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German Pages 240 [232] Year 2020
Nejma Tamoudi, Simon Faets, Michael Reder (Hg.) Politik der Zukunft
Edition Moderne Postmoderne
Nejma Tamoudi (M.A.) ist Promovendin an der Hochschule für Philosophie München und arbeitet zum Denken Paul Ricœurs aus sozialphilosophischer Perspektive. Sie studierte Politikwissenschaft, Philosophie und Religionswissenschaften in München und Paris. Simon Faets (Mag. theol.) ist Promovend an der Hochschule für Philosophie München und arbeitet zu Christoph Menkes Kritik rechtlicher Normativität und deren biopolitischen Implikationen und Leerstellen (besonders im Anschluss an Judith Butler). Er studierte katholische Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Michael Reder ist Professor für Praktische Philosophie an der Hochschule für Philosophie München und Leiter des Instituts für Ethik und Sozialphilosophie. Er arbeitet an der Schnittstelle von politischer und Sozialphilosophie zu aktuellen Themen mit globalen Bezügen. Er war Gastwissenschaftler u.a. an den Universitäten in Manila, Wien und Cambridge (UK).
Nejma Tamoudi, Simon Faets, Michael Reder (Hg.)
Politik der Zukunft Zukünftige Generationen als Leerstelle der Demokratie
Gedruckt mit Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung.
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Inhalt
Vorwort ........................................................................... 7 Zukünftige Generationen als Leerstelle der Demokratie Über Repräsentation, Gesellschaftskritik und Zeitlichkeit Michael Reder, Nejma Tamoudi, Simon Faets ......................................... 11
Zeitbezüge und Zukunftsvisionen No Democracy Without Generational Rifts A Sartrean Perspective on Historical Renewal Matthias Lievens ................................................................... 47
The Case for Climate Hope Dominic Roser ..................................................................... 65
Globale Zukunftsvisionen und die Repräsentation alternativer Zukünfte Henrike Knappe .................................................................... 87
Gesellschaftskritik und Horizontbildung Das Problem mit der Zeit Zukünftige Generationen und die Heuristik der Zukunft Nejma Tamoudi ................................................................... 109
Bildung als gesellschaftskritische Praxis Bildungsphilosophische Impulse für die demokratische Beteiligung zukünftiger Generationen im Anschluss an Antonio Gramsci Simon Faets ...................................................................... 129
Repräsentation und Intergenerationalität Praktische Ideen und Vorschläge für nachhaltige Strukturen in einer demokratischen Mitsprachegesellschaft Stefan Einsiedel................................................................... 153
Praktisch-Politische Repräsentation zukünftiger Generationen Lukas Köhler ....................................................................... 171
Global Guardians for Future Generations: Remedying a Blind Spot of Democracy? Peter Lawrence .................................................................... 191
Positionspapier der ›Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen‹ Wie wird demokratisches Handeln nachhaltig? Für mehr Zukunfts- und Generationengerechtigkeit in der Politik Anna Braam....................................................................... 215
Autor*innenverzeichnis ..................................................... 235
Vorwort
Wir leben in Zeiten des Umbruchs, deren ökologische, ökonomische und technische Herausforderungen die planetaren Grenzen unserer verschiedenen Lebenswelten unausweichlich zutage fördern. Im Zeitalter des Anthropozäns ist der Mensch dabei selbst zum entscheidenden und verändernden Faktor geworden, welcher die Umwelt in seinem Handeln über viele Generationen hinweg grundlegend und nachhaltig beeinflusst. Die damit einhergehende Zukunftsverantwortung ist zugleich Ursprung eines sich neu entfachenden Generationenkonfliktes, welcher ausgehend von einer sich weltweit politisierenden Jugend zunehmend neue Räume zivilgesellschaftlichen Engagements und globaler Vernetzung eröffnet. Insbesondere aus politischer Perspektive gilt die Zukunft somit als neue Dimension demokratischer Legitimation, intergenerationeller Entscheidungskompetenz und globaler Gestaltungskraft. Die Interessen, Bedürfnisse und Rechte zukünftiger Generationen wiederum stellen dabei eine Leerstelle innerhalb des Politischen dar, deren Dringlichkeit zwischenzeitlich nicht nur auf ein breites gesellschaftliches Problembewusstsein, sondern ebenso auf ein theoretisch vielfältiges Analyseinteresse trifft. Der vorliegende Sammelband will diese Leerstelle aus politikphilosophischer, gesellschaftskritischer sowie normativer Perspektive zur Diskussion stellen. Dabei vereint er verschiedene Ergebnisse und Gesprächspartner*innen des von der Fritz-Thyssen-Stiftung geförderten Forschungsprojektes »Zukünftige Generationen als Leerstelle der Demokratie – Repräsentation und Beteiligung angesichts ökologischer und institutioneller Herausforderungen«, welches von 2016 bis 2018 an der Hochschule für Philosophie München angesiedelt war. Deshalb gilt der ausdrückliche Dank der Herausgeber*innen der Fritz-Thyssen-Stiftung, deren Projektförderung und Druckkostenzuschuss allererst den Forschungsrahmen bereitgestellt haben, in dem nachfolgende Überlegungen entstehen konnten. Die Herausgeber*innen danken darüber hinaus auch Julian Prugger, Mitarbeiter am Lehrstuhl
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für Praktische Philosophie an der Hochschule für Philosophie München, für die Bearbeitung der Literaturangaben. Den verschiedenen Beiträgen vorausgestellt ist ein Überblicksartikel der Herausgeber*innen, welcher ausgehend von den normativen Grundlagen intergenerationeller Gerechtigkeit einen Querschnitt der gegenwärtigen politikphilosophischen Debatte zur Repräsentation zukünftiger Generationen vorlegt. Neben verschiedenen demokratietheoretischen sowie menschenrechtspolitischen Argumentationen werden mit Verweis auf den Bildungsbegriff sowie das Utopische zudem zwei neue Aspekte in den Diskurs eingeführt. Diese geben zugleich den besonderen Fokus des Sammelbandes vor, welcher neben klassischen Perspektiven auch solche in den Vordergrund stellt, die sich durch alternative Zugänge zur Problematik der Repräsentation von Zukunft auszeichnen. Vor diesem Hintergrund ist der erste Abschnitt des Bandes daher den Herausforderungen der Zukunft in einem soziohistorischen sowie zeitreflexive Sinne gewidmet. Dabei untersucht Matthias Lievens in seinem Beitrag im Anschluss an bisher wenig rezipierte Werke Jean-Paul Sartres, wie intergenerationelle Relationen unter der grundlegenden Bedingung einer soziohistorischen Dialektik von Freiheit und Unterdrückung konzeptualisiert werden können. Dominic Roser setzt sich vor dem Hintergrund der Klimadebatte des Weiteren mit der theoretischen Begründung sowie systematischen Einordnung des Begriffs der Hoffnung auseinander und wirft die Frage auf, unter welchen Bedingungen sich diese kultivieren lassen kann und sollte. Aus gesellschaftskritischer Perspektive wiederum widmet sich Henrike Knappe schließlich der Verschränkung gegenwärtiger Zukünfte und zukünftiger Gegenwarten am Beispiel der Nachhaltigkeitsinitiative von Baltimore. Den im ersten Abschnitt versammelten Beiträgen soll im zweiten Teil eine kritische Heuristik der Zukunft an die Seite gestellt werden, welche zwei spezifische Leerstellen des Diskurses um zukünftige Generationen problematisiert. Nejma Tamoudi bezieht sich dabei auf das Zeitlichkeitsphänomen, dessen fehlende Berücksichtigung die intergenerationelle Herausforderung in aporetische Widersprüche eines gesteigerten Einflusses bei gleichzeitig fehlender Gestaltungskraft führt. Simon Faets lotet sodann im Anschluss an Antonio Gramsci das gesellschaftskritische Potential einer politischen Konzeption der Bildung als intergenerationelle Kritik und demokratischer Widerstand mit Blick auf eine demokratietheoretische Erweiterung der Debatte aus. Der dritte Abschnitt widmet sich schlussendlich dezidiert dem Repräsentationsproblemen und seinen politikphilosophischen Herausforderungen. In
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diesem Zusammenhang arbeitet Stefan Einsiedel auf der Basis von John Rawlsʼ Gerechtigkeitstheorie und vor dem Hintergrund bestehender gesellschaftlicher Institutionen Denkanstöße für nachhaltigere Verfahren und Strukturen heraus. Im Anschluss daran wägt Lukas Köhler konkrete nationalstaatliche Repräsentationsmöglichkeiten ab, darunter Konzepte der Proxy Repräsentation und Ombudspersonen, wie auch Überlegungen zu konstitutionellen Änderungen und Klageberechtigungen zukünftiger Generationen. Peter Lawrence hingegen diskutiert in einem erweiterten Rahmen das Potential globaler Institutionen mit Blick auf internationale Gerechtigkeit und Demokratie am Beispiel sogenannter ›Global Guardians for Future Generations‹. Insofern die Berücksichtigung der Zukunft im Allgemeinen sowie die Repräsentation zukünftiger Generationen im Besonderen thematisch an der Schnittstelle zwischen wissenschaftlicher Reflexion, politischem Gestaltungswillen und zivilgesellschaftlichem Engagement zu verorten ist, bildet das von Anna Braam als Sprecherin der ›Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen‹ eingebrachte Positionspapier den Abschluss der versammelten Beiträge. Die Einsicht in die unausweichliche Verschränkung intergenerationeller Lebens- und Handlungswelten fordert eine Politik der Zukunft, der zufolge künftige Entwicklungen nicht einfach geschehen, sondern wesentlich von uns mitgestaltet werden. Der vorliegende Sammelband ist dabei nicht allein auf eine Vertiefung bestehender politikphilosophischer, gesellschaftskritischer und normativer Überlegungen angesichts der Herausforderung einer Repräsentation zukünftiger Generationen bezogen. Es finden sich darin zugleich verschiedene neue Argumentationspfade vorgezeichnet, entlang derer sich eine entsprechend demokratische, plurale und offene Zukunftsgestaltung letztlich bewegen kann.
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Zukünftige Generationen als Leerstelle der Demokratie Über Repräsentation, Gesellschaftskritik und Zeitlichkeit Michael Reder, Nejma Tamoudi, Simon Faets
1.
Einleitung
Seit dem späten 18. Jahrhundert ist die Menschheit in die Epoche des Anthropozäns eingetreten (vgl. Crutzen et al. 2011). Der Mensch nimmt maßgeblich Einfluss auf geologische Gegebenheiten, die Atmosphäre oder natürliche Ressourcen und formt damit die Natur – so die Ausgangsthese aktueller Forschungen. Im weltpolitischen Alltag lassen sich vielfache Belege für diese Beschreibung menschlichen Handelns finden. So befindet sich die Energieversorgung noch immer auf einem »fossilen Wachstumspfad« (vgl. WBGU 2011), durch den immer mehr ansteigenden Bedarf an Nahrungsmitteln stellt die Umwandlung natürlicher Ökosysteme in Agrarnutzfläche eine der großen Quellen von Treibhausgasemissionen dar und auch die Energieversorgung durch Atomkraft vererbt zukünftigen Generationen hoch radioaktives Material über Millionen von Jahren. Der Mensch befindet sich somit das erste Mal in einem Zeitalter, in dem er bewusst seine Umwelt über viele Generationen hinaus verändern kann (vgl. Tremmel 2012: 17-21). Seit den 1970er Jahren, als sich diese Erkenntnisse sowohl im politischen als auch wissenschaftlichen Diskurs manifestierten, wird über die ethischen und politikphilosophischen Konsequenzen dieser neuen globalen Ausgangslage diskutiert. Paradigmatisch formulierte Hans Jonas als einer der ersten einen kategorischen Imperativ unter den ökologischen Herausforderungen: »Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.« (Jonas 1979: 36) Intergenerationelle Gerechtigkeit wurde damit zu einem zentralen Thema der Ethik
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und politischen Philosophie und auch des konkreten (welt-)politischen Alltags (vgl. Töpfer 2013). Umstritten ist allerdings, was genau diese normative Forderung für die politische Philosophie auf der theoretischen Ebene und für die politische Praxis selbst bedeutet. In normativer Hinsicht gilt gegenwärtig sowohl im theoretischen Begründungsdiskurs als auch in der politischen Praxis die Demokratie als die bestmögliche Herrschaftsform, bei allen berechtigten Einschränkungen, die von unterschiedlichen Seiten aus vorgebracht werden. Wenn man das All-AffectedPrinciple zu Grunde legt, ist es dabei der normative Anspruch von Demokratien (verstanden als Volkssouveränität), allen von wichtigen Entscheidungen Betroffenen eine Möglichkeit zur Beteiligung zu geben. Mit Blick auf das skizzierte Spannungsverhältnis zeigt sich vor diesem Hintergrund jedoch ein grundlegendes Defizit, denn zukünftige Generationen, die von (umwelt-)politischen Entscheidungen besonders betroffen sind, werden an diesen Prozessen letztlich nur sehr indirekt beteiligt. Vor diesem Hintergrund stellen sich unterschiedliche Fragestellungen. Erstens wird aktuell diskutiert, wie eine solche Repräsentation und Beteiligung von in der Zukunft lebenden Menschen in normativer Hinsicht begründet werden kann. Hierbei spielt die ethische Debatte über intergenerationelle Gerechtigkeit eine zentrale Rolle. Denn eine Repräsentation und Beteiligung dieser Gruppe macht nur Sinn, wenn es aus ethischer Perspektive überhaupt gute Gründe gibt, Fragen der gerechten Verteilung von Gütern oder der gerechten politischen Gestaltung von Institutionen in die Zukunft hin auszudehnen. Aufbauend auf den normativen Reflexionen zur intergenerationellen Gerechtigkeit stellt sich zweitens die Frage, wie aus demokratietheoretischer Perspektive die Repräsentation und Beteiligung zukünftiger Generationen auf der politischen Ebene philosophisch konzeptualisiert und praktisch operationalisiert werden kann. Die demokratietheoretische Forschung steht hinsichtlich dieser Frage noch am Anfang. Deshalb gilt es zu reflektieren, wie aus Sicht von (deliberativen, radikaldemokratischen und pragmatistischen) Demokratietheorien, die in der gegenwärtigen Forschung eine zentrale Rolle spielen, der normativ begründete Anspruch auf Repräsentation zukünftiger Generationen in gängige Argumentationsfiguren integriert werden kann. Eine Analyse aktueller umweltpolitischer Entscheidungen zeigt drittens, dass die politische Welt nur noch als eine global vernetzte gedacht werden kann, weil viele Folgen unseres lokalen Handelns in anderen Regionen der Erde massive Konsequenzen haben werden. Da es aktuell auf der globalen
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Ebene kein politisches System gibt, innerhalb dessen die Interessen zukünftiger Generationen in traditionellen demokratischen Mechanismen abgebildet werden können, spielen stattdessen oftmals die Menschenrechte eine zentrale Rolle. Gerade auf globaler Ebene können diese als ein Leitrahmen für politische Entscheidungen interpretiert werden. Es gilt deshalb zu diskutieren, inwiefern die Menschenrechte die normative Forderung nach intergenerationeller Gerechtigkeit in politischen Formen der Repräsentation und Beteiligung abbilden können und welche politikphilosophischen damit verbunden sind. Der vorliegende Beitrag ist Grundlage und Ergebnis des von der FritzThyssen-Stiftung geförderten Forschungsprojektes »Zukünftige Generationen als Leerstelle der Demokratie«, welches von 2016 bis 2018 an der Hochschule für Philosophie München angesiedelt war. Konzeptualisiert als Überblicksartikel trägt er in allen drei genannten Richtungen der Debatte einen Stand der Forschung zusammen und identifiziert sowie diskutiert dabei zentrale Problemstellen (2.-4.). Ein kurzer Ausblick (5.) auf zwei bislang weniger stark berücksichtigte Aspekte beendet den Beitrag.
2.
Intergenerationelle Gerechtigkeit als normative Grundlage politiktheoretischer Überlegungen zu zukünftigen Generationen
Der gegenwärtige ethische Diskurs über intergenerationelle Gerechtigkeit zeichnet sich durch eine Vielfalt teils kontroverser Positionen und Argumentationsfiguren im Hinblick auf die Formulierung und Interpretation normativer Forderungen von zukünftigen Generationen aus. Dabei lassen sich die verschiedenen Konzeptionen zumeist entlang der klassischen Kategorien ethischer Theoriebildung und ihrer Kritiker*innen einordnen, die unter anderem der diskurstheoretischen (vgl. Ekardt 2015; Ott 2007), kontraktualistischen (vgl. Gardiner 2009; Gauthier 1986; Heyd 2009; Rawls 1971/1999), egalitaristischen (vgl. Barry 1997; Gosepath 1998; Gosseries 2001; Scanlon 2005), verantwortungsethischen (vgl. Jonas 1979), teleologischen (vgl. Baier 1981; de-Shalit 1995; Thompson 2017) oder utilitaristischen (vgl. Birnbacher 1988/2003; Narveson 1967; Parfit 1984) Tradition entstammen. Ein zentraler Problemkomplex besteht in diesem Zusammenhang zunächst in der adäquaten Bestimmung zukünftiger Generationen. Hier lässt sich beobachten, dass die entsprechenden Konzeptionen oftmals mit ei-
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ner Übertragung des handlungstheoretischen Kontexts der ursprünglich rein intragenerationell ausgerichteten Ethiken auf den transtemporalen Rahmen beginnen. Demnach liegt der Ursprung aller Gerechtigkeitsfragen im potentiell konfliktträchtigen Aufeinandertreffen zweier oder mehrerer Handlungssubjekte. Ob und wie zukünftige Generationen dabei mit den jetzt Lebenden in Beziehung gesetzt werden können, divergiert jedoch stark (vgl. Rose 2017): Entwickeln beispielsweise die Diskustheorie sowie der Kontraktualismus ihren Generationenbegriff in Gestalt einer transgenerationellen Verkettung autonomer und rationaler Kommunikationspartnerinnen, so bezieht sich der Egalitarismus im Rahmen eines überzeitlich geltenden Gleichheitsprinzips auf unterschiedliche Modelle überlappender, d.h. in einem reziproken Verhältnis zueinander stehender, formaler und standardisierter Generationenkohorten. Das dezidiert Intergenerationelle der Ansätze schlägt sich folglich in einer Ausweitung der Formalisierung handlungstheoretischer Reziprozitätsverhältnisse nieder, so dass es (parallel zur Einführung von Kollektiven im Rahmen globaler Ethiken) schlussendlich zu einer Bestimmung der Generation als quasi-singulärer Handlungsakteurin kommt. Dem steht auf ontologischer Ebene das Non-Identity-Problem (vgl. Parfit 1984) entgegen, wonach wir zukünftige Generationen strenggenommen nicht als bestimmbare Trägerinnen von Rechten und Pflichten betrachten können. Insofern diese nicht nur in ihrer potentiellen Schädigung, sondern ebenso in ihrer basalen Existenz als von unseren jeweiligen Entscheidungen abhängig zu betrachten sind. Suffizenztheoretische Ansätze wiederum versuchen dem im Rahmen eines hypothetischen Schwellenwertes zu begegnen, unter dessen Grenze die Lebensbedingungen keiner Generation jemals fallen dürfen. Als explizit identitätsunabhängiger, auf eine allgemeine und kosmopolitische Perspektive verweisender Zugang zum Problem einer Berücksichtigung nachfolgender Generationen weisen diese Ansätze folglich über eine akteurszentrierte Herangehensweise hinaus. Ähnliches gilt auch für Theorien utilitaristischer, teleologischer oder aber verantwortungsethischer Couleur, welche sich nicht auf das Verhältnis zwischen den Generationen, sondern auf gegenwärtig lebende Gesellschaften beziehen und für deren Fähigkeit zur Akkumulation von Nutzen, zur Weitergabe von Wertvorstellungen oder zur Erhaltung von Lebensräumen mit Blick auf einen intergenerationellen Horizont argumentieren. Dadurch entziehen sie sich zwar der Notwendigkeit einer Berücksichtigung der ontologischen Herausforderung des asymmetrischen intergenerationellen Reziprozitätsverhält-
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nisses. Jedoch bleibt der grundlegende Aspekt einer letztlich unaufhebbaren epistemischen Ungewissheit bezüglich künftiger Handlungsumstände und folgen davon unberührt. Demnach stehen alle Ansätze der Debatte gleichermaßen vor der Herausforderung, der prognostischen Unschärfe der Zukunft argumentativ zu begegnen.1
3.
Demokratietheoretische Perspektiven auf zukünftige Generationen
3.1
Was meint Repräsentation?
Während sich die ethische Grundlagendebatte über intergenerationelle Gerechtigkeit mit einem möglichen Anrecht zukünftiger Generationen auf Berücksichtigung ihrer Interessen beschäftigt und thematisiert, inwiefern durch heutige Entscheidungen deren Anzahl, Existenz und Lebensbedingungen beeinflusst werden (vgl. Meyer 2008), spielen diese Fragen in der gegenwärtigen philosophischen Demokratietheorieforschung erst langsam eine bedeutsamere Rolle (vgl. Ekardt 2015; Gesang 2014; González-Ricoy/Gosseries 2016). Um herauszuarbeiten, wie verschiedene Demokratietheorien über zukünftige Generationen nachdenken (können), gilt es jedoch zuerst das Verständnis von Repräsentation allgemein in den Blick zu nehmen. Repräsentation wird grundlegend definiert als ein Gegenwärtigmachen (making present) derer, die abwesend sind (vgl. Pitkin 1967; Köhler 2017), und dabei meist als demokratische Repräsentation gefasst. Dahinter steht die Annahme, dass aus einer normativen Hinsicht in Demokratien – bei aller be-
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Neben den verschiedenen klassischen Theorien intergenerationeller Gerechtigkeit lassen sich am Rande des Diskurses zudem alternative Ansätze formulieren, wie beispielsweise ausgehend von einer narrativen Ethik oder einer (normativ ausgerichteten) Gesellschaftskritik (vgl. Faets/Tamoudi/Reder 2018). Gerade aufgrund ihrer metaethischen Qualitäten sind beide Zugänge in besonderem Maße dazu geeignet, blinde Flecken der aktuellen Debatte aufzuzeigen. So hebt ein narrativer Zugang die intergenerationelle Verschränkung von Handlungs- und Folgenkontexten als integralen Bestandteil der ethischen Urteilsbildung im Rahmen einer expliziten Berücksichtigung der Zeitlichkeitsproblematik hervor. Der gesellschaftskritische Zugang wiederum nimmt das sich daran anschließende Phänomen transtemporaler sozialer Relationalität in den Blick, wodurch sich intergenerationelle Abhängigkeiten hervorheben und kritisch reflektieren lassen.
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rechtigten Kritik (vgl. Reder/Cojocaru 2014; Schaal 2014) – eine faire und gleiche Beteiligung aller Bürger*innen und damit die Umsetzung von Prinzipien wie Freiheit, Gleichheit oder Gerechtigkeit besser gesichert werden können als in anderen politischen Ordnungsformen (vgl. Dobson 1996; Gerhardt 2007; Saage 2005). Es scheint Common Sense der Demokratieforschung über unterschiedliche Ansätze hinweg zu sein, dass die Repräsentation in den meisten Fällen auf der Idee der Partizipation beruht, wobei die Verfahren zur Beteiligung je nach Theorie unterschiedlich begründet und ausgestaltet werden. Demokratische Repräsentation bezeichnet folglich ein Verhältnis zwischen Repräsentierenden und Repräsentierten, in dem Letztere Erstere autorisieren und/oder zur Rechenschaft ziehen können (vgl. Pitkin 1967). Dabei gibt es ein Standardmodell von Repräsentation, das in den meisten philosophischen Debatten vorausgesetzt wird und dessen prägnanteste Version Andrew Rehfeld liefert: »Political representation must arise and be maintained through a set of procedural standards of authorization and accountability usually by way of free and fair elections.« (Rehfeld 2006: 3) Dieses Standardmodell ist laut einigen Kritiker*innen jedoch nicht auf die Repräsentation zukünftiger Generationen anzuwenden, weil eine prozedurale Beteiligung auf demokratischer Ebene aufgrund der Nichtexistenz zukünftiger Generationen nicht von den Repräsentierten selbst wahrgenommen werden kann. Mit anderen Worten: Aufgrund fehlender Reziprozität ist keine demokratische Kontrolle der Repräsentierenden durch zukünftige Personen möglich. Der Demos wird damit auf die (aktuell lebenden) Bürger*innen als politische Agent*innen beschränkt, die in einem reziproken Wechselverhältnis zueinander stehen und sich daher auch direkt an der Gestaltung von Zukunft beteiligen können (vgl. Saunders 2011). Von der Perspektive des All-Affected-Principle (vgl. Goodin 2007) aus wird dabei eingewendet, dass das Problem weniger auf Seiten der Repräsentation im Allgemeinen als vielmehr auf Seiten des Standardmodells liege, welches letztlich zu eng gefasst sei. Auch Menschen, die nach diesem Verständnis nicht direkt an demokratischen Repräsentationsprozessen beteiligt werden können, müssen aufgrund ihrer massiven späteren Betroffenheit, folglich repräsentiert werden (vgl. Dobson 1996). Versucht man jedoch den Einwand von Saunders ernst zu nehmen, so muss über alternative Repräsentationsformen in Bezug auf zukünftige Generationen nachgedacht werden (vgl. Thompson 2010). Denn ähnlich wie bei der Debatte um die politische Repräsentation von Tieren, der unbelebten Natur oder der Dingwelt (vgl. Kymlicka 2011; Dobson 1999) geht es hier um eine Betroffenengruppe, die ihre Interessen nicht selbst
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artikulieren und deshalb ihre demokratischen Rechte nicht selbst wahrnehmen kann, obwohl sie umfassende Folgen aktueller Entscheidungen verarbeiten muss (vgl. Ekardt 2007). Repräsentation und Beteiligung werden in diesem Zusammenhang oft in einem weiten Sinne verstanden (vgl. Fuchs 2000; Kersting/Schmitter/Trechsel 2008; Pateman 1970), d.h. es wird neben dem formellen auch der informelle Bereich politischer Institutionen mit beachtet (vgl. Reder/Wallacher 2011). Dabei wird meist ein weiter Institutionenbegriff verwendet (vgl. Göhler 1987). Nur so können beispielsweise ›weiche‹ Faktoren der Beteiligung thematisiert werden, die oftmals aus dem engen Set an Partizipationsmechanismen der liberalen Demokratie herausfallen. Weiche Faktoren sind dabei Formen der Beteiligung an politischen Prozessen, die jenseits einer formell legitimierten Teilnahme (vor allem durch Wahlen) liegen. Dahinter steht die These, dass demokratische Prozesse wie Beteiligungsverfahren nicht nur auf institutionelle Arrangements begrenzt werden sollten, sondern zum Beispiel auch auf soziale und kulturelle Praktiken ausgeweitet werden können, die ein wichtiges Element bzw. ein zentraler Motor für politische Mitsprache sind und deshalb demokratietheoretisch Beachtung finden müssen (vgl. Talisse 2011). Als ein Beispiel kann hier die Debatte über religiöse Akteur*innen bzw. Überzeugungssysteme und deren Beteiligung in politischen Strukturen dienen (vgl. Habermas 2005). Diese implizieren meist auch Vorstellungen über eine Repräsentation zukünftiger Generationen in der Gegenwart, werden allerdings in traditionellen Demokratietheorien oft zu wenig beachtet (vgl. Reder 2014; Vogt 2009). Die Frage, die dabei aktuell diskutiert wird, lautet, ob eine angemessene Repräsentation und Beteiligung zukünftiger Generationen nur dann gelingen kann, wenn solche kulturellen (z.B. religiöse) Akteur*innen angemessen in politische Prozesse integriert werden (vgl. Lienkamp 2009). Positiv wird hierfür angeführt, dass damit Beteiligungsformen an die Überzeugungen der Menschen rückgebunden und politische Strukturen auch motivational verankert werden können (vgl. Gerten/Bergmann 2012). Insofern die aktuelle politikphilosophische Forschung zur Demokratie meist entlang traditioneller Argumentationslinien verläuft, gilt es nun drei zentrale Paradigmen der Demokratietheorie auf ihre Antworten zur Frage intergenerationeller Gerechtigkeit hin zu untersuchen.
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3.2
Deliberative Demokratietheorie
In der aktuellen Theoriedebatte über Demokratie spielt der deliberative Ansatz, wie er von und im Anschluss an Habermas entwickelt wird (Habermas 1994), nach wie vor eine zentrale Rolle (vgl. Chappell 2012; Dryzek/Niemeyer 2008; Fishkin 2011; Landwehr/Schmalz-Bruns 2014; Ottmann/Barisic 2015). Dies gilt insbesondere auch im Zuge der reflexiven Verarbeitung globaler Herausforderungen für die Demokratie (vgl. Habermas 1998/2004; Deitelhoff 2012). Als potentiell Betroffene können darüber hinaus aber auch zukünftige Generationen in diskursethischer Hinsicht als Beteiligte an der Aushandlung von Normen gedacht werden (vgl. Unnerstall 1999). In der Auseinandersetzung mit dem diskursethischen Prinzip als normative Grundlegung der deliberativen Theorie wurde dabei bereits diskutiert, inwiefern Menschen bzw. Wesen (Tiere), die nicht rationalitätsfähig sind, mittels einer erweiterten diskursethischen Perspektive Beachtung finden können bzw. sollten (vgl. Werner 2003). Zentrales Gegenargument, welches dabei vor allem zukünftige Generationen betrifft, ist die fehlende Reziprozität und Sprachlosigkeit, die deren asymmetrisches Verhältnis zu heute lebenden Menschen kennzeichnet. Eine erste zentrale Anpassung auf diesen Einwurf legt Andrew Dobson (2012/2014) vor, der das Modell von sprechenden und deliberierenden Bürger*innen auf das Zuhören als basalen Akt politischer Entscheidung umstellen will. Er argumentiert, dass dies die Legitimität demokratischer Institutionen erhöhen und insbesondere die Verflochtenheit der Interessen und Handlungen von Bürger*innen in der Gegenwart mit den in der Zukunft lebenden hervorheben kann. Mit Blick auf die Zukunft geht es nach Dobson deshalb weniger darum, zukünftige Generationen als sprechende Akteurinnen zu konzeptualisieren, sondern Modi zu finden, mit denen ihre potentiellen Perspektiven, Erfahrungen und Interessen bereits heute hörbar gemacht werden können. Allerdings zeigt eine Analyse deliberativer Ansätze sowie eine Berücksichtigung unserer epistemischen Einschränkungen hinsichtlich der Zukunft auch, dass zukünftige Generationen niemals vollständig in diese Prozeduren integriert werden können, insofern auch ein methodisches Umstellen auf das Zuhören die Interessen dieser Gruppe nicht direkt empfangen bzw. abbilden kann. Vielmehr werden deren Ansprüche und Forderungen dabei in einem gewissen Sinne von uns konstituiert bzw. projiziert. Eine Möglichkeit, verschiedene Generationen dennoch hörbar zu machen, besteht in der narrativen Vermittlung ihrer jeweiligen Positionen (vgl. Young 1997/2000). Dabei können zukünftige Generationen als in einem imaginati-
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ven Sinne repräsentiert verstanden werden, wobei ausgehend von einer erzählenden Gegenwart die Zukunft als solche aufgespannt wird. Der demokratische Raum, innerhalb dessen intergenerationelle Forderungen nach Repräsentation und Beteiligung ausgehandelt werden, erfährt somit eine zeitreflexive und gesellschaftskritische Ausweitung angesichts narrativer Variationen künftiger Umstände: Den beiden grundlegenden Fragen nach der institutionellen Verantwortung des Staates als primärem und legitimem Akteur des Politischen (vgl. Wallimann-Helmer/Meyer/Burger 2017) einerseits und nach der konkreten Ausgestaltung praktisch-politischer Repräsentationsmechanismen (vgl. Rose 2017) andererseits kann auf diese Weise eine narrative Grundlegung soziopolitischer Vorstellungs- und Gestaltungsprozesse der Zukunft vermittelnd zur Seite gestellt werden. Eine nachhaltige Repräsentation der Zukunft, so die These, wird folglich erst möglich sein, wenn flankierend auch die jeweiligen Narrative in den Blick genommen werden, welche der ursprünglichen Ausbildung deliberativer Institutionen und Verfahren aus normativ-institutioneller wie praktisch-politischer Perspektive zugrunde liegen. In diesem Sinne erweitert eine stärkere Berücksichtigung von Ansätzen des Hörbarmachens das kritische Potential deliberativer Theorien entscheidend, insofern sie deren intergenerationellen Grundkonflikt einer Sprachlosigkeit sowie potentiell fehlenden Reziprozität deutlicher hervortreten lässt (Benhabib 1992; Dobson 2000; Lösch 2005; Martinsen 2006). Dieses Argument in globaler Perspektive aufnehmend plädiert Robyn Eckersley (2004) wiederum für eine kosmopolitische Variante der deliberativen Demokratie, die besonders herausgefordert ist, eine Sensibilität für die langfristige Vernetzung globaler Problemlagen zu entwickeln. In ähnlicher Weise verfährt auch Michael Saward (2003), dessen enacting democracy auf einen kritischen und reflexiven Prozeduralismus verweist, der im weitesten Sinne ebenfalls an die deliberative Theorie anschließt. Dabei zeigt sich unter anderem eine große Nähe zu pragmatistischen Theorietraditionen, welche auf eine ständige (Re-)Evaluation und Verbesserung der verschiedenen prozeduralen Instrumente abstellen und darüber hinaus darauf aufmerksam machen, dass deliberative Institutionen nicht kontext- und zeitlos zu verstehen sind. Deliberative Demokratie, will sie zukünftige Generationen angemessen berücksichtigen, muss also zu einer reflexiven und transformierenden Verbesserung ihrer eigenen Instrumente und Grundlagen gelangen (vgl. Goodin 2003).
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3.3
Radikale Demokratie
Die Theoretiker*innen radikaler Demokratie sind im gegenwärtigen akademischen Diskurs zu einem Gegengewicht liberaler und deliberativer Modelle avanciert. Jedoch haben sie bislang wenig zur Debatte über zukünftige Generationen beigetragen. Mehrere Themenfelder innerhalb dieses Diskursfeldes erweisen sich bei genauerer Analyse allerdings als besonders relevant für die Frage nach einer Repräsentation zukünftiger Generationen, die im Folgenden zusammengetragen werden sollen. Grundsätzlich geht mit radikalen Ansätzen eine relationale Theorie des Sozialen einher, in deren Rahmen das Thema intergenerationeller Gerechtigkeit auf implizite Machtasymmetrien und Abhängigkeiten hin untersucht werden kann. Dieser Fokus auf Relationalität und das damit verbundene Verständnis des Sozialen als komplexes Beziehungsgeflecht von soziopolitischen Verhältnisstrukturen nimmt zugleich einen wichtigen Ort in der aktuellen soziologischen Forschung ein (vgl. Lessenich 2016). Das Kernargument solch einer relationalen Heuristik besteht in Bezug auf intergenerationelle Fragen darin aufzuzeigen, inwiefern heutige Lebensverhältnisse vermittelt über die Lebensverhältnisse anderer zustande kommen, etwa in Form der Externalisierung gegenwärtiger Kosten auf zukünftige Generationen. Die entscheidende Voraussetzung der politischen Gestaltung gesellschaftlichen Zusammenlebens bildet nach diesem Verständnis die kritische Analyse und normative Rekonstruktion der gesellschaftlichen Strukturen im Sinne eines der demokratischen Regierungsform zugrundeliegenden relationalen Raumes des Politischen. Ausgeweitet auf intergenerationelle Interdependenz lässt sich im Anschluss nach marginalisierenden Exklusionsverhältnissen und ungleichen Machtbeziehungen zwischen sozialen Gruppen fragen (vgl. Derrida 2000; Foucault 1991), welche in den intergenerationell angereicherten alternativen Begriffen des Politischen und des Demos verarbeitet werden (vgl. Butler 2016; Laclau/Mouffe 1991; Rancière 2002/2011). Darüber hinaus wird in erkenntnistheoretischer Hinsicht in diesen Ansätzen ein sozialkonstruktivistischer Fokus eingenommen (vgl. Martinsen 2006). Dabei heben radikaldemokratische Autor*innen in erster Linie die Gebundenheit gesellschaftstheoretischer und sozialphilosophischer Aussagen an die jeweilige Beobachter*innenperspektive hervor (vgl. Balibar 1993; Butler 2016; Honig 2017; Laclau/Mouffe 1991). Dadurch wird die normative Dimension der verschiedenen Ansätze an den spezifischen Standort und zeitlichen Kontext rückgekoppelt, aus dem heraus gesprochen wird. Aus diesen sozialkonstruk-
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tivistischen Prämissen und der korrespondierenden diskursanalytischen Methodik ergibt sich für die radikaldemokratische Analyse somit eine nichtideale Auffassung von Normativität – zum Beispiel im Konzept des precarious life (vgl. Butler 2016; Fassin 2017), als dessen Form bzw. Verkörperung sich aktuell auch zukünftige Generationen begreifen lassen. Heutige politische Ordnungen implizieren aus radikaldemokratischer Sicht somit in Teilen auch eine Prekarisierung und Benachteiligung von zukünftig lebenden Menschen, etwa in Form einer einseitigen Fokussierung auf kurzfristige ökonomische Gewinnmaximierung zu Lasten nachfolgender Generationen. Ein ähnliches Argument liegt dabei auch liberalen Theorieansätzen zugrunde, die sich auf sogenannte Non-Voice-Parties beziehen (vgl. Köhler 2017). Darüber hinaus beschäftigen sich aber auch Autor*innen wie Simon Caney, Dominic Roser oder Clare Heyward aktuell mit der Thematik von Klimagerechtigkeit vor dem Horizont einer nicht-idealen Normativität (vgl. Caney 2016a; Heyward/Roser 2016), sodass sich hier Schnittpunkte zwischen radikalen und liberal bzw. deliberativ geprägten Konzeptionen ergeben. Zuletzt lässt sich im Anschluss an radikaldemokratische Ansätze auch ein verändertes Verständnis des Politischen diskutieren, innerhalb dessen sich die Bedeutung und theoretische Notwendigkeit einer Erweiterung von Demokratietheorien mit Blick auf zukünftige Generationen zeigen lässt. In diesem Zusammenhang kann die ethische Problematik eines potentiellen Ausschlusses zukünftiger Generationen als politischer Kampf um deren Hörbarkeit behandelt werden, wobei sich an dieser Stelle deliberative und radikaldemokratische Ansätze treffen. Die Hörbarmachung von unterrepräsentierten oder nicht hinreichend sichtbaren Ansprüchen und Bedürfnissen bildet somit das zentrale Motiv im Sinne einer radikalpolitischen Voraussetzung der Demokratie. Damit verbunden ist ein Wechsel des theoretischen Fokus von der Operationalisierung universaler normativer und politischer Prinzipien hin zu einer kritischen Dekonstruktion gegenwärtiger politischer Systeme hinsichtlich deren blinder Flecken mit Blick auf zukünftige Generationen. Die intergenerationelle Perspektive verschiebt sich angesichts des erweiterten Verständnisses des Politischen schlussendlich auf die Frage, wie die Thematik zukünftiger Generationen in einem vermachteten diskursiven Rahmen, innerhalb dessen verschiedene Forderungen um symbolische Vorherrschaft kämpfen, einen bestimmenden Status erhalten kann. Der Begriff des Demos verdeutlicht vor diesem Horizont, dass im Feld des Politischen der Konflikt darüber, ob und wie zukünftige Generationen als Teil des Volkes an-
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erkannt und auf dieser Basis dem zu repräsentierenden Demos zugehörig begriffen werden können, immer wieder neu ausgetragen werden muss.
3.4
Pragmatistische Demokratietheorie
Seit einigen Jahren erfreut sich der Pragmatismus einer großen Rezeption in der politikphilosophischen Forschung (vgl. Hetzel/Kertscher/Rölli 2008; Sandbothe 2000). Auch dieser Ansatz versteht sich als nicht-ideales Gegengewicht zur deliberativen Demokratietheorie, stellt sich allerdings oft selbst in die liberale Tradition. Der Fokus liegt auf einer kritischen Reflexion gegenwärtiger sozialer und politischer Praktiken in ihrer Bedeutung für die Gestaltung gesellschaftlicher Probleme. Demokratieerziehung wird in der Nachfolge von John Dewey zum Beispiel als ebenso wichtig erachtet wie Institutionenbildung (vgl. Dewey 1916/1964). Mit Blick auf dieses Paradigma gilt es kritisch zu reflektieren, inwieweit Intergenerationalität Teil sozialer, kultureller und politischer Praktiken ist, auf welchen Ebenen dieses Potential in politische Prozesse einfließt und wo die Begrenzungen dieses Zugangs liegen. Pragmatistische Ansätze, die im Anschluss an Charles S. Peirce, William James oder John Dewey formuliert werden, interpretieren Wirklichkeit mit Hegel als ein dynamisches Netzwerk. Dabei liegt ihr Fokus auf der Komplexität politischer, rechtlicher, sozialer und kultureller Praktiken, die sich aus den Relationen gesellschaftlicher Verhältnisse herausgebildet haben und Ausgangspunkt sowie Hintergrund globalen Handelns sind (vgl. Reder 2015). Die Folgen dieser Praktiken stehen im Zentrum der philosophischen Überlegungen. Bezüglich deren ethischer Reflexion wenden sich Pragmatist*innen dabei zwei Theorieelementen zu: Zum einen der konsequentialistischen Abwägung der Handlungsfolgen einzelner Personen oder Gemeinschaften, insofern Pragmatist*innen daran orientiert sind, die Konsequenzen dieser Handlungen in einem ersten Schritt im Gespräch mit anderen Wissenschaften detailliert zu beschreiben und in einem zweiten Schritt in ihrer Reichweite gegeneinander abzuwägen (vgl. Leist 2012). Zum anderen sind Pragmatist*innen besonders an der Reflexion individueller wie kollektiver Erfahrungswelten interessiert (vgl. Dewey 1920/1989: 146f.), innerhalb derer Handlungsfolgen unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden (vgl. Noetzel 2002; Neubert 2004). Aus der Verarbeitung der Erfahrungen gesellschaftlicher Transformationsprozesse entstehen dann wiederum politische, rechtliche, soziale oder kulturelle Praktiken, mit denen sowohl Individuen als auch
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Gemeinschaften versuchen (vgl. Hellmann 2009; Hickmann 2004) auf diese zu reagieren und sie in einem lebensdienlichen Sinne neu zu gestalten (vgl. Stuhr 1998). Innerhalb der unterschiedlichen Praktiken stellen die Individuen somit eine praktische Kohärenz hinsichtlich der Logik dieser Praktiken her (vgl. Nida-Rümelin 1997). Diese theoretische Perspektive zur Begründung der Ausgestaltung politischer Institutionen und ihrer Normen bringen Pragmatist*innen sowohl für die lokale als auch die globale Ebene in Anschlag. Auch in pragmatistischen Demokratietheorien werden Fragen der Umweltpolitik oder Nachhaltigkeit mit Bezug auf zukünftige Generationen jedoch erst rudimentär beachtet (vgl. Katz/Light 1996; Reder 2015). Die Forschungen richten sich entweder auf eine umweltethische Grundlegung aus der Perspektive des Pragmatismus (vgl. Lekan 2012; Kelbessa 2012; Minteer/Corley/Manning 2004) oder sie fokussieren auf konkrete ethischpolitische Instrumente zur Reflexion ausgewählter ökologischer Problemlagen (vgl. Carter 2012; Cotton 2013; Steiner 2014). Ein dritter Aspekt der gegenwärtigen Forschung, der allerdings bislang noch nicht demokratietheoretisch ausbuchstabiert wurde, bezieht sich auf die Bedeutung des Lernens bzw. der Bildung als Teil einer pragmatistischen Theorie des Politischen in ökologischer Hinsicht (vgl. Fesmire 2012; Parker 2012).
4.
Menschenrechte als Beteiligungsinstrument in Zeiten des Klimawandels
In globaler Hinsicht stellt die Debatte über Klimafolgen das Paradebeispiel für die Frage nach der Repräsentation zukünftiger Generationen im weltpolitischen System dar (Gesang 2011; Gosseries/Meyer 2009; Ott 2007; Reder 2012), wobei den Menschenrechten als politisch-rechtliches Instrument eine zentrale Rolle zukommt (vgl. Caney 2009b/2010; International Council in Human Rights Policy 2008). Auf globaler Ebene zeigen sich dabei heute zwei grundlegende Argumentationsmuster (vgl. Reder 2010). Auf der einen Seite stehen Ansätze, die ausgehend von der kantischen Tradition und anschließend an Autor*innen wie John Rawls den Fokus auf die Reflexion globaler Gerechtigkeit richten. Dabei werden deren theoretische Prinzipien meist auf einer abstrakten Ebene begründet und anschließend in einer top-down-Haltung auf den Bereich der politischen Philosophie übertragen (vgl. Forst 2011; Niesen 2012; Merle 2013; Reder 2013). Paradigmatisch hierfür stehen die Forschungen von Thomas Pogge (vgl. Pogge/Menko 2002) oder Otfried Höffe (2002).
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Auf der anderen Seite stehen Ansätze, die im Sinne einer bottom-upAusrichtung und in einer stärker interkulturell geprägten Perspektive von den bestehenden Werten sowie den Praktiken ausgehen, in welche diese eingebunden sind (Reder 2009). In solch einer hegelschen Tradition bestimmt zum Beispiel Axel Honneth die Aufgabe einer kritischen Gesellschaftstheorie, »die gegebene[n] Institutionen und Praktiken […] auf ihre normativen Leistungen« hin zu analysieren und darzustellen, inwiefern »sie für die soziale Verkörperung und Verwirklichung der gesellschaftlich legitimierten Werte von Bedeutung sind.« (Honneth 2008: 21) Mittels einer kritisch-normativen Rekonstruktion fragen deshalb diese Ansätze nach bereits etablierten normativen Anerkennungspraktiken auf weltgesellschaftlicher Ebene und deren Potential zur Gestaltung globaler Strukturen und Institutionen (Joas 2009/2011; Reder 2015). In beiden Begründungsnarrativen wird die Bedeutung der Menschenrechte in ethischen und politischen Diskussionen über globale Probleme herausgestellt (vgl. Ekardt 2011; Beitz 2009; Bielefeldt 1998; Brieskorn 1997; Pogge 1998). Ethisch betrachtet sind Menschenrechte dabei Ausdruck eines Universalismus (vgl. Gosepath 1998), der eine normative Beurteilung komplexer Vergesellschaftungsprozesse sowie weltpolitischer Regime ermöglichen und dadurch eine Orientierung angesichts vielfältiger Problemlagen geben will. Als politische Teilhaberechte intendieren sie eine größtmögliche Repräsentation und Beteiligung aller Menschen an politischen Fragen. Allerdings gibt es keine globale Institution, innerhalb derer Menschenrechte gesichert werden könnten. Deswegen wurde in den vergangenen Jahren intensiv diskutiert, ob Menschenrechte als vorstaatliche Rechte Demokratien in einem moralischen Sinne vorausgehen oder ob Menschenrechte tatsächlich als staatlich verfasste Rechte verstanden werden und nur in diesem Rahmen einen legitimen Geltungsanspruch erheben können (vgl. Pollmann/Lohmann 2012). Die Debatte über das Verhältnis von Menschenrechten und Demokratie ist eine wichtige Folge dieser Kontroverse (vgl. Düwell 2013; Lohmann 2014). An diesen Diskurs anschließend werden Menschenrechte heute auch als ein wichtiger Beitrag zur ethischen und politischen Diskussion über Klimafolgen gedeutet: »My argument is simply that a human rights perspective has important insights and any account of the impacts of climate change which ignores its implications for people’s enjoyment of human rights is fundamentally incomplete and inadequate.« (Caney 2009b: 89; Brown 2008) Insofern Menschenrechte kein einheitliches oder zeitloses Gebilde sind,
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sondern sich erst im Laufe der Geschichte und deren Herausforderungen in ihrer heutigen Gestalt ausgebildet haben, liegt die Erweiterung des Menschenrechtsdiskurses auf das Thema des Klimawandels in der Logik der Menschenrechte selbst. Für diese Erweiterungen haben sich dabei vor allem benachteiligte Gruppen eingesetzt (vgl. Müller 1997), denen zufolge Menschenrechte dem Menschen qua Menschsein und somit unabhängig von historisch und sozial bedingten Konventionen sowie zeitlichen Abständen zwischen Generationen zukommen (vgl. Caney 2009b/2010). Vor diesem Hintergrund stellen Klimafolgen in vielerlei Hinsicht eine Gefährdung für den Schutz bzw. die Durchsetzung von Menschenrechten der heute und in Zukunft lebenden Generationen dar. Dabei ist jedoch oftmals umstritten, ob mit den verletzten Rechten auch Pflichten korrespondieren (vgl. Sachs 2008) und ob überhaupt eindeutige Wirkungsketten zwischen klimatischen Ursachen und Menschenrechtsverletzungen bestimmt werden können. Einerseits erscheint die Möglichkeit, zukünftige Generationen als Träger*innen von Rechten zu denken, aufgrund fehlender Reziprozitätsverhältnisse besonders im Hinblick auf eine mögliche Klageberechtigung als zumindest ambivalent, wenn nicht problematisch. Andererseits bieten die Menschenrechte aufgrund ihrer universalen normativen Struktur ein in hohem Maß geeignetes Instrument für die Beteiligung zukünftiger Generationen an gegenwärtiger Politik. Dabei bauen sie auf der Identifikation von fundamentalen menschlichen Interessen auf (vgl. Caney 2009), von denen ausgehend sich Rechtsprinzipien ableiten, Rechtsansprüche begründen und politische Institutionen für die Zukunft entwerfen lassen (vgl. Brown 2008; Caney 2016b/2010a; Meyer 2008; Sachs 2008). Im Rahmen des Menschenrechtsdiskurses zeigen sich dabei Schnittflächen zum nicht-idealen Normativitätsverständnis pragmatistischer und radikaler Demokratietheorien – insbesondere zur poststrukturalistisch geprägten Konzeption des precarious life. Neben verschiedenen Autor*innen (vgl. Barnett 2009; Cullet 2009) fokussieren aktuell unter anderem Suffizienztheorien auf eine solche Vulnerabilität des Menschen (vgl. Meyer 2003; 2008). Damit stehen sie in der Tradition des sogenannten priority view (vgl. Parfit 1997), demzufolge Menschenrechte einen moralischen Schwellenwert bilden (vgl. Caney 2009b/2010; Meyer 2008), um zukünftige Generationen als besonders gefährdete Gruppe zu schützen und intergenerationelle Gerechtigkeit zu verwirklichen. Die Debatte um Menschenrechte bietet folglich wichtige Anknüpfungspunkte für demokratietheoretische Überlegungen zur Verletzbarkeit zukünf-
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tiger Generationen. Vor diesem Hintergrund muss jedoch ebenfalls gefragt werden, inwiefern Menschenrechte nicht nur als normativer und politischer Träger universaler Geltungskraft, sondern in einer hegelschen Tradition auch als historisch gewachsene und somit genealogisch nachzuvollziehende normative Praxis verstanden werden müssen. Demnach sind Menschenrechte nicht nur als normative Ideale zu verstehen, sondern zugleich nicht-idealer Teil einer kritischen Gesellschaftstheorie, die ausgehend von einer Rekonstruktion bestehender Werte und Anerkennungspraktiken (vgl. Honneth 2011; Joas 2011) das normative Potential einer Gesellschaft mit dessen sozialen, politischen sowie kulturellen Pathologien und Widersprüchen kontrastiert. In diesem Kontext lässt sich daher auch nach der Ambivalenz moderner (Menschen-)Rechtssysteme und der damit verbundenen Wechselbeziehung von normativen Ordnungen und sozialen Machtverhältnissen fragen (vgl. Brunkhorst 1994/2014; Forst 2007/2015; Honneth 2011; Loick 2012/2013; Menke 2013/2015; Raimondi 2014). Das Recht, so das Argument, bringt aktiv gesellschaftlich vermachtete Ungleichheitsstrukturen hervor und trägt maßgeblich zu deren Stabilisierung bei. Gleichzeitig entsteht das Recht aber zumeist selbst aus Prozessen der politischen Destabilisierung von Herrschaftsverhältnissen. Deshalb verweisen aktuelle Forschungen auch auf die Notwendigkeit einer vertieften rechtskritischen Perspektive, die im Zuge einer demokratietheoretischen Bearbeitung der Frage nach (rechtlichen) Beteiligungsmöglichkeiten zukünftiger Generationen mitreflektiert werden muss. Aus einer solchen Sicht geht es vor allem darum zu reflektieren, inwiefern einer positiven Bezugnahme auf (Menschen-)Rechte eine Kritik der normativen Struktur von Rechten vorausgehen sollte, um ihre begrifflichen Begrenzungen in den Blick nehmen zu können (vgl. Loick 2017; Menke 2015). Auch mit Verweis auf Fragen zukünftiger Generationen können deswegen Moral und Recht nicht einfachhin in ein kausales Begründungsverhältnis gesetzt werden, wonach Moral als Fundament des Rechts bzw. das Recht als Anwendung von Moralprinzipien erscheint. Es gilt vielmehr darauf zu hinzuweisen, dass Rechte eine (kontingente) Form von Normativität repräsentieren, die aufgrund ihrer historisch wandelbaren Formbestimmungen immer wieder durch die Brille einer Gesellschaftskritik auf ihre sozialen Bedingungen und Folgen hin befragt werden muss (vgl. Balibar 1993; Brown/Halley 2002; Colliot-Thélène 2011; Douzinas 2000; Douzinas/Gearty 2014).
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5.
Ausblick auf neue Forschungsfelder
5.1
Zeitlichkeitskritik und Utopie
Einen bislang weniger stark untersuchen Aspekt stellt das die unterschiedlichen demokratietheoretischen Analysen mittragende Zeitlichkeitsverständnis des Politischen dar. Dabei wird zumeist von einem reduktionistischen Zeitbegriff im Sinne einer quantitativen sowie externen Maßeinheit ausgegangen, anhand derer sich politische Strukturen und Verfahren im Hinblick auf Dauer, Effizienz und Legitimation bewerten lassen (vgl. Schedler/Santiso 1998). Eine solch transtemporale Bemessungsgrundlage zur Verwaltung politischer Interessensaggregation und -artikulation birgt jedoch die Problematik einer potentiell unreflektierten Fortsetzung theorieimmanenter Horizonte der Kurz- bzw. Langfristigkeit sowie des darin verankerten Gegenwartsindexes normativer Grundlagen in sich (vgl. Kates 2015; Tamoudi/Reder 2018; Thompson 2005/2010). Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Dimensionen politischer Zeit einer wechselkonstitutiven Vermittlung verschiedener lebensweltlicher Erfahrungsräume, Handlungskontexte und Erwartungshorizonte im Rahmen soziohistorischer Normen, institutioneller Verfahren und programmatischer Entwürfe entspringen (vgl. Adam 1998/2006; Adam/Groves 2007; Barnett 2005; McIvor 2011; Knappe et al. 2019; Palonen 2003/2006; Tilly 1994). Die sich im Zuge dessen entfaltenden zeitlichen Verweisungsstrukturen samt deren Reichweiten, Rhythmen und Geschwindigkeiten haben dabei entscheidenden Einfluss auf die jeweiligen Perspektiven sozialer Gerechtigkeit, politischer Verantwortung und intergenerationeller Repräsentation. Die Abhängigkeit des Erfassens, Gestaltens und Beurteilens der Zukunft von den innerhalb politischer Zeitdimensionen angelegten Wahrnehmungsund Handlungsoptionen verweist zugleich auf die Notwendigkeit einer gesellschaftskritischen Analyse des Verhältnisses gegenwärtiger Zukünfte und zukünftiger Gegenwarten. Dabei rücken Beschleunigungsphänomene sozioökologischer, -ökonomischer und -kultureller Zusammenhänge (vgl. Latour 2002; Hassan 2008/2009; Rosa 2008; Scheuerman 2001) ebenso in den Fokus, wie Fragen der Risikobewältigung (vgl. Groves 2014; Nassehi 1994) oder der Integrationskompetenz des Politischen angesichts pluraler Zeitdynamiken (vgl. Chesneaux 2000; Wolin 1997). In der Folge lassen sich sowohl Ansätze unterscheiden, welche auf eine Entschleunigung des Politischen zielen (vgl. Clark/Teachout 2012; Saward 2017), als auch solche, die in der Desynchroni-
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sierung bestehender Zeitlichkeitsstrukturen die Chance einer radikaldemokratischen Kritik ideologischer (transgenerationell festgestellter) Ontologien und Herrschaftsasymmetrien sehen (vgl. Connolly 2002). Die Repräsentation zukünftiger Generationen setzt somit eine zeitreflexive Haltung voraus, welche sich ausgehend von bestehenden Zeitstrukturen kritisch-reformierend auf gegenwärtige Horizonte des Künftigen richtet. Darüber hinaus lassen sich zukünftige Generationen aufgrund ihrer NichtExistenz zugleich als utopische Zukunftsmarke eines politischen Imaginationsraumes verstehen, in welchem Alternativen aufzeigbar und Bestehendes kritisierbar werden. Der in diesem Zusammenhang einzuführende Utopiebegriff tritt gerade aus gesellschaftskritischer Perspektive jüngst wieder vermehrt in Erscheinung (vgl. De Geus 1999; Goodwin 2001; Hayden/El-Ojeili 2009; Moylan/Baccolini 2007; Sargisson 1996; Levitas 2013; Wright 2011), wobei die damit einhergehende Heuristik nicht auf teleologisch-substantielle Festschreibungen der Zukunft gerichtet ist, sondern als reale sowie kritische Utopie in den konkreten Verweisungsstrukturen soziopolitischer Zeitlichkeit gründet. Dass Überlegungen dieser Art anschlussfähig für Fragen intergenerationeller Herausforderungen sind, zeigen nicht nur verschiedene demokratietheoretische Überlegungen zur Integration von Zukunftsentwürfen in die diversen Prozesse der Meinungsbildung und Interessensartikulation (vgl. Caney 2016b; Toffler 1970; Knappe et al. 2019). Auch der damit einhergehende Begriff des (sozio-)politischen Imaginären (vgl. Anderson 1983; Castoriadis 1987; Gaonkar 2002; Ricœur 1986; Taylor 2007) lässt sich im Rahmen entsprechend globaler (vgl. Steger/Patomäki 2010; Steger/James 2013), technikkritischer (vgl. Jasanoff/Kim 2015) sowie klimapolitischer (vgl. Levy/Spicer 2013; Milkoreit 2017; Wapner/Elver 2016) Überlegungen fruchtbar machen. Die dabei oftmals zurate gezogenen narrativen Zukunftsentwürfe (vgl. Gadinger/Barbehön 2014; Jameson 2005; Straßenberger 2005) gehen schlussendlich mit einer intergenerationellen Stärkung der Responsivität politischer Strukturen einher, insofern sie Zukunft allererst wahrnehmbar und Gegenwart dadurch kritisierbar machen. Dabei gilt es insbesondere auch den Einfluss dystopischer sowie apokalyptischer Narrative in die Debatte aufzunehmen (vgl. Skrimshire 2010).
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5.2
Gesellschaftskritik und Bildung
Die aktuelle bildungsphilosophische Debatte erweist sich ebenfalls in hohem Maß als anschlussfähig an den ethischen und demokratietheoretischen Diskurs um die politische Beteiligung zukünftiger Generationen an gegenwärtigen Entscheidungen. Bildungsphilosophische Ansätze tragen im intergenerationellen Zusammenhang dadurch zu einer Erweiterung der Debatte bei, dass sie den Stellenwert der Bildung als einen immanenten Bestandteil der Demokratie begreifen. Bildung tritt in einem solchen philosophischen Verständnis nicht nachträglich zur Demokratie hinzu, sondern gehört von Anfang an wesentlich zur Dynamik des Demokratischen (vgl. Dewey 1993), da Demokratie bspw. in einer pragmatistischen Sichtweise in ihrer Eigenschaft als kollektive Lebensform zur Geltung kommt und daher in Abhängigkeit von kulturellen Lernprozessen verstanden wird. Die kritische Bewusstmachung der intergenerationellen Eingebundenheit heutiger politischer Entscheidungen lässt sich vor diesem Hintergrund als eine zentrale bildungspolitische Aufgabe demokratischer Prozesse identifizieren. Bildung verdeutlicht darüber hinaus in der Form intergenerationeller Lernprozesse die diachrone Struktur der gesellschaftlichen Relationalität und setzt auf dieser Grundlage die Berücksichtigung zukünftiger Generationen auf die demokratische Agenda. Aus einer bildungsphilosophischen Perspektive wird dabei zusätzlich das Argument stark gemacht, dass Demokratien auf die Mündigkeit ihrer Bürger*innen angewiesen sind (vgl. Arendt 2002; Kant 1999; Adorno 1970). In diesem Zusammenhang wird sowohl in einer kantischen als auch Kant-kritischen Tradition auf die grundlegende Rolle von Kritik und gesellschaftlicher Aufklärung im Rahmen des Demokratischen aufmerksam gemacht (vgl. Butler 2002; Foucault 1992). In einer hegelschen Perspektive wiederum geht es darüber hinaus um eine Weitung des demokratietheoretischen Fokus hin zu gesellschafts- und anerkennungstheoretischen Fragen (vgl. Stojanov 2006; 2011). Dabei kann die These geltend gemacht werden, dass zukünftige Generationen nur dann angemessen Beachtung finden, wenn grundlegende Problemzusammenhänge der globalisierten Weltgesellschaft markiert und gesellschaftskritisch reflektiert werden. Habermasʼ Begriff der Öffentlichkeit gewinnt in dieser Perspektive noch einmal zusätzlich an Kontur, indem nach machttheoretischen, kulturellen und sozialen Bedingungen gefragt wird, die für die Beantwortung der Frage nach der Repräsentation von zukünftigen Generationen von Bedeutung sind (vgl. Butler 2016; Honig 2017).
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No Democracy Without Generational Rifts A Sartrean Perspective on Historical Renewal Matthias Lievens
1.
Intergenerational relations as a problem of freedom
In a famous confrontation of ideas taking place in the aftermath of the French revolution, Thomas Paine attacked Edmund Burke arguing that the latter’s traditionalist understanding of the constitution implied that future generationsʼ freedom would be nullified. How can previous generations legally bind new generations? Each generation should be equally free, Paine stated, suggesting that it should be able to re-create a constitution. In his own words, »[t]he vanity and presumption of governing beyond the grave is the most ridiculous and insolent of all tyrannies« (Paine 1998: 92). »Mr. Burke«, he states, »has set up a sort of political Adam, in whom all posterity are bound for ever« (ibid.: 94). According to Paine, we can only accept that older laws continue to prevail under the condition that they can in principle be repealed: »laws made in one generation often continue in force through succeeding generations, yet […] they continue to derive their force from the consent of the living« (ibid.). What is at stake in this discussion is the question of generational sovereignty: can a new generation make a new institutional and political start? Can it still make its own political decisions at all, or to what extent is it limited by what it inherits from previous generations? This debate, which is connected to but often stands in the shadow of the broader discussion on intergenerational justice, has important implications for how to think about the historicity and temporality of social and political order, democracy and freedom. This chapter aims to broaden the focus: the legacy of past generations and its capacity to constrain our freedom extend far beyond the institutional and the legal. All social structures and relations are inherited
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Matthias Lievens
from the past and affect new generations in an ambivalent way: they can facilitate their projects, but also limit their possible scope of action. Drawing on Jean-Paul Sartre’s social and political theory, especially his rich but understudied »Critique of Dialectical Reason«, this chapter aims to reconceptualise intergenerational relations in order to rethink how a free and democratic society should conceive of such relations. Sartre never systematically discusses the topic, but throughout his social and political writings, he makes numerous fascinating comments on the relations between generations, especially in connection to the notion of time and to problems of freedom and domination. The reconstruction of these insights can shed an original light on the question of intergenerational relations in a democratic society. Sartre recognizes that our relation with future generations implies significant questions of distributive justice (see Sartre 2005: 269). Yet, his main focus is on the freedom of each generation to realise its own projects. If there is an ethics of intergenerational relations to be drawn from Sartre’s work, it should be reconstructed on the basis of his ethics of freedom and reciprocity, according to which we owe to the other respect for their freedom, and solidarity with their struggle for liberation. It is not easy to positively define Sartre’s notion of reciprocity, but it is possible to describe it negatively: reciprocity involves the absence of domination. Typically, for Sartre, our duty towards the other should be interpreted broadly: mere passivity, failing to actively support other people’s struggle against domination is immoral (see Flynn 1984). However, an important question is what our specific duty towards future others is. Sartre does not provide a full answer to it, but he develops a number of theoretical arguments which allow us to analyse the problem, and especially to better understand the meaning of domination between generations. The interest of his reflections on the topic is that he establishes a systematic connection between the notion of generations and problems of temporality and historicity, and shows how complex forms of domination can occur between generations. These insights can be fruitfully applied to rethinking the importance of generational rifts in a democratic society, a project for which Sartre provides only the starting point, in his analyses of how Malthusianism or Stalinism can lead to the domination of future generations.
No Democracy Without Generational Rifts
2.
Rethinking time
If we want to conceptualise the nature of our relation to future generations, and address its ethical and political implications, we cannot refrain from addressing the problem of time. Much of the (mostly analytical) debate about intergenerational justice has implicitly assumed an empty, neutral conception of time, as if time is a homogenous container, or a chronological line on which successive generations can be located. A significant amount of continental philosophical scholarship questions this ›Newtonian‹ conception of time, by stressing subjectively lived time (see Bergson 2007; Husserl 1964), understanding time as »full« and »broken« (see Benjamin 2007; Bensaïd 1990/1997), and as constitutively plural (see Thomas 2017; Morfino/Thomas 2017; Bensaïd 1995; Bloch 1991). In his own way, Sartre radically goes against such an empty and neutral conception of time. He explicitly rejects the idea that time is an empty »container« within which events occur or actions take place. He rejects a view of »a homogeneous and infinitely divisible continuum which is nothing other than the ›time‹ of Cartesian rationalism« (Sartre 1968b: 91-92), and which he considers as the kind of temporality that is characteristic of capitalism. In his later work, especially the »Critique of Dialectical Reason«, Sartre’s understanding of time shifts away from classical phenomenological understandings of subjectively lived time. For Sartre as a social theorist, time is rooted in praxis. It is through praxis that temporalisation occurs. To put it simply: praxis, as goal-oriented activity, projects a future, and it is in terms of this future that the present and the past acquire meaning. In this sense, praxis is temporalisation, and this is true for each praxis, from opening the window on a hot day to making a political revolution. The implication, as will be further explained below, is that temporalisation is fundamentally multiple: any individual or collective praxis is a temporalisation. History consists of the complex interactions of these temporalisations. However, social reality consists of more than human praxes. The latter transform the material world, inscribing meaning and time in it, thus transforming matter into ›worked matter‹, or what Sartre calls the ›practico-inert‹. The latter is a broad concept, encompassing all inert social realities, from institutions to the built environment, from inert discourses and cultural artefacts to modes of production. All these social objects have in common that they are the (intended or unintended) result or product of human praxis, have a material or inert dimension, and are at the same time symbolic, as they are
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carriers of meaning. This meaning is the (possibly deviated or transformed) product of human praxis which has also inscribed temporality in these social objects. Referring to examples such as the temporal rhythms of machines, or the historical directionality and speed of development of the capitalist economy, Sartre argues that the practico-inert field is characterised by specific forms of »structured temporality« (Sartre 2004: 299), as he draws a distinction between practical temporalisations and practico-inert temporalities. Sartre thus intelligently reformulates the famous problem of agency and structure in his own terms, namely those of praxis and the practico-inert. Three specific features of Sartre’s framework merit attention. Firstly, praxis and the practico-inert are very deeply interrelated: it is through praxis that the practico-inert can come into and remain in existence. For example, it is only through reading that culture, understood as a practico-inert structure composed, amongst others, of books, exists at all (see Sartre 1993: 41). Secondly, and as will be further elaborated below, Sartre develops a rich analysis of the ways in which practical human freedom can become dominated by practicoinert structures. The relation between praxis and the practico-inert thus acquires a political thrust: this is an arena of domination, the exercise of power (anonymous or not), and the struggle for the liberation of freedom against the weight of the practico-inert. Sartre’s theory of the ›group‹, which is his way to think collective action, is precisely aimed at understanding the social conditions under which freedom can be liberated from the pressure of the practico-inert. Thirdly, and importantly, the practico-inert and praxis, domination and freedom, are understood in temporal terms. More precisely, there is a very important temporal dimension to these notions and their distinction. Domination by the practico-inert is domination by the past: if workers are dominated by their machines, they are actually dominated by a product coming from the past, but which confronts them with a »prefabricated future« (Sartre 2004: 245). The machine, indeed, is the product of past labour, and predetermines the rhythms and temporalities characterising the activities future workers will have to realise in the factory. Similarly, the structure of capitalism is a product of past praxes, but it confronts present and future generations with a prefabricated future. A temporality is inscribed in this structure, including a specific future temporal directionality, rhythm, and complex play of continuities and discontinuities. Sartre observes for example how capitalism is on a path to increasing industrialisation, thus prefiguring the shapes which future generations will (have to) adopt, especially in terms of their class composition,
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education, or cultural level. Confronted with this practico-inert temporality, isolated human beings can only adapt themselves to it. Their class-being is already prefabricated: what remains to be done is to work on themselves so as to fulfil this being.
3.
Generations as temporalisations
This discussion of time is of great importance for understanding Sartre’s conception of the relations between generations. The reason is that, to put it bluntly, generations have to be defined as temporalisations. Generations are not cohorts of individuals situated on a continuous line of empty time. Sartre rather thinks history in terms of a manifold of temporalisations embodied by different generations. The problem how to define or circumscribe a generation is discussed, amongst others, in Sartre’s posthumously published »Notebook for an Ethics«, originally written in 1948 and situated on the bridge between »Being and Nothingness« and Sartre’s evolution towards a more marxist-inspired social and political theory. In the »Notebooks«, Sartre acknowledges there is something profoundly arbitrary in delineating one generation from another. His solution is to conceptualise a generation in terms of its project or undertaking: »A generation can only be defined by its operation or work. In this case, its temporal limits are variable and fixed a posteriori by its enterprise.« (Sartre 1992: 135) This notion of project would be retained but reformulated in the later »Critique«: praxis, for Sartre, is the translation of project, and as explained in the previous section, praxis is the root of temporalisation. This way of defining generations in terms of projects (or praxes) allows him to understand discontinuity in history. History is not an infinite mathematical series of people having children: by distinguishing generations, history acquires a relief, it becomes ›readable‹ in terms of projects, their failures or relative successes, and new projects which start on the basis of the situation that is thus produced. In the »Notebooks«, he elaborates upon the example of the first World War, marking a distinction between the pre-war generation, which made the war or underwent its risks and threats and could afterwards claim veteran status, and the post-war generation that was too young to participate in any meaningful way in the war or to take any social or political interest in it. Born in 1905, Sartre can be said to be part of the latter generation, of which he
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states: »the war was not their war« (Sartre 1992: 136). Of course, they did experience its consequences: what was an undertaking for the pre-war generation, was the situation within which the later generation simply found itself. Sartre stresses the younger generation represents a discontinuity in history because its members did not consider themselves responsible for the war, and could therefore judge it. They related differently to the war, considered it as something to be surpassed, and thus changed its meaning. »The distinction between generations therefore, by its very nature, renders a historical phenomenon heterogeneous with itself.« (Sartre 1992: 136) However, more is at stake than a simple reinterpretation of the meaning of the war: the latter also acquired a wholly different ontological status for the new generation. For one generation it was a project, for the other a given: »A project when it is being done, a thing when it is something absolutely undergone.« (Sartre 1992: 137) In the »Critique«, Sartre returns to this example to make a similar point, stressing how the war, as a past given, could be transcended in different ways by the new generation: »for the French children born between 1914 and 1920, the war lay behind them as a hideous object, a product of paternal madness. Most of them transcended it towards a militant pacifism or a dream of universal peace, precisely because it had ended in victory. The German defeat, in contrast, was transcended as a revolt against the defeated fathers and as a wish for revenge among young Germans through the practice of Nazism.« (Sartre 2004: 667-668)1
4.
Against the History of Humanity
This analysis of the relation between generations has important implications for Sartre’s broader reflections on History. In several of his texts, he rejects discourse about the History of Humanity, especially when it suggests humanity is a (singular) actor whose project it is to ›make History‹. Within such a view, which is implicit in discourses on human progress, generations are just
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In an enigmatic passage in the »Notebooks for an Ethics«, Sartre writes the following: »Infinite-leaning politics: suppress War. Create a peaceful humanity, take away the process of »war« from the infinite succession of generations. Politics that emphasize finitude: try to prevent the coming war by leaving to subsequent generations the concern for preventing their wars.« (Sartre 1992: 427)
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cogs in a wheel. Their liberty, their capacity to start something new, is not accounted for. If we would follow such a view, Sartre writes, »we have to assimilate humanity to a consciousness in order to conceive of progress as all one thing. This is possible logically if we conceive of a human nature that develops in conformity with an established plan by way of a plurality of individuals, the external universe remaining constant or if we conceive of a series of generations whose goal and possibility are invariant and where each one takes up the work where the other has left it.« (Sartre 1992: 430) Sartre radically rejects such a view. His advocacy of freedom takes the form of a defence of each generation’s freedom to start anew, or to adjust or transform projects of previous generations. In this sense, long-term human processes spanning a number of generations, such as industrialisation or democratisation, must not be understood as single projects. They are always taken up again in new terms by new generations, and they can thus be refracted or deviated. This does not mean that generations are to be considered simply as causal factors that explain the course of history. Sartre’s argument is more fundamental. Generations are key to his ontological understanding of history: »For me, generations are not an explanatory factor of this process but rather a constitutive ontological one; that is, they in no way explain why this rather than that developed, but they do give an account of its ontological structure.« (Sartre 1992, 134) A generation has to be understood in terms of the human project which takes up the practico-inert structures inherited from the past, and surpasses them by projecting a future. To put it in the terms of Sartre’s earlier philosophy in »Being and Nothingness«: generations are like the ›for itself‹ in relation to the ›in itself‹. In the language of the »Critique of dialectical reason«, they are ›praxis‹ in relation to the practico-inert inherited from past generations. The result of each project, Sartre argues in the »Notebooks« in quasihegelian language, »instead of magically inducing the following generation to pursue the effort, falls outside the subjective into the objective Spirit and gives itself up without any defence to a new surpassing. What happens from generation to generation (and also in space) is the perpetual fall and transformation of
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the subject into an object. What was an end becomes a starting situation.« (Sartre 1992: 430) This starting situation has to be appropriated, interpreted and negated by a new generation, which has the possibility to change, to vary or deflect the initial project and its objective results. Sartre is especially interested in the extent to which generations can represent renewal, discontinuity, a break with the past (see Sartre 1992: 80). This is also what distinguishes his position, in his own view, from (Althusserian) structuralism: »Each generation takes another distance in relation to these structures, and it is this distance which allows for the change of the structures themselves.« (Sartre 1994: 72, translation by author) It needs to be underscored that Sartre does not think that generations are homogenous. He does not replace a homogenous Humanity as the subject of History by a succession of internally homogenous generations. Generations are obviously internally plural and divided: »one generation is the destiny of the preceding one and […] it finds its destiny in the next one. But from this very fact we see that there is not one Destiny like some organic development of humanity, but rather a jagged line of destinies that have and do not have unity at the same time.« (Sartre 1992: 107) In the »Critique«, Sartre picks this analysis up again, and makes it into the hallmark of his conception of history as composed of a multiplicity of temporalities. It is worth quoting him at length: »we must abandon any idea of humanity historialising itself in the development of a single temporalisation which began with ›the first men‹ and which will finish with ›the last‹ […]. Humanity treated as one Man: this is the illusion of the constituted dialectic. There are in fact several temporalisations; what I have in mind are those diachronic multiplicities known as generations. Each generation is a natural and social product of the previous generation; but each generation separates itself from the previous one and, as a material condition of its praxis, transcends the objectification of the previous praxis, that is to say, the being of the previous generation, in so far as this being becomes, through this very transcendence, an inert object which needs to be rearranged. Thus the temporal development of the objective process to which the group gives birth entirely eludes it as one moves further away from the moment in which it was realised by praxis: it becomes the condition for
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a new praxis within this praxis become object, the condition of a condition, material etc.« (Sartre 2004: 666) Sartre adds that how new generations transcend the results of the praxis of previous generations and give it new meanings is not entirely arbitrary. Yet, there is a form of contingency and unpredictability at play, which is the hallmark of their freedom. To sum up, Sartre’s conception of the relation between generations is embedded within a view of history composed of multiple temporalisations, rooted in generational praxes. Each praxis or temporalisation is inscribed in practico-inert structures where it can become the starting point for the praxis of a new generation. As will be shown, this is a deeply political conception of time and of the relations between generations. Indeed, the multiplicity of temporalities and temporalisations constitute a setting for the clash between projects and praxes, between the legacy of the previous generation and the freedom of a new one. Fundamental issues of domination and freedom are at stake in this confrontation. This conflict can take place at a time when generations overlap and are copresent at the same moment. This is what is referred to when people speak about generational conflicts, which take place between generations living at the same time (see Sartre 1993: 49). However, Sartre’s problematic reaches beyond this to include forms of domination and liberation between non-contemporaneous generations, whose members never live at the same moment. In the last instance, Sartre shows, what is at stake even in these relations between generations is the struggle for the liberation of freedom against practico-inert domination. In the following sections, this conception of the relation between generations will be developed more in detail. On the basis of Sartre’s writings on intergenerational relations in a number of passages in different texts, two aspects of the problem will be developed. On the one hand, future generations have to produce themselves within conditions which current generations are bringing forth, and they can be dominated by these conditions. On the other hand, current generations depend on future generations for the full realisation of their projects. This constitutes a problem for current generations, as future people have the capacity to radically go against our projects, taking away or disregarding their very meaning.
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5.
Being dominated by previous generations
Sartre was very critical of any argument that a human being is like a thing determined by its circumstances, as if out of the transformation of the productive relations in a socialist society, a new human being would be born, for example. A human being is never determined, but they make themselves, always in relation to practico-inert conditions. What current generations do, whether they are aware of this or not, is to produce the conditions under which the future generations will have to make themselves. In Sartre’s own words in the context of a discussion on socialism: »it is by changing the thing that one gives the human being of socialism the means to produce themselves« (Sartre 2015: 12). The future human being is the product of our product, or better, they produce themselves on the basis of our product. Inversely, current generations find themselves in conditions produced by previous generations: »the general conditions of social activity and our most immediate, crudest objective reality […] are simply the crystallised practice of previous generations: individuals find an existence already sketched out for them at birth; they ›have their position in life and their personal development assigned to them by their class‹. What is ›assigned‹ to them is a type of work, and a material condition and a standard of living tied to this activity; it is a fundamental attitude, as well as a determinate provision of material and intellectual tools; it is a strictly limited field of possibilities.« (Sartre 2004: 232) To understand Sartre’s problematic of the relations between generations and the role of freedom in it, it is important to make a distinction between an existential (or ontological) and a more social-political understanding of freedom. Sartre is well-known for his radical, ontological notion of freedom, according to which human beings are not things which are determined by external forces. They are always able to relate to these forces in different ways, at least by giving them another meaning. On the other hand, in his later work, Sartre acknowledges that the practical situation in which individuals find themselves can make their freedom meaningless. This is an important shift in relation to »Being and Nothingness«, where Sartre defends that even in chains, a human being is fully free. In later work, in contrast, he recognizes that individual freedom can become impotent as a result of social forms of domination, and that freedom therefore needs to be liberated. Practico-inert structures can operate in such a way as to become forms of domination.
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This shift is important for how Sartre thinks about the relations between generations: the products of one generation can become the chains of the next. The new generation is not ›determined‹ by them, but finds in them its destiny. These products can be such that certain aspects of it are ›untranscendable‹: the individual of the new generation cannot move beyond them, but has to adjust to them, unless they are able to become part of a group which transforms this legacy through collective action. When individuals are born, for example, there are always already certain institutions which govern their lives: »The previous generation already defines their institutional future, as their external, mechanical destiny, that is to say, as determinations of untranscendability (or as determinations of their being), even before they are born. ›Obligations‹ – military, civic, professional etc. – constitute in advance an untranscendability deep inside everyone who is born into the group […]«. (Sartre 2004: 606) This means relations between generations, whether we are aware of it or not, are relations through which freedom can be dominated. This domination is mostly not intentional, but it is the product of how a previous generation’s temporalisations are inscribed in the practico-inert, resulting in a form of temporality which dominates individual members of a new generation. The practico-inert prefigures their class being, for example, and confronts them with a particular future which they cannot simply brush aside. Developing a phenomenological analysis of the labour of a female worker at a shampoo factory, Sartre writes: »the working woman is expected in bourgeois society, her place is marked in advance by the capitalist ›process‹, by national production requirements and by the particular needs of the Dop shampoo factory« (Sartre 2004: 232). Similarly, he stresses how »machines, by their structure and functions, determine the nature of their servants as the rigid and imperious future of undetermined individuals and, thereby, create men« (Sartre 2004: 159). In the current development of the social-economic structure, future, »still undetermined individuals« (Sartre 2004: 159) are prefigured: we can already surmise the general social shape and configuration of future generations by observing the prefabricated future that is inscribed in the practico-inert. The relations between generations thus acquire a significant moral charge: almost anything we do has an impact on the practico-inert, and this practicoinert can constitute the destiny, and therefore the threat of a relative loss of
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freedom, for future generations. In the »Notebooks«, Sartre pushes this point in a radical direction by speaking about »oppression«: »So in oppression man is fate for man. And it is within the oppressive structure that the idea of fate could be born. Note that it is not just a question of the oppression of classes. Rather parents are fate for children, man for woman, the preceding generation for the succeeding one, the State for the citizen. Fate is the paradoxical curse on a freedom that freely prepares itself for a necessary and pre-established outcome. […] Fate is therefore the synthetic combination of the absolute consciousness of freedom with that of necessity. In fate, freedom is not an illusion – it is total, but powerless.« (Sartre 1992: 338-339) This passage shows that there is deeply political dimension in the relation between generations. More precisely, Sartre gives us the conceptual tools to politicise this relation, and understand how our destiny can actually be traced back to the praxis of previous generations.
6.
Depending on future generations
We can also look at the problem from the opposite perspective: current generations also depend on future generations to take up, continue or realise the projects they have started. Many historical projects (the process of democratisation, the realisation of socialism) transcend the lifespan of the individual. They require a peculiar kind of collaboration between generations. Sartre is keenly aware of this, as appears in his conversations with some of the leaders of the May 68 generation: »you fight for something which will be carried out by others« (Gavi/Sartre/Victor 1974: 189, translation by author). In his last major book, »The Family Idiot«, Sartre asks the following question: »what about enterprises that can be conceived only with the prospect of an indefinite or poorly defined progress, in any case such that they have meaning only if they continue after the death of the present agents?« (Sartre 1993: 405) Sartre’s aim is to conceptualise the »dialectic of same and other« (ibid.) that is at play in such a case: how the next generation deflects or transforms an ongoing process, as a result of which the original project can become almost unrecognizable. Through the praxes of coming generations, current projects can and will be alienated, turned into different directions, or even be simply overcome in favour of something entirely different.
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There is a dimension of tragedy involved. Sartre’s analysis of the history of the Soviet Union is very significant in this context (especially its philosophical aspects – whatever one might think of its political or empirical merits or demerits). He underscores that the project to build socialism in Russia is a longterm project that stretches across a number of generations. In this sense, it seems important for the generation of Stalin to transform the social and economic structures of the country in such a way that they will bring forth new generations which have the capacity and intention to bring the project further. However, Sartre shows that this attempt produces unintended results. In the Soviet Union, after the victory of Stalin over his opponents, everything was sacrificed to the rapid development of the productive forces (see Sartre 2006: 116). The project to speedily industrialize the country, Sartre argues, constituted »an undertaking stretching over several generations« (Sartre 2006: 116). He shows how in this context, decisions were made in view of the short-term development of productive forces that created the conditions for new generations to emerge which were such that they threatened to deviate the historical process away from socialism. To stimulate production, wage differentials were introduced, for example. This policy created the context within which a new generation came to adulthood. This generation interiorized these wage differentials in a way that risked to lead them astray from egalitarian socialist goals (see Sartre 2006: 129). This example shows how difficult it is for current generations to safeguard their legacy. However, as will be discussed in the next section, ruling classes or political dictators nevertheless often try to control future generations: they intervene in the conditions under which future generations will emerge in such a way as to maintain a project or a structure of domination over time.
7.
Controlling future generations: Malthusianism and Stalinism
It is because current generations depend on future ones for the realisation of long-term projects, that mechanisms through which the latter’s freedom is dominated become significant. Sartre is generally very interested in what future generations do with the legacy they receive. This is particularly the case in texts where he discusses the desire for immortality he observes in authors such as Flaubert (see Sartre 1993: 406). However, such an impact beyond death is also at stake in large-scale historical undertakings such as the realization of democracy or socialism. In a number of instances, he discusses how cur-
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rent generations try to actively shape the contours of the future generations, or better, the conditions within which the latter will have to produce themselves, in order to control them in specific ways. Sartre discusses two macropolitical projects which thus aim to control future generations, namely French Malthusianism and Stalinism. Malthusianism is a kind of political and economic strategy to impact future generations, or more in particular, future class formations. Whereas each praxis has an impact on the practico-inert, and thereby on future generations, Malthusianism is analysed by Sartre as a more active and intentional intervention in the processes through which future generations and their class composition emerge. It refers to a set of policies by the French bourgeoisie which aim at limiting the future growth of the urban working class, and at keeping the inhabitants of France in the countryside (see Sartre: 1968a). It includes measures to limit innovation and productivity growth, to slow down urbanization and spread anti-urban ideas, limit birth rates especially among working classes, limit competition and establish a strong monopoly sector, and set up price arrangements to make sure small enterprises do not go bust. Through these measures, the economy is kept in a state of latent crisis. As a result of a lack of investment and innovation, the working class is kept in a state of underdevelopment. Sartre sees this as a more or less deliberate project, inspired by the French bourgeoisie’s fear of future generations of workers increasing in number and willing to take revenge for the violence the bourgeoisie has inflicted on past generations of workers (a violence which was more intense than in other countries, Sartre claims). Sartre considers this as a defensive equivalent of fascism: it is not a strategy of domination through direct violence or the imposition of ideology, but through interventions in the formation of future classes. This »depressive ultraconservatism« is described in terms of a specific temporality, characterized by »two contradictory characteristics: repetition and involution« (Sartre 1968a: 182). It implies that »a future is being made for us which is an exact duplicate of our past« (Sartre 1968a: 183), as a result of which new generations live a condition similar to that of their parents, whereas in other countries, so Sartre claims, their lot significantly changes and improves over time. Interestingly, Sartre describes Malthusianism as a kind of negative or problematic ethics of intergenerational relations: it is a praxis that is inspired by a fear of the class composition and numerical expansion of future generations of workers. This strange ethics also manifests itself in ›Malthusian‹ practices that are adopted within the working class itself. In several texts, Sartre
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discusses female workersʼ »Malthusian« decisions to take an abortion, on the grounds that they do not have the means to look after their offspring. This practice »bears witness […] to a sort of lassitude, to despair and resentment. Social duties no longer exist towards either comrades or future generations: this genocide is a rejection of the future whatever it may be, a total distrust.« (Sartre 1968a: 269) This, too, is an act of anxiety in relation to future generations, attempting to control them (by making sure they are not too many, or are not born at all). Stalinism represents a much more far-reaching attempt to control temporality and take away future generationsʼ capacity for free temporalisation. In the Stalinist Soviet Union, Sartre writes, the state pursues a »tight, rigorous unity« (Sartre 2006: 273). In temporal terms, this means there is only one praxis, aimed at one objective, and therefore only one temporalisation: all other potential praxes which do not fit within the overarching project of rapid industrialisation are violently repressed. There is a »unity of Stalinism«, Sartre argues, which is »temporal«, and this specific temporality is characterised by a fundamental synchronisation. This synchronisation, which is forcefully imposed on society and its different generations, is of a twofold kind. On the one hand, the elements composing the social whole are not allowed to develop their own temporality, but are (forcefully) synchronised within an overarching collective praxis. On the other hand, however, an even more profound synchronism is at play in the Soviet Union. The whole period under Stalin is synchronised: it is compressed as if it consisted of one single act. The whole process from the start of the collectivisation until Stalin’s death appears like one praxis, that needs to be understood in terms of its original circumstances and the goal that is pursued (industrial planification). The multiplicity of temporalisations which is characteristic of History cannot have its place here. All activities are coercively made into moments of one single act. As a result, »the past […] adhered to the present without any gap« (Sartre 2006: 274). There was never a gap in time, it was impossible for this society to take a distance from its own near past, determine this past anew and rethink its project. Sartre suggests this is related to the very form of this society, where all individuals are atomised in relation to the single party. Under Stalinism, the possibility of a rupture between generations is actively suppressed. In a certain way, the past is kept present by making it impossible for new generations to take a distance from it. New generations are coerced to continue the praxis initiated by the previous one. Stalinism thus tries to do the impossible: to produce History as a continuity without genera-
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tional ruptures. Even though this attempt is bound to fail, as Sartre shows, it nevertheless has a damaging effect. This particular attempt to dominate the succession of generations is key to understanding the nature of what Sartre calls »directorial societies« (avoiding the term ›totalitarianism‹). The importance of this analysis is that it shows there is a link between the democratic quality of a society on the one hand, and the nature of the temporal relations between generations on the other. A society must be free (i.e., allow for individuals to group themselves and engage in free praxes, including political activities) in order to allow for new generations to take up their heritage in new ways, to deal with unintended consequences and deviations of the praxis of previous generations. What Sartre calls the »generational rift« is essential in this context, and it seems to be one of Stalinism’s key characteristics that it aims to control and suppress this rift. This is problematic in the sense that such a rift makes it possible for new generations to rectify and alter the legacy of previous generations. It »creates the necessary perspective for new sovereigns« (i.e., new praxes) (Sartre 2006: 226). Such rifts, even though minimal, provide »the tiny distance« which allows the new generations »to assess the slippages and drift of the former praxis«. This sheds a very specific light on Sartre’s plea for democratization in the Soviet Union: beyond institutional changes and the rupture of the monopoly of power, such democratization requires the creation of a space for new generations to freely transcend the conditions they inherit. There is no democracy without the possibility of such generational rifts.
References Benjamin, Walter (2007): »Theses on the Philosophy of History«, in: Hannah Arendt (ed.), Illuminations, New York: Schocken Books, pp. 253-264. Bensaïd, Daniel (1990): Walter Benjamin. Sentinelle messianique, Paris: Plon. Bensaïd, Daniel (1995): La Discordance des Temps. Essais sur les Crises, les Classes, l’Histoire, Paris: Les Editions de la Passion. Bensaïd, Daniel (1997): Le Pari Mélancolique. Métamorphoses de la Politique, Politiques des Métamorphoses, Paris: Fayard. Bergson, Henri (2007): L’Évolution Créatrice, Paris: PUF. Bloch, Ernst (1991): Heritage of Our Times, Berkeley: University of California Press.
No Democracy Without Generational Rifts
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1.
Introduction1
Climate activist Greta Thunberg famously claimed: »I don’t want you to be hopeful.«2 Even those who disagree with her sceptical statements on hope should recognize that they have the welcome effect of putting two standard attitudes towards hope into question. First, hope is often thoughtlessly taken to be good. And, second, hope is often not taken particularly seriously. Rather, appeals to hope are often understood to amount to nothing more than a bit of hot air for ending public speeches on a positive note. Thunberg’s claims helpfully put two questions up for debate: first, whether hope really is good and, second, whether we are right to treat it as a side issue. It is indeed unclear whether hope should be welcomed. On the one hand, responding to climate change is such a daunting task that the consequent danger of paralysis and loss of heart seems to justify calls for hope. On the other hand, inculcating hope might distract from facing the tough facts which require action rather than lulling visions of a bright future – in particular, if these lulling visions are spread by those with an interest in the status quo. Also, indiscriminate calls for hope open the doors for false hopes – hopes which are not warranted given honest predictions about future developments. This article supports Thunberg in viewing the question of hope as worthy of serious attention but disagrees with her scepticism about hope. Rather, it defends hope in the domain of climate change from a moral perspective as justifiable, good, and possibly even obligatory. The claim of this article can be made slightly more precise. The question is not primarily whether we should hope but primarily whether we should cul-
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This text is a slightly adapted version of Roser (2019). https://www.fridaysforfuture.org/greta-speeches (last accessed 28 October 2019).
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tivate hope. The focus lies on cultivation for two reasons. First, we have only limited direct control over our hope (see Nunn 2005: 74). We can more easily cultivate – i.e. indirectly kindle – hope. Such cultivation can for example be achieved by actively searching for vivid evidence which speaks for the feasibility of the hoped for outcome or by setting our desires on fire by deliberately directing mental attention to the attractive features of the hoped for outcome. Also, we can cultivate hope by setting the ambitiousness of our goals such that they lend themselves to the cultivation of hope. In fact, the debate about setting the aspiration for climate policy at either 1.5°C or 2°C can be helpfully interpreted in this light. Given that the probability of achieving either of these goals is very low with current political will, the question lurking in the background of these debates might well be whether a target that scores somewhat higher on realism (2°) or desirability (1.5°) constitutes a better object for hope. The second reason for focusing on whether we should cultivate hope – rather than on the question whether we should have hope – is that this makes space for the insight that promoting hope is usually not a private activity. Cultivating hope can be done both in ourselves as well as in others and we often do depend on others to let their hope spill over to ourselves. The article is structured as follows.3 I start by analyzing the concept of hope (section 2) and then ask whether it is justifiable to hope in the case of climate change (section 3) and, if so, whether it is not only justifiable but good to do so (section 4). Finally, I discuss the importance of examining who cultivates hope in whom (section 5).
2.
What is Hope?
It is not easy to capture the nature of hope. This is evidenced by the wide variety of mutually inconsistent definitions offered in the literature. The purpose of this section is to propose a definition on which the other sections can build. This requires a purely descriptive concept of hope which does not already have a positive or negative evaluation built in. It also requires a concept of hope according to which hope has an object. This is in contrast to a concept of »fundamental«, »radical« or »absolute« hope which does not require a specific object for hope to latch on to; and it is also in contrast with a concept
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This structure in many ways follows the lead of McKinnon (2005).
The Case for Climate Hope
which rather captures an underlying character trait or attitude of hopefulness (see Blöser/Stahl 2017: section 3). In our case the object of hope will be the achievement of the 1.5°C goal. I suggest to understand hope for an object X (such as the 1.5°C goal) to consist of (1.) the desire for X (2.) the belief that X is possible but not certain (3.) a certain mental emphasis on X and on the associated desire and belief Let me add some further specifications and comments regarding each of these elements. First, on the desire element. Michael Milona (2019: 714-716) convincingly argues that the belief that X is possible but not certain must be among the desire’s cognitive base, i.e. it must (directly causally) influence the desire. This prevents us, for example, from counting a despairing person as hopeful – which would be implausible if hope and despair are taken to be opposites – in case the despairing person also simultaneously exhibits a desire for X and believes X to be possible. Second, on the belief element. It is important to be ecumenical with respect to what possibility requires. For one, it would go strongly against natural language use to restrict hope to cases where we consider ourselves either to be able or unable to assign a probability to X. For another, even if the probability involved in hoping is low in paradigmatic cases of hoping, it would strongly go against natural language use as well if we restricted hope to cases where the probability is low or even just restricted it to cases where the probability is below 50 %: it is enough that the lack of certainty of X shapes the hoper’s desire for X. A debate might be had about the proper notion of possibility at stake (see, e.g., McKinnon 2005: 238). However, it does not seem necessary to determine the relevant notion of possibility at stake since we are concerned here with the hoper’s belief that X is possible and, thus, we should rely on the hoper’s own – and possibly confused – notion of possibility. A further debate can be had about whether mere possibility is too weak and whether instead hope requires believing X to have probability above some minimal threshold (see, e.g., Bovens 1999: fn. 4). However, such a debate is usually practically irrelevant for the specific purpose of morally evaluating hopes. This is the case because too low a probability of X speaks against cultivating the associated hope
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anyway, regardless of whether it should technically count as a hope or not (see section 4). Third, on the mental emphasis. This is a condition which is hard to characterize. Taking my cues in particular from Luc Bovens (1999) and Adrienne Martin (2013), but remaining more non-committal than they are, I characterize hope as including a combination of at least some of the following characteristics. The hoper is involved: she fuels emotions, thoughts, and plans which revolve around the desire, the belief, and X itself, in particular its desired features. There is a certain vividness to the mental representation of the hoped for X: the Oxford English Dictionary characterizes hoping as entertaining the expectation of something desired and Bovens speaks of mental imaging and points out how we metaphorically use the expression of dreaming for referring to hoping (see Bovens 1999: 674). The hoper affirms the hoped for X – and the desire for X – as significant. And the emphasis is often more stable than the changing strengths of fleeting desires and beliefs (see Pettit 2004: 158). The right combination of such characteristics – which I capture by way of the label »mental emphasis« – is necessary for hope. Note that some, like Milona (2019: section 5) might claim that such mental emphasis is only necessary for – what could be called – deep or substantial hopes. In contrast ordinary or prosaic hopes do not require such emphasis. This could be granted as a matter of terminology. But it would also require changing the question of this article (and of many discussions) into whether we should cultivate »deep« hopes. The mental emphasis aspect is also helpful for separating hope and fear. While hope and fear are in many ways compatible, it is characteristic of hope that the mental emphasis lies on the possibility of a positive outcome. Given my endorsement of three definitional elements of hope – desire, belief, and emphasis – it is also worth pointing out four elements which I believe not to be necessary for hope. First, hope does not require optimism in the sense of a belief that X is at least likely to come about as not. In fact, pessimism and hope are perfectly compatible (see McKinnon 2005: 240). After all, I can believe X to have a low probability (condition 2.) but can still desire X (condition 1.) and psychologically rally around X (condition 3.). Of course, the difficulty of simultaneously believing X to have a low probability but still desiring it and focusing on it makes it understandable that good hoping is something of an art. Given that we do not always master this art, it is also no surprise that hope is often associated with wishful thinking. In wishful thinking we allow our desires to influence our beliefs. Taken literally, Barack Obama’s association of the »audacity to hope« with the »the audacity to believe
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despite all the evidence to the contrary« (Obama 2006: 356) seems to indicate that he considers believing in disproportion to the evidence to be a feature of hope. However – and this is the second point – it would go strongly against natural language use to require hope to come with wishful thinking. Also, given that wishful thinking is usually epistemically unjustifiable, it would put the justifiability of hope forcefully into question from the outset – which is implausible. A third requirement which I resist is weaker than the second: some – like Philip Pettit (2004) – consider it distinctive of hope for X to act as if X were more probable than the evidence suggests. This is weaker than the second requirement because it does not require us to believe »as if« but only to act »as if«. However, this would put the justifiability of hope into question from the outset as well. Also, many actions that might superficially look like acting »as if« (e.g. making plans for the time after recovery from a terminal cancer diagnosis) are not so upon closer inspection (if, for example, there is nothing to lose from making the plans, even an extremely slight chance of recovery makes it reasonable to engage in such planning). A fourth element of hope which is often proposed is even weaker than the third: a conceptual connection – of some sort – between hope on the one side and action or motivation on the other (see, e.g., Moellendorf 2006: 420; Lybbert/Wydick 2018: section 2; McKinnon 2005: 237). This is particularly clear in the most prominent definitions of hope in psychology. According to Charles Snyder et al. (1991: 570), hope consists of a sense of successful agency – successful determination of meeting goals – and the perceived availability of successful pathways – a sense of being able to generate successful plans to meet goals. However, some have explicitly warned against overemphasizing agency as a necessary element of hope (see, e.g., Miceli/Castelfranchi 2010: 257) and many have not seen it as an element altogether. This strong emphasis on agency in some definitions is also puzzling because it clearly goes against natural language use which allows for hope for objects over which we have no control (see Martin 2013: 86; McGeer 2004: 103). Also, a conceptual link between hope and action not only complicates the investigation of the empirical link between the two but it also complicates moral criticism. Such moral criticism is apt when some people’s cultivation of hope for X reveals that they consider X supremely important while their actions reveal that they are not willing to do their fair share towards the achievement of X. (Note that this practical contradiction – which we observe when political leaders celebrate hope for X but refrain from taking any steps to achieve X – might be the most prominent explanation for the disdain with which hope messages are often met in public.
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I do not, however, make this contradiction a central theme of this paper for the following reason: just like the resolution for hypocrisy does not lie in lowering one’s publicly professed moral standards so that they match one’s behaviour, the resolution in this case lies not in toning down the calls for hope but rather in increasing one’s efforts to achieve the hoped for object.) My denial of a necessary link between hope and agency is of course not meant to deny that, trivially, the reason for a hoper’s belief in the possibility of X often consists precisely in seeing a pathway to achieve it and that, trivially, a hoper’s desire for X often leads to steps towards X.
3.
Is Hope Justifiable?
Given the three elements of hope which I do endorse – belief, desire, emphasis – this section asks for each of these elements whether they are justifiable in the specific case of the 1.5°C goal. The question in this section is only whether there is anything that would make it positively wrong to cultivate hope to limit temperature increase to this level. If this is not the case, i.e. if the hopes are justifiable,4 this makes room for the follow-up question to be discussed in the next section: whether the advantages of hoping outweigh its disadvantages. The first element to look at is the belief that X is possible but not certain. Is this belief justifiable in the case of the 1.5°C goal? Two answers are straightforward. First, it is definitely not certain that we will keep temperature increase below 1.5°C – to the contrary, we are on track to miss this goal (see UNEP 2018). Second, in any of the relevant senses of possibility – such as logical, physical, or metaphysical possibility – achieving the goal is of course still possible. We would not have to violate the laws of logic or the laws of physics to do so. For example, a technological breakthrough is logically possible, a radical change of heart in humanity is physically possible, or unexpected large-scale but positive changes in the atmosphere are metaphysically possible. The belief in the possibility is thus justified. There is, however, a related question, which is more interesting: is it »politically possible« to achieve the 1.5°C goal? This is not a question about pos-
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More precisely, the question is whether hope is prima facie justifiable. In principle, as long as our moral views allow for at least some consequentialism the benefits of hope which I discuss in the next section could make even prima facie unjustifiable hope all things considered justifiable (and vice versa).
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sibility in the strict sense of the word but rather a question about the probability of achieving it given facts about human motivation, about the effort it takes to overcome challenges of global coordination etc. Even if the answer to this question – i.e. the question about the probability being high or low – has no relevance for vindicating the belief in the mere possibility of achieving the 1.5°C goal, it is valuable to give this question some space anyway on account of its relevance later on: the advantages and disadvantages of hoping (see section 4) are often sensitive to the probability of fulfilling the hope. If we want to know how probable5 it is to keep temperature increase below 1.5°, we would need methods for arriving at such probability judgements. Finding reliable methods seems hard. But rather than succumbing to wholesale agnosticism, we should make use of whatever methods we can, even if they are highly imperfect. There are at least four such methods available. One is the extrapolation of past experience and trends.6 This method can be refined by manually correcting the crude extrapolation for new developments and insights regarding the central determinants for success in achieving the 1.5°C goal. A second method consists in reliance on models. This includes, on one end of the spectrum, detailed bottom-up assessments and, on the other end, general top-down assessments, including back-of-the-envelope calculations. A third method takes gut feeling – which manifests itself for example in mainstream views – regarding the probability of X as the starting point and then estimates the direction and magnitude of the distortion that affects the formation of such intuitive assessments. Distortions of common sense views come about both due to psychological biases (say, a bias towards apocalyptic scenarios) and due to socially induced biases (say, a bias towards optimism due to business lobbies pushing certain scenarios in the public debate). A fourth method consists in directly deriving beliefs about future trends from fundamental beliefs about the workings of human nature and the universe in general, such as an underlying confidence in – or theory-based prediction of 5
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Probability is here understood in the epistemic sense in which the probability of X is the degree of support given by the evidence for the hypothesis that X obtains. Note that probability must not necessarily be understood to involve precise numbers (which would make it difficult to ascribe a probability to achieving the 1.5°C goal since it is hard to have exact evidence about political will) but could also be characterized in qualitative terms. This, however, raises the deep question of how far back to go in human history. On the one end of the spectrum, one could take all of history, but on the other end one could just rely on the years since the Paris Agreement.
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– human progress (see, e.g., Moellendorf 2017) or a religious view of humanity’s own powers being insufficient for genuinely and sustainably affecting the big picture. To the extent that it is helpful to have a shared sense of the probability of achieving the 1.5°C goal (for example because the difficulty of pinning down this probability is often exploited for the sake of strategically spreading politically helpful claims about (in)feasibility), one could imagine creating pressure on opinion-leaders and decision-makers to be more explicit about their own probability assessments. One way of doing so would be to ask them to bet money on the probability of success in achieving a variable by 2030 which serves as a proxy for the 1.5°C goal.7 We now turn from the question whether the belief in the possibility of achieving the 1.5°C goal is justifiable to the question whether the desire for it and the emphasis on it are justifiable. I discuss desire and emphasis jointly because the same considerations are relevant for both cases. In order for hope to be justifiable, the object must be worthy of being desired and worthy of being given the mental emphasis which is characteristic of hope. Succeeding in achieving the 1.5°C goal is preferable to failure and thus this condition seems trivially fulfilled. However, in some cases second thoughts are in order. Strictly speaking, achieving the 1.5°C goal only amounts to a reduction of injustice and rights violations. Given the suffering, displacement, and deaths that are caused by climate change already now, rights violations on a large scale would be even more widespread with further temperature increases. Furthermore, limiting temperature increase to 1.5°C would in many cases merely mean nothing more than fulfilling rights. Fulfilled rights, however, are the minimum we owe each other. Fulfilling rights amounts to nothing more than avoiding wrongs. The positives only come into view once we go beyond the fulfilment of rights. These observations bring up the question whether hopes can really latch onto the mere reduction or absence of wrong? Must hopes not have a more attractive object, such as the flourishing of individuals and communities over and above the realization of rights? On one occasion, Martin Luther King (1963) illustrated the drive behind his struggle for justice by way of the difficulties of explaining to his little daughter that she cannot visit an amusement park called Funtown. The choice of illustrating racial discrimination with reference to the entry policies of an amusement park (rather than a more basic need) is a moving revelation of how even in the 7
Personally, I would characterize the probability of achieving the 1.5°C goal as extremely low but not zero. I might, for example, accept a betting ratio of, say, 1:75.
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fight for our rights our hopes need to latch on to more than the mere absence of rights violations. They need to take into focus the goods that are open to us once rights are fulfilled. It is, for example, telling how the Rio+20 document which launched the process of developing the Sustainable Development Goals (SDGs) does not speak of an »acceptable« future or a future which is »less bad than the status quo« but rather of the »Future We Want« (emphasis mine). This presumably goes beyond the »mere« fulfilment of rights. The same point is also visible in the fact that the preamble of the Agenda 2030 (which includes the SDGs) is more liberal than the SDGs by including grand aims such as humans enjoying prosperity and being able to fulfil their potential. A further perspective from which to kindle skepticism about the sufficiency of the 1.5°C goal as a proper object of hope is this, at least for those who lose out even if the goal is achieved: one might claim that a duty of self-respect precludes desiring and giving mental space to an outcome which comes with humiliating violations of one’s own dignity merely because this outcome is less bad than the status quo. All of these various considerations raise the question: is the hope to achieve the 1.5°C goal unjustifiable because we need to desire and emphasize a worthier goal than a mere reduction of wrongs? In response, there are at least two ways to justify hope. First, it could be said that, strictly speaking, one hopes to achieve the 1.5°C goal as a first step rather than hoping to achieve 1.5°C as a goal in itself ; this first step is considered to be part of a larger transition towards a truly sustainable, just, and flourishing planet. Second, it could be said that, strictly speaking, one does not hope to achieve the state of affairs of the 1.5°C goal being achieved but rather the change from the status quo to the lesser evil. The change itself is undoubtedly positive, and thus less controversially an object worthy of being desired and receiving mental emphasis. Therefore, there are at least two philosophical manoeuvers available for justifying the desire for and the emphasis on the imperfect 1.5°C goal. While these manoeuvers technically work, they admittedly seem to leave the substance of the abovementioned worries lingering in the background. The upshot of this section is that it is justifiable to hope to achieve the 1.5°C goal. We are not thereby flouting any epistemic or moral duties. However, this is only a minimal result. It leaves open the more substantial question whether it is not only acceptable to hope to achieve the 1.5°C goal but whether it is good to do so.
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4.
Is Hope Good?
This section asks whether hoping to achieve the 1.5°C goal passes a (moral) cost-benefit analysis. Do the benefits of hoping outweigh the burdens of doing so? I will first discuss three disadvantages of hoping and then two advantages. I conclude that the balance speaks for cultivating hope. Note that some of these disadvantages come in the form of dangers which only materialize in case we don’t practice the art of hoping well. The Temptation for Wishful Thinking. The first disadvantage of hoping is that it can seduce us into wishful thinking (see, e.g., Milona 2019: 726; Bovens 1999: 679). Vividly imagining the positive outcome and desiring it strongly can make it painful to keep up the belief in the low probability of its coming about. This temptation might be especially large in case the probability of achieving the hoped for object is very low. If this is true, then the evaluation of hope is sensitive to the probability of the hoped for object coming about: the lower the probability, the larger the risk of wishful thinking. There are two problems with wishful thinking. First, it is untruthful. This of course speaks against it. But, second and more importantly, basing policy choice on unjustified beliefs leads to unjustified practical conclusions. This is not just an abstract worry. Rather, there is extensive real-world relevance to it. The scale of expected future failure has implications for the optimal course of action to be taken in the here and now. Since many apply a rights-based approach to climate change and since a rights-based approach is often taken to eschew trade-offs, this relevance is not always obvious. The aversion to tradeoffs in rights-based views often manifests itself in conceptions of rights as trumps, in the slogan to »leave no one behind«, or in the affirmation of the indivisibility of human rights. According to such views, any unfulfilled right is an immediate call to action instead of first requiring an examination whether the means to fulfil this right could be used so as to fulfil other – more numerous or more important – rights. Thus, in my view, even a rights-based approach to climate change should engage in prioritization when it comes to trade-offs between unfulfilled rights. Resistance to trade-offs is only appropriate when it comes to trade-offs between fulfilling rights on the one hand and creating benefits that go beyond the fulfilment of rights on the other hand. If political will is insufficient for fulfilling all rights, policies resulting in minor rights going unfulfilled for few people (say, rights to do with minor aspects of political participation in developed countries) should be chosen ahead of policies resulting in major rights going unfulfilled for many people (say, access to safe
The Case for Climate Hope
drinking water in developing countries). If the international community, and in particular the developed nations, do not provide the necessary means for fulfilling all rights, then they should at least accept the hard task of minimizing the shortfall of unfulfilled rights. This involves deliberately letting some rights go unfulfilled in order to fulfill other – more numerous or more important – rights. And since such trade-offs are hard, it is crucial that they are based on a sober assessment of the most likely extent of failure rather than on wishful thinking. Refusing to face the looming failure head-on can thoroughly distort our practical conclusions. Looming Disappointment. In the most common cases of hoping, there is a less than equal chance of the objects of our hopes coming about. Thus, more often than not, our hopes will be frustrated. This commonness of disappointment is a disadvantage of hope (see Sleats 2013; Bovens 1999: 670). However, it is important to get the precise nature of the disappointment right. In the case of a reasonable hoper – who eschews »blind hope« and is fully aware of the probability of the hoped for object coming about – there is no surprise when failing to get the hoped for object. Still, there is disappointment in another sense: the hoped for goal has been given mental emphasis and has been vividly imagined. The subsequent contrast with bitter reality is not an uplifting experience and speaks against hoping. Note that this disadvantage of hope is again sensitive to the probability of X coming about: the lower the probability of X, the larger the probability of this kind of disappointment. Thus, again, hopes with a lower probability have less speaking in their favour. (Or, more precisely: they have less speaking in their favour when we keep everything else constant. Often hopes have a low probability precisely because they latch on to a very attractive object, and the attractiveness of the object tips the balance back in favour of the hope). The problem of disappointment is somewhat reduced for objects in the distant future. For one, some of the people who hope for achieving the 1.5°C goal will not be around to experience the disappointment in definitely knowing about the failure. For another, the long time frames give us an opportunity to adjust our hopes in case current trends make the achievement of the goal too unlikely. Distraction. Hope takes up mental space – according to my view, this is so even by definition. This mental space is not available for other things. First, insofar as the mental energy used for hoping primarily consists in dwelling on the beautiful prospect of X coming about in the future, the focus is not available for planning and working towards X. Hope functions as an opium
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which lulls us into dreaming. This point is sufficiently important that it will be discussed as a separate point in the next subsection on hope affecting the probability of success. Second, the mental emphasis on the specific goal X is not available for other goals (see McKinnon 2005: 242). This is especially so for objects of hope which have a very low probability of materializing: The effort needed to keep up the mental emphasis on achieving this object despite its very low probability drains us of energy needed for other tasks in life. More generally, the less likely a hoped for outcome will materialize the more difficult it might be to keep up rallying our mental life around this prospect. While this aspect is underappreciated in the literature on hope, it is slightly less relevant for the specific hope to achieve the 1.5°C goal. The reason is that this goal constitutes one of the core aims of our generation – and thus hardly a distraction from even more important objectives. The worry would be more relevant in cases where we invest all our hopes into pet projects of minor importance. Some might of course disagree and see the calling of our generation – from which the 1.5°C goal might distract – in fundamentally different terms, e.g. in purely spiritual terms or in terms of a political responsibility for the liberating the human condition from suffering far beyond the »short-term« goal of solving climate change over the next couple of decades. Third, the mental emphasis on X which is characteristic of hoping is not available for other important attitudes towards X (see also Stockdale 2017). A particularly important example is the attitude of anger on the part of some, and a sense of guilt on the part of others. If the probability of achieving the 1.5°C goal is very low, it is fitting that those who are blameworthy for this expected failure have a sense of guilt and that the victims exhibit righteous anger. To the extent that such attitudes are difficult to maintain while simultaneously rallying our hopes, hoping comes with a disadvantage. Anger makes hoping particularly difficult since it divides people while hope can be especially well cultivated when joining hands. Note, again, that this disadvantage of hoping is sensitive to the probability of the hoped for object: Ceteris paribus, the lower the probability of achieving X, the greater the moral failure – and the greater the corresponding fittingness of anger. In the case of climate change, it can be argued that the failure – of, roughly speaking, in particular the rich – in refraining from increasing the probability of success is clear and strong (see, e.g., Roser/Seidel 2017: ch. 21). Affecting the Probability of Success. The previous three subsections discussed disadvantages of hoping. In this and the following subsection we now turn
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to two advantages of hoping. In this subsection, I discuss the instrumental value of hope for increasing the probability of achieving the hoped for outcome. John Stuart Mill, for example, claimed that a hopeful disposition gives a spur to the faculties and keeps all the active energies in good working order (see Mill 1870: 104). Related claims can be found throughout the philosophical literature (see, e.g., McKinnon 2014: 45; Bovens 1999: 670-73; Fiala 2010: 64), including in John Rawls (McKean 2017: 1182) and Immanuel Kant (Blöser/Stahl 2017: section 2.4). Lisa Kretz (2013) citing Michelle Lueck (2007) even associates hopefulness with a self-fulfilling prophecy. Hope cannot only be expected to add to personal motivation but, as Pettit (2004: 163ff.) lays out, it could also be a catalyst for overcoming collective action problems (of which climate change is a paradigmatic example). Achieving collective action could be much aided by the various parties being assured of each other’s contribution and this in turn could profit much from the shared mental emphasis on the common goal and the desire that comes with hope. Signing ceremonies can be seen as a joint rallying of mental energy around the common goal. However, is hope always energizing? There is a common worry that hope might function as a pacifier for the desperate and provide distraction – or, via wishful thinking, even complacency – among those in charge. Dwelling on the imagined achievement instead of working towards it, hinders rather than spurs action. In other words, the opposite claims seems just as familiar. Barbara Nunn (2005) mentions that even the famous case of Nazi death camp prisoners claiming to have survived only because of hope is counterbalanced by others claiming to have survived precisely because they did not have hope. And this worry about hope as distracting from action seems particularly familiar in the case of overwhelming challenges such as the 1.5°C goal. Who is right? Is hope, on balance, of instrumental value or disvalue to successfully taking action which achieves the hoped for object? Armchair reasoning can spin both answers as plausible even though I would submit that common sense does to some extent favour the position that hope is conducive to success. However, ideally, this is not a question for armchair reasoning but rather a question for empirical research. Alas, it is not straightforward to draw clear conclusions from empirical research on hope since a lot of research focuses on concepts of hope which are at best related to the concept used in this article (and, I would add, at best related to the ordinary language concept of hope). Apart from being defined differently, another obstacle for drawing lessons from the empirical research is that the orientation towards practical steps is often already built into the definition of hope. Still, I present a num-
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ber of results in the expectation that the clues contained therein are better than no evidence at all. Foremost psychologist of hope Charles Richard Snyder (2002) shows that higher hope (defined as the perceived capability to derive pathways to desired goals, and motivate oneself via agency thinking to use those pathways) is consistently related to better outcomes in academics, athletics, physical health, psychological adjustment, and psychotherapy. Snyder et al. (2018: 35-36) add interest in making contact with other people, social desirability, and social competence to the list of outcomes. Gabriele Oettingen and Malin Chromik (2018) work with a definition of hope closer to the present one in which hope consists in positive fantasies about the future despite having low expectations about reaching the desired future. They find that such positive fantasies correlate with less effort and success. According to Sevincer et al. (2013) this holds not only at the personal level but the negative correlation is also present between positive thinking about the future in news articles on the one hand and subsequent economic developments on the other hand. However, according to Oettingen and Chromik (2018) the opposite result, i.e. a positive correlation with effort and performance, is found when people mentally contrast their desired future with the present reality which stands in the way of fulfilling the desired future. Development Economics has also started paying attention to positive instrumental benefits of hope (see, e.g., Banerjee/Duflo 2011 and Lybbert/Wydick 2018, with the latter interestingly also determining an optimal level of aspiration). Maria Ojala (2012), Kathryn Stevenson and Nils Peterson (2015), Janet Swim and Brittany Bloodhart (2015), and Nicholas Smith and Anthony Leiserowitz (2014) find a positive relationship between hope and different types of pro-environmental behaviour (unless the hope is based on a denial of the environmental problem’s existence). Natthew Hornsey and Kelly Fielding (2016)‹s research provides grounds for skepticism about hope’s efficacy, though it does not find a negative effect. Jennifer Marlon and her coauthors (2019) claim that most – but not all – studies which have examined the effects of hope about climate change on behavioral intentions find positive relationships. Their own study reflects this by showing how only certain forms of hope (and doubt) are conducive to action. These somewhat diverging results as well as the diverging understandings of the concept of hope make an uncontroversial conclusion difficult. Still, if one were forced to take a position amidst this uncertainty and if one takes only the current level of scientific evidence as well as armchair intuition into account, the hypothesis that hope is an energizer rather than a pacifier does
The Case for Climate Hope
seem more plausible. Note also that a more finegrained understanding of the beneficial and harmful effects of hope for motivating (individual and collective) action could not only lead to an endorsement of hope in general. It could also lead to an endorsement of a certain type of hope – characterized, for example, by the level of ambition – with the aim of maximizing its positive effects. Hedonic benefits of hoping. Let us now turn to a second advantage of hoping. Hoping is nice. It provides solace and elates the spirit. It seems to me that such hedonic benefits which arise as a result of hoping constitute a large part of its positive value. Bovens (1999: 675) is among the most straightforward on this point when he points out the pleasures of anticipation involved in hope and finds these especially important in times of hardship. John Nolt (2010: 167) looks at the flipside: »Hopelessness or dearth of hope is a form of suffering—namely despair. Thus, since (I assume) we have a moral duty to prevent and relieve suffering, we have a moral duty to uphold hope—or, equivalently, to avoid despair.« His concern with avoiding suffering is blunt enough to make it necessary for him to discuss whether pharmacological means could not achieve the same goal as hope (see Nolt 2010: 169). Such bluntness seems appropriate. The hedonic benefits of hoping may sometimes be too obvious to be given their due attention. But if we even value how literary fiction allows us to fantasize about nice but imaginary states of affairs, we should surely also value how hope allows us to fantasize about nice but genuinely possible states of affairs. And this is particularly so when the state of affairs in question is not merely a romantic happy end for two protagonists of a light novel but – as in the case of the climate change – a life of opportunity and flourishing for millions of people who would otherwise be exposed to suffering, displacement, and death. Note also how humans make a big deal out of recalling past glories through memorial celebrations and objects. Such indulging in past moments of, say, liberation is a blissful activity. In that respect, hoping for future good events is the analogue of commemorating past good events (see also Bloch 1986: 12). Mental space on the possibility of good outcomes must not always lead to merely superficial happiness. It can also provide a deeper sense of meaning to see the course of historical events leading upwards, to see one’s own personal actions embedded therein, and to see the fruits of one’s present efforts coming to fruition in the future. And hope means to concentrate on this interpretation of reality. Still, even if the joy in hoping can amount to something deeper than a mere »feel-good emotion« (Ojala 2012: 635), there is a
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tendency in the literature to look too far in the search for hope’s value. The fact that hope brightens up everyday life is not too trivial to be significant. This benefit should not be belittled as too mundane in the serious business of international policymaking. Summing up, hope comes with some disadvantages (temptation of wishful thinking, disappointment, and distraction) as well as advantages (increasing the probability of success and hedonic benefits). In my view, the last of these – hope’s potential to cheer us up in challenging situations – looms largest. I judge it to be sufficient by itself to outweigh the three disadvantages as well as the uncertainty surrounding the other advantage, i.e. the instrumental value of hope in promoting success. Note that the three disadvantages are all sensitive to the probability of the hoped for outcome materializing. The disadvantages are larger in the case of hopes for extremely improbable outcomes. A side remark: the question in this paper is whether we should cultivate hope to achieve the 1.5°C goal. A further question of interest would have been whether we should have chosen a different climate goal so as to engender hope. Such a tailoring of the temperature goal would consist in choosing an optimal (i.e. optimal in terms of promoting hope) balance between the attractiveness of the goal and the probability of achieving it, or choosing something other than a temperature goal so as make it easy for people to keep it vividly in their mind. However, giving more weight to the criterion »conduciveness to bring about hope« means giving correspondingly less weight to other criteria for setting the goal (such as scientific soundness or how straightforwardly it leads to practical implications). There is a trade-off here. Thus, if the means of cultivating hope were to be broadened to setting the goals in the first place, then the moral »cost-benefit analysis« would have to take into account the opportunity costs of taking conduciveness to bring about hope as a criterion for setting the goals.
5.
Whose Hope? Whose Cultivating?
Section 3 defended the hope of achieving the 1.5°C goal as justifiable. Section 4 went beyond this minimal benchmark and asked whether hope is good. Assuming that hope does indeed come out as a net-positive in a moral cost-benefit analysis, the question remains how good it proves to be. In case it proves to be very good it might not merely be supererogatory but morally obligatory
The Case for Climate Hope
to cultivate hope. Such a moral obligation to cultivate hope could be based on a weak consequentialist principle according to which we have a duty to bring about great benefits which can be achieved at low costs.8 It should be noted that hope’s proportion of benefits to costs can be significantly improved by a carefully targeted cultivation of hope. This problem is especially relevant if the mental emphasis and the whipped up desire make it psychologically difficult to simultaneously soberly face failure as the most likely outcome, i.e. if the temptation to wishful thinking becomes large. In that case, one could envisage cultivating hope among some groups but not others. For example, political leaders could aim to spread hope specifically among, say, voters and students on climate strike (due to its motivational effects) and among farmers in hardship (due to its hedonic benefits). At the same time, they could refrain from inculcating hope among civil servants who must work out policy details (due to the dangers of wishful thinking). A political essayist could choose a different tone when addressing young and old people. The former need the inspiration and cheerfulness associated with hope for the road ahead of them. The latter are at a stage in life where it is time to take stock of the road behind them and they must soberly face their failure of not having lined up a sustainable future. Such selective cultivation of hope would of course not be easy. And it would also not be feasible for all groups: political leaders, for example, need the motivational drive provided by hope but must simultaneously exhibit the ability for disinterested assessment of the extent of failure ahead. There is an objection to cultivating hope which holds even if hope proves to be a good thing and which holds even if it can be made a still better thing by cultivating it selectively. The objection is that it might be illiberal to spread hope to those who do not welcome it. Such resistance could come from people who are skeptical of hoping in general (some Stoics, for example) and from those who affirm hoping in general but who wish to pursue other hopes than the specific hopes which are currently cultivated by policymakers, activist leaders, or the mainstream.9 This worry about the illiberalism of spreading
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A downright duty to hope – or something close to it – is put forward by Nolt (2010), McKinnon (2005), Moellendorf (2006), as well as Kant (see Blöser/Stahl 2017: section 2.4). On top, one could mount a paternalism charge if hope is spread to those who do wish to hope and who are not opposed to the specific hopes that are spread – but who do not wish to have the benefits of hoping imposed on them from the outside.
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hope would be unfounded if each of us were fully in control of our own hoping. However, this is not the case. It is a common trope to highlight how we get »infected« with hope simply by being around hopeful people, and how social institutions play a role (see Kretz 2012: 938; Ganz 2011: 279; Moellendorf 2006: 429). Napoleon famously claimed that leaders are dealers in hope. Of course, the illiberalism worry would be slightly less pronounced if the 1.5°C goal were very widely shared anyway. In my view, the problem with the worry about illiberalism is that promoting or dampening hopes is unavoidable. Any action we undertake contributes to or subtracts from the public good of living in hope-conducive circumstances. Thus, given the unavoidability, no justification is needed for merely affecting hope in others. A justification is only needed for how we affect hope in others: do we, for example, support beneficial hopes and curb unjustified hopes? And: does the cultivation of hope reflect the views of those in whom hope is cultivated? Given the significant motivational and hedonic benefits associated with hope, it is important that elites exhibit a democratic spirit by seeking popular input and accountability when spreading hope. Otherwise there is a danger of, say, corporate lobbies strategically manipulating hope so as to sow complacency and distraction to their own benefit; or of, say, downcast technocrats shaping the vision of climate policy without giving due weight to the population (in whose name they ought to shape this vision) having an upbeat commitment to hope.
6.
Conclusion
The present article encourages us to take the rhetoric of hope which accompanies grand aims such as the 1.5°C goal more seriously – and to affirm it as justifiable and overall good. The article understands hoping in terms of desiring and mentally emphasizing an object which one believes to possibly but not certainly come about. On this basis, the hope to achieve the 1.5°C goal was argued to be justifiable because, first, the bar for justifying a belief in the possibility of achieving it is very low to start with and, second, being on a path from the status quo to a world in which temperature increase is kept below 1.5°C is sufficiently attractive to justify desire and mental emphasis (even if worries remain about putting our focus on the limited ambition inherent in – even something as politically improbable as – achieving the 1.5°C goal). Subsequently, the pros and cons of hope were laid out: the temptation to wishful
The Case for Climate Hope
thinking, disappointment, and distraction on the one hand and the motivational and hedonic benefits on the other hand. The final section presented selective cultivation of hope as a means to optimize the balance of the downsides and upsides of hoping and called for democratic input into decisions about hoping. Summing up, I believe that we should cultivate (pessimist) hope: it is great to rally our mental energies around the wonderful prospect of a world which achieves the 1.5°C goal (while thoroughly resisting self-deception about the low probability of success). Hope has often been associated with the metaphor of a rainbow. Why miss out on something so beautiful?10
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I would like to thank Thomas Rauchenstein for getting me hooked on the topic and Daisy Lunn for research assistance. I gratefully acknowledge very helpful feedback by Catriona McKinnon, Simon Caney, Ariane van den Hof, Kian Mintz-Woo and many members of the audience at the Hochschule für Philosophie in Munich, the Yaoundé Seminar, and the Swiss Climate Ethics Network.
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Globale Zukunftsvisionen und die Repräsentation alternativer Zukünfte Henrike Knappe »You are failing us. But the young people are starting to understand your betrayal. The eyes of all future generations are upon you, and if you choose to fail us, I say, we will never forgive you.« Greta Thunberg 20191
Greta Thunberg ist derzeit wohl die stärkste und vehementeste Vertreterin zukünftiger Generationen. Nach ihrer Rede auf dem ›UN Climate Action Summit‹ in New York im September 2019 reiste sie weiter durch die USA und Kanada um sich mit verschiedenen Aktivist*innen, Schulklassen und auch mit Vertreter*innen von Native Americans zu treffen. Dann, auf der UN Klimaschutzkonferenz in Madrid im Dezember 2019, gab es einen interessanten Moment, in dem sie nicht mehr weiter sprechen wollte, sondern das Mikrofon weiter an eine Runde junger Aktivist*innen aus aller Welt gab: »Their stories must be heard« (Euronews 2019). Hier machte Thunberg auf etwas aufmerksam, was relevant ist für die Debatte um die Repräsentation von zukünftigen Generationen – gegenwärtige und historisch bedingte Ungerechtigkeiten müssen mindestens gleichzeig bekämpft werden mit dem Herstellen von Gerechtigkeit gegenüber zukünftigen Generationen. Das Nicht-Sichtbarsein einer Vielfalt an unterdrückter Erfahrung in der Gegenwart ist ein wichtiger Grund für ein Verharren in nicht-nachhaltiger Politik, die zukünftige Generationen ignoriert. Ich werde dieses Argument im folgenden Kapitel weiter erläutern und begründen. Nach einer theoretischen Reflexion über die ungleiche Herstellung gegenwärtiger Zukünfte, möchte ich anhand der lokalen 1
Vgl. hierzu United Nations Department of Economic and Social Affairs (DESA) 2019.
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Adaption der ›Globalen Nachhaltigkeitsziele‹ (SDGs) in der US-Stadt Baltimore zwei Aspekte einer gerechteren Repräsentation zukünftiger Generationen herausstellen und erkunden: die Verwobenheit von Vergangenheit und Zukunft in der Gegenwart sowie die Sichtbarkeit unterdrückter Erfahrung in der Vorstellung von Zukünften. Die Repräsentation zukünftiger Generationen ist ein Feld, das wissenschaftlich bereits gut durchleuchtet und abgewogen worden ist. So wurde in der politischen Theorie und Philosophie erörtert, was Gerechtigkeit gegenüber und Rechte von zukünftigen Generationen bedeuten (vgl. Tremmel 2003; Gosseries/Meyer 2009) und welche theoretischen Fallstricke mit der Frage nach Verantwortung gegenüber noch-nicht-existierenden Personen einhergehen (vgl. Parfit 2017; Karnein 2016). Auch sind konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung einer Repräsentation zukünftiger Generationen vorgebracht worden (vgl. Caney 2016; González-Ricoy/Gosseries 2016; Boston 2017). Trotz allem scheint in der praktischen Politik eine Repräsentation zukünftiger Generationen nicht besonders erfolgreich: Ombudspersonen für zukünftige Generationen beispielsweise sind selten und werden oft schnell wieder abgesetzt oder in ihrer Verantwortlichkeit eingeschränkt (vgl. Israel und Ungarn), Institutionen für nachhaltige Politik werden häufig mit wenig oder keiner Macht ausgestattet, Umwelt- und Klimaschutzabkommen erlangen keine rechtliche Verbindlichkeit. Trotz der beträchtlichen Anzahl von Umweltverträgen, die seit den 1960er Jahren verhandelt wurden, gilt der »irreversible Umweltwandel« Christoff/Eckersley 2013: 186) – insbesondere Klimawandel und Biodiversitätsverlust – derzeit als »one of the greatest examples of regulatory failure by states« (ebd., Herv.i.O.) Begründet wird dieses Versagen des Staates mit unterschiedlichen institutionellen Problematiken des (demokratischen) Nationalstaates. Erstens, der Staat reguliert vor allem innerhalb seines Territoriums. Klimawandel und andere bedrohliche Entwicklungen für zukünftige Generationen sind allerdings global in ihren Auswirkungen. Zweitens, die Rhythmisierung des Politikbetriebs ist auf kurzfristige Legislaturperioden und Koalitionsverträge ausgerichtet und erlaubt kaum langfristige Planung. Drittens, zukünftige Generationen haben durch ihre Nichtexistenz keine schlagkräftige Lobby und dementsprechend ist es schwer, die Politik im Sinne zukünftiger Generationen zur Rechenschaft zu ziehen. Viertens, noch schwerer ist es überhaupt zu wissen, was zukünftige Generationen später wollen können (vgl. Thompson 2010).
Globale Zukunftsvisionen und die Repräsentation alternativer Zukünfte
Diese Argumente sind alle wichtig und relevant. Ich möchte aber in diesem Beitrag auf ein grundlegenderes Problem aufmerksam machen: Neben der Kategorie der zukünftigen Gegenwarten, die in Fragen nach intergenerationeller Gerechtigkeit eine zentrale Rolle spielen, ist es auch wichtig, sich kritisch mit gegenwärtigen Zukünften auseinanderzusetzen. Die Unterteilung von gegenwärtiger Zukunft und zukünftiger Gegenwart (vgl. Luhmann 1990; Adam/Groves 2007) ist eine etablierte soziologische Unterscheidung. Die gegenwärtige Zukunft ist eine utopische Vorstellung, die auf Bildern einer gefürchteten oder gewünschten Zukunft basiert – zum Beispiel der ökologischen Krise oder der Emanzipation aus der politischen Unterdrückung. In diesem Zusammenhang stellen gegenwärtige Zukünfte phänomenologische Ansätze zur Bestimmung der Zukunft dar. Die Zukunft liegt jenseits eines Zeithorizonts, der sie von der Gegenwart abgrenzt; sie kann angegangen, aber nie erreicht werden (wie der Horizont, der die Erde vom Himmel abgrenzt) (vgl. Luhmann 1990: 132). Im Gegensatz dazu versteht Niklas Luhmann zukünftige Gegenwarten als die tatsächlichen Gegenwarten, die unmittelbar nach der gegenwärtigen Gegenwart kommen. Laut Luhmann versuchen Wissenschaft und Technologie, die Komplexität zukünftiger Gegenwarten zu reduzieren, indem sie sie in kleinere Sequenzen zerlegen, die durch Zusammenhänge und Kausalitäten verbunden sind, die bis in die Gegenwart zurückreichen; Wissenschaft und Technologie sollen den Menschen also in der Gegenwart die Möglichkeit geben, auf die Zukunft zu reagieren (vgl. ebd.). Beide Zukunftsformen standen im 20. Jahrhundert vor schweren Krisen. Die gegenwärtigen Zukünfte, wie beispielswiese die großen utopischen Visionen von Sozialismus, Kommunismus oder Kapitalismus, erfüllten nicht die Hoffnungen, die Menschen und Gesellschaften auf sie projizierten. Die zukünftigen Gegenwarten und damit der gesellschaftliche Glaube, dass wissenschaftliche Methoden die Zukunft sichern und garantieren können (vgl. Adam/Groves 2007: 171), sind gleichermaßen frustriert worden. Mit den sich abzeichnenden Misserfolgen der Langzeitprognose – zum Beispiel der Folgen der Kernenergienutzung – ist die Zukunft zu einer immer prekäreren und unvorhersehbareren Angelegenheit in der Moderne geworden (vgl. Adam 2010; Knappe et al. 2019). Trotzdem ist das Bild von Zukunft als zukünftige Gegenwart noch immer eine weit verbreitete Grundannahme, auch in der Nachhaltigkeitspolitik. Diese Annahme verbaut allerdings den Blick darauf, wie Zukunft eigentlich oft schon in der Gegenwart existiert, nämlich als gegenwärtige Zukunft und hier auch handlungsleitend wirkt. Dabei müssen gegenwärtige Zukünfte heute
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nicht mehr große utopische Visionen sein. Jegliche imaginierte Zukünfte, ob nun die Gefahr von Biodiversitätsverlust oder die Hoffnung in die technologische Revolution, werden in der Gegenwart erschaffen und konstituieren das gegenwärtige Bild der Zukunft. Gegenwärtige Zukünfte sind somit nicht nur große und kleine Utopien, sondern entstehen auch um Machtansprüche zu sichern, wodurch sich gegenwärtige Ungerechtigkeiten manifestieren und so in die Zukunft getragen werden. (vgl. Catney/Doyle 2011). Dementsprechend ist eine kritische Auseinandersetzung mit der Herstellung von Zukünften in der Gegenwart wichtig, um über eine gerechte politische Repräsentation zukünftiger Generationen nachzudenken. Im folgenden Teil des Kapitels möchte ich dieses Argument weiter ausbauen.
1.
Zukunft in der Gegenwart
Wie im bekannten Brundtland-Bericht »Our Common Future« (WCED 1987) erklärt, bedeutet die politische Repräsentation zukünftiger Generationen oft eine recht diffuse Vorstellung der Verantwortung gegenüber einer weit entfernten Gruppe an Menschen. In den letzten Jahren hat sich diese diffuse Verantwortung zu einem immer ernsteren und dringlicheren Thema entwickelt. Eine neue geologische Ära, das Anthropozän, wurde definiert (vgl. Crutzen/Stoermer 2000), in der der Mensch zum ersten Mal die mächtigste Kraft der Erde ist und das Schicksal des Planeten für unzählige nachfolgende Generationen beeinflusst. Die in den letzten Jahrzehnten entstandene technologisch-wissenschaftliche Debatte schlägt vor, die Verantwortung für zukünftige Generationen vor allem durch die Begrenzung der Nutzung planetarischer Ressourcen zu realisieren (vgl. Lövbrand et al. 2015). Diese »soziotechnischen Imaginationen« (Jasanoff/Kim/Sperling 2007), wie beispielsweise die planetaren Grenzen oder das 1,5-Grad-Ziel, welche die Argumente und Politiken des Anthropozäns begleiten, beschreiben nicht nur die Zukunft (z.B. durch Szenarien oder Modelle), sondern konstituieren und gestalten auch aktiv gegenwärtige Vorstellungen von Zukunft: »Sociotechnical imaginaries are at once descriptive of attainable futures and prescriptive of the kinds of futures that ought to be attained. As an influential part of the currency of contemporary politics, these imaginaries have the power to shape technological design, channel public expenditures, and
Globale Zukunftsvisionen und die Repräsentation alternativer Zukünfte
justify the inclusion or exclusion of citizens with respect to the presumed benefits of technological progress.« (Jasanoff/Kim/Sperling 2007: 1) Die konstitutive Macht von Repräsentationen haben auch feministische Forscherinnen bereits hinlänglich erforscht und belegt. So haben feministische Wissenschaftlerinnen beispielsweise die kulturelle Repräsentation weiblicher Stereotypen im Kino als nicht nur einen bloßen Spiegel dafür kritisiert, wie die Gesellschaft Frauen zu diesem bestimmten historischen Zeitpunkt betrachtet. Vielmehr wird argumentiert, dass solche Repräsentationen auch aktiv Politik machen: Das Bedeutsamwerden der Kategorie Geschlecht als Ort der Differenz wird erst durch die Repräsentation von Frauen hergestellt (vgl. Disch 2016: 784-785). In dieser Hinsicht ist das »Verhältnis zwischen ästhetischer oder semiotischer Repräsentation (Dinge, die für andere Dinge stehen) und politischer Repräsentation (Personen, die für andere Personen handeln)« (Mitchell 1995: 11, zitiert in Disch 2016: 781, Übersetzung d. Autorin) entscheidend. Gayatri Chakravorty Spivak (1999: 260, zitiert in Disch 2016: 793) erklärt in dem Zusammenhang, dass ästhetische und politische Repräsentationen dabei komplizenhaft miteinander verwoben sind. An der Schnittstelle zwischen ästhetischer und politischer Repräsentation entstehen Kämpfe um politische Autorität. Akteur*innen beanspruchen politische Autorität (über die Zukunft) folglich, indem sie sich (und anderen) ein Bild davon machen. Dieses Bild von der Zukunft (gegenwärtige Zukunft) ist aber eben kein Abbild des Realen (zukünftige Gegenwart): »[T]he signified or the object is not the same as the thing or district itself (the referent). It is rather a picture, a portrait, an image of that electorate. It is no closer to being that thing itself than a Rembrandt self-portrait was to Rembrandt himself. Competing significations are, arguably, what political debate and dispute is all about. […] Political figures, parties, lobby groups, social movements—as makers of representative claims, their business is aesthetic because it is political.« (Saward 2010: 74, Herv.i.O.) Die Verknüpfung von ästhetischer und politischer Repräsentation lässt sich auch in den universellen ökonomischen Erzählungen von Entwicklung und Fortschritt oder in der anthropozänen Erzählung vom Menschen und menschlichem Handeln beobachten. So wird seit der Veröffentlichung des Brundtland-Berichts die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung von dem Ziel bestimmt, Wirtschaftswachstum und Entwicklung mit Umweltschutz zu verbinden. Die ›Globalen Nachhaltigkeitsziele‹ (SDGs) der Vereinten
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Nationen können als ein Ergebnis dieses Versuchs angesehen werden. Nach den ›Millenniumsentwicklungszielen‹ (MDGs 2000) sind die SDGs (2015) allerdings immer noch sehr stark auf die Erreichung von Zielen ausgerichtet, die von den MDGs nicht erreicht wurden. Von den 17 SDGs sind nur vier explizit auf Umweltprobleme ausgerichtet. So argumentieren viele Kritiker*innen, dass die nachhaltige Entwicklung von einer neoliberalen Agenda für Wirtschaftswachstum und Freihandel diskursiv kooptiert wurde, welche die Ansprüche auf Nachhaltigkeit und intergenerationelle Gerechtigkeit »neutralisiert« (vgl. Christoff/Eckersley 2013; Bernstein 2002). Die Bemühungen, die Erzählung von linearer wirtschaftlicher Entwicklung und Wachstum mit Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen, werden durch die Erzählung einer universellen Menschheit ergänzt, die eine sehr weitreichende Zukunft beeinflusst. So wird es auch im Rahmen der SDGs artikuliert: »The future of humanity and of our planet lies in our hands. It lies also in the hands of today’s younger generation who will pass the torch to future generations. We have mapped the road to sustainable development; it will be for all of us to ensure that the journey is successful and its gains irreversible.« (UN General Assembly 2015: 12) Kritiker*innen argumentieren, dass so die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung (DeLoughrey/Didur/Carrigan 2015, Übersetzung d. Autorin) weiter verfestigt wird indem bestehende globale Ungleichheiten verschleiert werden und universalistische Erzählungen doch nur diejenigen repräsentieren, die bereits machtvoll und privilegiert sind: »[N]arratives that presume to speak for all of humanity without any attention to the problems that divide and differentiate people along certain axes of power, leaving some groups with much less capacity for self-representation than some powerful minorities. […] Universal narratives often act as ruses of power of agentive forces and institutions (such as the World Bank or certain bodies of the United Nations or even the IPCC) that—precisely because of uneven development—have a relatively greater capacity to project themselves as acting on behalf of all while many of their actions end up privileging nations, groups, and classes that are already powerful.« (Chakrabarty 2015: XIV) Mit Bezug auf diese Instrumentalisierung der universellen Menschheitsgeschichte und die Vielfalt, Unterschiede und Ungleichheiten innerhalb der Menschheit weist Dipesh Chakrabarty auch auf die Verstrickung von
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Repräsentationen hin. Wie Menschen, Politiker*innen oder Interessenvertreter*innen repräsentative Aussagen machen, hängt eng mit ihrer Macht, Position und ihrem Hintergrund zusammen. Es gibt keine äußere Position, aus der universelle Ansprüche an die Menschheit gestellt werden können. Repräsentation ist immer partiell. Fragen der politischen Repräsentation beruhen also nicht auf der Suche nach der bestmöglichen oder genauesten Repräsentation, sondern auf der Frage, wer Zugang zu Repräsentationspraktiken hat und wie repräsentative Ansprüche anders gestellt werden können. Die gegenwärtige, dominante Zukunftspolitik, die sich auf wirtschaftliche Entwicklung konzentriert und auf eine universelle Menschheit beruft, schafft große Ungleichheiten zwischen den Individuen, indem sie diese Ungleichheiten diskursiv ignoriert. Darüber hinaus werfen diese gegenwärtigen Zukünfte konkrete Probleme der demokratischen Verantwortlichkeit auf. Transtemporale und transnationale Distanzen zwischen Entscheidungsträger*innen und »affected environments« (Christoff/Eckersley 2013: 168) weichen demokratische Kontrollmöglichkeiten auf. Über Fragen der Machbarkeit hinaus verweisen Nachhaltigkeitswissenschaftler*innen daher zunehmend auf Fragen der Macht, Zugänglichkeit und Pluralität: Wer ist an der Herstellung von (wissenschaftlichen) Zukünften beteiligt, warum werden spezifische Maßnahmen ergriffen und welche Art von Zukünften produzieren sie (vgl. Lövbrand et al. 2015; Vervoort/Gupta 2018; Knappe et al. 2018)? Oder anders ausgedrückt: Konstruktionen der Zukunft sollten nicht nur als das, was andere Phänomene erklärt, sondern auch als das, was selbst erklärt werden sollte (vgl. Hajer/Pelzer 2018: 223) behandelt werden.
2.
Wie kann Repräsentation von Zukünften anders gedacht werden?
An einem empirischen Beispiel möchte ich aufzeigen, wie Zukünfte anders gedacht, hergestellt und somit auch zukünftige Generationen gerechter repräsentiert werden können. Zugrunde liegen die Annahmen, dass jede Repräsentation gerecht sein sollte in Bezug auf unterschiedliche Dimensionen wie unter anderem race, class, gender und dass Gerechtigkeit in Gegenwart und Zukunft verknüpft ist.
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Baltimore Um den Fall Baltimore besser verstehen zu können, ist es hilfreich, kurz den historischen Hintergrund und die gegenwärtige Situation Baltimores zu erläutern. Baltimore, eine Stadt im Osten der USA, ganz in der Nähe zu Washington DC, ist gezeichnet durch hohe Arbeitslosigkeit, Polizeibrutalität und Gewalt sowie strukturellen Rassismus. 34 Prozent der Kinder in Baltimore leben in Armut, davon 84 Prozent afroamerikanische Kinder (vgl. Iver et al. 2016). Der ›Distressed Communities Index”2 setzt Baltimore an das untere Ende des Lebensqualitätsspektrums in den USA, mit den niedrigsten Raten an Bildung, Einkommen und Beschäftigung und der geringsten Anzahl von lokalen Unternehmen. Die Stadt kämpft mit dem Erbe der Sklaverei und einer langen Geschichte der rassistischen Segregation und des sogenannten ›Redlining‹. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden die afroamerikanischen Einwohner*innen von Baltimore aktiv in speziell ausgewiesene Viertel gezwungen. 1911 erließ Baltimore die erste kommunale Segregations-Verordnung der USA: »Blacks should be quarantined in isolated slums in order to reduce the incidence of civil disturbance, to prevent the spread of communicable disease into the nearby white neighborhoods, and to protect property values among the white majority.« (Power 1983: 301, zitiert in Grove et al. 2017: 4) Gesetzliche Maßnahmen und informelle Politik der Wohntrennung haben das Leben, die Gesundheit und die Zukunft unzähliger Afroamerikaner*innen in Baltimore beeinflusst, die gezwungen waren, in überfüllten, verfallenen und lauten Wohnungen zu leben, nicht selten neben Fabriken oder anderen Industrieanlagen (vgl. Grove et al. 2017: 5). Das Erbe der de jure und de facto Segregation spiegelt sich auch heute noch in der Stadtlandschaft Baltimores wider. Die wirtschaftlichen Ungleichgewichte haben sich weiter fortgesetzt; und wie einer der jüngsten Vorfälle tödlicher Polizeigewalt gegen den Afroamerikaner Freddie Gray im Jahr 2015 zeigt, bleiben Vermächtnisse der Vergangenheit starke Determinanten der Gegenwart (und Zukunft).
Verwobenheit von Vergangenheit und Zukunft in der Gegenwart Es scheint, dass die Stadt Baltimore dringendere Probleme zu lösen hatte, als die SDG-Agenda umzusetzen. Doch Baltimore wurde 2015 als eine der drei SDG-Pilotstädte ausgewählt. In diesem Sinne basiert das Zukunftsbild 2
https://eig.org/dci/2018-dci-map-national-zip-code-map vom 18.02.2020.
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der SDGs stark auf einer Vorstellung des linearen Fortschritts, in der die globalen Probleme wie Hunger, Armut und Umweltkatastrophen durch Modernisierung und ökonomisches Wachstum überwunden werden können. Die SDGs versuchen einerseits bestehende Ungleichheiten in der Gegenwart mit einzubeziehen, indem sie sich als Entwurf verstehen, dessen Indikatoren lokal interpretiert werden können. Gleichzeitig sollen die SDGs als universelles Instrument global und für alle Länder, Regionen und Städte gelten. Was hier jedoch nahezu keine Bedeutung findet, ist die Beschäftigung und Aufarbeitung mit der Vergangenheit. Wie wichtig dies aber für eine produktive Zukunftsvision sein kann, zeigt das Beispiel Baltimore. Nachdem Baltimore als SDG-Pionierstadt ausgewählt wurde, initiierte die Stadt einen Partizipationsprozess, der die bereits bestehenden zivilgesellschaftlichen Gruppen, die sich im Zuge der Unruhen nach Freddie Grays Tod gebildet hatten, mit aufnahm und das Ziel verfolgte Ungerechtigkeiten in Vergangenheit und Gegenwart aufzuarbeiten, um eine nicht nur nachhaltigere, sondern auch gerechtere Zukunft für Baltimore zu gestalten: »In Baltimore, we are at a moment when we are poised to repair, heal, and mend the fabric of our community. A moment when we can thread a new communal fabric to a different future. […] Let’s work to make sure the person born tomorrow grows up nurturing a connection with neighbors and with nature, living free from violence […].« (Baltimore Office of Sustainability 2018) In diesem Zitat vermittelt sich eine nicht-lineare Zeitvorstellung. Es kristallisiert sich sowohl Vergangenheit als auch Zukunft im Moment der Gegenwart. Weder folgt die Zukunft chronologisch aus der Vergangenheit, noch soll die Vergangenheit den Pfad für die Zukunft ebnen. Vergangenheit und Zukunft sind präsent und miteinander verwoben im Moment der Gegenwart. Aus dieser Verwobenheit von Vergangenheit und Zukunft ergibt sich ein politisches Ziel für die Gegenwart: das Aufnehmen möglichst vielfältiger Erfahrung und die Beschäftigung mit Baltimores gewaltvoller und rassistischer Vergangenheit. Das Ermöglichen von Handlungsfähigkeit in der Gegenwart resultiert nach Hannah Arendt eben gerade aus dem Verabschieden von einem linearen Vergangenheitsbegriff, der Gegenwart und Zukunft als notwendige und kausal bedingt Fortführung historischer Ereignisse begreift (vgl. Kelz 2020: 10). Stattdessen können historische Geschichten und Ereignisse als gemeinsame Referenzpunkte verhandelt werden. Dadurch ist die politische Sphäre offen auch für Neues und Ungeplantes (vgl. ebd.).
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Während ein lineares Zeitverständnis verknüpft ist mit der Vorstellung von Ganzheit und Einheit, einer Welt als Totalität (vgl. Hom 2018: 314-15), lädt das Aufbrechen des linearen Zeitverständnisses dazu ein Zeit plural zu denken (vgl. ebd.) und die für eine gerechte Gegenwarts- und Zukunftsvorstellung notwendige Vielfalt an Erfahrung (vgl. Kings 2017: 64) zuzulassen. Wenn in Baltimore Nachhaltigkeit für die Zukunft damit verknüpft sein soll, dass die Einwohner*innen von Baltimore ehrlich sein wollen über Baltimores Vergangenheit (vgl. Baltimore Office of Sustainability 2018: 38) dann geht es hier nicht nur um das passive Zulassen unterschiedlicher Erfahrungen. Vielmehr geht es um das, was Judith Butler in Bezug auf Gender Performativität »historische Arbeit« (Butler 1995: 136)3 nannte, wodurch Handlungsfähigkeit im Hier und Jetzt paradoxerweise gerade aus den Machtstrukturen gewonnen wird, die bekämpft werden sollen, im Falle Baltimores also die des institutionellen Rassismus. Andere Zukünfte bauen heißt also in Butlers Sinne auch, sich stark mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und das einen konstituierende Vergangene für die Gegenwart und Zukunft umzuschreiben und so Handlungsmacht zu erlangen. (Honkanen 2007: 12) »We must be honest about our past. We recognize our city’s complex legacy of profound problems: Discriminatory laws and policies fueled by racial prejudice, profit-driven exploitation of our natural resources, and other, interconnected injustices have led to neighborhood decline as well as environmental degradation.« (Baltimore Office of Sustainability 2018: 38, Herv. d. Autorin) Was in Baltimore deutlich wird, ist, dass jenseits des globalen (westlichen) UN-Kontexts der SDGs Zukunft eng verknüpft ist mit einer Aufarbeitung der Vergangenheit. So argumentieren Philip Catney und Timothy Doyle (2011) auch, dass die Nachhaltigkeitsagenda vor allem dem globalen Norden entspringt und teilweise den gegenwärtigen noch grundlegenderen Bedarfen an Wohlstand und Überleben im globalen Süden entgegensteht. Auch wird deutlich, dass NGOs des globalen Südens eher Reparationen historischer Ungleichheiten für wichtige Umweltthemen hielten, im Gegensatz zu eher
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Vgl. hierzu: »Gender performativity involves the difficult labor of deriving agency from the very power regimes which constitute us, and which we oppose. This is, oddly enough, historical work, reworking the historicity of the signifier, and no recourse to quasi-transcendental selfhood and inflated concepts of History will help us in this most concrete and paradoxical of struggles.« (Butler 1995: 136).
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zukunftsorientierten und abstrakten Fragen von Klimawandeladaption (vgl. ebd.). Baltimore liegt im globalen Norden und ist gleichzeitig keine Stadt, die westlichen Wohlstand repräsentiert. In ihr spiegelt sich also die Paradoxie der Nachhaltigkeitsagenda und macht gleichzeitig (wieder) darauf aufmerksam, dass historische Ungleichheiten nicht verschwinden, nur weil man den Blick von ihnen weg lenkt und allein nach vorn in die Zukunft blickt. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind miteinander verwoben und eine Vergangenheitsvergessenheit der Nachhaltigkeitspolitik ist gleichzeitig eine Depolitisierung von Umweltpolitik, da sie gegenwärtige, historisch bedingte Ungerechtigkeiten nicht tatsächlich ernst nimmt. Liest man die Dokumente zum SDG-Prozess in Baltimore, wird überdies deutlich, wie dringlich und unumgänglich das Thema der Vergangenheitsaufarbeitung in Baltimore war und ist. Nach den Unruhen und Protesten im Jahr 2015 gab es keine andere Wahl als die gewaltvolle Vergangenheit (und Gegenwart) Baltimores als Ausgangspunkt für die SDGs zu wählen. Hier wird natürlich auch auf lokaler Ebene deutlich, wie unterschiedlich dringlich die Verknüpfung von Vergangenheit und Zukunft ist. Während in Baltimore ein Aufarbeiten der Vergangenheit notwendige Bedingung für das Gestalten einer gerechteren Zukunft ist, ist Vergangenheitsbewältigung kein prominentes Thema im westlichen Nachhaltigkeitsdiskurs. Die SDGs werden als universal und global für alle Länder gleichsam gültig deklariert und (re-)produzieren durch eine umfangreiche Indikatorik die Vorstellungen von linearem Fortschritt (vgl. Freistein 2017) der ungebrochen in die Zukunft weist. Auch Debatten in der Klimwandelpolitik sind allein vorwärts gerichtet im Gestalten von pathways (vgl. Beck/Mahony 2017) und möglichen Zukunftsszenarien. Der Fall Baltimore zeigt also die Paradoxien der westlichen Nachhaltigkeitsdebatte sehr gut auf. Während nachhaltige Entwicklung oft noch als lineare Fortschrittsbewegung gedacht wird, die vor allem vom Norden in den Süden diffundiert, zeigt Baltimore, dass auch für den Norden dieses Narrativ kaum funktioniert. Nachhaltigkeit kann nicht nur nach vorne in die Zukunft gedacht werden. Die Verwobenheit von Vergangenheit und Zukunft in einer nicht-linearen Zeitlichkeit sollte auch von Nachhaltigkeitsforscher*innen und –politiker*innen ernst genommen werden. Nur so kann dem Anspruch auf soziale und politische Gerechtigkeit nachgegangen werden. Denn gerade Baltimore zeigt, dass ein Ignorieren von Vergangenheit, ein Ignorieren unterdrückter Erfahrung, nur dort möglich ist, wo Zeit und Raum als abstrakte Größen verhandelt werden. Hier stellt sich also die Frage, wo Vergangenheit vergessen werden kann und wo sie geradezu nicht zu übersehen ist. Die SDG-
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Agenda übersieht vergangenes Unrecht, aber macht gleichzeitig den Raum auf für diverse Interpretationen ihrer Agenda. Nur so kann in dem Paradox westlicher Nachhaltigkeitsvorstellungen gelebt werden. Diese Räume der Verhandlung über Zukünfte sind notwendig, um einer den Unterschieden und Ungleichheiten der Menschheit gegenüber blinden Nachhaltigkeitspolitik zu entgehen.
Sichtbarkeit unterdrückter Erfahrungen Wie kann nun aber »historische Arbeit« (Butler 1995: 136) getan werden, historische Ungerechtigkeiten aufgearbeitet werden und gleichzeitig ein Lösen von der Vergangenheit im Sinne einer nicht kausal und linear vorbestimmten Zukunft (vgl. Arendt 1994) stattfinden? Hier weisen Judith Butler und Michel Foucault ähnlich auf (repetitive) Praktiken des widerständigen Seins (FrauSeins, Queer-Seins, Schwarz-Seins) hin (vgl. Butler 1990), die als Alternativen der normativ eingefassten Gegenwart immer auch in die Zukunft zeigen (ohne es explizit zu wollen): »Implicit in much of this is Foucault’s suggestion that homosexuality is a way of inaugurating, creating, proliferating, shifting social relations. In this sense, might homosexuality (let’s call it queerness) itself be a form of futuremaking, of re-creating the social, though perversely enough, not in the name of the future?« (Dinshaw/Edelman/Ferguson 2007: 188) Was könnte ein Eröffnen, Erschaffen, Verbreiten und Verschieben von sozialen Beziehungen (vgl. ebd.) in Baltimores SDG-Agenda bedeuten? In Baltimore wurde ein umfangreicher Partizipationsprozess gestartet, der viele bestehende Gruppen einbezog in einem listening-to-listening approach (Iyer et al. 2016) um herauszufinden, welche Themen am drängendsten bearbeitet werden müssten. Wie bereits erwähnt, wurden auch und vor allem Gruppen involviert, die sich im Zuge der Unruhen um Freddie Grays Tod gründeten und beispielsweise die rassistischen Polizeipraktiken anprangerten, wie Seema d. Iyer der Baltimore Neighborhood Indicators Alliance in einem Interview darlegt: »›There were so many processes going on in Baltimore after the unrest that our job wasn’t to convene but to look at what they were already doing and to use the SDGs framework to tie them together,‹ says Seema D. Iyer, a researcher at the University of Baltimore’s business school […].« (Biron 2017)
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Zudem wurden in allen Stadtteilen von Baltimore Befragungen mit Einwohner*innen durchgeführt. Dies förderte Erkenntnisse zutage, die in Nachhaltigkeitspolitiken gewöhnlicherweise nicht verhandelt werden. Im Hinblick auf das Thema ›Sicherheit‹ hatte ein junger Einwohner (5-10 Jahre alt) der Stadt dies zu sagen: »[One thing I don’t like is] so many police officers in the neighborhood not actually patrolling or doing anything to be helpful to the community. I don’t feel comfortable around them.« (Baltimore Office of Sustainability 2018: 82) Dieses Zitat eines Kindes bringt die unangenehme Allgegenwart der Polizei in bestimmten Stadtteilen zum Ausdruck. In Hinblick auf die erschreckende Brutalität der Baltimorer Polizei erscheint das wenig überraschend. Eine für die Baltimore Sun durchgeführte Studie zeigt, dass vor allem Afroamerikaner*innen das Ziel massiver Polizeigewalt sind (Puente 2014).4 Zwischen 2011 und 2014 zahlte die Stadt Baltimore rund 5,7 Millionen Dollar an Opfer von Polizeigewalt, die sich aus Klagen »im Zusammenhang mit Vorwürfen der Brutalität und Bürgerrechtsverletzungen« (ebd.) ergaben. Angesichts der Tatsache, dass solche Fälle selten gewonnen werden von den Opfern, ist das eine enorm hohe Zahl. Postkoloniale Autor*innen benutzen den Begriff der Überlebensfähigkeit in Debatten über Umwelt- oder Klimakrisen und das Anthropozän. Überlebensfähigkeit/survivability markiert hier »the political question of which bodies will come to be designated as best suited for survival« (Baldwin 2017: 294). Also wird Überlebensfähigkeit zu einer allgegenwärtigen Form der Herrschaft als »a form of power that ›consists in making live and letting die‹« (Foucault 2003: 247, zitiert in Baldwin 2017: 294). Ähnlich und vielleicht noch viel direkter verhält es sich in Baltimore, wo Afroamerikanische Menschen dieser Form der Herrschaft permanent und unmittelbar unterworfen sind. Die Unterdrückung von Afroamerikaner*innen in Baltimore, in Form von rassistischer Polizeigewalt, ist also massiv, körperlich und existentiell. Und dies findet Eingang, nicht in ihrer brutalen Vollständigkeit, aber doch andeutungsweise in 4
Vgl. hierzu: »Zu den Opfern gehören ein 15-jähriger Junge auf einem Fahrrad, eine 26jährige schwangere Buchhalterin, die Zeuge einer Schlägerei geworden war, eine 50jährige Frau, die Kirchenverlosungstickets verkaufte, ein 65-jähriger Kirchendiakon, der eine Zigarette drehte, und eine 87-jährige Großmutter, die ihrem verwundeten Enkel half. […] Polizisten haben bei fragwürdigen Verhaftungen Dutzende von Bewohnern geschlagen, die gebrochene Knochen – Wangen, Nasen, Arme, Beine, Knöchel – Kopftraumata, Organversagen und sogar den Tod erlitten haben. Einige Bewohner wurden in Handschellen geschlagen, andere wurden auf den Bürgersteig geworfen.« (Puente 2014, Übersetzung d. Autorin).
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den Nachhaltigkeitsplan 2018, ein offizielles Dokument der Stadt Baltimore. Überdies führte es dazu, dass Baltimore das SDG 16 »Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen« als eine Hauptpriorität hervorhob, die es erforderte weitere Daten zu erheben. Die Kriminalisierung von Armut wurde hier als Schwerpunkt erkannt und es wurde klar, dass es keine Daten zu Indikatoren gibt wie: (1.) Staatliche/lokale öffentliche Mittel für die Rechtshilfe für anspruchsberechtigte Personen, (2.) Dauer der Untersuchungshaft im Gefängnis bei leichten Vergehen, (3.) Anzahl von Rechtsanwält*innen in der Zivilrechtshilfe (Iyer et al. 2016: 6). Diese lokalen Indikatoren wurden als wichtig angesehen auf dem Weg in einen gerechteren Umgang von Polizei und Justiz mit den mehrheitlich afroamerikanischen Einwohner*innen Baltimores. So wird die Direktorin der ›Maryland Access to Justice Commission‹ in Bezug auf den zweiten Indikator zitiert: »Pre-trial detention time, for instance, was a very raw issue in the wake of Freddie Gray, [s]o we really wanted to track the amount of time people are incarcerated.« (Biron 2017). Die Zukunft von jungen Afroamerikaner*innen in Baltimore ist also nicht die des abstrakten, sich schleichend anbahnenden Klimawandels, sondern die des kurzfristigen Überlebens. Dies spiegelt sich in den Zukunftsvorstellungen des Nachhaltigkeitsberichts von Baltimore. Und damit wird hier ein Bild einer nachhaltigen Zukunft geschildert, welches die Sicherheit der Einwohner*innen Baltimores als zentrales Zukunftsziel bestimmt und gleichzeitig gegen eine übliche Logik von mehr Staatsgewalt gleich mehr Sicherheit spricht: »Sichere Orte sind solche, an denen sich Menschen verbunden und gesund fühlen […]. Die institutionelle Ungleichheit untergräbt Sicherheit und betont übermäßig den Zusammenhang zwischen Sicherheit und Strafverfolgung. […] Mehrere, miteinander verbundene strategische Interventionen werden Gewalt reduzieren und die öffentliche Sicherheit verbessern, Verhaftungen und Inhaftierungen minimieren und Vertrauen und Beziehungen zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den Gemeinden, denen sie dienen, aufbauen. […] Es ist unerlässlich, die Unterstützung von Gemeinden, Regierungsbehörden und öffentlichen, privaten und philanthropischen Partnern zu gewinnen, um eine Umgebung zu schaffen, in der jeder sicher leben, arbeiten und spielen kann.« (Baltimore Office of Sustainability 2018: 82, Übersetzung d. Autorin) Hier wird der Zusammenhang zwischen institutionellem Rassismus (Ungleichheit) und der prekären Sicherheit von (afroamerikanischen) Einwohner*innen klar benannt und darüber hinaus auch eine verstärkte Polizei-
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präsenz als Mittel zu Herstellung von Sicherheit in Frage gestellt. Gleichzeit wird als Zukunftsvision ein sicheres Arbeiten, Leben und Spielen für alle in Verbundenheit miteinander ausgerufen. Dies kennzeichnet eine Verschiebung in der Debatte. Während im vorhergehenden Nachhaltigkeitsplan vor allem ökologische Nachhaltigkeitsthemen ohne Ungleichheits- oder Sicherheitsbezug eine Rolle spielten, scheinen der umfängliche und auf Inklusivität ausgelegte Partizipationsprozess sowie die Proteste nach Freddie Grays Tod Stimmen sichtbar und laut gemacht zu haben, die vorher unsichtbar und von Hoffnung und Zukunft ausgeschlossen waren. Mit dieser Sichtbarwerdung unterdrückter Erfahrung wird Zukunft letztlich anders gedeutet, nämlich als eine Frage des Überlebens. Nicht das ökologische Narrativ der Übernutzung von Ressourcen und des damit nicht mehr bewohnbaren Planeten in ferner Zukunft ist zentral, sondern das konkrete Überleben im Hier und Jetzt von jungen Erwachsenen, die bedroht sind durch allgegenwärtige Gewalt und Polizeibrutalität.
3.
Schluss
Es ist noch nicht klar, wie die langfristigen Ergebnisse der Nachhaltigkeitsinitiative von Baltimore aussehen werden, d.h. ob die Ansprüche auf eine bessere, gerechtere und vielfältigere Zukunft für kommende Generationen realisiert werden können. Die Baltimore-Initiative hat jedoch bereits gezeigt, wie unterschiedlich die konkreten Ansprüche im Namen von zukünftigen Generationen sein und wie unterschiedlich sie artikuliert werden können, wenn sie von der abstrakteren UN-Ebene in konkrete städtische Umgebungen gelangen. Darüber hinaus veranschaulicht Baltimore die Vernetzung von sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Gerechtigkeit für zukünftige Generationen sowie die Notwendigkeit, intra- und intergenerationelle Gerechtigkeit zu verbinden. Was können wir von Baltimore lernen? Erstens müssen Repräsentationen von Zukunft und zukünftigen Generationen in der Vergangenheit und in der Gegenwart verwurzelt sein, d.h. vergangene und gegenwärtige Ungleichheiten, Konflikte, Unterdrückung und andere Ungerechtigkeiten müssen anerkannt und berücksichtigt werden, um sie in den geplanten Zukunftsperspektiven aufzuarbeiten. Das bedeutet natürlich, kritisch über die dauerhaften Formen von Macht und Herrschaft nachzudenken. Wie kann es für jeden eine lebenswerte Zukunft unter Bedingungen von Unterdrückung, ständiger
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Krise und permanenter existentieller Angst geben? Was bedeutet es für die Zukunft der Afroamerikaner*innen – für die Zukunft Baltimores und anderer Städte –, sich mit der Zukunft als Frage der physischen Verwundbarkeit und des grundlegenden Überlebens auseinanderzusetzen? Wie der Fall Baltimore zeigt, ist die Überlebensfähigkeit nicht nur ein Thema bei Klimakatastrophen, unter denen nicht-weiße Gemeinschaften überproportional leiden, sondern auch in der Stadtpolitik und der Strafverfolgung. Gemeinschaften werden dadurch in einen ständigen Zustand von Angst, Unsicherheit und Mehrfachbedrohungen versetzt. Die auf einem Konzept der Überlebensfähigkeit mit einer klar rassistischen Komponente basierende Zukunft steht in direktem Zusammenhang mit Zukunftsängsten, Ängsten über Verwundbarkeit und der Ausübung von Unterdrückung als Ordnungsform. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass vergangenes und gegenwärtiges Leiden sichtbar gemacht wird und dass auf dieses in zukünftigen Darstellungen reagiert wird, die vielfältig und politisch orientiert sind. Zweitens sollte die Sichtbarmachung von Ungleichheiten mit der Herstellung greifbarer Zukunftsvorstellungen durch diejenigen verbunden werden, die unter Ungleichheiten litten und leiden. Dies kann erreicht werden, indem man politischen Raum für die Artikulation verschiedener Zukunftsszenarien schafft, wie es die Stadt Baltimore versucht hat. Anna Lowenhaupt Tsing (2018) sprach in einem ähnlichen Zusammenhang vom »patchy Anthropocene«, in dem die Ungleichheiten anerkannt werden sollen, die sich historisch, zum Beispiel bei den Schäden durch den irreversiblen Klimawandel, ergeben haben. Die Landschaft für künftige Generationen ist uneben. Was wir aus dem Fall von Baltimore lernen können, ist, dass wir auf bestehenden unebenen Landschaften aufbauen, vergangene Disparitäten und bestehende Ungleichheiten anerkennen und auf die Stimmen derer hören können, die davon betroffen sind. So können Verfahren geschaffen und Institutionen etabliert werden, die auf die Lückenhaftigkeit und Dynamik unserer gegenwärtigen Welt reagieren und uns alle besser in die Lage versetzen, verschiedene, alternative Zukünfte zu verstehen und zu konzipieren. Die entscheidende Bedeutung konkreter utopischer Visionen wird auch in den theoretischen Debatten der postkolonialen Studien hervorgehoben. Utopische Visionen sind deshalb entscheidend, weil sie die Wünsche und Hoffnungen auf einen Zustand der Befreiung und Gleichheit in der Zukunft repräsentieren – eine »Nostalgie nach dem, was noch nicht da ist« (Dhawan 2018, Übersetzung d. Autorin). Wie Nikita Dhawan betont, besteht die Auf-
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gabe von Utopien darin, »sich das Unvorstellbare vorzustellen und angesichts der Hoffnungslosigkeit zu hoffen« (ebd.).
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Das Problem mit der Zeit Zukünftige Generationen und die Heuristik der Zukunft Nejma Tamoudi
Als Erwartungshorizont ist die Zukunft Hort unserer Wünsche, Ziele und Visionen, wie auch verschiedener korrespondierender Sorgen, Nöte und Ängste. Seit jeher veranlasst sie uns dazu, hoffnungsvoll oder besorgt dem gegenüber zu treten, was teilweise ungewiss und teilweise erwartbar ist. In der Folge gibt sie unserem Denken und Handeln in zeitlicher Hinsicht Gestalt und ist zugleich stets aufs Engste verbunden mit Erinnerungen an Vergangenes und Vorstellungen von Gegenwärtigem. Heutzutage befinden wir uns dabei in der paradoxen Situation, durch unsere Entscheidungen und Handlungen die Lebenswelten weit entfernter Zukünfte umfassend beeinflussen zu können, darin jedoch zugleich durch ontologische, epistemische und normative Asymmetrien in unserer korrespondierenden Verantwortungsübernahme gegenüber nachfolgenden Generationen grundlegend herausgefordert zu sein. Zwischenzeitlich sind die verschiedenen sozialökologischen, finanzökonomischen oder infrastrukturellen Zukunftsbezüge unseres gesellschaftlichen Miteinanders dabei zu einem eigenständigen und zentralen Aspekt des politischen Diskurses geworden. Die Aushandlung guter sowie gerechter Strukturen des Zusammenlebens erstreckt sich fortan auch auf eine Vermittlung explizit intergenerationell geteilter Lebenswelten. In diesem Zusammenhang gilt es, Fragen der Energiewende, der Mobilitätsdebatte oder der Sozialstaatsdiskussion nicht allein unter Verweis auf die Forderungen intergenerationeller Ethik und (Zukunfts-)Verantwortung zu diskutieren, sondern ebenso das darin gebundene Zeitlichkeitsphänomen als originären Aspekt des Politischen zu betrachten. Dabei wird zumeist ein quantitativer, den politischen Verfahren und Institutionen äußerlicher Zeitbegriff vorausgesetzt, anhand dessen die Lebenswelten zukünftiger Generationen mit Verweis auf Planbarkeit, Effizienz und Wahrscheinlichkeit in gegenwärtige Entscheidungsprozesse integriert werden. Jedoch greift ein solch
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reduktionistisches Verständnis schlussendlich unweigerlich zu kurz, da es die soziohistorischen Bedingungen unserer Zukunftsbezüge sowie die sich darin vollziehenden Dynamiken der Zeitlichkeit selbst unberücksichtigt lässt. Infolgedessen laufen wir Gefahr, die Asymmetrien unseres Zukunftsbezugs unreflektiert fortzusetzen und dadurch einer verantwortungsvollen Einbindung und Repräsentation nachfolgender Generationen hinderlich entgegenzustehen. Geboten ist folglich eine Analyse des Zeitlichkeitsphänomens selbst sowie eine Re-Evaluation seiner zugleich eröffnenden, wie auch begrenzenden Horizonte politischen Entscheidens und Handelns. In Anlehnung an die zuvor genannten drei Asymmetrien unserer Zukunftsbezüge gilt es dabei zunächst (1.) das Verhältnis von Zeitlichkeit und Politischem darzulegen bzw. zu analysieren, inwiefern unsere Vorstellungen von Zeit das Ergebnis soziohistorisch vermittelter Zeitpraktiken darstellen. Anschließend soll (2.) die aus ontologischer Perspektive unabweisbare Gegenwartsgebundenheit eines jeden Zukunftsbezugs sowie dessen epistemische Abhängigkeit von einer stellvertretend-gestalterischen Auffassung nachfolgender Lebenswelten skizziert werden. Sodass sich (3.) eine jede Einbindung und Repräsentation künftiger Interessen aus normativer Perspektive in der Bereitstellung öffentlich-pluraler sowie utopischer Diskursräume entscheidet, welche eine kritische sowie transformierende Auseinandersetzung mit der Zukunft ermöglichen. Letztlich gilt es folglich auf das zeit- und gesellschaftskritische Potential unserer Zukunftsbezüge hinzuweisen, welches die Gegenwart mit Verweis auf deren unterliegende Zeitpraktiken angesichts nachfolgender Generationen und Lebenswelten zu re-politisieren vermag.
1.
Von Zeitpraktiken und Zukunftshorizonten
Das Politische und die Zeit stehen in verschiedener Hinsicht in einem engen Verhältnis zueinander. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive beispielsweise gilt Zeit als »resource, scarce and nonrenewable, a limited measurably quantity to be allocated through timetables that determine the duration, the tempo, the timing, the sequence, and the periodicity of actions and events« (Schedler/Santiso 1998: 6). Verstanden als unabhängige Variable ist sie dabei in allen Dimensionen des Politischen präsent – sei es mit Blick auf Wahlrhythmen und Legislaturperioden (vgl. polity), immanente Verzögerungsund Beschleunigungstaktiken konkreter Verfahrensgestaltung (vgl. politics)
Das Problem mit der Zeit
oder inhaltliche (Zukunfts-)Entwürfe verschiedener Politikfelder (vgl. policy). Definiert im Sinne einer standardisierten und wertneutralen Maßeinheit gilt Zeit darüber hinaus in den diversen Kontexten einer pluralisierten und globalisierten Welt als universal anwendbar. Dabei liegt dem genannten Zeitverständnis ein vornehmlich reduktionistischer Zugang zugrunde, welcher laut Barbara Adam als in der Tradition einer sogenannten »[i]ndustrial time« (Adam 2005: 11) stehend bestimmt werden kann und dessen Bestandteile – »a) the invariable beat of the clock, b) the economic commodification of time and c) the scientific use of time as measure of abstract motion« (ebd.) – ideengeschichtlich in neuzeitlichen Forderungen nach rationaler Gewissheit gründen. Diese gehen unter anderem mit einer subjektiven Ermächtigung des autonomen (Erkenntnis-)Subjektes gegenüber einer potentiell szientistisch erfassbaren Umwelt sowie der darin eingelassenen, auf instrumentelle Wertschöpfung zielenden, Organisation von Arbeits- und Lebenswelten einher (vgl. Taylor 1995). Zeit gilt folglich, entsprechend dem Raum, als kognitive Kategorie a priori, welche unser Denken und Handeln im Sinne einer vermeintlich naturgegebenen Objektivität ermöglicht bzw. begrenzt. Darüber hinaus fungiert sie als Kausalitäten und Wahrscheinlichkeiten verbürgender Ordnungsrahmen, innerhalb dessen drohende Ungewissheiten durch sequenziell quantifizierbare Einheiten erfassbar und prognostizierbar werden (vgl. Groves 2014). Unberücksichtigt bleibt dabei jedoch, dass Zeit nicht allein als wertneutrale Trägerin objektiver Erkenntnis im Allgemeinen sowie institutioneller Verfahren im Besonderen zu deuten ist. Vielmehr kann sie, erneut Adam folgend, ausgehend von einem »embodiment of practiced approaches to time« (Adam 2005: 10) bzw. im Sinne sogenannter timescapes verstanden werden. Ähnlich räumlicher landscapes, deren materiell/imaginäre sowie kulturell/naturbasierte Bestimmungen unseren Umgang in der Welt mit ausrichten, ist auch Zeit, verstanden als konkrete Zeitpraktik, in einem entsprechenden Zusammenhang zu verorten. Die sich darin zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erstreckenden Verweisungsstrukturen sind eingebettet in lebensweltliche Kontexte sowie deren »rhythmicities, their timings and tempos, their changes and contingencies« (ebd.). Dies lässt sich insbesondere unter Rückgriff auf eine sozialphänomenologische Perspektive begründen, wonach Zeitlichkeit als primordiale Eigenschaft sozialer Wirklichkeit erscheint (vgl. Ricœur 1994). D.h. die verschiedenen subjekt- und sozialkonstitutiven Bezüge unserer (praktischen und theoretischen) Lebenswelten spannen sich stets innerhalb einer dezidiert zeitlichen Dialektik auf. Diese entfaltet sich zwi-
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schen der perspektivischen Stabilität und Erwartungssicherheit präreflexiv geteilter, generationenübergreifender Mit-Welten einerseits und deren Negation sowie Ungewissheit angesichts verschiedener, das Gewohnte vor dem Hintergrund bislang unberücksichtigter Vergangenheits- und Zukunftsbezüge (diskontinuierlich) herausfordernder Zeiterfahrungen andererseits. Zeitpraktiken unterliegen somit einer andauernden Wiederaneignung und Neuauslegung im Rahmen unterschiedlicher Erfahrungs- und Handlungsräume sowie der darin gegebenen ideellen und materiellen Bedingungen unserer Zeitbezüge.1 Timescapes sind folglich zu bestimmen als kollektiv geteilte Horizonte, innerhalb derer wir uns in unseren ontologischen, epistemischen und normativen Selbst- und Weltbezügen stets (intuitiv) ausrichten. Aus ideengeschichtlicher Perspektive lassen sich die verschiedenen Zeitpraktiken dabei in vormodernem Sinne ausgehend von natürlichen oder kosmologischen Rhythmen einer zyklischen Wiederkehr, sodann mit Verweis auf geschichtsteleologisch gegebene Gewissheiten der klassischen Moderne in linear fortschreitendem Sinne auslegen. Wobei letzteres Zeitverständnis unter anderem dadurch gekennzeichnet ist, dass die drei Dimensionen des Vergangenen, Gegenwärtigen und Zukünftigen auf dezidiert normative Weise miteinander verbunden sind. Dabei kommt insbesondere der Gegenwart als Ort sich überschneidender Zeitpraktiken eine zentrale Funktion zu, im Rahmen derer die Verweisungsstrukturen der Zeit einer an die Gesellschaft übereigneten soziohistorischen Vermittlung retrospektiv erfassbarer Erfahrungsräume mit alternativ gestaltbaren Erwartungshorizonten entspringen (vgl. Koselleck 2003; Ricœur 2007). Das den zeitlichen Zusammenhang aus normativer Perspektive mittragende Ideal einer objektiv erfassbaren, den rationalen Fortschritt artikulierenden, universalen Menschheitsgeschichte ist in seiner Genese und Gültigkeit dabei selbst in die Vermittlung und Integration zugrundeliegender Zeitpraktiken eingebunden. Zeit ist in ihrer Konstitution somit fortan wesentlich verzeitlicht bzw. performativ in besagten gesellschaftlichen Vermittlungsprozessen aufgehoben. Eingelassen in die säkularen sowie funktional differenzierten Strukturen der Spätmoderne gilt solch ein qualitativ übergreifendes Zeitverständnis
1
Dabei kommt es gerade der, in diesem Zusammenhang anklingenden, pragmatistischen Engführung der soziohistorischen Auslegungs- und Aneignungsbewegung zu, einer möglichen fundamentalontologischen Lesart der Zeitlichkeit zuvorzukommen. Zeitlichkeit verstanden als Zeitpraktik ist letztlich irreduzibel auf jede Form eines abschließenden Gründungsverhältnisses.
Das Problem mit der Zeit
heute hingegen als grundlegend herausgefordert bzw. wesentlich zukunftsoffen (vgl. Rosa 2014; Adam/Groves 2007). Denn »[d]ieser temporale Einklang ist durchaus nicht immer schon gewährleistet, sondern muss in politischen und sozialen Auseinandersetzungen erst hergestellt werden.« (Rosa 2014: 36, Herv.i.O.) Zeit wird folglich zum originären Gegenstand gesellschaftlicher Integrations- und Vermittlungsprozesse. Dabei fügen sich die Zeitpraktiken unserer diversen Lebenswelten nicht länger in den Rahmen einer normativ verbürgten Weltzeit ein, sondern konfligieren innerhalb eines komplexen Synchronisierungsgeschehens (vgl. Rosa 2014). Eine Entwicklung, welche jedoch dazu neigt das »temporalspezifische Kernproblem der Organisation einer stabilen Sphäre der politischen Öffentlichkeit« (Rosa 2014: 413) zu reduzieren auf die Vermittlung verschiedener Zeiterfahrungen im Rahmen einer vermeintlich abstrakten, funktionalen sowie quantifizierbaren temporalen Bemessungsgrundlage. Eine Reduktion, welche schlussendlich zu einer problematischen Entleerung öffentlich-zeitlicher Referenzpunkte des Entscheidens, Folgenabschätzens und Handelns beiträgt (vgl. polity, policy, politics): »Current world-time has become quantitative and does not provide an understanding of the world as a whole any more.« (Nassehi 1994: 57) Das Politische erscheint in der Folge zwar als Ort der Synchronisierung, nicht jedoch als an dieser zeitkonstitutiv und -integrativ beteiligt. Ein Umstand, welcher die Möglichkeit einer (gesellschafts-)kritischen Perspektive auf die öffentliche Aushandlung divergierender Zeiterfahrungen einerseits sowie die in diesem Zusammenhang dominierenden Zeitpraktiken andererseits auf problematische Weise einschränkt. Dabei ermöglicht es gerade die zuvor beschriebene Perspektive sogenannter timescapes jenes vermeintlich de-politisierte Zeitverständnis einer kritischen Reflexion zu unterziehen, insofern auch dieses lediglich vor dem Hintergrund spezifischer soziohistorischer Entwicklungsdynamiken zu verstehen ist. Ausgehend hiervon steht Zeitlichkeit weder gänzlich außerhalb des Politischen – verstanden als rein neutrale Trägerinnenschaft konfligierender Zeiterfahrungen. Noch geht sie in sozialkonstruktivistischem Sinne vollständig in dessen institutionalisierten Verfahren und Strukturen auf. Vielmehr entspringt sie einem unaufhörlichen Prozess wechselseitiger Verschränkung von politischen Steuerungskompetenzen, gesellschaftlichen Lebenswelten und impliziten Zeitverständnissen innerhalb konkreter Zeitpraktiken. Vor diesem Hintergrund lässt sich das eingangs genannte Verhältnis zwischen Zeit und Politischem schlussendlich reformulieren als wechselseitiger Bezug zwischen einer sogenannten governance by time und einer governance of
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time (vgl. Bornemann/Strassheim 2019). Demnach könne Zeit zwar durchaus als ein »tool of governance« verstanden werden, »whenever temporal structures, windows of opportunity or the rhythm of the political process is used to guide and coordinate collective action«. Zugleich aber fungiere sie ebenso als »object of governance«, demzufolge »governing practices influence temporal orders that structure and orient individuals and collective perceptions and images of time« (ebd.: 1007, Herv.i.O.)2 . Eine Nichtberücksichtigung jenes Wechselbezugs käme schlussendlich also einer Reduktion der soziotemporalen Gestaltungskräfte des Politischen sowie der darin vermittelten verschiedenen ontologischen, epistemischen und normativen Dimensionen des Zeitlichen gleich.
2.
Von Gegenwartsbindungen und Gestaltungswillen
Die Ausklammerung des Zeitlichen aus dem Politischen ist dabei unter anderem mit Blick auf die Berücksichtigung der Interessen zukünftiger Generationen problematisch, insofern deren Einbindung und Repräsentation direkt abhängig ist von den jeweils vorausgesetzten Zeitpraktiken und -horizonten (vgl. Tamoudi/Reder 2019). Dabei gilt es zunächst hervorzuheben, dass sich die Betroffenheit der Zukunft nicht allein in den normativen Kriterien intergenerationeller Gerechtigkeit erschöpft. Vielmehr befindet sich Zukunft ebenso in eine ontologische und epistemische Asymmetrie gegenüber der Gegenwart gestellt. Erstere basiert dabei Derek Parfit (1984) zufolge auf der Einsicht, dass wir nachfolgenden Generationen aus kontrafaktischer Perspektive strenggenommen nicht schaden können: Mithin ruft eine jede unserer Handlungen – noch vor ihrer normativen Einordnung – die Existenz gänzlich anderer und damit weder schlechter- noch bessergestellter Generationen hervor, so dass sich Zukunft in ontologischer Hinsicht in einem Zustand dauerhaft ausgesetzter Identitätszuschreibung befindet. Mit Blick auf die Forderung nach einer politischen Einbindung künftiger Interessen bedeutet dies folglich eine Problematisierung der Repräsentation
2
Dies zeigt sich Basil Bornemann und Holger Strassheim zufolge insbesondere mit Blick auf aktuelle Nachhaltigkeitsdebatten: »By aligning collective decisions and actions with a forward-looking timeframe, sustainability assessments indirectly shape the temporal norms and ideas of the respective collective in a forward-looking way.« (Bornemann/Strassheim 2019: 1005).
Das Problem mit der Zeit
selbst, insofern diese klassischerweise die Bestimmung konkreter Subjekte oder Interessen voraussetzt (vgl. Köhler 2017). Nachfolgende Generationen lassen sich demnach – pace Robert Goodin (2003) – im Rahmen des Politischen nicht einfach mitvertreten. Vielmehr werden sie innerhalb der »collective decisions and […] shared objectives« (MacKenzie 2018: 257) gegenwärtiger Gemeinwillen in einem gewissen Sinne immer auch mitkonstituiert. Ein Verhältnis, welches sich entlang kollektiv geteilter sowie institutionalisierter Erwartungshorizonte konkreter Zeitpraktiken entfaltet, innerhalb derer nicht nur politische Verantwortlichkeiten, Handlungsoptionen und Zielsetzungen als »fundamentally future-oriented« (ebd.) erscheinen – sondern darüber hinaus auch zukünftige Generationen allererst als erweiterte Partnerinnen des Politischen sowie Trägerinnen konkreter Rechte repräsentierbar werden. Mit Blick auf die zuvor beschriebene Dynamik unserer Zeitpraktiken basiert die Berücksichtigung künftiger Interessen somit nicht allein auf einer stellvertretenden Gegenwart, deren Zukunftsbezug rein äußerlich ist. Vielmehr ruft jene zugleich ein, der Bezugnahme immanentes, gestalterisches Potential auf den Plan: »When we extend ourselves into the future through imagination and through action we make and take futures.« (Adam/Groves 2007: 150)3 Insbesondere aus intergenerationeller Perspektive zeigt sich folglich die enge Beziehung zwischen dem Phänomen politischer Repräsentation einerseits und dessen unterliegenden Zeitpraktiken andererseits, wonach »representation ought to be seen as a social dynamic (an event) before it is an institutionalized fact (a presence)« (Saward 2010: 115). Dabei kennzeichnet die Repräsentation der Zukunft eine unausweichliche epistemische Unschärferelation4 , welche zumeist mit einem rationalen Skeptizismus angesichts unvorhersehbarer künftiger Transformationsprozesse in Verbindung gebracht wird. Zugleich aber kann jene ebenso auf 3
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Ein Aspekt, welcher innerhalb der Zukunftsdebatte unter anderem im Rahmen des sogenannten globalen und soziotechnischen Imaginären weiter ausgeführt wird (vgl. u.a. Jasanoff/Kim 2015; Steger/James 2013; Steger/Patomäki 2010; Milkoreit 2017; Tamoudi, im Erscheinen). Dies trifft letztlich auch Ansätze, welche die ontologische Problematik einer Bestimmung nachfolgender Generationen als repräsentierbare Kollektivsubjekte durch identitätsunabhängige Verweise auf eine universale und transtemporale Verpflichtung gegenüber der Menschheit als Ganzer zu umgehen suchen (vgl. Meyer 2005). Insofern auch deren potentielle Interessen, Bedürfnisse und Rechtsansprüche der Umgrenzung epistemischer Horizonte und Gewissheiten unterliegen.
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die genannte Verschränkung stellvertretender und gestalterischer Zukunftsbezüge zurückgeführt werden, wodurch wir schlussendlich in den metareflexiven Bereich gesellschaftskritischer (Zeit-)Analysen verwiesen sind. Mit Blick auf die Herausforderung einer Einbindung künftiger Interessen lässt sich dies paradigmatisch anhand der Beschleunigungsdebatte skizzieren. Dieser zufolge sehen wir uns gegenwärtig gestiegenen technischen Einfluss- und Prognosefähigkeiten gegenüber, bei einer gleichzeitig dennoch signifikanten Abnahme soziopolitischer Risikobewältigungs- und Gestaltungskompetenzen (vgl. Groves 2014; Rosa 2014). Überdies führt das zeitliche Vorwärtsdrängen der Spätmoderne, getragen von funktionalen Differenzierungsdynamiken sowie netzwerkbasierten Informations- und Kommunikationstechnologien, zunehmend in die Immanenz einer punktuellen Gegenwart (vgl. Hassan 2008; Scheuerman 2001). Wodurch wir uns nicht länger allein einer globalen, sondern ebenso einer transtemporalen Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen ausgesetzt sehen. Gegenwart und Zukunft scheinen fortan in eins zu fallen bzw. »[p]olitics, democracy, and our already-diminished relationship with time, takes on the baleful »duration« of an eternal present« (Hassan 2008: 15). In der Folge erscheint Zukunft nur mehr als quantitative Ableitung einer nicht länger zwischen Vergangenem und Künftigem vermittelnden soziohistorischen Gegenwart. Eine Entwicklung, welche letztlich entscheidende Auswirkungen auf die Zukunftsbezüge des Politischen im Allgemeinen sowie die Einbindung nachfolgender Generationen im Besonderen hat. Dabei führt eine entsprechende Gleichsetzung intra- sowie intergenerationeller Perspektiven zu einer Konzentration auf die Gegenwart als selbstbezüglichem Referenzpunkt effizienter Zeitpolitik, wodurch die stellvertretend-gestalterischen Aspekte des Zukunftsbezugs letztlich in die instantane Verfügbarkeit eines sinn- und bedeutungsentleerten Raumes münden – »open to manipulation, managament and control, and subject to commodification, allocation, use and abuse« (Adam 2005: 11). Zugleich tritt die politische Steuerungskompetenz5 solch einer leeren Zukunft zunehmend hinter 5
Dabei lässt sich ein Schließen zeitintensiver Diskursräume sowie eine Verlagerung drängender Entscheidungen in exekutive oder expertokratische Kreise beobachten, wodurch insbesondere repräsentativ-deliberative Formen des Politischen zunehmend an normative Grenzen stoßen – ursprünglich verbürgt durch unterschiedliche Aspekte konstitutioneller und legislativer Trägheit. In der Folge lassen sich aus politikphilosophischer Perspektive Ansätze unterscheiden, welche entweder eine signifikante Entschleunigung fordern (vgl. Saward 2017) oder aber für eine weitere Dynamisierung
Das Problem mit der Zeit
die vermeintlich größere Effizienz ökonomischer, technischer und szientistischer Rationalität(en) zurück; ungeachtet der Tatsache, dass »democratic and economic/technological processes operate on completely different temporal levels« (Hassan 2008: 14). Dadurch kommt es schließlich zu einem problematischen »Verlust des temporalen politischen Richtungsindexes« (Rosa 2014: 416) selbst, wodurch das Politische seine gegenwartssynchronisierende sowie zukunftsgestaltende Rolle im Rahmen kollektiv geteilter Zeitpraktiken verliert. Die Interessen zukünftiger Generationen wiederum erscheinen vor diesem Hintergrund nicht länger als Bestandteile eines institutionell sowie gesamtgesellschaftlich zu verbürgenden Vermittlungs- und Integrationsprozesses, sondern als äußere Herausforderungen einer rational erfassbaren transgenerationellen Gewissheit. Die epistemische Unschärfe der Zukunft, welche durch die Beschleunigung der Gegenwart weiter vorangetrieben wird, erscheint somit primär als das Ergebnis kognitiver Einschränkungen szientistischer Erfassbarkeit und technischer Machbarkeit, mit welchen letztlich kein (kritisches) politisches Gestaltungspotential mehr korreliert. Dabei lässt sich besagte Unschärferelation lediglich vordergründig als rein äußeres Erkenntnishindernis wahrnehmen. Von der Warte der zugrundeliegenden Zeitpraktiken aus gesehen, entspringt sie vielmehr der im Rahmen einer stellvertretend-gestalterischen Repräsentation zukünftiger Interessen stets vorauszusetzenden ontologischen Identitätsaussetzung einerseits sowie deren re-konstituierenden Wiederaneignung im Rahmen unterschiedlicher Zukunftsentwürfe und -handlungen andererseits. Dabei sind die verschiedenen Rhythmen unserer (beispielsweise kognitiven, ökologischen, religiösen etc.) Weltbezüge nicht einfach als ökonomisch, technisch oder szientistisch gleichgeschaltet zu betrachten, sondern als herabgesunken in die Latenz unterschwelliger Zeiterfahrungen: »As such, these negated modes are implicated in the specific contradictions that arise when modern futures are engineered institutionally by political, legal, economic or scientific means and when they are transformed technologically.« (Adam/Groves 2007: 79) D.h. sie wirken fort im Sinne der Bildung immanenter Widersprüche, wonach unser Zukunftsbezug einerseits auf die Bemessung, Voraussicht und Beherrschung leerer Horizonte zielt sowie andererseits die verschiedenen kontextuellen Dimensionen dieses Strebens zugunsten einer vermeintlichen Objektivität seiner selbst aussetzt. Erst eine zeitreflexive Analyse ist in des Politischen und der damit einhergehenden Außerkraftsetzung tradierter (Herrschafts-)Ontologien plädieren (vgl. Connolly 2002).
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der Lage, das hierbei entscheidende wechselseitige Bedingungsverhältnis offenzulegen und hervorzuheben, dass sowohl die epistemische Erfassung künftiger Interessen als auch »the capacity of democratic agents to act upon effective perceptions of time and speed« (Saward 2017: 366) letztlich in den Zeitpraktiken der politischen Bezugnahme selbst gründen. Folglich gilt, dass »control over the creation and experience (individual and collective) of the timescapes of postmodernity should be within properly synchronizing democratic structures instead of a neo-liberal turmoil emanating from the ideological fetish for speed.« (Hassan 2008: 19)6
3.
Von Ungehörtem und Utopien
Die ontologische und epistemische Abhängigkeit künftiger Generationen von gegenwärtigen Zeitpraktiken und -horizonten geht schlussendlich mit einer basalen Stimmlosigkeit der Zukunft einher. Dies stellt insbesondere aus der Perspektive politischer Responsivität und Mitsprache eine zentrale normative Herausforderung dar (vgl. Dobson 2012). Basierend auf der liberalen Trias von Freiheit, Gleichheit und Autonomie lässt sich innerhalb des politikphilosophischen Diskurses dabei auf eine Vielzahl unterschiedlicher Reformvorschläge verweisen (vgl. González-Ricoy/Gosseries 2016).7 Wobei deren gemeinsamer Nenner in einem vornehmlich systemimmanenten Reforminteresse besteht, dessen Ausrichtung Gefahr läuft »systematically biased in favor of the present generation« (Kates 2015: 517)8 zu sein – solange ihm nicht zu6
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Robert Hassan zufolge beschreibt die Kontrolle politischer Zeit nicht nur einen wesentlichen Aspekt demokratischer Verfahren und Institutionen, sondern kann überdies zu einem Menschenrecht erklärt werden (vgl. Hassan 2008: 19), was ausgehend von der eingangs beschriebenen sozialphänomenologischen Perspektive mit Verweis auf die existentiale Dimension des Zeitlichkeitsphänomens begründet werden kann. Vgl. unter anderem die Einführung von Veto- und Initiativrechten auf Seiten intergenerationeller Ombudspersonen oder Proxy-Vertreter*innen, die Implementierung von Nachhaltigkeitsprinzipien auf konstitutioneller Ebene oder die Änderung des Wahlrechts zugunsten jüngerer Wähler*innengruppen, bis hin zu menschenrechtsbasierten Überlegungen auf supranationaler Ebene. Dieser Einwand gilt letztlich auch gegenüber metareflexiven Standpunkten, welche die Problematik der Gegenwartsgebundenheit institutioneller Reformen anerkennen und infolgedessen auf eine transtemporale Sicherung allgemeiner Grundstrukturen politischer Selbstbestimmung zielen (vgl. Thompson 2011). Auch diese gewinnen ihre normative Kraft jedoch aus bestimmten Vorannahmen politischer Grundinteressen
Das Problem mit der Zeit
gleich eine Analyse der die jeweiligen Institutionen und Verfahren prägenden Zeitpraktiken an die Seite gestellt wird. Ein Einwand, welcher nicht zuletzt auch die darin vorausgesetzten normativen Begründungsfiguren generationenübergreifender gerechter Grundstrukturen triff. Denn bereits diese müssen als eingebunden in lebensweltliche Erfahrungskontexte (vgl. Thompson 2009) sowie soziohistorische Verweisungsstrukturen konkreter Zeitpraktiken (vgl. Faets/Tamoudi/Reder 2018) verstanden werden. Begründet unter erneutem Rückgriff auf die sozialphänomenologische Tradition finden sich Moralsubjekte demnach von vornherein in zeitliche Bezüge gestellt, insofern sie »als Handelnde oder Leidende der Handlung […] auf die erinnerte Vergangenheit, die erlebte Gegenwart und die antizipierte Zukunft des Verhaltens des Anderen gerichtet [sind, N.T.].« (Ricœur 2007: 179) Dabei ist deren ethische Beziehung zueinander jedoch nicht durch Prinzipien, wie Autonomie, Gleichheit oder Rationalität transtemporal zu verallgemeinern oder begrifflich festzustellen. Hingegen bleibt sie abhängig von einer basalen ontologischen und epistemischen Unschärfe angesichts eines Gegenübers, dessen Bestimmung als Erfahrungs- und Handlungssubjekt einem abschließenden Zugriff grundsätzlich entzogen bleiben muss (vgl. Ricœur 2005, 2006). Am Ursprung wechselseitiger Rücksicht- und Verantwortungsübernahme steht vielmehr eine unabweisbare »temporality of noncoincidence, patience and surprise« (Barnett 2005: 12) – artikuliert im potentiellen Widerspruch des Anderen, welcher uns kraft seiner Verletzbarkeit sowohl in die zugehörige Verantwortungsexistenz ruft als auch bereits bestehende Strukturen der ethischen Bezugnahme kritisch aufzubrechen vermag. Das korrespondierende Moment einer aktiven Übernahme von Verantwortung wiederum ist folglich irreduzibel auf universale oder transtemporale Forderungen sozialer Gerechtigkeit und politischer Legitimation. Vielmehr ist es gekennzeichnet von einer inchoativen Gültigkeit, welche die ethische Beziehung zum Anderen einerseits innerhalb primordial geteilter Relationen ethischer Bezugnahmen repräsentiert, deren Ordnung des Normativen sich andererseits jedoch soziohistorisch stets neu zu bewähren hat.9
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und -bedürfnisse, welche sich entlang konkreter Zeitpraktiken entfalten – Zukunft, so muss folglich betont werden, ist nicht erfassbar »through acquisition and consumption of goods with predefined meanings received through a distributive scheme, but through acts of creation, production and consumption« (Groves 2014: 84). Die levinas’sche Grunddynamik solch eines Moralverständnisses ließe sich dabei ausgehend von Paul Ricœurs »Kleiner Ethik« auf eine zwischen dem ethischen Verspre-
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In normativer Hinsicht bewegen wir uns demnach stets in einer grundlegend verzeitlichten Gegenwart, welche vor dem Hintergrund gewohnter Ordnungen des Normativen – »in the sense of aligning multiple subjects and claims into a relation of identity and comparison« (ebd.: 11) – fortlaufend dem herausfordernden Widerspruch durch mögliche Handlungspartner*innen und -betroffene ausgesetzt bleibt. Dadurch sind unsere ethischen Beziehungen einer unablässigen Re-Artikulation in Form von Verantwortlichkeiten neu definierenden Zukunftsentwürfen ausgesetzt, welche letztlich auch die verschiedenen Prinzipien gerechter sozialer Grundstrukturen und konkreter politischer Verfahren umfassen. Diese lassen sich in der Folge als regulative (Grenz-)Ideen verstehen, deren projektive Struktur den Rechtfertigungsfokus vom transtemporalen Moralsubjekt auf die zeitliche Relation der ethischen Beziehung selbst verlegt. Dies ist umso deutlicher im Rahmen intergenerationeller Herausforderungen zu beobachten, insofern eine »genuine transformation of intergenerational ethics means putting the future into ethics« (Groves 2014: 100, Herv.i.O.). Aus normativer Perspektive erscheint Zukunft dabei als die Andere bzw. als ethisches Gegenüber, welches die vorläufigen Repräsentationen, Verfahren und Institutionen der Gegenwart aufgrund ihrer potentiellen Betroffenheit nicht nur normativ herausfordert, sondern zugleich als erst noch zu bewährende Verantwortungsübernahmen kennzeichnet. Andrew Dobson hat in diesem Zusammenhang deshalb auf eine Integration des Prinzips des Hörens verwiesen. Insofern ein Wechsel vom logozentrischen Argumentieren zum passiven Empfangen genau jene Stimmen und Latenzen deutlich mache, welche innerhalb der gewohnten Perspektiven des Normativen systematischen Ausschlüssen unterliegen (vgl. Dobson 2012). Dabei muss allerdings – unter Verweis auf das zuvor Gesagte – eingewendet werden, dass auch das Zuhören bereits bestimmten (Zeit-)Praktiken bzw. einer konkreten Vermittlung von Erfahrungsräumen und Erwartungshorizonten sowie der darin vorausgesetzten ontologischen und epistemischen Rahmenbedingungen unterliegt, im Rahmen derer Zukunft überhaupt erst als solche wahrnehm- und hörbar wird. D.h. auch die normative Dimension eines zuhörenden Zukunftsbezuges ist immer bereits von Verweisungsstrukturen gekennzeichnet, welche sich zwischen den beiden Polen einer entweder zukunftssolidarischen (vgl. chen der Verantwortungsübernahme einerseits und dessen praktischem Bezeugen andererseits oszillierende, kommunikative sowie narrative Zukunftsethik ausweiten (vgl. Ricœur 2005; Faets/Tamoudi/Reder 2018).
Das Problem mit der Zeit
present-for-the-future, Groves 2019) oder -diskontierenden Haltung (vgl. futurefor-the-present, ebd.) verorten lassen. Daher ist nicht allein die ethische Beziehung (zur Zukunft), sondern bereits deren soziohistorischer Rahmen als wesentlich verzeitlicht zu begreifen und in normativer Hinsicht dementsprechend zur Disposition zu stellen. Im Sinne solcher »phenomenological approaches to the future« (Knappe et al. 2019: 892) und unter Berücksichtigung der zuvor beschriebenen ontologischen Problematik ihrer (Noch-)Nicht-Existenz kann der Zukunft dabei eine dezidiert utopische Dimension zugeschrieben werden, im Rahmen derer sie als imaginative Platzhalterin unserer zeitlichen Bezüge erscheint. Wobei sich letztere darin nicht nur kritisch befragen, sondern zugleich mit Verweis auf alternative Variationen des intergenerationellen Miteinanders konstruktiv durchsteigen lassen. Dabei findet eine entsprechende Berücksichtigung des Utopischen in jüngster Zeit wieder vermehrt Eingang in sozialund politikphilosophische Debatten, basierend auf einem »double effect of throwing into sharp relief the imperfections of the present and providing a standpoint for criticism […] and of offering an accessible replacement, the ideal future« (Goodwin/Taylor 2009: 16f.). Verstanden aus der Perspektive einer gesellschafts- sowie zeitkritischen Heuristik ist das Utopische dabei jedoch keineswegs auf totalisierende sowie hegemoniale Blaupausen substantieller Sozial- und Zukunftsentwürfe bezogen (vgl. Levitas 2013). Vielmehr gewinnt es seine emanzipatorischen Kräfte aus den Dynamiken einer gestalterischen sozialen Imaginationskraft. Diese ist ausgehend von der Vorstellung alternativer Horizonte des Gegebenen kritisch auf die normativen Verweisungsstrukturen des Status quo gerichtet, wobei sie darin zugleich in konstruktivem Sinne vorzeichnet, »how our society might reasonably transition from the current reality to the imagined one« (Milkoreit 2017: 8). Dabei ist das Utopische gekennzeichnet von einem imaginativen Modus, welcher anstelle einer reinen Fiktionalität insbesondere den zeitlichen Aufschub der Zukunft spiegelt. In der Folge muss die utopische Heuristik zwar einerseits beständig an der eigenen Realisierung scheitern, zugleich aber entspricht sie darin dem aus normativer Perspektive entscheidenden »survival of alterity and its continuing resistance to the authority of the present« (Levitas 2013: 188). Will das Utopische dabei in seiner kritischen Haltung jedoch praktischen Bestand und theoretische Klarheit beanspruchen, so muss es dennoch innerhalb der Sinn- und Bedeutungsstrukturen bestehender Zeitpraktiken
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artikulierbar sein.10 Dadurch vermag es uns zugleich innerhalb der Vermittlungsdynamiken einer Gegenwart zu verorten, welche als »contingent product of history, struggle and betrayal rather than as immutable, fixed form« (Bell 2017: 80) zu begreifen ist. Die Zukunft ist folglich keine Platzhalterin eines idealisierten Transzendenten bzw. keine ganz Andere, sondern muss als mit uns immer schon in einem über Zeitpraktiken vermittelten soziohistorischen Dialog des Normativen stehend verstanden werden. Darüber hinaus wohnt einem dergestalt konzeptualisierten Utopischen zugleich eine dezidiert globale Perspektive inne, insofern sein emanzipatorisches und sozialtransformatives Potential letztlich auf die Menschheit als Ganze gerichtet ist (vgl. Levitas 2013; Ricœur 2007). Dabei ist es insbesondere dessen zeitlicher Dynamik zuzurechnen, dass sich die beiden Aspekte einer universalen Forderung bzw. eines korrelierenden Zukunftsentwurfs einerseits und dessen nichtsdestotrotz unabweislicher Gegenwartsgebundenheit andererseits im Rahmen potentieller Diskontinuitäten unserer Zeiterfahrungen stets aufs Neue verhandeln lassen und dadurch einer einseitigen Feststellung entgegenstehen. Eine entsprechende Perspektive ist dabei vor allem mit Blick auf intergenerationelle Verantwortlichkeiten von Interesse, insofern sich deren potentiell globaler Radius aufgrund zwischenzeitlicher Migrationsbewegungen und fehlender ökologischer Grenzen nicht zwangsläufig mit demjenigen lokaler Ursprungshandlungen deckt (vgl. Meyer 2005). Schlussendlich muss eine gesellschafts- und zeitkritische Heuristik der sich zwischen künftig einstellenden Gegenwarten und gegenwärtig entwor10
Das Utopische muss dabei, Paul Ricœur in dessen Analysen folgend, als in einer konstitutiven Wechselbeziehung mit dem Ideologischen stehend verstanden werden, wobei letzteres die unsere Entscheidungs- und Handlungskontexte prädominierenden Sinnund Bedeutungsstrukturen umfasst. Zusammen bilden beide die zeitlichen Verweisungsstrukturen der eingangsskizzierten Gegenwart sozialer Wirklichkeit ab: »Whether distorting, legitimating, or constituting, ideology always has the function of preserving an identity, whether of a group or individual. […] [U]topia has the opposite function: to open the possible. […] Utopia, on the other hand, is always the exterior, the nowhere, the possible. The contrast between ideology and utopia permits us to see the two sides of the imaginative function in social life.« (Ricœur 1986: 182) In diesem Rahmen lässt sich darüber hinaus das argumentative Fehlen des Dystopischen erläutern, insofern sich auch die Artikulation anti-utopischer Zukunftsentwürfe entlang der beiden Strukturmomente des Ideologischen und Utopischen vollzieht. Nicht nur basiert eine jede Vorstellung des Dystopischen auf der Eröffnung bestimmter Möglichkeiten des Imaginären, auch geht dessen gesellschaftskritische Perspektive stets mit der Gegenfolie eines emanzipatorischen sowie sozialtransformativen Morgens einher.
Das Problem mit der Zeit
fenen Zukünften entfaltenden ethischen Bezüge in utopischer Hinsicht als sowohl frei imaginiert, wie auch raumzeitlich kontextualisiert verstanden werden: »[W]hat is pragmatically possible is not fixed independently of our imaginations, but is itself shaped by our visions.« (Wright 2010: 4) Infolgedessen kommt es insbesondere der narrativen Struktur des Utopischen als Erzählung zu, künftigen Lebenswelten in ihrer normativen Betroffenheit eine bereits heute hörbare Stimme zu verleihen. Dabei kreuzen sich die beiden Perspektiven eines intergenerationellen Verantwortungsdialogs unweigerlich im Rahmen der Gegenwart, ausgehend von welcher Zukunft allererst möglich bzw. hörbar erscheint. Die zuvor angemahnte Problematik einer oftmals fehlenden Reflexion der Zeitbezüge innerhalb intergenerationell ausgerichteter politikphilosophischer Reformvorschläge gründet somit weniger in den Grenzen des Politischen angesichts einer letztlich unbestimmbaren Zukunft. Vielmehr verweist sie auf die Gegenwart unserer »limited capacity to engage in productive deliberation« (MacKenzie 2018: 258). Parallel zu einer entsprechenden Neuausrichtung der ontologischen, wie auch epistemischen Aspekte einer Repräsentation nachfolgender Generationen, geht folglich auch die normative Perspektive mit einer Re-Evaluation politischer Responsivitäts- und Mitsprachestrukturen angesichts der von uns mit-entworfenen Stimmen der Zukunft einher. Diese müssen letztlich aus einer Verbindung von szientistisch Wahrscheinlichem, imaginativ Möglichem und politisch Wünschenswertem hervorgehen, wobei Letzteres nicht allein auf die Einbindung bereits akzeptierter Zukunftsinteressen und -bedürfnisse beschränkt ist, sondern zugleich deren stete Neuvermittlung berücksichtigt: »Thus, political spaces in which multiple future visions and practices can be made visible and enabled are crucial for any democratic considerations of the future.« (Knappe et al. 2019: 895) Darüber hinaus ist es entscheidend, die zuvor skizzierten Einschränkungen zeit- und gesellschaftskritischer Reflexions- sowie Gestaltungskräfte angesichts offener, leerer und beschleunigter Zeitverständnisse mit dem gleichzeitig zu beobachtenden Rückgang utopischer Potentiale innerhalb sozialphilosophischer, soziologischer sowie politiktheoretischer Überlegungen (vgl. Habermas 1985; Nassehi 1994; Rosa 2014) engzuführen. Hierbei zeigt sich, dass die Auseinandersetzung mit der Zukunft nicht allein durch die Prädominanz reduktionistischer Zeitkonzepte herausgefordert ist, sondern ebenso durch die Zugänglichkeit zum Zukunftsdiskurs selbst: »[S]cientific and social processes for engaging with the future […] tend to be available only to a very limited number of individuals, reducing the breadth and diversity
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of ideas developed, but also concentrating imagination capacity and power in the hands of a few.« (Milkoreit 2017: 8) Mithin verweist eine normative Analyse unserer Zukunftsbezüge somit nicht nur auf die Herausforderung einer Re-Politisierung ihrer unterliegenden Zeitpraktiken, sondern ebenso auf deren Pluralisierung im Sinne einer »conceptualization of a multiple and openended utopianism« (vgl. Sargisson 1996: 20). D.h. die Auseinandersetzung mit nachfolgenden Generationen muss an einen öffentlichen und vor allem multidimensionalen Diskursrahmen demokratischer Institutionen verwiesen werden, welcher nicht nur unterschiedliche (beispielsweise dystopische, satirische oder hoffnungsvolle) Zukunftsbezüge formulierbar macht, sondern darin zugleich die Vielfalt der in die Latenz herabgesunkenen Zeiterfahrungen unterschiedlicher Lebenswelten re-artikuliert. Was schlussendlich auch zu einer gesteigerten motivationalen sowie solidarischen Verankerung des Zukunftsbezugs führen würde. Zur Implementierung einer entsprechenden Heuristik lässt sich dabei auf eine Reihe unterschiedlicher Aspekte des Politischen verweisen, welche nicht nur die partizipatorische Ausweitung (zivil-)gesellschaftlicher Beteiligungsmöglichkeiten als integrierende sowie transgressive Stimmen innerhalb der jeweiligen Zeitpolitiken hervorhebt. Sondern ebenso die Verankerung jener als Querschnittsaufgabe im Sinne konkreter Erinnerungskulturen und Zukunftsentwürfe verschiedener Policy-Felder umfasst. Zugleich bedarf es darüber hinaus aber auch einer Förderung generationenübergreifender und intersektionaler politischer Bildung sowie einer Schaffung (markt-)freier Forschungs- und Kreativräume, im Rahmen derer sich unsere gestalterischen sozialen Imaginationskräfte in dezidiert zeit- und gesellschaftskritischem Sinne entwickeln können – insofern ein jeder Wandel hin auf ein Mehr an Rücksichtnahme und Verantwortung angesichts nachfolgender Generationen seinen Ausgang, in blochscher Manier, stets von sozialen Träumen, Vorstellungen und Visionen nimmt.
4.
Fazit
Die vorgelegte Skizze der Abhängigkeiten zukünftiger Lebenswelten von gegenwärtigen politischen Entscheidungs- und Handlungsspielräumen ist in ihrer Analyse sicherlich keineswegs als umfassend zu betrachten. Sie zeigt aber dennoch, wie zentral eine Einbindung der den verschiedenen Asymmetrien zugrundeliegenden Zeitpraktiken für den Zukunftsdiskurs letztlich ist.
Das Problem mit der Zeit
Bleibt eine entsprechende Reflexion aus, laufen wir nicht nur Gefahr gegenwärtige Perspektiven der Kurz- bzw. Langfristigkeit in Form institutionalisierter Repräsentationsformen, prognostischer Risiko- und Erwartungshorizonte sowie intergenerationeller Gerechtigkeitsprinzipien transgenerationell festzuschreiben – was nicht zuletzt von einem normativen Standpunkt aus gesehen problematisch erscheint. Darüber hinaus verschließt sich uns auch die Sicht auf das Politische als Ort umkämpfter Bedeutungshoheiten, deren Status-, Wissens- und Legitimationsbegriffe sich entlang der Dynamik zeitlicher Verweisungsstrukturen bzw. deren integrierender, vermittelnder und steuernder Funktionen entfalten. Zeit, so lässt sich abschließend hervorheben, ist folglich niemals unpolitisch und das Politische niemals zeitlos. Angesichts unserer Verantwortung gegenüber nachfolgenden Lebenswelten sind wir demnach unwiderruflich an ein Dazwischen verwiesen, innerhalb dessen beide Seiten im Rahmen ihrer eröffnenden, wie begrenzenden Zukunftsbezüge zeit- und gesellschaftskritisch vermittelt werden müssen.
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Bildung als gesellschaftskritische Praxis Bildungsphilosophische Impulse für die demokratische Beteiligung zukünftiger Generationen im Anschluss an Antonio Gramsci Simon Faets
1.
Einleitung
Die Beeinflussung der Lebensbedingungen zukünftig lebender Menschen durch jetzt lebende Generationen hat spätestens mit dem Eintritt der Menschheit ins Anthropozän globale Dimensionen angenommen (vgl. Manemann 2014). Die maßgebliche Einwirkung des Menschen auf seine Umwelt in den verschiedensten ökologischen Feldern und besonders die damit verbundene menschengemachte Verschlechterung der klimatischen Bedingungen des Planeten haben daher sowohl in den wissenschaftlichen als auch in den politischen Diskursen der vergangenen Jahrzehnte breiten Niederschlag gefunden (vgl. Caney 2009; Barnett 2010). Dabei ist der normativen Forderung nach der ethischen und politischen Berücksichtigung der besonderen Rechte und Ansprüche zukünftiger Generationen speziell in der Debatte um intergenerationelle Gerechtigkeit eine zentrale Rolle zugewachsen (vgl. Heubach 2008; Gosseries/Meyer 2009; Tremmel 2012). Gleichzeitig ist der demokratischen Beteiligung zukünftiger Generationen an gegenwärtigen ökonomischen und politischen Entscheidungen auf demokratietheoretischer Ebene eine immer stärkere Aufmerksamkeit zuteil geworden (vgl. Gesang 2014; Köhler 2017). In der aktuellen demokratietheoretischen Debatte wird gleichzeitig immer stärker nach dem systematischen Stellenwert der Bildung als integralem Teil der Demokratie gefragt (vgl. Brumlik 2018). Bildung, so die theoretische Annahme, spielt für die Demokratie sowohl als politische Herrschaftsordnung als auch als gesellschaftliche Lebensform eine zentrale Bedeutung, denn
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Demokratien setzen die Mündigkeit und die Aufklärung ihrer Bürger*innen voraus (vgl. Ziegler/Waldis 2018; Hilzensauer 2020). Die Partizipation der Bürger*innen an der Demokratie erfordert auf Seiten der Einzelnen die Herausbildung eines demokratischen Bewusstseins, einer politischen Urteilsfähigkeit sowie eines kritischen Verhältnisses zu sich selbst und zur Welt, was wiederum die individuelle Bereitschaft sowie die materielle Möglichkeit zur aktiven Teilnahme an den sozialen Praktiken innerhalb der Gesellschaft voraussetzt (vgl. Adorno 1970; Arendt 2002). Denn die individuellen Fähigkeiten des selbstständigen Denkens, der kritischen Selbstreflexion und der autonomen Entscheidungsfindung, die zu den zentralen bildungsphilosophischen Bedingungen demokratischen Lebens zählen, werden selbst wiederum in gemeinsam geteilten, kollektiven Praktiken ausgebildet, tradiert und transformiert, innerhalb derer die Einzelnen ihre intersubjektive Verbundenheit und soziale Interdependenz als Formen gegenseitiger Anerkennung erfahren können (vgl. Honneth 2011). Im gegenwärtigen demokratietheoretischen Diskurs werden dabei unterschiedliche Bezugspunkte für ein solches politisches Bildungsverständnis diskutiert. Zunächst sind dabei Ansätze in der Tradition Hegels zu nennen, die aus anerkennungstheoretischer Perspektive nach der Bedeutung von Bildung in politischen Kontexten fragen (vgl. Stojanov 2006, 2011) und ein dialektisches Bildungsverständnis entfalten (vgl. Menke 2018). Daneben lassen sich Theorien identifizieren, welche die Rolle von Bildung explizit zwischen Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit thematisieren (vgl. Tremmel 2014). Bildung lässt sich hier sowohl als inhaltliches Kernelement von Demokratien beschreiben als auch als deren vornehmliches politisches Ziel und aktuelle Aufgabe identifizieren. Darüber hinaus werden in einer pragmatistischen Theorietradition verschiedene systematische Perspektiven am Schnittpunkt von Umweltethik, politischer Philosophie und Politikwissenschaften eingeführt, die sich aus einem pragmatistischen Blickwinkel mit den globalen Herausforderungen von Umweltpolitik und Klimawandel beschäftigen (vgl. Edenhofer/Kowarsch 2015; Kowarsch 2016; Kowarsch/Jabbour 2017; Kowarsch et al. 2017). In einem solchen Verständnis verweist Bildung speziell in der Tradition John Deweys in erster Linie auf einen dauerhaften kollektiven Prozess gesellschaftlichen Lernens (vgl. Dewey 1993, 2003; Filipovic 2015). Pragmatistische Demokratiekonzepte machen dabei stark auf die Eingebundenheit von Politik und Demokratie in soziokulturelle Praktiken, Konventionen und Routinen aufmerksam (vgl. Reder 2015; Hetzel et al. 2008). In einer radikaldemokratischen Per-
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spektive schließlich fragen wiederum andere Ansätze danach, inwiefern verschiedene Bildungsinstitutionen vor einem postfundamentalistischen Theoriehorizont (vgl. Marchart 2010) gesellschaftlich vorherrschend und damit bildungspolitisch bestimmend werden können (vgl. Schäfer 2017). Obwohl also in der aktuellen philosophischen Forschungslandschaft von demokratie- und politiktheoretischer Seite auf die entscheidende Rolle von Bildung in der Konzeptualisierung von Demokratie immer intensiver aufmerksam gemacht wird, steht eine systematische Verschränkung der Bildungsthematik mit dem ethsch-politischen Forschungsfeld zukünftiger Generationen, etwa durch die normative politische Theorie oder die Sozialphilosophie, weitestgehend noch aus. Vor diesem Hintergrund möchte der vorliegende Beitrag das Verhältnis zwischen Demokratie und Bildung im Hinblick auf die demokratietheoretische Einbindung zukünftiger Generationen im Anschluss an einen Denker untersuchen, der in der bisherigen Debatte um intergenerationelle Gerechtigkeit und die demokratische Beteiligung zukünftiger Generationen kaum thematisiert worden ist, nämlich Antonio Gramsci. Obwohl dessen Ansatz im Feld der demokratischen Repräsentation zukünftiger Generationen bislang nur unzureichend rezipiert worden ist, lassen sich im Rekurs auf Gramscis politisches Denken, so die These, wichtige philosophische Impulse für die demokratietheoretische Beschäftigung mit der Frage zukünftiger Generationen ableiten und weiterentwickeln. Der philosophische Ansatz Gramscis eignet sich dabei gerade deswegen in besonderer Weise für eine Erweiterung der beschriebenen demokratietheoretischen Debatte, weil Gramscis Denken erstens selbst von Anfang an von einem intergenerationellen Bewusstsein getragen ist und der Thematik der Intergenerationalität dementsprechend einen primordialen Stellenwert für das Verständnis der Struktur des Politischen einräumt. Zweitens denkt Gramsci das Politische von Beginn an mit der Bildung zusammen, was bedeutet, dass Bildung für Gramsci keine nachgeordnete oder sekundäre Untersuchungsebene in Bezug auf die kulturellen und gesellschaftlichen Dynamiken des Politischen darstellt, sondern eine im Hinblick auf die Beschreibung von Politik fundamentale Rolle spielt, was sich nicht zuletzt in seiner politischen Auffassung von Philosophie widerspiegelt. Aus diesem Grund soll im Folgenden in einem ersten Schritt Gramscis politisches Denken anhand zentraler Begriffe seiner Theorie kultureller Hegemonie rekonstruiert und gleichzeitig dessen grundsätzliche intergenerationelle Ausrichtung herausgearbeitet werden, um in einem zweiten Schritt sei-
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nen philosophischen Ansatz mit der Frage der demokratischen Einbindung zukünftiger Generationen in einen systematischen Bezug zu setzen. Ziel ist es, im Ausgang von Gramscis politischer Philosophie dem Begriff der Kritik als einer zentralen bildungsphilosophischen Konzeption für die Debatte um die demokratische Beteiligung zukünftiger Generationen Kontur zu verleihen. Leitende Annahme dabei ist, dass sich die aktuelle Debatte im Anschluss an Gramscis politisches Bildungsverständnis demokratietheoretisch erweitern lässt, indem die Frage nach der politischen Einbindung zukünftiger Generationen mit den Mitteln einer kritischen Bildungstheorie in den umfassenderen Rahmen einer gesellschaftskritischen Perspektive eingeordnet und theoretisch neu konzeptualisiert wird.
2.
Gramscis Bildungsbegriff vor dem Horizont seiner politischen Philosophie
2.1
Das Konzept der Hegemonie als theoretischer Ausgangspunkt
Die zentrale Argumentationsfigur in Gramscis Theorie des Politischen ist der Begriff der Hegemonie. Die Dynamik der Gesellschaft ist für Gramsci durch einen permanenten Kreislauf von Hegemonie- und Gegenhegemoniebildung gekennzeichnet. Dabei geht Gramsci vom marxistischen Verständnis der Gesellschaft als Klassengesellschaft aus, innerhalb derer die verschiedenen Klassen auf antagonistische Weise um die politische Vorherrschaft kämpfen. Diesen Kampf beschreibt Gramsci immer wieder in erster Linie als einen Kampf um kulturelle Hegemonie. Hegemonie begreift Gramsci dabei als ein Verhältnis der politischen Führung. Denn eine gesellschaftliche Gruppe oder Klasse kann seiner Auffassung nach nicht einfach dadurch hegemonial werden, dass sie die anderen Klassen gewaltsam unterwirft. Die Errichtung einer kulturellen Hegemonie erfordert nach Gramsci vielmehr die ideologische Eingliederung der unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen in die hegemoniale Weltauffassung der herrschenden Klasse. Gramsci beschreibt diesen hegemonialen Prozess als die Integration der Einzelnen in den ›Kollektivmenschen‹ und rückt dabei die kulturelle Homogenisierung der Pluralität und Heterogenität der verschiedenen individuellen Sprachen zu einer einheitlichen Sprache ins Zentrum:
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»Hieraus folgt die Bedeutung, die das ›kulturelle Moment‹ auch für die praktische (kollektive) Tätigkeit hat: jeder geschichtliche Akt kann nur vom ›Kollektivmenschen‹ vollzogen werden, setzt also die Erreichung einer ›kulturell-gesellschaftlichen‹ Einheit voraus, durch die eine Vielzahl auseinanderstrebender Willen mit heterogenen Zielen für ein und dasselbe Ziel zusammengeschweißt werden, auf der Basis einer (gleichen) und gemeinsamen Weltauffassung (einer allgemeinen oder besonderen, transitorisch – auf emotionalem Wege – wirkenden oder permanenten, deren intellektuelle Basis so verwurzelt, assimiliert, gelebt ist, dass sie zur Leidenschaft werden kann). Da es so geschieht, scheint die Bedeutung der allgemeinen Sprachfrage auf, das heißt des kollektiven Erreichens ein und desselben kulturellen ›Klimas‹.« (Heft 10, § 44: 1335) Das Erreichen einer gesamtgesellschaftlichen Hegemonie durch eine partikulare gesellschaftliche Gruppe setzt demnach die Zusammenfassung der individuellen Vielfalt sprachlicher Weltzugänge zu einem kulturell vereinheitlichten Kollektivmenschen voraus, in dem die individuellen Besonderheiten anhand allgemeiner gesellschaftlicher Normen normalisiert und die Einzelnen in ein hegemoniales Gesellschaftsverständnis integriert werden. Dieser gesellschaftstheoretischen Auffassung der Hegemonie entspricht auf anthropologischer Ebene Gramscis an Marx angelehntes Verständnis des Menschen als eines Ensembles gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse. Das bedeutet, dass Gramsci das Individuum nicht in seiner Vereinzelung begreift, sondern grundsätzlich relational versteht, d.h. in seiner grundlegenden Verflechtung und Eingebundenheit in die gesellschaftlichen Verhältnisse und soziokulturellen Praktiken. »Der Mensch ist zu begreifen als ein geschichtlicher Block von rein individuellen, subjektiven Elementen und von massenhaften, objektiven oder materiellen Elementen, zu denen das Individuum eine tätige Beziehung unterhält.« (Heft 10, § 48: 1341) Der Mensch ist für Gramsci also nicht nur das passive Produkt der sozialen Verhältnisse, in denen er lebt, sondern aufgrund seiner organischen Teilhabe an der Gesellschaft zugleich aktiv Teilnehmende*r an den sozialen Praktiken der Gesellschaft. Indem er sich in einem tätigen Prozess selbst verändert und entwickelt, verändert der Mensch auch die gesellschaftlichen Dynamiken, in denen er verortet ist und zu denen er notwendig in einem tätigen und gestalterischen, d.h. praktischen Verhältnis steht. Die wechselseitige Beziehung zwischen Mensch und Gesellschaft als Relationalität zu verstehen bedeutet für Gramsci dementsprechend, das Politische als die Gleichzeitig-
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keit von gesellschaftlicher Formung und kollektiver Aktivität, von kultureller Hegemonie und sozialer Praxis zu konzeptualisieren. Dieses relationale Gesellschaftsverständnis schlägt sich dabei auch in Gramscis Philosophieverständnis nieder: »Deshalb kann man sagen, dass die geschichtliche Persönlichkeit eines individuellen Philosophen auch durch das aktive Verhältnis zwischen ihm und der kulturellen Umwelt gegeben ist, die er verändern will, eine Umwelt, die auf den Philosophen zurückwirkt und, indem sie ihn zu fortwährender Selbstkritik zwingt, als ›Lehrer‹ fungiert.« (Heft 10, § 44: 1335f.) Diese spezifische Beschreibung des philosophischen Selbstverständnisses bezieht sich dabei im Rahmen von Gramscis Ansatz auf den sogenannten »traditionellen Intellektuellen« (Heft 12, § 1: 1506). Denn im traditionellen Intellektuellen »verwirklicht sich ›geschichtlich‹ ein neuer Typus des Philosophen, der ›demokratischer Philosoph‹ genannt werden kann, nämlich des Philosophen, der davon überzeugt ist, dass seine Persönlichkeit sich nicht aufs eigene physische Individuum beschränkt, sondern ein tätiges gesellschaftliches Verhältnis der Veränderung der kulturellen Umwelt ist.« (Heft 10, § 44: 1336) Der demokratische Aspekt der Philosophie besteht also nach Gramsci in ihren gesellschaftstransformierenden Akten, die ein grundlegend politisches Selbstverständnis und eine gesellschaftlich engagierte Grundhaltung philosophischer Wissenschaftler*innen als kulturpolitische Akteur*innen voraussetzen.
2.2
Gramscis hegemonietheoretisches Verständnis der Bildung
Damit befinden wir uns bereits mitten in Gramscis Konzeption der Bildung als integralem Bestandteil des Politischen. Denn indem er die Gesellschaft in der beschriebenen Weise als ein relationales Geschehen auffasst, in dem sich die einzelnen gesellschaftlichen Elemente in einem unendlichen dialektischen Prozess von Autonomie und Heteronomie bewegen und verändern, begreift Gramsci den Kampf um Hegemonie wesentlich als ein pädagogisches Verhältnis. Hegemonie ist für Gramsci daher nicht einfach ein Begriff der politischen Machtausübung, sondern vor allem eine Kategorie der Bildung, was darin Ausdruck findet, dass Gramsci Hegemonie als eine gesellschaftliche »Funktion« versteht, »die eine der Führung und der Organisation, also
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eine erzieherische, also eine intellektuelle ist.« (Heft 12, § 1: 1506). Die Hervorbringung einer gesellschaftlichen Hegemonie ist eine kulturelle Aufgabe, welche die Assimilation der Einzelnen an den Konformismus des Kollektivmenschen voraussetzt und an der Intellektuelle in hohem Maße beteiligt sind. Hegemonien werden nicht einfach durch Gewalt hergestellt und aufrechterhalten, sondern durch intellektuelle Überzeugung und gesellschaftlichen Konsens realisiert. »Die Intellektuellen sind die ›Gehilfen‹ der herrschenden Gruppe bei der Ausübung der subalternen Funktionen der gesellschaftlichen Hegemonie und der politischen Regierung […].« (Heft 12, § 1: 1502) Auf gesellschaftstheoretischer Ebene unterscheidet Gramsci in diesem Kontext zwischen zwei sogenannten Superstrukturen, nämlich der Zivilgesellschaft und der politischen Gesellschaft (vgl. ebd.). Die Zivilgesellschaft setzt sich allgemein aus allen privaten und, so gesehen, nicht-politischen Assoziationen und Organismen zusammen, während mit der politischen Gesellschaft in erster Linie der Staat gemeint ist, der das Gewaltmonopol innehat. Diesen beiden superstrukturellen Ebenen ordnet Gramsci jeweils die gesellschaftlichen Funktionen der Hegemonie und der Herrschaft zu: Während die Hegemonie, »welche die herrschende Gruppe in der gesamten Gesellschaft ausübt« (ebd.), ihren Ort und ihre Wirksamkeit in der Zivilgesellschaft hat, wird Herrschaft durch die politische Gesellschaft, also durch die staatlichen Institutionen direkt ausgeübt. Um diese Herrschaft ausüben zu können, ohne dabei Formen des politischen Widerstands gewaltsam niederschlagen zu müssen, bedarf es auf der Ebene der Zivilgesellschaft eines, wie Gramsci formuliert, spontanen Konsenses der großen Massen, der hegemonial hergestellt wird und damit eine kulturpolitische Aufgabe der Bildung darstellt. Damit werden die zivilgesellschaftlichen Strukturen in Gramscis Denken zugleich politisiert. Dieser spontane Konsens wird von Gramsci gerade deshalb als kulturelle Bildungsaufgabe verstanden, weil er nicht einfach durch den staatlichen Zwangsapparat herrschaftlich diktiert werden kann, sondern im Sinne »der von der herrschenden grundlegenden Gruppe geprägten Ausrichtung des gesellschaftlichen Lebens« (ebd.) aufgefasst werden muss. Es handelt sich also um eine ideologische Operation, die das gesamte gesellschaftliche Selbstverständnis betrifft und die verschiedenen gesellschaftlichen Lebensformen einschließt. Die Herrschaft des Staates und die Hegemonialmacht der herrschenden gesellschaftlichen Klasse werden auf dieser Grundlage »aus anerkannter und für sich selbst als Freiheit angenommener Notwendigkeit und nicht aus bloßem Zwang« (Heft 12, § 2: 1522) gesellschaftlich akzeptiert und
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adaptiert und bedürfen daher der erzieherischen Tätigkeit und intellektuellen Arbeit im Raum der Zivilgesellschaft. Deshalb korrespondiert der asymmetrischen Unterscheidung zwischen zivilgesellschaftlicher Hegemonie einerseits und staatlicher Herrschaft andererseits die politische Differenz von Führung und Herrschaft: »Das historisch-politische Kriterium, das den eigentlichen Untersuchungen zugrunde gelegt werden muss, ist folgendes: dass eine Klasse auf zweierlei Weise herrschend ist, nämlich ›führend‹ und ›herrschend‹. Sie ist führend gegenüber den verbündeten Klassen und herrschend gegenüber den gegnerischen Klassen. Deswegen kann eine Klasse bereits bevor sie an die Macht kommt ›führend‹ sein (und muss es sein): wenn sie an der Macht ist, wird sie herrschend, bleibt aber auch weiterhin ›führend‹.« (Heft 1, § 44: 101) Aus diesem Grund, nämlich weil Hegemonie nicht auf politische Herrschaft reduziert werden kann, sondern notwendig die intellektuelle Dimension der politischen Führung beinhaltet, lässt sich der Kampf zwischen Hegemonie und Gegenhegemonie nicht von der Frage nach der Bildung trennen. »Es kann und es muss eine ›politische Hegemonie‹ auch vor dem Regierungsantritt geben, und man darf nicht nur auf die durch ihn verliehene Macht und die materielle Stärke zählen, um die politische Führung oder Hegemonie auszuüben.« (Heft 1, § 44: 102). Stattdessen macht die Einrichtung einer gesellschaftlichen Hegemonie die Universalisierung von kulturellen Mentalitäten und ideologischen Deutungsschemata im Medium kollektiver Bildungsprozesse und Erziehungsmaßnahmen erforderlich. Die pädagogische Leitfrage von Gramscis Theorie kultureller Hegemonie lautet daher: »Aber wie wird es jedem einzelnen Individuum gelingen, sich in den Kollektivmenschen einzugliedern, und wie wird sich der erzieherische Druck auf die Einzelnen vollziehen, damit ihr Konsens und ihre Mitarbeit erreicht wird, die aus Notwendigkeit und Zwang ›Freiheit‹ werden lassen?« (Heft 13, § 7: 1544) Die Beantwortung dieser hegemonietheoretischen Grundfrage ist nach Gramsci die zentrale »Erziehungs- und Bildungsaufgabe des Staates […]« (ebd.). Und dies ist gleichzeitig der Grund, warum Gramsci sich so ausführlich mit der Rolle der Intellektuellen in der Gesellschaft im allgemeinen und im kulturpolitischen Machtkampf um die gesellschaftliche Hegemonie im speziellen beschäftigt, nämlich weil er die Herausbildung von Hegemonien
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in einem internen Zusammenhang mit der Pädagogik und der Bildung versteht: »Jedes Verhältnis von ›Hegemonie‹ ist notwendigerweise ein pädagogisches Verhältnis und ergibt sich nicht nur im Innern einer Nation, zwischen den verschiedenen Kräften, aus denen sie sich zusammensetzt, sondern auf der gesamten internationalen und globalen Ebene, zwischen nationalen und kontinentalen Zivilisationskomplexen.« (Heft 10, § 44: 1335) Gramsci selbst ordnet damit bereits im Rahmen dessen, was als seine kritische Bildungstheorie bezeichnet werden kann, die pluralen Kämpfe um kulturelle Hegemonie in den politischen Rahmen einer globalisierten Weltgesellschaft ein.
2.3
Die intergenerationelle Struktur hegemonialer Bildungsprozesse
Entscheidend ist dabei die Tatsache, dass Gramsci sowohl die (welt-)gesellschaftliche Dynamik der Hegemonie als auch das damit verbundene Themenfeld der Bildung von vornherein intergenerationell ausfaltet: »Eigentlich erzieht jede Generation die neue Generation, das heißt, sie formt diese, und die Erziehung ist ein Kampf gegen die an die elementaren biologischen Funktionen geknüpften Instinkte, ein Kampf gegen die Natur, um diese zu beherrschen und den für seine Zeit ›gegenwärtigen‹ Menschen zu schaffen.« (Heft 1, § 123: 171) Bildung ist in Gramscis Theorie des Politischen, wie bereits bemerkt, immer schon integraler Teil hegemonialer Prozesse. In der Bildung werden daher gesellschaftlich hegemoniale Weltanschauungen, Menschenbilder und Gesellschafsauffassungen in einem intergenerationellen Beziehungsgeflecht ideologisch weitergegeben und perpetuiert. Das bedeutet, dass sich in den Bildungsinstitutionen und pädagogischen Praktiken einer Gesellschaft die hegemonialen gesellschaftlichen Ensembles manifestieren und intergenerationell reproduziert sowie zeitlich transformiert werden. Gramsci distanziert sich vor diesem Hintergrund explizit von traditionellen Bildungsverständnissen, die seiner Ansicht nach die Eingebundenheit der Bildung und damit auch des Verhältnisses von Lehrenden und Lernenden in die transtemporale Relationalität der Gesellschaft vernachlässigen. Er richtet sich gegen das erzieherische Bild der Lernenden als »bloße Passivität«, als »ein ›mechanischer Behälter‹ mit abstrakten Kenntnissen« (Heft 12, § 2: 1523), und betont stattdessen
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den öffentlichen, d.h. politischen Charakter der Erziehung als relationales Geschehen im Rahmen einer intergenerationellen Austauschbeziehung: »[D]ie gesamte Funktion der Erziehung und Bildung der neuen Generationen ist nicht mehr privat, sondern wird öffentlich, denn nur so kann sie alle Generationen ohne Gruppen- oder Kastenspaltungen einbeziehen.« (Heft 12, § 1: 1516) Die Bildung ist damit in Gramscis Hegemonietheorie ein zentrales Element im Rahmen der intergenerationellen Hervorbringung und Stabilisierung des Kollektivmenschen und bildet dementsprechend ein entscheidendes Instrument im Zuge der tätigen Gestaltung der Gesellschaft durch den Menschen. Bildung ist Teil dauerhafter gesellschaftlicher und daher kollektiver Lernprozesse, die aufgrund ihrer diachronen Struktur in grundlegend generationenübergreifenden Gesellschaftsdynamiken verortet sind. Sie ermöglicht den Einzelnen, mit den gesellschaftlichen Strukturen und Superstrukturen intellektuell umzugehen und ihre sozialen Erfahrungen als aktiv an einem komplexen Gesellschaftsgefüge Teilnehmende zu verarbeiten, indem sie die Individuen zugleich dem gesellschaftlichen Konformismus und der Normativität der herrschenden Ideologie unterwirft. Die Hervorbringung kultureller Hegemonien durch die Bildung des Kollektivmenschen ist also selbst rückgebunden an kulturelle und intellektuelle Prozesse, von denen sie nicht abgelöst werden kann.
2.4
Die intergenerationelle Relationalität der Gesellschaft und die Rolle der Intellektuellen
Auch die Intellektuellen begreift Gramsci deshalb in einer organischen Einheit mit ihren gesellschaftlichen Kontexten. Dabei geht er zunächst von einer gesamtgesellschaftlichen, d.h. demokratischen und antielitären Bestimmung der Intellektuellen aus: »Alle Menschen sind Intellektuelle, […]; aber nicht alle Menschen haben in der Gesellschaft die Funktion von Intellektuellen […]« (Heft 12, § 1: 1500). Das hat zum einen den emanzipatorischen Sinn, dass jeder einzelne Mensch auf einer grundsätzlichen Ebene ein*e Philosoph*in mit intellektuellen Fähigkeiten ist, zum anderen macht es jedoch in einer ideologiekritischen Perspektive jeden einzelnen Menschen damit zugleich zum intellektuellen Gehilfen oder zur intellektuellen Gehilfin der herrschenden gesellschaftlichen Gruppe.
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Die Bestimmung der Intellektuellen erfolgt in Gramscis Denken jedoch nicht im Rekurs auf deren spezifische intellektuelle Tätigkeiten und deren Inhalt, sondern durch die gesellschaftstheoretische Einordnung der Intellektuellen selbst »im Ensemble des Systems von Verhältnissen, in dem sich jene […] im allgemeinen Zusammenhang der gesellschaftlichen Verhältnisse befinden.« (Heft 12, § 1: 1499). Auf dieser Grundlage unterscheidet Gramsci deshalb zwischen traditionellen und organischen Intellektuellen und unterstreicht auf diese Weise die organisch gewachsene Verbindung der Intellektuellen mit der sozioökonomischen Realität der gesellschaftlichen Klasse, aus der sie jeweils hervorgehen: »Jede gesellschaftliche Gruppe schafft sich, während sie auf dem originären Boden einer wesentlichen Funktion in der Welt der ökonomischen Produktion entsteht, zugleich organisch eine oder mehrere Schichten von Intellektuellen, die ihr Homogenität und Bewusstheit der eigenen Funktion nicht nur im ökonomischen, sondern auch im gesellschaftlichen und politischen Bereich geben […].« (Heft 12, § 1: 1497) Das bedeutet, dass die Intellektuellen als zentrale Akteur*innen im Kampf um Hegemonie auf organische Weise aus den Klassenstrukturen der Gesellschaft herauswachsen und diese in ihrem geistigen Handeln auch widerspiegeln. Die organischen Intellektuellen bilden durch ihre selbstreflexive Haltung ein ideologisches Bewusstsein der gesellschaftlichen Gruppe aus, der sie angehören und aus der sie stammen, und leiten diese Gruppe darin zugleich zur Ausprägung eines umfassenderen Klassenbewusstseins an. Damit sind die Intellektuellen maßgeblich an der geistigen Interpretation und Selbstpositionierung der gesellschaftlichen Klassen im Rahmen der historisch-gesellschaftlichen Formation beteiligt und wirken dadurch gleichzeitig auf die Konstellation und Neuausrichtung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse im Kontext hegemonialer Prozesse ein. Dabei stellt Gramsci fest, dass diese intellektuelle Arbeit im Kampf um kulturelle Hegemonie stets an tradierte gesellschaftliche Grundstrukturen anknüpft, die frühere Generationen in vergangenen Hegemoniekämpfen bereits erarbeitet und hergestellt haben: »Aber jede ›wesentliche‹ gesellschaftliche Gruppe, die aus der vorhergehenden ökonomischen Struktur und als Ausdruck einer Entwicklung derselben (dieser Struktur) in der Geschichte auftaucht, hat, zumindest im bisherigen Verlauf der Geschichte, bereits bestehende Gesellschaftskategorien vorgefunden, die geradezu als Repräsentanten einer selbst durch die komplexes-
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ten und radikalsten Veränderungen der gesellschaftlichen und politischen Form nicht unterbrochenen geschichtlichen Kontinuität erschienen.« (Heft 12, § 1: 1498) Die Bildungsdimension kultureller Hegemonieprozesse spielt sich demnach nicht in einem abstrakten Raum ab, sondern ist gesellschaftlich und politisch notwendig in eine intergenerationelle Relationalität eingebettet. »[D]as pädagogische Verhältnis kann nicht auf die spezifisch ›schulischen‹ Beziehungen eingegrenzt werden, durch welche die neuen Generationen in Kontakt mit den alten treten […].« (Heft 10, § 44: 1335). Die beschriebene intergenerationelle Relationalität versteht Gramsci vielmehr als ein holistisches Charakteristikum des Sozialen überhaupt, sie »existiert in der ganzen Gesellschaft in ihrer Gesamtheit und für jedes Individuum in bezug auf andere Individuen, zwischen intellektuellen und nicht-intellektuellen Schichten, zwischen Regierenden und Regierten, zwischen Eliten und Anhängern […]« (ebd.). Das »Verhältnis von Lehrer-Schüler, Philosoph-Kulturmilieu« (Heft 10, § 44: 1336) kann nach Gramsci nicht auf den institutionell-pädagogischen Bereich der gesellschaftlichen Sphäre der Erziehung begrenzt werden, sondern kennzeichnet aus hegemonietheoretischer Sicht als ein intergenerationelles Bildungsverhältnis die gesamte Gesellschaft.
3.
Bildung als politische Praxis der Gegenhegemonie: Demokratietheoretische Konsequenzen im Hinblick auf zukünftige Generationen
3.1
Das gesellschaftskritische Potential der Bildung
In der politischen Theorie und der Demokratietheorie ist Gramscis Denken insbesondere durch die Philosoph*innen Ernesto Laclau und Chantal Mouffe rezipiert worden, die an dessen Hegemonietheorie in einem neomarxistischen bzw. poststrukturalistischen Theoriehorizont angeschlossen (vgl. Laclau/Mouffe 1985) und dabei in Anknüpfung an dessen Hegemoniebegriff die Demokratie als eine agonistische Kultur des politischen Streits auf radikaldemokratische Weise neu ausbuchstabiert haben. Im Folgenden soll die Frage erörtert werden, welche philosophischen Impulse und demokratietheoretischen Konsequenzen sich aus der mit Gramscis Hegemoniebegriff immanent
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verknüpften Konzeption der Bildung für die politische Frage nach der demokratischen Beteiligung zukünftiger Generationen gewinnen lassen. Zunächst gilt es dabei grundsätzlich festzustellen, dass sich Gramscis hegemonietheoretische Konzeptualisierung des Politischen für die Erweiterung der demokratietheoretischen Debatte um zukünftige Generationen auf besondere Weise dadurch eignet, dass ihr philosophischer Ansatz mit dem expliziten Anspruch der praktischen Veränderung konkreter gesellschaftlicher Verhältnisse einhergeht. Gramscis Theorie kultureller Hegemonie ist ihrem Begriff nach eine Philosophie der Praxis und stellt gerade deshalb die bildungsphilosophische Thematik des sprachlich vermittelten Selbst- und Weltverhältnisses des Menschen ins Zentrum ihrer Analyse: »Unterstellt man die Philosophie als Weltauffassung und das philosophische Wirken nicht mehr [nur] als ›individuelle‹ Ausarbeitung systematisch kohärenter Begriffe, sondern darüber hinaus und besonders als kulturellen Kampf zur Umformung der Volks-›Mentalität‹ und zur Verbreitung der philosophischen Erneuerungen, die sich in dem Maße als ›geschichtlich wahr‹ erweisen werden, in welchem sie konkret, also geschichtlich und gesellschaftlich universell werden, dann muss die Frage der Sprache und der Sprachen ›technisch‹ an vorderste Stelle gerückt werden.« (Heft 10, § 44: 1334) Die Bildung ist für Gramsci damit einerseits stets Bestandteil hegemonialer Kämpfe und damit auch Spiegelbild der gesellschaftlichen Klassenverhältnisse, andererseits erlaubt allerdings erst die Bildung sowohl den Einzelnen als auch den gesellschaftlichen Gruppen, ein kritisches Bewusstsein der kulturellen Hegemonien zu entwickeln, in deren Kontext das gesellschaftliche Leben stattfindet, und dadurch in eine skeptische Distanz gegenüber dem sozialen und ideologischen Zwang des Kollektivmenschen zu treten. Da die gesellschaftliche Dynamik von Hegemonie- und Gegenhegemoniebildung notwendig plural und daher asynchron verfasst ist, erzeugt sie nämlich permanent Überschüsse, Bruchstellen und Lücken im ideologischen System der Gesellschaft, die quer zu den jeweils herrschenden sozialen Semantiken liegen und dadurch aus bildungstheoretischer Perspektive Anschlusspunkte für gegenhegemoniale Transformations- und Restrukturierungsmöglichkeiten des Sozialen liefern. Deshalb ist in Gramscis Philosophie der Praxis das kritische Potential zur Herausbildung von kulturellen Gegenhegemonien und damit die Möglichkeit des gesellschaftlichen und politischen Widerstands gegen bestehende Herrschaftsverhältnisse gerade in der Bildung angelegt. Denn Bildung schafft in
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der Reflexion der erwähnten ideologischen Leerstellen und Widersprüche einen utopischen Abstand zwischen dem, was ist, und dem, was in Zurückweisung oder Veränderung dessen, was ist, noch möglich wäre. Das politische Ziel der Bildung ist nach Gramsci daher primär der Aufbau einer kritischen Haltung gegenüber der gesellschaftlichen Macht herrschender Hegemonien durch die Hervorbringung individueller und kollektiver Mündigkeit. Diese gegenhegemonialen Prozesse des Mündigwerdens beschreibt Gramsci als die kollektive Ausprägung eines Geistes der Abspaltung: »Der Geist der Abspaltung, das heißt der fortschreitende Erwerb des Bewusstseins der eigenen geschichtlichen Persönlichkeit, ein Geist der Abspaltung, der bestrebt sein muss, sich von der protagonistischen Klasse auf die potentiellen verbündeten Klassen auszuweiten: all das verlangt eine komplexe ideologische Arbeit, deren erste Bedingung die genaue Kenntnis des Feldes ist, das leergemacht werden muss von seinem menschlichen Massenelement.« (Heft 3, § 49: 374) Dieser Geist der Abspaltung verweigert sich der unkritischen Reproduktion bestehender und vorgegebener Hegemonien, indem er zunächst die soziokulturellen Bedingungen der historisch-gesellschaftlichen Formation reflektiert und damit die herrschenden Hegemonien in ihrer Kontingenz und Veränderbarkeit dekonstruiert. Die Bildung befähigt den Menschen auf dieser Basis durch den intellektuellen Erwerb eines Geistes der Abspaltung zur Hervorbringung gegenhegemonialer Gesellschaftsentwürfe und damit zur Erneuerung bzw. Neuzuordnung der sozialen und damit intergenerationellen Kräfteverhältnisse. Damit steht Gramscis Bildungsbegriff zugleich in unmittelbarer Verwandtschaft zu Michel Foucaults Konzept der Kritik. Nach Foucault zeichnet sich die Kritik dadurch aus, dass sie eine »kritische Haltung« bzw. »eine Kulturform […], eine moralische und politische Haltung, eine Denkungsart« (Foucault 1992: 12) ist. Kritik bedeutet, so Foucault, »die Kunst nicht regiert zu werden bzw. die Kunst nicht auf diese Weise und um diesen Preis regiert zu werden. […] [D]ie Kunst nicht dermaßen regiert zu werden.« (Ebd.). Obwohl oder gerade weil Foucault skeptisch ist, »ob wir jemals mündig werden« (Foucault 2005: 706), bestimmt er die Kritik, verstanden als »ein philosophisches ethos« (Foucault 2005: 702, Herv.i.O.), in bildungsphilosophischer Hinsicht »als eine historisch-praktische Erprobung der Grenzen, die wir überschreiten können, und damit als Arbeit von uns selbst an uns selbst, insofern wir freie Wesen sind […].« (Foucault 2005: 703f.). Die Praxis der
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Kritik dient für Foucault also analog zu Gramscis Verständnis der Bildung der kritischen Bewusstmachung der gesellschaftlichen Machtbeziehungen, die wir in unseren sozialen Praktiken reproduzieren. Foucaults kritisches ethos manifestiert sich dementsprechend in der gegenhegemonialen Erweiterung dessen, »was wir mittels einer historischen Ontologie unserer selbst sagen, denken und tun« (Foucault 2005: 702) und trägt somit einen eminenten bildungsphilosophischen Einschlag, der vor allem in seiner Orientierung an der praktischen Transformation der epistemologischen Dimensionen und gesellschaftlich-politischen Bedingungen kultureller Hegemoniebildung deutliche Schnittflächen mit Gramscis Bildungsverständnis aufweist.
3.2
Gramscis Beitrag zur Debatte: Bildung als Kritik und Widerstand
Vor dem Hintergrund dieses hegemonialen Verständnisses der Gesellschaft verändert sich auch die Bedeutung des Begriffs der Demokratie. Denn das Politische wird bei Gramsci als eine unendliche Dynamik kultureller Kämpfe um gesellschaftliche Hegemonie begriffen. Das bedeutet, dass sich die Demokratie nicht in erster Linie als eine vernunftgeleitete Praxis des neutralen Gebens und Nehmens von Gründen konzeptualisieren lässt, sondern hegemonietheoretisch als ein antagonistischer Prozess des kulturellen Streits zwischen pluralen Hegemonien und Gegenhegemonien verstanden werden muss. Das Demokratische besteht dann darin, zunächst den permanenten Kampf um die kulturelle Vormachtstellung innerhalb der Gesellschaft als fundamentales Charakteristikum des Politischen anzuerkennen und auf dieser Basis die politischen Kämpfe um Hegemonie selbst zu pluralisieren und in eine gesellschaftsübergreifende Kultur des politischen Streits zu überführen. Da die hegemoniale Struktur der Gesellschaft von Anfang an plural und heterogen verfasst ist, besteht die bildungspolitische Aufgabe der Demokratie nicht darin, diese Pluralität in der vereinheitlichenden Figur eines Kollektivmenschen kulturell zu homogenisieren, sondern die unterschiedlichen gesellschaftlichen Perspektiven und Streitparteien gerade in ihrer Heterogenität und Inkommensurabilität abzubilden und ihnen eine politische Stimme zu geben. Dabei wird im Rahmen von Gramscis Ansatz deutlich, dass diese hegemoniale Dynamik des Politischen immer schon intergenerationell eingerahmt ist. Der politische Streit pluraler Hegemonien ist auf eine grundlegende Weise in intergenerationelle Kräfteverhältnisse verstrickt. Die kritische Bewusstmachung dieser intergenerationellen Eingebundenheit von hege-
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monialen Kämpfen ist daher auf einer demokratietheoretischen Folie eine zentrale Aufgabe von Bildung. Die demokratietheoretische Bedeutung der Bildung im Hinblick auf die politische Beteiligung zukünftiger Generationen erschöpft sich jedoch nicht im Projekt dieser kritischen Bewusstseinsbildung, denn Gramscis Bildungsverständnis beinhaltet als Teil seiner Philosophie der Praxis über die Erkenntnis und intellektuelle Reflexion hegemonialer Prozesse hinaus auch deren transformative Umgestaltung im Rahmen sozialer Praktiken des gegenhegemonialen Widerstands. Daraus folgt, dass die demokratische Relevanz von Bildung nicht zuletzt in der gegenhegemonialen Mobilisierung und kritischen Partizipation an den hegemonialen Kämpfen innerhalb der Gesellschaft besteht. Die Demokratie muss daher die Bildung als integralen Teil des Politischen in institutioneller und gesellschaftspolitischer Hinsicht stärken, denn die Bildung befähigt den Menschen erst zur Teilnahme an intergenerationellen Lernprozessen und dadurch zur Anerkennung eines intergenerationellen Verständnisses des Politischen überhaupt. Diese Lernfähigkeit ist die bildungsphilosophische Voraussetzung für die gesellschaftliche Einsicht, dass der Raum des Politischen und damit der demokratische Streit konkurrierender Hegemonien bereits intern intergenerationell verfasst ist. Auf der Basis dieser Erkenntnis lässt sich dann verdeutlichen, dass die Frage der intergenerationellen Kräfteverhältnisse als zentrales Merkmal der gesellschaftlichen Dynamik zugleich im praktischen Kontext der pluralen Kämpfe um Hegemonie verortet und dadurch zum konkreten politischen Einsatz hegemonialer Prozesse gemacht werden muss. Gramscis philosophisches Denken gibt der Debatte um die demokratische Einbindung zukünftiger Generationen also einen entscheidenden gesellschaftstheoretischen Anstoß, indem es mit seinen hegemonietheoretischen Mitteln demonstriert, dass die beschriebene demokratietheoretische Fragestellung in den umfassenderen Rahmen eines gesellschaftskritischen Ansatzes übersetzt werden muss. Denn aus der bildungsphilosophischen Perspektive Gramscis erfolgt die demokratische Beteiligung zukünftiger Generationen gerade durch die gesellschaftliche Reformulierung von deren Ansprüchen in der praktischen Form kultureller Gegenhegemonien. Diese gegenhegemonialen Akte zielen dabei eher auf eine radikale Transformation der Art und Weise, wie der gesellschaftliche Diskurs über zukünftige Generationen im politischen Raum bestehender Demokratien insgesamt geführt wird, anstatt bloß nach Reformmöglichkeiten im hegemonialen Rahmen herrschender Institutionen zu fragen.
Bildung als gesellschaftskritische Praxis
Im aktuellen weltpolitischen Zusammenhang muss sich die kritische Bildung einer Gegenhegemonie für die demokratische Einbeziehung zukünftiger Generationen dabei in erster Linie gegen die kapitalistische und auf kurzfristige Zeiträume hin orientierte hegemoniale Machtformation des Politischen im Kontext der globalen Dynamiken eines immer stärker deregulierten Weltmarktes wenden (vgl. Moore 2017; 2018). Denn der Kapitalismus teilt die Welt eben nicht nur geopolitisch in Zentren und Peripherien auf (vgl. Mbembe 2014), sondern spaltet die Weltgesellschaft über diesen räumlichen Aspekt hinaus auch in einer zeitlichen Dimension auf: Während die gegenwärtige Praxis ökonomischer Mehrwertgenerierung das Zentrum einnimmt, werden die ethische und politische Verantwortung zukünftigen Generationen gegenüber sowie die Folgen gegenwärtigen Handelns zeitlich immer weiter aufgeschoben, d.h. an die Peripherien zukünftiger Schauplätze verdrängt. Die normativen Ansprüche zukünftiger Generationen können demnach aus hegemonietheoretischer Sicht nur dadurch demokratisch vertreten und gestärkt werden, dass die gegenwärtige neoliberale Ordnung des globalen Kapitalismus als demokratiezersetzende Form des politischen und kulturellen Ausschlusses zukünftiger Generationen aus den gesellschaftlichen und politischen Mechanismen der Repräsentation dekonstruiert und einer radikalen Kritik unterworfen wird (vgl. Brown 2015). Um eine solche kulturelle und gesamtgesellschaftliche Gegenmacht gegen den Ausschluss zukünftiger Generationen aus dem Bereich des Politischen effektiv in Stellung zu bringen, muss sich der gegenhegemoniale Widerstand primär gegen die hegemoniale Kultur der Externalisierung und Abwälzung von ökologischen und sozialen Kosten gegenwärtiger politischer und ökonomischer Entscheidungen in die Zukunft richten (vgl. Lessenich 2016). Dieser gegenhegemonialen Überwindung bestehender Formen des kulturellen Präsentismus und des gegenwartsfixierten Individualismus geht also notwendig die bildungspolitische und hermeneutische Operation der Kritik der bestehenden gesellschaftlichen Hegemonien voraus. Die Bildung ist daher als politische Praxis der Gegenhegemonie dazu herausgefordert, die herrschenden Hegemonien jeweils in ihrem problematischen Charakter zu kennzeichnen und kritisch zu durchdringen, um auf dieser Basis ein kritisches Problembewusstsein innerhalb der Gesellschaft zu schaffen. Die Ausprägung eines solchen kritischen Bewusstseins ist das erste entscheidende Element des politischen Widerstands, auf dessen Grundlage dann unterschiedliche gegenhegemoniale Entwürfe gesellschaftlich etabliert werden können. Indem Bildung als Kritik die gesellschaftliche Erfahrung intergenerationeller Rela-
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tionalität im Widerstand gegen Mechanismen der politischen Ausschließung und des gesellschaftlichen Unsichtbarmachens der Zukunft intellektuell verarbeitet, stärkt sie zugleich die Mündigkeit der verschiedenen Generationen, die bereits in der Gegenwart gesellschaftlich zusammenleben. Die Bewegung der Fridays for Future illustriert das insofern paradigmatisch, als es hier primär Kinder und Jugendliche sind, die sich den bestehenden institutionellen Erwartungshaltungen verweigern und gezielt den gesellschaftlichen Alltag unterbrechen, um ihre Stimme zu erheben und auf politische Schieflagen mit Blick auf die Einbeziehung der Interessen und Bedürfnisse der jüngeren Generationen aufmerksam zu machen. In dieser widerständigen Verweigerung üben die Demonstrierenden der Fridays for Future eine widerständige Form der Mündigkeit aus, zu der sie sich performativ selbst ermächtigen. Auf diese Weise eröffnet die kritische Praxis der Bildung den gesellschaftlichen und politischen Raum für Prozesse intergenerationellen Lernens und kämpft gleichzeitig aktiv für die hegemoniale Durchsetzung der Einsicht in die diachrone Struktur der Relationalität der Gesellschaft. Entscheidend ist dabei vor einem hegemonietheoretischen Hintergrund die Betonung des kollektiven Charakters hegemonialer Bildungsprozesse. Obwohl die Haltung der Kritik nach Foucault etwas beinhaltet, »das sich mit der Tugend verschwägert« (Foucault 1992: 9), darf Bildung als Kritik nicht in einem tugendethischen Sinn individualistisch missverstanden werden. Das philosophische ethos der Bildung als gesellschaftskritische Haltung sollten wir vielmehr mit Judith Butler »als ein Merkmal und einen Effekt sozialer Beziehungen, insbesondere solidarischer Beziehungen begreifen.« (Butler 2019: 112). Denn die Bestimmung der Bildung als kollektive Praxis gegenseitiger Solidarität entspricht auch Gramscis grundlegend vergesellschaftetem Bildungsverständnis. Als Modus gegenhegemonialer Praxis ist die Bildung immer schon inhärent politisiert. Indem sie das Potential der Herausbildung einer Gegenhegemonie entfaltet, um die Stimme zukünftiger Generationen im Kontext des Politischen hörbar zu machen, ist Bildung selbst als Teil des solidarischen Handelns zugunsten der demokratischen Beteiligung zukünftiger Generationen zu verstehen. In ihrer gesellschaftskritischen Funktion ist Bildung daher eine Praxis der Emanzipation aus hegemonialen Denkmustern und der Ermöglichung neuer Perspektiven auf die Gesellschaft. Nach Butler ist die kritische Beziehung der Bildung dadurch gekennzeichnet, »dass sie keiner gegebenen Kategorie folgt, sondern vielmehr eine fragende Beziehung zum Feld der Kategorisierung selbst konstituiert und sich dabei zumindest implizit auf die Grenze
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des epistemologischen Horizontes bezieht, innerhalb dessen Praktiken geformt werden.« (Butler 2002: 255). Gerade in dieser Infragestellung der sozialen Grenzen des Denkens und Handelns erweist sich die Bildung dabei als eine kritische Praxis des Widerstands gegen die hegemonialen Vorschriften, Begrenzungen und Verbote im Hinblick auf das, was im Rahmen der jeweiligen historischen Ontologie denkbar, sagbar und operationalisierbar ist. Diese widerständige und streitbare Haltung der Kritik ermöglicht die gesellschaftliche Etablierung eines solidarischen Verhältnisses gegenüber den Generationen, die nach uns auf diesem Planeten leben werden. Denn Bildung bricht gegenwärtige Diskurse auf und öffnet sie für die Reflexion unserer relationalen Verbundenheit, sowohl über räumliche als auch über zeitliche Grenzen hinweg. In der gegenhegemonialen Umstellung des demokratietheoretischen Diskurses um zukünftige Generationen in eine gesellschaftskritische Sprache liegt dementsprechend das radikaldemokratische Emanzipationspotential von Gramscis hegemonietheoretischer Konzeption der Bildung.
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Simon Faets
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Praktische Ideen und Vorschläge für nachhaltige Strukturen in einer demokratischen Mitsprachegesellschaft Stefan Einsiedel
1.
Herausforderung Klimaschutz und intergenerationelle Gerechtigkeit: neue Institutionen »denkbar« machen
Einige der zentralen Grundfragen intergenerationeller Gerechtigkeit werden im Bereich des Umweltschutzes besonders anschaulich deutlich. Betrafen gesellschafts- und wirtschaftspolitische Beschlüsse bislang meist nur wenige Generationen, so stehen gerade in den kommenden Jahrzehnten Grundsatzentscheidungen an, die (egal, ob sie getroffen werden oder nicht) das Gesicht des Planeten und das Leben auf der Erde über dutzende, wenn nicht hunderte (Menschen-)Generationen beeinflussen könnten. Selbst wenn es den uns direkt nachfolgenden Generationen gelingen sollte, im Lauf des späten 21. bis mittleren 22. Jahrhunderts den Anstieg der globalen Temperaturen und des Meeresspiegels nicht nur zu stoppen, sondern sogar ein Stück weit rückgängig zu machen, würden wohl einige der bis dahin eingetretenen Schäden noch in Jahrmillionen erkennbar sein: Insbesondere bei der Versauerung der Meere (eine existentielle Bedrohung für alle kalkbildenden Meereslebewesen wie Muscheln und Korallen und deren Nahrungsketten) und bei der Problematik des weltweiten Artensterbens (über 80 % weniger Biomasse wildlebender Säugetiere seit Beginn der Industrialisierung; vgl. Bar-On/Philipps/Milo 2018) nähern wir uns in hoher Geschwindigkeit planetarischen Belastungsgrenzen, die noch während der Lebenszeit der meisten Leser*innen dieses Artikels unwiderruflich überschritten werden könnten (vgl. Rockström et al. 2009). Der Umgang mit dem Klimawandel kann da-
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Stefan Einsiedel
mit als erste global-multigenerationelle Herausforderung der Menschheit bezeichnet werden.1 Seit der erstmaligen Formulierung eines Nachhaltigkeitsprinzips in der Forstwirtschaft vor über 200 Jahren waren Grundfragen des Umweltschutzes eng mit Fragen der Generationengerechtigkeit verknüpft (vgl. Palmer 2001) und deren Vordenker oftmals darum bemüht, »zwischen idealer Theorie und nicht-idealer Theorie so zu vermitteln, dass abstrakte Prinzipien praxistauglich wurden« (Kallhoff 2015: 12). In der aktuellen Klimadebatte, angesichts eines schnell kleiner werdenden Handlungszeitfensters und vielfältig begrenzter Ressourcen, drängen sich nun häufig Fragen nach einer angemessenen (und durchsetzbaren) Priorisierung in den Vordergrund: Eine drastische und schnelle Reduzierung des weltweiten CO2 -Ausstoßes ist unumgänglich, doch die Kosten verschiedener Vermeidungs- sowie Anpassungsstrategien ebenso wie die potentiellen Gewinne (etwa aus der Erschließung regenerativer Energiequellen) können höchst unterschiedlich zwischen den Nationen und Generationen verteilt werden. Während manche Autoren*innen dafür plädieren, die Anliegen der ärmsten Mitglieder der Weltbevölkerung oder der am stärksten vom Klimawandel Betroffenen zu priorisieren, setzen andere ihr Hauptaugenmerk auf rasches politisches Handeln oder auf gesteigerte Forschungs- und Modernisierungsanstrengungen (vgl. ebd.). Grundlegende Fragen der Gerechtigkeit – die wichtig für die Legitimation und breite Akzeptanz der notwendigen Klimaschutzregelungen sind – vermischen sich dabei oft mit praktischen Fragen der politischen Durchsetzbarkeit und momentanen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einzelner Nationen. Der Facettenreichtum dieser Debatte ist einerseits Ausdruck für das Potential unserer demokratischen Mitsprachegesellschaft und hat bereits eine ganze Reihe von Vorschlägen für institutionelle Neuerungen erbracht: Sie reicht von der »Ombudsperson für künftige Generationen« über diverse Zukunfts- und Nachhaltigkeits(bei)räte sowie die Verankerung von einklagbaren Nachhaltigkeitsgrundsätzen in nationalen Verfassungen bis hin zur Errichtung eines auch von Privatpersonen anrufbaren globalen Weltgerichtshofes für Fragen der Verteilungs- und Generationengerechtigkeit (vgl. Enquete-Kommission ›Schutz des Menschen und der Umwelt‹ 1997; Gesang 2014). Zugleich stellt
1
Lediglich die Frage nach der militärischen und zivilen Nutzung der Atomenergie betraf bislang ähnlich große Zeithorizonte und hatte ein vergleichbar hohes Schadenspotential, betraf aber auf Anwender*innenseite nur vergleichsweise wenige Nationalstaaten.
Ideen und Vorschläge für nachhaltige Strukturen in einer Mitsprachegesellschaft
sich angesichts der Trägheit des tatsächlichen Entscheidungsprozesses und der Tatsache, dass die bislang umgesetzten institutionellen Neuerungen von Expert*innen meist als nicht ausreichende »erste Schritte« (Birnbacher 2014: 116), internationale Klimakonferenzen gar als »Geschichte des Versagens« (Jamieson/Di Paola 2015: 24) bezeichnet werden, doch auch immer wieder die grundsätzliche Frage: »Kann Demokratie Nachhaltigkeit?« (Gesang 2014: 13) Die Praktische Philosophie kann bei dieser Frage in mehrerlei Hinsicht helfen: Sie kann dazu beitragen, die Debatte über Wesen, Ziele und Wege der Nachhaltigkeit zu strukturieren und damit die notwendige Sprachund Streitfähigkeit innerhalb unserer heutigen Entscheidungsgeneration überhaupt erst herzustellen. Sie kann zudem helfen, in diesem notwendigen Streit das Gespür für verbindende Ideale und eine gemeinsame Wertegrundlage nicht zu verlieren und somit die Kompromiss- und Konsensfähigkeit über alle Partei-, Kultur- und auch Interessensgruppengrenzen hinweg zu stärken.2 Außerdem kann die Praktische Philosophie gemeinsam mit den Geschichtswissenschaften den Blick der heutigen Generation dafür schärfen, wie wichtig in vergleichbaren historischen Entscheidungssituationen die vorbereitende Diskussion von Philosoph*innen und Staatstheoretiker*innen war, die neue Institutionen überhaupt erst »denkbar« gemacht haben. Dieser historische Rückblick kann für heutige Debatten Warnung und Ansporn zugleich sein, zeigt er doch, wie langlebig (und pfadprägend)3 eine aus derartigen Diskussionen hervorgegangene Kompromisslösung sein kann. So prägte der am Hof Karls des Großen tätige Alkuin (735-804) mit seiner damals revolutionären Idee eines consensus fidelium4 auf Jahrhunderte die ständischen Partizipationsmuster des neu entstandenen Römisch-Deutschen 2
3
4
Zur konfessions- und kulturenübergreifenden Begründung eines Ideals der Nachhaltigkeit auf Grundlage der Menschenrechte, dem Prinzip gleicher Rechte, sowie ausgehend von der Idee des Gemeinwohls vgl. Wallacher/Einsiedel/Gösele 2019. Zur Pfadabhängigkeit politischer Institutionen (oft erklärt anhand des eigentlich ineffizienten »QWERTY-Standards« zur Tastaturbelegung mechanischer Schreibmaschinen, der anfangs rein mechanische Probleme vermied und seitdem praktisch nicht mehr reformiert werden kann) vgl. Pierson 2000. Das Prinzip des consensus fidelium (»Zustimmung der Getreuen«) ist nicht zu verwechseln mit den eng verwandten theologischen Begriffen des (con)sensus fidei/fidelium. Es bezeichnet im mittelalterlichen Feudal- und Lehensystem die Vorstellung einer notwendigen Zustimmung der adligen Beherrschten zu ebendieser Herrschaft und führte schon bei der Regelung der Herrschernachfolge zu Lebzeiten Karls des Großen zum entscheidenden »Durchbruch auf dem Weg zum förmlichen Herrschaftsvertrag« (Fried 2011: 87).
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Kaiserreiches, während die von Locke, Montesquieu und Rousseau denkbar gemachte demokratisch-föderale Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika (mit ihrem schon damals umstrittenen Wahlmännersystem) in den vergangenen 230 Jahren nur geringfügig ergänzt wurde und das eigentlich als »Provisorium« gedachte deutsche Grundgesetz (verbunden mit dem Leitbild einer »sozialen Marktwirtschaft«) bis heute die entscheidenden Ordnungs-, Wettbewerbs- und Teilhabestrukturen unserer Gesellschaft vorgibt. Der vorliegende Buchbeitrag gründet auf der Annahme, dass jetzt mit aller Entschiedenheit und Klarheit über die notwendige sozial-ökologische Reform unserer Wirtschafts- und Teilhabeordnung gestritten und gerungen werden muss, dass bald die wegweisenden Entscheidungen für eine nachhaltigere Entwicklung getroffen werden müssen und dass für einen tragfähigen Kompromiss neue Institutionen denkbar gemacht werden müssen, welche die bislang strukturbildenden Ideale der demokratischen Teilhabe und der allgemeinen Gerechtigkeit um das Ideal der Nachhaltigkeit ergänzen. Im Folgenden soll unter anderem John Rawls lebenslange Beschäftigung mit einer ›Theorie der Gerechtigkeit‹ (Rawls 1971) als Inspiration für neue, nachhaltigkeitsdienliche Institutionen und Strukturen genutzt werden – schließlich stand hinter Rawls theoretischer Arbeit der Wunsch, nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs eine dauerhaft gerechte Gesellschaft zumindest denkbar zu machen. Die dabei entwickelten Vorschläge und Denkanstöße erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder sofortige Umsetzbarkeit, doch wenn sie auch nur zum Widerspruch oder zur Korrektur anregen, haben sie ihren Sinn bereits erfüllt.5
5
Auch wenn im vorliegenden Beitrag möglichst lösungs- und konsensorientiert argumentiert wird, sei im historischen Kontext darauf hingewiesen, dass bereits die Väter der amerikanischen Verfassung intensiv über die Wichtigkeit diskutierten, nicht nur mit konkreten Lösungsvorschlägen zum Diskurs beizutragen, sondern diesen bisweilen auch mit unsanften Methoden wachzurütteln. Thomas Jeffersons Bekenntnis zur Notwendigkeit heftiger Auseinandersetzungen (»A little rebellion now and then is a good thing, and as necessary in the political world as storms in the physical. […] It is a medicine necessary for the sound health of government.« – Jefferson 1787: 92) verrät dabei einen ähnlich pragmatistischen Ansatz wie die modernen Weckrufe von Papst Franziskus (»Diese Wirtschaft tötet!« Papst Franziskus 2013: Nr. 53) oder Greta Thunberg (»I want you to panic!« Thunberg 2019).
Ideen und Vorschläge für nachhaltige Strukturen in einer Mitsprachegesellschaft
2.
Einige theoretische Anregungen für die Problemlösung
Bevor wir uns den theoretischen Überlegungen von Rawls zuwenden, ist es hilfreich, sich kurz einige praktische Probleme bei der Formulierung und Durchsetzung einer »nachhaltigen Politik« ins Gedächtnis zu rufen. So tragen zwei im Grunde nur schwer korrigierbare Tatsachen wesentlich zum »Hauptproblem unserer Zeit« (Tremmel 2006: 14), dem »political shorttermism« (ebd.), bei: (1.) unsere relative Unwissenheit über unsere individuelle sowie kollektive Zukunft und (2.) das relative Übergewicht der nahen Gegenwartslobby, deren Stimme naturgegeben immer lauter erklingt als die einer räumlich wie zeitlich entfernteren (oder noch gar nicht existenten) Zukunftslobby. Beide Probleme sind, wie gesagt, relativ und schwer vermeidbar; sie können durch geeignete Anstrengungen ein Stück weit (aber eben nie absolut) kompensiert werden. Daneben beklagen Wissenschaftler*innen wie Politiker*innen noch weitere Unzulänglichkeiten des heutigen Politikbetriebes, die erschwerend hinzukommen; in der wissenschaftlichen Literatur sind dies häufig: (3.) Qualifikationsprobleme des politischen Personals, (4.) ungünstige Anreizsysteme für das politische Personal (überdurchschnittlicher Einfluss einzelner Interessensgruppen, Angst vor Macht- bzw. Mandatsverlust) sowie (5.) fehlender Gestaltungsspielraum (keine »Politik aus einem Guss« durch die Fragmentierung der Entscheidungsgewalt in einer ausdifferenzierten Mitsprachegesellschaft) (Gesang 2014: 21ff). Wechselt man die Blickrichtung und fragt sich, wie politisch Verantwortliche diese Problematik erleben, so wird der letzte Punkt gern etwas vornehmer als Mangel an »effektivem Regierungshandeln und politischer Kohärenz« (Ridgeway 2007: 11) beschrieben und empfohlen, mehr in geschlossenen »Reformzyklen« (ebd.: 13) mit festen Checklisten zu arbeiten (insb. klare Definition der Ziele, Analyse verschiedener Alternativen sowie der sozialen, ökonomischen und ökologischen Folgen, regelmäßige Erfolgskontrolle). Dazu kommen Schwierigkeiten, (6.) den »input into decisionmaking« (ebd.: 11) systematisch zu organisieren (rechtzeitige Einbindung aller notwendigen Informationen und betroffenen Stakeholder) und (7.) die notwendige Transparenz in möglichst allen Stadien und Ebenen dieses Entscheidungsund Umsetzungsprozesses zu garantieren. Eine Vielzahl von Problemfeldern, die wohl kaum alle auf einmal gelöst werden können – aber doch ist es ermutigend, an wie vielen Stellschrauben Verbesserungen möglich (und nötig!) sind.
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All die hier aufgeführten Herausforderungen, die eine nachhaltige Politik erschweren6 , sind nicht wirklich »Klima-spezifisch«, sie treten dort nur besonders drastisch in Erscheinung. Die global-multigenerationelle Dimension der Umweltkrise verstärkt lediglich den räumlichen und zeitlichen Umfang der gerade geschilderten sieben Problemfelder: Schon immer standen Regierungen vor der Herausforderung, langfristige Investitionen (vor allem in den Bereichen Sicherheit, Infrastruktur und Bildung) vor ihren Steuerzahler*innen rechtfertigen zu müssen, konnten aber meist davon ausgehen, dass der positive Nutzen bereits innerhalb vergleichsweise kurzer Zeitspannen und vor allem innerhalb des eigenen Einflussbereiches eintreten würde – die Notwendigkeiten des Klimaschutzes hingegen sprengen die gewohnten zeitlichen und räumlichen Grenzen. So waren die Herausforderungen für nachhaltige Politik im Prinzip nichts neues für Rawls, als er sich – erschüttert von seinen Erfahrungen als Weltkriegsteilnehmer – in den 1950er Jahren daran machte, grundlegend über die Möglichkeiten und Bedingungen einer dauerhaft gerechten Gesellschaftsordnung nachzudenken; die Problematik des Klimawandels und die Frage nach Grenzen des Wachstums spielten in seiner »Theory of Justice« (Rawls 1971) noch keine Rolle (vgl. Birnbacher/Brudermüller 2001: 7), wohl aber die Frage der Generationengerechtigkeit, so dass sein Nachsinnen über nachhaltig gerechte Strukturen auch für die aktuelle Debatte hilfreiche Erkenntnisse bereithält. Zunächst ist bemerkenswert, dass Rawls eine nachhaltig gerechte Gesellschaftsordnung nicht dadurch zu erreichen sucht, dass er die Interessen möglichst aller Betroffenen ständig hörbar macht, sondern indem er durch einen geschickten Kniff die Einzelinteressen und deren Vertreter*innen voneinander entkoppelt. Dafür legt Rawls in seinem berühmten Gedankenexperiment zunächst einen »Schleier des Nichtwissens« (vgl. Rawls 1971) über die (möglichst große) Gruppe von Menschen, die über künftig verbindliche Gerechtigkeitsgrundsätze diskutieren, aber eben nicht wissen sollen, wie sie selbst in Zukunft von diesen Regeln betroffen sein werden. Nur der anfängliche Ausschluss von egoistischen Einzelinteressen erlaubt es in Rawls Gedankenex-
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Diese Hindernisse nachhaltiger Politik sind auch nicht auf repräsentative Demokratien beschränkt, sie können aber in einer demokratischen Mitsprachegesellschaft mit freier Presse tendenziell stärker und flächendeckender artikuliert werden und ins öffentliche Bewusstsein treten, was die Vermutung nahelegt, dass sich in Demokratien zumindest die Lösungskompetenzen für Herausforderungen der Nachhaltigkeit besser entwickeln können als in autoritären Regimen.
Ideen und Vorschläge für nachhaltige Strukturen in einer Mitsprachegesellschaft
periment, wahrhaft gerechte Ordnungsstrukturen im durchaus harten Ringen (»the result of a fair agreement or bargain« Rawls 1971: 208) zu erarbeiten. Im weiteren Verlauf der gesellschaftlichen Entwicklung sind rationaler Egoismus und persönliches Vorteilsstreben dann nicht mehr hinderlich, sondern durchaus auch Treiber von wirtschaftlicher Effizienz und gesellschaftlichem Fortschritt – aber zunächst werden im ersten grundlegenden Schritt die Grundregeln des späteren Wettbewerbs festgelegt und dafür muss zweierlei zusammenkommen: das größtmögliche Wissen über die Vielzahl menschlicher Einzelinteressen einerseits; und das größtmögliche Nichtwissen der Beschließenden über ihre künftigen Partikularinteressen andererseits. Ein derartiger Schleier des persönlichen Nichtwissens kommt in der Praxis selten vor – am ehesten könnte er wohl aktuell bei einer internationalen Debatte um künftige Nutzungsrechte von Ressourcen im Weltraum verwirklicht werden (vgl. Wallacher/Einsiedel/Gösele 2019); historisch gesehen betraf er wohl einige der schwer vom Krieg gezeichneten Väter und Mütter des deutschen Grundgesetzes und der europäischen Nachkriegsordnung. In der aktuellen parlamentarischen Praxis vermischen wir stattdessen häufig grundlegende Ordnungsfragen und aktuelle Verteilungsfragen und glauben, einen fairen Interessensausgleich vor allem durch die Berücksichtigung möglichst vieler Einzelstimmen zu erreichen. Beim Nachdenken über geeignete Institutionen der Nachhaltigkeitsdebatte sollten daher auch kreative Möglichkeiten für die von Rawls vorgeschlagene Interessensentkopplung Berücksichtigung finden. Und noch ein zweiter Aspekt in Rawlsʼ Arbeit ist für unsere folgenden Überlegungen beachtenswert: Rawls gelang es in seiner strikt rationalen (und eben nicht metaphysischen) Betrachtungsweise nicht, eine wirklich überzeugende Begründung dafür zu liefern, warum Menschen sich verpflichtet fühlen sollten, für das Wohl ferner Generationen vorzusorgen, mit denen keinerlei direkter Austausch möglich ist und denen so keine Sanktionsmöglichkeiten gegeben sind (vgl. Rawls 1971: 251ff.; Dierksmeier 2006: 72ff.).7 In seiner »Theory of Justice« argumentiert Rawls daher mit dem Gefühl elterlicher Zuneigung, das eine Generation an die jeweils nächste bindet. Dadurch entstehen lange emotionale Generationenverkettungen, die es dem strikt Nutzenmaximierenden Menschen ermöglicht, für das Wohl künftiger Generationen Wohlstandseinbußen hinzunehmen und dieses intergenerationelle Sparen als
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Zu den gerade hier relevanten Unterschieden zwischen Rawlsʼ englischem Original und der 1975 erschienenen deutschen Übersetzung vgl. Veith 2006.
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sinnvoll und beglückend zu empfinden. Diese für Rawls ungewöhnlich emotionale Argumentation wurde vielfach als Abweichung von seinen ansonsten strikt logischen Prinzipien kritisiert und von ihm selbst später deutlich revidiert (vgl. Rawls 2001: 159ff.; Meyer 2016). Doch auch seine vermeintlich rationalere Argumentation, die reziproke Logik einer Art »Goldener Regel« (Dierksmeier 2006: 78) verpflichte die Menschen zu generationenübergreifender Rücksichtnahme, konnte nicht wirklich überzeugen (vgl. Dauenhauer 2002: 208ff.). Für unsere weiteren Überlegungen bleibt die Erkenntnis: Die Verpflichtung auf Grundsätze der Nachhaltigkeit (und damit häufig der Verzicht auf kurzfristig/individuelle Nutzenmaximierung) ist dem einzelnen Menschen mit reiner Individuallogik meist nicht ausreichend zu vermitteln. Hier ist es durchaus richtig (und der Natur des Menschen angemessen), auf die generationenverbindende Macht von Emotionen und Idealen (wie eben die Solidarität) zu vertrauen, aber auch auf einen entsprechenden Ordnungsrahmen (mit entsprechenden Sanktionen und Anreizmechanismen) zu setzen, der diese Grundüberzeugungen ausdrückt und stützt. So wie die uns vorangegangenen Generationen mit einer Mischung aus strukturellen Zwängen, positiven Teilhabemöglichkeiten und werteorientierter Bildung an die Ideen einer demokratischen Grundordnung, eines beitragspflichtigen Sozialstaates und zuletzt an die Europäische Einigung herangeführt wurden, so muss nun die Leitidee der Nachhaltigkeit auf vielerlei Weise in die Herzen, Köpfe und Ordnungsstrukturen unserer Gesellschaft Einzug halten.
3.
Praktische Vorschläge
Die gerade beschriebenen Problemfelder und Lösungsanregungen lassen, auch wenn sie hier nur kurz angerissen werden konnten, bereits erahnen, dass eine Vielzahl an Reform- und Verbesserungsmöglichkeiten zur Förderung einer Politik der Nachhaltigkeit denkbar wäre. Im Folgenden sollen eine Reihe von konkreten Beispielen und weiterführenden Denkanstößen gegeben werden, die zur besseren Übersichtlichkeit grob in drei Dimensionen eingeteilt werden können: (A) Ertüchtigung bestehender Institutionen, (B) Verbesserung der Anreizsteuerung, unter anderem durch nachhaltige Automatismen, sowie (C) neue Institutionen.
Ideen und Vorschläge für nachhaltige Strukturen in einer Mitsprachegesellschaft
A) Ertüchtigung bestehender Institutionen Eine Vielzahl der veröffentlichten Vorschläge zur Stärkung der Nachhaltigkeit beschränken sich darauf, die vorhandenen Strukturen und Institutionen unseres Staates durch thematische Schwerpunktverschiebungen in Richtung »mehr Nachhaltigkeit« zu optimieren (vgl. Enquete-Kommission ›Schutz des Menschen und der Umwelt‹ 1997). Als besonders wirksam erwies sich dabei in den letzten Jahren die Variante, durch Strukturreformen im Bereich der Judikative (wie erleichterte Verbandsklagen und die Verankerung von Nachhaltigkeitsgrundsätzen in nationalen Verfassungen und internationalen Vereinbarungen) konkrete Verbesserungen verstärkt auf gerichtlichem Weg einforderbar zu machen: die jüngsten (erst nach juristischen Auseinandersetzungen zugelassenen) Volksbegehren zum Klima- und Artenschutz, die aktuellen Gerichtsverfahren zur Luftreinhaltung in deutschen Großstädten und die Ermittlungsverfahren zum »Dieselgate« erwiesen sich als transparente, effiziente und überparteiliche Möglichkeiten, innerhalb des bestehenden Institutionengefüges eine nachhaltigere Politik durchzusetzen. Auch in (rechtsstaatlich organisierten) Ländern des globalen Südens erweisen sich Gerichtsverfahren (beziehungsweise deren Androhung) häufig als aussichtsreichste Methode, Anliegen der Nachhaltigkeit gegenüber den Interessen von Wirtschaft und Staatspolitik zu vertreten. Die Digitalisierung hat es in den letzten Jahren vielen kleinen NGOs und regionalen Initiativen ermöglicht, die Unterstützungskampagnen der genannten Volksbegehren vernetzt und effizient zu führen, aber auch die Verbandsklagen (etwa zur Luftreinhaltung) vergleichsweise kostengünstig zu koordinieren. Für die Zukunft verspricht die fortschreitende Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt noch viele weitere Möglichkeiten, die im vorherigen Kapitel beschriebenen Schwachpunkte bestehender Institutionen und Verfahrenswege (insb. Punkt Nr. 6 und 7) durch die Schaffung von mehr Transparenz und besserem Beteiligungs- und Informationsmanagement deutlich zu verbessern – hier ist noch viel Raum für kreative Weiterentwicklungen. Entwickelt man Rawlsʼ Prinzip der Entkopplung von Grundsatzentscheidungen und Einzelinteressen weiter, so drängt sich der Gedanke auf, dass es nicht allein ausreichen würde, die (zweifellos verbesserungswürdige) Transparenz8 über die Privatinteressen von Abgeordneten zu erhöhen. So stellt sich 8
Hier sei darauf hingewiesen, dass in der Praxis nicht die eigentlich relevanten Interessenskollisionen offengelegt werden, sondern lediglich aktuelle Geldströme (wie veröf-
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die Frage: Würde die parlamentarische Diskussion versachlicht und weniger von kurzfristigen Macht- und Karrierefragen überlagert, wenn bestimmte Gesetzesvorschläge (etwa alle, die eine bestimmte Bedeutungsschwelle für die weitere nachhaltige Entwicklung überschreiten) nur noch ohne Namens- oder Parteinennung zur Beratung in die parlamentarischen Gremien gelangten? Selbstverständlich müssten die Autor*innen zuvor gegenüber dem Parlamentspräsidium ihren Namen (und etwaige Interessenskonflikte) offenlegen, doch die Parlamentskolleg*innen und die Öffentlichkeit dürften erst nach der Annahme des Gesetzes erfahren, von wem die Initiative ausging. Auch ein stärkeres Reglement oder teilweises Verbot des in der Praxis oft überstrapazierten Fraktionszwanges9 könnte helfen, die gern beschworene Gewissensfreiheit der Abgeordneten (Art. 38 Grundgesetz) zu stärken, und es zumindest erschweren, dass Lobbygruppen sich lediglich auf einige wenige Expert*innen innerhalb der Regierungsfraktion konzentrieren müssen, um Entscheidungen in ihrem Sinne zu beeinflussen.
B) Verbesserung der Anreizsteuerung Die gerade angedachten Verbesserungsmöglichkeiten, die ohne wesentliche Änderungen der bestehenden Institutionen auskommen, könnten zudem durch eine zeitgemäße Anreizsteuerung ergänzt werden: Wenn es nicht gelingt, Eigeninteressen ausreichend aus den Gremien zu verbannen, müssten Allgemeininteressen wieder stärker zu Eigeninteressen der politisch Verantwortlichen werden. Während die Verhaltensökonomik immer mehr Möglichkeiten beschreibt, Verbraucher*innen zu umweltfreundlicheren Entscheidungen zu incentivieren und während immer mehr Verantwortungsträger*innen nicht nur in der Privatwirtschaft, sondern auch im Öffentlichen Dienst mittels sogenannter »variabler Lohnbestandteile« am langfristigen Erfolg (oder Misserfolg) ihres Unternehmens beteiligt werden, bestimmen Abgeordnete meist vergleichsweise frei, pauschal und leistungsneutral über
9
fentlichungspflichtige Parteispenden und bestimmte Nebeneinkommenskategorien amtierender Abgeordneter), die mitunter auf derartige Interessenskonflikte hindeuten können. So wäre es zum Beispiel denkbar, die parlamentarische Praxis umzukehren und nicht mehr vor einzelnen Abstimmungen formell zu verkünden, diese seien nun aus Gewissensgründen freigegeben, sondern stattdessen in Einzelfällen den Fraktionszwang explizit verkünden und begründen zu müssen.
Ideen und Vorschläge für nachhaltige Strukturen in einer Mitsprachegesellschaft
die Höhe ihrer eigenen Diäten.10 Zugespitzt formuliert: Es würde wohl kaum die Unabhängigkeit des Parlaments beschneiden, wenn die Bezahlung von Abgeordneten nicht in erster Linie an die Lohnentwicklung von Spitzenbeamt*innen, sondern an einen breiteren Nachhaltigkeitsindex gekoppelt wäre, welcher auch Kennzahlen wie die Entwicklung der Staatsverschuldung und der Biodiversität, der Lohnschere oder Beschäftigungszahlen, die durchschnittliche Lebenserwartung oder die Erreichung vertraglich zugesicherter Klimaziele abbildet. Und auch die Qualität und Sachlichkeit der Oppositionsarbeit würde sicher nicht darunter leiden, wenn durch diese Koppelung auch Oppositionspolitiker*innen vom Erfolg der Regierung bei der Erreichung gemeinsamer Nachhaltigkeitsziele profitieren würden. Wäre es denkbar, bei Parlamentswahlen mit einer Zweit- (oder besser zusätzlichen Dritt-)Stimme über die Gewichtung unterschiedlicher Nachhaltigkeitsziele (die von einem Expert*innengremium vorbereitet und alle paar Jahre im Rahmen der regulären Wahlen neu gewichtet werden) abzustimmen oder garantiert tatsächlich die etablierte Zweit- oder Parteistimme bereits die gewünschte politische Richtungsentscheidung der Wähler*innen? Und noch weitergedacht: Welche gesamtgesellschaftliche Wirkung hätte es wohl, wenn die gesetzliche Rentenformel11 , die bereits einen sogenannten »Nachhaltigkeitsfaktor« beinhaltet, tatsächlich an einen breiten Nachhaltigkeitsindex gekoppelt wäre? Dieses Prinzip, sich bei regelmäßig wiederkehrenden Entscheidungen (wie etwa jährlichen Rentenanpassung) lieber einmalig auf einen konsensfähigen Automatismus (wie eben die Koppelung an einen Index) festzulegen, erfreut sich in der Politik wie auch im Behavioural Finance zunehmender
10
11
Für die aktuelle Wahlperiode des Deutschen Bundestages orientieren sich die Diäten (10.085 EUR monatlich, ab Juli 2019) zum Teil an der Besoldung von Richtern am Obersten Gerichtshof des Bundes (die allerdings strengere Regelungen für ihre im Durchschnitt deutlich geringeren Nebeneinkommen haben) und sind an die vom Statistischen Bundesamt errechnete Entwicklung der deutschen Nominallöhne gekoppelt; dazu kommt eine steuerfreie Pauschale in Höhe von 4.418 EUR monatlich, die jährlich an die Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten angepasst wird. Die »Rentenanpassungsformel« ist in §68 des ›Sechsten Sozialgesetzbuches‹ geregelt. Diese koppelt die Entwicklung der gesetzlichen deutschen Rente (1.) an die Entwicklung der beitragspflichtigen Bruttolöhne, an (2.) einen Riesterfaktor, (3.) einen abgeschwächten »Nachhaltigkeitsfaktor«, der das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern berücksichtigt, sowie an (4.) eine Schutzklausel, die verhindert, dass die Renten absolut sinken.
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Beliebtheit: so wurden die regelmäßigen Rentenanpassungen (nach langer Diskussion im Bundestag) an eine Reihe von Faktoren geknüpft, so dass künftige Anpassungen automatisch erfolgen und nicht mehr jedes Mal aufs Neue von Abgeordneten (und entsprechenden Lobbygruppen) intensiv diskutiert werden müssen; ein ähnlicher Automatismus hilft auch vielen Arbeitnehmer*innen, ihre monatlichen Einzahlungen in die private Rentenzusatzversicherung bei Lohnerhöhungen automatisch zu steigern. Ein derartiges Automatismus-Element könnte auch die die dringend notwendige Einführung einer fairen Bepreisung von Umweltgebrauch erleichtern. So stößt beispielsweise eine angemessene CO2-Bepreisung, die das wahre Schadenspotential des Klimagases wiedergibt, aufgrund der enormen sozialen und ökonomischen Breitenwirkung der damit verbundenen Preiserhöhungen in praktisch allen Ländern der Welt auf vielfältige Widerstände – und das trotz der vielen denkbaren Pfade zu einer erfolgreichen Etablierung (vgl. Klenert et al. 2019). Statt nun regelmäßig über die konkrete Höhe einer Tonne CO2 zu streiten, könnte es zielführender sein, zunächst eine breite Diskussion über faire und akzeptable Grundmechanismen der Preissetzung und Dividendenverteilung zu führen und dann ein derartiges System mit einem zunächst niedrigen Startpreis einzuführen. Dieser konsenserleichternde Startpreis würde wohl noch nicht sofort die volle Höhe der realen Kosten der Klimagasemissionen widerspiegeln; wenn der grundsätzliche Bepreisungs- und Verteilungsmechanismus dann endlich etabliert wäre, käme es zu wissenschaftlich fundierten schrittweisen Preiserhöhungen, begleitet von entsprechenden sozialen Ausgleichszahlungen, die aber eben nicht mehr dem politischen Tagesgeschäft unterworfen sind. Und ein letzter Punkt in dieser Reihe denkbarer Automatismen, der ähnlich wie eine angemessene CO2 -Bepreisung auch wesentlich zur gesamtgesellschaftlichen Bewusstseinsbildung über Nachhaltigkeitsthemen beitragen könnte: Regelmäßige Nachhaltigkeitsberichte, die für die meisten großen Firmen aus regulatorischen wie aus Wettbewerbsgründen mittlerweile eine unvermeidliche Pflichtübung geworden sind, haben vielen Vorstände erst klargemacht, in wie vielen Ebenen und Dimensionen ihres unternehmerischen Handelns Verbesserungen möglich sind. Die Ausweitung dieser Berichtspflichten könnte den Bewusstseinswandel in weitere wichtige Entscheidungsgremien tragen, etwa in die Körperschaften des Öffentlichen Rechts, bei denen aufgrund ihrer tiefen gesellschaftlichen Verankerung und effizienten Verwaltungsstrukturen dieser Mehraufwand durchaus vertretbar erschiene.
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C) Neue Institutionen Institutionen sind immer auch Spiegelbild der Gesellschaftsordnungen und Sozialgefüge, aus denen sie hervorgegangen sind und deren Weiterentwicklung sie dienen sollten – was bedeutet, dass sie sich meist nur langsam und graduell verändern, bisweilen aber auch angesichts großer neuer Herausforderungen oder geänderter gesellschaftlicher Realitäten umfassend reformiert oder eben ganz neu geschaffen werden müssen. Neue Institutionen werden entweder durch staatliche Hoheitsentscheidungen en bloc in die Welt gesetzt – häufig nach längeren gesellschaftlichen Diskussionen über die zunehmende Notwendigkeit einer solchen neuen Institution – oder sie entstehen schrittweise aus erfolgreichen Privatinitiativen, die im Lauf der Zeit durch hoheitliche Entscheidungen weiter professionalisiert, standardisiert und gewissermaßen »verstaatlicht« werden. Die folgenden beiden Vorschläge fallen – wenn sie denn eines Tages realisiert werden sollten – sehr wahrscheinlich in die erstere Kategorie: Einer der häufigsten Vorschläge bezüglich institutioneller Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit ist die Einführung eines Expert*innengremiums, das für Exekutive und Legislative mindestens eine beratende, unter Umständen auch selbst eine beschließende Funktion einnehmen könnte. Angesichts der Vielzahl an Vorschlägen für derartige Nachhaltigkeits- oder Zukunftsräte bzw. -beiräte12 sollen hier nur eine paar grundsätzliche Erwägungen angemerkt werden: »Demokratische Legitimationsketten haben eine begrenzte Anzahl von Gliedern« (Kirste 2013: 323) und in unserer demokratischen Praxis haben grundsätzlich die Wähler*innen, beziehungsweise die*jenigen, die direkt durch die Wähler*innen legitimiert wurden, das letzte Wort. Nachhaltigkeitsräte, die von Parlamenten eingesetzt werden, werden diese im Konfliktfall kaum überstimmen können – und Nachhaltigkeitsräte, die als »grüne Nebenparlamente« ebenfalls direkt gewählt würden, ließen sich in der Praxis der Alltagsarbeit wohl nur schwer vom »eigentlichen« Stadtrat oder Parlament abgrenzen. Vergleichbare Abgrenzungs- und Konkurrenzprobleme wären auch beim Vorschlag eigenständiger Zukunftsabgeordneter innerhalb einer Parlaments-
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Für eine detaillierte Auseinandersetzung sei auf die Diskussion im Abschlussbericht »Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit« (vgl. EnqueteKommission ›Schutz des Menschen und der Umwelt‹ des 13. Deutschen Bundestages 1997) verwiesen.
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kammer (vgl. Dobson 1996, Ekeli 2005) zu befürchten, die als Stimme künftiger Generationen von den heutigen Wähler*innen zu bestimmen wären. Je nach Modell müssten entweder diese »Future-Lobby-Kandidaten« oder aber deren Wähler*innen für ihre (passive oder aktive) Wahlfähigkeit ihre besondere Zukunftsorientierung unter Beweis stellen – bevorzugt durch Mitgliedschaft in entsprechenden Vereinen oder Initiativen. Angesichts der Machtverschiebung, die von derartigen Personen innerhalb einer Parlamentskammer ausgehen würde, wäre zu erwarten, dass die etablierten Parteien umgehend parteinahe »Umweltvereine« gründen würden oder in kleineren etablierten Vereinen eine eigene Mehrheit anstreben würden, um auf diesem Umweg weitere Parlamentssitze zu gewinnen. Vielleicht wäre es hilfreich, sich stattdessen von einer anderen Institution inspirieren zu lassen, wie beispielsweise dem im Jahr 1999 abgeschafften Bayerischen Senat, dessen Grundidee einer »Ständevertretung« in modernisierter Form ein Abbild der informierten und engagierten Öffentlichkeit sein könnte. Die Mitglieder dieser zweiten Kammer wurden von sozialen, wirtschaftlichen, gemeindlichen und kulturellen Körperschaften im Freistaat für sechs Jahre gewählt bzw. im Fall der Religionsgemeinschaften ernannt. Senatsmitglieder durften nicht zugleich Landtagsabgeordnete sein und genossen ähnliche Rechte wie diese; sie wirkten vor allem in beratender und gutachterlicher Weise an der Landesgesetzgebung mit. Würden unseren Stadträten und Parlamenten nun derartige zweite »Nachhaltigkeits- oder Zukunfts-Kammern« beigeordnet, so wäre es ein denkbarer Weg, deren Mitglieder nicht als »Konkurrenzabgeordnete« in parallelen Wahlen ebenfalls von Wähler*innen bestimmen zu lassen, aber immerhin von etablierten Vereinen und Institutionen, denen eine besondere Expertise im Nachhaltigkeitsbereich zukommt.13 Um auch ihre Arbeitsweise von der des
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In einer derartigen Nachhaltigkeitskammer müssten Sitze für so unterschiedliche Themengebiete wie Umweltschutz, Bildungsarbeit, Generationengerechtigkeit, sozialer Zusammenhalt und technischer Fortschritt reserviert sein, die von den regional ansässigen Vereinen (mit anerkannter Gemeinnützigkeit), Stiftungen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen nach Absprache oder Wahl besetzt werden. Gäbe es also für eine derartige Nachhaltigkeitskammer auf Stadt- oder Landesebene beispielsweise drei Sitze im Umweltbereich, so wäre jede Person wählbar, stimmberechtig wären alle in der Region ansässigen (und steuerlich anerkannten) Umweltvereine (vertreten durch ihre Vorstände), auch die fachlich geeigneten Abteilungen der örtlichen Forschungsund Bildungseinrichtungen; und auch Stiftungen könnten sich beim Wahlleiter unter Nachweis ihres Engagement registrieren lassen. Dabei wäre durchaus denkbar, dass manche Vereine auch für verschiedene Sitze (beispielsweise sowohl für Bildung als
Ideen und Vorschläge für nachhaltige Strukturen in einer Mitsprachegesellschaft
regulären Parlaments abzuheben, könnte man diesen ständischen Nachhaltigkeitskammern ein »begründetes Veto-Recht« mit aufschiebender Wirkung zugestehen: Eine derartige Nachhaltigkeitskammer könnte dann in erster Linie Beschlüsse des Stadtrates oder Parlaments, dem sie beigeordnet ist, mit einer fundierten Stellungnahme in das jeweilige Gremium zurückschicken oder einmalig für mehrere Jahre blockieren. Das in dieser Entscheidung blockierte Organ müsste den kritisierten Entwurf dann mit deutlich größerer Mehrheit abermals auf den Weg bringen, die fachliche Begründung vor Gericht anfechten oder eben eine bestimmte Zeitspanne (bzw. Neuwahlen) abwarten, bis es den umstrittenen Entwurf wieder auf den Weg bringen kann. Die Verpflichtung zu einer fundierten Stellungnahme soll dabei – frei nach Schillers zweifelnder Frage, ob es besser sei die Stimmen zu wägen oder zu zählen (Demetrius, I. Aufzug) – dazu beitragen, dass sich die Nachhaltigkeitskammer auch in ihrer Arbeitsweise und Mehrheitsfindung von der regulären ersten Kammer unterscheidet und mehr Ergänzung als parallele Konkurrenz darstellt. Und ein letzter Aspekt würde es verdienen, noch stärker bedacht zu werden: Im Laufe der Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften bildeten sich in allen Regierungsformen Zentralbanken heraus, in denen von der Politik nominierte Fachleute – dem politischen Tagesgeschehen weitestgehend entzogen – über die Stabilität der Währung und des Geldkreislaufes wachen sollten. Angesichts der enormen Bedeutung des CO2 -Kreislaufes für die Zukunft unseres Planeten stellt sich die Frage, ob es nicht an der Zeit wäre, analog zu unserem ausdifferenzierten Zentralbank- und Finanzaufsichtssystem ein ähnlich starkes und mindestens europaweit gültiges Wach- und Regelungssystem rings um eine CO2 -Zentralbank aufzubauen. Die Ressource »CO2 Emissionen« ist aufs engste mit unserer gesamten Wertschöpfungskette verbunden, sie ist Recheneinheit und Zukunftspfand, deren Wert und Bedeutung in den kommenden Jahrzehnten noch deutlich steigen wird. Statt entscheidungslähmend darüber zu streiten, ob eine CO2 -Steuer oder der Handel mit Klimazertifikaten besser zum Klimaschutz beitragen können, sollten wir uns daran erinnern, dass in unserem Finanzsystem eine Vielzahl an Steuern und Regelungsmechanismen ineinandergreifen; wir können es uns kaum leisten, den globalen CO2 -Kreislauf, der älter und bedeutender ist als jeder auch für Umwelt) stimmberechtigt wären – so wie Vereine und Stiftungen bereits jetzt gegenüber dem Finanzamt und den Aufsichtsbehörden eine begrenzte Anzahl verschiedener Vereinszwecke geltend machen können, dies aber gut begründen und regelmäßig nachweisen müssen.
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Währungskreislauf, nicht mit größter – auch institutioneller – Vorsicht zu begleiten und zu behüten. So wie unsere Parlamente die notwendigen gesetzlichen Grundlagen der Finanzaufsicht geschaffen haben, aber nicht mehr in den Geldkreislauf selbst eingreifen, und so wie unsere Regierungen die Chef*innen der Zentralbanken ernennen, dann aber nicht mehr weisungsbefugt sind, so sollte die Aufsicht über den CO2 -Kreislauf umgehend in die Hände von ausgebildeten und unabhängigen Expert*innen gelegt werden, die ihre Entscheidungen (ähnlich wie die Zentralbanker*innen) transparent erklären müssten, aber einzig der Stabilität des Gesamtsystems verpflichtet wären. Zum Abschluss sei an eine zentrale, herausfordernde Erkenntnis von John Rawls erinnert, die auch in den hier geschilderten institutionellen Reformen noch nicht ausreichend berücksichtigt wurde: Eine Diskussion unter dem »Schleier des Nichtwissens«, in der niemand wüsste, in welche künftige gesellschaftliche Position er geraten würde, würde alle Diskussionsteilnehmer*innen darin übereinstimmen lassen, dass »soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten nur dann gerecht sind, wenn sich aus ihnen Vorteile für jedermann ergeben, insbesondere für die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft« (Rawls 1975: 32). Diese Vorstellung, dass der »Blick von den Rändern«, also die Perspektive der besonders Marginalisierten, eine ganz besondere Bedeutung für die realistische Beurteilung des gesamten Systems hat, wurde von Rawlsʼ Kollegen (und späteren Wirtschaftsnobelpreisträger) Amartya Sen weiterentwickelt und prägt heute unter anderem das Denken und Handeln von Papst Franziskus. Während wir beim Blick auf Nachhaltigkeit und intergenerationelle Gerechtigkeit derzeit vor allem bemüht sind, die Interessen und Stimmen aller Betroffenen gleichermaßen hörbar zu machen, besteht für Rawls, Sen und Franziskus die wahre Staatskunst darin, gerade bei den leisen Stimmen besonders genau hinzuhören. Für sie gilt: Wer sich von der Not der Marginalisierten ergreifen lässt, wird auch besser begreifen, auf welch vielfältige Weise Reformen nötig und möglich sind.
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Praktisch-Politische Repräsentation zukünftiger Generationen Lukas Köhler
Der menschliche Einfluss auf unseren Planeten ist heute nicht mehr zu verneinen – wir formen unsere Umwelt heute zu großen Teilen selbst. Wir gewinnen unsere Energie immer noch auf einem »fossilen Wachstumspfad« (WBGU 2011), mit allen Folgen, die dies für den Klimawandel und die Umwelt hat. Auch der gestiegene Bedarf an Nahrungsmitteln stellt durch die Umwandlung von Böden und Wäldern in Agrarnutzflächen eine der großen Quellen von Treibhausgasemissionen dar (vgl. ebd.). Zudem vererben wir zukünftigen Generationen durch die Atomkraft Material, das noch über Millionen Jahre hochradioaktiv bleiben wird. Der Mensch befindet sich im Anthropozän. Aus dieser veränderten Umwelt geht ein stärkeres Verantwortungsprinzip, argumentiert Klaus Töpfer (2013), und eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeit hervor, um auch zukünftigen Generationen ein gutes Leben zu ermöglichen. Hans Jonas (1979) formulierte den kategorischen Imperativ von Immanuel Kant in dieser Hinsicht folgendermaßen um: »Handle so, dass die Wirkungen Deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.« (Jonas 1979: 36, zitiert in Töpfer 2013: 31) Die Sicherung dieser »Permanenz echten menschlichen Lebens« ist das Grundprinzip jeder Überlegung zur intergenerationellen Gerechtigkeit. Allerdings ist damit noch nichts darüber gesagt, wie diese sicherzustellen ist oder was zu dieser Permanenz gehört. Intergenerationelle Gerechtigkeit stellt sich folglich als drängender Imperativ für politisches Handeln heraus, der immer wichtiger wird, je mehr Einfluss heutige Generationen auf die Lebensbedingungen zukünftiger Generationen haben. Diese Forderung verbindet die politische Philosophie mit der praktischen Politik. Wenn heute viele junge Menschen auf der Straße für eine bessere Zukunft und vor allem für ein Handeln der Politik in Bezug auf den Klimawandel protestieren, wird daraus eine Anfrage an den aktuellen praktischen Diskurs. Die Debatte um die politisch-prakti-
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sche Repräsentation kommender Generationen kann hier Antwortvorschläge liefern. Es geht in diesem Bereich unter anderem um Fragen des Verhältnisses von Klimafolgen und Intergenerationalität, der Bedeutung von Menschenrechten für die Berücksichtigung zukünftiger Generationen1 oder die Nachhaltigkeitsziele der UN. Mit der Veränderung der Umwelt geht das erste Mal in der Geschichte ein Bewusstsein darüber einher, dass zukünftige Generationen eines besonderen Schutzes bedürfen. Dieser Schutz muss heute umgesetzt werden. Dieser Anspruch setzt sich zunehmend auf internationalem und nationalem Level durch. »Since the 1972 Stockholm Declaration, there has been a growing consensus that the present generation has an obligation to bestow a sustainable planet to its successors.« (Allen 1994: 719) Gerade die Debatte um Nachhaltigkeit, die ein prominentes Paradigma der politischen aber auch philosophischen Debatte der letzten Jahre darstellt, beinhaltet dabei den Diskurs über den Schutz zukünftiger Generationen. Dieser Schutz wird als Staatsaufgabe wahrgenommen: »Protecting the environment is primarily a duty of the state. It is the state that has to direct societal life in a way that ensures that the natural bases of life are preserved. Therefore, the postulate that we are responsible to future generations is, first of all, directed at the state and requires that the state adopt a policy, at both the national and international levels, that meets this responsibility.« (Gründling 1990: 212) Auch der Politik ist dieser Schutzanspruch bewusst geworden. Ob hier allerdings zukünftige Generationen instrumentalisiert werden oder deren Schutz ernst genommen wird, ist schwer zu unterscheiden. Beispielsweise wird das Argument der Generationengerechtigkeit zur Beibehaltung der schwarzen Null oft angewandt. Durch die in 2018 aufkommenden ›Fridays for Future‹ Proteste steht das Ziel der schwarzen Null aber in einer gewissen Konkurrenz zur Forderung einen radikalen Klimawandel schnell und entschieden zu bekämpfe (vgl. Generaldebatte zum Bundeshaushalt 2019; Deutscher Bundestag 2019). Politiker*innen ist bewusst geworden, dass das Thema der Generationengerechtigkeit den Menschen wichtig ist. Gerade in den letzten Jahren wird es immer wieder als politisches Argument genutzt. So wird gerade in 1
Vgl. hier zum Beispiel Caney 2010a und 2010b oder das International Council on Human Rights Policy 2008. Beide setzten sich mit dem Zusammenhang von Klimawandel und dessen negativen Konsequenzen für die Menschenrechte auseinander.
Praktisch-Politische Repräsentation zukünftiger Generationen
Bezug auf die Staatsverschuldung unsere Pflicht, zukünftige Generationen zu schützen, immer wieder betont. Dies ist nicht nur in Deutschland so. Auch in Amerika wird eine starke Sprache verwendet, wenn es um Schulden geht. »Deficits mean future tax increases, pure and simple. Deficit spending should be viewed as a tax on future generations, and politicians who create deficits should be exposed as tax hikers.« (Paul 2005) Die Idee, dass Schulden eine Steuer für zukünftige Generationen seien, leitet sich aus der Frage ab, wer diese Schulden abzahlen muss. Ron Paul argumentiert hier, dass Schulden immer weiter in die Zukunft verschoben werden könnten und sie somit erst von zukünftigen Generationen zu bezahlen seien. Paul ist in dieser Argumentation kein Einzelbeispiel. Was aber in seinem Zitat besonders deutlich wird, ist die direkte Verknüpfung von Handlungen, die heute geschehen, und Effekten in der Zukunft. Wir scheinen eine ungewisse Pflicht zu fühlen, ungeborene Menschen vor den Resultaten unserer Handlungen zu schützen. Die hier vorgestellte Analyse soll einen kurzen Überblick über die Repräsentation kommender Generationen anhand ausgewählter Beispiele praktischer Umsetzung geben. Die Analyse beschränkt sich dabei allerdings auf einen nationalen und demokratischen Rahmen. Im ersten Teil werden einige Grundlagen geklärt anhand derer unterschiedliche Instrumente überprüft werden. Allerdings ist hier die Frage nicht so sehr, ob zukünftige Generationen repräsentiert werden müssen, sondern wie sie repräsentiert werden können. Diese Analyse wird dann in die Betrachtung der konkreten Umsetzung übertragen und unter den aufgestellten Kriterien dargestellt.2
1.
Repräsentation von zukünftigen Generationen
Es gibt politisch eine breite Debatte darüber, ob zukünftige Generationen überhaupt repräsentiert werden können oder ob sie aus moralischer Sicht repräsentiert werden müssen. Es gibt aber gute Gründe davon auszugehen, dass dies der Fall ist. Denn wenn auch kommende Generationen mit Rechten ausgestattet sind, ist ein bloßes Mitdenken oder Mitrepräsentieren, also eine indirekte Repräsentation, zu wenig um die moralische Verpflichtung ihnen gegenüber zu erfüllen: 2
Die hier vorgestellte Diskussion ist eine Zusammenstellung einiger Argumente meiner Doktorarbeit (vgl. Köhler 2017). Darin wird das Ob deutlich ausführlicher beleuchtet.
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»Despite the tendency to discount the future, there is no discernible reason for regarding future human beings as any less equal than present ones, in which case representing their interests indirectly through present generation sympathizers amounts to an injustice.« (Dobson 1996: 135) Andrew Dobson gibt eine sehr einfache Begründung darüber, warum zukünftige Generationen repräsentiert sein sollen.3 Die Frage ist aber wie eine solche Repräsentation ausgestaltet sein muss. Es muss eine*n Repräsentierende*n (in welcher Form auch immer) geben, welche*r die Interessen kommender Generationen gebunden, also ausschließlich im Sinne der zukünftigen Generationen vertritt (mehr dazu in Köhler 2017: Kapitel 5). Notwendig, um diese*n Repräsentierende*n zu legitimieren, ist die Akzeptanz des Publikums dem gegenüber er oder sie seine*n Repräsentationsauftrag wahrnimmt. Die Art der Interessensvertretung geschieht dabei über die antizipatorische Vertretung zukünftiger Wähler*innen, definiert durch Andrew Rehfeld: »Anticipatory representing of prospective voters: A representative who tries to anticipate what a constituency will want representing a constituency that votes based on its expectations of future performance.« (Rehfeld 2011: 8) Um eine solche gelingende Repräsentation umzusetzen, müssen zukünftige Generationen (z. G.) als Gruppe zunächst in ihrer zeitlichen Dimension definiert werden. Es ist festzuhalten, dass mit z. G. all diejenigen gemeint sind, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht geboren sind. Es macht aber einen fundamentalen Unterschied, ob man über die kommende Generation derer spricht, die noch zu Lebzeiten der aktuellen Generation geboren werden, oder ob man diejenigen betrachtet, die in 200 Jahren geboren werden.4 Diejenige Generation, die noch innerhalb der Zeit, in der die aktuelle Generation lebt, geboren wird, war schon immer Teil der Betrachtung ethischer Überlegungen: Meine Kinder sollen es mal besser haben als ich. Man will also eine mindestens gleich gute Welt hinterlassen wie die, in die man selbst geboren wurde. Eigentlich liegt der Fokus dieser Aussage aber sogar darauf eine bessere Welt zu schaffen. Realpolitisch wird dieser Leitsatz gerne in der ein oder anderen Form zur Stärkung oder Begründung eines Arguments genutzt. Dass aber inzwischen auch Generationen in Betracht gezogen werden, die in weiterer Zukunft geboren werden, liegt unter anderem an der veränder3 4
Eine andere und ausführliche Begründung für die Notwendigkeit der Repräsentation findet sich in Köhler 2017. Jörg Tremmel bildet diese Debatte in seinem Kapitel »Vergleiche zwischen den Generationen« ausführlich ab (vgl. Tremmel 2012: 35 -65; Fotion/Heller 1997).
Praktisch-Politische Repräsentation zukünftiger Generationen
ten Ausgangslage. Der Mensch ist das erste Mal in ein Zeitalter eingetreten, in dem er bewusst seine Umwelt über viele Generationen hinaus verändern kann (vgl. Tremmel 2012: 17 – 21). Wir sind heute also das erste Mal in der Geschichte in der Lage, die von uns verursachten Veränderungen besser verstehen und einschätzen zu können. Es ist dementsprechend für uns relevant geworden, den Blick auch auf z. G. zu richten, die in einer weiter entfernten Zukunft geboren werden. Geht es um politische Repräsentation kann man also für kommende Generationen die vereinende Eigenschaft feststellen, zum Zeitpunkt einer Staatshandlung noch nicht geboren zu sein, also physisch noch nicht zur Welt gekommen zu sein. Die Möglichkeit, dass zukünftige Generationen überhaupt Repräsentation erfahren können, wird allerdings immer wieder angegriffen. Die Kritik bezieht sich in unterschiedlicher Formulierung eigentlich immer auf die folgenden Punkte: »It is increasingly hard to resist the pressure to take account of the interests of future generations when determining present policy. Pressure is resisted for all sorts of reasons: that non-existent people cannot have interests, that the interests of future people (assuming it is possible for such people to have them) cannot form part of the political process because they cannot be represented, and/or that we cannot know what the interests of future people will be.« (Dobson 1996: 131f.) Immer dann, wenn zukünftige Generationen von Staatshandlungen heute Lebender betroffen sind, muss eine Repräsentation erfolgen. Hier stellt sich aber das offensichtliche Problem, dass z. G. weder wählen können noch gewählt werden können (vgl. Dobson 1996: 132). Dies ist ein grundlegendes Problem. Die einzige Lösung scheint es zu sein, eine*n Repräsentierende*n aus der aktuellen Generation zu bestimmen, um für z. G. zu sprechen. »It seems, then, that we are stuck with appointing representatives.« (Dobson 1996: 132) Dieses appointment ist nichts anderes als das, was man als gebundene Repräsentation definieren kann. Die Repräsentant*innen können und müssen somit im Sinne und nur im Sinne kommender Generationen agieren, während sie die Repräsentationsaufgabe erfüllen. Diese gebundene Repräsentation ist aber nur dann umgesetzt, wenn sie zu einer Akzeptanz des Repräsentierende*n durch das Publikum (hier das Volk) unter klar definierten und transparenten Regeln führt. Aus diesem Grund werden im Folgenden einige Beispiele betrachtet, wie eine solche Repräsentation zukünftiger Generationen aussehen könnte. Bevor eine entsprechende Analyse aber geschehen kann, muss
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zunächst ein prominentes Gegenargument in der Debatte um zukünftige Generationen betrachtet werden. Derek Parfit (1987) argumentiert in seinem Buch »Reasons and Persons« für das sogenannte »Non-Identity-Problem« (NIP). Es wird in der Debatte zur intergenerationellen Gerechtigkeit bzw. in der Debatte zur Interaktion mit zukünftigen Generationen generell breit diskutiert (vgl. z.B. Tremmel 2012; Benatar 2006; Fishkin 1991). Das NIP wird oft als Gegenargument bei Fragen der Pflichten und Rechte im Umgang mit kommenden Generationen genutzt (vgl. Parfit 1987: 351). Die hier vorgestellte Argumentation bezieht sich nur auf politische Handlungen. Das Feld der Kritik durch das NIP ist also auf diesen Umfang reduziert. Die Grundlage von Parfitsʼ Argumentation ist eine Definition der Gruppen, die als kommende Generationen in der Zukunft leben könnten. Das dargestellte Schema folgt einem Beispiel, bei dem eine Entscheidung, die zukünftige Generationen betrifft, gefällt werden muss. Hier arbeitet er zwei Typen der Klassifizierung solcher Gruppen heraus, wobei der eine Typ nochmals in zwei weitere Gruppen aufgeteilt wird. Die Gruppen werden anhand des Ergebnisses dieser Entscheidung eingeteilt. Auf der einen Seite steht die Gruppe zukünftiger Personen, die in ihrer Zusammensetzung nicht verändert wird. Die Unterscheidung orientiert sich an der Konsequenz der Entscheidung. So nennt Parfit den ersten Fall »Same People Choice«. Verändert sich die Gruppe durch die Entscheidung, nennt er dies »Different People Choice«. Letzteres unterteilt er nochmals in zwei Gruppen, die er, abhängig von der Zahl der Mitglieder, »Same Number Choice« oder »Different Number Choice« nennt (Parfit 1987: 355). Das NIP existiert nur dann, wenn es sich um »Different People Choices« handelt. Das Argument läuft zusammengefasst wie folgt ab: Es gibt eine Entscheidung zwischen A und B, wobei A und B die Handlungsoptionen sind, die einen Einfluss auf die Existenz zukünftiger Personen haben. Mit anderen Worten, wenn A gewählt wird, kommt in der Zukunft die Gruppe von Menschen, die wir A’ nennen, in die Existenz. Wenn B gewählt wird, kommt die Gruppe von Menschen, die wir B’ nennen, in die Existenz. Wie man sich auch entscheidet, es kommt immer die Gruppe der jeweiligen Handlung in die Existenz. Parfit argumentiert jetzt, dass es egal ist, welche Konsequenzen die Entscheidung auf das Leben der zukünftigen Personen hat, da sie, hätte man sich anders entschieden, nie existiert hätte. B’ würde also jede negative Konsequenz akzeptieren müssen, da sie sonst sowieso nicht in die Existenz gekommen wären (vgl. Parfit 1987: 351-379).
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Grafik 1 NIP
Quelle: Parfit 1987: 356
Das NIP wird dann widerlegt, wenn fundamentale Rechte, wie zum Beispiel die Menschenrechte der betroffenen Personen, eingeschränkt werden (vgl. Shue 1996; Meyer 2003). Die Ebene der Betroffenheit z. G. lässt sich gut am Beispiel des Klimawandels und der hiervon betroffenen Menschenrechte erörtern. So führt Felix Ekardt in einer Studie aus, inwiefern die Auswirkungen des Klimawandels die Menschenrechte auch zukünftiger Generationen verletzen. »Die […] künftigen Klimafolgen werden jedenfalls die Menschheit insgesamt treffen und nicht einfach einzelne Personen. Zumindest jeder jüngere Bürger […] kann deshalb plausibel darlegen, dass er künftig in seinen Menschenrechten durch eine mangelnde Klimapolitik betroffen sein wird.« (Ekardt 2011: 5) Hierzu lässt sich auch Simon Caney (2010) heranziehen. Gerade die zukunftsgerichtete Ausgestaltung der Menschenrechte zeigt, dass Menschen in der Zukunft von heutigen Staatshandlungen betroffen sein werden können. »In jedem Fall gibt es […] gerade keine Regel, dass Menschenrechte nur dann geltend gemacht werden können, wenn lediglich Einzelne
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und nicht viele oder gar alle Menschen betroffen sind.« (Ekardt 2011: 5) Die Einschränkung der Menschenrechte gilt für den Menschen qua Menschsein und ist somit nicht vom NIP betroffen. Hier werden keine Einzelpersonen als Betroffene herausgestellt, sondern alle Menschen als Menschen, die in der Zukunft leben werden. Es ist somit notwendig, die Möglichkeit der Repräsentation dieser näher zu betrachten. Am Beispiel von z. G. wird nun die Möglichkeit der Repräsentation durch eine Reihe von Optionen betrachtet. Jörg Tremmel (2004) arbeitet hierzu in einem Artikel eine Analyse der weltweit bestehenden Formen der Verankerung zukünftiger Generationen heraus. Tremmel unterteilt seine Analyse in zwei Möglichkeiten. Er führt zum einen, in seinen Worten, die materiell-rechtliche Lösung und zum anderen die Möglichkeit neuer Institutionen an. In der materiell-rechtlichen Lösung geht es um die Verankerung der Rechte z. G. in der Verfassung: »Bei einer materiell-rechtlichen Lösung wird der Schutz kommender Generationen direkt in die Verfassung geschrieben. Das Verfassungsgericht bzw. der »Constitution Court« des jeweiligen Landes wird zur Instanz, die über die Rechte kommender Generationen wacht bzw. diese gegen die Interessen heutiger Generationen abwägt.« (Tremmel 2004: 45) Beide Lösungen werden im weiteren Verlauf aufgegriffen. Vorab ist zur materiell-rechtlichen Lösung zu sagen, dass sie nicht als eigenständige Option, sondern maximal als Ergänzung zur Institutionalisierung der Repräsentation angesehen wird. Es geht bei dieser Form um die gesetzliche Verankerung der Rechte zukünftiger Generationen und somit nicht um die gebundene Repräsentation, die immer eine personelle Fürsprache voraussetzt (vgl. Tremmel 2004: 44f.). Diese Lösung ist aber möglich und kann unter Umständen notwendig sein, um die praktische Umsetzung der Repräsentation zu gewährleisten. Tremmel führt als zweiten Lösungsvorschlag deshalb die institutionelle Verankerung der Repräsentation aus und spricht hierzu einige Beispiele an: »Alternativ zur materiell-rechtlichen Verankerung in der Verfassung sehen andere Ansätze vor, eine neue Institution zu schaffen, die z.B. mit »Ökologischer Rat«, »Dritte Kammer«, »Ombudsmann«, »Zukunftsrat« oder Ähnliches bezeichnet wird.« (Tremmel 2004: 45) Unabhängig von den angesprochenen Vorschlägen ist hier konkret eine Art der Repräsentation von z. G. als Lösung für die Problematik gemeint.
Praktisch-Politische Repräsentation zukünftiger Generationen
Der hierzu offensichtlichste Vorschlag wäre eine direkte Repräsentation durch Vertreter*innen aus der Volksmitte. Diesen Vorschlag kann man in zwei Wegen ausführen. Zum einen kann man von sogenannten Proxy Repräsentant*innen sprechen. Von Repräsentant*innen also, die durch ein zu definierendes Verfahren als Repräsentant*innen zukünftiger Generationen ins jeweilige Parlament gewählt werden. Diese Repräsentant*innen würden dann entsprechend wie normale Parlamentarier*innen behandelt werden. »The successful candidates would then sit in the democratic assembly alongside present generation representatives.« (Dobson 1996: 132) Die zweite Möglichkeit ist die Repräsentation durch eine institutionalisierte Vertretung, wie zum Beispiel eine Ombudsperson für zukünftige Generationen. Dieses Amt würde entsprechend zwar von lediglich einer Repräsentantin oder einem Repräsentanten ausgeführt, diese*r wäre aber, in zu definierendem Rahmen, nicht als normale*r Parlamentarier*in zu behandeln. Auf beide Vorschläge wird nun im Folgenden eingegangen.
2.
Proxy Repräsentation
Die Idee der Proxy Repräsentation wird von Dobson in einem Artikel das erste Mal ausführlich dargelegt. »There are indeed no actually existing future generations which could either supply representatives or choose them, but proxy (or substitute) future generations could be drawn from the present one.« (Dobson 1996: 132) Dieser Vorschlag zielt also darauf ab, aus den heute existierenden Personen eine Gruppe zu wählen, die als Repräsentantin für zukünftige Generationen fungiert. Es gibt auch andere Autor*innen, die eine solche Repräsentation fordern. »[T]here should be a reference group, acting as a proxy for future people, towards whom the representative of future generations should be accountable. The parliament at large or a parliamentary committee could act as such a reference group.« (Gosseries 2008: 36) Hier wird allerdings zunächst der Vorschlag von Dobson betrachtet, der die Proxy Repräsentation im Detail vorstellt. Ihre Position im Parlament beschreibt er wie folgt: »The proxy would function in exactly the same way as any democratic electorate. It would, in the first place, ›be‹ the future generation electorate, and candidates for representing the interests of future generations would be drawn from it.« (Dobson 1996: 132)
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Es gibt nach der Definition Dobsons also keinen Unterschied zu den ›normal‹ gewählten Parlamentarier*innen. Auch die Frage der Haftung und Autorisation klärt Dobson dadurch, dass diese Repräsentant*innen wie normale Repräsentant*innen gewählt würden. »These candidates would fight election campaigns, outlining their objectives as far as furthering the interests of future generations are concerned […].« (Dobson 1996: 132) Der Vorteil dieses Vorschlags ist, dass die Problematik der Haftung und der Autorisation wegfallen. Dadurch, dass Repräsentant*innen für zukünftige Generationen gewählt werden, wären sie zumindest auf den ersten Blick vergleichbar mit der normalen Repräsentation (vgl. Dobson 1996: 132). Hier entsteht allerding ein Problem: das freie Mandat der ›Proxy‹ Repräsentant*innen. Die Repräsentation kommender Generationen muss jedoch durch eine gebundene Repräsentation erfolgen, um sicherzustellen, dass hierbei nur die Interessen kommender Generationen in den für sie relevanten Entscheidungen vertreten sind und es nicht wie bereits ausgeführt zu einer indirekten Repräsentation kommt. In der Proxy Repräsentation kann dies aufgrund des freien Mandats allerdings nicht sichergestellt werden. Aus diesem Grund ist der zweite Weg der Repräsentation näher zu betrachten. Wird die Repräsentation kommender Generationen institutionalisiert, so ist dieses Amt an die Vorgaben durch die jeweilige Institutionalisierung gebunden. Dies soll nun am Beispiel der ungarischen Ombudsperson gezeigt werden.
3.
Ombudsperson für zukünftige Generationen
Die Funktion einer Ombudsperson stellt eine spezielle Art der Repräsentation dar. Die Idee eines solchen Amts geht auf den sogenannten schwedischen ›Justitieombudsman‹ zurück. Dieser begleitet die politische Arbeit in Schweden seit 1809 (vgl. Hoffman/Mégret 2005: 53). Diese Institutionalisierung differenziert sich aber in Schweden auf unterschiedlichen Ebenen und vor allem in Hinblick auf unterschiedliche Funktionalitäten aus. Sie übernehmen von der Streitschlichtung und Mediation, über das was wir heute als StakeholderDialoge bezeichnen, bis hin zur Beratung diverse Aufgabenfelder. Gemeinsam ist ihnen aber, dass sie ein gewisses Maß an Unabhängigkeit brauchen und auch als Beschwerdestelle für öffentliche Anliegen gelten müssen. Hierzu führen Florian Hoffman und Frédéric Mégret Folgendes aus:
Praktisch-Politische Repräsentation zukünftiger Generationen
»[A]ll ombudspersons share a number of basic features that strike a balance between the needs of accountability and institutional accommodation. At the minimum, ombudspersons are meant to be independent from both the body that created them and the agencies they oversee; they should be competent to receive complaints from the general public; they need to be empowered to carry out some form of independent investigation on those complaints; and they need to be able to take some form of remedial action.« (Hoffman/Mégret 2005: 54) Gemeinsam haben Ombudspersonen folglich, dass sie eine Balance zwischen Haftung und Institutionalisierung des Amts erreichen. Dazu müssen sie unabhängig sein und es muss die Möglichkeit zur Beschwerde geben (vgl. ebd.). Gerade die Handlungsfähigkeit ist auch im Hinblick auf die Repräsentation z. G. ein zentraler Faktor. Hoffman und Mégret sehen aber auch, dass es sich bei Ombudspersonen nicht um eine im klassischen Sinn vollwertige juristische Institution handelt, die entsprechend den anderen Institutionen ein uneingeschränktes Betätigungsfeld aufweist: »Beyond these defining features, because the flexibility of ombudspersons is largely due to the fact that they are not full-blown judicial bodies, their remedial powers are usually recommendatory rather than binding, and their ability to effect compliance rests primarily on the publicity of their reports rather than on formal prosecutorial competences.« (Hoffman/Mégret 2005: 54) Diese Funktion des Sichtbarmachens und der Einbindung der Öffentlichkeit, die ein solches Amt erzeugt, ist auch bei der Repräsentation von kommenden Generationen ein notwendiger Faktor. Allerdings ist er nicht der einzige. Die Institutionalisierung der Vertretung z. G. durch ein solches Amt kann nur eine Repräsentation mit bindendem Auftrag sein. Diese ist aber durch die beschriebene Abhängigkeit des Amts der Ombudsperson von der ihr gestellten Aufgabe gegeben. Wie bereits gezeigt, bedeutet das, dass der*die Repräsentant*in, in diesem Fall die Institution der Ombudsperson, direkt an die Interessen derer gebunden ist, die sie vertritt. Eine Analyse der bereits bestehenden Ombudsperson in Ungarn konkretisiert die hierzu entscheidenden Punkte. Die Idee, eine Ombudsperson für zukünftige Generationen zu etablieren, hat in Ungarn bereits im Jahr 1995 ihre geschichtlichen Wurzeln. Im Jahr 2001 wurde dann ein erstes Gesetz verfasst, in dem die ›Ombudsperson‹ institu-
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tionalisiert werden sollte. Dieses Gesetz wurde 2007 vom Parlament erlassen und im März 2008 umgesetzt (vgl. Fülöp et al. 2009). Im Jahr 2011 kam es zu einer Erneuerung der Definition dieser Position. Im Zuge dieser wurden sowohl ihr Aufgabenbereich als auch ihre finanziellen Mittel, aufgrund eines politischen Macht- und damit einhergehend Ideologiewechsels, reduziert. Hier wird das Amt vor dieser Reduzierung betrachtet, da es zu dem früheren Zeitpunkt mehr Aufgaben und Kompetenzen besaß, die für die Repräsentation z. G. interessant sind. Die Aufgabenstellung wird im Report von 2009 ausführlich dargestellt: »The Commissioner’s Office has operated since December 2008 with a staff of 35 and a wide network of legal and environmental experts. The new institution performs three duties: complaints investigation; parliamentary advocacy; strategic development and research. Anyone can turn to the complaints investigation office, and the cases are processed by experts with a complex approach based on the principle of integration.« (Fülöp et al. 2009: 8) Das Design dieses Amtes ist also vom Herangehen daran angepasst, wie Hoffman und Mégret das Amt der Ombudsperson generell beschreiben (vgl. Hoffman/Mégret 2005: 54). Auch die Eingrenzung des Amtes gegenüber den anderen Institutionen ist vorhanden. Das Amt ist selber insofern begrenzt, als es keinen Einfluss auf andere Institutionen nehmen kann (vgl. Fülöp et al. 2009: 9). Die Art und Weise der Umsetzung, ist allerdings, im Gegensatz zu dem vorher beschriebenen, deutlich erweitert: »If any constitutional improprieties are encountered, depending on the weight and character of the case, the Commissioner is entitled to carry out a wide range of measures, from calling the authority or other body to take necessary remedial steps, suspending the execution of administrative resolutions, through initiating or intervening administrative or civil legal actions, up to taking the floor in the House of Parliament.« (Fülöp et al. 2009: 8) Das Feld der politischen Einflussnahme der ungarischen Ombudsperson ist also bedeutend weiter als die Funktion des politischen Ratschlags. Die hier vorgestellte Ausgestaltung würde generell die Repräsentation von z. G. mit einbeziehen, da es der Ombudsperson in einer solchen Form sowohl möglich wäre, auf den Gesetzgebungsprozess einzuwirken, wenn es um die für diese spezielle Gruppe relevanten Themen geht, als auch auf bereits bestehende Probleme einzugehen. In diesem Fall liegt kein freies Mandat, wie bei der Pro-
Praktisch-Politische Repräsentation zukünftiger Generationen
xy Repräsentation, sondern eine gebundene Repräsentation vor. Die Institutionalisierung der Repräsentation z. G. in Ungarn bezieht aber einen Aspekt ein, der in dieser Hinsicht kritisch zu betrachten ist. Es wurde ja bereits ausgeführt, dass die Repräsentation durch eine Ombudsperson an einen speziellen Auftrag gebunden sein muss. Dieser ist auch in Ungarn formuliert worden: »The Commissioner’s activity is based on the Constitution, according to which: ›The Republic of Hungary acknowledges and enforces everyone’s right to a healthy environment.‹ As laid down in the Constitutional Court’s thesis of theoretical significance, this is a fundamental right forming part of the right to life, the quality of life, which allows restriction only to the extent necessary to protect other fundamental rights. From this, one can deduce the prohibition against reducing the existing level of environmental protection, a principle we consider as a general standard in our work.« (Fülöp et al. 2009: 9) Die Institutionalisierung hängt also im Fall Ungarns an der Verfassung Ungarns. Der Status ihres Aufgabengebiets ist entsprechend fest verankert. Dies bedeutet aber nicht, dass die Institution selbst diese Verankerung erfährt. Die genaue Umsetzung einer solchen Verankerung muss vor allem aus rechtswissenschaftlicher und politikwissenschaftlicher Sicht betrachtet werden und ist Aufgabe für eine andere Arbeit. Im Report von 2009 wird ausgeführt, dass die Verankerung der Aufgaben in der Verfassung sich auf das Monitoring, die Evaluation und Kontrolle sowie die Vollstreckung rechtlicher Vorschriften in Hinblick auf die Nachhaltigkeit und die Umwelt bezieht (vgl. Fülöp et al. 2009: 9). Es ist aber die Frage zu stellen, wie solche Fälle, die die Ombudsperson behandeln muss, definiert werden. Gerade dieser Punkt ist für die hier aufgeführte Argumentation von Bedeutung, denn daraus lässt sich ableiten, wodurch die Bindung der Repräsentation entsteht: »What should be regarded as an environmental case is determined by the Act on Environmental Protection as: actions, omissions, decisions, measures concerning the elements of the environment, their systems, processes and structure.« (Fülöp et al. 2009: 5) Es ist also in diesem Fall eine festgeschriebene Bindung, die das Amt der Ombudsperson in Ungarn sowohl in seiner Funktion (durch die Verfassung) als auch in der Definition (Ausübung seines Aufgabenbereichs – ›Act on Environ-
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mental Protection‹) festlegt.5 Die Repräsentation der Ombudsperson in Ungarn konzentriert sich allerdings, wie hier dargelegt, auf ökologische Probleme. Dieser Bereich ist zwar für die Repräsentation zukünftiger Generationen von hoher Bedeutung, er deckt aber nicht alle politischen Entscheidungen ab, in denen z. G. durch Staatshandlungen betroffen sein werden: »A representative for future generations caring only about the environment, for example, would be comparable with a single issue political party. Such a narrow scope runs the risks of unjustified biases.« (Gosseries 2008: 36) Axel Gosseries führt aus, dass es unzureichend ist, sich nur auf einen Teilbereich zu konzentrieren. Eine Institutionalisierung der Repräsentation durch eine Ombudsperson für kommende Generationen erfüllt die Rahmenbedingungen, um mit der in dieser Arbeit vorgestellten Argumentation übereinzustimmen. Es muss aber klar werden, dass im Fall der Institutionalisierung das gebundene Mandat alle Felder abdeckt, die die betroffenen Interessen kommender Generationen aufgreifen.
4.
Konstitutionelle Verankerung
Wie bereits mit Tremmel beschrieben, gibt es eine weitere Möglichkeit der Repräsentation von zukünftigen Generationen. Es wurde aber bereits dafür argumentiert, dass eine Verankerung der Rechte dieser Gruppe in der Verfassung nur als unterstützend zur institutionellen Repräsentation, nicht aber als alleinige Form der Repräsentation angesehen werden kann. Herta DäublerGmelin (2000) legt in der Auseinandersetzung mit einem Vorschlag von Jörg Tremmel, Marc Laukemann und Christina Lux (1999) zur Erweiterung des Grundgesetzes die Probleme der Einarbeitung des Schutzes z. G. breit dar.
5
Der Report stellt diese Festlegung selbst heraus: »The parliamentary advocacy role is aimed at environmental legislation, the most important draft laws within this field are usually sent to us by those submitting them for consultation, however sometimes the office receives only informal notices of these. The function of strategic development and research covers the duty of representing future generationsʼ interests. Within this field, the Commissioner has launched comprehensive six year strategic research projects on the issues of the availability of environmental information, the climate and energy policy, and the study and support of sustainable local communities.« (Fülöp et al. 2009: 8)
Praktisch-Politische Repräsentation zukünftiger Generationen
Gosseries erläutert diese Probleme in zusammengefasster Form aus der Perspektive der politischen Philosophie: »The tools used in a constitution to offer even stronger guarantees to the rights of future people simultaneously restrict the sovereignty of coming generations. Constitutionalisation is thus not straightforwardly compatible with the demands of intergenerational justice.« (Gosseries 2008: 31) Um diese Argumentation zu stärken, geht er auf die Argumente von Thomas Jefferson ein. In Kürze lässt sich das Argument wie folgt formulieren: Durch die Einbindung der Rechte z. G. in die aktuelle Verfassung wird diesen die Möglichkeit genommen, selbst über ihre Rechte zu bestimmen (vgl. Gosseries 2008: 32f). Gosseries hält dagegen, dass durch das Überlappen der Generationen, also die gleichzeitige Existenz von mehr als nur einer Generation, diese an der Verfassung und deren Ausgestaltung teilhaben und so eine »generational sovereignty« gegeben ist (vgl. Gosseries 2008: 33). Er führt aus, dass es bereits in vielen Verfassungen eine Idee der intergenerationellen Gerechtigkeit gibt. Für ihn gibt es also Argumente dafür, den Schutz der Rechte z. G. in eine Verfassung einzubinden: »[W]hat we can see, especially insofar as constitutions explicitly incorporate a concern for intergenerational justice, is that we are far from being left with no argument at all in defense of constitutional rigidity and of why subsequent generations should feel bound by constitutions adopted earlier.« (Gosseries 2008: 34) Gerade der Umstand, dass z. G. keine eigene Stimme haben und somit im Vergleich zu den heute existierenden deutlich schwächer gestellt sind, bedeutet, dass sie spezielle Garantien brauchen. »The voicelessness of future generations thus calls for special guarantees.« (Gosseries 2008: 36) Gosseries sieht aber auch, dass sie eine Institutionalisierung brauchen und schlägt daher eine Form der bereits dargestellten Proxy Repräsentation vor (vgl. Gosseries 2008: 36). Diese Proxy Repräsentation reicht aber nach Gosseries nicht aus, um die Repräsentation z. G. langfristig zu gewährleisten (vgl. Gosseries 2008: 36). Ob diese Art der Verankerung der Rechte z. G. in der Verfassung zu leisten ist, muss rechtswissenschaftlich geklärt werden. Diese Form der Einbindung der Rechte zukünftiger Generationen kann und muss als komplementär zu einer Form der gebundenen Repräsentation gesehen werden, wie auch am Beispiel der ungarischen Ombudsperson ausgeführt wurde. Die Aufgabe dieses Teils des Arguments war es lediglich herauszustellen, welche
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Form der Repräsentation z. G. die hier vorgelegten Rahmenbedingungen der Argumentation erfüllt. Dies geschieht durch eine Institutionalisierung der Repräsentation durch eine Ombudsperson.
5.
Zukünftige Generationen als Klageberechtigte
Neben der direkten politischen Repräsentation zum Beispiel durch eine Ombudsperson gibt es auch die Möglichkeit, betroffenen Menschen eine Klageberechtigung einzuräumen. Prominent wird diese Debatte von Ekardt (2011) geführt. Ekardt leitet die Notwendigkeit einer solchen Klageberechtigung aus den potentiellen Menschenrechtsverletzungen, die durch den Klimawandel entstehen, ab: »Dass die Betroffenheit künftiger Generationen sowie von Menschen in vielen Entwicklungsländern durch den Klimawandel voraussichtlich noch deutlich drastischer ausfallen wird, macht auch diese Personenkreise grundsätzlich zu möglichen Klägern.« (Ekardt 2011: 5) Diese Art der Repräsentation greift eine andere Säule der Gewaltenteilung in der Demokratie auf. So basiert die hier geforderte Art nicht auf einer Beteiligung am politischen Prozess durch die Einbindung der Interessen kommender Generationen. Sie bezieht sich auf die Beurteilung von Staatshandlungen durch Gerichtsverfahren. Diese Form der Repräsentation ist derzeit allerdings nicht umgesetzt: »Für künftige Generationen fehlt es bisher im deutschen und europäischen Recht freilich an einer Regelung über eine Prozessstandschaft, damit jene Rechte heute – wo dies noch reale Wirkungen erzielen könnte – sinnvoll vor Gericht gebracht werden können, obwohl künftige Generationen (naturgemäß) dort nicht selbst auftreten können.« (Ekardt 2011: 5) Ekardt argumentiert hier dafür, z. G. eine Klageberechtigung vor Gericht einzuräumen. Über Vertreter*innen zukünftiger Generationen in Form von Anwält*innen könnten so ihre Rechte sichergestellt werden. Im politischen Sinn ist hier keine direkte Repräsentation gegeben. Da aber Gerichtsverfahren als Teil der Gewaltenteilung anzusehen sind, entsteht auch hier eine komplementäre Form der Repräsentation der Interessen z. G. Allerdings bestehen auch hier zwei praktische Herausforderungen. Zum einen muss bei der Vertretung kommender Generationen sichergestellt sein, dass in deren bestem Interes-
Praktisch-Politische Repräsentation zukünftiger Generationen
se gehandelt wird. Dies ist sicherlich durch die Anwaltschaft gegeben. Zum anderen kann es sich nur um Fälle handeln, die entweder Menschenrechte oder Lebensgrundlagen kommender Generationen in den Blick nehmen. Andernfalls greift wiederum das Non-Identity-Problem von Parfit. Es sollte hier also in erster Linie um die Erweiterung der Klageberechtigung an Menschenrechtsgerichtshöfen gehen.
6.
Abschließende Bemerkungen
Es ist davon auszugehen, dass die politische Debatte über die Repräsentation kommender Generationen weitergeführt wird. Sie eignet sich sowohl emotional als auch rational als gute Begründung für diverse Argumentationsmuster. Es ist allerdings auch strukturell notwendig kommende Generationen zu repräsentieren. Diese Arbeit soll nur einen kurzen Ausblick auf die unterschiedlichen Formen möglicher Repräsentation bieten. Dabei können diese Formen sicherlich jeweils Vor- und Nachteile aufweisen. Nimmt man aber die Notwendigkeit einer gebundenen Repräsentation innerhalb des Entscheidungsprozesses ernst, scheint eine Form der Repräsentation durch eine Ombudsperson oder eine ähnliche Institution der beste Weg zu sein, um die geforderten Bedingungen zu erfüllen.
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Global Guardians for Future Generations: Remedying a Blind Spot of Democracy? Peter Lawrence
1.
Introduction
On one view, institutions purporting to represent future generations is a nonsense. According to this view, effective political institutions represent both contemporaries and future generations (persons born in the future). On this view, the interests of future generations should be mainstreamed in our policy-making. But we live in a world which is far from perfect. We have now entered the Anthropocene, an era in which human beings have permanently altered the Earth’s climatic and other ecological systems (see Steffen et al. 2011). Scientists tell us that we have already – or will very soon – transgress planetary boundaries – limits in relation to which continuing Earth systems (e.g. climate, biodiversity and oceans) will be threatened with potentially catastrophic consequences for future generations of human beings (see Steffen et al. 2015). But international institutions to date have failed to properly address these challenges. Mainstreaming looks like a strategy that is broken. Could international institutions purporting to represent future generations be part of the answer? This chapter explores a number of issues relating to the normative basis for such institutions. A thread running through this chapter is that consideration of these issues at the international level throws up related but distinctive issues to those presented at the national level. The blind spot in democratic theory takes on distinctive contours at the international level. As we will see, it is contentious whether the ideal of democracy is applicable at the international level given the non-democratic nature of many states. Perhaps related to this controversy, there has been neglect of democratic theory in relation to institutions for future generations. This neglect relates to both the normative basis for such institutions and their democratic
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legitimacy (but see González-Ricoy/Rey 2019; González-Ricoy/Gosseries 2016; Lawrence, forthcoming). The first issue concerns whether such institutions ought to exist at all, i.e. what is their normative basis? The second, concerns the criteria which should apply to the mandate, structure and operation of such institutions. Should such institutions be evaluated on the basis of democratic legitimacy criteria? A further challenge is whether the proxy nature of such representation entails a problematic extension of the demos into the future, with questionable assumptions about the interests of future generations. In this chapter we explore these issues in relation to the recently proposed Global Guardians for Future Generations. While the prospects of this proposal being adopted by the ›United Nations‹ is currently uncertain, this or other proposals are likely to resurface, giving rise to the same set of issues. Why do these issues matter? As Jonathan Boston pointed out in the context of fiscal commitment devices – but equally applicable to institutions for future generations – a precondition for such initiatives is »a political culture that is committed to a particular set of ethical values and a related vision of the good society. And the relevant values must include broadly agreed principles of intergenerational justice, such as a desire to protect, if not improve, the well-being of future generations« (Boston forthcoming: 25). Given this reality, identifying the strongest normative basis for such institutions can assist in reform efforts to establish them, both in terms of their rationale but also the form that they take. As we will see, democratic theory has an important role in these practical tasks. In this chapter, »international institutions« is defined as a »relatively stable sets of related constitutive, regulative, and procedural norms and rules that pertain to the international system, the actors in the system (including states as well as nonstate entities), and their activities« (Duffield 2007: 2). This definition includes international organisations which are both actors and agents in the international system (see Duffield 2007: 13). This definition is sufficiently broad to incorporate both bricks and mortar international institutions as well as the rules, norms and procedures relating to such institutions. This chapter is structured as follows. Section 2 presents two normative justifications for institutions for future generations, based on international justice, and democracy. Section 3 briefly surveys proposed international institutions for future generations before presenting a case study focusing on the Mary Robinson Centre’s proposed ›Global Guardians for Future Generations‹,
Global Guardians for Future Generations: Remedying a Blind Spot of Democracy?
assessing the democratic legitimacy of such an institution and whether its mandate would be best based on sustainability, human rights, intergenerational equity or a combination of these concepts. Section 4 draws conclusions.
2.
Normative Basis1
2.1
Concept of Representation
A first threshold issue is whether it is coherent to talk about institutions representing future generations. There is no single concept of representation. This chapter proceeds on the basis of Andrew Rehfeld’s (2006) concept of representation, according to which »representation« involves a claim by a »representative« to be acting on behalf of a person or thing being represented in relation to a particular function, which is accepted by a particular audience (see Rehfeld 2006: 5). This concept of representation is distinctive from agency concepts of representation, which entail a representative acting on behalf of a particular person (see Pitkin 1967: 209), which cannot work in relation to future generations. Representation of future generations must be by proxy (explored by Lukas Köhler in chapter 8). Applying the Rehfeld concept to a person X who purports to represent future generations, in relation to decisions taken within institution Y, this case will be one of »representation«, provided that the members of Y accept that X can speak on behalf of future generations. Thus, under this approach it would be coherent to talk about, for example, a ›Global Guardian for Future Generations‹ representing future generations in international climate negotiations, provided that the members of the climate negotiating forum accepted this claim of representation. As Anja Karnein (2016: 90) points out, such acceptance does not happen in a vacuum, as there are a host of implicit or explicit shared background norms when such representation occurs. The concept of guardianship used in national legal systems similarly involves background norms which ensure checks and balances on representation. We will examine more closely the relevant background norms involved when turning to examine the Global Guardians proposal below.
1
This section relies on Peter Lawrence and Lukas Köhler (2018) and Peter Lawrence (forthcoming).
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P1 International institutions (e.g. the ›United Nations‹, ›World Trade Organisation‹) whatever other functions they have (e.g. promoting peace, health, environment, trade etc.) ought to also promote justice. C1 Justice has no single meaning, but entails as a minimum, intergenerational justice defined as an obligation on contemporaries to ensure that future generations enjoy core human rights. P2 Currently international institutions are failing to adopt sufficient policies and international legal rules to ensure the requirements of minimal intergenerational justice set out in P1are met. Thus: C2 Purpose-built international institutions which represent the distinctive interests of future generations are required.
Having demonstrated that it is coherent to talk about representation in the context of institutions for future generations, we now turn to the question of whether such representation ought to occur. There are two strands to the argument here, one based on justice and the other on democracy.
2.2
Argument from Justice
Why ought international institutions for future generations be established? One stream of argument relies on the concept of »intergenerational justice« (Lawrence/Köhler 2018; van Parijs 1998; Gonzalez-Ricoy/Rey 2019). This argument may be summarised in the following propositions and corollaries which logically flow from them. Turning to each of these propositions, P1 reflects the reality that international institutions have a range of functions, including peace building, addressing poverty, health issues facilitating trade and so on. P1 provides that in addition to these functions, international institutions ought to promote justice. There is of course no single concept of justice. A minimal concept of justice would require that the core human rights of individuals essential to their well-being are met (see Shue 1996). This is not to preclude a more demanding duty based on a broader range of human rights. It is, however, sufficient for our argument to rely on this narrower range of core rights. In the climate change context, the human rights to life, subsistence and health have been relied upon to make this argument (see Caney 2009). Other concepts of justice rely on an equality principle (see, e.g., Moellendorf 2014). We do not have to decide between these approaches to make the argument. It is sufficient that under both approaches, there is no reason for not extending the justice prin-
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ciple in question into the future, as this would involve denying the intrinsic value of individuals on the grounds of when they happen to be born which they have no control over (see Boston 2017: 138). This is just as objectionable as denying such intrinsic value on the basis of where they happen to be born, or the colour of their skin (see Caney 2005). The ›United Nations Charter‹ reflects such a conception proclaiming that amongst its aims is »promoting and encouraging respect for human rights and for fundamental freedoms for all without distinction as to race, sex, language, or religion« (UN Charter 1945: Article 1 (3)). A commitment to justice necessarily implies as a minimum, a duty on contemporaries to ensure intergenerational justice defined as ensuring that future generations enjoy core human rights (C 1). As with justice, there are many definitions of intergenerational justice (see Gosseries/Meyer 2009). For our purposes, it is sufficient to define intergenerational justice as a duty on contemporaries to ensure that persons born in the future enjoy core human rights to health, life and subsistence (see Caney 2009). Justice and intergenerational justice need to take into account the reality of the Anthropocene with human beings now impacting the Earth’s various ecological systems. Intergenerational justice has tended to be conceived in a way which assumes never-ending economic growth. The reality of the Anthropocene and risk of catastrophic climate change suggests that the minimal obligation of contemporaries towards future generations be re-conceived as an obligation to ensure the continuing function of planetary ecosystems (see Dryzek/Pickering 2019: 67). Human beingsʼ reliance on ecological systems suggests that the core human rights and ecological justice framing suggested by John S. Dryzek and Jonathan Pickering largely point in the same direction. The final step in the argument (C2) involves the conclusion that institutions which represent future generations are required to redress the failure of mainstream institutions to reflect the particular interests of future generations. Representation in this context must be by proxy, with the proxy making reasonable assumptions about the interests of future generations. As pointed out by Robyn Eckersley (2000), proxy representation is the only possibility for representation of future generations as the latter cannot delegate to contemporaries, and is better than no representation at all. C2 reflects an assumption that currently mainstream institutions are failing to protect the interests of future generations. One example of this is the failure of the global climate change to ensure future generationsʼ interests are protected. The individual pledges of countries (so-called »nationally de-
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PD1 Democracy requires that those affected by a decision ought to have a say in the making of that decision (the so-called »all affected principle« AAP). PD2 The ideal of democracy (or »inclusion«) – which mirrors the AAP – is accepted by the global community as a normative framework for the international system. CD1 Future generations will be affected by the decisions of contemporaries, therefore future generations ought to be represented by international institutions on a proxy basis.
termined contributions«) to reduce greenhouse gas emissions under the Paris Climate Agreement when combined will see global mean temperatures exceed well below the 1.5/2°C target of the Paris agreement (see UNEP 2018).
2.3
Argument from Democracy
An alternative argument takes the position that institutions for future generations are justified on the basis of democracy. This argument may be summarised in the following propositions and corollaries which logically flow from them. The AAP (PD1) is reflected in most theories of democracy in one form or another (see Goodin 2007). The all affected principle has its critics. One objection to the AAP is that it erroneously assumes that one can extend the demos into the future. Further objections claim that the nature of the international system demonstrates the invalidity of the system. A final objection argues that application of the AAP in the international arena would lead to a world state which is objectionable for a range of reasons (see Saunders 2013). The first objection involves recognition of the fact that generally, political entities operate democratically within sovereign states rather than across borders. Thus, for example, citizens in Australia or China do not have a vote as to who is elected President of the United States, even though they will be affected by the result of this election. This argument has been used to argue against the validity of the AAP, or alternatively to argue that it can only apply within national states. This objection, however, does not stand up to close scrutiny. The fact that the AAP is only very weakly recognised in the actual way the international system operates, does not demonstrate that the principle is deficient in terms of providing a valuable ideal for reform. The mistake
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here, is to assume that the ideal of democracy is an all or one thing. Rather democracy and the AAP provide an ideal towards which one should strive.2 Moreover, this objection ignores elements of the international system involving citizens of one state – at least indirectly – having a say in the decisions of another state through institutions and international legal rules which operate to circumscribe state sovereignty, albeit in varying levels of effectiveness. Thus, for example, international law rules regulate the production of ozone depleting substances, through a global treaty regime, the Montréal protocol on ozone depletion (see United Nations 1987). This regime, gives all states a say in the making of rules which involve a particular environmental harm impacting states in a way that ignores national boundaries. Of course, more powerful states have a greater say, but in this and many other areas, there are international law rules and institutions which constrain to varying degrees national sovereignty. Global environmental regimes involve collective action through treaty making, but also conference of party decisions (which brings the treaty parties together), programs, and reporting obligations which while not directly involving a voice by some states in the affairs of others do involve decision-making across national boundaries. A further example here involves the Pacific island states in the UNFCCC (i.e., United Nations Framework Convention on Climate Change) Paris Climate Agreement negotiation process. These states that are threatened by inundation from climate change, failed to have their interests reflected in the Paris agreement regime in terms of NDCs (i.e., nationally determined contributions) being binding rather than soft non-binding obligations, but succeeded in having a 1.5 °C target incorporated in the regime.3 Similarly, the world state objection, erroneously assumes that application of the AAP must imply a shift towards a world state with national governments handing over sovereignty to a supra-national institution. The ozone regime example above, demonstrates that the AAP can operate as a valuable ideal for reform without necessarily implying a shift towards a world state. This regime involves discrete rules regulating a harmful activity which has cross-boundary impacts and impacts on future generations.
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This argument is elaborated in Lukas Köhler and Peter Lawrence (2018). The Paris Agreement sets out in Article 2 (1) the target of »[h]olding the increase in the global average temperature to well below 2 °C above pre-industrial levels and to pursue efforts to limit the temperature increase to 1.5 °C above pre-industrial levels […].« (United Nations 2016)
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The second step in the argument constitutes PD2: The ideal of democracy (or »inclusion«) is accepted by the global community as a normative framework for the international system. The Universal Declaration of Human Rights, adopted by the ›General Assembly‹ in 1948, proclaimed that »the will of the people shall be the basis of the authority of government« and guaranteeing to everyone rights essential for effective political participation (see United Nations 1948). The ›UN Millennium Declaration‹, adopted by the ›General Assembly‹ in 2000, states that »[d]emocratic and participatory governance based on the will of the people« best ensures ›dignity‹ and a range of human rights including rights to be free from hunger, free of violence, oppression or injustice (United Nations Millennium Declaration 2000). The ›United Nations Human Rights Council‹ has built on this theme, making an explicit link between legitimacy and democracy, stating that: »[A] functioning democracy, strong and accountable institutions, transparent and inclusive decision-making and effective rule of law is essential for a legitimate and effective Government that is respectful of human rights.« (United Nations Human Rights Council 2012). While these instruments are referring to national decision-making, there is no reason in principle, not to extend this principle to decision-making at the international level. The Sustainable Development Goals of 2015 do not contain an explicit commitment to democracy, but incorporate the language of inclusion. Thus target 16.7 contains the objective to »[e]nsure responsive, inclusive, participatory and representative decision-making at all levels« (Dryzek/Pickering 2019: 97). An objection to this argument is that proxy representation of future generations is impossible because it involves unreasonable assumptions being made about preferences of future generations. This objection does not stand up to close scrutiny. Reasonable assumptions can be made that future generations will support policies that aim to ensure the minimum ecological conditions for their flourishing. We can reasonably assume that future generations will share our same need for a stable climate (see Vanderheiden 2008: 129), clean water and ecological functioning (see Hiskes 2009).
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3.
International Institutions to Represent Future People
3.1
Proposals to represent future people at the international level
International institutional reform proposals can be categorized in terms of proposals which involve: (1.) new institutions such as a ›UN Commissioner for future generations‹ and (2.) proposals which involve reform of existing institutions4 or programs (e.g. a standing agenda item on the High Level Political Forum examining long-term impacts) or reformed auditing processes (see United Nations 2013). Proposals in the recent period have included holding a global constitutional convention for future generations, creation of a UN commissioner for future generations, giving greater space to NGOs in the negotiating agenda, and more inclusion of NGOs in government delegations (see Mary Robinson Foundation 2015). As mentioned above, an important lesson from the case studies is that support from developing countries is crucial for establishment of international institutions to protect particular vulnerable groups. This involves not just a normative discourse in which development concerns feature prominently, but also assurance that any new institution does not interfere with legitimate concerns of developing countries in terms of a sovereign right to development. This is borne out in the recent history of the proposal for a ›UN High Commissioner for future generations‹ which was narrowly defeated at the Rio +20 UN conference owing to concerns by developing countries that such a mechanism would be overly intrusive and interfere with their development aspirations (see Lawrence 2014: 17). The ›Mary Robinson Foundation‹ has proposed, as a way of addressing this concern, to institute a commission – rather than individual commissioner – for future generations, involving participation of developing and developed country representatives (see Mary Robinson Foundation 2015: 3). In 2018 the ›Mary Robinson Foundation‹ proposed the introduction of ›Global Guardians for Future Generations‹ to give a voice to future generations through UN decision-making processes, with a »development-first« approach to issues of
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Since the early 1990s there have been a range of international institutions designed to promote sustainable development including the ›Commission on Sustainable Development‹ (CSD) which was established following the 1992 ›Rio Conference on Environment and Development (see Sands/Peel 2018).
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intergenerational equity (see Mary Robinson Foundation 2018: 8). We now turn to consider this proposal in more detail.
3.2
Case study: Global Guardians for Future Generations
The ›Global Guardians for Future Generations‹ proposal involves appointment by the ›United Nations Secretary General‹ of three individuals tasked with representing future generations in the UN system. The representatives would be appointed on a basis which ensured »representation for developed and developing countries, gender balance and diversity of age« (ibid.). One member of the ›Global Guardians‹ is to be under 30 years of age (see Mary Robinson Foundation Report 2018: 10). The ›Global Guardians‹ are to report to the ›Secretary-General‹ through the ›Deputy Secretary General‹, be supported by a small secretariat team and provide briefings on the »operationalisation of intergenerational equity« in the UN to the ›Secretary-General‹, ›Deputy Secretary General‹ and the heads of UN agencies twice annually (ibid.). The policy brief reflecting these ideas was produced in consultation with a group of permanent representatives of states to the UN in New York representing a mix of developing and developed states. As of September 2019, the ›Global Guardians‹ proposal has yet to be accepted by UN member states.5 The ›Global Guardians‹ are to provide representation for future generations across a range of UN processes, including intergovernmental deliberations relating to the »2030 Agenda for Sustainable Development«. In addition, the ›Global Guardians‹ are to identify and flag emerging threats to the well-being of future generations (see Mary Robinson Foundation 2018: 13). The Global Guardians would also be tasked with providing »policy advice to member states on advancing energy intergenerational equity through the implementation of the 2030 agenda« (Mary Robinson Foundation 2018: 8). A key function of the ›Global Guardians‹ is to create an environment that would »enable civil society to substantively engage in decision-making process and impact upon the well-being of present and future generations«. This is seen as assisting in improving the »legitimacy and credibility of the UN. Citizens around the world would be able to »engage with the UN system through
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While the ›Mary Robinson Foundation‹ wound up in March 2019, the ›Global Guardians‹ proposal continues to be considered within the UN (see Mary Robinson Foundation 2019).
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virtual participation and in multi-stakeholder dialogues on issues relating to intergenerational equity« (Mary Robinson Foundation 2018: 15). Why has the concept of »guardianship« been used in this proposal? The concept of guardianship dates back to ancient Greek and Roman times and English common law. The idea of persons being represented by other persons appointed to make legal decisions on their behalf has been incorporated in legal systems around the world, including in relation to adults with disability of all ages and elderly persons (see Dinerstein et al. 2016: 436). The concept has come under challenge in the recent period in the disability context as it has been seen as undermining the legal capacity of disabled persons as an inalienable right. Nevertheless, countries around the world continue to utilise some form of guardianship enabling substitute decision-making in relation to defined circumstances where a person does not have the capacity to make a decision (see TLRI 2018: 7). In the environment context, the concept of guardianship finds resonance with concepts of trusteeship or stewardship, which all involve the concept of current generations holding the earth in trust for future generations (see Boston 2017: 138). Against this background the concept of guardianship fits well with the Mary Robinson Foundation’s proposal. What is a normative basis proposed for the ›Global Guardians‹? The ›Mary Robinson Foundation‹ policy brief making the proposal, mirrors strongly the normative arguments presented above, albeit with slightly different emphasis. The normative argument presented above in terms of neglect of an underrepresented group is strongly reflected in the Report. The policy brief also emphasises the concept of »intergenerational equity« understood as fairness between generations as a universal concept, and links this to sustainable development in the sense set out in the Brundtland report as »the needs of present generations are met without compromising the ability of future generations to meet their needs« (Mary Robinson Foundation 2018: 2). The normative argument presented above based on intergenerational justice is consistent with this approach, albeit involving a more precise obligation towards future generations. While the term »intergenerational justice« is sometimes used interchangeably with the term »intergenerational equity«, the former term embraces procedural as well as substantive fairness. The attraction of the Brundtland language is its widespread usage, with the drafters clearly keen to attract maximum support and legitimacy. Indeed, the democratic legitimacy of such proposals is important and to this issue we now turn.
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3.3
Democratic legitimacy
The undemocratic nature of many states operating in the international system has led some to argue that democracy cannot coherently be used as a criteria for international institutions (see, e.g., Dahl 1999). However, the ideal of democracy is valid at the international level, for the same reason it is at the national level. Democracy entails the ideal of making institutions responsive to the people, and reducing the risk of arbitrary decision making and abuse of power. International institutions, while the creature of states, do impact on people’s lives and for this reason should be held to account through the ideal of democracy (see Held 1995). There is no single set of democratic legitimacy criteria. However, Klaus Dingwerth’s (2007) criteria capture many elements common to theories in this area. According to Dingwirth, democratic legitimacy is assured through: (1.) fair or inclusive representation to ensure that those impacted by a decision are included in the decision-making process; (2.) democratic control exercised through accountability and transparency, and (3.) deliberation. If we consider the first criteria of inclusive representation, this would seem on the face of it difficult in relation to future generations as those not yet born cannot directly be included in decision-making. However as noted above, proxy representation of future generations is possible on the basis of Rehfeld’s concept of representation, provided (a.) a proxy representative institution is accepted in relation to the particular institutional context as representing the interests of future generations, and (b.) the proxy representative institution can make reasonable assumptions as to the interests of future generations (see Eckersley 2000: 117). Thus, a ›Global Guardian‹ could perform well as a proxy representative of future generations in the context of climate change negotiations, provided this was accepted by e.g. the states involved in the climate change negotiations. This could entail for example, amendment of the rules of procedure applicable in the UN regime to grant ›Global Guardian’s‹ particular rights in the negotiations, or recognising ›Global Guardians‹ as participating on the same basis as international organisations. In terms of the second requirement, while we may be uncertain as to future generations valuesʼ in relation to the type of political system they would wish to live under, as noted above, we can make reasonable assumptions that they will share our basic interests in a functioning climate system, a global ecosystem that has not been irreversibly harmed, and minimum needs for
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water, food and shelter. Indeed, all that is necessary as a prerequisite for political representation of future generations is that one knows enough about the interests of future people, or at least a significantly large number of generations to be able to make »probabilistic, nonrandom judgments about the effects of policies« (Kavka/Warren 1983: 25) on their interests. The ›Global Guardians‹ proposal avoids being overly prescriptive in terms of the normative framework, referring to advancing climate justice to ensure »that present generations can enjoy the full realisation of the rights while safeguarding the Earth’s resources for future generations.« (Mary Robinson Foundation 2018: 2). The proposal emphasises the need to balance the needs of present and future generations in an equitable way, through implementation of the ›2030 Agenda for Sustainable Development‹, 17 ›Sustainable Development Goals‹ which are argued to ensure the well-being of future generations. In particular the proposal points to SDG 7 involving access to sustainable energy, SDG 10 involving reducing current inequalities and eliminating poverty, SDG 13 protecting the planet through taking action on climate change, SDG 14 conserving sustainable use of oceans and marine resources and SDG 15 managing soils and forests to reduce soil in relation to erosion and deforestation (see Mary Robinson Foundation 2018: 4). How can future generations hold to account contemporary decision-makers? Ruth W. Grant and Robert O. Keohane (2005: 31) have argued that at the international level, rather than applying a delegation model – made impossible by the undemocratic nature of many states – accountability can be ensured by holding a particular institution to the requirements of its mandate. Importantly, this holding to account can be performed both by states and civil society. Indeed, international civil society can play an essential role in checking that information is reliable and ensuring its broader dissemination. There are limitations in this to the extent that international civil society may fail to integrate oppressed civil society interests in non-democratic states. Nevertheless, within these constraints international civil society can help ensure accountability with the terms of accountability (i.e. the relevant standards) appropriately revised in a dynamic way (see Buchanan/Keohane 2006: 432). Reflecting this possibility, the ›Global Guardians‹ proposal envisages that the Guardians act as a conduit in relation to NGO concerns. Accountability through adherence to a mandate presumes that the mandate is sufficiently precise. A difficulty here is that states are reluctant to accept strong obligations of intergenerational justice, both on the ethical plane, and in international law (see Lawrence 2014). This lessens the likelihood of a
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strong mandate on which accountability could be based. In relation to a host of other global ecological threats, international law frameworks are highly variable in terms of the stringency of the rules involved, their scope, precision and bindingness (see Stephens 2017). Nevertheless, there would seem to be no reason why a mandate for ›Global Guardians‹ could not be built on agreed standard such as the SDGs mentioned above, which would be sufficiently clear as a basis for accountability. A final criterion is that of deliberation, which appears in many theories of democracy. Put simply, deliberation involves the idea that there be equal consideration of different interests and views. If one accepts a concept of representation entailing necessarily partial representation of interest rather than agency, this seems no reason in principle why proxies cannot be part of the process of deliberation. John S. Dryzek and Simon Niemeyer (2008) have formulated a particular version of deliberation involving the articulation of discourses rather than positions. They define discourses as »a set of categories and concepts embodying specific assumptions, judgments, contentions, dispositions, and capabilities« (Dryzek/Niemeyer 2008: 481). Dryzek and Niemeyer emphasize the rational basis of democracy in producing better collective outcomes than its alternatives by providing the possibility for policy proposals to be criticized from a variety of points of view. They argue that accordingly, it is more crucial that the varying perspectives get represented rather than »proportional representation of those who subscribe to the various positions« (Dryzek/Niemeyer 2008: 482). On the face of it, this theory is attractive in allowing the representation of the interests of future generations through discourses which reflect their interests thus ensuring their democratic legitimacy. A proxy for future generations could help to ensure such discourses are factored into policy-making. This approach would avoid the need for demonstrating some type of agency of future persons. However, a weakness of this approach is that it relies on social science methodologies to identify the relevant discourses thus opening the possibility of an unaccountable scientific elite. In spite of these concerns, deliberation is a vital ingredient in many theories of democracy, as it is more broadly seen as part of the process by which citizensʼ views are conveyed to representative institutions (see Saward 2006). Thus, deliberative democracy provides a strong justification for a proxy to represent the interests of future generations in the deliberative process. Deliberative democracy could underpin the advocacy element contained in the Global Guardians proposal.
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3.4
Mandate
International institutions purporting to represent future generations can have broad or narrow mandates. Christopher Stone has suggested that one could create institutions linked to particular theme areas, thus having separate commissioners for future generations in relation to oceans, forests, biodiversity and climate change (see Stone 2010: 104). An advantage of this approach would be that a particular Commissioner with strong expertise in the subject area could be appointed. A disadvantage would be gaining sufficient political support to fund positions of this nature. Perhaps reflecting the difficulty of gaining support for a ›UN commissioner for future generations‹, the ›Global Guardians‹ proposal involves modest resources, and also a general mandate. The mandate is strongly linked to the concepts of sustainable development, intergenerational equity and climate justice. Under this proposal, the ›Global Guardians‹ would »develop evidence-based, practical and implementable policy recommendations that are integrated into the Sustainable Development Goal framework« (Mary Robinson Foundation 2018: 17). The concept of sustainable development is attractive in that it is already widely accepted by governments and enshrined in a number of international instruments. The most often cited version of the concept is that adopted by the Brundtland Commission which defined sustainable development as development that »meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs« (World Commission on Environment and Development 1987: 8). However, the concept is problematic in that it can be interpreted as favouring economic development at the expense of the environment. Indeed sustainable development is often regarded as synonymous with so-called »weak sustainability« which involves the idea that natural capital – in the form of biodiversity, forests, fauna and flora – can be substituted by artificial capital (see Ott 2017: 24). Weak sustainability can imply that future generations risk having their basic human rights not protected and thus failing to satisfy the minimal requirements of intergenerational justice set out above. Dryzek and Pickering argue persuasively that one should not discard the idea of sustainability because of it being co-opted by governments and businesses who have done little to restrain »ecologically harmful practices« (Dryzek/Pickering 2019: 85). They argue that sustainability must be ecologically grounded, meaning that a precondition for sustainability is that it must
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recognise ecological thresholds that cannot be crossed without threatening both human and nonhuman flourishing (see Dryzek/Pickering 2019: 89). A reference to the integrity of the global ecological system could be included within the ›Global Guardian’s‹ mandate. This could ensure that the damage per se which is occurring to global ecological systems is given sufficient weight in the work of the ›Global Guardians‹. The disadvantage is that concepts of ecological integrity are inherently vague. Moreover, such concepts may be difficult to negotiate, given that states may perceive this as limiting their sovereignty and putting a curb on what they see as an imperative of unshackled economic growth. Ultimately, a failure to incorporate a strong version of sustainability or reference to ecological integrity into the ›Global Guardians‹ mandate may not be fatal; given human beingsʼ dependence on a healthy global ecological system, an approach based on intergenerational justice defined in a way that embraces human rights would largely point in the same direction in terms of policy prescriptions.
4.
Conclusion
Both democracy and justice provide convincing normative arguments in support of international institutions purporting to represent future generations. These normative arguments are important as they can help shore up support for such institutions. The ›Global Guardians‹ proposal is the last of a string of proposals made in the UN system involving representation of future generations. As pointed out at the outset, such proposals are undoubtably a secondbest solution, and only arise because of the failure to mainstream the interests of future generations in decision-making processes. Moreover, the failure of the international system to adequately address North-South development issues, remains a stumbling block for developing consensus support for such initiatives. The democratic legitimacy of such institutions poses particular challenges owing to the nature of future generations and the realities of the international system with many states being undemocratic. Nevertheless, this chapter argues that there are powerful reasons for maximising the democratic legitimacy of such institutions. This can be achieved through thoughtful crafting of a suitable mandate, which can facilitate accountability to future generations, particularly if civil society are given a strong role.
Global Guardians for Future Generations: Remedying a Blind Spot of Democracy?
The ›Global Guardians‹ proposal suitably emphasised intergenerational equity and the concept of sustainable development. Given the threats to the global ecological system, a stronger mandate would include explicit language involving obligations to the global ecological system. Nevertheless, a mandate based on sustainable development or even core human rights, can potentially work, given that human beings cannot flourish in the future without a functioning global ecological system. Clearly there is much more that can be done in remedying this blind spot in democracy.
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Wie wird demokratisches Handeln nachhaltig? Für mehr Zukunfts- und Generationengerechtigkeit in der Politik Anna Braam »Allgemein gesagt ist jede parlamentarische Demokratie auf einem Strukturproblem aufgebaut, nämlich der Verherrlichung der Gegenwart und der Vernachlässigung der Zukunft […].« Richard von Weizsäcker1
1.
Einleitung
Unsere Politik ist gegenwartsfixiert und das hat Folgen: Wahlzyklen zwingen Politiker*innen, politische Erfolge möglichst innerhalb einer Legislaturperiode zu erzielen. Um Wähler*innenstimmen zu gewinnen, wird daher vermehrt auf Entscheidungen gesetzt, die einen kurzfristigen, zählbaren Nutzen versprechen, ohne die Langzeitfolgen angemessen zu berücksichtigen. Schleichenden und zukünftigen Problemen fehlt dadurch die politische und öffentliche Aufmerksamkeit. Der Klimawandel war lange Zeit ein Paradebeispiel derartiger zukünftiger und unbeachteter Probleme. Dank der globalen Klimabewegung und vor allem der Schüler*innenbewegung ›Fridays for Future‹ ist die Klimakrise ins öffentliche Bewusstsein gerückt – inwieweit sich daraus politische Maßnahmen, die ernsthaft zur Lösung der Klimakrise beitragen, ergeben, bleibt jedoch abzuwarten. Wer gewählt oder wiedergewählt werden möchte, orientiert seine Politik an den Interessen der aktuellen Wähler*innenschaft. Das ist einerseits demokratisch und legitim. Sieht man sich andererseits die demografische Ent1
Zitiert nach Friedrich/Maendler/Kimakowitz 1998: 53.
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wicklung in Deutschland an, wird deutlich, warum es jungen Themen, Zukunftsthemen, oftmals an politischer Beachtung fehlt: Das Durchschnittsalter der Wahlberechtigten liegt derzeit bei 53,3 Jahren, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) unlängst mitteilte – so hoch wie noch nie (vgl. BiB 2019). Der Anteil der über-60-Jährigen an der Wahlbevölkerung ist mehr als doppelt so groß wie der Anteil der unter-30-Jährigen (siehe Grafik 1) (vgl. Bundeswahlleiter 2018: 9).
Grafik 1: Wahlberechtigte nach Altersgruppen, Bundestagswahlen 1990 und 2017
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bundeswahlleiter 2018: 9, 168.
Hinzu kommt, dass die älteren Wähler*innen zwischen 50 und 70 Jahren überdurchschnittlich häufig von ihrer Stimmabgabe Gebrauch machen, während die Wahlbeteiligung bei den unter 30-Jährigen gewöhnlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt (siehe Grafik 2). Dadurch wiegt das Stimmengewicht der Älteren nochmal stärker. Wie gut also die Interessen junger und zukünftiger Generationen heute in der Politik repräsentiert werden, ist zumindest fragwürdig. Junge Menschen können bereits heute ihre Interessen artikulieren, auch wenn sie erst mit 18 Jahren an der Bundestagswahl teilnehmen dürfen. Anders sieht es bei denjenigen aus, die heute noch nicht geboren sind: Zukünftige Generationen haben heute (noch) keine Stimme und können nicht für sich selbst einstehen. Um stellvertretend die Rechte zukünftiger Generationen schon heute zu schützen, hat sich eine Reihe von NichtRegierungsorganisationen (NGOs) gebildet. In Deutschland gehören dazu etwa der ›World Future Council‹, die ›Generationen Stiftung‹ und die ›Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen‹ (SRzG). Was Genera-
Wie wird demokratisches Handeln nachhaltig?
Grafik 2: Wahlbeteiligung nach Altersgruppen bei Bundestagswahlen, 1953- 2017
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bundeswahlleiter 2018: 170.
tionengerechtigkeit praktisch für die Arbeit einer NGO – speziell aus Sicht der SRzG – bedeutet, soll in diesem Beitrag erläutert werden. Dabei wird zunächst einmal das der NGO-Arbeit zugrunde liegende Verständnis von Generationengerechtigkeit aufgeführt. Sodann werden Lösungsvorschläge dargestellt, die für eine stärkere Repräsentation junger und zukünftiger Menschen im gegenwärtigen Politikbetrieb sorgen sollen.
2.
Verständnis von Generationengerechtigkeit
Um sich dem Begriff der Generationengerechtigkeit zu nähern, empfiehlt es sich, die Begriffe »Generationen« und »Gerechtigkeit« zunächst im Einzelnen zu betrachten. Unter Generationen sind (1.) Familiengenerationen, (2.) soziale Generationen sowie (3.) chronologische Generationen zu verstehen. (1.) Zunächst werden beim genealogischen Generationsbegriff die je auf gleicher Stufe stehenden Glieder einer Familie als Generation bezeichnet: Kinder, Eltern, Großeltern (vgl. Schüttemeyer 2004: 272). Im Gegensatz zu den anderen Modellen (2.) und (3.) ist das familiäre Generationskonzept auf der Mikroebene angesiedelt und der Personenkreis begrenzt. Wenn im öffentlichen Diskurs die Rede von Generationengerechtigkeit ist, geht es
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jedoch vielmehr um das gesamtgesellschaftliche Generationsverständnis und nicht um das familiäre (vgl. Heubach 2008: 36). Die Herstellung von Generationengerechtigkeit stellt ein Anliegen dar, das sinnvollerweise auf der Makroebene von politischen und gesellschaftlichen Akteur*innen aufgegriffen werden sollte. Das bedeutet, dass es Aufgabe von Politik und Gesellschaft ist, für Generationengerechtigkeit zu sorgen. (2.) Soziale Generationen sind Gruppen von Menschen, die im gleichen Lebensalter dieselben politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Ereignisse erlebt haben. Geprägt durch diese Ereignisse wird einer sozialen Generation eine kollektive Identität zugeschrieben (vgl. Dilthey 1957: 37). Beispiele für soziale Generationen sind die »Generation Golf«, die »Nachkriegsgeneration« oder die »68er-Generation«. Für die heute Jüngeren in der Gesellschaft wurden bereits die Attribute »Generation Praktikum«, »Generation YouTube und »Generation Klima« im medialen Diskurs verbreitet. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden über 100 Generationenbegriffe verwendet oder neu definiert, die nicht trennscharf voneinander unterschieden werden können (vgl. Tremmel 2004: 6). Eine Operationalisierung sozialer Generationen fällt auch deshalb schwer, weil nicht eindeutig bestimmbar ist, in welchem Maße jemand durch ein politisches oder gesellschaftliches Ereignis geprägt worden ist. Generationengerechtigkeit spielt daher weniger auf soziale Generationen ab – eine Ausnahme bildet die finanzielle Entschädigung von Kriegsgenerationen. (3.) Bei den chronologischen Generationen wird zwischen dem temporalen und intertemporalen Generationsverständnis unterschieden. Beide Konzepte beziehen sich auf die gesamtgesellschaftliche Ebene bzw. Makroebene. Dem temporalen Generationsbegriff zufolge leben immer drei Generationen zur selben Zeit, wegen verschiedener Maßeinheiten ist die Grenzziehung zwischen den Generationen jedoch nicht immer eindeutig: So wird beispielsweise in der Sozialpolitik die Differenzierung zwischen noch nicht Erwerbsfähigen, Erwerbsfähigen und nicht mehr Erwerbsfähigen vorgenommen (vgl. Heubach 2008: 30). Dieses Generationenverständnis bezieht sich auf Austausch- und Wechselverhältnisse der Altersgruppen, die durch die Leistungen und monetären Ströme der Sozialpolitik miteinander verbunden sind. Lutz Leisering spricht hier von »sozialstaatlichen Generationen« bzw. »Wohlfahrtsgenerationen« (Leisering 2000: 70). In der Regel rekurriert der temporale Generationenbegriff jedoch auf den durchschnittlichen Altersabstand zwischen Kindern und Eltern, wenn es um die Generationsbestimmung geht. Laut Statistischem Bundesamt gebärt eine Frau in Deutschland mit durchschnittlich 30,0
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Jahren ihr erstes Kind (Destatis 2019). Daraus wird abgeleitet, dass die Generationengrenzen zwischen den unter 30-Jährigen, den 30 bis 60-Jährigen und den über 60-Jährigen verlaufen, die Rede ist allgemein von der jungen, der mittleren und der alten Generation. Der intertemporale Generationenbegriff unterscheidet zwischen vergangenen, heutigen und zukünftigen Generationen. Die Grenzziehung erfolgt unproblematisch: Einer Generation zugehörig sind alle zu einem bestimmten Zeitpunkt lebenden Menschen, d.h. es kann immer nur eine Generation zur selben Zeit existieren (vgl. Tremmel 2003: 31). Fällt der Begriff »Generationengerechtigkeit« im gesellschaftlichen oder politischen Diskurs, so geht es dabei stets um die chronologischen Generationen. Der Gerechtigkeitsfokus liegt dabei vor allem auf der verteilenden Gerechtigkeit: Generationengerechtigkeit meint den fairen Ausgleich von Ressourcen, Lasten und Pflichten zwischen den Generationen. Dabei sprechen wir von temporaler Generationengerechtigkeit, wenn die Chancen der jungen, nachrückenden Generation auf Befriedigung ihrer Bedürfnisse mindestens so groß sind wie die der älteren, vorangegangenen Generationen. Entsprechend gilt für die intertemporale Generationengerechtigkeit, dass die Chancen der zukünftigen Generationen auf Befriedigung ihrer Bedürfnisse mindestens so groß sein sollen wie die der heutigen Generation (vgl. Tremmel 2003: 34-35). Fragen der temporalen Generationengerechtigkeit, wenn es also um ein faires Verhältnis zwischen Jung und Alt geht, betreffen zum Beispiel die Bildungs- und Rentenpolitik.2 Ein faires Verhältnis zwischen der jungen und älteren Generation wird ebenfalls im Bereich der Jugendpartizipation angestrebt. Hier geht es in erster Linie nicht um materielle Ressourcen, sondern vielmehr um eine faire Aufteilung administrativer Zugänge zu Entscheidungen und Entscheidungsbefugnissen. Die Klimapolitik wiederum bezieht sich vor allem auf die intertemporale Generationengerechtigkeit, da der Einfluss heutiger klimapolitischer Entscheidungen noch sehr viel weiter in die Zukunft reicht. Bereits heute können wir das Leben unserer Nachkommen positiv oder negativ beeinflussen: Ein schwacher Klimaschutz, d.h. Maßnahmen, die nicht geeignet sind, die globale Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, kann schon heute das Recht zukünftiger Generationen auf eine 2
So wird im Zuge einer generationengerechten Bildungspolitik etwa untersucht, ob eine Generation mit mindestens den gleichen staatlichen Ausgaben für Bildungszwecke bedacht wird wie die Generation vor ihr (vgl. SRzG 2018b: 2).
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intakte Umwelt verletzen. Um die Chance auf Befriedigung der Bedürfnisse zukünftiger Generationen zu wahren, darf ihr Handlungsspielraum nicht durch politische Maßnahmen eingeschränkt werden, die von den heute Lebenden beschlossen werden (vgl. Nullmeier 2004: 74). Generationengerechtigkeit ist vielschichtig. Dies wird auch bei der Frage deutlich, welche Ressourcen wir als heute Lebenden den zukünftigen Generationen hinterlassen sollen. Die Nachhaltigkeitsforscher*innen Ortwin Renn und Anja Knaus stellten diesbezüglich bereits 1998 eine Liste fünf unterschiedlicher Kapitalformen auf. Als Kapitalform gilt zunächst das ökologische Erbe, welches neben dem Erhalt der Biodiversität, den verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen, die Lösung der atomaren Endlagerproblematik sowie eine Reduzierung der Treibhausgase und damit die Begrenzung der globalen Erderwärmung mit einbezieht. Des Weiteren soll zukünftig Geborenen ein künstliches Kapital in Form von Produktionsanlagen, Infrastruktur und Institutionen sowie finanzielles Vermögen vererbt werden. Als soziales Kapital werden stabile Beziehungen zwischen Einzelnen und Gruppen, das Ausmaß an Solidarität in der Gesellschaft sowie gefestigte Normen und Werte definiert. Gesundheit, Bildung, Fähigkeiten und Wissen werden unter der Kapitalform des menschlichen Kapitals zusammengefasst. Schließlich gilt das kulturelle Kapital als schützenswert, zu dem die kulturelle Vielfalt (vor allem die Sprachvielfalt) und allgemein das kulturelle Erbe zählen (vgl. Renn/Knaus 1998: 45).
3.
Generationengerechte Demokratie
Wie sieht eine generationengerechte Demokratie aus? Wird zunächst der Bereich der temporalen Generationengerechtigkeit in den Vordergrund gestellt, geht es um ein faires Verhältnis zwischen Jung und Alt, etwa in punkto Finanzen, Chancen auf dem Arbeitsmarkt, aber auch in den Bereichen Mitspracherecht, Zugang zu politischen Entscheidungen und Stimmberechtigung. Da die ältere Generation hier über weitaus mehr Ressourcen verfügt, bedarf es vor allem einer stärkeren Repräsentation der Interessen junger Menschen im politischen Prozess. Die SRzG setzt sich dafür auf unterschiedlichen Ebenen ein, dazu zählen ein Maßnahmenkatalog für generationengerechte Parteien, die Forderung nach Nachwuchsquoten für Jungpolitiker*innen sowie die Einführung eines Kinder- und Jugendwahlrechts – letzteres wird in 3.1 exemplarisch vorgestellt.
Wie wird demokratisches Handeln nachhaltig?
Schwieriger gestaltet sich indes die Repräsentation der Interessen zukünftiger Generationen, da diese per definitionem ihre Interessen noch nicht selbst artikulieren können. Hier schlägt die SRzG eine Reihe von Zukunftsinstitutionen vor, die bereits heute die Politik zu zukunftsgerechtem Handeln anregen sollen, darunter fällt beispielhaft die Weiterentwicklung des ›Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen‹ (WBGU) zu einem Zukunftsrat (3.2).
3.1
Kinder- und Jugendwahlrecht
Die SRzG strebt eine Wahlrechtsreform hin zu einem Kinder- und Jugendwahlrecht an, das sogenannte Wahlrecht durch Eintragung. Der SRzG-Vorschlag sieht vor, dass weiterhin eine allgemeine Wahlaltersgrenze von zum Beispiel 16 Jahren bestehen bleibt, ab der jede*r Wahlberechtigte* automatisch eine Wahleinladung erhält. Wer jedoch jünger ist – also unter der regulären Altersgrenze liegt – und dennoch mitwählen möchte, soll dies auch tun können, indem er*sie sich selbstständig beim Wahlamt ins Register einträgt. Die Einführung eines Wahlrechts durch Eintragung würde jungen Menschen zeigen, dass man sie ernst nimmt und an der Gesellschaft teilhaben lassen möchte (vgl. Gründinger 2008: 26-29; Hurrelmann 1997: 282). Gerade mit Blick auf die demografische Alterung der Gesellschaft kann ein Kinder- und Jugendwahlrecht als Korrektiv angesehen werden. Denn auch wenn sich viele Ältere für junge Menschen interessieren, so trifft dies noch längst nicht auf die gesamte junge Generation in einer Gesellschaft zu. Studien zeigen, dass sich die sozialpolitischen Einstellungen mit zunehmendem Alter verändern (vgl. Bergmann 2012; Wilkoszewski 2012/2009). Vor allem kinderlose Ältere befürworten beispielsweise wesentlich seltener eine Erhöhung des Kindergeldes, Steuererleichterungen für Eltern oder öffentliche Kinderbetreuung: »Dass ein 65jähriger eine Erhöhung des Kindergeldes befürwortet, ist um 85 % weniger wahrscheinlich als die Zustimmung eines 20jährigen; die Befürwortung von flexibleren Arbeitszeiten für Eltern ist um 50 % geringer. Gleichzeitig sprechen sich Ältere vermehrt für eine Rentenpolitik aus, welche die jüngere Generation belastet.« (SRzG 2017: 7) Für eine wahlrechtliche Verfassungsänderung spricht etwa das Prinzip der Volkssouveränität. Demnach geht laut Art. 20 Abs. 2 GG alle Staatsgewalt vom Volke aus, die Staatsgewalt wird unter anderem durch Wahlen und Ab-
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stimmungen ausgeübt. Und Staatsbürger*in ist man bereits zum Zeitpunkt der Geburt. Ferner ist der Ausschluss unter 18-Jähriger mit den in der Verfassung geregelten Wahlgrundsätzen einer allgemeinen und gleichen Wahl nicht vereinbar (Art. 38 Abs. 1 GG). Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgesetzes folgend untersagt der Allgemeinheitsgrundsatz den unberechtigten Ausschluss von Staatsbürger*innen von der Wahl. Der Gesetzgebung ist es verboten, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen, vielmehr ist gefordert, dass grundsätzlich jede*r sein*ihr Wahlrecht in möglichst gleicher Weise ausüben soll (BVerfGE 58, 202, 205; 99, 69, 77f). Argumente, die immer wieder gegen die Einführung eines Wahlrechts ohne Altersgrenze angeführt werden, sind Kategorien wie politisches Wissen, politisches Interesse, Urteilsfähigkeit oder Reife. Dies sind jedoch keine legitimen Kriterien zur Verleihung des Wahlrechts, da sie einerseits mit den Grundsätzen der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl kollidieren, andererseits werden sie auch bei über-18-Jährigen weder geprüft noch gefordert. Darüber hinaus zeigen jugendpsychologische und jugendpolitische Studien auf, dass Kinder bereits mit zwölf Jahren3 eine stabile intellektuelle Basis erreicht und eine grundsätzliche moralische Urteilsfähigkeit entwickelt haben (vgl. Das Parlament Nr. 44/2005; SRzG 2017: 2). Das politische Interesse junger Menschen steigt seit einigen Jahren stetig an. So gaben im Rahmen der Shell-Jugendstudie 2002 nur 30 % der Befragten zwischen 12 und 25 Jahren an, politisch interessiert zu sein. 2015 ist der Wert bereits auf 41 % angestiegen (vgl. Shell 2015: 20). Die aktuelle ShellJugendstudie von 2019 zeigt, dass das politische Interesse weiterhin stabil auf einem hohen Niveau liegt. Anders als in den Jahren zuvor, mündet das politische Interesse jedoch häufiger in politisches Engagement (vgl. Albert et al. 2019: 49-50). Die Daten der Shell-Jugendstudie stammen aus Befragungen von 2.572 jungen Menschen und wurden zwischen Januar und März 2019 erhoben. Erst danach aber nahm der Klimaprotest der Schüler*innen in Deutschland 3
Prof. Dr. med. Gunther Moll, Leiter der Kinder- und Jugendabteilung für Psychische Gesundheit am Universitätsklinikum Erlangen, sprach 2011 in einer Anhörung der GRÜNEN zum Wahlrecht im Bayrischen Landtag. Es gäbe keine Wahlreife, so Moll. Das Gehirn reift nicht, es entwickelt sich. Pauschale Altersgrenzen würden daher entwicklungsbiologisch keinen Sinn ergeben, weil sie nicht berücksichtigen, dass Menschen sich immer unterschiedlich schnell und anders entwickeln. Aus Sicht der Kinder- und Jugendpsychologie spräche darum nichts dagegen, wenn Kinder spätestens ab zehn Jahren wählen gehen würden.
Wie wird demokratisches Handeln nachhaltig?
größere Ausmaße an, weshalb die Autor*innen der Shell-Jugendstudie davon ausgehen, dass das politische Interesse bei der jungen Generation derzeit nochmal deutlich gestiegen ist. Gleichzeitig fühlt sich die große Mehrheit der jungen Generation von der Politik nicht ausreichend vertreten oder hat kein Vertrauen in die Regierung (vgl. DKHW 2013: 12; Albert et al. 2019: 95). Eine Reform des Wahlrechts zur Inklusion Jüngerer hätte daher auch eine positive Signalwirkung für junge, politisch interessierte (und engagierte) Menschen, dahingehend dass sie ernst genommen und ihre Stimmen gehört werden. Des Weiteren wird von Gegner*innen des Kinder- und Jugendwahlrechts ins Feld geführt, dass junge Menschen vermehrt extreme Parteien wählen würden (vgl. Greiner/Braun 2017). Eine derartige Tendenz lässt sich mit Verweis auf die U18-Wahlen nicht bestätigen (siehe Grafik 3). Die U18-Wahl wird parallel zur Bundestagswahl an Schulen, Bildungseinrichtungen und Jugendzentren durchgeführt. 2017 nahmen 220.000 unter 18-Jährige an der Jugendwahl teil. Im Ergebnis zeigt sich: Die Jüngeren wählen weniger häufig die CDU/CSU und die FDP, bei der LINKEN und der SPD sind die Werte recht ähnlich. Bei den unter 18-Jährigen konnten vor allem die Grünen (16,6 %) und die Tierschutzpartei (3,9 %) im Vergleich zu den Ergebnissen der Bundestagswahl (8,9 % und 0,8 %) punkten. Im Gegensatz zur Bundestagswahl, bei der die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) 12,6 % der Stimmen erhielt, haben die Kinder und Jugendlichen nur zu 6,8 % für die AfD gestimmt (vgl. Bundeswahlleiter 2017; U18 2017). Die übrigen Stimmanteile, die an extreme Parteien jenseits der politischen Mitte (siehe Grafik 3, MLPD, DKP, DIE RECHTE und NPD) gingen, sind in beiden Gruppen marginal und können an dieser Stelle vernachlässigt werden. Wie in der Einleitung bereits erwähnt, fällt die Wahlbeteiligung in jüngeren Altersgruppen tendenziell niedriger aus als im Bundesdurchschnitt. Das Argument, dass durch einen Einbezug der unter 18-Jährigen – die womöglich wie die Erstwähler*innen unterdurchschnittlich häufig zur Wahl gehen würden – ins Wahlrecht die allgemeine Wahlbeteiligung insgesamt noch stärker sinken würde, kann jedoch keine stichhaltige Begründung für die Ablehnung einer Öffnung des Wahlrechts sein – schließlich handelt es sich um ein Wahlrecht und keine Wahlpflicht. Einige Jahre vor den ›Fridays for Future‹ haben sich 15 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 17 Jahren sowie Mitglieder der Organisationen ›Plant-for-the-Planet‹ und der SRzG im Rahmen der Kampagne »Wir wollen wählen« zusammengeschlossen. Gemeinsam haben sie die Bundestagswahl 2013 angefochten und Beschwerde beim Wahlprüfungsausschuss
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Grafik 3: Ergebnisse der Bundestagswahl 2017 und der U18-Jugendwahl 2017 im Vergleich
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bundeswahlleiter 2017 und U18 2017.
des Bundestags eingelegt, da Millionen Kinder und Jugendliche pauschal aufgrund ihres Alters von der Wahl ausgeschlossen wurden. Nachdem die Wahlprüfbeschwerde abgelehnt wurde, legten die Initiator*innen von »Wir wollen wählen« Verfassungsbeschwerde ein. Die Beschwerde wurde 2016 abgelehnt (vgl. SRzG 2019). Dennoch verfolgen die Initiator*innen weiter ihr Ziel – und mittlerweile haben sich bereits drei der sieben im Bundestag vertretenen Parteien zumindest für eine Absenkung der Wahlaltersgrenze auf 16 Jahre bei Bundestags- und Europawahlen ausgesprochen, darunter die SPD, die Grünen (zusätzlich für Kommunal- und Landtagswahlen) und die LINKE (zusätzlich für Kommunal- und Landtagswahlen) (vgl. SPD 2017: 12; BÜNDNIS 90/Die Grünen 2017: 149; LINKE 2017: 119). Auf Landesebene fordern auch einige FDP-Landesverbände eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre, zum Beispiel in Niedersachsen und Bayern (vgl. FDP 2019).
3.2
Zukunftsinstitutionen
Im Rahmen der intertemporalen Generationengerechtigkeit stellt sich die Frage, wie zukünftige Generationen (besser) in der heutigen Politik repräsen-
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tiert werden können. Wie eingangs bereits erwähnt, ist unsere Demokratie gegenwartsorientiert – damit fehlt es zukünftigen und schleichenden Problemen, die etwa durch den Klimawandel oder die demografische Entwicklung entstehen, an öffentlicher Beachtung. Die SRzG hat in ihrem Positionspapier »Sieben Bausteine für eine zukunftsgerechte Demokratie« eine Reihe von Zukunftsinstitutionen und Ideen festgehalten, die die Politik zukunfts- und generationengerechter machen soll. Eine zukunftsgerechte Politik berücksichtigt die Rechte zukünftiger Generationen, hält die planetaren Grenzen ein und verlagert Kosten nicht ohne den Nutzen in die Zukunft; eine zukunftsgerechte Politik geht langfristige Probleme frühzeitig und kraftvoll an, stärkt die Demokratie um auch zukünftigen Generationen ein möglichst hohes Maß an politischer Selbstbestimmung zu sichern und tätigt Zukunftsinvestitionen, zum Beispiel in den Bereichen Bildung und Klimaschutz (vgl. SRzG 2018a: 8, 9). Eine solche zukunftsgerechte Politik gilt es zu institutionalisieren, um so der Kurzfristigkeit und Gegenwartsfixierung unserer Demokratie beizukommen. Die bestehenden Institutionen, der ›Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung‹ (PBnE), der ›Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen‹ (WBGU) und die Nachhaltigkeitsprüfung reichen dafür nicht aus. Auf das operative Handeln der Ressorts haben sie keinen oder nur sehr geringen Einfluss (vgl. Loske 2015: 325). Im politischen Entscheidungsprozess nehmen sowohl der PBnE als auch der WBGU nur eine beratende Funktion ein, die Nachhaltigkeitsprüfung von Gesetzesentwürfen der Bundesregierung ist eher die Ausnahme denn die Regel (vgl. SRzG 2018a: 11). Die sieben Vorschläge der SRzG werden im Folgenden einzeln unter die Lupe genommen. Als erste Reform schlägt die SRzG vor, den WBGU zu einem Zukunftsrat weiterzuentwickeln. In seiner momentanen Ausgestaltung besteht der Beirat aus neun Mitgliedern, die jeweils vom ›Bundesministerium für Bildung und Forschung‹ sowie dem ›Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit‹ für vier Jahre berufen werden (WBGU 2019a). Die Beiratsmitglieder werden von neun Referent*innen unterstützt. Die Generalsekretärin Maja Göpel leitet zurzeit die Geschäftsstelle des WBGU, der neun weitere Mitarbeiter*innen angehören (vgl. SRzG 2018a: 9). Auftrag des WBGU ist die wissenschaftliche Beratung der Bundesregierung durch Gutachten, die globale Umwelt- und Entwicklungsprobleme analysieren, die Forschung zur global nachhaltigen Entwicklung auswerten, im
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Sinne von Frühwarnung auf neue Problemfelder hinweisen sowie Handlungsund Forschungsempfehlungen geben sollen (vgl. WBGU 2019b). Nach dem Vorschlag der SRzG soll der WBGU mit weiteren Kompetenzen aufgewertet und zu einem Zukunftsrat weiterentwickelt werden, dem bis zu 15 Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Fachrichtungen angehören. Die Mitglieder sollen vom PBnE berufen werden und zwar mit mindestens einer Zwei-Drittel-Mehrheit und für eine einmalige Amtszeit von sieben Jahren. Der Mitarbeiter*innenstab soll auf 50 Personen angehoben werden. Zu den Aufgaben des Zukunftsrats zählt die Erstellung eigenständiger Expertisen und Policy-Analysen zu Fragen der Zukunftsgerechtigkeit. Die Empfehlungen des Zukunftsrats richten sich im Regelfall an die Bundesregierung und deren nachgeordnete Behörden (im Einzelfall auch an den Bundestag). Dabei können sich die Empfehlungen sowohl auf vom Zukunftsrat identifizierte Regelungsbedarfe wie Gesetzesvorschläge als auch wahrgenommene Fehlentwicklungen bei der Ausarbeitung oder Implementation gesetzlicher Regelungen beziehen und müssen einen eindeutigen Bezug zur Zukunftsgerechtigkeit aufweisen. Innerhalb eines Zeitraums von maximal drei Monaten ist von den jeweiligen Adressat*innen eine schriftliche Antwort vorzulegen, in der die Umsetzung der Empfehlung dargelegt wird. Sollte eine Empfehlung abgewiesen werden, muss dies schriftlich begründet werden. Sowohl die Empfehlungen des Zukunftsrats als auch die Antworten der jeweiligen Adressat*innen werden veröffentlicht. Da es sich bei dieser Ausgestaltung der Arbeitsweise explizit um kein suspensives Veto handelt, wird der Polit- und Umsetzungsprozess durch das Wirken des Zukunftsrats nicht maßgeblich verlangsamt (vgl. SRzG 2018a: 23). Als zweiten Baustein auf dem Weg zu einer zukunftsgerechteren Demokratie identifiziert die SRzG die Stärkung des ›Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung‹ (PBnE). Dieser wurde 2004 vom Bundestag als überfraktionelles Gremium eingesetzt – mit dem Ziel, Nachhaltigkeit in politischen Entscheidungsprozessen zu verankern. Der PBnE begleitet zunächst vor allem die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung und setzt mit Positionspapieren und Anhörungen eigene Impulse (vgl. Bundestag/PBnE 2018: 1, 3). Mittlerweile beobachtet der PBnE auch das Handeln der Bundesregierung im Rahmen internationaler Nachhaltigkeitspolitik in Europa und bei den ›Vereinten Nationen‹ (Bundestag/PBnE 2018: 3). Da es sich beim PBnE um keinen ständigen Ausschuss mit Gesetzgebungskompetenzen handelt, verfügt er über keine vollen Ausschussrechte, ist nicht in der Geschäftsordnung des Bundestages verankert und muss deshalb in jeder
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Legislaturperiode neu eingesetzt werden. Die Ministerien sind seit 2009 dazu verpflichtet, bei ihren Gesetzesvorschlägen verpflichtend zu prüfen, inwiefern sie den Leitlinien nachhaltiger Entwicklung entsprechen. Der PBnE kontrolliert wiederum, ob bei der Nachhaltigkeitsprüfung formale Kriterien des Gesetzgebungsprozesses eingehalten wurden – eine inhaltliche Prüfung, ob ein Gesetz nachhaltig ist oder nicht, findet nicht statt. Der Beirat setzt sich aus 17 ordentlichen sowie 17 stellvertretenden Mitgliedern aus dem Kreise der Abgeordneten zusammen. Für die parteipolitische Zusammensetzung des PBnE ist die Stärke der jeweiligen Fraktionen entscheidend. Unterstützt wird der PBnE von einem dreiköpfigen Sekretariat (vgl. SRzG 2018: 10). Um den PBnE zu einer effektiveren Zukunftsinstitution weiterzuentwickeln, sieht der SRzG-Vorschlag eine Aufwertung zu einem ständigen Ausschuss des Bundestages vor. Damit einhergehend solle der Mitarbeiter*innenstab und die Aufgabenkompetenz erweitert werden. Der PBnE soll maßgeblich für die Zusammensetzung des Zukunftsrats (ehemals WBGU, Baustein 1) zuständig sein, die Nachhaltigkeitsprüfungen der Bundesregierung (Baustein 3) nicht nur formal, sondern vor allem inhaltlich-materiell kontrollieren und gemeinsam mit dem Zukunftsrat einen nationalen Zukunftstag (Baustein 6, siehe unten) organisieren. Vor diesem Hintergrund setzt sich der PBnE umfassend mit dem Zukunftsmanifest der Bundesregierung auseinander (Baustein 5, siehe unten) (vgl. SRzG 2018a, 23). Der dritte Reformvorschlag bezieht sich auf die Stärkung der Nachhaltigkeitsprüfung auf Bundesebene. Diese soll nach dem Vorbild BadenWürttembergs nicht nur in der Geschäftsordnung der Regierung, sondern auch in einer eigenen Verordnung rechtsverbindlich geregelt werden. Ein wesentlicher Bestandteil der Verordnung ist ein festgeschriebener Leitfaden zur Durchführung der Nachhaltigkeitsprüfungen. Die Ergebnisse der Prüfungen sowie ihre Grundlagen sollen veröffentlicht und dem Regelungsentwurf beigefügt werden. Noch vor der ersten Lesung sollen die Nachhaltigkeitsprüfungen dem PBnE zugesandt werden, der diese inhaltlich-materiell überprüft und seine Ergebnisse wiederum an die zuständigen parlamentarischen Ausschüsse und die zuständigen Ministerien schickt (vgl. SRzG 2018a: 23, 24). Baustein Nummer vier bezieht sich auf die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie. Seit 2002 hat Deutschland, angeregt durch den Weltgipfel in Rio 1992, eine Nachhaltigkeitsstrategie zur Förderung nachhaltiger Entwicklung. Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie bildet unter den vier Handlungsfeldern Generationengerechtigkeit, Lebensqualität, Sozialer Zusammenhalt
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und Internationale Verantwortung insgesamt 21 Handlungsbereiche ab (vgl. Bundesregierung 2002: II, III). Um die Handlungsfelder überprüfbar zu machen, wurde ein Indikatorensystem entwickelt, das in Revisionen (2004, 2008, 2012) weiterentwickelt und angepasst wurde, ohne die zeitliche Vergleichbarkeit der Revisionen untereinander einzuschränken (vgl. Bundesregierung 2012). Im Zuge der begrüßenswerten Verabschiedung der 17 Sustainable Development Goals (SDGs) durch die ›Vereinten Nationen‹ wurde Deutschland dazu angehalten, die SDGs auch auf nationaler Ebene zu implementieren. In der Folge wurde die Nachhaltigkeitsstrategie umgestaltet, was sich besonders auf die Ausgestaltung des Indikatorensystems auswirkte – so fehlt in der aktuellen Fassung der Nachhaltigkeitsstrategie das Handlungsfeld Generationengerechtigkeit, unter dem bis 2016 die Indikatorenbereiche Ressourcenschonung, Klimaschutz, Erneuerbare Energien, Flächeninanspruchnahme, Artenvielfalt, Wirtschaftliche Zukunftsvorsorge, Staatsverschuldung, Innovation und Bildung zusammengefasst waren (vgl. Bundesregierung 2002, 2012, 2016, 2018). Zwar finden sich einige der Indikatorenbereiche unter den jeweiligen SDGs wieder – so etwa der Bereich Artenvielfalt unter SDG 15 »Leben an Land« – insgesamt ist die Nachhaltigkeitsstrategie seit 2017 jedoch weniger auf Zukunftsgerechtigkeit hin ausgerichtet (vgl. Bundesregierung 2018: 57). Ohne die Unterordnung der Nachhaltigkeitsstrategie unter die SDGs aufheben zu wollen, schlägt die SRzG eine Ergänzung um ein Zukunftsgerechtigkeits-Indikatorensystem vor. So können frühere Zeitreihen wieder fortgeführt und vergleichbar gemacht werden, was wiederum die Langfristorientierung der Bundespolitik stärken würde (vgl. SRzG 2018a: 24). Bei ihrem fünften Vorschlag hat sich die SRzG von der finnischen Politik inspirieren lassen: Dort ist es seit den 1990er Jahren gang und gäbe, dass jede Regierung einmal pro Legislaturperiode einen Zukunftsbericht über ihre Pläne für die längerfristige Zukunft vorlegen muss. Der Zukunftsbericht wird seit 1993 im parlamentarischen Ausschuss für die Zukunft debattiert, der Ausschuss verfasst anschließend einen Antwortbericht, der auch eigene Untersuchungen beinhält. In Anlehnung an das finnische Modell und Simon Caneys »Political Institutions for the Future: A Five-Fold Package« schlägt die SRzG ein Zukunftsmanifest jeder neugewählten Bundesregierung vor. In dem Manifest stellt die Regierung ihre Langzeitpläne für die Zukunft Deutschlands und Europas vor. Anders als in der Regierungserklärung soll die Langfristperspektive über den Zeitraum einer Legislatur hinausreichen und 30 Jahre – den Zeitraum einer (temporalen) Generation – umfassen. Die Regierung
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geht im Zukunftsmanifest auf Analysen und Empfehlungen des Zukunftsrats (Baustein 1) ein. Auf dem jährlichen Zukunftstag (Baustein 6) soll das Zukunftsmanifest öffentlich diskutiert und reflektiert werden (vgl. SRzG 2018a: 24, 25). Wieder in Anlehnung an Finnland und Caney fordert die SRzG als sechste Maßnahme die Einführung eines jährlichen Zukunftstages. Der erste Zukunftstag einer Legislaturperiode dient dazu, das Zukunftsmanifest im Bundestag von Regierung und Opposition sowie von den Bürger*innenräten für die Zukunft (Baustein 7, siehe unten) und der Öffentlichkeit zu diskutieren. An den darauffolgenden Zukunftstagen steht der Fortschritt der Regierung hinsichtlich ihrer im Manifest niedergelegten Zukunftspläne zur Debatte: Die öffentlichen Medien sind angehalten, die Debatten live zu senden und kritisch zu analysieren. Die Organisation auf Bundesebene übernimmt der PBnE, auf regionaler und lokaler Ebene bereiten die Bürger*innenräte den Zukunftstag vor (vgl. SRzG 2018a: 25). Wie oben bereits erwähnt, bezieht sich der siebte Reformvorschlag zur besseren Repräsentation zukünftiger Generationen auf die Einrichtung von Bürger*innenräten für die Zukunft – sowohl auf regionaler, als auch auf lokaler Ebene. In Anlehnung an das Modell der Zukunftsräte von Patrizia Nanz und Claus Leggewie sollen die Mitglieder der Bürger*innenräte für die Zukunft anhand statistischer Repräsentativitätskriterien zufällig aus der Bevölkerung ausgewählt werden, ihr Mandat umfasst einen Zeitraum von zwei Jahren (vgl. Nanz/Leggewie 2016). Die Bürger*innen im Bürger*innenrat sollen sich in ihrer Arbeit mit selbstgewählten regional- und lokalspezifischen Fragen der Zukunftsgerechtigkeit beschäftigen, während sie sowohl Stadt- und Kreisräten als auch Landesregierungen beratend zur Seite stehen (vgl. SRzG 2018: 25).
4.
Ausblick
Zukünftige Generationen sind eine Leerstelle in der deutschen Politik. Anders als heutige Generationen können sie ihre Interessen (noch) nicht artikulieren. Um diese Machtasymmetrie auszugleichen, bedarf es einer Reihe institutioneller Reformen. Da, wo diese marginalisierten Gruppen sich selbst (noch) nicht äußern können, gilt es, ihre Rechte und Interessen nach bestem Wissen verantwortungsvoll zu schützen. Zukunftsinstitutionen wie in 3.2 aufgeführt,
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können einen Beitrag dazu leisten, der Gegenwartsfixierung unserer Demokratie beizukommen. Aufgrund der demografischen Verhältnisse (siehe Grafik 1) sprechen wir auch im temporalen Generationengerechtigkeitsverständnis in Bezug auf die junge Generation von einer Machtasymmetrie. Hier ist es unbedingt notwendig, dass junge Menschen in die Lage gebracht werden, ihre Stimme zu erheben – die Öffnung des Wahlrechts kann diesbezüglich als ein wichtiges Signal angesehen werden. Zukunftsverantwortung beginnt heute.
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Autor*innenverzeichnis
Anna Braam (M.A.) ist Politikwissenschaftlerin und promoviert an der Carl von der Ossietzky Universität Oldenburg im Forschungsprojekt ›Nachhaltigkeit demokratischen Entscheidens‹. Seit 2015 engagiert sie sich im Vorstand der ›Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen‹. Anna Braam ist Gründungsmitglied der Jugendklimaorganisation ›Klimadelegation e.V.‹ und zivilgesellschaftliche Beobachterin bei den UN-Klimaverhandlungen. (ORCID: 0000-0003-4668-5933) Dr. des. Stefan Einsiedel ist Geschäftsführer des ›Zentrums für Umweltethik und Umweltbildung‹ am ›Zentrum für Globale Fragen‹ der Hochschule für Philosophie München. Er studierte Biologie und Volkswirtschaft in München. Nach sieben Jahren in der Finanzindustrie, unter anderem als Vorstandsassistent in einem Dax-Konzern, widmete sich Stefan Einsiedel im Rahmen seiner Dissertation dem Themenkomplex »Kampf gegen Armut und Klimawandel« (im Erscheinen). (ORCID: 0000-0002-7494-0594) Simon Faets (Mag. theol.) ist Promovend an der Hochschule für Philosophie München und arbeitet zu Christoph Menkes Kritik rechtlicher Normativität und deren biopolitischen Implikationen und Leerstellen, besonders im Anschluss an Michel Foucault und Judith Butler. Er studierte katholische Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Im Rahmen des Forschungsprojekts ›Zukünftige Generationen als Leerstelle der Demokratie‹ (2016-2018) forschte er speziell an der Schnittstelle zwischen Kritischer Theorie und radikaldemokratischen Ansätzen. (ORCID: 0000-0003-0026-8683) Dr. Henrike Knappe ist seit 2017 Leiterin des Forschungsprojektes »Politisierung der Zukunft« am Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) Potsdam. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin am ›Kulturwissen-
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Politik der Zukunft
schaftlichen Institut Essen‹ und Gastwissenschaftlerin an den Universitäten Stockholm und Washington. Henrike Knappe promovierte am Zentrum für Demokratieforschung der Leuphana Universität Lüneburg zu »Doing Democracy Differently: Political Practice in Transnational Civil Society Networks« (2017, Budrich UniPress Ltd.). Ihre Forschungsinteressen liegen im Bereich politischer Repräsentation, feministischer Theorien sowie der ungleichen und intersektionalen Zukünfte internationaler Umweltpolitik. Dr. Lukas Köhler, ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages und klimapolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Nach dem Studium der Philosophie in München, Manila und London promoviert er 2015 zum Thema »Die Repräsentation von Non-Voice-Pattys in Demokratien: Argumente zur Vertretung der Menschen ohne Stimme als Teil des Volkes« (2017, Springer VS) an der Hochschule für Philosophie München. Zwischen Dissertation und dem Einzug in den Deutschen Bundestag war Lukas Köhler Geschäftsführer des ›Zentrums für Umweltethik und Umweltbildung‹ am ›Zentrum für Globale Fragen‹. Dr. Peter Lawrence ist Senior Lecturer an der University of Tasmania Law School (Australien) und Autor von »Justice for Future Generations. Climate Change and International Law« (2014, Edward Elgar Publishing). Er hat umfangreich zum Feld des internationalen Umweltrechts publiziert, unter anderem im »Oxford Handbook on International Environmental Law« (herausgegeben von L. Raimani/J. Peel, im Erscheinen). (ORCID: 0000-0003-3407-3446) Dr. Matthias Lievens ist Assistant Professor am Institut für Philosophie der KU Leuven (Belgien) sowie Mitglied der dortigen Forschungseinheit RIPPLE (Research in Political Philosophy Leuven). Seine Forschungen liegen im Bereich der kritischen sowie kontinentalen Sozial- und politischen Philosophie, mit einem Schwerpunkt auf Autor*innen wie Jean-Paul Sartre, Antonio Gramsci, Chantal Mouffe, Carl Schmitt und Claude Lefort. (ORCID: 00000003-3292-2328) Prof. Dr. Michael Reder ist Professor für Praktische Philosophie an der Hochschule für Philosophie München und Leiter des Instituts für Ethik und Sozialphilosophie. Er arbeitet an der Schnittstelle von politischer und Sozialphilosophie zu aktuellen Themen mit globalen Bezügen. Er war Gastwissenschaftler unter anderem an den Universitäten in Manila, Wien und Cambridge (UK).
Autor*innenverzeichnis
Ein Schwerpunkt seiner Arbeiten sind Fragen der Klima- und intergenerationellen Gerechtigkeit. (ORC ID:0000-0003-3422-9447) Dr. Dominic Roser ist Lehr- und Forschungsrat an der Universität Freiburg i.Ü. Als politischer Philosoph mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund forscht er zu Klimagerechtigkeit, globaler und intergenerationeller Gerechtigkeit sowie Risiko- und Wirtschaftsethik. Zusammen mit Christian Seidel hat Dominic Roser eine auf deutsch (2015, WBG) und englisch (2016, Routledge) erschienene Einführung in die »Ethik des Klimawandels/Climate Justice: An Introduction« veröffentlicht. (ORCID: 0000-0002-9427-105X) Nejma Tamoudi (M.A.) ist Promovendin an der Hochschule für Philosophie München und arbeitet zur sozialphilosophischen Dimension Paul Ricœurs. Sie studierte Politikwissenschaft, Philosophie und Religionswissenschaften in München und Paris. Innerhalb des Forschungsprojektes ›Zukünftige Generationen als Leerstelle der Demokratie‹ (2016-2018) widmete sie sich insbesondere der Verbindung von Zeitlichkeit, Ethik und Gesellschaftskritik. Gemeinsam mit Prof. Dr. Michael Reder veröffentlichte sie den Beitrag »A Narrative Account of Temporality in Climate Justice« (2019, Routledge Handbook of Climate Justice). (ORCID: 0000-0002-3602-0009)
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Philosophie Ashley J. Bohrer
Marxism and Intersectionality Race, Gender, Class and Sexuality under Contemporary Capitalism 2019, 280 p., pb. 29,99 € (DE), 978-3-8376-4160-8 E-Book: 26,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-4160-2
Jürgen Manemann
Demokratie und Emotion Was ein demokratisches Wir von einem identitären Wir unterscheidet 2019, 126 S., kart. 17,99 € (DE), 978-3-8376-4979-6 E-Book: 15,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-4979-0
Harald Lemke
Szenarien der Ernährungswende Gastrosophische Essays zur Transformation unserer Esskultur 2018, 396 S., kart. 29,99 € (DE), 978-3-8376-4483-8 E-Book: 26,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-4483-2 EPUB: 26,99 € (DE), ISBN 978-3-7328-4483-8
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Philosophie Jürgen Manemann, Eike Brock
Philosophie des HipHop Performen, was an der Zeit ist 2018, 218 S., kart. 19,99 € (DE), 978-3-8376-4152-3 E-Book: kostenlos erhältlich als Open-Access-Publikation, ISBN 978-3-8394-4152-7
Anke Haarmann
Artistic Research Eine epistemologische Ästhetik 2019, 318 S., kart. 34,99 € (DE), 978-3-8376-4636-8 E-Book: 34,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-4636-2 EPUB: 34,99 € (DE), ISBN 978-3-7328-4636-8
Hilkje Charlotte Hänel
What is Rape? Social Theory and Conceptual Analysis 2018, 282 p., hardcover 99,99 € (DE), 978-3-8376-4434-0 E-Book: 99,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-4434-4
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