269, 272, 280, 343, 349, 367, 369 f., 388, 435, 442, 445, 447, 452, 454, 514, 546, 556 f., 566 f., 571, 573–578, 593, 601 f., 673, 675, 816 Kleinstaaterei 55–58, 97, 163, 263, 272

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Register

Koalition, antipreußische/mittelstaatliche 172, 175, 183 f., 473, 593, 822, 863 Kölnische Zeitung 182 Kommunismus 450 Kongreß, amerikanischer 428 Kongreß deutscher Volkswirte XXX f. Konservativ, konservative Politik 46, 58, 66, 71, 284, 287, 440, 450 f., 454, 614, 780, 801 Konstitutionalismus, konstitutionell/konstitutionelles System XXXII, 50 f., 57, 178 f., 184, 187, 238 f., 335, 369, 405 f., 464 f., 526, 532, 534, 559–561, 564 f., 571 f., 574, 577 f., 608, 614, 641, 653 f., 678, 682 f., 776, 779, 786, 796 Konzessionssystem 707 f. Korrespondent von und für Deutschland 171–177, 564 Kreise, Kreisbehörden, Kreiseinteilung 804 f. Kreuzzeitung XXIII, 82, 216 Krieg – europäischer 68–71, 756 – deutsch-dänischer (1864) 407 – innerdeutscher 821–827 Kriegsflotte, deutsche → Flotte Krimkrieg XVI, XXI, 19, 271, 430, 553 Kühner Griff 230, 342 Küstenverteidigung 73, 127, 170, 193, 221 f., 317, 441, 478, 545, 551, 554, 755, 784 Kurhessische Frage 166, 181, 200, 203, 207, 213–216, 218, 223, 228, 235, 247 f., 278, 281, 294, 301, 317, 320 f., 358, 549, 578, 599, 601, 635 f., 653, 655, 747, 749 f., 754, 756 f., 759, 761 Landtage, Landstände XXI–XXV, XXXII– XXXV, XXXVII, 28, 72, 134, 139, 185, 261, 280, 338, 367, 381, 397 f., 405–409, 411, 423, 442, 462–465, 467, 485, 491, 497 f., 526 f., 529, 558, 567 f., 574, 580, 582, 585 f., 588, 590, 604, 608, 610 f., 646–650, 652, 664, 730, 733 f., 736, 740, 742 f., 749, 756, 771 f., 774–781, 783–787, 789 f., 792, 796, 807, 809, 830–832, 838 f., 846, 853 f., 856 – Baden 218, 682 – Bayern XXIII, 38–50, 61 f., 66, 88, 559 – Hannover 225 – Kurhessen 213, 215 – Liechtenstein XXXIV – Preußen 141, 213–216, 222, 228–230, 235, 252, 261, 280 f., 314, 361 f., 420–422, 442 f., 504, 522, 561, 570, 580, 601 f., 635, 639, 649–651, 653, 661, 682, 687, 760, 779, 821

– Österreich 361, 420–422, 522, 573, 682, 730, 781 – Sachsen XXIII, 329–333, 435 – Sachsen-Coburg und Gotha XXIII, 198–203 – Württemberg XXIII, 662–690, 780 f., 784 f. Landständische Verfassung 187, 404 Landwehr, deutsche 382, 386 Legitimität, Legitimitätsprinzip 238 f. Leipziger Schlacht (1813) 346 f. Liberale, liberale Partei XVIII, XXVIII, 23, 28, 81, 83, 85 f., 156, 278, 359, 599, 760, 827 Londoner Protokolle (1852) 59, 407 Macht, Machtstellung – Deutschlands/des Deutschen Bundes 101, 149, 151, 185, 194 f., 197, 199–201, 210, 215, 263, 279, 339, 377, 399, 431, 495 f., 499, 531–533, 535, 548, 683–685, 716, 736, 807, 836–838, 855 – nationale XVII–XX, XXXVI f., 9, 87, 264, 279 f., 282, 356, 401, 454, 476, 672, 674, 717, 824, 838 – Österreichs 675 – Preußens 760 f., 824 Machtinteressen 181, 546, 672 – Bayern 821 Machtverhältnisse 151, 155, 173, 175–177, 241, 446, 477, 503, 529, 544, 546–548, 555, 566, 616, 764, 845 Majorisierung, Majorität, Majoritätsbeschlüsse 13, 34, 88 f., 102, 147, 172 f., 184, 222, 228, 242 f., 280 f., 321, 324, 343, 391, 406, 583, 590, 798 f., 817–819, 827, 829, 831, 833, 835–837, 840–853, 858–863 Marine, deutsche/Marineangelegenheiten 73, 121, 123 f,, 128, 137 f., 342, 486, 565, 568 f. → Flotte Maß- und Gewichtssystem 104, 129, 161, 166, 272, 317 f., 320, 327, 346, 472, 590, 685, 732, 755, 760, 762, 804 f. Maßregelngesetze (1832) 487 Materielle Interessen 18, 93, 104, 178, 187, 314, 379, 400, 413 f., 548, 550, 555 Matrikularbeiträge/-umlagen 100, 129, 135 f., 142, 466, 820 Mediatisierte 744 Mediatisierung 98, 153, 305, 346, 437, 522, 552, 563, 575, 578, 601, 621 Militärkonventionen 121, 287, 293, 296, 299, 301, 349 f., 514, 553, 601 – Sachsen-Altenburg mit Preußen 639

Sachregister – Sachsen-Coburg und Gotha mit Preußen 559, 639 – Waldeck mit Preußen 639 Militärverfassung, deutsche/Militärverhältnisse XX, 6, 9, 14, 17 f., 22, 51, 72–74, 87, 92, 102, 104 f., 115, 121 f., 127, 132, 138, 144 f., 148–151, 169, 178, 196, 238, 245 f., 248–250, 253 f., 256 f., 268, 281, 287, 289 f., 295 f., 300 f., 308–314, 343–345, 349 f., 359, 363, 376 f., 382–386, 388, 405, 414, 442, 452, 513–515, 545, 552–554, 567 f., 601, 622 f., 683 f., 754 Ministeranklage 135, 139, 569 Ministerkonferenz(en) 72, 94, 103–105, 152 f., 160–162, 165–170, 173, 175, 177– 186, 220–223, 226–228, 234, 236, 245, 247 f., 250–252, 256, 291 f., 317, 319, 349 f., 354 f., 388 f., 410, 461, 504, 509, 513, 518 f., 649, 658 Ministerverantwortlichkeit 243 Mitteleuropa, mitteleuropäisches Staatensystem 259, 270–272, 805 Mittelstaaten XXIV, XXXV, 10, 13, 15, 24, 27, 35, 56, 61 f., 66 f., 72, 80, 91–104, 108, 116, 148, 153 f., 156, 162–165, 172–177, 181, 183, 187, 195 f., 206–209, 217, 220 f., 223, 227 f., 234–236, 241, 244, 252–254, 256, 265, 269, 272, 280, 295–297, 322, 343, 349 f., 359, 363, 367, 369 f., 375, 388, 393, 416, 435, 437, 438, 442, 445, 447, 451 f., 454, 471 f., 482 f., 488, 493, 509, 514, 516 f., 522, 546 f., 556 f., 566 f., 571, 573–578, 593–596, 602, 621, 652–654, 657, 659 f., 666, 673, 675, 682 f., 685, 690, 697–705, 719–728, 759, 779, 819, 861 Monarchie, monarchische Ordnung 274, 450 f., 454 Monarchisches Prinzip 179 f., 367, 414, 450, 565, 716 Moniteur Universel, französische Tageszeitung 290 Moralische Eroberungen, geistige Eroberungen 78, 189, 191, 229, 369, 548, 561, 594 f. Münchener Konferenz (1859) 96–103, 153, 174, 221, 234, 316, 318–320 Münchner Übereinkunft (1850) 42, 47, 466, 686, 688, 690 Münzwesen 4, 129, 138, 346, 685, 804 f. Napoleonismus 199, 372 Nation, deutsche XIII, 9, 37, 41, 44–46, 49, 51, 56, 58, 68 f., 74, 98, 111, 153, 172, 178–180, 199–203, 208 f., 231 f., 259 f., 264, 266, 268, 272, 278 f., 281 f., 303, 315,

915

339 f., 345 f., 348, 358, 371 f., 374, 376–382, 393, 401, 412–414, 430, 454 f., 457, 466, 476, 486, 491–493, 495, 521 f., 527, 529 f., 533 f., 544, 580, 583, 593–597, 602, 604, 610, 614–616, 653, 655, 669 f., 672–675, 678, 717, 720, 736, 760 f., 782, 800 f., 805, 822–824, 831 f., 837–840, 844–846, 849, 854–856 – Bedürfnisse 151, 155, 281, 356, 414, 454, 522, 530, 536, 590, 614, 616, 653 f., 665, 672, 736, 800, 809 – Sicherheit 199 – Wünsche 154, 179, 347, 368, 449, 495, 522, 655, 716, 764, 809, 846 – Würde 176, 377, 382 – Zentralgewalt 199, 203, 231 Nationalband 402, 427, 539, 591, 614, 619, 831 Nationalbestrebungen 283 f., 287, 340, 583, 672, 712 Nationalbewußtsein 87, 233, 338, 401, 451 f., 454, 529, 558, 611 Nationalcharakter, Volkscharakter 451, 529 Nationale Bewegung XI f., XXVI, XXIX, XXXVII, 31 f., 174, 184, 306 f., 338 f., 450–454, 529 f., 653, 736, 845 f. Nationale Erhebung (1813) 678 Nationale Geschichte 678 Nationale Gesinnung 345 Nationale Politik 453, 455, 547, 673, 676 Nationale Sache 259 Nationaler Gedanke/Idee 451, 597, 614 f., 617, 668 Nationalfeste XXII, XXXI, 74, 452 f., 549 Nationalgefühl 20, 54, 202, 303, 345, 451 f., 454, 549, 558, 615 f. Nationalgeist, Nationalsinn 178 f., 303, 347, 670, 673 Nationalinteresse(n) 27, 111, 120, 125, 176, 182, 201, 264, 382, 504, 580, 583, 605 f., 612, 614–616, 618, 621, 672 Nationalitätenschwindel 670 Nationalleben 69, 839, 844, 853 Nationalökonomie 192 Nationalprinzip, Nationalitätsprinzip 402, 450–452 Nationalrat 123, 131 f., 135–137, 139 Nationalrepräsentation, Nationalversammlung, Nationalvertretung, deutsche 25, 42 f., 44–46, 51, 63, 253, 315, 332, 359, 365, 374–382, 385, 455, 466, 476, 485 f., 491 f., 522, 526, 531, 533 f., 596, 663, 665, 667, 674, 679, 690, 736, 807, 836, 838 Nationalstolz 232, 454

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Register

Nationalverein XII, XXII, XXIV, XXIX f., XXXII, 90, 144, 146, 161, 170, 184, 217, 219, 225, 228, 230, 244, 254, 283 f., 287, 293, 299, 301–303, 305–307, 335–338, 349, 354, 357 f., 360, 363 f., 374 f., 377, 412, 427 f., 435, 441, 449, 484, 558–562, 574, 602, 653, 693, 761 Nationalversammlung (1848/49) 5, 9, 30 f., 75, 230, 378, 572 f. Nationalwillen 375 National-Zeitung 31, 182, 570 Nationalzwecke 153 Naturrecht/natürliches Recht 566, 670, 672 Neue Ära 20, 264, 284, 337, 602, 651 Neue Frankfurter Zeitung 593–597 Neue Würzburger Zeitung 162–164 Oberbefehl, militärischer XVII, 4, 9, 17 f., 21 f., 73, 127, 144 f., 169, 196, 217, 249, 254, 295 f., 300 f., 332 f., 344, 349 f., 361, 363, 381, 383–385, 388, 442, 452, 476, 492, 507, 538, 568, 601, 605, 621–623, 683 f., 754 Oberhaus 280 Obligationenrecht 464, 473, 585, 587, 589, 645, 647 f., 701, 720, 723, 731–734, 747, 755, 768, 773, 798, 828 f., 835, 840, 847, 851, 868 Öffentlichkeit, öffentliche Meinung XIV, XVII–XXVII, XXX, XXXVI f., 4, 21, 23, 31 f., 61, 67, 79, 98 f., 101, 111, 148, 154, 167, 177, 181 f., 221, 235, 254, 260, 264, 278, 286 f., 328, 351 f., 354, 366–368, 388 f., 404, 406 f., 433, 435 f., 448 f., 458, 479, 509, 522, 526, 529, 560, 571, 646, 669, 673, 676, 684, 689, 692, 702, 720–723, 760 f., 769, 782, 784, 795–797, 801, 809 Oktoberdiplom (1860) 564, 626 Olmützer Punktation (1850) 5, 20, 215, 594 Organische Einrichtungen 169, 470, 472, 503, 505, 551, 553–555, 581, 583, 701, 703, 720, 724, 730, 734, 760, 768, 772–774, 777, 793, 798 f., 812, 828, 834–836, 838 f., 841–843, 848–852, 858 Orientalische Frage, orientalischer Krieg 19, 78, 277 f., 430, 440, 553, 822 Ost-Deutsche Post 152–155 Oströmisches Reich 275 Parlament – deutsches 26, 29, 44, 65, 84–86, 98, 215, 218, 243, 259, 282, 301, 334, 357, 402, 408 f., 442, 461, 476, 483, 491, 508, 562 f.,

596, 632, 641, 671, 691, 760 f., 764, 780, 795 f., 802, 805, 813, 852, 856 – Erfurter 27 – preußisches 215 Parlamentarismus XIV, XXIII, XXXII– XXXVII, 267, 332, 372, 562, 760 Partei(en), Parteibestrebungen 178, 180, 182, 184, 234, 254 f., 263 f., 266, 306, 387, 434, 436, 801 f. – demokratische 50, 65, 81, 104, 601, 653, 666, 678 f., 691, 716, 763 – freisinnige 636, 691 – gothaische XXVIII, 28, 44 f., 58, 62, 65, 96–98, 104, 146, 214, 217, 235, 253 f., 287, 299, 301 f., 305, 349 f., 601–603 – großdeutsche 347, 367–370, 508, 549, 558, 562, 676 f., 691, 802 f., 813 – kleindeutsche 370 – konservative 801 – konstitutionelle 50, 653 f. – liberale 81, 83, 254, 760, 827 – nationale XIV, XXVII–XXXII, XXXVI, 28–30, 60 f., 63–66, 75, 90, 306, 358 Partikularismus, Partikularinteressen 5, 53, 109–112, 116, 346, 358, 404, 409, 482, 532, 552, 616, 621, 659, 665 f., 669, 675, 684, 688, 759, 825 Paßwesen 555 Patentgesetz/-recht 166, 224, 317 f., 473, 601, 732, 755 f., 760, 762 Patrioten, Patriotismus 211, 260 f., 265, 280, 284, 303, 365, 377, 402, 413, 428, 507, 527, 533, 549, 553, 557, 563, 571, 574, 577 f., 611, 621, 648, 679, 733, 830 Paulskirche XVII f., 15, 49 Pentarchie 271 Pfingstversammlung (1862) 690 f., 693 Polizeimaßnahmen 61, 339, 401 Polizeistaat 74 Postverein, Deutsch-Österreichischer 685 Postwesen 129, 138, 569, 685 Präsidium des Bundestags 23, 311 f., 323 f., 355, 390 f., 395 f., 417 f., 426–432, 435 f., 439, 456 f., 459, 461, 467, 469 f., 495, 498, 531 Presse XIV, XXI–XXIII, XXV, XXXV, XXXVII, 23, 29, 33, 59 f., 63, 66, 74, 86, 94–97, 99 f., 102, 161, 178, 182, 187, 190–193, 204–206, 264, 287, 301, 306, 311, 350, 367 f., 388 f., 399, 436, 449, 460, 529, 558, 603, 613, 691, 706–709, 716, 756, 763, 811, 819 – demokratische 814 – großdeutsche 350, 369, 598

Sachregister – kleindeutsche 96, 264, 350, 449 – mittelstaatliche 100 – österreichische 523 – preußische 81 f., 99 f., 191, 270, 574, 601 f. – sächsische 81 f. Pressefreiheit 603, 706–708 Pressegesetzgebung 405, 465, 578, 653, 706–708, 756, 775 Preußische Zeitung XXIV, 22, 82, 337 Preußisches Wochenblatt 82, 171–177, 182 Protestanten, Protestantismus 277, 368, 718 Prozeßrecht 464 Reaktion, Reaktionäre, Reaktionspolitik 74, 278, 347, 358, 390, 664, 759 f. Rechtshilfe 582, 732, 755 Rechtsvereinheitlichung XIX, 158, 272, 472, 607 f., 614 f., 686, 731 f., 804 f. Reform, nationale 370, 599 → Bundesreform Reformbill, englische (1832) 267 Reformverein XV, XXXI, 793, 810 f. Reichsämter 569 Reichsarmee 567–569 Reichsbudget/-finanzen 568 f. Reichsgebiet, deutsches 7 Reichsgericht(e) 569, 742 Reichsgesetze 568, 806 Reichshandelsministerium 5 Reichsheer 806 Reichskasse 569 Reichsminister, Reichsministerium 568 f., 805 Reichsrat, österreichischer 522, 730 Reichsregierung (1848/49) 675 Reichstag – deutscher 6, 568 – von 1663 439 – von Kremsier (1848) 626 Reichsverfassung – Altes Reich 670 – deutsche 366, 568 f. – von 1849 5 f., 30, 47 f., 266, 313, 316, 666 f., 670, 674, 760 Reichsverweser 15, 230, 636 Reklamationskommission 325 Repräsentantenhaus (USA) 281 Republik, Republikanismus 239, 346, 450 f., 572 Republikaner, französische 276 Restauration 106, 243 Revolution, revolutionäre Tendenzen 35, 44, 74, 81, 238 f., 253 f., 261 f., 286, 306 f., 335, 345, 348, 370, 390, 401, 408, 450 f., 491 f.,

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521, 527 f., 530, 555, 564, 597, 689, 692, 716, 761–763, 765 Revolution – von 1848/49 XVI, XIX–XXI, XXVII, XXXII–XXXIV, XXXVI f., 4, 18 f., 77, 98, 179, 215, 230, 257, 282, 307, 378, 401 f., 409, 451, 476, 529, 564 f., 570–572, 664, 716, 815 – Französische 106, 450 Rheinbund 13, 106, 229, 231, 265, 344, 373, 552, 597, 620 Rheinbundakte 546, 620 Rheinkrise (1840/41) XVI, 521 Rhein-Lahn-Zeitung 29 Sachverständigenkommission(en) 63, 398, 463, 472, 486, 581, 585, 736, 755 f., 830 f. – für das Handelsgesetzbuch 406, 474, 580, 731 f., 784 – für Heimatrecht 755 f. – für Küstenschutz 755, 784 – für Maß- und Gewichtsvereinheitlichung 327, 472 f., 590 – für Patentrecht 473, 755 f. – für Rechtsgeschäfte und Schuldverhältnisse 473, 585, 587, 589, 645, 647, 747, 755, 768, 773 – für Rechtshilfe 474 – für Urheberrecht 755 – für Zivilprozeßordnung 473, 587, 589, 645, 647, 661, 735, 747, 755 f., 768, 773, 833 Sängerfeste/-vereine XXX, 453 Schätzbare Materialien 483 Schiffahrt 128, 135, 138, 356 f. Schillerfeste XXXI, 453 Schillerstiftung 170 Schleswig-Holsteinische Frage 59, 166, 200, 203, 217–219, 235, 269, 281, 313, 407, 547, 756, 759 Schützenfest(e) 73, 453, 691, 714–718, 761, 763 Schulen, Schulwesen 190 Schutz- und Trutzbündnis zwischen Preußen und Österreich (1854) 430, 630 Schutz- und Trutzbündnis zwischen Preußen, Deutschland und Österreich 500 Schwäbische Kronik 30 Schwäbischer Merkur 30, 219 Schweizer Frage 218 Sechs Artikel (1832) 487 Sechzig Artikel (1834) 744 Seegerichte 140 Senat (USA) 281

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Register

Sicherheit Deutschlands, äußere und innere 61, 92, 101, 107, 110, 120, 125, 127, 130, 149, 199 f., 202, 210–213, 239, 267, 289, 298, 303, 332, 431, 445, 531 f., 605, 619, 663, 679, 683, 692, 837 Siebenjähriger Krieg 816 Sklaverei 274 Sonderbund 71, 183 f., 358, 363 Souveränität, Souveränitätsrechte der Einzelstaaten 97 f., 108, 113 f., 120, 122, 125 f., 156, 175, 196, 252, 254, 344 f., 443, 446, 452, 487 f., 495, 499, 509, 526, 529, 532, 534 f., 546, 604, 620, 624 f., 668, 675, 682, 709, 735 f., 745, 748, 759, 762, 795, 804–806 Sozialismus 450 Spenersche Zeitung 570 Staatenbund/Staatenverein XV, 79, 83, 240, 263, 269, 401, 422, 466, 475–477, 486, 495–497, 505, 507, 527 f., 548, 619, 624, 670, 735 f., 762, 780, 803–806 Staatenhaus 280 f., 366, 566–569, 804 Staatenrat 123, 131 f., 134–139 Staatsanzeiger für Württemberg 218 Staatsbürger/Staatsbürgerschaft 77, 134 Staatsoberhaupt, deutsches 689 Stettiner Adresse 36 f., 86 f., 146, 338 Steuern 57, 564 f., 855 Steuerverein 187 Stimmeneinhelligkeit/Einstimmigkeit (im Bundestag) 88, 105, 113, 244, 456, 470, 491, 503, 583, 590, 703, 734 f., 787, 799, 812, 833–835, 840, 842 f., 846–850, 852, 858 f., 863 Süddeutsche Zeitung 219, 484 Suprematie → Hegemonie Teplitzer Punktation (1860) 308–313 The Times, englische Tageszeitung 206–209 Trias 13, 93 f., 96–98, 163 f., 174, 187, 241, 305, 348–350, 359, 363, 369 f., 374, 388 f., 393, 439, 455, 482 f., 492, 495 f., 510, 522, 566 f., 570, 572, 659, 712 Triumvirat 492, 566 f. Tugendbund 232 Turner, Turnerfeste, Turnvereine XXX, 453, 714, 763 Ultramontanismus, ultramontan 5, 572, 718 Umsturz 31, 146, 149, 234, 282, 387 f., 403, 408 f., 655, 692, 696, 801, 824, 839 Union, Unionspolitik 5, 20, 27, 79, 272, 278, 539, 594, 675, 702 f. Universitäten 190, 563, 742

Unterhaus 280 Urheberrecht 732, 755, 760, 762 Vaterland – bayerisches 40 f. – deutsches 4, 25 f., 30, 32, 36, 46, 48 f., 51, 53 f., 87, 90, 162 f–164, 198 f., 210, 256, 265, 292, 297–299, 314, 334, 341 f., 345, 347, 403, 494, 496, 526–528, 530, 533, 535, 549, 557 f., 571 f., 574, 578, 603 f., 615– 617, 655, 663 f., 666, 668 f., 671, 673, 679 f., 736, 803, 837 – preußisches 87 Vaterlandsverrat 823 Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen 685 Vereine, Vereinswesen XXI, XXVIII, XXX f., XXXVI f., 29, 33, 54, 74, 86, 287, 293, 302 f., 336–339, 361, 388, 399, 405, 412, 465, 529, 578, 653, 664, 708–710, 756, 763, 775 Vereinigte Staaten von Deutschland 120, 124–127, 137 Verfassung/Verfassungsrecht – Dänemark 407 – Deutschland 25, 50 f., 412–414, 566–578, 699 – Einzelstaaten 57, 115, 130, 139, 141, 189, 314, 404 f., 463, 465, 504 f., 588, 610 f., 616, 646 f., 709, 733 f., 740 f., 746, 749 f., 841, 854, 856 – Hannover 9 f. – Kurhessen 9 f., 147, 161, 181, 200, 207, 213–216, 228, 235, 248 f., 278, 301, 317, 320 f., 549, 578, 635, 747, 749 f., 756 f. – landständische 187, 404, 740 – Österreich 564 f., 577, 626 f., 646, 688, 802 f. – Preußen 117, 142, 651 f. – Schweiz 792 – USA 564, 792 Verkehr, Verkehrswesen 129, 138, 190, 379, 472, 555, 607, 614 f., 685 Versammlungen, nationale 26–28, 30, 33, 54, 60, 63, 66, 254, 664, 666 – Eisenach 25 f., 30 f., 44 f., 50–55, 66, 68, 90, 92 – Frankfurt 92 – Hannover 90 – Mannheim 363 Veto, Vetorecht 465, 703, 735, 833–835, 843 Vierkönigsbündnis 43, 466 Villafranca, Friede/Waffenstillstand von 17, 23, 25, 113, 119, 217, 554

Sachregister Völkerrecht – Charakter/Stellung des Deutschen Bundes 106 f., 122, 126, 132, 135, 215, 292, 298, 415, 484, 495, 497, 501, 538 f., 543 f., 546–548, 580, 591, 603, 605, 614, 619, 670 – europäisches XV, 334, 418–420, 495, 619 Völkerschlacht bei Leipzig (1813) 346 f., 549 Volksgeist 262–264 Volkshaus 280–282, 365–367, 370, 566–569, 804–806 Volksrat 563 Volkssouveränität 678 Volksvertretung, deutsche/am Bund XIX, XXVI, XXXI, XXXIV–XXXVI, 6, 28, 30, 35, 38, 42, 44 f., 53, 85 f., 134, 164, 203, 234, 254, 306, 315, 329, 333, 340, 343, 358, 388, 414, 439, 442 f., 447, 454, 471 f., 478, 483, 490–492, 498, 504, 508, 544, 548, 561, 605 f., 610–612, 615, 623, 665, 675, 682, 684, 686 f., 766, 797, 809 → Nationalrepräsentation Volkszeitung (Berlin) 230 Vormärz XXI, 817 Vorparlament(e) 254, 257, 301, 691, 693 Vossische Zeitung 8–10, 570 votum consultativum 407, 439, 486, 777 votum decisivum 407, 465, 486, 775, 786 Wahlen, direkte 98, 642, 780, 838 Wartburgversammlung (1817) 402 Waterloo, Schlacht von (1815) 287, 291, 293, 298 Wechselordnung 582, 731, 755, 830 Wehrpflicht, allgemeine 382 Weltgeschichte 277 Weser-Zeitung 484 Westfälischer Frieden (1648) 622 Weströmisches Reich 275 Wiener Kongreß (1815) XV, 5, 434, 539, 619–621 Wiener Kongreßakte (1815) XV, 419, 546 Wiener Ministerialkonferenzen (1834) 183 f., 578, 744 Wiener Schlußakte (1820) 77, 118, 335, 409, 455, 487, 547, 735, 835, 842 f., 859 – Artikel 4 841, 858 – Artikel 6 624 f. – Artikel 7 456 – Artikel 9 841, 858 – Artikel 11 843, 848 – Artikel 13 835, 841, 858 – Artikel 14 583, 799, 834, 848 f. – Artikel 15 841, 858

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Artikel 16 174 f., 624 f. Artikel 20 741 Artikel 24 744 Artikel 29 744 Artikel 47 513, 519 Artikel 53 338, 842 Artikel 60 740 Artikel 61 842 Artikel 64 391, 398, 462 f., 472 f., 580, 582 f., 590, 610, 645, 703, 752, 775, 833 f., 841, 843 f., 847 f., 852 f., 859 Wiener Verträge (1815) 142, 334 Wiener Zeitung 97, 177 Wienerisches Diarium 97 Wirtschaftspolitik XX, 192 Wochenblattpartei 171, 182 Wohlfahrt – Deutschlands 5, 65, 201, 414, 664, 696, 807, 837 – materielle 314 – der Nation 56 – des Vaterlandes 334, 494 – des Volks 72 Wohlstand, Deutschlands/der Nation 68, 75, 200, 307, 557 – der deutschen Staaten 56 f., 72 – der deutschen Bevölkerung 199, 202 – der Völker 14, 307 – innerer 282 – materieller 476 – Sachsens 657 Würzburger Konferenz, Würzburger Staaten (1859) XXIX, XXXV, 160, 165–186, 196 f., 216 f., 220 f., 224, 226, 228, 234, 236, 248–250, 286 f., 289, 297, 317 f., 326, 350, 355, 358, 363 f., 454, 473, 493, 552, 622, 652–654, 712, 759, 761 f., 764–766, 794, 824, 826, 864 Zehn Artikel (1832) 487 Zeit. Tageblatt für Politik, Handel und Wissenschaft 484–493 Zeitgeschichte 696 Zeitung für Norddeutschland 30, 484 Zentralgewalt, Zentralregierung Deutschlands/ des Deutschen Bundes XIX, 6, 25, 37 f., 44 f., 51, 53, 70, 84–86, 97 f., 120, 163 f., 196 f., 199, 203, 212 f., 227 f., 235, 237– 247, 282, 304 f., 315, 329, 332 f., 357, 359, 375–385, 446, 461, 476, 495–498, 506, 510, 522, 533–535, 538, 562 f., 566–569, 576, 577, 600, 616, 632, 641, 661, 668, 671, 680, 759, 762, 803–806, 854 f. → Bundesexekutive

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Register

Zentralgewalt, provisorische (1848/49) 78 Zentralismus/Zentralisation 273–275, 278 f., 282, 839, 853, 855 Zivil- und Kriminalgesetzgebung 74, 161, 167–169, 317, 320, 325, 327, 464, 579–590, 601, 608, 686, 732, 737, 741, 830 Zivilprozeßordnung, allgemeine deutsche 473, 584–587, 589, 645, 647 f., 661, 701, 720, 723, 731–735, 747, 755 f., 760, 768, 773, 798, 828 f., 833, 835, 840 f., 847, 851, 868 Zolleinigung, deutsche 79, 130, 163, 187, 804 f.

Zollverein, Deutscher 18, 78 f., 116, 123, 130, 163, 170, 187, 190, 343, 656 f., 685, 758, 762, 813, 820, 862 Zollvereinskrise (1852) 79 Zollvertrag – mit Hannover (1851) 79 – mit Sardinien 170 Zollwesen 4, 129, 132, 136, 138, 190, 656, 685, 797 f. Zweikammersystem XXXV, 463, 471, 789

121, 555,

343, 687,