Politiken der Translation in Italien: Wegmarken einer deutsch-italienischen Übersetzungsgeschichte vom Risorgimento bis zum Faschismus 3515130934, 9783515130936

Die Translationswissenschaft hat in den letzten Jahren ein zunehmendes Bewusstsein dafür entwickelt, dass Nationenbildun

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German, Italian Pages 320 [322] Year 2021

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INHALTSVERZEICHNIS
THEORETISCHE VORÜBERLEGUNGEN
Politiken der Translation in Italienvom Risorgimento bis zum
Faschismus im deutsch-italienischen Kontext (Andreas Gipper, Lavinia Heller und Robert Lukenda)
Theoretische Überlegungenzum Verhältnis von Übersetzung(swissenschaft) und Geschichte (Lavinia Heller)
AKTEURE UND GEGENSTÄNDE RISORGIMENTALER UND POSTRISORGIMENTALER ÜBERSETZUNGSPOLITIKEN
Übersetzungstheorie und Übersetzungspolitik im frühen Risorgimento:
Giovanni Berchet (Robert Lukenda)
Nationsbildung als Übersetzungsprojekt: Giuseppe Mazzinis italienische
Translationspolitik (Kathrin Engelskircher)
I ‹due volti› di Friedrich Schlegel e la cultura italiana . Appunti sulle
traduzioni e la ricezione degli scritti estetico-letterari tra Ottocento e
Primo Novecento (Christian Rivoletti)
Die indirekte Übersetzung deutscher Literatur über das Französische. Ihr Einfluss auf die Translationsdebatte und die literarischen Diskurstraditionen im Italien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts (Iris Plack)
INSTITUTIONELLE AGENTUREN DES ÜBERSETZENS UND IHRE ÜBERSETZUNGSPOLITIK (1919–1950)
La Ronda e la letteratura tedesca in Italia dopo la grande guerra (Anna Baldini)
Heinrich Mann «romanziere della rivoluzione». Strategie di
legittimazione della letteratura tradotta nel campo di produzione di
massa (1915–1925) (Michele Sisto)
Giovanni Gentile: Verlags- und Übersetzungspolitik im Zeichen des Aktualismus (Andreas Gipper)
Die Zäsur von 1938: Das italienische Verlagswesen und die deutsche Literatur in den letzten Jahren des Fascismo (Natascia Barrale)
Grenzgänge: Deutsche Titel im Verlagsprogramm Einaudi 1940–1950 (Gisela Schlüter)
SPRACHE UND TRANSLATION ALS GEGENSTAND STAATLICHER INTERVENTION IM ITALIENISCHEN FASCHISMUS
Un peso determinante? Sprachenpolitik im italienischen Faschismus (Joachim Scholtyseck)
Eine späte Reaktion: Die Übersetzungspolitiken desfaschistischen Regimes in Italien (Christopher Rundle)
La ricezione della narrativa weimariana nell’Italia fascista (Mario Rubino (†))
ÜBERSETZUNGSTHEORIE UND ÜBERSETZUNGSPRAXIS IM ZEITALTER DES ITALIENISCHEN FASCHISMUS
La traduzione in Benedetto Croce e Karl Vossler fra teoria e pratica (Diego Stefanelli)
Tra classicismo ed ermetismo: tradurre Hölderlin in italiano durante il ventennio fascista (Furio Brugnolo)
Rumpelstilzchen & Co. Antonio Gramsci als Übersetzer und die Funktionen des Übersetzens (Birgit Wagner)
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Politiken der Translation in Italien: Wegmarken einer deutsch-italienischen Übersetzungsgeschichte vom Risorgimento bis zum Faschismus
 3515130934, 9783515130936

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Politiken der Translation in Italien Wegmarken einer deutsch-italienischen Übersetzungsgeschichte vom Risorgimento bis zum Faschismus Herausgegeben von Andreas Gipper, Lavinia Heller und Robert Lukenda

Franz Steiner Verlag

Studien zur Übersetzungsgeschichte

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Studien zur Übersetzungsgeschichte Herausgegeben von Andreas Gipper, Lavinia Heller und Robert Lukenda Wissenschaftlicher Beirat: Lieven D’Hulst, Michael Schreiber, Michele Sisto Band 2

Politiken der Translation in Italien Wegmarken einer deutsch-italienischen Übersetzungsgeschichte vom Risorgimento bis zum Faschismus Herausgegeben von Andreas Gipper, Lavinia Heller und Robert Lukenda

Franz Steiner Verlag

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2022 Druck: Druckerei Steinmeier GmbH & Co. KG, Deiningen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-13093-6 (Print) ISBN 978-3-515-13096-7 (E-Book)

INHALTSVERZEICHNIS

THEORETISCHE VORÜBERLEGUNGEN Politiken der Translation in Italien vom Risorgimento bis zum Faschismus im deutsch-italienischen Kontext .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Gipper, Lavinia Heller und Robert Lukenda

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Theoretische Überlegungen zum Verhältnis von Übersetzung(swissenschaft) und Geschichte .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lavinia Heller

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AKTEURE UND GEGENSTÄNDE RISORGIMENTALER UND POSTRISORGIMENTALER ÜBERSETZUNGSPOLITIKEN Übersetzungstheorie und Übersetzungspolitik im frühen Risorgimento: Giovanni Berchet .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Robert Lukenda

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Nationsbildung als Übersetzungsprojekt: Giuseppe Mazzinis italienische Translationspolitik . .. .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Engelskircher

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I ‹due volti› di Friedrich Schlegel e la cultura italiana. Appunti sulle traduzioni e la ricezione degli scritti estetico-letterari tra Ottocento e Primo Novecento .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Rivoletti Die indirekte Übersetzung deutscher Literatur über das Französische. Ihr Einfluss auf die Translationsdebatte und die literarischen Diskurstraditionen im Italien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts . . . . . . . . . Iris Plack

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Inhaltsverzeichnis

INSTITUTIONELLE AGENTUREN DES ÜBERSETZENS UND IHRE ÜBERSETZUNGSPOLITIK (1919–1950) La Ronda e la letteratura tedesca in Italia dopo la grande guerra . . . . . . . . . . . . Anna Baldini

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Heinrich Mann «romanziere della rivoluzione». Strategie di legittimazione della letteratura tradotta nel campo di produzione di massa (1915–1925) ... .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Michele Sisto Giovanni Gentile: Verlags- und Übersetzungspolitik im Zeichen des Aktualismus . .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Andreas Gipper Die Zäsur von 1938: Das italienische Verlagswesen und die deutsche Literatur in den letzten Jahren des Fascismo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Natascia Barrale Grenzgänge: Deutsche Titel im Verlagsprogramm Einaudi 1940–1950 . . . . 177 Gisela Schlüter

SPRACHE UND TRANSLATION ALS GEGENSTAND STAATLICHER INTERVENTION IM ITALIENISCHEN FASCHISMUS Un peso determinante? Sprachenpolitik im italienischen Faschismus . . . . . . 205 Joachim Scholtyseck Eine späte Reaktion: Die Übersetzungspolitiken des faschistischen Regimes in Italien . . .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Christopher Rundle La ricezione della narrativa weimariana nell’Italia fascista . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Mario Rubino (†)

Inhaltsverzeichnis

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ÜBERSETZUNGSTHEORIE UND ÜBERSETZUNGSPRAXIS IM ZEITALTER DES ITALIENISCHEN FASCHISMUS La traduzione in Benedetto Croce e Karl Vossler fra teoria e pratica . . . . . . . . 261 Diego Stefanelli Tra classicismo ed ermetismo: tradurre Hölderlin in italiano durante il ventennio fascista .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Furio Brugnolo Rumpelstilzchen & Co. Antonio Gramsci als Übersetzer und die Funktionen des Übersetzens .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Birgit Wagner

THEORETISCHE VORÜBERLEGUNGEN

Politiken der Translation in Italien vom Risorgimento bis zum Faschismus im deutsch-italienischen Kontext Andreas Gipper, Lavinia Heller und Robert Lukenda Die Translationswissenschaft hat in den letzten Jahren ein zunehmendes Bewusstsein dafür entwickelt, dass Nationenbildungsprozesse immer auch als Prozesse der sprachlichen und literarischen Kohärenzbildung zu betrachten sind, die sich stets in engster Auseinandersetzung mit konkurrierenden Sprach- und Kulturräumen vollziehen. Spätestens seit dem wegweisenden Werk von Antoine Berman1 über die Übersetzungskonzeptionen und Übersetzungsstrategien der deutschen Romantik wissen wir, welch zentrale Rolle dabei Translation spielt. Ausgehend von diesem Befund möchte der vorliegende Band die skizzierten Prozesse am Beispiel der italienischen Nationalstaatsbildung in Risorgimento und Postrisorgimento bis zum Faschismus beleuchten. Bekanntermaßen spielt die Frage sprachlicher Normen und des Gewichts klassischer oder romantischer literarischer Vorbilder in den kulturpolitischen und ideologischen Auseinandersetzungen des Risorgimento eine zentrale Rolle. So wurde die Bedeutung der Übersetzung im Rahmen der Herausbildung eigener kultureller Standards für die entstehende italienische Nation von zentralen Repräsentanten des kulturellen Lebens des frühen 19. Jahrhunderts – angefangen bei Mme de Staël über Giovanni Berchet bis zu Giuseppe Mazzini und Alessandro Manzoni – intensiv diskutiert. Dennoch sind thematisch fokussierte Untersuchungen zu den Übersetzungspolitiken des Risorgimento bislang Mangelware. Mit dem vorliegenden Band sollen erste Schritte unternommen werden, diese Lücke zu schließen. Wenn hier die deutsch-italienischen Kulturbeziehungen vom Risorgimento bis zum Faschismus in den Mittelpunkt des Interesses gestellt werden, so hat dies natürlich auf der einen Seite mit der akademischen Herkunft und den spezifischen Interessen der Herausgeber zu tun. Jenseits solcher Kontingenzen erweist sich die Untersuchung der Kulturbeziehungen zwischen dem deutschsprachigen Raum und Italien aber in translationspolitischer Perspektive auch objektiv als überaus fruchtbar. Ihr Gewicht manifestiert sich an mehreren translatologischen ‚Knotenpunkten‘. Man denke etwa an die Bedeutung der deutschen Romantik für die italienischen Übersetzungsdebatten des 19. Jahrhunderts, an die Auseinandersetzung des Risorgimento mit den deutschsprachigen Nachbarn und Fremdherrschern (insbesondere natürlich Habsburg) oder an den Einfluss der Philosophie des deutschen Idealismus auf die italienischen Übersetzungstheorien des frühen 20. Jahrhunderts. Die Relevanz translationshistorischer Fragen findet sich dabei noch ein1

Berman, Antoine: L’épreuve de l’Etranger, Paris 1984.

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Andreas Gipper, Lavinia Heller und Robert Lukenda

mal nachdrücklich bestätigt in der Zeit des italienischen Faschismus, in der die Debatte um die kulturelle Autarkie und die literarische Strahlkraft Italiens in der Welt nicht zuletzt auch in ambivalenter Auseinandersetzung mit dem kulturellen Einfluss des deutschen Partners innerhalb der Achse Berlin – Rom geführt wird. Auf diese Weise will dieser Band einen Beitrag zur Kulturgeschichte des Risorgimento und zur Reflexion über ein gutes Jahrhundert der deutsch-italienischen Kulturbeziehungen leisten. Der Weg über die Übersetzungspolitik ist dabei nur auf den ersten Blick ein ‚Umweg‘. Tatsächlich, so scheint es uns, führt die Übersetzungsgeschichte mitten ins Zentrum nationaler Selbstverständigungsprozesse. Risorgimento und Postrisorgimento erweisen sich als Musterbeispiel eines Nationbildungsprozesses, dessen Konstruktionsprinzipien in konstitutiver Weise auf die, mal domestizierende, mal verfremdende, übersetzerische Aneignung des Fremden angewiesen sind. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser Aushandlungsprozesse wird deutlich, was in der Translationswissenschaft seit geraumer Zeit immer stärker in den Fokus rückt: dass nämlich Übersetzungsprozesse als Vektoren grenzüberschreitender wie grenzbildender Dynamiken auf kultureller wie politischer Ebene wirksam werden.2 Übersetzung schärft und konstruiert das Bewusstsein für das Eigene und das Fremde und befördert mehr oder weniger gezielt sprachliche, kulturelle wie politische Annäherungs- und Abgrenzungstendenzen. In diesem Kontext rücken nicht nur neue Akteure und ‚cultural brokers‘ wie Mme de Staёl in den Fokus der Betrachtung, sondern auch in neuen Rollen zu entdeckende Gestalter nationbildender Kohäsionsprozesse wie Berchet und Mazzini. Dabei lässt der übersetzungspolitische Blick auch historische Kontinuitäten hervortreten, die vom frühen 19. bis ins frühe 20. Jahrhundert reichen und im faschistischen Kulturleben Italiens neue Akzente erfahren. Im anvisierten Zeitraum lassen sich drei Epochen der Übersetzungspolitiken unterscheiden. Während das Übersetzen als literarische Praxis im frühen 19. Jahrhundert zunächst von seinen Verfechtern wie de Staël und Berchet generell als Strategie der kulturellen Öffnung und als ‚Sprengsatz‘ für das klassizistische Korsett der literarischen Traditionen des Seicento und des Settecento propagiert wird, wandelt sich das skizzierte Projekt der Öffnung in einer zweiten, exemplarisch von Mazzini verkörperten Phase zum expliziten Hebel eines konkreten politischen Projekts. Die übersetzerische Öffnung wird zum Sinnbild eines europazentrierten Weges zur Nation, wie er auch für andere wichtige Repräsentanten des Risorgimento (Cattaneo, Garibaldi, Gioberti) charakteristisch ist. Sie transformiert sich bei Mazzini zu einem Prozess der übersetzerischen Aneignung, an deren Ende Italien gleichsam zum Schauplatz einer europäischen Kernfusion werden soll – einer Kernfusion, deren freigesetzte Energien, so seine Überzeugung, Italien aufs Neue zum idealen Zentrum Europas befördern werden. Für lange Zeit macht dieser Prozess der Öffnung Italien zu einem der übersetzungsfreudigsten Länder weltweit. 2

Vgl. dazu Sakai, Naoki: „Translation and the Figure of Border: Towards the Apprehension of Translation as a Social Action“, in: Profession (2010), S. 25–34.

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Wie dies auch in Deutschland im Anschluss an die romantische Übersetzungsbegeisterung zu beobachten ist, birgt die nationale Stilisierung einer solchen kulturellen Öffnung und der damit verbundene Anspruch auf eine der nationalen Kultur zugetrauten besonderen Kraft der Synthese aber auch bereits den Keim einer erneuten Schließung in sich. Die Hoffnung auf eine besondere Berufung zur Synthese läuft Gefahr, zum Ausgangspunkt für einen Anspruch auf Vorbildhaftigkeit zu werden, der fremder Einflüsse eigentlich nicht mehr bedarf. Diese Haltung des irredentistischen Taumels findet während des Ersten Weltkrieges ihren sinnbildhaften Ausdruck in der heftigen Kritik an Benedetto Croce, der es gewagt hatte, in Zeiten des nationalen Kampfes Goethe zu übersetzen. Insofern markiert der Übergang zum 20. Jahrhundert eine neue Etappe, in der die Übersetzungsfreudigkeit des italienischen Buchmarktes zunehmend als Problem und als Bedrohung der eigenen kulturellen Identität betrachtet wird. Der Terminus der Übersetzungspolitik gewinnt in dieser Zeit eine neue Dimension. Nach einer längeren Phase des verlagspolitischen ‚Laisser-faire‘ geht der Faschismus ab Mitte der 1930er Jahre zu einer Politik über, die den Übersetzungsmarkt vor allem als Ausdruck einer Art von kultureller Handelsbilanz begreift und zunehmend einer rigiden Kontrolle unterwirft. Übersetzungen werden so zum Gegenstand einer faschistischen Autarkiepolitik und zu Medien einer offensiven Kulturpolitik nach außen, die – nicht zuletzt auch in Konkurrenz zu Nazi-Deutschland – imperialen Ansprüchen genügen soll. Der vorliegende Band versammelt Studien, die bewusst danach streben, das Forschungsfeld der Translationspolitik entlang sehr unterschiedlicher Achsen, in verschiedensten Perspektiven und mit vielfältigen methodischen Zugriffen auszumessen. Da sind auf der einen Seite zunächst transversale Studien, wie zum Problem der Relaisübersetzungen im 19. Jahrhundert (Iris Plack) oder zur Sprachenpolitik im Faschismus (Joachim Scholtyseck), sowie synthetisierende Untersuchungen zu einzelnen Perioden, wie etwa zur Rezeption der narrativen Literatur der Weimarer Republik im Faschismus (Mario Rubino †, Natascia Barrale). Auf der anderen Seite finden sich auch Studien zu einzelnen, aus unterschiedlichen Gründen zentralen Akteuren wie Giovanni Berchet und Giuseppe Mazzini im 19. Jahrhundert (Robert Lukenda, Kathrin Engelskircher) und Benedetto Croce, Giovanni Gentile und Antonio Gramsci im frühen 20. Jahrhundert (Diego Stefanelli, Andreas Gipper, Birgit Wagner). Diese Studien werden flankiert durch Beiträge, die sich institutionellen Agenturen des Übersetzens zuwenden. Hier kommt natürlich den Verlagen eine besondere Rolle zu. Beispielhaft für ganz unterschiedliche politische Ausrichtungen enthält der Band Untersuchungen zu Verlagen wie Sansoni, Sonzogno und Einaudi (Andreas Gipper, Michele Sisto, Gisela Schlüter). Stellvertretend für das weite Feld des Zeitschriftenwesens werden diese Untersuchungen ergänzt durch eine Studie zur einflussreichen Literaturzeitschrift La Ronda (Anna Baldini), die mit ihrem Klassizismus und ihrer strikten Autonomieästhetik einen ausgeprägten Gegenpol zum Programm der genannten Verlage einnimmt. Daneben kommen aber auch diverse Kulturorganisationen (Istituto fascista di cultura, Istituto di studi germanici etc.) als wichtige Akteure des Überset-

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Andreas Gipper, Lavinia Heller und Robert Lukenda

zungsmarktes in den Blick. Als unmittelbar politische Instanz tritt ab den 1930er Jahren das faschistische Kulturministerium auf den Plan (Christopher Rundle). Neben diesen im weitesten Sinne akteurzentrierten Arbeiten war es uns wichtig, auch an einigen Beispielen Tiefenbohrungen zu einzelnen emblematischen Autoren der übersetzerischen Auseinandersetzung vorzuführen. Es sind dies im vorliegenden Band die Studien zu Schlegel, Hölderlin und Heinrich Mann (Christian Rivoletti, Furio Brugnolo, Michele Sisto). Insbesondere sollte auf diese Weise die übersetzungspolitische Dimension konkreter stilistischer Strategien Berücksichtigung finden. Und schließlich galt es bei alledem, die übersetzungstheoretische Debatte in ihren vielfältigen Auswirkungen auf die translatorische Praxis auszuloten. Hier ist etwa an den Einfluss der Mme de Staël auf wesentliche Akteure wie Berchet und Mazzini zu denken, aber auch an die Bedeutung der idealistischen Übersetzungsreflexion des frühen 20. Jahrhunderts bei Croce, Gentile und Gramsci. In den versammelten Beiträgen lässt sich das grundsätzliche Bemühen erkennen, die übersetzungshistorische Forschung aus jenen inhaltlichen und methodischen Verengungen und Usancen zu lösen, wie sie im einleitenden Beitrag (Lavinia Heller) diagnostiziert werden. Das Zusammentragen historischer Daten und Fakten zu Übersetzerinnen und Übersetzern, das Nachzeichnen der (translatorischen) Geschichte einzelner Werke und Autoren oder das Sammeln historischer Metaphern und Konzepte des Übersetzens konstituiert an sich noch keine Übersetzungsgeschichte, so die hier vertretene These. Vielmehr gehört es zu den wesentlichsten und fruchtbarsten Herausforderungen einer historisch fokussierten Translationswissenschaft, die unterschiedlichen Dimensionen des Übersetzungsereignisses zu unterscheiden, aber auch wieder aufeinander zu beziehen, ohne sie jedoch aufeinander zu reduzieren: die translatorische Handlungsebene, die institutionelle Ebene sowie die interkulturelle Ebene. Diese Ebenen zu unterscheiden, ist zum Zwecke der Übersichtlichkeit sinnvoll, für eine historisch aufschließende Analyse müssen sie aber wieder in einen Zusammenhang gebracht werden. Translatorisches Handeln und translationstheoretische Reflexion finden nicht im luftleeren Raum statt, sondern sie entwickeln sich unter spezifischen sozialen und (kultur-) politischen Bedingungen. Andersherum hinterlassen Translationsprozesse nichts so wie es war, selbst den Übersetzer und die Übersetzerin nicht.3 Die skizzierten Zusammenhänge manifestieren sich in den hier versammelten Studien auf unterschiedliche Weise, so im Übersetzungsprogramm des Romantikes Berchet, das den Bogen von der methodischen Reflexion und der konkreten translatorischen Praxis bis hin zur strategischen Neuordnung nationaler wie deutsch-italienischer Kulturverhältnisse spannt. Die Frage, was auf der sprachlichen Mikroebene wie übersetzbar bzw. unübersetzbar ist, bekommt hier, wie auch im Fall der Grimm-Übersetzungen Gramscis, mitunter ein unmittelbares weltanschauliches, kulturelles und 3

Nassehi, Armin: „Die ‚Welt‘-Fremdheit der Globalisierungsdebatte. Ein phänomenologischer Versuch“, in: Soziale Welt 49 (1998), S. 151–166.

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politisches Gewicht. In ihnen wird nicht die Art und Weise des Zugangs zur fremden Kultur verhandelt. Vielmehr erweisen sich konkrete Übersetzungsentscheidungen als Mikroelemente in einem größeren Prozess der Gestaltung kultureller wie politischer Beziehungen, die wiederum selbst Auswirkungen auf die Politik und Praxis der Übersetzung haben. In diesem Sinne fördert der Blick auf Texte, Akteure, Verlage und staatliche Politiken ein mit der translatorischen Praxis und Reflexion verknüpftes, komplexes deutsch-italienisches Beziehungsgeflecht zutage, in dem letztlich vielfältige – kulturelle und symbolische, politische und ideologische sowie auch ökonomische – Interessen wirksam sind. Zu identifizieren, welche der beobachtbaren oder rekonstruierbaren sozio-kulturellen und sprachlichen Transformationen allerdings tatsächlich auf translatorische Handlungen oder translationsbezogene institutionelle Politiken zurückgeführt werden können oder gar intendiert waren, gehört gewiss zu den größten methodologischen Herausforderungen der Übersetzungsgeschichte. Es reicht nicht, das übersetzten Texten oder übersetzungsbezogenen Reflexionen inhärente politische Potential zu postulieren und interkulturelle Transfer- und Transformationsdynamiken per se als ,kulturelle Übersetzung‘ zu terminologisieren. Es gilt vielmehr aufzuzeigen, wo und wann der Funke vom Text(korpus) in die Diskurse bzw. in den (politischen) Erfahrungs- bzw. Reflexionsraum überspringt, wer ihn gezündet hat, wer oder was ihn befördert und wer ihn schließlich bewusst für die Durchsetzung seiner Ideen oder seiner Interessen nutzen konnte. Und es ist schließlich auch zu fragen, wo dieser Funke wiederum transformative Selbstläufer ausgelöst hat, die kaum noch auf die Intentionen einzelner Akteure oder Gruppen zurückgeführt werden können, sondern als das Ergebnis des komplexen Zusammenspiels sozialer, institutioneller bzw. politischer Strukturen, ökonomischer Zwänge und individueller oder gruppenspezifischer Interessen zu begreifen sind. Solche empirischen Beobachtungen und methodologischen Herausforderungen sind wertvolle Anhaltspunkte für die Weiterentwicklung der allgemeinen translationswissenschaftlichen Theoriebildung, die sich nur langsam von einer lang tradierten akteurzentrierten Perspektive lösen kann, in der Übersetzungsprozesse als Individualleistungen rekonstruiert werden. Die Translationswissenschaft hatte im Rahmen der Descriptive Translation Studies (DTS) bereits in den 1970er Jahren ihre begrifflichen Instrumente eigens für die übersetzungshistorische Forschung geschärft und dabei den Fokus über ein normtheoretisches Vokabular auf den Zusammenhang translatorischen Handelns und sozio-kultureller Strukturen gelenkt. Die leitende Überzeugung war, dass Translation für die unterschiedlichsten gesellschaftlichen und kulturellen Prozesse eine kommunikationstragende Rolle spielen kann und darum auch von den für die jeweiligen Kontexte relevanten Regelsystemen gesteuert bzw. gelenkt wird. Folglich könne, so die Schlussfolgerung der DTS, potentiell jede sozio-kulturelle Norm bzw. Erwartung zu einer translational norm und in diesem Sinne translationspolitisch wirksam werden.4 Über diese 4

Toury, Gideon: „The Nature and Role of Norms in Literary Translation“, in: ebd.: In Search of a Theory of Translation, Tel Aviv 1980, S. 51–62.

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Andreas Gipper, Lavinia Heller und Robert Lukenda

konzeptionelle Neuerung konnte eine Perspektive entwickelt werden, aus der die grundsätzliche sozio-kulturelle Bedingtheit der Translation zu Tage tritt: Der gesamte Translationsprozess, von der Auswahl des Textes als Ausgangstext bis zur Fertigstellung und Rezeption des Translats, wird in dieser Optik als normbedingt dargestellt. Auch wenn Übersetzer*innen nicht immer ein explizites Wissen darüber haben, warum sie so und nicht anders entscheiden, wird aus einer solchen normtheoretischen Perspektive davon ausgegangen, dass keine translatorische Entscheidung grundlos gefällt wird. Manche Normen sind so internalisiert, dass sie vom Akteur nicht mehr als Handlungsmotivation explizit wahrgenommen werden, sondern nur noch in Form von implizitem Wissen seine Arbeit steuern. Die in den 1990er Jahren beginnenden translationswissenschaftlichen Bourdieu-Lektüren sind hier auf einen fruchtbaren Boden gefallen. Neben dem Import des HabitusBegriffs, der eine Vielzahl berufssoziologischer Untersuchungen nach sich gezogen hat, ist vor allem in den feldtheoretischen Überlegungen Bourdieus eine zum normtheoretischen Vokabular der DTS komplementäre Konzeption für übersetzungshistorische bzw. -politische Forschung zu sehen. Eine stringente methodische Umsetzung findet dieses Programm im vorliegenden Band in der Studie von Michele Sisto zu den Heinrich Mann-Übersetzungen. Gideon Toury hatte als Theoriearchitekt der DTS mit dem Normkonzept zwar den übersetzungshistorischen Blickwinkel erweitert und für die generelle sozio-kulturelle Bedingtheit von Translationsprozessen sensibilisiert. Die Perspektive blieb aber recht undifferenziert, zumal in dieser Optik jede gesellschaftliche oder kulturspezifische Erwartung potentiell zu einer translational norm werden konnte. Die Frage nach der feldspezifischen Logik und den Interessenskonstellationen und -konflikten, aus denen sich bestimmte Normen bzw. Erwartungen entwickeln und durchsetzen, blieb dabei unbeleuchtet. Das gilt auch für die Frage nach den feldspezifischen Mechanismen, die die Koexistenz im Grunde unvereinbarer Normen und Erwartungen ermöglichen (etwa die Vergabe von Übersetzungsaufträgen an antifaschistisch orientierte Übersetzer*innen durch führende Repräsentanten der faschistischen Kulturpolitik sowie die Übersetzung von Werken, die nicht der Staatsideologie entsprechen, etc.). Die in diesem Band versammelten Studien mit ihrem übersetzungspolitischen Blick auf die Verlags- und Zeitschriftenlandschaft zeigen, wie gewinnbringend diese feldtheoretische Perspektive ist. Sie erlaubt es, aus einem gleichen Zeitabschnitt, d. h. bei „gleicher natürlicher Chronologie“5, verschiedene Handlungsstränge, Zusammenhänge und Zustände unterschiedlicher Dauer herauszupräparieren. Darin liegt letztendlich wohl auch der Mehrwert einer übersetzungspolitischen Perspektivierung der Geschichte für die allgemeine Geschichtsschreibung: Sie ergibt ein sehr feinkörniges Bild der „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“6 und macht die (bisweilen auch paradox erscheinende) Vielschichtigkeit der Geschichte einsichtig. In diesem Sinne geht dieser Band konsequent jener im Begriff der ‚Geschichte‘ etymologisch-meta5 6

Koselleck, Reinhart: Vergangene Zukunft, Frankfurt/Main 2017, hier S. 132. Ebd.

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phorisch angelegten Erinnerung an ihre ‚Schichtung‘ nach, auf die der Geschichtstheoretiker Reinhart Koselleck7 nachdrücklich aufmerksam gemacht hat.8

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Ebd., S. 146. Wir bedanken uns bei Dr. Spencer Hawkins für die Übersetzung der Abstracts ins Englische und bei Dr. Diego Stefanelli für die redaktionelle Unterstützung bei der Erstellung dieses Bandes.

Theoretische Überlegungen zum Verhältnis von Übersetzung(swissenschaft) und Geschichte Lavinia Heller Abstract: Now that the translation history boom has reverberated within Translation Studies for two decades, it has raised several new questions: whether and to what extent translation history can be differentiated from other historiographic research work, whether translation history has to be carried out by translation scholars, and finally what heuristic value translation history could have for other historical disciplines. This set of questions is often approached by assessing the compatibility of the fields’ disparate research goals and intellectual interests. Bracketing such approaches, here I will reopen this set of questions by interrogating the relationship between translation itself and history (as a space of action and as a space of consciousness [Koselleck]). This relationship must be understood through a dual perspective: simultaneously, as intellectual-conceptual history and as an investigation into translation’s role in history and historiography. The discussion concludes with an example of the significance of historiography for Translation Studies and its conceptualization of translation.

Die Übersetzungsgeschichte gehört erstaunlicherweise zu den von der Translationswissenschaft lange vernachlässigten Forschungsfeldern. Sind vor der letzten Jahrhundertwende noch relativ wenig systematische, d. h. von konzeptionellen und methodologischen Überlegungen begleitete translationshistorische Arbeiten zu verzeichnen, so kommt Anfang des 21. Jahrhunderts dieser Forschungsbereich deutlich in Bewegung.1 Inzwischen wurde bereits die Frage aufgeworfen, ob und inwiefern sich die Übersetzungsgeschichte von anderen historiographischen Forschungen unterscheide, ob diese überhaupt translationswissenschaftlich gerahmt sein müsse oder ob sie nicht vielmehr im historischen Problemhorizont anderer Disziplinen aufgehen könne und schließlich, welchen heuristischen Wert 1

Statt an dieser Stelle eine notwendigerweise hochselektive Auswahl an Monographien und Sammelbänden aufzuführen, seien hier einige Indikatoren genannt, die auf die derzeitige Dynamik innerhalb des translationshistorischen Felds hinweisen. So sind seit 2019 gleich drei translationshistorische Reihen gegründet worden, nämlich Translation History bei Palgrave Macmillan, Routledge Research on Translation and Interpreting History und Studien zur Übersetzungsgeschichte bei Franz Steiner; seit 2018 erscheint die erste translationshistorische Fachzeitschrift Chronotopos; an der Universität Wien wird seit 2017 die internationale Sommerschule mit dem programmatischen Titel Translation in History – History in Translation veranstaltet; an der Universität Mainz wurde 2016 das mitunter stark historisch orientierte Graduiertenkolleg Politik der Translation gegründet; für die aktive Projektforschung auf diesem Feld sei stellvertretend nur das groß angelegte, seit 2018 von der Deutschen Forschungsgesellschaft geförderte Schwerpunktprogramm Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit (SPP 2130) genannt, das sich aus 18 Teilprojekten zusammensetzt.

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Lavinia Heller

die Übersetzungsgeschichte für andere Geschichtswissenschaften haben könnte. Dieser Fragenkomplex wird häufig bearbeitet, indem Forschungsziele bzw. Erkenntnisinteressen verglichen bzw. unterschieden werden.2 Ungeachtet dieser Perspektive möchte ich hier einen anderen Zugang wählen und versuchen, aus dem Verhältnis von Geschichte (als Handlungsraum und als Bewusstseinsraum3) und Übersetzung selbst einen neuen Zugriff zu diesem Fragenkomplex zu gewinnen. Dieses Verhältnis soll unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden: erstens unter einem geistes- und begriffsgeschichtlichen, zweitens hinsichtlich der Frage, welche Rolle Translation für die Geschichte und die Geschichtsschreibung spielt. Abschließend wird an einem Beispiel die Bedeutung der Historiographie für die Translationswissenschaft und ihre Theorie- und Begriffsbildung diskutiert.

Geistesgeschichtliche und begriffshistorische Verwandtschaft Ein intrinsisches Verhältnis von Übersetzung und Geschichte lässt sich bereits aus einer geistesgeschichtlichen Perspektive heraus nachvollziehen, wenn man dem für die Translationswissenschaft zentralen und für verschiedenste Formen des Übersetzens und Dolmetschens verwendeten Oberbegriff „Translation“ nicht nur etymologisch (translatio bzw. transferre: Überqueren, Über-setzen, Überführen, Übertragen von etwas von einem Ort an einen anderen) nachgeht, sondern auch begriffshistorisch.4 Schließlich hat translatio ehemals in unterschiedlichen Diskursen auch als historiographisches Konzept gedient, um die ‚Übertragung‘ und ‚Weitergabe‘ im abstrakten Sinne, etwa von Macht und Heil (translatio imperii), von Kultur (translatio artium) und von Bildung und Wissen (translatio sapientiae, translatio studii), zu beschreiben. Wie Werner Goez in seiner eindrucksvollen Analyse zur Herkunft des translatio-Gedankens und seiner Funktion in den unterschiedlichen Kontexten der Geschichtsschreibungen zeigt, entstammt die ursprünglichste dieser Formeln, translatio imperii, der heidnischen Historiographie5, was ihn schlussfolgern lässt: „Das Alter der Translationsvorstellung scheint das der Historiographie zu sein.“6 Die Formel ‚Die Macht/Kultur/Bildung ging über an …‘ konnte eine Vielfalt von Vorgängen zusammenfassen und das Re2 3 4

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Siehe etwa die im Sonderheft Rethinking Methods in Translation History der Fachzeitschrift Translation Studies geführte Forumsdiskussion Translation and history in: Translation Studies 5 (2/2012). Koselleck, Reinhart: Vergangene Zukunft, Frankfurt/Main 2017. Mit „Translation“ wird im translationswissenschaftlichen Fachdiskurs eine Vielzahl hinsichtlich ihrer Sinnstruktur kaum vergleichbarer translatorischer Praktiken bezeichnet, die vom Dolmetschen zweisprachiger Kinder in der Spracherwerbsphase über das mittelalterliche Übersetzen mit Feder auf Pergament, das Untertiteln von Filmen, das maschinelle Übersetzen bis hin zum Telefondolmetschen und dem Flüsterdolmetschen reichen. Goez, Werner: Translatio Imperii, Tübingen 1958, S. 36. Ebd., S. 33.

Theoretische Überlegungen

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sultat kaum überschaubarer Prozesse kompakt wiedergeben. Diese komplexitätsreduzierende Funktion hat wohl auch ihren Erfolg ausgemacht, der sich in der über Jahrhunderte prägenden Rolle dieser Formel für das Geschichtsdenken widerspiegelt: „Hier war ein Schema für den Ablauf des irdischen Geschehens aufgestellt, dem die Historiographie weit über die Reformationszeit hinaus zumeist gefolgt ist.“7 Noch im Mittelalter bezeichnet translatio neben der ‚Deplatzierung‘, d. h. der örtlichen Verschiebung von Macht oder Bildung, auch die interlinguale Übersetzung. Anders als in anderen Sprachen, wie etwa dem Englischen, lässt sich in den romanischen die Unterscheidung zwischen der ‚Deplatzierung‘ konkreter Gegenstände und Symbole (translatio) und dem Übersetzen von einer Sprache in die andere (traductio, traduzione, traduction, traducción, tradução) auch lexikographisch nachverfolgen. Diese etabliert sich vor allem während der kulturellen und sprachpolitischen Entwicklungen der Renaissance. Dabei ist der Ausdruck traductio in der Bedeutung der interlingualen Übersetzung erstmals beim humanistischen Übersetzer und Geschichtsschreiber Leonardo Bruni (um 1400) belegt.8 Dies ist deshalb von besonderem Interesse, weil zur gleichen Zeit auch der historiographische Terminus translatio eine kritische Reflexion erfährt, und zwar bei Bruni selbst, denn dieser zählt zu den ersten Historiographen, die den Ausdruck transferre im Sinne der kurialen Translationstheorie im Zusammenhang mit der Kaiserkrönung von Karl dem Großen konsequent nicht mehr verwendet und damit explizit alle durch diese Translationstheorie eingeräumten päpstlichen Ansprüche hinsichtlich der Machtübertragung ignorierte.9 Gemäß der kurialen Translationstheorie waren die Päpste nämlich durch Gott bemächtigt, über das Kaisertum zu walten, es zu nehmen und zu geben, denn sie waren nicht nur Oberhaupt der Kirche, sondern auch des „populus Christianus“.10 Demgegenüber vertritt Bruni eine, von den meisten italienischen und deutschen Humanisten geteilte, „‚demokratische‘ Interpretation“ der Krönung Karls, nach der der populus den princeps bestimmt.11 Der Unterscheidung des historiographischen Konzepts der translatio und des auf interlinguale Übersetzung abzielenden Begriffs zum Trotz hat sich die komplexitätsreduzierende Transfer-Hypothese des translatio-Gedankens metaphorologisch in zahlreichen Sprachen in den Übersetzungsbegriff eingeschrieben und schlägt sich so auch theoretisch in einer Reihe von Übersetzungsdiskursen nieder, 7 8

9 10 11

Ebd., S. 19. Zur Bedeutung Brunis für die Reflexionsgeschichte der Translation siehe Folena, Gianfranco, Volgarizzare e tradurre, Turin 1991; Gipper, Andreas: „Von der Translatio zur Traductio. Zur problematischen Entdeckung des Kulturfaktors beim Übersetzen im italienischen Frühhumanismus“, in: Lavinia Heller (Hg.): Kultur und Übersetzung. Studien zu einem begrifflichen Verhältnis, Bielefeld 2017, S. 13–36. Siehe auch Marassi, Massimo, „Leonardo Bruni e la teoria della traduzione“, in: Studi umanistici piceni XXIX, 2009, S. 123–141. Goez, Translatio Imperii, S. 239 f. Ebd., S. 163. Ebd., S. 239 f.

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nämlich in der Invarianzforderung, die insbesondere innerhalb der abendländischen Reflexionsgeschichte der Translation in Form affirmativer oder kritischer Diskussionen hartnäckig ihre Position behauptet. Aus Goez’ Untersuchung wird ersichtlich, wie sich innerhalb der sich wandelnden historiographischen Translationstheorie über die Zeiten auch die Vorstellung dessen verändert, was mit der translatio eigentlich transferiert bzw. beibehalten wird und in diesem Sinne invariant bleibt. Der historische Blick lässt also erkennen, dass die für die moderne Translationswissenschaft im Laufe ihrer Problemgeschichte immer wieder virulent werdende Frage nach der (relevanten) Translationseinheit (TE) bereits in der historiographischen Translationstheorie verankert ist. Die Frage und der Streit darüber, was übersetzt oder gedolmetscht wird, werden kann oder soll, begleiten die Reflexionsgeschichte der Translation seit jeher und sind uns seit der Antike, mindestens aber seit Ciceros Credo non verbum pro verbo überliefert.12 Nach ihrer diskursiven Hochkonjunktur im Fahrwasser der Äquivalenzdebatte in den 12

Die Frage nach der TE scheint interessanterweise vor allem in Zeiten theoretischer Umbrüche und ‚Umbauten‘ besonders virulent. Je nach theoretischer Einstellung und Erkenntnisinteresse unterscheiden sich die Bestimmungen der TE in Bezug auf den Umfang, die Rangzugehörigkeit und die Möglichkeit der Identifizierung dramatisch. So wird die TE etwa bestimmt als Morphem (Diller, Hans-Jürgen/Kornelius, Joachim, Linguistische Probleme der Übersetzung, Tübingen 1978), als Wort (Albrecht, Jörn, Linguistik und Übersetzung, Tübingen 1973; Kade, Otto, Zufall und Gesetzmäßigkeit in der Übersetzung, Leipzig 1968), als Satz (Kade, Zufall und Gesetzmäßigkeit in der Übersetzung), als Sinneinheit (Vinay, Jean-Paul/Darbelnet, Jean, Stylistique Comparée du français et de l’anglais, Paris 1958; Stolze, Radegundis, Hermeneutisches Übersetzen: linguistische Kategorien des Verstehens und Formulierens beim Übersetzen, Tübingen 1992), als Verarbeitungseinheit (Alves, Fabio et al: „Translation Units and Grammatical Shifts: Towards An Integration of Product- and Process-based Translation Research“, in: Shreve, Gregory M./ Angelone, Erik (Hgg.), Translation and Cognition, Amsterdam 2010, S. 109–142), als Kommunikationseinheit bzw. texteme (Toury, Gideon, Descriptive Translation Studies and beyond, Amsterdam/Philadelphia 1995), als Informationseinheit bzw. inforemes (Sorvali, Irma: „Inforeme: How To Measure Information-Content. Inforeme as a Unit in Translation“, in: Babel 32 (1/1986), S. 58–63), als Text (Albrecht, Neubert/Jäger, Gert, Text und Translation, Leipzig 1985; Reiß, Katharina/Vermeer, Hans J., Grundlegung einer allgemeinen Translationstheorie, Tübingen 1985), Paepcke, Fritz: „Textverstehen – Textübersetzen – Übersetzungskritik“ [1985], in: Ebd., Im Übersetzen leben, hg. von Klaus Berger und Hans-Michael Speier, Tübingen 1986, S. 158–175; Kaindl, Klaus: „Visuelle Komik: Sprache, Bild und Typographie in der Übersetzung von Comics“, in: Meta 53 (1/2008), S. 120–138), als Funktionseinheit (Nord, Christiane: „Vertikal statt horizontal. Die Übersetzungseinheit aus funktionaler Sicht“, in: Holzer, Peter/Feyrer, Cornelia (Hgg.), Text, Sprache, Kultur. Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Instituts für Übersetzer- und Dolmetscherausbildung der Universität Innsbruck, Frankfurt/Main 1998, S. 125–140), als Diskurseinheit (Ladmiral, Jean-René: „Pour une Sémiotique des ‚Unités de Traduction‘ “, in: Kühlwein, Wolfgang/Thome, Gisela/Wilss, Wolfram (Hgg.), Kontrastive Linguistik und Übersetzungswissenschaft, München 1981, S. 280–287), als Kultur (Bassnett, Susan: „The Translation Turn in Cultural Studies“, in: Susan Bassnett/André Lefevere (Hgg.), Constructing Cultures. Essays on Literary Translation, Clevedon/Buffalo/Toronto 1998, S. 123–140). Für eine Kritik an der begrifflich unzureichenden Differenzierung der Unterscheidung zwischen „Übersetzungseinheit“ und „Übersetzungsgegenstand“, die bereits in der Erweiterung der TE auf den Text einsetzt, siehe Schreiber, Michael, Übersetzung und Bearbeitung. Zur Differenzierung und Abgrenzung des Übersetzungsbegriffs, Tübingen 1993, hier S. 53 f.

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1960er bis 80er Jahren hat das begriffliche Interesse an der TE allerdings im Zuge des cultural turn deutlich nachgelassen. Eine der wirkungsmächtigsten Zäsuren in dieser Debatte war wohl die in ihrem „manifesto“13 von Bassnett und Lefevere propagierte These: „neither the word nor the text, but the culture becomes the operational ‚unit‘ of translation“14. Mit der Klassifikation von immer umfassenderen Diskursformationen, Wissensbeständen, ästhetischen Formen, sozialen Praktiken und sogar ganzen kulturellen Lebensformen als Translationseinheiten nähert sich also der übersetzungswissenschaftliche Translationsbegriff im Zuge des cultural turn in gewisser Hinsicht wieder dem historiographischen translatio-Begriff an, der durch seine Schemenhaftigkeit die für seinen Erfolg notwendige komplexitätsreduzierende Funktion entfalten konnte.15 Gerade dieser komplexitätsreduzierende Charakter des sich in den 1990er Jahren entwickelnden Translationsbegriffs macht schließlich auch seine Konjunktur innerhalb der geisteswissenschaftlichen Forschungslandschaft aus, die im translational turn ihren Ausdruck findet, der von der Kulturwissenschaft initiiert wurde. In der Tat wird der analytische Vorteil eines derart „weit“ gefassten Übersetzungsbegriffs dort in seiner „Unschärfe“ gesehen,16 die ermöglichen soll, eine Vielzahl unüberschaubarer interkultureller und interdisziplinärer Transfer- und Transformationsbewegungen einschließlich ihrer Resultate terminologisch zu inkludieren. Ein solcher Übersetzungsbegriff ermöglicht freilich keine feinkörnige historische Analyse, in der nach den ‚Ursprüngen‘ dieser transformativen Dynamiken gesucht wird, da er unter antiessentialistischem Vorzeichen explizit von einer analytisch starken Kategorie der Übersetzungseinheit absieht.17 Mit dem translationshistorischen boom der letzten Jahre nicht nur in der Übersetzungswissenschaft, sondern auch in anderen geisteswissenschaftlichen Forschungsbereichen, wie etwa der Literatur- und Kulturwissenschaft, den Geschichtswissenschaften bzw. der Wissenschafts- und der Rechtsgeschichte und der Rechtsphilosophie, gewinnt die Übersetzungseinheit jedoch als analytische Kategorie wieder an Bedeutung. Für die Bearbeitung der translationshistorischen Frage 13 14 15 16

17

Bassnett, „The Translation Turn in Cultural Studies“, S. 123. Bassnett, Susan/Lefevere, André, Translation, History and Culture, London 1990, S. 8. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Wiederbelebung der italienischen Form von translatio bzw. des Begriffs der traslazione (sic!) im philosophischen Übersetzungsdiskurs Italiens. Bachmann-Medick, Doris: „Kultur als Text? Literatur- und Kulturwissenschaften jenseits des Textmodells“, in: Ansgar Nünning/Roy Sommer (Hgg.), Kulturwissenschaftliche Literaturwissenschaft. Disziplinäre Ansätze – Theoretische Positionen – Transdisziplinäre Perspektiven, Tübingen 2004, S. 147–159, hier S. 157. Bachmann-Medick warnt selbst immer wieder, „dass die Übersetzungskategorie zu weit gedehnt, zu inflationär gebraucht und oft doch nur metaphorisch eingesetzt wird“. Ebd.: „Übersetzung in der Weltgesellschaft. Impulse eines ,translational turn‘ “, in: Andreas Gipper/Susanne Klengel (Hgg.), Kultur, Übersetzung, Lebenswelten. Beiträge zu aktuellen Paradigmen der Kulturwissenschaften, Würzburg 2008, S. 141–160, hier S. 149. Auf welche Weise eine begriffliche Einschränkung vorgenommen werden soll, bleibt unklar.

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nämlich, welche Rolle bestimmte Übersetzungen für die Entwicklung einer spezifischen Dynamik innerhalb eines sozialen Gefüges, etwa für die Veränderung bestimmter ästhetischer oder wissenschaftlicher Traditionen, die Transformation eines Reflexionsstils oder für bestimmte (kultur-)politische Entscheidungen gehabt haben, kann folgenden Fragen nicht ausgewichen werden: a) Welche Entitäten einer ästhetischen, wissenschaftlichen oder politischen Kultur werden überhaupt für übersetzbar gehalten und von welchen individuellen oder kollektiven Akteuren?; b) durch welche spezifischen (u. a. sprachlichen) Transformationen wurde die kommunikative Reichweite bestimmter Texte, Thesen, Ideen, Überzeugungen etc. erweitert bzw. kontrolliert, sodass sie überhaupt erst ihr transformatives Potential entfalten konnten? und schließlich c) welches Bewusstsein haben die an solchen Vermittlungsprozessen beteiligten Akteure samt der Konsumenten von Übersetzungen oder der translationspolitisch aktiven Akteure (Verleger, Auftraggeber, Wissenschaftler u. a.) von der Relevanz bestimmter Übersetzungseinheiten und zu welchem historischen Zeitpunkt? In einer geistesgeschichtlichen und begriffshistorischen Optik können wir also bereits die differentia specifica einer tatsächlich translationswissenschaftlich strukturierten Übersetzungsgeschichte erkennen. Sie ist interessanterweise ursprünglich in der allgemeinen Geschichtsschreibung angelegt, und zwar als perennierende Frage nach dem, was die translatio eigentlich transferieren kann, transferieren soll und was letztendlich (von wem an wen) transferiert wurde. In einer begriffshistorischen Einstellung wird aber auch einsichtig, dass die im translationswissenschaftlichen cultural turn und im kulturwissenschaftlichen translational turn vermeintlich entwickelte Unschärfe des Begriffs der Übersetzung bereits eine ‚Erbanlage‘ der Translation (translatio) ist, die wiederbelebt wurde. Diese reanimierte Unschärfe des Begriffs erweist sich allerdings nicht als produktiv für die Übersetzungsgeschichte, denn sie kann der Komplexität translationshistorischer Prozesse, wie sie sich in den oben gestellten Fragen offenbart, nicht gerecht werden, insofern sie die Frage nach der relevanten Translationseinheit systematisch latent hält. Bezeichnenderweise scheint sich in den letzten Jahren auch in kulturwissenschaftlichen Kontexten ein stärkeres Bewusstsein für die Notwendigkeit entwickelt zu haben, im Interesse einer fundierten kulturhistorischen Forschung die sprachliche Dimension der Übersetzung und damit entsprechend kleine Übersetzungseinheiten in den Blick zu nehmen. Inspiriert von den translationshistorischen Überlegungen Lydia Lius18 plädiert Bachmann-Medick in ihren neueren Publikationen jedenfalls dafür, die Kulturforschung als „translation discipline“ zu betreiben und mit dem Übersetzungsbegriff „as a category that expressly throws light on the smaller units of communication – on concrete situations of interaction“

18

Liu, Lydia H., Translingual Practices: Literature, National Culture, and Translated Modernity. China 1900–1937, Stanford 1995.

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zu arbeiten (kursiv: L. H.).19 Die Übersetzungsmetapher müsse aufgebrochen werden, so heißt es, „into the investigation of interaction scenarios in their concrete steps of translational activities, transmissions, negotiations, and mediations“ (kursiv: L. H.).20 Die Schlussfolgerung ist, dass die Fokussierung kleinerer Kommunikationseinheiten eine historische Tiefenbohrung auch in der Entwicklung akademischer Diskurse ermöglicht, weshalb vorgeschlagen wird, statt von „travelling concepts“ besser von „concepts in translation“ zu sprechen.21 Mit dieser kulturwissenschaftlichen Neuorientierung eröffnen sich für die Translationswissenschaft neue und zukunftsträchtige Möglichkeiten für eine interdisziplinäre historische Forschung.

Das fundierende Verhältnis der Übersetzung zur Geschichte Das intrinsische Verhältnis von Übersetzung und Geschichte ist nicht nur geistesgeschichtlich bzw. begriffshistorisch oder etymologisch begründet. Es manifestiert sich auch in der fundamentalen Rolle, die die Übersetzung für Geschichte im doppelten Sinne als Handlungsraum und als Bewusstseinsraum (Koselleck) spielt. Übersetzung erfüllt einerseits eine tragende Funktion in einer Vielzahl derjenigen Kommunikations- und Handlungszusammenhänge und Austauschprozesse, die das Material ausmachen, aus dem sich Geschichte speist. Daher ist die Frage, was nicht übersetzt wurde, mindestens so interessant, wie die Frage, was zu welcher Zeit und von wem in welche Sprachen übertragen wurde. Andererseits beeinflusst Translation aber auch die Überlieferung von Fakten, insofern diese zum einen durch die sprachliche Zugänglichkeit der Quellen bedingt ist und zum anderen die Diskussion von Fakten letztendlich von ihrer Zirkulations- bzw. Disseminationsfähigkeit abhängt, die ebenso durch sprachliche Verfügbarkeit bedingt ist: Was sprachlich nicht artikuliert ist, droht schnell nicht nur historisch, sondern überhaupt wissenschaftlich irrelevant zu werden, weil es schlechterdings leichter in Vergessenheit gerät und in diesem Sinne unsichtbar wird.22 Der Blick in die Übersetzungspolitik innerhalb der Wissenschaftskommunikation bestätigt, dass der Translationsfluss zwischen den Sprachen, mit denen in den verschiedenen Fachkulturen gearbeitet wird, unterschiedlich rege ist. Im Bereich der Translationswissenschaft selbst, d. h. in derjenigen Disziplin, die sich hauptsächlich mit 19

Bachmann-Medick: „The Trans/National Study of Culture: A Translational Perspective“, in: Ebd.: The Trans/National Study of Culture, Berlin/Boston 2016, S. 1–22, hier S. 17. 20 Ebd.: „From Hybridity to Translation: Reflections on Travelling Concepts“, in: Ebd.: The Trans/ National Study of Culture, S. 119–136, hier S. 128. 21 Ebd., S. 133. 22 Es gibt selbstverständlich auch Forschungskontexte, in denen über Funde bzw. das Sammeln von Artefakten Kulturkontakte rekonstruiert werden können. Wissenschaftliche Relevanz gewinnen diese Artefakte freilich erst, indem sie in einen sprachlichen Erklärungszusammenhang Eingang finden.

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sprachlichem und interkulturellem Austausch beschäftigt, finden kaum Übersetzungen translationstheoretisch oder -historisch aufschlussreicher Texte aus dem Italienischen, dem Tschechischen, dem Chinesischen oder Japanischen in andere Sprachen statt, um nur einige wenige Sprachräume zu nennen, die zwar eine lange Reflexionstradition um Translation überliefert haben, die jedoch innerhalb der internationalen scientific community kaum sichtbar ist. Welche Quellen, (vor-) wissenschaftlichen Positionen, Thesen, Theorien, Methoden und Ergebnisse in welchen Sprachräumen Resonanz finden, wird mithin von Übersetzung gesteuert, deren Zustandekommen wiederum nicht nur vom guten Willen und der Verfügbarkeit translatorischer Kompetenzen abhängt, sondern in großem Maße auch von finanziellen Ressourcen. Die Einsicht in die Translationsbedingtheit der (Un-) Sichtbarkeit historischer Fakten und wissenschaftlich relevanter Reflexionsangebote hat für die Geschichtswissenschaften weitreichende Folgen, denn die unsichtbare Einflussnahme von Übersetzung bzw. Nichtübersetzung reicht in die historische Aufarbeitung der Problemgeschichte, der Reflexionstradition und des Denkstils23 in unterschiedlichen Fachkulturen und damit in die Wissenschaftsbzw. Disziplingeschichten hinein. Vor dem Hintergrund der Einsicht in ihre entscheidende Rolle sowohl für das Zustandekommen von Ereigniszusammenhängen als auch für deren Darstellung, Diskussion und Problematisierung kann die Translation als eine Voraussetzung von Geschichte (im oben spezifizierten doppelten Sinne) überhaupt betrachtet werden. Entsprechend groß ist die Zustimmung zum so genannten translational turn in den Geschichtswissenschaften. Übersetzungsgeschichte geht aber gerade wegen der fundamentalen Rolle der Translation für die Geschichte nicht ohne Weiteres im historischen Problemhorizont anderer Disziplinen auf, weil zunächst einmal zu einem eigenständigen Problem werden muss, inwiefern dieser selbst durch Übersetzung beeinflusst ist. Die Untersuchung dieses Einflusses durch eine translationsbezogene (Meta-)Historiographie würde erfordern, Übersetzung nicht nur als Indikator, sondern auch als Faktor von Geschichte, aber auch der Geschichtsschreibung zu begreifen. Die Schwierigkeiten einer solchen Untersuchung liegen wiederum in der historiographischen Struktur der Übersetzung selbst begründet, denn wie in der Geschichtsschreibung auch manifestiert sich in der Übersetzung „vergangene Gegenwart“ (Koselleck), insofern sie sich immer auf einen zeitlich notwendig zurückliegenden Ausgangstext bezieht. In diesem Sinne hat sie vergegenwärtigenden Charakter. Dabei trägt sie, wie die Geschichte auch, die „Illusio“24 des wirklichkeitsgetreuen Abbilds vor sich her, denn „vergangene Wirklichkeit“ wird durch Versprachlichung als „Realbefund“ dargeboten.25 Der Translation scheint das historiographische Prinzip der Vergegenwärtigung mit sei23

Fleck, Ludwik: Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv, Frankfurt/Main 1980. 24 Bourdieu, Pierre: Kritik der praktischen Vernunft. Zur Theorie des Handelns, Frankfurt/Main 1998. 25 Koselleck, Vergangene Zukunft, S. 153.

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ner sprichwörtlichen Wahrscheinlichkeit eingeschrieben zu sein, und zwar in Form des jede Translation begleitenden Äquivalenzversprechens.26 Eine (meta-)historiographische translationsbezogene Analyse ist daher nicht allein schon damit getan, Listen von (nicht) übersetzten Texten oder von Translatoren zusammenzutragen. Sie müsste vielmehr die historisch und historiographisch entscheidenden translatorischen Handlungen selbst ausleuchten und aufzeigen, inwiefern sie strukturale Effekte für die Geschichte als Handlungsraum und als Bewusstseinsraum entfalten konnten – möglicherweise, ohne dass die beteiligten Akteure ein Bewusstsein davon hatten oder haben konnten. Vor dem Hintergrund des globalhistorischen Trends in den Geschichtswissenschaften ist in einem solchen Zugang ein großes Entwicklungspotential für eine komplementäre interdisziplinäre historische und historiographische Forschung zwischen der Translationswissenschaft und den Geschichtswissenschaften zu sehen. Nachdem das Verhältnis von Übersetzung und Geschichte rekapituliert wurde, um aus diesem Verhältnis heraus die Spezifik einer translationswissenschaftlich strukturierten Übersetzungsforschung aufzuweisen, die nicht nur offen ist für interdisziplinäre Zusammenarbeit, sondern auch einen eigenen Beitrag dazu leisten kann, soll abschließend an einem Beispiel veranschaulicht werden, welche heuristischen Effekte die historische Forschung für die translationswissenschaftliche Theorie- und Begriffsbildung entfalten kann.

Das heuristische Potential historischer Forschung für die translationswissenschaftliche Theorie- und Begriffsbildung Interessanterweise fällt die Dynamisierung des historischen Forschungsfeldes in der Translationswissenschaft zeitlich mit einer sich anbahnenden Identitätskrise des Fachs zusammen, die in den letzten Jahren schließlich unter dem Schlagwort des international turn im Rahmen einer regen historiographischen und translationspolitischen Grundsatzdiskussion geführt wird. Die besondere Provokation dieser Debatte beruht in erster Linie darin, dass sich ausgerechnet die für Sprachen- und Kulturenvielfalt ausgewiesene Disziplin mit dem Vorwurf der Unsensibilität gegenüber kulturellen und sprachlichen Differenzen auf der Ebene ihrer Theorie- und Begriffsbildung konfrontiert sieht. Befördert wurde diese Debatte durch historische Studien über vergangene Translationskulturen der so genannten ‚Peripherie‘. Erstaunlicherweise hat sich im translationswissenschaftlichen ‚Zentrum‘27 erst in den letzten Jahren ein Interesse für die translatorischen Praktiken 26 27

Für eine beispielgesättigte Diskussion der Auto-Authentifizierung von Übersetzungen siehe Hermans, Theo: The Conference of the Tongues, Manchester/UK Northampton 2007, insbesondere S. 1–25. Das Begriffspaar ‚Zentrum‘ und ‚Peripherie‘ verweist in diesem Zusammenhang nicht auf geographische Positionen, sondern auf fachkommunikative Verdichtungsräume und die sich daraus entwickelnden Geltungsansprüche (vgl. Susam-Sarajeva, Şebnem: „A ‚Multilingual‘ and ‚Inter-

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‚peripherer‘ Translationskulturen, wie etwa der chinesischen28, japanischen29, indischen30, afrikanischen31 oder osteuropäischen32, entwickelt. Diese Studien haben zu der Einsicht beigetragen, dass sich unter unterschiedlichen sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen jeweils andere translatorische ‚Realitäten‘ und entsprechend unterschiedliche translationsbezogene Begrifflichkeiten und Reflexionstraditionen herausgebildet haben. Aus dieser Beobachtung und dem wachsenden Bewusstsein über die eingeschränkte Einsicht in andere Translationskulturen heraus entwickelte sich die Befürchtung, dass angesichts des spärlichen Übersetzungsverkehrs zwischen der translationswissenschaftlichen ‚Peripherie‘ und dem ‚Zentrum‘ eigentlich kaum von einer tatsächlichen Internationalität der Theorie- und Begriffsbildung und damit auch nicht von einer Internationalität des Gegenstandsbereichs der Translationswissenschaft gesprochen werden könne.33 Zum einen bleiben unzählige translationsbezogene Reflexionsangebote unsichtbar und damit resonanzlos, da sie sprachbedingt nicht zirkulationsfähig sind. Zum anderen wird die meist auf Englisch geführte Fachdiskussion des ‚Zentrums‘ von der ‚Peripherie‘ mit großem Interesse verfolgt und nachgeahmt, indem sie sich das „Vokabular“34 westlicher Prägung aneignet.35 Die für den international turn zentrale Annahme ist, dass die Beschreibungs- und Theoriesprache der sich gerade für sprachliche und kulturelle Vielfalt einsetzenden Disziplin durch diese Beobachtungsasymmetrie und die damit zusammenhängenden unidirektionalen Übersetzungsprozesse eine unproduktive Homogenisierung (nach ‚westlichem‘ Modell) erfahren hat. Mit einem solchen homogenisierten Vokabular wird nämlich mithin eine synchronische und diachronische Vergleichbarkeit des Beschrei-

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29 30 31 32 33 34 35

national‘ Translation Studies?“, in: Hermans, Theo (Hg.): Crosscultural Transgressions. Research Models in Translation Studies II. Historical and Ideological Issues, Manchester 2002, S. 193–207. Besonders erhellend sind die Arbeiten von Martha P. Y. Cheung, siehe z. B. Cheung, Martha P. Y.: An Anthology of Chinese Discourse on Translation. Volume 1: From Earliest Times to the Buddhist Project, Manchester/Kinderhook 2006; Cheung, Martha P. Y./Neather, Robert: An Anthology of Chinese Discourse on Translation. Volume 2: From the Late Twelfth Century, Abingdon/New York 2016. Besonders lehrreich: Sato-Rossberg, Nana/Wakabayashi, Judy (Hgg.): Translation and Translation Studies in the Japanese Context, London/New York 2012. Besonders perspektivenreich: Wakabayashi, Judy/Kothari, Rita: Decentering Translation Studies. India and beyond, Amsterdam/Philadelphia 2009. Siehe z. B. Inggs, Judith/Meintjes, Libby: Translation Studies in Africa: Central Issues in Interpreting and Literary and Media Translation, London/New York 2009. Siehe etwa Schippel, Larisa/Zwischenberger, Cornelia: Going East: Discovering New and Alternative Traditions in Translation Studies, Berlin 2016. Problematisch ist die im Rahmen des international turn angemahnte Übersetzungspolitik auch hinsichtlich der translationswissenschaftlichen und -praktischen Didaktik, insofern Studierenden nur ein sehr eingeschränkter Blick auf Translation vermittelt werden kann. Rorty, Richard: Kontingenz, Ironie und Solidarität, Frankfurt/Main 1992. So etwa Susam-Sarajeva, „A ‚Multilingual‘ and ‚International‘ Translation Studies?“ und Tymoczko, Maria: „Why Translators Should Want to Internationalize Translation Studies“, in: The Translator 15 (2/2009).

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bungsgegenstands hergestellt, d. h. die Vergleichbarkeit eigentlich kulturell sehr unterschiedlicher translatorischer Praktiken. Dieses methodologische Problem der Einebnung von Besonderheiten durch eine fachspezifische Begrifflichkeit wurde von der Geschichtswissenschaft spätestens in den theoretischen Debatten der 1970er Jahre hinsichtlich des Verhältnisses von Struktur und Ereignis auf die Diskursagenda gesetzt, denn „[k]ein Einzelereignis läßt sich sprachlich mit Kategorien gleicher Einmaligkeit erzählen, die das Einzelereignis zu haben beanspruchen darf “.36 Entsprechend ermahnt Koselleck die Geschichtswissenschaft, das Problem des „strukturalen Anspruchs“, der von Begriffen ausgeht, auf die jede wissenschaftliche Erzählung oder Beschreibung angewiesen ist, stets im Blick zu behalten.37 Ein solches fachsprachliches Problem ist also kein Spezifikum einer Übersetzungsgeschichte. Dass das diesbezügliche Bewusstsein die Translationswissenschaft erst so spät eingeholt hat, ist allerdings angesichts der Zentralität des Problems der sprachlichen Inkommensurabilität besonders erstaunlich. Einiges spricht dafür, dass diese Verspätung wiederum mit der verspäteten (systematischen) Reflexion der Historizität ihres Gegenstandes und dessen theoretischer Bearbeitung zusammenhängt. Schließlich war es der historische Blick in vergangene Translationskulturen verschiedenster Sprach- und Kulturräume, der dieses methodologische Problem hat virulent werden lassen. Denn historische Forschung bedeutet: […] Brechung der Gegenwartsbefangenheit, deren Bornierungsgrad mit schrumpfender Gegenwart wächst, Verschaffung von Gelegenheit zur Erfahrung der Kontingenz historischer Evolutionen, deren Resultat wir einschließlich unserer Theorien und Konzepte sind, Vergegenwärtigung fremdgewordener [und sprachbedingt nicht zugänglicher – L. H.] Vergangenheit, die uns über Vorzug und Nachteil unserer Gegenwartslage einschließlich ihrer zukunftsbezogenen Fälligkeiten realistischer urteilen lassen.38

Die historische Forschung hat zweifelsohne weitreichende Folgen für grundlagentheoretische Problemstellungen und die Erweiterung des Gegenstandsbereichs der Translationswissenschaft. Auf der Suche nach geeigneten Lösungswegen aus dem methodologischen Dilemma hat sich die auf die Internationalisierung der Forschung abzielende Debatte allerdings durch den historisierenden Blick mitunter in eine theoretische Sackgasse führen lassen, die hier abschließend noch angesprochen werden soll. Der im Zuge des international turn eingeschlagene ‚Lösungsweg‘ scheint der zu sein, eine neue Translationspolitik zu fördern, nach der translationsbezogene Reflexionsangebote der ‚Peripherie‘ in das ‚Zentrum‘ übersetzt oder zumin36 37 38

Koselleck, Reinhart: „Ereignis und Struktur“, in: Reinhart Koselleck/Wolf-Dieter Stempel (Hgg.): Geschichte – Ereignis und Erzählung (Poetik und Hermeneutik 5), München, S. 560–571, hier S. 568. Ebd. Lübbe, Herrmann: „Begriffsgeschichte und Begriffsnormierung“, in: Archiv für Begriffsgeschichte. Sonderheft Die Interdisziplinarität der Begriffsgeschichte, hg. von Gunter Scholtz, Hamburg 2000, S. 31–41, hier S. 41.

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dest sichtbar werden sollen. Die in den letzten Jahren in den ‚Flaggschiffen‘ der translationswissenschaftlichen Verlagslandschaft (John Benjamins, St. Jerome, Routledge) erscheinenden Monographien, Editionen und Fachjournale zeugen von dieser Programmatik.39 Vor dem Hintergrund der mit Skepsis beobachteten Vergleichbarkeit der modernen Translationsvokabulare über die Sprach- und Kulturgrenzen hinweg wird häufig weit in historische, möglichst exotische Translationskulturen zurückgegangen. Die Hoffnung ist offensichtlich, dass über die Rekonstruktion der vorwissenschaftlichen Beschreibungen von Translation die ursprüngliche Reflexionstradition einer Translationskultur zu Tage gebracht werden kann, die heute von einer meistens aus dem Englischen übersetzten Theoriesprache überlagert zu sein scheint. Daher wird bei solchen auf Internationalität abzielenden Studien meist nicht die aktuelle Begriffsdiskussion ‚fremder‘ Translationsdiskurse analysiert, sondern in der Vergangenheit liegende, mithin historische Denktraditionen und – mit besonderer Vorliebe – die dort verwendeten Metaphern der Translation.40 Auf diese Weise werden durchaus interessante (metaphorische) ‚Reflexionsbruchstücke‘ aus aller Welt zusammengetragen. Das methodologische Problem, das der eklatanten Differenz der Vielfältigkeit translatorischer Phänomene einerseits und der homogenisierten Beschreibungs- und Theoriesprache andererseits entspringt, soll offenbar dadurch aufgehoben werden, dass die Kulturspezifik der Reflexionsangebote aus der Peripherie bei der Übersetzung über das ethnographische Verfahren der thick translation erkennbar bleibt.41 Die Begriffsarbeit, die die Translationswissenschaft leisten müsste, um ihren Gegenstandsbereich international zu integrieren, kann allerdings nicht durch das Zusammentragen historischer Sprachbilder und ihre Interpretation ersetzt werden. Es müsste zunächst rekonstruiert werden, welche begriffliche Ausarbeitung sich aus diesen Bildern und vorwissenschaftlichen Reflexionen heraus in den jeweiligen translationswissenschaftlichen Diskursen entwickelt haben.42 Die internationale Integration des Gegenstandsbereichs kann gerade nicht im Bezugsrahmen nationaler Translationskulturen verbleiben, möchte man nicht einer Provinzia39 40

41 42

Stellvertretend sei hier eine besonders rezente und gelungene Publikation aufgeführt, nämlich Gambier, Yves/Stecconi, Umbaldo: A Worldatlas of Translation, Amsterdam/Philadelphia 2019. Siehe etwa Tymoczko, Maria: „Cultural Hegemony and the Erosion of Translation Communities“, in: Sandra Bermann/Catherine Porter (Hgg.): A Companion To Translation Studies, Chichester 2014, S. 165–178, ebd., „Why Translators Should Want to Internationalize Translation Studies“, ebd.: Enlarging Translation, Empowering Translators, Manchester 2007. Für eine besonders ausgefallene Sammlung von Translationsmetaphern siehe St. André, James (Hg.): Thinking Through Translation with Metaphors, Manchester, UK/Northampton, MA 2010 und ebd.: „From Matchmaker and Waiter to Musician and Master Chef: Metaphors We Translators Live By“, in: In Other Words 36 (2010), S. 69–81. Vgl. Cheung, Martha P. Y.: „On Thick Translation as a Mode of Cultural Representation“, in: Dorothy Kenny/Kyongjoo Ryou: Across Boundaries: International Perspectives on Translation Studies, Newcastle upon Tyne, S. 22–37. Cheung arbeitet hier mit Appiahs Begriff der thick translation. Interessant sind in dieser Hinsicht die Arbeiten von Judy Wakabayashi zur Translationstheorie in Japan. Siehe etwa: Sato-Rossberg, Nana/Wakabayashi, Judy (Hgg.), Translation and Translation Studies in the Japanese Context.

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lisierung des Translationsdiskurses Vorschub leisten, die das Ziel der Internationalisierung des Fachs gerade verfehlen würde. Die Internationalisierung des Forschungsgegenstandes würde vielmehr bedeuten, an der Extension und Intension des Translationsbegriffs zu arbeiten, um das Feld der Translationswissenschaft zu öffnen, statt es zu fragmentieren. Damit soll nicht für die Einebnung aller kulturgebundenen Translationskonzepte zugunsten einer universalistischen Begriffsbestimmung plädiert werden. Eine auf Internationalität des Bezugsgegenstandes abzielende und differenzempfindliche Begriffsarbeit müsste aber gerade im Lichte der Kenntnis möglichst vieler historischer und kulturspezifischer Translationskonzepte und -praktiken folgende Fragen zu ihrer dauerhaften Aufgabe machen: Welche normativen Erwartungen an Translation sind über die Grenzen historischer Translationskulturen hinweg vergleichbar? Das heißt, welche Kriterien können (bis auf weiteres) für konstitutiv gelten für eine allgemeine Bestimmung von Translation und welche Bestimmungskriterien sind hingegen charakteristisch für spezifische Translationskulturen? Die Aufgabe einer internationalen Begriffs- und Theoriearbeit bestünde demnach darin, auf der Grundlage belastbarer Daten gemeinsam das Inventar der empirischen und der konstitutiven translationswissenschaftlichen Grundbegriffe neu zu ordnen, denn „Begriffe belehren uns nicht nur über die Einmaligkeit vergangener Bedeutungen (für uns), sondern enthalten strukturale Möglichkeiten, thematisieren Gleichzeitigkeiten im Ungleichzeitigen, die nicht auf die Diachronie der Geschichte reduziert werden können.“43 Damit wäre ein Stück Grundlagenarbeit auch für eine theoretisch fundierte Übersetzungsgeschichte getan, die nicht umhinkann, sich auch mit translationsbegrifflichen Fragen auseinanderzusetzen, möchte sie den Zugriff auf ihr vielfältiges Untersuchungsmaterial legitimieren.

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Koselleck, „Ereignis und Struktur“, hier S. 568.

AKTEURE UND GEGENSTÄNDE RISORGIMENTALER UND POSTRISORGIMENTALER ÜBERSETZUNGSPOLITIKEN

Übersetzungstheorie und Übersetzungspolitik im frühen Risorgimento: Giovanni Berchet Robert Lukenda Abstract: More than any of his contemporaries, the translator, poet, and fighter for Italian unity Giovanni Berchet stood for a highly committed understanding of literature and translation that links the fields of theory and practice, poetics and politics. Berchet was not the first mastermind of the Risorgimento to recognize the social significance of translation, but he was the first to make it ideologically useful. An impressive example of this is his manifesto Lettera semiseria, in which Berchet links the various levels of translation – the level of translation proper, of intercultural relations, and of cultural and political actors – integrating them into a program of cultural and political renewal in Italy. This dynamic network of relationships between translation program, literary activity, and the implementation of a political project is the subject of the present paper.

Die ,engere‘ kulturelle und politische Nationalstaatsfindung Italiens beginnt in vielerlei Hinsicht mit der Debatte zwischen Klassikern und Romantikern. Ohne diese Auseinandersetzung, die nach 1815 in den zahlreichen Kulturzeitschriften der Halbinsel ausgefochten wurde, hier im Detail auszuführen, weist sie doch eine in sich kurios widersprüchliche Konfliktkonstellation auf, die aus divergierenden Auffassungen über geeignete Wege zu einer angestrebten literarischen und kulturellen Erneuerung Italiens resultierte: Die Klassizisten, die von einem politischen Nationalstaat nichts wissen wollten und zum Teil auch mit der österreichischen Besatzungsmacht in Oberitalien kollaborierten, beriefen sich emphatisch auf die glanzvolle Literaturtradition des Landes und wehrten sich vehement gegen die Übernahme ausländischer ästhetischer Modelle; demgegenüber erhoben die in einem progressiv-risorgimentalen Sinn patriotischen Romantiker immer wieder die Forderung, die italienische Literatur nach dem Vorbild der „moderneren“ nördlichen Nationen England und Deutschland zu erneuern. Sie wurden dafür von den Klassizisten als vaterlandslose Gesellen beschimpft!1 Streit- und Ausgangspunkt dieser Debatte war, wie andernorts auch, die Übersetzungsfrage.2 Während die Klassizisten in der bis dato dominierenden Praxis der 1 2

Diese Blockbildung war natürlich keineswegs so schematisch, wie es auf den ersten Blick scheint, zumal herausragende literarische Persönlichkeiten wie etwa Foscolo oder Leopardi hier Zwischenpositionen einnahmen. Andreas Gipper hat darauf hingewiesen, dass die „Geburt der (französischen) Nationalkultur“ und „die Entwicklung eines Bewusstseins nationaler Differenz in wichtigen Teilen ein Produkt der Querelle [des Anciens et des Modernes] als Übersetzungsdebatte ist.“ Gipper, Andreas: „Vom

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Klassikerübertragung ein Symbol der italianità sahen, mit der sich die Kulturnation Italien als legitime Erbin der Antike präsentierte, versuchten Romantiker wie Ludovico Di Breme, Pietro Borsieri und Giovanni Berchet eine neue Übersetzungskultur zu begründen, die den Blick in die Gegenwart richtete. Die durch das Übersetzen aus anderen modernen Sprachen und Nationen ermöglichte ‚Erfahrung des Fremden‘3 sollte in dieser Hinsicht den Ausgangspunkt „für die Erschließung eines innovativen literarischen Terrains“4 bilden und einen wesentlichen Beitrag zur kulturellen – und im weiteren Verlauf auch politischen – ‚Wiedergeburt‘ Italiens leisten. Es ist hier nicht der Ort, den italienischen Übersetzungsdiskurs des frühen Risorgimento in seiner personellen und argumentativen Breite darzustellen. Vielmehr soll mit Giovanni Berchet ein Vertreter der italienischen Romantik herausgegriffen werden, der einen zentralen Beitrag zur angestrebten nationalen Regeneration leistete. Der Übersetzer, Literat und Vorkämpfer für die italienische Einheit sticht unter den italienischen Romantikern insofern hervor, als er – mehr noch als andere – ein engagiertes Literatur- und Übersetzungsverständnis propagiert, das die Felder von Theorie und Praxis, von Poetik und Politik miteinander verknüpft.5 Dieses dynamische Beziehungsgeflecht von Übersetzungsprogrammatik, literarischer Aktivität und der Umsetzung eines politischen Projekts wird Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen sein.

1. Nationenbildung und Übersetzung: einleitende Bemerkungen Um diese Zusammenhänge genauer zu analysieren, wird es notwendig sein, verschiedene translatorische Herangehensweisen zusammenzuführen. Ausgangspunkt muss zunächst ein weites Übersetzungsverständnis als eine Form und „Praxis kultureller Repräsentation“6 sein, die in einen gesellschaftlichen und politischen Zusammenhang eingebettet ist. Diese breite Perspektivierung ist im gegebenen Kontext schon deshalb unumgänglich, als es im Folgenden darum gehen

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Fremden im Eigenen. Die übersetzerische Aneignung der Antike und die Geburt der (französischen) Nationalkultur, in: Dizdar, Dilek/Gipper, Andreas/Schreiber, Michael (Hgg.): Nationenbildung und Übersetzung, Berlin 2015, S. 27–42, hier S. 39. Berman, Antoine: L’épreuve de l’étranger, Paris 1984. Schwarze, Sabine: Sprachreflexion zwischen nationaler Identifikation und Entgrenzung, Münster 2004, S. 278. Wenn allgemein davon die Rede ist, dass die revolutionäre Durchdringung von Kunst und Literatur ein Markenzeichen des Risorgimento ist, so ist die Rolle der Übersetzung in diesem Prozess meines Wissens bisher kaum je Gegenstand einer näheren Betrachtung gewesen. Eine Ausnahme hiervon ist Engelskircher, Kathrin: Nationsbildung als Übersetzungsprojekt. Giuseppe Mazzinis italienische Translationspolitik, Stuttgart 2020. Bachmann-Medick, Doris: „Einleitung: Übersetzen als Repräsentation fremder Kulturen“, in: Bachmann-Medick, Doris (Hg.): Übersetzen als Repräsentation fremder Kulturen, Berlin 1997, S. 1–18, hier S. 3.

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soll, die kulturelle und politische Transferleistung, die sich in der italienischen Romantik mit der konkreten Praxis des Übersetzens verbindet, in den Blick zu bekommen. Das gilt um so mehr, als es Berchet und den conciliatori um den ‚Import‘ ausländischer, genauer gesagt, romantischer Ideen und Werte nach Italien geht. Die Reflexion und Praxis des Übersetzens ist in diesem Zusammenhang ein zentrales Instrument, mit dem tradierte Selbst- und Fremdbilder hinterfragt und neue konstruiert werden. Wenn die Repräsentation fremder Kulturen qua Übersetzung hier Interessen kultureller wie politischer Art folgt, so zeigt das Beispiel des Risorgimento, dass diese Interessen keineswegs immer harmonisch miteinander korrelieren und nicht notwendig und monoperspektivisch im Sinne einer Öffnung zu verstehen sind. Vielmehr, und dies illustriert das übersetzerische und literarische Œuvre Berchets, kontrastiert der Wille zum kulturellen ‚Brückenschlag‘ im frühen 19. Jahrhundert mit der politischen Weltanschauung, die vom Erfordernis nach Abgrenzung dominiert wird. Die in der translationswissenschaftlichen Forschung oft anzutreffende Herangehensweise, die, wie Gipper und Dizdar im 2015 erschienenen Band Nationenbildung und Übersetzung schreiben, wesentlich dazu genutzt wurde, um die „nationalsprachliche Perspektive der traditionellen Literatur- und Kulturgeschichte zu unterlaufen und die dieser zugrunde liegenden Voraussetzung einer immanenten, sich aus autochthonen Quellen speisenden Kulturentwicklung in Frage zu stellen“,7 mag zwar ihre Berechtigung haben, greift im gegebenen Kontext jedoch eindeutig zu kurz. Sie muss um eine Perspektive erweitert werden, die es erlaubt, nicht nur einseitig jene mit der Übersetzung verknüpften Dynamiken der kulturellen Öffnung und Prozesse der „Verflechtung von Eigenem und Fremden“8 in den Blick zu nehmen, sondern eben auch jene, die sich im Zeitalter der Romantik gewissermaßen konträr dazu mit den Mechanismen der Abgrenzung und der Herausbildung eigener nationaler Standards auf kultureller und politischer Ebene befassen. Dizdar und Gipper zufolge scheint es zu den Herausforderungen eines modernen translationswissenschaftlichen Zugriffs auf die beschriebenen Prozesse zu gehören, die übersetzungswissenschaftliche Perspektive nicht nur zu einem ‚Unterlaufen‘ des nationalkulturellen Modells zu nutzen, sondern darüber hinaus auch herauszuarbeiten, in welcher Weise Übersetzungen an der Herausbildung solcher Modelle maßgeblich beteiligt waren. Es geht also nicht zur darum, identitäre Selbstversicherungsmodelle zu dekonstruieren, sondern auch darum, übersetzerische Kulturtransferprozesse historisch als originäre Katalysatoren des ,nation-building‘ zu begreifen.9

Um dies zu leisten, dürfen die Prozesse des nation-building nicht nur allgemein, aus der Vogelperspektive mehr oder weniger diffuser kultureller Translations- und Transferprozesse betrachtet werden. Vielmehr gilt es, den Blick auch auf Überset7 8 9

Gipper, Andreas/Dizdar, Dilek: „Einleitung: Übersetzung als Konstruktionselement nationaler Identität“, in: Dizdar/Gipper/Schreiber, Nationenbildung und Übersetzung, S. 7–16, hier S. 8. Bachmann-Medick, „Einleitung“, S. 14. Ebd.

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zungsphänomene im engeren Sinne zu richten. Der Versuch, die Pole des nationbuilding auf der einen und des translation proper auf der anderen Seite in einen Kontext zu bringen, zielt notwendigerweise auf das Herstellen von Relationen ab, wie sie letztlich auch für die historische Übersetzungsforschung von Bedeutung sind – zwischen „Entstehungs- und Wirkungskontext“ und zwischen dem „Textuellen und dem Außertextuellen.“10 Im Rahmen einer translationspolitischen Untersuchung, die sich mit den „Wechselbeziehungen zwischen [Texten,] Textsorten und Agenten“11 im Zeitalter des Risorgimento befasst, ist das Beispiel Berchet schon deshalb herausragend, weil sein translatorisches Œuvre vielleicht den einzigen Kristallisationspunkt im frühen Risorgimento bildet, in dem die Fäden der Übersetzungsreflexion und der Übersetzungspraxis, des translatorischen und des politischen Handelns zusammenlaufen. Mit anderen Worten: In seinen Schriften spannt er den Bogen von den kulturellen und politischen Anliegen seiner Zeit über den Entwurf einer Übersetzungskonzeption bis hin zur konkreten Übersetzungsarbeit. Die fundamentalen Fragen der kulturellen und literarischen Erneuerung und der interkulturellen Beziehungen Italiens werden bei ihm auf die Mikroebene konkreter Übersetzungsprobleme heruntergebrochen. Mit dem Wie und dem Was des Übersetzens sind bei Berchet fast immer auch nationale, kulturelle, soziale und politische Ziele verknüpft, die sich, wie unten gezeigt werden soll, in einem ambivalenten Kontext zwischen Öffnung und Grenzziehung bewegen.12 Die Tatsache, dass in der Abwesenheit staatlicher Strukturen und anerkannter kultureller Standards der Prozess der nationalen Bewusstseinsbildung in be10 11

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Tashinskiy, Aleksey: „Einleitung: ‚Wie ist das übersetzt?‘ – Konturierung einer relationalen Frage, in: Tashinskiy, Aleksey/Boguna, Julija (Hgg.): Das WIE des Übersetzens. Beiträge zur historischen Übersetzerforschung, Berlin 2019, S. 7–20, hier S. 15. Zum Begriff der Translationspolitik vgl. Toury: „Die Bezeichnung ‚Translationspolitik‘ bezieht sich auf die Faktoren, die darüber entscheiden, welche Textsorten oder sogar welche einzelnen Texte zu einem bestimmten Zeitpunkt durch Translation in eine bestimmte Kultur/Sprache importiert werden. Voraussetzung für die Existenz einer solchen Politik ist eine nicht zufällige Entscheidung. Je nach Textsorte (z. B. literarische oder nicht literarische Texte) und je nach – individuellen oder kollektiven – menschlichen Agenten (z. B. verschiedene Verlage) kann selbstverständlich eine unterschiedliche Politik gelten. Die Wechselbeziehung zwischen Textsorten und Agenten bietet oft eine fruchtbare Grundlage für die Identifikation einer Politik.“ Toury, Gideon: „Wesen und Rolle von Normen in der Translation (1995)“, S. 98–99, in: Hagemann, Susanne (Hg.): Deskriptive Übersetzungsforschung. Eine Auswahl, Berlin 2009, S. 93–112. Translationspolitisch relevant sind nach Toury auch diejenigen Normen, die einen Einfluss darauf haben, aus welchen Sprachen übersetzt wird. Dies hängt maßgeblich auch davon ab, welche Sprachen z. B. als literarisch prestigeträchtig gelten. Diese translationspolitischen Überlegungen gewinnen gerade im Rahmen der Klassiker-Romantiker-Debatte große Bedeutung. Zu einem politischen Übersetzungsverständnis, in dem die Aushandlung von Selbst- und Fremdbildern in den Fokus rückt und das vor allem die soziale und politische Konturierung der eigenen Nation im Auge hat, vgl. Sakai, der Translation als „political labor to overcome points of incommensurability in the social“ beschreibt. Sakai, Naoki: „Transnationality and Bordering“, in: Trans-Science, Dezember 2012, S. 1–31, hier S. 24; des Weiteren auch auch Sakai, Naoki: „Translation and the Figure of Border: Towards the Apprehension of Translation as a Social Action“, in: Profession (2010), S. 25–34.

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sonderem Maße auf das Handeln einiger weniger angewiesen ist, scheint dieser ‚Individualisierung‘ translatorischer Prozesse eine zusätzliche Notwendigkeit zu verleihen. Die Makroperspektive der kulturellen und politischen Rahmenbedingungen, in der es um die Ursachen und Impulse des Wandels (bzw. des Entstehens) einer neuen ‚Übersetzungskultur‘ geht,13 wird hier mit einer Mikroperspektive verknüpft, die sich auf das konkrete ,translatorische Handeln‘ fokussiert, das geistige, kulturelle und politische Veränderungen im frühen Ottocento (mit) hervorbringt bzw. mit diesen interagiert. Der Übersetzer, in diesem Fall Berchet, handelt hier zum einen als Individuum und zugleich als repräsentatives Mitglied eines Kollektivs, das mittels Übersetzung in Beziehung zu anderen Gemeinschaften tritt.14 In dieser Hinsicht zeugt der Titel der Zeitschrift Conciliatore (1818–1819), zu deren Gründern Berchet zählt und die als Sprachrohr der italienischen Romantiker fungiert, vom Bemühen um Konsens unter den progressiven gesellschaftlichen Kräften. Zum anderen lassen sich innerhalb dieser Gruppe unterschiedliche Nuancen erkennen, die – über den ‚Umweg‘ der Übersetzung – Auswirkungen auf der Ebene der kulturellen und politischen Beziehungen zwischen dem deutschsprachigen Raum und der italienischen Halbinsel haben. Berchet gilt hier als einer der wenigen Kenner der deutschsprachigen Literaturen und ist durch seine Übersetzungs- und Rezensionstätigkeiten ein Wegbereiter für die Rezeption der nordeuropäischen Romantik in Italien. Darüber hinaus prägt er mehr als alle anderen conciliatori ein engagiertes Übersetzungs- und Literaturverständnis, das zur Herausbildung einer patriotisch-militanten Literatur führt – eine poesia popolare, deren künstlerischer Wert zwar fraglich scheint, die jedoch wichtige Impulse für die revolutionäre Durchdringung des Risorgimento-Gedankens und für die nationale Bewusstseinsbildung liefert. Daher sollen bzw. müssen hier zunächst biographische Daten und literaturgeschichtliche Einordnungen Berchets zur Sprache kommen.15

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Dies ist im Sinne neuer entstehender Paradigmen und Leitvorstellungen des Übersetzens zu verstehen. Die Frage, ob man diesbezüglich im italienischen Kontext und insbesondere mit Blick auf die Frühromantiker wie Berchet wirklich von einer solchen sprechen kann, in der noch dazu das politische Moment eine führende Rolle spielt, wird jedoch aus Platzgründen nicht vollumfänglich geklärt werden können. Hierzu Berman: „[…] le traducteur est cet individu qui représente, dans sa pulsion de traduire, toute une communauté dans son rapport avec une autre communauté et ses œuvres […]“ Berman, L’épreuve, S. 283. Die biographischen Daten sind im Wesentlichen der von Alberto Cadioli besorgten und kommentierten Ausgabe der Schriften Berchets entnommen. Berchet, Giovanni: Lettera semiseria; poesie, hg. von Alberto Cadioli, Milano 1992.

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2. Giovanni Berchet: Dichter, Denker und Übersetzer Francesco De Sanctis zufolge gilt Berchet, dessen Texte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum literarischen ‚Kanon‘ der Einheitsbewegung gehörten, als „creatore della lirica nuova, patriottica“.16 Das Etikett patriottico zeugt weniger von einer uneingeschränkten literarischen Wertschätzung, sondern verdeutlicht die Problematik, nach der Einheitsfindung Italiens mit jenen Autoren umzugehen, deren Werk als zu politisch, zu revolutionär betrachtet wurde. Sinnbildlich hierfür kann Benedetto Croces Einschätzung gelten, für den „Berchet […] poeta [… ma] non abbastanza poeta“17 war. Was den Wortführern der nationalen Intelligenz jener Zeit als suspekt galt, war den Nationalisten des frühen 20. Jahrhunderts überaus willkommen. Der italienische Faschismus sollte den gegenüber fremden Kulturen überaus aufgeschlossenen, polyglotten und auch literarisch durchaus beflissenen Berchet auf die Rolle eines patriotischen Agitators reduzieren – eine Sichtweise, die nach dem Zweiten Weltkrieg Anlass dazu gab, sein literarisches Werk abzuwerten, während gleichzeitig seine literatur- und übersetzungstheoretische Schrift mit dem Titel Lettera semiseria (1816) als bedeutendes Zeugnis der italienischen Romantik Eingang in die italienischen Schulbücher fand. Das Stigma der politisch-ideologischen Militanz und der Primat der gesellschaftlichen vor der künstlerischen Funktion, den Berchet der Literatur (und auch der Übersetzung) gemeinhin einräumte, mögen jedenfalls Gründe dafür gewesen sein, weshalb nicht seine Ideen und Übertragungen, sondern, wie Bschleipfer und Schwarze schreiben, die Texte seiner Zeitgenossen „Foscolo, Leopardi und Pascoli im 20. Jahrhundert in Italien zu Referenzwerken für das künstlerische Übersetzen werden“.18 Die Tatsache, dass „sie nicht nur als außergewöhnliche Dichter und Literaten, sondern ebenso als herausragende Übersetzer anerkannt waren“19 und ihr Interesse vor allem der Übertragung klassischer, antiker Werke galt, entsprach zudem einer nationalen, mit hohem kulturellen Prestige behafteten Übersetzungstradition, die schon im 18. Jahrhundert zu einem Aushängeschild der italianità avanciert war,20 wohingegen Berchet und die Romantiker sich übersetzerisch mit den zu jener Zeit vielfach als minderwertig angesehenen Gegenwartsliteraturen Nordeuropas beschäftigten. Berchet gilt als ein bedeutender Exponent jener Mailänder Kulturszene, die in der politischen und kulturellen Umbruchphase der napoleonischen Zeit und der 16 17 18

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Zit. nach Cadioli, Alberto: „Introduzione“, in: Berchet, Lettera semiseria, S. 5–39, hier S. 5. Ebd. Bschleipfer, Andreas/Schwarze, Sabine: „Übersetzungstheorie und Übersetzungskritik in Italien im 19. und 20. Jahrhundert“ in: Kittel, Harald et al. (Hgg.): Übersetzung. Translation. Traduction. Ein internationales Handbuch zur Übersetzungsforschung, 3. Teilband, Berlin 2011, S. 1951–1962, hier S. 1953. Ebd. Vgl. Schwarze, Sabine: Sprachreflexion zwischen nationaler Identifikation und Entgrenzung, Münster 2004, insb. Kap. 2.

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anschließenden Restauration als Einfallstor romantischer Ideen in Italien fungiert. Seine literarische Karriere steht prototypisch für den Werdegang einer neuen bürgerlichen Generation von Schriftstellern, die aus einer klassizistischen Prägung heraus die romantische Kultur entdecken. Französisch, Englisch und Deutsch lernt Berchet, der 1783 in Mailand als Sohn eines aus der Schweiz stammenden Tuchhändlers das Licht der Welt erblickte, im väterlichen Handelsbetrieb. Dank dieser Sprachkenntnisse ist er in der Lage, auch die bis dato in Italien kaum beachteten Schlüsselwerke der europäischen Romantik im Original zu lesen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts macht er sich zunächst als Übersetzer zeitgenössischer Klassiker einen Namen, darunter vor allem Texte der englischen Frühromantik wie Thomas Grays Gedicht The Bard (1757), aber auch Schillers Romanfragment Der Geisterseher (1787–89). Auch eine italienische Übersetzung von Goethes frühem Wilhelm Meister wird Berchet zugeschrieben.21 Nach dem Ende des napoleonischen Regno D’Italia (1814) arbeitet er für eine gewisse Zeit in der österreichischen Administration als Deutsch-Übersetzer. Es gehört zu den Eigenheiten jener Epoche, dass Berchet sich in jener Phase erste eigene literarische Meriten als neoklassischer Dichter bzw. Imitator zeitgenössischer Größen wie Parini und Monti erwirbt, sich weltanschaulich jedoch eine Reihe romantischer Einsichten zu eigen macht. Da ist zunächst die Idee einer notwendigen moralischen Regeneration Italiens sowie die Rolle der Literatur und der Literaten in einem solchen Prozess – Vorstellungen, die der um einiges bekanntere Ugo Foscolo, mit dem Berchet in Kontakt stand, 1809 in seiner berühmten Antrittsvorlesung in Pavia entwarf. Darin formulierte er einen Appell an die Italiener, sich der Geschichte und der Literatur des Vaterlandes zuzuwenden, um Italien geistig und kulturell zu erneuern.22 Als stilbildend erweist sich zudem der von Foscolo verkörperte politisch-militante Gestus des poeta-soldato, der nicht nur dichterisch, sondern auch kämpferisch seinen Beitrag zur nationalen ‚Wiederauferstehung‘ leistet.23 Während Foscolo jedoch weitgehend die eigene Geschichte, Literatur und Sprache im Visier hat, als er seine Landsleute dazu aufruft, sich von fremden Einflüssen zu emanzipieren und – wie im Gedicht Dei Sepolcri (1807) geschildert – aus der Rückbesinnung auf die ,großen Männer‘ der italienischen Geschichte Impulse für die nationale Wiederauferstehung zu ziehen, lenkt Berchet den Blick vor allem auf die Gegenwart und das Ausland. Wie andere Zeitgenossen, darunter z. B. auch Ludovico Di Breme, lässt er sich dabei von den Schriften der deutschen Romantiker inspirieren. Als maßgeblicher Stimulus erweist sich jedoch bekanntermaßen ein Artikel Mme de Staëls, der 1816 unter dem Titel Sulla maniera e l’utilità 21 22 23

Wie Iris Plack vermutet, jedoch über den Umweg einer französischen Fassung. Plack, Iris: Indirekte Übersetzungen. Frankreich als Vermittler deutscher Literatur in Italien, Tübingen 2015, S. 163. S. Foscolo, Ugo: Dell’origine e dell’ufficio della letteratura, hg. von Enzo Neppi, Firenze 2005, S. 143 f. Vgl. hierzu Lukenda, Robert: Die Erinnerungsorte des Risorgimento. Genese und Entfaltung patriotischer Symbolik im Zeitalter der italienischen Nationalstaatsbildung, Würzburg 2012, S. 47–57.

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delle traduzioni in der Mailänder Zeitschrift Biblioteca italiana erscheint. Darin ruft sie die italienischen Gelehrten dazu auf, sich den modernen Literaturen Europas zuzuwenden. Insbesondere aus der Übersetzung zeitgenössischer Werke der englischen und deutschen Literatur könnten, so Mme de Staël, wichtige Impulse für eine notwendige Erneuerung der italienischen Kultur und Sprache gewonnen werden.24

3. Berchets Lettera semiseria: die Konzeption eines romantisch-risorgimentalen Literatur- und Übersetzungsverständnisses De Staëls Artikel hat eine Reihe weitreichender Auswirkungen: Er leitet die italienische Romantik ein und befördert die Übersetzungsthematik mit einem Schlag zu einer zentralen Streitfrage zwischen Romantikern und Klassizisten von nationaler Bedeutung. Wie Schwarze unter Verweis auf Ricardo Massano schreibt, wurde die Übersetzung in der Folge „zum Katalysator der speziellen Haltung des Einzelnen in der Debatte um die sprachlich-kulturelle Erneuerung Italiens.“25 In dieser Debatte beschließt Berchet kurze Zeit nach Erscheinen des Artikels Position auf Seiten der Romantiker zu beziehen – mit einer ironisch-satirischen Schrift, die den sperrigen Titel Sul Cacciatore feroce e sulla Eleonora di Goffredo Augusto Bürger. Lettera semiseria di Grisostomo al suo figliuolo trägt. Der Text ist als ein fingiertes Antwortschreiben eines fiktiven Vaters Grisostomo an seinen Sohn konzipiert, der ihn um zwei Übersetzungen gebeten hatte. Dabei handelt sich um Gottfried August Bürgers Balladen Der wilde Jäger (1786) und Lenore (1774), an denen Berchet exemplarisch die Möglichkeiten und Grenzen einer verfremdenden Übersetzungsmethode vorführt und daraus Lehren für eine literarische Modernisierung Italiens ableitet. Nicht zufällig wählt Berchet mit Bürger einen Dichter des Sturm und Drang, der sich gegen eine gelehrte, artifizielle Dichtung und für eine volkstümliche Literatur ausgesprochen hatte. Auf diesen Begriff wird später noch einzugehen sein. Bürger zählte im frühen 19. Jahrhundert neben Goethe und Schiller zu den bedeutendsten und meistübersetzten Autoren aus dem deutschen Sprachraum. Aus den Reihen der italienischen Romantiker, namentlich von Di Breme, wird Berchets Artikel mit Blick auf dessen erste klassizistische Schriften in einem Brief an Mme de Staël als Text eines „nouveau converti“26 angekündigt. Gleich zu Beginn der Lettera semiseria positioniert sich der fiktive Verfasser Grisostomo im zeitgenössischen Übersetzungsstreit: Mit seiner Entscheidung, die vom Sohn geforderten Balladen Bürgers nicht in Vers-, sondern in Prosaform zu 24 25 26

Staël, Mme de: „Sulla maniera e l’utilità delle traduzioni“, in: Calcaterra, Carlo/Scotti, Mario (Hgg.): Manifesti romantici, Torino 1979, S. 79–92, hier S. 89. Schwarze, Sprachreflexion, S. 275. Zit. nach Cadioli, „Introduzione“, S. 16.

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übertragen, wendet er sich explizit gegen das Voltaire’sche Übersetzungsdiktum formaler Treue. Er folgt damit weitgehend den Ideen de Staëls, die in Sulla maniera e l’utilità delle traduzioni den Italienern eine Abkehr von der Praxis der nachahmenden Poetik sowie von der kreativen, künstlerischen Bearbeitung des Originals nach dem Muster der belles infidèles empfohlen und für eine Vorgehensweise geworben hatte, die den historischen, kulturellen und sprachlichen Eigenheiten des zu übertragenden Textes Rechnung trägt.27 Die Entscheidung für eine Übersetzungsmethode könne, so der Verfasser der Lettera semiseria, der sich im Stile eines modernen Romantikers als „nemico giurato di qualunque sistema esclusivo“28 bezeichnet, jedoch in keinem Fall auf der Grundlage normativer Kategorien (einer formalen Imitation des Originals bzw. einer stilistischen Anpassung an Normen der Zielkultur) getroffen werden. Vielmehr sei diese vom Text und seiner jeweiligen Herkunft abhängig: Le ragioni che devono muovere il traduttore ad appigliarsi più all’uno che all’altro partito [traduzione in prosa/in versi] stanno nel testo, e variano a seconda della diversa indole e della diversa provenienza di quello. Tutti i popoli, che più o meno hanno lettere, hanno poesia. Ma non tutti i popoli posseggono un linguaggio poetico separato dal linguaggio prosaico. I termini convenzionali per l’espressione del bello non sono da per tutto i medesimi. Come la squisitezza nel modo di sentire, così anche l’ardimento del modo di dichiarare poeticamente le sensazioni è determinato presso di ciaschedun popolo da accidenti dissimili. E quella spiegazione armoniosa di un concetto poetico, che sarà sublime a Londra od a Berlino, riescirà non di rado ridicola se ricantata in Toscana. Ché se tu mi lasci il concetto straniero ma, per servire alle inclinazioni della poesia della tua patria, me lo vesti di tutti panni italiani e troppo diversi da’ suoi nativi, chi potrà in coscienza salutarti come autore, chi ringraziarti come traduttore.29

Da jedoch die formale Treue ähnliche mentale Konstellationen und sprachliche Ausdrucksmittel voraussetzt, die, so der Verfasser, zwischen dem italienischen und germanischen Kultur- und Sprachraum kaum existieren, muss der Versuch, die stilistischen und kulturellen Merkmale der Bürgersch’schen Balladen zu erhalten, letztendlich zu einer formalen Abweichung führen. Weil es bei der Versdichtung in besonderem Maße auf Aspekte wie Metrik ankommt, wird der Leser dazu verleitet, die poetischen Fähigkeiten des Übersetzers in den Vordergrund zu rücken und zu vergessen, dass er es mit einem fremden und übersetzten Text zu tun hat. (Andere conciliatori wie Silvio Pellico lehnen die Versübersetzung daher kategorisch ab.) Der poetische Eigenwert der Übersetzung rückt bei Berchet damit eindeutig in den Hintergrund. Im Fokus steht die „authentische Reproduktion der 27 28 29

„[…] guardiamoci dall’usanza francese di tramutar sì le cose altrui che della origine loro niente si ravvisi. I nostri traduttori imitan bene […] ma non trovo opera di poesia che faccia riconoscere la sua origine, e serbi le sue sembianze forestiere […]“ Staël, „Sulla maniera“, S. 85. Berchet, Giovanni: „Sul ‚Cacciatore feroce‘ e sulla ‚Eleonora‘ di Goffredo Augusto Bürger. Lettera semiseria di Grisostomo al suo figliuolo“, in: Berchet, Lettera semiseria, S. 55–136, hier S. 60. Ebd., S. 60 f. Als Gegenbeispiel erwähnt Berchet die Shakespeare-Übersetzungen seines Zeitgenossen Michele Leoni von 1819–1821, deren Verse, wie er betont, zwar gute italienische Verse seien, die jedoch Shakespeare seines Antlitzes berauben würden. Ebd., S. 63.

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Inhalte und der expressiven Besonderheiten des Originals“ und, damit einhergehend, „die Transparenz von Unterschieden und Ähnlichkeiten in Denk- und Verhaltensweisen“,30 die versprachlicht, nicht jedoch durch „colori toppo italiani“31 verfälscht und zum Verschwinden gebracht werden sollen.32 Gerade in diesem Zusammenhang kommt ein rezeptionsästhetischer Mehrwert in den Blick, den nicht die Lektüre eines literarischen Textes im Original, sondern nur die Übersetzung erbringen kann: Letztere ermöglicht ein „piacere […] più domestico“33, d. h. eine Lektüreerfahrung, die – man kann sich hier entfernt an Roland Barthes’ Essay Le plaisir du texte (Paris, 1973) erinnert fühlen – den fremden Text soweit möglich in das eigene kulturelle ‚Zuhause‘ hineinholt, ohne dafür dessen „Volkseigenthümlichkeit“34 zu opfern. Da, wie schon Mme de Staël in ihrem Übersetzungstraktat argumentiert hatte, kaum jemand eine umfassende Kompetenz in Fremdsprachen erreicht, bleibt (bzw. wird) die Übersetzung hier das zentrale Instrument, um Kenntnisse über fremde Kulturen zu erwerben und um eigene, erstarrte kulturelle Normen aufzubrechen.35 Neben diesen rezeptionsästhetischen Gründen folgt Berchets Plädoyer für die Prosaübersetzung auch poetologischen und sprachgeschichtlichen Überlegungen, die den Blick auf den Zustand von Sprache und Kultur auf der italienischen Halbinsel im frühen 19. Jahrhundert lenken. Wie nach ihm Alessandro Manzoni argumentiert Berchet hier mit einer angeblichen Rückständigkeit des Italienischen auf dem Feld der literarischen Prosa, der auch mittels übersetzerischer Anstrengungen entgegenzuwirken ist. Während Manzoni bei seinem Versuch einer Modernisierung der italienischen Prosasprache jedoch vor allem die inneritalienische Gegenwart im Blick hat und sich, wie seine Selbstübersetzung der Promessi sposi (1827–1842) illustriert,36 weitgehend am Toskanischen (auch am Französischen) seiner Zeit orientiert, sucht Berchet wie erwähnt besonders nach Einflüssen von außen. Im Gegensatz zum Lyrikübersetzer, der, wie Berchet in der Lettera semi30 31 32

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Schwarze, Sprachreflexion, S. 280. Berchet, „Lettera semiseria“, S. 60. Um ein kleines Beispiel zu geben: Konkret zeigt sich diese Herangehensweise in den Fußnoten, mit denen Berchet seine Übersetzungen versieht und in denen er kulturelle und sprachliche Eigenheiten erklärt – beispielsweise im Cacciatore feroce das System der gemeinschaftlichen Weidewirtschaft in Deutschland (Ebd., S. 104) oder in der Eleonora metaphorische Ausdrücke wie Rabenhaar: „Oltrepassate che furono da ultimo tuttequante le schiere, ella si stracciò la nera chioma,* e furibonda si buttò sul terreno. [* Il testo ha ‚Rabenhaar‘, vocabolo composto da ,corvi‘ e da ,chioma‘, ,chioma corvina‘. In italiano, per la sola necessità dei due vocaboli separate, l’idea perderebbe rapidità, e parrebbe affettazione.“] Ebd., S. 115. Staël, „Sulla maniera“, S. 84. Schleiermacher, Friedrich (2009): „Ueber die verschiedenen Methoden des Übersetzens [1813]“, in: Kitzbichler, Josefine/Lubitz, Katja/Mindt, Nina (Hgg.): Dokumente zur Theorie der Übersetzung antiker Literatur in Deutschland seit 1800, Berlin/New York, de Gruyter, S. 59–81, hier S. 76. Ebd. Baum, Richard: „Alessandro Manzoni und Pier Paolo Pasolini – due autori in cerca della lingua“, in: Hirdt, Willi/Klesczewski, Reinhard (Hgg.): Italia viva: Studien zur Sprache und Literatur Italiens. Festschrift für Hans Ludwig Scheel, Tübingen 1983, S. 1–25.

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seria schreibt, sich im engen Sprachkorsett der lyrischen Regeln und Traditionen bewegt, muss der Prosaautor nicht nur „libri e uomini e usanze“ studieren, sondern sich – und hier stimmt er mit Manzoni überein – in jenes „immenso mare di una lingua“37 stürzen, in dem auf ihn nicht nur der ,verkrustete‘ Sprachschatz der Wörterbücher, die literarische Tradition, sondern die lebendige Sprache der Menschen warten. Mit der These, dass eine Literatur, die sich nur auf das Vokabular der Accademia della Crusca beschränkt, nicht zur Erneuerung fähig sei, entkräftet er einen Glaubenssatz der Klassizisten, wonach das zeitgenössische Italienisch über die nötige Flexibilität verfüge, um selbst Klassiker kongenial zu übersetzen. Berchet rüttelt hier am Selbstverständnis der kulturellen Eliten Italiens, da er die überdimensionierte und entwicklungshemmende Rolle der Sprache als Etikett der italianità, auf die schon Staël in Sulla maniera e l’utilità delle traduzioni hingewiesen hatte, infrage stellt. Mit seiner Prosa-Übertragung der Balladen Bürgers möchte er dem italienischen Publikum Modelle einer neuen, modernen Literatur präsentieren. Von Bürger übernimmt er das Diktum, wonach „la sola vera poesia fosse la popolare“.38 Mit dem Schlagwort der ‚Volksliteratur‘ kommt in der Debatte zwischen Romantikern und Klassizisten ein Begriff ins Spiel, der nicht nur eine neue literarische Ästhetik definiert, sondern auch einen neuen Adressatenkreis von Literatur in den Fokus rückt – eine Leserschaft, die Berchet nach sozialen und kulturellen Kriterien definiert. Angesiedelt wird sie zwischen den Schichten der sogenannten ‚Hottentotten‘, der gesellschaftlichen Unterschicht, und den „parigini“,39 einer kulturellen Elite. Zwischen diesen beiden Polen identifiziert Berchet eine ,dritte Klasse‘, eine Art ,bürgerliche Mittelschicht‘, die er als Adressaten der neuen Literatur definiert und als ‚Volk‘ bezeichnet.40 Im Unterschied zu Bürger und zur deutschen Romantik meint der Begriff der poesia popolare hier also keine Literatur aus dem Volk, sondern eine auf den kulturellen Horizont und die Bedürfnisse eines italienischen 37 38

Berchet, „Lettera semiseria“, S. 64 f. Berchet, „Lettera semiseria“, S. 78. H. i. O. „Alle Poesie soll volksmäßig sein; denn das ist das Siegel ihrer Vollkommenheit!“ Gottfried August Bürger, zit. nach Weinmann, Frédéric: „Das Populäre bei Gottfried August Bürger“, in: Agard, Olivier/Helmreich, Christian/Vinckel-Roisin, Hélène (Hgg.): Das Populäre: Untersuchungen zu Interaktionen und Differenzierungsstragien in Literatur, Kultur und Sprache, Göttingen 2011, S. 65–77, hier S. 68. Die Übersetzung populärer Autoren wie Schiller oder Bürger bietet weniger bekannten Schriftstellern wie Berchet die Gelegenheit, ,unter fremdem Namen‘ und mit der Autorität dieser ausländischen Literaten gegen die dominante, klassizistische Poetik in Italien anzugehen. S. Lefevere, André: „Interpretation, Übersetzung, Neuschreibung: Ein alternatives Paradigma“, in: Hagemann, Deskriptive Übersetzungsforschung, S. 63–92, hier S. 85. 39 Berchet, „Lettera semiseria“, S. 76. 40 Ebd., S. 77 f. Wenn, wie Sakai schreibt, die ‚Ökonomie des Fremden‘, also die Frage, an welcher Stelle das Fremde in den Konstruktionsprozess der Nationalsprache eingebunden wird, von zentraler Bedeutung „in the poietic – and poetic – identification of the national language“ (Sakai, „Transnationality and Bordering“, S. 24, H. i. O) ist, so erweist sich der Rückgriff auf fremde ästhetische Modelle in der Übersetzung hier in sozialer Hinsicht von Bedeutung: In der und durch die Übersetzung wird Italien bei Berchet folglich als soziale Gemeinschaft konturiert.

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Bürgertums zugeschnittene Literatur, die von einer aufgeklärten, literarischen und patriotischen Elite stammt.41 Diese Reflexion über eine neue Literatur für das ‚Volk‘ verknüpft Berchet mit dem Gedanken einer nationalen Regeneration: Die Aufgabe des Literaten muss es also sein, die für die nationale Unabhängigkeit maßgebende Schicht anzusprechen – jene lesende terza classe, von dem die Vordenker des Risorgimento erwarten, dass sie Italien zum Fortschritt führt. Wie zuvor Foscolo in seiner Antrittsvorlesung macht sich Berchet in diesem Kontext für die Idee einer nationalen Literaturgeschichtsschreibung stark. In der Lettera semiseria greift er damit ein Vorhaben auf, das schon im späten 18. Jahrhundert, z. B. bei den Vordenkern eines ,kulturellen‘ Risorgimento wie Saverio Bettinelli oder Girolamo Tiraboschi, ein zentrales Anliegen des nationalen Wiederauferstehungsparadigmas war: die Schaffung einer „patria letteraria comune“.42 Im Unterschied zu letzteren verknüpft Berchet diese Idee jedoch mit dem Gedanken einer politischen Einigung. In Abwesenheit eines Nationalstaates akzentuiert er die Vorreiterrolle des Literaten und der Literatur, betont deren bewusstseinsbildende und politische Funktion, wenn er schreibt: „E se noi non possediamo una comune patria politica […] chi ci vieta di crearci intanto […] una patria letteraria comune? Forse che Dante, … Petrarca, … Ariosto per fiorire aspettarono che l’Italia fosse una?“43 Berchet zufolge erschafft man diese patria letteraria jedoch nicht, indem man sich, wie von Foscolo gefordert, auf die eigene Vergangenheit konzentriert und das literarische Erbe der grandi uomini imitiert. Genauso wichtig wie die eigene Tradition ist für den Romantiker die Konfrontation mit der Gegenwart und den europäischen Literaturen. Schriftsteller begreift er als Kulturmittler, die dem Volk fremde Literaturen und Weltanschauungen zugänglich machen.44 Bürgers Volksliteratur, die aus dem kulturellen Horizont des Volkes schöpft, die mit emotional ergreifenden Themen den Geschmack eines breiten Publikums trifft und dieses zugleich moralisch instruiert, dient hier vor allem als Orientierung und Inspiration für italienische Schriftsteller, sich – wie Berman mit Blick auf die romantische Übersetzungskultur festhält – via Übersetzung ein Repertoire an neuen poetischen Formen und ästhetischen Neuerungen anzueignen.45 Am Beispiel der Bürger’schen Texte zeigt 41 42 43 44

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Berchet wird den Begriff der poesia popolare im Laufe seiner dichterischen und übersetzerischen Laufbahn jedoch sozial erweitern bzw. umdeuten. Berchet, „Lettera semiseria“, S. 88. Ebd., Hervorhebung R. L. „Rendetevi coevi al secolo vostro e non ai secoli seppelliti […] Fate di piacere al popolo vostro; investigate l’animo di lui; pascetelo di pensieri e non di vento […] Badate che leggono libri stranieri, che s’accostumano a pensare, e che dalle fatuità vanno ogni dì più divezzandosi. Badate che i progressi intellettuali d’una parte di Europa finiranno col tirar dietro a sé anche il restante.“ Ebd., S. 90. S. Berman, L’épreuve, S. 29. Bechets Ausführungen scheinen in manchen Punkten widersprüchlich. Den Begriff der Poetik, die den eigentlichen Gegenstand seiner antiklassizistischen Polemik bildet, lehnt er ab und bevorzugt stattdessen den Begriff der Ästhetik im Sinne einer philosophischen Reflexion über das Wesen und die Essenz der Kunst. Die Tatsache, dass Berchet klassizistische Normen verwirft und zugleich neue Richtlinien für Literatur und Übersetzung definiert,

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Berchet, dass die Übersetzungsmethode, die den Italienern diese modernen Konzepte von außen nahebringt, letztlich nur eine verfremdende sein kann. Wie er in einem ausführlichen Übersetzungskommentar räsoniert, mögen die Balladen inhaltlich und stilistisch vielleicht fremd auf den italienischen Leser wirken, zumal die dargestellten Themen und Sitten den Deutschen bekannt sind, nicht aber den Italienern. So stellt Berchet, um ein Beispiel zu geben, fest, dass eine in Bürgers Der wilde Jäger geschilderte göttliche Strafe, die im Diesseits und nicht im Jenseits erfolgt, wie es seiner Ansicht nach den religiösen Ansichten in Italien besser entspricht, für italienische Leser kaum glaubwürdig ist.46 Daher könne die Wirkung der Balladen in der Übersetzung auch keinesfalls diejenige des Originals sein. Wenngleich nun der kulturelle und historische Horizont der Bürgersch’schen Balladen fremd und unzugänglich bleibe, so müsse dies jedoch keinesfalls für ihre ästhetischen und poetologischen Merkmale gelten. Berchet zufolge lassen sich gerade auf diesem Feld eine Reihe von Lehren über das Wesen der modernen Literatur gewinnen, die für die angestrebte literarische und gesellschaftliche Erneuerung in Italien wegweisend sind. Aus den Übersetzungen von Bürgers Texten leitet er denn auch eine thematische und ästhetische Aufforderung an die italienischen Literaten ab, nach dem Vorbild des deutschen Schriftstellers ebenfalls populäre Sujets zu finden, die, wenn nicht wahr, so doch glaubhaft, wahrscheinlich (verosimili), emotional ergreifend und zugleich moralisch belehrend sind.47 Der Import ,fremder‘ Ausdrucksweisen, Ästhetiken und Konzepte dient jedoch nicht nur dazu, die eigene (Schrift-)Kultur zu bereichern und eine wahrhaft nationale Literatur zu schaffen. Vielmehr geht es hier auch darum, ein Terrain der universellen Poesie zu erschließen. Durch die Übersetzung als Instrument, das über den nationalen Horizont hinaus jenes Feld der europäischen repubblica delle lettere zugänglich macht, in dem sich Dante Seite an Seite mit Shakespeare und

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verdeutlicht einen Umstand, auf den schon Lefevere hingewiesen hat: „Man könnte sogar sagen, dass in der westlichen Literatur noch lange nach dem Verschwinden der normativen Poetiken (mitsamt ihren Handbüchern, die unweigerlich mindestens ein Kapitel zum Übersetzen enthielten) das Übersetzen die einzige weiterhin als regelgebunden geltende Aktivität war, und zwar ganz besonders auch in der Romantik, die doch jegliche Regeln für die poetische Komposition abgeschafft zu haben meinte“. Lefevere, „Interpretation“, S. 85. Durch die sprachliche und stilistische Heterogenität der Lettera semiseria, die umgangssprachliche und akademische, ironisch-satirische und ernste Töne sowie unterschiedliche Gattungen (Brief, Traktat, literarischer Text, Übersetzungskommentar) mischt, setzt Berchet den Bruch mit der klassizistischen Poetik nicht nur inhaltlich, sondern auch formal und ästhetisch um. Der ironisch-satirische Charakter des Briefes zeigt sich nicht zuletzt an der Tatsache, dass der fiktive Verfasser Grisostomo seine Überlegungen zu einer neuen Literatur, die er seinem Sohn ans Herz legt, am Ende plötzlich verwirft: Er gibt vor, alles sei nur ein Witz und verfällt in eine hyperbolische Aufzählung sämtlicher Allgemeinplätze der klassischen Poetik. Diese werden in einem überaus manierierten und pseudo-akademischen Ton vorgetragen, der die offenkundige Absurdität der klassizistischen Thesen zusätzlich unterstreicht und einen Kontrast zum ironisch-umgangssprachlichen Ton des ersten Teils bildet. Berchet, „Lettera semiseria“, S. 108. Ebd., S. 126 f.

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Schiller wiederfindet, wird die Literatur damit der traditionellen nationalistischen Rivalität entzogen. Damit ist aus der Perspektive Berchets und der anderen Romantiker natürlich in erster Linie die klassizistische Perspektivenverengung auf die eigene Literatur- und Sprachtradition gemeint, die ihre europäischen Bezüge ausblendet. Obgleich sein Übersetzungsplädoyer einer patriotischen Logik folgt, lässt es sich zugleich auch als Argument gegen die Gefahr eines allzu ,engstirnigen‘ risorgimentalen Heldenkultes lesen, der sich nur auf die eigenen literarischen Ikonen der Vergangenheit beschränkt.

4. Poesie und Militanz Wie schon an anderer Stelle bemerkt wurde,48 zeichnet sich Berchets Lettera semiseria im Vergleich zu anderen zeitgenössischen literatur- und übersetzungstheoretischen Traktaten, etwa Di Bremes Intorno all’ingiustizia di alcuni giudizi letterari italiani oder Borsieris Avventure letterarie di un giorno (beide 1816), durch ihren dezidiert engagierten und militanten Impetus aus, an dem sich der vergleichsweise stark ausgeprägte politische Charakter der italienischen Romantik illustrieren lässt. Die Lettera enthält ein Programm zur gesellschaftlichen Erneuerung, das von der Übersetzung und der Schaffung einer ,neuen Literatur‘ auf eine zu realisierende patria politica vorausweist. Mit den Literaten und der (bürgerlichen) Leserschaft benennt sie jene gesellschaftliche Allianz, die diesen Prozess vorantreiben soll. Wie Cadioli schreibt, kann Berchets Manifest daher als eine „prima […] testimonianza della volontà della borghesia e dei suoi intellettuali di assumere direttamente il ,governo‘ della nazione“ gelesen werden.49 Insbesondere die romantisch und national gesinnten Kulturzeitschriften des frühen 19. Jahrhunderts können vor diesem Hintergrund als ‚Experimentierfelder‘ für innovative Ansätze des Übersetzens aufgefasst werden, die neue sprachliche, kulturelle und politische Impulse für den Einigungsprozess liefern.50 Der politische Charakter, den Literatur und Übersetzung hier annehmen, wird von Berchet in seinem ersten Beitrag für den Conciliatore – einer Rezension von Friedrich Bouterwecks Geschichte der Poesie und Beredsamkeit – explizit hervorgehoben. In dieser spricht er von der Notwendigkeit, sich fremden Literaturen zuzuwenden, „non tanto, se così vuolsi, per necessità estetica quanto per necessità politica.“51 Berchets Rolle im Conciliatore 48 49 50

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Cadioli, „Introduzione“, S. 21. Ebd. Lukenda, Robert: „Zwischen Europäisierung und Nationalisierung“ – Zeitschriften, nationbuilding und Übersetzungspolitik im frühen Risorgimento, in: Schwarze, Sabine/Meier, Franz/ Forner, Fabio (Hgg.): Le riviste erudite come luogo di comunicazione dei saperi – un modello per il dialogo interculturale? Prospettive storiche, letterarie e linguistiche, Frankfurt/Main 2021 (im Druck). Berchet, Giovanni: „Sulla ‚Storia della poesia e della eloquenza‘ di Bouterweck“, in: Berchet, Lettera semiseria, S. 149–159, hier S. 156 f.

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besteht denn auch darin, wichtige zeitgenössische Werke zu rezensieren, die nach Ansicht der Romantiker für die nationale Bewusstseinsfindung von großer Bedeutung sind52 – eine Tätigkeit, die ihm den Ruf einbringt, einer der besten Kenner der europäischen Literaturszene im frühen Risorgimento zu sein. Fakt ist, dass Berchet sein literarisches und übersetzerisches Engagement nach dem Vorbild Foscolos um eine aktive, kämpferische Rolle erweitert: Als Mitglied der Carbonari muss er nach den revolutionären Aufständen von 1821 in Piemont ins Exil und hält sich in der Folge in Frankreich, England, Belgien und Deutschland auf, wo er in Bonn die Vorlesungen Schlegels hört und mit ihm in persönlichen Kontakt kommt. Wenn man nun mit Blick auf die Verknüpfung von literarischem und revolutionärem Engagement gerne das Bild des poeta-soldato bemüht, so ist dieses im gegebenen Kontext um die vergleichsweise wenig beachtete Facette des traduttoresoldato zu ergänzen. Und wenn also Schwarze mit Blick auf die italienische Romantik von der „Einbindung von Übersetzungsstrategien in geistig-literarische Strömungen“ spricht,53 so wird dieser Gedanke hier politisch weitergedacht und um eine revolutionäre Komponente ergänzt. Zumal es in der Zeit des Risorgimento neben Berchet weitere Schriftsteller gibt, die, wie Carlo Rusconi, nicht nur aktive Kämpfer, sondern zugleich auch engagierte Übersetzer waren – Rusconi unter anderem als Übersetzer von Werken Walter Scotts, Shakespeares oder Lord Byrons.54 An Rusconis Shakespeare-Übertragungen von 1838 – der ersten italienischen Gesamtübersetzung von Shakespeares Dramen in Prosa – lässt sich jedenfalls die Wirkung der translatorischen Ideen der conciliatori illustrieren: Rusconis Entscheidung für die Prosaform folgt denn auch der Einsicht, dass es angesichts großer sprachlicher Unterschiede zwischen dem Englischen und dem Italienischen unmöglich sei, Klang und Rhythmus der Originaltexte in Versform nachzuahmen. Vielmehr müsse der Fokus auf der Vermittlung geistiger Inhalte liegen, die in der Prosafassung sehr viel besser zur Geltung kämen. Seine Übersetzungen fertigt der Übersetzer mit dem Ziel an, die italienischen Schriftsteller dazu zu animieren, mit Shakespeare einen, wie es im Vorwort heißt, Gründervater der modernen europäischen Literatur zu studieren und nach dem Vorbild der gro-

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Darunter sind z. B. auch die Texte des Genfer Historikers Simonde de Sismondis, Verfasser der im Risorgimento bedeutsamen Histoire des républiques italiennes du moyen-âge (1808–1818). Schwarze, Sabine: „‚Il doppio genio, che corre nel tradurre …‘: Die Klassiker-Übersetzung in der französisch-italienischen Sprachdebatte des 18. Jahrhunderts“, in: Dizdar/Gipper/Schreiber, Nationenbildung und Übersetzung, S. 59–76, hier S. 76. Zu Rusconi vgl. Goldin Folena, Daniela: „Alla ricerca di un’identità nazionale: traduzioni e teatro italiano tra Schlegel e Rusconi“, in: Tatti, Maria Silvia (Hg.): Italie e Italie. Immagini tra Rivoluzione e Restaurazione, Roma 1999, 193–235; Goldin Folena, Daniela: „Traduttori e traduzione in Europa e nel Veneto Tra Sette e Ottocento“, in: Meter, Helmut/Brugnolo, Furio (Hgg.): Vie Lombarde e Venete. Circolazione e trasformazione dei saperi letterari nel Sette-Ottocento fra l’Italia settentrionale e l’Europa transalpina, Berlin 2011, S. 135–152, hier S. 151.

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ßen europäischen Literaten „le glorie dei nostri padri“55 in Szene zu setzen. Rusconis Shakespeare-Übertragung richtet sich grundsätzlich an ein breiteres Publikum, das sich durch den umfangreichen Apparat aus Kommentaren und Texten theoretischer Art zugleich mit der romantischen Literaturkonzeption vertraut machen kann – und dies ohne die bis dato üblichen Umwege über das Französische.56 Der Übersetzung sind entsprechend Passagen aus Schlegels Vorlesungen über die dramatische Kunst und Literatur (in der italienischen Übersetzung von Giovanni Gherardini) sowie Mazzinis Aufsatz Del dramma storico (1830–1831) über die angestrebte Europäisierung der italienischen Literatur beigefügt. Dass der von Rusconi im Stile Berchets an die künstlerische Elite Italiens gerichtete Appell, aus den großen Werken der europäischen Literatur Inspirationen für das eigene Schaffen zu ziehen, durchaus auf fruchtbaren Boden fällt, belegt dabei die Tatsache, dass Giuseppe Verdi Rusconis Prosaübersetzungen als Vorlagen für seine Opern-Libretti nutzte.57

5. Übersetzen, Literatur und nation-building im Risorgimento – Dynamiken der Öffnung und Abgrenzung Den Anspruch, vom Ausland zu lernen, wie man eine moderne Volksliteratur schafft, versucht Berchet auch selbst schöpferisch umzusetzen. Beispielhaft hierfür ist seine bekannteste, 1829 im Exil entstandene Romanze Le Fantasie, die in der ersten Hälfte des Ottocento in patriotischen Kreisen eine enorme Popularität erlangt.58 Die Romanze, die emotional ergreifend die Heldentaten einer vermeintlich glorreichen italienischen Vergangenheit schildert und sich, wie in einem Vorwort betont, ausdrücklich einem patriotischen Ziel verschreibt – der Popularisierung von historischen Modellen eines nationalen Unabhängigkeitsstrebens in der Gegenwart –, handelt von einem italienischen Exilanten, der in einem Traum die glorreiche Zeit der Lega lombarda heraufbeschwört. Gemeint ist jenes oberitalienische Städtebündnis, das im 12. Jahrhundert einen Kampf um politische Autonomie führte und sich eine gewisse Zeit erfolgreich gegen den Machtanspruch von 55 56 57 58

Rusconi, Carlo: „Prefazione“, in: Shakespeare, William: Teatro completo di Shakespeare, tradotto dall’origine inglese in prosa italiana da Carlo Rusconi, Padova 1838, s. p. Dennoch erfolgt, wie Iris Plack in ihrem Parallelartikel zeigt, die Rezeption der nordeuropäischen Literatur und Philosophie im Italien des 19. Jahrhunderts weiterhin maßgeblich über die Relaissprache Französisch. Nachzulesen unter Camarotto, Valerio: „Rusconi, Carlo Maria Giuseppe“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, vol. 89/2017, http://www.treccani.it/enciclopedia/carlo-giuseppe-mariarusconi_%28Dizionario-Biografico%29/ (13. Oktober 2020). Das Vorwort zu den Fantasie enthält eine Reihe richtungsweisender Gedanken zum literarischen Umgang mit historischen Themen. So plädiert Berchet darin für ein literarisches Konzept der Durchdringung von storia und invenzione, in dem die Literatur als massentaugliche Form einer miterlebten Geschichte aufgefasst wird.

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Kaiser Friedrich Barbarossa wehrte. Dem geneigten Lesepublikum wird schnell klar, dass die Vergegenwärtigung dieser historischen Ereignisse, die nicht zuletzt durch Berchets Text zu einem zentralen Geschichtsmythos der RisorgimentoBewegung avancieren, eine kaum verhohlene revolutionäre Botschaft für die Gegenwart des Ottocento bereithält: einen Appell, die Waffen zu erheben und sich gegen die Fremdherrschaft der tedeschi aufzulehnen, zu denen im Risorgimento vielfach auch die österreichischen Besatzer der Lombardei und Venetiens gezählt werden. Die Fantasie illustrieren, wie Berchet den in seinen Bürger-Übersetzungen geschärften Primatsgedanken der gesellschaftlichen vor der ästhetischen Funktion, selbst literarisch umsetzt und politisch zuspitzt. Dieser Primat wird von Berchet im Bewusstsein der literarischen Mängel seines Textes im Vorwort zu seiner Romanze explizit betont: […] voi vi siete accorti ch’io mi son messo sur una strada la quale non è giusto giusto quella indicata dall’estetica come conducente diritto allo scopo ultimo che l’arte poetica si prefigge per unico, sur una strada dove spesso fo sagrificio della pura intenzione estetica ad un’altra intenzione, dei doveri di poeta ai doveri di cittadino. Nel conflitto di queste due sorta di doveri è da ravvisarsi un’angustia per l’uomo che ne sente l’importanza di entrambe; e nella prevalenza in lui della devozione civile sulla devozione estetica è da riconoscersi, se non m’inganno, qualche cosa di onesto: la sottomessione dell’amor proprio all’amore della patria. […] Per male allora che andasse la causa mia dinanzi a voi, questo almeno sareste tratti a dover dire: „Ha fatto un cattivo poema, ma una buona azione.“59

Der Text illustriert meines Erachtens auf eindrückliche Weise die eingangs erwähnten, durch Translationsprozesse generierten Dynamiken von grenzüberschreitenden und grenzbildenden Kräften sowie jenes Spannungsverhältnis zwischen der interkulturellen und der politischen Ebene. Er ist ein Beispiel dafür, dass die von den Romantikern vorangetriebene kulturelle Öffnung gegenüber dem deutschsprachigen Raum in einem revolutionären Sinne auch dazu genutzt wurde, eine politisch-ideologische Abgrenzung herbeizuführen. Ziel von Texten wie Berchets Fantasie war es, einen historischen, germanisch-italienischen Dualismus heraufzubeschwören, der geeignet war, eine militärische Konfrontation mit eben diesen tedeschi in der Gegenwart herbeizuführen, um die nationale Unabhängigkeit zu erkämpfen. Für diese Dynamik, in der Mechanismen der Öffnung und Konfrontation wirksam werden, steht in besonderer Weise das Denken, Schreiben und Handeln Berchets. Das Beispiel der Fantasie scheint jene von Lefevere beschriebene Einsicht zu verdeutlichen, wonach sich durch translatorische Anstrengungen zwar sprachliche und geistige Neuerungen in das poetische System der Zielkultur einführen lassen, „das Übersetzen allein“, so Lefevere, aber „keine Subversion bzw. Transformation einer Literatur bewirken kann, sondern nur in Verbindung mit anderen Formen der Neuschreibung“.60 Als Produkt übersetzerischer Anstrengungen und 59 60

Berchet, Giovanni: „Agli amici miei in Italia (Le Fantasie)“, in: Berchet, Lettera semiseria, S. 303– 334, hier 326 f. Lefevere, „Interpretation“, S. 85.

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Reflexionen lässt sich Berchets Romanze als eine solche Form der Neuschreibung verstehen.61 Im Sinne der hier verfolgten Darstellung einer frühen, romantischrisorgimentalen ‚Translationspolitik‘ sollte bzw. muss das Übersetzen daher „auch nicht für sich allein analysiert werden, sondern eben zusammen mit anderen Formen der Neuschreibung“.62 Dieser Ansatz liegt insofern nahe, als die Intellektuellen im Risorgimento in der Regel auf mehreren Ebenen der literarischen Produktion und Rezeption aktiv sind – als Übersetzer, Rezensenten und Schriftsteller. In diesem Sinne fügen sich Berchets eigene literarische Texte – zu nennen wäre hier noch seine in patriotischen Kreisen ebenfalls geschätzte Romanze I profughi di Parga (1823) – in ein entstehendes „Gesamtsystem von Texten und Personen“ im frühen Risorgimento ein, „die die Texte produzieren, gutheißen, propagieren, ablehnen oder zensieren“63 und als Katalysatoren der neuen Literatur fungieren. Im Falle Berchets sind es nicht zuletzt wohlwollende Rezensionen von Persönlichkeiten wie Mazzini oder Manzoni, die als politische bzw. literarische Autoritäten seinen Texten Popularität sichern und zugleich literarische Nachahmer auf den Plan treten lassen, die für eine Weiterverbreitung dieser scrittura militante und eine revolutionäre Durchdringung der literarischen Landschaft des Risorgimento sorgen. Zwar konnte sich diese Literatur und die sie stützende Übersetzungspraxis im frühen 19. Jahrhundert auf ein beachtliches patriotisches Netzwerk von Zeitschriften, Zeitungen und Personen stützen. Angesichts der weitverbreiteten Zensur und politischen Verfolgung war dieses System jedoch fragil und musste zum Teil im Untergrund bzw. aus dem Ausland agieren.

6. Berchets Rolle im Kontext des italienischen nation-building – ein (längeres) Fazit Berchet ist nicht der erste Vordenker des Risorgimento, der die ,nationale‘ Bedeutung der Übersetzung erkennt, wohl aber der erste, der sie gesellschaftlich nutzbar macht und auf das Ziel einer umfassenden, kulturellen wie politischen Umgestaltung der italienischen Halbinsel verpflichtet. In den translatorischen Überlegungen und Aktivitäten Berchets wird ein revolutionärer Gestus erkennbar, der von der Subversion literarischer Ordnungen auf eine Subversion politscher Ordnungen und Herrschaften vorausweist. Die aus der eigenen Übersetzungstätigkeit ge61

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Mit Blick auf die in Le Fantasie zu beobachtende Aneignung und Umsetzung eines Repertoires literarischer Elemente, die zu großen Teilen durch das Übersetzen gewonnenen werden, ließe sich hier auch der von Gauti Kristmannsson geprägte Begriff der „Übersetzung ohne Original“ bemühen. Kristmannsson, Gauti: „Zur Nation durch Translation“, in: Dizdar/Gipper/Schreiber, Nationenbildung und Übersetzung, S. 17–26, hier 19 f. Als eine solche könnte man auch Ugo Foscolos an Goethes Werther angelehnten Briefroman Ultime lettere di Jacopo Ortis von 1802 verstehen, der ebenfalls zu einem bedeutenden Text des Frührisorgimento avancierte. Lefevere, „Interpretation“, S. 85. Ebd.

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wonnenen ästhetischen Lehren und geistigen Impulse setzt er selbst auch dichterisch gezielt für bewusstseinsbildende und militante Ziele ein. Translatorisches Handeln geht hier in politisches Handeln über. Unter Übersetzungspolitik ist im gegebenen Kontext also vor allem der gezielte Einsatz von Translation als Instrument zu verstehen, das einen kulturellen, sprachlichen und auf längere Sicht auch politischen Prozess des nation-building befördern soll. Während die conciliatori um Berchet im Wesentlichen noch den Import literarischer und geistiger Impulse aus dem Ausland vor Augen hatten, sollte Mazzini diesen Gedanken einer Modernisierung und Europäisierung der italienischen Literatur durch Übersetzungen programmatisch um die Facette des Exports italienischer Kultur erweitern. Auf diese Weise sollte Italien wieder jene Vorreiterrolle unter den modernen Nationen einnehmen, die seiner historischen ‚Berufung‘ entsprach.64 Wichtig erscheint mir abschließend zu betonen, dass Berchets Bürger-Übersetzungen zwei komplementäre Dynamiken der Translation offenlegen, die im Zeitalter der Nationenbildung eine große Rolle spielen: Auf der einen Seite erschließen sie jenen universellen, den Völkern Europas gemeinsamen ideellen Horizont, den der Romantiker Berchet in der modernen Literatur am Werk sieht; auf der anderen markieren sie das Fremde und ‚Unübersetzbare‘ – versinnbildlichen das, was Italiener und Deutsche kulturell, historisch und mentalitätsgeschichtlich trennt. Betrachtet man Berchets Werk im Ganzen, so offenbart sich ein Spannungsverhältnis, das dem Emanzipationsprozess Italiens unweigerlich innewohnt: die Tatsache, dass die Notwendigkeit einer kulturellen Annäherung an die nordeuropäischen Nationen mit dem politischen Bedürfnis nach Abgrenzung einhergeht, insbesondere gegenüber jenen tedeschi, gegen die man, wenn man an Österreich denkt, die nationale Unabhängigkeit militärisch erkämpfen muss. Dass sich im zeitlichen Kontext des Frührisorgimento und hier in den Beziehungen zwischen dem deutschsprachigen und italienischen Raum unterschiedliche, ambivalente und zum Teil widerstrebende Übersetzungspolitiken abzeichnen, zeigt der Verweis auf Mme de Staëls oben erwähntes Übersetzungsplädoyer, das in der von den österreichischen Behörden des Lombardo-Veneto geförderten Zeitschrift Biblioteca italiana erschien. Diese hatte zum Ziel, (auch mittels verstärkter übersetzerischer Aktivitäten) eine Annäherung zwischen italienischen und deutschsprachigen Intellektuellen zu fördern, die jedoch gerade nicht politisch subversiv ist und bestehende Herrschaftsverhältnisse festigt, anstatt sie zu hinterfragen. Dass Normen und Modelle der Übersetzung, die im Kontext einer angestrebten kulturellen und politischen ‚Wiedergeburt‘ Italiens entstehen, räumlich und kulturell nicht eindimensional (vom Ausland nach Italien), sondern mehrdimensional zu denken sind, zeigt gerade auch das Beispiel von Manzonis Selbstübersetzung der Promessi sposi, die sich vor allem an inneritalienischen Modellen (dem zeitgenössischen Toskanischen) orientierte. Während Manzonis Werk für den 64

Hierzu weiterführend Engelskircher, Nationsbildung als Übersetzungsprojekt.

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sprachlichen und kulturellen Kohäsionsprozess insbesondere nach der Einheit eine zentrale Bedeutung erlangt, verliert Berchets nach dem Vorbild ausländischer Modelle konzipierte, militante poesia popolare, die den Akzent eher auf die gesellschaftliche und politische Neugestaltung Italiens legt, mit dem Erreichen der nationalen Unabhängigkeit weitgehend ihre Strahlkraft.65 Nichtsdestotrotz stehen gerade die Beispiele Berchet und Manzoni für die Komplexität und Ambiguität der Translationsprozesse in Italien, die das kulturelle und politische nation-building beeinflussen. Gemeinsam scheint beiden der Gedanke, dass die Übersetzung in sich die Idee einer sprachlichen Gemeinschaft und Einheit transportiert und zur Anwendung bringt, die, wie es bei Naoki Sakai heißt, eine Prämisse und ein sinnstiftendes Element für den nationalen Integrationsprozess bildet.66 Wie die translationswissenschaftliche Forschung herausgearbeitet hat, scheint dies insbesondere qua Übersetzung, d. h. durch den Import von mehr oder weniger ,fremdem‘ Sprachmaterial und durch das Unterlaufen sprachlicher ‚Reinheitsphantasien‘ zu geschehen, wie sie Berchet den italienischen Klassizisten zuschreibt. Freilich lässt die biographische Perspektive und der Fokus auf dem translatorischen Handeln und Denken Berchets die Rezeptionsseite außer Acht. Die ideale Leserschaft wird von Berchet in seinem Übersetzungstraktat zwar mitgedacht, dennoch bliebe es genauer zu untersuchen, wie und von wem diese Übersetzungen gelesen werden. Auch wenn dank der translatorischen Bemühungen der Romantiker im frühen 19. Jahrhundert Autoren wie Goethe, Schiller oder Bürger in Italien Beachtung finden, so mag es in diesem Kontext durchaus bezeichnend sein, dass Übersetzungen in jenem Kanon bedeutender Werke, die Alberto Mario Banti zufolge zentral für den nationalen Bewusstseinsbildungsprozess sind – mit Ausnahme des Wilhelm Tell – fehlen.67 Die Lektüre der Übersetzungen Bürgers oder Schillers bleibt, so könnte man folgern, ein Randphänomen,68 während ‚Übersetzungen ohne Original‘ wie Berchets Fantasie oder Foscolos Briefroman Ultime let65

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Daher wird, wie Cadioli bemerkt, die literarische Erneuerung im frühen 19. Jahrhundert noch heute eher mit Figuren wie Leopardi [und Manzoni, R. L.] verknüpft, deren literarische Aktivitäten weniger im Zeichen politischer und revolutionärer Militanz standen. Hingegen steht Berchets Werk für ein „impegno per una trasformazione che fosse, contemporaneamente, politica, culturale, letteraria.“ Cadioli, „Introduzione“, S. 39. Sakai, „Transnationality and Bordering“, S. 21 ff. Banti, Alberto Mario: La nazione del Risorgimento, Torino 2000, S. 45 ff. Schleiermacher zufolge ist die verfremdende Methode des Übersetzens geeignet, um einer breiteren, interessierten Bevölkerung eine Kenntnis fremder Literaturen zu vermitteln. Dabei verweist er auf den Umstand, dass die Entwicklung einer dauerhaften ‚Lust‘ am Fremden jedoch größerer und systematischer Übersetzungsbemühungen bedarf, mittels derer „ein Verpflanzen ganzer Literaturen in eine Sprache“ bewerkstelligt wird. Schleiermacher, „Über die verschiedenen Methoden des Übersetzens“, S. 72. Diese sind trotz der Anstrengungen der conciliatori und der Mazzini’schen Bemühungen um das Projekt einer geplanten, umfangreichen, jedoch bis auf wenige Texte nicht realisierten Übersetzung der großen Werke des europäischen Theaters (vgl. hierzu auch den Beitrag von Kathrin Engelskircher in diesem Band) im frühen Ottocento kaum erkennbar.

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tere di Jacopo Ortis in der ersten Hälfte des Ottocento große Popularität genießen und den geistigen Nationsbildungsprozess prägen.69 Nun wird man Berchet nicht vollkommen gerecht, wenn man ihn auf die Rolle des poeta oder traduttore militante reduziert, zumal er sich in seiner ,späten‘ Übersetzungstätigkeit – unter dem Einfluss von Persönlichkeiten wie Schlegel und Barthold Georg Niebuhr, mit denen er in seiner Bonner Zeit Kontakt hat – mit der Übertragung alter spanischer Romanzen und auch des Nibelungenliedes beschäftigt – Texte, die für ihr Versmaß und ihre mangelnde Treue zum Original (!) kritisiert wurden,70 in denen sich jedoch ein verstärktes Bemühen um ästhetischen und künstlerischen Anspruch manifestiert.71 Wir finden hier also Anzeichen, dass Berchet im Laufe seines Exils nicht mehr nur den engagierten Übersetzer, sondern zunehmend den Poeten in sich entdeckt, der sich künstlerische Freiheiten gegenüber dem Original herausnimmt. Wenn sich also in der ersten, vom Übersetzen geprägten Phase seines literarischen Wirkens der Nexus von Literatur, Übersetzung und gesellschaftlichem Engagement bildet, so scheint sich diese Verbindung in seiner letzten, von der Rastlosigkeit des Exils geprägten Schaffensphase wieder zu lösen. Es zeugt vielleicht von einer gewissen Ironie der Geschichte, in jedem Fall von den Widersprüchen und Ambivalenzen der Risorgimento-Zeit, dass Berchet um die Mitte des Ottocento, als er nach seiner Rückkehr aus dem Exil als Literat und Patriot gefeiert wird, als seine Texte in den revolutionären Aufständen gesungen werden, sich schon wieder von dieser militanten Literatur distanziert hat. Wenn die Übersetzung Berchet einen Weg zum Engagement an der nationalen Sache geebnet hat, so wird sie nun auch wieder zu einer Stilübung, zu einem Mittel der Evasion in den bewegten Zeiten des revolutionären Quarantotto, das Berchet auch selbst herbeigeschrieben hat und an dem er aktiv teilnimmt. Die Tatsache, dass er nach dem Scheitern des Ersten Unabhängigkeitskriegs in Italien eine zunehmend moderate politische Haltung an den Tag legt und sich sogar in der Folge zum Abgeordneten im piemontesischen Parlament wählen lässt, markiert – um abschließend ein zugegebenermaßen abgenutztes Wortspiel aufzugreifen – in den Augen der republikanisch gesinnten Mazzinianer gerade den Wandel vom gefeierten Literaten und traduttore zum politischen traditore.

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Hierzu Lukenda, Die Erinnerungsorte des Risorgimento. Innamorati, Giuliano: „Berchet, Giovanni“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, vol. 8, 1966, https://www.treccani.it/enciclopedia/giovanni-berchet_(Dizionario-Biografico) (14. Januar 2021). Cadioli, „Introduzione“, S. 37.

Nationsbildung als Übersetzungsprojekt: Giuseppe Mazzinis italienische Translationspolitik Kathrin Engelskircher Abstract: Giuseppe Mazzini is considered one of the key figures of the Italian Risorgimento. In order to exert a revolutionary and democratic influence on the nation-building underway in his home country, he conceived a broad translation project, the so called Biblioteca Drammatica. He aimed to rejuvenate Italian culture, both on a social and a political level, via translation and literary-critical commentary on foreign dramas. In my essay, I present the idea, history, and production process of this innovative drama collection and examine one of their volumes as an exemplary case for Mazzini’s politics of translation. Although his project explicitly prioritized fidelity towards the original for his translations, the present analysis shows that he just as clearly applied a manipulative approach to fulfill his democratic ‘mission’.

Einleitung Giuseppe Mazzini (1805–1872) gilt als einer der wichtigsten Protagonisten des Risorgimento, der als Anführer der demokratischen Bewegung das italienische nation-building im 19. Jahrhundert maßgeblich prägte. Bislang nur marginal untersucht,1 wird in diesem Kontext gerade auch sein translatorisches Han1

Vgl. etwa Gabbani, Ilaria: L’Italiano. Un foglio letterario nella Parigi della Monarchia di Luglio, Paris/Pisa 2015, https://core.ac.uk/download/pdf/79620344.pdf (16.8.2020), S. 73–77; Schwarze, Sabine: „‚Il doppio genio, che corre nel tradurre …‘ Die Klassiker-Übersetzung in der französisch-italienischen Sprachdebatte des 18. Jahrhunderts“, in: Dilek Dizdar/Andreas Gipper/ Michael Schreiber (Hgg.): Nationenbildung und Übersetzung, Berlin 2015, S. 59–76; Vranceanu, Alexandra/Pagliardini, Angelo: „Introduzione“, in: Alexandra Vranceanu/Angelo Pagliardini (Hgg.): Rifondare la letteratura nazionale per un pubblico europeo. Da un’idea di Giuseppe Mazzini, Frankfurt/Main 2015, S. 7–14, hier S. 7; Fournier Finocchiaro, Laura: „Mazzini et le drame historique“, in: Françoise Decroisette (Hg.): L’histoire derrière le rideau. Écritures scéniques du Risorgimento, Rennes 2013, S. 47–59; Bschleipfer, Andreas/Schwarze, Sabine: „196. Übersetzungstheorie und Übersetzungskritik in Italien im 19. und 20. Jahrhundert“, in: Harald Kittel et al. (Hgg.): Übersetzung – Translation – Traduction. Ein internationales Handbuch zur Übersetzungsforschung / An international encyclopedia of Translation Studies / Encyclopédie internationale de la recherche sur la traduction (3. Teilband), Berlin 2011, S. 1951–1962; Schwarze, Sabine: Sprachreflexion zwischen nationaler Identifikation und Entgrenzung. Der italienische Übersetzungsdiskurs im 18. und 19. Jahrhundert, Münster 2004, S. 284 ff.; Wolfzettel, Friedrich: „Anstelle einer Einleitung: Literaturgeschichtliche Modelle als mythische Konstruktion im italienischen Risorgimento“, in: Friedrich Wolfzettel/Peter Ihring (Hgg.): Literarische Tradition und nationale Identität. Literaturgeschichtsschreibung im italienischen Risorgimento, Tübingen 1991, S. 1–72, hier S. 66; Poli, Annarosa: „Giuseppe Mazzini e la traduzione del Chatterton di Alfred de Vigny“, in: Centre

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deln2 relevant, das sich insbesondere beim jungen Mazzini beschreiben und analysieren lässt. Mazzini schließt mit seinem umfassend angelegten Übersetzungsprojekt an die Übersetzungskonzeption von Mme de Staël sowie den romantischen Kreis der conciliatori, vor allem deren Idee einer auf eine „Transparenz des Fremden“3 fokussierten Prosaübersetzung,4 an und intendiert, Italien kulturell sowie politisch qua Innovationen aus dem Ausland zu erneuern. Mit Hilfe einer eigenen, revolutionären Nationalliteratur soll seine Heimat eine Führungsrolle im Kampf für ein geeintes, demokratisches Europa übernehmen: „Die Übersetzung bekommt damit eine erklärt politische Dimension, denn Freiheit und Unabhängigkeit Italiens sind für Mazzini aufs Engste gekoppelt an den kulturellen Austausch und die politisch-gesellschaftliche Emanzipation aller europäischen Nationen,“5 so Bschleipfer/Schwarze. Im Folgenden werde ich zunächst Grundidee und Konzept dieser so genannten Biblioteca Drammatica erläutern, bevor ich auf deren Historie und Umsetzung eingehe. Exemplarisch stelle ich im Anschluss den Saggio sulla letteratura europea degli ultimini cinquant’anni, wie der Band zu Zacharias Werners Schicksalsdrama Der vierundzwanzigste Februar betitelt ist, vor. An diesem möchte ich Mazzinis Vorgehen im Rahmen einer Politik durch Translation veranschaulichen, bevor ich in meinem Fazit die wesentlichen Ergebnisse meiner Argumentation zusammenfasse und diskutiere.

Konzept und Historie der Biblioteca Drammatica Mazzini erwähnt die Notwendigkeit bestimmter literarischer Übersetzungen zur Erneuerung der italienischen Kultur – und damit einhergehend auch der politischen Situation insgesamt – erstmals Ende 1828 in seiner Korrespondenz mit Francesco Domenico Guerrazzi6 sowie die Idee zu einer Biblioteca Drammatica

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d’études franco-italien. Universités de Turin e de Savoie (Hg.): Mélanges à la mémoire de Franco Simone. France et Italie dans la culture européenne, Genf 1984, S. 327–344; Ferraris, Angiola: Letteratura e impegno civile nell’Antologia, Padua 1978, S. 211 f.; Limentani, Uberto: „Un’idea prediletta di Mazzini (1)“, Il Pensiero Mazziniano 11 (1949), S. 7; sowie Limentani, Uberto: „Un’idea prediletta di Mazzini (2)“, Il Pensiero Mazziniano 12 (1949), S. 5–6. Vgl. Vermeer, Hans J.: „Texttheorie und Translatorisches Handeln“, Target 2 (1990), S. 219–242; sowie Holz-Mänttäri, Justa: Translatorisches Handeln. Theorie und Methode (Annales Academiae Scientiarum Fennicae B 226), Helsinki 1984. Schwarze, Sprachreflexion, S. 284. Vgl. hierzu auch den Parallelartikel von Robert Lukenda. Bschleipfer/Schwarze, „196. Übersetzungstheorie“, in: Kittel et al., Übersetzung – Translation – Traduction, hier S. 1955. Vgl. Mazzini, Giuseppe: „Brief an Francesco Domenico Guerrazzi, letzte Monate 1828 (I)“, in: Edizione Nazionale degli Scritti di Giuseppe Mazzini. Scritti editi ed inediti (folgend: SEI), Bd. V, Epistolario I, Imola 1909, S. 3–6, hier S. 6.

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ansatzweise in seinem Aufsatz D’una letteratura europea aus dem Jahr 1829.7 Ausführlich erläutert er sein Projekt schließlich in Del dramma storico, einem dreiteiligen Aufsatz von 1830/31, in dem er für dessen konkrete Umsetzung „traduzioni, fedelissime e senza ombra di mutilazione […] tutte in prosa“8 fordert sowie die Bedeutung der von ihm vorgesehenen literaturkritischen Begleitartikel betont: V’è dunque necessità d’una Critica: necessità d’un’educazione che rinvergini l’intelletto nazionale oggi servo o spossato: necessità d’una SCUOLA ITALIANA. […] Io vorrei […] una Collezione di tutti i lavori drammatici italiani e stranieri che rivelano più esplicita una particolare tendenza, una forma del Dramma, l’idea d’un’epoca, d’una credenza o d’un popolo, accompagnati di lavori critico-teorici rivolti a segnarne lo sviluppo per entro la vita e le produzioni degli scrittori, sì che ne uscisse un Corso di Letteratura Drammatica dove s’intreccerebbero i principii ai fatti, le dottrine agli esempi: la Storia documentata del Dramma.9

Wie dieses Zitat zeigt, ist seine Dramensammlung für Mazzini ein Bildungsprojekt mit volkspädagogischem Anspruch;10 die educazione gilt ihm als der entscheidende Schlüssel zur Lösung der Krise Italiens – in kulturellem wie politischem Sinn.11 Dass er hierfür eine zur Lektüre bestimmte Sammlung konzipiert und nicht eine Inszenierung der Dramen auf der Bühne forciert – zumindest gibt das von mir untersuchte Material hierauf keinen Hinweis –, mag zum einen der damaligen Kultur in Italien geschuldet sein, in der Bühnenstücke eher gelesen denn im Theater rezipiert werden.12 Zum anderen liegt dies sicherlich in der schwierigen Realisierung des Projekts begründet, die durch Mazzinis konspirative Tätigkeiten und seinen Ruf als gefährlicher Revolutionär erschwert wird. Damit einhergehend und darüber hinaus spielt die strenge kirchliche und staatliche Zensur eine wesentliche Rolle bei der Konzeption und problematischen Verwirklichung der Lesedramenreihe.13 Die jeweiligen Bände sollen zunächst von einer elitären Schicht bestehend 7 8 9 10 11

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Vgl. Mazzini, Giuseppe: „D’una letteratura europea“ (1829), in: SEI, Bd. I, Letteratura I, Imola 1906, S. 177–222, hier S. 218 f., S. 221 f.; sowie weiterhin Limentani, „Un’idea prediletta (1)“, Il Pensiero Mazziniano, S. 7. Mazzini, Giuseppe: „Del dramma storico“ (1830/31), in: SEI, Bd. I, Letteratura I, Imola 1906, S. 255–329, hier S. 328. Ebd., S. 326 f. Vgl. weiterführend Berman, Antoine: L’épreuve de l’étranger: Culture e traduction dans l’Allemagne romantique, Paris 1984, S. 29, S. 74. Vgl. Mazzini, Giuseppe: „La legge umanitaria e le dottrine sociali / La loi humanitaire et les doctrines sociales“ (1836), in: SEI, Bd. VII, Politica V, Imola 1910, S. 355–367, hier S. 367. Vgl. auch Mazzini, Giuseppe: „Scritti inseriti nel giornale L’Italia del Popolo pubblicato nel 1849 in Roma. Programma“ (1849), in: SEI, Bd. XXXIX, Politica XIV, Imola 1924, S. 87–99, hier S. 92 f. Vgl. Janowski, Franca: „Ottocento“, in: Volker Kapp (Hg.): Italienische Literaturgeschichte, 3. Aufl., Stuttgart/Weimar 2007, S. 245–299, hier S. 298, die das das Fehlen einer nationalen Theaterkultur in Italien daran festmacht, dass dort – im Gegensatz zu Deutschland – keine Theaterreform durchgeführt worden sei. Vgl. zum italienischen Theater Anfang des 19. Jahrhunderts auch Gabbani, L’Italiano, S. 254 ff. Vgl. Mazzini, Maria: „Brief an den Sohn, 26.7.1839 (259)“, in: Sofia Gallo/Enrica Melossi (Hgg.): SEI, Appendice, Bd. VIII, Lettere a Giuseppe Mazzini, Bd. II, Lettere di familiari ed amici 1834– 1839, Imola 1986, S. 707; sowie Della Peruta, Franco: Mazzini e i rivoluzionari italiani. Il „partito d’azione“ 1830–1845, Mailand 1974, S. 149 f.

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aus reformwilligen Intellektuellen und jungen Dichtern als Anschauungsmaterial rezipiert und reflektiert werden.14 Im Anschluss bringen die jungen italienischen Autoren auf diese Weise geschult und inspiriert eine neue, performativ ausgelegte Nationalliteratur hervor, die zu einem Bildungsinstrument für die breite Bevölkerung ausgebaut werden und dieser sowohl politisch-revolutionäre als auch moralische Werte zum Anstoß konkreten Handelns vermitteln soll.15 Das Drama gilt Mazzini, wie zuvor bereits etwa Friedrich Schiller, Mme de Staël und den conciliatori, als Genre „più perfetto e utile alla pubblica educazione“16. Mazzinis großen Ambitionen im Hinblick auf die Verwirklichung seiner Dramensammlung – ursprünglich sieht er die Übersetzung und Kommentierung verschiedenster Werke von der Antike bis in seine Gegenwart vor – folgt eine von zahlreichen Hindernissen und Schwierigkeiten geprägte Publikationsgeschichte. Zwischen 1835 und 1838 können nur drei Bände im Rahmen der Biblioteca Drammatica mehr oder weniger vollständig realisiert werden,17 die ausschließlich romantische Literatur übersetzen und besprechen. Hierbei handelt es sich um Chatterton Alfred de Vignys, Victor Hugos Angelo, tyran de Padoue und Zacharias Werners Der vierundzwanzigste Februar – letztere Übersetzung schließlich mit Begleitartikel und Autorenbiografie als Saggio sulla letteratura europea degli ultimi cinquant’anni veröffentlicht. 14

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Über die Adressaten seiner Übersetzungen scheint sich Mazzini selbst nicht vollkommen im Klaren gewesen zu sein. Zum einen betont er immer wieder die Notwendigkeit der Bildung einer jungen Dichtergeneration durch Übersetzung und Literaturkritik. Hier fügt sich auch seine Vorstellung ein, dass eine junge, ‚unverbrauchte‘ Elite das Volk in die Revolution führen und in der Übergangsphase zwischen Monarchie und Demokratie diktatorisch herrschen soll – wie er es in seinem Triumvirat in der Römischen Republik tut –, auch wenn dies im Dienste des Volks geschehen soll. Zum anderen nennt Mazzini mehrfach auch die Bevölkerung als Adressat seiner Biblioteca Drammatica, da diese so auf die Rezeption einer neuen italienischen Nationalliteratur vorbereitet werde – wobei dies auch mittelbar durch die genannte Elite gemeint sein kann. Wegen der hohen Analphabetenrate in Italien muss(te) sich Mazzini immer wieder den Vorwurf einer Verkennung der Realität in Italien gefallen lassen. Der Bevölkerung fehle damit jegliche Voraussetzung zum Verständnis seiner Ideen. Berücksichtigt werden müssen jedoch auch Mazzinis durch die Verfolgung der Behörden und die Zensur eingeschränkte Möglichkeiten. Persönliche Präsenz vor Ort zur Rekrutierung potenzieller Anhänger etwa ist ihm schlicht verwehrt. Vgl. Mazzini, Giuseppe: „Note autobiografiche“ (1861–66), in: SEI, Bd. LXXVII, Politica XXVI, Imola 1938, S. 1–397, hier S. 89, S. 91 f.; sowie Mastellone, Salvo: Mazzini scrittore politico in inglese, Democracy in Europe (1840–1850), Florenz 2004, S. 122. Staël-Holstein, Anne Louise Germaine de [1816]: „Sulla maniera e la utilità delle traduzioni“, in: Carlo Calcaterra (Hg.): Manifesti romantici e altri scritti della polemica classico-romantica, neue und ergänzte Auflage, hg. von Mario Scotti, Turin 1979, S. 83–92, hier S. 91. Veröffentlicht werden lediglich die Bände zu Chatterton sowie Der vierundzwanzigste Februar. Im Hinblick auf Angelo verlangt die Zensur derartige Kürzungen und Änderungen des Manuskripts, dass Mazzini und die ebenfalls beteiligten Brüder Agostino und Giovanni Ruffini auf eine Publikation verzichten, um die Glaubwürdigkeit ihres Herzensprojekts nicht zu gefährden und es zu gegebener Zeit fortzusetzen. Vgl. ausführlich Engelskircher, Kathrin: Nationsbildung als Übersetzungsprojekt. Giuseppe Mazzinis italienische Translationspolitik (Studien zur Übersetzungsgeschichte 1), Stuttgart 2020, S. 165 ff.

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Die Verwirklichung der Biblioteca Drammatica beginnt im Schweizer Exil in Grenchen. Dort hält Mazzini sich nach seiner Flucht aus Frankreich, zusammen mit Agostino und Giovanni Ruffini, Antonio Ghiglione und Angelo Usiglio, auf. Nach der Gründung der Giovine Italia und dem Scheitern des Aufstands in Savoyen stellt das Frühjahr 1835 für die Exilanten „un breve periodo di relativa tranquillità in Isvizzera“18 dar, in dem sie sich auf literarische Aktion konzentrieren.19 Mazzini legt von Anfang an den Fokus auf den jeweiligen literaturkritischen Kommentar, den er stets selbst verfasst. Diesen erachtet er zur Lenkung seiner Rezipienten im Dienste seines Erneuerungsprojekts sogar als wichtiger als die Übersetzung selbst: There have been some good translations of the best foreign authors; but the sense and spirit of the original have been too often sacrifìced to conventionalities of manner […]. Thus, without those lessons of lofty criticism which should accompany them, these translations of the great authors are either not understood, and consequently unappreciated, or, worse, they precipitate youth into blind imitation.20 Ma le traduzioni sole non bastano; danno materiali al Genio, non gli ordinano, non gli armonizzano a sintesi – il concetto degli Editori essere dunque: consociare la critica, 1’alta critica estetica all’esposizione dei materiali – dar drammi tradotti, ma segnando a un tempo il rango che tengono nella gerarchia letteraria, traendone concentrata l’idea che ciascun d’essi rappresenta e materializza – sì che risulti in certo modo dalle traduzioni una specie di corso di letteratura drammatica.21

So ist Mazzini selbst lediglich an der Übersetzung des Chatterton direkt beteiligt und überträgt Vignys Vorwort und den dritten Akt ins Italienische; die RuffiniBrüder übernehmen die übrigen beiden Akte. Angelo übersetzen die Ruffinis komplett, Der vierundzwanzigste Februar wird von Agostino Ruffini alleine ins Italienische übertragen.

Übersetzung im Dienste der Nationsbildung Exemplarisch soll im Folgenden der Saggio sulla letteratura europea degli ultimi cinquant’anni Einblick in Mazzinis Politik durch Translation gewähren. Dieser dritte und letzte Band der Biblioteca Drammatica zu Werners Der vierundzwanLimentani, „Un’idea prediletta (2)“, Il Pensiero Mazziniano, S. 5. Vgl. auch Poli, „Chatterton“, in: Centre d’études, Mélanges à la mémoire, S. 327. 19 Vgl. Ruffini, Agostino: „Brief an Gaspare Ordoño de Rosales, 23.10.1835“, in: L. Ordoño de Rosales (Hg.): Lettere inedite di Giuseppe Mazzini ed alcune de’ suoi compagni d’esiglio, Turin 1898, S. 55. 20 Mazzini, Giuseppe: „Italian literature since 1830“ (1834), in: SEI, Bd. VIII, Letteratura II, Imola 1910, S. 283–343, hier S. 336. Vgl. zur Tradition des so genannten teatro pattriottico im Italien des 18. Jahrhunderts Ihring, Peter: „Le teatro patriottico en Italie (1796–1801)“, in: Jean-Paul Barbe/Roland Bernecker (Hgg.): Les intellectuels européens face à la campagne d’Italie, 1796–1798, Münster 1999, S. 65–81, insbesondere S. 66 f., S. 71 ff., S. 77 ff. 21 Mazzini, Giuseppe: „Nota per Filippo“, zit. nach Autograf, in: Cart. 4/Nr. 859, Museo del Risorgimento (Casa Mazzini), Via Lomellini 11, Genua; sowie Commissione per l’Edizione Nazionale, „Introduzione“, in: SEI, Bd. VIII, Letteratura II, S. VII–LVI, hier S. XLI f.

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zigste Februar erscheint 1838 bei Hauman in Brüssel.22 Der Erfolg nach einer mühseligen Vorgeschichte fällt allerdings mehr als bescheiden aus, sodass Mazzini sich schließlich das endgültige Scheitern seiner Dramenreihe eingestehen muss: Intanto, e tornando dai bei sogni della mente alla povera realtà, io avventurai nell’esilio, parecchi anni dopo gli articolo pel Dramma Storico, un piccolo Saggio della Collezione Drammatica a mostrare com’io intendessi la tendenza dei Discorsi da prefiggersi ai Drammi e il modo con cui dovrebbero, a mio parere, delinearsi quelle ch’io chiamava biografie psicologiche degli scrittori. Scelsi a esempio il più breve dei drammi, Il 24 Febbraio di Werner, fondato sull’elemento della Fatalità. Lo tradusse mirabilmente Agostino Ruffini, esule allora con me. E fu stampato a Brusselle dall’Hauman, preceduto da un mio Discorso sulla Fatalità nel Dramma e seguito da una rapida vita di Werner. […] [Ma l]’esperimento fallì.23

Bei dem im Saggio behandelten Stück handelt es sich um ein einaktiges Drama des deutschen Autors Zacharias Werner, das das Genre der so genannten Schicksalsdramen begründet. Zum ersten Mal wird es 1809 in privatem Rahmen im Salon von Mme de Staël in Coppet präsentiert; seine Uraufführung feiert es am 24.2.1810 am Weimarer Hoftheater, damals unter der Leitung Goethes. Inhaltlich behandelt Der vierundzwanzigste Februar einen Erbfluch, der vom Großvater auf den Vater auf den Sohn übergeht – mit fatalen Folgen. In seinem literaturkritischen Aufsatz Della fatalità considerata com’elemento drammatico untersucht Mazzini auf literaturkritischer Ebene die Fatalität bzw. das Schicksal als handlungstragendes Element in der Historie des dramatischen Genres. Dabei unterscheidet er zwischen drei Epochen, die von drei Dichtern und drei Spielarten des Schicksals als religiös anmutendes Phänomen repräsentiert werden. Die Antike ist geprägt von Aischylos und dem fato als willkürlichem gewaltsamem Unglück bzw. vererbtem Schicksal in Anlehnung an den Atridenfluch. Das herrschende System ist polytheistisch aufgebaut, wobei die Macht rachsüchtiger Götter direkt und brutal auf die Menschen wirkt. Aischylos’ Drama wird von Mazzini als theogonisch beschrieben. Als der wesentliche Dichter des Mittelalters gilt Mazzini Shakespeare. Hier wird das Schicksal als necessità charakterisiert, als eine Art Kraft und Zwang, die aus den Menschen selbst kommt – als unkontrollierbare Leidenschaft, Gefühlsausbruch oder Psychose. Hier ‚regiert‘ nun der Gott des Christentums. Es wird eine Gleichheit aller Menschen postuliert, die universale Gültigkeit beansprucht – wobei der Klerus allerdings zwischen Gott und den Menschen steht und seinerseits die Deutungshoheit für das Wort Gottes für sich reklamiert. Das Drama des Mittelalters ist Mazzini zufolge individualistisch geprägt. Schiller schließlich repräsentiert die Gegenwart bzw. vielmehr die Zukunft und wird als Vorläufer einer zukünftigen Literatur der Gemeinschaft bezeichnet. Mazzini zufolge artikuliert sich in den Werken des deutschen Dichters das Schicksal als provvidenza. Hierbei handelt es sich um ein positiv konnotiertes Schicksal, das 22 23

Vgl. Anonym (Mazzini, Giuseppe/Ruffini, Agostino): Saggio sulla letteratura europea degli ultimi cinquant’anni. Letteratura alemanna, Brüssel 1838. Mazzini, „Note autobiografiche“, in: SEI, Bd. LXXVII, Politica XXVI, S. 96 f.

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eng mit einem starken Fortschrittsglauben verbunden wird. Der Kontakt zwischen Gott und der Menschheit ist nun erneut ein direkter – wobei Gott jedoch als Philanthrop wirkt. Diese Art von Drama wird von Mazzini als soziales bezeichnet.24 Mazzini nimmt in seinem Kommentar kaum direkt Bezug auf Werners Drama; so werden weder Regieanweisungen noch Figurenkonzeption oder Spannungsbogen thematisiert. Vielmehr nutzt er Der vierundzwanzigste Februar – und insbesondere die Thematik des Erbfluchs – als Ausgangspunkt für eine Abhandlung im Dienste seines Erneuerungsprojekts. So hebt Mazzini etwa hervor, dass vor allem in Übergangsepochen wie seiner Gegenwart der Glaube an ein Schicksal relevant werde – wobei er jedoch an die italienische Bevölkerung mit ihrem traditionell tief verwurzelten Glauben an die Fatalität appelliert, sich gerade nicht einfach ihrem Schicksal zu ergeben; sie soll vielmehr aktiv werden und seine Vision eines demokratischen Nationalstaats realisieren. Deshalb konzipiert Mazzini in seinem Kommentar subtil seine eigene Religion – eine Art Menschheitsreligion oder „Demotheokratie“,25 die politische und religiöse Aspekte unauflöslich miteinander verknüpft. Hierbei deutet er die negativ konnotierte Fatalität in einen positiv besetzten Terminus, die bereits erwähnte provvidenza, um – womit er einerseits eine demokratische Revolution und Wende als unvermeidbares Schicksal interpretiert. Andererseits inszeniert er so Gott selbst als Begründer und Unterstützer einer Revolution in Italien: Dio esiste. Quando pure non esistesse, esiste universale la credenza in esso: esiste universale il bisogno d’un idea, d’un centro, d’un principio unico a cui si richiamino le norme delle azioni, i principii secondari che reggono le società. […] mostriamo Dio autore della libertà, dell’eguaglianza, del progresso. Agli uomini, i popoli si sottrarranno, a Dio no. – Il nostro, per lunghi secoli di servitù, s’è fatto popolo freddo, mortalmente freddo: e a suscitarlo si richiede un entusiasmo religioso, il grido delle Crociate: Dio lo vuole!26

Das System der Monarchie ist für Mazzini überholt und entspricht weder zeitgenössischen Bedürfnissen noch Tendenzen.27 Ein wie auch immer gearteter ‚regicide‘ – ob als konkreter Mord oder als ‚Tod‘ der Monarchie durch Abdankung oder Kampf – werde sich zwangsläufig vollziehen; das Schicksal in seiner Ausprägung als Unheil bringende Macht werde die Herrscher einholen, wenn sie sich dem un24 25 26

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Vgl. Mazzini, Giuseppe: „Della fatalità considerata com’elemento drammatico“ (1836), in: SEI, Bd. VIII, Letteratura II, Imola 1910, S. 169–200, hier S. 177 ff. Vgl. zum Begriff der „Demotheokratie“ Vossler, Otto: Mazzinis politisches Denken und Wollen in den geistigen Strömungen seiner Zeit, München/Berlin 1927, S. 58, S. 61. Mazzini, Giuseppe: „Corrispondenza con Sismondi“, in: SEI, Bd. III, Politica II, S. 3–23, hier S. 8. Vgl. auch Mazzini, Giuseppe: „Fede e avvenire“ (1835), in: SEI, Bd. VI, Politica IV, Imola 1909, S. 293–358, hier S. 335, S. 344, S. 351; sowie Sullam, Simon Levis: „Fate della rivoluzione una religione. Aspetti del nazionalismo mazziniano come religione politica (1831–1835)“, Società e Storia 106 (2004), S. 705–730, hier S. 725 f. Vgl. Mazzini, Giuseppe: „Cheskian Anthology, ecc. Letteratura poetica della Boemia. Opera di Giovanni Bowring, Londra 1892“ (1833), in: SEI, Bd. I, Letteratura I, Imola 1906, S. 377–381, hier S. 377; sowie Mazzini, Giuseppe: „Dell’iniziativa rivoluzionaria in Europa“ (1834), in: SEI, Bd. IV, Politica III, Imola 1908, S. 155–181, hier S. 155.

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vermeidlichen Fortschritt verweigerten.28 Dies stellt jedoch nicht nur eine politische Drohung dar, sondern durch ihren Kampf um reinen Machterhalt missachten die Despoten zugleich Gottes Willen.29 Die einzige, von Gott gewollte Staatsform ist die Republik – und gegen Gottes Wille darf sich der Mensch nicht stellen.30 Mazzini inszeniert die Monarchen folglich als gotteslästernde Ungläubige; das Paradigma des Herrschers von Gottes Gnaden wird ad absurdum geführt. Darüber hinaus bezichtigt er selbst den Klerus der Blasphemie, da dieser Gottes Willen nicht respektiere.31 Einerseits handele die Kirche durch ihre Macht- und Profitgier gegen jegliche christliche Moralansprüche, andererseits habe sie sich durch ihre Spaltung in Konfessionen selbst überholt. Mazzinis Menschheitsreligion braucht keinen Klerus mehr, der die Bibel für das Volk auslegt, es dadurch im Namen Gottes versklavt und zu blindem Gehorsam verpflichtet. Das Volk und Gott kommunizieren ohne Mittler, Dio e il Popolo werden zu einer Einheit. Der Mensch erfüllt durch moralisches und verantwortungsbewusstes Handeln, durch seinen Einsatz für eine freie, demokratische, solidarische Zukunft Gottes Willen.32 Mazzini als dessen Prophet und Apostel legt diesen Willen aus und leitet ihn an die Menschen weiter.33 Seine Sonderrolle, die auf den ersten Blick seinem Credo der Gleichheit aller Menschen entgegensteht, rechtfertigt er mit der Ausnahmesituation des Revolutionszustands. Literaten, sowohl Literaturschaffende als auch Literaturkritiker, übernehmen in diesem Rahmen eine wichtige Rolle als Erzieher, Propheten und Apostel für das Volk.34 Diese Ideen Mazzinis werden durch die Übersetzung Agostino Ruffinis gestützt und verstärkt. Die Vorstellung einer Revolution, die von einem philanthropischen Gott gewollt und gefördert wird, spiegelt sich etwa in folgender Textstelle, die zudem die positive Haltung von Mazzinis Gott gegenüber der Menschheit herVgl. Mazzini, „Fede e avvenire“, in: SEI, Bd. VI, Politica IV, S. 296. Vgl. ebd., S. 297. Vgl. ebd., S. 306. Vgl. Mazzini, Giuseppe: „Intorno all’enciclica di Gregorio XVI, Papa. Pensieri ai preti italiani“ (1833), in: SEI, Bd. III, Politica II, Imola 1907, S. 129–158, hier S. 133 ff. 32 Vgl. Mazzini, Giuseppe: „Per la proclamazione della Repubblica Romana“ (1849), in: SEI, Bd. XXXIX, Politica XIV, Imola 1924, S. 79–83, hier S. 79 f. 33 Vgl. weiterhin Talmon, Jacob L.: Die Geschichte der totalitären Demokratie, Bd. II, Politischer Messianismus: Die romantische Phase, Göttingen/Bristol (USA) 2013, S. 309. 34 Vgl. Mazzini, Giuseppe: „Les voix intérieures (The inward voices). Poésies par Victor Hugo“ (1838), in: SEI, Bd. XVI, Letteratura III, Imola 1913, S. 3–93, hier S. 41; Mazzini, Giuseppe: „La chute d’un ange; Episode (The fall of an angel, an Episode). Par M. Alphonse de Lamartine. Paris: 1838“ (1839), in: SEI, Bd. XVI, Letteratura III, Imola 1913, S. 293–400, hier S. 345; Mazzini, Giuseppe: „Pensieri. Ai poeti del secolo XIX“ (1832), in: SEI, Bd. I, Letteratura I, Imola 1906, S. 349– 374, hier S. 370; Mazzini, „Fede e avvenire“, in: SEI, Bd. VI, Politica IV, S. 307; Li Volsi, Rocco: „Giuseppe Mazzini e le ideologie dell’Ottocento“, in: Istituto per la storia del Risorgimento italiano (Hg.): Giuseppe Mazzini a duecento anni dalla nascita, Atti del convegno di studi, Treviso 2005, S. 35–93, hier S. 62 f.; sowie Platania, Luca: „La critica letteraria di Giuseppe Mazzini tra passato e presente“, Il Pensiero Mazziniano 1 (2005), S. 122–136, hier S. 130 f.; weiterführend Talmon, Politischer Messianismus, S. 292, S. 294 ff.

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vorhebt. Das Original Werners weist keinerlei religiöse Referenz auf; seine Protagonisten Kunz und Trude thematisieren nur eine etwaige Lösung ihrer Probleme. Bei Werner heißt es: Wenn jetzo Dunkel auch auf unsern Augen ruht / Kann uns zu retten doch – vielleicht uns noch gelingen. (21)35 Ruffinis Übersetzung legt dagegen nahe, dass eine mögliche Rettung von Gottes Gnade abhängt: I nostri occhi sono velati dalle tenebre, ma la misericordia del signore è senza confini. (66)36 Mein zweites Beispiel belegt eine Verstärkung des Bildes eines guten Gottes in Mazzinis Verständnis. Das Original verwendet – gebetsgleich – den Ausdruck eines „Gott der Huld“: Laß mich im Strudel der Gedanken / Versinken nicht, du Gott der Huld! (58) Ruffini ändert die Satzstellung, sodass „Gott“ nun am Anfang steht und allein hierdurch bereits zusätzlich hervorgehoben wird. Werners „Gott der Huld“ wird im Italienischen außerdem zu einem „Gott der Barmherzigkeit und des Friedens“. Damit werden die positiven Eigenschaften Gottes noch einmal betont: Dio di misericordia e di pace, fa’ ch’io non mi perda nel vortice de’ miei pensieri (104). Darüber hinaus trägt Ruffini die Thematik des Opfers im Dienste einer höheren Sache an den Text heran und setzt es relevanter, als es im Original erscheint.37 Der Bericht von Kurts Tod in der Schweizer Armee wird hierbei als Martyrium inszeniert. Werner beschreibt den Ausgang der Schlacht als Niederlage und den Tod aller beteiligten Soldaten als „ermordet all“. In Ruffinis Übersetzung werden diese Toten jedoch „geopfert“. Werners Las’t du’s gedruckt nicht, daß vom ganzen Bataillon / Der Schweizer, wo der Kurt in Dienst genommen, / Auch nicht ein einz’ger Mann entkommen: / Daß sie, in jener Nacht, bey der Revolution / Von der der Fremde log, er sey dabey gewesen / Ermordet all’? (56) lautet in Ruffinis Übersetzung: Ma non hai letto bello e stampato, che del battaglione svizzero nel quale era Kurt, non ne scampò testa? Non hai letto che in codesta notte, che quel forestiere millanta aver veduto, tutti quanti furono sacrificati? (104) Ausführlicher möchte ich abschließend auf die Thematik des Völkerfluchs eingehen, die Werners Schicksalsdrama umkreist und die auch Mazzini beschäftigt. Die Auseinandersetzung Mazzinis mit dieser Problematik geht drauf zurück, dass Der vierundzwanzigste Februar von der zeitgenössischen Kritik dahingehend interpretiert wurde, dass er das Trauma der verlorenen Autorität als ein das 19. Jahrhundert prägendes Thema aufgreife. Die Monarchisten lesen in diesem Kontext den Königs- als Vatermord, der sich als Fluch schließlich gegen das Volk selbst 35

Hier und im Folgenden zitiert nach: Werner, Friedrich Ludwig Zacharias: Der vierundzwanzigste Februar. Eine Tragödie in einem Akt, Wien 1815, mit der entsprechenden Seitenzahl in Klammern im Fließtext. Hervorhebungen K. E. 36 Hier und im Folgenden zitiert nach: Mazzini/Ruffini, Saggio sulla letteratura europea, mit der entsprechenden Seitenzahl in Klammern im Fließtext. Hervorhebungen wiederum K. E. 37 Mazzini definiert Marytrium als „battesimo d’un mondo, l’iniziazione del progresso“ (Mazzini, „Fede e avvenire“, in: SEI, Bd. VI, Politica IV, S. 336). Vgl. auch Lukenda, Robert: Die Erinnerungsorte des Risorgimento. Genese und Entfaltung patriotischer Symbolik im Zeitalter der italienischen Nationalstaatsbildung, Würzburg 2012, S. 214, S. 217, S. 251.

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wendet. Hintergrund hierzu bildet die Französische Revolution, die zwar zu einer Befreiung von der Monarchie, durch diesen Verlust von Autorität aber auch zu einer Orientierungslosigkeit geführt habe. Statt der angestrebten Freiheit herrschen nun Terror und Anarchie – oder, wie Werner es ausdrückt, eine „Gewaltherrschaft der zügellosen Leidenschaft“38. Die Französische Revolution endet für Mazzini jedoch nur deshalb im Chaos, weil sie sich rein auf liberale Rechte für Bürger konzentriert und deren Pflichten darüber vergisst. Letztere beziehen sich jedoch gerade nicht nur auf die Rolle des Menschen als aktiver, partizipierender Bürger in einer demokratischen Nation, sondern auch auf das gleichberechtigte Zusammenleben in einer Gemeinschaft.39 In einer Demokratie braucht es Regeln und Ordnung, Rechte werden über Moral reglementiert und gelenkt, sodass durch diese neuen Werte zudem Egoismus und rein materialistischem Streben vorgebeugt wird. Mazzini als „the prophet of a ‚religion of duty‘ “40 stellt die doveri als wichtigstes Element einer sozialen Zukunft den diritti einer individualistischen Vergangenheit gegenüber.41 Der Königsmord endet für Mazzini deshalb gerade nicht in Orientierungslosigkeit, Anarchie bzw. einem Fluch, sondern leitet eine neue Stufe des Daseins in der Entwicklung der Menschheit ein. Die Problematik um den Völkerfluch offenbart auch die Übersetzung Ruffinis. Werners Drama ist kein umstürzlerisches Werk; er und seine Weimarer Zeitgenossen befürworten weder Königsmord noch Revolution. Der Handlung des Schicksalsdramas nach hält sich Kurt zur Zeit der Revolution in Paris auf. Als er seinen Eltern von seinen Erlebnissen berichtet, nutzt er drastische Worte für deren Schilderung. Dabei verurteilt er den Königsmord als Vatermord und verwen38

Werner, Friedrich Ludwig Zacharias: Kein Katholik, oder vom wahren Katholicismus und falschen Protestantismus, Göttingen 1825, S. 34. 39 Vgl. Mazzini, Giuseppe: „Dei doveri dell’uomo“ (1841–1860) in: SEI, Bd. LXIX, Politica XXIV, Imola 1935, S. 3–145, hier S. 74 f.; weiterführend: Sagramola, Giuseppe: Giuseppe Mazzini nel Risorgimento italiano. Pensiero/azione/educazione/politica, Viterbo 2014, S. 65; Fournier Finocchiaro, Laura: Giuseppe Mazzini. Un intellettuale europeo, Neapel 2013, S. 113 ff.; sowie Bayly, C. A.: „Liberalism at large: Mazzini and nineteenth-century Indian thought“, in: C. A. Bayly/Eugenio F. Biagini (Hgg.): Giuseppe Mazzini and the globalisation of democratic nationalism 1830–1920, New York 2008, S. 355–374, hier S. 369. 40 Recchia, Stefano/Urbinati, Nadia: „Introduction“, in: Stefano Recchia/Nadia Urbinati (Hgg.): A cosmopolitanism of nations: Giuseppe Mazzini’s writings on democracy, nation building, and international relations, Princeton 2009, S. 1–30, hier S. 8. Vgl. weiterhin Sullam, Simon Levis: „‚Dio e il Popolo‘: la rivoluzione religiosa di Giuseppe Mazzini“, in: Alberto Mario Banti/Paul Ginsborg (Hgg.): Storia d’Italia, Annali 22, Il Risorgimento, Turin 2007, S. 401–422, hier S. 406 f., S. 419; Sullam, Simon Levis: „The Moses of Italian unity. Mazzini and nationalism as political religion“, in: C. A. Bayly/Eugenio F. Biagini (Hgg.): Giuseppe Mazzini and the globalisation of democratic nationalism 1830–1920, New York 2008, S. 107–124, hier S. 120 ff.; sowie Sullam, „Fate della rivoluzione una religione“, Società e Storia, S. 713 ff. 41 Vgl. etwa Mazzini, „Fede e avvenire“, in: SEI, Bd. VI, Politica IV, S. 336; Mazzini, „Doveri dell’uomo“, in: SEI, Bd. LXIX, Politica XXIV, S. 57 f.; Mazzini, „Pensieri“, in: SEI, Bd. I, Letteratura I, S. 372; sowie Brunetta, Ernesto: „Risorgimento deluso“, in: Istituto per la storia del Risorgimento italiano (Hg.): Giuseppe Mazzini a duecento anni dalla nascita, Atti del convegno di studi, Treviso 2005, S. 15–33, hier S. 20.

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det explizit den Terminus Völkerfluch. Ruffini hält sich zwar zunächst an die Botschaft des deutschen Texts und dessen Formulierung: Als nun unsre Brüder schon gefallen, / Fern von der Heimath und dem Vaterland, / In Königs Dienst, von dem sie nicht Vasallen, / An den nur Ehr’ und Bundestreu’ sie band, / Des Königs, der vor seiner Väter Hallen, / Volksvater selbst, durch seiner Kinder Hand / Den Tod erlitt! (48) übersetzt er mit Immolati i nostri fratelli, lungi dalla patria e dalle proprie case, al servigio di un re, al quale non sudditanza, ma onore e fede lagavami, di un re padre del suo popolo, e sacrificato in vista della reggia de’ suoi maggiori, per mano de’ suoi figli … (94 f.) Völkerfluch ersetzt er jedoch durch carneficina, zu Deutsch Blutbad/ Gemetzel, und umgeht damit den für das politisch-religiöse Konzept Mazzinis so kritischen Terminus: Ich sah die Nacht, der so viel Quaal entsprossen! / – Schwarz, sternleer war die schwüle Sommernacht, / Als habe sie die Lampen umgestoßen, / Um nur zu leuchten nicht der düstern Macht! / – Laßt von der Nacht, die ewig wird bezeigen / Den Völkerfluch, mich Fluchbeladnen schweigen! (47 f.) wird zu Pur troppo vid’io quella notte, madre di tanti infortunii; una notte di estate, patetica, senza stelle, quasi spegnesse i suoi fuochi per non rischiarare le umane carnificine. (94) Die Art und Weise, in der Der vierundzwanzigste Februar kommentiert und übersetzt wird, zeigt deutlich Mazzinis Ansatz einer Politik durch Translation – und damit die Absicht, Italien via Übersetzung zu erneuern und als demokratische Nation zu begründen. Hierbei greift Mazzini auch zu subtilen Mitteln, um das traditionell gläubige italienische Volk auf seine Seite zu ziehen – wie im Falle von Werners Schicksalsdrama mit einem philanthropischen Gott, der an der Seite der Revolutionäre agiert, sowie der Umdeutung der Fatalität in ein positiv konnotiertes Konzept. Wie die vorangegangene Analyse des Saggio des Weiteren belegt, ist eine ‚treue‘ Übersetzungsmethode, wie sie Mazzini in seinem Aufsatz Del dramma storico fordert und wie sie auch in entsprechenden Studien immer wieder betont wird, bei den Übersetzungen im Kontext der Biblioteca Drammatica nur bedingt zu bestätigen. Auch wenn auf den ersten Blick nur geringfügige Abweichungen gegenüber dem jeweiligen Original zu beobachten sind, zeigt eine genauere Untersuchung die manipulative Komponente der Übersetzungen, die sich in die in den jeweiligen Aufsätzen Mazzinis propagierten Ideen einfügen und diese unterstützen.

Fazit Mazzini gibt trotz all der Probleme und Hindernisse, die ihm über Jahre bei der Umsetzung seiner Biblioteca Drammatica zusetzen, „il suo tante volte accarezzato e mai realizzato progetto“,42 nicht auf, sondern unternimmt immer wieder neue Realisierungsversuche. Dies zeugt von der Relevanz und (potenziellen) Wirk42

Limentani, „Un’idea prediletta (2)“, Il Pensiero Mazziniano, S. 5.

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mächtigkeit, die er seinem volkspädagogischen Projekt zur Erneuerung seiner Heimat zuweist. Mazzini nutzt seine Aufsätze und die entsprechenden Übersetzungen der Biblioteca Drammatica in zweierlei Hinsicht für eine educazione: Zum einen inszeniert er eine ‚Unterrichtsstunde‘ mit Anschauungsmaterial für junge Dichter und möchte sie so zur Schaffung einer innovativen italienischen Nationalliteratur anleiten, die über ihre Performativität schließlich auch das Volk in revolutionär-demokratischem Sinn ‚erzieht‘. Zum anderen verwendet Mazzini seine Dramenreihe zur Platzierung subversiver, revolutionärer Botschaften für den Einigungskampf – und damit im Dienste einer Politik durch Translation, in deren Rahmen die Biblioteca Drammatica gleichermaßen als Ausdruck, Medium und Akteur politischen Handelns interpretiert werden kann. Die ‚treue‘ Übersetzungsmethode als konkretes Instrument zur kulturell-politischen Erneuerung erlebt in Italien zunächst eine Krise. In diesem Kontext ist bis ins 20. Jahrhundert – nun verbunden mit einem Diskurs zur Unübersetzbarkeit – eine „Weiterführung des ästhetisch-rhetorisierenden Übersetzungskonzepts“ bzw. ein „Festhalten an konservativen Sprach- und Übersetzungskonzepten“43 zu beobachten – wobei die Klassikerübersetzung als „Dauerargument[…] in der italienischen Intellektuellendiskussion“44 weiter eine wesentliche Rolle spielt. Auch wenn die Biblioteca Drammatica in ihrer eigentlichen Intention scheitert, lässt sich durchaus ein Einfluss von Mazzinis translatorischem Handeln auf den Übersetzungsdiskurs über seine Zeit hinaus konstatieren. Wie dargelegt, spitzt Mazzinis Anschluss an die treue Übersetzungsmethode der conciliatori gleichzeitig deren Ansatz einer gesellschaftlichen Funktionalisierung der Übersetzung zu – eine Problematik, die Mazzini in dem von mir untersuchten Material selbst nicht reflektiert. Er propagiert zwar offensichtlich eine gelenkte Lektüre zum ‚richtigen‘ Verständnis der jeweiligen Übersetzungen insbesondere durch die literaturkritischen Begleitartikel. Allerdings scheint dies für ihn nicht im Gegensatz zur Methode einer ‚treuen‘ Übersetzungen zu stehen; er fühlt sich dem Original verpflichtet, reklamiert jedoch gleichzeitig mit seiner Vorgehensweise die Deutungshoheit der ausländischen Dramen für sich. Die Methode einer politisch motivierten traduzione fedele im Sinne Mazzinis ist weiterhin auch im transnationalen Übersetzungsdiskurs präsent und wurde zuletzt u. a. von Antoine Berman und Lawrence Venuti als Instruments des ‚Widerstands‘ gegen ethnozentrische Kulturen beschrieben.45 Dieser funktionalistisch konzipierte Ansatz mit seiner auf Textebene als ‚treu‘ klassifizierten, auf Interpretationsebene jedoch höchst ‚manipulativen‘ Verwendung von translatorischem 43 44 45

Bschleipfer/Schwarze, „196. Übersetzungstheorie“, in: Kittel et al., Übersetzung – Translation – Traduction, hier S. 1955. Ebd., hier S. 1959; vgl. auch Schwarze, Sprachreflexion, S. 296 f. Vgl. Berman, L’épreuve de l’étranger, S. 16, S. 77 f., S. 288 f.; Venuti, Lawrence: The Translator’s Invisibility. A History of Translation, 2. Aufl., London/New York: Routledge 2008, S. 17 f.; sowie Schwarze, Sprachreflexion, S. 36.

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Material fordert nicht nur eine weitergehende kritische Reflexion des klassischen Dualismus der Definitionen geradezu heraus, sondern verlangt auch eine Abwendung von normativen Deutungsmustern.

I ‹due volti› di Friedrich Schlegel e la cultura italiana Appunti sulle traduzioni e la ricezione degli scritti estetico-letterari tra Ottocento e Primo Novecento Christian Rivoletti Abstract: The article takes as starting point the question of why 19th century Italian literary historiography always traces the rediscovery of Ariost and the fundamentally ironic gesture of his poetics back to Hegel’s aesthetics, even though that rediscovery is already formulated much earlier in Friedrich Schlegel’s early work. A possible answer is provided by an examination of the Italian translations of Schlegel. It turns out that the lack of awareness of the positions Schlegel takes in his early work can largely be attributed to the fact that Schlegel’s reception in Italy is mainly based on translations of his late work with its Catholic-conservative and nationalistic attitude. Those later positions are clearly different from his ‹revolutionary› early work, but were in some respects all the more compatible with the literary climate in Italy during the Risorgimento.

1. I «due volti» di Friedrich Schlegel e la cultura italiana Queste pagine cercano di dare risposta a una domanda che mi sono posto alcuni anni fa, nel corso di una ricerca sulla ricezione dell’Orlando furioso in Germania.1 Seguendo le tracce della ricezione dell’ironia ariostesca – categoria che rappresenta oggi uno dei caratteri distintivi del capolavoro italiano e la cui importanza fu tuttavia misconosciuta per secoli – mi sono accorto che la sua riscoperta moderna avvenne non con l’Estetica di Hegel, come si legge solitamente nelle storie della critica ariostesca, bensì prima, ovvero attraverso le riflessioni dei primi romantici tedeschi che fecero parte del cosiddetto Circolo di Jena, e segnatamente tramite le intuizioni di Friedrich Schlegel.2 Fu infatti nei suoi scritti giovanili, concepiti 1

2

Sulla ricezione di Ariosto in Germania, si vedano: Wiesner, Wolfgang: Ariost im Lichte der deutschen Kritik, Basel 1941; Frenzel, Herbert: Ariost und die romantische Dichtung, Köln/Graz 1962; Dal Monte, Maria Teresia: Ariosto in Germania, Imola 1971; Rüdiger, Horst: «Ariosto nel mondo di lingua tedesca», in: Convegno internazionale Ludovico Ariosto. Roma/Lucca/Castelnuovo di Garfagnana/Reggio Emilia/Ferrara, 27 settembre – 5 ottobre 1974, Roma 1975, pp. 492– 493; Stierle, Karlheinz: «Italienische Renaissance und deutsche Romantik», in: Hausmann, FrankRutger/Knoche, Michael/Stammerjohann, Harro (a cura di.): Italien in Germanien. Deutsche Italien-Rezeption von 1750–1850, Tübingen 1996, pp. 373–404; Osols-Wehden, Irgmard: Pilgerfahrt und Narrenreise. Der Einfluss der Dichtungen Dantes und Ariosts auf den frühromantischen Roman in Deutschland, Hildesheim 1998. Sulla riscoperta dell’ironia del Furioso da parte di Friedrich Schlegel, mi permetto di rinviare a Rivoletti, Christian: Ariosto e l’ironia della finzione: la ricezione letteraria e figurativa dell’‹Orlando Furioso› in Francia, Germania e Italia, Venezia 2014.

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e sorti nel quinquennio 1795–1800 (il saggio Über das Studium der griechischen Poesie, i Frammenti apparsi nella rivista Athenäum, vari testi minori oggi raccolti nelle Literarische Notizen e, soprattutto, il Gespräch über die Poesie),3 che Schlegel riconobbe nel Furioso un modello fondamentale per la poesia romantica, e dunque per la letteratura contemporanea. In questi scritti, il teorico dell’ironia romantica mise in collegamento il ‹romanzo› cinquecentesco con il genere del romanzo contemporaneo, valorizzando così la portata e la modernità del capolavoro ariostesco: in tal modo la sua interpretazione del Furioso confluì nell’elaborazione di una nuova concezione dell’ironia, che venne posta al centro della poetica romantica. La riscoperta e le intuizioni di Friedrich Schlegel furono tuttavia a lungo dimenticate dalla storia della critica ariostesca successiva, la quale, persino nelle sue espressioni più autorevoli e storicamente più rilevanti, come gli scritti di Gioberti, De Sanctis, Pirandello e Croce,4 non fece riferimento ai testi del pensatore preromantico, bensì piuttosto alle note pagine dell’Estetica di Hegel su Ariosto e sull’epica cavalleresca.5 Le considerazioni espresse da Hegel sono certamente geniali e in parte debitrici, tra l’altro, di alcune intuizioni di Schlegel. Le pagine ‹ariostesche› dell’Estetica presentano però una prospettiva sostanzialmente diversa da quella proposta dal teorico romantico6 e, sotto il profilo cronologico, non possono a ogni modo essere considerate le prime attestazioni di una comprensione moderna del capolavoro ariostesco e dunque di una svolta nella storia della ricezione del Furioso. Ma allora perché le intuizioni di Schlegel furono a lungo ignorate, per quali motivi non incontrarono un seguito nella critica letteraria successiva? Una prima risposta va ricercata proprio nelle posizioni di Hegel. Nella prima parte dell’Estetica (oltre che in vari altri scritti), Hegel condannò infatti in modo esplicito il concetto di ironia di Friedrich Schlegel, aggredendone i presupposti 3

4

5 6

Tutti gli scritti sono raccolti in Schlegel, Friedrich: Studien des klassischen Altertums, a cura e con una introduzione di Ernst Behler, Paderborn 1979 e Id., Charakteristiken und Kritiken I (1796– 1801), a cura e con un’introduzione di Hans Eichner, Paderborn 1967 (= Kritische FriedrichSchlegel-Ausgabe, diretta da Ernst Behler, rispettivamente voll. I–II), nonché in Id., Literarische Notizen 1797–1801. Literary Notebooks, a cura di Hans Eichner, Wien 1980. Gioberti, Vincenzo: Del primato morale e civile degli italiani, a cura di Gustavo Balsamo-Crivelli, Torino 1946, vol. 3; De Sanctis, Francesco: Storia della letteratura italiana, a cura di Niccolò Gallo, introduzione di Natalino Sapegno, con una nota introduttiva di Carlo Muscetta, Torino 1958; Id.: La giovinezza: memorie postume seguite da testimonianze biografiche di amici e discepoli, a cura di Gennaro Savarese, Torino 1961; Id.: Verso il realismo, prolusioni e lezioni zurighesi sulla poesia cavalleresca, frammenti di estetica e saggi di metodo critico, a cura di Nino Borsellino, Torino 1965; Pirandello, Luigi: L’umorismo, Lanciano 1908 (seconda edizione aumentata 1920; ora in Id., Saggi e interventi, a cura e con un saggio introduttivo di Ferdinando Taviani e una testimonianza di Andrea Pirandello, Milano 2006, pp. 775–947); Croce, Benedetto: «Ludovico Ariosto», La Critica, 16 (1918), pp. 65–112 (poi ripubblicato in Id., Ariosto, Shakespeare e Corneille, Bari 1961, pp. 3–73. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Ästhetik, a cura di Friedrich Bassenge, Berlin/Weimar 1965, p. 556 [trad. it. Estetica, a cura di Nicolao Merker, introduzione di Sergio Givone, Torino 1997, pp. 661–662]. Cfr. Rivoletti, Ariosto e l’ironia della finzione, cit., pp. 311–321.

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(a suo dire) fichtiani e fornendo un’interpretazione di fatto errata del suo significato e della sua novità.7 In primo luogo, furono dunque la scoperta animosità e l’atteggiamento apertamente ostile di Hegel a condannare all’oblio un momento cruciale e rivoluzionario della storia della ricezione europea di Ariosto, e a far sì che tale momento venisse poi trascurato e dimenticato dalla critica italiana e internazionale successiva. A riprova, basti qui ricordare che quello stesso giudizio negativo pronunciato da Hegel sulla teoria estetica di Schlegel trova precisi riscontri sia nei passi ariosteschi del saggio su L’umorismo (1908) di Pirandello, sia nel saggio su Ariosto (1918) di Croce8. Possiamo considerare una conseguenza di quanto abbiamo sinora esposto il fatto che più tardi, ovvero nelle storie della critica ariostesca prodotte nell’immediato secondo dopoguerra, la contrapposizione tra Schlegel e Hegel venga quasi assurta a luogo comune. Nell’acuta sintesi storico-critica di Walter Binni, per esempio, si legge che fu «l’Idealismo germanico» ad approfondire «il motivo dell’ironia» e le idee critiche di Hegel vengono presentate come opposte a quelle di Friedrich Schlegel.9 Tale contrapposizione viene ripresa e approfondita tre anni dopo da Raffaello Ramat, che attribuisce a Hegel la valorizzazione del Furioso e della sua ironia, considerando tale acquisizione addirittura come un rovesciamento della posizione di Schlegel: [Hegel] rivendicava l’importanza del Furioso contro il giudizio di Federico Schlegel, che nella Storia della letteratura antica e moderna aveva parlato dell’Ariosto come un mero prosecutore del Boiardo, anche se più felice stilista di questi.10

I giudizi contenuti in questi autorevoli panorami storici della critica ariostesca finirono per essere ripresi negli studi posteriori.11 Nell’affermazione di Ramat è tuttavia presente anche un altro riferimento che attrae la nostra attenzione e che va tenuto in debita considerazione per rispondere alla domanda sulle ragioni della rimozione degli scritti giovanili di Schlegel. Al 7 8 9 10 11

Per un quadro dettagliato degli attacchi rivolti contro il concetto romantico di ironia, ovvero contro Schlegel e i suoi seguaci, cfr. Behler, Ernst: Klassische Ironie, romantische Ironie, tragische Ironie. Zum Ursprung dieser Begriffe, Darmstadt 1972, p. 112 ss. Per questa ricostruzione rimando a Rivoletti, Ariosto e l’ironia della finzione, cit., pp. 323–344. Binni, Walter: Storia della critica ariostesca, Lucca 1951, ripubblicato in Id., Metodo e poesia di Ludovico Ariosto e altri studi ariosteschi, a cura di Rosanna Alhaique Pettinelli, Firenze 1996, pp. 329–422, in part. p. 375 s. Ramat, Raffaelo: La critica ariostesca dal secolo XVI ad oggi, Firenze 1954, p. 95. Pochi anni dopo i lavori di Binni e Ramat, apparve un terzo profilo storico critico nel quale si legge: «I romantici non si posero mai come problema particolare l’intelligenza o la lettura del Furioso. […] Anche l’interesse per la nostra letteratura, di autorevoli stranieri, dal Sismondi alla Staël a Goethe, è sentito in accordo con il pensiero dei nostri critici del Settecento» (Borlenghi, Aldo: Ariosto, Palermo 1961, p. 50). L’Estetica di Hegel viene indicata come il punto di partenza della scoperta critica dell’ironia anche da Forni, Giorgio: «Ariosto e l’ironia», in: Beecher, Don/Ciavolella, Massimo/Fedi, Roberto (a cura di): Ariosto Today: Contemporary Perspectives, Toronto 2003, pp. 475–488, in part. pp. 475–478 (ora raccolto in Forni, Giorgio: Risorgimento dell’ironia. Riso, persona e sapere nella tradizione letteraria italiana, Roma 2012, pp. 77–93).

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posto di quegli scritti, compare qui infatti la ben più tarda Geschichte der alten und neuen Literatur: si tratta di un’opera che ebbe immediata diffusione anche all’interno della cultura italiana e che rispecchia tuttavia un atteggiamento critico ben diverso rispetto a quello assunto dal giovane Schlegel. Nella biografia e nella vicenda intellettuale di Friedrich Schlegel esiste infatti una sorta di cesura, che viene solitamente individuata nella conversione del 1808 dal protestantesimo al cattolicesimo, e che separa l’atteggiamento aperto, cosmopolita e innovatore del giovane teorico romantico geniale e rivoluzionario, dalla postura sostanzialmente reazionaria, nazionalista e conservatrice dell’anziano filosofo, che nell’ultima fase della vita prese parte al Congresso di Vienna e divenne uno zelante e convinto sostenitore delle idee politiche di Metternich. La Geschichte der alten und neuen Literatur, pubblicata nel 1815 sulla base delle omonime Vorlesungen tenute tre anni prima da Schlegel di fronte al pubblico dei nobili della corte viennese, rappresenta un’opera certamente matura e importante per l’ampiezza dei riferimenti letterari; essa è tuttavia al contempo espressione di un atteggiamento molto diverso e lontano dalle posizioni della gioventù. Indimenticabile in proposito la beffarda ironia del giudizio che di quelle Vorlesungen pronunciò Heine nella Romantische Schule e che vale la pena di riportare per esteso nel testo originale: Friedrich Schlegel übersieht hier die ganze Literatur von einem hohen Standpunkte aus, aber dieser hohe Standpunkt ist doch immer der Glockenturm einer katholischen Kirche. Und bei allem, was Schlegel sagt, hört man diese Glocken läuten; manchmal hört man sogar die Turmraben krächzen, die ihn umflattern. Mir ist, als dufte der Weihrauch des Hochamts aus diesem Buche, und als sähe ich aus den schönsten Stellen desselben lauter tonsurierte Gedanken hervorlauschen. Indessen trotz dieser Gebrechen, wüßte ich kein besseres Buch dieses Fachs. Nur durch Zusammenstellung der Herderschen Arbeiten solcher Art könnte man sich eine bessere Übersicht der Literatur aller Völker verschaffen. Denn Herder saß nicht wie ein literarischer Großinquisitor zu Gericht über die verschiedenen Nationen, und verdammte oder absolvierte sie nach dem Grade ihres Glaubens.12

Sebbene la critica più recente, a partire dal secondo Novecento, abbia giustamente rivalutato la fase tarda del pensiero di Schlegel e abbia rivendicato la coerenza dell’intera sua riflessione filosofica,13 alcune differenze nell’ambito della concezio12

13

Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften, vol. 3, a cura di Karl Pörnbacher, München/Wien 19963, p. 410; trad. it.: «Friedrich Schlegel osserva qui l’intera letteratura da un punto di vista eccelso, ma questo punto di vista eccelso è pur sempre il campanile di una chiesa cattolica. E in tutto ciò che Schlegel dice, si sentono suonare queste campane; talvolta si sentono persino gracchiare i corvi del campanile che gli svolazzano intorno. A me sembra che da questo libro promani l’odore d’incenso della messa solenne, e dai suoi passi più belli mi par di vedere una schiera di pensieri tonsurati appostati a spiare. Eppure, nonostante questi difetti, non conosco libro migliore in materia. Soltanto mettendo assieme i lavori di tal genere di Herder si potrebbe ottenere una migliore visione d’insieme della letteratura di tutti i popoli. Herder, infatti, non sedeva a giudicare le varie nazioni come un Grande Inquisitore letterario, condannandole o assolvendole secondo il grado della loro fede». Per motivi di omogeneità e coerenza interna, tutte le traduzioni dal tedesco (ove non altrimenti indicato) sono di chi scrive. Cfr. Fabbri Bertoletti, Stefano: «Il pensiero di Friedrich Schlegel negli studi dell’ultimo ventennio», Annali della Scuola Normale Superiore di Pisa, Serie 3, vol. 13/2 (1983), pp. 552–662.

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ne estetica e storiografica della letteratura rimangono evidenti. In particolare, la Geschichte der alten und neuen Literatur risulta per molti aspetti arroccata su posizioni conservatrici14 e non detiene dunque quella carica innovatrice degli scritti giovanili. Per esempio, non si trova più traccia delle geniali intuizioni relative alla modernità e all’attualità del Furioso e della sua ironia. Ariosto (e con lui anche Tasso) viene anzi eccessivamente svalutato, e ciò a fronte di un elogio oggettivamente sproporzionato del Pastor fido di Guarini, facendo sì che l’intero giudizio sul rinascimento italiano finisca per risultare, nel complesso, poco attendibile. Come cercherò di spiegare nelle pagine che seguono, i «due volti» di Friedrich Schlegel hanno conosciuto all’interno della cultura italiana, e in particolare nella critica e nella storiografia letteraria, una sorte diseguale. Da una parte (come ho cercato di illustrare sotto, nel § 2), la tarda storia della letteratura ha trovato pronta diffusione nell’Ottocento, per ragioni strettamente connesse con i processi di costruzione della nazione e dell’identità culturale, garantendosi così una penetrazione anche al di fuori degli ambiti specialistici della germanistica. Dall’altra (vedi sotto § 3), la prima fase della sua produzione ha invece subito un sostanziale ritardo: per la traduzione degli scritti critici ed estetici giovanili di Schlegel bisogna infatti attendere gli anni Trenta del Novecento. Proprio questo ritardo e queste dinamiche – oltre a spiegarci gli equivoci e le discrepanze relative alla critica ariostesca che abbiamo ricordato sopra – hanno impedito, al di fuori di una cerchia specialistica, il sostanziale riconoscimento dell’esistenza di queste «due anime» nell’ambito dell’estetica letteraria di Schlegel.

2. La traduzione italiana della Geschichte der alten und neuen Literatur tra ideali risorgimentali e critica del nazionalismo La Geschichte rappresenta l’opera più importante di Schlegel, nell’ambito dell’estetica letteraria, che sia stata tradotta in italiano precedentemente all’edizione dei Frammenti critici e scritti di estetica curata da Vittorio Santoli nel 1937, la quale contiene invece una silloge degli scritti giovanili.15 Si tratta di un’opera contrasse14

L’atteggiamento conservatore e sostanzialmente nazionalistico della Geschichte, quale esito della conversione di Schlegel al cattolicesimo, è stato rilevato anche recentemente, tra gli altri, da Matuschek, Stefan: «Poesie der Erinnerung. Friedrich Schlegels Wiener Literaturgeschichte», in: Oesterle, Günter (a cura di): Erinnern und Vergessen in der europäischen Romantik, Würzburg 2001, pp. 193–205, in part. p. 194; Breuer, Ulrich: «Friedrich Schlegel», in: Bunzel, Wolfgang (a cura di): Romantik. Epoche – Autoren – Werke, Darmstadt 2010, pp. 60–75, in part. p. 69; Bauer, Manuel: «Konversionen in Friedrich Schlegels später Literaturkritik, Philologie und Hermeneutik», in: Eckel, Winfried/Wegmann, Nikolaus (a cura di): Figuren der Konversion. Friedrich Schlegels Übertritt zum Katholizismus im Kontext, Paderborn/München/Wien/Zürich 2014 (= Schlegel-Studien, vol. 5), pp. 160–179, in part. p. 161. 15 Vedi sotto, § 3. Dal momento che, a fronte di studi espressamente dedicati alla ricezione italiana delle opere estetico-letterarie del fratello August Wilhelm (cfr. Mazzucchetti, Lavinia: A. W. Schlegel und die italienische Literatur, Zürich, 1917; Puppo, Mario: «A. G. Schlegel nella

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gnata da una forte interazione tra principi estetici e storiografici, e che anche per questo si presentava (ancor più delle opere coeve di Pierre Louis Ginguené e di Friedrich Bouterweck) come una sorta di commiato definitivo dal modello settecentesco della storiografia letteraria erudita e come un prodotto in grado di rispondere alle nuove istanze che caratterizzavano il primo Ottocento.16 Sicuramente concorse inoltre alla sua diffusione la centralità assunta, in rapporto alla storia letteraria, dal concetto politico di nazione. Schlegel concepì l’opera come una serie di sedici lezioni che tenne, due volte alla settimana, tra il 27 febbraio e il 30 aprile del 1812 nella sala da ballo del celebre Gasthof viennese Zum römischen Kaiser, di fronte a un pubblico di circa duecento persone, composto per la maggior parte da principesse e nobili di corte.17 Proprio questi personaggi non certo accademici, bensì soprattutto politicamente autorevoli erano i destinatari ideali anche della versione a stampa delle Vorlesungen, il cui primo volume (pubblicato già alla fine dell’ottobre 1814, sebbene rechi la data 1815) si apriva con una dedica rivolta a «Sua Altezza Serenissima, il signore Clemens, Wenzeslaus, Lothar, Principe di Metternich Winneburg-Ochsenhausen, Ministro di Stato e Konferenzminister di Sua Maestà imperiale e regia apostolica, nonché Ministro degli Affari Esteri».18 Nella dedica si auspicava che la storia

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critica italiana dell’Ottocento», Letteratura e critica. Studi in onore di Natalino Sapegno, Roma 1977, vol. IV, pp. 419–455), non esistono invece indagini specifiche simili su Friedrich Schlegel, riporto di seguito (senza pretese di esaustività) alcuni dati essenziali. Sempre nell’Ottocento, oltre alla Geschichte fu tradotta in italiano la Philosophie der Geschichte. In achtzehn Vorlesungen gehalten zu Wien im Jahre 1828 (1829), la cui prima versione italiana uscì con il titolo Filosofia dell’istoria dettata in diciotto pubbliche lezioni a Vienna, nei due tomi curati dalla Società della Biblioteca Cattolica a Napoli, presso la tipografia di Vincenzo Manfredi nel 1844. Allo «storicismo cattolico di Federico Schlegel» e segnatamente al suo merito di aver risolto «una volta per sempre [nella Philosophie der Geschichte] il problema centrale del Medioevo» si rifarà nel secolo successivo Giorgio Falco nella sua monografia La polemica sul Medioevo, Torino 1933. Sempre anteriormente al volume di Santoli, apparve inoltre una versione del romanzo Lucinde (Lucinda, traduzione e introduzione di Ettore de Ferri, Genova 1924). Infine una trattazione a parte meriterebbe la ricezione delle teorie linguistiche dei fratelli Schlegel, la cui «classificazione morfologica», propugnata in Italia da Bernardino Biondelli (Studii linguistici, Milano 1856), fu poi criticata da Graziadio Isaia Ascoli (Studj critici, vol. I, Milano 1861). Sulle storie della letteratura di Ginguené e Bouterweck, e per un inquadramento complessivo della storiografia letteraria del primo Ottocento si veda, oltre alla classica ricostruzione di Getto, Giovanni: Storia delle storie letterarie, nuova edizione a cura di Allasia, Clara, Napoli 2010, in part. pp. 93–142, l’indagine di Danelon, Fabio: Dal libro da indice al manuale. La storiografia letteraria in Italia nel primo Ottocento e l’opera di Paolo Emiliani Giudici, Alessandria 1994, in part. p. 46 e ss. (sulla Geschichte di Schlegel, pp. 55–58). Tra gli ascoltatori si trovava anche il giovane Joseph von Eichendorff, che nel suo diario fornì una brillante descrizione del pubblico e dell’atmosfera della prima lezione (Eichendorff, Joseph von: Werke, vol. IV: Nachlese der Gedichte. Erzählerische und dramatische Fragmente. Tagebücher 1798–1815, a cura di Klaus-Dieter Krabiel e Marlies Korfsmeyer, München 1980, p. 700). «Sr. Durchlaucht dem Herrn Clemens, Wenzeslaus, Lothar, Fürsten von Metternich Winneburg-Ochsenhausen, Sr. k. k. apostolischen Majestät wirklichem Staats- und Konferenz-Minister, auch Minister der auswärtigen Angelegenheiten» (cfr. Schlegel, Friedrich: Geschichte der alten und neuen Literatur, a cura e con un’introduzione di Hans Eichner, Paderborn 1961, p. L).

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letteraria potesse mostrare non soltanto agli eruditi e appassionati di letteratura, bensì in particolare agli uomini di stato «con quale efficacia una formazione dello spirito nazionale possa spesso intervenire nel corso dei grandi eventi mondiali e nei destini degli stati».19 Molto probabilmente questo spirito nazionalistico concorse a accendere anche in Italia l’interesse per la Geschichte di Schlegel la cui prima traduzione italiana, apparsa nel 1828 a Milano con il titolo Storia della letteratura antica e moderna e riedita poi molte volte nel corso del secolo a Napoli, Milano e Torino, conobbe una larga circolazione.20 Il traduttore era Francesco Ambrosoli, patriota, studioso di lettere greche, latine e italiane, e autore a sua volta di un fortunato Manuale della letteratura italiana (Milano, 1832–33), il quale sarebbe poi divenuto professore di lettere classiche all’Università di Pavia (1842) e direttore dei ginnasi-licei della Lombardia (1848), per venire infine allontanato, a opera del regime austriaco sia dall’uno, sia dall’altro incarico, perché sospetto di patriottismo.21 La Storia di Schlegel veniva perfettamente incontro alle urgenti istanze risorgimentali di una storia letteraria nazionale, come risulta chiaro dall’avvertenza che lo stesso Ambrosoli premise alla sua traduzione: […] il presente libro […] può rendere comune quel che finora può dirsi quasi prerogativa di pochi; insegnando agli studiosi come la storia delle lettere si debba congiungere con quella delle nazioni, e come sia vero che l’eloquenza e la poesia non sono se non arti morte e sofistiche, quando non sono parte della vita nazionale.22

Venendo letta come il superamento della mera erudizione settecentesca fine a se stessa e come un chiaro segnale in direzione di una concezione della storia letteraria quale espressione della vita politica e civile dell’intera nazione, la Storia di Schlegel assunse la funzione di un modello importante all’interno del dibattito otto e novecentesco sulla storia letteraria. A lei guardarono, ad esempio, sia De Sanctis, che la citò più volte nei suoi scritti, sia Croce, che nel 1907 delineò addirittura, tra

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Sull’opera vedi adesso anche la scheda di Polaschegg, Andrea: «Geschichte der alten und neuen Literatur», in Endres, Johannes (a cura di): Friedrich Schlegel-Handbuch: Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart 2017, pp. 224–232. «[…] wie bedeutend eine nationale Geistesbildung oft auch in den Lauf der großen Weltbegebenheiten und in die Schicksale der Staaten eingreift.» (Schlegel, Geschichte der alten und neuen Literatur, cit., p. 3). Dopo la prima pubblicazione per i tipi della Società tipografica dei Classici italiani di Milano, la traduzione conobbe molte edizioni presso varie tipografie napoletane (nell’edizione della Tipografia della Sibilla, 1834, la lesse ad esempio Francesco De Sanctis; in quella della Tipografia Marotta, invece, Benedetto Croce). Cfr. Asor Rosa, Alberto: «Ambrosoli, Francesco», in: Dizionario biografico degli italiani, vol. 2, Roma, Istituto della Enciclopedia italiana, 1960, pp. 734–735. Ambrosoli, Francesco: «Il traduttore», in: Storia della letteratura antica e moderna di Federico de Schlegel traduzione dal tedesco di Francesco Ambrosoli, Milano 1828, vol. 1, pp. V–VIII, V. Nella più tarda edizione, apparsa «a spese degli editori» a Torino nel 1843, si legge «quel che finora non può dirsi quasi prerogativa di pochi» (p. 7, corsivo mio), ma si tratta ovviamente di un errore.

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i futuri progetti da realizzare, una storia universale della letteratura antica e moderna «sinteticissima, sul tipo del libro di Federico Schlegel».23 La concezione storico-letteraria di Schlegel si incentra sull’idea di un genio individuale capace di esprimere la coscienza di una nazione. In questo senso, le opere letterarie assumono un ruolo che va oltre l’ambito estetico e acquisiscono una funzione sociale e politica, contribuendo così alla formazione dell’identità nazionale: […] la dignità e l’importanza di tutte le scienze e le arti scritte o parlate si fanno manifeste assai meglio, se noi consideriamo quanto esse contribuiscono al merito ed al destino delle nazioni nella storia del mondo. Quivi solo si mostra la letteratura nella sua vera ampiezza come il complesso di tutte le intellettuali capacità e produzioni di un popolo.24

Al contempo, però, va rilevato come per lo Schlegel del periodo di Vienna il momento culminante della storia nazionale coincida con la grandezza del sistema feudale medievale, che nella Geschichte viene esaltata a fronte del declino morale e politico cominciato a partire dalla Riforma e dall’Illuminismo, e culminato nella Rivoluzione francese. Per questo, nell’impianto storiografico di Schlegel è insita una contraddizione fondamentale, sulla quale la critica non si è forse soffermata ancora a sufficienza: la sua esaltazione dell’idea dell’impero medievale cattolico tedesco come momento storico rappresentativo per la nazione assume di fatto un atteggiamento antagonistico rispetto a quelle che di lì a poco saranno le aspirazioni all’unificazione politica nazionale della borghesia tedesca durante l’Ottocento.25 È una contraddizione che richiama alla memoria la tesi espressa da Erich Auerbach in un breve articolo tanto sconosciuto, quanto penetrante, pubblicato a Istanbul all’indomani del termine della catastrofe della Seconda Guerra Mondiale provocata dal tragico sogno tedesco di dominio imperiale. In quel testo, Auerbach avanza l’ipotesi che proprio il riferimento costante, nella storia della Germania, a una dimensione imperiale abbia rappresentato il maggiore ostacolo non soltanto al compimento dell’unità politica, ma anche allo sviluppo di una civiltà genuinamente nazionale e alla conseguente nascita di una robusta coscienza democratica: Anche nei tempi più remoti, con poche eccezioni, gli imperatori tedeschi non assumevano le loro funzioni per perseguire un obiettivo nazionale, […] non si ritenevano «re della Germania», bensì ognuno di loro si considerava «imperatore romano di origine tedesca» e si riteneva successore degli imperatori romani. […] All’inizio dell’era moderna […] questa mentalità imperiale si 23

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Croce, Benedetto: Memorie della mia vita. Appunti che sono stati adoprati e sostituiti dal «Contributo alla critica di me stesso», Napoli, Istituto Italiano per gli Studi Storici,1966, p. 34 (la citazione è stata evidenziata da Giammattei, Emma: «Croce: la lezione di De Sanctis», in: Ciliberto, Michele (a cura di): Croce e Gentile, Roma 2016, https://www.treccani.it/enciclopedia/croce-lalezione-di-de-sanctis_%28Croce-e-Gentile%29/, consultato in data 18/02/2020, che si sofferma sull’importanza della diffusione della traduzione di Ambrosoli in area napoletana). Storia della letteratura antica e moderna di Federico de Schlegel, cit., p. 11 (corsivi miei). Tale contraddizione è stata colta con efficace stringatezza da Witte, Bernd: «La naissance de l’histoire littéraire dans l’esprit de la révolution. Le discours esthétique chez Schlegel, Hegel, Gervinis et Rosenkranz», in Espagne, Michel/Werner, Michael (dir.): Philologiques, I: Contribution à l’histoire des disciplines littéraires en France et en Allemagne au XIX siècle, Paris 1990, pp. 69–87, in part. p. 76.

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rafforzò. […] Gli Absburgo […] non avevano né la capacità, né il desiderio di rappresentare un centro della civilizzazione tedesca. Ciononostante, furono abbastanza forti da impedire che tale centro civilizzatore, che loro stessi non erano in grado di fondare, sorgesse altrove. Per questo, tra il Sedicesimo e il Diciottesimo secolo, ovvero nel periodo in cui si formarono gli altri Stati europei, la Germania non poté realizzare la propria unità.26

La contraddizione che ho appena evidenziato, e che fa luce sul principio politico sostanzialmente conservatore e regressivo che attraversa l’impianto storiografico della Geschichte di Schlegel, ci permette anche di cogliere il paradosso essenziale che si nasconde dietro al suo successo nell’Italia risorgimentale, dove venne diffusa come modello esemplare per la costruzione della storia letteraria intesa come contributo alla formazione dell’identità nazionale. Si apprezzò dunque la valorizzazione della dimensione politica del fatto estetico propugnata dalla Storia, senza però coglierne i fondamenti reazionari e retrogradi. D’altra parte va ricordato come anche nel panorama del medievalismo risorgimentale italiano esistesse una linea di pensiero che, se non possiamo propriamente definire ‹filoimperiale›, faceva tuttavia riferimento alla figura dell’imperatore del Sacro Romano Impero. Penso, in modo particolare, alle varie manifestazioni del ‹culto› per la figura di Federico II di Svevia, visto di volta in volta come un antesignano del sovrano illuminato oppure come un campione di mecenatismo culturale, di valori civili, di giurisdizionalismo o di una visione laica dello stato. Tale culto, precorso dalle idee di Pietro Giannone e di Voltaire, e destinato a una lunghissima durata, ha origine nel tardo Settecento e nel primissimo Ottocento quasi parallelamente in Germania (negli scritti, tra gli altri, di Johann Gottfried Herder, Karl Wilhelm Ferdinand von Funck e Friedrich Christoph Schlosser) e in Italia (per esempio nella storiografia napoletana e siciliana di Giuseppe Maria Galanti e di Rosario Gregorio), per attraversare poi anche la Histoire des républiques italiennes du Moyen Âge (1807–1809) di Sismonde de Sismondi, tradotta nel 1838 in italiano e destinata a divenire un punto di riferimento capitale della riflessione risorgimentale.27 Sebbene questo sfondo neoghibellino vada senz’altro tenuto presente (senza dimenticarne le ramificazioni partenopee, per noi particolarmente significative) per inquadrare la ricezione della Storia di Schlegel,28 la contraddizione che abbiamo indicato sopra resta nondimeno tale, perlomeno nella sua sostanza politica. 26

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L’articolo uscì originariamente in lingua turca nel quotidiano İstanbul 57, 15 aprile 1946; traduco qui dalla versione tedesca del testo riprodotta in Auerbach, Erich: «Die Wirkung der Monarchien auf die Demokratie in Frankreich und die jüngste deutsche Katastrophe», in: Id., Kultur als Politik. Aufsätze aus dem Exil zur Geschichte und Zukunft Europas (1938–1947), a cura e con un’introduzione di Christian Rivoletti, trad. dal turco di Christoph Neumann, Konstanz 2014, pp. 85–88, in part. p. 87 s. Sulla figura di Federico II nella storiografia risorgimentale rimando, anche per ulteriori rinvii, a Delle Donne, Roberto: «Der Vater des ghibellinischen Vaterlands. Friedrich II. in der modernen Geschichtsschreibung und Kultur Italiens», in Görich, Knut/Keupp, Jan/Broekmann, Theo (a cura di): Herrschaftsräume, Herrschaftspraxis und Kommunikation zur Zeit Kaiser Friedrichs II., München 2008, pp. 41–60. Va qui precisato, tuttavia, che nella Geschichte der alten und neuen Literatur Schlegel non si sofferma in maniera specifica sulla figura di Federico II.

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Esiste tuttavia una posizione molto interessante, che non è stata sinora oggetto di analisi da parte degli studiosi e che invece merita attenzione per l’acuto giudizio critico che contiene. Si tratta della valutazione di Giuseppe Mazzini, che recensì prontamente la traduzione italiana della Storia e al quale non sfuggirono i limiti insiti nell’opera di Schlegel.29 Nelle prime pagine della recensione, dopo aver riconosciuto «il nuovo sentiero» della concezione storicistica di Ginguené, Bouterweck, Sismondi e altri contemporanei nella loro interpretazione del fatto artistico nel contesto civile e politico della storia nazionale (come era stato «indovinato un secolo innanzi dal nostro Vico»),30 Mazzini evidenzia come Schlegel sia andato ancora oltre, concependo una storia in cui le singole letterature da una parte vengono considerate come contributo all’intera storia della nazione e per questo alla sua identità nazionale, e dall’altra sono al contempo indagate anche nel loro reciproco intrecciarsi e interagire a livello sovranazionale. Nella seconda parte del suo scritto, Mazzini mette tuttavia a fuoco anche i limiti della posizione di Schlegel, e li coglie nella sua «predilezione esclusiva per l’Evo medio», la quale «è l’anima quasi di tutta l’opera; e guasta sovente i giudizj».31 È infatti proprio l’idea di voler ricondurre la nascita della civiltà moderna esclusivamente al Medioevo che porta a esiti fuorvianti e tendenziosi, caratterizzati da un’eccessiva tensione nazionalistica: Una causa [del] cieco entusiasmo dello Schlegel pei tempi di mezzo può forse trovarsi in uno intemperante affetto di patria […]. Forse a questa meschina vanità nazionale deve ascriversi, ch’egli abbia fissata l’epoca della nascente civiltà progressiva al regno di Carlomagno, che ci viene […] descritto alemanno di nascita, di costumi, e di lingua, mentre è certo, che il sistema feudale dovea render vane le rette intenzioni di Carlo …32

Per lasciare il posto d’onore interamente all’epoca medievale, conclude Mazzini, Schlegel «sagrific[a] ai fantasmi dell’evo medio, l’idea madre della moderna civiltà intellettuale», ovvero svaluta a torto la Riforma e l’Illuminismo, due momenti fondativi della moderna civiltà, e così facendo inevitabilmente «lasci[a] vuoto lo spazio il più importante del suo lavoro».33 Come sappiamo Mazzini si sarebbe dedicato di lì a poco al progetto di traduzioni della Biblioteca drammatica seguendo un ideale connubio tra «forme nazionali» e «concetto europeo»,34 e sei anni più tardi avrebbe creato con la Giovine Europa un’entità a carattere sovranazionale fondata sull’ideale di fratellanza tra 29 30 31 32 33 34

La recensione, pubblicata nell’Indicatore genovese dell’8 e del 15 novembre del 1828, si legge ora in Mazzini, Giuseppe: Scritti editi ed inediti. Edizione nazionale, Imola 1906, vol. I, pp. 113–124. Ivi, p. 115. Ivi, p. 120. Ivi, p. 121. Ivi, p. 124. Mazzini, Giuseppe: «Dramma storico», in Scritti editi ed inediti, cit., vol. I, p. 326. Sulla Biblioteca drammatica e sulle sue implicazioni politiche vedi, anche per ulteriori rimandi bibliografici, la recente monografia di Engelskircher, Kathrin: Nationbildung als Übersetzungsprojekt. Giuseppe

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popoli liberi, ovvero distinguendo tra il concetto giusto e ‹santo› di ‹nazionalità› e quello invece corrotto e moralmente sbagliato di ‹nazionalismo›, volto a rinnegare l’esistenza di altre nazioni. Non ci meraviglia dunque che il giovane Mazzini criticasse prontamente i limiti storiografici e le implicazioni politiche dell’opera del tardo Schlegel. Probabilmente avrebbe invece apprezzato l’apertura cosmopolita e la freschezza rivoluzionaria degli scritti giovanili del filosofo tedesco, che però quasi certamente non conosceva. Per la loro traduzione e diffusione in Italia, infatti, bisognava attendere ancora oltre un secolo.

3. Tra germanistica e avanguardie: gli scritti estetico-letterari del giovane Schlegel nel primo Novecento italiano A partire dall’inizio del Novecento assistiamo in Italia a un clima di vivo interesse per il primo romanticismo tedesco e per i suoi singoli protagonisti, che sorge e si intensifica soprattutto grazie a tre fattori, tra loro spesso collegati: la nascita della germanistica come disciplina accademica autonoma, la promozione e la traduzione di opere straniere da parte dell’‹avanguardia fiorentina›, e (seppur in modo indiretto) la politica culturale di Croce.35 Grazie a questo particolare clima e fervore, cominciano a diffondersi anche gli scritti letterari ed estetici del giovane Schlegel, assieme alla sua immagine di spirito moderno e di teorico del Romanticismo. Schlegel figura così tra gli interessi di Arturo Farinelli, alleato ‹culturale› di Croce nella battaglia contro il Positivismo, fondatore della germanistica italiana e professore all’Università di Torino dal 1907, le cui lezioni sul romanticismo vengono apprezzate dall’avanguardia fiorentina.36 Al germanista Guido Manacorda, invece, Croce affida nel 1911 la collana laterziana «Scrittori Stranieri» (pendant dei prestigiosi «Scrittori d’Italia»), nel cui programma compare anche il volume di Schlegel Lucinde e altri scritti minori.37 Il giovane Schlegel è inoltre presente in

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Mazzinis italienische Translationspolitik, Stuttgart 2020 e il contributo omonimo contenuto nel presente volume. Per la ricostruzione di questi fattori nel periodo 1900–1920 rimando all’ottima panoramica offerta da Baldini, Anna/Biagi, Daria/De Lucia, Stefania/Fantappiè, Irene/Sisto, Michele: La letteratura tedesca in Italia. Un’introduzione (1900–1920), Macerata 2018 (su Friedrich Schlegel vedi ad indicem). Sulla nascita della germanistica, vedi inoltre Sisto, Michele: «Cesare De Lollis, Giuseppe Antonio Borgese e la nascita della germanistica in Italia», Studi Medievali e Moderni 21/2 (2017), pp. 123–139. Ringrazio Anna Baldini e Michele Sisto per le loro preziose indicazioni e per avermi messo a disposizione parte dei testi citati di seguito. Nella collana laterziana della «Biblioteca di cultura moderna» codiretta da Croce escono sia Farinelli, Arturo: Il Romanticismo in Germania. Lezioni introduttive con cenni bibliografici sul corso intero, Bari 1911, sia la monografia dell’allieva di Farinelli, Allason, Barbara: Carolina Schlegel: studio sul Romanticismo tedesco, Bari 1919. Il volume, annunciato in corso di stampa per le cure dello stesso Manacorda nelle inserzioni pubblicitarie del 1912, non uscirà a causa dell’interruzione della collana nel 1915. Per la pubblicazione della Lucinda, vedi sopra alla nota 15.

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vari testi degli intellettuali dell’avanguardia fiorentina, in particolare di Giuseppe Prezzolini e Giovanni Papini38. In generale, l’estetica del frammento propugnata dall’avanguardia costituisce un presupposto importante anche per la crescita dell’interesse specifico per gli scritti giovanili di Schlegel, che verranno finalmente tradotti più tardi nella già menzionata edizione dei Frammenti critici e scritti di estetica (1937) curata dal germanista Vittorio Santoli.39 Nell’ampia introduzione al volume troviamo anche una chiara valorizzazione dello spirito cosmopolita che caratterizza le opere giovanili di Schlegel, le quali appartengono agli «anni in cui in Germania sorsero […] poeti e filosofi divenuti subito cittadini del mondo e la cui opera fa parte del patrimonio spirituale di ogni uomo moderno»: La cultura e civiltà dei popoli europei forma essenzialmente un’unità […] Di questa storia europea, da Omero a Goethe e a Kant, il giovane Schlegel aveva viva coscienza: alle differenti tradizioni nazionali di Italiani Francesi Inglesi Tedeschi faceva giustamente una parte piuttosto modesta: egli respirava ancora in quell’atmosfera di alta cultura e di cosmopolitismo intellettuale che solo dopo la fine del periodo classico, dopo la scomparsa di Goethe e di Hegel, dovrà cedere, almeno in parte, e soprattutto in Germania, alla trasposizione sul piano della cultura di passioni più o meno anguste.40

Sebbene Santoli non precisi ulteriormente quali fossero le «passioni più o meno anguste» che subentrarono all’abbandono dell’apertura culturale cosmopolita, non pare infondato avvertire qui, all’altezza del 1937, un’allusione a un mutamento storico di orizzonte che, travalicando di gran lunga la parabola individuale della vicenda intellettuale di Schlegel, sembrava ormai avviato a un tragico destino. In questo contesto, si comprendono l’urgenza e l’attualità del lavoro filologico e storico di Santoli che porta finalmente alla luce la rivoluzionaria modernità di quegli scritti giovanili.

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Papini fondò nel 1903 la rivista «Leonardo», dove i romantici tedeschi vengono proposti come modelli di grande attualità (tra loro figura ripetutamente il giovane Schlegel: a titolo di esempio, se ne veda il ritratto offerto da Prezzolini nella recensione a Rouge, Isaac: «Frédéric Schlegel et la genèse du romantisme allemand (1791–1797)», Bordeaux/Paris 1904 (in: Leonardo, a. III, Seconda Serie, Ottobre-Dicembre 1905, pp. 197–202). Gli scritti estetici del giovane Schlegel sono oggetto di attenzione anche nell’ampia introduzione premessa da Prezzolini al suo volume su Novalis, a cura di Giuseppe Prezzolini, Milano 1905. Come emerge da La Coltura italiana (Firenze 1906, p. 44), un libro ‹militante› scritto a quattro mani da Papini e Prezzolini, entrambi guardano con ammirazione all’impresa dell’editore Eugen Diederichs, che inaugurò proprio a Jena, «antico centro spirituale della Germania», la collana Erzieher zur deutschen Bildung, dedicata ai romantici tedeschi e il cui secondo volume (1905) ospita i Fragmente di Schlegel. 39 Schlegel, Friedrich: Frammenti critici e scritti di estetica, introduzione e versione di Vittorio Santoli, Firenze 1937. Santoli, aveva già dedicato all’attività filologica ed estetico-letteraria di Schlegel un ampio studio («Filologia, storia e filosofia nel pensiero di F. Schlegel», Civiltà moderna 2, 1930) e la monografia Friedrich Schlegel estetico e critico, Firenze, Sansoni, 1935. 40 Santoli, «Introduzione a Schlegel», in: Schlegel, Frammenti critici, cit., pp. LV–LVI, corsivi miei.

Die indirekte Übersetzung deutscher Literatur über das Französische Ihr Einfluss auf die Translationsdebatte und die literarischen Diskurstraditionen im Italien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts Iris Plack Abstract: This essay points out the formative influence of indirect translation practice, firstly, on the reception of German literature in nineteenth- and early twentieth-century Italy and, secondly, on Italy’s debates around translation and its traditions of literary discourse. It puts forward the hypotheses that the Italian reception of German Romantic literature and German Idealist philosophy may have been decisively shaped by indirect mediation in the form of naturalising, stylistically ‘purifying’ Italian translations based on French translations of these German classics, and that such indirect translations may thus have played a key role in the emergence of new discourse traditions in Italy. Translations of Kant in particular contributed to the development of a more sober, precise philosophical language in France and Italy. In Italy, this not only promoted the transmission of intellectual-historical texts by authors such as Freud, but also provided an impulse to make the rigid traditions of literary discourse more flexible.

1. Einleitung Am 28. Mai 1872 äußerte sich Karl Marx in einem Brief an seinen russischen Übersetzer Nikolai Franzewitsch Danielson über Joseph Roys Übersetzung des ersten Teils seines Hauptwerks Das Kapital (1867): […] so hat er doch oft zu wörtlich übersetzt. Ich bin daher gezwungen, ganze passages französisch umzuschreiben, um sie dem französischen Publikum mundgerecht zu machen. Es wird später um so leichter sein, die Sache aus dem Französischen ins Englische und die romanischen Sprachen zu übersetzen.1

Indem er sich persönlich um die kritische Revision dieser französischen Übersetzung kümmerte und ihr so eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber dem Original verlieh, betrieb Marx eine Form der ‚Translationspolitik‘. Sie fußt auf der Sonderstellung, die dem Französischen noch im 19. Jahrhundert bei der Übersetzung deutschsprachiger Literatur in andere romanische Sprachen zukam.2 Bereits im 18. Jahrhundert war durch das Erstarken des Französischen gegenüber dem Lateinischen als langue universelle die europäische Übersetzungstätigkeit aus dem 1 2

Zit. nach Nino Briamonte, „Autotraduzione“, Lingua e letteratura 2 (1984), S. 51–65, hier S. 57. Iris Plack, Indirekte Übersetzungen. Frankreich als Vermittler deutscher Literatur in Italien, Tübingen 2015, hier S. 15.

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Französischen befördert worden. Frankreich wirkte aber auch als ‚kultureller Filter‘ für die Übersetzung aus anderen Sprachen: Was dort einer Übersetzung für würdig befunden wurde, das konnte nicht von schlechter Qualität sein.3 So wurde ‚schwer vermittelbare‘ englische und deutsche Literatur auf dem Wege der indirekten Übersetzung4 in den südromanischen Ländern ebenso salonfähig wie umgekehrt die romanische Literaturproduktion in England und Deutschland. Die französische Rezeption milderte nicht nur kulturelle und gattungsspezifische ‚Abweichungen‘ von der geltenden Norm; sie überbrückte auch die sprachliche Kluft, denn das Französische eignet sich dank seiner engen typologischen Verwandtschaft mit anderen romanischen Sprachen besonders gut als Mittlerinstanz. Der prägende Einfluss der indirekten Übersetzung, der sich auch noch im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert bemerkbar machte, auf die Rezeption deutscher Literatur in Italien einerseits und auf die dortigen Übersetzungsdebatten und Diskurstraditionen andererseits soll Gegenstand dieses Beitrags sein.5 Der „Literatur“ werden dabei nach dem weiter gefassten angelsächsischen und romanischen Literaturbegriff auch bedeutende philosophische und theoretische Werke subsumiert. Nicht umsonst würdigt der Herausgeber einer späteren französischen Ausgabe des Kapital[s], Jean-Pierre Lefebvre, Marx’ Buch als „grand livre de la littérature universelle“6 und stellt es auf eine Stufe mit den Werken Dantes, Balzacs und Herman Melvilles.7 Die von Marx selbst revidierte und zur Weiterübersetzung empfohlene Erstübertragung besaß naturgemäß besondere Autorität und stand entsprechend für gleich zwei italienische Versionen Pate: die gekürzte Fassung des Anarchisten Carlo Cafiero (Mailand 1879) und die wirkmächtige, offen als Weiterübersetzung deklarierte Gesamtübersetzung von Gerolamo Boccardo (Turin 1886).8 Derartige 3 4

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Wolfgang Pöckl/Johann Pögl, „Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Italienische und Sardische“, in: Gerhard Ernst (Hg.), Romanische Sprachgeschichte: ein internationales Handbuch zur Geschichte der romanischen Sprachen, Berlin/New York 2003, S. 1373–1386, hier S. 1379. Das Phänomen, das in der Tradition des Göttinger Sonderforschungsbereichs als „Übersetzung aus zweiter Hand“ bekannt ist, soll hier in Anlehnung an die französische und englische Bezeichnung als „indirekte Übersetzung“ gefasst werden; Termini wie „Scharnier-“ oder „Relaisübersetzung“, die auch die jeweilige ‚Zwischenstufe‘ benennen, werden hingegen vermieden. Unter „Diskurstraditionen“ sollen hier mit Albrecht bestimmte „Sprachverwendungsroutinen“ verstanden werden, die sich zu historisch tradierten Techniken entwickelt haben. Sie unterliegen somit in gewisser Weise der Historizität und lassen sich potentiell von einer Sprache auf die andere übertragen. Jörn Albrecht, „Können Diskurstraditionen auf dem Wege der Übersetzung Sprachwandel auslösen?“, in: Heidi Aschenberg/Raymund Wilhelm (Hgg.), Romanische Sprachgeschichte und Diskurstraditionen. Akten der gleichnamigen Sektion des XXVII. Deutschen Romanistentags. Tübingen 2003, S. 37–54, hier S. 41; 43; 46. Jean-Pierre Lefebvre, „Avant-propos“, in: Karl Marx, Le Capital. Critique de l’économie politique. 4e éd. allemande, Livre I: Le procès de production du capital, ouvrage publié sous la responsabilité de Jean-Pierre Lefebvre. Paris 21993, S. III–VI, hier S. V. Iris Plack, „Due casi limite dell’autotraduzione: Il castello dei destini incrociati di Calvino e Il Capitale di Marx“, Lingue – Culture – Mediazioni 3/1 (2016), S. 135–149, hier S. 139. Plack, Indirekte Übersetzungen, S. 158.

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‚vom Autor autorisierte‘ Mittlerfassungen waren aber nicht die Regel. Neben ‚eingestandenen‘ traten daher auch zahlreiche ‚uneingestandene‘ Formen der indirekten Übersetzung auf, und ergänzend zur französischen Vorlage wurden mitunter auch das Original und/oder weitere, auf Italienisch oder in einer dritten Sprache abgefasste Versionen konsultiert.9

2. Die Relevanz der indirekten Übersetzung für die Rezeption deutscher Literatur in Italien Als erstes soll nach dem Stellenwert der indirekten Übersetzung für die Rezeption deutscher Literatur in Italien und nach deren Einfluss auf das Bild der übersetzten Werke und Autoren gefragt werden. Was im Italien des 19. Jahrhunderts rezipiert wurde, war in beträchtlichem Maße durch die Verfügbarkeit französischer Übersetzungen vorgegeben. So beklagt ein Rezensent in der Mailänder Rivista Europea von 1842: È cosa bizzarra il considerare, come, sotto diverse circostanze, abbiano i Francesi in questo rapporto [scil.: nello studio della ‚lingua alemanna‘] fatto molto maggiori progressi di noi; perciocchè essi contano tradotte nella lingua loro le migliori opere della letteratura alemanna; e se l’Italia le conosce, forse più particolarmente alla Francia lo debbe che non alla originale sorgente.10

Die französischen Versionen wurden häufig direkt konsultiert, standen aber auch Pate für italienische Fassungen. Insbesondere zur Zeit der Restauration verfügten viele Übersetzer nicht über ausreichende Deutschkenntnisse; zudem galt die Übertragung ins Französische per se als Qualitätsgarant. Die sklavische Abhängigkeit vieler Italiener vom französischen Urteil veranlasste den Schriftsteller Niccolò Tommaseo 1841 gar zu der polemischen Bemerkung: „[…] e molti [italiani], per credere che Inglesi e Tedeschi non erano barbari, aspettarono che lo dicesse la Francia“.11 Was die Auswirkung der französischen Vermittlung auf das Wie der Rezeption betrifft, ist Stackelbergs generische Beobachtung richtungsweisend: „Frankreichs Übersetzer haben zur Weltgeltung mancher Autoren beigetragen, sie haben diesen jedoch manches von ihrer Echtheit genommen, um sie mit mehr Glanz zu versehen.“12 Zwischen Deutschland und Italien trat Frankreich insbesondere auf zwei Gebieten als Mittler auf: hinsichtlich der deutschen ‚romantischen‘ Literatur und der idealistischen Philosophie. 9 10 11 12

Ebd., S. 119 ff. Ferdinando Meneghezzi in seiner Rezension von Giovanni Silvestris Biblioteca scelta di opere tedesche volgarizzate in der Rivista Europea IV (1842), S. 102–111, hier S. 110. Niccolò Tommaseo, Scintille, Venezia 1841, hier S. 8. Jürgen von Stackelberg, Übersetzungen aus zweiter Hand. Rezeptionsvorgänge in der europäischen Literatur vom 14. bis zum 18. Jahrhundert, Berlin/New York 1984, hier S. 232.

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2.1 Die deutsche ‚romantische‘ Literatur In dem noch überwiegend vom klassizistischen Literaturideal geprägten Italien löste die Literatur der deutschen ‚Romantiker‘ eine regelrechte Mode aus. Bereits im späten 18. Jahrhundert setzte dort eine „Werther-Schwärmerei“ ein, mit der Goethes Sturm und Drang-Werk zum zentralen Bezugspunkt der italienischen Romantik wurde.13 An einer derartigen Verschiebung literarischer Epochengrenzen hatte die mittelbare Rezeption einen nicht unwesentlichen Anteil: Mme de Staëls berühmtes Buch De l’Allemagne (1810/1814), die ‚Bibel‘ der französischen Romantiker, bereitete den Boden für die ‚romantische‘ Lesart nicht nur des Werther, sondern auch des Faust. Gérard de Nerval, der diese Lesart mit seiner 1828 vorgelegten Faust-Übersetzung beförderte,14 vereinnahmt in einem Brief an den Verleger des Messager vom 2. Oktober 1838 neben Goethe auch Schiller als Vertreter des romanticisme: „Il y a l’Allemagne! la terre de Goethe et de Schiller, le pays d’Hoffmann; la vieille Allemagne, notre mère à tous!“.15 Offensichtlich hatte das französische Bild der deutschen Romantik wenig mit dem zu tun, was man in Deutschland darunter verstand; es resultierte aus der Verschmelzung verschiedener Autoren zu einer Art literarischer Chimäre.16 Im Kielwasser der französischen Romantiker-Rezeption entwickelte sich die italienische „scuola romantica“. Das Manifest des italienischen Romanticismo, die Lettera semiseria di Grisostomo al suo figliolo (1816), bildete den Auftakt zu der berühmten Polemik zwischen Classicisti und Romantici, die Mme de Staëls im selben Jahr erschienener Traktat Sulla maniera e l’utilità delle traduzioni17 in Italien entfacht hatte. Sein Verfasser Giovanni Berchet, Übersetzer und Mitherausgeber der Mailänder Zeitung Il Conciliatore, erklärt darin Goethe, Schiller und den Sturm und Drang-Autor Gottfried August Bürger zu den bedeutendsten Exponenten der „scuola moderna“.18 Den einzigen echten Romantiker der französischen Trias, E. T. A. Hoffmann, lässt er hingegen unerwähnt; Hoffmanns Werke waren im damaligen Italien noch weitgehend unbekannt und wurden erst in den 1830er Jahren, wiederum im Gefolge der französischen Rezeption, übersetzt.19 Die italienische Wahrnehmung wurde also durch Frankreichs Bild der deutschen ‚Romantiker‘ entscheidend geprägt. Französische Fassungen von Goethes und Schillers Werken dienten als Vorlage für Übersetzungen aus zweiter Hand – wenn sie nicht, wie 13 14 15 16 17 18 19

Plack, Indirekte Übersetzungen, S. 87 ff. Sie wurde 1830 von Hector Berlioz vertont. Zit. nach Andrea Hübener, Kreisler in Frankreich. E. T. A. Hoffmann und die französischen Romantiker, Heidelberg 2004, hier S. 152. Ebd., S. 3 f. In Frankreich erschien dieser vier Jahre später unter dem Titel De I’Esprit des traductions (1820). Giovanni Berchet, „Sul ‚Cacciatore feroce‘ e sulla ‚Eleonora‘ di Goffredo Augusto Bürger. Lettera semiseria di Grisostomo al suo figliuolo“, in: ders., Opere di Giovanni Berchet edite ed inedite pubblicate da Francesco Cusani, Milano 1863, S. 207–263, hier S. 210. Susanna Gugenheim, E. T. A. Hoffmann e l’Italia, Milano 1925, hier S. 49.

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Nervals Faust, direkt en français dans le texte rezipiert wurden. Man denke etwa an die Übersetzung der Räuber durch Jean-Henri-Ferdinand Lamartelière (1793), auf der eine frühe italienische Bühnenbearbeitung fußt, und durch Prosper Brugière de Barante (1821), oder an die Faust-Übersetzungen des Comte de Sainte-Aulaire (1823). Zum Einfluss der französischen Vermittlung auf die übersetzerische Rezeption in Italien mag ein Beispiel genügen. Der ‚echte‘ Romantiker E. T. A. Hoffmann wurde in Frankreich nahezu parallel zu Goethes Faust übersetzt und rezipiert.20 Zugleich wurden seine Erzählungen dort gern in die Nähe der deutschen idealistischen Philosophie gerückt.21 Eine nicht zu unterschätzende rezeptionsfördernde Wirkung22 entfalteten aber François-Adolphe Loève-Veimars’ einbürgernde Übersetzungen, die die französische „Hoffmann-Mode“ der späten 1820er und frühen 1830er Jahre begründeten. Sie transportieren ein Klischeebild, dessen Vorzüge der Schriftsteller Théophile Gaultier eindrücklich schildert: Hoffmann ne s’est pas, il faut le dire, présenté en France avec sa redingote allemande toute chamarrée de brandebourgs et galonnée sur toutes les coutures comme un sauvage d’outre-Rhin; avant de mettre le pied dans un salon, il s’est adressé à un tailleur plein de goût, à M. Loève-Weimar [sic!], qui lui a confectionné un frac à la dernière mode avec lequel il s’est présenté dans le monde et s’est fait bien venir des belles dames. Peut-être qu’avec ses habits allemands il eût été consigné à la porte, mais maintenant, que la connaissance est faite et que tout le monde sait que c’est un homme aimable et seulement un peu original, il peut reprendre sans danger son costume national.23

Loève-Veimars milderte die Schockwirkung Hoffmanns, hellte dunkle Passagen auf, griff klärend in den Erzählfluss ein und prägte mit Gruseleffekten das Klischee des „Gespenster-Hoffmann“.24 Die ‚unheimliche‘ Kraft des Phantastischen hegte er ein, indem er es in das berechenbarere Konzept eines „phantastischen Realismus“ überführte; Humor und romantische Ironie ersetzte er durch französischen „Esprit“.25 Dieser ‚gefälligere‘ Hoffmann fand unmittelbar nach seiner Hochzeit in Frankreich als einer der wenigen deutschen Romantiker auch in Italien eine – wenn auch begrenzte – Leserschaft. In den Literaturorganen der Lombardei und Julisch-Venetiens propagierte man das französische Hoffmann-Bild, das der grundlegenden Skepsis der Italiener gegenüber dem neuartigen Genre des Fantastischen entgegenkam. Diese neigten – so ein französischer Rezensent – eher dem optimistisch-positiven Genre des Wunderbaren (il meraviglioso) zu, während Hoffmanns Werken immer etwas Sinistres und Schaurig-Unheilvolles an20 21 22 23 24 25

Hübener, Kreisler in Frankreich, S. 3 f. In einer Besprechung im Figaro vom 3. Dezember 1829 stilisiert ein Kritiker Hoffmanns Werke gar zur „expression dramatisée de la philosophie allemande“ (zit. nach Elizabeth Teichmann, La fortune d’Hoffmann en France. Genève/Paris 1961, hier S. 30). Sie zeigt sich in den wenig später publizierten, relativ treuen und eleganten Neuübersetzungen von Henry Egmont (1836). Théophile Gaultier, „Contes d’Hoffmann“. Chronique de Paris, 14. August 1836. Peter Utz, Anders gesagt – autrement dit – in other words. Übersetzt gelesen: Hoffmann, Fontane, Kafka, Musil, München 2007, hier S. 56. Plack, Indirekte Übersetzungen, S. 257; 259 f.

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hafte.26 Auf der Grundlage von Loève-Veimars’ Fassungen erschien 1835 in Mailand ein Erzählband mit (uneingestandenen) Übersetzungen aus zweiter Hand, ein Großteil davon aus der Feder von Gaetano Barbieri.27

2.2 Die Philosophie des deutschen Idealismus Auch auf dem Gebiet der deutschen idealistischen Philosophie wirkte die indirekte Übersetzung als ‚Katalysator‘ der italienischen Rezeption. Mit deren wichtigstem Exponenten Immanuel Kant war das Deutsche im 19. Jahrhundert vor allem in Frankreich in den Ruf einer philosophischen Sprache gelangt. Dabei wurde die Sprache Kants, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass sie ihre Begriffe aus dem alltäglichen Sprachgebrauch schöpft,28 in der Frühphase der italienischen Kant-Rezeption von ‚Ideologen‘ wie Melchiorre Gioia vehement abgelehnt. 1822 schreibt Gioia in seiner Ideologia esposta: Kant si presentò alla Germania involto in una nube di parole scientifiche, e dapprima eccitò la sorpresa, poscia l’adorazione. In Italia prima di piegare il ginocchio si vuol vedere l’idolo in faccia: io ricuso dunque di fare in questo scritto ulteriori parole di Kant, e ripeto Fiat lux.29

Der Urheber des Bonmots „l’Italia non s’inkanta!“, argumentiert ganz im Sinne von Charles de Villers und Mme de Staël, die den Aufklärer Kant in Frankreich als restaurativen, aufklärungsfeindlichen Idealisten einführten.30 Der Vorwurf des Obskurantismus richtet sich hier aber nicht primär gegen Kants Denken, sondern gegen seinen Stil.31 Das abschließende Bibelzitat Fiat lux lässt sich geradezu als Aufforderung an die Übersetzer lesen, Kants Schriften getreu dem französischen Stilideal der clarté in eine ‚verständliche‘ Form zu bringen. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein war die italienische Rezeption Kants und anderer deutscher idealistischer Philosophen durch das französische Vorbild geprägt.32 Die indirekte Übersetzung spielte dabei eine Schlüsselrolle – und dies, ob26

Francesco Regli, „G. T. A. Hoffmann e quattro articoli inseriti in diversi giornali“, in: ders., Scritti editi ed inediti. Milano 1832, S. 113–116, hier S. 113 f. (ital. Fassung einer Rezension von LoèveVeimars’ Contes fantastiques in der Revue française XIII [1830], S. 300–304). 27 Plack, Indirekte Übersetzungen, S. 166. 28 Michel Espagne, En deçà du Rhin: l’Allemagne des philosophes français au XIXe siècle, Paris 2004, hier S. 61. 29 Melchiorre Gioia, Ideologia esposta da Melchiorre Gioja autore del trattato ‚Del merito e delle ricompense‘. Tomo I, Milano 1822, hier S. 4. 30 Charles de Villers, Philosophie de Kant ou Principes fondamentaux de la Philosophie transcendentale, Metz 1801. 31 Vittorio Imbriani bemerkt in seinen Carteggi von 1870 augenzwinkernd, Kants unverständliche Sprache habe in Form des Terminus cant („Geheimsprache“, „Jargon“) bereits Eingang in das Englische gefunden. Plack, Indirekte Übersetzungen, S. 308. 32 Dies gilt nicht für die Schriften Hegels, die italienische Philosophen überwiegend direkt rezipierten; die französische Übersetzung besorgte der Italiener Augusto Vera. Plack, Indirekte Übersetzungen, S. 187.

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wohl die Sprache Kants anfangs auch in Frankreich, dem Land Descartes’, schwer zugänglich war. Als Haupthindernisse der Rezeption benennt der französische Übersetzer Louis Peisse 1840 die scholastische Form seiner Werke und den hohen Fachlichkeitsgrad seiner Sprache.33 Es verwundert also nicht, wenn die französischen Übersetzer in erster Linie um sprachliche ‚Klarheit‘ bemüht waren. So bescheinigt der Philosoph Jules Simon 1834 den Kant-Übersetzungen Jules Barnis: „Le philosophe français [Barni] éclaircit en traduisant, de sorte que, même pour un lecteur familier avec l’allemand, il y a profit à lire les œuvres de Kant dans la traduction“.34 Der Inhalt blieb davon natürlich nicht unberührt, zumal die französischen Kant-Exegeten, deren Übersetzungshaltung durch die Zugehörigkeit zu bestimmten ‚Schulen‘ geprägt war, bestrebt waren, auch Kants Thesen zu ‚verbessern‘ und zu vervollständigen.35 Entsprechend näherte der Kulturmittler Victor Cousin Kants Denken in eklektizistischer Manier der in Frankreich vorherrschenden sensualistischen Tradition an. Von Cousins Geisteshaltung zeugen denn auch die Übersetzungen der Kritiken, die Jules Barni und Claude-Joseph Tissot in den 1820er bis 1840er Jahren vorlegten.36 Derart stilistisch ‚bereinigte‘, durch die französische Wahrnehmung vorgeprägte Fassungen – Espagne spricht gar von einem objet mixte, das durch die französische Rezeption entstanden sei37 – bereiteten den Boden für die Aufnahme Kants in Italien. Ihr Prestige spielte dabei ebenso eine Rolle wie die Hilfestellung, die sie den Übersetzern bei der Durchdringung von Kants Theoriegebäude und seiner als ‚dunkel‘ empfundenen Sprache leisteten. Überdies wurden sie von Italiens Intellektuellen häufig direkt konsultiert. Die italienischen Philosophen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die Kant quasi ‚durch Hegel‘ rezipierten,38 schenkten dabei den drei Kritiken kaum Aufmerksamkeit. Mit Ausnahme der Kritik der reinen Vernunft begann man diese erst in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts zu übersetzen, meist unter Zuhilfenahme einer oder mehrerer französischer Fassungen, auf die die Übersetzer mitunter ausdrücklich Bezug nahmen. Solche ‚eingestandenen‘ Übersetzungen aus zweiter Hand legten Alfredo Gargiulo (Critica del Giudizio, 1907) und Francesco Ca33

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Den Gegenpol zu Kant bilden für Peisse schottische Denker wie David Hume, für den der Gebrauch der Gemeinsprache eine Art philosophisches Prinzip sei. Jean Lacoste, „Philosophes“, in: Yves Chevrel/Lieven D’hulst/Christine Lombez (Hgg.), Histoire des traductions en langue française. Vol. 19e siècle. 1815–1914, Lagrasse 2012, S. 1009–1066, hier S. 1019. Jules Simon, Le Siècle vom 20. März 1854, zit. nach Paul Lévy, La langue allemande en France. Pénétration et diffusion des origines à nos jours. Vol. 2: De 1830 à nos jours, Paris/Lyon 1952, hier S. 136. Espagne, En deçà du Rhin, S. 171. Iris Plack, „‚Extraduction‘ et ‚intraduction‘: les flux de traduction dans le monde latin“, in: Jörn Albrecht/René Métrich (Hgg.), Manuel de Traductologie (Manuals of Romance Linguistics, Bd. 5), Berlin 2016, S. 671–687, hier S. 683. Espagne, En deçà du Rhin, S. 15 f. Zu ihnen gehört Bertrando Spaventa, der der Auffassung war, „[…] che ne’ due paesi [Deutschland und Italien] il kantismo è stato inteso di una maniera opposta.“ Bertrando Spaventa, „La filosofia di Kant e la sua relazione colla filosofia italiana“, in: ders., Opere, Milano, S. 135–215, hier S. 136.

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pra (Critica della ragion pratica, 1909) vor, während Giovanni Vidari und Nicola Palanga in ihren jeweils 1910 erschienenen Versionen der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten die Anleihen bei ihren französischen Vorgängern nicht offenlegten.39

3. Die Auswirkungen der indirekten Übersetzung auf die Übersetzungsdebatte und die literarischen Diskurstraditionen in Italien Bisher war die Rede von der ‚rezeptionslenkenden‘ Wirkung der französischen Vermittlung in Italien. Jetzt soll es um deren Relevanz für Italiens Übersetzungspraxis und die dortige theoretische Übersetzungsdebatte gehen. In Frankreich gaben die Werke der deutschen ‚Romantiker‘ und idealistischen Philosophen einen Anstoß zur Veränderung der vorherrschenden Übersetzungshaltung und spielten so eine Schlüsselrolle bei der Entstehung neuer Diskurstraditionen.40 Nun soll gefragt werden, inwieweit diese Impulse auf dem Wege der indirekten Übersetzung auch in Italien Wirkung entfalteten. Der Übersichtlichkeit halber werden Philosophie und Schöne Literatur erneut getrennt behandelt, ungeachtet der vielgestaltigen Wechselwirkungen, die gerade in den romanischen Ländern aufgrund der Nähe der jeweiligen Diskurstraditionen zwischen beiden bestehen.

3.1 Philosophie Auf dem Gebiet der Philosophie war der französische Einfluss im Italien des 19. Jahrhunderts besonders stark, zumal dessen klassisches Erbe dort weniger ins Gewicht fiel als im Bereich der Schönen Literatur.41 Die prägende Wirkung, die die Rezeption deutscher philosophischer, aber auch theoretischer und historischer Texte auf die französischen Diskurstraditionen ausübte,42 strahlte auf dem Wege der indirekten Übertragung auf die italienische Übersetzungsdebatte aus. Für die Philosophie des 19. Jahrhunderts, das Michel Espagne etwas überspitzt als „siècle

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Plack, „‚Extraduction‘ et ‚intraduction‘ “, S. 683. Jörn Albrecht, „Übersetzen und Sprachgeschichte: Übersetzungen ins Französische und Okzitanische“, in: Gerhard Ernst (Hg.), Romanische Sprachgeschichte: ein internationales Handbuch zur Geschichte der romanischen Sprachen. Bd. 2, Berlin/New York 2006, S. 1386–1403, hier S. 1398. Plack, Indirekte Übersetzungen, S. 306. Dazu zählen etwa die Übersetzungen von David Friedrich Strauß’ Leben Jesu (Émile Littré, Paris 1839/40) sowie der Werke Schopenhauers (J. A. Cantacuzène in den 1880er Jahren) und Nietzsches (Henri Albert um die Jahrhundertwende). Albrecht, „Übersetzen und Sprachgeschichte“, S. 1398.

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allemand“ etikettiert,43 war die übersetzerische Rezeption Kants das große Ereignis.44 Claude-Joseph Tissot wirft im Vorwort zu seiner Kant-Übersetzung Principes métaphysiques de la morale (1830) ein Schlaglicht auf die Probleme, vor die sich zeitgenössische französische Übersetzer gestellt sahen: Deux difficultés principales se font sentir dans les écrits de Kant. La première est sa terminologie; la seconde consiste dans la dépendance étroite, indissoluble, d’une foule d’idées qu’il faut lier entre elles dans un cadre très resserré, si l’on veut être traducteur et non paraphraste. Quant à la terminologie, l’on sait qu’elle a été longtemps une difficulté pour l’intelligence de la philosophie critique, même en Allemagne. Et cependant, comme cette terminologie est destinée à rendre des idées ou des nuances d’idées nouvelles, ou à les rendre d’une manière plus convenable, elle est évidemment sacramentelle. On n’y peut donc rien ou presque rien changer dans une traduction.45

Hier werden die beiden Hauptschwierigkeiten benannt, die die Übersetzungsdebatte in Frankreich und Italien gleichermaßen bestimmen sollten: die als ‚dunkel‘ empfundene Terminologie Kants und, damit eng verbunden, die neue Denkweise, auf der sein philosophisches System fußt. Trotz anderslautender Beteuerungen war Tissot selbst noch stark der ‚klärenden‘ Übersetzungshaltung verhaftet. Für seine fünf Jahre später publizierte Fassung der Kritik der reinen Vernunft (1835– 36) stützte er sich übrigens seinerseits auf eine lateinische und eine italienische (!) Mittlerversion.46 Langfristig aber gab die Auseinandersetzung mit einer so eng an die Sprache ihrer Entstehung gebundenen Philosophie wie der Kants Anlass zu äußerst verfremdenden, sprachlich innovativen Übersetzungsstrategien, die ihrerseits auf Frankreichs philosophische Diskurstraditionen zurückwirkten.47 In Italien spiegelte sich diese veränderte Übersetzungshaltung zumindest punktuell in der Beschaffenheit italienischer Übersetzungen aus zweiter Hand wider und beförderte in der Folge die direkte Auseinandersetzung mit dem Original. Einem grundlegenden Wandel des dortigen Kant-Bildes wurde somit der Boden bereitet. Einen Eindruck von dieser Entwicklung vermitteln die beiden indirekten Übersetzungen der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten durch Nicola Palanga und Giovanni Vidari, von denen bereits die Rede war. Palangas Fassung, die sich an den frühen Übersetzungen Barnis und Tissots orientiert, weist noch einige stilistische Reduktionen und inhaltliche Ungenauigkeiten auf. Anders Vidaris mehrfach neu aufgelegte Version: Sie profitiert von der reich mit gelehrten Anmerkungen versehenen historisch-kritischen Neuübersetzung von Victor Delbos (1907), die sich durch sprachliche und inhaltliche Präzision und konsequente Verwendung der

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Espagne, En deçà du Rhin, S. 12. Lacoste, „Philosophes“, S. 1010. Zit. nach Lacoste, „Philosophes“, S. 1035; Hervorhebungen I. P. Es handelt sich um die lateinische Fassung von Friedrich Gottlob Born (1796–1798) und die italienische Version von Vincenzo Mantovani (1820–22), die erste Übersetzung in eine europäische Sprache. Espagne, En deçà du Rhin, S. 263. Albrecht, „Übersetzen und Sprachgeschichte“, S. 1398.

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Terminologie auszeichnet.48 Vereinzelt meldeten sich in Italien bereits Stimmen zu Wort, die von einem beginnenden Wandel in der Übersetzungshaltung zeugen. So betont Giovanni Gentile49 im Vorwort zu seiner Neuübersetzung der Kritik der reinen Vernunft, die er 1910 zusammen mit Giuseppe Lombardo-Radice vorlegte: Le difficoltà, che incontra il lettore, che legge il testo nella lingua originaria, devono essere tutte presentate a chi sia costretto a leggere la traduzione; e ha interesse di veder rispecchiato in questa, quanto più fedelmente è possibile, l’atteggiamento, in tutti i suoi particolari, dati dallo scrittore al proprio pensiero.50

Beinahe ein Jahrhundert nach Melchiorre Gioias bekannter Polemik tritt hier an die Stelle der clarté, des explikativen Stils und des kritischen Kommentars eine philologisch-dokumentarische Übersetzungsstrategie, die dem Leser keinerlei Interpretation mehr vorgibt.

3.2 Schöne Literatur Die enge Verflechtung der italienischen Übersetzungskultur mit literarischen Diskurstraditionen zeigt sich insbesondere in der bereits erwähnten, von Mme de Staël angestoßenen Streitfrage zwischen Classicisti und Romantici über den Charakter der Literatursprache.51 Indem sie die erneuernde Wirkung der Übersetzung moderner ‚romantischer‘ Werke auf die heimische Literatur betonte, bereitete Staël mit ihrer umstrittenen Abhandlung der Modernisierung der literarischen Diskurstraditionen in Italien und Frankreich gleichermaßen den Boden.52 In Frankreich gewann die Literatursprache durch die Übersetzungstätigkeit aus dem Deutschen im Laufe des 19. Jahrhunderts allmählich an Flexibilität53 – man denke an den prägenden Einfluss der dortigen Werther-Rezeption.54 Italien blieb 48

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Plack, „‚Extraduction‘ et ‚intraduction‘ “, S. 683 f. Dreh- und Angelpunkt der terminologischen Debatte war die Kritik der reinen Vernunft, an der sich noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts diverse Polemiken entzündeten. Den Prüfstein für die Qualität der Übersetzungen bildeten Schlüsselbegriffe wie „Erscheinung/Schein“. Plack, Indirekte Übersetzungen, S. 314. Gentile ist im Übrigen von Hegel beeinflusst, was sich in der Wiedergabe einiger Kernbegriffe Kants niederschlägt. Ebd. Giovanni Gentile, „Prefazione a questa traduzione“, in: Immanuel Kant, Critica della ragion pura, trad. di Giovanni Gentile e Giuseppe Lombardo-Radice. Vol. 1, Bari 1910, XXII–XXIII, hier S. XXIII. Andreas Bschleipfer/Sabine Schwarze, „Übersetzungstheorie und Übersetzungskritik in Italien im 19. und 20. Jahrhundert“, in: Harald Kittel et al. (Hgg.), Übersetzung. Translation. Traduction. Ein internationales Handbuch zur Übersetzungsforschung. Bd. 3, Berlin/Boston 2011, Art. 196, S. 1951–1962, hier S. 1951 f. Myriam Salama-Carr, „French tradition“, in: Mona Baker (Hg.), Routledge encyclopedia of translation studies, London 1998, S. 409–417, hier S. 413. Paul Lévy, La langue allemande en France. Pénétration et diffusion des origines à nos jours. Vol. 1: Des origines à 1830, Paris/Lyon 1950, hier S. 285. Albrecht, „Übersetzen und Sprachgeschichte“, S. 1398.

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von diesen Entwicklungen zunächst unberührt. Dort tat man sich angesichts der klassisch geprägten Traditionen mit der Aufnahme ‚fremder‘ Literaturen besonders schwer. ‚Einbürgernde‘ französische Übersetzungen dienten weiterhin als Maßstab, zumal das Französische allgemein verbreitet war,55 und lieferten sprachliche ‚Versatzstücke‘ für hastig gefertigte indirekte Übersetzungen. Insbesondere in der Lombardei und Julisch Venetien entstanden zur Zeit der Restauration regelrechte „Übersetzungsfabriken“. Wenn sich in Italien dennoch allmählich die ‚verfremdende‘ Übersetzungshaltung durchzusetzen begann, so ist dies zu einem Großteil der Bewegung zu verdanken, die sich Ende der 1830er Jahre gegen derartige ‚Fließbandproduktionen‘ formierte.56 In der Rivista Viennese etwa polemisiert ein Rezensent gegen die gängige Praxis der Übersetzung aus zweiter Hand: È vero che qualunque italiano dovrà sudare a tradurre con proprietà dal tedesco opere letterarie e soprattutto poesie; potrà tuttavia riuscirvi, se ricorrerà alla fonte immediata, ma se a traduzioni francesi si volga, fallirà certo la meta. I francesi in generale sono pessimi traduttori, e più di opere tedesche. Oltre essere la loro lingua men atta a ciò della nostra, essi giocano spesso a indovinare anzi che a penetrare nel senso dell’autore, e quindi i farfalloni sono innumerevoli e goffi.57

Die monierte Praxis hatte aber auf der anderen Seite eine ‚reaktionsbeschleunigende‘ Funktion: Indem sie den Impuls zur direkten Auseinandersetzung mit den Originalen und deren sprachlichen Eigenheiten weckte, gab sie den Anstoß zu einer Veränderung der zielsprachlichen Diskurstraditionen. Dieser Entwicklung mag auch die Abkehr vom ordre naturel Vorschub geleistet haben. Das in Frankreich seit Mitte des 18. Jahrhunderts populäre Leitbild einer ‚logischen‘ Wortstellung wurde in Italien zunehmend als steril und langweilig empfunden.58 Wie prägend der Einfluss dieser neuen Hinwendung zu den Originalen für Italiens literarische Kultur war, zeigt sich etwa am Beispiel der direkten Übertragung von Schillers Theater, die sich parallel zur indirekten Übersetzungspraxis seit den 1820er Jahren durchzusetzen begann.59 Die Flexibilisierung der Diskurstraditionen öffnete Italiens Literaturbetrieb im 20. Jahrhundert auch für Einflüsse innovativer englischsprachiger Erzähler. So bediente sich Elio Vittorini, der u. a. Werke William Faulkners übersetzte, in 55

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In der Lombardei galt es gar als „quasi volgare“ (so der Direktor der Biblioteca Italiana Giuseppe Acerbi). Mario Allegri, „La letteratura tedesca nell’Italia della Restaurazione: saggi, ragguagli e traduzioni“, in: Alberto Destro/Paola Maria Filippi (Hgg.), La cultura tedesca in Italia 1750–1850, Bologna 1995, S. 379–393, hier S. 382. Plack, Indirekte Übersetzungen, S. 114 f. Rivista Viennese 8 (1840), S. 185–86 (zit. nach Allegri, „La letteratura tedesca nell’Italia della Restaurazione“, S. 383). Hans-Wolfgang Schneiders, Die Ambivalenz des Fremden. Übersetzungstheorie im Zeitalter der Aufklärung (Frankreich und Italien), Bonn 1995, hier S. 75. Daniela Goldin Folena, „Traduttori e traduzione in Europa e nel Veneto Tra Sette e Ottocento“, in: Helmut Meter/Furio Brugnolo (Hgg.), Vie Lombarde e Venete. Circolazione e trasformazione dei saperi letterari nel Sette-Ottocento fra l’Italia settentrionale e l’Europa transalpina, Berlin 2011, S. 135–152, hier S. 150.

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seinem 1941 erschienenen Roman Conversazione in Sicilia eines für italienische Verhältnisse ungewöhnlich nüchternen, parataktischen Stils: Ero in viaggio, e a Firenze, verso mezzanotte, cambiai treno, verso le sei del mattino dopo cambiai un’altra volta a Roma Termini, e verso mezzogiorno giunsi a Napoli, dove non pioveva e spedii un vaglia telegrafico di lire cinquanta a mia moglie. Le dissi: − Torno giovedì.60

Die theoretische Übersetzungsdebatte allerdings blieb in Italien auch noch im 20. Jahrhundert lange unberührt von der herrschenden Praxis und eigenen Traditionen verhaftet, die durch den ästhetischen Übersetzungspessimismus Giovanni Pascolis, Benedetto Croces und Giovanni Gentiles geprägt waren.61

Schlussbemerkung und Ausblick Die indirekte Übersetzung wurde erstens hinsichtlich ihrer Rolle bei der Aufnahme deutscher Literatur in Italien und zweitens mit Blick auf ihre Bedeutung für den Wandel der dortigen Übersetzungspraxis und literarischen Diskurstraditionen beleuchtet. Auf beiden Ebenen kommt ihr eine Art Katalysatorfunktion zu: Sie erleichterte italienischen Lesern den Zugang zur literarischen Produktion Deutschlands und übte auf dem Wege der Übersetzungspraxis eine erneuernde Wirkung auf die vorherrschenden Diskurstraditionen aus. Durch die indirekte Übersetzung fand das französische Klischeebild der deutschen Romantiker und idealistischen Philosophen auch in Italien Verbreitung. Letztlich aber regte die durch die mittelbare Übertragung beförderte Vertrautheit mit deutscher Literatur zur direkten Auseinandersetzung mit den Originalen an, was eine Hinwendung zu stärker verfremdenden Übersetzungsstrategien begünstigte. Vor allem die Übersetzung deutscher Philosophen führte zum Aufbrechen starrer Normen, und diese Entwicklung strahlte auch auf die stärker verfestigten Diskurstraditionen der Schönen Literatur aus, wie das oben angeführte Beispiel von Elio Vittorini zeigt. So ist die indirekte Übersetzung nicht ganz unbeteiligt daran, dass im Italien des 20. Jahrhunderts ästhetisierende stilistische Kategorien wie Dialogizität, Eleganz, Klangharmonie und lexikalisch-semantische variatio,62 die in Philosophie und Literatur bisher verbindliche Geltung hatten, allmählich an Bedeutung verloren. Die Herausbildung einer nüchterneren, präziseren und terminologisch konsistenteren Sprache erleichterte wiederum die Übertragung der Werke europäi60

Elio Vittorini, Conversazione in Sicilia (nome e lagrime). Romanzo, Milano 1941, zit. nach Jörn Albrecht/Iris Plack, Europäische Übersetzungsgeschichte, Tübingen 2018, hier S. 73. 61 Bschleipfer/Schwarze, „Übersetzungstheorie und Übersetzungskritik in Italien im 19. und 20. Jahrhundert“, S. 1951. 62 Sabine Schwarze, „Die übersetzerische Rezeption europäischer Entwicklungen in der Kultur und Wissenschaft in Italien“, in: Harald Kittel et al. (Hgg.), Übersetzung. Translation. Traduction. Ein internationales Handbuch zur Übersetzungsforschung. Bd. 3, Berlin/Boston 2011, Art. 198, S. 1970–1981, hier S. 1979.

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scher Denker. In besonderem Maße gilt dies für deutsche geistesgeschichtliche Texte, „in denen sich die Konvergenzkräfte der internationalen Wissenschaftssprache weniger durchgesetzt haben als der Wille zur durchsichtigen deutschen Bildung“.63 So wurden etwa die Werke Freuds im Italien der Nachkriegszeit nach anfangs heftigen Widerständen gegen die Psychoanalyse64 in einer Gesamtausgabe vorgelegt, die sich durch terminologische Präzision und die Beachtung wissenschaftlicher Kriterien auszeichnet.65 In Frankreich, wo Freuds Werk sehr uneinheitlich rezipiert wurde, konnte davon noch keine Rede sein.66 Die konsistente Terminologie der italienischen Übersetzung verdeutlicht z. B. das Freudsche Begriffspaar Trieb – Instinkt: Während die südromanischen und die englischen Übersetzer dazu neigen, die fachsprachliche Differenzierung zu neutralisieren (instinct, instinto), erscheint dort für Trieb systematisch pulsione, für Instinkt istinto;67 Überdies zeigt die italienische Freud-Übersetzung exemplarisch, wie die Flexibilisierung geistesgeschichtlicher Diskurstraditionen im Zuge der indirekten Übersetzung auch über deren eigentlichen Geltungsbereich hinaus Wirkung entfalten kann. So ist nicht nur Frankreichs Literaturkritik durch die Terminologie der Psychoanalyse beeinflusst, auch Italiens Literatur und Kunst erhielten durch Freuds Denken wertvolle Impulse.68 Zugleich finden sich auch noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Ausläufer der indirekten Übersetzungspraxis. So war das Italien der Nachkriegszeit für die Auseinandersetzung mit einem Denker wie Heidegger, der seinen Übersetzern ein ausgesprochen hohes Maß an sprachlicher Innovationskraft abverlangt, noch nicht gerüstet; der Blick richtete sich erneut nach Frankreich. In den 1950er Jahren knüpfte der Erstübersetzer von Heideggers Sein und Zeit, Pietro Chiodi, an die dortige, vom Existentialismus geprägte philosophische Diskurstradition an.69 Die komplexen Wechselwirkungen zwischen den Übersetzungen können hier nicht nachgezeichnet werden;70 es bleibt nur festzuhalten, dass Chiodis bis heute wirkmächtige Fassung nicht nur den Heidegger-Diskurs, sondern Italiens philosophische Diskurstraditionen insgesamt entscheidend beeinflusst hat.71 Aber auch diese 63 64 65 66 67 68 69 70 71

Wolfgang Pöckl, „Sigmund Freud, Konrad Lorenz“, in: ders. (Hg.), Österreichische Literatur in Übersetzungen. Salzburger linguistische Analysen, Wien 1983, S. 11–42, hier S. 14. Zu ihren Kritikern gehörte auch Giovanni Gentile, der mit dafür gesorgt hat, dass dem Artikel zur Psychoanalyse in der Enciclopedia Italiana eine „analysefeindliche“ Bibliographie beigegeben wurde. Ebd., S. 20. Sigmund Freud, Opere. A cura di Cesare L. Musatti, 12 vol., Torino 1966–1980. Pöckl/Pögl, „Übersetzen und Sprachgeschichte“, S. 1381 f. Pöckl, „Sigmund Freud, Konrad Lorenz“, S. 19 f. Ebd., S. 16. Für die zweite Auflage seiner Fassung ließ sich Chiodi u. a. von einer französischen Teilübersetzung von 1964 inspirieren. Lavinia Heller, Translationswissenschaftliche Begriffsbildung und das Problem der performativen Unauffälligkeit von Translation (TransÜD; 53), Berlin 2013, hier S. 256. Sie werden bei Heller (ebd,) ausführlich dargestellt. Lavinia Heller, „Philosophen übersetzen. Schleiermachers Platon und Marinis Heidegger: Zur Genese von Methoden philosophischer Übersetzung“, in: Gabriele Münnix (Hg.), Über-Setzen: Sprachenvielfalt und interkulturelle Hermeneutik, Freiburg/München 2017, S. 253–275, hier S. 266.

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Form der indirekten Rezeption führte letztlich zu einer Befruchtung der italienischen Wissenschaftssprache: Die Widerstände, die Chiodis durch Frankreich vorgeprägte ‚existentialistische‘ Lesart Heideggers hervorrief, beförderten die direkte Auseinandersetzung mit dem Original. In bewusster Abgrenzung zu Chiodi wagte Alfredo Marini mit seiner Neuübersetzung von 2006 einen neuen, sprachlich ‚innovativen‘ Ansatz. Er übertrug Heideggers Sein und Zeit mit dem erklärten Ziel: „Io […] allargo la bocca alla lingua italiana, affinché riesca a verschlingen das Fremde, tutto quanto“.72 Es ging ihm also um die gezielte Erweiterung der sprachlichen Mittel, über die Italiens philosophische Diskurstraditionen verfügen. Ob ihm dies gelungen ist, mögen andere beurteilen. Hier sei nur abschließend auf ein interessantes Phänomen des ‚indirekten Kulturtransfers‘ hingewiesen, das in Marinis Fassung aufscheint. Die Rede ist von der Fortune des Begriffs Destruktion, den Heidegger in seiner ursprünglichen lateinischen Bedeutung ‚Abtragen‘, ‚Auseinandernehmen‘ verwendet und der über Derridas berühmten Terminus déconstruction Eingang in den amerikanischen Wissenschaftsdiskurs gefunden hat. Derridas Neologismus entstand aus dem Versuch, Heideggers Resemantisierung des lateinischen Terminus im Französischen nachzuvollziehen. Angesichts des Prestiges der amerikanischen Poststrukturalisten in Europa verwundert es nicht, dass die Neuschöpfung dort rasch Verbreitung fand und nach Deutschland ‚reimportiert‘ wurde.73 Marini führt sie im Vorwort zu seinem Essere e tempo auf ihren eigentlichen Ursprung zurück, wenn er von „decostruzione heideggeriana“ spricht.74 Bleibt festzuhalten, dass die indirekte Übersetzungspraxis nicht unwesentlich zur gegenseitigen Befruchtung der philosophischen und literarischen Diskurstraditionen verschiedener Länder und Kulturräume beigetragen hat. Diskurstraditionen transportieren Ideen und ‚Weltansichten‘, die sich durch Austausch und neues Denken wandeln. Um mit Jürgen Trabant zu sprechen: „Die Geschichte der Ideen ist auch eine Geographie der Ideen“.75 Für die Philosophie hat dies etwa Barbara Cassins Vocabulaire européen des philosophies eindrücklich gezeigt und damit zum Nachdenken darüber angeregt, inwiefern der Primat des Englischen durch die Beschränkung und Vereinheitlichung – nicht nur – der philosophischen Diskurstraditionen den Austausch von Ideen und Weltansichten bedroht.76 72 73

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Alfredo Marini, „Il traduttore lamentoso. È impossibile tradurre Essere e tempo? (Existenz – Dasein – Vorhandenheit)“, Enrahonar 34 (2002), S. 59–71, hier S. 70 f. Jörn Albrecht, „Heidegger auf Französisch – die ‚Poststrukturalisten‘ auf Deutsch. Ein Fall von ‚verschränktem‘ Kulturtransfer“, in: Alberto Gil/Manfred Schmeling (Hgg.), Kultur übersetzen. Zur Wissenschaft des Übersetzens im deutsch-französischen Dialog, Berlin 2009, S. 17–32, hier S. 19 f.; Albrecht/Plack, Europäische Übersetzungsgeschichte, S. 234. Alfredo Marini, „Introduzione. L’‚impulso incessante‘ e le sue metamorfosi“, in: Martin Heidegger, Essere e tempo, Edizione italiana a cura di Alfredo Marini con testo tedesco a fronte, Milano 2006, S. ix–xxxix, hier S. xix. Jürgen Trabant (Rez.), „Ideengeschichte und Ideengeographie“, Zeitschrift für Ideengeschichte I;1 (2007): Alte Hüte, Entfremdung, Coolness, Untergrund, S. 114–117, hier S. 117. Ebd.

INSTITUTIONELLE AGENTUREN DES ÜBERSETZENS UND IHRE ÜBERSETZUNGSPOLITIK (1919–1950)

La Ronda e la letteratura tedesca in Italia dopo la grande guerra Anna Baldini Abstract: After providing a survey of the corpus of foreign literature translated and discussed in the literary magazine La Ronda (1919–23), this essay analyzes the presence of German authors and texts in La Ronda with a particular focus on Goethe, Nietzsche, and Heinrich Mann. The study further illustrates how the reception of German literature, like any foreign literature, is more closely related to cultural-political stakes, positions, and conflicts within the Italian literary field than to debates and discussions deriving from the source literary field.

In questo saggio, analizzando il corpus di lingua tedesca tradotto e discusso dalla più importante rivista letteraria italiana del primo dopoguerra, La Ronda (Roma, 1919–23), mostrerò come esso costituisca – come quello di ogni altra letteratura straniera – una posta in gioco nel conflitto tra gli attori del campo letterario italiano.1 Pubblicare un libro su uno scrittore straniero, tradurne i testi, stroncarli o proporli come paradigmatici, è infatti un modo per scrittori, critici, editori e traduttori di consolidare le proprie posizioni critiche o di poetica. Le modalità con cui autori e testi sono introdotti in un determinato campo letterario ha quindi a che fare più con le problematiche culturali del contesto di arrivo che con quelle di origine delle opere importate.2

1. La Ronda e le letterature straniere3 La Ronda esce mensilmente (anche se spesso con notevole ritardo e accorpamenti di numeri) tra l’aprile 1919 e il dicembre 1923. Durante la prima annata in quarta di copertina sono elencati sette redattori (Antonio Baldini, Riccardo Bacchelli, Bruno Barilli, Vincenzo Cardarelli, Emilio Cecchi, Lorenzo Montano, Aurelio 1 2

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Il campo letterario è uno strumento di analisi sociologica della produzione materiale e simbolica della letteratura elaborato da Pierre Bourdieu, in particolare nelle Règles de l’art. Paris 1992. Questo approccio è alla base del progetto di ricerca La letteratura tedesca in Italia: editoria, campo letterario, interferenza, i cui risultati sono presentati nel portale «Letteratura tradotta in Italia» (www.ltit.it) e in Baldini, Anna, Biagi, Daria, De Lucia, Stefania, Fantappiè, Irene, Sisto, Michele: La letteratura tedesca in Italia. Un’introduzione 1900–1920. Macerata 2018. I riferimenti bibliografici ad articoli e traduzioni citati in questo paragrafo si trovano in appendice.

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E. Saffi), mentre dalla seconda annata sono indicati soltanto i direttori Cardarelli e Saffi. Insieme alle case editrici, le riviste sono una delle principali vie di diffusione delle letterature straniere, i cui autori e i cui testi si trasformano, nelle mani di critici e traduttori italiani, in strumenti di affermazione di specifici valori letterari. La Ronda è in questo una rivista d’avanguardia, un’alleanza di critici e scrittori accomunati dall’intento di rinnovare la prassi letteraria differenziandosi tanto da scrittori e poetiche già consacrati, quanto da altri gruppi emergenti.4 La rivista è il principale strumento con cui i rondisti cercano di conferire autorevolezza ai princìpi alla base delle proprie pratiche critiche e creative: delle «regole dell’arte» che, una volta riconosciute e accettate anche al di fuori del gruppo, conferiscono prestigio ai suoi membri offrendo loro una possibilità di accesso al canone. La Ronda riesce effettivamente a imporre al campo letterario italiano degli anni Venti regole dell’arte incentrate primariamente sullo «stile».5 Nella ricerca letteraria dei rondisti, infatti, è questo il valore letterario per eccellenza, mentre sono relegate ad un piano secondario sia le riflessioni critiche sul contenuto dell’opera letteraria, sia la pratica dei generi fondati sull’inventio (romanzo, novella, opere drammaturgiche concepite per la rappresentazione).6 I rondisti non si dedicano neppure alla lirica, ma si impegnano nella creazione di un nuovo tipo di prosa: il tipico «pezzo» rondista è un testo di scarso sviluppo narrativo e a prevalenza saggistico-descrittiva, che sviluppa per via analogica una trama di raccordi tra immagini, enunciato da una voce che distanzia l’io autoriale dalla materia trattata.7 Nel «Prologo in tre parti» che apre il primo numero della Ronda, i redattori presentano il rinnovamento letterario da loro auspicato nei termini di un confron4

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Ho analizzato il conflitto tra La Ronda e il gruppo della rivista milanese Il Convegno (1920–1940) in: Baldini, Anna: «Agli esordi del Convegno: il duello con La Ronda (1920–1923)», in: Enzo Ferrieri, «Il Convegno» 1920–1940, a cura di Anna Antonello, Anna Modena. Milano 2020, pp. 97– 127. Per una dimostrazione storiografica dell’efficacia dell’uso funzionale del concetto di ‹avanguardia›, cfr. Boschetti, Anna: Ismes. Du réalisme au postmodernisme, Paris 2014. Con l’eccezione del gruppo raccolto intorno alla rivista 900 (1926–1929), infatti, le avanguardie della seconda metà degli anni Venti, cioè gli scrittori che collaborano alle riviste Il Selvaggio (1924–1943), L’Italiano (1926–1941) e Solaria (1926–1936), si pongono in continuità o perlomeno rendono omaggio alle regole dell’arte rondiste. Ancora all’inizio degli anni Trenta sarà contro il nome della Ronda che si scaglierà una nuova avanguardia di giovani scrittori interessati al romanzo (cfr. De Michelis, Eurialo: «La Ronda e noi», in: Il Lavoro fascista, 22 maggio 1932). La ricerca sul contenuto dell’opera e sulla sua originalità è a tal punto secondaria che sulla Ronda appaiono frequentemente delle riscritture intese come esercizi di stile (Bacchelli rifà l’Amleto e Le troiane, Cardarelli la Genesi, Nino Savarese i capitoli dei Promessi sposi che narrano le disavventure di Renzo a Milano, Lorenzo Montano e Giuseppe Raimondi i miti classici). Lo notava già Prezzolini: «Sono indifferenti al soggetto certi letterati della Ronda che prendono a trattare i miti della Bibbia o la storia di Amleto, quasi come una sfida al pubblico e, prima di tutto, come una sfida a se stessi, per esercizio o per mostra di quanto si senton capaci di fare», Prezzolini, Giuseppe: La coltura italiana, Firenze 1923, p. 10. Il testo esemplare della prosa d’arte legittimata dai rondisti è la raccolta di Emilio Cecchi Pesci rossi. Firenze 1920. Su questo genere cfr. Gubert, Carla: Un mondo di cartone. Nascita e poetica della prosa d’arte nel Novecento, Pesaro 2003.

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to transnazionale: l’obiettivo per cui nasce la rivista – rinvigorire la tradizione attraverso la creazione di un classicismo moderno – consentirà alla letteratura italiana di riacquisire una posizione eminente nel consesso europeo. Il nostro classicismo è metaforico e a doppio fondo. Seguitare a servirci con fiducia di uno stile defunto non vorrà dire per noi altro che realizzare delle nuove eleganze, perpetuare insomma, insensibilmente, la tradizione della nostra arte. E questo stimeremo essere moderni alla maniera italiana, senza spatriarci. […] Ritardata la nostra modernità di più di un secolo, a causa di avvenimenti storici che non è il caso di discutere, e rifatta l’Italia grettamente nazionalistica e provinciale nelle arti, la nostra letteratura intraducibile e poco valida ad attestare della nostra universalità tra le nazioni contemporanee, forse è giunto per noi il momento di uscire e di farci intendere in questo contagioso crepuscolo della civiltà moderna europea.8

Al paradosso di uno «stile defunto» che si proclama «moderno» corrisponde quello di un orgoglio nazionale (che rasenta lo sciovinismo in altri interventi pubblicati sulla rivista) inscindibile dalla constatazione del provincialismo del panorama letterario italiano degli ultimi decenni. Questa oscillazione tra un ancoraggio al di qua e uno sguardo volto al di là dei confini nazionali si riflette nella composizione della rivista: gli indici della Ronda affiancano ai testi originali dei collaboratori e alle loro riflessioni su opere italiane antiche e recenti un’attenzione costante a classici e contemporanei francesi, inglesi, tedeschi e russi.9 La rivista fa spazio ad altre letterature sia nella prima sezione, che ospita una pars construens costituita da testi creativi e saggi di ampio respiro, originali o in traduzione, sia nella seconda parte, occupata da recensioni e interventi di taglio anche aspramente polemico.10 Gli autori stranieri non mancano neppure nella rubrica estremamente caratterizzante (e canonizzante) che all’inizio di ogni fascicolo ospita i «Convitati di pietra»: una o due pagine tratte dall’opera di un autore defunto, preferibilmente italiano (ma, appunto, non solo), attraverso le cui parole la redazione enuncia princìpi di poetica.11 Le letterature più presenti sulla rivista sono quelle di lingua inglese, francese e tedesca. La prima domina quantitativamente il panorama delle traduzioni letterarie offerte dalla Ronda: la rivista pubblica due brani a prevalenza descrittiva e dialogica di Hillaire Belloc; un romanzo a puntate di Gilbert K. Chesterton;12 un 8 9

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«Prologo in tre parti», in: La Ronda, I, 1, aprile 1919, p. 6. La Ronda dedica un intervento soltanto alle letterature spagnola, ungherese e giapponese (quest’ultima, peraltro, nella recensione a un volume italiano tradotto passando per la mediazione della lingua inglese). Più numerosi sono saggi e recensioni dedicati ai classici della letteratura russa (Tolstoj, Dostoevskij, Gogol); la rivista traduce inoltre un racconto di Tolstoi, un’antologia di brani dal diario del suo segretario Valentin Bulgakov, e discute negativamente alcune traduzioni italiane di Leonid Andreev. Si tratta di una suddivisione che ritroviamo in altre riviste letterarie degli anni Venti come Il Convegno, 900, Solaria. I Convitati di pietra stranieri sono 8 su 33 occorrenze della sezione. Emilio Cecchi traduce, con il titolo Le avventure d’un uomo vivo, il romanzo Manalive (1912), che esce a puntate nelle annate 1921 e 1922. Il testo è preceduto da una nota della redazione che segnala la distanza tra il gusto della rivista e il testo tradotto: «Nulla è più lontano da certe nostre tendenze estetiche, del folle barocchismo fumista di Chesterton. E forse, proprio per questo, ci piace» (III, 1–2, gennaio-febbraio 1921, p. 38).

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intervento sul teatro di Gordon E. Craig, brani dall’Enrico V di Shakespeare e uno sketch di Bernard Shaw; resoconti di viaggio dell’artista figurativo Charles Ricketts; alcune descrizioni tratte dai romanzi di Robert Louis Stevenson; un saggio di De Quincey. In uno degli ultimi numeri (7–8, 1922), inoltre, Edgar Allan Poe figura quale Convitato di pietra con un estratto da The Philosophy of Composition. Fra i traduttori indicati – è frequente, infatti, che non si attribuisca paternità alle traduzioni – si annoverano collaboratori esterni (Paolo Emilio Giusti, Carlo Linati, un/a non meglio identificato/a A. A. che traduce Shaw)13 e i redattori Lorenzo Montano ed Emilio Cecchi.14 Anche nella parte di interventi e recensioni della rivista abbondano gli scritti sulle letterature di lingua inglese, tra i quali un paio, rubricati «Lettere dall’America» e firmati da C. I. Claflin,15 sono dedicati a quella statunitense. Accanto ai pezzi dei collaboratori italiani Cecchi, Montano, Linati ed Eugenio Giovannetti,16 in questa seconda sezione della rivista compaiono anche articoli tradotti dei critici britannici C. H. Herford ed Edward Shanks.17 Il panorama ampio ed esaustivo sulle letterature di lingua inglese, le collaborazioni di critici madrelingua, i contatti che avevano consentito l’accesso ai permessi di traduzione di testi di autori contemporanei: tutto questo è il riflesso degli interessi e della rete di relazioni di Emilio Cecchi, autore già nel 1915 di una Storia della letteratura di lingua inglese, che nell’aprile 1919 in cui La Ronda avvia le pubblicazioni è appena rientrato da un soggiorno di sei mesi in Gran Bretagna.18 La letteratura francese è più presente come oggetto di discussione critica che per quantità di testi tradotti. «La Ronda» traduce dal francese un unico testo creativo (La ninfea bianca di Mallarmé, in una versione di Montano), mentre le altre 13

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Giusti è un poeta e critico attivo su diverse riviste negli anni Dieci e Venti; per La Ronda traduce Craig. Linati è uno dei più importanti mediatori della letteratura di lingua inglese della prima metà del Novecento, e in particolare della letteratura irlandese; sulla Ronda traduce Yeats e pubblica alcune prose per poi passare a una collaborazione esclusiva con Il Convegno. Sull’opera di mediatore di Linati cfr. Antonio Bibbò, «‹Ma quanti sono questi irlandesi?› La letteratura irlandese in Italia a inizio Novecento e i suoi mediatori», in: tradurre, 14, primavera 2018: https:// rivistatradurre.it/2018/05/ma-quanti-sono-questi-irlandesi/. Montano (pseudonimo di Danilo Lebrecht, 1893–1958), figlio di un industriale, debutta letterariamente sulle pagine della rivista fiorentina Lacerba (1913–1915); durante la guerra conosce Cecchi, che lo coopta nella Ronda. Emilio Cecchi (1884–1966) è un critico letterario, anglista e francesista, autodidatta di formazione come molti collaboratori della Voce, su cui scrive fino al 1913; nel 1910 si trasferisce da Firenze a Roma per lavorare al quotidiano La Tribuna. Nel primo intervento pubblicato il cognome è erroneamente riportato come ‹Chafflin›. Si tratta probabilmente di Charlotte Isabel Claflin (1889–1968), scrittrice statunitense attivista per i diritti civili, che aveva lavorato in Italia per la Croce Rossa durante la prima guerra mondiale. Ringrazio il prof. Gipper per avermi aiutato a proporre questa identificazione. Classicista e collaboratore di diversi quotidiani e riviste, Giovannetti ha sposato una cittadina statunitense. Shanks (1892–1953) fu uno dei poeti emersi dalla grande guerra, oltre che critico letterario e accademico; Herford (1853–1931) è uno studioso noto soprattutto come biografo di Ben Jonson. Cecchi partecipa tra il novembre 1918 e l’aprile 1919 a una missione diplomatica in Gran Bretagna, da dove invia corrispondenze alla «Tribuna». Durante il soggiorno diventa corrispondente dall’Italia per il Manchester Guardian, per il quale scrive fino al 1925.

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traduzioni sono tutte di saggi di critica letteraria, i cui autori sono André Castagnou, Paul Morand, Jacques Rivière, Georges Sorel.19 Sono però quattro i Convitati di pietra francesi (Baudelaire, Montaigne, Péguy, Taine), i cui testi, significativamente, non sono tradotti: sono anni, questi, in cui il francese è la seconda lingua del ceto intellettuale italiano. Tale bilinguismo è un sintomo della posizione dominata del campo letterario italiano rispetto a quello francese, che fino alla metà del secolo rimane al centro della République mondiale des lettres: gli ambienti artistico-letterari parigini sono i più prestigiosi al mondo, gli eventi culturali della capitale francese acquistano un’immediata rilevanza anche in altri paesi, ed è a Parigi che si affermano e consolidano rinomanze artistiche e letterarie sovranazionali.20 Il predominio del campo letterario francese comporta che i dibattiti e le problematiche discussi a Parigi si riverberino nei campi letterari dominati: una rivista d’avanguardia come La Ronda non può, quindi, permettersi di ignorare l’ultimo numero o la più recente edizione della Nouvelle Revue Française o un autore premiato dal Goncourt. Tuttavia, lo sguardo che i redattori della rivista volgono sulla letteratura francese è di rado entusiasta. Anche il collaboratore della Ronda più vicino ai circuiti parigini, Alberto Savinio,21 mostra predilezione solo per pochi autori e testi (Alain, un Aragon neo-classicista, Le Roi de Boétie di Max Jacob), mentre gli altri suoi interventi sono più critici che indulgenti: Savinio sminuisce le opere successive di Jacob, i lavori di Pierre MacOrlan e quelli del più importante italianisant francese, Benjamin Crémieux; contesta inoltre l’accademismo francese e l’attribuzione di un paio di premi Goncourt. Non sono più teneri Bacchelli, che si scaglia contro Crémieux e la NRF; Cecchi, che deplora l’eco suscitata in Italia dai libri di Barbusse; Saffi, che denuncia il pariginismo ombelicale della letteratura francese contemporanea; Alberto Spaini, un ex collaboratore della Voce, che intravede dietro la svolta neoclassicista francese l’ombra del nazionalismo. I collaboratori della Ronda si pongono in una relazione conflittuale e contraddittoria nei confronti del panorama letterario francese contemporaneo: da una parte, infatti, tendono a identificarlo con la sovversione formale delle avanguardie del ventennio precedente, di cui Parigi era stata centro propulsore e che la poetica rondista intende liquidare e superare; dall’altra, sembrano animati da una sorta di revanchismo nazionale che li spinge a rivendicare la priorità del classicismo ancorato alla tradizione italiana di cui La Ronda si vuole portabandiera rispetto al retour à l’ordre dei più recenti orientamenti parigini. 19

Di André Castagnou (1889–1942), poeta e critico letterario, traduttore dall’italiano e dal greco, La Ronda pubblica un saggio su Jean Moréas; di Paul Morand (1888–1976), scrittore e diplomatico, un necrologio di Proust; di Jacques Rivière (1886–1925), critico e direttore della Nouvelle Revue Française, un saggio su Gide; di Georges Sorel (1847–1922), teorico del sindacalismo rivoluzionario, un articolo su Charles Péguy. 20 Sulla gerarchia transnazionale del dominio letterario cfr. Casanova, Pascale: La République mondiale des lettres, Paris 1999. 21 Nato a Salonicco nel 1891 da una famiglia di origine italiana, Savinio vive a Parigi dal 1911 al 1915, quando rientra in Italia per partecipare alla prima guerra mondiale.

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La terza letteratura presente in maniera rilevante sulla Ronda è quella di lingua tedesca: la rivista pubblica meno traduzioni letterarie dal tedesco che dall’inglese, ma il numero di interventi su autori, testi e novità provenienti dall’area germanica è inferiore soltanto a quello delle attualità francesi. Due brani di Nietzsche e uno di Goethe aprono come Convitati di pietra tre fascicoli della rivista, che offre ai suoi lettori altri testi tradotti (quasi tutti saggi) da Goethe, Nietzsche, Thomas Mann ed Emil Ludwig. Nessuna delle traduzioni è attribuita, ma è probabile che il responsabile sia quasi sempre Marcello Cora, il collaboratore della rivista che si occupa pressoché in esclusiva di cultura tedesca.22 Cora è lo pseudonimo adottato sulla stampa italiana dall’ingegnere chimico Mór Korach (1888–1975), di origine ungherese e di famiglia ebraica, esule in Italia per motivi politici dal 1912. Korach si era formato in scuole tedesche e italiane, ed è perfettamente a suo agio con le lingue della sua formazione quanto con la madrelingua ungherese; in Italia intraprende una carriera universitaria di ambito scientifico-tecnologico (è professore di chimica industriale a Bologna dal 1926 e dirige la scuola di ceramica di Faenza), ma è anche attratto dagli ambienti letterari, con cui viene in contatto durante la prima guerra mondiale: arruolatosi volontario nell’esercito italiano (ne ottiene in cambio la cittadinanza), viene incaricato della censura della posta dei prigionieri austro-ungarici, e in ufficio conosce Riccardo Bacchelli, assegnato allo stesso compito per la sua ottima conoscenza della lingua tedesca (la madre è di origine zurighese). Con l’eccezione di una recensione di Montano al Suddito di Heinrich Mann, di una riflessione di Bacchelli su una traduzione di Busch, e degli scritti, tradotti probabilmente dallo stesso Korach, di Oscar Bie, Rudolph Kayser, Emil Ludwig e Alfred Weber,23 tutti gli interventi sulla letteratura tedesca della Ronda sono firmati da Korach. La sua attenzione si divide fra le traduzioni di autori tedeschi pubblicate dagli editori italiani e il resoconto di novità o riproposizioni di classici da parte dell’editoria tedesca. Tuttavia, benché attraverso questi interventi La Ronda offra una panoramica ben informata della letteratura tedesca contemporanea, gli indici della rivista mostrano come l’interesse principale dei redattori – tra i quali va compreso, secondo la sua testimonianza, anche Korach24 – sia rivolto quasi esclusivamente ad un autore: al classico tedesco per eccellenza, Goethe. 22

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Sulla sua biografia e sull’attribuzione delle traduzioni dal tedesco della Ronda cfr. Di Biase, Carmine: Maurizio Korach (Marcello Cora). La Ronda e la letteratura tedesca, prefazione di Riccardo Bacchelli, Napoli 1978. Il libro ha come fonte principale le memorie di Korach e le carte da lui condivise con Di Biase: si tratta quindi di un testo prezioso come fonte documentaria, meno sul piano interpretativo e analitico, in quanto lo studioso non si distacca dal punto di vista del proprio oggetto di studio. La Ronda traduce due ampi saggi dedicati alla letteratura tedesca contemporanea, di Emil Ludwig (La letteratura in Germania dopo la guerra) e Rudolph Kayser (su Werfel). Dello storico dell’arte Oscar Bie sono tradotte due corrispondenze sulla scena teatrale, artistica e musicale; del sociologo ed economista Alfred Weber un intervento sulla moda orientalistica in Germania. In una lettera a Di Biase del 1973 Korach scrive: «il fatto che rimasi escluso dalla ‹Lista bloccata de La Ronda›, benché vi fossi regolarmente assunto e stipendiato come gli altri redattori, prova

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Goethe compare come Convitato di pietra nel primo fascicolo del 1920, con un estratto dai Wilhelm Meisters Lehrjahre; nel n. 10–11 del 1920 è tradotto un suo saggio su Shakespeare, presentato come modello esemplare di critica letteraria e di stile; sullo stesso numero escono un brano della biografia goethiana di Emil Ludwig (che verrà recensita sul numero 8–9 del 1921) e un saggio di Korach dedicato al Tasso goethiano. Nel primo fascicolo del 1921 Korach recensisce un libro di Croce su Goethe, e nel n. 7–8 del 1922 traduce un saggio di Thomas Mann, ancora inedito in Germania, dedicato a Goethe e Tolstoj; l’ultimo numero della rivista, infine, uscito come fascicolo unico nel 1923, pubblica in traduzione un brano memorialistico di Goethe e un suo saggio su Calderón de la Barca. Per comprendere cosa significa per una rivista italiana prendere posizione su Goethe all’inizio degli anni Venti del Novecento, è necessario però fare un passo indietro, e tornare alla vigilia della prima guerra mondiale.

2. Goethe conteso Tra l’estate 1914 e la primavera 1915 la campagna interventista a favore dell’ingresso in guerra dell’Italia vede il coinvolgimento di un numero importante di intellettuali. Dibattito culturale e riflessione geopolitica si saldano, e la discesa in campo contro gli Imperi centrali viene presentata come una battaglia di razze e di civiltà. Dobbiamo alla Francia, da duecent’anni, metà della nostra cultura e della nostra arte. […] La presente guerra non è soltanto d’interessi e di razze ma di civiltà. C’è un tipo di civiltà contro un altro. O meglio alcuni tipi di civiltà contro un tipo solo che ha dominato per quaranta anni l’Europa; il tedesco. […] La civiltà tedesca è meccanica o astratta. Comincia colle metafisiche vuote e finisce colla truffa dello schlecht und billig. La cultura tedesca non è cultura ma istruzione, erudizione, classificazione. Ondeggia fra la nebulosità più inutile e il materialismo più gretto. Il pensiero tedesco non è pensiero ma formula e formalismo. La scienza tedesca sa applicare e svolgere ma non crea. Fa manuali e fornisce le industrie ma non inventa. L’arte tedesca non esiste fuor della musica. […] I tedeschi più geniali (Goethe, Schopenhauer, Heine, Nietzsche) si son vergognati di esser tedeschi.25 Se mai è stata al mondo una barbarie perfetta, questa è la barbarie tedesca. La mancanza di spirito, di generosità, d’apertura mentale, di leggerezza, d’intelligenza, d’eleganza intellettuale e spirituale; l’ottusità cieca, la brutalità, la violenza, la grossierité [sic], l’angolosità primordiale non si sono mai manifestate come caratteristiche di un popolo più esasperatamente di quel che abbiano fatto fra il Reno e il Baltico. […] Tutto ciò mascherato da una forma di cultura che non è cultura ma un’istruzione. Giacché la barbarie tedesca è una barbarie istruita e per questo tanto più pericolosa. […] Disciplina e meccanica costituiscono gli elementi principali della sua civiltà. Civiltà che è la quintessenza della barbarie. […] L’Italia forma con la Francia il nocciolo della civiltà che si cerca di surrogare con l’abbrutimento militaristico e disciplinare.26

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che i colleghi di redazione mi consideravano un ‹outsider›» (Di Biase, Maurizio Korach, cit., p. 20). Papini, Giovanni: «Il dovere dell’Italia», in: Lacerba, 15 agosto 1914, pp. 243–244. Soffici, Ardengo: «Intorno alla gran bestia», ivi, pp. 245–246.

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Questi due brani di Giovanni Papini e di Ardengo Soffici sono tratti dal numero con cui Lacerba (Firenze, 1913–15) si trasforma da rivista d’arte e letteratura a principale organo culturale della battaglia interventista.27 Il periodico – in cui erano convogliate le energie del futurismo milanese e una parte dell’avanguardia coagulatasi nel decennio precedente intorno alle riviste fiorentine Leonardo (1903–7) e La Voce (1908–16) – prosegue la battaglia con toni similmente aspri e servendosi di questo impianto argomentativo fino alla vigilia dell’entrata in guerra dell’Italia: l’ultimo numero del 22 maggio 1915 si apre con un editoriale di Papini che proclama «Abbiamo vinto!».28 Anche Goethe viene coinvolto in questa battaglia di civiltà. Il 17 gennaio 1915 Lacerba si apre con un lungo articolo di Papini intitolato «L’eroe tedesco», che propone un’interpretazione del Faust come «documento probatorio sopra una razza»: un «documento» che raccoglie, «in forma mitica, le confusioni, i luoghi comuni, le smanie enfatiche e le finali bancarotte dell’anima tedesca».29 In quest’essere sbandato, infecondo, tutto pieno di confuse volontà e di grosse parole ma in condizione di perpetuo fallimento, la Germania vede rispecchiata sé stessa. Il popolo tedesco ammira sé medesimo in questo professore che dopo aver studiato senza saper nulla e aver agito senza concluder nulla si rifugia nel paradiso cristiano a dispetto del diavolo e della logica. Anche la Germania d’oggi ha venduto la sua anima erudita e ignorante al demonio dell’arricchimento e della prepotenza e si ha buona ragione di sperare che finirà come il suo eroe.30

Eppure, poco più di dieci anni prima, l’autore di questa brillante e feroce stroncatura del Faust aveva proclamato di preferire Goethe a Petrarca,31 e nel corso del decennio successivo era stato uno dei più importanti mediatori di letteratura e filosofia tedesca in Italia, sia come direttore di riviste, sia della collana «La cultura dell’anima» dell’editore Carabba.32 Per comprendere questo brusco voltafaccia dobbiamo allargare lo sguardo dalla relazione Papini-Goethe al contesto letterario, culturale ed editoriale in cui si muove lo scrittore fiorentino. 27

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L’articolo di Papini è preceduto dal seguente corsivo: «Questa è guerra non soltanto di fucili e di navi, ma anche di cultura e di civiltà […]. Si tratta di salvaguardare e difendere tutto quello che c’è di più italiano nel mondo, anche se non tutto cresciuto in terra nostra. […] A partire da questo numero ‹LACERBA› sarà soltanto politica e per ottenere maggior diffusione sarà venduta a due soldi. Riprenderemo la nostra attività teorica e artistica a cose finite» (ivi, p. 241). «Ora, dopo aver fatto fino all’ultimo il nostro dovere di scrittori, pensiamo ad altri doveri. Abbandoniamo, almeno per qualche tempo, la rivista ch’è stata l’arme nostra in tante guerre e alla quale abbiamo dato, in questi anni, il meglio di noi. Questo è l’ultimo numero di Lacerba. Crediamo necessario sospenderla almeno per tutta la durata della guerra. […] Ora non è il momento di far riviste di pura lirica»: Papini, Giovanni: «Abbiamo vinto!», in: Lacerba, 22 maggio 1915, p. 162. Papini, Giovanni: «L’eroe tedesco», in: Lacerba, 17 gennaio 1915, p. 17. Ivi, p. 19. «Amiamo molto più Shakespeare che Omero e preferiamo straordinariamente il Faust al Petrarca»: «Palle al balzo», in: Leonardo, II, marzo 1904, p. 32. Sull’attività di mediatore di Papini, cfr. Baldini, Biagi, De Lucia, Fantappiè, Sisto, La letteratura tedesca in Italia, cit., in particolare la sezione «Traiettorie»: Rocco Carabba editore e Giovanni Papini (pp. 171–192).

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Negli anni di gestazione e pubblicazione di Lacerba il nome di Goethe era associato a due figure intellettuali con cui Papini aveva condiviso l’inizio del proprio percorso culturale, e da cui si era distaccato proprio con la fondazione della nuova rivista: il direttore della Voce Giuseppe Prezzolini e Benedetto Croce. Tra il 1913 e il 1915 era infatti uscita la prima traduzione italiana non mediata dal francese dei Wilhelm Meisters Lehrjahre, caldeggiata da Prezzolini, portata a termine da due collaboratori della Voce (Rosina Pisaneschi ed Alberto Spaini), e pubblicata nella collana «Scrittori stranieri» di Laterza, la casa editrice che aveva offerto un braccio editoriale all’impresa intellettuale crociana.33 In questa collana il romanzo di Goethe era stato preceduto dalla traduzione dei Colloqui col Goethe di Eckermann, uscita in due volumi nel 1912 e nel 1914.34 Attaccando il Faust, perciò, Papini non prende di mira soltanto un autore defunto da tempo, o una cultura letteraria ed artistica forestiera, quanto rivali ben più prossimi: e, in particolare, quello che era stato uno dei protagonisti della vita intellettuale e del rinnovamento culturale italiano di inizio secolo, Benedetto Croce. Nel 1915 l’interventismo e il sentimento antigermanico che questo propaga offrono un’arma ai molti intellettuali che, come Papini e Soffici, da tempo cercavano di sottrarsi alla supremazia del sistema critico ed estetico crociano, e che avevano trovato in Lacerba un centro di aggregazione. Allo scoppio della guerra europea Croce si schiera su posizioni neutraliste e rifiuta di far dell’intera cultura tedesca un fascio di strame: diventa così un facile bersaglio, in un momento in cui il dibattito culturale stinge continuamente nel politico. Lacerba apostrofa Croce con l’appellativo sprezzante, non a caso francese, alboche («crucco»), e interpreta la sua posizione contro l’ingresso in guerra dell’Italia come una cartina al tornasole della sua incapacità di discernimento: […] questa guerra […] nel caso di Benedetto Croce […] ha giovato a render palese a chiunque il difetto massimo del suo spirito, rivelatosi già per più segni a un più ristretto numero d’intelligenze. Intendo parlare dell’insensibilità cornea di questo esegeta, della sua incapacità disperata a rendersi conto di che cosa sia intelligenza vera, finezza, eleganza, spirito, audacia novatrice – cultura e arte in generale, della sua impotenza sia come pensatore che come critico a penetrare il concetto di civiltà che la Francia incarna dopo l’Italia.35

La reazione del filosofo all’offuscarsi della propria influenza sulle generazioni intellettuali più giovani è interessante a livello psicologico oltre che culturale. A partire dal 1916 Croce comincia a lavorare a un libro su Goethe che esce prima a puntate, nel 1918, sulla rivista da lui diretta La Critica, poi per Laterza l’anno successivo in un volume corredato da un centinaio di traduzioni dalle liriche goethiane 33

Per una disamina approfondita di questo progetto traduttivo, cfr. Biagi, Daria: «Nel cantiere del romanzo: il Wilhelm Meister della Voce», in: Baldini, Biagi, De Lucia, Fantappiè, Sisto: La letteratura tedesca in Italia, cit., pp. 141–167. 34 I Colloqui occupano i numeri 4 e 6 della collana; Le esperienze di Wilhelm Meister i numeri 7 e 11. 35 «Caffè», in: Lacerba, 15 novembre 1914, p. 319. Il Caffè è una rubrica anonima di taglio polemico.

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di mano dello stesso Croce.36 I Taccuini di lavoro coevi testimoniano un intreccio serrato tra questo lavoro e la reazione psicologica dell’autore alle vicende belliche: nei momenti più scorati, quando Croce non riesce a portare avanti nessun’altra attività intellettuale – una situazione eccezionale per un lavoratore indefesso qual era –, la traduzione di Goethe rimane l’unico impegno che riesce a portare avanti. La prefazione al libro, datata aprile 1918, e il primo capitolo illustrano più la posizione di Croce nel campo intellettuale italiano che quella di Goethe nella storia culturale tedesca. Il filosofo italiano spiega la propria scelta di dedicarsi all’opera di Goethe come una reazione al clima intellettuale che aveva preceduto e accompagnato la guerra: Io ho sentito come singolare ventura che, tra i sublimi poeti, fonti perenni di alti conforti, ce ne sia pur uno, il quale, sebbene esperto quanto altri mai in ogni forma di umanità, mantiene l’animo fuori e sopra gli affetti politici e le necessarie contese dei popoli.37

Il suo proprio neutralismo, quindi, non sarebbe un segno di viltà o miseria morale, ma della capacità – manifestata esemplarmente dalla figura e dall’opera di Goethe – di separare l’accidentale dall’universale, il sovranazionale valore della cultura dalla contingenza geopolitica. La prefazione prosegue descrivendo il «lenimento e rasserenamento»38 che la lettura delle opere di Goethe offre a Croce negli anni di guerra, generando una connessione emotiva che va al di là del conforto: nel primo capitolo, dedicato alla «Vita morale e intellettuale» del poeta, sembra delinearsi più un autoritratto (ideale) che un ritratto.39 Nella descrizione di Goethe come gran borghese antiromantico si riflette la distanza che separa il Croce del 1918 dallo Sturm und Drang con cui si erano identificate le avanguardie italiane di inizio secolo;40 nella descrizione di ciò che Goethe non fu si intravede il profilo degli intellettuali che prima e durante la guerra si erano rumorosamente proclamati avversari di Croce.

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Croce, Benedetto: Goethe. Con una scelta delle liriche nuovamente tradotte, Bari 1919. I Taccuini registrano che Croce comincia a esplorare la bibliografia goethiana nell’estate del 1916, mentre l’avvio delle traduzioni risale al 2 ottobre 1917: cfr. Croce, Benedetto: Taccuini di lavoro. 1906–16 e Taccuini di lavoro. 1917–26, Napoli 1987. Croce, Goethe, cit., p. vii. Cfr. anche più avanti: «L’odio al forestiero, il nazionalismo in poesia gli pareva cosa stupida, o tutt’al più antiquata» (ivi, p. 7). Ivi, p. vii. Ritroviamo lo stesso impulso ad autoritrarsi e a giustificare la propria traiettoria intellettuale e biografica, qui espresso in filigrana e in controluce, nel Contributo alla critica di me stesso pubblicato nello stesso anno dell’uscita in rivista del Goethe (Napoli 1918). L’identificazione con Romanticismo e Sturm und Drang ricorre frequentemente nelle riviste fiorentine di inizio secolo: «Noi siamo […] nordici, tedeschi, inglesi, romantici. Ricordiamo piuttosto lo Sturm und Drang che il Rinascimento» («Palle al balzo», in: Leonardo, marzo 1904, p. 32); «Siamo più romantici dei primi romantici stessi» (Prezzolini, Giuseppe: «I romantici», in: Leonardo, giugno–agosto 1905, p. 197); «Il Leonardo (1903) […] dette origine all’unico autoctono Sturm und Drang dell’Italia moderna» (Papini, Giovanni: «Fiorentinità», in: Lacerba, 21 febbraio 1915, p. 58).

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Non accettò di continuare a far da scontento e rivoltoso, quando l’inesperienza e il ribollimento giovanili erano ormai passati; né poi di assumere ufficio di poeta maledicente e incitante, di vate nazionalistico e bellicoso, quando egli, non impegnatosi mai in lotte sociali e politiche ma solo in quelle interiori e morali, non poteva partecipare con tutto sé stesso alla riscossa delle nazionalità contro il potere universale di Napoleone; perché, pur amando la patria germanica, non riusciva a provare odio pei francesi e, standosene nel suo museo di Weimar, non si sentiva di rimare canzoni di guerra.41

Se sostituiamo «Napoleone/francesi» con «Kaiser/tedeschi», e Weimar con Napoli, sembra proprio che qui Croce stia parlando di sé. Nel libro Croce individua inoltre come evento principale della traiettoria poetica ed artistica di Goethe il superamento della fase ribelle e titanica, e l’approdo a una classicità olimpica composta di «armonia etica» e «saggezza»:42 esattamente il contrario di quanto si augurava alla vigilia della guerra un adepto di Papini, Valerio Benuzzi, introducendo una raccolta di lettere e frammenti di Nietzsche per la collana «La cultura dell’anima»: Siamo in pieno ‹Sturm und Drang› ed oltre all’arte nuova, si attende un novello Goethe; speriamo che l’illustre ignoto sarà meno olimpico del vecchio Goethe consigliere, poeta in pensione e filisteo in spe, ma invece il poeta del 1780.43

Nel suo libro dedicato a Goethe, quindi, Croce non si limita a tracciare un autoritratto per interposta persona ma, denigrando l’arte e l’estetica dei contemporanei del poeta tedesco, parla in realtà dei propri: ciò che Croce afferma di disdegnare nei romantici (l’invocazione dell’autobiografia come giustificazione della sregolatezza formale; lo scapricciamento dell’io; l’umorismo surrogato del genio) corrisponde a ciò che non può tollerare del panorama artistico e letterario italiano a lui contemporaneo. Del resto, come dichiara lui stesso, le sue «diagnosi e critica» del Romanticismo «hanno valore non già storico e transitorio, ma teorico e durevole, in quanto definiscono atteggiamenti spirituali che si ripresentano in perpetuo, e furono di quel tempo come sono del nostro».44

3. I tedeschi della Ronda La Ronda recensisce severamente il libro di Croce su Goethe. Il Croce, ancora una volta, per cogliere le mele dorate di cui il poeta da lui studiato parla in ermetico tono, entrò nell’orto delle Esperidi con quelle tali forbici del buon senso, che andavan bene piuttosto per tagliare delle pezze di lana. Indubbiamente, il buon senso è uno strumento forte; indubbiamente il Croce lo maneggia benissimo; indubbiamente, esso basta per molti bi41 42 43 44

Croce, Goethe, cit., p. 4. Ivi, cit., p. 12. Benuzzi, Valerio: «Introduzione», in: Nietzsche, Federico: Lettere scelte e frammenti epistolari, Lanciano 1914, p. xviii (riedito in Baldini, Biagi, De Lucia, Fantappiè, Sisto, La letteratura tedesca in Italia, cit., pp. 276–277). Croce, Goethe, cit., p. 6.

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Anna Baldini sogni del mondo geografico. Ma ci sono paesi favolosi in cui si vive d’aria e quindi il buon senso va tutto surrogato da un consentimento indefinibile: dal senso di poesia come postulato. Quando il Croce, filosofo quadrato e illustre, s’accinge a leggere il Goethe – o a commentarlo, ch’è lo stesso – col tono di voler mettere a posto qualcuno, anzi ‹i goethiani›, anzi, tra i borghesi, il Goethe stesso, noi sentiamo più forte quell’aristocrazia ch’è ormai riservata a chi, tra le seduzioni degl’inviti filosofici, l’ha scampata bella.45

Secondo Korach, Croce sarebbe riuscito a interpretare soltanto il piano più superficiale della vita e dell’opera del poeta tedesco: «l’autore pare affetto da una specie di cromopsia disperata, che gli vieta la percezione di tutta una gamma di colori all’infuori d’alcuni; che poi non sempre sono colori fondamentali. Questa sua disposizione congenita la vedemmo all’opra già altrove: ad esempio, nel suo apprezzamento alquanto curioso del Vigny e del Baudelaire».46 Korach riprende una critica che era già stata fatta da diversi autori di Lacerba, i quali, pur dovendo riconoscere l’importanza di Croce come teorico e sostenitore di una critica estetica contro quella storico-filologica prevalente in Italia a inizio secolo, avevano denunciato a più riprese l’insensibilità del filosofo ai nodi vitali della poesia moderna. Come abbiamo visto, Goethe rientra nel canone costruito dalla Ronda: viene inserito tra i Convitati di pietra, è giudicato un grande creatore di stile,47 è l’unico straniero a comparire nella triade dei maggiori autori europei dell’Ottocento insieme a Leopardi e Manzoni.48 La costruzione di un canone non è, però, un processo assoluto, quanto un fatto relazionale: l’ostensione paradigmatica dell’opera di Goethe serve ai rondisti come elemento distintivo e differenziale, e in questo senso la loro interpretazione della posizione storico-culturale del poeta tedesco non è dissimile da quella di Croce: se per quest’ultimo Goethe attinge alla statura di classico distanziandosi dallo Sturm und Drang della giovinezza e offrendo il modello di una postura letteraria alternativa a quella romantica, La Ronda auspica che una analoga ‹funzione-Goethe› si concretizzi nel panorama letterario italiano contemporaneo dopo lo Sturm und Drang delle avanguardie di inizio Novecento, e candida i propri autori a incarnare tale funzione – nella «Lista bloccata della Ronda», un articolo in cui sono passati in rassegna i curriculum vitae dei sette redattori, Bacchelli viene definito «il giovine Goethe bolognese che viene fuori da tutto il nostro sturm und drang postcarducciano».49 Nella presa di distanza da 45 46 47

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m. c. [Cora, Marcello]: «Benedetto Croce, Goethe, Laterza, Bari, 1919», in: La Ronda, III, 1–2, gennaio-febbraio 1921, p. 104. Ivi, p. 107. «Tutti questi grandi [Dante, Goethe, Shakespeare] prima di essere romanzieri e drammaturghi si esercitarono da poeti nella creazione di un linguaggio […], non potendosi concepire dei creatori di romanzi, di commedie, di drammi, di tragedie, che non sappiano scrivere e pretendendo dar vita a dei personaggi non siano ben sicuri di infondere loro il dono della parola; ciò che è comunissimo tra i letterati» (testo introduttivo a Bacchelli, Riccardo: «Amleto. Cinque atti», in: La Ronda, I, 1, aprile 1919, pp. 17–18). Questo canone è presentato nel bilancio del primo anno della rivista: «La Ronda, aprile 1919– 1920», in: La Ronda, II, 3, marzo 1920, p. 167: «se togliamo Goethe, è indubitabile che i due più grandi nomi della letteratura europea nel secolo decimonono furono Leopardi e Manzoni». La Ronda, I, 7, novembre 1919, p. 94.

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Croce possiamo leggere, quindi, non tanto uno scontro ermeneutico quanto un conflitto di posizioni: la nuova avanguardia rondista si deve distanziare da chi – come Croce – aveva acquisito un predominio simbolico negli anni precedenti, e contemporaneamente cerca di appropriarsi di un autore che era già stato oggetto di contesa negli anni precedenti la guerra interpretandolo attraverso le proprie parole d’ordine e secondo le proprie regole dell’arte.50 Qualcosa di analogo si verifica con l’altro autore tedesco cui La Ronda dedica un interesse non episodico, Friedrich Nietzsche, un altro nome già entrato nel repertorio delle avanguardie italiane degli anni Dieci; anche in questo caso i rondisti procedono a un’operazione di ri-marcatura del filosofo. Nel sesto numero del 1920 Savinio demolisce la prefazione di Enrico Ruta alla Nascita della tragedia pubblicata da Laterza nel 1919 – un’operazione editoriale pilotata nuovamente da Croce:51 Questa volta non si tratta più di profanazioni entusiaste, ma è una fossa definitiva che si tenta di scavargli [a Nietzsche], e tanto profonda da seppellirvelo per l’eternità. Questo nuovo temerario è il signor Ruta, il quale si accinge a codesta impresa in una sua prefazione alla Nascita della Tragedia, da lui tradotta e pubblicata presso l’editore Laterza.52

Savinio ridicolizza il tentativo del traduttore-prefatore di annettere a Croce il pensiero di Nietzsche: Ruta misura infatti pregi e difetti del pensiero nietzschiano in base alla sua prossimità o estraneità alla linea Vico – Hegel – De Sanctis – Croce. L’operazione di appropriazione della Ronda procede peraltro su un binario analogo: la presenza del filosofo tedesco nella rivista contribuisce infatti ad avvalorare la preminenza non solo nazionale ma transnazionale dell’autore che i rondisti hanno eletto a propria stella polare, Giacomo Leopardi. Nel sesto numero del 1922 la rivista pubblica diversi brani nietzschiani, editi e inediti, incentrati sul pensiero e sulla produzione letteraria del poeta italiano.53 «L’interesse di Nietzsche per Leopardi, che risulterà dai brani qui tradotti – leggiamo nell’introduzione redaziona50

La stroncatura del Goethe di Croce è solo una delle numerose prese di posizione della Ronda contro il filosofo o i suoi accoliti: la rivista stronca anche il saggio di Croce su Baudelaire (a. e. s. [Saffi, Aurelio Emilio]: «Benedetto Croce, Baudelaire», in: La Ronda, I, 2, maggio 1919, pp. 61–62), e attacca a più riprese intellettuali di impostazione crociana come Guido de Ruggiero, Francesco Flora, Piero Gobetti e Luigi Russo. 51 «A questo Nietzsche ‹scienziato› Croce contrappone […] un Nietzsche teorico dell’estetica pre-crociano, autore per la «Biblioteca di cultura moderna» del saggio Le origini della tragedia, ritradotto e riprefato nel 1919 col titolo La nascita della tragedia», Sisto, Michele: Gli editori e il rinnovamento del repertorio, in: Baldini, Biagi, De Lucia, Fantappié, Sisto: La letteratura tedesca in Italia, cit., p. 86. 52 al.sav. [Savinio, Alberto]: «Museo degli orrori. La nascita della tragedia, ossia avventura spaventevole di un filosofo napoletano», in: La Ronda, II, 6, giugno 1920, p. 445. 53 Nel primo numero della stessa annata La Ronda aveva pubblicato alcuni estratti da un saggio del bibliotecario del Nietzsche Archiv di Weimar Max Oehler, che commentava gli inediti nietzschiani di prossima pubblicazione nell’edizione curata da Elisabeth Förster-Nietzsche. Il contatto tra La Ronda e Oehler risale a un viaggio di Korach in Germania del 1922; Korach fa prima tappa a Berlino, dove è ospite di Emil Ludwig e tiene una conferenza sugli autori della Ronda, per poi recarsi a Weimar e Monaco, dove conosce Thomas Mann. Cfr. De Biase, Maurizio Korach, cit.

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le – è uno dei tanti segreti che la filologia non ha scoperto».54 Nei brani riportati Nietzsche esprime in diverse occasioni la convinzione che Leopardi sia il più grande prosatore e il più grande stilista del secolo; l’autorevole opinione di un filosofo di fama europea viene così a suffragare il progetto rondista incentrato sulla prosa e sul modello linguistico e stilistico delle Operette e dello Zibaldone.

4. Lo sguardo sul contemporaneo Con Goethe e Nietzsche La Ronda procede alla ri-marcatura, secondo le proprie regole dell’arte, di autori tedeschi già entrati nel repertorio delle avanguardie italiane del ventennio precedente. La rivista non sembra invece interessata a portare avanti un’operazione di scoperta e appropriazione di autori tedeschi contemporanei. L’ampia e informata rassegna proposta da Korach fascicolo dopo fascicolo offre un quadro piuttosto desolante degli scrittori tedeschi più attivi e accreditati: Werfel sarebbe un provinciale infelicemente passato dalla lirica al dramma, Schickele un esempio deleterio di poesia politica, Hans Franck un inventore originale squalificato dal pessimo stile, Hauptmann – cui pure è dedicato un saggio di una ventina di pagine – un autore privo di senso artistico che compensa tale mancanza con un freddo formalismo. L’unico autore che incontra un apprezzamento incondizionato è uno scrittore defunto, Gottfried Keller, che Korach accosta a Goethe e Verga per la forza interiore e la capacità di forgiarsi uno stile.55 La scarsa attrattività per i rondisti del panorama letterario tedesco contemporaneo è confermata, più che smentita, dalla presenza sulla Ronda di un saggio di Thomas Mann ancora inedito in lingua tedesca. Il testo è privo di apparati, nessuna nota introduce l’autore facendo riferimento alla sua attività letteraria: la redazione tratta insomma lo scrittore come uno qualsiasi dei suoi occasionali corrispondenti tedeschi. Alla rivista interessa il contenuto del saggio – dedicato a Goethe e Tolstoj, due autori cari ai rondisti –, non il suo autore. Nessuna opera di Mann, del resto, viene recensita, e l’unica menzione alla sua produzione letteraria è una nota a margine di una recensione al Suddito del fratello Heinrich: «il grosso pubblico confondeva facilmente il suo [di Heinrich] nome con quello del fratello Thomas, scrittore anch’egli, e già illustre, sebbene molto inferiore a lui».56 La recensione al romanzo di Heinrich Mann non è, per una volta, di Korach. A occuparsi del Suddito è Lorenzo Montano, che suddivide equamente la sua attenzione tra l’analisi del testo, giudicato con sufficienza un «ordinario romanzo naturalista, scritto poi da un tedesco», e considerazioni sul modo con cui viene 54

«Nietzsche e Leopardi. Da carte edite e inedite di Nietzsche», in: La Ronda, IV, 6, giugno 1922, p. 361. 55 Per i relativi riferimenti bibliografici si veda l’appendice. 56 l. m. [Montano, Lorenzo]: «Enrico Mann, Il Suddito (traduzione italiana). Sonzogno, Milano 1919», in: La Ronda, I, 3, giugno 1919, p. 73.

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presentato al lettore italiano: la traduzione («povera»), la fascetta editoriale (la quale «informa ora che questo è considerato il romanzo della rivoluzione e che ha raggiunto le centomila copie in due mesi»), e soprattutto l’introduzione: L’introduttore italiano ammonisce che ormai non può più permettere all’artista di essere esclusivamente artista; e che qui abbiamo a che fare con un romanzo politico-sociale. Cosa voglia dire quel verboten ist francamente non c’è riuscito di capir bene, e crediamo che il Mann, se non è cambiato del tutto, ne resterebbe perplesso. Ma sembra ci voglia dire in sostanza che Il Suddito è anzitutto un pamphlet. Tutti sanno che tali scritti vanno giudicati unicamente dagli effetti, o per lo meno dalla loro rispondenza alle necessità politiche del momento; e in questo caso sarebbe ingiusto volersi ostinare nei criteri letterari.57

Possiamo leggere insomma la stroncatura del Suddito non tanto come un attacco diretto contro Heinrich Mann, quanto contro gli italiani che l’hanno portato in Italia, e contro la loro idea di letteratura. Chi è «l’introduttore italiano» che si serve del romanziere tedesco per sostenere la necessità di un’assimilazione della letteratura alla politica? Nell’edizione Sonzogno, traduzione e Prefazione non sono firmate, ma è facile individuare l’identità del curatore, che cita esplicitamente una propria opera: È accaduto un fatto, in quel benedetto 1915 che era il secondo della sanguinosa passione europea, di cui la storia della letteratura dovrà un giorno rendere conto. Proprio nello stesso anno tre uomini appartenenti a tre popoli diversi, staccandosi a un tratto dalla tradizione, scrivevano senza conoscersi, senza saper nulla l’uno dell’altro, tre romanzi che erano bizzarramente simili per struttura e per intenzioni. Mi si perdoni di parlare di me, ma quando avrò detto che Il suddito di Enrico Mann, l’Inferno di Enrico Barbusse e La casa dell’uomo sono tre lavori straboccanti di difetti e che anche la trovata, cui debbono il loro merito e la loro importanza, non era propriamente degli autori, ma era siffattamente nell’aria e nel tempo che furono in tre a pensarla nello stesso momento, si vedrà ch’io non intendo lodare né gli altri né me, ma studiare un fenomeno.58

L’autore del romanzo La casa dell’uomo, del 1915, è Mario Mariani (1883–1951), una figura oggi dimenticata ma di un certo rilievo nel panorama letterario italiano degli anni immediatamente successivi alla guerra: di idee anarchiche, convinto assertore del romanzo come «poema dell’idea dimostrata per mezzo di personaggi»,59 Mariani è anche uno dei protagonisti della prima significativa ondata di best-seller scritti da autori italiani.60 La contingenza economica postbellica, e in particolare la svalutazione della lira rispetto al franco, aveva reso più costosa l’importazione 57 58

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Ivi, pp. 73–74. Prefazione a Mann, Enrico: Il suddito. Il romanzo del tempo di Guglielmo II, Milano 1919, pp. 7–8. La «trovata» consiste nello spostamento del focus dei tre romanzi dalla trama all’ambiente: «Enrico Mann si proponeva di mettere sotto gli occhi del lettore una città, io mi proponevo di studiare un casamento moderno, Enrico Barbusse una camera vista da un buco nel muro, ma una camera d’albergo nel quale passava, in tipi, l’umanità. La trama non esisteva più» (ivi, p. 8). Ivi, p. 12. Al romanzo d’esordio La casa dell’uomo, caratterizzato da una mescolanza di denuncia sociale e prurigine erotica, ne seguono numerosi altri di impianto simile fino al 1924; la raccolta di novelle Le adolescenti (1920) procura a Mariani un processo e una condanna per oltraggio al pudore. Dal 1919 lo scrittore dirige due riviste di grande successo: Novella, che pubblica racconti e romanzi a puntate, e Comoedia, che pubblica drammi e informazioni sulla vita teatrale.

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della narrativa in lingua francese che aveva alimentato nei decenni precedenti la domanda di letteratura d’evasione in Italia; il mercato editoriale si trova così inondato da un inedito proliferare di best-seller di autori nazionali.61 La Ronda difende strenuamente l’autonomia dell’arte, denigrando la letteratura che si piega al profitto economico o alla politica. Già il Prologo pubblicato nel primo numero annuncia che «per noi, l’arte non [ha] altro scopo che il diletto»,62 che la letteratura ha insomma valore esclusivamente per se stessa. Il concetto è ribadito nel secondo numero, dove la rubrica anonima «Rondesca» ospita una sorta di editoriale per aforismi che lamenta l’operato di quegli intellettuali che «dovrebbero essere liberi e spediti d’ogni orgoglio e d’ogni interesse di classe» e che invece «di fronte alla rivoluzione collocano in essa delle speranze antiaccademiche» e «si compromettono da sventati con grandi parole e scalpori, tra cose sulle quali non hanno parte né forza»:63 un identikit in cui possiamo riconoscere tanto Mariani quanto Heinrich Mann, di cui Montano ricorda – recensendo Il suddito – la partecipazione ai moti rivoluzionari di Monaco, precisando che questi «ebbero origine nel quartiere degli artisti».64 Esistono, certo, un dovere civico e un impegno sociale dell’artista, ma vanno in tutt’altra direzione – per spiegare la quale Montano addita ancora una volta l’esempio di Goethe: Il rispetto attorno al proprio lavoro, e la libertà di servire alla comunità nei modi e nelle forme proprie del poeta e dell’artista [Goethe] non li rivendicava già privatamente e come tributo alla sua grandezza individuale, ma come diritti che spettano a chiunque eserciti l’arte con purità d’intenzioni, e che non possono essere contestati senza scandalo e grave ingiuria per tutti. Il dovere civico per eccellenza che tocchi a costui qualunque sia la sua patria, ma segnatamente quando sia italiano, è di fornire opere insigni, o decorose per lo meno, e se letterato, di scrivere belli e buoni libri senza preoccuparsi d’altro.65

L’arte dev’essere insomma, per i rondisti, «libera, inutile, inefficace e indistruttibile», «non può pretendere d’essere considerata, rispettata e rimunerata, né dai conservatori né dai rivoluzionarî. […] L’abbassa e l’innalza fuori dell’ordine suo, chi le cerca consensi, anche economici».66 Nello stesso numero in cui la rubrica «Rondesca» rintuzza la letteratura politicamente impegnata, Antonio Baldini si incarica di liquidare quella commerciale, concentrandosi sulla persona e sull’opera di Guido Da Verona, i cui romanzi 61

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Cfr. Decleva, Enrico: La scena editoriale italiana negli anni Venti: lo spazio degli autori francesi, in: La Francia e l’Italia negli anni Venti: tra politica e cultura, a cura di Enrico Decleva e Pierre Milza, Milano 1996, pp. 192–224; Müller, Raphaël: Le Livre français et ses lecteurs italiens. De l’achèvement de l’unité à la montée du fascisme. Paris 2013. Il legame tra aumento dei costi dei libri in francese e ricerca da parte degli editori di scrittori italiani capaci di produrre narrativa d’evasione era già stato individuato da Prezzolini in La coltura italiana, cit., p. 65. Prologo in tre parti, cit., p. 5. «Rondesca», in: La Ronda, 2, maggio 1919, pp. 52–53. l. m., «Enrico Mann, Il Suddito», cit., p. 75. l. m. [Montano, Lorenzo], «Commento alla cronaca», in: La Ronda, 8–9, agosto–settembre 1920, p. 620. «Rondesca», cit., p. 53.

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stavano riscontrando un successo ancora più travolgente di quelli di Mariani.67 Quest’ultimo era intervenuto a difesa del collega in occasione di un precedente attacco di Baldini, e non era stato il solo – Baldini cita nel suo articolo sulla Ronda interventi di Ettore Janni, Luciano Zuccoli, Nicola Moscardelli.68 La letteratura commerciale – o «amena», secondo la terminologia dell’epoca – non è certo un’invenzione del primo dopoguerra, ma la particolare virulenza degli attacchi della Ronda segnala quanto questa produzione avesse cominciato ad apparire minacciosa alle élite letterarie; recensendosi e sostenendosi a vicenda all’interno di un sistema integrato di editoria e riviste che fa perno sulla casa milanese Sonzogno, romanzieri come Mariani e Da Verona si mostrano in grado di servirsi degli stessi strumenti di battaglia delle avanguardie per difendere, anche teoricamente, la legittimità del proprio operato in nome di valori diversi da quelli puramente commerciali: l’impegno politico, per Mariani; la creazione di una letteratura al passo con il nuovo secolo ventesimo, per Da Verona.69 I casi qui esaminati – dal Goethe e Nietzsche contesi al Suddito pubblicato da Sonzogno – esemplificano la priorità delle categorie percettive del campo d’arrivo nel processo di mediazione delle letterature straniere. I redattori della Ronda non percepiscono e recepiscono gli autori stranieri a partire dal contesto d’origine di questi ultimi, ma attraverso la caratterizzazione che viene loro attribuita da altri scrittori ed editori italiani – dietro Goethe o Nietzsche si stagliano così le ombre di Croce e Papini, dietro Heinrich Mann e altri autori targati Sonzogno come Barbusse e Andreev, che ricevono sulla Ronda un trattamento analogo a quello riservato al Suddito, quelle di Mariani e del gruppo di romanzieri legati alla casa editrice milanese: e li traducono, discutono e attaccano di conseguenza.

Appendice. Le letterature straniere nella Ronda Nomi di persona, città, titoli e relative traslitterazioni sono riproposti nella forma in cui appaiono sulla Ronda. Le informazioni bibliografiche non riportate dalla rivista sono aggiunte tra parentesi quadre.

67

68 69

«Il successo e il trionfo decretato ai suoi romanzi negli anni 1916–1922 non aveva niente di un semplice successo letterario standard. Il Da Verona superò di gran lunga i limiti di un’abituale fortuna», Giocondi, Michele: Lettori in camicia nera. Narrativa di successo nell’Italia fascista, Messina-Firenze 1978, p. 68. Cfr. Baldini, Antonio: «Il bel tenebroso», in: Il Tempo, 25 febbraio 1919; Mariani, Mario: «Il sogno errante di Guido da Verona», in: Il Mondo, 23 marzo 1919; a. b. [Baldini, Antonio]: «Un colpo di sonda», in: La Ronda, 2, maggio 1919. Da Verona pubblica, qualche anno più tardi, un intero libro in difesa della propria poetica: Lettera d’amore alle sartine d’Italia. Milano 1924. Per la ricostruzione dell’ambiente e delle iniziative editoriali di Sonzogno durante e dopo la guerra rimando al saggio di Michele Sisto pubblicato in questo stesso volume.

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Letteratura tedesca 1919, 2 Convitati di pietra. Friedrich Nietzsche, da Der Wanderer und sein Schatten 1919, 3 Lorenzo Montano, recensione di Enrico Mann, Il Suddito [trad. di M. Mariani], Sonzogno, Milano, 1919 1920, 1 Convitati di pietra. Goethe, da Wilhelm Meisters Lehrjahre 1920, 6 Alberto Savinio, Museo degli orrori. La nascita della tragedia, ossia avventura spaventevole di un filosofo napoletano [recensione di F. Nietzsche, La nascita della tragedia, trad. di E. Ruta, Laterza, Bari, 1919] 1920, 10–11 Convitati di pietra. Friedrich Nietzsche, da Der Wanderer und sein Schatten Goethe, Shakespeare (1826) Emil Ludwig, Goethe ottuagenario [estratto da Goethe. Geschichte eines Menschen, Cotta, Stuttgart-Berlin, 1920]70 Marcello Cora, Sul «Tasso» di Goethe Emil Ludwig, La letteratura in Germania dopo la guerra 1921, 1–2 Marcello Cora, recensione di Benedetto Croce, Goethe, Laterza, Bari, 1919 1921, 6 Marcello Cora, recensione di Otto Weininger, Taschenbuch und Briefe an einen Freund, Tal, Leipzig-Wien, 1920 Marcello Cora, recensione di J[oahnnes] Hönig, Ferdinand Gregorovius, Cotta, Stuttgart-Berlin, 1921 1921, 7 Marcello Cora, Ferdinando Gregorovius Marcello Cora, recensione di Franz Werfel, Spiegelmensch, Kurt Wolff, Monaco di Baviera, 1920, e di Spielhof, ivi, 1920 1921, 8–9 Marcello Cora, recensione di Emil Ludwig, Goethe. Geschichte eines Menschen, Cotta, Stoccarda e Berlino, 1920 Marcello Cora, recensione di Kasimir Edschmid, Die Doppelköpfige Nymphe, Cassirer, Berlin, 1920 1921, 10 Marcello Cora, recensione della rivista Das deutsche Buch 1921, 11–12 Riccardo Bacchelli, recensione di Guglielmo Busch, S. Antonio da Padova, trad. di Ettore Romagnoli, Formiggini, Roma, 1920 Marcello Cora, recensione di Emil Ludwig, Bismarck, Cotta, Stoccarda e Berlino, 1921 1922, 1 Massimiliano Oehler, Documenti inediti dall’archivio di Nietzsche Marcello Cora, recensione di René Schickele, Weiss und Rot, Meine Freundin Lo, Die Mädchen, Am Glockenturm, Cassirer, Berlino, 1920 1922, 2 Marcello Cora, recensione di Karl Rosner, Der König, Cotta, Berlin, 1921 Lettere dalla Germania. Alfred Weber, La Germania e l’Oriente 70

Un secondo estratto è pubblicato nel numero successivo.

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1922, 3–4

Marcello Cora, recensione di Hans Franck, Das Pentagramm der Liebe, Delphin, München, 1918; Godiva, ivi, 1919; Das Glockenbuch, ivi, 1921 Marcello Cora, recensione di Franz Werfel, Bocksgesang, Kurt Wolff, München, 1921 Lettere dalla Germania. Oscar Bie, Teatro, musica e arte in Germania 1922, 5 Marcello Cora, Goffredo Keller 1922, 6 Nietzsche e Leopardi. Da carte edite e inedite di Nietzsche 1922, 6 Lettere dalla Germania. Rudolph Kayser, Franz Werfel lirico 1922, 7–8 Thomas Mann, Goethe e Tolstoi Lettere dalla Germania. Oscar Bie, Il teatro 1922, 9–10 Marcello Cora, Note su Gherardo Hauptmann Massimiliano Oehler, recensione di F. Nietzsche, Opere complete [Gesammelte Werke], Musarion, München, [1920–29] 1923 [Goethe], Goethe e un Wertheriano (da Campagne in Frankreich, 1792) Goethe, «La figlia dell’aria» di Calderon (da Über Kunst und Altertum, III, 3, 1822) Letteratura inglese 1919, 1 Hillaire Belloc, La buona donna, trad. di Emilio Cecchi Emilio Cecchi, Hodgson, Drinkwater, Rosing 1919, 2 Emilio Cecchi, Ernest de Sélincourt 1919, 3 Gilbert K. Chesterton, La risposta del bambino 1919, 6 Thomas De Quincey, Bussano alla porta di Macbeth, trad. di Carlo Linati Lorenzo Montano, recensione di H. G. Wells, L’anima di un vescovo, trad. di Gian Dàuli, Sonzogno, Milano, 1919 1919, 7 William Butler Yeats, L’oriolo a polvere, trad. di Carlo Linati Hillaire Belloc, La morte di Pietro vagabondo 1919, 8 Shakespeare, Quattro prologhi e un discorso dall’«Enrico V», trad. di Lorenzo Montano Gordon E. Craig, L’attore e la supermarionetta, trad. di Paolo Emilio Giusti71 Emilio Cecchi, recensione di Bernard Shaw, Heartbreak House, Great Catherine, Playlets of the War, Constable, London, 1919 1920, 2 Emilio Cecchi, R. L. Stevenson C. H. Herford, recensione di Irving Babbitt, Rousseau and Romanticism, Constable, London, [1919] 71

La seconda parte del testo è pubblicata sul n. 1, 1920. Il saggio The Actor and the Übermarionette (1908) era stato pubblicato come capitolo di On the Art of Theatre (1911).

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1920, 3

Robert L. Stevenson, Nei mari del Sud, trad. di Emilio Cecchi Emilio Cecchi, recensione della rivista The London Mercury 1920, 4 Charles Ricketts, Pagine d’un diario in Grecia72 Emilio Cecchi, recensione di Max Beerbohm, Seven Men, Heinemann, London, 1920 1920, 6 Eugenio Giovannetti, Rincateniamo Prometeo! 1920, 7 Carlo Linati, recensione di Ernest Fenollosa, Ezra Pound, «Noh». A Study of the Classical Stage of Japan, Macmillan, London [1916]73 1920, 8–9 Emilio Cecchi, recensione di Valour and Vision. Poems of the War, a cura di I. T. Trotter, Longmans, Green & Co, London, 1920 1920, 10–11 Emilio Cecchi, recensione di Israel Zangwill, I sognatori del ghetto, trad. di Gian Dàuli, Sonzogno, Milano, 1920 1920, 12 Emilio Cecchi, recensione di W. N. P. Barbellion, The Journal of a Disappointed Man, Chatto and Windus, London [1919], e del saggio di E. Shanks, W. N. P. Barbellion, in: London Mercury, I, 5 [1919] 1921, 1–2 Gilbert K. Chesterton, Le avventure d’un uomo vivo, trad. di Emilio Cecchi74 Emilio Cecchi, recensione di Ernest de Sélincourt, Keats, Oxford University Press, [Oxford,] 1921 1921, 6 Emilio Cecchi, recensione di Max Beerbohm, And Even Now, [Heinemann,] London, 1920 Lettere dall’Inghilterra di Edward Shanks 1921, 7 Eugenio Giovannetti, Il satiro parricida 1921, 8–9 Lettere dall’America. C. I. Chaflin [sic], Henry Adams 1921, 10 Eugenio Giovannetti, Tommaso Hardy 1921, 11–12 Emilio Cecchi, recensione di Algernon Charles Swinburne, Atalanta in Calidona, trad. di G. Celenza, Battistelli, Firenze, 1922 1922, 7–8 Convitati di pietra. Edgar Allan Poe, da The Philosophy of Composition Lettere dall’America. C. I. Claflin, recensione di Edgar Lee Masters, Spoon River Anthology, Macmillan, New York-Londra, 1915 1922, 11 Bernard Shaw; Annajanska. L’imperatrice bolscevica, trad. di A. A. Letteratura francese 1919, 1 Georges Sorel, Charles Péguy Vincenzo Cardarelli, recensione di Daniel Halévy, Charles Péguy et les Cahiers de la quinzaine, Payot, Paris [1918] Riccardo Bacchelli, recensione di Julien Benda, Les Sentiments de Critias, Émile-Paul Frères, Paris, 1917 72 73 74

Una seconda parte è pubblicata sul n. 10–11, 1920. Il titolo corretto è Noh, or, Accomplishment: A Study of the Classical Stage of Japan. Il romanzo è pubblicato a puntate nei numeri 6, 7, 8–9 e 10 del 1921, 1, 2, 3–4, 5, 6, 7–8 del 1922.

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1919, 2

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Lorenzo Montano, recensione di Jean Giraudoux, Simon le Pathétique, Bernard Grasset, Paris, 1918 1919, 3 Emilio Cecchi, recensione di Julien Benda, Le Bouquet de Glycère. Trois dialogues, Émile-Paul Frères, Paris [1918] Emilio Cecchi, recensione di Jacques Rivière, L’Allemand. Souvenirs et réflexions d’un prisonnier de guerre, Éditions de la Nouvelle Revue Française, Paris [1918] 1919, 6 Aurelio Emilio Saffi, recensione di André Spire, Le Secret, Éditions de la Nouvelle Revue Française, Paris, 1919 1919, 8 Emilio Cecchi, recensione di Henri Barbusse, Chi siamo … (Nous autres), [trad. di G. Bisi], Sonzogno, Milano, [1914] e L’Enfer, Albin Michel, Paris [s. d.75] 1920, 1 Stéphane Mallarmé, La ninfea bianca, trad. di Lorenzo Montano 1920, 4 Convitati di pietra. Charles Baudelaire, dalle lettere Giuseppe Raimondi, recensione di André Gide, Il Prometeo male incatenato, Vallecchi, Firenze, 1920 1920, 5 Riccardo Bacchelli, Notizie oltremontane 1920, 8–9 Alberto Spaini, Il clemencismo 1920, 10–11 Riccardo Bacchelli, Sur la condition présente des lettres italiennes [discussione del saggio omonimo di Benjamin Crémieux, in: La Nouvelle Revue Française, octobre 1920] 1920, 12 Emilio Cecchi, recensione di Albert Thibaudet, Trente ans de vie française: Les idées de Charles Maurras, Éditions de la Nouvelle Revue Française, Paris, 1920 1921, 1–2 Convitati di pietra. Montaigne, dagli Essais 1921, 10 Paul Morand, A proposito di Marcel Proust 1921, 6 Alberto Savinio, Accademismo francese 1921, 7 Alberto Savinio, recensione di Pierre MacOrlan, Le Nègre Léonard et Maître Jean Mullin, Éditions de la Nouvelle Revue Française, [Paris,] 1921 1921, 8–9 André Castagnou, Jean Moréas 1921, 8–9 Alberto Savinio, recensione di Alain, Mars ou la guerre jugée, Éditions de la Nouvelle Revue Française, [Paris,] 1921 1921, 11–12 Alberto Savinio, recensione di Louis Aragon, Anicet ou le Panorama, Éditions de la Nouvelle Revue Française, Paris, 1921 Alberto Savinio, recensione di Benjamin Crémieux, Le premier de la classe, Bernard Grasset, Paris, 1921 1922, 1 Lettere dalla Francia. Jacques Rivière, André Gide Giuseppe Ungaretti, A proposito di un saggio su Dostoieski [Rivière, Jacques: «De Dostoïevski et de l’insondable», in: La Nouvelle Revue Française, 1 fèv. 1922] 75

La prima edizione del libro, per la Librairie Mondiale, risale al 1908.

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Alberto Savinio, Il Congresso di Parigi, illustrato con ampio commento e seguito da un apologo 1922, 2 Alberto Savinio, recensione di Max Jacob, Le Roi de Béotie, Éditions de la Nouvelle Revue Française, Paris, 1921 1922, 3–4 Paolo Emilio Giusti, Le lettere d’amore di Carlo Baudelaire Alberto Savinio, recensione di André Maurois, Les Discours du Docteur O’Grady, Bernard Grasset, Paris, 1922 Alberto Savinio, recensione di Pierre MacOrlan, La cavalière Elsa, Éditions de la Nouvelle Revue Française, Paris, 1921 Lettere dalla Francia. André Castagnou, La poesia di Paul-Jean Toulet Dalle Riviste. X. Y., recensione della rivista Littérature 1922, 5 Convitati di pietra. Charles Péguy, da Clio: Dialogue de l’Histoire et de l’Âme païenne Giuseppe Baruzzi, Maurice de Guérin 1922, 7–8 Alberto Savinio, recensione di Jacques Chardonne, Epithalame, Stock, Paris [1920] Alberto Savinio, recensione di Max Jacob, Le Cabinet Noir, Bibliothèque des Marges, Paris, 1922 1922, 9–10 Convitati di pietra. Hippolyte Taine, Essai sur Tite Live Alberto Savinio, recensione di Henry Béraud, Le Martyre de l’obèse, Albin Michel, Paris, 1922 Letteratura russa 1919, 4 Aurelio Emilio Saffi, recensione di Leonida Andreief, Lazzaro e altre novelle, trad. di Clemente Rèbora, Vallecchi, Firenze, 1919, e Sotto il giogo della terra, trad. di Lydia e Francesco Paresce, Vallecchi, Firenze, 1919 1919, 8 Emilio Cecchi, recensione di Leonida Andreieff, I sette impiccati, trad. di Decio Cinti, Sonzogno, Milano [s. d. ma probabilmente 1919], e di Id., Giuda Iscariota, trad. di Decio Cinti, ivi [s. d. ma probabilmente 1919] 1920, 5 Aurelio Emilio Saffi, Divagazione su Nicola Gogol 1920, 8–9 Emilio Cecchi, recensione di Maxim Gorky, Reminiscences of Leo Nicolayevitch Tolstoi, The Hogarth Press, [London,] 1920 1921, 6 Curt Suckert [Curzio Malaparte], recensione di M. Gorki, Ricordi su Leone Tolstoi, Società anonima editrice La Voce, Firenze, 1921 1921, 8–9 Valentino Bulgakov, Pagine inedite di un diario su Tolstoi 1921, 10 Riccardo Bacchelli, Omaggio al conte Tolstoi 1922, 3–4 Ardengo Soffici, Osservazioni intorno alla letteratura russa 1922, 9–10 Leone Tolstoi, A che fine? racconto del tempo dell’insurrezione polacca 1923 Riccardo Bacchelli, Paradosso su Tolstoi e su Dostoevschi

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Letteratura giapponese 1920, 1 Recensione di Lafcado Hearn, Kôtto. Racconti giapponesi, tradotti dall’inglese da Arrigo Levasti, Vallecchi, Firenze [1919] Letteratura spagnola 1920, 6 Eugenio Giovannetti, recensione di Vicente Blasco Ibañez, Fra gli aranci [trad. di Paolo Silenziario], Vitagliano, Milano [1920] Letteratura ungherese 1922, 6 Lettere dall’Ungheria di Irene Róna

Heinrich Mann «romanziere della rivoluzione» Strategie di legittimazione della letteratura tradotta nel campo di produzione di massa (1915–1925) Michele Sisto Abstract: Around 1910, a polarization emerged in the Italian literary field between the restricted production of the literary avant-gardes, which followed the specific logic of art, and the mass production of the large publishing houses driven by commercial and political interests. While the avant-garde of the journal La Voce, like the Futurists, translated and consecrated authors such as Goethe, Novalis, Nietzsche, and Hebbel, contemporary German literature – and especially novels, a genre they disdained – remained the domain of mass publishing. Two exemplary cases of this relegation of novels to mass presses involve Heinrich Mann’s Il suddito (Der Untertan) and I poveri (Die Armen), both published in 1919 by the socialist publishing house Sonzogno. They were translated by the anarcho-socialist writer Mario Mariani, who considered these translations – alongside works by Barbusse, Andreev, and Marinetti – vital to a new literary movement that he himself headed together with a group of writers gathered around the magazine Il mondo and the contemporary fiction series Letteratura moderna. Adopting strategies typical of the avant-garde, but remaining firmly within the field of mass production, Mariani sought to accredit himself as the leading exponent of a new Italian literature that aspired to be the voice of the new emerging classes, especially workers and women, in the post-war period. But the pure literati of the avant-garde, who held the power of consecration, refused to recognize any literary value in his novels, as they did in those of the “novelist of the revolution” Heinrich Mann, and sentenced them both to the margins of Italian literary history.

1. Un’incursione nel campo di produzione di massa Questo studio riprende e prosegue un lavoro di qualche anno fa, intitolato Gli editori e il rinnovamento del repertorio.1 In quella sede ho mostrato come, negli anni intorno al 1910, alcune nuove collane fondate da scrittori e critici d’avanguardia, tra cui Giuseppe Prezzolini, Giovanni Papini, Benedetto Croce e Giuseppe Antonio Borgese, contribuiscono a rinnovare il repertorio della letteratura tradotta, 1

Sisto, Michele: «Gli editori e il rinnovamento del repertorio», in: Anna Baldini, Daria Biagi, Stefania De Lucia, Irene Fantappiè, Michele Sisto: La letteratura tedesca in Italia nel Novecento. Un’introduzione 1900–1920, Macerata 2018 (Letteratura tradotta in Italia, 1), pp. 57–89. Mi permetto di rimandare a questo saggio e all’intero volume sia per l’impianto metodologico qui adottato sia per l’uso specifico di concetti quali ‹repertorio›, ‹campo di produzione di massa›, ‹campo di produzione ristretta›, ‹autonomia›, ‹avanguardia›, ecc. Si veda inoltre, per il quadro teorico, Sisto, Michele: Traiettorie. Studi sulla letteratura tradotta in Italia, Macerata 2019, e il sito LTit – Letteratura tradotta in Italia (www.ltit.it).

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Michele Sisto

inclusa quella tedesca. La loro impresa, osservavo, ha una portata rivoluzionaria nel campo letterario perché ad essa si devono alcuni mutamenti strutturali e simbolici che avranno vaste e durature conseguenze, e che conviene dunque brevemente richiamare. Primo: l’emergere, anche in Italia, della struttura dualistica che, come ha mostrato Pierre Bourdieu, tende a contraddistinguere la produzione artistica nella modernità avanzata, attraverso la contrapposizione strutturale fra un ‹campo di produzione ristretta› e un ‹campo di produzione di massa›.2 Tutto ha inizio quando Prezzolini & Co., allora giovani e in cerca di riconoscimento, si alleano con alcuni editori di nuova generazione come Laterza e Carabba, desiderosi a loro volta di affermarsi in un settore dominato dalla grande editoria tardo-ottocentesca, e danno vita non solo a una serie di riviste d’avanguardia assai note e studiate, come La critica e La voce, ma anche a una galassia di collane d’avanguardia, meno note e studiate, tra cui Cultura dell’anima, Antichi e moderni e i Quaderni della «Voce». L’insieme di queste imprese letterario-editoriali attiva un circuito di produzione e fruizione animato da un numero relativamente piccolo di addetti ai lavori (alcune decine fra editori, direttori di collana, traduttori, curatori, critici, recensori) e capace di produrre un numero relativamente contenuto di volumi (alcune centinaia in circa dieci anni, a fronte delle migliaia dei grandi editori nazionali), ma che, in virtù della sua stessa esistenza, costituisce un’alternativa strutturale al circuito delle grandi case editrici dominato dalle milanesi Treves e Sonzogno. Secondo: l’affermarsi di una logica ‹autonoma› o ‹specifica›. A livello simbolico, i fautori dell’avanguardia rifiutano la logica ‹eteronoma› del mercato, della politica, della morale, ecc., per privilegiare la logica ‹autonoma› della letteratura: pubblicano cioè quasi esclusivamente testi ai quali riconoscono un valore specificamente letterario, sulla base di criteri di visione e divisione (ma in un certo senso potremmo dire anche: di poetiche) da loro stessi elaborati e propugnati. Mostrando di trascurare interessi economici o d’altro tipo per farsi portavoce di quelli specifici dell’arte, questi letterati, per un effetto di distinzione, vengono riconosciuti come i più legittimi rappresentanti dell’autonomia, a cui è riservato il potere di stabilire i criteri sulla base dei quali attribuire o meno a un autore, a un’opera, a una rivista, ecc., quel ‹valore letterario› che di per sé non ha alcun fondamento oggettivo ma è il prodotto di una credenza collettiva, di «un’immensa impresa di alchimia simbolica».3 Per molti anni saranno innanzitutto loro e i loro eredi a definire le ‹regole dell’arte›, tra le quali è importante qui ricordare l’interdetto sul romanzo, considerato una forma ibrida, falsa e compromessa con l’eteronomia.4 All’inizio questo potere viene loro riconosciuto solo entro il perimetro assai circoscritto del 2 3 4

Bourdieu, Pierre: Le regole dell’arte. Genesi e struttura del campo letterario, Milano 2005, in particolare pp. 207 sgg. Ivi, p. 240. Per queste regole dell’arte v. Baldini, Anna: «Avanguardia e regole dell’arte a Firenze», in: Anna Baldini et al.: La letteratura tedesca in Italia. Un’introduzione 1900–1920, cit., pp. 23–55, in particolare pp. 48 e sgg.

Heinrich Mann «romanziere della rivoluzione»

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circuito di produzione ristretta, ovvero dagli stessi collaboratori e fruitori delle loro imprese; ma nel corso degli anni, in assenza di una concorrenza altrettanto autorevole, estende la sua influenza anche oltre questi confini, rimodellando l’intero campo letterario sulla base della polarizzazione fra autonomia ed eteronomia, o, se vogliamo, fra letteratura ‹pura› e letteratura ‹commerciale›. Già verso la metà degli anni ’10 questa opposizione non è più eludibile: ogni scrittore, e a maggior ragione un esordiente, deve prendere posizione, far capire chiaramente da che parte sta. Terzo: il costituirsi di un ‹repertorio› specifico. Attraverso le riviste e le collane da loro animate, questi stessi letterati promuovono un repertorio di opere ‹riconosciute› o ‹consacrate›, e dunque simbolicamente distinte dal resto della produzione (segnatamente quella del campo di produzione di massa). In una parola: solo ciò che viene prodotto (dalle collane) e/o legittimato (dalle riviste) nel campo di produzione ristretta ha davvero valore letterario, mentre tutto il resto appare compromesso con il mercato, con la politica e con altre istanze eteronome. Nei primi anni di funzionamento del campo di produzione ristretta si assiste alla progressiva costruzione di questo repertorio legittimo che, per quanto riguarda la letteratura tedesca, include per primi Goethe, Nietzsche, Novalis e Hebbel, seguiti più tardi da Hölderlin, Hoffmann e altri, tutti oggetto di attente operazioni di rilettura.5 Per contro, vengono programmaticamente ignorati o esplicitamente avversati gli autori più letti, come Elisabeth Werner (la scrittrice tedesca di gran lunga più tradotta) e gli innumerevoli altri il cui nome oggi ci dice poco o nulla, ma anche, in larga misura, premi Nobel come Paul Heyse (1910) e Gerhart Hauptmann (1912), e perfino i classici più popolari nell’Ottocento italiano, Schiller e Heine. Negli anni questo repertorio verrà progressivamente ampliato, con ulteriori operazioni di rilettura, ma sempre entro i limiti di una selezione molto parsimoniosa, attenta a limitare la quantità per valorizzare la qualità degli autori e delle opere consacrati. Una ricognizione delle principali traduzioni pubblicate in volume fra il 1915 e il 1925 consente di rilevare un dato macroscopico: prendendo in considerazione i soli scrittori contemporanei (ancora viventi nel 1910)6, nel campo di produzione ristretta, animato dalle case editrici che si rifanno alle ‹regole dell’arte› dell’avanguardia, troviamo Frank Wedekind (Edizioni del Convegno), Sholem Asch e Isaac Leib Perez (Libreria della Voce), Hugo von Hofmannsthal e Gustav Meyrink (Carabba), Sholem Aleichem (Formiggini), Hanns Heinz Ewers e Joseph Ruederer (Taddei); nel campo di produzione di massa, dove operano i grandi editori commerciali o più piccole case editrici politiche o religiose, abbiamo invece Ricarda Huch, Paul Maria Lacroma e Peter Rosegger (Treves), Heinrich Mann e Fritz Oswald Bilse (Sonzogno), Gerhart Hauptmann (Treves, Sonzogno), Wilhelmine 5 6

Sisto, Gli editori e il rinnovamento del repertorio, cit., pp. 85–89. Il principale strumento per questa ricognizione è stato il Repertorio bibliografico della letteratura tedesca in Italia, a cura dell’Istituto Italiano di Studi Germanici, vol. I: 1900–1965, Roma, Edizioni di Storia e Letteratura, 1965, che però, per la sua impostazione scolastica, tende a omettere proprio la letteratura commerciale. Ne ho dunque integrato i dati ricorrendo all’OPAC del Servizio Bibliotecario Nazionale (www.sbn.it) e, ove disponibili, ai cataloghi delle case editrici.

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von Heimburg, Edward Stilgebauer e Elisabeth Werner (Salani), Leonhard Frank (Edizioni dell’Avanti!), John Henry Mackay (Casa editrice sociale, di orientamento anarchico) e Anna von Krane (Società editrice internazionale, di orientamento cattolico). È evidente che ci troviamo di fronte a due repertori distinti, due insiemi che non si intersecano: da una parte quello della letteratura esplorata e discussa dalle avanguardie letterarie; dall’altra quello della letteratura più consumata dal grande pubblico. Mentre nel precedente studio mi concentravo sulla genesi e sulle caratteristiche del repertorio del campo di produzione ristretta, lasciando sullo sfondo quello della produzione di massa, mi occuperò qui soprattutto di quest’ultimo, provando a indagarne più a fondo le logiche di selezione, marcatura e lettura.7 Per farlo, anziché tentare una mappatura esaustiva di centinaia di traduzioni dal tedesco pubblicate da decine di case editrici, ho preferito in questa sede concentrarmi su un caso che mi pare particolarmente significativo per la quantità e qualità dei fenomeni che consente di mettere in luce: l’operazione, programmata e realizzata dallo scrittore Mario Mariani nel 1919, di portare in Italia due romanzi di Heinrich Mann, Il suddito e I poveri. Ricostruirne le fasi e il contesto permette infatti non solo di osservare la complessa interazione fra logica politica e logica letteraria nell’attività di una della più grandi case editrici del tempo, Sonzogno, ma anche di analizzare alcuni tipici ‹effetti di campo›: dall’impiego, nel campo di produzione di massa, di strategie tipiche delle avanguardie, alla peculiare reazione difensiva che l’iniziativa di Mariani suscita nel campo di produzione ristretta.

2. I tedeschi della nuova Sonzogno All’inizio del nuovo secolo, Sonzogno continua ad essere l’editore popolare per eccellenza, il campione dell’arte sociale8: la sua Biblioteca universale, inaugurata nel 1882, supera nel 1919 i 500 titoli e costituisce senza dubbio il più ampio e diffuso repertorio di classici disponibile in Italia. Intere generazioni, almeno fino al giovane Vittorini, si formano sui suoi fascicoletti a 25 centesimi. Fra i tedeschi vi dominano autori del sette-ottocento (prima della guerra l’unico autore vivente rappresentato in catalogo è Paul Heyse), che la stessa collana ha contribuito a rendere ‹classici›, ripubblicando storiche traduzioni risorgimentali (il Goethe di Giovita Scalvini, lo Schiller di Andrea Maffei), a popolarizzare, inserendoli nel proprio prestigioso repertorio (Lessing, Hoffmann, Chamisso, Heine, Platen, Keller, Wagner, Hebbel), o perfino a scoprire, offrendone la prima traduzione italiana (Höl7 8

Bourdieu, Pierre: «Le condizioni sociali della circolazione internazionale delle idee», in: Studi Culturali, XIII.1, 2016, pp. 71–72. Cfr. Barile, Laura: «Un fenomeno di editoria popolare: le edizioni Sonzogno», in: L’editoria italiana tra otto e novecento, a cura di Gianfranco Tortorelli, Bologna 1986, pp. 95–106, in gran parte ripreso nel breve studio della stessa Le parole illustrate: Edoardo Sonzogno editore del popolo, Modena 1994.

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derlin, Kleist, Lenau). La Biblioteca universale prosegue su questo indirizzo anche nel dopoguerra, pur riducendo molto le pubblicazioni, ma le operazioni più innovative della casa editrice sul fronte della letteratura tedesca sono ospitate in due collane di più recente fondazione: la proposta di Heinrich Heine come classico di guerra nella Collezione Sonzogno – un caso sul quale intendo soffermarmi in un prossimo contributo – e quella di Heinrich Mann come romanziere della rivoluzione in Letteratura moderna italiana e straniera. Quest’ultima fa parte di un vasto rinnovamento della casa editrice che cronologicamente coincide col tempo di guerra, ma in realtà è dovuto a un avvicendamento ai vertici. Nel 1913 infatti Edoardo Sonzogno (1836–1920), l’artefice dell’ascesa della casa editrice nell’Italia postunitaria, esce di scena, cedendo il ramo librario dell’azienda al nipote Riccardo (1871–1915) e ad Alberto Matarelli (1875–1958), responsabile del grande stabilimento tipografico.9 Nel 1915, alla morte di Riccardo, Matarelli resta l’unico proprietario e inaugura un nuovo corso, da una parte valorizzando l’amplissimo catalogo, dall’altra rinnovando la produzione: svecchiata la redazione e allargata la rete dei collaboratori procede infatti al varo di nuove riviste e collane. Tra i protagonisti di questo nuovo corso ci sono alcuni giovani letterati autodidatti, privi di titoli di studio di alto livello e di contatti con le avanguardie consacrate, giunti a Milano dalla provincia con l’ambizione di affermarsi sulla scena letteraria, ma destinati per lo più a ripiegare sul giornalismo: tra questi il ferrarese Giannetto Bisi (1881–1919), probabilmente il principale punto di riferimento della redazione di via Pasquirolo, il siciliano Enrico Cavacchioli (1885–1954), il varesino Enrico Somaré (1889–1953) e il romagnolo Mario Mariani (1883–1951). La somma e l’intreccio dei loro interessi, per lo più dilettanteschi ed epigonali, ma a volte autenticamente controcorrente, arricchiscono il catalogo Sonzogno di nuovi progetti editoriali, a volte assai fortunati, come la traduzione delle opere di Henri Barbusse avviata da Bisi. Ecco i titoli tedeschi pubblicati fra il 1915 e il 1925 (tra parentesi il traduttore; s. i. t. = senza indicazione del traduttore; s. n. = senza numero di collana): Biblioteca universale H. Heine (Enrico Somaré): Germania: poema polemico, 1915 (n. 469) J. W. Goethe (Marino Lesti): La Campagna di Francia, 1916 (nn. 481–482) F. Hebbel (Adriano Belli): Gige e il suo anello, 1916 (n. 485) F. Schiller (Virginia Piatti): Giovanna d’Arco, 1920 (n. 510) J. W. Goethe (Nicola Addamiano): Ifigenia in Tauride, 1920 (n. 513) G. E. Lessing (Gigi De’ Motta): Minna di Barnhelm, 1920 (n. 523) G. Hauptmann (Giovanni Marcellini): Il cantoniere, 1921 (n. 528)

9

Editori a Milano (1900–1945). Repertorio, a cura di Patrizia Caccia, Milano 2013, p. 294. Il cambio di ragione sociale in «Casa Editrice Sonzogno della Società Anonima Alberto Matarelli» avviene solo nel 1923.

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Collezione Sonzogno H. Heine (Enrico Somaré): Che cosa è la Germania? Analisi e profezie, 1915 (n. 6) O. F. Bilse (Guglielmo Evans): Una piccola guarnigione: romanzo di costumi militari, 1915 (n. 20) H. Heine (Giannetto Bisi): Francia repubblicana, 1918 (n. 30) Letteratura moderna italiana e straniera K. Eisner (s. i. t. [Mario Mariani]): I nuovi tempi, 1919 (s. n.) H. Mann (s. i. t. [Mario Mariani]): Il suddito, 1919 (s. n.) H. Mann (s. i. t. [Mario Mariani]): I poveri, 1919 (s. n.) Come si vede, a causa della guerra, sono relativamente pochi e quasi tutti confezionati in chiave anti-tedesca: pubblicare nel 1916 La campagna di Francia di Goethe, in cui il massimo scrittore tedesco esulta per la sconfitta dell’esercito prussiano a Valmy, o ancora nel ’20 la Giovanna d’Arco di Schiller, omaggio dell’altro grande ‹classico di Weimar› a un’eroina nazionale francese, non può apparire un caso o un gesto neutrale. Dopo la guerra, questa coloritura generale si intona ai nuovi tempi, prendendo le tinte del biennio rosso: nel 1921, la prima traduzione italiana del Cantoniere di Gerhart Hauptmann, anche se l’introduzione è lontana dall’assumere toni esplicitamente militanti, è evidentemente dovuta al fatto che l’autore, da sempre un beniamino dei partiti socialisti sia in Germania sia in Italia, sta conoscendo una nuova fortuna, e che quel racconto, Bahnwärter Thiel, per il crudo naturalismo con cui descrive lo scivolare di un casellante delle ferrovie nella follia e nella violenza, è noto come una delle più dure denunce delle condizioni di vita della classe operaia. Solo durante l’ultimo anno di guerra tuttavia comincia a distinguersi, in un catalogo che continua ad arricchirsi rapidamente, un filone di titoli che raggruppa le più audaci proposte letterarie della nuova Sonzogno: si tratta prevalentemente di romanzi di autori contemporanei, accomunati dal tentativo di narrare – e, nelle intenzioni, accompagnare – le trasformazioni sociali di cui la guerra è ritenuta allo stesso tempo sintomo e causa. Sebbene i volumi non abbiano tutti lo stesso formato né un numero di serie, vengono spesso presentati come un insieme coerente, sotto una varietà di diciture che alla fine si stabilizzano in Letteratura moderna italiana e straniera.10 In questo contenitore poco formalizzato – che in effetti non avrà mai la struttura di una collana vera e propria – ma molto connotato letterariamente e politicamente, Mario Mariani, uno degli scrittori più letti e controversi del primo dopoguerra, presenta ai lettori italiani Il suddito e I poveri di Heinrich 10

Fra il 1918 e il 1921, sulle diverse riviste della Sonzogno, lo stesso gruppo di titoli viene rubricato come «ultime novità librarie», «una collana storico-letteraria», «scrittori moderni italiani e stranieri» e «moderni scrittori italiani e stranieri». Questa oscillazione non è affatto inusuale, anzi, la si ritrova spesso in quella fase iniziale che si potrebbe definire ‹prove generali di collana›. Il titolo Letteratura moderna italiana e straniera è ancora attestato nel Catalogo generale Sonzogno 1932.

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Mann. Il valore inaugurale di queste traduzioni, le prime di romanzi canonici del novecento tedesco, è stato già opportunamente rilevato.11 Qui vorrei invece ricostruire i motivi che hanno portato Mariani a tradurre queste due opere, e il contesto editoriale e letterario in cui vedono la luce, dal momento che, come vedremo, proprio questo è stato determinante per la prima, controversa accoglienza di Heinrich Mann in Italia.

3. L’anomala avanguardia del Mondo Per comprendere il ruolo di Mariani nella Sonzogno occorre tornare al 1915, quando Matarelli lancia una nuova rivista, che in breve diventa il perno del rilancio della casa editrice. Il mondo (1915–1922) è un settimanale illustrato che racconta l’attualità attraverso immagini fotografiche degli eventi, dei luoghi e dei protagonisti della cronaca: il modello è quello della ben più prestigiosa Illustrazione italiana di Treves, testata per così dire istituzionale della borghesia nazionale, ma l’orientamento politico è, al contrario, socialista. La rivista, che nelle ventiquattro pagine di ciascun fascicolo dà ampio spazio anche alla moda, all’arredo, ai divi del teatro e del cinema, è evidentemente rivolta a un pubblico largo, prevalentemente piccoloborghese e femminile, ma anche operaio, e si presenta come vetrina delle pubblicazioni della casa, le cui riviste e collane vi sono ampiamente reclamizzate. A dirigerla viene chiamato il già citato Enrico Cavacchioli, giornalista e scrittore, firmatario del manifesto futurista e autore di poesie, commedie e libretti d’opera, il quale, senza mutarne la natura popolare ne fa, un po’ surrettiziamente, l’organo di un movimento letterario. Questo movimento, in un primo tempo contiguo al futurismo di Marinetti, poi via via più autonomo e profilato, trova i suoi esponenti più significativi in scrittori come Mariani, Gino Rocca, Alessandro Varaldo, Salvator Gotta, Guido da Verona, Virgilio Brocchi, Mario Puccini, Mura e Pitigrilli, tutti – o quasi – editi da Sonzogno12. Sono nomi tra i più noti e letti all’epoca, ma oggi pressoché del tutto dimenticati, a conferma dell’opposizione strutturale fra successo commerciale (effimero) e canonizzazione letteraria (più durevole, ma che richiede la mediazione degli specialisti). 11 12

Rubino, Mario: I mille demoni della modernità. L’immagine della Germania e la ricezione della narrativa tedesca contemporanea in Italia fra le due guerre, Palermo 2002, pp. 57 e 109. Questi sono i collaboratori più assidui, ma sulla rivista compaiono anche le firme di Ada Negri, Roberto Bracco, Dario Niccodemi, Matilde Serao, Amalia Guglielminetti, Carmen Sylva, Marino Moretti, Carlo Carrà, Margherita Sarfatti, Luigi Pirandello, Luigi Capuana, Térésah, Corrado Govoni, Ceccardo Roccatagliata Ceccardi, Alfredo Panzini, Trilussa, Carlo Linati, Federigo Tozzi, Fausto Maria Martini, Arnaldo Fraccaroli, Rosso di San Secondo, Carola Prosperi, Massimo Bontempelli, Enzo Ferrieri, Alberto Savinio, Nicola Moscardelli, Anton Giulio Bragaglia, Gian Dàuli, Pietro Solari. Molto numerose sono le scrittrici, tra cui Anna Franchi e Icilia Berni, che nel 1919 sostengono attivamente la campagna del Mondo per l’estensione del suffragio alle donne.

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Nel giro di qualche anno è proprio Mariani ad affermarsi come il capofila del movimento. La sua traiettoria è particolarmente rappresentativa delle tensioni e contraddizioni di questi anni. Nato a Roma da famiglia romagnola (è il figlio illegittimo di un agiato possidente), si costruisce una cultura letteraria da autodidatta (fa scuole tecniche, non finisce gli studi) leggendo Carducci, Pascoli, D’Annunzio (dei quali ammira rispettivamente l’impegno civile, la dirittura morale, l’energia vitale) e soprattutto Nietzsche (a cui deve, come molti suoi coetanei, la sua base ideologica), per dedicarsi molto presto all’attività politica (finendo schedato come «socialista rivoluzionario pericoloso»13). Dal 1904 viaggia e si mantiene con umili lavori a Parigi, Londra e negli Stati Uniti – o così almeno sostiene nei frequenti scorci autobiografici che contrappuntano la sua opera –, ostentando un habitus da sradicato bohémièn anche nell’irregolarità dei suoi rapporti con le donne (sposa nel 1911 a Londra la ballerina e pianista di cabaret Maria Biondi, da cui avrà una figlia, ma se ne separerà dopo pochi anni). Dal 1907 è a Berlino, dove rimane fino allo scoppio della guerra come corrispondente del Secolo, il quotidiano radicale allora ancora parte integrante dell’impero Sonzogno. In Germania si persuade che lo stato tedesco ha un ordinamento medioevale e antimoderno incompatibile con la democrazia e che il governo di Guglielmo II ha un esplicito progetto di dominazione economica e militare sull’intera Europa. Espone queste tesi nel saggio Il ritorno di Machiavelli (1916), esortando gli italiani a liberarsi di quegli «articoli da esportazione tedeschi» che sono «ottimismo, pacifismo, umanitarismo, internazionalismo, antimilitarismo»14, per abbracciare invece la filosofia che la Germania pratica nei fatti: il culto amorale del diritto del più forte, per cui il fine giustifica i mezzi. Pur restando su posizioni tra il marxista e l’anarcoide, Mariani è persuaso dell’ineluttabilità del darwinismo sociale e non nasconde la sua ammirazione per i tedeschi, che considera più abili e disincantati degli italiani nella «lotta per la vita»: chi perde sarà asservito, e l’unico modo per non soccombere è impegnare tutte le proprie energie nello sforzo bellico, contrapponendo al nietzschianesimo germanico il machiavellismo italico. Il volume raccoglie il consenso di un altro buon conoscitore della Germania, Benedetto Croce, che lo trova «singolarmente concreto, istruttivo e persuasivo» e si augura che «sia divulgato a migliaia di copie e meditato dappertutto in Italia e nei paesi alleati».15 Il riconoscimento di Croce offre a Mariani l’occasione di giocare una partita molto audace nel campo letterario, approfittando della guerra e dell’ancora fragile polarizzazione fra produzione ristretta e produzione di massa per tentare di accedere a quella consacrazione specifica che sembra appannaggio esclusivo delle avanguardie. Appartenente alla stessa generazione di Papini e Prezzolini, egli 13 14 15

Prefettura di Ravenna, Mariano Mariani: Scheda biografica, 28 maggio 1907, riportato in Falco, Emilio, Mario Mariani tra letteratura e politica, Roma 1980, p. 171. Mariani, Mario: Il ritorno di Machiavelli: studi sulla catastrofe europea, Milano 1916, p. 5. Croce, Benedetto: Recensione a II ritorno di Machiavelli, in: La Critica, XIV (1916) pp. 456–457. E aggiunge: «Né è il caso di avere troppa paura dell’‹immoralismo› che l’autore professa, quando si osservi che esso è, più che altro, avversione al moralismo pigro e ipocrita».

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comincia a profilarsi come uno dei loro più agguerriti rivali nel momento in cui, anziché accettare le regole del campo di produzione ristretta da loro codificate, adotta le loro stesse strategie di distinzione per accumulare capitale simbolico senza rinunciare ai profitti del mercato e della popolarità, mantenendosi cioè saldamente all’interno del campo di produzione di massa. Il tentativo è grossolano ma ingegnoso, e per qualche anno gli consente di salire alla ribalta delle cronache letterarie. Non è qui la sede per passare in rassegna l’insieme di queste strategie, che culminano nella fondazione di una rivista a programma (Novella, nel 1919, non a caso specializzata nel genere più commerciale e dunque più esecrato dai letterati autonomi) e nella capitalizzazione letteraria di un processo per scandalo (per la raccolta di racconti Le adolescenti, nel 1920, che difende invocando la libertà dell’arte dai vincoli della morale, come già avevano fatto Filippo Tommaso Marinetti e Italo Tavolato). Mi soffermerò solo su quelle strettamente rilevanti per la nostra indagine: l’adesione tattica al genere dell’autobiografia lirica (che i vociani contrapponevano al romanzo), la partecipazione a un movimento letterario (che si presenta pubblicamente come avanguardia) e la traduzione di letteratura straniera (con chiara funzione autolegittimante). Mariani, come si è accennato, arriva alla letteratura attraverso il giornalismo: rientrato in Italia nella primavera del 1915, redige per conto del Secolo corrispondenze di guerra, poi raccolte nei volumi Sulle Alpi e sull’Isonzo (1915) e La neve rossa (1916), in cui esalta la vita di trincea in contrapposizione alla vita borghese. Ed è con un tipico prodotto della tradizione dell’arte sociale che, alla fine del 1916, esordisce come scrittore ed entra nell’orbita della nuova Sonzogno: La casa dell’uomo, pubblicato a puntate sul Mondo, è un romanzo di denuncia sociale che dà voce alla «sora Nanna», portinaia di un caseggiato romano, per denunciare l’immoralità e l’ipocrisia degli inquilini borghesi. Intanto si è arruolato e combatte sul fronte alpino, dove scrive I colloqui con la morte: impressioni di guerra e novelle di trincea, che, lanciato con clamore nel 1917, apre la strada al nuovo filone di narrativa ultracontemporanea che si coagulerà di lì a poco nella collana Letteratura moderna. Abbandonando temporaneamente il genere del romanzo, interdetto nel campo di produzione ristretta, I colloqui da una parte occhieggia al gesto nietzscheano dell’Uomo finito di Papini («Io ho il coraggio di studiare la mia paura, di studiare il mio coraggio. In pubblico, per il pubblico. È un’analisi, è una confessione …»), dall’altra fa leva sui sentimenti patriottici dei lettori e sulla facile smerciabilità di tutto ciò che riguarda la guerra («Un libro buono: perché ci fa amare sempre più coloro che combattono e soffrono per noi»).16 Nel 1918, al fronte, conosce Salvator Gotta, Guido da Verona e Eugenio Gandolfi, con i quali anima La Trincea, settimanale dei soldati della IV Armata (stampato da Matarelli): insieme a questi compagni d’armi si accinge, una volta ritornato alla vita civile, alla conquista della scena letteraria milanese (e nazionale), avviando le riviste Novella e Commedia, ma anche – circostanza meno nota – parteci16

Entrambe le citazioni sono tratta dall’annuncio pubblicitario in: Il mondo, 4 marzo 1917.

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pando a una vivace discussione letteraria sulle pagine del Mondo. Un testimone autorevole, il commediografo Marco Praga, descrive «i giovani amici e colleghi di Enrico Cavacchioli» – Mariani, Gotta, Gandolfi e Gino Rocca – come una «banda», nel senso, specifica, di «persone di un partito» o di «milizie paesane per servizio pubblico».17 Nel corso del 1919 questa «banda» si candida a succedere alla generazione della Voce nel ruolo di avanguardia di una nuova letteratura, opponendosi strutturalmente e simbolicamente al gruppo della Ronda, che dell’esperienza vociana rivendica l’eredità e il prestigio. Mentre i rondisti continuano a proclamare la separatezza della sfera letteraria dalla politica, gli scrittori milanesi al contrario contestano apertamente la secessione della letteratura nel campo di produzione ristretta: si presentano, anzi, come i legittimi rappresentanti letterari delle masse protagoniste delle trasformazioni evidenziate dalla guerra, facendosi portavoce in particolare dei lavoratori che aspirano alla rivoluzione e delle donne che aspirano all’emancipazione. In questo Mariani è senz’altro il più esplicito ed esuberante del gruppo: il suo Povero Cristo è pubblicato a puntate sul Mondo nel 1919 come «il romanzo della miseria borghese»18, mentre le novelle de Le adolescenti (1919) e Le sorelline (1920) esaltano la libertà sessuale delle donne ricorrendo all’immoralismo provocatoriamente antiborghese già collaudato in Germania da Frank Wedekind (che nel Ritorno di Machiavelli Mariani mostra di conoscere bene). A rendere efficace la sua offensiva è tuttavia l’azione collettiva del gruppo, che dà l’impressione di un indirizzo letterario condiviso e organico: sul Mondo Giannetto Bisi scrive di Mariani, Mariani di da Verona e Rocca, Rocca di Gotta e Varaldo, e così via. Non si tratta di mera pubblicità reciproca, ma di prese di posizione critiche attraverso le quali, tra affinità e divergenze, si delinea una visione della letteratura comune e contrapposta a quella del campo di produzione ristretta. Ne è un esempio caratteristico un testo in cui Mariani, recensendo un libro di Guido da Verona, il romanziere più venduto del momento, espone il proprio programma di rigenerazione del romanzo, genere su cui vige ancora l’interdetto di Croce e dei vociani. Innanzitutto, ostentando il cameratismo caratteristico dei cenacoli letterari d’avanguardia («scrivere dell’opera sua significa per me seguitare con lui una conversazione, non so se la penultima o l’ultima, interrotta, non ricordo bene perché, al Savini o al Cova …»),19 Mariani rimprovera a da Verona di continuare a scrivere come se non ci fossero state la guerra mondiale e la rivoluzione russa. È un argomento a cui in questi anni fa ricorso ossessivamente per legittimare se stesso e la sua sovversione letteraria; tuttavia, al di là del dissenso, è attento a sottolineare quanto lo accomuna all’amico, vale a dire innanzitutto il rifiuto di una delle regole fondamentali dell’autonomia letteraria: la denegazione dell’interesse economico. Pur mostrando di apprezzare un rappresentante della letteratura pura come Papini, che su questa ostinata denegazione aveva costruito 17 18 19

Praga, Marco: Cronache teatrali, Milano 1920, pp. 229–230. Annuncio pubblicitario, Il mondo, 27 aprile 1919, p. 12. Mariani, Mario, Il sogno errante di Guido da Verona, in: Il mondo, 23 marzo 1919, pp. 17–18.

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il suo prestigio negli anni della Voce, Mariani, come gli altri letterati milanesi, non riconosce l’opposizione fra interesse artistico e interesse economico, e anzi attacca espressamente il ‹rondista› Antonio Baldini, che avrebbe osato criticare da Verona solo per invidia del suo successo: In tutta Italia quando un autore riesce a vendere più di diecimila copie d’un libro può star sicuro che i colleghi e i critici cominciano a raccontare che ha sgozzato suo padre, che fa firme false sulle cambiali, che ha una donna che lo mantiene, che bara al gioco, che ruba nei negozi dei gioiellieri. […] L’invidia che io mi sappia non è mai stata critica. Io penso anzi che, per i giovani italiani, Guido da Verona, scrittore ancor giovane, che in un paese nel quale ormai tutti i mercanti d’olio lubrificante e di sopratacchi per le scarpe guadagnan milioni, comincia a guadagnare centomila franchi l’anno con la letteratura ed è arrivato a questo camminando solo senza implorare mai nulla dai critici e senza affigliarsi a nessuna scuoletta e a nessuna società di mutuo incensamento, io penso anzi che questo scrittore per la dignità dell’arte e per gli scrittori giovani dovrebbe ormai essere una bandiera.20

In secondo luogo Mariani si mostra pienamente concorde con da Verona nel riconoscere il primato del romanzo quale genere su cui deve misurarsi il rinnovamento della letteratura. Anzi, di passata snòcciola un intero repertorio romanzesco, evidentemente condiviso dai letterati milanesi, che include autori del tutto ignorati nel campo di produzione ristretta (basti pensare a George Eliot e alle Brontë, a malapena tradotte in italiano): Il romanzo, se non si rinnova, è un genere troppo sfruttato. Le letterature straniere han già dato almeno seicento romanzi capilavori – Stendhal, Balzac, Hugo, Daudet, Flaubert, Zola, Dostoevskij, Strindberg, De Goncourt, Margueritte, France, Tolstoj, ecc., ecc., ecc. – Cinquant’anni fa i romanzi perfetti in Inghilterra li scrivevan le donne – Brontë, Eliot. – L’Italia non ha dato che due romanzi perfetti: I promessi sposi e L’innocente. […] Le vie del romanzo del domani sono state indicate e per la struttura e per il contenuto da tempo: Le tentazioni di sant’Antonio di Flaubert, I ventun giorni di un nevrastenico di Mirbeau, L’inferno di Barbusse.21

La sfida di questa anomala avanguardia milanese all’avanguardia consacrata va vista soprattutto come una provocazione, quasi uno sberleffo. Mariani & Co. sanno di avere ben poche possibilità di destabilizzare un ordine simbolico presidiato da Benedetto Croce, Prezzolini e Papini, tutti allora al culmine del loro prestigio. Nondimeno tentano di trarre qualche profitto simbolico dalla loro posizione attaccando baluardi dell’autonomia letteraria come La Ronda e altre «società di mutuo incensamento», emulandone le strategie di (auto-)legittimazione, o anche solo cercando un’interlocuzione, come fa Guido da Verona proprio nel Libro del mio sogno errante – altra concessione di un romanziere alla poetica dell’autobiografia lirica – e nella successiva Lettera d’amore alle sartine d’Italia (1924). E il tentativo, quantomeno, incontra l’appoggio di personalità quali Marinetti e Borgese, a loro volta critici nei confronti dei paladini dell’autonomia. 20 21

Ivi, p. 18. Ibidem.

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4. La collana Letteratura moderna italiana e straniera Una delle istituzioni di riferimento dell’avanguardia milanese è per qualche anno la collana Letteratura moderna italiana e straniera, che Mariani è tra i più attivi ad incrementare. Anche in questo caso troviamo una singolare mescolanza di valori eteronomi – la collana pubblica romanzi ‹di nuovo tipo› rivolti a un ampio pubblico ‹interessato al cambiamento› – e di strategie tipiche dell’autonomia: vi compaiono infatti sia le opere degli scrittori del gruppo del Mondo, sia opere di autori stranieri selezionate, tradotte e prefate da questi stessi scrittori, che cercano in questo modo di presentarsi come la cellula italiana di un movimento letterario internazionale. Tra il 1918 e il 1920 Alessandro Varaldo, una delle più assidue firme del Mondo, vi pubblica cinque raccolte di novelle e traduce uno dei primissimi titoli della collana, La guerra, signora …! di Paul Géraldy; Gerolamo Lazzeri pubblica, ammiccando a Renato Serra, un Esame di coscienza dell’epoca nostra e traduce Vita dei martiri di Georges Duhamel; Decio Cinti, strettissimo collaboratore di Filippo Tommaso Marinetti, ne ripubblica la traduzione del poema Distruzione in una «nuova edizione col processo e l’assoluzione di Mafarka il futurista» e traduce ex novo I sette impiccati di Leonid Andreev; Mariani pubblica, dopo I colloqui con la morte e La casa dell’uomo, le novelle Le smorfie dell’anima e traduce Kurt Eisner e Heinrich Mann; Enrico Somaré pubblica i propri Canti del mattino e traduce L’educazione sentimentale di Flaubert; Oreste Ferrari, compagno d’armi e amico fraterno di Somaré, traduce i Poemi in prosa di Rimbaud; Giannetto Bisi traduce, come si è accennato, L’inferno, Il fuoco, Chiarezza e Chi siamo di Barbusse, evocato da Mariani quale scrittore di riferimento di tutto il gruppo. Questi titoli vanno ad allinearsi in un’unica serie con i romanzi e le novelle di Virgilio Brocchi, Gino Rocca e Salvator Gotta, e soprattutto con il Gian-Cristoforo di Romain Rolland, pubblicato in dieci volumi a partire dal 1920.22 Pur rispecchiando, come del resto ogni avanguardia, poetiche talora contrastanti – lo sperimentalismo formale di Marinetti, il populismo rivoluzionario di Mariani, il perplesso classicismo di Somaré – non c’è dubbio che la collana riesca a dare l’impressione di una tendenza comune, in particolare nel farsi portavoce di una rivoluzione, sociale e letteraria, che fa appello ai ceti emergenti. Se da una parte, infatti, i romanzi di Barbusse e Rolland, entrambi socialisti e pacifisti, «vantano la

22

L’atto di nascita della collana si può probabilmente individuare nella traduzione del primo titolo di Barbusse, L’inferno, da parte di Bisi, nell’autunno del 1918: è questo il libro che dà il tono a tutta l’operazione, e che avrà il maggior successo di vendite. Il quadro più organico della collana si trova in un annuncio pubblicitario apparso sul Mondo il 22 agosto 1920, pp. 2 e 16, dove sotto il titolo Letteratura moderna italiana e straniera sono elencati 74 titoli, disponibili in «eleganti volumi in 16-grande, da 200 a 400 pagine, con artistiche copertine a colori», e suddivisi in ‹romanzi e novelle› (54), ‹storia, politica, attualità› (14) e ‹poesia› (6). Gli autori più rappresentanti sono Mariani (7), Varaldo (5), Barbusse (4), Marinetti (3), Rocca (3), Andreev (3), De Valrose (3), Rolland (2), Mann (2), Lazzeri (2).

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maggiore fortuna tra i lettori socialisti»,23 dall’altra la rivoluzione sociale, per una frazione importante del gruppo milanese, coincide con un rinnovamento della letteratura, per quanto vaghi e contraddittori siano i modi in cui esso viene declinato. Così si spiega l’interesse per un autore come Flaubert, non certo accostabile al socialismo, e anzi già allora considerato l’incarnazione per eccellenza dell’arte per l’arte: nel contesto di Letteratura moderna, entrando cioè nell’orbita della polemica letteraria e sociale di un Mariani, perfino L’educazione sentimentale, che appare nella sua seconda traduzione italiana (la prima integrale), acquista connotati di denuncia antiborghese;24 mentre La tentazione di Sant’Antonio, di cui Decio Cinti pubblica nel 1924 la terza traduzione italiana (dopo le due apparse a Napoli nel 1902 e nel 1906) acquisisce l’interesse di un esperimento formale nel momento in cui Mariani lo menziona fra i testi che «per la struttura e per il contenuto» indicano «le vie del romanzo di domani».25

5. Heinrich Mann «romanziere della rivoluzione» In questo quadro si chiarisce che genere di operazione sia quella compiuta da Mariani nel presentare, in Letteratura moderna, Il suddito e I poveri di Heinrich Mann insieme ai saggi politici del primo presidente della repubblica consiliare bavarese Kurt Eisner. Così ne scrive egli stesso sul Mondo nell’agosto 1919: Nel gennaio scorso, mentre Rosa Luxemburg e Carlo Liebknecht morivano nelle strade di Berlino sgozzati dalla Guardia Bianca, io ero in Germania. Scappando fra le vie della rivoluzione portai con me tre libri che ebbero sul mio spirito una influenza enorme: I nuovi tempi di Kurt Eisner – altro assassinato dalla reazione borghese – Il suddito e I poveri di Enrico Mann. Sono gli Evangeli della nuova epoca che sorge sulle rovine di un mondo che la guerra ha distrutto. Ho curato traduzioni ed edizioni con infinita pazienza e con intelletto d’amore. Do questi tre libri agli italiani intendendo dar loro una nuova canzone di speranza e una nuova riga di sole.26

23 24

25 26

Ridolfi, Maurizio: «L’‹industria della propaganda› e il partito: stampa e editoria nel socialismo italiano prefascista», in: Studi storici, a. 33, n. 1 (gennaio–marzo 1992), p. 79. È significativo, a riprova della diversità di visioni interna al movimento, che nell’introduzione Somaré, probabilmente in polemica proprio con Mariani, sottolinei la perfetta classicità della prosa flaubertiana a contrasto con le «insopportabili mercerie narrative, fuoriuscite da teste mediocri, disordinate, capaci di ogni delinquenza artistica» di certi fortunati «anarcoidi dello spirito» (Somaré, Enrico: «Prefazione» a Flaubert, Gustave: L’educazione sentimentale: storia di un giovane, Milano 1920, pp. 6–7). Cfr. supra n. 21. Annuncio pubblicitario in Il mondo, 17 agosto 1919, p. 2. Prosegue: «Quando i venduti e gli imbecilli credevano che la rivoluzione fosse uno scherzo russo io ho gridato e singhiozzato che la rivoluzione era un fatto europeo ed una necessità umana. Oggi io licenzio alle stampe, con fraterna gratitudine verso l’editore, senza orgoglio, ma con la sicurezza della mia fede immutabile, I poveri di Enrico Mann, un libro che accompagna dei proletari e dei sofferenti verso la più grande vittoria umana».

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Nell’introduzione al Suddito, pubblicato qualche mese prima con il sottotitolo tendenzioso (assente nell’originale) «Il romanzo del tempo di Guglielmo II», Mariani mette nero su bianco uno dei più espliciti manifesti della propria poetica. Sentenziando, nella prima riga, «Enrico Mann è il romanziere della rivoluzione tedesca», egli si presenta a sua volta come il romanziere della rivoluzione italiana. La rivoluzione, ancora una volta, è sociale e letteraria: La grandiosità della concezione di Enrico Mann può indicare a infiniti scrittori la strada da seguirsi per tentare il rinnovamento d’un genere ormai troppo sfruttato: il romanzo. È accaduto un fatto, in quel benedetto anno 1915 che era il secondo della sanguinosa passione europea, di cui la storia della letteratura dovrà un giorno tener conto. Proprio nello stesso anno tre uomini appartenenti a tre popoli diversi, staccandosi a un tratto dalla tradizione, scrivevano senza conoscersi, senza saper nulla l’uno dell’altro, tre romanzi che erano bizzarramente simili per struttura e per intenzioni. Mi si perdoni di parlare di me, ma quando avrò detto che Il suddito di Enrico Mann, L’inferno di Enrico Barbusse e La casa dell’uomo sono tre lavori straboccanti di difetti e che anche la trovata, cui debbono il loro merito e la loro importanza, non era propriamente degli autori, ma era siffattamente nell’aria e nel tempo che furono in tre a pensarla nello stesso momento, si vedrà ch’io non intendo lodare né gli altri né me, ma studiare un fenomeno.27

Il fenomeno caratteristico nella nuova letteratura sarebbe, secondo Mariani, il superamento del «romanzo a trama», descrittivo e psicologico, in favore del «romanzo d’idee», libro «di battaglia e di pensiero» in cui tutto è funzionale a dimostrare la tesi dell’autore: una tendenza che egli ravvisa già in alcune opere di Flaubert, Octave Mirbeau e Anatole France e che trova confermata da Guido da Verona. In realtà le tre opere citate rientrano ancora pienamente nel paradigma del naturalismo, con la sola novità che le tesi che vi si affermano coincidono con quelle care allo stesso Mariani. Anche nel Suddito sono rappresentate l’irrimediabile corruzione della società borghese («Non c’è in tutto il romanzo e in tutta la città del romanzo una sola figura sana, schietta. Persino l’operaio Fischer è un arrivista che gioca furbescamente per giungere al Reichstag»), la liberazione sessuale delle donne («Agnese, dopo essersi offerta d’un subito, senza esitazioni, dice tranquilla: t’ho amato, adesso tutto mi è indifferente»), l’amoralismo della società tedesca d’anteguerra («quell’educazione egoistica, burocratica, militare, che doveva portare la Germania al crollo»), ma anche, d’altra parte, le prospettive aperte dai sommovimenti rivoluzionari («Ma su tutto questo luridume splende un pallido filo di luce: la speranza del domani; d’un più libero, d’un più puro domani»). Per quanto questo rinnovamento del romanzo sia più millantato che effettivo – sebbene forse anticipi qualche elemento del dibattito degli anni ’30 sul ‹romanzo collettivo›28 –, tuttavia esso intende riaffermare la concezione dello scrittore politicamente atti-

27 28

Mariani, Mario: «Prefazione» a Mann, Heinrich: Il suddito, Milano 1920, pp. 7–8. Da qui sono tratte anche le seguenti citazioni. Cfr. Baldini, Anna: Un editore alla ricerca di un’avanguardia: Valentino Bompiani e la «tenzone del romanzo collettivo», in Stranieri all’ombra del duce: le traduzioni durante il fascismo, Milano 2019, pp. 198–211.

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vo, che ha una lunga tradizione ottocentesca e che si oppone nettamente a quella dell’artista puro dominante nel campo di produzione ristretta: La rivoluzione incombe e, in questo momento nel quale un mondo crolla, noi non possiamo più permettere all’artista di essere esclusivamente artista: egli ha il dovere di dare una mano alla demolizione, di dare un’idea alla ricostruzione.29

Per Mariani, che in questi anni predica «abolizione della patria, abolizione della famiglia, abolizione del diritto d’eredità, abolizione della proprietà, abolizione della moneta, libero amore, figlio di stato, la terra a chi la lavora, la casa a chi la abita, le macchine a chi le fa produrre»,30 Mann rappresenta questo tipo di scrittore, e di scrittura. Non a caso Il suddito, sottolinea, fu censurato per quattro anni, ma poi «uscì con la rivoluzione e se ne stamparono 100.000 copie in due mesi».31 È probabilmente per mostrare il potenziale della via aperta da Mann – e da lui stesso – che Mariani traduce anche I poveri, ritenendolo privo dei difetti del precedente romanzo, quelle «lungaggini, per esempio, che il sintetismo moderno non ammette più».32 Oppure è per speculare su un filone che considera lucroso, e di cui vuole presentarsi come il principale esponente italiano. Non è detto, peraltro, che le due cose siano in contraddizione: non è da dubitare che Mariani, soggettivamente, fosse persuaso di essere l’avanguardia di una nuova letteratura. Certo, per l’editore pubblicare due romanzi di un autore ancora sconosciuto è un investimento non da poco; d’altra parte i costi sono contenuti, perché le traduzioni, non firmate, sono fatte sbrigativamente dallo stesso Mariani, con molti tagli e molti errori33, e a nessuno viene in mente di chiedere a Heinrich Mann un’autorizzazione, né tantomeno di corrispondergli i diritti d’autore.34 I poveri esce senza introduzione, ma Mariani lo presenta con un articolo sul Mondo, insistendo sulla conversione di Mann al romanzo di idee: da ‹arcadico› qual era, è stato ‹svegliato› dalla rivoluzione e «adesso scrive per meditare che cosa ha trascinato il suo popolo alla rovina e come si può rimediare alla rovina».35 Per questo «i suoi romanzi si vendono a centinaia di migliaia di copie; tanto per confermare l’asserto degli artisti puri i quali asseriscono che il lettore a leggere libri di pensiero s’annoia».36 29 30 31 32 33

Mariani, Prefazione, cit., pp. 12–13. Mariani, Mario: Le adolescenti, Milano 1920, p. 127. Mariani, Prefazione, cit., p. 12. Ivi, p. 7. Mazzucchetti, Lavinia: «Traduzioni», in: I libri del giorno, IV, 7 (1921), pp. 371–373, qui p. 373: «se penso alle traduzioni di Sonzogno, serie romanzi, da Heinrich Mann, cattiva per Il suddito, pessima per I poveri, perdo la fiducia e la speranza!». 34 Ne accenna, basandosi su una lettera in cui Mann afferma di aver fatto causa all’editore, Ritter Santini, Lea: L’italiano Heinrich Mann, Bologna 1965, p. 199, n. 36. 35 Mariani, Mario: «I poveri di Enrico Mann», in: Il mondo, 21 settembre 1919, p. 3. 36 Ibidem. Ancora una volta, poi, Mariani, nel sintetizzare il contenuto del romanzo, mette in rilievo soprattutto gli elementi che confermano le proprie tesi, in particolare su quell’egoismo sociale che, già nel Ritorno di Machiavelli, considerava caratteristico di tutta la società tedesca, ma che ora riguarda anche la società italiana: «Ma il terribile dello studio del Mann sta qui. Egli sostiene che in fondo all’anima egoistica di ciascuno la guerra, anche la guerra, era una forma di lotta

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6. Effetti di campo Il suddito e I poveri appaiono dunque in Italia come tipici prodotti del campo di produzione di massa del dopoguerra: selezionati da uno scrittore privo di riconoscimento specifico, marcati da un editore che opera notoriamente secondo la logica dell’eteronomia economica e politica, e letto alla luce di una stravagante poetica di rinnovamento del ruolo dello scrittore e del romanzo, non possono certo incontrare il favore dei gate keeper del campo di produzione ristretta. Persino Lavinia Mazzucchetti, la più aggiornata specialista di letteratura tedesca contemporanea di quegli anni37, che pure è vicina agli ambienti del socialismo milanese e non ha pregiudizi di sorta nei confronti della letteratura di massa, rifiuta in toto l’operazione di Mariani: «In fondo, il vedere come Heinrich Mann sia entrato in Italia con queste sue ultime opere mi ha fatto malinconia: è ancora il libro scandalo che si fa avanti prima del libro artistico».38 Ma è dall’autorevole pulpito della Ronda che arriva il verdetto definitivo. Il fatto stesso che la rivista romana ritenga di dover dedicare una recensione al Suddito, anziché passarlo sotto silenzio come tutto il resto della letteratura commerciale e politicizzata, testimonia che l’iniziativa di Mariani e dell’avanguardia milanese è in grado di suscitare attenzione – e forse anche un accenno di preoccupazione – nel campo di produzione ristretta. A farsi carico della stroncatura è un letterato puro come Lorenzo Montano: Il suddito, scrive, non è che «l’ordinario romanzo naturalista, scritto poi da un tedesco; grigio e tardo, rallegrato appena qua e là, per quanto si può indovinare attraverso la povera traduzione, da qualche sprazzo felice».39 Alle proposte di riforma del romanzo avanzate da Mariani risponde con sufeconomica come un’altra; anche per il proletariato. Il proletariato aveva lottato per un benessere economico che i padroni gli impedivano di raggiungere; andavano alla guerra per raggiungerlo asservendo altri popoli, e anche gli altri proletari; quelli dei paesi nemici. Perché è stato l’effetto dell’educazione borghese che nessuno si sente la forza di essere più altruista. E anche l’eroe di Mann, l’operaio Balrich, spesso ci appare nel suo anarchismo come un egoista. Egli è ben certo che la ricchezza dei suoi padroni si fonda sul furto e sulla porcheria sessuale, ma vorrebbe a volte strappar loro questa ricchezza soltanto per sé». 37 Su Mazzucchetti si veda Lavinia Mazzucchetti. Impegno civile e mediazione culturale nell’Europa del Novecento, a cura di Anna Antonello e Michele Sisto, Roma 2017. 38 Mazzucchetti, Lavinia: «Il romanziere della rivoluzione e suo fratello», in: Il Secolo, 1 febbraio 1920; ora in Id.: Novecento in Germania, Milano 1959, pp. 64–65. Oltre a questa considerazione generale, di campo, gli argomenti addotti dalla germanista per il suo giudizio negativo sono principalmente tre: rispetto alle altre opere di Mann Il suddito «è un brutto libro» (l’intento caricaturale rende la satira «inverosimile e inefficace»); la traduzione è «perfida» (e non a caso «pudicamente anonima»); e la pretesa di presentare l’autore come «romanziere della rivoluzione» è smentita dai fatti (dal momento che in Germania la sinistra rivoluzionaria rimprovera a Mann proprio l’assoluta ignoranza delle reali condizioni di vita degli operai). 39 l[orenzo] m[ontano]: «Enrico Mann: Il suddito», in: La Ronda, I, 3, giugno 1919, p. 74. Per l’atteggiamento della Ronda nei confronti della letteratura tedesca e in generale per l’atteggiamento dell’avanguardia consacrata verso gli scrittori del campo di produzione di massa si veda il saggio di Anna Baldini in questo stesso volume.

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ficienza: se Il suddito, come sembra sostenere «l’introduttore italiano» – che non si degna neppure di nominare –, è un «pamphlet», «sarebbe ingiusto volersi ostinare nei criteri letterari», perché «saremmo fuori del territorio a noi competente».40 In altre parole: né Mann né Mariani sono ammessi nel repertorio della letteratura legittima. La reazione è analoga anche sulle altre riviste del campo di produzione ristretta, che recensiscono negativamente o – nella maggior parte dei casi – ignorano del tutto entrambi gli autori. Ovviamente non si tratta di stabilire, qui, il valore letterario del Suddito: alle opinioni di Montano si potrebbero opporre quelle ben diverse di Cesare Cases, che rileggendolo nell’edizione Einaudi (1955) vi riconosceva un capolavoro, o di Luigi Forte, autore della prefazione alla più recente edizione UTET (2009). Il dato che mi preme evidenziare è un altro: la prima ricezione di Heinrich Mann in Italia è strettamente legata, nel bene e nel male, all’operazione di Mariani e Sonzogno. Da una parte questi fanno sì che venga tradotto per la prima volta, e si è già osservato come questo costituisca una novità: con Heinrich Mann il novecento letterario tedesco fa il suo primo ingresso in Italia. Dall’altra parte proprio la sua collocazione nel campo letterario italiano nell’orbita di Mariani e Sonzogno riduce enormemente le sue possibilità di accedere alla consacrazione specifica. Ancora più importante – ed è il motivo per cui mi sono soffermato così a lungo su questo caso – è che questo effetto di campo non riguarda solo Heinrich Mann: tutti gli scrittori che vengono introdotti in Italia attraverso campo di produzione di massa tendono a restare relegati in quell’area, e nei casi in cui successivamente accedono alla consacrazione specifica ciò avviene attraverso complesse operazioni di accreditamento nel campo di produzione ristretta, che richiedono l’azione di diversi mediatori legittimi. La vicenda italiana di Heinrich Mann mostra come la struttura dualistica del campo resista di fatto agli sconquassi della guerra, del biennio rosso e dell’avvento del fascismo, e anzi tenda a consolidarsi: gran parte delle istituzioni del campo di produzione ristretta continuano ad essere attive (dalla Critica di Croce a collane come Cultura dell’anima e Antichi e moderni) o trovano dei prosecutori (dalla Ronda al Baretti a editori come Vallecchi), garantendo la sopravvivenza di un circuito alternativo a quello della produzione di massa. Nonostante le cesure politico-sociali favoriscano analoghe rotture nel campo letterario, come la politicizzazione dell’arte e la legittimazione del romanzo propugnate da Mariani & Co., la logica dell’autonomia consente ai letterati ‹puri› di farsi scudo delle regole dell’arte codificate un decennio prima e di respingere l’offensiva, mantenendo saldamente il controllo anche sulla selezione del repertorio. Di questo stato del campo risente anche la traiettoria di Thomas Mann, autore oggi ben più canonico del fratello, che viene mediato a sua volta attraverso il campo di produzione di massa: i suoi primi racconti in traduzione italiana appaiono infatti proprio sulle pagine del Mondo, insieme alle novelle di Mariani e di 40

Ibidem.

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Brocchi.41 Anch’egli, nonostante l’impegno di mediatori accreditati nel campo di produzione ristretta come Lavinia Mazzucchetti e Alberto Spaini, nonostante il Premio Nobel ricevuto nel 1929 e nonostante le svariate traduzioni delle sue opere nel corso degli anni trenta – ancora, per lo più, nel campo di produzione di massa: I Buddenbrook esce nel 1930 per Barion, un editore molto prossimo, per posizione e capitale simbolico, a Sonzogno – viene ostacolato nella sua traiettoria italiana prima dall’interdetto sul romanzo, poi da un sospetto di eteronomia politica, che gli impediscono l’accesso ai circuiti delle avanguardie letterarie. La sua ammissione al repertorio specifico sarà possibile solo in seguito a nuovi mutamenti delle regole dell’arte: quello che a partire dagli anni trenta porta alla lenta consacrazione del romanzo tra i generi legittimi, e quello che, con la seconda guerra mondiale e la stagione dell’antifascismo, consentirà agli scrittori di tornare a trarre profitti simbolici dall’impegno politico.

41

Mann, Thomas: «Il fanciullo prodigio», in: Il Mondo, 19 gennaio 1920, p. 15; Id.: «Tutto dev’essere in aria», in: Il Mondo, 19 maggio 1920, p. 77. Per la prima ricezione di Thomas Mann si veda Sisto, Michele: «Literary journals and book series as agents of consecration: Thomas Mann and Franz Kafka in the Italian literary field (1908–1938)», in: Laura Virginia Fólica, Diana Roig-Sanz, Stefania Caristia (eds.): Literary Translation in Periodicals: Methodological challenges for a transnational approach, Amsterdam 2020, pp. 69–92.

Giovanni Gentile: Verlags- und Übersetzungspolitik im Zeichen des Aktualismus Andreas Gipper Abstract: Giovanni Gentile was not only one of the most important Italian philosophers of the first half of the 20th century and one of the most important intellectual representatives of the Fascist regime, but also the driving force behind a widely ramified publishing network. Particularly influential was the Florentine publishing house Sansoni, which Gentile transformed into the flagship of the actualist cultural policy and which he used not least as a medium for a kind of internationalization and deprovincialization policy. Translations played a special role in this agenda. Their role in the specific publishing profile of Sansoni in the 1930s and 1940s forms the main focus of this article. More generally it is devoted to delineating the position of translation activity in an increasingly state-controlled cultural enterprise, the ideological positioning of its actors, and the mechanisms of their recruitment.

Der Philosoph Giovanni Gentile zählt ohne Zweifel zu den einflussreichsten Intellektuellen des faschistischen Regimes. Als einer der wichtigsten italienischen Philosophen des 20. Jahrhunderts neben Benedetto Croce und Antonio Gramsci gehört er ab 1915 zum Kreis der entschiedenen Interventionisten, also derjenigen, die einen Eintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg befürworteten, und stellt sich wie viele von ihnen, d’Annunzio, Marinetti, Malaparte u. a., nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in den Dienst der faschistischen Revolution. Nachdem er in den Jahren 1922–1924 der erste Bildungsminister Mussolinis war, wird er in der Folge zum maßgeblichen Repräsentanten dessen, was Renzo de Felice die Organisation des Konsenses genannt hat. Gentile ist Ende der 1920er Jahre so etwas wie der Mastertheoretiker des faschistischen Regimes, was sich nicht zuletzt daran ablesen lässt, dass der unter Mussolinis Namen in der Enciclopedia italiana erschienene Artikel zur Doktrin des Faschismus aus Gentiles Feder stammt und in wesentlichen Teilen Züge seiner eigenen philosophischen Theorie des Aktualismus trägt. Gentile entfaltet in dieser Zeit eine schier schwindelerregende Tätigkeit, präsidiert eine ganze Reihe von faschistischen Kulturorganisationen, organisiert das Mammutprojekt der Enciclopedia italiana, eines der großen kulturellen Prestigeprojekte des Regimes, und setzt gleichzeitig seine intensive Publikationstätigkeit fort. Ab Anfang der 1930er Jahre arbeitet er an der Herausgabe seiner gesammelten Werke, eine Ausgabe, die mit ihren mittlerweile fast 80 Bänden bis heute noch nicht abgeschlossen ist.

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Gentile und seine Verlagsaktivitäten Last but not least beginnt Gentile ab Beginn der 1930er Jahre eine intensive verlegerische Tätigkeit. Als deren Hauptinstrument kauft er 1932 den Florentiner Traditionsverlag Sansoni. Gleichzeitig übt er massiven, nicht nur herausgeberischen, sondern auch ökonomischen und administrativen Einfluss bei einer ganzen Reihe weiterer Verlage aus. Das gilt für den Mailänder Verlag Treves ebenso wie für die Florentiner Verlage Bemporad, Le Monnier, Vallecchi und la Nuova Italia, von denen er zum Teil Aktien hält und bei denen er zeitweise im Verwaltungsrat sitzt, sowie für den Florentiner Verlag Barbera, den er zweimal vergeblich zu übernehmen versucht. Tatkräftig unterstützt wird er dabei von seinem Sohn Federico Gentile, der in der Folge zum geschäftlichen Kopf des Sansoni Verlags wird. Nach Gentiles Ermordung im Jahre 1944 blieb der Verlag in Familienbesitz und wurde von Federico Gentile noch bis ins Jahr 1975 geleitet. Im Anschluss an den Verkauf des Verlags an Rizzoli gründete Federico Gentile den bis heute existierenden Verlag Le Lettere, der auch die Gesamtausgabe der Werke Gentiles fortführt. Die verlegerische Tätigkeit Gentiles nimmt auf diese Weise Dimensionen an, die der Gentile-Biograph Gabriele Turi und der Verlagshistoriker Gianfranco Pedullà – zumindest was die Florentiner Verlagsszene anbelangt – zeitweise an ein Monopol grenzen sehen.1 Bereits im Jahre 1932 bezeichnet der ehemalige GentileSchüler und spätere Bildungsminister im Kabinett Badoglio Adolfo Omodeo in einem Brief Gentiles Verlagsnetz als einen Trust, der wie eine „piovra da romanzo salgariano“2 erscheine. Tatsächlich gibt es Zeugnisse, auch aus den Reihen der faschistischen Partei, die genau diese Vormachtstellung Gentiles heftig kritisieren. Eines dieser Zeugnisse aus der faschistischen Zeitschrift Battaglie fasciste sei an dieser Stelle zitiert: Gentile ha stabilito a proprio vantaggio una situazione di monopolio editoriale, non ammissibile in regime fascista. Zanichelli, Treves e seguito, Le Monnier, Principato, Sansoni, La nuova Italia, Capelli, ecc. sono controllati in maniera indubbia, sebbene diversa dal senatore. Di qualche casa editrice Gentile è il maggiore o tra i maggiori azionisti; in molte case il senatore s’è insinuato avendo affidato ad esse la pubblicazione di collezioni dell’Istituto fascista di cultura. Altre volte il controllo di Gentile si maschera sotto altri nomi.3

Auch wenn man den Artikel des Blattes der faschistischen Ultras als polemisch überzeichnet betrachten mag, so vermittelt er doch einen Eindruck vom massiven Einfluss, den Gentile in dieser Zeit auf einen wichtigen Sektor des Verlagswesens ausübt. 1 2 3

Pedullà, Gianfranco: Il mercato delle idee. Giovanni Gentile e la casa editrice Sansoni, Bologna: Il Mulino 1986. Pugliese, Orazio: „Gentile editore …“: I libri della Sansoni nelle memorie dei suoi protagonisti. Florenz 2016. Adolfo Omodeo an Ernesto Codignola (6. März 1932), zitiert nach Gabriele Turi: Giovanni Gentile. Una biografia, Turin 2006, S. 481. Battaglie fasciste III (1933) No. 1–2, S. 24–25, zitiert nach: Gianfranco Pedullà: Il mercato delle idee, Bologna 1986, S. 47.

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Wenn ich mich im Folgenden dieser verlegerischen Tätigkeit Gentiles mit Hinblick auf die Übersetzungen zuwende, so möchte ich gleich vorwegschicken, dass ich eine ganze Reihe wichtiger Fragen aus Platzgründen entweder ausklammern oder auf einzelne Stichproben beschränken muss. Das betrifft insbesondere Fragen nach der konkreten Übersetzungspraxis. Es betrifft darüber hinaus leider aber auch die zentrale Frage nach den kulturpolitischen Interessen, die Gentile mit der Übersetzung einzelner Texte verbunden haben mag. Hier muss ich mich auf einige allgemeine Überlegungen und den ein oder anderen punktuellen Hinweis beschränken. Dabei ist evident, dass es gerade im für Gentile zentralen Bereich der Philosophie interessant wäre, auch mit Hinblick auf einzelne Übersetzungen nach deren strategischer Funktion im philosophischen Diskurs der Zeit und für die Weiterentwicklung des Aktualismus zu fragen. Um zu verstehen, wie es Gentile gelingt, eine so gewichtige Rolle im Verlagswesen der 1930er und frühen 1940er Jahre zu spielen, und bevor wir uns näher mit der Rolle der Übersetzungen innerhalb dieser Verlagspolitik beschäftigen, bedarf es einiger Bemerkungen 1. zur Situation des Verlagswesens in Italien nach dem Ersten Weltkrieg allgemein, 2. zur Verlags- und Buchhandelspolitik des faschistischen Regimes und schließlich 3. zur spezifischen (kultur)politischen Programmatik, in die sich Gentiles verlegerische Tätigkeiten einordnen. 1. Generell ist zunächst festzuhalten, dass der italienische Buchmarkt und das italienische Verlagswesen in besonderer Weise unter den Folgen des Ersten Weltkrieges leiden. Tatsächlich findet sich die Buchproduktion bei Kriegsende fast halbiert, und es dauert einige Jahre, bis sie wieder das Vorkriegsniveau erreicht.4 Zur kriegsbedingten Krise der Buchproduktion kommt jedoch ein struktureller Wandel, den man ganz grob als Einzug industrieller Produktions- und Marketingmethoden in das Verlagsgeschäft bezeichnen kann. Während sich Verlage in der Vorkriegszeit primär als – eher handwerklich organisierte – Akteure des Kulturbetriebs sahen, setzt sich in der Nachkriegszeit zunehmend ein Trend durch, der das Buch als industrielles Produkt wie jedes andere begreift und seine Herstellung entsprechend industriell und gewinnorientiert organisieren möchte. Dieser fundamentale Strukturwandel ist in Italien vor allem verbunden mit dem Namen Arnaldo Mondadori. Mondadori repräsentiert spätestens ab den 1920er Jahren das industriell organisierte Modell eines finanzstarken Verlags, der nicht zuletzt mit populären Medien, wie etwa den berühmten gialli, extrem hohe Auflagen und ein Massenpublikum erreicht. Diese Situation treibt nicht zuletzt viele der kleineren Florentiner Verlage wie Sansoni in die Krise. Dies ist die Situation, in der Gentile in die Florentiner Verlagslandschaft einsteigt und in der er sein ganzes kulturelles Prestige, seine breit gefächerten Kontakte sowie seine politischen Verbindungen einsetzt, um den Sansoni Verlag neu 4

Von zirka 11.000 Neuerscheinungen im Jahr 1915 geht die Produktion auf 6.000 im Jahre 1918 zurück. Vgl. Pedullà: Il mercato, S. 13.

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aufzustellen und ihn als kulturpolitisches Instrument des Aktualismus und im weiteren Sinne des faschistischen Regimes einzusetzen. 2. Medienpolitisch muss man feststellen, dass es einige Zeit gedauert hat, bis das Regime so etwas wie eine eigene Politik in Bezug auf das Verlagswesen entwickelt hat. Erst Mitte der 1920er Jahre bemüht sich das Regime ernsthaft um eine institutionelle Kontrolle des Verlagswesens.5 So wird 1926 unter faschistischer Kontrolle die Federazione nazionale dell’industria editoriale gegründet, die ab 1929 an die Stelle der früheren Associazione editori e librai italiani (AELI) tritt. Generell gilt, dass noch die gesamten 1930er Jahre über das Regime Verlagspolitik vor allem über die Vergabe von Schulbuchaufträgen und Aufträgen öffentlicher Einrichtungen macht. Eine direkte Einflussnahme auf die Verlagspolitik einzelner Verlage findet kaum statt und ermöglicht zum größten Ärger der faschistischen Ultras z. B. das Überleben notorisch antifaschistisch orientierter Verlage wie Laterza und Einaudi. Direkte Eingriffe in Verlagspolitiken scheinen erst mit der Repubblica sociale an die Tagesordnung zu gelangen. Dennoch bildet die Vergabe öffentlicher Aufträge vor allem im Schulbuchsektor, der aufgrund der hier generierten hohen Auflagen besonders lukrativ ist, natürlich ein machtvolles Kontroll- und Disziplinierungsinstrument. Tatsächlich gelingt Gentile die Sanierung des Sansoni Verlags offenbar nicht zuletzt mithilfe solcher Aufträge, zu denen ihm seine exzellenten politischen Kontakte bis hinauf zu Mussolini selbst verhelfen. 3. Kann man von einer weitgehenden Faschisierung des Sansoni Verlags in den 1930er Jahren sprechen, so darf man freilich die kulturpolitischen Interessen Gentiles nicht umstandslos mit denen des Regimes gleichsetzen. Während es Gentile in den 1920er Jahren höchst erfolgreich gelungen war, sich gleichsam als offizieller Staatsphilosoph des Faschismus und den Aktualismus als dessen offizielle Doktrin zu etablieren, so bekommt diese ideologische Einheit Ende der 1920er Jahre einen in der Folge nie mehr ganz geheilten Riss. Dieser Riss wird maßgeblich markiert durch den Abschluss der Lateranverträge im Februar 1929, gegen deren Abschluss Gentile als Vertreter eines umfassenden und radikalen Primats der Staatlichkeit vergeblich sein ganzes politisches und ideologisches Gewicht in die Waagschale geworfen hatte. Das verlegerische Engagement Gentiles darf insofern auch als ein Versuch interpretiert werden, den Einfluss des Aktualismus auf Staat, Partei und Gesellschaft zu stärken und auf eine breitere kulturelle Basis zu stellen. In seiner Studie über Gentile und den Sansoni Verlag hat Gianfranco Pedullà gezeigt, dass Gentile gleich nach dem Erwerb des Verlags daran gegangen ist, das Verlagsprogramm umzugestalten. Dabei bemüht er sich, das Profil des Verlags nicht vollkommen zu ändern und bestimmte Traditionen fortzusetzen. Das be5

Vgl. dazu den Beitrag von Christopher Rundle in diesem Band.

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trifft vor allem den Schulbuchsektor und den Bereich der Schulausgaben antiker Klassiker, die weiterhin einen ökonomisch wichtigen Teil des Verlagsprogramms ausmachen. Daneben beginnt jedoch gleich ab 1932 eine deutliche Verlagerung der Schwerpunkte auf Philosophie, Politik und Geschichte.

Die Internationalisierung des Sansoni Verlags via Übersetzung Wenn ich mich im Folgenden der Frage zuwende, in welcher Weise sich die Umgestaltung des Sansoni Verlags auf die von ihm publizierten Übersetzungen auswirkt, so möchte ich mit einigen quantitativen Angaben beginnen. Ich stütze meine Erhebungen im Wesentlichen auf die im Jahre 1974 publizierten Annalen des Sansoni Verlags, die ich zusätzlich mit Einträgen des Catalogo unico und den Beständen der Nationalbibliothek von Florenz abgeglichen habe, da der Sansoni Verlag die von ihm publizierten Bücher hier als dépot légal hinterlegen musste. Tatsächlich zeigt sich dabei, dass die Annalen des Verlags durchaus die ein oder andere kleine Lücke aufweisen. Die Annalen des Verlags verzeichnen für die Jahre 1933–1945 881 Titel. Unter diesen Titeln finden sich 190 Übersetzungen. Auf diese Weise käme man auf einen, wie mir scheint, durchaus beachtlichen Anteil von 21 % Übersetzungen im Verlagsprogramm des fraglichen Zeitraums. Dabei fällt auf, dass der Anteil an Übersetzungen im Laufe der Jahre rapide steigt und gerade in den letzten Kriegsjahren einen sehr hohen Stand erreicht. In den ersten Jahren ist der Übersetzungsanteil entsprechend deutlich geringer. Über die Gründe für diese Entwicklung kann ich nur spekulieren. Ich vermute, dass dieser Anstieg der Übersetzungszahlen auch etwas mit dem kriegsbedingten Rückgang genuiner italienischer Publikationen zu tun haben könnte. Eine Reihe von weiteren Befunden fällt ins Auge. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Sansoni nach der Übernahme durch Gentile sein Programm massiv ausbaut und seinen Ausstoß an Neuerscheinungen in beeindruckender Weise steigert. Tatsächlich hatte die alte Sansoni in ihrem 60-jährigen Bestehen von 1873 bis 1932 719 Neuerscheinungen auf den Markt gebracht. Vergleicht man das mit den knapp 900 Neuerscheinungen von 1932–1945, so ergibt dies eine durchschnittliche Steigerung pro Jahr um das Sechsfache. Diese enorme quantitative Ausdehnung der Produktion scheint dabei nicht zuletzt der Erschließung völlig neuer thematischer Felder geschuldet. Unter diesen neuen thematischen Feldern sind besonders der Bereich der Philosophie und die Bereiche Politik, Geschichte und ökonomische Theorie hervorzuheben. Es kann daher kaum erstaunen, dass diese thematischen Felder auch für einen großen Teil der neuen Übersetzungen im Programm verantwortlich sind. Tatsächlich fällt hier der Bruch mit den Traditionen der alten Sansoni besonders ins Auge.

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Eine Durchsicht der Neuerscheinungen der Sansoni im Zeitraum von 1900 bis 1932 ergibt, dass Sansoni in dieser Zeit außer literarischen Texten so gut wie keine Übersetzungen im Programm hatte. Die wenigen Ausnahmen, die es gibt, sind eine kleine Handvoll Studien französischer, englischer und deutscher Wissenschaftler zur Renaissance bzw. zu Dante, sprich zu strikt italienbezogenen Themen. Spielen bei der alten Sansoni also Übersetzungen vor allem als literarische Übersetzungen eine (limitierte) Rolle, so dominieren hier einige wenige große Klassiker das Feld. Die Zahl der verlegten Autoren beläuft sich auf knapp 30. Besonders stechen zahlreiche Ausgaben von Goethe, Schiller, Shakespeare, Cervantes, Byron und Molière hervor – daneben, Tolstoj, Strindberg, Ibsen, Shelley, Wagner, Rousseau. Die Konzentration auf Klassikereditionen bringt es mit sich, dass die Gegenwartsliteratur in der alten Sansoni keinerlei Platz hat. Die aktuellsten Autoren im alten Programm waren Strindberg, Tolstoj, Mistral, aber zur Zeit der Veröffentlichung waren alle drei bereits tot. Obwohl die Kontinuität zwischen alter und neuer Sansoni im Bereich der Klassikerausgaben besonders groß ist, fallen doch neue Akzentsetzungen auf. Diese betreffen vor allem zwei Bereiche: Zum einen findet – mit Autoren wie Gunnarson, Rilke, Heidegger, Hofmannsthal, Henry James, Heidenstam – eine, wenn auch sehr zaghafte, Annäherung an die Gegenwartsliteratur statt. Daneben fällt eine weitere Akzentsetzung auf, welche die ästhetische Theorie betrifft: Dieser Bereich, der ohne Zweifel ganz unmittelbar von Gentile selbst inspiriert ist, umfasst im fraglichen Zeitraum sowohl Ausgaben der ästhetischen Schriften von Hamann und Humboldt wie auch der ästhetischen Schriften von A. W. Schlegel und Wackenroder. Im weiteren Sinne könnte man in diesem Kontext auch noch die Ausgabe von Heideggers Schrift über „Hölderlin und das Wesen der Dichtung“, „Hölderlin e l’essenza della poesia“ nennen. Natürlich steht dieses Interesse für ästhetische Theorie in einem engen Zusammenhang mit der intensiven Pflege des philosophischen Programms, in dem man eine der Säulen des neuen Sansoni Verlags sehen muss. Demgegenüber hatte die europäische Philosophie der Moderne im alten Programm so gut wie keinen Platz. Philosophische Autoren der Neuzeit finden sich hier, wenn überhaupt, nur mit pädagogischen Schriften: so Locke, so Rousseau, so Gioberti, so Gentile selbst. Die einzige große Ausnahme bildet Kant, dessen Werk bereits mit zwei Anthologien im Programm vertreten war. Ab 1932 wird Sansoni unter Gentiles Ägide zu einem Verlag der philosophischen Theorie umgestaltet. In diesem Zusammenhang findet gleichzeitig eine Internationalisierung des Programms statt, die ganz ausgesprochen programmatische Züge trägt. Dieses Programm findet seinen Ausdruck zunächst in der Ankündigung einer neuen Reihe mit dem Titel Civiltà europea, mit der Gentile in ca. 30 Bänden eine Art europäische Kulturgeschichte auf den Weg bringen will. Dieses Projekt versteht sich explizit als Abkehr von gewissen risorgimentalen Traditionen, die Gentile als Formen provinzieller Nabelschau kritisiert. Tatsächlich war es von An-

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beginn der Anspruch des Aktualismus, einen Beitrag zur intellektuellen Emanzipation Italiens via Deprovinzialisierung zu leisten. Ein Anspruch, den Gentile verlegerisch auf der einen Seite durch das Projekt der Enciclopedia italiana und auf der anderen Seite durch eine Transzendierung des nationalen Horizontes auf dem italienischen Buchmarkt zu befördern hofft: […] i nostri studi erano tutti rivolti alle fonti dirette della storia nazionale; e per gli Stati stranieri anche maggiori, alla cui storia si connette e si intreccia, gli storici italiani, quando non potevano fare a meno di occuparsene, lavoravano di seconda mano sulla storiografia straniera. I loro libri, la loro mentalità sapevano di provincia; la loro storiografia nel giudizio della storia d’Italia, peccava a un tempo per eccesso e per difetto come accade sempre al giudizio di chi non si sia saputo elevare così alto da abbracciare un largo orizzonte.6

Dabei bedeutet Transzendierung des nationalen Horizonts für Gentile zunächst und vor allem – wenn auch nicht ausschließlich – Europäisierung der italienischen Nationalgeschichte. Es kann nicht verwundern, dass dieses Projekt angesichts der nationalistischen Strömungen innerhalb des Faschismus nicht ohne einige Kautelen kommunizierbar ist. Gentile beeilt sich daher zu betonen, dass Europäisierung keineswegs Aufgabe der nationalen Perspektive bedeutet: La storia patria, se vuole aggiornarsi, deve ormai salire a più alto punto di vista, e, senza cessare di essere italiana, anzi, per essere più veramente italiana, deve diventare storia europea. Lingue, letterature, arti, idee, cultura, istituzioni e azione politica degli altri maggiori popoli europei, stretti ogni giorno più con noi come nostri collaboratori, debbono diventare familiari agli studiosi italiani affinché questi possano uscire una volta dal chiuso di quell’Italia artificiale ripiegata su se stessa in una specie di mistica contemplazione, e venire all’aria aperta della grande storia dove vive e lotta con gli occhi aperti l’uomo moderno.7

Europäisierung bedeutet also gleich unmittelbar Öffnung hin auf eine dezidierte Perspektive der Modernität. Dass diese Grundhaltung eine ganz bestimmte Einstellung zum Übersetzen impliziert, geht aus einem weiteren Dokument dieser Jahre hervor, in dem Gentile eine neue Reihe von Übersetzungen lateinischer und griechischer Klassiker ankündigt. Zwar geht es in dem Dokument zunächst und primär um die Übersetzung aus einem kulturellen Kanon, der explizit als das kulturell Eigene, d. h. als storia patria angesprochen wird, dennoch erweist sich der Text nicht nur zwischen den Zeilen als ein grundsätzliches Plädoyer für das Übersetzen generell. Das hat auch damit zu tun, dass der Aktualismus sich in der Nachfolge der risorgimentalen Kultur Mazzinis nicht zuletzt als eine Art nationalpädagogisches Projekt versteht, dessen zentrales politisches Programm darin liegt, dem italienischen Volk so etwas wie ein nationales Bewusstsein zu vermitteln und 6

7

Gentile, Giovanni: „La civiltà europea“. In: Testimonianze per un centenario. Contributi a una storia della cultura italiana 1873–1973, Florenz 1974, S. 255/256. Der enge Zusammenhang zwischen dem Enzyklopädie-Projekt und der neuen Sansoni wird auch von Ugo Spirito betont: “Questa nuova Sansoni non può essere storicamente intensa se non come continuazione diretta dell’Enciclopedia italiana, di cui riprende il programma dando ad esso nuova fisionomia e nuove finalità.“ Testimonianze per un centenario, S. 174. Ebd.

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es insofern überhaupt erst zur Nation zu formen8. Diese Vermittlungsarbeit muss in Gentiles Verständnis eine Form der Breitenvermittlung sein, welche genau aus diesem Grunde im Zweifelsfall den mittelbaren (d. h. übersetzungsgebundenen) Zugang der Vielen gegenüber dem unmittelbaren Zugang der Eliten (zum Original) privilegiert.9 […] il lavoro delle traduzioni, che sono esse stesse un modo di leggere i testi di altra lingua: anzi il modo di leggerli, per chi traduca, più metodicamente, più da vicino con più precisa attenzione e più risoluto impegno di affrontare tutte le difficoltà, le grandi e le piccole, che son da superare per tornare dall’autore a noi; e però con profitto maggiore. Poiché la miglior prova d’aver pienamente inteso uno scrittore e di averne trasferito in noi il pensiero e lo spirito è quella di saper ridire a modo nostro nella nostra lingua le cose dette da lui.10

Ganz in der Tradition der romantischen Übersetzungsemphase, wie sie gerade in Italien durch den berühmten Aufsatz der Mme de Staël Sulla maniera e l’utilità delle traduzioni verkörpert wird, erklärt Gentile deshalb das Übersetzen zu einem fundamentalen Ausdruck der kulturellen Vitalität einer Nation: „Tradurre molto è […] indizio certo della intensa vita spirituale di una nazione […].“11 Gentile knüpft damit unmittelbar an die theoretischen Positionen zum Übersetzen an, die er im Jahre 1920 in einem grundsätzlichen Aufsatz zum Übersetzungsproblem unter dem Titel Il torto e il diritto delle traduzioni formuliert hatte. In kritischer Auseinandersetzung mit Croce, der zumindest für den Bereich der Poesie eine radikale Position der Unübersetzbarkeit eingenommen hatte, erklärt Gentile hier den Prozess des Übersetzens zu einem der grundlegenden Prozesse geistiger Aktivität überhaupt. Tradurre, in verità, è la condizione d’ogni pensare e d’ogni apprendere; e non si traduce soltanto, come si dice empiricamente parlando e presupponendo così lingue diverse, da una lingua straniera nella nostra, ma si traduce altresì dalla nostra, sempre: e non soltanto dalla nostra dei secoli remoti e degli scrittori di cui siamo lettori, ma anche dalla nostra più recente […]. Chi traduce comincia a pensare in un modo, al quale non si arresta; ma lo trasforma, continuando a svolgere, a chiarificare, a rendere sempre più intimo e soggettivo quello che ha cominciato a pensare: e in questo passaggio da un momento all’altro del proprio pensiero, nella sua unica lingua, ha luogo quello che, empiricamente considerando, si dice tradurre, come un passare da una lingua ad un’altra. E non avviene forse il medesimo quando noi leggiamo ciò che è scritto nella nostra stessa lingua, da altri o da noi medesimi?12

Dieses grundsätzliche Credo, welches kritische Lektüre, Interpretation, Übersetzung als Formen der Rezeption miteinander identifiziert, darf, wie mir scheint, durchaus als eine der Leitlinien der neuen Sansoni gelten. 8 9 10 11 12

Man vergleiche hierzu den Beitrag von Katrin Engelskircher in diesem Band. Gentile, Giovanni: „Ond’è che la lettura diretta di pochi finisce col valere meno della cognizione indiretta di molti“, in: Testimonianze per un centenario, S. 257. Ebd. Ebd. Gentile, Giovanni: „Il torto e il diritto delle traduzioni“, in: ders. Frammenti di estetica e di letteratura, Lanciano 1921, S. 367–376.

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Am deutlichsten ablesbar ist diese Transformation im Bereich der Philosophie, also in dem Bereich, in dem sich Gentiles kulturpolitische Interessen am unmittelbarsten artikulieren. So finden nach und nach Ausgaben von Bacon, Berkeley, Blondel, Clausewitz, Kierkegaard, Leibniz, Karl Schmitt und eine ganze Serie von Descartes- und KantAusgaben (allein 7) Eingang in den Katalog. Daneben bleiben natürlich klassische Autoren wie Aristoteles, Plato, Epiktet und Heraklit im Programm. Neben der philosophischen Theorie fällt im neuen Sansoni Verlag ein neues Interesse für Politik, Ökonomie und Geschichte ins Auge. Auch hier vollzieht sich mit der inhaltlichen Neuausrichtung eine Internationalisierung des Programms. Dieser Teil des Programms ist schon deshalb für uns von Interesse, weil sich hier in besonderer Weise die Faschisierung der Sansoni spiegelt. Eine Liste der entsprechenden Titel macht dies auf den ersten Blick deutlich. Die faschistische Neuausrichtung der Sansoni: Übersetzungen aus den Bereichen Ökonomie und politische Theorie Beckerath, Erwin von et al.: L’economia fascista: problemi e fatti. Firenze, hg. von Gerhard Dobbert. Firenze: Sansoni 1935. (Keine Angabe zum/r Übersetzer/in) Beckerath, Erwin von al.: Nuove esperienze economiche, prefazione di Giuseppe Bottai; traduzioni di Giorgio Fano e Anna Maria Ratti. Firenze: Sansoni 1935. Brocard, Lucien et al.: L’economia programmatica; appendice bibliografica di Giuseppe Bruguier; traduzioni di Stefano La Colla e Maria Emilia Peterlongo. Firenze: Sansoni 1933. De Man, Henri: Il piano di lavoro, traduzione (dal francese) e nota di D. Cantimori, in: Spirito, Ugo: Il Piano De Man e l’economia mista. Firenze: Sansoni 1935. Josserand, Louis; Cesarini Sforza, Widar: L’esperienza sociale francese 1936– 1939. Firenze: Sansoni 1940. Neresoff, Wladislaw: L’aspetto economico della nuova Germania. Firenze: Sansoni 1939. Keine Angabe zum/r Übersetzer/in. Mit großer Wahrscheinlichkeit aber Übersetzung aus dem Deutschen: (Das wirtschaftliche Gesicht des neuen Deutschland, Haude & Spener 1936.) Pahl, Walter: La lotta mondiale per le materie prime. Firenze: Sansoni 1942. Schmitt, Carl: Principii politici del nazionalsocialismo; scritti scelti e tradotti da Delio Cantimori; prefazione di Arnaldo Volpicelli. Firenze: Sansoni 1935. Spann, Othmar: Breve storia delle Teorie economiche: Con aggiunte di Giuseppe Bruguier. Traduzione dal Tedesco di Ottone Degregorio. Firenze: Sansoni 1936.

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Dennoch wird man gleichzeitig sagen können, dass Gentile sichtlich Wert auf akademische Unabhängigkeit legt. Das fällt u. a. ins Auge bei der von Giuseppe Bottai herausgegebenen Sammlung Nuove esperienze economiche, in der ein eher breites Spektrum an Positionen zu Wort kommt. Dies fällt aber noch stärker auf bei der Sammlung sowjetischer Theoretiker von Molotov bis hin zu Stalin und bei Rosenbergs Geschichte des Bolschewismus von Marx bis zur Gegenwart, die immerhin das Werk eines bekennenden Kommunisten ist. Besonders signifikant in diesem Zusammenhang ist der Band L’elemento politico nella formazione delle dottrine dell’economia pura (Firenze: G. C. Sansoni 1943) des späteren Nobelpreisträgers für Wirtschaft Gunnar Myrdal, der sein Leben lang überzeugter Sozialist war und in den 1930er Jahren als Sozialist im schwedischen Senat saß. Offenbar war das Buch aber für Gentile und die Sansoni interessant wegen seines dezidierten Antipositivismus und Antiszientismus im Bereich der ökonomischen Theorien, der in dieser Hinsicht in hohem Maße anschlussfähig an aktualistische Vorstellungen war. Dennoch kann man sagen, dass der offensichtlichen Faschisierung des Verlags durchaus Titel gegenüberstanden, die vom Standpunkt der reinen faschistischen Lehre als anrüchig gelten konnten.13 Dass sich Faschisierung und Internationalisierung des Programms nicht ausschließen, belegen zwei andere Sektoren der Verlagsarbeit, die in unmittelbarer Beziehung zu Gentiles Tätigkeit in faschistischen Kulturinstitutionen stehen. Da ist einmal ein deutlich spürbares Interesse für Deutschland und die deutsche Kultur. Die Übersetzungen aus dem Deutschen machen mit 70 die größte Gruppe aus, gefolgt von Englisch mit 32 (wobei die Hälfte allein auf Shakespeare entfällt), Griechisch 20, Latein 16, Französisch 9, Spanisch 5. Daneben gibt es einzelne Übersetzungen aus den nordischen Sprachen (Finnisch, Dänisch, Schwedisch) sowie aus dem Rumänischen. Übersetzungen aus außereuropäischen Sprachen betreffen das Japanische (Basho), das Chinesische (Antologia cinese), das Persische (Omar Kayyam) und das Arabische (Koran, Viaggi di Sindibad). Das Interesse für Deutschland hat zweifellos verschiedene Gründe. Diese sind zunächst in Gentiles eigener kultureller Sozialisation zu suchen. Unübersehbar steht Gentile mit wichtigen Teilen seines philosophischen Œuvres in der Tradition des deutschen Idealismus und insbesondere des Hegelianismus und immerhin hat Gentile (gemeinsam mit Lombardo Radice) Kants Kritik der reinen Vernunft aus dem Deutschen übersetzt (eine Übersetzung, die bis heute von Laterza immer wieder aufgelegt wird). Auf der anderen Seite entspricht das Interesse für Deutschland aber natürlich auch jener politischen Konstellation, die ab 1936 in die Achse Berlin – Rom mündet. Bereits im Jahr 1931, also noch vor der Machtergrei13

Zu diesen Titeln mag man auch Hans Fraenkels Buch: Storia di una nazione proletaria: la politica finanziaria italiana da Cavour a Mussolini (Florenz 1938) zählen, insofern Fraenkel im Jahr des Erscheinens bereits wegen seiner jüdischen Herkunft aus Deutschland emigriert war. Ähnliches gilt für Karl Haushofer, dessen Buch Il Giappone costruisce il suo impero, traduzione dal tedesco di Antonio Pedinelli, im Jahre 1942 bei Sansoni erschien, als Haushofer bei den Nationalsozialisten bereits in Ungnade gefallen war.

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fung der Nationalsozialisten, war auf Betreiben des Regimes in Rom das Istituto di studi germanici gegründet worden und nicht zufällig stand Gentile als Präsident des Istituto fascista di cultura bis 1937 politisch auch an dessen Spitze, während es von 1931 bis 1947 konkret von Giuseppe Gabetti geleitet wurde. Die verlegerische Tätigkeit Gentiles lässt sich in dieser Perspektive als direkter Ausdruck faschistischer Kulturpolitik lesen. Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Veröffentlichungen des Instituts, die direkt bei Sansoni erscheinen. Das gilt nicht nur für die seit 1935 erscheinende und bis heute fortexistierende Zeitschrift des Instituts mit dem Titel Studi Germanici, sondern auch für die Biblioteca germanica sowie für die bereits erwähnte Reihe von Übersetzungen ästhetischer Schriften, die bei Sansoni ebenfalls als Schriften des Instituts erscheinen. Dieser Befund wird unterstrichen, wenn man sieht, dass auch noch ein anderer Teil des Verlagsprogramms von Sansoni in unmittelbarer Beziehung zur Kulturpolitik des Regimes steht. Das gilt in evidenter Weise für die Beziehungen zum Istituto nazionale di cultura fascista, das Gentile 1925 gegründet hatte und bis 1937 leitete,14 dies gilt aber auch für den Bereich des Mittleren und Fernen Orients. Diese Verbindung hängt mit der maßgeblich von Gentile mitinitiierten Gründung des Istituto di studi per il medio ed estremo oriente (ISMEO) im Jahre 1933 zusammen (ein Institut, das mit leicht geändertem Auftrag bis heute fortbesteht). Eine Reihe von Publikationen der Sansoni gehen auf diese Zusammenarbeit zurück. Auch die beiden Zeitschriften dieser Institute wurden bei Sansoni verlegt. Sansoni-Übersetzungen des Istituto di studi per il medio ed estremo oriente (ISMEO) Bose, Subhas Chandra: La Lotta dell’India 1920–1934, con appendice sugli avvenimenti 1934–1942. Firenze: Sansoni 1942. (Keine Angabe zum/r Übersetzer/in) Koellreutter, Otto: Il Giappone stato del 20. secolo. Firenze: Sansoni 1941. (Keine Angabe zum/r Übersetzer/in) Tāraka-Natha Dasa: La questione del Pacifico vista da un orientale. Firenze: Sansoni 1934. (Keine Angabe zum/r Übersetzer/in) Zischka, Anton: Il Giappone nel mondo: l’espansione nipponica dal 1854 al 1934 [traduzione dal francese di Mario Bonfantini]. Firenze: Sansoni 1935.

14

Vgl. dazu Longo, Gisella: L’Istituto nazionale fascista di cultura: da Giovanni Gentile a Camillo Pellizzi: 1925–1943: gli intellettuali tra partito e regime, Rom 2000.

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Das Feld der philosophischen Übersetzungen Das wichtigste Terrain der gentileschen Kulturpolitik (neben der Politik) ist aber natürlich der Bereich der Philosophie und dieser verdient insofern in diesem Rahmen einige gesonderte Bemerkungen. Zwar wird man sagen können, dass sich das gentilesche Internationalisierungsprojekt gerade in diesem Bereich besonders nachhaltig auswirkt, dennoch fallen gerade hier auch bestimmte Lücken auf, die nicht ohne Weiteres erklärbar sind. Das betrifft nicht zuletzt den Bereich der Hegelschen Philosophie, an dessen „risurrezione“ Gentile ab 1904 maßgeblich beteiligt war. Tatsächlich erscheint Gentile in der italienischen ebenso wie in der außeritalienischen Öffentlichkeit bis heute vor allem als Erbe der großen italienischen Hegeltradition. Umso mehr fällt auf, dass der zentrale Kern des deutschen Idealismus, abgesehen von Kant, im Verlagsprogramm der Sansoni nicht präsent ist. Das gilt nicht nur für Hegel, es gilt auch für Fichte, Schelling und die gesamte hegelianische Tradition (Feuerbach, Dilthey u. a.). Natürlich muss man berücksichtigen, dass Gentile gemeinsam mit Croce vor dem Ersten Weltkrieg in der Reihe Classici della filosofia moderna bei Laterza bereits eine ganze Serie an Hegel-Übersetzungen herausgebracht und dort auch für Fichte- und Schelling-Übersetzungen gesorgt hatte. Dennoch ist diese Lücke umso auffälliger, als Federico Gentile nach dem Zweiten Weltkrieg wieder mit mehreren Hegel- und Schelling-Übersetzungen auf den Markt kommt. Dass sich Gentile mit dem Verlagsprogramm der Sansoni neben Kant auf die ästhetische Theorie konzentriert, dürfte insofern auf der einen Seite damit zu tun haben, dass Gentile sich von den alten Laterza-Projekten abgrenzen möchte, man mag darin aber andererseits auch den Willen erkennen, dem einstigen Weggefährten und aktuellen politischen Widerpart Croce auf seinem ureigensten Terrain der Ästhetik Paroli zu bieten. Gerade der Bereich der philosophischen Übersetzungen erlaubt es im Übrigen, gleichzeitig auch in besonderer Weise Gentiles spezifischen Umgang mit den verlegten Texten zu konturieren. Grundsätzlich gilt für alle philosophischen Editionen der neuen Sansoni, dass sie einem entschiedenen ‚Zurück‘ zum Original- und zum Ganztext folgen. Das gilt natürlich nicht nur im Bereich der Übersetzungen, aber hier aufgrund der besonderen Vermittlungsprobleme zweifellos in besonderem Maße. In einer handschriftlichen Notiz zu den Kant-Ausgaben von Paolo Lamanna im SansoniVerlagskatalog von 1932 bezeichnet Gentile diese als „reincarnazione dei manuali che io volli ammazzare“. Und er fügt hinzu: Le note devono essere poche e brevi; e le introduzioni, una per volume, discrete, discretissime; servire infatti, per introdurre, e non più. Chi deve parlare è il classico. Il quale non è reso più facile (anzi!) da questi accompagnamenti loquaci di interpretazioni chiarificatrici e riordinatrici. La riflessione critica del testo dev’essere lasciata all’insegnante e allo scolaro.15 15

Gentile, Giovanni, zitiert nach Pedullà, op. cit., S. 151.

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Gerade die Kant-Ausgaben des alten Sansoni Verlags erscheinen also als dasjenige Feld, auf dem die aktualistische Editionspolitik ihre Nagelprobe zu machen hat. Und gerade hier erweist sich gleichzeitig die Komplexität von Gentiles kulturpolitischem Engagement. Ungeachtet der offen deklarierten politischen Programmatik des Verlags beharrt Gentile gerade im Bereich der Philosophie auf der Autonomie des Lesers. In Gentiles Sicht gilt es, diesen vielmehr vor einem Übermaß an Rezeptionslenkung und damit natürlich auch an einem Zuviel an politischer Steuerung zu schützen. Es erscheint unübersehbar, dass Gentile hier mit seiner Verlagspolitik an die Prinzipien seiner Schulreform aus den Jahren 1922–1924 anknüpft. Das verlegerische Engagement Gentiles im Sansoni Verlag kann insofern aus der Retrospektive und in durchaus paradoxer Weise als eine Art politisches Rückzugsgefecht gedeutet werden. Bildungspolitisch nämlich verabschiedet sich das Regime bereits mit Gentiles Nachfolgern im Amt des Bildungsministers sehr schnell von den Relikten liberalen Denkens, die in den bildungspolitischen Vorstellungen Gentiles immer noch eine Rolle spielten. Zur Kant-Ausgabe von Lamanna schreibt Gentile daher weiter: Ho guardato i due volumetti kantiani del Lamanna. I quali, così come stanno, non possono entrare nella nuova collezione. Troppo frammentarismo antologico e troppo commento perpetuo, il quale insieme con le introduzioni alle singole parti di ciascun volume dà al lavoro piuttosto il carattere di uno studio del Lamanna su Kant, anzi quello che si vuole di una presentazione del testo, dinanzi al quale deve essere messo l’alumno.16

Wenn Gentile dabei davon spricht, dass er in der Vergangenheit versucht habe, den Anthologien und Handbüchern den Garaus zu machen, so bezieht sich diese Aussage zweifellos nicht zuletzt auf seine Schulreform aus dem Jahre 1923, die auch für den Schulunterricht nach Möglichkeit die Abkehr von Anthologien und die Rückkehr zum Originaltext propagierte. Auch auf diesem Feld musste Gentile freilich erleben, dass seine Nachfolger im Amt relativ schnell im Rahmen der neuen faschistischen Schulpolitik wieder zur alten Tradition der bearbeiteten und gekürzten Schulausgaben und Anthologien zurückkehrten. Auch wenn die großen Ausgaben der philosophischen Klassiker nicht primär für den Schulgebrauch konzipiert waren, so wird man dennoch sagen können, dass Gentile versucht, mit seiner Verlagspolitik gewisse Prinzipien seiner Reformpädagogik in den akademischen Alltag hinüberzuretten.17

16 17

Gentile, Giovanni, 17 gennaio 1933, zitiert nach Pedullà, S. 151. Zum engen Zusammenhang zwischen der gentileschen Bildungsreform und der Riforma dell’editoria vgl. Galfré, Monica: Il regime degli editori. Libri, scuola e fascismo, Bari 2005.

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Verlagsstrategien und Übersetzerstrategien Wir haben gesehen, wie Gentile und sein Sohn Federico bei der Umgestaltung der Sansoni neben der thematischen Neuausrichtung in den Bereichen Politik, Ökonomie und vor allem Philosophie nicht zuletzt auf eine Strategie der Internationalisierung via Übersetzung setzen. Unter einer translationshistorischen Perspektive kommt dabei der Frage nach der Rekrutierung geeigneter Übersetzer besondere Bedeutung zu. Da die Internationalisierung des Sansoni Verlags wie wir gesehen haben – nicht zuletzt aufgrund von Gentiles eigener Verwurzelung in der Tradition des deutschen Idealismus – mit einem besonderen Fokus auf deutsche Philosophie, Literatur und ästhetische Theorie einhergeht, soll im Folgenden ein genauerer Blick auf die Produzenten dieser Übersetzungen und ihren Standort in der kulturellen Landschaft der 1930er und frühen 1940er Jahre geworfen werden. Im fraglichen Zeitraum erscheinen bei Sansoni Neuübersetzungen aus dem Deutschen von 28 unterschiedlichen Übersetzern. Darunter sind einige mit einer ganzen Reihe von Übersetzungen, andere nur mit einer einzigen vertreten. Eine Rekonstruktion des Rekrutierungsverfahrens ist nicht in jedem Einzelfall möglich. Immerhin lassen sich eine ganze Reihe grundsätzlicher Beobachtungen machen. Wie es für einen Verlag mit einem im Wesentlichen akademischen Profil nicht überraschen kann, rekrutiert sich die große Mehrheit der Übersetzer aus dem universitären Umfeld. Von den ermittelten 28 Übersetzern sind nur fünf nicht dem akademischen Umfeld zuzurechnen. Mario Bacchelli (1893–1951), Übersetzer von Essad Bey, Fraenkel, Graf und Rosenberg, ist Schriftsteller und Maler; Camillo Gatteschi (s. d.), in Deutschland lebender und privatisierender ehemaliger Oberst der italienischen Armee; Eugenio Giovanetti (1883–1951), neben seiner Tätigkeit als Übersetzer Journalist und Schriftsteller sowie Gaetano Marcovaldi (1898–1977), der Stiefsohn Robert Musils, Lehrer an einem römischen Lyzeum. Gina Racah Gabrielli ist offenbar nur als Übersetzerin zeitgeschichtlicher Literatur hervorgetreten. Zu Antonio Pedinelli, dem Übersetzer von Haushofers Japanbuch, fehlen jegliche Angaben (man kann sich fragen, ob es sich nicht um ein Pseudonym handelt.) Die übrigen 22 Übersetzer sind sämtlich an italienischen Hochschulen und in akademischen Institutionen tätig, die allermeisten als Germanisten und Philosophen. Es ist insofern offensichtlich, dass Gentile bei der Rekrutierung der Übersetzer auf sein immenses akademisches Netzwerk zurückgreift und dabei auch seine Funktionen als Direktor der Enciclopedia italiana und des Istituto di studi germanici nutzt. So war die Übersetzerin der Nuove esperienze economiche (1935) Anna Maria Ratti (s. d.) im Rahmen der Enciclopedia italiana unter der Leitung von Gustavo Del Vecchio für den Bereich der Ökonomie zuständig, während Vittorio Santoli (1901–1971), der Übersetzer der Schlegel-Ausgabe, lange Jahre Beiträge zum Bereich der deutschen Literatur lieferte. Einen besonders charakteristischen Fall bildet Delio Cantimori (1904–1966), einer der wichtigsten Übersetzer der Sansoni und ebenfalls fleißiger Beiträger der Enzyklopädie.

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Als festangestellter Mitarbeiter des Istituto di studi germanici und Leiter von dessen Bibliothek wird Cantimori in den 1930er Jahren zu einem der wichtigsten Berater der Sansoni für Neuerscheinungen und Übersetzungsprojekte. Betrachtet man die Liste der Sansoni-Übersetzer insgesamt, so fällt eine erstaunliche ideologische Diversität auf. Tatsächlich wird man die wenigsten von ihnen mit dem gentileschen Faschisierungsprogramm des Verlags identifizieren können. Zwar ist hinlänglich bekannt, wie viele intellektuelle Biographien ab den frühen 1940er Jahren zwischen Faschismus und Nachkriegszeit zum Teil erstaunliche ideologische Volten vollziehen, dennoch fällt auf, dass die wenigsten unter den Übersetzern der Sansoni als ideologische Stützen des Regimes gelten können. Die beiden wichtigsten Ausnahmen bilden hier sicherlich die Germanisten Guido Manacorda (1879–1965) und in ganz anderer Form Vincenzo Errante (1890– 1951). Während Errante sich zwar bereits früh zum Faschismus bekennt, über die Jahre aber in seinen politischen Positionierungen einigermaßen ambivalent bleibt, haben wir in Manacorda einen herausragenden Vertreter des faschistischen (und rassistischen) Katholizismus18 vor uns, der ab Mitte der 1930er Jahre einen wichtigen Beitrag zur Annäherung zwischen Hitler und Mussolini leistete.19 Betrachtet man die übrigen Übersetzer, so fällt auf, dass eine ganze Reihe von ihnen eher dem Antifaschismus zuzurechnen sind. Das gilt für Carlo Antoni (1896–1959), Giorgio Fano (1885–1963) ebenso wie für Aldo Oberdorfer (1885– 1940), Giacinto Cadorna (1913–1992) und Eugenio Colorni (1909–1944), den prominenten Mitverfasser des Manifests von Ventotene, der als Mitglied der Resistenza 1944 von deutschen Soldaten in Rom erschossen wurde. Einen in übersetzungshistorischer Perspektive besonders prominenten Fall haben wir mit Lavinia Mazzucchetti (1889–1965) vor uns. Interessant ist der Fall Mazzuchettis nicht zuletzt deshalb, weil ihre oppositionelle Haltung seit langem bekannt war, sie aus diesem Grund bereits im Jahre 1928 aus dem Hochschuldienst in Mailand entlassen worden war und man ihr im Jahre 1935 auch jegliche Tätigkeit im Schuldienst untersagt hatte.20 Dies alles hat sie freilich nicht gehindert, für Sansoni eine große Goethe-Ausgabe zu betreuen und darüber hinaus bis in die Nachkriegszeit hinein 18 19

20

Vgl. Ostermann, Patrick: Zwischen Hitler und Mussolini. Guido Manacorda und die faschistischen Katholiken, Berlin/Boston 2018. Erwähnenswert dabei ist, dass Manacorda und Errante als Faust-Übersetzer miteinander konkurrieren und Manacorda Anfang der 1940er Jahre zu seiner bitteren Enttäuschung seinen eigenen Stern bei Mussolini sinken und den Errantes steigen sieht. Ein Umstand, der ihn umso mehr empörte, als Manacorda Errante – wohl zu Recht – ideologisch misstraute und er ihn entsprechend als „irriducibile antifascista, antinazista e spregiatore altrettanto irriducibile dei due dittatori“ bezeichnete. Zit. nach Vedovato, Giuseppe: „Guido Manacorda tra Italia, Germania e Santa Sede“, in: Rivista di Studi Politici Internazionali, Gennaio–Marzo 2009, Nuova Serie, Vol. 76, No. 1 (301) (Gennaio–Marzo 2009), S. 96–131. Vgl. zu Mazzucchetti den hochinformativen Band von Anna Antonello und Michele Sisto (Hg.): Lavinia Mazzucchetti. Impegno civile e mediazione culturale nell’Europa del Novecento, Rom 2017. Freilich wird die Zusammenarbeit Mazzucchettis mit dem Sansoni Verlag dort kaum in den Blick genommen.

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als eine Art Verlagsberaterin für Federico Gentile tätig zu sein. Diese Funktion wuchs ihr nicht zuletzt aus ihrer intensiven Tätigkeit für die Rassegna bibliografica Leonardo zu, die Sansoni im Jahre 1933 übernommen hatte und die seitdem von Federico Gentile geleitet wurde. Dabei ging die Zusammenarbeit zwischen Mazzucchetti und Sansoni bereits auf die Vor-Gentile-Ära zurück, sie wurde aber nicht nur nicht unterbrochen, sondern vor allem durch die Übernahme des Leonardo noch erheblich intensiviert. Das bedeutet zwar nicht, dass die Vorstellungen Mazzucchettis sich am Ende in nennenswertem Umfang im Verlagsprogramm widerspiegeln würden, dennoch zeugt der Briefwechsel zwischen Mazzucchetti und Federico Gentile von einer langen und vertrauensvollen Zusammenarbeit. Gleich nach der Übernahme der Sansoni durch Gentile legte Mazzucchetti Federico Gentile ihre eigenen Vorstellungen dar: […] direi tuttavia che Eichendorf non sarebbe da me affatto desiderato o desiderabile. Abbiamo già un Tieck, un autore che è dal punto di vista scolastico, nella stessa e della stessa epoca. Io […] se mi permettesse di scegliere altri autori avrei idee del tutto opposte e molto più consone agli odierni criteri nello studio delle lingue moderne […] vorrei aggiungere qualche autore contemporaneo, vivente o no, in modo di dare lingua attuale e non sempre ottocentesca o settecentesca. Vorrei libri non romantici […].21

Besonders interessant im Zusammenhang mit Mazzucchettis prekärer Position im Kulturbetrieb des Regimes ist ein Brief an Federico Gentile, in dem sie diesen um Unterstützung gegenüber Attacken gegen ihre Person durch die Zeitschrift Die Neue Literatur unter ihrem Direktor Will Wesper, einem der fanatischsten Nazis in der literarischen Publizistik der 1930er Jahre, bittet.22 Dort schreibt sie: […] Non so se l’articolo sia solo contro di me o contro tutta la rivista. Vorrei mettermi d’accordo con lei prima di rettificare. Non ho bisogno di dirle che non mi sentirei disonorata di aver sangue semita, ma visto che sono inequivocabilmente di purissimo sangue ariano, ci tengo ad esser al caso giudicata per mie idee volontarie e non sotto questo punto di vista. E voglio impedire che domani cominicino tutti gli stipendiati dell’antisemitismo qui a trattarmi da ebrea. […] Vorrei sapere se crede lei come direttore di ignorare del tutto l’attacco se rispondere a quel signore almeno per ristabilire il fatto incontrovertibile che siamo tutti cristiani, o se non vuole farne niente dovrei rispondere per conto mio. […] Mi è stato detto che lei stesso ha subito stupidi attacchi 21 22

Zit. nach Pugliese: Gentile editore, S. 146. In dem fraglichen Artikel heißt es unter anderem: „Seit Jahren verfolgen wir, nicht ohne Erbitterung, wie die bedeutende italienische Literaturzeitschrift Leonardo […] sich nicht etwa nur dem nationalsozialistischen Deutschland und seiner jungen Dichtung, nein, aller wirklichen und echten deutschen Dichtung, Paul Ernst, Schäfer, Strauß, Grimm, usw. bewußt und feindlich verschließt – denn die Berichte über das deutsche Schrifttum schreibt noch immer die Triestiner Jüdin Lavinia Mazzucchetti, für die ‚Scrittori tedeschi‘ selbstverständlich nur Juden und Emigranten sind. […] Wir rufen das befreundete geistige Italien an, damit es endlich auch auf diesem doch nicht unwichtigen Gebiet für Ordnung und Gerechtigkeit sorgt. Wie erlauben auch nicht den Todfeinden Italiens bei uns über italienische Dichtung zu schreiben! Die Lavinia Mazzucchetti beschimpft Deutschland und belügt Italien, indem sie seit Jahren ein völlig falsches Bild der deutschen Dichtung der Gegenwart gibt.“ „Unsere Meinung“, in: Die neue Literatur, Heft 5, Mai 1938, S. 262.

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come ditta ebraica (vede se vale la pena di essere tra i pochi editori del tutto ariani) suppongo che si voglia colpire più la Sansoni e il Leonardo che me.23

Tatsächlich scheint Federico Gentile nach Rücksprache mit seinem Vater eine Richtigstellung an die Neue Literatur geschickt zu haben. Jedenfalls legt dies ein Antwortbrief Gentiles an Mazzucchetti nahe, in dem es heißt: […] io sono stato molto incerto se spedirla nella forma a cui poi mi sono deciso, nella quale mi pare facciamo due concessioni che io veramento non sento di poter fare: in quanto non credo di poter limitare la libertà scientifica del Leonardo con riserva sull’arianità o non sull’arianità dei miei collaboratori. Ad ogni modo ho finito per mettere quella nota sulla sua arianità unicamente per far piacere a lei perché le ripeto non credo che questa sia una questione che allo stato attuale delle cose in Italia possa o debba interessare me come studioso o direttore di rivista […].24

Die zitierte Korrespondenz zeigt, dass Gentile, Vater und Sohn, auch Ende der 1930er Jahre noch energisch an ‚unbotmäßigen‘ Mitarbeitern und Übersetzern wie Mazzucchetti festhalten. Ähnliches gilt für die Zusammenarbeit mit Delio Cantimori, ein Autor, dessen weltanschauliche Ambivalenzen und ideologische Volten in der italienischen Geschichtsschreibung bis in die jüngere Vergangenheit hinein heftige Debatten ausgelöst haben. Diese sollen und können an dieser Stelle nicht nachgezeichnet werden. In jedem Falle steht Cantimori beispielhaft für jene biographischen Konversionen, die zahlreiche italienische Intellektuelle am Ende des Zweiten Weltkrieges vom Faschismus ins kommunistische Lager führen.25 Über lange Jahre wichtigster Verlagsberater der Sansoni, nähert er sich Ende der 1930er Jahre dem Kommunismus an, tritt 1948 dem PCI bei, übersetzt gemeinsam mit seiner Frau 1951/52 den Ersten Band des Kapitals von Karl Marx und wird nun zu einem wichtigen Verlagsberater des Einaudi-Verlags und damit des Flaggschiffs der linken aus der Resistenza hervorgegangenen Verlagskultur. Das hat im Übrigen seinen freundschaftlichen Beziehungen zum Sansoni Verlag selbst in der Nachkriegszeit keinen Abbruch getan. Die umfangreiche Korrespondenz zwischen Cantimori und Federico Gentile vermittelt einen ausgesprochen lebhaften Eindruck der Zusammenarbeit zwischen Übersetzer und Verlag.26 Ein23

24 25 26

Zitiert nach Pugliese: Gentile editore, S. 146–147. Die Anspielung Mazzucchettis auf ähnliche Attacken gegen Gentile und die Sansoni beziehen sich auf Denunziationen aus Florentiner Kreisen, die offensichtlich darauf abzielten, Gentile in Deutschland zu diskreditieren. So musste Federico Gentile persönlich über den Direktor des Istituto Italiano di Studi Germanici, Giuseppe Gabetti beim italienischen Botschafter intervenieren, um seine Geschäftsbeziehungen zum Reclam-Verlag nicht zu gefährden. Laut Pugliese war Sansoni in den 1930er Jahren der Generalvertreter für Italien für zahlreiche deutsche Verlage. Vgl. auch: Natascia Barrale: „Giuseppe Gabetti e la politica culturale fascista: l’intellettuale equilibrista“, in: Studi Germanici 11 (2018), S. 313–341, hier S. 336. Zitiert nach Pugliese: Gentile editore, S. 149. Beispielhaft sei lediglich verwiesen auf die folgenden jüngeren Studien: D’Elia, Nicola: Delio Cantimori e la cultura politica tedesca (1927–1940), Rom 2007, sowie Paolo Simoncelli: Cantimori e il libro mai edito. Il movimento nazionalsocialista dal 1919 al 1933, Florenz 2008. Die unveröffentlichte Tesi di laurea zu den Beziehungen zwischen Cantimori und dem Sansoni Verlag von Orazio Pugliese: Germania e Italia degli Anni Trenta attraverso il carteggio Delio Cantimori – Federico Gentile: 1932–1962, 3 Bde., Florenz 1983, war mir leider nicht zugänglich. Ich

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mal mehr zeigt sich, wie vorteilhaft das Zusammenspiel von Istituto di studi germanici, Leonardo und Verlag sowohl für den Verlag als auch für die Autoren war. Insbesondere gestattete dieses Netz es den Übersetzern der Sansoni, parallel zu den Übersetzungen auch eigene Studien zu den publizierten Autoren zu platzieren und sich so als anerkannte Experten der übersetzten Texte und Autoren zu positionieren. Ein signifikantes Beispiel ist hier die Publikation der Principij del Nazionalsocialismo von Carl Schmitt, die nicht nur von einem umfangreichen Vorwort von Cantimori begleitet wird, sondern auch von einem Artikel in den Studi germanici mit dem Titel „La politica di Carl Schmitt“.27 Cantimori wird damit zum Ausgangspunkt einer breiten Auseinandersetzung mit Carl Schmitt in Italien, die bis in die Gegenwart (Giorgio Agamben) anhält.28 Nebenbei gibt die Korrespondenz auch Aufschluss über eine Reihe von Übersetzungsprojekten, die am Ende aus politischen Gründen scheiterten. Ein interessantes Beispiel hierfür bildet der Plan einer Übersetzung von Theodor Wolffs Der Krieg des Pontius Pilatus von 1934 über die deutsche Kriegspolitik zu Beginn des Ersten Weltkrieges. Cantimori legt Federico Gentile das Buch besonders ans Herz und tatsächlich werden sich Sansoni und der Züricher Verlag Oprecht, in dem das Buch erschienen war, trotz des konkurrierenden Interesses von Mondadori schließlich einig. Cantimori macht sich gemeinsam mit Claudio Baglietto an die Übersetzung. Für den italienischen Markt schien eine solche Übersetzung dabei offenbar auch deshalb geeignet, weil sich Wolff guter Beziehungen zu Mussolini rühmen konnte, den er bereits seit 1922 kannte und in der Zwischenzeit mehrfach getroffen hatte. Vor allem aber würdigte Cantimori die unparteiische Sicht Wolffs auf die Ereignisse insbesondere auch mit Blick auf Italien. Die wenigen problematischen Bemerkungen Wolffs über Italien seien leicht „da eliminare o da attenuare“.29 Die Vorbereitungen für die Veröffentlichung der Übersetzung scheinen bis 1936 weit vorangeschritten zu sein, angesichts der Annäherung Mussolinis an Deutschland und der Etablierung der Achse Berlin – Rom erschien eine Veröffentlichung des Buches aber schließlich einfach nicht mehr opportun. Das galt umso mehr, als Wolff – vor allem mit seinem umstrittenen Mussolini-Interview im Berliner Tageblatt von 1930 – maßgeblich dazu beigetragen hatte, das Bild eines Faschismus zu verbreiten, dem der Antisemitismus völlig fremd sei.30 Man

27 28 29

30

stütze mich im Folgenden auf die Auszüge aus dieser Korrespondenz im bereits zitierten Buch des gleichen Autors Gentile editore. Cantimori, Delio: „La politica di Carl Schmitt“, in: Studi germanici, (1935), Nr. 4, S. 471–489. Vgl. zur Carl Schmitt-Rezeption in Italien: Schieder, Wolfgang: „Carl Schmitt und Italien“, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 37.1 (1989), S. 1–21. Cantimori schreibt an Gentile: „non c’è che un accenno di due parole sull’Italia, da eliminare o da attenuare: pel resto è equilibratissima, contiene molte cose nuove … ed è scritta anche in modo da tener desta l’attenzione: l’ho letta come un romanzo.“ Zitiert nach Pugliese, Gentile editore, S. 235. „Ja, dem italienischen Faschismus ist selbst der Begriff des Antisemitismus fremd.“ Wolff, Theodor: „Bei Mussolini“. In: Berliner Tageblatt vom 11.05.1930. Zitiert nach Schieder, Wolfgang: Mythos Mussolini. Deutsche in Audienz beim Duce, München 2013. Vgl. auch dort S. 129 ff.

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versteht, dass das Regime ab 1936 keinerlei Interesse mehr hatte, an die entsprechenden Mussolini-Äußerungen erinnert zu werden. So verwundert es nicht, dass das Projekt schließlich aufgegeben wurde. Ein ähnliches Schicksal ereilt das Projekt einer Übersetzung von Konrad Heidens Geschichte des Nationalsozialismus. Die Karriere einer Idee von 1932. Das Projekt einer Heiden-Übersetzung ist schon deshalb bemerkenswert, als Heiden bis heute als der erste seriöse Hitler-Biograph gilt, dessen Scharfsichtigkeit noch in Hannah Arendts Totalitarismus-Buch lobend gewürdigt wird. Tatsächlich zeigt die Korrespondenz, dass Cantimori und Federico Gentile das Projekt noch bis Anfang 1935 allen offensichtlichen Opportunitätsfragen zum Trotz weiterverfolgen, obwohl Heiden schon seit 1933 im Exil lebte. Um den Sansoni Verlag aus der Schusslinie zu nehmen, wurde zeitweise auch eine Veröffentlichung bei Bemporad in Erwägung gezogen. Aus naheliegenden Gründen widerfährt dem Projekt am Ende aber das gleiche Schicksal wie der Wolff-Übersetzung. Interessant ist immerhin, dass Federico Gentile bereits 1946 für eine Übersetzung der Heiden’schen Hitlerbiographie in den Edizioni Leonardo sorgt und diese dann noch 1974 im Sansoni Verlag wieder aufnimmt.

Schlussbemerkungen Eine Betrachtung der Sansoni’schen Verlags- und Übersetzungspolitik ergibt insgesamt ein höchst komplexes und in sich durchaus widersprüchliches Bild. Auf der einen Seite steht eine offensichtliche Faschisierung, die sich in den Kriegsjahren zuspitzt und sich schließlich sogar in der Übersetzung ausgesprochen kriegsverherrlichender Literatur widerspiegelt.31 Auf der anderen Seite zeugt die konkrete Verlagsarbeit von einem beachtlichen Spielraum an Freiheit, der zunächst zweifellos auf Gentiles hohes Gewicht in der Kulturpolitik des Regimes zurückzuführen ist und im Übrigen seinem eigenen Anspruch auf akademische Freiheit entspricht. Freilich belegen diese Freiheiten auch eine allgemeine Tendenz, die sich auch für andere Verlage nachweisen lässt und die auf das Fehlen einer konsequenten politischen Gleichschaltung des Verlagswesens bis zum Kriegsbeginn zurückzuführen ist.32 Interessant dabei ist, dass entgegen der allgemeinen Reglementierung und dem Bestreben nach Reduzierung der Übersetzungsproduktion durch das Regime 31

32

Hier sei verwiesen auf V. Matthaei: Il segreto della vittoria; presentazione [di] Camillo Gatteschi, Florenz 1941. (Aller Wahrscheinlichkeit nach eigentlich Fritz Matthaei: Stärker denn je. Großdeutschlands Soldaten, Gatteschi ist bei Sansoni auch Herausgeber und Übersetzer von I comunicati del comando supremo tedesco delle campagne di Polonia, Norvegia e Francia / a cura del Col. Camillo Gatteschi, Florenz: 1941); Günter Prien: Fino a Scappa Flow, Florenz 1943; Friedrich Eberhard von Rotkirch: Esplorazione in Polonia: dai taccuini di combattenti, Florenz 1941. (Keine Angabe zum/r Übersetzer/in) Vgl. dazu den Beitrag von Rundle in diesem Band.

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Übersetzungsproduk on der Sansoni in den Kriegsjahren 100 80 60 40 20 0 1939

1940

1941

Insgesamt

1942

1943

1944

Übersetzungen

die Zahl der Übersetzungen im Sansoni Verlag in den 1940er Jahren noch einmal stark zunimmt und im Jahre 1944 50 % der gesamten Verlagsproduktion ausmacht. Das Feld der Übersetzung erweist sich im Falle des Sansoni Verlags faktisch als eine kulturelle Nische, die ihren Produzenten, bis zu einem gewissen Grad unabhängig von ihrer politischen Orientierung, ein materielles (und auch wissenschaftliches) Überleben sichert. Dabei spiegelt diese Nischenexistenz zweifellos eine spezifische Dignitätshierarchie, in der sich die Übersetzung als vermeintlich niedere intellektuelle Tätigkeit ein Stück weit der staatlichen Kontrolle entzieht. Was für den Bereich der Enciclopedia italiana33 von der Forschung bereits wiederholt überzeugend nachgewiesen wurde, dass sich nämlich unter ihren Mitarbeitern eine große Zahl von Unterzeichnern des antifaschistischen Intellektuellenmanifests von Croce fand, bestätigt sich also in dem, was Ugo Spirito den kulturpolitisch verlängerten Arm des Enzyklopädie-Projekts charakterisiert hat: Gentiles neue Sansoni.

33

Man vergleiche hierzu insbesondere die Arbeiten von Gabriele Turi: Il fascismo e il consenso degli intellettuali, Bologna 1984, bzw.: Il mecenate, il filosofo e il gesuita L’„Enciclopedia italiana“ specchio della nazione, Bologna 2002.

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Anhang Liste der Sansoni-Übersetzer aus dem Deutschen (in Klammern die für Sansoni übersetzten Autoren) Antoni, Carlo (1896–1959): Germanist, ab 1942 Professor für deutsche Literatur in Padua, dann ab 1947 Professor für Philosophie an der Sapienza. Croce-Schüler und aktives Mitglied der Resistenza. (Heidegger) Bacchelli, Mario (1893–1953): Maler, Mitunterzeichner des Manifesto dei Pittori futuristi, Bruder des Schriftstellers Riccardo Bacchelli. (Essad, Fraenkel, Graf, Rosenberg, Timmermans) Cantimori, Delio (1904–1966): einer der aktivsten Übersetzer für Sansoni, was auch mit seiner Funktion als Assistent am Istituto Italiano di Studi Germanici zu tun haben dürfte. Trat gegen Ende des Krieges in die kommunistische Partei ein, wurde zum editorischen Berater von Einaudi und Marx-Übersetzer, blieb aber weiter Berater von Federico Gentile. (Burdach, De Man, Droysen, Schmitt) Carabellese, Pantaleo (1877–1948): Philosophieprofessor an der Sapienza in Rom. (Kant) Cardona, Giacinto (1913–1992): Offenbar Philosoph, in den 1940er Jahren einige Publikationen und Rezensionen zu deutschen Autoren, ab 1940 in Rom im Widerstand. (Clausewitz) Colorni, Eugenio (1909–1944): Von 1934–1938 Inhaber einer Professur für Philosophie und Pädagogik in Triest, 1938 Verbannung nach Ventotene, Mitverfasser des Manifests von Ventotene, 1944 als Mitglied der Resistenza erschossen worden. (Leibniz) Degregorio, Ottone (1890–?): ab 1934 italienischer Lektor an der Universität Münster. (Spann) Errante, Vincenzo (1890–1951): Germanist, 1922 Professur in Pavia, 1935 in Mailand. Hat sehr viel übersetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde vom „Alto commissario per la epurazione nazionale del fascismo“ eine Untersuchung gegen ihn angestrengt, worauf er es vorzog, den Universitätsdienst zu verlassen. (Goethe, Rilke) Fano, Giorgio (1885–1963): Philosoph aus einer jüdischen Triestiner Familie, zunächst Philosophielehrer, später in Rom Dozent für Pädagogik, 1938 aus dem Universitätsdienst aufgrund der leggi razziali entlassen, überlebte mit seiner Familie in einem Abruzzendorf. (Beckerath, Kant) Gatteschi, Camillo (s. d.): Italienischer Oberst, der lange in Deutschland lebte und an der Gründung des Petrarca Instituts in Köln beteiligt war. (Matthei, Berichte des Oberkommandos der Wehrmacht)

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Giovannetti, Eugenio (1883–1951): Journalist, Schriftsteller und Übersetzer. Hat nicht nur aus dem Deutschen übersetzt, sondern auch aus dem Lateinischen, Englischen und Französischen. (Bachofen) Lamanna, Paolo (1885–1967): Unterzeichner des antifaschistischen Manifests, später aber Autor eines Kommentars zu Mussolinis Dottrina del Faschismo. 1924– 1955 Philosophieprofessor in Florenz. (Kant) Lupi, Sergio (1908–1970): Germanist, 1945 Universitätsprofessor in Messina, Neapel und später in Turin. (Hamann) Malatesta, Lamberto (1921–2007): Professor für anorganische Chemie in Mailand. (Karrer) Manacorda, Guido (1879–1965): Ab 1925 Germanistikprofessor in Florenz, Wagner-Spezialist und Übersetzer; ab 1933 intensives publizistisches Engagement für das Mussolini-Regime. (Goethe, Wagner) Marcovaldi, Gaetano (1898–1977): Lehrer an einem römischen Lyzeum, Sohn aus erster Ehe von Robert Musils Frau Martha. (Humboldt) Marotta, Domenico (1886–1976): Professor für quantitative Chemie in Florenz und Rom. (Autenrieth) Mazzucchetti, Lavinia (1889–1965): Germanistin und Übersetzerin, 1929 aus dem Hochschuldienst in Mailand entlassen, wird ihr 1935 auch die Tätigkeit als Deutschlehrerin untersagt. (Goethe) Motzo Dentice Di Accadia, Cecilia (1893–1981): Philosophin und Pädagogin, Mitarbeiterin Gentiles und Lombardo Radices bei der Riforma scolastica. (Kant) Nesti, Persio (1909–1969): Germanist und Schriftsteller, lange Jahre Lektor an deutschen und österreichischen Universitäten, zuletzt und bis zu seinem Tode Dozent für italienische Literatur in Saarbrücken. (Anthologie deutscher Lyrik) Oberdorfer, Aldo (1885–1940): Sozialist, verliert im Ventennio fascista seine Stelle in Trieste als Segretario der Università popolare und muss sich mit publizistischen Arbeiten durchschlagen. Stirbt 1940 im Confino. (Anthologie deutscher Literatur) Pedinelli, Antonio (s. d.): Keine weiteren bio-bibliographischen Informationen zu ermitteln. (Haushofer) Racah Gabrielli, Gina (1900–1975): Übersetzerin zeitgeschichtlicher Literatur. Einer jüdischen Familie entstammend, emigrierte sie 1939 mit Gentiles Unterstützung in die USA. (Dobbert) Ratti, Anna Maria (s. d.): Ökonomin, in den 1930er Jahren Mitarbeiterin der Enciclopedia italiana, neben Del Vecchio war sie für die weniger wichtigen Einträge zuständig. (Beckerath) Santoli, Vittorio (1901–1971): Ab Ende der 1930er Jahre Germanistikprofessor in Florenz, lange Jahre Mitarbeiter der Encliclopedia italiana. (Hebbel, Schlegel) Tecchi, Bonaventura (1896–1968): Germanist, Universitätsprofessor, Schriftsteller und Übersetzer. (Wackenroder)

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Traverso, Leone (1910–1968): Übersetzer und Germanist, nach dem Zweiten Weltkrieg Universitätsdozent für Germanistik an der Universität Urbino. (Hofmannstal) Zardo, Antonio (1850–1943): Literaturhistoriker. (Schiller)

Die Zäsur von 1938: Das italienische Verlagswesen und die deutsche Literatur in den letzten Jahren des Fascismo Natascia Barrale Abstract: The history of the Italian publishing industry during the last years of Fascism reveals different strategies that outline a non-heterogeneous range of positions taken by publishers towards the regime’s cultural policy. Besides those publishers, like Corticelli, Salani, and Guanda, who were ready to collaborate with the regime, others constantly made compromises to keep afloat without unconditionally submitting to the new rules. This article illustrates the main tactics that constitute this type of compromise by focusing on the case of the Mondadori publishing company and analyzing some of the contradictions that characterized its editorial policy.

1. Deutsche Literatur in Italien um 1938 Obwohl sie in Deutschland vom Nationalsozialismus schon verbannt waren, wurden viele Werke der zeitgenössischen deutschen Literatur in Italien auch in den 1930er Jahren weiterhin verbreitet und fanden dort auch guten Anklang. In der Tat werden 1933 nirgendwo sonst auf der Welt so viele Übersetzungen der sogenannten jüdischen Emigrantenliteratur veröffentlicht. Die Literatur der Neuen Sachlichkeit entsprach den Ansprüchen der italienischen Leserschaft. Ihr Erfolg hatte allerdings auch damit zu tun, dass sich in Italien insbesondere jene Werke gewinnbringend verkaufen ließen, die sich schon auf dem ausländischen Markt bewährt hatten und deren Kosten niedriger als die der italienischen Romane waren. Darüber hinaus unterlagen Übersetzungen, zumindest bis 1938, nicht der Zensur, so dass Werke von Thomas und Heinrich Mann, Franz Werfel, Jakob Wassermann, Alfred Döblin, Lion Feuchtwanger und anderen in Deutschland ‚verfemten‘ Autoren in Italien weitgehend ungehindert veröffentlicht werden konnten. Bis zur ersten Hälfte der 1930er Jahre förderte das Regime sogar eine Art kulturellen Internationalismus. Zu den Verfechtern dieser Politik der Öffnung zählten bekannte Vertreter der Kulturbürokratie wie Giuseppe Bottai oder Luigi Chiarini, die auf die Entwicklung einer neuen nationalen Kultur zielten, die sich durch eine graduelle und selektive Aneignung der ausländischen Kulturen verwirklichen musste.1 Vor dem Hintergrund der Repressionskriterien, an denen sich das Regime einige Jahre später orientierte, verwundert es, dass zensorische Maßnahmen zu jener Zeit fehlten. Diese ließen allerdings nicht lange auf sich warten. Nach dem 1

Vgl. Ben-Ghiat, Ruth: La cultura fascista, Bologna 2004, S. 51.

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Erlass der Rassengesetze, der Konsolidierung der Achse Berlin-Rom und dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kam es zu einem schrittweisen aber signifikanten Rückgang der Zahl deutscher Romane in italienischen Verlagskatalogen, bis 1940 schließlich eine markante Zäsur erkennbar wird.2 Dieser Einschnitt im Angebot an deutscher Literatur ist paradoxerweise eben mit der Realisierung der politischen Allianz zwischen Deutschland und Italien und mit der Unterzeichnung einer Kulturvereinbarung in Verbindung zu bringen, der zur Intensivierung der Beziehungen zwischen den zwei Regimen beitrug. Das deutsch-italienische Kulturabkommen vom 23. November 1938 war ein wesentlicher Schritt hin zum Stahlpakt und zur Kriegsallianz und legte ein Austauschsystem fest, das nicht nur die Gründung von Kulturinstituten, die Intensivierung des gegenseitigen Sprachunterrichts und die Lektorenfrage regelte, sondern auch die Buchproduktion und das Verlagswesen umfasste. Zu diesem programmatischen und organisatorischen Zusammenschluss der Kultursysteme der beiden Länder gehörte auch die Zensur sowie vor allem Regelungen, die die Veröffentlichung der Werke von in Deutschland unerwünschten Autoren in Italien betrafen. Schon in den Jahren vor dem Kulturabkommen fehlte es nicht an Klagen aus dem nationalsozialistischen Deutschland über die scheinbar ungestörte Verbreitung jüdischer Emigrantenliteratur in Italien. Jetzt verpflichteten sich Deutschland und Italien gegenseitig, aktiv einzuschreiten, um Texte unliebsamer Autoren zurückzuhalten. Entsprechend lautete der Artikel XXVI des Kulturabkommens: Die vertragschließenden Teile werden die Übersetzung oder Verbreitung von Werken, die sich unter Verfälschung der geschichtlichen Wahrheit gegen das andere Land, gegen seine Staatsform oder seine Staatsführung richten, und von entstellenden Werken (Tendenz-Literatur) politischer Emigranten des anderen Landes verhindern.3

Der Artikel war auf deutsche Initiative hin entstanden und spiegelte offenbar die Interessen der Nationalsozialisten wider. Konnten aber die Forderungen der deutschen Seite wie eine Einmischung in die italienischen Verlagsprogramme erscheinen (und ihre Umsetzung folglich wie eine reine Unterwerfungsgeste gedeutet werden), so wurden diese repressiven Klauseln auch durch den gleichzeitigen Erlass der italienischen Rassengesetze legitimiert. Mit den Provvedimenti per la difesa della razza italiana, die nur einige Tage vor der Unterzeichnung des Kulturabkommens erlassen wurden, verschärfte auch Italien seine Gangart gegenüber Juden und sonstigen angeblichen Volksfeinden.

2 3

Vgl. Rubino, Mario: I mille demoni della modernità. L’immagine della Germania e la ricezione della narrativa tedesca contemporanea in Italia tra le due guerre, Palermo 2002, S. 97. Accordo culturale fra il Regno d’Italia e il Reich germanico, Art. XXVI, S. 20, (deutsche Version des Abkommens) Archivio dell’Istituto Italiano di Studi Germanici, Fondo „Giuseppe Gabetti“. S. hierzu auch Petersen, Jens: „Vorspiel zu ‚Stahlpakt‘ und Kriegsallianz: das deutsch-italienische Kulturabkommen vom 23. November 1938“, Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 1 (1988), S. 41– 77 und Voigt, Klaus: Zuflucht auf Widerruf: Exil in Italien 1933–1945, Stuttgart 1993.

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2. Entfernung der ‚Judenliteratur‘ aus den italienischen Verlagskatalogen und Verbreitung der Literatur des ‚neuen‘ Deutschland Das Kulturabkommen und insbesondere der schon erwähnte Art. XXVI, der einen deutlichen Wendepunkt in der Rezeptionsgeschichte deutscher Literatur in Italien bezeichnete, hätte die italienischen Buchhandlungen und Verlage in kürzester Zeit von den Werken jüdischer Autoren ‚reinigen‘ müssen. Tatsächlich verlief aber die Umsetzung dieses Artikels des Kulturabkommens ziemlich schleppend, wofür sowohl wirtschaftliche als auch politische Motive verantwortlich waren. Zum einen hätten die Verlage, die mit den Übersetzungen wirtschaftliche Interessen verfolgten, bedeutende finanzielle Schäden erlitten (sie mussten auf die Gewinne aus den Verkäufen von Büchern verzichten, die bis dahin große Erfolge beim Publikum erzielt hatten); zum anderen unterlagen dieselben Werke, die jetzt verboten wurden, schon ab 1934 einer Vorabgenehmigung. Das Ministero della Cultura Popolare befand sich nun in der unbequemen Lage, die Verbreitung von Werken zu verbieten, deren Druck es einige Jahre zuvor genehmigt hatte. Schon im September 1938, als die Verhandlungen zwischen den zwei Ländern noch liefen – und das nicht ohne Schwierigkeiten – wurde aber in Italien eine besondere, vom Minister Dino Alfieri geleitete und von Gherardo Casini koordinierte Commissione ministeriale per la bonifica libraria ernannt. Erklärtes Ziel der ‚Reinigung‘ war die Überprüfung der literarischen Produktion ab 1918, um die Verbreitung jener Werke zu verhindern, die der Ethik und den faschistischen Grundsätzen entgegenwirkten. Allerdings begrenzte sich die Reichweite der Kommission nur auf Werke von jüdischen Autoren. In der Zwischenzeit verfasste die deutsche Botschaft diplomatische Noten an das italienische Außenministerium, die generell den Einzug von Werken verlangten, die nicht für geeignet gehalten wurden, das ,wahre‘ deutsche Wesen zu verbreiten. Schließlich folgte nach dem Kulturabkommen im Laufe des Jahres 1939 das endgültige Verbot: Im Januar wurden die Veröffentlichung und der Neudruck zukünftiger Bücher aller jüdischen Autoren, italienischer wie ausländischer Staatsbürgerschaft, unabhängig von ihrem Inhalt verboten. Ab August erstreckte sich der Befehl auch rückwirkend auf alle Werke, die nach 1850 gedruckt wurden. Um das Verfahren zu vereinfachen, wurde ein Verzeichnis an die Verleger verteilt, das die Namen der unerwünschten Autoren enthielt. Auf der Liste standen ungefähr 900 Namen und Pseudonyme von italienischen und ausländischen Schriftstellern, fast alle jüdischer Herkunft.4 Gegen Ende des Jahres 1940 waren jüdische und antinazistische Autoren vielleicht noch nicht aus allen Buchhandlungen (einige verbotene Texte zirkulierten illegal weiter), definitiv aber aus allen italienischen Verlagskatalogen verschwunden. Das Kulturabkommen zwischen den zwei Regimen, zusammen mit dem fast simultanen Erlass der Rassengesetze und mit der gelungenen bonifica libraria, ‚säuberte‘ 4

Vgl. Fabre, Giorgio: L’elenco. Censura fascista, editoria e autori ebrei, Torino 1998, S. 406.

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die italienische Literaturgeschichte in nur wenigen Monaten von jüdischen Autoren und ihren Werken. Neben der Entfernung der jüdischen und antideutschen ‚Tendenzliteratur‘ musste das Kulturabkommen im Prinzip gleichzeitig ein zweites Ziel verfolgen, und zwar die Verbreitung und die Förderung der ‚wahren‘ deutschen Literatur auf italienischem Boden: An die Stelle der Emigrantenliteratur, so die Hoffnungen des Deutschen Reiches, sollten Werke treten, die die Tugenden des deutschen Volkes rühmten. Die Naziliteratur in ihren verschiedenen Varianten stieß in Italien jedoch auf kein großes Interesse: Weder die metaphysische Literatur, die einen mystisch-theosophischen Apparat als Rechtfertigungsgrundlage für die politischen Ambitionen des deutschen Reiches zu nutzen versuchte, noch die kriegerische und nationalistische Literatur, die von der Ideologie des Lebensraums durchdrungen war, hatten besonderen Erfolg. Ebenso wenig Fortüne hatten die Blut-und-BodenPoetik und die wiederentdeckte nordische Sagenwelt.5 Das Kulturabkommen scheint also kaum Auswirkungen auf den Geschmack der italienischen Leserschaft gehabt zu haben. Trotz aller Bemühungen in Form von Buchausstellungen, Dichterreisen, Vortragsreihen und ähnlicher Initiativen wollte das italienische Publikum sich nicht für Hans Friedrich Blunck und Erwin Guido Kolbenheyer, Hans Grimm oder Hanns Johst erwärmen. Zwar konnte die nationalsozialistische Interventionspolitik die Eliminierung der unerwünschten Literatur erreichen, mit der Propagierung der Literatur des ‚neuen Deutschlands‘ erlebte sie aber ein Fiasko.6

3. Verlagswesen: Zwischen Anpassung und Kompromissen Nachdem die erfolgreichen Romane von Autoren wie Thomas Mann, Erich Kästner, Vicki Baum und Lion Feuchtwanger verbannt worden waren, machten sich die italienischen Verleger auf die Suche nach Titeln, die der Zensur standhalten konnten. Sie versuchten, Werke von Autoren zu veröffentlichen, die im Reich ein gewisses Ansehen genossen oder die in Deutschland zumindest keiner Verfolgung ausgesetzt waren. Das Verlagswesen der Zeit offenbart verschiedene Strategien. Allgemein war die Übersetzung von Werken der sogenannten Inneren Emigration (und zwar von Ernst Wiechert, Hans Fallada, Gertrude von Le Fort, Stefan Andres, Hans Carossa) eine sehr häufige Reaktion auf die neuen politischen und kulturellen Vorgaben. Die Übersetzung und Publikation einzelner, politisch unverfänglicher Werke, war jedoch keine Lösung, die den Bündnispartner zufrieden stellte: Das Deutsche Reich verlangte eine aktive Förderung derjenigen Schriftsteller in Italien, die ausdrücklich im Dienst der Nazipropaganda standen. 5 6

Siehe die Werke von Hans Grimm, Friedrich Griese, Agnes Miegel, Wilhelm Schäfer, Will Vesper, Hans Friedrich Blunck. Vgl. Petersen, Jens: „Vorspiel zu ‚Stahlpakt‘ und Kriegsallianz“, S. 70.

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Einige Verleger befolgten die neuen Verhaltensregeln überaus gewissenhaft: Corticelli, Salani, Guanda, Baldini e Castoldi und Montuoro veröffentlichten Anthologien von Gedichten7 und Romanen von Ina Seidel, Bruno Brehm und Rudolf Binding.8 Teile des Verlagswesens wurden so gleichzeitig zu Opfern und Mittätern des staatlich verordneten Antisemitismus: Auch wenn die Entfernung der Bücher jüdischer Autoren beachtlichen Schaden anrichtete, brachte die Allianz mit dem Regime doch auch viele wirtschaftliche Vorteile mit sich, so dass viele Verlage sich nur allzu bereitwillig in den Rahmen einer Verlagsindustrie fügten, die vom Regime unterstützt und notfalls subventioniert wurde.9 Das Verhalten der Verleger und ihre Position gegenüber der faschistischen Kulturpolitik sind aber natürlich nicht immer so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint. Weit häufiger sind schwankende Haltungen und ständige Kompromisse. Neben den Verlegern, die sich an die neuen Regeln umfänglich anpassten, gab es andere, die sich ihnen nicht bedingungslos unterwarfen, indem sie zwar regimetreue Autoren wie Blunck und Johst veröffentlichten, die jeweils von 1933 bis 1935 und von 1935 bis 1945 Präsidenten der Reichsschrifttumskammer waren, sich dabei aber zumeist auf Werke ohne jegliche politische Bedeutung beschränkten. So versuchte das Verlagshaus Frassinelli den ‚Schein‘ zu wahren, aber zugleich seine ideologische Beteiligung zu beschränken, indem es 1943 etwa Die Torheit einer Liebe10 veröffentlichte, eines der wenigen sentimentalen Werke Johsts, das noch vor dem Aufstieg des Nationalsozialismus im Jahr 1931 erschienen war. Ähnlich verfuhr der Verlag Sperling & Kupfer, der ab 1940 vermeintlich harmlose Werke von Autoren, die dem Dritten Reich nahestanden11 in sein Programm nahm und gleichzeitig die Werke von jüdischen Literaten bzw. von Pazifisten wie Leonhard Frank, Jakob Wassermann, Arthur Schnitzler, Stefan Zweig und Thomas Mann durch Romane norwegischer (Bjørnstjerne Bjørnson) und dänischer Autoren (Aase Hansen) ersetzte.12 Einige italienische Verleger waren bereits an solche Kompromisse gewöhnt und mussten schon vor 1938 je nach Bedarf das richtige ‚Gegengewicht‘ für ihre Reihen finden. Man denke zum Beispiel an Bompiani, der zwischen 1934 und

7 8 9 10 11 12

Vgl. Murri, Gianna (Hg.): Poesie di Miegel, Blunck, Binding, Parma 1942; Wilgalis, Karl Heinz (Hg.): Dichter im dritten Reich (Antologia di passi scelti da 40 scrittori della Germania d’oggi), Milano 1941. Vgl. Seidel, Ina: Il figlio, Milano 1942; Binding, Rudolf: Intimiamo la resa a Reims, Torino 1944; Brehm, Bruno: Se il tuo cuore non fosse impegnato, Firenze 1943. Vgl. Belardelli, Giovanni: Il ventennio degli intellettuali: cultura, politica, ideologia nell’Italia fascista, Bari 2005, S. 72. Vgl. Johst, Hanns: Un amore stravagante, Torino 1943. Vgl. Blunck, Hans Friedrich: Donne nel giardino, Milano 1940 und Alverdes, Paul: La stanza dei fischiatori, Milano 1940. Vgl. Barrale, Natascia: „La letteratura tedesca dei Narratori nordici (Sperling & Kupfer)“, in: Ferrando, Anna (Hg.): Stranieri all’ombra del Duce. Le traduzioni durante il fascismo, Milano 2019, S. 167–183.

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1936 die Werke von Scholem Asch und, beinahe gleichzeitig, Hitlers Mein Kampf veröffentlichte.13 Einen Fall, der nach wie vor nur schwer einzuordnen ist, stellt das Verlagshaus Einaudi dar. Trotz seiner klaren antifaschistischen Haltung begann der Verleger ab 1940 auf Vorschlag seines Beraters Giaime Pintor eine Reihe zu planen, die dokumentarische Texte mit klarer nationalsozialistischer Färbung enthielt bzw. aufnehmen sollte. Die Veröffentlichung von Hans Grimms berühmtem Kolonialroman Volk ohne Raum, der zu den am häufigsten verkauften Büchern im Dritten Reich zählt, wurde plötzlich und aus ungeklärten Gründen vom Ministerium gestoppt, aber 1943 veröffentlichte Einaudi I proscritti (Die Geächteten 1930) von Ernst von Salomon, Freikorpskämpfer und Rathenau-Attentäter.14

4. Der Fall Mondadori Unbestrittener ‚Experte‘ dieses Äquilibrismus war Arnoldo Mondadori: So finden sich in den Verlagskatalogen vor 1938 Werke der jüdischen Autoren Franz Werfel, Stefan Zweig, Jakob Wassermann neben antisemitischen Büchern von Gino Chelazzi und Guido Milanesi.15 Mit großem Weitblick versuchte Lavinia Mazzucchetti schon 1934 das auffällige Übergewicht von unerwünschten Autoren auszubalancieren, um dadurch mögliche Gefahren zu vermeiden, die auf zukünftigen verlegerischen Entscheidungen hätten lasten können: Essendo prevedibile in Germania un sempre più fanatico boicottaggio della letteratura „non nazionale“, cioè di autori o ebrei (come Feuchtwanger, Zweig, Döblin, ecc.) o non nazionalsocialisti (come Heinrich Mann, Leonhard Frank ecc), può apparire possibile o persino probabile dai critici italiani affini e ispirati agli alleati un attacco contro la Casa per la nostra Medusa, che pure accoglie i maggiori nomi senza alcun criterio di razza o di politica, compresi cioè cristianissimi uomini di destra o quasi al pari di Carossa, Scholz, Hesse, ecc.16

Wie sie 1959 zusammenfasste, ging es in jenen Jahren nur darum, „opere pulite“ zu suchen, „da far scivolare fra le maglie della censura“,17 wie Das einfache Leben von Ernst Wiechert, das sie selbst 1940 für Mondadori übersetzte.18 Wenn man 13 14 15 16

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Vgl. Hitler, Adolf: La mia battaglia, Milano 1934. Mussolini hatte die Übersetzung zuerst Mondadori vorgeschlagen, der sich weigerte, das Werk zu veröffentlichen. Zu der Geschichte der italienischen Version des Buches siehe Fabre, Giorgio: Il contratto. Mussolini editore di Hitler, Bari 2004. Vgl. von Salomon, Ernst: I proscritti, Torino 1943. Vgl. Fabre, Giorgio: L’elenco, S. 41. Mazzucchetti, Lavinia: „Parere di lettura su ‚Das Glück von Lautenthal‘ di Paul Ernst“ (1934), Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori, Fondo „Arnoldo Mondadori Editore“, Segreteria editoriale estero, Pareri di lettura (1930–1950), Giudizi favorevoli anni Trenta, cart. 1, fasc. 79, carta N. 79. Mazzucchetti, Lavinia: Novecento in Germania, Milano 1959, S. 221. Vgl. Wiechert, Ernst: La vita semplice, Milano 1940.

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aber auf die Jagd nach „scrittori caratteristici e nuovi di oggi“19 gehen wollte, so die Germanistin ironisch, musste man sich mit dem Offensichtlichen abfinden: Ihre Auskunftsgeber in Deutschland hatten ihr versichert, dass im Moment die Schriftsteller „sono tutti … di domani, che ora non si scrive“.20 Eine weitere Lösung, die nur aus „ragioni di opportunità culturale-politica“21 aufgenommen wurde, war die Veröffentlichung der Werke von Paul Ernst: Se volessimo, senza aver l’aria di accogliere di proposito la letteratura davvero politica, dare colore ancora più obbiettivo e largo alla serie per la parte tedesca, si potrebbe tradurre questo romanzo del vecchio, rispettabilissimo, autore Ernst, uno scrittore rimasto un poco nell’ombra nell’ultimo decennio e che ora torna sugli scudi. La recensione dell’intelligente giornalista fascista Giuseppe Piazza mi pare dica abbastanza bene perché questo libro debba piacere alla Germania di oggi e alla Italia corrispondente.22

Auch gegenüber Hans Carossa zeigte sich Mazzucchetti trotz dessen enger Beziehung zum Nationalsozialismus wohlgesonnen: Er ist, so die Kritikerin und Übersetzerin, „cattolico, è di destra, non è certo hitleriano, ma massimo rappresentante della letteratura …non in esilio, e anche questa può essere una ragione per assicurarlo alla Casa.“23 Beim Aufstöbern eines „autore tedesco ineccepibile ed inequivocabile“24 stieß Mazzucchetti auf Hans Grimm und zog ihn als „una bandiera non cruciuncinata, ma schiettamente tedesca e nello stesso tempo artisticamente rispettabilissima“25 gegenüber Erwin Guido Kolbenheyer vor, denn Letzterer sei „premiato e messo avanti solo pel suo servilismo politico“.26 Da Mazzucchetti aber keine „mattoni nazionalsocialisti sulla testa incolpevole dei lettori italiani“27 werfen wollte, riet sie ihrem Verleger, die Rechte von Der Richter in der Karu und andere Geschichten

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Mazzucchetti, Lavinia: „Parere di lettura su ‚Der Arbeiter‘ e ‚Feuer und Blut‘ di Ernst Jünger“ (ohne Datum), online verfügbar auf der Webseite der Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori, vorbehaltlich einer Registrierung: https://www.fondazionemondadori.it/livre/01_I%20 pareri/012_I_percorsi/0121_Il_decennio_delle_traduzioni/index.htm, scheda N. 269 (Stand: 30. Juli 2019). Ebd. Mazzucchetti, Lavinia: „Parere di lettura su ‚Das Glück von Lautenthal‘ di Paul Ernst“, (1934). Ebd. Vgl. Ernst, Paul: La fortuna di Lautenthal, Milano 1934. Mazzucchetti, Lavinia: „Parere di lettura su ‚Führung und Geleit‘ von Hans Carossa, Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori, online verfügbar auf der Webseite der Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori, vorbehaltlich einer Registrierung: https://www.fondazionemondadori.it/ livre/01_I%20pareri/index.htm, scheda N. 99 (Stand: 30. Juli 2019). Vgl. Carossa, Hans: Guide e compagni, Milano 1935; Adolescenza, Milano 1935; L’annata dei cari inganni, Milano 1944. Mazzucchetti, Lavinia: „Parere di lettura su ‚Der Richter in der Karu und andere Geschichten‘ di Hans Grimm“ (ohne Datum), Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori, Fondo „Arnoldo Mondadori Editore“, Segreteria editoriale estero, Pareri di lettura (1930–1950), Giudizi favorevoli anni Trenta, cart. 1, fasc. 106, carte N. 29–30, hier carta N. 29. Ebd. Ebd., carta N. 30. Ebd., carta N. 29.

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(1930) zu kaufen, „tenendo conto della eventuale opportunità politico diplomatica dell’acquisto“.28 Und mit ihrer typischen Ironie kommentierte sie: Se Mussolini legge questa novella in cui quasi quasi si assolve un uxoricida, perché ha ucciso la moglie che non capiva la mentalità colonizzatrice del pioniere d’Africa, cui ogni nostalgia europea femminile e palla al piede, gli dà un premio speciale! […] Superfluo insistere e ripetere che io mai lo consiglierei così caldamente se insieme all’opportunità e all’opportunismo non ci fosse qui il valore intrinseco dell’opera d’arte.29

Aus den verlegerischen Berichten, die im Archiv der Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori aufbewahrt sind, ergibt sich, dass das Zensursystem oft einen bestimmten Spielraum erlaubte. Ein emblematisches Beispiel für ein solches Versagen der Kontrolle – oder absichtliche Permissivität des Regimes? – ist die Entscheidung Mondadoris, ein allegorisches Werk gegen die Macht der vorherrschenden Kasten und die Judenverfolgung von Reinhold Schneider zu veröffentlichen. Der verlegerische Bericht Mazzucchettis über Las Casas vor Karl V. Szenen aus der Konquistadorenzeit (1938) lautet: „Quaderni simili, pur non essendo speculazioni librarie ma libri di qualità e di piccola tiratura rappresenterebbero un Kulturtat [atto culturale, ndr], per dirlo con termine odierno, più di tante altre traduzioni di romanzi e romanzetti.“30 Wie sich die Germanistin viele Jahre später mit Stolz erinnerte, war dieser „clandestino tenacissimo antihitleriano“31 Mitglied des katholischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus und seine Werke waren in Deutschland schon verbannt: Il caso Schneider […] siamo stati noi a scoprirlo per l’Italia nel 1940, quando anche in Germania la schiera dei suoi estimatori era limitatissima. Il suo Las Casas, l’apostolo degli Indios fu […] strappato alla ignoranza della nostra censura dell’Asse, benché nel frattempo questo arianissimo cattolico fosse passato sulla lista nera dei proibiti.32

Daneben brauchte man aber immer auch ideologiekonforme Texte, die solche riskanten Entscheidungen verschleierten oder ausbalancierten. Daraus resultierte 1943 die Veröffentlichung eines autobiographischen Romans von Theodor Kröger, Das vergessene Dorf. Vier Jahre Sibirien. Ein Buch der Kameradschaft (1934), der die Erlebnisse des Autors als Kriegsgefangener während des ersten Weltkriegs erzählt. Mazzucchetti lehnte die Veröffentlichung streng ab: sie hielt das Buch für 28 29 30

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Ebd. Ebd., carta n. 30. Vgl. Grimm, Hans: Il tribunale nel Karru e altri racconti, Milano 1939. Mazzucchetti, Lavinia: „Parere di lettura su ‚Las Casas vor Karl V. Szenen aus der Konquistadorenzeit‘ di Reinhold Schneider“ (1940), Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori, Fondo „Arnoldo Mondadori Editore“, Segreteria editoriale estero, Pareri di lettura (1930–1950), Giudizi favorevoli anni Trenta, cart. 2, fasc. 234, carta N. 35 (Rückseite). Mazzucchetti, Lavinia: „Parere di lettura su ‚Innozenz der Dritte‘ di Reinhold Schneider“ (1960), online verfügbar auf der Webseite der Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori, vorbehaltlich einer Registrierung: https://www.fondazionemondadori.it/livre/01_I%20pareri/012_I_percorsi/ 0122_La_letteratura_di_lingua_tedesca/index.htm, scheda N. 918 (Stand: 30. Juli 2019). Mazzucchetti, Lavinia: „Parere di lettura su diverse opere di Reinhold Schneider“ (ohne Datum), ebd., scheda N. 917.

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„impressionante e orrendo“33, „troppo spinto e brutale, troppo di estrema destra“,34 und behauptete, dass „se si volessero raccogliere documenti per provare tutte le doti più irritanti ed odiose dei tedeschi, sarebbe un ottimo libro.“35 Trotzdem musste man wie gesagt ab und zu Kompromisse eingehen und Mondadori konnte nicht immer in voller Unabhängigkeit entscheiden, insbesondere, wenn die von oben kommenden Anweisungen zu eindeutig waren, um sie ohne Risiken ignorieren zu können. Im Falle Krögers wie auch in vielen anderen Fällen hatte das Ministero della Cultura Popolare direkt interveniert, wie die Anfrage eines Berichtes vom Minister Alessandro Pavolini an Giuseppe Gabetti, Leiter des Istituto Italiano di Studi Germanici in Rom, zeigt.36 Auch wenn in den Archiven leider keine Antwort Gabettis zu finden ist, kann man vermuten, dass er sich zu der Veröffentlichung positiv äußerte: Trotz des Totalverrisses von Mazzucchetti entschied sich Mondadori, Das vergessene Dorf von Alessandra Scalero übersetzen zu lassen und so erschien der Roman 1941 unter dem Titel Il villaggio sepolto nell’oblio.37 Ein intensiver Briefwechsel zwischen dem Ministero della Cultura Popolare und dem Verleger Mondadori, der im Archivio Centrale di Stato überaus gut dokumentiert ist, bietet uns ein weiteres Beispiel für das Eingreifens des Regimes. Darin ist zu lesen, dass die faschistische Regierung ab dem Sommer des Jahres 1941 die Veröffentlichung einer Trilogie historischer Dramen befürwortete: Scipio (1934), Sulla (1938) und Augustus (1939) von Albrecht Haushofer – ein ideologisch heikler Fall, zumal Haushofers Mutter Jüdin war. Dennoch konnten seine Werke publiziert werden, denn er war zugleich Sohn des berühmten Politologen Karl Haushofer, der in den 1920er Jahren zu den Begründern einer neuen Geopolitik zählte, mit der die Nationalsozialisten nach der Machtübernahme ihre Ideologie des Lebensraums stützten. Der Germanist und Übersetzer Alberto Spaini wurde vom Ministerium beauftragt, das Werk mit Blick auf die mögliche Übersetzung zu bewerten. Laut des detaillierten Berichtes von Spaini war das Grundthema der Trilogie „la decadenza delle democrazie [e] la fatalità del regime totalitario“.38 Auf der Grundlage dieser 33

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Mazzucchetti, Lavinia: „Parere di lettura su ‚Das vergessene Dorf ‘ di Theodor Kröger“ (1935), Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori, Fondo „Arnoldo Mondadori Editore“, Segreteria editoriale estero, Pareri di lettura (1930–1950), Giudizi favorevoli anni Trenta, cart. 1, fasc. 153, carta N. 63. Mazzucchetti, Lavinia: „Parere di lettura su ‚Kleine Madonna‘ di Theodor Kröger“ (1938), in: Albonetti, Pietro: Non c’è tutto nei romanzi, S. 343 f., hier, S. 343. Mazzucchetti, Lavinia: „Parere di lettura su ‚Das vergessene Dorf ‘ di Theodor Kröger“. Vgl. Pavolini, Alessandro an Gabetti, Giuseppe: 9. Dezember 1940, Archivio dell’Istituto Italiano di Studi Germanici, Fondo „Giuseppe Gabetti“. Vgl. Kröger, Theodor: Il villaggio sepolto nell’oblio, Milano 1942. Spaini, Alberto: „Rapporto sulla trilogia di Albrecht Haushofer Scipio – Sulla – Augustus“ (ohne Datum), Archivio Centrale di Stato, Ministero della Cultura Popolare, Gabinetto archivio generale, affari generali I versamento 1926–1944, b. 138, fasc. 868 Alberto Spaini, carte N. 38–41, hier N. 38.

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Einschätzung verlangte Celso Luciano, Stabschef des Ministero della Cultura Popolare, im September 1941 von Gherardo Casini, „un buon editore (ad esempio: Mondadori)“39 zu finden, um die Stücke veröffentlichen zu lassen. Mondadori erklärte sich bereit, sah sich aber gezwungen, anderen schon geplanten Übersetzungen Vorrang einzuräumen. Darüber hinaus fügte Mondadori hinzu: Vi confermo che resto ai vostri ordini, felice come sempre di soddisfare le richieste superiori. Mi permetto ripeterVi che di libri di questo genere il pubblico non ne vuol sapere. Non si vendono che molto scarsamente. Tuttavia penso che in particolari casi, quando si tratti di lavorare a favore della cultura, si possa anche fare astrazione delle colonne del dare e dell’avere.40

Nachdem Mondadori für die Übersetzung denselben Spaini beauftragte, begann ein regelrechtes Wechselspiel von Weichenstellungen seitens der Regierung und Ausweichmanövern seitens der Verleger. Im Archivio Centrale di Stato befinden sich etwa 40 Dokumente, zwischen Mahnungen und Aufschüben, die die sonderbare Ungeduld des Regimes und das offensichtliche Widerstreben des Verlegers bezeugen. Im Sommer 1942 stellte Spaini endlich die Übersetzung fertig, aber im November erschien das Buch noch immer nicht. Mondadori teilte dem Ministerium mit, dass der Band noch sorgfältiger Überprüfungen bedürfe.41 Noch am Weihnachtsabend desselben Jahres 1942 informierte der Stabschef die Direzione Stampa Italiana – die Staatliche Druckereibehörde –, dass der Verleger unerklärlicherweise weitere Ausreden fand, um den Druck hinauszuzögern.42 Dieses Tauziehen setzte sich noch einige Monate lang fort, bis am 17. Juni 1943 der Band endlich veröffentlicht wurde (wahrscheinlich in sehr geringer Auflage, da in den italienischen Bibliotheken heute insgesamt nur etwa 15 Exemplare vorhanden sind). Die Trilogie wurde unverzüglich dem Ministerium geschickt und anschließend direkt an Mussolini weitergeleitet: Si ha l’onore di sottoporre in visione al Duce il primo esemplare della trilogia drammatica Scipione, Silla e Augusto di Albrecht Haushofer, tradotta da Alberto Spaini e pubblicata da Mondadori, in conformità delle istruzioni Superiormente date43. Seitdem die faschistische Regierung sich für die Übersetzung der Werke Haushofers interessiert hatte, waren zwei ganze Jahre vergangen. Inzwischen genoss aber der Schriftsteller im nationalsozialistischen Deutschland keinen guten Ruf mehr. Nicht nur hielt Haushofer öffentliche Reden gegen das Reich, sondern er 39 40 41 42 43

Luciano, Celso an Casini, Gherardo: 15. September 1941, Archivio Centrale di Stato, ebd., carta N. 43. Mondadori, Arnoldo an Luciano, Celso: 10. Oktober 1941, Archivio Centrale di Stato, ebd., carta N. 35. Tosti, Amedeo an Luciano, Celso: 20. November 1942, Archivio Centrale di Stato, ebd., carta N. 18. Luciano, Celso an Tosti, Amedeo: 24. Dezember 1942, Archivio Centrale di Stato, ebd., carta N. 13. „Appunto per il Duce“ (ohne Unterschrift), 17. Juni 1943, Archivio Centrale di Stato, ebd., carta N. 2.

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war auch im Sommer 1941 (eben in der Zeit der Bemühungen des italienischen Regimes um die Übersetzungen seiner Werke) in die Vorbereitung des geplanten Sondierungsfluges von Rudolf Heß nach Großbritannien einbezogen. Zusammen mit den anderen Mitarbeitern von Heß wurde er verhaftet und blieb sechs Wochen in einem Gestapo-Hausgefängnis inhaftiert. Schließlich wurde er als Mittäter der Verschwörung zum Stauffenberg-Attentat gegen Hitler am 20. Juli 1944 nochmals festgenommen und in Berlin-Moabit inhaftiert. Ob die italienische Regierung ausreichend über Haushofer informiert war, ist schwer zu beurteilen. Beim Verfassen des positiven Berichtes für das Ministerium ist Spaini wohl einiges zwischen Zeilen entgangen: Heute wird das Werk für ein Musterbeispiel literarischer Camouflage gehalten. Des Weiteren lässt sich nicht ausschließen, dass er einen von oben kommenden Übersetzungsvorschlag nicht negativ bewerten wollte oder konnte. Fest steht jedenfalls, dass es um ein greifbares Beispiel der vielen Widersprüche der faschistischen Kulturpolitik geht: Mussolini hatte sich aktiv in ein ungewöhnliches Verlagsgeschäft gestürzt, hatte die Widerstände Mondadoris überwunden, und hielt schließlich die Übersetzung der dramatischen Trilogie eines antinazistischen Widerständlers in den Händen. In der Nacht zum 23. April 1945, als die Rote Armee schon in den Berliner Außenbezirken stand, wurde Haushofer im letzten Moment zusammen mit fünfzehn weiteren Gefangenen von SS-Soldaten hinterrücks erschossen. In der Manteltasche trug er das Manuskript der Moabiter Sonette,44 eines der wirkungsvollen literarischen Zeugnisse des deutschen Widerstandes im Dritten Reich.

5. Verlagsstrategien im Umgang mit deutscher Literatur Die angeführten Beispiele aus der Verlagsgeschichte Italiens in den letzten Jahren des Faschismus zeugen von unterschiedlichen Strategien, die kein homogenes Panorama ergeben und verschiedene Positionen gegenüber der faschistischen Kulturpolitik illustrieren. Neben Verlegern, wie Corticelli, Salani und Guanda, die in dem beschriebenen System aus Zensur und politischem Druck die politischen Instruktionen überaus bereitwillig erfüllten, gab es andere, die sich den neuen Regeln nicht bedingungslos unterwarfen: Sperling & Kupfer und Mondadori suchten und fanden Kompromisse mit dem Regime, zum Beispiel durch die Veröffentlichung von Werken vermeintlich regimetreuerer Schriftsteller, die aber politisch unverfänglich waren. Angesichts einer Zensur, die sich manchmal als nachlässig, nachsichtig, kompromissbereit oder durchsetzungsschwach erwies, suchte Mondadori oft selbst nach Autoren und Werken, die ideologische Vorgaben erfüllen konnten ohne politisch allzu verfänglich und zu radikal zu erscheinen – nicht zuletzt aus Rücksicht auf den Geschmack einer italienischen Leserschaft, die mit der expliziten Nazi44

Vgl. Haushofer, Albrecht: Moabiter Sonette, Berlin 1946.

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Literatur wenig anfangen konnte. Er willigte aber meistens auch in die Veröffentlichung von Werken ein, die vom Regime explizit gewünscht oder befürwortet wurden und eine solche ,akrobatische‘ Verlagsstrategie hatte bisweilen ganz unerwarteten Konsequenzen: Wie die Geschichte des Werkes von Haushofer zeigte, entpuppten sich solche Werke nicht selten im Nachhinein paradoxerweise als ,camouflierte‘ Anti-Naziliteratur. Neben der politischen und der institutionellen Ebene zeugt das Beispiel von Mondadori und der Lektorin Mazzucchetti von der Bedeutung einzelner Akteure, die in diesem System operierten, die politische Vorgaben und verlegerische Interessen gleichermaßen zu berücksichtigen hatten und deren Gestaltungsspielraum – nicht zuletzt auch abhängig von eigenen politischen Überzeugungen, Wertund Geschmacksurteilen – dabei vermittelnd, ideologiekonform und subversiv zugleich sein konnte.

Grenzgänge: Deutsche Titel im Verlagsprogramm Einaudi 1940–1950 Gisela Schlüter Abstract: This paper opens by presenting a brief review of translations from German published by the famous anti-fascist publishing house Einaudi during the decade 1940–1950 and then goes to shed light on the translational concepts of leading figures such as Cesare Pavese, Giaime Pintor, and Leone Ginzburg. In the next step, problematic borderline cases are examined: politically and ideologically compromised German authors who figure in the Einaudi publications lists or in the discussions within the publishing house. The preferences and aversions concerning German-language literature, philosophy, and juridical thinking, articulated by Cesare Pavese, Giaime Pintor, and Delio Cantimori, reflect the enormous challenges faced by an Italian political intelligentsia caught between external repression (censorship), double pressure to conform, and burdensome taboos.

Einleitung Der Verlag Einaudi, gegründet 1933 in Turin, galt in den 1940er Jahren bei einigen Zeitgenossen als giovane Laterza1, als think tank der jungen Turiner Intelligentsia, […] quel formidabile cervello collettivo, conflittuale e insieme coeso: dove tutti si occupano di tutto, in un continuo scambio di testi e di valutazioni, all’interno e al di là delle discipline e competenze di ciascuno. Con un forte senso di non provvisoria contemporaneità e di problematica politicità.2

Einaudi erschien als der antifaschistische italienische Verlag schlechthin, und er war der Verlag der jungen Generation, geleitet von Giulio Einaudi, dem Sohn von Luigi Einaudi, ein Verlagshaus mit nachgerade berühmten jungen Intellektuellen 1

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Zu Laterza vgl. Coli, Daniela: Il filosofo, i libri, gli editori. Croce, Laterza e la cultura europea, Neapel 2002. Zu Einaudi als giovane Laterza vgl. Mangoni, Luisa: Pensare i libri. La casa editrice Einaudi dagli anni trenta agli anni sessanta, Turin 1999, S. 43–45. „L’idea di editoria di cultura che si sta facendo strada, insomma, si riallaccia ai canoni, vale a dire a Laterza, per smarcarsene, lasciando intravedere un passo nuovo, maggiore libertà rispetto ai principi teorici ideali o prevalenti, un tono meno assertivo e più problematico e dinamico dell’azione editoriale.“ Piazzoni, Irene: „Negli anni del regime: Orientamenti di fondo e nuovi orizzonti“, in: Soddu, Paolo (Hg.): Giulio Einaudi nell’editoria di cultura del Novecento italiano. Atti del convegno della Fondazione Giulio Einaudi e della Fondazione Luigi Einaudi onlus, Torino, 25–26 ottobre 2012 (Fondazione Luigi Einaudi onlus Studi 52), Florenz 2015, S. 63–88, hier: S. 61. Vgl. für das Folgende auch Turi, Gabriele: I limiti del consenso. Le origini della casa editrice Einaudi, in: ders., Il fascismo e il consenso degli intellettuali, Bologna 1980, S. 193– 375, sowie ders., Casa Einaudi. Libri uomini idee oltre il fascismo, Bologna 1990. Ferretti, Gian Carlo: Storia dell’editoria letteraria in Italia. 1945–2003, Turin 2004, S. 35.

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und Lektoren wie Pavese, Ginzburg, Pintor, die einander durch ein ausgeprägtes Generationsbewusstsein verbunden waren; Pintor sollte später von einer generazione perduta sprechen,3 und keiner der drei genannten prominenten Verlagsmitarbeiter hat bekanntlich das Jahr 1950 überlebt. Die jugendliche Generation des jungen Verlages Einaudi verehrte mehrheitlich noch Croce als ihren Lehrer.4 Pavese und Pintor suchten aber schon die Abgrenzung5 und wandten sich vom historistischen Paradigma ab; Pavese äußerte Widerwillen gegenüber dem Pathos der Geschichtlichkeit und der Überhöhung des historischen Moments: Tutto questo parlare di rivoluzioni, questa smania di vedere accadere avvenimenti storici, questi atteggiamenti monumentali, sono la conseguenza della nostra saturazione di storicismo, per cui, avvezzi a trattare i secoli come i fogli di un libro, pretendiamo di udire in ogni raglio d’asino lo squillo dell’avvenire.6 3

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Giaime Pintor schrieb kurz vor seinem Tod am 28. 11. 1943 an seinen Bruder: „La guerra, ultima fase del fascismo trionfante, ha agito su di noi più profondamente di quanto risulti a prima vista […] nei più deboli questa violenza ha agito come una rottura degli schemi esteriori in cui vivevano: sarà la ‚generazione perduta‘ che ha visto infrante le proprie ‚carriere‘; nei più forti ha portato una massa di materiali grezzi, di nuovi dati su cui crescerà la nuova esperienza.“ Pintor, zit. nach Mangoni: Pensare i libri, S. 166. Lost generation ist ein Ausdruck, den Pintor übernimmt und adaptiert, vgl. Biasiolo, Monica: Giaime Pintor und die deutsche Kultur. Auf der Suche nach komplementären Stimmen, Heidelberg 2010, S. 88. Einaudi bezeichnet im Interview mit Severino Cesari (1990/91) Benedetto Croce und Leone Ginzburg – die er sich als eingehaktes Paar bei Spaziergängen durch Turin in Erinnerung ruft – als die beiden Schlüsselfiguren der Anfänge der Casa Einaudi, vgl. Cesari, Severino: Giulio Einaudi im Gespräch mit Severino Cesari, übers. v. Beate Dirnfellner, Frankfurt/Main 1993, S. 41– 43 (vgl. Cesari, Severino: Colloquio con Giulio Einaudi, Rom/Neapel 1991). In Turin war Croces Einfluss Bobbio zufolge fast so tief und so langanhaltend wie in Neapel, vgl. Guglielminetti, Marziano: „La critica letteraria di Leone Ginzburg. Il metodo di Croce, di Freud e di Sklovskij“, in: Tranfaglia, Nicola (Hg.): L’itinerario di Leone Ginzburg, Turin 1996, S. 40–67, hier: S. 53; ebd., S. 54, Anm. 23, der Hinweis auf Sapegno, Natalino: „Croce e la cultura torinese“, Anhang zu Dionisotti, Carlo: Natalino Sapegno dalla Torino di Gobetti alla cattedra romana, Turin 1994, S. 72 ff. Einaudi hat 1990/91 im Interview mit Severino Cesari betont: „Es erschien mir ganz normal, den Schöpfer von ‚Religion der Freiheit‘ und einer Ästhetik, die das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden lehrte, aufzusuchen, aber auch, das sollten wir nicht vergessen, Giovanni Laterzas meisterhaften Berater in außergewöhnlichen verlegerischen Unternehmungen. Die ‚Biblioteca di Cultura Moderna‘, die ‚Scrittori d’Italia‘, die ‚Classici della Filosofia Moderna‘, die ‚Filosofi antichi e medievali‘, die ‚Collezione storica‘, das sind die Reihen, die den Höhepunkt der kulturellen Verlagsgeschichte Italiens darstellen, und nicht nur Italiens. Das waren die Modelle, auf die man sich beziehen mußte, wenn man an einen Kulturverlag denken wollte.“ Cesari, Giulio Einaudi im Gespräch, S. 40 f. „Vergessen wir nicht, daß alle seine [Paveses] antifaschistischen Freunde (Mila, Ginzburg etc.) Anhänger Croces waren; und hierzu vermerkt Dionisotti in besagtem Essay: ‚Der ihm eigene Widerwille gegen das Konzept und den literarischen Geschmack, die die Schule Croces seiner Generation, fast allen seinen Freunden und Kommilitonen, auferlegt hatte, muß bei der Interpretation des Tagebuches Rechnung getragen werden.“ Ebd., S. 49. – Wie Pavese, war auch Pintor durch Croce geprägt, aber zunehmend davon überzeugt, dass Croce der Gegenwart nichts mehr zu sagen hatte und unfähig war, das Phänomen des Faschismus zu verstehen und zu bekämpfen, vgl. Piazzoni, „Negli anni del regime […]“, S. 51. Pavese am 3.7.1940 in seinem Tagebuch, zit. nach Turi, Gabriele: Casa Einaudi, Bologna 1990, S. 245.

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Einiges spricht nun dafür, für eine Forschungsinitiative zu Politiken der Translation mit Blick auf Italien und Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert den Einaudi-Verlag und näherhin das kritische Jahrzehnt 1940 bis 1950 einer genaueren Betrachtung zu unterziehen: (1) Einaudi galt wie eingangs erwähnt als antifaschistischer italienischer Verlag schlechthin, was ein in welcher Weise auch immer besonderes Verhältnis zu Deutschland und eine demzufolge spezifische Verlags- und Übersetzungspolitik implizierte. (2) Unter Einaudis Verlagslektoren und Mitarbeitern sind im Jahrzehnt 1940 bis 1950 zahlreiche prominente Namen verzeichnet, unter ihnen wie gesagt Cesare Pavese, Leone Ginzburg und Giaime Pintor. Alle drei waren auch produktive und hoch reflektierte Übersetzer, Pavese war für das Amerikanische, Ginzburg für das Russische, Pintor für das Deutsche und Französische zuständig7. Die internationale Ausrichtung des Verlages, vor allem in Richtung USA und UdSSR, hat das Verlagsprogramm auch schon in den frühen Jahrzehnten der Verlagsgeschichte und dann nach Kriegsende bestimmt. (3) Zur Geschichte des Verlagshauses Einaudi, seinen Lektoren und Lektorinnen und seinen Mitarbeitern liegen zahlreiche Quelleneditionen, Kataloge und wertvolle Studien vor. D. h., die Forschungssituation ist günstig und erlaubt eine genauere Betrachtung der italienisch-deutschen Übersetzungspolitik des Einaudi-Verlages auf gesicherter Quellenbasis und gründlich erforschtem historischen Terrain. Schon an dieser Stelle sei deutlich gesagt, dass die folgende Bestandsaufnahme und Sichtung sich demzufolge nicht als innovative Quellenstudie, sondern als Perspektivierung der mehrheitlich italienischen Forschungserträge zum Verlagshaus Einaudi auf das übersetzungspolitische Gesamtthema der deutschen Forschungsinitiative zu Politiken der Translation versteht.8 Einige thematische Weichenstellungen ergeben sich aus dem gewählten Gegenstand, der editoria einaudiana, und seiner zeitlichen Eingrenzung auf die Jahre 1940–1950: (A) Man muss die Zensur in Rechnung stellen, kann sich also nicht auf die im Rahmen des Verlagsprogramms tatsächlich gedruckten Titel beschränken, wenn man die Übersetzungspolitik des Verlags rekonstruieren will. Da mittlerweile wesentliche Teile der Verlagskorrespondenz von Pavese, der die Übersetzungspolitik des Verlages betreffenden Überlegungen Pintors und die reichhaltige Korrespondenz Ginzburgs sowie Erinnerungen Giulio Einaudis und Norberto Bobbios, um nur einige wichtige Namen zu nennen, veröffentlicht wurden, kann man auf dieser Grundlage ermessen, welche deutschen Titel in der Diskussion waren und entweder verlagsintern abgewiesen oder durch die Zensur blockiert 7 8

Verzeichnis von Pintors Übersetzungen bei Calabri, Maria Cecilia: Il costante piacere di vivere. Vita di Giaime Pintor, Turin 2007, S. 616–618. Vgl. einen neueren Forschungsbeitrag von Abbrugiati, Perle/Vitagliano, Daniela: „La ‚frénésie de traduire‘. Traduction et politique chez Einaudi“, in: Laboratoire italien 16 (2015); https://journals. openedition.org/laboratoireitalien/860 [Zugriff am 15.08.2020] zu Paveses Wirken im Verlag Einaudi i. A. vgl. auch Abbrugiati, Perle: Il mestiere per vivere: Pavese travailleur infatigable pour l’éditeur Einaudi, in: Chroniques italiennes 2001 [Sonderheft Pavese]; https://www.chroniques italiennes.univ-paris3.fr/numeros/68html [Zugriff am 15.08.2020].

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wurden. (B) Die Belletristik, Narrativik, Lyrik und Theater rangieren nicht an erster Stelle, sondern allenfalls gleichrangig mit dem vom Verlag von Anfang an präferierten Genre politischer, historischer, kulturpolitischer etc. Essayistik. D. h., es geht im Folgenden nicht ausschließlich und nicht einmal in erster Linie um die Übersetzung deutscher Literatur i. e. S. von fiktionaler Literatur. Was diesen belletristischen Aspekt betrifft, kann freilich auf eine instruktive einschlägige Forschungsliteratur zum Thema deutsche Literatur im faschistischen Italien verwiesen werden.9 (C) Und eine letzte Weichenstellung: Selbst wenn sich die Geschichte der Casa Einaudi bis 1950 eng mit dem Namen Cesare Paveses verbindet, muss man doch deutlich unterscheiden zwischen persönlichen Sichtweisen, Meinungen und Idiosynkrasien des Autors Pavese auf der einen und auf der anderen Seite der Verlagspolitik des Hauses Einaudi. Und auch für Giaime Pintor, den für deutsche Importe zuständigen Experten bei Einaudi, müssen auf der Grundlage der vorliegenden Forschungsliteratur vorsichtige Einschränkungen gemacht werden, bevor man ihn umstandslos in jene strikt antifaschistische übersetzungspolitische Linie einschreibt, die man üblicherweise mit dem Namen des Verlages Einaudi verbindet.10 Die folgende knappe, thematisch pointierte Bestandsaufnahme soll zunächst Informationen über das Übersetzungsprogramm Einaudis aus dem Deutschen im Jahrzehnt 1940–1950 geben (1) und das übersetzerische Selbstverständnis des Verlagsteams schlaglichtartig beleuchten (2). In einem weiteren Schritt (3) sollen Randzonen fokussiert werden, politisch und ideologisch brisante Fälle, politischideologisch kompromittierte deutsche Autoren im Verlagsprogramm bzw. in den Diskussionen des Verlagshauses; ins Licht rückt eine gewisse Porosität des Antifaschismus des Turiner Intellektuellenzirkels um Einaudi. Ein solcher Blick von außen auf die ideologischen Randzonen zielt, das versteht sich von selbst, nicht auf Entlarvung und geschichtspolitische Revision ab; vielmehr soll, im konkreten Ausgang von deren deutschsprachiges Schrifttum betreffenden Präferenzen und Aversionen, die Haltung herausragender Köpfe wie Cesare Pavese, Delio Cantimo9

Einerseits vor dem Hintergrund des epochemachenden und kulturell stilbildenden italienischen Nachkriegskommunismus – auch hier figurierte Einaudi prominent als mit dem PCI besonders stark verbundenes Verlagshaus – und andererseits in der Linie der italienischen neorealistischen Narrativik situiert sich das in den beiden folgenden Jahrzehnten manifeste Interesse italienischer Verlage an Übersetzungen von DDR-Literatur ins Italienische. Aber das ist ein Thema, das jenseits der vorliegenden Skizze der deutschen Präsenz im Verlagsprogramm Einaudi in den 1940er Jahren liegt. Vgl. dazu u. a. Banchelli, Eva: Art. „Rezeption der DDR-Literatur in Italien“, in: Opitz, Michael/Hofmann, Michael (Hgg.): Metzler Lexikon DDR-Literatur. Autoren – Institutionen – Debatten, Stuttgart/Weimar 2009, S. 281 f. 10 Irene Piazzoni präsentiert eine breite Palette unterschiedlichster (anti)faschistischer Haltungen: „Contano anche le molteplici sfumature del nesso che lega, seguendo spesso vie tortuose, intellettuali e fascismo – piaggeria, appoggio entusiasta, tiepido od obtorto collo, convivenza pacifica o sofferta, ignavia, nicodemismo, malafede, servitù volontaria, afascismo, antifascismo camuffato, antifascismo e basta, dissimulazione onesta, conformismo, apollineo understatement […]“. Piazzoni, „Negli anni del regime […]“, S. 34.

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ri und Giaime Pintor etwas genauer betrachtet werden – die Haltung von Intellektuellen, die sich zwischen äußerer Repression, doppeltem Konformitätsdruck und lastenden Tabus bewegten. Abschließend wird die Problematik historischer Dokumentation angesprochen, die in den 1940er und 1950er Jahren eine wichtige Rolle in den Verlagsprogrammen spielte. (4)

1. Das deutsche Übersetzungsprogramm der Casa Einaudi 1940–1950 Die Zensurpolitik des faschistischen Regimes war bis 1938 vor allem gegenüber den Verlagen im Regelfall eher liberal.11 In der Rezeption der deutschen Literatur dominierten die Klassiker, so etwa der auch von Mussolini besonders geschätzte Goethe,12 der auch im Folgenden eine Rolle spielen wird. Andrea Hoffend hat den Kulturbeziehungen zwischen Nazideutschland und faschistischem Italien eine materialreiche und differenzierte historische Studie gewidmet.13 Ab 1938 verschärften sich die Verhältnisse deutlich.14 11

Auch Simona Giusti urteilt, vor 1938/40 sei die Zensurpolitik des faschistischen Regimes gegenüber Verlagen eher liberal gewesen: „[…] soprattutto un certo margine di autonomia che il fascismo lasciò al settore editoriale, nei confronti del quale è difficile dire se elaborò una politica organica di pianificazione e di coordinamento, come per la stampa, al di là di interventi censori e prescrittivi, può in parte spiegare il fascino esercitato dall’editoria sugli intellettuali, molti dei quali, tra gli anni venti e trenta, si affidano al suo canale facendosi organizzatori di cultura […].“ Giusti, Simona: Una casa editrice negli anni del fascismo. La Nuova Italia (1926–1943), Florenz 1983, S. 4. So auch Gabriele Turi: „Al settore editoriale – che si rivolgeva a un pubblico più ristretto di quello dei lettori di quotidiani, e comportava quindi minori pericoli – il fascismo lasciò un maggior grado di autonomia: la censura dei libri non fu condotta con criteri precisi, e rimase affidata alla discrezionalità dei prefetti anche quando essa passò, nel 1935, dalla competenza del ministero dell’Interno a quella del ministero per la Stampa e la propaganda. […] Il legame di gran parte dell’industria editoriale col potere dominante non fu tuttavia tale da soffocare la ricerca intellettuale o da impedire l’esistenza di iniziative non integrate nel circuito statale.“ Turi, Casa Einaudi, S. 14. 12 Vgl. Hoffend, Andrea: Zwischen Kultur-Achse und Kulturkampf. Die Beziehungen zwischen ‚Drittem Reich‘ und faschistischem Italien in den Bereichen Medien, Kunst, Wissenschaft und Rassenfragen, Frankfurt/Main/Berlin/Bern/N. Y./Paris/Wien 1998, S. 213 f. 13 Hoffend, Zwischen Kultur-Achse und Kulturkampf, S. 208. 14 „Seit Beginn des Jahres 1938 wurde die ‚Emigranten-Literatur‘ in Italien sukzessive zurückgedrängt, so vor allem mittels der ministeriellen Genehmigungspflicht, der die Übersetzungsliteratur jetzt unterlag. Man schien bemüht, Hitler bei seinem Staatsbesuch einigermaßen ‚gereinigte‘ Buchläden präsentieren zu können. Diesem Ansinnen fielen etwa nun Thomas Manns ‚Zauberberg‘, Lion Feuchtwangers ‚Jud Süß‘ und Arthur Rosenbergs ‚Geschichte des Bolschewismus‘ zum Opfer. Andererseits erschienen im selben Jahr noch insgesamt 15 Titel allein von Vicky Baum, Jakob Wassermann und Franz Werfel in italienischen Ausgaben, erfuhr Hans Falladas ‚Kleiner Mann – was nun?‘ gerade die 6. Auflage, eine von Mazzucchetti vorgelegte deutsche Literaturgeschichte geriet – sehr zum Unwillen der nationalsozialistischen Kulturwärter – zu einem Panorama der in Deutschland verfemten und verbotenen Literatur […].“ Hoffend, Zwischen

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So wie sich zuvor in der Literatur u. a. mit dem in den 1930er Jahren einsetzenden großen Interesse an der amerikanischen Literatur der Horizont der italienischen Kultur trotz des Faschismus erheblich erweitert hatte, war man auch durch die Rezeption europäischer und amerikanischer Philosophie, Soziologie, Ökonomie in den 1930er Jahre nicht in die faschistische Weltsicht eingekerkert. Man las deutsche Soziologen und Historiker, und Antonio Banfi bilanzierte die auch für Italien bedeutsamen wichtigen internationalen philosophischen Trends und wies u. a. auf Simmel, Bergson, Heidegger, Jaspers, Dilthey, Husserl, Santayana hin.15 Unter den im Folgenden wichtigen ideologisch brisanten Autoren sind in den 1930er Jahren Friedrich Nietzsche, Martin Heidegger und Carl Schmitt im Gespräch. D. h., die Übersetzungspolitik Einaudis bewegt sich 1940 ff. in einem schon relativ breiten internationalen Spektrum der zeitgenössischen Kultur, sprich Literatur, Philosophie, Soziologie, Ökonomie, Historiographie. Allerdings unterliegt sie seit 1938 und vor allem seit dem Kriegseintritt Italiens 1940 erheblichen Einschränkungen durch die Zensurpolitik des faschistischen Regimes.16 Die Kontakte Kultur-Achse und Kulturkampf, S. 216. „Unter der Ägide des Volkskulturministeriums wurde im September 1938 eine hochkarätige ‚Commissione per la bonifica libraria‘ eingesetzt, der Vertreter diverser Kultureinrichtungen, Staats- und Parteistellen angehörten; den Vorsitz führte Casini. Vor dem Hintergrund auch und gerade der neuen Rassengesetze sollte diese Kommission nun Konzepte und Kriterien für eine vollständige Buchrevision erarbeiten. Man entschied sich zunächst dafür, diese grundsätzlich auf Bücher zu beschränken, die nach dem Ersten Weltkrieg erschienen waren. Uneinigkeit rief die Frage hervor, inwieweit Bücher jüdischer Autoren Einschränkungen unterliegen sollten. Im Sommer 1939 schließlich stellte Casinis Generaldirektion eine Liste von 950 ‚in Italien unerwünschten Autoren‘ zusammen, deren Werke künftig nicht mehr verlegt werden sollten. Daß die Maßnahme in der Bevölkerung nur wenig populär sein würde, hatte man vorausgesehen, und sie wurde auch nur unvollständig durch- und umgesetzt.“ Ebd., S. 191. 15 Antonio Banfi hatte schon 1940 ff. in seinen Bestandsaufnahmen zum Stand der Philosophie auch etliche deutsche Philosophen ins Gespräch gebracht. Banfi, Antonio: „Parole d’introduzione“, in: Studi filosofici I (1940), zit. nach Leone de Castris, Arcangelo: Egemonia e fascismo. Il problema degli intellettuali negli anni Trenta, Bologna 1981, S. 112; genauer zu Banfis diesbzgl. breitem Engagement vgl. Piazzoni, „Negli anni del regime […]“, S. 53–55. Husserls Werke sind im Gespräch, können aber wegen der Rassengesetze nicht erscheinen. – Der wichtigste Ratgeber Einaudis für das philosophische Verlagsprogramm und auch Übersetzer deutschsprachiger Philosophie war Ludovico Geymonat. 16 Vgl. Mangoni, Pensare i libri, S. 20–22. „Lo scoppio della guerra avrebbe accentuato, come si vedrà, la difficoltà di far approvare testi stranieri. Il 31 luglio 1941 Alberto Spaini, spesso utilizzato dal ministero anche come lettore dei testi sottoposti alla censura, scriveva a Einaudi che l’opera di Schiller sulla rivoluzione nei Paesi Bassi, da lui proposta il 26 febbraio 1938 per i Narratori stranieri e accettata da Einaudi il 29 luglio 1941 per la nuova collana Scrittori di storia, ‚è intraducibile. Per non offendere la Chiesa, la Germania, il Regno, l’Impero, l’Esercito e la Marina ho dovuto fare tanti di quei tagli, che di tutto il libro c’è rimasto il titolo – e già quello è notevolmente eretico.‘ (AE, incart Spaini).“ Ebd., S. 21 f., Anm. 69. „Venivano in realtà a convergere due fenomeni contrastanti: da un lato una domanda crescente di lettura e dall’altro l’accentuarsi degli interventi della censura che rendevano sempre più difficile l’offerta di traduzioni straniere, a mano a mano che l’ampliarsi dei contendenti trasformava la guerra stessa in ‚guerra di continenti‘, ‚guerra di miti‘ fino a divenire ‚una guerra mondiale. […] la pubblicazione di opere italiane e tedesche, che, col crescere delle nazioni ‚nemiche‘, divenivano tra le poche certamente pubblica-

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zu Giustizia e Libertà und persönliches Engagement in der Resistenza hatten Verhaftungen führender Köpfe des Verlages zur Folge. Zwischen 1944 und 1945 agiert der Verlag auf Grund eines durch die Repubblica Sociale Italiana eingesetzten verlagsinternen Kommissariats in einem besonders engen Spielraum; Claudio Pavese hat sich ausführlich mit dieser Episode der Verlagsgeschichte befasst.17 1945 wurde im verlegerischen Selbstverständnis der Casa Editrice Einaudi nicht nur als intellektuelle Befreiung,18 sondern auch als Befreiung von der Notwendigkeit, sich verlegerisch auf die Stärkung des Antifaschismus zu konzentrieren,19 begrüßt. Dass nach 1947 dann der PCI ein Wörtchen mitzureden hatte in einem Verlag, der als kommunistisch engagiertester italienischer Verlag galt, bedarf nicht der Erwähnung.20 Im Verlagskatalog figurierten Marx und Engels, seit 1947 Gramsci, seit 1948 sogar auch Stalin.21 Vor dem skizzierten Hintergrund sei nun ein Blick auf das in den Verlagskatalogen dokumentierte Verlagsprogramm der Jahre 1940 bis 1950 geworfen, wenn-

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bili.“ Ebd., S. 83. – Vgl. insgesamt Hoffend: „Zwischen völkischer Dichtung und Hermetismus: Die Buchpublizistik“, in: Hoffend, Zwischen Kultur-Achse und Kulturkampf, S. 188–226. Pavese, Claudio: „Il periodo del commissariamento della casa editrice Einaudi (1943–1945)“, in: Soddu, Giulio Einaudi nell’editoria di cultura del Novecento italiano., S. 141–188; vgl. auch ders.: Lo struzzo e la cicogna. Uomini e libri del commissariamento Einaudi (1943–1945), postfazione di Malcom Einaudi Humes, Mailand 2014. Vgl. auch Mangoni, Pensare i libri, S. 183 ff. Anhang zu einem Brief Einaudis vom 12. Mai 1945, später publiziert im Giornale della libreria, zit. nach Mangoni, Pensare i libri, S. 197: „La casa Editrice Einaudi ha ripreso in Roma e riprenderà quanto prima in Torino la sua attività editoriale ispirandosi agli stessi principî di integrità politica e di serietà scientifica che l’hanno sorretta nel periodo fascista. La riprende nel ricordo e nel nome di Leone Ginzburg e di Giaime Pintor, caduti per la liberazione dell’Italia, dopo aver dato fino all’ultimo il contributo della loro tempra morale e del loro ingegno alla direzione e allo sviluppo della Casa Editrice. Di questa eredità e di una continuità ideale che le consente senza pentimenti né riserve di riprendere la sua attività sulle stesse basi e di richiamare all’opera tutti i suoi collaboratori, la Casa Editrice sente l’orgoglio e la responsabilità. Quei valori di libertà democratica e di progresso culturale nel periodo fascista fu possibile sostenere e divulgare nei limiti d’un’affermazione coperta e indiretta, ora possono e debbono essere non soltanto apertamente propugnati ma sviluppati con l’energia richiesta dalla grave situazione dell’Italia e dalla fede nel suo risorgimento.“ „La situazione è ormai mutata. Non si tratta più di fare libri ad ogni costo, ma di trascegliere con calma fra innumerevoli, e soprattutto […] di non contentarsi della semplice istanza antifascista che sta ormai diventando una banalità.“ Zitat aus den von Pavese mitverantworteten Appunti torinesi zur Verlagsplanung Einaudis 1945, zit. nach Mangoni, Pensare i libri, S. 199. Turi, Casa Einaudi, S. 196: „Proprio il carattere non ufficiale del suo rapporto col Pci aveva permesso che questo individuasse in Einaudi il canale più adatto, anche se non unico, per diffondere la conoscenza del marxismo nella cultura italiana.“ „I più stretti rapporti instaurati nel 1947 col Pci rimasero saldi per vari anni – un documento interno del VII congresso dell’aprile 1951 qualificava ‚nostra editoria‘ anche Einaudi accanto alle Edizioni Riunite, Milano-sera o la Cooperativa del libro popolare […].“ Ebd., S. 203. Vgl. auch Mangoni, Pensare i libri, S. 326 ff. – Am Rande erwähnt sei ein u. a. die kommunistische Ausrichtung des Verlages betreffender Brief Thomas Manns an Einaudi aus dem Juni 1953, vgl. Turi, Casa Einaudi, S. 7. Stalin, Josif: Il marxismo e la questione nazionale e coloniale, introd. e traduzione di Carol Straneo Caracciolo, 1948, bis in die 1970er Jahre immer wieder neu aufgelegt.

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gleich es problematisch erscheint, hier zu einem ausgewogenen Tableau zu gelangen, denn der ganze verlegerische Markt dieser Jahre, sprich das Konkurrenzfeld, müsste eigentlich mit in Betracht gezogen werden, um zu validen Aussagen zu gelangen. Trotz dieser Kautel wurde unter Rekurs auf die Verlagskataloge eine Liste der verlegten Titel zusammengestellt,22 auf der, nach einer oberflächlichen Sichtung der Verlagskorrespondenzen Paveses, Ginzburgs und Pintors, einige wenige Titel ergänzt wurden, die im ersten der konsultierten Verlagskataloge, dem von 195623 (neben dem von 198324 und dem von 199925), teilweise fehlten.26 Unter den Schriftstellern im engeren Sinne, deren Werke im bezeichneten Zeitraum erschienen, sind Goethe, Rilke, die Romantiker und Anna Seghers mit mehr als einem Titel vertreten, Letztere aus den kommunistisch gefärbten Jahren des Verlags Ende der 1940er Jahre; seit Beginn der 1950er Jahre sollte der Verlag sich dann stark für die Publikation des Theaters Bert Brechts engagieren. Dass die Romantiker relativ stark vertreten waren und auch Kleist Berücksichtigung fand, verdankte sich in erster Linie Giaime Pintor und steht im Zusammenhang mit einigen zwischen 1941 und 1946 erschienenen Anthologien deutscher Literatur, in denen deutsche Erzähler und Dichter aller Jahrhunderte, solche der Gegenwart und das deutsche Theater à travers le temps präsentiert worden waren und an denen teilweise auch Pintor mitgearbeitet hatte.27 Pintor war zwar nicht der Erste, 22 23 24 25 26

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Die Liste – vgl. Anhang – beansprucht keine Exhaustivität. Catalogo generale delle edizioni Einaudi, dalla fondazione della Casa editrice al 1° gennaio 1956, Turin 1956. Cinquant’anni di un editore. Le edizioni Einaudi negli anni 1933–1983. Breve iconografia, seguita dall’indice bibliografico degli autori e collaboratori, dall’elenco delle collane, dagli indici per argomenti e per titoli, Turin 1983. Le edizioni Einaudi negli anni 1933–1998. Indice bibliografico degli autori e collaboratori, indice cronistorico delle collane, indici per argomenti e per titoli, Turin 1999. Um – etwas willkürlich – einige weitere deutschsprachige Titel anzuführen, die im Verlag in der Diskussion waren, aber nicht erschienen: Karl Hönn, Konstantin d. Große, Leipzig 1940, von Ginzburg empfohlen, von Venturi übersetzt, Zensur, wurde nicht gedruckt, vgl. Pavese, Cesare, Officina Einaudi. Lettere editoriali 1940–1950, a cura di Silvia Savioli, introduzione di Franco Contorbia, Turin 2008, S. 39 f., S. 93; Karl Brandi, Karl V., Ginzburg/Venturi, vgl. Pavese, Officina Einaudi, S. 64, erst 1961 ersch.; Rudolf Stammler, Die Lehre vom richtigen Rechte, Bobbio/ Pavese, wurde nicht übersetzt, vgl. Pavese, Officina Einaudi, S. 246; Ulrich v. Hassel, Vom andern Deutschland, Venturi lehnte Übersetzungsangebot ab, vgl. Pavese, Officina Einaudi, S. 250; Karl Benno v. Mechow, Vorsommer, keine ital. Übers. erschienen, vgl. ebd., S. 260; Ernst Kreuder, Die Gesellschaft vom Dachboden, nicht erschienen, vgl. ebd., S. 298; Karl Diehl, Der Einzelne und die Gemeinschaft, keine Übersetzung erschienen, vgl. Mangoni, Pensare i libri, S. 95; Eberhard Wolfgang Möller, Das Schloss in Ungarn, nicht übers., vgl. ebd., S. 138; Edzard Schaper: Der Henker, nicht übers., vgl. ebd. Teatro tedesco. Raccolta di drammi e commedie dalle origini ai nostri giorni, a cura di Giaime Pintor e Leonello Vincenti, Mailand 1946. Vgl. dazu Biasiolo, Giaime Pintor und die deutsche Kultur, S. 114 ff., 235 ff.: „Zwei Anthologien für Bompiani: Germanica und Teatro tedesco“. Germanica. Raccolta di narratori. Dalle origini ai nostri giorni, a cura di Leone Traverso, Mailand: Bompiani 1942; für diese Sammlung übersetzte Pintor Arnim und Rilke. Traverso, Herausgeber von Germanica, sollte 1941 auch eine Antologia degli scrittori tedeschi contemporanei herausgeben, korrespondierte mit Vittorini darüber, der Plan wurde aber nicht realisiert, vgl. Vittorini, Elio: I libri,

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wohl aber der maßgebliche Übersetzer Rilkes ins Italienische, das ist an den beiden Titeln von 1942 und 1948 ersichtlich. Interessant erscheint nun aber besonders die Präsenz Goethes und die nur schattenhafte Präsenz Schillers: Die erfolgreiche und absatzstarke Einaudianische Reihe Narratori stranieri tradotti war 1938 mit der italienischen Übersetzung von Goethes Werther durch Alberto Spaini eröffnet worden. Spaini hatte mit Einaudi und Leone Ginzburg diesbezüglich korrespondiert und seine geringe Wertschätzung von Goethes Werther zum Ausdruck gebracht, verbunden mit dem Angebot, statt des Werther Goethes – Spainis Meinung nach ungleich interessanteren – Bildungsroman Wilhelm Meisters Lehr- und Wanderjahre zu übersetzen. Daraus freilich wurde nichts, und die Schwierigkeiten eines solchen Unterfangens waren Ginzburg zufolge schon in der Unübersetzbarkeit des Wortes Wanderjahre offensichtlich.28 Im Jahre 1943 erschienen dann allerdings die Wahlverwandtschaften, übersetzt und herausgegeben von Massimo Mila, 1946 die Korrespondenz zwischen Goethe und Schiller, herausgegeben von Antonino Santangelo. Ein Schiller betreffendes Verlagsprojekt (Spaini wollte Schillers Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande von der Spanischen Regierung für Einaudis Reihe Scrittori di storia übersetzen) war 1941 von der Zensurbehörde verhindert worden.29 Nach Kriegsende zeigte sich vor allem Pavese abgeneigt, Schiller, aber auch Herder und Hölderlin einen Auftritt bei Einaudi zu verschaffen.30 Besonders Goethes Italienische Reise erregte seinen Widerwillen: „Sono spiacente per Romagnoli, ma chi s’infischia ora del Viaggio in Italia? Fatelo, se volete, ma io sono contrario fino alla morte. Ciao.“31 Wenig begeistert zeigte er sich 1947 auch von dem Ansinnen, Heine ins Italienische zu übersetzen.32

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la città, il mondo. Lettere 1933–1943, a cura di Carlo Minoia, Turin 1985, S. 124. Zu Germanica vgl. Biasiolo, Giaime Pintor und die deutsche Kultur, S. 235 ff., Calabri, Il costante piacere di vivere, S. 205–209. Vgl. Scarpa, Domenico: „Vigile eleganza. Leone Ginzburg e il progetto di un’editoria democratica“, in: Soddu, Giulio Einaudi nell’editoria di cultura del Novecento italiano, S. 109–140, hier: S. 121. Vgl. Mangoni, Pensare i libri, S. 21 f., Fußn. 69. Brief an Carlo Muscetta vom 2.4.1948, vgl. Pavese, Officina Einaudi, S. 322: „le proposte di [Sergio] Romagnoli rientrano tutte in quella classe di libri che non facciamo piú. Andavano ai tempi della vecchia Universale; ora un piccolo Schiller [La guerra dei Trent’anni] o Herder [Giornale del mio viaggio nell’anno 1769] o ecc., col suo richiamo agli umanisti sperduti, non interessa il nostro pubblico. Fagliela capire. (Siamo pazzi, in questa febbre editoriale che ci tiene, ripensare all’Iperione e ai Trent’anni, già scartato nel ’43).“ Brief an Muscetta, 10.5.1948, vgl. Pavese, Officina Einaudi, S. 328. 1942 hatte Vittorini mit Pratolini über eine wünschenswerte italienische Übersetzung von Goethes Italienischer Reise korrespondiert, vgl. Vittorini, I libri, la città, il mondo, S. 190. Pavese, Officina Einaudi, S. 268, S. 274. Auf Paveses Positionen und verlegerische Optionen wird zurückzukommen sein. Halten wir an dieser Stelle fest, dass Pavese hinsichtlich der deutschsprachigen Literatur luzide Urteile formuliert hat – so hat er etwa schon 1950 nachdrücklich für eine Aufnahme von Erich Auerbachs Mimesis ins Verlagsprogramm votiert. Pavese-Zitate zu Auerbach, Mimesis, bei Mangoni, Pensare i libri, S. 459, Fußn. 92. Andererseits hat Pavese aber auch

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Die deutsche Geschichtsschreibung ist mit mehreren Titeln repräsentiert, hinzu kommt 1951 eine schon länger erwogene Übersetzung von Herders Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit, die Übersetzung wurde besorgt von Franco Venturi, dem großen Aufklärungsforscher, der die gesamte europäische Aufklärung souverän überblickte, aber zeit seines Lebens Deutschland gegenüber reserviert bleiben sollte. Vor allem ihm verdankt sich jenes Aufklärungsprofil – im auch epochenspezifischen Sinne –, welches Giulio Einaudi retrospektiv seinem Verlag zugeschrieben hat, das allerdings im Sinne eines historischen Schwerpunkts im hier thematisierten Zeitraum noch kaum erkennbar war.33 Nietzsche, Jung, Jaspers, Weber figurieren im Verlagsprogramm relativ prominent, Nietzsche mit zwei, Jung mit mehreren Titeln. Das Interesse an Jaspers34 berührt sich mit den Verlagsinteressen am Existentialismus, so werden auch Übersetzungsprojekte zu Kierkegaard und Sartre diskutiert. Max Weber, dessen Protestantische Ethik 1945 bei Sansoni in Übersetzung erschienen war, wird auch in den folgenden Jahrzehnten im Verlagsprogramm von Einaudi mit mehreren Titeln vertreten sein. Für C. G. Jung hatte sich vor allem Pavese stark gemacht, konkret für dessen Aufnahme in die von Pavese betreute Collana viola, auf die zurückzukommen sein wird; Bedenken gegenüber der Jungschen Psychologie und Archetypenlehre hatte hingegen Pintor.35 Der politisch instrumentalisierte Nietzsche – die komplizierte Rezeptionslage muss hier ausgeklammert bleiben – bildet naturgemäß einen Sonderfall innerhalb des philosophischen Profils des antifaschistischen Verlages. Nietzsche ist mit zwei Titeln vertreten, von denen seine Schrift gegen den Historismus sich in einen zeitgemäßen Antihistorizismus und Anti-Crocianismus einfügt. Nietzsche bildet wegen seines Antihistorizismus und Antihegelianismus und auch aus anderen Gründen trotz seiner Vereinnahmung durch Nazismus und Faschismus eine zentrale intellektuelle Referenz von prominenten Einaudianern wie Pavese und Pintor. Dass Fehlurteile abgegeben wie das, Kafka sei ein realistischer Erzähler, vgl. Pavese, Brief an Antonio Giolitti, 28. Januar 1949, Officina Einaudi, S. 362 f. 33 Cesari, Giulio Einaudi im Gespräch, S. 158: „In diesem Sinne ist die Aufklärung von Venturi und Leone Ginzburg nicht eine Linie unter vielen in der ‚Storica‘, sondern sie ist deren Seele. Gerade, weil es eine klare Linie ist, hat sie sich nach und nach den rhetorischen Linien der faschistischen Epoche entgegengestellt, wie zum Beispiel jener, die die Geschichtsschreibung als Scheinkonstruktion einer an Rom und den Mythos des Römertums gebundenen Vorstellung von der Vergangenheit forderte; oder jener Linie von Gentile und dem Verlagshaus Sansoni, die mehr an einen gewissen deutschen Geist gebunden war. Aber sie widersetzte sich auch jener idealistischen Richtung Croces.“ Vgl. dazu Piazzoni, „Negli anni del regime […]“, S. 59 f. – Vgl. aber ein Zeitschriftenprojekt aufklärerischen Zuschnitts aus dem Jahre 1941, Mangoni: Pensare i libri, S. 94. 34 Zu Karl Jaspers, Die Schuldfrage (Empfehlung Bobbio 1946), vgl. Albath, Maike: Der Geist von Turin. Pavese, Ginzburg, Einaudi und die Wiedergeburt Italiens nach 1943, Berlin 2010, S. 108. 35 „[…] il 9 ottobre 1941 Pintor scriveva, ad esempio, di star leggendo per Einaudi le opere di Jung, e commentava: ‚Risulta sempre più che la psicologia è una scienza cretina.‘ “ Pintor: Doppio diario, 1936–1943, a cura di Mirella Seri, con una presentazione di Luigi Pintor, Turin 1978; der Brief wird hier zit. nach Mangoni, Pensare i libri, S. 103.

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Giorgio Colli als Übersetzer Nietzsches und Luciano Foà sich 1961 von Einaudi trennen werden und es 1962 zur Verlagsgründung von Adelphi durch Foà und Roberto Bazlen und zum Start der Colli-Montinari-Nietzsche Werkausgabe kommen wird, steht auf einem anderen Blatt und ist hier nur marginal zu erwähnen; Alberto Banfi hat diese wichtige Zäsur in der italienischen Verlagsgeschichte und Publikationsgeschichte von Nietzsches Werken in Italien gründlich ausgeleuchtet.36 Die zeitliche Begrenzung der Recherche auf das Schlussjahr 1950 erlaubt es nicht, auf das weitere und spätere philosophische Verlagsprogramm von Einaudi einzugehen.37 Es war anspruchsvoll und breit perspektiviert, reichte von Adorno und Benjamin bis zum Wiener Kreis und Logischen Positivismus. Aber das wäre ein anderes Thema. Neben dem Verzeichnis der von Einaudi verlegten deutschen Autoren ist auch ein Verzeichnis der Reihentitel des betreffenden Jahrzehnts als Anhang beigefügt. Reihen sind ja, besonders in der italienischen Verlagspolitik, wichtig für das Labelling und die Vermarktung von Titeln, und das gilt natürlich auch für übersetzte Titel. Erwähnenswert erscheint neben den bereits angeführten deutschen Autoren in den literarischen, historiographischen und philosophischen Reihen vor allem auch die politisch-juristische Reihe, die prinzipiell vorsah, deutsche Juristen nur aufzunehmen, wenn sie nicht in der Zeit zwischen den Weltkriegen gearbeitet hatten.38 Trotzdem spielten in den Diskussionen des Verlagshauses Carl Schmitt und Hans Kelsen eine gewisse Rolle. Zurückzukommen sein wird auch auf die nach Kriegsende etablierte Reihe Collezione di studi religiosi, etnologici e psicologici [Collana viola].

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Vgl. Banfi, Antonio: „Nietzsche, Colli, Foà. L’azzardo di un’edizione critica e di una nuova casa editrice“, in: Soddu (Hg.): Giulio Einaudi nell’editoria di cultura del Novecento italiano. S. 273– 285. Vgl. auch Ferretti: Storia dell’editoria letteraria in Italia, S. 195–197. Hier sei Delio Cantimori zitiert, der seinerseits nicht unerfahren in scharfen ideologischen Positionswechseln war. Cantimori hat indirekt zum Ausdruck gebracht, wie einschneidend die ideologische und philologische Neutralisierung Nietzsches sein musste: „Naturalmente non terrò Nietzsche sullo stesso scaffale del Gramsci di Einaudi e del Salvemini di Einaudi e di Feltrinelli, neanche del Nitti di Laterza, e neanche di Marx e neanche di Platone; lo terrò coi poeti e coi tragici e coi romanzieri, lo metterò nello scaffale delle mostruosità o in quello degli astrologi?“ Cantimori: Conversando di storia, zit. nach Banfi, „Nietzsche, Colli, Foà“, S. 282. Vgl. dazu u. a. Sisto, Michele: „Mutamenti nel campo letterario italiano 1956–1968. Feltrinelli, Einaudi e la letteratura tedesca contemporanea“, in: Allegoria 55 (2007): Pierre Bourdieu e la sociologia della letteratura, S. 86–109. Mangoni, Pensare i libri, S. 298 f.: „il largo spazio riservato ad autori di area anglosassone, per i quali […] venivano proposte opere anche degli anni venti e trenta, e viceversa il fatto che, con la sola e significativa eccezione della Reine Rechtslehre di Kelsen, per gli autori di area tedesca venissero proposti testi antecedenti l’avvento del fascismo e la prima guerra mondiale o recentissimi, con il vuoto evidente degli anni tra le due guerre, rendeva chiaro che non si trattava più, come avrebbe voluto Pintor nel suo progetto degli inizi degli anni quaranta, di suggerire un percorso attraverso il quale ‚la crisi‘ del Novecento si rifletteva nel pensiero politico e giuridico. […] Era inoltre manifesta l’intenzione di Bobbio di innestare nella cultura italiana il pensiero e la tradizione giuridica anglosassone.“

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2. Das übersetzerische Selbstverständnis des Verlagsteams Cesare Pavese hat die 1930er Jahre als das Jahrzehnt bezeichnet, in dem Italiens Übersetzungspolitik und internationale Öffnung ihren Höhepunkt erreichten: Ma, insomma, il decennio dal ’30 al ’40, che passerà nella storia della nostra cultura come quello delle traduzioni, non l’abbiamo fatto per ozio né Vittorini né Cecchi né altri. Esso è stato un momento fatale, e proprio nel suo apparente esotismo e ribellismo è pulsata l’unica vena vitale della nostra recente cultura poetica. L’Italia era estraniata, imbarbarita, calcificata – bisognava scuoterla, decongestionarla e riesporla a tutti i venti primaverili dell’Europa e del mondo. Niente di strano se quest’opera di conquista di testi non poteva esser fatta da burocrati o braccianti letterari, ma ci vollero giovanili entusiasmi e compromissioni. Noi scoprimmo l’Italia – questo il punto – cercando gli uomini e le parole in America, in Russia, in Francia, nella Spagna.39

Während das faschistische Italien einem pathologischen Nationalismus anheimfiel, erlaubte die Hinwendung zu anderen Kulturen und Literaturen es, sich individuell ein ideales Vaterland zu erwählen: Nei nostri sforzi per comprendere e per vivere ci sorressero voci straniere: ciascuno di noi frequentò e amò d’amore la letteratura di un popolo, di una società lontana, e ne parlò, ne tradusse, se ne fece una patria ideale. Tutto ciò in linguaggio fascista si chiamava esterofilia.40

An die Stelle des Vaterlandes, in das man zufällig geboren wurde, hatte der Faschismus das Ideologem der patria als Schicksalsgemeinschaft gesetzt. Einem frei gewählten idealen Vaterland hingegen verschreibt sich der Übersetzer, der sich einer fremden Kultur so weit assimiliert, dass er in der Lage ist, deren Schrifttum adäquat in seine Muttersprache, das Italienische, zu übersetzen. Für Paveses und Vittorinis Neigung zur Kultur der USA war dies evident,41 Leone Ginzburg hingegen war von Geburt an verwurzelt in der russischen Kultur. Was die deutschsprachige, zumindest aber die deutsche Kultur betraf, so waren deren italienische Vermittler wohl nicht alle und nicht durchgängig so idealistisch gesinnt, sondern agierten unter einem politischen Zwang, der unterschiedliche Gestalten annehmen konnte. Ginzburg rühmte 1943 die zuletzt erschienenen Titel der erfolgreichen Reihe Narratori stranieri tradotti als „un superbo esempio di editoria di guerra“42. Allerdings war es mit dem Kriegseintritt Italiens immer schwieriger geworden, italieni39

Pavese, Cesare: „L’influsso degli eventi“ (1946), in: ders.: La letteratura americana e altri saggi, Turin 1962, S. 247. 40 Pavese, „Ritorno all’uomo“ (1945), ebd., S. 217. 41 Pavese hatte 1930 geschrieben: „un buon libro europeo d’oggi è, in genere, interessante e vitale solo per la nazione che l’ha prodotto, laddove un buon libro americano parla a una folla più vasta, scaturendo, come scaturisce, da necessità più profonde e dicendo cose veramente nuove e non soltanto originali, come quelle che nel migliore dei casi produciamo noi.“ Pavese, zit. nach Turi, Casa Einaudi, S. 72. Nur wenige von Paveses Übersetzungen aus dem Amerikanischen erschienen bei Einaudi; vgl. Mangoni, Pensare i libri, S. 63. 42 Pintor, zit. nach Pavese, Officina Einaudi, S. 118. – Mangoni, Pensare i libri, S. 32 f. zu den Übersetzungen in der Reihe Nst. Die geschickte Programmvermarktung der Reihe analysiert Scarpa, „Vigile eleganza […]“, S. 119 f.

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sche Übersetzungen fremdsprachiger Literatur, besonders der Literaturen und des Schrifttums der Kriegsgegner der Achsenmächte, durch die faschistische Zensur zu bringen. Gleiches galt für die politisch unerwünschte sog. deutsche Emigrantenliteratur.43 Dessen ungeachtet erschien es jedoch angesichts des faschistischnationalsozialistischen Bündnisses und speziell des Kulturabkommens 1938 als unerlässlich, Mitarbeiter zu rekrutieren, die die deutsche Sprache beherrschten, und das galt umso mehr zwischen 1943 und 1945. Im Jahre 1943 schrieb Pintor an Pavese: „i tempi non consentono di sputare in faccia ai buoni traduttori dal tedesco.“44 Pavese hatte das Seine getan und 1940 begonnen, Deutsch zu lernen, und sich dabei Goethes Faust vorgenommen. Seine Bemühungen um das Erlernen der deutschen Sprache hatten aber möglicherweise auch politische und denktypologische Gründe, auf die zurückzukommen sein wird. Dank der Vielsprachigkeit des Einaudi-Teams entwickelten sich in der Casa Einaudi schon früh ein ausgeprägtes Bewusstsein von der Ästhetik und den Techniken des Übersetzens, ein nicht nur technisches, sondern auch politisch-ökonomisches Bemühen um Professionalität und ansatzweise auch Organisationsstrukturen.45 43 44

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Hoffend, Zwischen Kultur-Achse und Kulturkampf, passim. Pintor, zit. nach Pavese, Officina Einaudi, S. 149, Anm. 1. Von den für Einaudi arbeitenden oder indirekt mit Einaudi in Verbindung stehenden Übersetzern und Übersetzerinnen – in einigen Fällen handelte es sich um professionelle Germanisten – seien nur folgende Namen genannt: neben Pintor Giorgio Colli, Nello Sàito, Antonio Giolitti, Werner Haftmann, Emilio Castellani, Cesare Cases, Alberto Spaini, Lavinia Mazzuchetti, Barbara Allason. Vgl. in diesem Zusammenhang den sehr nützlichen Indice degli autori, curatori e traduttori, in: Catalogo 1956, S. 269–318. Es gab Konkurrenzen und Eifersüchteleien zwischen den Übersetzern. In einem unterbelichteten Bereich bewegen sich die Übersetzungen ‚aus zweiter Hand‘, für die vor allem Iris Plack unsere Aufmerksamkeit geschärft hat. Es steht zu vermuten, dass gerade im damals noch frankophon gefärbten Turin französische Übersetzungen deutscher Texte eine erhebliche Rolle als Scharnierübersetzungen gespielt haben dürften. Pavese kommt an mindestens einer Stelle seiner Verlagskorrespondenz auf das Thema der indirekten Übersetzungen zu sprechen, und zwar anlässlich einer Kierkegaard-Übersetzung aus dem Deutschen, Pavese, Officina Einaudi, S. 106. In diesem Zusammenhang sei Giulio Einaudi selbst zitiert, der 1990 im Interview mit Severino Cesari geäußert hat: „Luciano Foà hat kürzlich anläßlich einer Tagung über das Übersetzen in Worten, die ich jederzeit unterschreiben würde, über ‚jene segensreiche, anstachelnde Unzufriedenheit über die eigene Unzulänglichkeit gegenüber einem Originaltext, die in der Seele des Übersetzers schwelen müßte und die die Quelle einer gut gelungenen Arbeit ist‘, gesprochen. Und er hat von den Kritikern gefordert, sich über die Angemessenheit oder Nichtangemessenheit der Übersetzung zu äußern, denn meistens verlieren sie kein Wort über die Qualität der Übersetzung, wenn sie sich einem ausländischen Text gegenübersehen, der in unserer Sprache lebt. […] Wer übersetzt, müßte auch anständig davon leben können, und genauso dachte auch Pavese darüber, der sich über diese verlegerischen Fragen schon immer im Klaren war.“ Cesari, Giulio Einaudi im Gespräch, S. 149 f. – Giulio Einaudi hat 1990 noch einmal hervorgehoben, es sei notwendig, die Arbeit der Übersetzer nicht weniger zu würdigen als die der Herausgeber. Vgl. ebd., S. 143. Schon die in der Reihe Narratori stranieri tradotti seit 1938 erschienenen Übersetzungen hatten Probleme aufgeworfen, die Mangoni klar umrissen hat: „L’impianto delle prefazioni e il valore della traduzione dovevano garantire una durata nel tempo, tale da sottrarre la collana, se non per la successione in cui gli autori venivano pubblicati, alle contingenze. Ma il problema delle traduzioni per i Narratori stranieri implica una questione più complessa. Si è già ricordata la lettera di Pavese sulla traduzione come

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Pavese hatte selbst viel übersetzt, nicht nur aus dem eben angeführten Idealismus, sondern auch aus ökonomischen Zwängen heraus; 1940 schrieb er: „Traduzioni ne faccio già troppe per vivere […].“46 Er unterschied zwischen zwei Arten des Übersetzens, einer kongenialen, die aber die Nicht-Identität des in die Zielsprache übersetzten Textes mit dem Originaltext erkennen lässt, als Übersetzung sichtbar sein will, und einer neutralen, idealiter interlinearen, die sich an die Stelle des Ausgangstextes zu setzen versucht.47 Als Übersetzer und als Lektor – „l’unico lavoro che mi piace – curare un libro fino alla fine“48 – entwickelte Pavese einen scharfen Blick für die Meriten, Chancen und Risiken des Übersetzens, setzte sich für eine adäquate Entlohnung der Übersetzer und Übersetzerinnen ein und schlug vor, Übersetzernetzwerke zu bilden.49 Als Lektor setzte Pavese sich intensiv und oft kontrovers über technische Detailfragen mit den Übersetzern auseinander, Probleme wie z. B. die Frage, ob fremdsprachliche Zitate in den zielsprachlichen Text integriert werden sollten oder ihrerseits übersetzt werden müssen, oder auch die Frage nach den translatorisch erforderlichen, teilweise massiven Änderungen der Zeichensetzung der Zielsprache gegenüber der Ausgangssprache.50 Generelle und konkrete handwerkliche Fragen des Übersetzens wurden insbesondere zwischen Pavese und Leone Ginzburg detailliert und durchaus auch kontrovers erörtert.51 Auch Natalia Ginzburg, die

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‚ri-creazione‘, una caratteristica che avrebbe accompagnato costantemente il suo lavoro anche per gli altri editori; ma non è questo che veniva richiesto alle traduzioni previste per la collezione. O meglio, questo tipo di versione poteva essere riservato a Pavese stesso, o a Ginzburg, presupponeva cioè una fiducia assoluta nelle capacità del traduttore. Ma […] ciò a cui si tendeva era comunque il conseguimento di un livello omogeneo, che non escludesse le punte più alte, ma definisse con chiarezza per i traduttori lo standard medio comune. Da ciò l’insistenza per una traduzione letterale e la revisione, accurata e fin minuziosa, alla quale i testi venivano sottoposti.“ Mangoni, Pensare i libri, S. 32 f. Pavese, Officina Einaudi, S. 5. „[…] ci sono due generi di traduzione. L’uno, quello da me scelto; l’altro, il metodo scientifico, ed allora l’ideale è, senza mezzi termini, la versione interlineare che serva agli studentini. O la traduzione precisa, fredda, impersonale, ed allora, se pure è possibile ottenerla, il pubblico ci capirebbe poco davvero, o una traduzione che sia una seconda creazione, esposta ai pericoli di ogni creazione, e soprattutto conscia del pubblico a cui parla.“ Pavese, zit. nach Contorbia, Franco: „Introduzione“ zu Pavese, Officina Einaudi, S. XII. Eine weitere wichtige programmatische Äußerung Paveses zum Übersetzen aus dem Jahre 1941 zitiert Mangoni, Pensare i libri, S. 32, Anm. 104. Zu Pavese als Übersetzer vgl. Art. „Traduzioni“, in: Gigliucci, Roberto: Cesare Pavese, Mailand 2001, S. 184–187; vgl. in demselben Band auch das Verzeichnis von Paveses Übersetzungen aus dem Englischen/Amerikanischen, ebd., S. 202. Zu Pavese als Übersetzer vgl. auch Esposito, Federica: Cesare Pavese. Esperienze e pratiche di traduzioni poetiche, Masterarbeit Universität Utrecht 2007/08, https://dspace.library.uu.nl Pavese 1945 in einem Brief an Massimo Mila, vgl. Pavese, Officina Einaudi, S. 164. Ebd., S. 191. Ebd., S. 318 f., S. 338. Mangoni, Pensare i libri, S. 15: „È forse questo, il tema della traduzione, l’elemento che finisce per maggiormente accomunare l’esperienza di Ginzburg e Pavese, che della traduzione come scelta di lingua, di accuratezza nella versione del testo, di innesto vero e proprio di culture diverse in quella italiana, di ‚ri-creazione‘ perfino in qualche caso – per ripetere l’espressione di Pavese – faranno uno dei punti di forza della collana Narratori stranieri tradotti della Einaudi alla fine degli anni trenta. Ma anche qui va segnalata una differenza. Per Pavese tradurre era parte della fatica di

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1946 den ersten Band von Prousts Recherche in italienischer Übersetzung publizierte, hat sich mehrfach zum Handwerk und zu grundlegenden Fragen des Übersetzens geäußert52 und mit der ihr eigenen etwas derben Komik bilanziert: „Damals lernte ich, was übersetzen bedeutet: Ameisen- und Pferdearbeit, das ist eine Übersetzung. So eine Arbeit muß die peinliche Genauigkeit einer Ameise und die Kraft eines Pferdes vereinigen.“53

3. Die brisanten Fälle. Reazionari di sinistra Abschließend soll ein Blick auf einige Randbezirke und tiefer liegende Schichten des antifaschistischen verlegerischen Engagements Einaudis geworfen werden.54 Zum einen gab es unter den prominenten Mitarbeitern des Verlages politisch-ideologische Grenzgänger und häretische Geister wie etwa Delio Cantimori. Aber auch andere, die lange Zeit als unbestechliche Antifaschisten galten wie Cesare Pavese, waren Grenzgänger. Paveses Taccuino segreto, 1990 veröffentlicht,55

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scrivere, di quel ‚lungo travaglio e maceramento‘, che lo aveva indotto a dichiarare che l’arte era ‚tra le attività anti-naturali dell’uomo.‘ […] E si ha spesso l’impressione che per Pavese scrivere, come tradurre, fosse qualcosa che si impara, attraverso uno scavo capace di portare alla luce il sé e il fuori di sé: si comprende così come il più naturale consiglio di Pavese negli anni quaranta ai giovano scrittori fosse tradurre e ancora tradurre.“ – Leone Ginzburg: „La collana Scrittori di Storia è una specie di Storia della Storiografia per esempi: 1) La traduzione deve essere fedele al testo originale, cercando di renderlo vivo pel mondo moderno, senza cadere in modernismi ed in una intonazione giornalistica.“ Ginzburg, Leone, zit. nach Mangoni, Pensare i libri, S. 146. Natalia Ginzburg in einem Brief vom 12. 9. 1945, zit. nach: Mangoni, Pensare i libri, S. 291, Fußn. 14: „Io mi sono sforzata per quanto mi è stato possibile di attenermi al criterio della fedeltà più scrupolosa al testo; cercando di non sfuggire mai alle difficoltà con tagli o rifacimenti arbitrari, per mezzo dei quali si ottiene indubbiamente una prosa italiana più scorrevole, ma si annulla il valore della traduzione. Questo principio vorrei fosse seguito anche dagli altri traduttori.“ Natalia Ginzburg, zit. nach Cesari, Giulio Einaudi im Gespräch, S. 152. Jüngste Forschungen von Carlo Gentile und Thomas Gruber haben die so wesentliche wie schwer durchschaubare Rolle des umstrittenen Kunsthistorikers und Parteimitglieds Werner Haftmann (1912–1999) beleuchtet, der sich für eine Stelle am deutschen Kunsthistorischen Institut in Florenz empfohlen hatte, die er nach kurzer Zeit aufgab. In Turin war er 1940–1944 als Sekretär, Dolmetscher und dann als Verbindungsoffizier bei der deutschen Verbindungsdelegation zur italienischen Waffenstillstandskommission mit Frankreich tätig. Er trat in Kontakt mit führenden Einaudi-Mitarbeitern wie Giaime Pintor und Pavese sowie mit Elio Vittorini, dessen Conversazione in Sicilia er ins Deutsche übersetzte. Thomas Gruber vermutet einen Einfluss Haftmanns auf Paveses Taccuino segreto. Carlo Gentile hat jüngst nachgewiesen, dass Haftmann in der Bekämpfung der Resistenza aktiv und an Partisanenerschießungen beteiligt war. Vgl. Gruber, Thomas: „Der ‚unglückselige Werner‘. Neue Erkenntnisse zum Kunsthistoriker Werner Haftmann zeigen einen widersprüchlichen Charakter“, in: Süddeutsche Zeitung, 28. Juni 2021, Nr. 145, S. 12. Mondo, Lorenzo: „Pavese, il taccuino segreto“, in: La Stampa, 8. August 1990; dazu ders.: „Il taccuino segreto“, in: Mondo: Quell’antico ragazzo, Mailand 2006, S. 105–117; Lanzillotta, Monica: La parabola del disimpegno. Cesare Pavese e un mondo editoriale. In appendice carteggi e documenti inediti, Rende 2001, S. 113–130 („Pavese, il Taccuino segreto e l’‚indaffaramento politico‘ della Casa“). „[…] sono note anacronistiche o meglio metastoriche quelle scritte nel ’43 nel Taccuino segreto, per cui le atrocità di Hitler non sono diverse dalle atrocità compiute durante la Ri-

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hat enthüllt, dass er, der sich schon 1943 gelegentlich vom politischen Engagement des Verlages entnervt zeigte56 und den antifaschistischen Mainstream der italienischen Linken nach 1945 für trivial hielt, seit Ende der 1930er Jahre das faschistisch-nationalsozialistische Weltbild sondiert hatte, Affinitäten zur Blut-undBoden-Ideologie verspürt und, so hat er selbst bekannt, auch aus diesem Grunde 1940 Deutsch gelernt hatte. Die Gründung der Collana viola (Collezione di studi religiosi, etnologici e psicologici), in der etliche aus heutiger Sicht ideologisch belastete Titel figurierten, verdankte sich nicht zuletzt entsprechenden Interessen und Sympathien Paveses.57 Es war wohl eher ein Immoralismus à la Nietzsche, Thomas voluzione francese, secondo Pavese, cosa che è spia, appunto, di un modo di guardare la storia ‚alla Vico‘. Ciò vale anche per quel che scrive della Germania (‚Questa è la guerra delle personalità. Gli italiani di M., i tedeschi di H., gli spagnoli di Franco. Si torna alla concezione epica. Ricorso vichiano‘), per quel ravvisare nella decisione di studiare il tedesco, presa nel ’40, il segno di un destino (‚l’impulso del subcosciente a entrare in una nuova realtà‘), per quell’ammirare nei tedeschi il rigore e la disciplina, l’attaccamento al suolo e al sangue; e oltre a Nietzsche, che in questi anni ha letto e riletto con particolare attenzione, cita Jünger, crede nella vittoria della Germania e non si lascia turbare dalle atrocità naziste (‚Se anche fossero vere, la storia non va con i guanti.‘)“ Lanzillotta: La parabola del disimpegno, S. 124 f. – Pavese, Taccuino segreto, Dezember 1943, zit. nach Pavese/De Martino, Ernesto: La collana viola. Lettere 1945–1950, a cura di Pietro Angelini, Turin 1991, S. 28, Anm. 43: „Dignità vuol dire essere se stessi. Ma quando succede che si cambi idea? S’indaghi bene, si vedrà che non si cambia idea, ma che sotto sotto si aveva già presentito il pensiero nuovo. Che certe tue idee del passato non fossero quel che sembravano ti risulta dal fatto che allora credevi di averle ma non te ne interessavi (il tuo disinteresse per la politica, famoso!). Ora che nelle tragedie hai visto più a fondo, diresti ancora che non capisci la politica? Semplicemente ora hai scoperto dentro – sotto la spinta del disgusto – il vero interesse che non è più le tue sciocche futili chiacchiere ma il destino di un popolo di cui fai parte. Boden und Blut – si dice così? Questa gente ha saputo trovare la vera espressione. Perché nel ’40 ti sei messo a studiare il tedesco? Quella voglia che ti pareva soltanto commerciale, era l’impulso del subcosciente a entrare in una nuova realtà. Un destino, Amor fati.‘ “ – Cesari, Giulio Einaudi im Gespräch, S. 50: „Aber einige Sätze des Tagebuches sind erschütternd. Nicht so sehr wegen Paveses Bewunderung für das Programm der Repubblica Sociale, sondern wegen der Rechtfertigung der nazistischen Greueltaten, die ihn dazu brachten zu schreiben: ‚Vielleicht ist der wirkliche Fehler von uns Italienern, daß wir nicht grausam zu sein verstehen.‘ “ 56 „Caro Pintor, in genere sono nauseato dall’indaffaramento politico della casa editrice, il quale da un mese ci blocca ogni lavoro.“ Pavese am 23. 8. 1943 an Giaime Pintor. Vgl. Pavese: Lettere 1924–1944, a cura di Lorenzo Mondo, Turin 1966, S. 728. 57 „Questo era un terreno più minato degli altri, poiché la collezione faceva salire alla ribalta nomi allora impronunciabili o comunque poco graditi. Giulio Cogni era niente, rispetto ai ‚gerarchi‘ in arrivo: si sapeva che in cantiere fervevano tre libri di Mircea Eliade, ex guardia di ferro in ovattato esilio, e due di Frobenius, altro padre spirituale della Germania segreta; perfino Julius Evola si era autocandidato per la collana viola. Di Jung, di Kerényi, di Aldrich, di Jensen, si conosceva il viscerale anticomunismo. […] Non basta: de Martino aveva addirittura avanzato l’idea […] di un’antologia di scritti di Marx, Engels e Lenin sulla religione, dagli intenti sicuramente critici, e non bonariamente prefazionata come il Frazer … Ce n’era abbastanza per mettere in allarme più di un dirigente del partito […].“ Angelini, Pietro: „Introduzione“, in: Pavese/De Martino: La collana viola, S. 35. Zum sektiererischen Einfluss von Julius [Giulio] Evola vgl. neuerdings Sedgwick, Mark: Gegen die moderne Welt. Die geheime Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts, Berlin 2019; vgl. in diesem Zusammenhang einer esoterischen europäischen Rechten und deren deutschen Repräsentanten auch Jesi, Furio: Germania segreta. Miti nella cultura tedesca del ’900 (1967), und ders.: Cultura di destra (1979).

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Mann,58 Ernst Jünger, der Pavese in Versuchung führte, und weniger die nationalsozialistische Ideologie. Wie dem auch sei: Auch Pintors durchweg kritische Haltung zum Naziregime ist verschiedentlich ansatzweise in Frage gestellt worden;59 sein Verhältnis zu Leone Ginzburg, Giulio Einaudi zufolge in diesen Jahren der spiritus rector des Verlages,60 war nicht ohne Spannungen. Es wäre allerdings deplatziert, hier revisionistisch die antifaschistische Erfolgsgeschichte der Casa Einaudi retuschieren zu wollen, zumal von deutscher Seite und auf dürftiger Quellenbasis. Gleichwohl sollten abschließend einige politische Diskussionen und verlegerische Entscheidungen des Verlages in Erinnerung gerufen werden, die man als Ausdruck einer historischen Lage und ideologischen Konstellation auffassen muss, deren Komplexität und vielfältigen Implikationen man retrospektiv wohl kaum wird gerecht werden können.61 Beginnen wir mit dem Umstand, dass Pintor mit Delio Cantimori eine Publikation von Carl Schmitts Die Diktatur diskutiert und an einer Übersetzung gearbeitet hat, die freilich nie erschienen ist. Dass diese Schrift von Carl Schmitt schon 1922 ins Italienische übersetzt worden war, das Manuskript der Übersetzung aber einem Brand zum Opfer fiel, ist ebenso bekannt wie die lebhaften Debatten, die die staatstheoretischen Positionen Carl Schmitts im Italien der 1930er Jahre ausgelöst haben.62 Die Geschichte dieser Debatten und der Schmitt-Rezeption im fa58

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„Il nome di Thomas Mann ritorna quando si affronta un’altra e più delicata questione. Lo scrittore tedesco sarebbe un anello della lunga catena che collega Pavese a Kerényi, e Kerényi a Frobenius, vale a dire uno dei ‚padri‘ del mitologismo germanico che tra le due guerre celebrò le sue nozze di sangue con l’ideologia nazista.“ Angelini, „Introduzione“, S. 27 f. – Zu Pavese/Th. Mann vgl. auch Van den Bossche, Bart: „Pavese legge Mann: Quale poetica della prosa?“, in: Rassegna europea di letteratura italiana 4 (1994), S. 99–117. Zu Thomas Mann in Italien ab 1945 vgl. u. a. Landolfi, Andrea: „Thomas Mann in Italia. 1945–1970“, in: Fantappiè, Irene (Hg.): Letteratura italiana e tedesca (1945–1970). Campi, polisistemi, transfer. Deutsche und italienische Literatur 1945–1970. Felder, Polysysteme, Transfer, Rom 2013, S. 211–220. Franco Fortini und Mirella Serri haben Pintors politische Haltung einer kritischen Revision unterzogen, vgl. u. a. Serri, Mirella: Il breve viaggio. Giaime Pintor nella Weimar nazista, Venedig 2002. Monica Biasiolo hingegen hat Pintor nachdrücklich verteidigt und als lupenreinen Antifaschisten präsentiert, vgl. Biasiolo, Giaime Pintor und die deutsche Kultur, S. 32 ff. Einaudi hat Leone Ginzburg im Rückblick zum wichtigsten Kopf des Verlages in diesen Jahren erklärt: „Su tutti, dominatore assoluto, persuasore finissimo, gentile ma fermo come una roccia, Leone Ginzburg.“ Einaudi, Giulio: Frammenti di memoria, Mailand 1988 (Rom 2009), S. 47. „[…] non si potranno ascrivere tout court all’esigenza tattica di pubblicare ‚libri tedeschi‘ i progetti riguardanti autori della destra come Schmitt o Jünger, ai quali va l’interesse critico di Giaime Pintor o Delio Cantimori: progetti non realizzati per ragioni editoriali.“ Ferretti, Storia dell’editoria letteraria in Italia, S. 31. Vgl. Schiera, Pierangelo: „Carl Schmitt und Delio Cantimori“, in: Quaritsch, Helmut (Hg.): Complexio Oppositorum. Über Carl Schmitt. Vorträge und Diskussionsbeiträge des 28. Sonderseminars 1986 der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Berlin 1988, S. 529–535. „Wahr ist vor allem, daß die italienischen Faschisten keine großen Sympathien für Schmitt hegten. Mehr als um Ruhm handelte es sich demnach um verfehlten Ruhm. Um so interessanter ist es, die Stellung Cantimoris mit all seinen persönlichen Widersprüchen inmitten jenes grundsätzlichen Widerspruchs zu beleuchten, den der Sachverhalt wenigstens auf den ersten Blick aufweist. Wenn man von dem mythischen Brand der Druckerei des ‚Avanti!‘ im Jahre 1922 absieht, bei dem auch das Manuskript der italienischen Übersetzung der (ein Jahr zuvor in Deutschland erschienenen) ‚Diktatur‘ vernich-

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schistischen Italien ist recht gründlich aufgearbeitet worden;63 für unseren Zusammenhang erwähnenswert erscheint der Umstand, dass Mario Einaudi, der Bruder Giulios, schon 1931 in La Riforma Sociale Schmitts Der Hüter der Verfassung rezensiert hatte.64 Im Zusammenhang der Wirkungsgeschichte Carl Schmitts in Italien kam eine wichtige Rolle Delio Cantimori zu, der schon 1935 unter dem Titel Principii politici del nazionalsocialismo eine breite Auswahl aus den Schriften Carl Schmitts bei Sansoni herausgebracht und seit 1930 mehrere Artikel über Schmitt publiziert hatte,65 sowie einer gleichfalls 1935 in Italien erschienenen Kritik Karl Löwiths (unter dem Ps. H. Fiala) an Carl Schmitt, die in Italien lebhafte Aufnahme fand. Zwischen 1933 und 1942 waren immerhin 14 Übersetzungen Schmittscher Abhandlungen und Streitschriften ins Italienische erschienen, es fehlte allerdings noch eine Übersetzung von Die Diktatur. Cantimori zeigte sich überzeugt davon, dass Geister wie Schmitt und Jünger endgültig mit dem unzeitgemäßen Historismus und blinden Vertrauen in die Geschichte gebrochen hatten und insofern genuine radicali waren, und Pintor bemühte sich im Einvernehmen mit Delio Cantimori um eine italienische Fassung der frühen Schrift Schmitts über die Diktatur. Die Zensur verhinderte allerdings die Veröffentlichung.66 Der Causa Schmitt im Verlagshaus Einaudi wäre genauer nachzugehen, als das an dieser Stelle möglich ist. Pintor hat auch an Hans Kelsens Reiner Rechtslehre (dt. 1934) gearbeitet, dessen jüdische Herkunft ihm übrigens erwähnenswert erscheint.67 Kelsen war seit Anfang der 1930er Jahre mit etlichen Übersetzungen seiner Werke auf dem italie-

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tet wurde, ist es notwendig, bis zum Ende der zwanziger Jahre zurückzugehen, um innerhalb der italienischen Diskussionslage Spuren Schmitts zu finden.“ Ebd., S. 530. Schiera zitiert Carl Schmitt (ebd., Fußn. 4): „Carl Schmitt selber schrieb in einem Brief an Gianfranco Miglio (vom 3. März 1969) das Folgende: ‚Die italienische Ausgabe dieser Diktatur hat ihr eigenes Schicksal: wie mir der deutsche Verleger im Jahre 1922 erzählte, war eine italienische Übersetzung damals im Manuskript fertig und bei der Druckerei des ‚Avanti‘ im Druck (das Buch ist 1921 auf Deutsch erschienen); damals – 1922, noch vor dem Marsch auf Rom – wurde die Druckerei von den Faschisten besetzt und das Manuskript verbrannt. Fata libellorum!‘ “ Vgl. Galli, Carlo: „Carl Schmitt nella cultura italiana (1924–1978). Storia, bilancio, prospettive di una presenza problematica“ (1976), in: Storicamente 6 (dicembre 2010) https://www.storicamen te.org/01_fonti/Gallio_Carl_Schmitt.htm; Schiera: „Carl Schmitt und Delio Cantimori“, a. a. O.; Campi, Alessandro: „Sulla fortuna italiana di Carl Schmitt. Una bibliografia: 1924–1984“, in: La Nottola. Rivista quadrimestrale di filosofia, anno III / n. 3, settembre/dicembre 1984, S. 55–78; Predieri, Alberto: La guerra, il nemico, l’amici, il partigiano. Ernst Jünger e Carl Schmitt, Florenz 1999; Maschke, Günter: „Carl Schmitt in Europa. Bemerkungen zur italienischen, spanischen und französischen Nekrologdiskussion“, in: Der Staat (1986), S. 575–599 (S. 576–591 zu Italien); Schieder, Wolfgang: „Carl Schmitt und Italien“, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 37/1 (1989), S. 1–21; https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1989_1.pdf Vgl. Mariuzzo, Andrea: Una biografia intellettuale di Mario Einaudi. Cultura e politica da sponda a sponda (Fondazione Luigi Einaudi, Studi 54), Florenz 2016, S. 46–48. Vgl. Verzeichnis bei Campi, „Sulla fortuna italiana di Carl Schmitt“, S. 62 f. „Ma la questione censura riguardava anche libri tedeschi: impreviste difficoltà sorgevano per Schmitt, e per Humboldt, che, assommate al problema dei diritti per Weber e Meinecke, rimettevano radicalmente in discussione l’impianto della collana Cultura e politica ideata da Pintor. Analoga situazione si verificava per la collana Corrente.“ Mangoni, Pensare i libri, S. 137. Vgl. Biasiolo, Giaime Pintor und die deutsche Kultur, S. 315. Pintor äußerte sich 1941 und 1943 über Carl Schmitt und seine Übersetzung von Die Diktatur, vgl. Pintor, Doppio diario, S. 143, S. 195.

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nischen Buchmarkt präsent,68 seine Reine Rechtslehre erschien freilich erst 1966, auf der Basis der überarbeiteten Fassung von 1960, in italienischer Übersetzung, und zwar, im Gegensatz zu Carl Schmitt, tatsächlich bei Einaudi.69 Halten wir en passant fest, dass vor allen Norberto Bobbio sich um eine italienische Rezeption der deutschen Rechtsphilosophie verdient gemacht hat. Pintor diskutierte mit Cantimori und Pavese nicht nur über Schmitt, sondern ausführlich auch über Ernst Jünger70 und Nietzsche. Jünger, für Pintor ein Vertreter der reazionari di sinistra, ist einer der meistdiskutierten belletristischen deutschen Autoren in diesem Milieu. Eine genaue Rekonstruktion der Debatten über Jünger – vor allem die Afrikanische[n] Spiele, Auf den Marmorklippen, Der Arbeiter – könnte das politisch-ästhetische Diskursfeld des Verlages in diesen Jahren schlaglichtartig ausleuchten. Auch Jünger wurde dann schließlich nicht von Einaudi verlegt. Dasselbe gilt von Hans Grimms Roman Volk ohne Raum, den Einaudi 1942 in die Programmplanung aufgenommen hatte, um „die Rhetorik des Nationalsozialismus zu dokumentieren“71 (vgl. zu dieser prima vista befremdlichen Intention die kurzen abschließenden Überlegungen unter IV.), dessen Drucklegung aber von der Zensur unterbunden wurde. Erscheinen konnte hingegen 1943, in der Übersetzung von Maria Napolitano Martone, der aus heutiger Sicht reißerische, politisch brisante Roman Die Geächteten von Ernst v. Salomon,72 den Cantimori lanciert und Leone Ginzburg als außerordentlich aufschlussreich für eine

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Vgl. Schiera, „Carl Schmitt und Delio Cantimori“, S. 531. Schmitts La Dittatura erschien erst 1975 bei Laterza. Zu Carl Schmitt in den Diskussionen des Verlages Einaudi vgl. auch Mangoni, Pensare i libri, passim. 70 „Non sorprende allora che il 20 agosto 1943 Giaime Pintor, nel sollecitare Pavese a un riesame anche delle ‚proposte di lavori e di traduzioni rifiutate per timore del tiranno fascista‘, potesse ancora indicare, accanto alla Nausée di Jean-Paul Sartre, tra i primi titoli da riprendere in considerazione Carl Schmitt, Die Diktatur, già in parte tradotto e ‚adattissimo a comparire nella nuova collezione giuridica‘, ed. Ernst Jünger, Giochi africani.“ Mangoni, Pensare i libri, S. 168. Und Mangoni ergänzt in einer Fußnote (ebd., Anm. 9): „Il 23 agosto 1943 Pavese ribatteva: ‚Il tuo invito ai libri proibiti, da riprendere, non ci trova sprovvisti. Già da qualche giorno ci stavamo pensando.‘ (Pavese, Lettere 1924–1944 cit., p. 728). Per la risposta di Pintor del 26 agosto cfr. Doppio diario cit., p. 196).“ Die höchst kontroversen Debatten über Ernst Jünger zwischen Pintor, Pavese und Cantimori haben in der Forschungsliteratur viel Aufmerksamkeit gefunden, vgl. insbes. Mangoni, Calabri, Biasiolo, Lanzillotta. „Una volta, scrivendo di Schmitt e di Jünger […], Delio Cantimori aveva osservato che essi erano radicali perché non fiduciosi nella storia, e nella apparente neutralità del giudizio sembra di poter cogliere una intonazione critica.“ Cantimori, zit. nach Mangoni, Pensare i libri, S. 167. 71 Albath, Der Geist von Turin, S. 76; vgl. auch Mangoni, Pensare i libri, S. 137 f.: „[…] la collana Corrente. Pensata come una collezione ‚tipo Omnibus‘, in cui sarebbero dovuti apparire anche una serie di romanzi di ‚tono documentario nazionalsocialista‘, essa vedeva cadere, nonostante le pressanti sollecitazioni della casa editrice, il romanzo sui boeri di Hans Grimm, Volk ohne Raum, che Einaudi considerava indispensabile ai fini della collezione.“ 72 Salomon, Ernst von: Die Geächteten, 1930, I proscritti, trad. di Maria Napolitano Martone, 1943. Vgl. dazu Turi, Casa Einaudi, Mangoni, Pensare i libri, Biasiolo, Giaime Pintor und die deutsche Kultur, bes. S. 360 ff.

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Publikation empfohlen hatte73, dem Giaime Pintor, der ihn wie Ernst Jünger den reazionari di sinistra zurechnete, freilich einen kritischen Beitrag widmen sollte.74 Umstritten war die Aufnahme Mircea Eliades in die von Pavese und De Martino begründete Collana viola75, da Eliade als politisch kompromittiert galt. In einem Brief an Antonio Giolitti schreibt Pavese im Juli 1949: Qualunque cosa faccia l’Eliade, come fuoruscito, non può ledere il valore scientifico della sua opera. Dovremmo smettere di pubblicare le opere scientifiche di Heisenberg perché questi è un nazista? Ce ne ricorderemo, se mai, quando si trattasse di pubblicare le sue conferenze politiche.76

An anderer Stelle postuliert Pavese: „gli etnologici sono come i poeti – non responsabili della loro politica.“77 Und insofern können dann auch Leo Frobenius’ Storia della civiltà africana. Prolegomeni di una morfologia storica 1950 und Ewald Volhards offen rassistische Schrift Il cannibalismo 1949 in dieser Reihe erscheinen.78 Ethnologie, Mythologie, Religionsgeschichte, die Disziplinen, die im Verlagsprogramm der Collana viola stark gemacht werden, markieren die Abkehr vom historistischen Paradigma der Crocianer, von einer teleologischen Geschichtsphilosophie hegelianischen Zuschnitts, um stattdessen den heidnischen Gott, das primitive Volk und den atavistischen Impuls ins Recht zu setzen, selbst auf die Gefahr hin, sich in gefährliche Regionen zu begeben.

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„Rimanevano così oltre a due romanzi storici italiani, solo Die Geächteten di Salomon, a proposito del quale Leone Ginzburg scriveva a Einaudi di opera di ‚singolarissimo interesse‘.“ Mangoni, Pensare i libri, S. 138. „Abbandonata l’interpretazione stilistica, Pintor non potrà non imputare ad autori come Jünger le loro responsabilità politiche. Ancora in Il sangue d’Europa, lo scritto apparso postumo il 10 dicembre 1944, egli accomunerà I proscritti di Ernst von Salomon alle opere di Ernst Jünger, in una condanna decisa, senza attenuanti o giustificazione, identificandole come ‚i testi più significativi dell’hitlerismo‘.“ Calabri, Il costante piacere di vivere, S. 161. Vgl. Zitat Angelini, „Introduzione“, in: Pavese/De Martino, La collana viola, S. 35 [hier Anm. 55]. Brief von Pavese an Antonio Giolitti, 26.7.1949, vgl. Pavese, Officina Einaudi, S. 388. Brief von Pavese an De Martino, 8.9. 1949, vgl. Pavese/De Martino, Collana viola, S. 146. Zur Aufnahme dieser klar rassistischen Schrift ins Programm vgl. Angelini,„Introduzione“, in: Pavese/De Martino, Collana viola, S. 33: „Giulio Cogni [Übersetzer des Buchs von Volhard], antropologo abbondantemente compromessosi prima della guerra nella ‚difesa della razza‘, aveva offerto alla casa editrice la sua traduzione del Cannibalismo di Volhard e Pavese aveva accettato il dono, senza guardare troppo per il sottile la traduzione e la prefazioncina. De Martino era al corrente della cosa, ma evidentemente non la soppesò a dovere. Pare incredibile: lui che s’era opposto in tutti i modi alla prefazione (piuttosto scontata, ma innocua) di Cocchiara a Frazer, di fronte al nome di Cogni tace. L’episodio resta abbastanza oscuro.“ Vgl. auch Gigliucci, Roberto: Cesare Pavese, Mailand 2001, S. 46–48: „Cannibalismo“.

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4. Die Problematik der historischen Dokumentation Giaime Pintor hatte 1940 einen Sammelband mit Nazi-Literatur verrissen79 und sich damit als Kritiker der NS-Ästhetik profiliert.80 Zusammen mit Elio Vittorini hatte er freilich 1942 am Schriftstellerkongress in Weimar teilgenommen.81 In den Jahren seines Wirkens bei Einaudi entstand offenbar unter seiner Ägide ein „Projekt über die Prosawerke, die zur Kategorie ‚nationalsozialistische Literatur‘ gehörten“ (Collana Corrente); dieses fiel aber, wie bereits erwähnt, der Zensur zum Opfer, mit Ausnahme der – Pintor missliebigen – Geächteten Ernst v. Salomons.82 Das zitierte Projekt, das dokumentiert und im Einzelnen untersucht werden müsste, gibt Anlass, abschließend kurz ein Schlüsselkonzept verlegerischer Geschichtspolitik ins Spiel zu bringen, nämlich das der Dokumentation. Mit dem geschichtspolitischen Konzept der Dokumentation, dem ja in jüngerer Vergangenheit viel Aufmerksamkeit zuteil geworden ist, bewegten sich Herausgeber und Verleger damals in deutlicher Distanz von den Praktiken politisierter Auslegungskultur und zugleich im Bereich politisch-ideologischer Unbelangbarkeit. Politisch-historische Dokumentation zum Zwecke der Information war ab 1945 das Ziel der Reihe Testimonianze im Einaudi-Verlag, Dokumentation der Kriegsgräuel und der Resistenza in Texten von Augenzeugen.83 So wichtig die Reihe Testimonianze 1945 auch erschienen war – nach einer gewissen Zeit distanzierten sich der Verlag und prominent auch Pavese von der flutartig anschwellenden

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Deutsche Dichter unserer Zeit, hg. von Hermann Gerstner u. Karl Schworm, München 1939. Vgl. Biasiolo: Giaime Pintor und die deutsche Kultur, S. 78 ff. Vgl. auch seine Rezension von Scrittori tedeschi del Novecento, hg. von Bonaventura Tecchi, 1941, dazu Cottone, Margherita: „Nationalsozialistische Kultur in der italienischen Germanistik zwischen den beiden Weltkriegen“, in: Grüning, Hans Georg (Hg.): Geschichte der Germanistik in Italien, Akten des Internationalen Symposiums Geschichte der Germanistik in Italien, Macerata, 21.–23. Oktober 1993, Ancona 1996, S. 243–269; hier S. 261 f. Vgl. Hoffend, Zwischen Kultur-Achse und Kulturkampf, S. 410 f. Pintor hat selbst einen Artikel dazu verfasst. Der Kongress als solcher sowie Pintors und Vittorinis Teilnahme an dem Kongress sind in der Forschung mehrfach untersucht worden. Vgl. kontrastiv Serri, Mirella: Il breve viaggio. Giaime Pintor nella Weimar nazista, Venedig 2002, und Biasiolo, Giaime Pintor und die deutsche Kultur, S. 417–444. Vgl. Biasiolo, Giaime Pintor und die deutsche Kultur, S. 320. Vgl. auch Barrale, Natascia: Le traduzioni di narrativa tedesca durante il fascismo, Rom 2012. „Dopo il 1945, una delle prime esigenze è stata quella di testimoniare sulla realtà della lotta allora finita. In questo clima nacquero le ‚Testimonianze‘. In seguito, la produzione editoriale risentí d’altre esigenze: agli scritti di tipo memorialistico, legati all’attualità, largamente provvedevano altre pubblicazioni; alle edizioni Einaudi si chiedevano opere di problematica piú propriamente culturali, o sistemazioni storiche complessive. E la collana ‚Testimonianze‘ si fermò. Ma il problema di questo tipo di libro non cessò mai di farsi sentire, e i ‚Saggi‘ annoverarono tra i loro titoli piú fortunati volumi di grande interesse di ‚documento‘ sulla Resistenza e sulla vita politica contemporanea. Oggi, a dieci anni dalla Liberazione, il ripensamento del nostro recente passato ci si propone ancora come una necessità nuova. E la collana ‚Testimonianze‘ vuole riprendere la sua funzione.“ Catalogo Einaudi 1956, S. 176.

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Testimonialliteratur über Resistenza und Krieg,84 und die Reihe wurde fürs Erste eingestellt. Eine gewisse Übersättigung des Marktes, der ja auch vom literarischen und filmischen Neorealismus mit Zeitdokumenten bedient worden war, und eine längerfristige Absatzkalkulation im Feld der konkurrierenden Verlage mögen hier unter anderem eine Rolle gespielt haben. Erwähnenswert erscheint auch, dass nach Kriegsende bei Einaudi ausdrücklich keine KZ-Literatur, keine Augenzeugenberichte aus KZs und Untersuchungen zu den Konzentrationslagern erscheinen sollten.85 Die Motive dieses auffälligen Sachverhalts dürften höchst komplex sein, und man erführe gern mehr über die Hintergründe dieser Entscheidung des wichtigsten antifaschistischen Verlages Italiens, dem wohl mehr als allen anderen an historischer Aufklärung gelegen war. Dokumentation – sei es des Nazi-Diskurses in italienischer Übersetzung [s. oben], sei es des politischen Widerstands, sei es des unsagbaren Leidens in den KZs – ist eine scharfe und in unübersichtlichen Frontverläufen potentiell auch gefährliche Waffe im politischen Kampf um die Geschichte.86

Quellen *Catalogo generale delle edizioni Einaudi, dalla fondazione della Casa editrice al 1° gennaio 1956, Turin, Einaudi, 1956 *Cinquant’anni di un editore. Le edizioni Einaudi negli anni 1933–1983. Breve iconografia, seguita dall’indice bibliografico degli autori e collaboratori, dall’elenco delle collane, dagli indici per argomenti e per titoli, Turin, Einaudi, 1983 *Le edizioni Einaudi negli anni 1933–1998. Indice bibliografico degli autori e collaboratori, indice cronistorico delle collane, indici per argomenti e per titoli, Turin, Einaudi, 1999

Übersetzungen aus dem Deutschen Bavink, Bernhard, La scienza naturale sulla via della religione, 1944 Binder, Julius, La fondazione della filosofia del diritto, trad. di Antonio Giolitti, 1945 Burckhardt, Carl Jacob, Richelieu, pref. e trad. di Bruno Revel, 1941

84 Vgl. Mangoni, Pensare i libri, S. 413 f. 85 Dieser wichtige Aspekt müsste, sofern dies noch nicht geschehen sein sollte, sorgfältig untersucht werden. Den Hinweis darauf findet man bei Mangoni, S. 319, Fußn. 108–110. So wurde bspw. Primo Levis Se questo è un uomo nicht von Einaudi verlegt. 1954 erschien dann aber ein Klassiker der Lagerliteratur in italienischer Übersetzung (aus dem Französischen): Antelme, Robert: La specie umana, trad. di Lorenza e Ugo Bosco, Turin 1954. 86 Gedankt sei an dieser Stelle Christiane Liermann-Traniello für kritische Lektüre des Beitrages und Einwände, denen ich partiell Rechnung getragen habe. Die Verantwortung für Ansatz und Ergebnisse meines Textes liegt selbstverständlich ausschließlich bei mir.

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[Cassirer, Ernst, Storia della filosofia moderna] I: Il problema della conoscenza nella filosofia e nella scienza dall’Umanesimo alla scuola cartesiana, trad. di Angelo Pasquinelli, 1952 II: Il problema della conoscenza nella filosofia e nella scienza da Bacone a Kant, trad. di Giorgio Colli, 1953 III: Il problema della conoscenza nei sistemi postkantiani, trad. di Eraldo Arnaud, 1955 [Dilthey, Wilhelm, Critica della ragione storica, introd. e trad. di Pietro Rossi, 1954] Döblin, Alfred, Addio al Reno, trad. di Ruth Leiser e Franco Fortini, 1949 Eichendorff, Joseph von, Storia di un fannullone, a c. di Ugo Natoli, 1944 Fallada, Hans, Ognuno muore solo, trad. di Clara Coïsson, 1950 Feuerbach, Ludwig, Principî della filosofia dell’avvenire, a c. di Norberto Bobbio, 1946 Frege, Gottlob, Aritmetica e logica, trad. di Ludovico Geymonat, 1948 Frobenius, Leo, Storia della civiltà africana. Prolegomeni di una morfologia storica, trad. di Clara Bovero, pref. di Ranuccio Bianchi Bandinelli, 1950 (Collana viola)87 Fueter, Eduard, Storia universale degli ultimi cento anni 1815–1920, trad. di Ettore Bassan, 1947 Gierke, Otto von, Giovanni Althusius e lo sviluppo storico delle teorie politiche giusnaturalistiche. Contributo alla storia della sistematica del diritto, a c. di Antonio Giolitti, 1943 Goethe, Wolfgang, Le affinità elettive, pref. e trad. di Massimo Mila, 1943 [Goethe, Wolfgang, Faust, nella traduzione di Giovita Scalvini, 1953] [Goethe, Wolfgang, I dolori del giovane Werther, pref. e trad. di Alberto Spaini, 1938] Goethe, Wolfgang e Schiller, Friedrich, Carteggio, pref. e trad. di Antonino Santangelo, 1946 Grillparzer, Franz, Il povero suonatore – Il convento di Sendomir, a c. di Sergio Romagnoli, 1944 Groethuysen, Bernard, Origini dello spirito borghese in Francia. La chiesa e la borghesia, trad. di Alessandro Forti, 1949 Heisenberg, Werner, Mutamenti nelle basi della scienza, trad. di Mario Ageno, 1944 Heisenberg, Werner, I principî fisici della teoria dei quanti, pref. di Bruno Ferretti, trad. di Mario Ageno, 1948 [Herder, Johann Gottfried, Ancora una filosofia della storia per l’educazione dell’umanità, introd. e trad. di Franco Venturi, 1951] Hildebrandt, Kurt, Platone. La lotta dello spirito per la potenza, trad. di Giorgio Colli, 1947 Hoffmann, E. T. A., La principessa Brambilla, pref. e trad. di Alberto Spani, 1940 Husserl, Edmund, Idee per una fenomenologia pura e una filosofia fenomenologica, a cura di Giulio Alliney, 1950 Jaeger, Werner, Demostene, trad. di Antonio D’Andrea, 1942 Jacobi, Jolan [de], La psicologia di Carl G. Jung, trad. di Arrigo Vita, 1949 (Collana viola) Jaspers, Karl, La mia filosofia, trad. di Renato De Rosa, 1946 Jung, Carl Gustav, Il problema dell’inconscio nella psicologia moderna, trad. di Arrigo Vita e Giovanni Bollea, 1942 Jung, Carl Gustav/Kerényi, Karl, Prolegomeni allo studio scientifico della mitologia, trad. di Angelo Brelich, 1948 (Collana viola) Jung, Carl Gustav, L’Io e l’inconscio, trad. di Arrigo Vita, 1948 (Collana viola) Kafka, America, pref. e trad. di Alberto Spaini, 1945 Keller, Gottfried, Enrico il Verde, pref. e trad. di Lionello Vincenti, 1944 [Kelsen, Hans, La dottrina pura del diritto, trad. di Renato Treves, 1952] [Kelsen, Hans, Società e natura. Ricerca sociologica, trad. di Laura Fuà [aus dem Engl., 1953] (Collana viola) Kerényi, Karl, Figlie del Sole, pref. di Angelo Brelich, trad. di Francesco Barberi, 1949 (Collana viola) 87 Vgl. Angelini, „Introduzione“, in: Pavese/De Martino, Collana viola, S. 27 f.; fehlt im älteren Einaudi-Katalog.

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Kerényi, Karl, Miti e misteri, a cura di Angelo Brelich, 1950 (Collana viola) Kleist, Heinrich von, Michele Kohlhaas, a c. di Rosario Assunto, 1946 Löwith, Karl, Da Hegel a Nietzsche, trad. di Giorgio Colli, 1949 [Mann, Thomas, I Buddenbrook, trad. di Anita Rho, 1952] [Mann, Thomas, Cane e padrone e altri racconti, trad. di Clara Bovero, 1953] [Mann, Thomas, La morte a Venezia, trad. di Anita Rho, 1954] Marx, Karl, Manoscritti economico-filosofici del 1844, pref. e traduzione di Norberto Bobbio, 1949 Marx, Karl, Scritti politici giovanili, a cura di Luigi Firpo, 1950 Marx, Karl, Le lotte di classe in Francia, a cura di Mario A. Manacorda, 1948 [Marx, Karl/Engels, Friedrich, Manifesto del Partito Comunista, a c. di Emma Cantimori Mezzomonti, 1948] Metternich, Clemens von, Memorie, a cura di Gherardo Casini, 1943 Nietzsche, Friedrich, Ecce homo, a cura di Sergio Romagnoli, 1950 Nietzsche, Considerazioni sulla storia, a cura di Lia Pinna Pintor, 1943 Novalis, Cristianità o Europa, a cura di Mario Manacorda, 1942 Philippson, Paula, Origini e forme del mito greco, a cura di Angelo Brelich, 1949 (Collana viola) Planck, Max, La conoscenza del mondo fisico, trad. di Enrico Persico, 1941 Rilke, Rainer Maria, Del poeta, a cura di Nello Sàito, 1948 Rilke, Rainer Maria, Poesie, con due prose dai Quaderni di Malte Laurids Brigge e versioni da H. Hesse e G. Trakl, trad. di Giaime Pintor, pref. di Franco Fortini, 1942 Röpke, Wilhelm, La crisi sociale del nostro tempo, trad. di Ettore Bassan, 1946 Rüssel, H. W., Profilo d’un umanesimo cristiano, trad. di Giuseppe Rensi, 1945 Salomon, Ernst v., I proscritti, trad. di Maria Napolitano Martone, 1943 Schlotterbeck, Friedrich, Sangue e libertà in Germania. Memorie di un operaio tedesco (1933– 1945), trad. di Emilio Castellani, 194988 Schumann, Robert, La musica romantica, a c. di Luigi Ronga, 1942 Seghers, Anna, La rivolta dei pescatori di Santa Barbara, trad. di Anna Bovero, 1949 Seghers, Anna, I sette della miniera, trad. di Anita Rho, 1950 [Thiess, Frank, Tsushima. Il romanzo di una guerra navale, trad. di Vladimiro Pini, 1938] Torberg, Friedrich, Eccomi, padre mio, trad. di Angela Zucconi, 1950 Treitschke, Heinrich v., Il Congresso di Vienna (1814–1815), a c. di Manlio Mazzitto, 1943 Viereck, Peter, Dai romantici a Hitler, trad. di Luciana Astrologo e Luigi Pintor, 1948 Volhard, Ewald, Il cannibalismo, pref. e trad. di Giulio Cogni, 1949 (Collana viola) Weber, Max, Il lavoro intellettuale come professione. Due saggi, trad. di Antonio Giolitti, nota introduttiva di Delio Cantimori, 1948 Winckelmann, Johann J., Il bello nell’arte, a cura di Federico Pfister, 1943 Winker, Will, Fugger il ricco, trad. di Lina Momigliano, 1942

88 „Il nazismo contro i tedeschi. Gestapo, torture, campi di concentramento. Un documento impressionante.“

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Reihen I Millenni, seit 1947 Universale Einaudi, seit 1942 Nuova raccolta di classici italiani annotati, seit 1939, begr. v. Santorre Debenedetti [Nuova collana di poeti tradotti con testo a fronte, seit 1952] Poeti, seit 1939, dann seit 1952: Nuova collana […] Narratori stranieri tradotti, ab 1938, begr. v. Leone Ginzburg, Bd. 1, Goethe, Werther I Coralli, seit 1947 Supercoralli, seit 1948 [u. a. Proust-Übersetzung] Narratori contemporanei [ursprüngl. Biblioteca dello Struzzo], seit 1941 Saggi, seit 1937 Corrente Biblioteca di cultura storica, seit 1935, begr. v. Leone Ginzburg Biblioteca di cultura filosofica, seit 1945 Biblioteca di cultura politica e giuridica, seit 1943 Collezione di studi religiosi, etnologici e psicologici [Collana viola], begr. v. Pavese/Ernesto De Martino, seit 1948 Biblioteca di cultura economica, seit 1939 Problemi contemporanei, vecchia serie 1934 ff., nuova serie 1946 ff. Biblioteca di cultura scientifica, seit 1938 Manuali Einaudi Testimonianze, seit 1945 Politecnico Biblioteca, seit 1946 Libri per l’infanzia e la gioventù, seit 1942 Piccola biblioteca scientifico-letteraria, seit 1949 [Scrittori tradotti da scrittori, seit 1983]

SPRACHE UND TRANSLATION ALS GEGENSTAND STAATLICHER INTERVENTION IM ITALIENISCHEN FASCHISMUS

Un peso determinante? Sprachenpolitik im italienischen Faschismus Joachim Scholtyseck Abstract: Italy, as a comparatively young state in a difficult multicultural context, saw the basis for its cohesion in linguistic uniformity during the course of its “nation building.” Despite all of the differences between Liberalism and Fascism, there were certain continuities and commonalities in language policy, as can be seen particularly in various tensions between South Tyrol and Italy. Through ethnicization and nationalization, these “imagined communities” became stages for the enactment of new language policy. The Italian liberal governments tried to achieve the assimilation of the German-speaking South Tyroleans through mild but persistent pressure, while the Fascists, who came to power in 1922, renounced any form of “soft power.” Mussolini’s proclaimed “Stato totalitario” involved numerous forms of language political manipulation, like Italianizing the Germanic place names throughout South Tyrol, albeit with mixed results and limited success.

Nicht immer kommt das jeder Translation inhärente politische Potential so deutlich zum Vorschein wie im „Age of Extremes“ (Eric Hobsbawm) des 20. Jahrhunderts. Italien als vergleichsweise junger Staat, innerlich noch kaum gefestigt und außenpolitisch als Großmacht kaum anerkannt, fühlte sich im Zuge des „Nation Building“ in einem schwierigen multikulturellen Kontext auf sprachliche Einheitlichkeit besonders angewiesen und fand dafür im proklamierten „Stato totalitario“ Mussolinis zahlreiche Manipulationsmöglichkeiten.1 Im folgenden Beitrag soll weniger auf die Zäsuren zwischen der liberalen und der faschistischen Politik und Sprachenpolitik, als auf gewisse Kontinuitäten und Pfadabhängigkeiten aufmerksam gemacht werden: Sowohl das liberale Italien als auch der Faschismus waren 1

Einen immer noch ausgezeichneten Literaturüberblick bietet Foresti, Fabio: „Le varietà linguistiche e il ‚language planning‘ durante il fascismo: un bilancio degli studi (1977–2001)“, in: ders. (Hg.): Credere, obbedire, combattere. Il regime linguistico nel Ventennio, Bologna 2003, S. 11–26; ebenfalls ausgesprochen informativ Klein, Gabriella: La politica liguistica del Fascismo, Bologna 1986. Daneben: Rundle, Christopher/Sturge, Kate: „Translation and the History of Fascism“, in: dies. (Hg.): Translation under Fascism, Basingstoke/New York 2010, S. 3–12. Unergiebig hingegen Risse, Stephanie: „Sprache im Faschismus und Sprechen über den Faschismus in Deutschland und Italien“, in: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 33 (2007), S. 190–205; knapp auf die faschistische Zeit eingehend Schweigkofler, Anny: „South Tyrol: Rethinking Ethnolinguistic Vitality“, in: Wolff, Stefan (Hg.): German Minorities in Europe. Ethnic Identity and Cultural Belonging, New York/Oxford 2000, S. 63–72, hier S. 65 f. Ebenfalls nur knapp auf die faschistische Sprachenpolitik eingehend Eichinger, Ludwig M.: „Südtirol“, in: Hinderling, Robert/ders. (Hg.): Handbuch der mitteleuropäischen Sprachminderheiten, Tübingen 1996, S. 199–262, bes. S. 208 f.

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unter bestimmten Aspekten Modernisierungsprojekte, was sich in der Sprachenpolitik besonders anschaulich zeigen lässt. Die Alpenregion von Tirol und Trentino, die seit der karolingischen Zeit zum Deutschen Reich gehört hatte, war im 19. Jahrhundert infolge der Propagierung der Idee des ethnisch homogenen Nationalstaats zu einem Zankapfel geworden.2 Die föderative Struktur des Reiches hatte das „friedliche Zusammenleben mehrerer Nationalitäten“ begünstigt und eine im Vergleich mit den Nationalstaaten Westeuropas „ältere und pluralistischere politische Ordnung“ bis ans Ende des 18. Jahrhunderts, in Österreich sogar bis zum Ersten Weltkrieg, konserviert.3 Nationale Abgrenzungsfragen waren in dieser Kulturwelt nur zweitrangig gewesen, und selbst geographische Gegebenheiten hatten kaum eine Rolle gespielt. Das dynastische Territorium der Grafschaft Tirol umfasste auch italienischsprachige Gebiete wie das nach Süden orientierte Trentino, das spätestens seit der Renaissance eine kulturelle Eigenentwicklung erlebt hatte. In der sowohl antiklerikal wie antiföderalen napoleonischen Zeit war Tirol zunächst zu Bayern gekommen und dann 1809 aufgeteilt worden: der südliche Teil mit Trentino, Etschtal sowie dem Eisacktal bis Klausen wurde dabei an den kurzlebigen französischen Vasallenstaat „Königreich Italien“ angegliedert. Dieses ephemere Kunstgebilde hatte ein langes Nachleben. Durch die Propagierung des Nationalbewusstseins entdeckte auch die Trientiner Minderheit ihre „Italianità“,4 während Österreich-Ungarn selbst eine eingehegte Autonomie dieses Landstrichs zu weit ging. Wie in einem System miteinander kommunizierender Röhren verschärfte sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts der italienisch-habsburgische Konflikt. Radikaler Exponent der Hoffnung auf eine „Wiederauferstehung“ Italiens zu alter Größe war Giuseppe Mazzini, der unhaltbare Thesen zur Bevölkerungsstruktur Südtirols aufstellte.5 Der emanzipatorische Nationalismus wurde religiös überhöht und erhielt eine integrale Note6 – Vorstellungen, die in den folgenden Jahrzehnten durch den Irredentismus, den Glauben an „unerlöste Gebiete“, die es zu befreien gelte, popularisiert wurden. In der Frankfurter Nationalversammlung forderte der Trentiner Abgeordnete Carlo Esterle 1848 italienische 2

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Lill, Rudolf: Südtirol in der Zeit des Nationalismus, Konstanz 2002; Steininger, Rolf: Südtirol. Vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart, Innsbruck 2012; Grote, Georg: The South Tyrol Question, 1866–2010. From national rage to regional State, Oxford u. a. 2012; ders.: I bin a Südtiroler. Kollektive Identität zwischen Nation und Region im 20. Jahrhundert, Bozen 2009; Scarano, Federico: Tra Mussolini e Hitler. Le opzioni dei sudtirolesi nella politica estera fascista, Mailand 2012. Lill, Südtirol, S. 15. Vgl. hierzu Boaglio, Gualtioro: Italianità. Eine Begriffsgeschichte, Wien 2008. Vgl. seinen Aufruf „La Pace“ aus dem Jahr 1866: „Nostro – se mai terra italiana fu nostra – è il Trentino (…) E Italiane vi sono le tradizioni, le civili abitudini: italiane le relazione economiche; italiane le linee naturali del sistema di comunicazione; e italiana è la lingua: su 500.000 abitanti soli 100.000 sono di stirpe teutonica, non compatti e facile a italianizzarsi.“ Mazzini, Giuseppe: „La Pace“, in: ders.: Scritti politici, hg. von Terenzio Grandi/Augusto Comba, Turin 1972, S. 976– 983. Alter, Peter: Nationalismus, Frankfurt/Main 1985.

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Verwaltungen und ein Parlament.7 Diese territorialen Ansprüche wurden in manchen italienischen Gazetten bis zum Ruf nach der Brennergrenze erweitert. Ähnlich wie Preußen bündelte und dynamisierte Piemont, nicht zu unrecht das „Preußen Italiens“ genannt, die nationalistischen Kräfte der Halbinsel, was unweigerlich auch den Blick auf die Grenzregionen im Alpenraum lenkte. Die Niederlage des Habsburgerreiches im deutsch-deutschen Krieg 1866 verschaffte der italienischsprachigen Minderheit des Trentino begrenzte Rechte. Im Zusammenhang mit dem sog. Ausgleich mit Ungarn bestimmte der Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes: „Jeder Volksstamm hat das unverletzliche Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache.“ Im Trentino wurde Italienisch Amts-, Schul- und Gerichtssprache für diejenigen Fälle, die Italiener betrafen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte in Südtirol eine zaghafte Industrialisierung ein, was den Zuzug italienischer Arbeiter aus den benachbarten ärmeren südlichen Provinzen zur Folge hatte. Das ethnische Gesamtverhältnis veränderte sich dennoch nur unwesentlich. Nach der Volkszählung des Jahres 1910 waren im heutigen Südtirol rund 221.000 Einwohner deutschsprachig, 9.000 sprachen ladinisch und 7.000 italienisch.8 Während Bevölkerungsschichten, die bislang nicht an der Politik partizipiert hatten, an Bedeutung gewannen, dynamisierte sich der Irredentismus des fin de siècle mit seiner signifikant aggressiven Note und einem zunehmend ethnisch verstandenen Nationalismus.9 Eine kaum zu unterschätzende Bedeutung gewann der Geograph und Philologe Ettore Tolomei, ein unerbittlicher Kämpfer für die italienische Sache.10 In seinen Schriften setzte er sich für die „Naturgrenztheorie“ ein, was den Brenner nahelegte, und vermerkte in Landkarten, Lehrbüchern, Zeitschriften und sogar den Südtiroler Bahnfahrplänen italienische Ortsnamen. Schon vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges gelang es ihm, das Gebiet zwischen Salurner Klause und Brenner mit einem „Anschein von Italianität zu versehen, der von einem Großteil der über die lokalen Verhältnisse unkundigen Leserschaft als allgemein verbindlicher Rechtsanspruch aufgefasst wurde.“11 Für die deutsche BevölBlanco, Luigi: „Esterle, Carlo“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, 43 (1993). Zahlen nach Lill, Südtirol, S. 21 f. Mann, Michael: The Dark Side of Democracy. Explaining Ethnic Cleansing, Cambridge 2004; Ther, Philip: Die dunkle Seite der Nationalstaaten. „Ethnische Säuberungen“ im modernen Europa, Göttingen 2011; Naimark, Norman M.: Flammender Hass. Ethnische Säuberungen im 20. Jahrhundert, München 2004; Esch, Michael E.: „Zur historischen Verortung von ‚ethnischer Säuberung‘ und Völkermord“, in: Beer, Matthias/Beyrau, Dietrich/Rauh, Cornelia (Hg.): Deutschsein als Grenzerfahrung. Minderheitenpolitik in Europa zwischen 1914 und 1950, Essen 2009, S. 15–34. 10 Framke, Gisela: Im Kampf um Südtirol: Ettore Tolomei (1865–1952) und das Archivio per l’Alto Adige, Köln/Tübingen 1987; dies., „Ettore Tolomei – ‚Totengräber Südtirols‘ oder ‚patriotischer Märtyrer‘ “, in: Eisterer, Klaus/Steininger, Rolf (Hg.): Die Option. Südtirol zwischen Faschismus und Nationalsozialismus, Innsbruck 1989, S. 71–84; Kramer, Johannes: Italienische Ortsnamen in Südtirol. Geschichte – Sprache – Namenpolitik, Stuttgart 2012, bes. S. 152–157. 11 Steininger, „1918/19. Die Teilung Tirols“, in: Grote, Georg/Obermair, Hannes (Hg.): A Land on the Threshold: South Tyrolean Transformations 1915–2015, Oxford u. a. 2017, S. 3–25, hier S. 9. 7 8 9

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kerung war die Assimilierung vorgesehen, aber in Zeitungsbeiträgen war auch die Idee einer Aussiedlung bereits präfiguriert. Hätten vor 1914 Möglichkeiten einer Entschärfung des Konfliktes bestanden? Dafür spricht nicht viel. Keine der Großmächte hoffte mehr auf den Kollaps Habsburgs als Italien.12 Ob es die italienischen Futuristen mit ihrer antibürgerlichen Kriegsverherrlichung waren oder die Nationalisten mit ihren zunehmend maßlosen Forderungen: das Vielvölkerreich Österreich erschien vielen inzwischen als überlebte Konstruktion. Diejenigen, die sich in der Tradition des „Völkerfrühlings“ stehend sahen, verachteten das Habsburgerreich als „Völkerkerker“ und sahen nicht, wie einseitig diese Perspektive war.13 Wohl die meisten Südtiroler lehnten eine Autonomie des Trentino vehement ab. Auch die Regierung in Wien sah in einer solchen Lösung „nicht ein Mittel zur Verhinderung der Sezession, sondern deren unbedingt abzuwehrende Vorstufe“.14 Der Erste Weltkrieg, die „Urkatastrophe der Radikalisierung“ und der Ausbreitung ethnischer Vorstellungen, bedeutete einen „Dammbruch“ und revolutionierte die geographische und geistige Landkarte.15 Die grassierende Übersteigerung des Gedankens der Ethnizität kannte keine Grenzen mehr. Die Kriegsdiplomatie und das unwürdige Geschacher der Jahre 1914/1516 führten dazu, dass Italien von seinen Verbündeten Frankreich und Großbritannien territoriale Maximalziele zugestanden bekam, u. a. Istrien und den größten Teil Dalmatiens, daneben die Hoheit über Albanien und Grenzkorrekturen im italienischen Kolonialgebiet. Die Zusicherung der Brennergrenze wiederum war ein ähnlich unseliges und kurzsichtiges Versprechen wie dasjenige, das die Briten und Franzosen mit dem Sykes-Picot-Abkommen und der BalfourDeclaration für den Nahen Osten abgaben. Der amerikanische Präsidenten Woodrow Wilson versagte hinsichtlich seiner hehren Versprechen auf die Achtung des Selbstbestimmungsrechts der Völker auf ganzer Linie.17 In seinen „Vierzehn Punkten“ aus dem Frühjahr 1918 schlug 12 13

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Bosworth, R. J. B.: „Italy and the End of the Ottoman Empire“, in: Kent, Marian (Hg.): The Great Powers and the End of the Ottoman Empire, London 1984, S. 52–75, hier S. 52. Rauchensteiner, Manfred: Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie 1914– 1918, Köln/Weimar/Wien 2013; Christopher Clark: Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, München 2013; zu den Debatten um Multinationalität und Multikonfessionalität Judson, Pieter M.: The Habsburg Empire. A New History, Cambridge/London 2016; Deak, John: Forging a Multi-National State. State Making in Imperial Austria from the Enlightenment to the First World War, Stanford 2015. Lill, Südtirol, S. 27. Schwartz, Michael: Ethnische „Säuberungen“ in der Moderne. Globale Wechselwirkungen nationalistischer und rassistischer Gewaltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert, München 2013, S. 26. Vgl. auch Frank, Matthew: Making Minorities History. Population Transfer in Twentieth-Century Europe, Oxford/New York 2017. Ostermann, Patrick: Duell der Diplomaten. Die Propaganda der Mittelmächte und ihrer Gegner in Italien während des Ersten Weltkrieges, Weimar 2000. Zur fatalen Wilson-Politik Striner, Richard: Woodrow Wilson and World War I: A Burden to Great to Bear, Lanham 2014; Pines, Burton Y.: America’s Graetest Blunder: The Fateful Decision to Enter World War One, New York 2013; Powell, Jim: Wilson’s War. How Woodrow Wilson’s Great Blunder

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er „a readjustment of the frontiers of Italy“ vor. Diese sollte „along clearly recognizable lines of nationality“ erfolgen – eine für die Selbstbestimmung Südtirols beruhigende Klausel, wenn es nach der erwähnten letzten Volkszählung von 1910 gegangen wäre. Das Kriegsende veränderte die jahrhundertealten Strukturen grundlegend. Für die durch den Barbarismus des Weltkriegs zutiefst verstörte Staatenwelt war es wohl illusorisch, eine internationale Friedensordnung mit Staaten begründen zu wollen, die selbst zutiefst instabil waren.18 Wilson zeigte zunächst kein Verständnis für italienische Forderungen, die seinem Verständnis des Selbstbestimmungsrechts der Völker widersprachen. Auch die politische Klasse Italiens agierte noch unentschieden und ambivalent.19 Tolomei versuchte zwar, mit einem von ihm im Oktober 1918 in Rom geschaffenen „Kommissariat für die Sprache und Kultur des Oberetsch“ vollendete Tatsachen zu schaffen, aber er hatte zunächst noch mächtige Gegner, die seinen Tendenzen entgegenarbeiteten. Zu ihnen zählte der gemäßigte Minister Leonida Bissolati und der Militärgouverneur General Graf Guglielmo Pecori Giraldi. Am 18. November 1918 verkündete dieser in einer zweisprachigen Proklamation den Südtirolern: „Der italienische Staat […] bekundet hiermit seinen Willen, dass […] das feste Bewusstsein des unabänderlichen Zusammengehörens der erlösten Gebiete mit dem Vaterlande bestehe; gleichzeitig wird er die in denselben wohnenden Staatsangehörigen fremder Zunge mit Gerechtigkeit und Liebe behandeln.“ Italien, so führte der Aufruf fort, sei gewillt, „mit voller Gedanken- und Wortfreiheit den Staatsangehörigen anderer Sprache die Erhaltung eigener Schulen, eigener Anstalten und Vereine zu gestatten.“20 Der einflussreiche Senator Tommaso Tittoni versicherte am 27. September 1919, dass Italien der Gedanke der Entnationalisierung der Minderheiten fernliege.21 Pietro Badoglio bemühte sich als stellvertretender Generalstabschef ebenfalls, um Italien bei den Großmächten nicht in Misskredit zu bringen. In einem Schreiben an die Gouverneure und Armeekommandeure vom 29. November 1918 hieß es, dass in der Verwaltung, besonders im Justizwesen und im Schulsektor, „organisatorische Led to Hitler, Lenin, Stalin, and World War II, New York 2005. Ein aktueller Literaturüberblick bei Berg, Manfred: „‚Ironie des Schicksals‘: Woodrow Wilson und der amerikanische Eintritt in den Ersten Weltkrieg“, in: Schmied, Jürgen Peter (Hg.): Kriegerische Tauben. Liberale und linksliberale Interventionisten vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart, Göttingen 2019, S. 103–120. 18 Leonhard, Jörn: Der überforderte Frieden. Versailles und die Welt 1918–1923, München 2018; Möller, Horst: Europa zwischen den Weltkriegen, München 1998, S. 18. Vgl. Gerwarth, Robert: Die größte aller Revolutionen. November 1918 und der Aufbruch in eine neue Zeit, München 2018; Conze, Eckart: Die große Illusion. Versailles 1919 und die Neuordnung der Welt, München 2018; Schwabe, Klaus: Versailles. Das Wagnis eines demokratischen Friedens 1919–1923, Paderborn 2019; Kraus, Hans-Kristof: Versailles und die Folgen. Die Außenpolitik zwischen Revisionismus und Verständigung 1919–1933, Berlin 2013. 19 Di Michele, Andrea: Die unvollkommene Italianisierung. Politik und Verwaltung in Südtirol 1918– 1943, Innsbruck 2008, bes. S. 13–143. 20 Faksimile in: Di Michele, Die unvollkommene Italianisierung, S. 49. Vgl. Lill, Südtirol, S. 53. 21 Reut-Nicolussi, Eduard: Tirol unterm Beil, München 1928, S. 38.

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Änderungen“ zu vermeiden seien.22 Auch Ortsnamen und Fahrpläne blieben vorerst noch deutsch. Aber die Gewichte begannen sich unweigerlich zu verschieben. Bissolati, der sich statt des Brenners für Salurn als Grenze einsetzte, trat im Dezember 1918 zurück und wurde niedergebrüllt, als er sein Konzept im Januar 1919 in der Mailänder Oper vorstellen wollte.23 Wilson, der im Zuge seiner Europareise im Januar 1919 in Italien fast wie ein Messias gefeiert wurde,24 glaubte in sträflicher Verachtung der Verhältnisse, es könne ihm gelingen, die italienische Öffentlichkeit von seinen Visionen einer europäischen Nachkriegsordnung zu überzeugen. Den italienischen Nationalisten hatte er allerdings wenig entgegenzusetzen. Die führenden italienischen Politiker wie Ministerpräsident Vittorio Emanuele Orlando und Außenminister Sidney Sonnino mochten zwar uneinig darüber sein, auf welche territorialen Forderungen im Pariser Verhandlungspoker gegebenenfalls verzichtet werden sollte, interessierten sich aber nicht für Wilsons „Vierzehn Punkte“ und dessen Idee einer „League of Nations“. Ihre zur Konferenz in Saint Germain entsandten italienischen Unterhändler agierten ausgesprochen geschickt. Tolomei wurde sogar der Verhandlungsdelegation attachiert. Er legte den in der europäischen Geographie gänzlich unerfahrenen Amerikanern die ominösen Landkarten vor, die Cesare Battisti in seinem Werk „Il Trentino“ 1915, der Kartograph Achille Dardano sowie er selbst in seiner Zeitschrift „Archivio per l’Alto Adige“ seit geraumer Zeit publiziert hatten und auf denen die deutschen Orts- und Bergnamen sorgsam durch italienische Bezeichnungen ersetzt waren.25 Diese Übersetzungen waren zum Teil oberflächlich und etymologisch zweifelhaft. Der Brennerpass, der bislang in der Wahrnehmung der Reisenden nicht als Grenze wahrgenommen worden war, figurierte in der aufgeputschten italienischen Presse inzwischen als „sacro confine della patria“ und war durch die nationalistische Propaganda von einer „Kulturgrenze zum Kriegsziel“ mutiert.26 Die italienische Regierung stand unter dem massiven Druck einer aufgeheizten Presse und glaubte selbst an die Berechtigung ihrer im Krieg aufgestellten Forderungen. Angesichts einer Zahl von fast 700.000 Toten erhob man Anspruch 22 23 24

Zitiert nach Di Michele, Die unvollkommene Italianisierung, S. 17. Leonhard, Der überforderte Frieden, S. 405. Vgl. die eindrucksvolle Schilderung bei Knock, Thomas J.: To End All Wars. Woodrow Wilson and the Quest for a New World Order, Princeton 1992, S. 195–198. Vgl. auch Caccamo, Francesco: L’Italia e la „Nuova Europa“. Il confronto sull’Europa orientale alla Conferenza di pace di Parigi (1919–1920), Mailand 2000. 25 Framke, Im Kampf um Südtirol. Zur spezifischen Sprachpolitik durch geographische Karten Südtirols vgl. Proto, Matteo: „Geografie e cartografie di guerra: ‚Il Trentino. Cenni geografici, storici, economici. Con un’appendice sull’Alto Adige die Cesare Battisti‘ (1915)“, in: Storicamente.org. Laboratorio di Storia 11 (2015), S. 1–19. 26 Vgl. Gehler, Michael: „Der Brenner: Vom Ort negativer Erfahrung zum historischen Gedächtnisort oder zur Entstehung und Überwindung einer Grenze in der Mitte Europas (1918–1998)“, in: Ders./Pudlat, Andreas (Hg.): Grenzen in Europa, Hildesheim/Zürich/New York 2009, S. 145– 182, hier S. 151.

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Eine italienische Propaganda-Karte aus dem Jahr 1915 mit fragwürdigen ethnografischen Angaben auf territoriale Kompensationen. Diese völlig überzogenen Erwartungen auf Gebietserwerb reichten bis an die Küste Anatoliens. Das böse Wort von der „vittoria mutilata“, dem „verstümmelten Sieg“, machte die Runde.27 Italien war im Verhandlungspoker bereit, auf manche Gebietsansprüche zu verzichten, nicht aber auf Südtirol. Der hilflose Wilson war den römischen Pressionen nicht gewachsen.28 Einer der Delegierten aus Wien soll ganz verzweifelt ausgerufen haben, mit 27 28

Ghisalberti, Carlo: „Il mito della vittoria mutilata“, in: Scottà, Antonio (Hg.): La Conferenza di pace di Parigi fra ieri e domani (1919–1920): Atti del Convegno Internazionale di Studi Portogruaro-Bibione 31 maggio – 4 giugno 2000, Soverio Mannelli 2003, S. 125–139. Trotz aller demonstrativen Freundlichkeit herrschte hinter den Kulissen Animosität. Wilson hielt Orlando für einen „damned reactionary“, und jener wiederum unterdrückte nur mit Mühe seinen Unmut über die ständigen Einmischungen des Präsidenten in Angelegenheiten, die seiner Meinung nach nur Italien etwas angingen. Knock, To End All Wars, S. 197.

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Wilsons Methoden könne man vielleicht Bisonherden in Idaho voneinander trennen, nicht jedoch Bevölkerungen auf dem seit Jahrhunderten durchmischten europäischen Kontinent. Obwohl ein „Black Book“ vom 21. Januar 1919 die Grenze deutlich südlich der Brennergrenze markierte, beugte sich Wilson schließlich den italienischen Wünschen: „I cannot consent to Fiume to go to Italy, but you can count on me for the Brenner line.“ Damit opferte Wilson die Wünsche der Südtiroler seinen Völkerbundinteressen.29 Ende April 1919 hatten die Italiener bereits die Gewissheit, dass sie Südtirol als Kriegsbeute erhalten würden. Orlando konnte nun auch in der Sprachpolitik deutlicher werden. Die zu diesem Zeitpunkt herausgegebenen Richtlinien zum „Germanismo cisalpino“ sahen u. a. die sofortige Errichtung italienischer Schulen und die Einführung der italienischen Nomenklatur vor.30 Die Südtiroler versuchten zunächst die Entwicklungen zu ignorieren, was realitätsblind und verständlich zugleich war. Das „Traumland der Waffenstillstandsperiode“31, wie Ernst Troeltsch diese unwirkliche Zeit einmal genannt hat, endete für Südtirol daher mit einem bösen Erwachen. Die Siegermächte in dem durch eklatante Schwächen und Ungerechtigkeiten charakterisierten Vertrag von Saint Germain32 gaben Südtirol preis. Der erste Teil der Friedensbedingungen wurde der österreichischen Delegation am 2. Juni 1919 präsentiert, die endgültigen Friedensbedingungen am 6. September 1919. Von den Versprechungen – Volksabstimmungen, Minderheitenschutz oder gar Autonomie – war keine Rede mehr. Neben dem Trentino wurde das überwiegend deutschsprachige Gebiet südlich des Alpenhauptkammes bis zur Klause von Salurn dem italienischen Staat zugeschlagen, gegen den einmütigen Willen der Südtiroler, die sich nach wie vor als ein in deutscher Staatlichkeit und Kultur verwurzelter Stamm betrachteten. Am 10. Oktober 1920 fiel Südtirol offiziell an Italien. Die neue Republik Öster-

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Burgwyn, H. James: The Legend of the Mutilated Victory. Italy, the Great War, and the Paris Peace Conference, 1915–1919, Westport (CT)/London 1993, S. 247. Vgl. Seymour, Charles: „Woodrow Wilson and Self-Determination in the Tyrol“, in: Virginia Quarterly Review (Autumn 1962), S. 567–587, bes. S. 582–585; Kernek, Sterling J.: „Woodrow Wilson and National Self-Determination Along Italy’s Frontier: A Study of the Manipulation of Principles in the Pursuit of Political Interests“, in: Proceedings of the American Philosophical Society 126 (1982), S. 243–300. 30 Vgl. Gatterer, Claus: Kampf gegen Rom. Bürger, Minderheiten, und Autonomien in Italien, Wien/ Frankfurt/Main / Zürich 1968, S. 295. 31 Troeltsch, Ernst: Spektator-Briefe. Aufsätze über die deutsche Revolution und die deutsche Weltpolitik 1918/22, Tübingen 1924, S. 69. 32 Suppan, Arnold: The Imperialist Peace Order in Central Europe. Saint Germain and Trianon 1919– 1920, Wien 2019; Überegger, Oswald: Im Schatten des Krieges. Geschichte Tirols 1918–1920, Paderborn 2019, bes. S. 104–136 und die Karte zu Grenzverlaufsvorschlägen und Sprachgrenzen auf S. 106; Schober, Richard: Die Tiroler Frage auf der Friedenskonferenz von Saint Germain, Innsbruck 1982; ders.: „Saint Germain und die Teilung Tirols“, in: Eisterer/Steininger (Hg.), Die Option, S. 33–50; Carlo Moos, Südtirol im St. Germain-Kontext, in: Grote/Obermair (Hg.), A Land on the Threshold, S. 27–39, bes. S. 38.

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reich, die „zur Selbständigkeit gezwungen werden musste“,33 war zu schwach, um für die Interessen der Südtiroler einzustehen. Einer der Südtiroler Abgeordneten, Eduard Reut-Nicolussi,34 prophezeite: „Es wird jetzt in Südtirol ein Verzweiflungskampf beginnen, um jeden Bauernhof, um jedes Stadthaus, um jeden Weingarten. Es wird ein Kampf sein mit allen Waffen des Geistes und mit allen Mitteln der Politik.“35 Gleiches galt für die Ladiner, die sich als Tiroler empfanden und sich ebenso gegen die Zuweisung an Italien wehrten, wo man ihre Sprache als „Dialekt des Italienischen“ abqualifizierte.36 Die abgetrennten Gebiete mit etwa 200.000 Deutschsprachigen und Ladinern wurden in dem mehrheitlich italienischsprachigen Governatorato della Venezia Tridentina, ab 1921 der Provincia di Venezia Tridentina, zusammengefasst. Die Benennung war bereits eine sprachpolitische Finesse, denn zu Venedig hatte diese Region nie gehört, was bei der deutschsprachigen Bevölkerung zu entsprechender Empörung führte. Zwar sicherte der italienische König zu, die Selbstverwaltung der lokalen Institutionen „sorgfältig“ zu wahren, aber dies stand nur auf dem Papier. Die bisherigen Zusagen waren schnell wieder vergessen. Schulen und Vereine als traditionelle Bewahrer und Garanten sprachlicher Identität gerieten 1919/20 noch stärker als zuvor ins Visier Roms. Generalkommissar Luigi Credaro ordnete am 22. Juli 1920 die Zweisprachigkeit der öffentlichen Einrichtungen an. In den deutschen Sprachinseln südlich von Salurn wurde Deutsch als Unterrichtsprache verboten, die österreichischen Alpenvereinshütten von der italienischen Regierung sequestriert und der Tourismus in der neuen Grenzregion eingeschränkt.37 Mit der „Lex Corbino“ aus dem August 1921 wurde das Recht der Schulwahl den Eltern entzogen und in staatliche Kommissionen verlagert. Hier verschränkten sich zwei Tendenzen: Zur nationalistisch-patriotischen Dynamik gesellten sich die Modernisierungsbestrebungen, die in der sprachlichen Einheit Italiens eine Grundvoraussetzung sahen, um machtpolitisch zu den europäischen Großmächten aufzuschließen. 33

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Pelinka, Anton: „Österreich: Fremdbestimmung und Selbstzerstörung“, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 66 (2018), S. 309–316, hier S. 309; vgl. ders.: Die gescheiterte Republik. Kultur und Politik in Österreich 1918–1938, Wien 2017. Das politisch und wirtschaftlich schwache Österreich fiel als Fürsprecher der Südtiroler aus. Vgl. Steiner, Zara: The Lights that Failed. European International History 1919–1933, Oxford 2005, S. 506 f. Vgl. Gehler, Michael: Eduard Reut-Nicolussi und die Südtirolfrage 1918–1958. Streiter für die Einheit Tirols, Teil 1: Biographie und Darstellung, Innsbruck 2006; Teil 2: Dokumentenedition, vorwiegend aus dem Nachlass, Innsbruck 2007. Reut-Nicolussi, Tirol unterm Beil, S. 27. Lill, Südtirol, S. 11 f. Die traumatischen Vorgänge der gewaltsamen Abtrennung haben sich tief in das kollektive Gedächtnis der Südtiroler eingegraben und wirken bis heute nach. Vgl. Mitterhofer, Johanna: „Border Stories: Negotiating Life on the Austrian-Italian Border“, in: Grote/ Obermair, A Land on the Threshold, S. 259–274. Di Michele, Die unvollkommene Italianisierung, S. 58–65; Judson, Pieter M.: Guardians of the Nation. Activists on the Language Frontiers of Imperial Austria, Cambridge 2006, S. 244 f.; Steininger, 1918/19. Die Teilung Tirols, S. 23 f.

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Dass Nationalsprachen „fast immer etwas von einem Kunstprodukt“ haben, gelegentlich sogar „so gut wie erfunden“ sind38 und im Zusammenhang der Entstehung des Nationalismus insofern oftmals mehr eine Forderung als die Realität darstellten, muss an dieser Stelle nicht ausführlich erläutert werden. Trotzdem waren die „imagined communities“39 der nationalstaatlichen Zeit ausgesprochen wirkungsmächtig, zumal auch die Sprache für ihre Zwecke vereinnahmt wurde. Zum Zeitpunkt der Einigung 1860/61 hatte auf der italienischen Halbinsel nur eine kleine Minderheit „italienisch“ gesprochen, eine Sprache, die weitaus weniger standardisiert war als andere europäische Sprachen. Dem Wunsch nach einer Vereinheitlichung der italienischen Sprache und den Versuchen, nach der Staatsgründung das Florentinische als Hochsprache zu etablieren, standen aber auch ganz andere innovativ-progressive Ansätze gegenüber. Der Vorschlag, über die Dialekte die Sprachkompetenz z. B. von Schülern zu erhöhen, hatte sich allerdings nicht durchsetzen können.40 Im Rahmen einer von der Hauptstadt Rom ausgehenden Zentralisierung war daher auch das Schulwesen Ziel der Kampagne für eine gemeinsame Sprache geworden. Dies galt auch deswegen als notwendig, als für die Armee die Verständigung in einer verbindlichen gemeinsamen Befehls- und Kommandosprache unabdingbar war.41 Die erheblichen Defizite waren im Ersten Weltkrieg klar zutage getreten; noch 1921 betrug die Zahl derjenigen, die nicht lesen und schreiben konnten, in Kalabrien und der Basilicata 53,4 bzw. 52,3 Prozent, während in den Regionen der ehemaligen Habsburgermonarchie die Analphabetenquote lediglich 2,5 Prozent betrug.42 Es bleibt festzuhalten: Sprachpolitisch suchten die italienischen liberalen Regierungen 1918 die Assimilierung der deutschsprachigen Südtiroler durch sanftem Druck zu erreichen,43 während die 1922 an die Macht gekommenen Faschisten auf das verzichteten, was man heute wohl als „soft power“ bezeichnen würde. Der Volkstribun Benito Mussolini44 und seine Weggefährten setzten rigoros auf Gewalt – insofern bedeutete der „Marsch auf Rom“ trotz aller sprachpolitischen Kontinuitäten einen Bruch zwischen liberalem und faschistischem Staat.

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Hobsbawm, Eric J.: Nationen und Nationalismus. Mythos und Realität seit 1780, Frankfurt/Main / New York 20053, S. 67 f. Vgl. Gellner, Ernest: Nationalismus und Moderne, Berlin 1991, bes. S. 8. Für den italienischen Zusammenhang Gentile, Emilio: La Grande Italia. Il mito della nazione nel XX secolo, Bari 2011. Anderson, Benedict: Imagined Communities: Reflections on the Origin and Spread of Nationalism, London 1991. Tosi, Arturo: The Language Situation in Italy, in: Current Issues in Language Planning 5 (2004), S. 247–335, hier S. 288 und 300 f. Di Michele, Die unvollkommene Italianisierung, S. 93–103; Tosi, The Language Situation in Italy, S. 277 f. Vgl. die Zahlen bei Klein, La politica lingustica, S. 34. Ara, Angelo: „Scoula e minoranze nazionali in Italia, 1861–1940“, in: Studi Trentini di Scienze Storiche 69 (1990), S. 457–488, hier S. 471. Woller, Hans: Mussolini. Der erste Faschist. Eine Biographie, 2. korr. Aufl., München 2016.

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Schon vor 1922 verbreiteten die faschistischen Stoßtrupps in den Gemeinden und Städten Südtirols, einem der „Exerzierplätze“45 der Bewegung, Angst und Schrecken. Unterstützung fanden die Faschisten nicht zuletzt bei den italienischen Eisenbahnarbeitern, die inzwischen in großer Zahl an die Stelle der entlassenen Bediensteten der österreichisch-ungarischen Südbahn-Gesellschaft getreten waren. Der „Bozner Blutsonntag“ endete am 24. April 1921 mit einem toten Südtiroler und etwa 50 Verletzten. Die Regierung in Rom und die örtlichen Militärbehörden reagierten erst, als es zu spät war. Mussolini hingegen goss Öl ins Feuer. Er ließ in einem Beitrag im „Popolo d’Italia“ keinen Zweifel, auf welcher Seite er stand: „Wenn die Deutschen dies- und jenseits des Brenners sich nicht fügen, dann werden ihnen die Faschisten den Gehorsam beibringen. Südtirol ist italienisch und zweisprachig, niemand denkt daran, die eingewanderten Deutschen mit Gewalt zu italianisieren. Kein Deutscher darf sich aber auch einbilden, dass Italien nach Salurn und von dort an den Gardasee zurückgeworfen werden könnte. […] In Italien gibt es mehrere hunderttausend Faschisten, die bereit sind, Südtirol eher zu zerstören und zu verwüsten, als die Trikolore, die auf der Vetta d’Italia weht, einziehen zu lassen. Wenn die Deutschen verprügelt und zerstampft werden müssen, um Vernunft anzunehmen, wohlan, wir sind bereit. Viele Italiener sind auf dieses Geschäft trainiert.“46 Am 3. Mai 1921 führte er auf einer Versammlung in Mailand aus: I tedeschi sono abusivamente nell’Alto Adige italiano. Aggiungo che si ci fosse stato un governo meno imbelle e meno deficiente, i 180 mila tedeschi dell’Alto Adige sarebbero ridotti ad una cifra più modesta; e dico anche che noi fascisti faremo il possibile per italianizzare quella regione. Penso anche che il nuovo Governo e la nuova casta politica di domani, attraverso l’economia, attraverso le suole, la politica, le guarnigioni riuscirà a rendere italiano l’Alto Adige.47

Der Faschismus mit seinen linken Wurzeln verstand sich bekanntlich als Modernisierungsprojekt,48 wollte ebenso wie die liberalen Vorgängerregierungen die bereits erwähnte erschreckend hohe Analphabetenrate reduzieren und strebte eine „Italianisierung“ des multilingualen Landes an. Die Sprache diente im Faschismus als Experimentierfeld, um nicht-italienische Regionen zu assimilieren. Konsequenterweise verschärften sich der Ton und die kompromisslose Aggressivität, mit der sich das Regime gegen eine angebliche „corruzione“ der Sprache 45 46 47 48

Cattaruzza, Marina: L’Italia e il confine orientale 1866–2006, Bologna 2007, S. 165. Vgl. auch Lechner, Stefan: „Die Eroberung der Fremdstämmigen“. Provinzfaschismus in Südtirol 1921–1926, Innsbruck 2005. Zitiert nach Steininger, Südtirol, S. 17. „Fascismo e Alto Adige“, in: Mussolini, Benito: Opera Omnia, hg. von Eduardo Susmel/Duilio Susmel, Band 16, Rom 1955, S. 292. Ben-Ghiat, Ruth: Fascist Modernities. Italy, 1922–1945, Berkeley 2001; Payne, Stanley G.: Geschichte des Faschismus. Aufstieg und Fall einer europäischen Bewegung, München/Berlin 2001. Vgl. Griffin, Roger: Modernism and Fascism. The Sense of a Beginning under Mussolini and Hitler, Basingstoke 2007; ders., The Nature of Fascism, New York 1991; ders. (Hg.): International Fascism. Theories, Causes, and the New Consensus, London 1998.

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wandte. Die praktische Sprachpolitik des Regimes richtete sich auch gegen die anderen historischen Minderheitensprachen wie Katalanisch in Sardinien, Französisch und Okzitanisch im Piemont und im Aostatal, Albanisch und Griechisch in Süditalien und Sizilien, zudem gegen das Ladinische, Kroatische, Friaulische, Sardinische,49 aber auch gegen Sprachvarianten, lokale und regionale Dialekte sowie die „parole straniere“. Gegen das Slowenische, das in Julisch Venetien und im nördlichen Dalmatien gesprochen wurde, war schon das liberale Italien rigoroser als gegen das Deutsche in Südtirol vorgegangen. Daran änderte sich wenig: Seit 1926 wurden slowenische Ortsnamen in der Provinz Triest italianisiert.50 Als Vehikel dieser Sprachpolitik dienten Wörterbücher51 und das Spezialperiodikum Lingua nostra, aber auch auflagenstarke Zeitschriften wie Critica fascista, Nuova Antologia und Il Marzocco sowie einflussreiche Tages- und Wochenzeitungen wie La Stampa, Il popolo d’Italia, Gazzetta del Popolo und Tempo. Um nur einige Beispiel für die Versuche zu geben, vor allem französische und englische Wörter zu ersetzen: Der Begriff „Garage“ wurde durch „autorimessa“ ersetzt, der „Chauffeur“ durch „autista“, das „beefsteak“ durch „bistecca“.52 Seit 1936 folgte eine Kampagne für mehr kulturell-sprachliche Autarkie und gegen die angebliche Invasion von Übersetzungen ins Italienische.53 1938 wurde dekretiert, dass ausländische Begriffe bei öffentlichen Sportveranstaltungen, im Kino und Theater nicht mehr statthaft waren, seit 1940 galt gleiches auch für Etiketten und Reklametafeln.54 Der Erfolg der Maßnahmen blieb weitgehend auf die Amtssprache und die bürgerlichen Milieus beschränkt. Zwar bediente sich das Regime geschickt der Zeitungen, des Radios und der Filmindustrie, um eine nationale italienische Hochsprache durchzusetzen. In der Volkskultur lebten die Dialekte allerdings weiter. Durch Gesetzesmaßnahmen wie die „Lex Gentile“ wurden bilinguale Schulen, in denen auf Deutsch, Slowenisch und Französisch unterrichtet wurde, schon seit 49 50

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Hierzu Tosi, The Language Situation, S. 263 f. Di Michele, Die unvollkommene Italianisierung, S. 136 f. Vgl. Monzali, Luciano: Italiani di Dalmazia 1914–1924, Florenz 2007; ders., „La Jugoslavia e l’assetto dell’Europa centrale nella politica estera dell’Italia fascista (1922–1939)“, in: Guiotto, Maddalena/Wohnout, Helmut (Hg.): Italien und Österreich im Mitteleuropa der Zwischenkriegszeit, Wien/Köln/Weimar 2018, S. 147–181; Apih, Elio: Italia: fascismo e antifascismo nella Venezia Giulia (1918–1943), Rom/Bari 1966; Tasso, Miro: „Fascismo e cognomi: italianizzazioni coatte nella provincia di Trieste“, in: RIOn 17 (2011), S. 309–335, die Namenslisten ebd., S. 326–335; ders.: „Le mutazioni dei cognomi nella provincia di Trieste durante il fascismo“, in: RIOn 20 (2014), S. 57–66; ders:, Un onomasticidio di Stato, Trieste 2010. Kolb, Susanne: Sprachpolitik unter dem italienischen Faschismus. Der Wortschatz des Faschismus und seine Darstellung in den Wörterbüchern des Ventennio (1922–1943), München 1990. Foresti, Fabio: „Proposte interpretative e di ricerca su lingua e fascismo: La ‚politica linguistica‘ “, in: ders. (Hg.), Credere, obbedire, combattere, S. 35–66, hier S. 57–66. Klein, Gabriella: La politica linguistica del fascimo, Bologna 1986, S. 113–141; Rundle, Christopher: „Translation in Fascist Italy: ‚The Invasion of Translations‘ “, in: ders./Sturge, Translation under Fascism, S. 15–50, bes. S. 23.; ders., Publishing Translations in Fascist Italy, Bern 2010. Foresti, Proposte, S. 60 f.; Raffaelli, Sergio: Le parole proibite. Purismo di stato e regolamentazione della pubblicità in Italia (1812–1945), Bologna 1943; Raffaelli, Alberto: Le parole straniere sostituite dall’Accademia d’Italia (1941–1943), Rom 2010.

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1923 verboten.55 Die unabhängigen deutschsprachigen Zeitschriften unterlagen der Zensur. Seit 1923 war die deutsche Sprache aus dem öffentlichen Leben verbannt und seit Oktober 1925 war Italienisch in allen Zivil- und Strafangelegenheiten alleinige Amtssprache.56 Mussolini stellte in einer kriegerischen Rede vor der Abgeordnetenkammer am 6. Februar 1926 fest, Italien werde die Flagge auf dem Brenner niemals einholen und wenn nötig, die Trikolore noch weiter tragen. Die Deutschen in Südtirol seien „keine nationale Minderheit […], sondern ein ethnisches Relikt […] Wir werden jene Region italienisch machen, weil sie italienisch ist, geographisch gesehen italienisch, historisch gesehen italienisch. Wahrhaftig kann man über die Grenze des Brenner sagen, dass sie eine von der unfehlbaren Hand Gottes gezeichnete Grenze ist.“57 Orts- und Familiennamen wurden durch italienische, oft frei erfundene Namen ersetzt, deutsche Grabinschriften verboten. Auch die Abordnung von Carabinieri und Beamten aus dem Mezzogiorno, den strukturschwachen Regionen der südlichen Halbinsel, war ein Affront. Zwar war der Faschismus eigentlich gegen die interne Migration, denn grundsätzlich sollten unterentwickelte Regionen durch eine Standortpolitik industrialisiert und attraktiver gemacht werden. Für Südtirol galt diese Maxime allerdings nicht. Die Neuankömmlinge gehörten nicht gerade zur Elite der Nation,58 waren mit den kulturellen und mentalen Gegebenheiten der Alpenregion kaum vertraut und waren letztlich Spielsteine Mussolinis. Südtirol mit seiner einträglichen Landwirtschaft wurde auch in anderer Hinsicht zum Schauplatz der für diese Zeit typischen Ausgrenzungsbestrebungen mittels einer gezielten Zuwanderungspolitik. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges migrierten etwa 56.000 Italiener in den Norden, was u. a. dazu führte, dass Bozen mehrheitlich italienischsprachig wurde. Südlich der Stadt wurden weitläufige Gewerbegebiete vor allem der Aluminiumund Stahlindustrie aus dem Boden gestampft, unter anderem ein großes Werk des Autoherstellers Lancia. Im Westen entstand eine italienische Neustadt mit typisch faschistischer Architektur, einem berühmt-berüchtigten „Siegesdenkmal“ und einem großzügigen „Corso della libertà“, der, wie es im Faschismus üblich war, als Aufmarsch- und Paradestraße genutzt werden konnte.59 Weil sich der parlamentarische Weg angesichts faschistischer Frontalangriffe als aussichtslos erwies,60 verlegte sich die deutschsprachige Mehrheit Südtirols auf den alltäglichen Widerstand gegen die faschistischen Integrationsanstrengungen, 55 56 57 58 59

Klein, La politica linguistica, S. 69–83. Foresti, Proposte, bes. S. 48–51. Die Rede ist abgedruckt bei Altgeld, Quellen, S. 109–13, Zitat S. 112. Di Michele, Die unvollkommene Italianisierung, S. 129–134. Vgl. Dunajtschik, Harald/Steinacher, Gerald: „Die Architektur für ein italienisches Südtirol 1922–1943“, in: Geschichte und Region/Storia e regione 17 (2008), S. 101–131; Mattioli, Aram/ Steinacher, Gerald (Hg.): Für den Faschismus bauen. Architektur und Städtebau im Italien Mussolinis, Zürich 2009. 60 Vgl. Heiss, Hans: „Südtiroler in Rom. Der ‚Deutsche Verband‘ im italienischen Parlament 1921– 1929“, in: Conrad, Benjamin/Maner, Hans-Christian/Kusber, Jan (Hg.): Parlamentarier der deutschen Minderheiten im Europa der Zwischenkriegszeit, Berlin 2015, S. 257–279, hier S. 270.

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was sich beispielsweise in der heimlichen Gründung von „Katakomben-Schulen“ zeigte.61 Diese Graswurzel-Opposition war zwar überaus erfolgreich, stand aber ständig in der Gefahr aufgedeckt zu werden. Gegner der faschistischen Volkstumspolitik wurden hart bestraft – unter anderem durch die Internierung in den berüchtigten Straflagern auf den Liparischen Inseln. Dass es trotz aller Schikanen und Eingriffe dennoch nur zu einer „unvollkommene[n] Italianisierung“62 der Region kam, lag weniger am Willen der faschistischen Regierung – 1939 stammten nur noch zwei Prozent der Lehrer in Südtirol aus der Region selbst – als an der fachlichen Inkompetenz der italienischen Lehrer, die in den Norden des Landes geschickt wurden.63 Der Aufstieg des Nationalsozialismus brachte neue Komponenten ins Spiel. Die Weimarer Republik hatte sich als natürliches „Gravitationszentrum“64 für den südosteuropäischen Raum gesehen. Der für Südtirol eingeforderte Minderheitenschutz hatte als „Anknüpfungspunkt für den deutschen Handel“ dienen und die Etablierung des Deutschen als lingua franca für „Mitteleuropa“ fördern sollen.65 Davon war nach 1933 nichts mehr zu spüren. Adolf Hitler setzte auf eine Allianz mit Mussolini, in der Italien allerdings den Juniorpartner spielen sollte. Südtirol sollte hierfür kein Hindernis bilden. In seiner Schrift „Mein Kampf “ war von einer gewaltsamen Wiedergewinnung Südtirols keine Rede. In dieser Hinsicht, so Hitler, seien „die Würfel gefallen“ und für diese Frage die notwendige „flammende Nationalbegeisterung des gesamten deutschen Volkes“ nicht zu erreichen: „Ich glaube im Gegenteil, dass, wenn dieses Blut dereinst eingesetzt würde, es ein Verbrechen wäre, den Einsatz für zweihunderttausend Deutsche zu vollziehen, während nebenan über sieben Millionen unter Fremdherrschaft schmachten und die Lebensader des deutschen Volkes den Tummelplatz afrikanischer Negerhorden durchläuft.“66 Mehrfach erklärte er öffentlich, das Land südlich des Brenners sei Teil des italienischen „Lebensraumes“. Aber Hitler kalkulierte die Enttäuschung über die „vittoria mutilata“ in sein eigenes Konzept ein, das völkisch-rassische Ideen mit dem Anspruch auf „Lebensraum im Osten“ kombinierte.67 Im Zuge 61 62 63 64 65

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Vgl. die anschaulichen Zeitzeugenerinnerungen in: Pfanzelter, Eva: Option und Gedächtnis. Erinnerungsorte der Südtiroler Umsiedlung 1939, Bozen 2014, S. 58–63. Di Michele, Die unvollkommene Italianisierung; daneben Verdorfer, Martha: Zweierlei Faschismus: Alltagserfahrungen in Südtirol 1918–1945, Wien 1990. Di Michele, Die unvollkommene Italianisierung, S. 202–204 und S. 222. Aufzeichnung des Gesandten in Belgrad von Mutius, (Anfang 1928), zitiert nach Torunsky, Vera: Entente der Revisionisten? Mussolini und Stresemann 1922–1929, Köln/Wien 1986, S. 213. Vgl Kos, Franz-Josef: „Der Faktor Österreich in den Beziehungen des Deutschen Reiches zu Italien 1871–1945“, in: Deutschland in Europa. Kontinuität und Bruch. Gedenkschrift für Andreas Hillgruber. Herausgegeben von Jost Dülffer/Bernd Martin/Günter Wollstein, Frankfurt/Main / Berlin 1990, S. 154–174, hier S. 164. Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition, hg. von Christian Hartmann u. a. im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte, Bd. II, Berlin/München 2016, S. 1595–1597. Vgl. Petersen, Jens: Hitler-Mussolini. Die Entstehung der Achse Berlin-Rom 1933–1936. Tübingen 1973, S. 63–65. Vgl. Hildebrand, Klaus: Das vergangene Reich. Deutsche Außenpolitik von Bismarck bis Hitler 1871–1945, München 1995, S. 637 f.

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der „Volkstumspolitik“ opferte Hitler trotz Widerspruchs aus den eigenen Reihen die Südtiroler auf dem Altar der Realpolitik. Der „Duce“, eifersüchtig darauf bedacht, die herausgehobene Stellung des Faschismus als revolutionäre Bewegung zu konservieren,68 ließ sich nach seiner kolonialen Eroberung Äthiopiens,69 die zu einer Entfremdung mit den Westmächten geführt hatte, immer weiter in die Arme Hitlers treiben. Nach dem „Anschluss“ Österreichs im Jahr 1938, der angesichts der offenkundigen Begeisterung des Großteils der österreichischen Bevölkerung einem „Blumenfeldzug“ gleichkam, wuchsen südlich des Brenners die Hoffnungen, der „Führer“ werde auch die Südtiroler „heim ins Reich“ holen.70 Weil sich Rom wohl oder übel mit dem „Anschluss“ abfand, war der ausgesprochen erleichterte Hitler bereit, mit Mussolini, wie er diesem ausrichten ließ, „durch dick und dünn zu gehen“.71 Staatssekretär Ernst von Weizsäcker erfuhr Mitte März 1938 von italienischer Seite, dass für die Deutschen in Südtirol „in irgendeiner Weise Bestimmung getroffen und eine saubere und endgültige Regelung gefunden werden“ müsse.72 Von einer Radikallösung, wie sie wenig später mit der „Option“ vollzogen wurde, war in den Überlegungen des Frühjahrs 1938 zwar noch nicht die Rede. Auch Mussolini scheint eine solche Lösung in Erwägung gezogen zu haben. Hitler sprach beispielsweise in einer Rede in Rom am 7. Mai 1938 erneut von der Unantastbarkeit der bestehenden „Alpengrenze“. In den diplomatischen Direktiven wurde geradezu apodiktisch dekretiert, dass „das Thema ‚Südtirol‘ für uns abgeschlossen ist und jegliches Aufgreifen in irgendeiner Form zu unterbleiben“ habe.73 Damit war klar, dass sich die Südtiroler keine Hoffnung mehr auf eine Bereinigung des Konflikts nach dem Muster des „Anschlusses“ machen konnten: Der Alpenraum durfte für das übergeordnete Ziel Hitlers, der Eroberung von „Lebensraum“ im Osten, kein Hindernis darstellen.

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Schieder, Wolfgang: „Faschismus im politischen Transfer. Giuseppe Renzetti als faschistischer Propagandist und Geheimagent in Berlin 1922–1941“, in: ders.: Faschistische Diktaturen. Studien zu Italien und Deutschland, Göttingen 2008, S. 223–249, hier S. 244. Steinacher, Gerald (Hg.): Zwischen Duce und Negus. Südtirol und der Abessinienkrieg 1935–1941, Bozen 2007. Studt, Christoph: „Nationalsozialistische Außenpolitik bis zum Sommer 1938“, in: Zarusky, Jürgen/Zückert, Martin (Hg.): Das Münchener Abkommen von 1938 in europäischer Perspektive, München 2013, S. 17–29, hier S. 28; Schausberger, Norbert: Der Griff nach Österreich. Der Anschluss, Wien/München 19792. Zitiert nach Michaelis, Herbert/Schraepler, Ernst (Hg.): Ursachen und Folgen. Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart, Band 11: Das Dritte Reich. Innere Gleichschaltung. Der Staat und die Kirchen. Antikominternpakt. Achse Rom-Berlin. Der Weg ins Grossdeutsche Reich, Berlin 1966, S. 655. Aufzeichnung von Weizsäckers, Wien, 14. März 1938, Akten zur deutschen auswärtigen Politik, Serie D (1937–1941), Bd. 1, Baden-Baden 1950, S. 490. Auswärtiges Amt an das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda vom 24. Februar 1939, in: Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik, Serie D (1937–1945), Bd. IV: Die Nachwirkungen von München, Baden-Baden 1951, S. 507.

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Das Münchner Abkommen vom 29./30. September 1938 und die rigorose Lösung der Sudetenfrage hatten nur auf den ersten Blick wenig mit Südtirol zu tun. Damit unterschätzte Mussolini jedoch die Dynamik der „brutalen Freundschaft“74 mit Hitler, der das machtpolitisch hilflose Italien im Schlepptau hinter sich herzog. Die bewährte römische Strategie, als Schiedsrichter Europas aufzutreten und mit dem letztlich entscheidenden Gewicht die Waagschale auf die Italien genehme Seite zu senken,75 hatte ihre Funktionsfähigkeit eingebüßt. Im Vorfeld der Aggression gegen die „Rest-Tschechei“ im März/April 1939 wurde der „Duce“, wie so oft in der ungleichen Beziehungsgeschichte jener Jahre, erst im allerletzten Moment über die deutschen Planungen informiert. Die Besetzung Albaniens durch Italien im folgenden Monat war gleichsam ein Trostpflaster; das NS-Regime akzeptierte den Schritt, weil er keine eigenen territorialen Wünsche berührte und das aggressive Italien weiterhin von den westlichen Demokratien fernhielt. Auch deshalb unterschrieb der „Duce“ am 22. Mai 1939 den nach deutschen Entwürfen formulierten „Stahlpakt“. Die „Stunde der Entscheidung“76 ließ die strategischen Möglichkeiten Italiens auf ein bis dahin kaum bekanntes Maß sinken. Hitler konnte es nur recht sein, dass eine konkrete Abklärung der jeweiligen Ziele unterblieb. Italien konkretisierte Anfang 1939 seine Aussiedlungsüberlegungen – im Grunde die radikalste Form der Sprachpolitik, denn nun wurde nicht mehr nur die Sprache selbst eliminiert, sondern diejenigen zwangsentfernt, die diese Sprache sprachen.77 Südtirol wurde Experimentierfeld für Bevölkerungsverschiebungen. Der Prozess nahm immer stärker den Charakter einer Totallösung an, bei der die beiden Diktatoren ihre Opfer zu Entscheidungen zwangen, die diese nicht treffen wollten. Hitlers Kurs korrespondierte mit der Propaganda der „Heim ins Reich-Bewegung“, die faktisch das Ende vieler außerhalb der Reichsgrenzen lebenden deutschen Minderheiten einleitete und einem organisatorischen Großeinsatz gleichkam. Der Präfekt der Provinz Bozen, Giuseppe Mastromattei, stellte am 12. Mai 1939 in einer Denkschrift fest, es sei notwendig, „dass Deutschland, als Beweis seiner Gefühle loyaler Freundschaft zu Italien uns unterstützt, Südtirol von all den deutschen Elementen zu befreien, die sich in der Illusion einer ‚Rückkehr‘ 74

Deakin, F. W.: Die brutale Freundschaft. Hitler, Mussolini und der Untergang des italienischen Faschismus, Köln/Berlin 1962. Vgl. Scholtyseck, Joachim: „Auf dem Weg zu ‚brutalen Freundschaften‘: Die deutsche Österreich- und Italienpolitik in der Zwischenkriegszeit“, in: Guiotto/ Wohnout (Hg.), Italien und Österreich im Mitteleuropa der Zwischenkriegszeit, S. 201–215. 75 Vgl. hierzu De Felice, Renzo: „Alcune osservazioni sulla politica estera mussoliniana“, in: ders.: L’Italia fra tedeschi e alleati. La politica estera fascista e la seconda guerra mondiale, Bologna 1973, S. 65–74. 76 Petersen, Jens: „Die Stunde der Entscheidung. Das faschistische Italien zwischen Mittelmeerimperium und neutralistischem Niedergang“, in: Altrichter, Helmut/Becker, Josef (Hg.): Kriegsausbruch 1939. Beteiligte, Betroffene, Neutrale, München 1989, S. 131–152. 77 So die Schilderungen bei Toscano, Mario: Storia diplomatica della questione dell’Alto Adige, Bari 1967. Ausgewogener hingegen De Felice, Renzo: Il problema dell’Alto Adige dall’Anschluss alla fine della seconda guerra mondiale, Bologna 1973. Zur Einordnung der Vorgänge Eisterer/Steininger (Hg.), Die Option.

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dieser Provinz in das Reich wiegen und damit die Aktionen des faschistischen Regimes durchkreuzen und die Beziehungen der beiden befreundeten Nationen stören“.78 Die südlich des Brenners aufkeimenden Hoffnungen, der „Führer“ werde ganz Südtirol – und nicht nur seine Bewohner – „heim ins Reich“ holen, mussten daher möglichst schnell und geräuschlos erstickt werden. Das deutsch-italienische Auswanderungsszenario für Südtirol darf daher ebenso als Beleg für die Komplizenschaft Hitlers und Mussolinis gelten wie als Anzeichen der zunehmenden Akzeptanz einer „ethnischen Flurbereinigung“, die das Signum jener Jahre war. Das Verfahren war keineswegs so voraussetzungslos, wie es rückblickend erscheinen mag. In Stalins Sowjetunion waren Massendeportationen unter Gewaltanwendung bereits zum erschreckend effektiven ethnopolitischen Instrument geworden.79 Bevölkerungstransfers galten zeitgenössisch als praktikable Lösung, zumindest aber als ultima ratio zur Beendigung von Minderheitenproblemen.80 Der Publizist Siegfried Lichtenstaedter, der dies bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Möglichkeit betrachtet hatte, um zukünftig ethnische Gewaltorgien zu verhindern, sah sich durch die griechisch-türkische Umsiedlungspraxis und die 1923 geschlossene Konvention von Lausanne ermutigt, auch für Südtirol eine solche Radikallösung zu entwickeln. Die deutschen Südtiroler sollten diesem merkwürdig anmutenden Plan zufolge in das schweizerische Tessin zwangsausgesiedelt werden. Die dortigen etwa 360.000 italienischsprachigen Schweizer wiederum sollten nach Südtirol verpflanzt werden: Dies erschien Lichtenstaedter zwar als eine „Rechtsverletzung“, die aber bei ordnungsgemäßer Durchführung rücksichtsvoll und „human“ erfolgen könne.81 Selbst italienische Diplomaten ließen 1925 wissen, man würde für eine „Aussiedlung der 250.000 Deutschen“ aus Südtirol „materielle Opfer“ nicht scheuen.82 Das von Hitler und Mussolini praktizierte Vorhaben hatte also Vorläufer. Es ließ sich zudem, aus Sicht der nationalsozialistischen Volkstumsplaner gesehen, einfacher durchsetzen als die zur gleichen Zeit kursierenden und mit zahlreichen Unwägbarkeiten behafteten Pläne, die europäischen Juden nach Madagas78

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Zitiert in De Felice, Renzo: „Die Südtirolfrage in den italienisch-deutschen Beziehungen vom Anschluss bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges (1938–1945)“, in: Wandruszka, Adam/Jedlicka, Ludwig (Hg.): Innsbruck-Venedig. Österreichisch-italienisches Historikertreffen 1971 und 1972, Wien 1975, S. 313–419, hier S. 401–405 (Anhang, Dokument Nr. 1). Vgl. Snyder, Timothy: Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin, München 20114; Jörg Baberowski: Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt, München 20123. Vgl. umfassend Schwartz, Ethnische „Säuberungen“, S. 396–424. Lichtenstaedter, Siegfried: Süd-Tirol und Tessin. Zwei national-internationale Fragen mit einer gemeinsamen Lösung, Dresden 1927, S. 15–29. Vgl. Siegfried Lichtenstaedter (1865–1942). Prophet der Vernichtung. Über Volksgeist und Judenhaß. Herausgegeben von Götz Aly, Frankfurt/Main 2019, bes. S. 37–39. Zur Einordnung: Schwartz, Ethnische „Säuberungen“, S. 412 f. Zitiert nach Lill, Rudolf (Hg.): Die Option der Südtiroler, Bozen 1991, S. 215. Zu den griechisch-türkischen Umsiedlungen Milton, Giles: Paradise Lost. Smyrna 1922: The Destruction of Islam’s City of Tolerance, London 2008; Houspian Dobkin, Marjorie: Smyrna 1922, London 1972; McCarthy, Justin: Death and Exile. The Ethnic Cleansing of Ottoman Muslims 1821–1922, Princeton 1995; zusammenfassend Naimark, Flammender Hass, S. 65–70.

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kar „umzusiedeln“.83 Eine hochrangig besetzte deutsch-italienische Kommission entschied in einer nur zweistündigen Sitzung in Berlin am 23. Juni 1939 über das zukünftige Schicksal der Südtiroler.84 Diese wurden – der Termin für die Entscheidung war zunächst für Mitte Juni 1940 vorgesehen und wurde schließlich auf den 31. Dezember 1939 vorverlegt – vor eine Alternative gestellt: entweder sie blieben in einem italianisierten Südtirol, in dem der Gebrauch der deutschen Muttersprache im öffentlichen Leben nicht mehr geduldet wurde und ein Minderheitenschutz nicht gewährt war oder sie „optierten“ für die deutsche Staatsbürgerschaft und die Aussiedlung – in Gebiete, die zwar von Berlin aus propagandistisch beworben wurden, aber noch gar nicht erobert waren und folglich auch noch nicht verteilt werden konnten. Die „Rück- und Auswanderung der in Südtirol lebenden Deutschen“, die in Italien als „Akt höchster politischer Weisheit“ gewürdigt wurde,85 sollte sich in drei Etappen vollziehen: Zunächst sollten innerhalb von vier Wochen die „Reichsdeutschen“ auswandern, dann diejenigen, die „nicht bodengebunden“ waren und abschließend jene, die als „bodengebunden“ gezwungen waren, Haus und Hof zu verkaufen und entsprechend längere Zeit brauchen würden. Über die Stimmung der Südtiroler, eine Mischung aus „Ungläubigkeit und Empörung, Rat- und Hilflosigkeit“,86 durfte in der gelenkten Presse nicht berichtet werden. Der ehemalige deutsche Botschafter Ulrich von Hassell berichtete im Juni 1939, einige der Südtiroler Politiker seien über die über ihren Kopf hinweg erfolgenden Entscheidungen „ganz zerbrochen“. Es werde gefürchtet, „man wolle die Südtiroler in den Ostraum verfrachten.“87 Bei denjenigen, die „dableiben“ wollten, wuchs die durch Gerüchte angefeuerte Angst davor, marginalisiert zu werden und von den faschistischen Behörden nach Sizilien oder gar nach Albanien, Abessinien oder Libyen verfrachtet zu werden. Dafür, dass solche Sorgen nicht nur Folgen der Propaganda waren, sondern dass tatsächlich auch in Italien radikalere Modelle an Gewicht gewannen, gab es einige ominöse Indizien: Das Innenministerium wies am 5. April 1939 die Präfekturen an, alle ausländischen Juden – mit Ausnahme derjenigen mit türkischer Staatsbürgerschaft – abzuschieben, was für die in Südtirol lebenden Juden „tiefe Verunsicherung und totale Ungewissheit über das eigene Schicksal“ mit sich brachte.88 Wie zerrissen die Südtiroler Bevölkerung war, zeigte der Schlingerkurs des 1934 gegründeten „Völkischen Kampfrings Südtirols“ (VKS), der nach einigem 83 Brechtken, Magnus: „Madagaskar für die Juden“. Antisemitische Idee und politische Praxis 1885– 1945, München 19982. 84 Abgedruckt u. a. in: Kittel, Manfred u. a. (Hg.): Deutschsprachige Minderheiten 1945. Ein internationaler Vergleich, München 2007, S. 416–421. 85 Ebd., S. 416. 86 Lill, Südtirol, S. 189. 87 Hiller von Gaertringen, Friedrich Freiherr (Hg.): Die Hassell-Tagebücher 1938–1944. Aufzeichnungen vom Anderen Deutschland (Aufzeichnung vom 21. Juni 1939), Berlin 1989, S. 95. 88 Villani, Cinzia: Zwischen Rassengesetzen und Deportation. Juden in Südtirol, im Trentino und in der Provinz Belluno 1933–1945, Innsbruck 2003, S. 36.

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Zögern die Entscheidung Hitlers mittrug. Ebenso gespalten war die Kirche. Es war in Südtirol keineswegs vergessen, dass der Nationalsozialismus das Christentum als einen der Hauptgegner bekämpft und das katholische Zentrum bis zu dessen Selbstausschaltung ebenso heftig angegriffen hatte wie die SPD und KPD. Aber ein geschlossener Kurs ließ sich weder erkennen noch durchsetzen. Der Fürstbischof von Brixen, Johannes Geisler, keineswegs Nationalsozialist, wurde nach schwerem inneren Ringen zu einem offenen Parteigänger der „Weggeher“, während die Mehrzahl des Klerus sich gegen die „Option“ aussprach. Die Reaktion der Optionsgegner war Zaudern und Entschlusslosigkeit. In diesem ebenso nachvollziehbaren wie fatalen Schwebezustand hatten Hitler und Mussolini leichtes Spiel, ihre einer Vertreibung gleichkommenden Aussiedlungspläne durchzusetzen. Der Duce ließ zwar wissen, dass das Südtirolproblem nicht „mit einem Zauberstab im Handumdrehen gelöst werden könne“, schuf aber mit einem Gesetz vom 21. August 1939 über den Verlust der italienischen Staatsbürgerschaft für die „Optanten“ die juristische Voraussetzung für die Aussiedlung. Dem Hitler-Mussolini-Abkommen vom 21. Oktober 1939 folgte ein Volksentscheid, der die Südtiroler faktisch zwang, der eigenen Auswanderung zuzustimmen. Von den etwa 247.000 deutschsprachigen und ladinischen Südtirolern optierten rund 86 Prozent, knapp 213.000, für die deutsche Staatsangehörigkeit. Die „Optanten“, die sich auf diese Weise den italienischen Drangsalierungen und Schikanen entzogen, machten sich mit ungewissem Ziel auf, denn es stand noch nicht einmal fest, ob sie nun in Burgund, Polen, Galizien oder auf der Krim eine neue Heimat finden würden. Die meisten – zunächst waren es die Besitzlosen – verließen im Lauf des Jahres 1940 ihre Heimat und strandeten, mehr schlecht als recht betreut, in eigens gebauten Not-Wohnsiedlungen in Österreich, andere bekamen Höfe im Protektorat Böhmen und Mähren zugewiesen, die zuvor Tschechen gehört hatten.89 Die Zahl derjenigen, die sich im Laufe der folgenden Jahre aufmachten, wurde immer geringer, so dass sich die deutschen Behörden schon im Herbst 1941 mit wenig Erfolg um eine „Erhöhung der Abwanderungszahlen“ bemühten. Die meisten „Dableiber“ mussten sich der bereits vorbereiteten forcierten Italianisierung unterwerfen. Im Rahmen der „Waffenbrüderschaft“ konnte Mussolini fortan Sprachpolitik nach Belieben betreiben, ohne deutsche Beschwerden zu fürchten. Jetzt durften in Deutschland sogar die nationalistisch-apologetischen Schriften des italienischen Diplomaten Luigi Aldovandi Marescotti erscheinen und mit freundlichen Grußworten versehen werden, die mit zweifelhaften und verfälschenden Argumenten die „historische“ Brennergrenze begründeten.90 89 Vgl. Lütge, Friedrich: „Die Wohnungswirtschaft in Österreich und im Sudetengau und ihre Eingliederung in die großdeutsche Wohnungswirtschaft“, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd. 49, Jena 1939, S. 309–343. Umfassend: Stuhlpfarrer, Karl: Umsiedlung Südtirol 1939–1940, Wien/München 1985, Bd. 1, S. 260–269. 90 Aldrovandi Marescotti, Luigi: Krieg der Diplomaten. Erinnerungen und Tagebuchauszüge 1914– 1919, München 1940, S. 538.

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Lange gab es eine etwas saloppe Ansicht, eine typisch italienische Mischung von Korruption, gesundem Menschenverstand, Machiavellismus, Schlendrian und „menefreghismo“ habe den Faschismus in den ihm eigenen Radikalisierungstendenzen gehemmt.91 Diese für das italienische Selbstverständnis beruhigende Annahme eines vergleichsweise unschuldigen Faschismus, der sich erst durch den Nationalsozialismus widerwillig zur Kollaboration habe hinreißen lassen, ist inzwischen weitgehend revidiert worden.92 Viele Italiener waren gerne bereit, sich dem Bundesgenossen anzupassen, so dass das Klischee der Italiener als „brava gente“ als falsifiziert gelten kann und das erhebliche Gewaltpotential des Faschismus sehr viel deutlicher erkennbar ist.93 Als mit dem Sturz Mussolinis im Juli 1943 und dem Seitenwechsel Italiens im September 1943 das Bündnis zerbrach, wurde Südtirol von deutschen Truppen besetzt und de facto in den faschistischen Reststaat der Republik von Salò integriert, in dem der „Duce“ zumindest formal wieder das Sagen hatte. Trotz anfänglicher Überlegungen der Alliierten, Südtirol an Österreich zurückzugeben,94 blieb nach Ende des Zweiten Weltkrieges die Brennergrenze bestehen, obwohl Italien bis 1943 mit dem NS-Staat paktiert hatte. Eine von rund 156.000 Südtirolern unterschriebene Petition, die die Angliederung an Österreich forderte, blieb unbeachtet. Die Siegermächte entschieden „wider alle demokratischen, historischen, ethnischen, kulturellen und moralischen Gründe, die allesamt für eine Rückkehr zu Österreich sprachen“,95 am 1. Mai 1946 für den Verbleib der Region bei Italien. Ob Südtirol somit das erste Opfer im Kalten Krieg wurde oder

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Vgl. Steinberg, Jonathan: All or Nothing. The Axis and the Holocaust, 1941–1943, London/New York 1990, S. 170. Corni, Gustavo: „Die italienische Geschichtswissenschaft und die deutsche Frage“, in: Rusconi, Gian Enrico/Schlemmer, Thomas/Woller, Hans (Hg.): Schleichende Entfremdung? Deutschland und Italien nach dem Fall der Mauer, München 2008, S. 123–132, hier S. 131. Vgl. hierzu Baldussa, Davide: Il mito del bravo italiano, Mailand 1994; Focardi, Filippo: ‚Bravo italiano‘ e ‚cattivo tedesco‘. Riflessioni sulla genesi di due immagini incrociate“, in: Storia e Memoria 5 (1996), S. 55–83; ders.: Falsche Freunde? Italiens Geschichtspolitik und die Frage der Mitschuld am Zweiten Weltkrieg, Paderborn 2015. Vgl. Rodogno, Davide: Il nuove ordine mediterraneo. Le politiche di occupazione dell’Italia fascista in Europa (1940–1943), Turin 2003; Schieder, Wolfgang: „Einleitung“, in: ders.: Faschistische Diktaturen. Studien zu Italien und Deutschland, Göttingen, 2008 S. 7–28, bes. S. 24. Vgl.: Moos, Carlo: Ausgrenzung, Internierung, Deportation. Antisemitismus und Gewalt im späten italienischen Faschismus (1938–1945), Zürich 2004, S. 201; Klinkhammer, Lutz/Osti Guerrazzi, Amedeo/Schlemmer, Thomas (Hg.): Die „Achse“ im Krieg. Politik, Ideologie und Kriegführung 1939–1945, Paderborn u. a. 2010. Steinacher, Gerald: „‚Keeping the Brennero Italian‘. Südtirol und die alliierten Geheimdienste 1943–1945“, in: ders. (Hg.): Im Schatten der Geheimdienste. Südtirol 1918 bis zur Gegenwart, Innsbruck u. a. 2003, S. 115–159; ders.: „Die Zukunft Südtirols im Spiegel des amerikanischen Kriegsgeheimdienstes (OSS) 1943–45“, in: Das Fenster 62 (1996), S. 2076–2088; Gehler, Michael (Hg.): Akten zur Südtirol-Politik 1945–1958, Bd. 1: 1945–1947. Gescheiterte Selbstbestimmung, Innsbruck 2011. Gehler, Der Brenner, S. 158 f.

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ob Italien eine territoriale Kompensation für den Verlust seiner Kolonien erhalten sollte, ist bis heute umstritten.96 Immerhin wurden in der Verfassung von 1948 weitgehende Rechte für die Minderheitensprachen Deutsch und Ladinisch in Südtirol, für Französisch im Aostatal und für Slowenisch in den Provinzen Triest und Görz festgeschrieben.97 Das Erste Autonomiestatut aus dem Januar 1948, eine Konsequenz aus dem Gruber-De-Gasperi-Abkommen,98 war das erste Minderheitenschutzabkommen nach dem Zweiten Weltkrieg, das zumindest auf dem Papier den deutschsprachigen Volks- und Mittelschulunterricht zusicherte, die Gleichberechtigung der deutschen Sprache in Behörden und Ämtern und sogar zweisprachige Ortsnamen und -schilder konzedierte. Allerdings blieb die Schul- und Finanzaufsicht fest in der römischen Hand. Diese Missachtung war um so auffälliger, als italienische Minderheiten zur gleichen Zeit, zunächst mittels wilder Vertreibungen unter dem Signum kommunistischer „Volksgewalt“, und dann durch die Diktatur Josef Titos zu Hunderttausenden aus Jugoslawien vertrieben wurden. Während die italienischen Regierungen lautstark eine Volksabstimmung in einer umstrittenen Zone von Triest forderten, wurde das gleiche Ansinnen für Südtirol kategorisch abgelehnt.99 Die unter dem Faschismus nach Südtirol gelockten Italiener zeigten wenig Interesse, auf ihre angestammten Rechte und Privilegien zu verzichten. Die Gelder des Marshall-Plans ermöglichten inzwischen weitere Industrieprojekte, unter anderem Magnesium- und Aluminiumwerke, für die weitere italienische Arbeiter im Etschtal angesiedelt wurden. Die forcierte Zuwanderung ließ sich erneut bequem mit dem Wunsch nach Milderung des strukturellen Mezzogiorno-Problems begründen. Die Südtiroler hingegen befürchteten, in die Seitentäler abgedrängt zu werden, in denen sie nur noch als landwirtschaftlich arbeitende Residuen geduldet würden. Besonders erbittert bekämpften sie den ungezügelten Bau hässlicher Wohnblocks und Mietskasernen, die das Landschaftsbild verschandelten. Ethnische Spannungen sowie sichtbare Polizei- und Militärpräsenz blieben weiterhin an der Tagesordnung, während die Durchsetzung der Minderheitenrechte auf sich warten ließ. Selbst Wirtshausschlägereien zwischen Südtirolern und Italienern bekamen schnell einen politischen Charakter. „Zeitungskriege“ zwischen der deutschen und italienischen Presse vergifteten zusätzlich das Klima. Seit den späten 1950er Jahren versuchten einige Südtiroler, ihre Forderungen durch Gewalttaten durchzusetzen. Diese sahen sich als Freiheitskämpfer in der Tradition von Andreas Hofer und wurden von einem Großteil der Südtiro96

Steininger, Rolf: Austria, Germany and the Cold War. From the Anschluss to the State Treaty 1938– 1955, New York/Oxford 2008, S. 55; Gehler, Michael (Hg.): Verspielte Selbstbestimmung? Die Südtirolfrage 1945/46 in US-Geheimdienstberichten und österreichischen Akten. Eine Dokumentation, Innsbruck 1996. 97 Tosi, The Language Situation in Italy, S. 302. 98 Die Bundesrepublik spielte für Südtirol für viele Jahre nur die Rolle eines Zaungasts. Vgl. Pape, Matthias: Ungleiche Brüder. Deutschland und Österreich 1945–1965, Köln/Weimar/Wien 2000. 99 Lill, Südtirol, S. 281.

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Joachim Scholtyseck

ler wohl zumindest insgeheim unterstützt. Zu den bekanntesten Anschlägen gehörte die Sprengung eines 1938 errichteten faschistischen Denkmals im Örtchen Waidbruck, des sog. „Aluminium-Duce“, eines geschmacklosen überdimensionalen Reiterstandbilds Mussolinis. Gravierende und tragische Folgen hatte die sog. „Feuernacht“ vom 11. auf den 12. Juni 1961, in der Dutzende Hochspannungsmasten gesprengt und einige Kraftwerke lahmgelegt wurden. Ein italienischer Landarbeiter kam zu Tode, als eine nichtgezündete Sprengladung nachträglich explodierte. Die römischen Regierungen jener Jahre trugen nur wenig zur Deeskalation der in die Sackgasse führenden Gewalt bei; manche der bis in die 1970er und 1980er Jahre geführten Strafprozesse wurden für die italienische Interpretation der Südtirol-Politik instrumentalisiert. Die wirkungsvolle Strategie, das Südtirol-Problem zu „internationalisieren“, vor die UNO-Generalversammlung zu bringen und damit die Weltöffentlichkeit auf die ungelösten Fragen aufmerksam zu machen, führte zu völkerrechtlich wichtigen Resolutionen der UNO 1960 und 1961, auf die sich die Südtiroler fortan berufen konnten. Erst die durch gegenseitiges Misstrauen wie Pragmatismus gleichermaßen gekennzeichneten Verhandlungen zum sog. Paket der Absicherung der Autonomie führten 1969 zu einem einvernehmlich vereinbarten „Operationskalender“, wenn auch Reibungen bis zum Inkrafttreten des „Zweiten Autonomiestatuts“ vom 20. Januar 1972 an der Tagesordnung blieben. Dieses Statut mit Verfassungscharakter war ein Meilenstein auf dem Weg zu einer echten und auch sprachlichen Autonomie. Die Provinz Bozen und das Trentino erhielten faktisch den Status einer Region, die gegenüber Rom das Recht besaß, Gesetze in wichtigen öffentlichen Anliegen zu erlassen: Bei Behörden und Ämtern, mit Blick auf Fragen der Raumordnung, in wirtschaftlichen Fragen, beim Handwerk, in der Landwirtschaft, bei Messen, den Märkten sowie dem immer wichtigeren Tourismus und Fremdenverkehr. Von zentraler Bedeutung ist, dass in der Sprachenpolitik, im Erziehungswesen, bei den Kindergärten, dem Schulbau und Schulunterricht die Kompetenzen ebenfalls beim Südtiroler Landtag und damit beim Parlament liegen. Damit diese Selbstverwaltungsrechte nicht nur auf dem Papier standen, wurde auch die finanzielle Autonomie geregelt. Knapp 90 Prozent der in der Provinz Bozen eingetriebenen Steuern verbleiben in den Kassen des Landes. Als nach dem Ende des Kalten Krieges auf dem Balkan alte Nationalitätenund Sprachkonflikte aufbrachen, die jahrzehntelang subkutan weiterbestanden hatten, blieb der Alpenraum von Erschütterungen dieser Art verschont, weil in Südtirol der steinige, aber auf friedliche Einigung ausgerichtete Weg der Aushandlung eingeschlagen worden war. Eine „Streitbeilegungserklärung“ Wiens im Jahr 1992 trug dazu bei, dass die Brennergrenze politisch nicht länger in Frage gestellt wurde. In Italien setzte ein Umdenken ein, das die jahrzehntelange Tabuisierung der Aufarbeitung des eigenen Anteils an der verhängnisvollen Politik und Sprachenpolitik beendete. Die meisten deutschsprachigen Südtiroler sprechen und verstehen italienisch, aber die Sprachkompetenz der italienischsprachigen Bewohnern ist geringer und

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spätestens mit dem Schulbeginn wird die Zweiteilung offenkundig.100 Ihre Sprachkompetenz ist sowohl im Schriftlichen wie im Mündlichen signifikant höher als die ihrer italienischsprachigen Landsleute.101 Der Trend der „Italianisierung“ und des Aussterbens des Deutschen ist gestoppt bzw. bereits leicht gedreht. In der Provinz Südtirol wird zu 70 Prozent deutsch, zu 25 Prozent italienisch und zu 5 Prozent ladinisch gesprochen, in der Hauptstadt Bozen ist das Verhältnis allerdings seit der Zeit des Faschismus genau umgekehrt. Sprachkonflikte bleiben damit vorprogrammiert, zumal die Sorge vor einer „Gefährdung“ der Muttersprache Deutsch in allen Diskussionen grundsätzlich mitschwingt.102 Noch vor wenigen Jahren brach ein heftiger Streit aus, weil der Alpenverein in Südtirol italienischsprachige Wanderwegweiser abmontierte. Manche deutschsprachigen Italiener fühlen sich immer noch als Österreicher. 2018 erregte das Vorhaben der Regierung in Wien Aufsehen, den deutsch- und ladinischsprachigen Südtirolern zusätzlich zum italienischen auch den österreichischen Pass anzubieten. Dank der Autonomie ist heute unter den Sprach- und Volksgruppen Südtirols eine hohe Akzeptanz des Status quo anzunehmen. Selbst anti-italienische Stimmen fordern lediglich die Selbstbestimmung und nicht unbedingt die Eigenstaatlichkeit. Dies hängt zweifellos mit dem ökonomischen Erfolg Südtirols zusammen, das weitgehend schuldenfrei wirtschaftet. Mit einer Arbeitslosenquote von etwa 2 Prozent herrscht faktisch Vollbeschäftigung. In Bozen und Trient gehört die Lästerei über die römische und Brüsseler Bürokratie sowie die süditalienische Misswirtschaft ebenso wie in der Lombardei und den Hochburgen Matteo Salvinis zum Volkssport. Trotzdem ist die unsichtbare Sprachgrenze noch keineswegs überwunden, was sich auch in den zweisprachigen Ortsnamen und den geographischen Bezeichnungen spiegelt, die seit den Zeiten von Ettore Tolomei eine übersetzungshistorische Bedeutung erlangt hatten. Eine „Mischung aus Ignoranz und Präpotenz“ ist immer noch spürbar, so dass es „ein geregeltes Nebeneinander, allerdings kein Miteinander“ gibt.103 Bei wirtschaftlichen und politischen Krisen werden regelmäßig Südtiroler Befürchtungen laut, zur Melkkuh Roms zu werden und die Autonomie zu verlieren, die der Region ihre finanzielle – und sprachliche – Unabhängigkeit garantiert. 100 Vgl. Baur, Siegfried/Mezzalira, Giorgio/Pichler, Walter: Die Sprache der Anderen – Aspekte der Sprachen- und Schulpolitik in Südtirol von 1945 bis heute, Meran 2009; Zappe, Manuela: Das ethnische Zusammenleben in Südtirol – Sprachsoziologische und soziokulturelle Einstellungen der deutschen, italienischen und ladinischen Sprachgruppe vor und nach den gegenwärtigen Umbrüchen in Europa, Frankfurt/Main 1996; Tosi, The Language Situation in Italy, S. 265. 101 Angerer, Barbara: „Living Apart Together in South Tyrol: Are Institutional Bilingualism and Translation Keeping Language Groups Apart?“, in: Grote/Obermair (Hg.), A Land on the Threshold, S. 361–380, bes. S. 364. 102 Naglo, Kristian: „Multilingualität und Identitäten in Europa. Eine theoretische Annäherung anhand der Beispiele Luxemburg und Südtirol“, in: Begegnungen. Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 22 (2004), S. 303–326, hier S. 317. 103 Steininger, Südtirol, S. 9.

Eine späte Reaktion: Die Übersetzungspolitiken des faschistischen Regimes in Italien Christopher Rundle Abstract: It is a striking fact that for most of its duration the Italian Fascist regime did not develop any specific policy concerning translations, and it only intervened to contain their “invasion” very late, when the war was already nearly lost and the regime was on the verge of collapse. This lack of action against translations is all the more striking if we consider that Fascist Italy was a nationalist regime which sought totalitarian control over society, that it had strong expansionist ambitions, and that it became openly xenophobic after the League of Nations sanctions that followed Italy’s invasion of Ethiopia. In this article I shall look at the pressure that was put on the regime to intervene against translations and explain why the regime did not react; and I shall examine the reasons that finally led the regime to adopt specific policies on translation and to try to limit their number.

1. Einleitung Angesichts eines nationalistischen Regimes mit totalitärem Anspruch, entschieden expansionistischen Ambitionen und geprägt von starken xenophoben Spannungen (insbesondere nach der Invasion Äthiopiens und den daraus resultierenden Wirtschaftssanktionen des Völkerbundes), mag es erstaunen, dass Italien über viele Jahre keine politische Strategie entwickelt hat, um dem massiv expandierenden Übersetzungsmarkt entgegenzuwirken und erst sehr spät, als der Krieg bereits fast verloren war und das Regime auf den Kollaps zusteuerte, Maßnahmen zur Eindämmung dieser „Invasion“ ergriff. In diesem Beitrag soll gezeigt werden, wie das italienische Regime von verschiedenen Seiten gedrängt wurde, gegen die Übersetzungsflut vorzugehen. Dabei werde ich versuchen nachzuvollziehen, weshalb dieser Druck so lange ohne Reaktion blieb und weshalb er das Regime schließlich doch zu politischen Maßnahmen veranlasst hat, die speziell auf Übersetzungen und ihre allmähliche Eindämmung abzielten.

2. Die Entstehung eines Massenmarktes für Bücher In den 1930er Jahren waren die westlichen Industrienationen großen gesellschaftlichen Transformationen unterworfen, die sich nicht zuletzt auch auf dem Buch-

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Christopher Rundle

markt und im Verlagswesen niederschlugen: Die Entwicklung einer – durch einen starken Frauenanteil geprägten –Angestelltenschicht, die sowohl über Freizeit als auch Geld verfügte, trug zu einer wachsenden Nachfrage nach populärer Literatur bei. Das Verlagswesen reagierte auf diesen neuen Bedarf mit einem Konzentrationsprozess und der Entstehung größerer Unternehmensgruppen, die auf industriellere Produktions- und Vertriebsmodelle sowie auf Methoden des Massenverkaufs setzten: Literatur wurde zunehmend zu einem Konsumgut. Zwar waren auch einige nicht anglophone, insbesondere deutschsprachige Autoren erfolgreich, der Markt für Populärliteratur wurde aber eindeutig von Romanen in englischer Sprache dominiert; eine Produktion, die im Gleichschritt mit dem inzwischen unaufhaltsamen Aufstieg des Hollywood-Kinos anwuchs.1 Viele der führenden Romanautoren waren auch wichtige Namen in der Welt des Kinos: Edgar Wallace, Ellery Queen, Agatha Christie usw. Die beiden Welten, die des Buchs und die des Films, belebten sich so gegenseitig und zielten darauf ab, die gleiche Nachfrage nach Unterhaltung zu befriedigen.2 Im italienischen Literaturbetrieb stießen diese Veränderungen auf wenig Gegenliebe und da die einheimische Produktion von Konsumliteratur die Nachfrage nicht befriedigen konnte, war es für Verleger naheliegend, sich übersetzerisch im Ausland zu bedienen. Dies bot gleich zwei Vorteile, zum einen konnten sie auf nachweislich erfolgreiche Romane zurückgreifen und zum anderen waren deren Rechte günstiger als die gängigen Honorare italienischer Autoren.3 Auf diese Weise entstand in Italien eine regelrechte Übersetzungsindustrie mit einer konstanten Produktion von Hunderten von Romanen pro Jahr und mit einer oftmals sehr hohen Auflage. Das Schlüsselereignis für diese Entwicklung war wohl die Einführung der Krimi-Reihe I libri gialli durch Mondadori im Jahr 1929. Der 1

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Die Arbeiten von Mario Rubino (I mille demoni della modernità. L’immagine della Germania e la ricezione della narrativa tedesca contemporanea in Italia tra le due guerre, Palermo 2002; „La Neue Sachlichkeit e il romanzo italiano degli anni Trenta“, in: Petroni, Franco; Tortora, Massimiliano (Hgg.): Gli intellettuali italiani e l’Europa (1903–1956), Lecce 2007, S. 235–274) und Natascia Barrale (Le traduzioni di narrativa tedesca durante il fascismo, Rom 2012; „Foreign literature as poison: (self-)censorship in the translation of German popular fiction in Italy during the 1930s“, in: Perspectives, 26(6/2018), S. 852–867.) zeigen, dass die deutsche Literatur in der Zwischenkriegszeit eine Phase großer Popularität erlebte und die Speerspitze der Modernität repräsentierte, bis sich dann die amerikanische Kultur durchsetzte. Das Spektrum reicht hier von Autoren wie Alfred Döblin, Thomas Mann und Stefan Zweig bis hin zu als ‚populärer‘ geltenden Autoren wie Hans Fallada, Erich Maria Remarque, Vicki Baum, Gina Kaus, Joe Lederer und Irmgard Keun. Nicola Tranfaglia und Albertina Vittoria (Storia degli editori italiani. Dall’Unità alla fine degli anni Sessanta, Rom 2000, hier S. 300, 311, 312) unterstreichen den Zusammenhang zwischen dem Erfolg von Unternehmen wie Mondadori und dem Zeitschriftenmarkt, der sich um das Kino herum herausbildete. In den 1920er und 1930er Jahren akzeptierten ausländische Autoren einen Vorschuss plus 5 % vom Verkaufserlös, während die italienischen Autoren in der Regel 15–20 % verlangten (Pedullà, Gianfranco: „Gli anni del fascismo: Imprenditoria privata e intervento statale“, in Turi, Gabriele (Hgg.): Storia dell’editoria nell’Italia contemporanea, Florenz 1997, S. 341–382, hier S. 361).

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außerordentliche Erfolg dieser Bücher machte den Verlegern das Potenzial des Übersetzungsmarktes bewusst.4 Innerhalb von drei Jahren brachten fast alle wichtigen Verlage Reihen auf den Markt, die ganz oder überwiegend auf Übersetzungen beruhten und dehnten ihr Angebot an Übersetzungen auch auf Literatur mit höherem künstlerischen Anspruch aus. Erwähnenswert sind die Reihen: Romanzi della palma, Medusa und Biblioteca romantica von Mondadori; Narratori nordici und Pandora von Sperling & Kupfer; Biblioteca russa von Bietti; Genio russo und Genio slavo von Slavia; Scrittori di tutto il mondo, die von La Modernissima ins Leben gerufen und dann von Corbaccio übernommen wurde; Biblioteca sansoniana straniera von Sansoni; Grandi scrittori stranieri von UTET; La romantica mondiale von Sonzogno; Scrittori stranieri moderni von Treves-Treccani-Tumminelli; Pagine straniere von Vallardi; Collezione dei poeti greci von Zanichelli.5 Die Entstehung dieser Verlagsindustrie löste im italienischen Kulturbetrieb einigermaßen feindliche Reaktionen aus. Diese Reaktionen konkretisierten sich in Form von zwei Kampagnen in der Presse und in Fachzeitschriften, die sich gleichermaßen gegen Übersetzungen und die verantwortlichen Verleger richteten.

3. Die Rolle der Statistik Das in Italien weit verbreitete Gefühl einer Art Marktinvasion wurde durch neue Übersetzungsstatistiken weiter geschürt. Im Jahre 1932 wurde der Index Translationum ins Leben gerufen, der vom Institut für kulturelle Zusammenarbeit in Paris unter der Schirmherrschaft des Völkerbundes herausgegeben wurde. Der Index sammelte Daten zu Übersetzungen aus verschiedenen Ländern und ermöglichte erstmalig einen einfachen Vergleich zwischen ihnen.6 Aus diesen Statistiken, die das Giornale della libreria, die Zeitschrift des Verlegerverbands (Nationaler Faschistischer Verband der Industrieverleger), regelmäßig wiedergab und kommentierte, ging hervor, dass Italien mehr Übersetzungen veröffentlichte als jedes andere Land auf der Welt. Italien erwies sich damit als besonders permeables Land, das in besonderem Maße von ausländischer Literatur ‚überschwemmt‘ und ‚erobert‘ wurde.7 Eine Permeabilität, die mit den vom Regime gepflegten Ambitionen kultureller Expansion unvereinbar war. 4 5 6

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Von den ersten vier Titeln dieser Reihe wurden in einem Monat 50.000 Exemplare verkauft (Decleva, Enrico: Arnoldo Mondadori, Turin 1993, hier S. 152). Vgl. Ciarlantini, Franco: „Gli editori del Decennale“, in: Giornale della libreria XLV/44 (28. Oktober 1932), S. 253–82, hier S. 258; sowie Billiani, Francesca: Culture nazionali e narrazioni straniere. Italia, 1903–1943, Florenz 2007, hier S. 90–93. Für eine detailliertere Analyse der Statistiken zur Übersetzungsproduktion im faschistischen Italien vgl. Rundle, Christopher: Publishing Translations in Fascist Italy, Oxford 2010, Kap. 2 und Rundle, Christopher: Il vizio dell’esterofilia. Editoria e traduzioni nell’Italia fascista, Rom 2019 [übersetzte und überarbeitete Version von Rundle 2010], Kap. 2. Die Idee des Kulturaustauschs als Form kultureller Durchdringung war damals weit verbreitet, wie in diesem Beispiel aus einem Leitartikel der Critica Fascista, Bd. 18 (15. Juli 1939): „bisogna

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Christopher Rundle

Diese Unfähigkeit, die eigene Literatur ins Ausland zu exportieren, wurde unabweislich durch eine Berechnung bestätigt, die als „kulturelle Handelsbilanz“ kursierte und die Anzahl der ins Italienische übersetzten Texte in ein Verhältnis setzte zur Anzahl der im Ausland übersetzten italienischen Werke. Ganz im Gegensatz zu Deutschland, demjenigen Land, an dem sich die Italiener in dieser Zeit vor allem maßen, erwies sich die „kulturelle Handelsbilanz“ Italiens nun als extrem unausgeglichen. Zwar wurden auch in Deutschland zahlreiche Übersetzungen veröffentlicht, dem stand aber auch ein starker Export von Übersetzungen in andere Sprachen und somit eine positive Bilanz gegenüber, was in den Augen der Italiener die Stärke seiner kulturellen Präsenz in der Welt bestätigte.8 Ein letzter Umstand, den es hervorzuheben gilt und der erheblich zur Wahrnehmung einer ‚Invasion‘ von Übersetzungen beigetragen hat, ist der Einfluss, den Übersetzungen populärer Romane auf den Markt hatten. Zwar sind die verfügbaren Daten unvollständig und lückenhaft, sie zeigen aber deutlich, dass ausländische Romane im Vergleich zum italienischen Durchschnitt in viel höheren Auflagen veröffentlicht wurden – insbesondere solche, die in preisgünstigen Reihen erschienen und wie jedes andere Konsumgut vertrieben wurden. Viele italienische Autoren, die gewohnt waren, Nischenbücher zu produzieren, von denen sich über mehrere Jahre hinweg ein paar tausend Exemplare verkaufen ließen, hatten also mit dem scheinbar unaufhaltsamen Erfolg ausländischer Populärromane zu kämpfen, von denen sich viele in wenigen Monaten zwischen 20.000 und 50.000 mal verkauften.

4. Kampagnen gegen Übersetzungen Die Reaktion des kulturellen Establishments auf die Auswirkungen der Übersetzungen auf den Buchmarkt erfolgte in Form zweier Kampagnen: Die erste war weniger politisiert, mit eher gewerkschaftlichem und protektionistischem Charakter, und wurde organisiert von Autoren, die sich durch die Konkurrenz ausländischer Populärromane bedroht fühlten; die zweite war demgegenüber stark politisiert, mit nationalistischem und fremdenfeindlichem Charakter, initiiert von der faschistischen Autorenvereinigung (Sindacato nazionale fascista degli autori e scrit-

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decidersi a considerare il libro italiano, […] come un formidabile strumento di penetrazione culturale“. Interessanterweise gab es umgekehrt auch in Deutschland Unzufriedenheit mit dieser Situation, insofern viele der übersetzten deutschen Autoren Juden oder politische Emigranten waren und man die deutsche Kultur im Allgemeinen als zu schwach und anfällig für ausländische Einflüsse ansah. Siehe Sturge, Kate: ‚The Alien Within‘. Translation into German During the Nazi Regime, München 2004, hier S. 92, 99. Für einen Vergleich von vier unterschiedlichen Regimen aus Übersetzungsperspektive – Italien, Deutschland, Spanien und Portugal – siehe Rundle, Christopher/ Sturge, Kate (Hgg.): Translation Under Fascism, Basingstoke 2010 und Rundle, Christopher: „Translation and Fascism“, in: Fernández, Fruela/Evans, Jonathan (Hgg.): The Routledge Handbook of Translation and Politics, London/New York 2018, S. 29–47.

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tori) und durchdrungen von der kollektiven Entrüstung, die Italien nach der Verhängung der Sanktionen durch den Völkerbund erfasst hatte. 1933–34: Die Invasion der Übersetzungen Obwohl bereits Ende der 1920er Jahre in der Presse von einer Invasion an Übersetzungen die Rede war und in Leserbriefen und Umfragen die Auswirkungen minderwertiger Übersetzungen auf den italienischen Markt und die italienische Kultur beklagte wurden9, nahm der Druck auf die Verlage ab 1933 erheblich zu. Es erschienen Briefe und Artikel, die den Verlegern vorwarfen, Schundliteratur zu bevorzugen, die allzu oft aus dem Ausland stammte und in Billigausgaben verbreitet wurde. […] l’elenco delle opere pubblicate negli ultimi tempi dimostra della futilità, del provvisorio, della commercialità, del facile smercio. In gran parte sono libri stranieri, i più mal tradotti, trascurati, stampati pretenziosamente con stramba fisionomia, mal rilegati e zeppi di errori e di refusi.10

Die Konflikte zwischen auf der einen Seite den Autoren, die entsetzt waren über den raschen Wandel, der ihren Markt in wenigen Jahren so radikal verändert hatte, und auf der anderen Seite den Verlegern, die entschlossen waren, die wachsende Übersetzungsnachfrage nach Kräften zu nutzen, spitzte sich entsprechend zu. Das zeigt eine ironisch-aggressive Intervention des Schriftstellers Corrado Alvaro im Mai 193411, in der er den Verlegern vorwirft, Esterophile zu sein, die ausländische Literatur gegenüber der italienischen zu bevorzugen und Populärliteratur auf Kosten der klassischen Literatur zu begünstigen: […] qualunque argomento cerchiate in un’editoria che stampa migliaia di volumi all’anno trovate poca cultura poca letteratura italiana, niente classici, nessun documento di vita italiana, ecc. Troverete bensì una storia italiana e romana tradotta, come troverete romanzi tradotti, ed enciclopedie, libri di viaggio, e perfino libri di cucina tradotti. Per noi l’estero fa la letteratura e la storia e la cultura.12

Im März 1934 veröffentlichte das Giornale di politica e di letteratura eine Untersuchung über zeitgenössische Literatur, Übersetzungen, Verlagswesen und das Projekt einer „Corporazione del libro“. Die Zeitschrift vertrat den Standpunkt, dass die Übersetzungen die italienischen Leser „verdorben“ hätten und dass die Lösung darin bestehe, ausländische Bücher mit einem höheren Preis zu belegen, um die 9

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So etwa das von der Zeitschrift Il Torchio durchgeführte ‚Referendum‘ aus dem Jahre 1928. Sfondrini, Francesca: Autori e libri inglesi tradotti in Italia nel ventennio 1920–1940: Elio Vittorini traduttore di d. H. Lawrence (nicht veröffentlicht). Scuola Superiore delle Lingue Moderne per Interpreti e Traduttori (SSLMIT), Università di Bologna 1997, S. 47–56) und Rundle, Publishing Translations in Fascist Italy, S. 69–75 und Rundle, Il vizio dell’esterofilia, S. 65–67. Ocnus: „Editori e Scrittori“, in: La Sera (9. Oktober 1933). Corrado Alvaro hatte sich vor allem mit seinem Erfolgsroman Gente di Aspromonte (1930) einen Namen gemacht. Nach einer Phase der Ausgrenzung aufgrund seiner anfänglichen Opposition zum Regime, änderte er jedoch seine Haltung, bezog eher kulturchauvinistische Positionen und fand so bei den Kulturverantwortlichen des Regimes Akzeptanz. Alvaro, Corrado: „I nostri premurosi editori“, in: La Stampa (2. Mai 1934).

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italienische Produktion zu schützen. Im Rahmen der Untersuchung wurden Emilio Bordero, der Präsident des faschistischen Berufs- und Künstlerverbandes, und Franco Ciarlantini, der Präsident des Verlegerverbandes, gebeten, sich zum italienischen Publikumsgeschmack und zur Frage zu äußern, ob man davon ausgehen dürfe, dass sich dieser der zeitgenössischen italienischen Literatur anpassen werde. Bordero sprach sich für eine nicht näher spezifizierte „Übersetzungsdisziplin“ aus, räumte aber auch ein, dass es die Aufgabe der italienischen Autoren sei, sich dem Geschmack ihrer Leser anzupassen, und nicht umgekehrt, da es sonst unvermeidlich sei, dass die Leser zu Übersetzungen greifen würden. Ciarlantini stimmte Bordero zu und argumentierte, dass ein Buch die Leser anziehen müsse, weil sie es sonst nicht kaufen würden. In der Frage der Übersetzungen sprach er sich gegen jede Form der vorherigen externen Zensur aus und betonte, dass es allein in der Verantwortung der Verleger liege, moralische und kommerzielle Bedürfnisse gegeneinander abzuwägen. In diesem Zusammenhang sah er in einer künftigen Buchkorporation nicht eine regulatorische Zwangsmaßnahme durch die Regierung, sondern allenfalls eine Selbstregulierungseinrichtung: „Il corporativismo fascista vuole salvaguardata e protetta l’iniziativa privata e repelle da tutte quelle forme d’indirizzo socialistoide tipo bolscevico.“13 Dass diese Kampagne die Verleger in Schwierigkeiten gebracht hat, wird durch die vielen Interventionen und Antworten belegt, die sie zu ihrer Verteidigung veröffentlicht haben. Noch im Jahre 1933 versuchten sie, Übersetzungen zu verteidigen, indem sie behaupteten, ihre Wirkung sei in Wahrheit eine positive: […] oggi, per le traduzioni, non siamo più schiavi della Francia: e quando lo sforzo nostro in questo senso si sarà intensificato allora si vedrà che grande parte della diffusione del libro francese in Italia dipendeva dalle traduzioni francesi che noi eravamo costretti ad importare.14

Im Jahre 1934 sehen sich die Verleger schließlich doch gezwungen, zuzugeben, dass die Übersetzungen ein ‚Problem‘ darstellen und dass es wünschenswert wäre, ihre Zahl zu verringern. Anzi, [ci dev’essere una regola] specialmente nelle traduzioni; ché bisogna tener presente quanto il pubblico e la critica dicono, che cioè si traduce troppo, si traduce roba di scarto, si traduce male; e così si rende sempre più aspra la concorrenza della produzione straniera alla produzione nazionale. Non è tutto vero, non è tutto esatto; ma un fondo di verità c’è in tutte le esagerazioni, e va meditato.15

Die Verteidigungsstrategie der Verleger wurde dabei besonders erschwert durch den Einfluss der Statistiken auf die Diskussion, durch die sie sich genötigt fühlten, die 13 14 15

Ciarlantini, Franco: „Per una Corporazione del libro“, in: Giornale della libreria XLVII/11 (17. März 1934), S. 65–66. Aus einem Leitartikel der Zeitschrift Lavoro Fascista, zitiert nach Carlo Marrubini, dem Generalsekretär des Verlegerverbandes in „Le traduzioni e l’Editoria italiana“, in: Giornale della libreria XLVI (November 1933), S. 253–254. Aus einem Artikel von Ciarlantini im Giornale della libreria XLVII (Februar 1934), S. 29. Es handelt sich um den vierten in einer Serie von sechs Artikeln.

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Anzahl der veröffentlichten Übersetzungen zu verteidigen. Demgegenüber wäre es zielführender gewesen, sich auf die Frage zu konzentrieren, was übersetzt werden sollte. In den Augen der Verleger hätte eine angemessene Problemlösung nicht darin bestanden, Übersetzungen zahlenmäßig zu begrenzen und damit ihrer legitimen kommerziellen Tätigkeit zu schaden, sondern darin, durch die Publikation erfolgreicherer italienischer Bücher ein Gegengewicht zur Produktion ausländischer Werke zu schaffen. Inzwischen nahmen die Spannungen jedoch zu, und es begannen sich jene eher politischen und ideologischen Aspekte nationalen Interesses abzuzeichnen, die die Debatte der zweiten Kampagne dominieren sollten. Bei einem Treffen des Verlegerverbandes im April 1934 fasste dessen Vizepräsident Antonio Vallardi das Problem der Übersetzungen in den folgenden Worten zusammen: Altro fenomeno che merita la nostra attenzione è quello delle traduzioni. L’Italia è il paese che traduce di più come prova l’Index Translationum, in modo irrefutabile. (Teniamo pure conto che i dati dell’Index Translationum sono necessariamente incompleti o monchi). E’ un bene o un male che l’Italia sia la maggior tributaria della letteratura straniera?16

Diese Charakterisierung der Permeabilität Italiens im Bereich des Kulturtransfers als Tribut an die fremde Kultur ist außerordentlich signifikant: Sie zeigt einmal mehr den starken Einfluss der Statistiken auf die Debatte und zeugt von dem wachsenden Unbehagen gegenüber der Übersetzungsfrage, mit dem sich spätestens jetzt auch die Verleger auseinandersetzen mussten. Gleichzeitig markiert diese Beschreibung aber auch den Übergang zu jener für die zweite Kampagne charakteristische Neupositionierung des Themas. Hier handelt es sich nun nicht mehr um einen gewerkschaftlichen Konflikt zwischen Autoren und Verlegern über die Konkurrenz durch übersetzte ausländische Romane, sondern um eine Debatte, die dezidiert ideologische Züge annimmt und am Ende darauf hinausläuft, die Produktion der Verlage als unpatriotische und unlautere Praxis zu definieren. 1936–38: Kulturelle Autarkie Die zweite Kampagne gegen Übersetzungen beginnt zeitgleich mit dem Ende des Krieges in Äthiopien und der Gründung des Impero italiano in Ostafrika. Die Zeit ist geprägt von einem Klima nationalistischen Taumels und starker fremdenfeindlicher Ressentiments, insbesondere gegen die großen Kolonialmächte, die es gewagt hatten, Wirtschaftssanktionen gegen Italien zu verhängen und Italien damit sein natürliches Recht auf Expansion zu verweigern. Diese zweite Kampagne unterscheidet sich von der ersten von Anfang an durch die nachdrücklichen institutionellen Anstrengungen, die von der Autorenvereinigung und ihrem Sekretär, dem futuristischen Dichter F. T. Marinetti, initiiert wurden, der mit konkreten Vorschlägen versuchte, das Regime zum Eingreifen zu bewegen, indem er das politische Momentum nutzte, das so günstig für die Durchsetzung kultureller Einschränkungen war. 16

Aus einem Protokoll der Versammlung veröffentlicht im Giornale della libreria XLVII (Mai 1934), S. 111.

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Im Mai 1936 intervenierte Marinetti in der Eröffnungsausgabe der neuen Zeitschrift der Autorengewerkschaft mit dem Titel Autori e scrittori zum Thema Übersetzungen und lancierte zwei Vorschläge, um angesichts der wirtschaftlichen Blockade, „die Verbreitung ausländischer Bücher in Italien einzudämmen und die Veröffentlichung unserer Werke im Ausland zu fördern“17: die Schaffung eines Übersetzerregisters und einer Gewerkschaftskommission für Übersetzungen, der verschiedene Vertreter des Sektors, aber keine Verleger angehören sollten. Die Idee einer Kommission für Übersetzungen wurde während des dritten Jahreskongresses der Gewerkschaft im Oktober desselben Jahres von Ettore Valerio aufgegriffen, mit dem Unterschied, dass nun vorgeschlagen wurde, eine ministerielle Kommission zu bilden, um die „invadenza“ ausländischer Werke einzudämmen. Auch in diesem Fall war eine Beteiligung des Verlegerverbandes nicht vorgesehen. Die Kommission sollte eine präventive Kontrolle über die Qualität der Übersetzungen ausüben und ein Prinzip der Gegenseitigkeit „insbesondere in Bezug auf die Erzähl- und Krimiliteratur“ einführen. Damit bestätigte sich einmal mehr, dass die Wurzel der Kontroverse im Erfolg der übersetzten Populärliteratur zu suchen war. Zum Abschluss des Kongresses wurde angekündigt, in Zusammenarbeit mit den Verlagen eine Liste von Übersetzern zu erstellen, die als Grundlage für ein zukünftiges Register dienen sollte.18 Während der Kampagne wurde diesen beiden Initiativen große Bedeutung beigemessen. Das Register der Übersetzer wurde nie erstellt, aber die Idee einer ministeriellen Kommission für Übersetzungen ist möglicherweise die Inspirationsquelle der Kommission für die „bonifica libraria“, der ‚Kommission zur Säuberung der Literatur‘ gewesen, die im September 1938 vom Minister für Volkskultur Dino Alfieri gegründet wurde und auf die wir noch zurückkommen werden. Abgesehen von den eben beschriebenen institutionellen Vorschlägen war auch die zweite Kampagne von einem starken Interesse für die Übersetzungsstatistik geprägt, das zu hitzigen Debatten führte. Besonders nachdrücklich wurde auf das Faktum der negativen kulturellen Handelsbilanz hingewiesen: […] tuttavia, con la speciosa giustificazione dello scambio, si introducono in Italia libri stranieri in numero non certo corrispondente a quello delle opere dell’ingegno italiano […] che vanno all’estero.19

Die Verleger, die diese „trübe Lawine“ an Übersetzungen begünstigten, galten als „ehrloser Haufen von Antifaschisten und vaterlandslosen Gesellen“20. 17 18 19 20

„[…] arginare la diffusione in Italia del libro straniero e incrementare la pubblicazione di opere nostre all’estero.“ F. T. Marinetti in: Autori e scrittori I/1 (Mai 1936), S. 11–13. Ein detaillierter Bericht über diesen Kongress erschien in Autori e scrittori I/6–7 (Okt.–Nov. 1936). Levi, Mario Attilio: „Il sindacato e i problemi del libro“, in: Autori e scrittori I/5 (September 1936). S. 5–7. „un branco di gente vile e senza onore, antifascista, senza Patria“. Das erste Zitat findet sich in einem Artikel von Bino Sanminiatelli, mit dem Titel „Il problema delle traduzioni“, in: Autori e scrittori II/8–9 (August–September 1937), S. 2–5. Die Beschimpfung der Verleger stammt aus einem Leitartikel des Tiber, der von dem notorischen Antisemiten Telesio Interlandi verfasst

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Einen Höhepunkt erreichte die Kampagne, als Marinetti und Corrado Govoni (Vorsitzender der Gewerkschaft) im Januar 1938 der Sektion Emilia-Romagna der Autorengewerkschaft einen Antrag gegen Übersetzungen zur Abstimmung vorlegten, der von einem besonders aggressiven Kommuniqué begleitet wurde: Consideriamo indispensabile per l’autarchia letteraria ora urgente scartare dalla traduzione e pubblicazione i tre quarti delle opere straniere che alcuni editori impongono, basandosi sul non abbastanza vituperato antico e permanente vizio italiano che noi chiamiamo esterofilia. Questa esterofilia avendo come conseguenza la denigrazione del prodotto letterario italiano trova nella moltiplicazione di mediocrissimi romanzi il suo ignobile alimento.21

Das Kommuniqué repräsentiert beispielhaft die Positionen derjenigen, die den Übersetzungen ablehnend gegenüberstanden. Zunächst einmal schiebt es die Verantwortung für die ‚Invasion‘ den Verlagen zu, indem sie diesen unterstellt, sie würden dem Publikum die ausländischen Romane „aufzwingen“. Damit wird implizit auch die Vorstellung abgelehnt, dass es an den italienischen Autoren sei, zu reagieren und Werke zu produzieren, die der ausländischen Konkurrenz standhalten können. Dabei wird genau jener Geschmack angeprangert, auf dessen Befriedigung die Übersetzungen als verdorbene Früchte der italienischen Esterophilie abzielten. Auf diese Weise bestätigt sich auch, dass es vor allem die ausländischen Romane waren, an denen sich der Unmut der italienischen Autoren entzündet hatte. Der Verlegerverband reagierte auf diese Vorwürfe mit einer ausführlichen Verteidigung. Er wies jeden Vorwurf einer antipatriotischen Begünstigung des Auslandes zurück und erklärte, dass die Übersetzungen stattdessen der italienischen Wirtschaft zugutekämen, denn im Gegenzug zu den 500.000 Lire, die jedes Jahr für die Rechte an ausländischen Werken anfielen, werde in Italien etwa zehnmal so viel investiert, um italienische Übersetzer, Drucker, Buchbinder und italienische Grafiker zu bezahlen. Hanno pensato [i nostri amabilissimi avversari e denigratori] che, in definitiva, è preferibile e più economico far conoscere al pubblico il libro straniero in traduzione italiana piuttosto che nell’edizione originale, il che importerebbe una maggior esportazione di valuta?22

Nach seinen Erläuterungen zum wirtschaftlichen Aspekt der Frage ging der Verband auch auf die Qualität der Texte ein. Einer der häufigsten Vorwürfe bestand darin, die Publikation von Übersetzungen sei antipatriotisch, nicht nur weil sie ausländische Produkte gegenüber italienischen Produkten bevorzuge, sondern auch weil sie die Verbreitung von künstlerisch minderwertiger Literatur (aus dem Ausland) befördere, anstatt anspruchsvolle Werke (aus Italien) zu veröffentlichen. Der Verband antwortete auf diesen Vorwurf, dass die Verleger liebend gerne nur und im Artikel: „L’autarchia editoriale e le traduzioni“, in: Giornale della libreria LI/5 (29. Januar 1938), S. 33–35 wiedergegeben wird. 21 Zitiert nach „L’autarchia editoriale e le traduzioni“, in: Giornale della libreria LI/5 (29. Januar 1938), S. 33–35. 22 „L’autarchia editoriale e le traduzioni“, in: Giornale della libreria LI/5 (29. Januar 1938), S. 34–35.

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Meisterwerke veröffentlichen würden, so sich diese denn regelmäßig finden ließen. Aber die Realität wirtschaftlicher Tätigkeit erfordere eben die laufende Veröffentlichung von Büchern, die sich verkaufen ließen, schlimmstenfalls auch Bücher, die „semplici, modeste e perfino mediocri“ seien und gewiss nicht der „sopraffina cultura di Marinetti e di Govoni“ entsprächen.23 Besonders heikel für die Verleger war die Frage, wie man auf die Kampagne für kulturelle Autarkie reagieren sollte: Wie ließ sich das profitable Geschäft mit den marktgängigen Übersetzungen betreiben, ohne gleichgültig gegenüber den politischen Prioritäten der aktuellen Lage zu erscheinen? Die Versuche, diese Frage zu beantworten, zeigen, dass die Verleger neben den unangenehmen Vorwürfen des Antipatriotismus vor allem Einschränkungen und Zensur durch das Regime befürchteten: Il problema autarchico, impostato secondo le direttive del Capo, è l’imperativo dell’ora attuale e del nostro avvenire. Una speciale autarchia decisamente intesa è possibile raggiungere anche nel campo editoriale, senza che questo significhi per gli editori mettere al bando opere straniere e dedicarsi soltanto alla pubblicazione di opere italiane […]. L’autarchia si può raggiungere nel campo editoriale stimolando una produzione nazionale scientifica, artistica e letteraria sempre più copiosa, mercé la quale, pur non disimpegnandosi dalla necessità di conoscere quel che si fa all’estero, si rendano gli altri Paesi sempre più tributari del nostro.24

Wie schwierig die Position der Verleger war, lässt sich vor allem an Ciarlantinis Hoffnung auf „eine mit Nachdruck praktizierte spezifische Autarkie“ ablesen. Aber die Verleger ließen nicht locker und bestanden darauf, dass es in der Verantwortung der Autoren liege, auf die Konkurrenz ausländischer Werke zu reagieren und Titel zu produzieren, die sowohl verkäuflich seien als auch den moralischen Prioritäten der Zeit entsprächen: […] sarà tanto di guadagnato per il nostro spirito, ma anche per il nostro gusto, il giorno che un rinnovamento, ossia qualcosa di più di una semplice epurazione potrà considerarsi compiuto. Oggi che esso è in atto, viene spontaneo l’augurio di vederlo regolato, invece che da misure di ordinaria polizia del libro (prevenzione e repressione), da un diretto ricorso alla sensibilità e alla responsabilità degli scrittori.25

5. Die späte Reaktion des Regimes: Die Drosselung der ‚Übersetzungsflut‘ Im Juni 1936 wurde Dino Alfieri vom Unterstaatssekretär zum Minister für Presse und Propaganda befördert, nachdem Galeazzo Ciano in das Außenministe23 24

„L’autarchia editoriale e le traduzioni“, in: Giornale della libreria LI/5 (29 gennaio 1938), S. 34–35. Aus einer Rede von Franco Ciarlantini anlässlich der Wahl des neuen Vorstandes der Federazione degli editori im November 1937. Abgedruckt im Giornale della libreria L/48 (27. November 1937), S. 350–357. 25 „Disciplina morale degli scrittori“, in: Augustea (31. Mai 1938), eine von Ciarlantini geleitete Zeitschrift. Zitiert nach: Giornale della libreria LI/24 (11. Juni 1938), S. 185.

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rium gewechselt war. Im Dezember desselben Jahres sandte Alfieri an alle Präfekten des Königreichs ein Rundschreiben, das alle Maßnahmen zur Zensur von Büchern in einem Dokument zusammenfasste, die seit der Einführung einer präventiven Kontrolle im April 1934 eingeführt worden waren.26 Das Rundschreiben bot gleichzeitig die Gelegenheit zu erläutern, welche Politik das Ministerium zu verfolgen gedenke und dass es beabsichtige, dem Buchmarkt besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Im Januar 1937 folgten neue Anweisungen für Verleger und Drucker: Jeden Monat hatten sie von nun an den Büros der ‚Questura‘ eine vollständige Liste der Veröffentlichungen für den abgelaufenen Monat zukommen zu lassen; zusätzlich zu den drei Exemplaren jeder neuen Veröffentlichung, die sie ohnehin schon an die Präfektur zu schicken hatten, musste ein viertes Exemplar direkt dem Ministerium übermittelt werden; und schließlich war das Ministerium jeweils im Vorfeld zu benachrichtigen, wenn die Übersetzung eines ausländischen Werks beschlossen wurde.27 Dies scheint die erste Maßnahme des Regimes gewesen zu sein, die sich speziell auf Übersetzungen bezog. Ein Jahr später folgte ein Telegramm an die Verleger, in dem das Ministerium jedes Verlagshaus aufforderte, ihm unverzüglich eine vollständige Liste aller bereits veröffentlichten und geplanten Übersetzungen zukommen zu lassen. Dass diese Bitte für die Verleger Anlass zur Beunruhigung war, bezeugt die Liste, die Arnoldo Mondadori schickte und bei der sowohl die Gialli als auch die Romanzi della palma nicht berücksichtigt worden waren, „weil es sich um kurzlebige periodische Publikationen (mit vierzehntägigem oder monatlichen Erscheinungsrhythmus)“ handelte. Auf diese Weise konnte Mondadori erklären, dass der Verlag seit der Gründung des Unternehmens bis Dezember 1937 269 Übersetzungen veröffentlicht habe und dass für das Jahr 1938 29 Übersetzungen in Planung seien. In Wirklichkeit waren freilich bis einschließlich 1937

26

27

Im April 1934 hatte das Cover des Romans Sambadù amore negro von Mura (d. i. Maria Volpi) Mussolinis besonderen Zorn erregt, weil darauf ein eleganter schwarzer Mann abgebildet war, der eine ihn anhimmelnde weiße Frau im Arm hält. Für Mussolini war ein solches Bild in einer Zeit, in der die Gründung des Imperiums in Afrika bereits in Vorbereitung war, völlig inakzeptabel. Um eine Wiederholung ähnlicher Fälle zu vermeiden, wurde das Rundschreiben Nr. 442/9532 verfasst, das es zur Pflicht machte, von jeder neuen Veröffentlichung drei Exemplare an die Präfektur zu schicken, bevor sie in den Vertrieb ging. Von diesen dreien verblieb ein Exemplar bei der Präfektur, ein Exemplar wurde an die Generaldirektion für öffentliche Sicherheit und ein Exemplar an das Pressebüro des Ministerpräsidenten weitergeleitet, wobei ein Verfahren zur präventiven Zensur von Büchern eingeführt und das Pressebüro formell in den Prozess einbezogen wurde. Siehe Fabre, Giorgio: L’elenco. Censura fascista, editoria e autori ebrei, Torino 1998, S. 22–28; Bonsaver, Guido: Censorship and Literature in Fascist Italy, Toronto 2007, S. 95–102 und Rundle, Publishing Translations in Fascist Italy, S. 20–25 sowie Rundle, Il vizio dell’esterofilia, S. 28–32. Circolare n. 390/Div.III vom 18. Dezember 1936. Eine Kopie des Rundschreibens findet sich im Zentralen Staatsarchiv (Archivio centrale dello stato): ACS, MI, DGPS, DAGR, Massime, b.S4 (provv.), f. S4A1/1, ‚Disciplina delle pubblicazioni. Circolari‘.

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707 Übersetzungen veröffentlicht worden und standen für das Jahr 1938 noch 91 zur Veröffentlichung an.28 Im September 1938, kurz vor der Einführung der Rassengesetze, gründete Alfieri schließlich die „Commissione per la bonifica libraria“ (Kommission zur Säuberung des Buchwesens). Der Zweck der Kommission war es: […] fissare i criteri precisi e studiare i mezzi più rapidi e più idonei per addivenire ad una revisione totale della produzione libraria italiana e di quella straniera tradotta in italiano. La necessità di tale revisione si è resa tanto più necessaria in relazione alle superiori direttive di carattere razziale.29

In Wirklichkeit scheint sich die Kommission auf die rassistische Zensur des Buchmarktes mit dem Verbot von über 900 meist jüdischen Autoren konzentriert zu haben.30 Erst mit der Intervention des Nachfolgers von Alfieri im Ministerium für Volkskultur, Alessandro Pavolini, findet man die ersten restriktiven Maßnahmen speziell für Übersetzungen. Im Januar 1942 verhängte Pavolini, nachdem er über zwölf Monate mit dem Verlegerverband verhandelt hatte, eine Quote von 25 % für Übersetzungen – eine Maßnahme, die jedoch um 10 % weniger drastisch war als das, was er ursprünglich vorgeschlagen hatte.31 Zusätzlich zu der im Januar 1942 auferlegten Quote ergriff das Ministerium für Volkskultur einige Maßnahmen gegen Kriminalliteratur, die indirekt als Maßnahmen gegen Übersetzungen angesehen werden können, da Kriminalromane weithin als symptomatisch für alle Übel der Übersetzungsflut angesehen wurden. Im Juli 1941 verbot das Ministerium die Veröffentlichung von Kriminalromanen in periodischer Form oder als Fortsetzungsromane, um sie auf diese Weise für die Massen weniger zugänglich zu machen und im August setzte es eine vorgängige Genehmigungspflicht durch, „um eine genauere und wirksamere Kontrolle der Kriminalromane ausüben zu können, sowohl der italienischen als auch derjenigen, die auf Übersetzungen ausländischer Titel beruhen“. Wenige Monate später, im Oktober 1941, beschloss das Ministerium, dass nur noch Verlage, die bereits Krimis im Programm hatten, diese weiterhin veröffentlichen durften, jedoch nur noch einmal im Monat und zu einem Mindestpreis von fünf Lire. Im April 1943 28

Mondadoris Brief wurde am 18. Januar 1938 an Gherardo Casini geschickt und wird in AME, SAM, ‚Minstero Cultura Popolare‘, Mappe 65–66 aufbewahrt. Das Ministerium duldete bis Dezember 1940 Mondadoris manipulierte Listen sowie seine Gewohnheit, für die Übersetzung von als Zeitschriften verkauften Romanen keine Genehmigung einzuholen. Siehe den Brief von Francesco Loriga, Sekretär des Verlegerverbandes, an Arnoldo Mondadori vom 7. Dezember 1940, aufbewahrt bei AME, SAM, „Federazione Nazionale Fascista degli Industriali Editori“, Mappe 42. 29 Aus einer Notiz, die Alfieri am 12. September 1938, einen Tag vor der ersten Sitzung der Kommission für die Säuberung des Buchwesens, für Mussolini geschrieben hat. ACS, MCP, B. 56, „Italienische Buchproduktion und ausländische Bücher in italienischer Übersetzung. Totalrevision“. 30 Die vollständigste Studie über die Arbeit der Kommission ist die von Fabre (L’elenco. Censura fascista, 1998). 31 Vgl. Rundle, Publishing Translations in Fascist Italy, S. 184–190, 194–197 und Rundle, Il vizio dell’esterofilia, S. 150–154, 161–165.

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schließlich wurden Kriminalromane für die Dauer des Krieges ganz verboten, um „den Papierverbrauch weiter zu reduzieren“.32

6. Kinderliteratur Eine Funktion der faschistischen Zensur bestand darin, die Massen – die als intellektuell und kulturell verwundbar galten – vor den vermeintlichen moralischen Auswirkungen von Verbrechen und „ungesunden“ Werken zu schützen.33 In dieser Logik erschienen junge Menschen als besonders verletzlich und mussten deshalb vor allen anderen vor ungesunder oder gar gefährlicher Lektüre bewahrt werden. C’è un altro veleno che il giovane assorbe avidamente e che è forse il più potente: la stampa periodica e il libro cattivo. Qui si tratta di una vera e propria setticemia purulenta. Nessun agente esteriore esercita una influenza più decisiva sulla mente, sul cuore e sui sensi del giovane quanto il periodico domenicale o il libercolo galeotto che egli può acquistare dovunque con pochi soldi.34

Es bleibt schwierig, sich ein wirklich vollständiges Bild von der Situation zu machen, diese hohe Alarmbereitschaft scheint aber das Regime dazu veranlasst zu haben, zumindest gegen Übersetzungen von Kinderliteratur entschlossener vorzugehen als gegen Übersetzungen von Büchern für Erwachsene, und zwar bereits 1938. Im November 1938 fand in Bologna die Konferenz für Kinder- und Jugendliteratur statt, bei der sich eine sehr harte Linie gegen Übersetzungen in diesem Bereich durchsetzte und ein Antrag verabschiedet wurde, der den Ausschluss aller ausländischen Werke forderte sowie die Förderung von Werken, die von den Werten des Faschismus und der italienischen Rasse inspiriert seien.35 Im Anschluss an die Konferenz wurden ausländische Comics offiziell verboten, wobei bei den Disney-Comics („wegen ihres künstlerischen Werts und ihrer substanziellen Moral“) eine Ausnahme gemacht wurde und die Verleger diejenigen Werke weiter veröffentlichen durften, für die sie die Rechte bereits bezahlt hatten und die daher mindestens bis 1941 weiter zirkulierten.36 32 33 34

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Über all diese Maßnahmen wird im Giornale della libreria berichtet: LIV/29–30 (26. Juli 1941): 128; LIV/33–4 (23. August 1941): 134; LIV/43 (25. Oktober 1941): 166; LVI/17 (10. Mai 1943), S. 52. Für weitere Details zu den Schutzmaßnahmen des Regimes siehe Rundle, Publishing Translations in Fascist Italy, S. 16–20 und Rundle, Il vizio dell’esterofilia, S. 25–29. Aus dem Artikel eines hohen katholischen Geistlichen über die Gefährdung junger Menschen durch Kino, Comics und Bücher. Rosa, Cesare: „Veleni“, in: La vita cattolica, 28 (8/1938). Zitiert nach: Meda, Juri: Stelle e strips: la stampa a fumetti italiana tra americanismo e antiamericanismo, 1935–1955, Macerata 2007, S. 99–100. Siehe Giornale della libreria, LI/47 (19. November 1938), S. 327. Das Zitat stammt aus der Direktive des Ministeriums für Volkskultur, zitiert nach: „Direttive ministeriali nel campo della stampa giovanile“, Giornale della libreria LI/47 (19. November 1938), S. 327. Für weitere Einzelheiten über die Politik des Regimes gegenüber Comics und Kinderliteratur siehe Rundle, Il vizio dell’esterofilia, S. 146–150, 158–161); Dunnett, Jane: The ‚Mito Ame-

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Es ist indessen nicht klar, inwieweit tatsächlich gegen Übersetzungen von Kinderbüchern vorgegangen wurde. Die Tatsache, dass das Ministerium für Volkskultur noch 1942 ein Rundschreiben zur Regulierung solcher Übersetzungen herausgab, lässt freilich vermuten, dass selbst in diesem Bereich, wie Caterina Sinibaldi bemerkt, „ein viel größeres Maß an Freiheit bestand, als vom Regime behauptet wurde“, und dass auch in diesem Fall die Reaktion des Regimes viel langsamer erfolgte, als man erwartet hätte.37

7. Schlussbemerkungen Trotz der skizzierten hitzigen Debatte und des starken Drucks der Autoren griff das Regime also erst 1938 in die Frage der Übersetzungen ein, wobei es seine Intervention zunächst auf eine relativ milde Überwachungstätigkeit beschränkte (mit der möglichen Ausnahme der Kinderliteratur) und erst ab 1941–42 tatsächlich Einschränkungen vornahm. Die Kampagne gegen Übersetzungen scheint insofern keine unmittelbare Reaktion des Regimes hervorgerufen zu haben. Die Frage der Übersetzungen war jedoch mit eklatanten Widersprüchen verbunden, die sich sowohl in dem offensichtlichen Kontrast zwischen den Autarkiebestrebungen der Regierung und der zunehmenden Öffnung des Buchmarktes für Übersetzungen niederschlägt als auch in dem Widerspruch zwischen dem faschistischen Streben nach kultureller Expansion und der entgegengesetzten Tendenz eines andauernden ‚Tributs‘, den Italien in Form von übersetzten Werken an fremde Kulturen zahlte. Vieles lässt darauf schließen, dass bis 1938 das ‚Problem‘ der Übersetzungen nicht als ernst genug erachtet wurde, um das Regime zur Einführung von Beschränkungen zu veranlassen, die einem – ungeachtet der von Autorenseite erhobenen Forderung nach kultureller Autarkie – als zuverlässig und loyal geltenden Industriesektor wie dem Verlagswesen hätten schaden können. Möglicherweise war es dem Regime sogar gar nicht so unangenehm zuzusehen, wie die literarische Elite in Schwierigkeiten geriet und gezwungen war, von ihrem „Elfenbeinturm“ herunterzukommen, um sich den Veränderungen des Marktes anzupassen. Tatsache ist, dass sich das Regime erst dann aktiv für die Frage der Übersetzungen zu interessieren begann, als es sich bereits auf die Einführung der Rassengesetze und einen grundsätzlichen massiven Eingriff in die Verlagsfreiheit vorbericano‘ and Italian Literary Culture under Fascism, Rom 2015, S. 348–353; Gadducci, Fabio et al: Eccetto Topolino. Lo scontro culturale tra fascismo e fumetti, Rom 2011; Sinibaldi, Caterina: „Black and White Strips. La razza nei fumetti americani tradotti durante il Fascismo“, in: Petrovich Njegosh, Tatjana/Scacchi, Anna (Hgg.): Parlare di razza. La lingua del colore tra Italia e Stati Uniti, Verona 2012, S. 65–68. 37 Sinibaldi, „Black and White Strips“, S. 67. Das betreffende Rundschreiben hat die Nummer 1487/A, vom 25. März 1942, veröffentlicht im Giornale della libreria LV/18 (10. März 1942), S. 74.

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reitete, und zwar zunächst mit der antisemitischen ‚Säuberung‘ der Schulbücher, die von Giuseppe Bottai, dem damaligen Minister für Nationale Bildung, durchgesetzt wurde, und dann mit der Arbeit der Kommission zur „Bonifica libraria“ unter der Leitung von Alfieri. Das faschistische Regime kam also erst dann dem Autorenwunsch nach restriktiven Maßnahmen nach, als der zur Rechtfertigung des offiziellen Rassismus notwendige kulturelle Alarmzustand geschaffen war und die Rhetorik der kulturellen „Verschmutzung“ auf ausländische Werke ausgedehnt werden konnte,„un’importazione disordinata ed avvelenatrice di dottrine, mode intellettuali, maniere del pensiero, d’arte e di vita interamente estranee al genio e allo stile della razza.“38

Abkürzungen ACS Archivio centrale dello stato, Roma AME Archivio Storico Arnoldo Mondadori Editore, Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori, Milano DAGR Divisione affari generali e riservati DGPS Direzione generale pubblica sicurezza MCP Ministero della Cultura Popolare SAM Sezione Arnoldo Mondadori Aus dem Italienischen übersetzt von Andreas Gipper und Lavinia Heller

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Aus einer Rede von Alessandro Pavolini anlässlich der Eröffnung der Jahrestagung der Associazione Italo-Germanica. Ohne Datum. ACS, MCP, b.103, f. in: „Discorsi ed articoli del Ministro Pavolini“.

La ricezione della narrativa weimariana nell’Italia fascista Mario Rubino (†)1 Abstract: For a foreign literary tradition to propagate itself in a different linguistic region, the target culture must foster knowledge of the foreign language and culture within part of its local population—which is precisely what occurred in Italy with regard to the German-speaking world in the period around World War I. The presence of such a circle of connoisseurs does not suffice in itself, however, if it is not accompanied by conducive publication practices and above all by an interested public. With this background in mind, the present article takes up the following questions: which image of Germany emerged in the period around World War I? And which publication practices, actors, and translation politics were involved in the spread of a particular image of Germany within Italy before 1945?

Un orizzonte d’attesa in rapida trasformazione Affinché una letteratura straniera si diffonda occorre, intanto, che si formi una leva di esperti di quella lingua e di quella cultura nelle sue forme contemporanee, cosa che in Italia si verificò per la prima volta negli anni a cavallo della Grande Guerra – e, per l’area di lingua tedesca, vanno citati, fra i primissimi, i nomi di Giuseppe Antonio Borgese, Giulio Caprin, Alberto Spaini, oltre che evidentemente, di Lavinia Mazzucchetti. Tale presenza da sola, tuttavia, non basta, se non è affiancata da un’editoria disponibile e soprattutto da un pubblico interessato. Quali erano le aspettative, l’orizzonte d’attesa, si potrebbe dire, del pubblico italiano del primo Dopoguerra nei confronti della cultura letteraria tedesca contemporanea, come riflesso delle condizioni di quel paese, la Germania? Gli ingredienti di fondo che andavano a comporre l’immagine della nuova Repubblica di Weimar presso le giovani generazioni italiane (e non soltanto italiane) si distinguevano per la loro contraddittorietà: libero amore e duelli studenteschi, Georg Grosz e Max Liebermann, conferenze sulla psicoanalisi e dibattiti senza fine sulla revisione del marxismo, un mondo che passava dal parossismo dell’allucinazione all’esaltazione della solidarietà umana, per poi abbandonarsi ad 1

Mario Rubino, stimato Professore di letteratura tedesca all’Università di Palermo e raffinato traduttore, è scomparso poco prima della stampa del presente volume. Il suo I mille demoni della modernità (Palermo 2002), a cui si rimanda per una trattazione più approfondita dell’argomento affrontato in questo saggio, è stato ed è ancora oggi un punto di riferimento per gli studi sulla ricezione della letteratura tedesca in Italia tra le due guerre.

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Mario Rubino (†)

un edonismo spensierato, come veniva raffigurato nei film dell’Ufa – Il Dr. Mabuse di Lang, Tragedia nella miniera di Pabst, Il Congresso si diverte di Pommer – il nuovissimo medium cinematografico, che, da quegli anni in poi, si sarebbe affiancato alla narrativa, e via via con più presa di quest’ultima, nella costituzione degli immaginari diffusi. L’inquietante, enigmatica contraddittorietà della realtà tedesca weimariana era comunque la caratteristica saliente che emergeva anche dai dati di un altro medium, ben più tradizionale: il reportage giornalistico. Il travagliato evolversi delle vicende sociali, economiche e politiche della Germania postbellica, con fenomeni come l’inflazione monetaria o la liberalizzazione dei costumi nella ‹babilonica› Berlino, tanto più sensazionali quanto più esorbitavano dallo scontato cliché, tutto ordine e rigore prussiani, che si aveva della Germania anteguerra, contribuì infatti all’invio di stuoli di corrispondenti, che informassero il pubblico dei quotidiani italiani su quel che stava succedendo di là dalle Alpi2.

La Germania nei reportage di Paolo Monelli Paolo Monelli fu in Germania a più riprese, fra il 1922 e il 1926, spedendo alla Stampa, al Corriere della Sera e all’Illustrazione Italiana le proprie corrispondenze, che poi raccolse in volume, nel 1927, col titolo Io e i Tedeschi3. Monelli fa intanto una netta distinzione fra Berlino, «moderna fino alla nevrastenia»4, «sentìna dei più sozzi vizii»5, e tutto il resto della Germania, «la Germania che amammo», con «il suo medioevo ingenuo, i suoi borghesi birraioli, le sue ragazzòle romantiche»6, «la Germania bonacciona che piacque ai nostri vecchi saputi ed ironici»7. Persino una pur grande città come Monaco di Baviera gli sembra «soavissima e perfetta», «refrigerio enorme all’occhio ed allo spirito di chi venga da Berlino, Babilonia inacidita, virago repubblicana con il berretto frigio male acconciato sulle chiome sfatte»8. Nelle descrizioni della «babelica capitale»9 pagine e pagine d’un intero capitolo sono evidentemente dedicate alla «faccenda dei pervertiti, dei viziosi, degli anormali»10, con dettagli e aneddoti dal milieu dei «mille caffeucci equivoci dell’ovest di Berlino, dove bazzicano uomini vestiti da donna, 2

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Oltre alle corrispondenze di Lavinia Mazzucchetti per Il Secolo di Milano, si ricordino, ad esempio: Stacchini, Guido: Straordinarie avventure nella nuova Germania, Milano 1924; o Magrini, Luciano: La Germania d’oggi, Milano 19262, che raccoglie i reportage scritti dal Magrini fra il 1919 e il 1925, come inviato speciale prima del Secolo e poi del Corriere della Sera. Monelli, Paolo: Io e i Tedeschi, Milano 1929. Ibid., p. 27. Ibid., p. 169. Ibid., p. 182. Ibid., p. 257. Ibid., p. 253. Ibid., p. 257. Ibid., p. 108.

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donne in caramella zàzzera e pantaloni, molti russi, molti artisti, molti professori, molti adolescenti»11. Così come altrettanto spazio è dedicato alla mania tedesca del naturismo, della spiritualizzazione della natura e del culto del «corpo come rivelazione religiosa»12; cosa che non convince Monelli, persuaso, invece, com’è che la sola letteratura tedesca contemporanea «che non sia guglielmina e patriottarda è erotica»13, ma di un amore che «sulle scene e nel romanzo e nel giornale e nella vita è portato soltanto come anormale e pervertito»14; cosicché, dopo un’ulteriore tirata contro lo straripare della «stampa licenziosa», si vede costretto a concludere che «c’è del putrido nella marca di Brandenburgo»15. Ma, d’altro canto – e siamo alle contraddizioni che colpivano l’osservatore straniero –, dalla «soavissima» provincia «bonacciona» Monelli non può non riferire delle anacronistiche tradizioni studentesche, prime fra tutte la Mensur, che «nemmeno il nuovo tempo e l’esperienza della guerra» hanno potuto far scomparire, «e tanto meno le nuovissime leggi che la proibiscono, visto che son leggi dell’odiata repubblica democratica che siede lassù nella rossa Berlino»16. Oltre a questi vasti affreschi di costume, quasi a carattere di colore locale, Monelli offre, ovviamente, anche i dovuti ragguagli sulla continua crisi della politica tedesca, senza tralasciare rapidi excursus retrospettivi sulla stagione delle insurrezioni spartachiste e dei vari tentativi di putsch da Kapp a Hitler. In queste digressioni sulla storia più recente l’atteggiamento di Monelli cela a malapena una sorta di complesso di superiorità del cittadino di un Paese che ha saputo «liquidare» col Fascismo e con Mussolini simili tensioni sociali e politiche, visto che il reporter non sa né può capire che anche la ‹marcia su Roma› si sarebbe potuta risolvere in un putsch à la Kapp, se non ci fosse stato, fra l’altro e soprattutto, il complice appoggio della monarchia dei Savoia. Di questo malcelato complesso di superiorità valga come esempio il ritrattino sarcastico di Hitler offerto da Monelli, in un momento in cui, chiaramente, il nostro autore non era certo ispirato da doti di preveggenza sui futuri rapporti italo-tedeschi: L’ex tappezziere e verniciatore viennese ha la faccia della sua professione, e quel naso a cresta e all’insù che è l’ideale dei biondi germani in contrasto con l’uncino meditabondo dei nasi ebrei, sotto il quale naso due spazzolini biondi montan la guardia, con untuosità austriaca, alla bocca di pesce. […] Hitler è volontieri descritto come un pagliaccio. Certo l’esito della sua impresa novembrina [il tentativo di putsch compiuto da Hitler e Ludendorff] non incoraggia ad attenuare questo giudizio. Ma bisogna notare qui che la posizione morale di Hitler è guastata irrimediabilmente dal paragone che i suoi, e gli avversari, ne fanno con Mussolini. Ci son confronti che schiacciano. Chi poteva essere un modesto e bravo imitatore diventa un grottesco impostore17.

11 12 13 14 15 16 17

Ibid., p. 109. Ibid., p. 235. Ibid., p. 236. Ibid. Ibid., p. 237. Ibid., p. 259. Ibid., pp. 56 ss.

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La Germania nei reportage di Corrado Alvaro Anche Corrado Alvaro soggiorna in Germania a più riprese, fra il 1928 e il 1931, scrivendo i propri articoli, fra l’altro, per il settimanale L’Italia letteraria, per la Stampa di Torino e per L’Ambrosiano di Milano.18 Com’è ovvio, data la differenza delle due personalità, rispetto ai reportage di Monelli quelli di Alvaro hanno tutt’un altro tono, meno umoristico, brillante, salottiero, più risentito, pensieroso, in qualche modo tragico. I due autori concordano comunque su non pochi punti: l’americanizzazione della vita berlinese19; il ruolo preponderante svolto dagli ebrei nella finanza e nell’ambiente intellettuale, e il parallelo fenomeno dell’antisemitismo; la novità del cabaret tedesco, ecc. Ma, soprattutto, ambedue si ritraggono inorriditi di fronte al convulso modo di vivere e alla disumanizzante omologazione della Großstadt, della metropoli.20 Sin dall’inizio, però, Alvaro non ostenta la fatua sicumera del fascista italiano al cospetto degli irrisolti problemi tedeschi, assumendo invece un atteggiamento pervaso di problematicismo:

18

Una parte del materiale di questi articoli fu poi riutilizzato, testualmente, dall’autore per il diario Quasi una vita. Giornale di uno scrittore, pubblicato nel 1950. I singoli articoli sono ora stati riprodotti integralmente nell’edizione degli Scritti dispersi. 1921–1956. 19 «Coraggio, Berlino e Berlinesi, un poco di buona voglia, e il vostro sogno, che vi prendano per Americani, sarà presto avverato. Che cosa vuol dire avere dei desideri modesti!» (Monelli, Paolo: Io e i tedeschi, cit., p. 26). «La Germania di ieri è ben morta. […] L’America vi conta la sua migliore colonia morale. Le industrie e i traffici tendono a seguire gli stessi metodi del popolo di oltre Atlantico, e pedissequamente. […] La colonizzazione americana in Germania non è soltanto qual fenomeno di moda che si è riversato su gran parte d’Europa, ma rappresenta per la Germania una evasione corrispondente alle condizioni create dalla guerra, al crollo delle idealità che succedettero al crollo militare; infine al non sentirsi o quasi nel novero dei popoli europei, ma tenuti quasi al bando» (Alvaro, Corrado: Senso della vita tedesca, oggi (1929), in: Scritti dispersi. 1921–1956, Milano 1995, pp. 224 ss.). «La penetrazione dell’America si compie in tutte le nazioni di Europa impercettibilmente, dacché l’America ha al suo servizio il cinematografo, le Veneri fotogeniche, la musica del jazz. È un’invasione a cui l’Europa non ha saputo opporre nulla e che essa subisce senza reazione di sorta. In Germania si è orgogliosi di questa invasione, la si coltiva, le si approntano i veicoli» (Alvaro, Corrado: Il clima intellettuale a Berlino (1929), in: Scritti dispersi, cit., pp. 239 ss.). Comune e costante è comunque, da parte di questi letterati italiani, il voler attribuire a mode o ad altre motivazioni di ordine psicologico (non escluso il sex-appeal delle dive hollywoodiane) le modificazioni della vita quotidiana provocate da una diversa organizzazione della produzione in una fase più avanzata dello sviluppo capitalistico. 20 «Il Cielo ci liberi, noi Italiani, dalla grande città, dalla Grossstadt, noi che non ne abbiamo ancora; il Cielo ci salvi dal triste programma di allineare per chilometri e chilometri pietre su pietre, case accanto a case, gomito a gomito, come reggimenti lanciati in una mischia mortale» (Monelli, Paolo: Io e i tedeschi, cit., pp. 168 ss.). «Per la prima volta [durante la prima guerra mondiale] appariva l’automatismo di intere masse umane che poi formerà il carattere dei grandi agglomerati cittadini. Ed ecco le città sovrappopolate, l’industrialismo arrivare a un punto impensato sotto tutte le latitudini, e all’assurdo proposito di sostituirsi quasi alla natura, gli uomini cacciarsi nelle città come un tempo nelle primitive foreste …» (Alvaro, Corrado: L’inquietudine del nostro tempo (1929), in Scritti dispersi, cit., p. 206).

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Mi si offriva l’occasione di vedere una di quelle parti d’Europa che dicono travagliata dai mille demoni della modernità, uscita da esperienze tutte diverse dalle nostre, per natura addirittura agli antipodi, aperta a tutto quello che nel mondo si è agitato negli ultimi dieci anni, nazionalismo, comunismo, industrialismo, e a quella forma di vita americana che stranamente riassume tutte le tendenze del mondo moderno: la Germania col suo nuovo mito internazionalista ed europeista21.

La Germania, dunque, è vista in contrapposizione all’Italia. Di quest’ultima, infatti, in un articolo precedente, Alvaro aveva detto: «L’Italia non è un paese moderno, o non lo è nell’accezione generale della parola. L’Italiano potrà tradurre per suo uso alcune formule moderne, ma accettarle integralmente non potrà mai»22. E tuttavia, in questa contrapposizione, c’è l’oscuro presentimento di come le nuove forme della vita tedesca costituiscano la prefigurazione di uno sviluppo ineluttabile anche per ‹l’Italiano›, malgrado il suo ‹connaturato› individualismo e la sua «insofferenza a sentirsi numero».23

La Germania di Weimar: un laboratorio della modernità Si è fatto cenno ai reportage di Monelli e di Alvaro come ad un’esemplificazione, nelle loro diverse sfumature, degli elementi di cui si componeva allora l’immaginario italiano sulla Germania di Weimar, non da ultimo con il contributo di quei reportage medesimi. La Germania sconfitta, ma soprattutto Berlino, sembravano aver fatto tabula rasa dei valori su cui si era retto ed era cresciuto il Reich guglielmino. Mentre resistevano le sacche conservatrici della grande provincia, nella ‹rossa› capitale si facevano strada e si affermavano princìpi pacifisti, internazionalisti e iperlibertari, che gettavano un loro vistoso riverbero così sul costume come su ogni forma di espressione artistica. La metropoli berlinese si proponeva, seppure in forme contraddittorie e in una dimensione provvisoria, come una sorta di grande laboratorio della modernità. Ma era sul piano politico che la Germania tutta si configurava per il pubblico italiano come un prolungato banco di prova di quelle tensioni fra Destra e Sinistra che in Italia il Fascismo aveva bruscamente bloccato; come un enorme palcoscenico dove, fra alterne vicende, stavano proseguendo per altri undici anni i colpi di scena di quel dramma su cui in Italia era già calato il sipario. Fatte le dovute distinzioni, c’era, in questa proiezione mitica sulla realtà tedesca della Repubblica di Weimar, qualcosa di simile a ciò che si andrà elaborando

21 22 23

Alvaro, Corrado: ‹Orgoglio e inquietudine› (1929), in: Scritti dispersi, cit., p. 233. Alvaro, Corrado: ‹L’Italia e l’inquietudine del mondo moderno› (1929), in: Scritti dispersi, cit., p. 212. Ibid.

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in quel torno di tempo col ‹mito americano›24. Le nuove realtà sociali e le nuove letterature – tedesca, americana, ma anche sovietica25 – si venivano a porre, in qualche modo, come un’alternativa futuribile agli angusti e arretrati orizzonti della realtà italiana, con i suoi valori regressivi, legati alle idee di universalismo classico, romano e cattolico, e con la sua pseudorivoluzione fascista. Era questa, dunque, l’ottica in cui il pubblico italiano percepì le opere della nuova narrativa tedesca, che cominciarono ad affluire sempre più copiose sui banchi delle librerie a partire dalla fine degli anni Venti.

Il passaggio dell’editoria italiana dall’artigianato all’industria Per completare il quadro preliminare della ricezione della narrativa tedesca contemporanea nell’Italia fascista, resta da affrontare l’aspetto editoriale del fenomeno. Fra il 1922 e il 1928, in sette anni, appaiono in traduzione italiana soltanto cinque opere di narrativa tedesca contemporanea: una di Leonhard Frank, una di Sternheim, una di Ewers e due di Thomas Mann. Nel 1929, all’improvviso, vengono pubblicate in un solo anno dieci opere tradotte. Salgono a sedici nel 1930, sono dodici nel 1931, otto nel 1932, per arrivare all’impennata di ben trentacinque opere tradotte nel solo 1933, proseguendo poi, fino al 1938, con una media di una ventina di titoli all’anno. È vero che una tale ascesa si verifica sull’onda di un incremento generale dell’editoria, che fra il 1928 e il 1930 vede una triplicazione dei titoli pubblicati26, ma la narrativa tedesca supera in modo vistoso questo pur notevole coefficiente di sviluppo. È questa l’epoca, nella storia dell’editoria libraria italiana, che segna il passaggio decisivo dalle vecchie forme artigianali ad una vera e propria industria culturale27, attenta alle esigenze del mercato e pronta a favorirle, se non addirittura a stimolarle. Vecchie e affermate case editrici, come Treves o Sonzogno, non sono in grado di stare al passo con il mutamento, mentre emergono i tre editori destinati a tenere il campo in posizione dominante quasi fino ai nostri giorni: Monda24

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26

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Nel novembre del 1930 Cesare Pavese pubblica il suo primo articolo di americanista su La Cultura (Sinclair Lewis, Premio Nobel 1930), a cui seguiranno, in rapida successione, quelli su Sherwood Anderson (1931), su Edgar Lee Masters (1931), su Hermann Melville (1932), su John Dos Passos (1933), e così via. Anch’esso mediato in larga parte attraverso opere cinematografiche, il ‹mito dell’Urss› lambì solo parzialmente il grande pubblico degli anni Venti e Trenta, coinvolgendo invece soprattutto le avanguardie artistiche italiane di quella sorta di underground che si raccoglieva attorno ad Anton Giulio Bragaglia, Vinicio Paladini e Umberto Barbaro. Cfr., fra l’altro, Carpi, Umberto: Bolscevico immaginista. Comunismo e avanguardie artistiche nell’Italia degli anni venti, Napoli 1981. «Il numero dei titoli editi ogni anno raddoppia fra il ’25 e il ’31, con una accelerazione evidente nel ’29–30, favorita dalla grande ripresa del romanzo (da 478 titoli nel ’28 a 1469 due anni dopo)» (Ragone, Giovanni: ‹Editoria, letteratura e comunicazione›, in: Asor Rosa, Alberto (a cura di): Letteratura italiana. Storia e geografia, vol. III, L’età contemporanea, Torino 1989, p. 1060, n. 56). Cfr. ibid., p. 1048.

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dori, Rizzoli e Bompiani28. Uno dei settori chiave in cui si gioca la partita del rinnovamento e della conquista di nuove masse di lettori è l’area dell’‹immaginario letterario di consumo›, dove si verifica la svolta decisiva verso le traduzioni dalle letterature straniere. In questo ricorso all’importazione dall’estero è implicita la constatazione, da parte degli editori, del profondo disinteresse del più vasto pubblico per la produzione nazionale29, ispirata soprattutto ai problemi di primato dello stile, di ritorno a Strapaese o di fuga verso Stracittà, e quasi sempre compiaciuta della propria ambizione alla «pagina bella, chiusa nel giro della sua perfezione formale»30. Fino al 1930 Mondadori è ancora assente dal settore della narrativa straniera tradotta, proprio quello in cui poi si affermerà decisamente nel decennio fra il 1930 e il 1940. Sono invece già presenti ed attivissime, con apposite collane, due nuove case editrici milanesi, Modernissima e Sperling & Kupfer, ed un’antica fiorentina: Bemporad. Quest’ultima ha messo in piedi la collana «I romanzi della vita moderna», con lo slogan pubblicitario «A lettori moderni – romanzi moderni». Nel 1930, dalla Germania, ha già in catalogo La congiura della «Santa Vema» di Vicki Baum e Classe 1902 di Ernst Glaeser, a cui seguiranno altre opere dello stesso Glaeser, di Leonhard Frank, di Speyer, di Roth e il celeberrimo Grand Hôtel, sempre della Baum, fin quando poi, nel 1938, in seguito alle leggi razziali, la casa editrice verrà arianizzata e si trasformerà in Marzocco. Presso la Società Anonima ‹Modernissima› di Milano è attivo Gian Dauli, una strana figura di letterato, romanziere in prima persona, che ha anch’egli sposato la causa della diffusione delle letterature straniere, cominciando a farsi le ossa presso la casa editrice Sonzogno. Per ‹Modernissima› crea la collana «Scrittori di tutto il mondo», in cui nel 1930 sono già presenti La brutta duchessa e Süss, l’ebreo di Feuchtwanger, La montagna incantata di Thomas Mann, Il patriota e Il diavolo di Alfred Neumann, e che, da lì ad un anno, pubblicherà grandi successi come lo ‹scandaloso› Berlin-Alexanderplatz di Döblin e Il caso Mauritius di Wassermann. Sempre nel 1931 avverrà la fusione di ‹Modernissima› e di Corbaccio, sotto la direzione di Enrico Dall’Oglio, e la collana «Scrittori di tutto il mondo» continuerà per 28

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Su tutta la vicenda editoriale fra gli anni Venti e gli anni Trenta cfr. ibid., pp. 1047–1078. Cfr. anche Sisto, Michele: ‹I ‘tedeschi’ di Bompiani. Sul posizionamento delle collane di narrativa straniera nel campo editoriale intorno al 1930›, in: Ferrando, Anna (a cura di): Stranieri all’ombra del duce, Milano 2019, pp. 212–244. È quello stato di cose che suggerirà a Gramsci più di un’annotazione nei suoi Quaderni, in merito alla subordinazione «all’egemonia intellettuale e morale di altri popoli». Così, ad es.: «Ma è vero che non ci siano libri molto letti? ci sono, ma sono stranieri e ce ne sarebbero di più se fossero tradotti, come i libri di Remarque. […] In Italia c’è distacco tra pubblico e scrittori e il pubblico cerca la ‹sua› letteratura all’estero, perché la sente più ‹sua› di quella così detta nazionale» (Gramsci, Antonio: Quaderni dal carcere, a cura di Valentino Gerratana, Torino 1975, vol. III, pp. 2252 ss.). Manacorda, Giuliano: Storia della letteratura italiana tra le due guerre. 1919–1943, Roma 1980, p. 237.

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le Edizioni Corbaccio, affiancata, nel settore delle letterature straniere, dall’altra collana de «I Corvi». Fondata a Milano negli anni Venti da uno svizzero italianizzato, Harry Betz, la casa editrice Sperling & Kupfer affida nel 1929 a Lavinia Mazzucchetti la direzione della collana «Narratori nordici». Una grande rivincita per la Mazzucchetti, che due anni prima si era vista rifiutare da un grande editore milanese (presumibilmente Treves) la pubblicazione ‹a costo zero› di Disordine e dolore precoce di Thomas Mann31. Inizialmente la collana della Mazzucchetti è come un’esplosione a lungo compressa. Nel giro di un solo anno, il 1929, pubblica Carlo e Anna di Leonhard Frank, Disordine e dolore precoce e Cane e padrone di Thomas Mann, Le orecchie del signor marchese di Wassermann e La morte del piccolo borghese di Franz Werfel. Seguiranno poi, fin verso la fine degli anni Trenta, numerose opere di altri autori (fra cui Stefan Zweig, Hesse, Carossa), con un ritmo un po’ rallentato dall’impegno della Mazzucchetti quale consulente germanista per l’editore che andava invadendo sempre più il campo delle traduzioni di narrativa straniera: Arnoldo Mondadori. Mondadori, si diceva, nel 1930 – mentre le tre collane degli altri editori citati avevano preso un promettente abbrivio – è ancora assente; recupererà però ben presto il terreno perduto. Alla fine del 1930, nella nuova collana «I romanzi della guerra», appare La questione del sergente Grischa di Arnold Zweig. Dalla Germania, nella stessa collana, seguiranno, fra 1931 e il 1932, Niente di nuovo sul fronte occidentale e La via del ritorno di Remarque e Caterina va alla guerra di Adrienne Thomas. La censura fascista impone tagli per circa 150 pagine al romanzo di Zweig e sequestra Niente di nuovo sul fronte occidentale di Remarque32. È a questo punto che Mondadori ingaggia una sorta di vertenza con l’Ufficio Stampa della Presidenza del Consiglio, uno degli organi preposti alla censura libraria, adducendo il buon argomento, secondo cui una larga parte di opere proibite circolava in Italia nell’edizione francese, su cui meno rigido era il divieto di vendita. Ma a questo modo si sottraeva ingiustamente lavoro e guadagno alle maestranze italiane. Solo per il libro di Remarque, Mondadori, esagerando un po’, sosteneva di aver perso il ricavato di 200.000 copie33. Con due iniziative in parallelo Mondadori recupera comunque ben presto lo spazio perduto: la «Medusa» inizia le sue pubblicazioni nel 1933 e viene ad affiancare l’altra collana di letteratura straniera, «I romanzi della palma», fascicoli ben rilegati e illustrati, dapprima mensili e subito dopo, visto il successo, quindicinali, che hanno cominciato ad invadere edicole e librerie nel 1932. Il discrimine fra 31

Cfr. Barrale, Natascia: ‹La letteratura tedesca dei Narratori nordici›, in: Ferrando, Anna (a cura di): Stranieri all’ombra del duce, cit., pp. 167–183. 32 Su tutta quanta la vicenda de «I romanzi della guerra» e sui primi scontri di Mondadori con la censura, cfr. Albonetti, Pietro: ‹Introduzione. Trafile di romanzi›, in Id. (a cura di): Non c’è tutto nei romanzi. Leggere romanzi stranieri in una casa editrice negli anni ’30, Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori, Milano 1994, pp. 61–66. Cfr. anche Rundle, Christopher: Publishing Translations in Fascist Italy, Oxford 2010. 33 Cfr. Albonetti, Pietro: ‹Introduzione›, cit., p. 62.

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«Medusa» e «Palma» non si fonda tanto sul tipo di autori e neanche, a ben vedere, sul livello di letterarietà delle opere, quanto piuttosto su quello che oggi si chiamerebbe il target di lettori che si vuole raggiungere. Le opere della «Palma» sono di più facile approccio, storie abilmente costruite, ricche di tensione e di colpi di scena, su temi escapistici cari al pubblico, soprattutto femminile; quelle della «Medusa» presuppongono un lettore più interessato al fatto letterario in sé e disposto a confrontarsi con più profonde problematiche sociali, storiche e ideali. E che il discrimine non sia tanto fra letteratura ‹triviale› e letteratura ‹alta› lo si rileva anche dal fatto che, fra gli autori della «Palma», figurano nomi di tutto rilievo letterario come Saint-Exupery, Mauriac, Maurois, Hauptmann, Shaw o Scott Fitzgerald34. Il vero discrimine, quello del target, è sancito anche dalla veste editoriale e, conseguentemente, dal prezzo: 3,50 lire per un fascicolo della «Palma», 10 lire e oltre per un volume della «Medusa». All’incirca identico, comunque, il successo presso le due fasce di pubblico, con una rapida stabilizzazione delle tirature della «Palma» sulle 30.000 e di quelle della «Medusa» sulle 20.000 copie35. Mentre la Mondadori fra il 1932 e il 1935 raggiunge rapidamente il suo ruolo di casa editrice egemone, altri due editori si affacciano alla ribalta delle traduzioni di letteratura straniera contemporanea con proprie collane specifiche: Bompiani e Frassinelli. Bompiani si concentra soprattutto sulle opere di Erich Kästner, del quale, fra il 1931 e il 1935, pubblica quattro titoli, fra cui Emilio e i detectives e Fabian, e ottiene un notevole successo con Transatlantico di Gina Kaus36. Frassinelli lancia in Italia Franz Kafka, con Il processo (1933) e Il messaggio all’imperatore (1935). A testimoniare l’impossibilità di intaccare la posizione di Mondadori in questo settore sono però eloquenti le cifre: dei 234 titoli di opere letterarie contemporanee tradotte dal tedesco fra il 1922 e il 1945, che è stato possibile accertare per questo studio, ben 95 sono editi da Mondadori. Per trovare un possibile concorrente bisogna scendere ai 30 titoli di Sperling & Kupfer, che è seguito da «Modernissima»/ Corbaccio con 20 titoli, mentre Bompiani e Frassinelli ne pubblicano 10 a testa. Circa una possibile classifica degli autori più tradotti, essa è guidata senz’altro da Stefan Zweig, con 19 titoli37; lo segue Vicki Baum con 13 titoli, più uno tradotto da due diversi editori38; 13 titoli vanta anche Jakob Wassermann; si ha quindi Thomas Mann con 10 titoli, più uno tradotto due volte39; e poi Erich Kästner e Hans 34 35 36 37 38 39

Cfr. ibid., p. 82, n. 165. Su questi dati editoriali, cfr. ibid., pp. 100 ss. Autrice che gli viene però subito ‹soffiata› da Mondadori, essendo, fra l’altro, una tipica scrittrice da «Romanzi della palma». In quest’ultima collana, tutt’e due nel 1934, della Kaus usciranno Domani alle nove e Le sorelle Kleh. Fra Sperling & Kupfer, Mondadori e Gregoriana, di Stefan Zweig si arrivano a tradurre ben 5 opere nel solo anno 1935. Si tratta di La via del palcoscenico, che nel 1934 fu tradotto contemporaneamente da Mario Benzi per Mediolanum e da Alfredo Pitta per Mondadori. Di Altezza reale, nel 1933, appaiono contemporaneamente due edizioni: una tradotta da Lamberto Brusotti per Barion, e l’altra tradotta da Isabella Douglas Scotti per la collana «I corvi» del Corbaccio.

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Fallada, con 8 titoli ciascuno; Franz Werfel con 6 titoli; e quindi, con 5 titoli, Hans Carossa, Lion Feuchtwanger, Leonhard Frank, Bernhard Kellermann, Joe Lederer ed Ernst Wiechert40. Tranne Thomas Mann, Hans Carossa ed Ernst Wiechert, tutti autori evidentemente di facile e scorrevole lettura.

Il «patto d’acciaio» e le sue conseguenze Riguardando la nostra graduatoria, però, è anche immediata la constatazione che, fra gli autori più tradotti in Italia dal 1929 al 1938, la stragrande maggioranza (Stefan Zweig, Vicki Baum, Thomas Mann, Franz Werfel, Leon Feuchtwanger, Leonhard Frank, Joe Lederer) nel 1933 era stata costretta a lasciare la Germania, trattandosi o di ebrei o di antinazisti. Jakob Wassermann, stiriano, anch’egli ebreo, morì in Austria nel 1934, ma le sue opere, in Germania, erano già state date alle fiamme. E tutti gli altri, rimasti in Germania, erano o boicottati (Bernhard Kellermann, Ernst Wiechert) o maltollerati, con saltuarie detenzioni (Erich Kästner). Fanno parzialmente eccezione soltanto Hans Carossa e Hans Fallada, per l’ambigua posizione da loro assunta dopo il consolidamento del regime nazista. Era anche ovvio che fosse così, data l’irrilevanza e soprattutto l’inesportabilità della narrativa schiettamente nazista (Erwin Guido Kolbenheyer, ad es.). Di questo stato di cose Arnoldo Mondadori era ben consapevole sin dall’inizio. In una lettera dell’ottobre 1933 così scriveva a Enrico Rocca, uno dei collaboratori della casa editrice nel campo delle traduzioni: «Gli scrittori della Germania d’oggi che abbiano fama internazionale sono pochi – la maggior parte è rappresentata da quelli che sono fuggiti o allontanati»41. L’evolvere della situazione politica italiana, specie in relazione ai nuovi rapporti fra Italia fascista e Germania nazista, non poteva rimanere senza conseguenze per questa splendida prima stagione della divulgazione della narrativa tedesca nel nostro Paese. Già sin dal principio degli anni Trenta la censura editoriale si era fatta via via più occhiuta e repressiva42. Nel settore delle pubblicazioni di autori tedeschi contemporanei la situazione, comunque, precipitò nel novembre del 1938 con la stipula di uno specifico accordo culturale fra l’Italia e la Germania, che era un passo avanti nella crescente solidarietà fra i due stati totalitari, quell’‹Asse Roma – Berlino› auspicata da Mussolini alla fine del 1936 e sanzionata internazionalmente dal ‹patto d’acciaio› del maggio 1939. 40 41 42

In questa classifica seguono con 4 titoli: Katrin Holland, Alfred Neumann, Joseph Roth, Wilhelm Speyer e Arnold Zweig. Con 3 titoli: Alfred Döblin, Franz Kafka ed Erich Maria Remarque. Con 2 titoli: Hermann Hesse. La lettera è del 9.10.1933 ed è conservata nel Fondo Arnoldo dell’Archivio della Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori, cit. da Albonetti, Pietro: ‹Introduzione. Trafile di romanzi›, cit., p. 86. Cfr. Rundle, Christopher: Publishing Translations, cit.

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I preparativi dell’accordo e la nuova legislazione razziale, emanata anch’essa nell’autunno del 1938, fecero sì che in quel torno di tempo librerie e case editrici italiane venissero epurate di qualsiasi pubblicazione di autore ebreo o comunque sgradito agli alleati germanici. Di fatto, in un Paese come l’Italia, la vendita di certi libri continuò per qualche tempo sottobanco. Alle autorità diplomatiche tedesche, che deplorarono quest’andazzo in occasione dell’incontro della Commissione culturale italo-tedesca del giugno 1940, fu rivolta italianamente preghiera di «aver pazienza, in quanto la situazione economica del settore librario non consentiva cambiamenti incisivi e improvvisi»43, visto l’interesse delle case editrici a liberarsi delle rimanenze. Nel novembre del 1940 l’ambasciatore a Roma Mackensen poteva comunque rassicurare il suo superiore Ministero degli Esteri berlinese che «anche le ultime poche opere [erano] scomparse dalle librerie»44. Fra il 1938 e il 1939 tutte le traduzioni dalle letterature straniere calano di metà rispetto al 193445. Nel 1940 in Italia si traducono soltanto 6 opere di narrativa tedesca contemporanea e per tutta la durata della guerra il numero rimarrà largamente al disotto delle alte medie raggiunte nel periodo fra il 1930 e il 1937. Da parte dei consulenti delle case editrici inizia una sorta di resistenza passiva ai pressanti suggerimenti che arrivano agli editori dalla Germania nazista. Nel 1939 Lavinia Mazzucchetti, proponendo, tanto per mediare, una raccolta di racconti di Hans Grimm46, inserisce nel suo parere di lettura questo giudizio: D’altra parte nella stessa Germania non riescono a scovare narratori leggibili e esportabili. Tollerano Fallada, ma non si fa certo cosa gradita alla Kulturkammer prendendo quello! E non possiamo gettare mattoni nazionalsocialisti sulla testa incolpevole dei lettori italiani.47

Sporadicamente, si hanno dei cedimenti. Fra il 1942 e il 1944 Corticelli pubblica Ina Seidel, Salani Bruno Brehm, Frassinelli Hanns Johst e Rudolf Binding, Guanda Hans Friedrich Blunck, Gentile a Milano e Montuoro a Venezia Richard Billinger, Einaudi Ernst von Salomon. Anche Mondadori e Bompiani pubblicano finalmente qualcosa di Ernst Jünger, e nel 1943, a corto di rifornimenti, viene persino ripescato, per gli «Omnibus», Il villaggio sepolto nell’oblio di Theodor Kröger, un romanzaccio «psicopatico e nazionalista», sconsigliato già nel 1935 dalla Mazzucchetti col parere: «Se si volessero raccogliere documenti per provare tutte le doti più irritanti ed odiose dei tedeschi, sarebbe un ottimo libro»48.

43 44 45 46

47 48

Voigt, Klaus: Il rifugio precario. Gli esuli in Italia dal 1933 al 1945, Firenze 1993, p. 97. Ibid., p. 98. Cfr. Ragone, Giovanni: ‹Editoria, letteratura e comunicazione›, in: Asor Rosa, Alberto: Letteratura italiana, cit., p. 1100, n. 27. Si tratta de Il tribunale nel Karru, n. 102 della «Medusa». Ma, ancora nel febbraio del 1945, in piena Repubblica di Salò ormai al declino, la Mazzucchetti riesce a bloccare la traduzione di Volk ohne Raum dello stesso Grimm, il libro che, col suo titolo, aveva creato uno degli slogan del revanscismo tedesco. Cfr. Albonetti, Paolo (a cura di): Non c’è tutto nei romanzi, cit., pp. 446 ss. Ibid., p. 443. Ibid., p. 341.

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Di mezzo a questi cedimenti, affiorano però qua e là coraggiose sortite di contrabbando attraverso le maglie della censura. È il caso, nel 1942 da Mondadori, di Las Casas, l’apostolo degli Indios di Reinhold Schneider, un autore, esponente dell’opposizione cattolica al Nazismo, che dal 1940 aveva ricevuto il divieto di pubblicare in Germania. O nel 1943, sempre da Mondadori, di Scipione. Silla. Augusto di Albrecht Haushofer, che già nel 1941 era finito una prima volta nelle carceri naziste e che sarebbe stato uno dei congiurati dell’attentato a Hitler del 20 luglio 1944. O è ancora il caso, nel 1942, da Bompiani dell’antologia Germanica, curata da Leone Traverso. Germanica appare nel 1942 nella collana di antologie «Pantheon letterario», la stessa in cui in quell’anno usciva anche la più celebre Americana, curata da Elio Vittorini, seppure col compromesso delle travisanti note introduttorie di Emilio Cecchi. Le trasgressioni di Germanica cominciano dall’apparato illustrativo, in cui fanno la loro comparsa, come esempi della pittura contemporanea tedesca, soltanto riproduzioni da Emil Nolde, Franz Marc, Otto Mueller e Oskar Moll, la cui ‹degenerazione› era stata certificata ufficialmente dall’esposizione di loro opere nella mostra della Entartete Kunst, organizzata da Goebbels a Monaco nel luglio del 1937. Quali esponenti della letteratura più recente, nell’ultima sezione figurano unicamente Rilke, Hofmannsthal e Binding, dei quali solo quest’ultimo poteva considerarsi ben accetto alla cultura ufficiale nazista. Ma il colmo si ha nell’introduzione critica a questa sezione, dal titolo Vie nuove. Qui Traverso, senza neanche tante acrobazie dialettiche, tesse le lodi di autori come i fratelli Thomas e Heinrich Mann, Alfred Döblin, Leonhard Frank, Franz Werfel, Ernst Toller, Bertolt Brecht, ecc., «inquieti in rivolta», artefici di uno «‹Sturm und Drang› rinnovato»49, donde «il bando dato alla maggior parte di questi autori dal movimento politico impostosi successivamente alla testa del Reich, il quale all’idea di rivoluzione interna accoppia la volontà di riscatto nazionale»50. Ma, subito dopo, si passa ad elogiare «la fluida simpatia umana di un Werfel» e, soprattutto, «la nudità dolorosa di un Kafka, il rigore kantiano con cui nella sua allucinata prosa si denuncia l’impossibilità di vivere così, su questa terra, e si reclama una giustizia d’altre sfere»51. Per concludere infine, in toni appena dissimulati dalla Sklavensprache: Della letteratura più recente e accettata, che conta nomi come Carossa e Wiechert, E. Strauss e H. Hesse, M. Mell e Kolbenheyer, accanto a una dozzina d’altri – si può qui solo dire che segue onesta e cauta la via indicata52.

Negli ultimi anni, man mano che il protrarsi della guerra sbarra sempre più i circuiti internazionali, le collane di letterature straniere assumono uno strano aspetto. Le agenzie letterarie interne al ‹nuovo ordine europeo› propongono autori al-

49 50 51 52

Traverso, Leone: ‹Vie nuove›, in Id. (a cura di): Germanica. Raccolta di narratori dalle origini ai nostri giorni, Milano 19432, p. 1005. Ibid. Ibid. Ibid.

La ricezione della narrativa weimariana nell’Italia fascista

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trimenti poco noti. È la volta di danesi, ungheresi, norvegesi, per lo più ritradotti dal tedesco, autori iperborei di romanzi a sfondo esotico. Ma le menti e le speranze sono già rivolte al dopo. È assai significativa, da questo punto di vista, l’annotazione apposta da Luigi Rusca, uno dei responsabili della «Medusa», al parere di lettura che la Mazzucchetti stila nel febbraio del ’43 sul romanzo Bernadette di Werfel. La Mazzucchetti trova il «soggetto nuovo e affascinante», definendo il libro «una bell’opera che sarebbe molto bello poter pubblicare e che avrebbe un gran pubblico». E Luigi Rusca annota di suo pugno in margine al parere: «Non si potrebbe acquistare e poi attendere tempi migliori?». Nel 1946 Bernadette fu uno dei primi volumi della «Medusa» postbellica.

ÜBERSETZUNGSTHEORIE UND ÜBERSETZUNGSPRAXIS IM ZEITALTER DES ITALIENISCHEN FASCHISMUS

La traduzione in Benedetto Croce e Karl Vossler fra teoria e pratica Diego Stefanelli Abstract: The paper deals with two important Kulturvermittler between Italian and German cultures in the first half of the 20th century: Benedetto Croce and Karl Vossler. As their letters clearly show, both were well aware of the role that translation played not only in the cultural mediation between the two countries but also in the promotion of their own works in the German and Italian cultural systems respectively. Moreover, both Croce and Vossler understood translation as an aesthetic and a linguistic question at once. On the one hand, Croce’s ideas on translation, which are usually associated to the “impossibility” of (poetic) translation, should be considered together with his activity as a translator (of Goethe’s poetry, among other works). On the other hand, Vossler’s linguistic, aesthetic, and literary reflections on translation – from his edition of Goethe’s translation of Cellini’s Vita (1905–1905) to his theoretical writings in Geist und Kultur in der Sprache (1925) – as well as his remarkable activity as a translator (Romanische Dichter, 1936) remain all too obscure today and merit rediscovery.

Il binomio Croce-Vossler è un caso esemplare di Kulturvermittlung fra Italia e Germania nella prima metà del Novecento. I rapporti profondi di Croce col mondo tedesco e in generale la sua funzione di «Vermittler zwischen deutschem und italienischem Geistesleben»1 sono ben noti2. «Il trait-d’union per lui con la vita intellettuale e politica della Germania»3 fu proprio Karl Vossler, uno dei più influenti Romanisten del primo Novecento. Strettamente legato all’Italia (aveva studiato a Roma a fine Ottocento e aveva sposato la figlia di Domenico Gnoli, Ester), svolse un ruolo importante nella ricezione della cultura italiana in Germania nei primi decenni del Novecento. Come si inseriva la traduzione nell’opera di mediazione culturale dei due studiosi? Che posizione occupò nel loro pensiero?

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Cf. K. E. Lönne, Benedetto Croce. Vermittler zwischen deutschem und italienischem Geistesleben, Tübingen/Basel 2002. Cf. tra gli altri G. Furnari Luvarà, S. Di Bella (a c. di), Benedetto Croce e la cultura tedesca, Firenze 2013; A. Orsucci, «Politica e ‹alta politica›: Croce e la Germania» e D. Conte, «La Germania che abbiamo amata», entrambi in: Croce e Gentile (Roma 2016). D. Coli, Croce, Laterza e la cultura europea, Bologna 1983, p. 75.

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1. Traduzione ed editoria: Kulturvermittlung e auto-promozione Ho pronunziato ieri quella conferenza pubblica sulla lirica del Poliziano. Non m’è mancato né l’interesse né gli applausi del pubblico. Sanno così poco di cose italiane e hanno tanta voglia di saperne, che non potrei augurarmi pubblico più grato, né meno critico […]. In quanto a me mi tengono occupato le lezioni e quel benedetto compendio della letteratura italiana4.

Nella sua prima lettera a Croce, scritta da Heidelberg il 13 novembre 1899, Vossler si mostrava già consapevole del proprio ruolo nella diffusione della letteratura italiana in Germania. Il «benedetto compendio» di cui si legge è la Italienische Literaturgeschichte5, un libro per così dire divulgativo concepito per il pubblico tedesco. Negli stessi anni, Vossler era impegnato anche a far conoscere agli italiani la letteratura tedesca moderna, con una Rassegna di letteratura tedesca6 apparsa sulla Rivista d’Italia7. Una parte importante del carteggio tra i due studiosi (in particolare negli anni Dieci) riguardava la promozione reciproca nei rispettivi paesi, tanto attraverso annunci in rivista quanto attraverso le traduzioni. Nel 1902 Vossler aveva pubblicato, sulla Allgemeine Zeitung, un resoconto dell’Estetica di Croce, che questi lesse con piacere soprattutto perché gli permetteva di farsi conoscere, come gli scrisse il 14 settembre 1902, «nei circoli scientifici tedeschi»8. Da parte sua, Vossler avrebbe voluto tradurre l’opera: «Se per ora non fossi costretto a pensare ai miei lavori e alla mia carriera», gli scriveva il 1° agosto 1902, «mi farei un piacere di tradurre l’opera Sua, fermamente convinto di far cosa più utile con questa traduzione che coi saggiarelli miei»9. In quegli anni, però, si limitò a verificare la qualità delle traduzioni tedesche delle opere dell’amico. In particolare, controllò la traduzione di Ciò che è vivo e ciò che è morto nella filosofia di Hegel (1907) a opera di K. Büchler10 e del Breviario di Estetica, tradotto da Theodor Poppe nel 191311. Di entrambe

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Carteggio Croce-Vossler 1899–1949, a c. di E. Cutinelli Rèndina, Napoli 1991, p. 15–6 [da ora, Croce-Vossler]. K. Vossler, Italienische Literaturgeschichte, Leipzig 1900. «Ho letto nella ‹Rivista d’Italia› la vostra prima Rassegna di letteratura tedesca», scriveva Croce a Vossler il 23 febbraio 1904; «è assai interessante ed ottimamente fatta; e vi esorto a continuarle perché gioveranno assai alla conoscenza della letteratura tedesca moderna in Italia» (Croce-Vossler, p. 53). Vossler informava il pubblico italiano su autori come Max Halbe, Peter Rosegger, Paul Heyse, Gerhart Hauptmann, tra gli altri. Rimando alla indispensabile bibliografia di Ostermann per l’elenco preciso degli interventi e degli argomenti trattati (T. Ostermann, Bibliographie der Schriften Karl Vosslers 1897–1951, mit einem Nachruf auf K. Vossler vorgelegt von H. Rheinfelder am 10. März 1950, München 1951). Cf. K. Vossler, «Rassegna di letteratura tedesca», in Rivista d’Italia 1/2 (1898), pp. 768–774; 1/3 (1898), pp. 788–794; 2/2 (1899), pp. 155–162; 7/1 (1904), pp. 334–341. Croce-Vossler, p. 36. Ivi, p. 35. Cf. B. Croce, Lebendiges und Totes in Hegels Philosophie, mit einer Hegel-Bibliographie, Heidelberg 1909. Cf. B. Croce, Grundriss der Aesthetik. Vier Vorlesungen, Leipzig 1913.

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fu poco soddisfatto. Soprattutto sulla prima il suo giudizio era assai negativo, e lo portava a esprimere nuovamente il desiderio di tradurre lui stesso Croce: Ho ricevuto le prime bozze della traduzione del tuo Hegel – scriveva a Croce il 25 novembre 1908 – e ho cominciato a confrontarle con l’originale; ma sono così poco contento di questa traduzione che dovrei fare delle correzioni troppo incisive e tanto ampie che equivarrebbero ad una nuova traduzione […]. È inutile, questi tedeschi non ti sanno tradurre. Se non fossi sovracaricatissimo di altri lavori, manderei tutto a monte e ti tradurrei io. Mi fa una pena immensa vederti involto in un terribile Schlafrock tedescone, che ti ingoffa; ove so che saprei tagliarti addosso una vestarella agile, elegante e chic da poterti presentare nella miglior società letteraria di tutta la Germania – senza tradire la napoletaneità della tua stoffa12.

Nonostante la convinzione di poter essere il traduttore tedesco ideale di Croce, Vossler lo tradusse complessivamente poco: la sua indubbia opera di mediazione del pensiero crociano nel contesto tedesco si attuò soprattutto attraverso la sua concreta produzione scientifica. Senz’altro più significativa sul piano editoriale fu l’azione di Croce, che si fece promotore della diffusione di molte opere di Vossler in Italia. Per certi versi emblematica è la traduzione italiana dei due scritti del 1904 e 1905 (Positivismus und Idealismus e Sprache als Schöpfung und Entwicklung)13, apparsa nel 190814. Nel complesso, i volumi principali di Vossler furono, grazie alla mediazione di Croce, tradotti e pubblicati in Italia15. Un caso interessante è, fra gli altri, la traduzione di un volume che compendiava la funzione di studioso e Kulturvermittler di Vossler: la Italienische Literatur der Gegenwart16, nella quale aveva raccolto le lezioni di letteratura italiana moderna e contemporanea tenute nel marzo 1914 al Freies Deutsches Hochstift di Francoforte sul Meno. Come scrisse nella Premessa, si era ispirato agli articoli della Letteratura della Nuova Italia. Anche la struttura del libro dimostrava l’influenza crociana: si iniziava col Romanticismo e, passando per Carducci, il verismo, il futurismo, Pascoli e D’Annunzio, si arrivava a Croce stesso, considerato l’esponente principale delle correnti migliori della cultura italiana contemporanea. Da parte sua, Croce non poteva non apprezzare un’opera che presentava le sue opinioni sulla letteratura italiana contemporanea e si richiamava esplicitamente ai suoi articoli sull’argomento. Il volume avrebbe potuto essere un utile alleato nel dibattito interno: un libro nato per divulgare la letteratura italiana in Germania poteva assumere una nuova funzione, una volta tradotto e introdotto nel contesto 12 13 14 15 16

Croce-Vossler, p. 118. Cf. K. Vossler, Positivismus und Idealismus in der Sprachwissenschaft. Eine sprachphilosophische Untersuchung (Heidelberg 1904); Id., Sprache als Schöpfung und Entwicklung. Eine theoretische Untersuchung mit praktischen Beispielen (Heidelberg 1905). Cf. K. Vossler, Positivismo e idealismo nella scienza del linguaggio. Trad. di T. Gnoli, Bari 1908. Rimando, anche su questo punto, alla bibliografia di Ostermann. Rimangono esclusi i due importanti volumi di filosofia del linguaggio degli anni Venti: Gesammelte Aufsätze zur Sprachphilosophie (München 1923) e Geist und Kultur in der Sprache (Heidelberg 1925). Cf. K. Vossler, Italienische Literatur der Gegenwart von der Romantik zum Futurismus, Heidelberg 1914.

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italiano. Ne propose perciò la traduzione17, che uscì nel 191618, intrecciandosi con i tragici eventi della Grande Guerra. «Non avrei creduto possibile», aveva scritto Vossler a Croce il 24 settembre 1914, «che due popoli alleati potessero perdere a tal punto e in così poco tempo ogni contatto morale e politico»19. Il caso di Vossler è, per certi versi, sintomatico degli effetti che la guerra produsse sulla Romanistik primonovecentesca: se fino allo scoppio della guerra egli si era occupato soprattutto di italianistica e francesistica, a partire dagli anni Venti, parallelamente a un progressivo allontanamento dalla cultura francese, si inoltrò nel campo dell’ispanistica, che divenne sempre più importante a partire dagli anni Trenta20. Quanto all’Italia, negli anni Venti il rapporto con Croce e con gli amici italiani fu sostanzialmente ricucito. Anzi, è interessante notare che le poche traduzioni vossleriane di Croce si collocano proprio in questo periodo: all’inizio degli anni Trenta tradusse la conferenza tenuta dal filosofo al settimo Congresso Internazionale di Filosofia a Oxford il 3 settembre 1930, intitolata Antistoricismo (e pubblicata quell’anno sulla «Critica»)21. Croce fu tanto soddisfatto della traduzione da inviare all’amico, negli stessi giorni, i primi tre capitoli della Storia d’Europa nel secolo decimonono. Vossler li lesse con grande interesse: Ho letto con molto piacere i tuoi capitoli introduttivi – gli scriveva il 23 febbraio 1931 – che fanno intravedere una tela chiaramente disegnata e ricca del secolo XIX e promettono bene, perché piuttosto che una impalcatura danno un senso e sentimento ragionato della vita passata che dura attiva nella coscienza attuale nostra, e destano uno spirito europeo, più che internazionale, universale22.

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«Ho passato parte della giornata di ieri a leggere il tuo eccellente volumetto, che mi pare segni le linee essenziali della recente letteratura italiana», scriveva Croce a Vossler (in una lettera non datata). «Sono assai contento di trovarmi in tante cose d’accordo con te. Credo che questo volumetto avrebbe molta fortuna in Italia, e sarebbe utile anche per quel che dici del futurismo, delle sue derivazioni e del suo significato. Ieri stesso ne parlai all’editore Ricciardi, che mi disse che ti avrebbe scritto per le trattative pel caso di traduzione. Non è facile trovare un buon traduttore; ma se il Ricciardi si accorda col tuo editore, mi metterò a quella ricerca, e con una revisione delle bozze fatta da te, la cosa andrebbe bene» (Croce-Vossler, p. 183). Cf. K. Vossler, Letteratura italiana contemporanea dal romanticismo al futurismo. Trad. di T. Gnoli, Napoli 1916. Una seconda edizione «con numerose aggiunte e correzioni dell’autore» uscì, sempre presso Ricciardi, nel 1922. Croce-Vosser, p. 185. Cf. J. Mecke, «Entdeckung und Interesse: Karl Vossler als Kulturvermittler zwischen Spanien und Deutschland», in: J. Mecke, H. Pöppel (Hg.), Entre dos aguas. Kulturvermittler zwischen Spanien und Deutschland, Berlin 2016, pp. 105–130. Cf. B. Croce, «Antihistorismus», Übersetzt von K. Vossler, in Historische Zeitung (143/3) 1931, pp. 457–466. Croce-Vossler, pp. 339–340.

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Decise quindi di tradurre i tre capitoli, che apparvero sulla rivista Corona23, col titolo Einleitung zu einer Geschichte Europas im 19. Jahrhundert24. Vossler tradusse non tanto il Croce filosofo o critico letterario quanto lo storico di un’idea d’Europa alla quale entrambi, nei sempre più difficili anni Trenta, si richiamavano.

2. Il problema della traduzione fra pratica e teoria 2.1. Come ha mostrato Angela Albanese25, la posizione teorica di Croce sulla traduzione non può essere ridotta alla sola formula della sua «impossibilità» presente nell’Estetica26. Se le espressioni erano di per sé irriproducibili nella loro individualità (di qui l’impossibilità «assoluta» delle traduzioni), erano legittime però le somiglianze tra le singole espressioni: «le somiglianze esistono, e, in forza di esse, le opere d’arte possono essere disposte in questo o quel gruppo». Ammettere tale somiglianza comportava anche la legittimità teorica della traduzione in quanto «approssimazione»: E in siffatte somiglianze si fonda la possibilità relativa delle traduzioni; non in quanto riproduzioni (che sarebbe vano tentare) delle medesime espressioni originali, ma in quanto produzioni di espressioni somiglianti, e più o meno prossime a quelle. La traduzione, che si dice buona, è un’approssimazione, che ha valore originale d’opera d’arte e può star da sé27.

L’impossibilità delle traduzioni era quindi «relativa». Tale posizione teorica non fu sostanzialmente mai modificata. A distanza di una trentina d’anni, nel paragrafo L’intraducibilità della rievocazione de La Poesia, si ribadiva quanto scritto nell’Estetica: «l’impossibilità della traduzione», vi si legge, «è la realtà stessa della poesia nella sua creazione e nella sua ri-creazione»28. Nel 1936, però, il discorso si arricchiva di alcune integrazioni. Si rimarcava la distinzione tra poesia e prosa: se la prima era di fatto intraducibile, tale non era l’«espressione prosastica, che si 23

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Sulla stessa rivista apparve, nel 1935, la traduzione di Vossler di un altro scritto di Croce, La difesa della poesia, la lettura tenuta a Oxford, al Lady Margaret Hall, il 17 ottobre 1933, e pubblicata su La Critica (32 [1934], pp. 1–15) (cf. B. Croce, «Verteidigung der Poesie», Übersetzt von K. Vossler, Corona 5 (1935), pp. 503–524). Cf. B. Croce, «Einleitung zu einer Geschichte Europas im 19. Jahrhundert», Übersetzt von K. Vossler, Corona 2 (1932), pp. 585–618; 650–664. A. Albanese, «Teoria e pratica del tradurre in Benedetto Croce», Studi di Estetica 43 (2012), pp. 87–117. Così si legge nell’Estetica: «Non è possibile una classificazione filosofica delle espressioni. I singoli fatti espressivi sono altrettanti individui, l’uno non ragguagliabile con l’altro se non genericamente, in quanto espressione […]. Corollario di ciò è l’impossibilità delle traduzioni, in quanto abbiano la pretesa di effettuare il travasamento di un’espressione in un’altra, come di un liquido da un vaso in un altro di diversa forma» (B. Croce, Estetica come scienza dell’espressione e linguistica generale. Teoria e storia. Terza edizione riveduta, Bari 1908, pp. 78–79). Croce, Estetica, cit., p. 84. Cito da B. Croce, La poesia. Introduzione alla critica e storia della poesia e della letteratura, a c. di G. Galasso, Milano 1994, p. 106.

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adempie per simboli o segni». Anzi, Croce insisteva sulla «necessità delle traduzioni» nella scienza e nella filosofia, dal momento che, nonostante la tendenza verso «l’unificazione dei segni o, come si dice, della terminologia», «i nuovi concetti sorgono sempre, nonché nella diversità dei popoli e dei loro linguaggi, negli individui, che, insieme coi nuovi concetti, creano nuovi segni»29. Certo, la traducibilità della prosa andava limitata alla «prosa che sia meramente prosa, alla prosasticità della prosa», escludendone così la «prosa letteraria». La possibilità della traduzione era, allo stesso tempo, limitata ed estesa. Se le citate pagine dell’Estetica e della Poesia sono i passi più rilevanti della riflessione crociana sulla traduzione, il filosofo tornò sulla questione anche in altre occasioni30. Si pensi, in particolare, alla postilla riguardante il noto articolo di Gentile su Il torto e il diritto delle traduzioni (apparso nel 1920 sulla «Rivista di Cultura»), nella quale Croce criticava l’identificazione gentiliana di «leggere» e «tradurre»31. Più che seguire la discussione su questo punto32, è utile soffermarsi su quanto il filosofo scriveva, all’inizio dell’articolo, sui due piani del problema della traduzione (quello teorico e quello pratico), la cui distinzione gli appariva un dato di fatto scontato: La mia negazione della possibilità del tradurre si rivolgeva contro la inesatta teoria di quell’operazione, intesa come adeguamento di un originale […], e non già contro il fatto del tradurre, perché si traduce da che mondo è mondo, e tutti traduciamo sempre che ci bisogna, e bene operiamo nell’eseguire un così utile lavoro33.

Eppure, come ha mostrato ancora Albanese, è proprio all’incrocio fra teoria e pratica che il pensiero di Croce sulla traduzione mostra i suoi lati più interessanti. Un significativo esempio in tal senso è offerto dalle sue traduzioni delle poesie di Goethe. Durante i difficili anni della Grande Guerra il filosofo cominciò a occuparsi del sempre amato Goethe, che divenne per lui «Symbol und Helfer […], bei dem er Zuflucht suchte in den äußeren und inneren Erschütterungen des Ersten Weltkrieges»34. Il libro su Goethe apparve nel 191935, diviso in una parte monografica e in una comprendente le traduzioni di liriche già apparse sulla Critica e sul Giornale d’Italia36. 29 30 31 32 33 34 35 36

Ivi, p. 108. Cf. A. Albanese, F. Nasi (a c. di), L’artefice aggiunto. Riflessioni sulla traduzione in Italia: 1900– 1975, Ravenna 2015, pp. 37–48. La postilla apparve dapprima sulla Critica (18 (1920), p. 256); quindi, fu raccolta in Conversazioni critiche. Serie IV, Bari 1932, pp. 308–9. Si legge ora anche in Albanese, Nasi (a c. di), L’artefice aggiunto, cit., p. 41. Gentile rispose alla nota di Croce con un breve scritto sul Giornale storico della filosofia italiana 2 (1921), pp. 130–1 (cf. Albanese, Nasi (a c. di), L’artefice aggiunto, cit., pp. 67–9). Cito da Albanese, Nasi (a c. di), L’artefice aggiunto, cit., p. 41. Lönne, Benedetto Croce, cit., p. 51. Cf. B. Croce, Goethe. Con una scelta delle liriche nuovamente tradotte, Bari 1919. L’importanza del volume per il legame di Croce con la cultura germanofona è accresciuta dal fatto che esso venne tradotto, l’anno successivo, dall’austriaco Julius von Schlosser. Cf. B. Croce, Goethe. Mit Genehmigung des Verfassers verdeutscht von J. Schlosser, Zürich/Leipzig/Wien

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Come giustificava Croce le proprie traduzioni? La ribadita «impossibilità assoluta» della traduzione coesisteva con l’utilità della traduzione poetica a fini interpretativi: tradurre poesia serviva all’interprete per meglio intendere la «struttura intima» dei testi studiati. Le traduzioni non vengono mosse dalla impossibile speranza di dare gli equivalenti delle opere originali, che non soffrono equivalenti, ma, direi, dal desiderio di carezzare la poesia che ci ha recato piacere […]. Un vantaggio critico, per altro, ho ricavato da esse: che è stato di considerare più da vicino di quel che mercé la semplice lettura non avrei forse fatto, la struttura intima della poesia goethiana, e venirne riconoscendo, e quasi toccando con mano, la mirabile solidità37.

Le sue traduzioni non ambivano ad essere testi originali e autonomi, ma, al contrario, a ricordare al lettore l’originale da cui derivavano: «le oneste e modeste traduzioni debbono ricordare e far desiderare gli originali: per ciò sono traduzioni»38. Sull’utilità della traduzione in quanto evocazione dell’originale Croce era tornato in un articolo riguardante una raccolta di traduzioni italiane di poesie di Goethe39: La traduzione, sebbene non si adegui mai all’opera originale, la quale nell’essere suo proprio rimane intraducibile, presuppone nondimeno la rievocazione che dell’opera originale si sia fatta nello spirito del traduttore. Questa rievocazione è il punto di partenza tanto del lavoro del critico, la cui particolare reazione è filosofica e discriminatrice, quanto del traduttore, la cui reazione è invece poetica e artistica ed appartiene, come la poesia, alla sfera estetica40.

Citando il paragone di Goethe fra traduttori e «geschäftige Kuppler» presente in una delle Maximen und Reflexionen, Croce poneva alla base di ogni buona traduzione poetica la goethiana «unwiderstehliche Neigung nach dem Original» (l’«irrefrenabile desiderio dell’originale», come traduceva Croce stesso)41, che essa doveva suscitare nel lettore. In tale funzione, il critico e il traduttore si trovavano, sorprendentemente, alleati. 2.2. Nel necrologio di Vossler accluso nella citata bibliografia curata da Ostermann, Hans Rheinfelder notava, fra l’altro, l’importante ruolo di traduttore di poesia romanza svolto dallo studioso: «Durch seine Übersetzungen reiht sich Vossler würdig neben die großen Männer und Frauen, die seit Herders Zeiten dem deutschen Leser die Fenster zur Welt der Romanen geöffnet haben»42. Su tale aspetto non se1920. Sui legami tra lo storico dell’arte e Croce mi limito a rimandare a Lönne, «Zum Briefwechsel zwischen Benedetto Croce und dem Wiener Kunsthistoriker Julius von Schlosser», in: id., Benedetto Croce, cit., pp. 217–230. 37 Croce, Goethe, cit., p. IX. 38 Ivi, p. 145. 39 Cf. B. Croce, «Intorno a un’antologia di traduzioni italiane delle liriche di Goethe», in: Id., Goethe, Bari 19464, pp. 148–162, raccolto in: Albanese, Nasi (a c. di), L’artefice aggiunto, cit., pp. 44–8 (da cu si cita). L’antologia in oggetto era J. W. Goethe, Le liriche scelte dalle migliori traduzioni italiane, a c. di T. Gnoli e A. Vago, Milano 1932. 40 Albanese, Nasi (a c. di), L’artefice aggiunto, cit., p. 45. 41 Ivi, p. 48, n. 42 H. Rheinfelder, «Nachruf auf Karl Vossler», in Ostermann, Bibliographie, cit., p. 12.

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condario dell’opera vossleriana non si è prestata sufficiente attenzione. Pur in assenza di interventi dedicati esclusivamente al tema, è però possibile rintracciare non pochi passi nei quali il Romanist rifletté sulla traduzione: una considerazione complessiva di tali interventi – di cui in questa sede si presentano solo alcuni luoghi significativi – offrirebbe risultati interessanti. Nella Premessa al primo volume sulla Commedia Vossler aveva giustificato le traduzioni incluse nel suo ponderoso studio con la necessità di meglio comprendere i testi studiati: Belege und Proben aus der «Komödie» habe ich, so gut es gehen wollte, auf eigene Art verdeutscht. Nicht daß ich unsere zahlreichen Danteübersetzungen für wertlos hielte, oder gar mit Übersetzungskünstlern wie Gildemeister, Pochhammer und Bassermann wetteifern möchte. Ich sagte mir aber, daß alles Übersetzen zugleich ein Deuten und Erklären ist, und daß der Erklärer, der nicht selbst zu übersetzen wagt, von vornweg seine Arbeit zum Flickwerk verdammt. Meine Übersetzungsversuche stehen im Dienste der Erklärung. Darum habe ich mir die Freiheit gegönnt, meinen Dichter, je nach Bedürfnis, bald in Versen, bald in Prosa singen oder sprechen zu lassen und in zweifelhaften Fällen den Originaltext beizufügen43.

Vossler si inseriva così nella serie di traduttori tedeschi di Dante, dichiarando da subito gli scopi delle sue traduzioni, considerate un efficace strumento ermeneutico al servizio della Erklärung del testo. Tradurre in versi o in prosa i brani della Commedia era, per i suoi fini, sostanzialmente equivalente. Eppure, egli era ben consapevole non solo delle complessità legate alla traduzione di Dante ma anche dei problemi specifici al caso tedesco. Nel 1912 recensì la traduzione della Commedia di Stefan George44. A differenza degli altri Dante-Übersetzer, principalmente interessati a trasmettere i contenuti del poema e meno alla sua resa stilistico-formale, George si era sforzato di rendere «das Dichterische» della poesia dantesca. Il giudizio di Vossler era nel complesso negativo: le forzature stilistico-grammaticali del traduttore erano inaccettabili (alcuni versi erano «einfach undeutsch, also falsch»)45 e, confrontando il testo originale con la traduzione, risaltava spesso il contrasto tra le «Verrenkungen» di George e la «sprachliche Klarheit, Festigkeit, Einfalt» dell’originale46. Quella di George era quindi una traduzione non riuscita, ma a suo modo utile per i traduttori tedeschi di Dante, in quanto, col suo «Sensualismus» costringeva a fare i conti con i difetti dell’«Intellektualismus» degli altri traduttori47.

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K. Vossler, Die göttliche Komödie. Entwicklungsgeschichte und Erklärung. I. Band, I. Teil. Religiöse und philosophische Entwicklungsgeschichte, Heidelberg 1907, p. VI. Cf. K. Vossler, «Besprechung von Dante, Göttliche Komödie. Übertragen von S. George (Berlin 1912)», Deutsche Literaturzeitung 33 (1912), pp. 2288–2290. Si veda anche un intervento di alcuni anni successivo riguardante il Dante di Rudolf Borchardt: K. Vossler, «Über Borchardts Deutschen Dante», Neue deutsche Beiträge 1/2 (1923), pp. 143–152. Vossler, «Besprechung von Dante, Göttliche Komödie. Übertragen von S. George», cit., p. 2289. Ivi, p. 2290. Ibidem.

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Il principale contributo di Vossler traduttore di poesia romanza è però l’antologia Romanische Dichter48. Nella prefazione, egli si presentava come un Philolog a tal punto «innamorato del proprio oggetto» da volerne rendere partecipe il pubblico tedesco: Den Anspruch, aus den großen alten Meistern der Romania eine reine und volle, und das hieße ja doch wohl eigene und persönliche Poesie in deutscher Sprache hervorzuzaubern, können meine Versuche nicht erheben. Es sind Bemühungen und in gewissem Sinn Kunststücke eines in seinen jeweiligen Gegenstand verliebten Philologen, der aber mit den fremden Schätzen nicht allein bleiben und seinen Landsleuten Lust machen wollte, daran teilzunehmen. Daher der werbende, Schwierigkeiten ebnende, schlichtende oder auch umgehende Zug dieser Verdeutschungen49.

L’antologia racchiudeva le poesie preferite dello studioso (dalla letteratura provenzale, catalana, italiana, spagnola, portoghese), riflettendone il gusto personale («was einem nicht mundet, soll man nicht übersetzen»)50. Significativa era però l’esclusione della poesia francese, motivata ricorrendo alla solita contrapposizione tra popoli del nord e del sud.51 È più probabile però che essa vada inquadrata nell’allontanamento di Vossler dalla cultura francese dopo la Grande Guerra (parallelo, come si è accennato, all’avvicinamento a quella spagnola, ben rappresentata nell’antologia). Alla fine della prefazione Vossler si riferiva indirettamente a Croce, richiamandosi a quanto scritto da questi sulla «nostalgia» dell’originale come risultato di una buona traduzione: Ein großer Denker, der sich mit dem Problem der Übersetzungskunst eindringlich beschäftigt hat, ist zu dem Schluß gekommen, daß man die guten Übersetzungen daran erkenne, daß sie künstlerische Sehnsucht nach dem Urlaut des verdolmetschten Werkes erzeugen. Solche Sehnsucht zu wecken, war mein ganzes Vorhaben52.

Del resto, si sbaglierebbe a considerare la riflessione vossleriana sulla traduzione come un semplice derivato di quella crociana. Già nei primissimi anni del Novecento, infatti, Vossler aveva curato i volumi comprendenti la traduzione della Vita di Cellini e le traduzioni francesi (da Diderot) di Goethe, nell’edizione diretta da Karl Heinemann53. Sullo stile della Vita di Cellini egli aveva pubblicato alcuni anni prima (1899) uno studio di notevole importanza per la stilistica primonovecen48 49 50 51

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Cf. Romanische Dichter. Deutsch von K. Vossler, Wien 1936. Cito dalla terza edizione (München 1946). Ivi, p. 5. Ivi, p. 6. «Im Lauf der letzten dreißig Jahre ungefähr entstanden diese halbpoetischen Gebilde, je nachdem mir durch Neigung und Forschung bald diese, bald jene provenzalische, italienische, kastilische, katalanische, portugiesische Dichtung nahegebracht wurde. Es waren auch französische darunter, aber sie gaben einen nördlichen und allzu modernen Hauch von sich, der die warme südromanische Luft der hier vereinigten Gewächse wohl nur erkältet hätte» (Ivi, p. 5). Ivi, p. 7. Goethes Werke. Unter Mitwirkung mehrerer Fachgelehrter, hg. von K. Heinemann. Kritisch durchgesehene und erläuterte Ausgabe. Bd. 27, 28. Bearb. von K. Vossler, Leipzig 1905–1906.

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tesca54. Nella premessa alla sua edizione della traduzione goethiana della Vita55, riproponeva lo stesso giudizio sullo stile celliniano, considerato un miscuglio, di rara forza espressiva, tra ingenuità e retorica, frutto della provenienza popolare dell’autore («der emporgekommenen Sohn des Volkes»)56. Data la distanza tra la personalità dell’artista fiorentino e quella di Goethe, era stato impossibile per quest’ultimo riprodurre fedelmente lo spirito celliniano: «Goethes Stil von dem des Originals ebenso weit entfernt ist wie Goethes Natur von derjenigen Cellinis»57. L’inevitabile «infedeltà» di Goethe era legata alla sua personalità: «ein Dichter, der so wie Goethe auf seine eigene Individualität und auf seinen eigenen Stil gegründet ist, wird sich niemals seines Wesens entkleiden können und darum schwerlich je ein treuer Übersetzer werden»58. Il pregio della traduzione goethiana non risiedeva quindi nella fedeltà all’originale celliniano; al contrario, la sua traduzione aveva comportato un arricchimento per il Geist tedesco, e per lo stesso Goethe: Er hat den italienischen «Cellini» dem deutschen Geschmack mundgerecht gemacht, dem deutschen Geiste assimiliert. Eine getreuere und genauere Übersetzung zu liefern, müßte jedem sprachgewandten Philologen gelingen; eine volkstümlichere aber ist unmöglich. Goethe hat mit seiner Arbeit den deutschen Geist weniger belehrt als vielmehr im wahrsten Sinne des Wortes bereichert, und auch seinen eigenen Genius hat er dabei bereichert, denn man darf wohl mit Sicherheit annehmen, daß die Lebensgeschichte Cellinis in deutscher Gestalt nicht ohne Einfluß geblieben ist auf jenes herrliche und liebenswürdige Buch von «Dichtung und Wahrheit»59.

Pur non citando la teoria crociana dell’impossibilità delle traduzioni poetiche, i giudizi di Vossler sulle traduzioni di Goethe sono accostabili alle già citate pagine dell’Estetica. L’impossibilità dell’equivalenza tra la personalità stilistica di Goethe e quella di un Cellini (o di un Diderot) era da collegare all’impossibilità della riproduzione dell’espressione teorizzata da Croce. Eppure, Vossler riconosceva l’importanza storico-letteraria della traduzione di Goethe della Vita non tanto come traduzione fedele – che in quanto tale sarebbe forse riuscita meglio a un filologo – quanto come opera poetica in se stessa. I passi citati vanno collocati nelle riflessioni di Vossler sull’individualità stilistico-linguistica che, in un serrato confronto con Croce, approdarono nei due citati scritti del 1904 e 1905, Positivismus und Idealismus e Sprache als Schöpfung und Entwicklung. Proprio una pagina del secondo volume riassumeva le opinio-

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Cf. K. Vossler, «Benvenuto Cellinis Stil in seiner Vita. Versuch einer psychologischen Stilbetrachtung», in: Beiträge zur romanischen Philologie. Festgabe für G. Gröber, Halle 1899, pp. 414– 451. Cf. Karl Vossler, «Einleitung des Herausgebers», in: Goethes Werke, Bd. 27, cit., pp. 7–14. Ivi, p. 11. Ivi, p. 12. Ibidem. Ivi, p. 14.

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ni di Vossler sulla traduzione, e va accostata alle sue prefazioni a Goethe (scritte negli stessi anni): Alle Übersetzung ist Neuschaffung oder Wiederbelebung eines Kunstwerks unter veränderten Bedingungen. Die sogenannte historische oder künstlerische Treue kann immer nur eine annähernde, nie eine vollständige sein. Das Original wird durchaus die einzige Inspirationsquelle des Übersetzers sowohl wie des Schauspielers bleiben, aber, damit die Wiederbelebung auch wirklich im Geiste des verstorbenen Dichters gelinge, wird manches mehr äußerliche Merkmal seines Werkes geopfert werden müssen. Eine alte Erfahrung lehrt, daß die künstlerische Treue der Übersetzungen auf Kosten der buchstäblichen Treue erkauft wird, und umgekehrt60.

Questa rapida – e incompleta – rassegna ci conduce alle pagine forse più significative dedicate da Vossler alla traduzione: il paragrafo Sprachgemeinschaft als Gesinnungsgemeinschaft nel volume Geist und Kultur in der Sprache (1925)61, il quale, insieme ai Gesammelte Aufsätze zur Sprachphilosphie (1923), raccoglieva gli scritti di filosofia del linguaggio di Vossler (apparsi, per la maggior parte, sulla rivista «Logos»). È un capitolo poco studiato del percorso critico dello studioso, ma ne costituisce uno dei momenti più significativi. Le dense pagine dedicate alla traduzione nel 1925 non possono essere disgiunte dalla Sprachphilosophie vossleriana elaborata tra gli anni Dieci e gli anni Venti, per lo più in autonomia rispetto alla filosofia crociana (che rimaneva pur sempre un elemento centrale). Proprio nelle pagine sulla traduzione la distanza da Croce era esplicitamente dichiarata: Wenn man, wie es z. B. die Sprachphilosophie Benedetto Croces tut, den Begriff der Übersetzung leugnet, so wird damit auch der Begriff der Sprachgemeinschaft aufgegeben, d. h. es bleibt nur die metaphysische Gemeinschaft der ganzen Menschheit mit dem ganzen Weltall als «das» sprachliche Faktum bestehen. Mit der Tatsache, daß es eine deutsche, eine französische, englische usw. Sprache und daher auch eine Übersetzung aus dem Deutschen ins Englische usw. gibt, wird diese Philosophie in Bausch und Bogen und ein für allemal dadurch fertig, daß sie die irdischen Verhältnisse in das Gebiet des praktischen Geistes verweist62.

La traduzione non era più considerata in connessione con l’espressione artistica individuale, bensì come complesso fenomeno linguistico sullo sfondo della Sprachgemeinschaft. A importare non era tanto la personalità degli Übersetzungsdichter quanto la loro funzione propriamente linguistica: essi arricchivano la lingua rinnovandone «le scorte» («durch solche Übersetzungsdichter der Vorrat erneuert […] würde»); un poeta-traduttore come Gautier era, insomma, un Formenmakler63. Nel complesso, la prospettiva era soprattutto sprachphilosophisch. Così, un concetto centrale della linguistica di derivazione humboldtiana – la «forma interna» – era evocato per spiegare quanto di «intraducibile» vi era al fondo di ogni lingua: «die innere Sprachform ist die unübersetzbare, die aufrichtige und jeweils Einzige»64.

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Vossler, Sprache als Schöpfung, cit., pp. 67–68. Cf. Vossler, Geist und Kultur, cit., pp. 193–219. Ivi, p. 194. Ivi, p. 198. Ivi, p. 203.

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Le complesse pagine di Geist und Kultur dedicate alla traduzione meriterebbero una più approfondita disamina. Basti solo accennare, per ora, a due diversi esiti del libro nel contesto italiano. Pur chiamato in causa direttamente, Croce non si confrontò con le posizioni dell’amico. Ricevuto il volume, cominciò a leggerne alcune parti, rimandando una lettura approfondita ad altri tempi: «Non so se la mia cartolina ti sia giunta», gli scriveva il 1° settembre 1925. «Ti dicevo, tra l’altro, che avevo letto in parte il tuo libro di filosofia del linguaggio, ma che mi era parso così pieno di questioni importanti da dovere rinviare la lettura a quando avrò la mente sgombra dei pensieri e lavori che ora mi occupano»65. Tale confronto – in particolare per quel che riguarda la traduzione – non avvenne. Ciononostante, esso avrebbe influito notevolmente, a distanza di un ventennio, su Benvenuto Terracini. Geist und Kultur costituisce infatti uno dei riferimenti teorici principali del capitolo dei Conflitti di lingue e di cultura dedicato al Problema della traduzione – uno dei più significativi e influenti contributi italiani sulla traduzione tra primo e secondo Novecento66. È la conferma non solo dell’importanza delle riflessioni di Vossler sulla traduzione, ma anche della loro produttività – ancora in buona parte da esplorare – nel corso del Novecento.

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Ivi, p. 316. Cf. B. Terracini, Conflitti di lingue e di cultura, Torino 1996, pp. 37–108. Il libro era apparso originariamente in spagnolo, a Buenos Aires, nel 1951 (Conflictos de lenguas y de cultura); quindi, in traduzione italiana, con notevoli modifiche, nel 1957 (presso Neri Pozza).

Tra classicismo ed ermetismo: tradurre Hölderlin in italiano durante il ventennio fascista Furio Brugnolo Abstract: The ventennio fascista (1922–1943) coincided with the emergence of the first great translations of Friedrich Hölderlin’s poetry. Which image could Italian readers have formed of Hölderlin’s poetry on the basis of these translations? On which linguistic and literary models, traditions, or tendencies did translators orient their work? And most importantly: which stylistic constants and variables can we detect in them? This essay intends to provide answers to this set of questions.

1. Due precisazioni preliminari. La prima: lo Hölderlin in questione (d’ora in poi: H.) è naturalmente il poeta lirico, non dunque il prosatore dell’Hyperion (già tradotto in italiano nel 1886 e, parzialmente, nel 1919) o il tragediografo dell’Empedokles (prima traduzione: 1936). La seconda: con ‹ventennio fascista› si intende semplicemente l’arco cronologico preso in esame, che non a caso è proprio quello in cui, sull’onda della prima ricezione critica della poesia di H., appaiono e si diffondono – dopo quelle pionieristiche di Giosuè Carducci1 – le prime traduzioni italiane di quella poesia, tra il 1922 (le versioni metriche di Lorenzo Bianchi, seguite a ruota da quelle in prosa di Leo Negrelli) e il 1942, discrimine quest’ultimo che non intendo superare in questa sede, sia per comodità d’indagine (l’arco completo di quel fondamentale, per il ‹lancio› di H. in Italia, ventennio), sia perché il ’42 è l’anno dell’antologia Poesia moderna straniera in cui un traduttore importante come Leone Traverso raccoglie in volume anche le sue antecedenti versioni sparse da H. Di specificamente ‹fascista› nell’interesse per H. negli anni Venti e Trenta del Novecento, in particolare per quanto attiene alle scelte testuali e alle strategie di trasposizione/traslazione, non c’è, direi, proprio niente (anche se l’intensificarsi delle versioni a partire dal 1933, con picchi evidenti fra il ’36 e il ’41, potrebbe avere qualche rapporto con l’alleanza con la Germania e con la politica culturale del Terzo Reich, che aveva spesso piegato ai propri fini certi aspetti della poesia di H.)2. Mi ha colpito (ma forse è un’osservazione abusiva) solo la for1 2

Rimaste però quasi tutte inedite fino al 1928 (la versione in terza rima di Achill) e al 1940 (alcune traduzioni in prosa). In vita Carducci aveva dato alle stampe solo la sua versione metrica (parziale) di Griechenland (1883). Che poi alcuni traduttori aderissero, più o meno convintamente, al fascismo è altra questione. Qui soccorre almeno il caso del triestino Leo Negrelli, che fu tra l’altro legionario fiumano con D’Annunzio e più tardi capo addetto stampa della Repubblica Sociale Italiana (cfr., per ulteriori notizie, https://en.wikipedia.org/wiki/Leo_Negrelli). Dal 1927 diresse per qualche tempo La pro-

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tuna di cui ha goduto, presso i traduttori dell’epoca, il breve frammento che inizia Wie Vögel langsam ziehen (nr. 6 dell’Allegato), che, con la sua metafora del Fürst, lett. ‹il principe›, che sovranamente guida e ‹modera› le schiere dei giovani in cerca per la prima volta della ‹vittoria›, poteva forse sollecitare indebite proiezioni analogiche sulla figura del ‹duce› o Führer, del ‹capo› insomma. E qui è curioso che un traduttore illustre, e certo immune da simpatie fasciste, come Gianfranco Contini preferisca sostituire nel 1941 la sua originaria resa (1933) di Fürst con re proprio con quella, più … attuale (ma in sé non incongrua), di capo. Un inconscio cedimento allo Zeitgeist? Non parlerò dunque di influssi politici o di presunte ‹politiche› della traduzione riguardo a H.: queste coincidono semmai con i modelli e i gusti linguisticoletterari di volta in volta ivi operanti. Né parlerò, si capisce, della ricezione critica di H. in Italia nel periodo in questione. Qui c’è il libro ottimo di Giovanna Cordibella3 e i contributi cospicui di altri germanisti (Vivetta Vivarelli, Marco Castellari, Paola Del Zoppo)4, di cui mi sono ovviamente avvalso. In particolare il libro della Cordibella è stato per me fruttuosamente propedeutico. È da qui che ho potuto risalire, diciamo così, direttamente ‹alle fonti›: la Cordibella fornisce infatti l’elenco analitico di tutte (o quasi5) le traduzioni da H. in quegli anni (e oltre), traduzioni uscite per lo più in riviste e periodici letterari, ma anche in antologie dedicate e, s’aggiunga, in lavori di critica o di storia letteraria. A uno di questi ultimi risale per esempio la più antica traduzione, se non ho visto male, di uno dei vertici della lirica di H., Hälfte des Lebens (nr. 5), quella, in prosa, di Vittorio Amoretti: l’ho inserita nel mio piccolo dossier sia per scrupolo documentario, sia – piccola curiosità – per via dell’emblematico Fahnen dell’explicit, tradotto inizialmente (1926 e 1929) con bandiere, ma corretto, o meglio precisato, anni dopo (1948) nel più connotato banderuole (le Wetterfahnen), che Amoretti avrà desunto quasi certamente dalla versione di Contini 1933a e 1941, a sua volta influenzata, come già vide Orelli, da un passo memorabile della Casa dei doganieri

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vincia di Bolzano, il primo giornale di lingua italiana, di ispirazione nettamente fascista, in Alto Adige: qui, nel n. 3 del 24 aprile 1927, p. 3, uscì, corredata da una breve introduzione (La natura nell’arte di un pittore italiano [Giotto] e di un poeta tedesco), una sua ulteriore traduzione da Hölderlin, «Le quercie» (Die Eichbäume), già tradotte in prosa nel ’22, ma ora presentate in versione esametrica (cfr. https://claudiaugusta.provinz.bz.it/online-service/biblioteca-digitale.asp). Cfr. Cordibella, Giovanna: Hölderlin in Italia. La ricezione letteraria, Bologna 2009. Cfr. Vivarelli, Vivetta: «Europeismo e terza generazione. La lirica tedesca tra retroterra orfico e tensione metafisica», in:Traduzione e poesia nell’Europa del Novecento, a cura di A. Dolfi, Roma 2004, pp. 323–355; Castellari, Marco: «Hölderlin in Italien. Übersetzer und Dichter zwischen Eifer und Wagnis», Studia theodisca 2 (2005), pp. 147–171; Del Zoppo, Paola: «La letteratura tedesca tradotta in Italia tra il 1925 e il 1950», in: Studi germanici 3–4 (2013), pp. 373–443; Castellari, Marco: «Cent’anni di consuetudine. Studi italiani su Hölderlin dal 1915 a oggi», in: Studia theodisca– Hölderliniana I (2014), pp. 109–123; Cordibella, Giovanna: «Ancora su Hölderlin e gli scrittori di lingua italiana (da Giosue Carducci a Fabio Pusterla)», Ivi, pp. 125–145. Qualcosa alla studiosa è sfuggito, p. es. l’antologia di Nesti 1942 (14 i testi di H.): di cui, data la cronologia, si terrà pure conto nelle pagine che seguono.

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di Montale (1930): «ma s’allontana / la casa e in cima al tetto la banderuola / affumicata gira senza pietà»6. Lavorerò su una campionatura molto ristretta di esempi, quella che ho messo insieme qui nell’Allegato, in base a un criterio, se si vuole, un po’ meccanico e magari arbitrario (usare solo testi, e nemmeno tutti, dei quali sono documentate, nel ventennio in questione, almeno tre diverse versioni da parte di differenti traduttori), ma che mi consente di muovermi entro un corpus, diciamo così, omogeneo e sostanzialmente sincronico. Non è mia intenzione esaminare i vari traduttori uno per uno né fare delle analisi comparative particolareggiate (una ‹stilistica› delle varie versioni), mettendo a confronto le soluzioni adottate dal traduttore x con quelle dei traduttori y o z, e compilare magari delle graduatorie di valore (questa traduzione è buona, questa no, la migliore è questa, e così via). Tanto meno voglio redigere un elenco pedante delle infedeltà e magari dei veri e propri errori di traduzione (caso limite il fraintendimento di Contini 1933a, che scambiava lo hänget del v. 1 di Hälfte des Lebens per un imperativo, riferito ai successivi cigni: «inclinatelo voi ecc.»; poi opportunamente corretto nell’ed. 1941). Del resto, a parte l’esempio estremo appena citato e, viceversa, gli inevitabili casi di traduzioni più o meno libere o francamente ricreative (qui eccelle, come vedremo, Vincenzo Errante), bisogna dire che in generale quelle che ho esaminato sono tutte delle versioni di buon livello, formalmente dignitose e complessivamente accettabili: certo ognuna con le sue caratteristiche e le sue peculiarità stilistiche, oggi in parte datate, ma atte a dimostrare come nell’Italia di quel ventennio ci si sia accostati alla poesia di H. non solo con (relativa) tempestività, ma anche con acutezza e sensibilità. Mi sarebbe stato fin troppo facile proporre a mia volta, dopo che altri lo hanno fatto, un’analisi comparata delle versioni di quella pièce de resistence che è Hälfte des Lebens, la cui storia, come ha scritto Luigi Reitani, è anche la storia delle sue traduzioni7. Ora, sarebbe quanto meno divertente esaminare le reazioni dei primi traduttori di fronte alle maggiori cruces semantiche di Hälfte des Lebens (nr. 5), a cominciare dagli «holden (Schwäne)» del v. 4, dove l’aggettivo è tradotto quasi 6

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Dove, come credo, non tanto H. è presente, quanto, stante la concomitanza della «casa» e del «tetto» (e del «vento», cfr. il «libeccio» di Montale), il ricordo, mediato dalla musica sublime di Schubert, della seconda poesia della Winterreise di Wilhelm Müller, appunto Die Wetterfahne («Der Wind spielt mit der Wetterfahne / auf meines schönen Liebchens Haus /…/ Der Wind spielt drinnen mit dem Herzen / wie auf dem Dach, nur nicht so laut»). Sul «dichiarato amore» di Montale per Schubert, vd. Verdino, Stefano: Scrivere sulla musica: occasioni montaliane, in: La letteratura italiana e le arti, Atti del XX Congresso dell’ADI – Associazione degli Italianisti (Napoli, 7–10 settembre 2016), Roma 2018, pp. 1–13, a p. 9 (online: [ultima consultazione: 11.9.2019]). Per altre ipotesi alternative (o complementari), vd. Mengaldo, Pier Vincenzo: Attraverso la poesia italiana. Analisi di testi esemplari, Roma 2008, p. 192. Si noti che solo nel decennio 1933–1942 questo breve ma difficilissimo testo conosce ben nove diverse trasposizioni! Il che la dice lunga sulla prontezza con cui la cultura italiana dell’epoca riconobbe in quel componimento uno dei vertici non solo della poesia di H., ma della lirica moderna tout court. Fra il 1925 e il 1942 le traduzioni francesi sono solo quattro, quelle inglesi solo due (si veda il libro di Peter Utz citato alla nota 9).

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sempre in maniera differente: dolci, beati, nobili, soavi, leggiadri, cari, gentili, e addirittura (Contini) «cigni del cuore» (nove traduttori, otto rese diverse). Per non dire poi dell’iniziale hänget, per il quale si nota spesso un certo ritegno a usare il prosaico pende (malgrado il verbo, in senso naturalistico, sia anche leopardiano: «e tu pendevi allor su quella selva», Alla luna 4), e dunque: «si curva», «si sporge», «s’inchina», «si specchiano (le rive)»8, e così via. La sensazione è che, come spesso succede, ogni traduttore tenda programmaticamente a differenziarsi dai precedenti: si veda, per portare un altro esempio, come viene variamente reso, per lo più enfaticamente, il Saitenspiel di An die Parzen (nr. 2), v. 10: «il suon di mie corde» (Bianchi, ripreso da Errante), «la musica della mia cetra» (Filippon), «i carmi» (Politi), «la mia arte» (Contini), ecc. E tralascio, per forza di cose, anche il «resistente viluppo» (Orelli) del composto bimembre heilignüchtern, l’acqua che (a seconda dei traduttori) è «santa ed aspetta», è «santa e non turba», è «limpida e sacra», è «sacra e casta» (da cui anche la «casta santità» o «casta purità»), è «parca [e] sacra» e infine persino «misteriosa e pura». Ma insomma: avrei appunto ripetuto in gran parte le ottime osservazioni già fatte a suo tempo dal citato Reitani, e prima ancora da Giorgio Orelli e, con riferimento anche ad altre lingue, da Mario Wandruszka, da Peter Utz e altri9. Cercherò dunque piuttosto di isolare, in prospettiva categoriale non meno che storica, le costanti e le variabili che caratterizzano questa varia operosità traduttoria, con attenzione sia ai tratti comuni che a quelli differenziali. Un quadro tipologico, insomma, soprattutto di tipo formale: per capire in definitiva non tanto come veniva tradotto H. in quegli anni, ma come veniva presentato ai lettori italiani non specialisti (cioè non germanisti di professione): l’immagine, sub specie translationis, che questi ultimi se ne potevano fare, a partire dai materiali disponibili. I quali lettori, va subito sottolineato, in quasi tutti i casi non avevano mai sott’occhio il termine di confronto, cioè il testo originale ‹a fronte›. L’uso di pubblicare il testo 8 9

Quest’ultima è la soluzione di Errante, che peraltro, nella sua prima versione, uscita nella rivista Le lingue estere del 1939, aveva qualificato le rive con l’aggettivo (caro a D’Annunzio) pendule («si specchiano le rive, / pendule, / nel lago»), poi eliminato. Cfr. Reitani, Luigi: «Da Hölderlin a Hölderlin. Le traduzioni italiane di Hölderlin e la poesia italiana del Novecento», in: Il bianco e il nero. Studi di filologia e letteratura 5 (2000), pp. 95–104 (poi, col titolo «Le traduzioni italiane di Hölderlin e la poesia italiana del Novecento», in: Il Veltro 49 (2005), pp. 188–195); Orelli, Giorgio: «Su alcune versioni di una poesia di Hölderlin», Studi urbinati 45 (= Studi in onore di Leone Traverso, vol. II, a cura di Pino Paioni e Ursula Vogt, Urbino 1971), pp. 727–747; Wandruszka, Mario: Die Mehrsprachigkeit des Menschen, München 1979, pp. 298–304. Aggiungo anche il bel libro di Peter Utz: «Nachreife des fremden Wortes». Hölderlins Hälfte des Lebens und die Poetik des Übersetzens, Paderborn 2017, che però è dedicato solo alle versioni inglesi e francesi. Mette conto qui citare altri due saggi dedicati all’analisi comparativa di traduzioni italiane di testi hölderliniani: Vivarelli, Vivetta: «L’incipit di ‹Patmos› nelle versioni di Jean Jouve, Errante, Traverso e Vigolo», in: Traduzione e poesia nell’Europa del Novecento, cit., pp. 421–31; Menicacci, Marco: «‹Im Kunstwerk lerne das Leben›. Tradurre Hölderlin al tempo dell’ermetismo», Studia theodisca–Hölderliniana III (2018), pp. 145–170. In presenza di questi solidi lavori non ho accolto nel mio corpus né Andenken né Patmos.

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tradotto a fianco dell’originale non si era, per quanto riguarda le letterature moderne, ancora consolidato. Si tratta del resto, a parte Carducci, delle prime traduzioni da H. dopo la sua riscoperta, il suo ‹disvelamento› tra fine Otto e inizio Novecento (la cosiddetta H.-Renaissance) – quasi una primizia, insomma –, e ciò le pone in una luce molto particolare. H. non è un poeta contemporaneo (come per esempio Rilke, pure molto tradotto e apprezzato in quegli anni), e nello stesso tempo in qualche modo lo è, perché fino ad allora pressoché dimenticato o ignorato. Una ‹novità›, insomma, ma nello stesso tempo (e sia pure al di fuori degli schemi tradizionali) un classico; e tuttavia un classico che «già presenta nella sua opera le lacerazioni e i conflitti della modernità» (Reitani). Da ciò anche il problema di come renderlo linguisticamente, metricamente, stilisticamente ecc.: uno stile, per l’appunto, classicheggiante? uno stile più sensibilmente moderno e attuale? In altre parole: trasporre in italiano Goethe o Heine in quegli anni è un conto, c’è dietro tutto un lungo rodaggio e una consacrazione, tradurre H. è un altro. E anche questo – l’essere insieme un classico e, idealmente, un moderno, un contemporaneo (e tale, quasi un diretto precursore, se non un compagno di strada, fu sentito, come è noto, dalle cerchie ermetiche nostrane, segnatamente fiorentine10) – spiega l’intensificarsi delle traduzioni da H. soprattutto negli anni Trenta, primo concreto fondamento della «longeva fortuna» (Organte) del grande lirico nella poesia italiana novecentesca. Tra il 1922 e il 1942 ho contato non meno di quattordici diversi traduttori, ai quali si deve, escludendo l’ampia antologia di Vincenzo Errante (1939, ma uscita nel 1940), la trasposizione in italiano di circa una cinquantina di poesie di H. Il volume di Errante, che è poi quello a cui si deve la mediazione più consistente e fortunata della poesia hölderliniana in Italia anteriormente agli anni Cinquanta (le sue versioni, avviate già, in sedi separate, nel corso degli anni Trenta, sono state a lungo le più lette11), ne riporta un’ottantina. Ma quali sono le liriche di H. inizialmente più ‹recepite› e più frequentemente trasposte in italiano? Fino al 1940, cioè fino allo spartiacque rappresentato dall’antologia di Errante, i testi, diciamo così, di maggiore successo o attrattività sono i seguenti (il criterio è quello, meramente statistico, di cui sopra: l’attestazione di almeno tre differenti versioni): Hyperions Schicksalslied (considerando anche il suo inserimento nel romanzo eponimo, che gode nel 1931 addirittura di una terza traduzione), Abendphantasie, Hälfte des Lebens (la più tradotta), An den 10

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Come testimonia in particolare Bigongiari, Piero: Hölderlin e noi [1957], in: Id., Poesia italiana del Novecento, II. Da Ungaretti alla terza generazione, Milano 1980, pp. 453–461. Cfr. ora Comparini, Alberto: Prolegomeni all’ermetismo. Traverso, Bo, Bigongiari e Luzi lettori di Hölderlin, in: Dolfi, Anna: (a cura di), L’ermetismo a Firenze, Atti del Convegno internazionale di studi, Firenze, 27–31 ottobre 2014, Critici, traduttori, maestri, modelli, vol. I, Firenze 2016, pp. 299–322; Organte, Laura: Poesia e traduzione a Firenze (1930–1950), Padova 2018. Più di quelle di Traverso, importantissime ma di circolazione, diciamo così, più elitaria, soprattutto presso le cerchie ermetiche fiorentine. Tutti furono poi soppiantati da Vigolo 1958.

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Aether, An die Parzen, Die Eichbäume, Lebensalter, Andenken, Da ich ein Knabe war, Der Archipelagus, Brod und Wein. Dunque le poesie in linea di massima anteriori al 1804 (quasi tutte pubblicate in vita del poeta), odi ed elegie insomma (in gran parte) e non i grandi inni e i frammenti orfici dell’ultima stagione, le poesie cosiddette ‹della follia›. All’incirca fino al ’36–’37, quando entrano in campo Vigolo e Traverso, pressoché nessuno dei traduttori si era ancora accostato allo H. ‹oscuro› del periodo più tardo. Fa eccezione in verità Contini, che esordisce nel ’33, forse traendo ispirazione dalla versione francese di Jouve e Klossowski uscita nel ’30 sotto il titolo Poèmes de la folie, traducendo anche testi o frammenti ‹difficili› – l’inizio di Mnemosyne, Heimath, Wie Vögel langsam ziehen, ecc. – collocabili in quella temperie. Ultima precisazione. I primi traduttori sono in massima parte dei germanisti di professione (in particolare Bianchi, Maione, Amoretti, Traverso, Errante, Nesti, Politi) o di vocazione (Negrelli ha tradotto anche Rilke, Cartoscelli Goethe e Billinger, Filippon ha scritto per la scuola); solo a partire dalla seconda metà degli anni Trenta troviamo anche – prescindendo da Carducci – i primi poeti-traduttori, Giorgio Vigolo e Diego Valeri (ambizioni poetiche, in senso lato, sono comunque presenti in tutti, persino in chi si limita a tradurre in prosa: si veda, a puro titolo d’esempio, Filippon 1931, che non solo rende, poniamo, il «blühet ein Frühling auf» di Abendphantasie con «soffuso è come un fiorir di primavera» o il «willkommen dann» di An die Parzen con «e allora lieto verrò incontro a te», ma anche occulta qua e là nel suo continuum prosastico dei veri e propri endecasillabi: «Come ad offrirgli ricetto ospitale», «brilla l’amica cena per gli amici», ecc.). A parte c’è il caso particolare di Gianfranco Contini, giovanissimo ma già affermato romanista, italianista e critico militante12. 2. Esaminerò il nostro piccolo corpus da quattro distinti punti di vista (attraverso un’analisi, diciamo così, al microscopio, che richiederà al paziente lettore un supplemento di attenzione, con un occhio costantemente rivolto ai testi qui in allegato): gli aspetti formali, a cominciare dalla metrica; le scelte linguistiche e lessicali; la sintassi del periodo; le ascendenze culturali, gli influssi e i condizionamenti della tradizione letteraria italiana. Alcune intersezioni e sovrapposizioni saranno inevitabili, ma altrettanto inevitabilmente dovrò sorvolare su altri aspetti. 3. Sia dunque, e soprattutto (stante il condizionamento, a volte decisivo, che essa esercita su tutte le scelte traduttive e sulla stessa facies esteriore dei testi), la metrica. A parte le traduzioni in prosa (che peraltro, come si diceva, non sono sempre esenti da afflati poetici), la tendenza è sempre quella verso la traduzione d’arte, 12

Cfr. Brunetti, Giuseppina: «Un non calmato stupore della ‹forma› Gianfranco Contini traduttore di Hölderlin», in: Strumenti Critici, n. s., 18/3 (2004), pp. 377–416. Faccio appena in tempo a registrare, al momento di andare in stampa, il seguente articolo, di cui purtroppo non ho potuto avvalermi: Cazzato, Matteo: «In margine a Contini traduttore di Hölderlin. Prime osservazioni su un manoscritto ritrovato», in: Studi novecenteschi 100 (2020 [ma 2021]), pp. 345–361.

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dunque formalmente consapevole e tecnicamente attrezzata. (Va da sé che, come scrisse una volta Carlo Emilio Gadda, «tradurre versi con versi è voler camminare sul filo d’un coltello»13). Qui vi sono, sintetizzando, due opzioni: la traduzione metrica ‹fedele›, fondamentalmente rispettosa della partitura originale (particolarmente in presenza di metri anticheggianti), e quella ‹infedele›, vale a dire la trasposizione in metri italiani regolari ma non corrispondenti a quelli originali. Resta, a sé, la resa in versi tendenzialmente liberi (sottolineo il ‹tendenzialmente›) di componimenti hölderliniani a loro volta in metro libero. Prendiamo An die Parzen (nr. 1), un’ode alcaica in versi giambici, tranne l’ultimo di ogni quartina. Questo metro è rigorosamente rispettato sia da Bianchi che, anni dopo, da Politi, che si ricollegano palesemente alla metrica barbara carducciana, rendendo l’alcaica con un doppio quinario sdrucciolo nei primi due versi, un novenario (con accento fisso di 4a in Politi, più oscillante in Bianchi) nel terzo verso, un decasillabo nel quarto. Entrambi, e massimamente Politi, più rigoroso del predecessore, tendono a riprodurre anche il fondamentale ritmo giambico dell’originale. Bianchi mantiene il metro classico anche per la versione di un’altra alcaica, Abendphantasie (nr. 2). Un anomalo e in fondo arbitrario succedaneo di questi precedenti si ha nelle versioni di Nesti, che sia nell’uno che nell’altro caso risolve la strofa alcaica nella combinazione di due versi lunghi paraesametrici (ma con scarti verso il pentametro) e di due versi più brevi oscillanti tra le otto e le undici sillabe: delle odi barbare, diciamo così, ‹liberate› (sull’onda, un po’ alla buona, di certi sviluppi novecenteschi). Il rispetto del metro classico originale è ancor più evidente nelle versioni dell’esametrico Archipelagus (nr. 3), dove Bianchi, Maione e Valeri ricorrono all’esametro barbaro di tipo carducciano (poi anche dannunziano), col secondo emistichio fisso (un novenario ad anfibrachi, o ‹dattilico›, cioè con accenti fissi di 2a-5a-8a) e il primo emistichio oscillante fra le sei e le otto sillabe (per lo più sette in Valeri, otto in Maione). Tralascio le variazioni minori. Brod und Wein (nr. 4) è invece in distici elegiaci: se Bianchi e più tardi Nesti restano ancorati alla resa carducciana del distico (col pentametro interpretato generalmente come doppio settenario), il giovane Vigolo è già meno ortodosso, derogando alla norma tradizionale soprattutto nello svolgimento del pentametro, il cui secondo emistichio viene ora a oscillare fra le sette e le dieci sillabe. Una duttilità (o inquietudine) prosodica che si accentua nella revisione successiva della sua versione, in cui, non a caso, si assiste anche a un’attenuazione degli arcaismi linguistici. Radicalmente diversa è la scelta di Errante, da lui esplicitamente teorizzata e perseguita con ferma coerenza. Metricamente le traduzioni di Errante sono ineccepibili, ma non hanno più alcun rapporto con gli originali di H., che vengono costantemente adattati alla metrica italiana tradizionale: domina pertanto quasi ovunque l’endecasillabo, seguito a ruota, ove occorra, dai soli imparisillabi tipici 13

Gadda, Carlo Emilio: Il Faust tradotto da Manacorda [1932]. in: Id.: Divagazioni e garbuglio. Saggi dispersi, a cura di L. Orlando, Milano 2019, pp. 67–73, a p. 73.

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della poesia italiana classica, a cominciare dal settenario. La posizione di Errante (che del resto è perfettamente in linea con la prassi consolidata della traduzione poetica fra XVIII e XIX secolo, cui lo stesso Carducci si era adeguato, traducendo per esempio gli esametri di Achill addirittura in terza rima) era già stata in parte anticipata da Maione, che per esempio in Abendphantasie rinuncia a imitare il metro classico, dilatando e movimentando le sei quartine alcaiche di H. in sette quartine di endecasillabi, più un verso isolato, pure endecasillabo, di chiusa. Non solo: quasi ogni quartina travalica sintatticamente nella successiva, a prezzo – in aggiunta alle continue, e perfino stucchevoli, inarcature interversali – di vistosi enjambements interstrofici («campana / ospitale» fra I e II strofa, «alterna / vicenda» fra III e IV, addirittura «nella / luce» fra V e VI, e così via), laddove H. ne ha uno solo (fra quarta e quinta strofa), ma ben diversamente incisivo, proprio perché unico. Ogni equivalenza col testo tradotto viene, da questo punto di vista, totalmente a cadere, ed essendo la partizione strofica puramente tipografica, per l’occhio, essa equivale in realtà a una lunga sequenza indivisibile di endecasillabi sciolti. Ancor oltre, nella traduzione di Abendphantasie, va Errante. Non solo i 24 versi dell’originale diventano ora 33 (in Maione erano già 29), con assoluto predominio, una volta di più, dell’endecasillabo (solo due i settenari, e altrettanti i quinari), ma soprattutto viene completamente ridisegnata la configurazione strofica. Le sei quartine di H. si fondono in tre strofe eteromorfe di lunghezza variabile, dove viene meno anche la corrispondenza con le clausole strofiche dell’originale: per esempio il verso di chiusura della seconda strofa di Errante non corrisponde affatto a un verso finale di strofa del testo tradotto, ma a quello iniziale della sua penultima strofa. Qualcosa di analogo fa il medesimo traduttore in Alle parche, trasponendo il tutto in endecasillabi sciolti ma alludendo più da vicino alle tre quartine di H.: mantiene la tripartizione strofica, ma allunga di tre versi la seconda quartina, in cui viene inglobato il primo verso della terza strofa di H., che in effetti è sintatticamente legato ai due versi che precedono (protasi-apodosi). L’aderenza sintatticoperiodale fa aggio su quella metrica, e addio non solo alle varie inarcature hölderliniane, ma anche alla fondamentale sospensione fra la seconda e la terza strofa. Apro qui una parentesi. Le conseguenze delle scelte metriche di Errante, così decisamente target-oriented, sono rilevantissime sul piano propriamente traduttivo (e dunque semantico e retorico), determinando tutta una serie di aggiunte, amplificazioni ed espansioni che sconfinano spesso e volentieri, quando non nel gratuito abbellimento stilistico (l’aggiunta per esempio di un aggettivo esornativo: tipo «cielo immenso» per Himmel, «grande melodia» per Weise, ecc.), nella glossa interpretativa o nell’intensificazione espressiva dell’originale: che è il tratto tipico del modus operandi di questo benemerito ma spesso discutibile traduttore. Basti, e sia detto una volta per tutte, qualche esempio. In 1 (i numeri rinviano alle sezioni del nostro corpus): «laggiù nell’Erebo profondo» (drunten im Orkus), «ed altro io non chiedo al mio destino» (mehr bedarfs nicht); in 2: «e a lui che, sobrio, si contenta del poco il focolare / fuma apprestando il cibo» (dem Genügsamen raucht sein

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Herd), «in un fluire effuso / d’aria e di luce» (in Licht und Luft), «si strugge e agogna» (begehrt; qui agisce il gusto tutto italiano della dittologia sinonimica, come per esempio in 7: «ne scande e ne raffrena» per mässiget); in 4: «i carri vanno / in lontanante risuonar di ruote» (rauschen die Wagen hinweg: dove si cerca peraltro di surrogare l’iterazione fonica «WAGen hinWEG» con «Risuonar di Ruote»); in 5: «Ma come, ahimè, discendano / le nebbie d’inverno, / ove sarà ch’io trovi» (Weh mir, wo nehm’ ich, wenn / es Winter ist); in 6: «la prima volta / impazienti d’esplorare i vinti / spazii remoti, i giovinetti alunni» (das erste mal siegforschend die Jungen; qui decisamente arbitrario, come forse, poco più sopra, «le contrastanti aure» per «die Begegnisse»14); in 7: «a spegner dentro l’amorosa sete / che mi brucia di te» (zu löschen die Liebe zu dir)15, ecc. Potrei continuare a lungo, col rischio però di sfondare porte aperte. Le licenze e i ritocchi creativi di Errante sono già da tempo state fatte oggetto di studi e rilievi critici16. Del resto è ben noto che Errante, ligio ai dettami crociani in merito, che concedevano al traduttore che riuscisse a cogliere «lo spirito e il tono di una poesia […] larga libertà di variazioni e di eliminazioni o d’aggiunte, dov’egli le senta necessarie»17, definiva la sua traduzione come «largamente esegetica: chiarificatrice e interpretativa», vòlta a «rendere più agevole ai lettori» la lettura di H. (di fatto, a rendere H. il più ‹italiano› possibile, attraverso una trasposizione ‹appaesante›, come si suol dire)18: giacché la nostra lingua non deve essere «avvilita sotto il giogo crudele di un mostruoso calco lessicale». Posizione opposta a quella di Bianchi, che giudica le traduzioni parafrastiche, ammissibili al massimo nelle versioni in prosa, un’«adulterazione dello stile poetico dell’originale»; e opposta, a maggior ragione, a quella di Traverso, che prende notoriamente le distanze da «ogni velleità di Umdichtung» (laddove il proposito esplicito di Errante era proprio quello di produrre «non una arida translitterazione ma una Nachdichtung»)19. Beninteso Errante non è l’unico ad avvalersi delle varie tecniche di amplificazione interpretativa, che allignano perfino nelle traduzioni letterali in prosa: basti citare lo stesso sobrio Amoretti, che nell’ultima sua versione della traduzione di 14 15 16

17 18 19

Non è da meno Boriani: «il freddo ostacolo dei venti». Ma probabilmente agisce in entrambi i traduttori una certa indeterminatezza semantica del termine (che non a caso piacerà a Heidegger). Anche Contini va per conto suo: «vedessi / di soffocarlo questo tuo amore». Cfr., per citare solo i lavori più recenti, i vari saggi raccolti in: Vincenzo Errante. La traduzione di poesia ieri e oggi, a cura di F. Cercignani e E. Martino, Milano 1993; o le osservazioni sparse in Fambrini, Alessandro: «‹Quella immensa chiarità vivente›. Rainer Maria Rilke tradotto da Vincenzo Errante», in: Studia theodisca, VI (1999), pp. 37–55. Desumo la citazione da Vivarelli, «L’incipit di ‹Patmos›», cit., p. 425; Del Zoppo, «La letteratura tedesca tradotta», cit., p. 430. Contini, forse non senza malizia, definiva quella di Errante la «maggior prova totale d’acclimatazione [di H. in italiano] che sia stata tentata». A Errante pensa probabilmente anche Nesti, sottolineando di «aver cercato di attenersi sempre allo schema metrico-ritmico e al tenor linguistico dell’originale, senza travisarne la veste formale o adulterarne il senso con riduzioni, interpretazioni libere o aggiunte arbitrarie»: proposito in verità non sempre rigorosamente mantenuto.

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Hälfte des Lebens (1948) si induce ad aggiungere a «nel vento» (im Winde) l’inutile precisazione «su in alto» (Errante si limiterà invece, didascalicamente, a «sui tetti» e a precisare che le banderuole sono «scosse»). Va detto, a merito di Errante, che le sue scelte non costituiscono quasi mai una banale semplificazione o un aggiramento delle difficoltà dell’originale: e sono spesso più sottilmente ingegnose di quanto appaia a prima vista. Per tornare a An die Parzen, l’unico che traduce il testo in una metrica apparentemente ‹libera›, né con la riproduzione ‹barbara› dell’ode alcaica né con la serie compatta di endecasillabi à la Errante, è Contini. Contini propone però ugualmente un metro, un metro che definirei vagamente ‹montaliano›, per via della prevalenza, accanto a un paio di endecasillabi regolari, di versi lunghi oscillanti fra il dodecasillabo (in sostanza un endecasillabo crescente, come è tipico appunto di Montale) e, in un caso, il quattordicisillabo (v. 10)20. Questa relativa libertà rispetto alla rigorosa prosodia dell’originale è però compensata sia dal mantenimento della struttura a tre quartine (sintatticamente ancora più scandite che in H.) sia soprattutto – caso più unico che raro – dall’introduzione della rima (ovviamente assente in H.), e precisamente nelle sedi pari di ogni quartina: lo schema è dunque ABCB. Dove è da notare che nella prima e nella terza strofa le rime sono tronche. Non solo: anche fra le uscite dei versi dispari si creano dei rapporti di equivalenza o similarità fonica, e precisamente di assonanza (totale nella prima quartina, -enti, -ieri, solo tonica, su -i-, nelle altre due). Parrebbe una forzatura, ma è un interessante compromesso fra tradizione e innovazione che si inquadra bene nelle correnti poetiche post-pascoliane e post-dannunziane, riassumibili per comodità nel nome di Montale, al cui lessico asciutto e preciso Contini sembra pure qui ispirarsi: vd. frodata, essenziale, «non occorre di più», ecc. (Si noti en passant che i «sontuosi fiotti» che Contini 1933b introduce un po’ abusivamente, per «reich glänzend», nella sua prima versione di Wie Vögel …, v. 6, ripropongono un lemma, fiotto, caro proprio al Montale degli Ossi e delle Occasioni: cfr. Falsetto, v. 8, Ho sostato talvolta …, v. 13, Buffalo, v. 4, Punta del Mesco, v. 10). Un altro modo, ben diverso da quello adottato da Errante, di avvicinare H. a una sensibilità ‹italiana› più moderna, fermo restando che la tentazione della rima anche là dov’essa è assente in H. (e cioè quasi sempre) fa capolino anche presso altri traduttori. La tendenza, così tipica della tradizione poetica italiana, a riferirsi sempre, in un modo o nell’altro, alle misure metriche casalinghe, regolari o allusivamente regolari – a farle insomma comunque emergere o intravvedere –, si vede anche nelle traduzioni di componimenti hölderliniani in verso libero. Prendiamo di nuovo Hälfte des Lebens. I suoi versi, se letti ‹all’italiana›, sono di volta in volta quinari (vv. 4, 6, 10, 12, 14), senari (vv. 3, 5, 11) e settenari (vv. 1–2, 8, 13), più un ottonario (v. 7) e un decasillabo (v. 9), senza una distribuzione ordinata e simmetrica, a parte il distico iniziale, composto da due perfetti settenari omoritmici (giambici). Ora, 20

Certamente Contini aveva presenti certe partiture, a maggior ragione se organizzate in tre quartine, degli Ossi di seppia (Non chiederci la parola, Portami il girasole, Tentava la vostra mano, ecc.).

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questa libertà o varietà prosodica, in cui l’andamento giambico alterna con quello dattilico, viene per lo più mantenuta dai traduttori italiani, ma fino a un certo punto. I più prossimi all’originale sono Traverso (soprattutto nella prima versione, quella del 1936, che mantiene – tramite una coppia di novenari dattilici – l’isometria iniziale, elusa invece nella versione del ’42, e tuttavia colà recuperata, ma in prosodia diversa – due senari con identico avvio giambico –, ai successivi vv. 4–5) e poi Nesti (solo quinari, senari e settenari). Ma già Contini 1941 si induce a inserire nell’insieme un robusto endecasillabo dattilico (v. 3: «pende nel lago, voi cigni del cuore»). Lo stesso fa Errante: il suo v. 13, amplificatorio rispetto all’originale «und Schatten der Erde», è un fluido endecasillabo dall’aria vagamente foscoliana: «un’ombra almeno della dolce terra»; per il resto la traduzione si attiene, per una volta, a una varietà ritmica (che percorre, a parte il v. 1, l’intera gamma dei tradizionali versi imparisillabi italiani, dal trisillabo al novenario) in qualche modo allusiva a quella dell’originale. Piuttosto fuorviante invece la soluzione proposta da Politi: il suo Metà della vita si presenta come una sorta di madrigale, composto, con la sola eccezione del v. 3 (novenario), dai canonici settenari ed endecasillabi. Addirittura l’endecasillabo è convocato a suggellare ritmicamente ognuna delle due strofe esastiche in cui si articola la sua versione (che ha così due versi in meno dell’originale); anzi, la strofa finale, quasi a enfatizzare questa cadenza conclusiva, termina con un compatto distico di endecasillabi, entrambi ad andamento giambico, così come pesantemente giambici, quasi da filastrocca, sono i quattro settenari che li precedono. Siamo ancora, si direbbe, nei paraggi di Carducci. E non è finita: i quattro versi finali sono perfettamente rimati (a rima incrociata: sole: terra: serra: banderuole). Quanto di più lontano dall’originale hölderliniano, che al massimo si avvale, ma solo nella prima strofa, di assonanze e consonanze. Va addirittura oltre Boriani, che – a prezzo di qualche forzatura: il «chiaro sole» per Sonnenschein, le girelle, lett. ‹girandole›, al posto delle banderuole21 – conclude la sua versione con un’intera quartina di sonori endecasillabi, preceduta da un altrettanto canonico settenario. Di nuovo una trasposizione vagamente madrigalistica (forse influenzata dalla reviviscenza otto-novecentesca del madrigale). È curioso che, a parte Traverso e Nesti, nessuno faccia corrispondere i quattordici versi dell’originale ad altrettanti versi italiani; Contini invero lo aveva fatto nel ’33, ma nel ’41 ripiega anche lui su due strofe esastiche22. Mi soffermo ancora su Hälfte des Lebens per osservare la reazione dei traduttori – la loro sensibilità formale – di fronte a un’altra peculiarità metrico-stilistica

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Fonicamente forse indotto da girouettes, con cui generalmente vengono rese in francese le Fahnen. In Cartoscelli il componimento, che cambia anche titolo (in senso decisamente ‹ermetico›: Declino), diventa addirittura monostrofico, assumendo una fisionomia che, nella libera alternanza di endecasillabi e versi più brevi, ricorda, forse non a caso, la scrittura lirica di Cardarelli.

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del testo, e cioè le «potenti»23 sospensioni in enjambement, nella seconda strofa, di wenn e di wo, due avverbi, cui s’aggiungono, meno incisive ma pure significative, quella del sostantivo Wind(e) e del verbo stehn. Il più fedele a questa partitura è una volta di più Traverso, che conserva in punta di verso dove, stanno e vento. Contini aveva solo dove e vento (in entrambe le redazioni), aggiungendo autonomamente terra; Nesti stanno e vento, Boriani e Cartoscelli rispettivamente dove (peraltro in iterazione) e stanno. Ben diversamente reagiscono Errante e Politi, che risolvono lo staccato hölderliniano in un più fluido e convenzionale legato (solo Errante crea una sorta di compensazione sospendendo a fine verso il gemono con cui surroga klirren; idem per lo stridono di Cartoscelli). Nessuno comunque si risolve a evidenziare in clausola, in parallelo a dove (wo), l’altrettanto fondamentale quando (wenn). Sulle varie forme e modalità del «sinnstiftendes Spiel»24 degli enjambements nella lirica di H. ci sarebbe in realtà moltissimo da dire, così come sulle reazioni che esso suscita nei traduttori. Qui mi limito a osservare che questi ultimi oscillano tra una relativa aderenza (il più diligente è Nesti, l’unico, tanto per dire, a rispettare il forte stacco «vom süssen / Spiel gesättiget» di An die Parzen 34: «dal dolce / gioco saziato»25) e una fluttuante difformità: dall’eccesso immotivato e casuale, al di là di ogni corrispondenza con l’originale (o motivato solo dalle strettoie dell’endecasillabo sciolto, vd. Maione e talora Errante) alla quasi totale obliterazione (vd. il caso limite di Wie Vögel …, dove tutti, tranne in parte Traverso, rinunciano a riprodurre l’andamento franto e squilibrato dell’originale). La tendenza a rendere metricamente regolare, in accordo con l’uso italiano, anche lo H. ritmicamente più libero e svincolato dalle consuetudini è particolarmente evidente nelle versioni di Wie Vögel … e di Heimath. L’irregolare partitura di Heimath (nr. 7), con netta prevalenza di versi lunghi, viene resa da Errante con nove endecasillabi, cinque settenari, tre quinari, un trisillabo, un novenario: cioè, una volta di più, solo i canonici versi imparisillabi (e massimamente endecasillabi e settenari) della tradizione italiana. In quinari, settenari, novenari ed endecasillabi si sviluppa anche la traduzione di Boriani di Wie Vögel …. Nella versione di quest’ultimo componimento anche Contini introduce qua e là l’endecasillabo (variandone la distribuzione nel passaggio dalla prima alla seconda edizione), ma il massimo della normalizzazione italianizzante si ha come al solito in Errante, che trasforma i dieci versi di H. in una strofa di tredici versi composta di soli endecasillabi e settenari. Sempre rispetto a Wie Vögel …, il meno lontano dalla partitura di H. (anche nell’estensione del componimento) è Traverso, che peraltro non rinuncia quanto meno ad alludere a una regolarità o simmetria metrica, da un lato facendo rimare il primo ed il terzo verso (lenti : eventi), legandoli per di più al secondo tramite consonanza (avanti), dall’altro inanellando uno di seguito all’altro, dal v. 3 al v. 5, tre regolarissimi nove23 24 25

Mengaldo, Pier Vincenzo: Dalle origini all’Ottocento. Filologia, storia della lingua, stilistica, Firenze 2016, p. 272. Utz, op. cit., p. 72. Politi, più debolmente: «del dolce gioco / sazio».

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nari ad anfibrachi, quelli per intenderci di tipo pascoliano (diverso è invece il novenario iniziale): un eccesso di ‹metricità› che un po’ sorprende in un traduttore sobrio ed essenziale come Traverso. Si noti al proposito che, mentre aveva rinunciato in Metà della vita a sospendere quando in punta di verso, qui invece ci riesce perfettamente, al quarto verso, in esatta corrispondenza col wenn di H.: ma ha giocato probabilmente, per tornare a quanto appena detto, la tentazione di sfruttare la consonanza (nasale + dentale) con la serie -anti / -enti che precede. A proposito del novenario – e del novenario, come dicevo, di tipo pascoliano, con accenti fissi di 2a-5a-8a –, è interessante notare che è proprio a questo verso, rilanciato da poco con successo nella tradizione italiana (da Pascoli appunto, poi anche da D’Annunzio e infine da Ungaretti e Quasimodo), che i traduttori si rivolgono spesso e volentieri, quasi ad arginare o limitare la tentazione – insopprimibile in Italia – dell’endecasillabo e del settenario. Sempre dalle versioni di Hälfte des Lebens traggo questa cospicua serie di esempi: «e colmo di rose selvagge» (Contini), «e folto di rose selvagge» (Traverso 1942), «Ahimè, quando viene l’inverno» (Traverso 1942, che in questo modo regolarizza il precedente ottonario «Ma quando viene l’inverno», esattamente l’inverso del passaggio da «Si curva con pere dorate» del 1936 a «Con gialle pere si curva» del ’42), «fiorite di rose selvagge» (Errante), «il capo tuffate per entro» (Errante), «coi fiori e la luce del sole» (Errante), «si sporge la riva sul lago» (Boriani), «il capo tuffate nell’acqua» (Boriani), «sul lago s’inchina la sponda» (Cartoscelli)26. Oppure, da Heimath: «qui il miele distilla dai tigli» (Contini, liberamente per «und süsse Linden duften»), «e abbatte la schiena la spiga» (Contini 1933; poi modificato in «e il dorso piega la spiga»), «a cogliere bacche selvagge» (Errante). Quello che colpisce (per di più in un corpus così limitato come quello qui proposto) è proprio la frequenza e la regolarità di tale scelta ritmico-prosodica: come se questo tipo di novenario (non a caso frequentissimo nei contemporanei Ungaretti del Sentimento del tempo e Quasimodo di Ed è subito sera27) fosse il più adatto a rappresentare una versificazione moderna, ma non svincolata dalla tradizione. 26

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Dei novenari dattilici ‹crescenti› possono essere considerati «del sole la luce, della terra» (Contini) e «dell’acqua bagnate ebbri di baci» (Cartoscelli); né mancano altri tipi. A puro titolo di curiosità, noto che ancora Vigolo 1958 resta fedele, traducendo Hälfte des Lebens, al novenario, almeno in due casi: «e folta di rose selvatiche», «le mura si levano mute»; mentre i traduttori successivi, p. es. Budigna, Lupi, Crescenzi, Orelli, Reitani (con la sola eccezione del resistente v. 2), tendono a evitarlo, credo intenzionalmente. Per Ungaretti basti, tra i tanti esempi sparsi («Trasporti alla foce del sole!», «La grande mitezza degli occhi», «Di gracili arbusti sul ciglio», ecc.), la compatta sequenza iniziale dell’Inno alla morte: «Amore, mio giovine emblema, / Tornato a dorare la terra, / Diffuso entro il giorno rupestre, / È l’ultima volta che miro …», o quella del vv. 22–25 di Il Capitano: «Nessuno lo vide cadere, / Nessuno l’udì rantolare, / Riapparse adagiato in un solco, / Teneva le mani sul petto». Più o meno lunghe sequenze di novenari ad anfibrachi ha anche Quasimodo, che interamente o quasi interamente in questo metro compone, spesso a cominciare dagli stessi titoli, poesie quali Dolore di cose che ignoro, Rifugio d’uccelli notturni, I morti, Specchio, ecc. Si cita da: Ungaretti, Giuseppe: Vita d’un uomo. Tutte le poesie, a cura di C. Ossola, Milano 2009, e da: Quasimodo, Salvatore: Poesie e discorsi sulla poesia, a cura di G. Finzi, Milano 199610.

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4. Solo qualche breve cenno (il tema è troppo vasto e complesso) sulle reazioni dei traduttori di fronte alle strutture sintattico-periodali di H., reazioni che oscillano, anche in questo caso, tra fedeltà e variazione.Prendiamo i due grandiosi periodi esametrici in cui si articola il passo prelevato dall’Archipelagus (nr. 3). Il primo si estende per ben dieci versi, una vera cascata sintattica, con varie relative e temporali, e poi apposizioni, incisi, riprese a distanza, e così via. Malgrado la tradizione letteraria italiana sia tutt’altro che refrattaria alle complessità e alle complicazioni periodali, i nostri traduttori tendono, quale più quale meno, a spezzare o comunque attenuare questa impetuosa onda sintattica: o interrompendola mediante la ridistribuzione della punteggiatura (p. es. Maione, che pone il punto fermo dopo il v. 4 e a metà del settimo: tre periodi dunque, anziché uno solo) oppure eliminando o risolvendo diversamente le ripetizioni a distanza di certi nessi avverbiali (nessun traduttore, tranne Valeri, riproduce tal quale il rimbalzo di auch dal v. 1 al v. 4, e tutti, compreso Valeri, evitano quello di dann dal v. 10 al v. 12) o infine incrementando ulteriormente il polisindeto, già di per sé notevole, di H. (i vari und interfrasali): «E quando …» (Maione, Boriani) o «Ma come …» (Errante) al posto del solo wenn (v. 34), «E a te […] manda» (Bianchi, Maione) o «Ed anche a te […] invia» (Errante) al posto del semplice «dir […] sendet» del v. 39. Anche grazie a queste ulteriori congiunzioni di raccordo (e a zeppe avverbiali del tipo ecco … ecco, care ad Errante) si crea – ma questa è davvero una tendenza generale, verificabile anche su altri testi – un continuum più fluido e legato rispetto al mirabile ‹staccato› di H., che impronta di sé anche le costruzioni più ad ampio respiro: un respiro, se si può dir così, implacabilmente affannoso, ma che tende, nelle traduzioni italiane, in qualche modo a placarsi. Vediamo ora, passando a una partitura rigorosamente strofica, le diverse soluzioni di fronte al problema della coincidenza o meno tra confine sintattico e confine di strofa. In An die Parzen H. distribuisce il periodo ipotetico implicito che va dai vv. 7–8 («Doch ist mir einst […] gelungen») al v. 9 («Willkommen dann …») a cavallo tra la seconda e la terza quartina, creando un fortissimo enjambement strofico, una quasi estatica sospensione. Ora questa struttura è rispettata appieno solo dai primissimi traduttori, Bianchi e Politi, e dall’ultimo, Nesti. Di essa invece non c’è traccia nella versione di Errante, che, come s’è visto, impagina diversamente il testo. Ancor più drastica la soluzione di Contini (preceduto, in prosa, da Filippon), che risolve l’ipotassi hölderliniana in una successione paratattica, separando arbitrariamente i due costituenti sintattici (protasi e apodosi): «Ma io sarò ormai riuscito nella poesia […]. // Dunque benvenuta ecc.»). Ma è possibile che si tratti di un fraintendimento linguistico. Questa propensione ad aggirare le asperità sintattiche hölderliniane si vede anche, sia pure in modo diverso, nella versione di Errante di Abendphantasie, che trasforma le sei quartine del componimento in tre strofe eteromorfe, rispettivamente di 11,13 e 9 versi. Dell’enjambement strofico fra IV e V strofa non c’è più traccia.

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Diversa la soluzione adottata da Maione, che crea, prediligendo l’endecasillabo sciolto, un continuo travalicare della sintassi da una strofa all’altra: ma le strofe in Maione sono, come s’è visto, solo apparenti. 5. Il registro stilistico-retorico e lessicale di tutti i traduttori è – in consonanza con l’oggetto – sempre alto, solenne, risentito e insomma decisamente aulico (tanto per dire, il sostantivo Alter dell’explicit di Abendphantasie è, con una sola eccezione – in una versione in prosa però –, reso costantemente con vecchiezza, non con vecchiaia), con frequente ricorso anche al di là dell’originale (che per conto suo già ne abbonda), a inversioni, anastrofi, epifrasi e così via. Qualche esempio, un po’ alla rinfusa, delle prime due figure, molto frequenti, (soprattutto nelle versioni metriche, in quanto funzionali alla versificazione): «delle ombre o tacito mondo» (Bianchi, per «O Stille der Schattenwelt»),«alle montagne in cima» (Errante per «über Gebirges Höhn»), «di baci ubriaco» (Contini, per «trunken von Küssen»), «del sole la luce, della terra l’ombra» (Contini, per «den Sonnenschein, / und Schatten der Erde»), «delle roveri sotto la cupola» (di nuovo Contini, il più incline a queste tournures, per «unter hohem / Gewölbe der Eichen»), «di fiaccole adorni» (Vigolo 1935, per «mit Fakeln geschmükt», poi modificato in «ornati di fiaccole»), «di gioie del giorno saziati» (Id., per «satt […] von Freuden des Tages», poi reso con «sazi delle gioie del giorno»), «splende amicale ai compagni cena» (Nesti, per «glänzt das gesellige Mahl den Freunden». Quanto alle epifrasi: «Calma è allor la vecchiezza e serena» (Bianchi, per «friedlich und heiter ist dann das Alter»), «mesta sui montani vertici e magnifica» (Id., per «über Gebirgeshöhn traurig und prächtig»), «là un amante preludia o persona solinga» (Vigolo, peraltro mimetico di H.: «dort ein Liebendes spielt oder ein einsamer Mann»). Colpisce la frequenza degli arcaismi fonomorfologici: a parte le tradizionali (e ormai obsolete) dieresi – orïente (Bianchi, Errante), vïandante (Maione), impazïenti (Errante), irrequïeta (Nesti), ecc. – e le apocopi poetiche, comprese le postvocaliche – or, cor, ciel, andar, arator, a me sol, nessun, stridon ecc.; a’, da’, de’ ecc. (per lo più Bianchi, ma anche Contini, che si concede anche un su’) –, notiamo forme come istesso (Bianchi), cheto e si accheta (Bianchi, Errante), corrò per ‹coglierò› (Politi), mi portate per ‹portatemi› (Bianchi), «dove ne andrò» (Errante, per «wohin denn ich»), e così via; ei per ‹egli›, prevedibile in Bianchi, si perpetua ancora in Errante («ed ei ne scande») e in Boriani («ei pinge»); Vigolo 1935 in Pane e vino ha «un zefiro», poi modificato in «un alito». Ma è soprattutto da rilevare, nel campo del lessico, il persistente ricorso – tranne forse nel traduttore più sobrio e misurato di tutti, Leone Traverso – ad aulicismi, arcaismi, forme letterarie desuete o preziose. Ecco dunque posare (quasi in tutti, per ruhen, in alternanza con riposare, ma anche per verrauschen e per schlafen), mirare (ancora in Contini, per blicken, poi in Boriani), cangiare, effondersi (ripetutamente in Nesti), «un dovizioso corruscar» (Errante, per «reich glänzend»), s’addorme, commisti, aere (ancora in Contini), alma (Boriani), opre e oprare, «gau-

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dio del dì» (Bianchi, per «Freuden des Tags»), squilla (Bianchi, per Glocke), faci (Nesti, per Fackel), aulente (sempre Bianchi, per duftend), innumeri (tutti, per unzählig), mirifico (Valeri, per wunderthätig, che altri rendono con «fattor di miracoli» o «egli che opra miracoli»), estrania (Vigolo, per Fremdlingin), il «divo Sole» (Valeri), e così via. E ancora, più accusati: fugato (Filippon, per ‹messo in fuga›, verscheucht), preludia (Vigolo e Errante, per spielt), sennato (Bianchi, per sinnig, che altri rendono con giudizioso o savio), «d’alto» (Bianchi) o «per l’alto» (Valeri), per droben, e persino invisti (Nesti, isolato neologismo per inveduti ‹non visti›, ‹invisibili›, sorta di interpretatio dell’originale fern, peraltro avverbio). Filippon ha «traggon lor vita» per «es leben», e del verbo trarre si avvalgono Contini e poi Boriani per il ziehen, lett. ‹muoversi›, ‹passare›, dell’attacco di Wie Vögel …, (che curiosamente è il testo – un frammento affatto ‹moderno› – che in tutte le versioni anteriori a quella di Traverso presenta in pochi versi la massima concentrazione di aulicità: trarre, mirare, alitare, aure, alto aere, etere sublime, arride, dovizioso corruscar, giovinetti alunni, ne scande e ne raffrena, e, se si vuole, le elisioni «prim’amore» e «dell’ali»). Ancora Valeri traduce «aus der Fülle der Macht» (Archipelagus, v. 4) con «dalla plenitudine [dantismo!] secreta di lor potenza»; certo un progresso rispetto a «dall’empito in trabocco di lor potenza» di Errante, ma si noti come persista in entrambi l’ellissi ‹poetica› dell’articolo e l’apocope («di lor potenza»). Né mancano le rarità lessicali: navalestri (Errante per Schiffer), svampare (Filippon per verglühen); o i costrutti decisamente antiquati: «più nulla è d’uopo» (Politi, per «mehr bedarfs nicht»). Bisogna ammettere che in qualche caso la forma aulica è anche la più felice, e ciò spiega il perdurante successo del «rapitemi lassù» di Maione e Errante per il «dorthin nimmt mich» di Abendphantasie, v. 15. Questa elevatezza lessicale – che addirittura determina in alcuni traduttori una certa, diciamo così, insofferenza nei confronti delle «pere gialle» (gelben Birnen) di Hälfte des Lebens, sentite come troppo prosaiche, sicché le pere diventano in alcuni i frutti (o frutta), mentre gelben è tradotto con dorate o d’oro (persino da Traverso nella sua prima versione), e più in generale una certa resistenza ad accettare lo H. più dissonante e colloquiale (si veda come i traduttori, a parte il solito Traverso, rendano, o meglio interpretino, l’apparentemente banale «so geht es wohl» su cui si chiude Heimath: Contini 1933a: «tutto così secondo la legge»; Contini 1941: «Questo del mondo è il ritmo giusto»; Errante addirittura: «Beatitudine!», a suo modo geniale) – viene però spesso smorzata e ammodernata nelle revisioni successive cui alcuni traduttori sottopongono i loro testi. Valgono per tutte le correzioni di Vigolo nel passaggio dalla sua prima versione (1935) alla seconda e ultima di Brod und Wein: di fiaccole adorne > ornate di fiaccole, a posare > al riposo, opre > lavori, persona solinga > un solitario, rimembra > ricorda, suon > suono, numera > conta (anche per eliminare la cacofonia «memore numera»), ecc. In generale le eventuali ‹seconde› versioni sono nettamente migliorative (vd. Contini, che, come abbiamo visto, corregge dei veri e propri errori o delle forza-

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ture), a volte migliorative e insieme stilisticamente connotate. Interessante in questo senso (biunivoco, però) Contini su Heimath, v. 2, «und wilde Beeren pflüken»: prima (1933a) «a mordere / le coccole», poi (1941) «a cogliere / le agresti bacche». Entrambe letteratissime. 6. L’ultimo esempio citato mi introduce al tema delle ascendenze e degli influssi letterari riscontrabili nelle nostre traduzioni. È impossibile infatti non cogliere nelle coccole di Contini 1933a un marcato dannunzianismo, e basti il rinvio almeno alle «coccole aulenti» della Pioggia nel pineto, v. 19 (senza dire che anche il mordere è di sapore ben dannunziano). Il riecheggiamento era forse troppo scoperto per poter essere conservato anche nella versione del ’41, dove infatti scompare; ma non scompare (o almeno non del tutto) D’Annunzio, se è vero che anche le «fulve biade» del v. 8 (sostitutivo del precedente «cotte biade») risentono a loro volta di un lessico dannunziano (cfr. le «biade / già fulvide» di Laus vitae XVIII 18–19). E questo è curioso in un traduttore in cui si sono visti piuttosto gli influssi dell’ermetismo contemporaneo e in particolare dell’Ungaretti di Sentimento del tempo (lo ammette lo stesso Contini e la versione di Heimath, ancor più ‹ermetica›, si direbbe, dell’originale hölderliniano, lo conferma). Ma così è: la presenza del D’Annunzio lirico è chiaramente avvertibile, ora più ora meno, in tutte le nostre traduzioni (persino nel ‹carducciano› Bianchi), sia nella tonalità (basti, per indugiare ancora su Heimath, la resa di Errante di «des Mittags, wenn im falben Kornfeld / Das Wachstum rauscht» con «a mezzo il giorno [che è l’attacco, in Alcyone, di Meriggio], quando / sui campi fulvi / con l’erbe i fiori han trepidi susurri») che nel lessico: mediati probabilmente da D’Annunzio sono, oltre ai citati fulvi (che oltretutto richiamano meglio, fonicamente, l’hölderliniano falben), termini rilevati quali navalestri, dèspoti (Politi, per Gewaltigen; Errante: «dèspoti delle altezze taciturne», per «die Kräfte der Höhe, die stillen»), trascolori (Negrelli, per verglühst), alitano (Contini, per wehn), aulente (Bianchi), «etere sublime» (Errante, per Luft), «melodia notturna» (Boriani, per Nachtgesang), ecc. Non mancano d’altra parte i pascolismi, il più vistoso dei quali, prelevato dall’incipit di Temporale, è il sorprendente (e incongruo) bubbolio con cui Politi traspone il klirren, lo stridere delle banderuole, di Hälfte des Lebens. Inconfondibile poi il tono pascoliano di versi quali «uno squillare di campane amiche / chiama da lungi, con la voce d’oro» («voce d’oro» è in Alba festiva) e «intorno l’ora che i nidi risorgono», con cui Errante e Contini rendono rispettivamente i vv. 14–16 («der Glokenschlag / Mir wohlbekannt / Fernher tönt, goldenklingend») e 16–17 («um die Stunde, wenn / Der Vogel wieder wach») di Heimath. E altro si potrebbe aggiungere (p. es. la «campana dell’Avemaria» con cui Filippon rende «die Abendglocke» di Abendphantasie; o, per restare in tema, il «cheto […] scampanio [che] s’effonde» di Nesti, da Brod und Wein, v. 11), a conferma della pervasività della cosiddetta koiné dannunziano-pascoliana nel ventennio in questione (la propensione per il novenario ad anfibrachi rientra pure qui). Su questo sfondo risalta però l’interferenza di altre, più

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lontane, intertestualità letterarie, la più rilevante delle quali è quella leopardiana, complice anche la prossimità di certe situazioni o atmosfere poetiche (qui può avere avuto buon gioco il pionieristico studio di Vossler del 1920)28. Difficile in effetti, traducendo l’inizio di Brod und Wein, sottrarsi al richiamo di passi della Sera del dì di festa o della Quiete o del Sabato del villaggio. Qui si distingue, una volta di più, Errante (cfr. la «trascorsa gioventù», e poi la «notturna via» e la «notturna scolta», dov’è indicativa l’anteposizione dell’aggettivo – assente in H. – come nella leopardiana «notturna lampa»; i carri rinviano al «carro […] del passegger» della Quiete dopo la tempesta, il participio lontanante al gerundio lontanando della Sera, ecc.), ma è notevole in questo senso anche la prima versione di Vigolo (che poi attenuerà i leopardismi): anche qui i carri e il gerundio lontanando, e poi altri lemmi carichi di risonanze leopardiane: i verbi rimembrare e numerare, gli aggettivi solinga e odorata (duftend; di contro all’aulente di Bianchi, all’odorosa di Errante e al profumate di Nesti – si ricordi l’odorata ginestra, la primavera odorata di Leopardi), il sostantivo opre (per «Werkender Hand», cfr. le «opre dei servi» nelle Ricordanze), ecc. Sia in Vigolo che in Errante, ma già in Bianchi, la «dämmrige Luft» è l’aria «che (s’) imbruna» (dal Sabato del villaggio). La «squilla serale» con cui Bianchi traduce la Abendglocke di Abendphantasie, v. 4, verrà invece dalla «vespertina squilla» del Risorgimento, v. 51. In questo contesto sorge il sospetto che anche l’aggettivo sempiterna di Errante nella versione di An die Parzen («silenzio dell’ombra sempiterna» per «Stille der Schattenwelt», v. 4) discenda, più che da Dante, dal Leopardi del Canto notturno (i «sempiterni calli», v. 6). E lo stesso si può dire per termini quali tacita, faci e così via. Ma qui si entra ovviamente nel fertile territorio del più eletto repertorio lessicale desunto dalla secolare tradizione poetica italiana, e dai suoi sedimenti memoriali. Tutte le versioni pullulano di termini o sintagmi carichi di storia e di tradizione illustre: molti li abbiamo già citati (e richiamo di nuovo, che so, il «giovinetto alunno» e le «agresti bacche»), qui mi limito ad aggiungere le formule aggettivali del tipo «molle sopore» (Negrelli, 2), «soave sopore» (Bianchi, 3), «amorosa sete» (Errante, 7), «soave incanto» (Errante, 3), «forze superne» (sia Bianchi che Maione per «Kräfte der Höhe», 3), «alterna vicenda», ecc. Il traduttore meno permeabile agli influssi del lessico letterario aulico e al richiamo erudito dei modelli tradizionali è Traverso. C’è solo un punto, nel nostro corpus, in cui sembra però emergere anche in lui un riecheggiamento illustre, nella fattispecie foscoliano: non escluderei infatti che nella traduzione di «ins heilignüchterne Wasser» (Hälfte des Lebens, v. 7) con «nell’acqua limpida e sacra» (dove spicca l’‹infedele› resa di nüchtern con limpida) si condensi il ricordo – involontario, scolastico, ma non per questo insignificante – dell’inizio del sonetto A Zacinto:

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Vossler, Karl: «Hölderlin e Leopardi», in: Rivista di cultura, 2 (1920), pp. 102–110.

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Né più mai toccherò le sacre sponde Ove il mio corpo fanciulletto giacque, Zacinto mia, che te specchi nell’onde Del greco mar, da cui vergine nacque Venere, e fea quelle isole feconde Col suo primo sorriso, onde non tacque Le tue limpide nubi e le tue fronde L’inclito verso di colui che l’acque …

Una sorta di cortocircuito che dalle «sacre sponde» arriva, attraverso ovviamente le onde e le acque, alle «limpide nubi». Un caso forse, ma è curioso che anche Errante, traducendo lo hängen iniziale di Hälfte des Lebens col verbo specchiarsi («si specchiano le rive / nel lago»), riprenda un’immagine foscoliana tratta dal medesimo sonetto: «che te specchi nell’onde …». Certo è che, accanto a Leopardi, Foscolo è il poeta italiano che più frequentemente è stato messo in parallelo con H. 7. Prendendo spunto dalle ultime considerazioni, e tenendo implicitamente conto di sondaggi estesi anche al di là del ristretto corpus qui presentato, posso azzardare la seguente conclusione, di necessità estremamente sintetica e dunque rapida, provvisoria e rivedibile. Linguisticamente parlando, lo H. che attraverso le traduzioni viene ‹presentato› al lettore degli anni Venti e Trenta (e inizio Quaranta) del Novecento è, una volta che si faccia astrazione dagli elementi pascoliano-dannunziani variamente disseminati in tutti gli esiti e in tutte le fasi di questa sua prima ricezione italiana, uno H. triforme: 1) uno H. grosso modo ‹carducciano›, ed è quello di Bianchi e ancora, anni dopo, di Politi e di Nesti; 2) uno H. ‹foscolianoleopardiano› (in luce moderna), che è quello fondamentalmente di Errante (marginalmente anche di Traverso e Vigolo); 3) uno H. in senso lato ‹ermetico› – tra Ungaretti e Montale –, che è quello di Contini e di Traverso; ma non, o non del tutto, di Valeri e di Vigolo: che stanno, in questa costellazione, un po’ a sé, avviando quelle soluzioni di prudente compromesso che avranno successo più avanti.

Allegato: i testi Avvertenza. Scrupolo filologico e aderenza storica vorrebbero che il testo delle liriche hölderliniane qui sotto riportate fosse quello effettivamente conosciuto e usato dai nostri traduttori, cioè quello fissato e divulgato dalle edizioni coeve: presumibilmente – e direi, quasi sicuramente – Hellingrath e continuatori, prima, e Zinkernagel poi (o succedanei). Poiché però le differenze (le varianti) rispetto alla vulgata attuale, diciamo post-Beissner, sono davvero minime e mai, nei nostri casi, di sostanza, mi sono risolto a riprodurre qui sotto il testo dell’edizione più recente e, per noi italiani, più a portata di mano, quella di Luigi Reitani (Milano, Mondadori, 2001). I testi dei vari traduttori sono stati tutti controllati direttamente sulle relative fonti.

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(1) An die Parzen

Bianchi 1922

Nur Einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen! Und einen Herbst zu reifem Gesange mir, Daß williger mein Herz, vom süßen Spiele gesättiget, dann mir sterbe.

Solo un’estate, possenti, datemi ed un autunno maturo al cantico, perché il mio cuor più volentieri, sazio del dolce gioco, si muoia.

Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht Nicht ward, sie ruht auch drunten im Orkus nicht; Doch ist mir einst das Heil’ge, das am Herzen mir liegt, das Gedicht, gelungen

Neppur ne l’Orco s’acqueta l’anima, cui suo divino diritto il vivere negò; ma se una volta sorse la sacra, che ho a cuor, poesia,

Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt! Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenspiel Mich nicht hinab geleitet; Einmal Lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht.

allor ben giunto, de l’ombre o tacito mondo! Son pago, s’anche non seguiti me il suon di mie corde; una volta vissi come gli dei, più non chiedo.

Filippon 1931 Ancor un’estate sola datemi, Onnipotenti! Ed ancor un autunno solo onde il mio canto sia compiuto, sì che il cuor mio, della dolce melodia sazio, più docilmente allora nel petto si spenga! L’alma, a cui il dritto divino non concesse la vita, nemmeno laggiù nell’Ade s’acquieta; ma la cosa santa, che nel cuor m’è fitta, il carme avrò finito; E allora lieto verrò incontro a te, o silenzio del paese dell’ombre! Contento sarò allora se pur anche la musica della mia cetra non seguami; vissi una volta, al par degli dei, e più non chiedo.

Politi 1940

Errante 1940

Sol di un’estate siatemi, o Despote, E d’un autunno pie, ché il mio cantico Maturi, e il cuor del dolce gioco Sazio, mi muoia volonteroso!

Solo una estate, Onnipotenti, datemi ed un autunno a maturarmi il canto; così che, sazio di quel dolce giuoco, più volentieri mi si fermi il cuore!

Non l’Orco pace rende a quell’anima, Cui suo divino dritto conténdasi; Ma se una volta quel, che ho a cuore, Sacro mio cantico m’abbia arriso,

L’anima, a cui negò la vita in dono il suo santo diritto, non ha pace neppur laggiù nell’Erebo profondo … Ma se raggiunger mi sia dato un giorno te, che a cuor mi stai nel mondo sola, divina Poesia, – ben venga allora il silenzio dell’ombra sempiterna.

Voi benvenute, placide Tenebre! Son pago, se anche giù non mi seguano I carmi: vissi come un Dio Pur una volta, più nulla è d’uopo.

Pago sarò, se pur non mi accompagni il suono di mie corde … Un solo istante, vissuto in terra avrò come gli Dei … Ed altro io più non chiedo al mio destino.

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Contini 1941

Nesti 1942

Datemi un’estate sola, onnipotenti, e un autunno, per più maturità del cantare, poi il cuore più volentieri, sazio del dolce giuoco, mi morrà.

Sola un’estate a me concedete, o Possenti, ed un autunno per maturare il cantico, onde più lieto il cuore, dal dolce gioco saziato, poi mi muoia!

L’anima, frodata in vita del diritto divino, neppure fra l’ombre riposa; ma io sarò ormai riuscito nella poesia, la santa, l’essenziale cosa.

L’anima, che non ebbe in vita il suo privilegio divino, anche nell’Orco non poserà mai più; ma se raggiunto ho il santo e grande sogno del cuore, Te, Poesia,

Dunque benvenuta, pace degl’inferi. Son pago, seppure non m’accompagni quaggiù la mia arte. Una volta io vissi, pari agli dei, non occorre di più.

benvenuta tu sia allora, o quiete delle ombre eterne, pago io sono, se pure il tuo suono me giù non guidi, o cetra: un giorno vissi qual dio né altro più bramo.

(2) Abendphantasie Vor seiner Hütte ruhig im Schatten sizt Der Pflüger, dem Genügsamen raucht sein Herd. Gastfreundlich tönt dem Wanderer im Friedlichen Dorfe die Abendglocke

Am Abendhimmel blühet ein Frühling auf; Unzählig blühn die Rosen und ruhig scheint Die goldne Welt; o dorthin nimmt mich, Purpurne Wolken! und möge droben

Wohl kehren izt die Schiffer zum Hafen auch, In fernen Städten, fröhlich verrauscht des Markts Geschäft’ger Lärm; in stiller Laube Glänzt das gesellige Mahl den Freunden.

In Licht und Luft zerrinnen mir Lieb’ und Leid! Doch, wie verscheucht von töriger Bitte, flieht Der Zauber; dunkel wirds und einsam Unter dem Himmel, wie immer, bin ich –

Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen Von Lohn und Arbeit; wechselnd in Müh’ und Ruh’ Ist alles freudig; warum schläft denn Nimmer nur mir in der Brust der Stachel?

Komm du nun, sanfter Schlummer! zu viel begehrt Das Herz; doch endlich, Jugend, verglühst du ja, Du ruhelose, träumerische! Friedlich und heiter ist dann das Alter.

Negrelli 1922 Fantasia della sera Siede della sua capanna all’ombra placido l’aratore, fuma al frugale il focolare. Nel villaggio ch’è pieno di pace la campana della sera echeggia ospitale al viandante. Ben ora tornano anche i naviganti al porto; in lontane città si affievolisce e muore il festoso rumor di faccende al mercato; sotto un quieto pergolato brilla agli amici il comitale desinare.

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Ed io dove andrò? Vivono i mortali di mercede e lavoro; alternando alla fatica il riposo tutto riesce lieto; ma perché a me soltanto mai s’addorme nel petto l’aculeo? Nel ciel di sera una primavera fiorisce; fioriscono innumeri rose e placido sembra l’aureo mondo. Oh prendetemi, nubi di porpora! Lassù potessero Dolore e amore dissolversi in luce e aria! Ma come da folle preghiera sgomento l’incanto fugge e sotto il cielo solo, come sempre, io sono. Ben vieni tu, molle sopore! Troppe cose il cuore agogna; ma alfine tu, sì, giovinezza, trascolori. E tranquilla e serena vien poi la vecchiezza.

Bianchi 1925

Maione 1926

Fantasia di sera

Ne l’ombra – innanzi alla capanna – siede Tranquillo l’aratore: e fuma a lui Frugale il focolare. Nel villaggio Sereno, al vïandante la campana

All’ombra siede presso il tugurio l’arator; fuma il suo foco al sobrio; dal cheto borgo al viandante suona amica la squilla serale. Or anche al porto i marinai tornano; posa in remote città del fervido mercato il grido: splende il desco nella pergola cheta agli amici. E dove io tendo? Lavoro e premio son vita a’ mortali; gioiosi alternano faccenda e calma; a me sol come mai non dorme l’assillo nel petto? Fiorisce un maggio nel cielo a vespero, nessun vi conta le rose; placido par l’aureo mondo: mi portate, purpuree nubi, là! In luce e aria Dolore e amore mi si dissolvano! – Ma, qual da folle prego involandosi, l’incanto fugge: abbuia; e sono io sotto il ciel, come sempre, solo. – Vien, pio sopore, dunque: troppo avido è il cuor; ma in fine ti tempri, o giovine età, irrequieta, sognante! Calma è allor la vecchiezza e serena.

Ospitale rintocchi manda a sera. Tornano in porto i naviganti: giù Lontano, nei paesi, già si placa Festoso il chiasso del mercato industre: Splende la mensa lieta ai convitati Sotto tranquilla pergola. E per me? Vivon di premio e di lavor gli umani. Ed è tutto giocondo nell’alterna Vicenda di fatica e di riposo: Perché soltanto a me non posa mai Il pungolo nel petto? Primavera Nel cielo della sera ecco dischiusa. Innumere fioriscono le rose E appar tranquillo l’aureo mondo intorno. Rapitemi lassù, nuvole rosse; Che lassù possano nell’aria e nella Luce disperdersi da me dolore Ed amore! Oh – spaurito dalla pazza Supplica – ecco dissolversi l’incanto. Oscuro è tutto: e sotto il cielo, solo Io resto come sempre. Vieni, o dolce Sonno. Troppo: ah! sì troppo il cuore agogna, E infine tu sfiorisci, o giovinezza, Tu – sognatrice ed irrequieta –: e poi Vien la vecchiezza limpida e tranquilla.

Tra classicismo ed ermetismo: tradurre Hölderlin in italiano

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Filippon 1931 Fantasia vespertina Innanzi all’ombra tranquilla del suo tugurio siede l’aratore, per lui sobrio fuma il suo focolare. Come ad offrirgli ricetto ospitale squilla al passeggero nel placido borgo la campana dell’Avemaria. Questa è ben l’ora in cui anche i nocchieri nel porto ricoverano, nelle città lontane l’affacendato brusio del mercato gaio s’estingue: tra le pergole quiete brilla l’amica cena per gli amici. Ma io dove mai vado? Traggon lor vita i mortali da mercede e lavoro; per vicenda d’affanni e di soste incontran tutti lor gioia: perché mai sol a me tace sempre nel petto il pungolo? Nel cielo vespertino soffuso è come un fiorir di primavera; innumeri fioriscon le rose e calmo appare l’aureo mondo. Oh prendetemi laggiù, nubi purpuree! Ed in luce ed in aria lassù mi si sciolgano e amore e dolore! Ma ecco che come fugato da folle preghiera fugge l’incanto! Buio s’è fatto, e solo, come sempre, sotto il cielo io sto! Vieni tu or dunque, dolce sonno! Troppo agogna il cuore; e già anche tu, giovinezza, irrequieta, sognante, da ultimo svamperai! Poi placida e serena verrà la vecchiaia.

Errante 1940 Fantasia della sera Tranquillo innanzi alla capanna siede, nell’ombra, l’aratore. E a lui che, sobrio, si contenta del poco, il focolare fuma apprestando il cibo. Ospitalmente, la campana del vespero rintocca, nel placido villaggio, al pellegrino. Tornano adesso al porto i navalestri. Nelle città lontane, ora, felice si smorza il chiasso dei mercati industri. Sotto la cheta pergola, risplende pei convivii la mensa a tutti amica. … Ed io, dove ne andrò? Gli uomini vivono di lavoro e mercede. Ed è gioconda la vita a tutti, in duplice vicenda di fatica e riposo … Ah, perché dunque solo nel petto mio mai non si placa questo pungolo insonne? Nel cielo vespertino, ora, è uno sboccio di primavera. Innumeri fioriscono le rose a cespi: e appar sereno l’aureo mondo d’intorno … O nuvole purpuree, rapitemi lassù! Lassù si sperdano dolore e amore in un fluire effuso d’aria e di luce!

Ma, spaurito dal mio folle grido, fugge l’incanto. Si rabbuia il mondo; e come sempre, sotto il cielo immenso io resto solo. Vieni, placido sonno! Ahi, troppo il cuore si strugge e agogna … Ma ti spengi, alfine, irrequieta gioventù sognante … E quindi giunge, limpida e tranquilla, la vecchiezza serena.

Nesti 1942 Nell’ombra presso la sua capanna sta quieto or l’aratore e al modesto fumiga il focolare, Ospitalmente risuona all’errante dal borgo in pace campana a sera. Tornano al porto i naviganti e in lontane città si spenge gaio ed industre un clamore di fiera; in pergola quieta splende amicale ai compagni cena. E a me qual porto?Molto han lavoro i mortali, poca mercede, alternan fatica e riposo, eppure han gioia; perché solo a me in petto non dorme il tormento? Nel cielo a sera qual primavera or s’effonde, oh, quante attorno rose fioriscono e come il mondo d’oro posa! Laggiù, rosse nubi, portatemi e in alto

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Furio Brugnolo

in luce e in aere dilegui a me affanno ed amore! Ahi, quasi il folle grido lo atterri, l’incanto fugge e notte cade e solo, sotto il ciel, come sempre, son io. Vien ora, dolce sonno! Troppo bramava il cuor; la fiamma tua, o gioventù, alfin si spenge, o sognatrice, o irrequïeta! Serena pace allor scende al vegliardo.

(3) Der Archipelagus […] Auch die Himmlischen, sie, die Kräfte der Höhe, die stillen, Die den heiteren Tag und süssen Schlummer und Ahnung Fernher bringen über das Haupt der fühlenden Menschen Aus der Fülle der Macht, auch sie, die alten Gespielen, Wohnen, wie einst, mit dir, und oft am dämmernden Abend, Wenn von Asiens Bergen herein das heilige Mondlicht Kömmt und die Sterne sich in deiner Wooge begegnen, Leuchtest du von himmlischem Glanz, und so, wie sie wandeln, Wechseln die Wasser dir, es tönt die Weise der Brüder Droben, ihr Nachtgesang im liebenden Busen dir wieder. Wenn die allverklärende dann, die Sonne des Tages, Sie, des Orients Kind, die Wunderthätige, da ist, Dann die Lebenden all’ im goldenen Traume beginnen, Den die Dichtende stets des Morgens ihnen bereitet, Dir, dem trauernden Gott, dir sendet sie froheren Zauber, Ihr eigen freundliches Licht ist selber so schön nicht Denn das Liebeszeichen …

Bianchi 1922 Essi i Celesti altresì, le forze superne, quieti, che il chiaro giorno e soave sopore e presagio di lungi recano sovra il capo a’ sensibili umani dal pieno di lor virtù, anch’essi, gli antichi compagni, si stanno teco sì come un giorno, e spesso al cader de la sera, quando da’ monti d’Asia la sacra luce lunare viene avanti e s’incontrano su la tua faccia le stelle, brilli in celeste ardor, e in loro passar le tue acque cangiano, e d’alto suona la melodia de’ fratelli, onde il notturno canto nel seno amoroso ti echeggia. Quando poi quel che tutto colora, il sole del giorno, dell’orïente figlio, fattor di miracoli, giunge,

Tra classicismo ed ermetismo: tradurre Hölderlin in italiano tutti allor cominciano i vivi ne l’aurëo sogno ch’ei creatore a loro sempre al mattino prepara. E a te, dolente iddio, manda più fulgido incanto: quel suo giocondo lume istesso non è così bello come il segno d’amor …

Maione 1926 Anche i celesti, le forze anch’esse superne, tranquille, Quelle che portano il giorno sereno, ed il sonno, e il presagio Lungi sul capo ai mortali dal pieno di loro virtù, Abitan come una volta con te, i tuoi antichi compagni. Quando dai monti dell’Asia ne viene la luce lunare Sacra, e le stelle nei flutti s’incontrano – tutta risplendi, E d’un chiarore celeste. E l’acque tue cambian secondo Il loro passare: e da l’alto – in te dei fratelli il motivo Suona, onde il canto notturno echeggia nel seno amoroso. E quando il sole del giorno che tutto colora risplende, Figlio d’Oriente, egli che opra miracoli – i sogni tutt’oro Per i mortali han principio cui egli li appresta – poeta – Sempre al mattino. E a te, dio dolente, più fulgido incanto Manda: e la gaia sua luce non è così bella – non è Come quel segno d’amore …

Errante 1940

Boriani 1941

Anche gli astri del cielo, essi, i divini, dèspoti delle altezze taciturne, che di lassù, dall’émpito in trabocco di lor dovizia, agli uomini sensibili trasvolando sul capo, riconducono il chiaro giorno ed i presagi e il sonno, ecco, i compagni antichi, risoggiornano, come allora, con te. Spesso, al crepuscolo, quando il chiarore della santa luna vien dai monti dell’Asia, e ne’ tuoi flutti s’incontrano le stelle, ecco, tu splendi d’un celeste fulgore: ed il tuo specchio si muta al trasmutar del loro corso. E della grande melodia fraterna di quegli astri lassù, preso d’amore, ti echeggia il grembo in musiche notturne. Ma come poi si leva il sole, figlio miracoloso d’Oriente, e il mondo trasfigura il suo raggio, entrano gli esseri tutti nel sogno che con fili d’oro egli, poeta, già tesse al mattino. Ed anche a te, dolente Nume, invia un più soave incanto … E la sua stessa fulgida luce non è così bella …

I Celesti, sereni reggitori delle altitudini, onde il lieto giorno sopra l’ansia dell’uomo e il dolce sonno ed i presagi versano a dovizia, ancor si vantan tuoi compagni antichi. Spesso al calare della sera, quando l’alma luce lunar sorge dall’Asia e le stelle s’incontran ne’ tuoi flutti, di celeste splendor t’ingemmi, l’onda si alterna nel passar degli astri e il suono di lor superna melodia notturna nel tuo cuore fraterno si ripete. E quando appare il figlio taumaturgo dell’oriente, il Sole, e trasfigura il tutto, ai vivi ei pinge l’aureo sogno ch’è principio del giorno; a te, pensoso Iddio, trasmette un più soave incanto, e non sì bella e gaia la sua luce stessa risplende …

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Furio Brugnolo

Valeri 1959 (