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German Pages 275 [276] Year 2003
HOLGER STEINWEDE
Planerhaltung im Städtebaurecht durch Gesetz und richterliche Rechtsfortbildung
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 937
Planerhaltung im Städtebaurecht durch Gesetz und richterliche Rechtsfortbildung
Von
Holger Steinwede
Duncker & Humblot • Berlin
Die Juristische Fakultät der Universität Regensburg hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten © 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-11249-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706©
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2003 von der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg als Dissertation angenommen. Die mündliche Prüfung fand am 11. April 2003 statt. Außerordentlich bedanken möchte ich mich bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Gerrit Manssen, der mich bei der Entstehung dieser Arbeit stets mit großem Wohlwollen betreut und gefördert hat. Auch in schwierigen Situationen verstand er es zu motivieren. Die Bereitschaft, mich an seinem Lehrstuhl zu beschäftigen und als Doktorand anzunehmen, war Grund für meine Rückkehr, nach Regensburg nach Ableistung des Grundwehrdienstes. Gleichfalls bin ich Herrn Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Udo Steiner zu besonderem Dank verpflichtet, der trotz seiner hohen zeitlichen Belastung in Karlsruhe in sehr kurzer Zeit das Zweitgutachten erstellt hat. Nicht zuletzt danke ich auch meinen Eltern Elke und Klaus Steinwede, ohne deren Zuspruch und Unterstützung die Promotion nicht möglich gewesen wäre. Ihnen soll deshalb die Arbeit gewidmet sein. Hannover, im Juni 2003
Holger Steinwede
Inhaltsübersicht Erstes Kapitel Einleitung
25
A. Die Problematik der Fehleranfälligkeit von Bebauungsplänen
25
B. Gang der Untersuchung
27
Zweites Kapitel Der Grundsatz der Planerhaltung
29
A. Anwendungsbereich und Relevanz des Grundsatzes der Planerhaltung
29
B. Methodisch-dogmatische Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung
61
Drittes Kapitel Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
82
Erster Abschnitt Planerhaltung durch Gesetz
82
A. Entwicklung der Fehlerfolgenregelungen im Städtebaurecht
83
B. Überblick über die einzelnen Vorschriften
88
C. Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit dem höherrangigen Recht
95
Zweiter Abschnitt Planerhaltung durch Rechtsfortbildung
126
A. Planerhaltung durch Gesetzesauslegung
126
B. Planerhaltung durch gesetzesimmanente Rechtsfortbildung
179
C. Planerhaltung durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
223
10
Inhaltsübersicht Viertes Kapitel Reformvorhaben
241
A. Vorschläge der Expertenkommission zur Weiterentwicklung der Planerhaltungsvorschriften 241 B. Bewertung der Vorschläge
245
Fünftes Kapitel Zusammenfassung der Arbeit in Thesen
248
Anhang Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) in der Fassung der Änderung durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 ( 9 7 / I I / E G ) (Auszüge) 253
Literaturverzeichnis
260
Sachregister
272
Inhaltsverzeichnis Erstes Kapitel Einleitung
25
A. Die Problematik der Fehleranfälligkeit von Bebauungsplänen
25
B. Gang der Untersuchung
27
Zweites Kapitel Der Grundsatz der Planerhaltung A. Anwendungsbereich und Relevanz des Grundsatzes der Planerhaltung I. Entwicklung des Begriffs der Planerhaltung
29 29 29
II. Materien des Raumplanungsrechts
30
III. Rechtsakte des Bauplanungsrechts
35
IV. Fehlerfolgen von Rechtsvorschriften
36
1. Nichtigkeitslehre
36
2. Vernichtbarkeitslehre
38
3. Relevanz des Meinungsstreits für die Untersuchung
39
V. Verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkte 1. Aspekte für die Sanktionierung fehlerhafter Rechtsakte
41 41
a) Sanktionsbedürftigkeit zur Verwirklichung des Rechtsstaatsprinzips
42
b) Sanktionsbedürftigkeit zum Schutz der Grundrechte
42
c) Sanktionsbedürftigkeit zur Verwirklichung des Demokratieprinzips
43
2. Aspekte gegen die Sanktionierung fehlerhafter Rechtsakte a) Begrenzung der Sanktionsbedürftigkeit durch Gesetzgebungskompetenzen, Planungshoheit und Gestaltungsfreiheit
44 44
aa) Freiheit der Rechtsformwahl
45
bb) Freiheit der Entwicklung differenzierter Fehlerfolgensysteme
47
Inhaltsverzeichnis b) Begrenzung der Sanktionsbedürftigkeit zur Verwirklichung des Rechtsstaatsprinzips
48
c) Begrenzung der Sanktionsbedürftigkeit zur Verwirklichung der Grundrechte
51
d) Begrenzung der Sanktionsbedürftigkeit zur Verwirklichung des Demokratieprinzips
51
e) Begrenzung der Sanktionsbedürftigkeit zur Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips?
52
3. Fazit VI. Methoden zur Reduzierung der Fehleranfälligkeit 1. Normauslegung
53 54 55
a) Einfache Gesetzesauslegung
55
b) Berichtigende Auslegung
55
c) Gesetzes-, bundesrechts- und verfassungskonforme Auslegung
56
2. Fehlerbeseitigung
57
3. Fehlerfolgen Voraussetzungen
57
4. Fehlerfolgenbegrenzungen
59
5. Insbesondere: Der Grundsatz der Planerhaltung
60
B. Methodisch-dogmatische Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung I. Ausgangspunkt: Nichtigkeitsdogma II. Gedanke der Rechtserhaltung in der Rechtsordnung
61 61 62
III. Das „offene" Prinzip der Rechtserhaltung
64
IV. Zulässigkeit der Entwicklung eines rechtssatzförmigen Prinzips im Bauplanungsrecht?
65
1. Konkretisierung durch die Gesetzgebung
66
a) Konkretisierung durch Schaffung eines allgemeinen Planerhaltungsgebots im Bauplanungsrecht
66
b) Konkretisierung durch die Überschrift „Planerhaltung" vor den §§ 214 ff. BauGB
67
c) Eigene Auffassung
67
2. Konkretisierung durch Rechtsfortbildung a) Ansätze in der Rechtsprechung zur Existenz eines Planerhaltungsgrundsatzes
73 73
Inhalts verzeichni s b) Eigener Ansatz
13 74
aa) Schwierigkeiten im Hinblick auf das Verständnis des Konkretisierungsbegriffs bb) Methodische Ansätze zur Entwicklung eines verbindlichen Planerhaltungsgrundsatzes
74 75
(1) Auslegung
75
(2) Gesetzesimmanente Rechtsfortbildung
75
(3) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
78
cc) Ergebnis
79
3. Ergebnis
80
V. Aussagegehalt eines offenen Prinzips der Planerhaltung VI. Folgerungen für die weitere Untersuchung
80 81
Drittes Kapitel Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
82
Erster Abschnitt Planerhaltung durch Gesetz A. Entwicklung der Fehlerfolgenregelungen im Städtebaurecht I. Novelle 1976 BBauG II. Beschleunigungsnovelle 1979
82 83 83 84
III. Baugesetzbuch
85
IV. BauGB-Maßnahmengesetz
85
V. Bauplanungs- und Zulassungsverordnung VI. Bau-und Raumordnungsgesetz 1998 VII. Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz B. Überblick über die einzelnen Vorschriften I. Die Unbeachtlichkeitsregelung des § 214 BauGB
86 86 87 88 88
1. Verfahrens- und Formvorschriften (§ 214 Abs. 1 BauGB)
88
2. Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung (§214 Abs. 1 a BauGB)
90
3. Das Verhältnis zwischen Bebauungsplan und Flächennutzungsplan (§214 Abs. 2 BauGB)
91
4. Die Abwägung (§ 214 Abs. 3 BauGB)
91
Inhaltsverzeichnis II. Unbeachtlichkeit nach Fristablauf (§ 215 BauGB)
92
III. Das ergänzende Verfahren (§ 215 a BauGB)
93
IV. Aufgaben der Genehmigungsbehörden (§ 216 BauGB)
94
V. Anwendbarkeit der Planerhaltungsvorschriften bei Regelungen i. S. d. § 9 Abs. 4 BauGB
94
C. Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit dem höherrangigen Recht
95
I. Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit dem Grundgesetz
95
1. Vereinbarkeit mit dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG
96
2. Vereinbarkeit mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG
96
3. Vereinbarkeit mit Art. 14 Abs. 1 GG
98
a) Verhältnismäßigkeit des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB
98
b) Verhältnismäßigkeit des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB
100
II. Vereinbarkeit der §§214 ff. BauGB mit den Vorgaben der UVP-Richtlinie 1. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB
105 107
a) Verletzung der Vorschriften über die frühzeitige Bürgerbeteiligung
107
b) Nichtbeteiligung einzelner berührter Träger öffentlicher Belange
108
c) Unterbleiben eines Hinweises zur Frage der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung 109 d) Verkennung der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Vorschriften des vereinfachten Verfahrens
111
2. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 2. Hs. BauGB
112
3. §214 Abs. 1 a Nr. 1 BauGB
115
4. § 214 Abs. 1 a Nr. 2 BauGB
116
5. § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB 6. § 215 Abs. 1 BauGB
118 119
a) Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB durch gemeinschaftskonforme Auslegung 120
Inhaltsverzeichnis
15
b) Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB durch das Prinzip des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts 121 c) Ergebnis
124
III. Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit den Vorgaben der Plan-UP-Richtlinie
125
Zweiter Abschnitt Planerhaltung durch Rechtsfortbildung A. Planerhaltung durch Gesetzesauslegung I. Voraussetzungen und Grenzen der Auslegung II. Anwendungsfälle 1. Verletzung von Ordnungsvorschriften a) Verletzung von Soll-Vorschriften
126 126 126 128 128 130
aa) Benachrichtigung der Träger öffentlicher Belange und der Gemeinden nach § 3 Abs. 2 S. 3 BauGB 130 bb) Fristverlängerung zur Stellungnahme der Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2 S. 1 2. Hs. BauGB
131
cc) Bereitstellung der Übersetzung des Umweltberichts nach § 4 a Abs. 2 S. 4 BauGB 132 dd) Kennzeichnungspflichten für besondere Flächen nach §§5 Abs. 3, 9 Abs. 5 BauGB 133 ee) Nachrichtliche Übernahmen in die Bauleitpläne nach § § 5 Abs. 4 S. 1,9 Abs. 6 BauGB 134 b) Vorliegen eines fehlerhaften Planaufstellungsbeschlusses i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB
135
c) Rechtsverletzungen im Rahmen des § 3 Abs. 2 S. 4 BauGB
136
d) Rechtsverletzungen im Rahmen des § 3 Abs. 2 S. 6 BauGB
138
e) Unterbliebene frühzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB f) Fehlen eines Hinweises nach § 215 Abs. 2 BauGB
140 142
2. Planerhaltungsfreundliche Auslegung von Vorschriften des Baugesetzbuches 143 a) Großzügige Auslegung der §§ 214 ff. BauGB aa) Unterbliebene Beteiligung des einzigen Trägers öffentlicher Belange
143 143
bb) Fehlbeurteilung der Anforderungen an die Aufstellung selbständiger Bebauungspläne bzw. des Vorliegens dringender Gründe für die Aufstellung vorzeitiger Bebauungspläne 145 cc) Anwendbarkeit des § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB bei Vorliegen eines fehlerhaften Flächennutzungsplans 148 dd) Verletzung von Vorschriften des Landesrechts
149
Inhaltsverzeichnis
16
ee) Reparatur fehlerhafter Flächennutzungspläne in „abgekürzten Verfahren" 150 (1) Formelle Mängel eines Flächennutzungsplans
152
(2) Materielle Mängel eines Flächennutzungsplans
153
(3) Unterschiede in der Rechtsfolge
154
(4) Methodische Rechtfertigung für das „abgekürzte Verfahren"
156
(5) Fazit
157
b) Fehlervermeidende Auslegung der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für Bauleitpläne
157
aa) Erfordernis einer erneuten Beschlussfassung über einen Bauleitplan nach der Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange 157 bb) Beschränkung der maßgeblichen Abwägungsbelange nach § 1 Abs. 6 BauGB 159 cc) Genauigkeit der Bezeichnung eines Bauleitplans bei der Bekanntmachung des Planbeschlusses bzw. der Plangenehmigung 162 dd) Bedeutung der Bereithaltungspflicht nach § 10 Abs. 3 S. 2 1. Hs. BauGB 165 3. Planerhaltungsfreundliche Behandlung von Bebauungsplänen
169
a) Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten
169
b) Gesetzeskonforme Auslegung von Bebauungsplänen
172
aa) Hinreichende Bestimmtheit von Festsetzungen
172
bb) Widerspruchsfreiheit von Festsetzungen
177
III. Ergebnis B. Planerhaltung durch gesetzesimmanente Rechtsfortbildung I. Allgemeines II. Die Planerhaltungsvorschriften als abgeschlossenes System?
179 179 179 180
1. Stimmen in der Literatur
181
2. Eigene Auffassung
181
a) Semantische Auslegung
182
b) Systematische Auslegung
184
c) Teleologische Auslegung
185
III. Anwendungsfälle 1. Teilnichtigkeit städtebaulicher Pläne a) Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen aa) Problemstellung
187 187 187 187
Inhaltsverzeichnis bb) Lösungsansätze in Rechtsprechung und Literatur
17 187
(1) Isolierbarkeit der Fehlerwirkung
188
(2) Teilbarkeit des Bebauungsplans
188
(3) Vereinbarkeit mit dem mutmaßlichen Willen des Plangebers
189
cc) Bewertung
190
(1) Teilnichtigkeit als Konkretisierung eines Grundsatzes der Planerhaltung
190
(2) Methodische Begründung der Teilnichtigkeit (a) Vorliegen einer Regelungslücke (b) Bestehen einer vergleichbaren Interessenlage (c) Ergebnis
190 192 192 195
(3) Vereinbarkeit der Rechtsprechung mit den Vorgaben des § 44 Abs. 4 VwVfG 195 b) Teilnichtigkeit von Flächennutzungsplänen
196
aa) Problemstellung
196
bb) Lösungsansätze in Rechtsprechung und Literatur
197
cc) Bewertung
198
(1) Vorliegen einer Regelungslücke
198
(2) Bestehen einer vergleichbaren Interessenlage (a) Analoge Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG (b) Analoge Anwendung des § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB
198 198 199
(3) Ergebnis
201
c) Teilnichtigkeit sonstiger städtebaulicher Satzungen
201
aa) Lösungsansätze in Rechtsprechung und Literatur
201
bb) Eigene Auffassung
203
2. Auswirkungen einer unterbliebenen Beteiligung der Bürger bzw. der Träger öffentlicher Belange bei Änderungen oder Ergänzungen von Bauleitplanentwürfen 204 a) Unterbliebene Beteiligung der Bürger
206
b) Unterbliebene Beteiligung der Träger öffentlicher Belange
209
3. Das Kriterium der Kausalität als ungeschriebene Fehlerfolgenvoraussetzung bei Verstößen gegen Verfahrens- und Formvorschriften
210
a) Allgemeines
210
b) Kausalitätsregelungen in den §§ 214 ff. BauGB
212
c) Ansätze in Literatur und Rechtsprechung zum Bestehen ungeschriebener Kausalitätsregelungen im Städtebaurecht 212 d) Bewertung
214
4. Umdeutung fehlerhafter Bebauungspläne
215
5. Aussagekraft formell fehlerhafter Flächennutzungspläne
217
2 Steinwede
Inhaltsverzeichnis
18
6. Anwendbarkeit des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB bei Verletzung des § 5 Abs. 1 S.2 l.Hs. BauGB 220 I V Ergebnis
222
C. Planerhaltung durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung I. Allgemeines
223 223
II. Anwendungsfälle
224
1. Unvereinbarkeit von Bebauungsplänen mit den Vorgaben des Baugesetzbuches 224 a) Unvereinbarkeit von Rechtsvorschriften mit dem höherrangigen Recht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
224
aa) Entscheidungsvariante: Unvereinbarkeit
224
bb) Fallgruppen
225
cc) Rechtsfolgen der Unvereinbarkeit
227
b) Kritik an dieser Rechtsprechung
229
aa) Methodische Erwägungen
229
bb) Dogmatische Erwägungen
230
cc) Inhaltliche Kritik
231
c) Übertragbarkeit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf das Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO 232 aa) Auffassungen in der Literatur und Rechtsprechung der Fachgerichte 232 bb) Eigene Auffassung
234
(1) Subsidiarität der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung
235
(2) Vorliegen eines zwingenden Grundes 236 (a) Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit und kommunale Planungshoheit 236 (b) Das offene Prinzip der Planerhaltung 237 (c) Vermeidung eines noch „rechtswidrigeren" Zustands 238 (3) Fazit
240
2. Sonstige Anwendungsfälle
240
Viertes Kapitel Reformvorhaben
241
A. Vorschläge der Expertenkommission zur Weiterentwicklung der Planerhaltungsvorschriften 241 I. Präklusion II. Normierung eines Grundsatzes der Planerhaltung
242 242
Inhaltsverzeichnis
19
III. Rechtmäßigkeitsvermutung
242
IV. Reformierung des § 214 BauGB
243
V. Frist für die Geltendmachung von Mängeln nach § 215 BauGB VI. Änderungen im Rahmen des § 215 a BauGB B. Bewertung der Vorschläge
244 244 245
Fünftes Kapitel Zusammenfassung der Arbeit in Thesen
248
Anhang Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) in der Fassung der Änderung durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 ( 9 7 / I I / E G ) (Auszüge) 253
Literaturverzeichnis
260
Sachregister
272
Abkürzungsverzeichnis a.A.
anderer Ansicht
a. F.
alte Fassung
ABL
Amtsblatt
Abs.
Absatz
AEG
Allgemeines Eisenbahngesetz
AGBauGB
Ausführungsgesetz zum Baugesetzbuch
AGBG
Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
AO
Abgabenordnung
AöR
Archiv öffentlichen Rechts
Art.
Artikel
Aufl.
Auflage
BauGB
Baugesetzbuch
BauGB-MaßnahmenG
B augesetzbuch-Maßnahmengesetz
BauNVO
B aunutzungs Verordnung
BauO
Bauordnung
BauR
Baurecht
BauROG
Baurechts- und Raumordnungsgesetz
BauZVO
Bauplanungs- und Zulassungsverordnung
BayBO
Bayerische Bauordnung
BayLPIG
Bayerisches Landesplanungsgesetz
BayNatSchG
Bayerisches Naturschutzgesetz
BayVBl.
Bayerische Verwaltungsblätter
BayWG
Bayerisches Wassergesetz
BBahnG
Bundesbahngesetz
BBauBl.
Bundesbaublatt
BBauG
Bundesbaugesetz
BbgBO
Brandenburgische Bauordnung
BbgNatSchG
Brandenburgisches Naturschutzgesetz
BezG
Bezirksgericht
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
Abkürzungsverzeichnis BGH
Bundesgerichtshof
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
BImSchG
Bundesimmissionsschutzgesetz
BNatSchG
Bundesnaturschutzgesetz
BRAGO
Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte
BremNatSchG
Bremisches Naturschutzgesetz
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
BVerfGG
Bundesverfassungsgerichtsgesetz
BVerwG
Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
BW
Baden-Württemberg
bzw.
beziehungsweise
d. h.
das heißt
DDR
Deutsche Demokratische Republik
dens.
denselben
ders.
derselbe
DÖV
Die Öffentliche Verwaltung
21
DVB1.
Deutsches Verwaltungsblatt
ECE
United Nations Economic Commission for Europe (Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa)
EG
Europäische Gemeinschaft
EGV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
EU
Europäische Union
EuGH
Europäischer Gerichtshof
EuR
Europarecht
EuZW
Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
f.
folgende Seite / folgender Paragraf
ff.
folgende Seiten / folgende Paragrafen
FGO
Finanzgerichtsordnung
Fn.
Fußnote
FStrG
Bundesfernstraßengesetz
GBl.
Gesetzblatt
GemO
Gemeindeordnung
GG
Grundgesetz
ggf.
gegebenenfalls
GmbHG
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
22
Abkürzungsverzeichnis
GO
Gemeindeordnung
grds.
grundsätzlich
h. M.
herrschende Meinung
HENatSchG
Hessisches Naturschutzgesetz
HGO
Hessische Gemeindeordnung
HLPG
Hessisches Landesplanungsgesetz
Hs.
Halbsatz
i. d. R.
in der Regel
i. d. S.
in diesem Sinne
i. e. S.
im engeren Sinne
i. E.
im Ergebnis
Inv.-WoBaulG
Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz
i. S. d.
im Sinne der/des/dessen
i.V. m.
in Verbindung mit
IVU-Richtlinie
Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
i. w. S.
im weiteren Sinne
JA
Juristische Arbeitsblätter
JuS
Juristische Schulung
JZ
Juristenzeitung
KSVG
Kommunalselbstverwaltungsgesetz
KV M-V
Kommunalverwaltung für das Land Mecklenburg-Vorpommern
LBauO
Landesbauordnung
LBO
Landesbauordnung
LG
Landschaftsgesetz
LKV
Landes- und Kommunalverwaltung
LNatSchG M-V
Gesetz zum Schutz der Natur und der Landschaft im Lande Mecklenburg-Vorpommern
LPflG
Landespflegegesetz
LP1G
Landesplanungsgesetz
LSA
Land Sachsen-Anhalt
LuftVG
Luftverkehrsgesetz
m. a. W.
mit anderen Worten
m. w. N.
mit weiteren Nachweisen
NatSchG
Naturschutzgesetz
NatSchGBln
Berliner Naturschutzgesetz
NBauO
Niedersächsische Bauordnung
n. F.
neue Fassung
Abkürzungsverzeichnis
23
NGO
Niedersächsische Gemeindeordnung
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
NROG
Niedersächsisches Gesetz über Raumordnung und Landesplanung
NRW
Nordrhein-Westfalen
NuR
Natur und Recht
NVwZ
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
NW
Nordrhein-Westfalen
o. a.
oben angegeben(e)
o. g.
oben genannt(en)
OLG
Oberlandesgericht
OVG
Oberverwaltungsgericht
PBefG
Personenbeförderungsgesetz
RegBkPIG
Gesetz zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung
Rh.-Pf.
Rheinland-Pfalz
Rn.
Randnummer
ROG
Raumordnungsgesetz
S.
Satz/Seite
SächsBO
Sächsische Bauordnung
SächsGemO
Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen
SächsLPIG
Sächsisches Landesplanungsgesetz
SächsNatSchG
Sächsisches Naturschutzgesetz
SGG
Sozialgerichtsgesetz
SH
Schleswig-Holstein
Slg.
Sammlung
SLPG
Saarländisches Landesplanungsgesetz
SNG
Saarländisches Naturschutzgesetz
sog.
sogenannt
StPO
Strafprozessordnung
StVöllzG
Strafvollzugsgesetz
ThLPIG
Thüringer Landesplanungsgesetz
ThürBO
Thüringer Bauordnung
ThürKO
Thüringer Kommunalordnung
ThürNatG
Thüringer Naturschutzgesetz
u. a.
unter anderem
u. U.
unter Umständen
UP
Umweltprüfung
UPR
Umwelt- und Planungsrecht
24
Abkürzungsverzeichnis
UVP
Umweltverträglichkeitsprüfung
UVPG
Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung
Var.
Variante
VB1BW
Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg
VerwArch
Verwaltungsarchiv
VGH
Verwaltungsgerichtshof
vgl.
vergleiche
Vorb.
Vorbemerkungen
VRS
Verkehrsrechtssammlung
VVDStRL
Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer
VwGO
Verwaltungsgerichtsordnung
VwVfG
Verwaltungsverfahrensgesetz
VwRR
Verwaltungsrechtsreport
WaStrG
Wasserstraßengesetz
WHG
Wasserhaushaltsgesetz
WiVerw
Wirtschaftsverwaltung
WoB auErlG
Wohnungsbau-Erleichterungsgesetz
z. B.
zum Beispiel
ZfBR
Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht
ZPO
Zivilprozessordnung
ZUR
Zeitschrift für Umweltrecht
Erstes Kapitel
Einleitung A. Die Problematik der Fehleranfälligkeit von Bebauungsplänen Unterschiedliche Rechtstatsachenuntersuchungen der Vergangenheit haben die Erkenntnis erbracht, dass die Fehleranfälligkeit von Bebauungsplänen in Normenkontrollverfahren hoch war. Auch wenn im einzelnen die Erfolgsquoten der Verfahren in den Untersuchungen variierten, 1 lässt sich doch zusammenfassend festhalten, dass zwischen 1975 und 1995 etwa ein Drittel aller Anträge zu dem vom Antragsteller gewünschten Erfolg führte. War erst einmal die Hürde der Zulässigkeit überschritten, lag die Wahrscheinlichkeit der Begründetheit eines Antrags sogar noch höher. Normenkontrollverfahren hatten insgesamt wesentlich häufiger Aussicht auf Erfolg als sonstige Klagen in Bausachen.2 Für eine Gemeinde ist die Feststellung der Nichtigkeit eines Bebauungsplans nach § 47 Abs. 5 S. 2 1. Hs. VwGO nun besonders schwerwiegend. Erstens kann sie ihre städtebaulichen Vorstellungen nicht mehr in dem Maße durchsetzen, wie es bei einem wirksamen Bebauungsplan der Fall gewesen wäre. Die Zulässigkeit von einzelnen Vorhaben richtet sich im Plangebiet ab sofort nach den Vorstellungen des Bundesgesetzgebers, die in den §§ 34 f. BauGB zum Ausdruck kommen, sofern kein älterer Plan wieder auflebt. Auch das Einvernehmenserfordernis nach § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB ändert hieran nichts, da eine Versagung nur aus den sich aus §§ 31, 33 bis 35 BauGB ergebenden Gründen erfolgen kann. Zweitens hat eine Gemeinde u. U. erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen eingesetzt, um einen Bebauungsplan zu erlassen. Dies ergibt sich vor allem aus dem oft extrem langen Zeitraum, den eine solche Planung in Anspruch 1 Vgl. Schäfer / Schmidt-Eichstaedt, DVB1. 1984, S. 594 f.: Aufhebung in 65,5% der Fälle (eigene Berechnung); Scharmer/Wollmann/Argast, Rechtstatsachenuntersuchung zur Baugenehmigungspraxis, S. 57, 224: Aufhebung in 30,4% der Fälle, für das OVG Lüneburg jedenfalls teilweise Stattgabe in 62,3% der Fälle; Scharmer, Bebauungspläne in der Normenkontrolle, S. 38 f.: mindestens teilweise Stattgabe in 47,1% der Fälle; Woge , Bebauungspläne vor Gericht, S. 1: etwa ein Drittel der Fälle. OVG Münster, NVwZ 1996, S. 567: ca. 27% der Fälle. Schätzungen, wie die von Pagenkopf BauR 1979, S. 1, oder Redeker, NVwZ 1994, S. 126 (127), sollen hier außer Betracht bleiben. 2 Vgl. Scharmer, Bebauungspläne in der Normenkontrolle, S. 38 f.
26
1. Kap.: Einleitung
nimmt. 3 Kommt es zu einer Nichtigerklärung, war dieser Einsatz vergeblich, sofern sich die Planmängel nicht auf einfachem Wege beseitigen lassen können. Mittel sind gebunden worden, die an anderer Stelle bei der kommunalen Tätigkeit effektiver hätten eingesetzt werden können. Mittelbar entgehen der Gemeinde möglicherweise Einnahmen aus Steuern, die mit den nicht mehr zu realisierenden Vorhaben verbunden waren. 4 In Aussicht gestellte Arbeitsplätze - unmittelbar durch die Bautätigkeit bedingt oder mittelbar mit den Vorhaben verbunden - werden ggf. nicht geschaffen. Möglicherweise sind sogar zusätzliche Sozialleistungen zu erbringen. Drittens ist für die Zukunft das Entstehen einer „Planungsmüdigkeit" nicht auszuschließen.5 Zur Frustrations- und Kostenminimierung mag eine Gemeinde möglicherweise auf verbindliche Bauleitplanungen verzichten und ihre städtebauliche Entwicklung unter das legislative Diktat der Innen- und Außenbereichsvoraussetzungen stellen. Ein solches Vorgehen ist dabei nur unter Beachtung des § 1 Abs. 3 BauGB zulässig. Andererseits können die Folgen auch bewirken, dass die Gemeinden versuchen, noch sorgfältiger zu planen, indem sie noch mehr Zeit, Personal und Geld investieren. Des weiteren könnten sie sich des Instruments der „Briefmarkenplanungen" bedienen, bei denen die Abgrenzungen der Bebauungspläne immer enger gezogen werden, um das Entstehen von Konflikten zu verhindern; Normenkontrollverfahren könnten schließlich umgangen werden, indem Bebauungsplanverfahren nur noch so weit vorangetrieben werden, dass Einzelvorhaben nach § 33 BauGB genehmigungsfähig sind.6 Es liegt auf der Hand, dass derartige Entwicklungen nicht zur Verwirklichung der Planungshoheit der Gemeinden beitragen. Für die jüngste Vergangenheit fehlt es - soweit ersichtlich - an neuen Rechtstatsachenuntersuchungen zur Fehleranfälligkeit von Plänen des Städtebaurechts. Die Problematik scheint etwas mehr in den Hintergrund gerückt zu sein. Dies könnte damit zusammenhängen, dass entsprechende Pläne nicht mehr so häufig wie früher von den Gerichten für nichtig erklärt werden. Tatsächlich scheint seit längerem eine gegenläufige Entwicklung eingesetzt zu haben. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang folgende Aussage des Bundesverwaltungsgerichts: 3
Rechtstatsachenuntersuchungen haben hierbei unterschiedliche Ergebnisse erbracht. Die durchschnittliche Planungsdauer reicht von 23 Monaten, Scharmer /Wollmann /Argast, Rechtstatsachenuntersuchung zur Baugenehmigungspraxis, S. 23, 145, über mehr als zwei Jahre, vgl. Woge, Bebauungspläne vor Gericht, S. 24, bis zu 36 — 42 Monaten, Schäfer/ Schmidt-Eichstaedt, DVB1. 1984, S. 588 (589). 4 Hierzu zählen vor allem die Grund- und Gewerbesteuern nach Art. 106 Abs. 6 S. 1 GG. Vgl. zu den sonstigen Steuereinnahmen der Gemeinden Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3, Rn. 48 ff. 5 Vgl. hierzu aber Scharmer, Bebauungspläne in der Normenkontrolle, S. 147 f. m. w. N.; Woge, Bebauungspläne vor Gericht, S. 24 f. 6 Woge, Bebauungspläne vor Gericht, S. 25. Dabei ist die Statthaftigkeit eines Normenkontrollantrags allerdings umstritten, vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 47, Rn. 22 m. w. N. zu beiden Auffassungen.
B. Gang der Untersuchung
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„Das Berufungsgericht folgt mit dem angefochtenen Urteil der Tendenz, zumindest nach einem gewissen Zeitablauf Bebauungspläne nicht ohne Not an Erfordernissen des verfahrensfehlerfreien Zustandekommens scheitern zu lassen. Diese Tendenz verdient nach Überzeugung des erkennenden Senats Beifall. [ . . . ] Erst recht ginge es fehl, wenn die Verwaltungsgerichte ihre [ . . . ] Sachaufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 S. 1 VwGO zum Anlaß nähmen, von sich aus und gleichsam ungefragt in eine Suche nach Fehlern in der Vorentstehungsgeschichte und Entstehungsgeschichte eines Bebauungsplans einzutreten." 7
Dieser Appell blieb in der Rechtsprechung nicht ungehört. In vielen Bereichen hat sie in der Folgezeit versucht, ihre früher sehr strengen Anforderungen zugunsten einer „Bestandskräftigkeit" von Bebauungsplänen zu korrigieren. Auch der Gesetzgeber ist der Entwicklung entgegengetreten und hat mit den §§ 155 äff. BBauG bzw. später den §§ 214 ff. BauGB ein differenziertes Fehlerfolgensystem für den Flächennutzungsplan und die Satzungen des Baugesetzbuches entwickelt. Höhepunkt der Entwicklung dürfte Mitte der 90er Jahre die Forderung nach einem „Grundsatz der Planerhaltung" seitens der Literatur gewesen sein, mit dessen Hilfe die Rechtsmittelanfälligkeit von Akten des Raumplanungsrechts noch weiter reduziert werden soll. Mit diesem speziellen Ansatz will sich die folgende Untersuchung auseinandersetzen.
B. Gang der Untersuchung Die vorliegende Arbeit verfolgt zwei Ziele. Erstens soll untersucht werden, ob die Rechtsordnung einen Planerhaltungsgrundsatz kennt. Ziel eines solchen Grundsatzes soll es sein, die Rechtsmittelanfälligkeit fehlerhafter Pläne zu reduzieren, planerische Vorstellungen in ihrer Wirksamkeit zu stabilisieren. Dabei stellt sich die Frage, ob sich die Geltung eines solchen Grundsatzes auf die gesamte Rechtsordnung oder nur einzelne Teilgebiete erstreckt. Eine ausdrückliche Normierung ist bisher jedenfalls nicht erfolgt, lediglich vereinzelt taucht der Begriff Planerhaltung bisher im öffentlichen Recht auf. Letztlich wäre mit ihm für den normativen Bereich ein Abweichen von der üblichen, verfassungsrechtlich abgeleiteten Fehlerfolge der Nichtigkeit verbunden. Notwendige Voraussetzung ist, dass das Grundgesetz Raum für entsprechend flexible Regelungen lässt. Des weiteren bedarf es der Klärung, welche Bedeutung einem Grundsatz der Planerhaltung überhaupt zukommen soll, in welcher Weise mit seiner Hilfe die Rechtsmittelanfälligkeit von Rechtsakten positiv beeinflusst werden kann, insbesondere ob aus ihm Einzelfallentscheidungen abgeleitet werden können. In der Theorie kann Fehlern auf unter7 BVerwG, Urteil vom 7. September 1979, DVB1. 1980, S. 230 ff. Im Anschluss daran ist nach dem VGH Mannheim, Urteil vom 25. Februar 1993, NVwZ 1994, S. 700, besondere Zurückhaltung insbesondere geboten, wenn in der bisherigen Rechtsprechung jahrzehntelang von der Gültigkeit einer entsprechenden Planung ausgegangen worden ist. Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993, NVwZ 1994, S. 281; vgl. Beschluss vom 1. April 1997, NVwZ 1997, S. 890 (892).
28
1. Kap.: Einleitung
schiedliche Art und Weise begegnet werden. Sie können geheilt werden, Sanktionen können an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft oder selbst begrenzt werden. Inwieweit ein Planerhaltungsgrundsatz sich in dieses System einfügen würde, bedarf einer Untersuchung. Im Anschluss daran soll die dogmatische Begründung des Grundsatzes in der Literatur nachvollzogen und speziell für den Bereich des Bauplanungsrechts fortentwickelt werden. Trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung in den §§ 214 ff. BauGB hat der Gesetzgeber ihn möglicherweise bereits normativ festgelegt. Sollte dies nicht der Fall sein, stellt sich die Frage, inwieweit die Rechtsprechung eine solche Entwicklung im Rahmen zulässiger Rechtsfortbildung herbeiführen kann. Als Ergebnis des 2. Kapitels wird sich zeigen, welcher Aussagegehalt einem Grundsatz der Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht zukommt. Das zweite Ziel der Arbeit besteht darin, herauszufinden, welche Einzelinstrumente im Städtebaurecht bestehen, mit denen die Pläne „bestandskräftig" gemacht werden können. Solche Einzelinstrumente könnten als Ausprägungen oder Konkretisierungen eines Grundsatzes der Planerhaltung verstanden werden. Die Untersuchung wird im 3. Kapitel der Arbeit folglich auf eine untergeordnete Ebene verlagert. Dabei soll in zwei Abschnitten zwischen Gesetz und Rechtsfortbildung differenziert werden. Im ersten Abschnitt werden zunächst die Entstehungsgeschichte und die Fehlerfolgenregelungen der §§ 214 ff. BauGB kurz dargestellt. Daran wird sich eine Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit dem höherrangigen Recht anschließen. Den Kern der Arbeit bildet im zweiten Abschnitt die Frage, inwieweit die Rechtsprechung dazu beiträgt, die Fehleranfälligkeit der städtebaulichen Pläne zu reduzieren. Vorbehaltlich bestehender methodischer Grenzen kann dies durch Auslegung, gesetzesimmanente und gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung erfolgen. An einzelnen Aspekten soll geprüft werden, welche Möglichkeiten im Bereich des Bauplanungsrechts in Betracht kommen oder in Betracht kommen können. Das vierte Kapitel der Arbeit wird einen Blick in die Zukunft werfen. Im Rahmen der Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie8 in nationales Recht hat eine Expertenkommission im August 2002 auch umfangreiche Vorschläge zur Reformierung der §§ 214 ff. BauGB gemacht. Diese sollen kurz dargestellt und Stellung zu ihnen genommen werden.
8
Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl. EG Nr. L 197, S. 30 ff.
Zweites Kapitel
Der Grundsatz der Planerhaltung A. Anwendungsbereich und Relevanz des Grundsatzes der Planerhaltung I. Entwicklung des Begriffs der Planerhaltung Der Begriff Planerhaltung ist verhältnismäßig jung. Erstmals wurde er 1994 in einem Aufsatz von Sendler verwendet,1 der sich mit den Neuerungen des Planungsvereinfachungsgesetzes 2 im Bereich des Fachplanungsrechts auseinander setzte, das u. a. die Einführung von Vorschriften vorsah, die § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB nachgebildet waren.3 Ihre ratio liege darin, „zu retten , was irgend zu retten ist" 4, und lasse den Schluss zu, dass den zahlreichen Grundsätzen und Prinzipien, die das Planungsrecht durchzögen, ein weiterer hinzuzufügen sei, nämlich der Grundsatz, einen Plan möglichst aufrechtzuerhalten. Dieser wurde als Grundsatz der Planerhaltung betitelt.5 Die Gerichte sollten sich diesem Grundsatz entsprechend verhalten, wobei sie nicht nur das ihnen zur Verfügung stehende gesetzliche Instrumentarium nutzen, sondern auch nach eigenen Wegen suchen sollten.6 Eine Konkretisierung sollte folglich auch durch richterliche Rechtsfortbildung zulässig sein. Zur Verwirklichung des Grundsatzes im Fachplanungsrecht sei etwa auf die Gesamtkonzeption einer Planung abzustellen. Im Einzelfall könnten sich dann Abwägungsmängel im Hinblick auf die Gesamtkonzeption als so untergeordnet 1 Sendler, UPR-Spezial Band 7, S. 9 (28 ff.). Planungsvereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1993, BGBl. I, S. 2123. 3 Im einzelnen die inhaltsgleichen § 17 Abs. 6 c FStrG, § 19 Abs. 4 WaStrG, § 10 Abs. 8 LuftVG, § 29 Abs. 8 PBefG, § 36 d Abs. 6 BBahnG (mittlerweile § 20 Abs. 7 AEG). Zusätzlich zu der Regelung des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB werden der Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung bei Abwägungsfehlern oder der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften aber nur dann aufgehoben, wenn sie nicht durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden können. In der Begründung des Bundestages wurde ausdrücklich auf die Rechtsgedanken in den §§ 214, 215 BauGB Bezug genommen, Bundestags-Drucksache 12/4328, S. 20. 4 Sendler, UPR-Spezial Band 7, S. 9 (24). 5 Sendler, UPR-Spezial Band 7, S. 9 (28). 6 Sendler, UPR-Spezial Band 7, S. 9 (32). 2
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er Grundsatz der Planerhaltung
erweisen, dass ihnen keine Beachtlichkeit mehr zukomme; hierbei werde der Richter auch auf eine ergänzende Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses zurückgreifen können und müssen.7 Ferner könne im Rahmen der Abwägung der Zeitfaktor Berücksichtigung finden, so dass eine Alternativenprüfung im Ergebnis entbehrlich sei, wenn eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass die Alternative, für deren Planung viel Zeit in Anspruch zu nehmen wäre, keine eindeutigen Vorzüge gegenüber der Ausgangsplanung biete.8 Da zur Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung auf die dem § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB nachgebildeten planfeststellungsrechtlichen Vorschriften zurückgegriffen wurde, überraschte es kaum, dass bald auch im Bauplanungsrecht von ihm gesprochen wurde. 9
II. Materien des Raumplanungsrechts Zweck eines Grundsatzes der Planerhaltung soll es sein, einen fehlerhaften Plan nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten. Es soll m. a. W. die „Bestandskraft" von Plänen - dem regelmäßigen Produkt von Planungen10 - erhöht werden. Sein Anwendungsbereich wäre nun sehr weitläufig, weil inhaltlich verschiedenste Rechtsakte dem Planungsrecht zugerechnet werden, etwa Bebauungspläne, Krankenhausbedarfspläne nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz oder Vollzugspläne als Grundlage für die Behandlung von Strafgefangenen nach § 7 StVollzG. Wenn aber die Vielfalt der Pläne, die sich nach Plangeber, Adressaten, Inhalt, Bezugsfeld, Zeitdauer, Wirkung und rechtlicher Bindung unterscheiden, die Annahme eines einheitlichen und umfassenden Rechtsbegriffs „Plan" ausschließen,11 liegt es nahe, dass es auch keinen einheitlichen Rechtsgrundsatz der Planerhaltung geben kann. Hieran ändert sich selbst dann nichts, wenn angenommen wird, dass der Bezugspunkt eines etwaigen Grundsatzes lediglich die besonders fehleranfälligen Planungen des Raumplanungsrechts12 sein sollen.13 Hierunter versteht man das auf den 7 Sendler, UPR-Spezial Band 7, S. 9 (33 f.). 8 Sendler, UPR-Spezial Band 7, S. 9 (36 ff.). 9 Erstmals ausdrücklich Hoppe, DVB1. 1994, S. 1033 (1041). 10 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16, Rn. 14; vgl. Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 5; vgl. Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungsrecht, K, § 3, Rn. 262; Brohm, Öffentliches Baurecht, § 3, Rn. 2; Hoppe, Handbuch des Staatsrechts, § 71, Rn. 3 m. w. N. Letzterer will beide Begriffe jedoch synonym verwenden. Zur Begründung wird angeführt, dass Pläne nicht statisch und endgültig seien, vielmehr ständiges Aktionsmodell für Probleme und deren Lösungen blieben. 11 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16, Rn. 13; vgl. Käß, Planerhaltung, S. 50 ff. 12 Raumplanung wird allgemein als Oberbegriff für die bodenbezogene Planung verstanden; vgl. Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 1; Battis, Öffentliches Baurecht, I U I ; Brohm, Öffentliches Baurecht, § 36, Rn. 8; Ernst/Hoppe, Bau- und Bodenrecht, Rn. 4. 13 A. A. Käß, Planerhaltung, S. 56.
A. Anwendungsbereich des Grundsatzes der Planerhaltung
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Raum bezogene Recht der Planung durch staatliche Institutionen und damit die Summe der Normen, die die hoheitliche, förmlich-systematische Nutzung des Raums festlegen. 14 Denn auch diese Planungen weisen sehr große Unterschiede auf, insbesondere hinsichtlich ihrer Rechtsnatur und dadurch bedingt ihrer Fehlerfolgen. So gehören zur untergeordneten Kategorie der Gesamtplanung, die ein bestimmtes Gebiet mit überfachlichen und umfassenden Regelungen überzieht, 15 folgende Teilbereiche: 1 6 -
Raumordnungspläne -
Bundesraumordnung 17
-
Landesplanung 18
-
Regionalplanung 1 9
- Fachliche Programme und Pläne 2 0 ; 14 Hendler, JuS 1979, S. 618. 15 Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 9. 16
Graphische Übersichten bei Brohm, Öffentliches Baurecht, Anhang nach § 2, Rn. 25; Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 10; Koch/Hendler, Baurecht, § 1, Rn. 30. 17 Hierzu gehört das Bundesraumordnungsprogramm, das durch den raumordnungspolitischen Orientierungsrahmen und den raumpolitischen Handlungsrahmen fortgeschrieben wurde. Es handelt sich um vertragsähnliche Vereinbarungen zwischen Bundesregierung bzw. dem Bund und den Landesregierungen bzw. den Ländern ohne Rechtsnormcharakter, Brohm, Öffentliches Baurecht, § 36, Rn. 12; Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 12; Hendler, JuS 1979, S. 618 (620); Koch/ders., Baurecht, § 4, Rn. 3. 18 Mangels Vorgaben aus dem Raumordnungsgesetz des Bundes werden die Raumordnungspläne für das Landesgebiet in den unterschiedlichsten Rechtsformen erlassen, vgl. Runkel, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 1, Rn. 61; als Gesetz in Nordrhein-Westfalen (§ 12 S. 1 LP1G) und Sachsen-Anhalt (§ 5 Abs. 4 LP1G); als Rechtsverordnung beschlossen in Rheinland-Pfalz (§ 11 Abs. 1 S. 7 LP1G), Baden-Württemberg (§ 6 Abs. 1 Landesplanungsgesetz), Bayern (Art. 14 Abs. 3 BayLPIG), Berlin und Brandenburg (Art. 8 Abs. 6 S. 1 Landesplanungsvertrag), Sachsen (§ 4 Abs. 1 SächsLPLG) und Thüringen ( § 1 1 Abs. 2 ThLPIG) bzw. festgestellt in Hessen (§ 5 Abs. 4 HLPG) und Mecklenburg-Vorpommern (§ 7 Abs. 3 S. 1 LP1G); als Kombination von Gesetz und Rechtsverordnung in Niedersachsen (§ 5 Abs. 4, 5 NROG); als hoheitliche Maßnahme eigener Art in Schleswig-Holstein (vgl. §§ 5, 7 Landesplanungsgesetz) und im Saarland (§ 7 Abs. 1 SLPG). In den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg kann ein Flächennutzungsplan die Aufgabe der Landesplanung gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 ROG übernehmen. 19
Mangels bundesgesetzlicher Vorgabe bestehen ähnliche Unterschiede wie beim Raumordnungsplan für das Landesgebiet. Die Regionalpläne ergehen überwiegend als Rechtsakt sui generis, so in Bayern (Art. 18 Abs. 1, 2 BayLplG), Hessen (§ 7, § 8 Abs. 1 S. 3, Abs. 6 HLPG), Nordrhein-Westfalen (§ 15 Abs. 3 S. 1, § 16 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 LP1G), Rheinland-Pfalz (§ 13 Abs. 2 LP1G), Sachsen-Anhalt (§ 7 Abs. 6, 7 LP1G), Schleswig-Holstein (§ 7 Abs. 2, 3 Landesplanungsgesetz) und Thüringen (§ 13 Abs. 6, 9 ThLPIG); teilweise ergehen sie als Satzung, so in Baden-Württemberg (§ 9 Abs. 6 Landesplanungsgesetz), Berlin und Brandenburg (vgl. Art. 11 Landesplanungsvertrag; § 2 Abs. 8 S. 1 RegBkPIG), Niedersachsen (§ 8 Abs. 4 S. 1 1. Hs. NROG) und Sachsen (§ 7 Abs. 7 SächsLPIG). In Mecklenburg-Vorpommern werden sie von den regionalen Planungsverbänden beschlossen und von der Landesregierung durch Rechtsverordnung für verbindlich erklärt (§§9 Abs. 4, 5 LP1G). In Berlin, Bremen, Hamburg und dem Saarland (vgl. §§ 5 ff. SLPG) gibt es keine Regionalpläne.
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er Grundsatz der Planerhaltung
- Bauleitplanung - Flächennutzungsplan21 - Bebauungsplan22. Der nach h. M . 2 3 ebenfalls der Raumplanung zuzurechnenden Kategorie der Fachplanung, die sich durch die Beschränkung auf ein bestimmtes Vorhaben auszeichnet,24 können folgende Pläne zugerechnet werden: 25 - förmliche rechtsverbindliche Fachplanungen26 - Planfeststellungen 27 - Schutzbereichsaus Weisungen28; 20 Die Möglichkeit zur Aufstellung fachlicher Pläne wird durch § 7 Abs. 1 S. 2 ROG eröffnet. Systematisch sind diese Pläne zwischen die Gesamt- und Fachplanungen einzuordnen: Zwar werden sie wie eine Gesamtplanung aufgestellt und die in ihnen getroffenen Festsetzungen wirken wie Ziele der Raumordnung. Der Sache nach aber handelt es sich um eine Fachplanung, wenn eine einzelne Sachfrage, die das gesamte Landesgebiet oder jedenfalls einen größeren Teil desselben betrifft, geregelt wird, Brohm, Öffentliches Baurecht, § 37, Rn. 11; vgl. Battis, Öffentliches Baurecht, 2 I V 1. In den meisten Ländern werden die fachlichen Planungen in die Pläne für das gesamte Landesgebiet integriert (z. B. in Hessen, § 4 Abs. 4 S. 2 1. Hs. HLPG, oder Rheinland-Pfalz, vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 LP1G) oder selbst in Form von Landesentwicklungsplänen oder-programmen erlassen (Nordrhein-Westfalen, § 13 Abs. 3 S. 2 LP1G, und im Saarland, § 6 Abs. 2 SLPG). Eigenständige Bedeutung haben sie lediglich in vier Ländern, in denen sie entweder als Rechtsverordnung (Baden-Württemberg, § 6 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Landesplanungsgesetz, und Sachsen, § 11 Abs. 2 S. 3 SächsLPIG) oder als Rechtsvorschrift (Bayern, vgl. Art. 15 BayLPIG, und Thüringen, vgl. § 9 Abs. 2 ThLPIG) ergehen. 21
Es handelt sich um einen Rechtsakt sui generis, Lohr, in Battis/Krautzberger/Lohr, BauGB, § 5, Rn. 45; Brohm, Öffentliches Baurecht, § 6, Rn. 12; Grauvogel, in Brügelmann, BauGB, § 5, Rn. 158. 22 Der Bebauungsplan ergeht nach § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung. 2 3 Vgl. Brohm, Öffentliches Baurecht, § 2, Rn. 23, § 36, Rn. 8; Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 1; Battis, Öffentliches Baurecht, 1 I I 1; a.A. Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungsrecht, K, § 1, Rn. 48; Wahl, Planungssystem der Landesplanung, S. 18,274 ff. 24
Battis, Öffentliches Baurecht, I U I ; Ernst/Hoppe, Bau- und Bodenrecht, Rn. 11. Graphische Übersichten bei Brohm, Öffentliches Baurecht, Anhang nach § 2, Rn. 25; Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 10; Koch/Hendler, Baurecht, § 1, Rn. 30. 26 Die in einem förmlichen Verfahren erlassenen Fachplanungen zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Aussagen nicht nur von Behörden, sondern auch von den Bürgern beachtet werden müssen, Brohm, JuS 1986, S. 776 (778 f.). 27 Planfeststellungen sind etwa in den §§ 17 ff. FStrG, §§ 18 ff. AEG, §§ 28 ff., 41 PBefG, §§ 8 ff. LuftVG, § 31 Abs. 2 WHG, §§ 14 ff. WaStrG, § 31 Abs. 2 KrW-/AbfG oder subsidiär in den §§ 72 ff. (L)VwVfG vorgesehen. Den Abschluss eines Planfeststellungsverfahrens bilden entweder ein Planfeststellungsbeschluss oder ausnahmsweise eine Plangenehmigung, bei dem es sich nach allgemeiner Auffassung um einen Verwaltungsakt in Gestalt einer Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 (L)VwVfG handelt. Umstritten ist lediglich, ob es sich um eine personale (Ule/Laubinger, VwVfG, § 41, Rn. 41) oder dingliche (Allesch/Häußler, in Obermayer, VwVfG, § 74, Rn. 62; Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 19 f.) Allgemeinverfügung oder um eine solche mit Doppelcharakter (Marschall/Schroeter/Kastner, FStrG, § 17, Rn. 4 m. w. N.) handelt. 25
A. Anwendungsbereich des Grundsatzes der Planerhaltung
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- förmliche abwägungsrelevante Fachplanungen29 - nichtförmliche und beschlossene abwägungsrelevante Fachplanungen30 - nichtförmliche unverbindliche Fachplanungen31. 28 Hier werden bestimmte Gebiete, die aufgrund besonderer Umstände des Schutzes bedürfen, einer besonderen Regelung unterworfen. Als Beispiele seien hier folgende Bereiche genannt. Ausweisungen naturschutzrechtlicher Art sind Natur- und Landschaftsschutzgebiete, National- und Naturparke, Biosphärenreservate, Naturdenkmale und geschützte Landschaftsbestandteile. In der Regel ergehen sie durch Rechtsverordnung (§§ 21 ff. NatSchG (BadenWürttemberg); Art. 7 ff. BayNatSchG (Bayern); §§ 18 Abs. 1 NatSchGBln (Berlin); § 19 Abs. 1 BbgNatSchG (Brandenburg); § 18 Abs. 1 BremNatSchG (Bremen); § 21 Abs. 2 LNatSchG M-V (Mecklenburg-Vorpommern); § 16 HENatG (Hessen); §§ 24 ff. Niedersächsisches Naturschutzgesetz; § 43 S. 1 LG (NW) (Nordrhein-Westfalen) für Nationalparks; §§ 18 ff. LPflG (Rh.-Pf.) (Rheinland-Pfalz); §§ 16 ff. SNG (Saarland); §§ 16 ff. SächsNatSchG (Sachsen); §§ 17 ff. NatSchG LSA (Sachsen-Anhalt); § 16 Abs. 1 LNatSchG (SH) (Schleswig-Holstein); §§ 12 ff. ThürNatG (Thüringen)); ausnahmsweise durch formelles Gesetz (§ 19 Abs. 1 BbgNatSchG und § 12a Abs. 1 ThürNatG jeweils für die Ausweisung eines Nationalparks; § 21 Abs. 1 LNatG M-V für die Ausweisung von Nationalparks und Biosphärenreservaten; § 16 Abs. 7 LNatSchG (SH), § 19 BbgNatSchG jeweils für die Errichtung eines Nationalparks) oder durch Satzung (§ 28 Abs. 2 S. 5 Niedersächsisches Naturschutzgesetz; § 23 Abs. 3 S. 1 NatSchG LSA, jeweils für geschützte Landschaftsbestandteile, sofern sie von der Gemeinde und nicht von der Naturschutzbehörde erlassen werden; § 16 Abs. 2 S. 1 i. V. m. Abs. 4 Nr. 2 LG NW, da bestimmte Schutzbereichsausweisungen Bestandteil des als Satzung ergehenden Landschaftsplans werden). Ferner kommen Einzelanordnungen in Betracht (§ 19 Abs. 1 BbgNatSchG für Naturparks und Biosphärenreservate; § 44 Abs. 1 LG (NW) und § 29a Abs. 3 S. 1 LNatSchG (SH) für Naturparks). Ausweisungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz: Eine Ausweisung von Schongebieten nach § 49 Abs. 1 BImSchG bzw. von Smoggebieten nach § 49 Abs. 2 BImSchG erfolgt durch Rechtsverordnung. Eine Ausweisung nach dem Schutzbereichsgesetz (Gesetz über die Beschränkung von Grundeigentum für die militärische Verteidigung vom 7. Dezember 1956, BGBl. I, S. 899, zuletzt geändert durch das Bundesnaturschutzgesetz vom 20. Dezember 1976, BGBl. I, S. 3574) erfolgt nach dem BVerwG, Urteil vom 7. September 1984, E 70, S. 77 ff., durch Allgemeinverfügung i. S. d. § 35 S. 2 2. Var. VwVfG. 29 Diese Gruppe zeichnet sich dadurch aus, dass die Planaussagen nicht strikt beachtet werden müssen; vielmehr hat eine Gemeinde sie etwa im Rahmen der Abwägung des § 1 Abs. 6 BauGB bei der Aufstellung der Bauleitpläne mit zu berücksichtigen, § la Abs. 2 Nr. 1 BauGB. Dabei ist die Aufzählung nicht abschließend. Als Beispiele für derartige Planungen kommen etwa in Betracht: Landschaftspläne nach § 6 BNatSchG können auf drei verschiedenen Wegen rechtliche Bedeutung erlangen, hierzu Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 30 f.; Hoppe/Beckmann/ Kauch, Umweltrecht, § 15, Rn. 58 ff. Entweder sie werden als eigenständige Rechtsverordnung oder Satzung erlassen (§ 10 Abs. 6 NatSchGBln; § 8 Abs. 3 S. 2 BremNatSchG; § 7 Abs. 1 HmbNatSchG; § 16 Abs. 2 S. 1 LG NW). Daneben gibt es die Modelle der Primär(Art. 3 Abs. 2 BayNatSchG; § 17 Abs. 1 LPflG Rh.-Pf.) und Sekundärintregation (§ 9 Abs. 1 S. 2 NatSchG BW; § 7 Abs. 2 S. 1 BbgNatSchG; § 3 Abs. 4 S. 1 1. Hs. HENatG; § 13 Abs. 4 S. 1 LNatSchG M-V; § 6 Abs. 1 Niedersächsisches Naturschutzgesetz; § 8 Abs. 6 SNG; § 7 Abs. 1 SächsNatSchG; § 7 Abs. 1 S. 1 NatSchG LSA; § 6 Abs. 4 S. 2 LNatSchG (SH); § 5 Abs. 1 ThürNatG). Zu den immissionsschutzrechtlichen Plänen zählen Luftreinhaltepläne nach § 47 BImSchG und Lärmminderungspläne nach § 47 a BImSchG. Die Rechtsnatur dieser Pläne ist formell 3 Steinwede
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er Grundsatz der Planerhaltung
Der Bereich der Raumplanung bedient sich damit der unterschiedlichsten Handlungsformen. Sie kann durch formelles Gesetz, Rechtsverordnung, Satzung, Verwaltungsakt, Verwaltungsvorschrift oder Rechtsakt sui generis erfolgen. Eine Aufzählung sämtlicher möglicher Fehlerquellen in diesem Bereich würde den Rahmen sprengen. Vielfältig sind auch die in Betracht zu ziehenden Fehlerfolgen; ohne näher auf die jeweiligen Planungen einzugehen, sind jedenfalls Rechtmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit denkbar, wobei jede einzelne Fehlerfolge zusätzlich zu verschiedenen Zeitpunkten eintreten könnte. Da es die verwaltungsrechtliche Handlungsform „Plan" nicht gibt, steht hinter dem Bestreben der Entwicklung eines Planerhaltungsgrundsatzes demnach letztlich das allgemeine Problem der Aufrechterhaltung fehlerhafter Rechtsakte. Die Gemeinsamkeit der Raumplanungsakte, dass Gebiete mit einer bestimmten Planung überzogen werden, rechtfertigt keinen besonderen Schutz gegenüber Planungsmängeln. Dazu sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Planungsformen einfach zu groß. Richtigerweise müsste nach der Existenz eines allgemeinen Grundsatzes der Rechtsakterhaltung gefragt werden. Auf diese abstrakte Frage eine erfolgversprechende Antwort zu erhalten, erscheint jedoch wenig aussichtsreich. Deshalb sollte auch nicht nach einem allgemeinen Grundsatz der Planerhaltung geforscht werden. Die Suche sollte deshalb besser an die Besonderheiten der jeweiligen Rechtsgebiete oder Planungsarten anknüpfen. Je kleiner der Ansatznicht festgelegt. Da sie lediglich bestimmte Behörden der öffentlichen Verwaltung binden, dürfte es sich um Verwaltungsvorschriften und nicht um Rechtsverordnungen handeln, siehe Jarass, BImSchG, § 47, Rn. 17. Zu den abwägungsrelevanten wasserrechtlichen Plänen gehören die wasserwirtschaftlichen Rahmenpläne nach § 36 WHG und die Bewirtschaftungspläne nach § 36 b WHG (Krautzberger, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 a, Rn. 15; ders., in Ernst /Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, § 1 a, Rn. 63 f.). Beide tragen den Charakter von Verwaltungsvorschriften, Kloepfer, Umweltrecht, § 13, Rn. 172, 175; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, §18, Rn. 160, 169. In Bayern können Bewirtschaftungspläne durch Rechtsverordnung für verbindlich erklärt werden, Art. 71 b Abs. 2 S. 2 BayWG. 30 Die Existenz derartiger Pläne lässt sich den §§ 1 Abs. 5 S. 2 Nr. 10, 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 140 Nr. 4 BauGB entnehmen, Brohm, Baurecht, § 7, Rn. 5. Ihre Abwägungsrelevanz ergibt sich aus § 1 Abs. 5 S. 2 Nr. 10 BauGB, vgl. Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 188. Voraussetzung ist allerdings, dass ein Beschluss über eine sonstige städtebauliche Planung gefasst wurde. Denkbar sind sowohl Entwicklungsplanungen, die sich auf den gemeindlichen Gesamtbereich beziehen, als auch auf einen Teilbereich oder Teilraum beschränkte Rahmenplanungen, Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 1, Rn. 174; Krautzberger, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 78. Beispiele sind etwa die Erstellung eines Einzelhandels- oder Fremdenverkehrskonzeptes, die Entwicklung des Stadtund Ortsbildes oder des Sportwesens. Da die Planung lediglich von der Gemeinde selbst beachtet werden muss, dürfte es sich um Verwaltungsvorschriften handeln. 31 Der Unterschied dieser Planungen zu den unter Fußnote 30 erörterten besteht lediglich darin, dass sie nicht von der Gemeinde beschlossen wurden und deshalb keine Abwägungsrelevanz erzeugen können. Ihnen kommt daher lediglich der Charakter einer verwaltungsinternen Vorbereitungsmaßnahme, eines Sachverständigengutachtens, Brohm, JuS 1986, S. 776 (778), oder eines Planervorschlags zu, vgl. Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 188.
A. Anwendungsbereich des Grundsatzes der Planerhaltung
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punkt ist, desto größer sind auch die Gemeinsamkeiten der jeweiligen Rechtsakte und um so wahrscheinlicher lassen sich besondere Fehlerfolgenregelungen entwickeln. Es erscheint deshalb sinnvoller, nach einem Grundsatz der Planerhaltung etwa i m Fachplanungsrecht oder i m Naturschutzrecht zu suchen und zu prüfen, ob die Ergebnisse in ggf. modifizierter Form auf andere Rechtsgebiete übertragen werden können. Diese Untersuchung beschränkt sich deshalb auf den Bereich des Bauplanungsrechts.
III. Rechtsakte des Bauplanungsrechts Es wurde bereits ausgeführt, dass zur Gesamtplanung das Recht der Bauleitplanung gerechnet wird. Bauleitpläne sind nach § 1 Abs. 2 BauGB der Flächennutzungsplan und der Bebauungsplan. Während letzterer nach § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung beschlossen w i r d , 3 2 kann ersterer nicht in die herkömmlichen Kategorien von Verwaltungsakt, Rechtsnorm 3 3 , Vertrag 3 4 oder Verwaltungsinternum 35 eingeordnet werden. Vielmehr wird er von der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur als hoheitliche Maßnahme eigener Art charakterisiert. 36 Daneben sieht das Baugesetzbuch noch weitere städtebauliche Satzungen vor. 3 7 Diese betreffen zwar nicht unmittelbar die Bauleitplanung, 3 8 sollen aber dennoch 32 Vgl. zum Streit über die Rechtsnatur und den materiellen Charakter von Bebauungsplänen Bielenberg / Krautzberger, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 10, Rn. 1 ff. 33 BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 1990, BayVBl. 1991, S. 24 f.; Bielenberg / Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 5, Rn. 7; Grauvogel, in Brügelmann, BauGB, § 5, Rn. 156 f.; Oldiges, in Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, Rn. 79. Verwaltungsakt und Rechtsnorm scheiden aus, da dem Flächennutzungsplan die für diese Rechtsformen erforderliche Außenwirkung fehlt. 34 So aber Hering, DVB1. 1961, S. 217 (228). 35 Ebenso Oldiges, in Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, Rn. 79; Grauvogel, in Brügelmann, BauGB, § 5, Rn. 158. Ein Vertrag scheidet aus, da der Flächennutzungsplan auch ohne oder gegen den Willen anderer Planungsträger beschlossen werden kann. Gegen den Charakter eines Verwaltungsinternums spricht, dass der Flächennutzungsplan in einem förmlichen Verfahren (§§ 3 f. BauGB) zustande kommt, der Genehmigung bedarf (§ 6 Abs. 1 BauGB), die Gemeinde bei der Aufstellung von Bebauungsplänen (§ 8 Abs. 2 BauGB) und andere öffentliche Planungsträger bindet (§ 7 BauGB). 36 Lohr, in Battis/Krautzberger/Lohr, BauGB, § 5, Rn. 45; Brohm, Öffentliches Baurecht, § 6, Rn. 12; Grauvogel, in Brügelmann, BauGB, § 5, Rn. 158. 37 Hierzu gehören Veränderungssperre (§16 Abs. 1 BauGB), Teilungsgenehmigungssatzung (§ 19 Abs. 1 BauGB), Sicherungssatzung (§ 22 Abs. 2 BauGB), Vorkaufsrecht (§ 25 BauGB), Entwicklungs- und Ergänzungssatzung (§ 34 Abs. 4 BauGB), Außenbereichssatzung (§ 35 Abs. 6 BauGB), Erschließungsbeitragssatzung (§ 132 BauGB), Ausgleichssatzung (§ 135 c BauGB), Satzung für Ersatz- und Ergänzungsgebiete (§ 142 Abs. 2 BauGB), Sanierungssatzung (§142 Abs. 3 BauGB), Aufhebungssatzung (§162 Abs. 2 BauGB), Entwicklungssatzung (§ 165 Abs. 6 BauGB) und Erhaltungssatzung (§ 172 Abs. 1 BauGB). 38 Vgl. die Übersichten bei Brohm, Öffentliches Baurecht, Anhang nach § 2, Rn. 25; Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 10; Koch/Hendler, Baurecht, § 1, Rn. 30.
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in die Überlegungen mit einbezogen werden, da sich der Anwendungsbereich der Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 ff. BauGB nicht auf Bauleitpläne beschränkt, sondern alle Satzungen des Baugesetzbuches erfasst.
IV. Fehlerfolgen von Rechtsvorschriften In der Rechtsordnung fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung, welche Folgen die Fehlerhaftigkeit einer abstrakt-generellen Regelung nach sich zieht. 39 Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um fehlerhafte formelle Gesetze, Rechtsverordnungen oder kommunale Satzungen40 handelt. Es verwundert wenig, dass sich hinsichtlich der Frage der Fehlerfolge zwei unterschiedliche Ansichten herausgebildet haben. Konkret stehen sich Nichtigkeits 41 - und Vernichtbarkeitslehre 42 gegenüber.
1. Nichtigkeitslehre Die Nichtigkeitslehre besagt, dass fehlerhafte Rechtsnormen grundsätzlich ipso iure nichtig sind, d. h., dass sie von selbst keinerlei Rechts Wirkungen entfalten. 43 Konsequenterweise soll Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen von abstrakten oder konkreten Normenkontrollen oder Verfassungsbeschwerden gegen Gesetze nur deklaratorische Bedeutung zukommen.44 Das Gericht stellt lediglich fest, dass die streitgegenständliche Norm etwa mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. Denselben Charakter tragen auch Normenkontrollentscheidungen nach § 47 VwGO 4 5 39
Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 344; Hoffmann, YL 1961, S. 193 (196); Götz, NJW 1960, S. 1177; Moench, Verfassungswidriges Gesetz, S. 114; Böckenförde, Sogenannte Nichtigkeit, S. 44; vgl. auch Otto, Fehlerbehebung, S. 32 f.; Mayer, Nachbesserungspflicht, S. 53; Rüde, Planreparatur, S. 41; a.A. nur Stern, in Bonner Kommentar, Art. 93, Rn. 271: „nach dem positiven Verfassungsrecht des GG [ . . . ] zwingend". 40 Die folgenden allgemeinen Überlegungen können grundsätzlich auch für den Bebauungsplan gelten, obwohl dessen materielle Einordnung als Satzung durchaus bezweifelt werden kann, vgl. oben Fn. 32. Seiner Nähe zu einer konkret-individuellen Regelung kann aber in Ausnahmefällen Rechnung getragen werden, vgl. hierzu 2. Kapitel A V 2 a. 41 Vgl. Ipsen, Rechtsfolgen, S. 72 ff.; Battis, Handbuch des Staatsrechts, § 165, Rn. 30; Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 344 f.; Stern, in Bonner Kommentar, Art. 93, Rn. 271 ff.; Ossenbühl, Handbuch des Staatsrechts, § 64, Rn. 73, § 66, Rn. 61; Renck, BayVBl. 1979, S. 225 (230). 42 Götz, NJW 1960, S. 1177 ff.; Hoffmann, JZ 1961, S. 193 (198); Böckenförde, Sogenannte Nichtigkeit, S. 62; Moench, Verfassungswidriges Gesetz, S. 145; wohl auch Maunz, in Maunz/Dürig, GG, Art. 93, Rn. 34. 43 Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805; Hoppe, DVB1. 1996, S. 12 (13); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (136). 44 Vgl. Ipsen, Rechtsfolgen, S. 151; Schiaich/Korioth, Rn. 345; Stern, in Bonner Kommentar, Art. 93, Rn. Tll.
Das Bundesverfassungsgericht,
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Auch wenn dieses Dogma kein Verfassungsgebot oder Verfassungsprinzip darstelle, so trage es doch „verfassungsschwere Gehalte" in sich und werde durch „fundamentale Verfassungsaussagen" abgestützt.46 Zu seiner Begründung wird zunächst auf eine „deutsche Verfassungstradition" verwiesen 4 7 Des weiteren gilt der Grundsatz der Höchstrangigkeit des Verfassungsrechts, der in den Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3, 79 Abs. 1 S. 1, Art. 82 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1 und Art. 123 Abs. 1 GG enthalten ist. 48 Widersprüche zwischen dem Grundgesetz und dem einfachen Recht seien zugunsten der Verfassung zu lösen, „lex superior derogat legi inferiori". Im einzelnen lassen sich dabei zwei Varianten dieser Auffassung unterscheiden: Während nach dem „Kollisionsmodell" Widersprüche innerhalb einer Rechtsordnung durch die Nichtigkeit der rangniederen Norm beseitigt würden, 49 versteht das „Rechtsgeltungsmodell" die Verfassungsnormen als Rechtsgeltungsbedingungen, die erfüllt sein müssten, damit ein Gesetz überhaupt zustande komme. 50 Bei Verwendung zivilrechtlicher Begriffe kann das Kollisionsmodell als rechtsvernichtende, das Rechtsgeltungsmodell als rechtshindernde Einwendung verstanden werden. 51 Weiterer Begründungsansatz ist das in Art. 28 Abs. 1 GG ausdrücklich erwähnte Rechtsstaatsprinzip.52 Im Falle eines Verstoßes gegen gesetzliche Bestimmungen dürften diese nicht funktionslos werden. Die Normativität des Rechts verlange auch in diesem Fall noch die Beachtung des Rechts. Damit solle ein bestimmter Erfolg zu garantieren versucht werden, nämlich der, dass normgerechte Zustände herrschen. Deshalb fordere das Rechtsstaatsgebot - genauer: die Unverbrüchlichkeit des Rechts als dessen Ausprägung - die Beseitigung rechtswidriger Normlagen. Die Unverbrüchlichkeit des Rechts begründe als mit Verfassungsrang ausgestattetes Prinzip der Fehlerfolge die Rechtmäßigkeitsrestitution. 53 Über dieses Erfordernis hinaus besage die Unverbrüchlichkeit des Rechts noch ein weiteres: Im Falle eines Rechtsfehlers dürften nicht die gleichen Rechts Wirkungen eintreten wie im Falle der Fehlerlosigkeit; Rechtsfehler müssten einen Unterschied in den Rechtsfolgen bewirken. Regelmäßige Konsequenz sei es deshalb, 45 Kopp/Schenke, VwGO, § 47, Rn. 120; Redeker/von Oertzen, VwGO, § 47, Rn. 45; J. Schmidt, in Eyermann, VwGO, § 47, Rn. 90; Schmidt/Lange, Festschrift Mühl, S. 595 f. 46 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (96); ders., DVB1. 1996, S. 12 (13); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (136). 47 Vgl. Battis, Handbuch des Staatsrechts, § 165, Rn. 30. 48 Stern, Staatsrecht III/2, § 90 I I 2, S. 1144; ders., in Bonner Kommentar, Art. 93, Rn. 271; Battis, Handbuch des Staatsrechts, § 165, Rn. 30. 49 Vgl. Arndt, DÖV 1959, S. 81 (82). 50 Brinckmann, DÖV 1970, S. 406 ff. 51 Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 141. 52 Morlok, Verfahrensfehler, S. 58 ff.; Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (96 f.); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (136 f.). 53 Morlok, Verfahrensfehler, S. 59.
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dass der ergangene staatliche Akt keinen Bestand haben könne, Normen also nichtig seien.54 Ferner wird mit der konkreten Normenkontrolle des Art. 100 Abs. 1 GG argumentiert. Die Vorschrift gehe davon aus, dass die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes seine Gültigkeit hindere oder beseitige,55 da eine Vorlagepflicht nur dann bestehe, wenn es auf die „Gültigkeit" des streitbefangenen Gesetzes ankomme. Folglich kenne das Grundgesetz nicht nur gültige, sondern auch ungültige Rechtsvorschriften. 56 Wäre ein verfassungswidriges Gesetz gültig, könnte es niemals zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht kommen; 57 Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG würde ins Leere laufen. Einfachrechtlich lässt sich aus § 215 a Abs. 1 S. 1 BauGB ein Argument zugunsten der Nichtigkeitslehre jedenfalls für die Satzungen im Bereich des Städtebaurechts herleiten. Die Norm ordnet an, dass Mängel der Satzung, die nicht nach den §§214 und 215 unbeachtlich sind und die durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können, nicht zur Nichtigkeit führen. Das bedeutet aber e contrario, dass diejenigen Satzungen nichtig sind, die nicht im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens repariert werden können. Das Erfordernis einer konstitutiv wirkenden Gerichtsentscheidung lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen. Prozessual dient der Wortlaut der TenorierungsVorschrift des § 47 Abs. 5 S. 2 VwGO als Argument für das Nichtigkeitsdogma: Zwar scheint er zunächst gegen eine solche Auffassung zu sprechen, da das Gericht die Rechtvorschrift für nichtig „erklärt"; andererseits ist Voraussetzung für die Erklärung, dass das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Rechtsvorschrift „ungültig" ist. 58 Da eine bereits ungültige Vorschrift nicht aufgehoben werden kann, muss die Entscheidung deklaratorischen Charakter haben.59
2. Vernichtbarkeitslehre Die Gegenposition bildet die Vernichtbarkeitslehre. Stünden Rechtsnormen nicht im Einklang mit der Rechtsordnung, so seien sie zwar rechtswidrig; Nichtigkeit und Unbeachtlichkeit würden aber deren Nichtigerklärung voraussetzen. Insoweit kommt Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts oder der Normenkontrollgerichte konstitutive Bedeutung zu. 60 54 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (97). 55 Bettermann, AöR 86 (1961), S. 129 (172); Ipsen, Rechtsfolgen, S. 166 m. w. N. 56 Ipsen, Rechtsfolgen, S. 166 f. 57 Vgl. Wobst, Verfassungswidrige Gesetze und Normenkontrolle, S. 40. 58 Quaas/Müller, Normenkontrolle und Bebauungsplan, Rn. 223. 59 Vgl. Renck, BayVBl. 1979, S. 225 (230), der den Wortlaut der Vorschrift deshalb auch für missraten hält. 60 Hoffmann, JZ 1961, S. 193 (198); Böckenförde, Sogenannte Nichtigkeit, S. 64; Moench, Verfassungswidriges Gesetz, S. 145; Maunz-Sigloch, in Maunz/ Schmidt-Bleibtreu / Klein/
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Nachdem sich diese Auffassung erst gegen Ende der fünfziger Jahre entwickelt hat, 61 kann sie naturgemäß nicht auf eine „deutsche Verfassungstradition" verweisen. Als verfassungsrechtliches Hauptargument dient - ebenso wie den Vertretern des Nichtigkeitsdogmas - Art. 100 Abs. 1 GG. Das Grundgesetz statuiere eine Vorlagepflicht zum Bundesverfassungsgericht in denjenigen Fällen, in denen eine entscheidungserhebliche Norm das Grundgesetz verletze und verfassungswidrig sei. Den Fachgerichten fehle demnach die Befugnis, eine solche Norm außer Anwendung zu lassen.62 Von einer ipso-iure-Nichtigkeit könne aber nur dann gesprochen werden, wenn die Gerichte gerade dies tun könnten. Das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts spreche also für die Vernichtbarkeitslehre. In der Regel erkennen die Vertreter der Vernichtbarkeitslehre das Rangverhältnis zwischen Verfassung und einfachem Recht an. Die entsprechenden Artikel des Grundgesetzes würden auch eine Auslegung zugunsten des Nichtigkeitsdogmas zulassen, dieser Schluss sei jedoch nicht zwingend.63 Vielmehr würde der Vorrang der Verfassung nur verlangen, dass eine „baldmögliche (optimale) Beseitigung des Normverstoßes unter Beachtung aller verfassungsrechtlichen Normprogramme" zu erfolgen habe.64 Das schließe aber eine Auslegung zugunsten der Vernichtbarkeitslehre nicht aus. Als weiterer Begründungsansatz dient der Wortlaut der Tenorierungsvorschriften des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes, insbesondere seines § 78 65 . Hiernach „erklärt" das Bundesverfassungsgericht Rechtsvorschriften, die mit höherem Recht unvereinbar sind, für nichtig, was für einen konstitutiven Entscheidungscharakter sprechen soll.
3. Relevanz des Meinungsstreits für die Untersuchung Der Streit zwischen Nichtigkeits- und Vernichtbarkeitslehre soll hier nicht im einzelnen nachvollzogen werden. Ein wirklich überzeugender und befriedigender Ansatz ist bisher jedenfalls nicht gefunden worden. 66 Das hängt auch damit zusamUlsamer, BVerfGG, § 78, Rn. 16; Maunz, in Maunz/Dürig, GG, Art. 93, Rn. 34, der die konstitutive Wirkung allerdings in der Aufhebung des Rechtsscheins sieht, der grundsätzlich zugunsten von Normen bestehe. 61 Vgl. lpsen, Rechtsfolgen, S. 75 f. 62 Götz, NJW 1960, S. 1177 (1178); Hoffmann, JZ 1961, S. 193 (197); Böckenförde, Sogenannte Nichtigkeit, S. 61 ff.; Moench, Verfassungswidriges Gesetz, S. 123. 63 Götz, NJW 1960, S. 1177, zu Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG; Hoffmann, JZ 1961, S. 193 (195 f.), zu Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG; Böckenförde, Sogenannte Nichtigkeit, S. 56, zu Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 und Art. 79 GG; vgl. Moench, Verfassungswidriges Gesetz, S. 118; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2807). 64 Moench, Verfassungswidriges Gesetz, S. 143. 65 Vgl. etwa Böckenförde, Sogenannte Nichtigkeit, S. 44 ff.; vgl. Götz, NJW 1960, S. 1177 (1178).
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men, dass beide Ansichten sich immer wieder auf dieselben Rechtsnormen stützen, um ihre Auffassungen zu begründen. Auch das Selbstverständnis des Bundesverfassungsgerichts, das sich ausdrücklich bisher nicht geäußert hat, 67 ist in diesem Zusammenhang nicht hilfreich, spricht der Wortlaut seiner Entscheidungen teils für einen deklaratorischen 68, teils für einen konstitutiven69 Charakter. Insofern bringen die Berufungen beider Seiten70 auf entsprechende Entscheidungen keinen Erkenntnisgewinn. 71 Auch dem Gesetzgeber ist in diesem Zusammenhang Versagen vorzuwerfen. So lassen die Tenorierungsvorschriften der §§ 78, 95 Abs. 3 S. 1 BVerfGG („unvereinbar") eine andere Auslegungsmöglichkeit zu als bei § 47 Abs. 5 S. 2 VwGO („ungültig"), was unter dem Topos der Einheit der Rechtsordnung unbefriedigend erscheint. Insbesondere die Entwicklung des § 78 BVerfGG bildet ein eindrucksvolles Beispiel für eine uneinheitliche gesetzgeberische Leistung. Während der Wortlaut der Vorschrift in ihrer ursprünglichen Fassung72 in S. 1 einen deklaratorischen Entscheidungscharakter nahe legte, ließ sich aus S. 2 das Gegenteil herleiten. Zwar wurde die Vorschrift 1970 dahingehend geändert, dass der Wortlaut des § 78 S. 1 BVerfGG dem des § 78 S. 2 BVerfGG angeglichen wurde, 73 so dass in der Vorschrift einheitlich ein „Nichtigerklären" angeordnet wird. Der Schluss, dass der Gesetzgeber den Meinungsstreit zugunsten der Vernichtbarkeitslehre entscheiden wollte, lässt sich aber angesichts der unterschiedlichen Ansichten von 66
So auch Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 142; vgl. Ulsamer, in Maunz/SchmidtBleibtreu / Klein / Ulsamer, BVerfGG, § 80, Rn. 19 zur mangelnden Aussagekraft von Art. 100 Abs. 1 GG oder sonstigen Vorschriften des Grundgesetzes. 67 Vgl. Moench, Verfassungswidriges Gesetz, S. 13. 68 Vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1951, E 1, S. 14 (15, 37); Beschluss vom 4. Februar 1958, E 7, S. 244 (245); Urteil vom 23. März 1960, E 11, S. 30 (31); Urteil vom 19. Oktober 1982, E 61, S. 149 (151); Urteil vom 15. Dezember 1983, E 65, S. 1 (3); Beschluss vom 9. Oktober 1984, E 67, S. 299. 69 BVerfG, Urteil vom 7. März 1953, E 2, S. 143 (172): „Eine Unterwerfungspflicht [gegenüber Gesetzesbeschlüssen des Parlaments] besteht für jedermann und erst gegenüber einer verkündeten Rechtsnorm und zwar bis zu ihrer Wiederaufhebung oder Nichtigerklärung."; Urteil vom 11. Juni 1958, E 7, S. 377 (387); Urteil vom 24. Juni 1958, E 8, S. 51 (71). 70 So einerseits Ipsen, Rechtsfolgen, S. 97; andererseits Götz, NJW 1960, S. 1177 (1179) und Hoffmann, JZ 1961, S. 193 (198). 71 So auch Moench, Verfassungswidriges Gesetz, S. 13. 72 Gesetz über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951, BGBl. I, S. 243 ff.: „ l Kommt das Bundesverfassungsgericht zu der Überzeugung, dass Bundesrecht mit dem Grundgesetz oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder dem sonstigen Bundesrecht unvereinbar ist, so stellt es in seiner Entscheidung die Nichtigkeit fest. 2 Sind weitere Bestimmungen des gleichen Gesetzes aus denselben Gründen mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar, so kann sie das Bundesverfassungsgericht gleichfalls für nichtig erklären." 73 Vgl. die Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 3. Februar 1971, BGBl. I, S. 105 ff.; die Änderung der Vorschrift selbst erfolgte durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 21. Dezember 1970, BGBl. I, S. 1765 ff.
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Bundesregierung und Rechtsausschuss des Bundestages jedenfalls nicht ohne weiteres ziehen.74 Ein wirklich überzeugender Ansatz wird sich bei der momentanen Rechtslage vermutlich nicht entwickeln lassen. Die Vertreter der Nichtigkeits- und der Vernichtbarkeitslehre sind sich jedenfalls insoweit einig, dass legislative Verstöße gegen höherrangiges Recht nicht bestehen bleiben können. Insofern erkennen beide den Grundsatz „lex superior derogat legi inferiori" an. Die Frage des Ob einer Sanktion wird folglich einheitlich positiv beantwortet. Umstritten ist lediglich das Wie: Soll die Nichtigkeit ipso iure eintreten oder von einer gerichtlichen Entscheidung abhängen?75 Ein möglicher Grundsatz der Planerhaltung würde hingegen die vorgelagerte Ebene des Ob einer Sanktion betreffen. Möglicherweise kann in Ausnahmefällen trotz der Rechtswidrigkeit einer Norm auf eine Sanktion verzichtet werden. Damit kommt es hier darauf an, ob Nichtigkeitsdogma und Vernichtbarkeitslehre Ausnahmen zulassen. Sollte dies nicht der Fall sein, ist für einen solchen Grundsatz und auch sonstige Einzelvorschriften, denen unmittelbar planerhaltende Wirkung zukommen soll, kein Raum. 76 Nachdem der Grundsatz der Sanktionsbedürftigkeit aus dem Grundgesetz abgeleitet wurde, müssen sich die Ausnahmen qualitativ ebenfalls aus dem Grundgesetz ableiten lassen. Im folgenden ist daher zu untersuchen, wo sich dort Ansatzpunkte für und gegen die Sanktionierung fehlerhaften staatlichen Handelns finden lassen.
V. Verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkte 1. Aspekte für die Sanktionierung fehlerhafter Rechtsakte Für das Erfordernis der Sanktion fehlerhaften normativen Handelns spricht der wesentliche Gesichtspunkt, dass staatliches Handeln rechtmäßig sein muss. Rechtswidrige Rechtsnormen müssen anders als rechtmäßige Rechtsnormen be74 Die Bundesregierung war für die Vernichtbarkeitslehre, vgl. die Begründung zur Neufassung des § 78 BVerfGG, Bundestags-Drucksache 6/388, S. 9: „Der Vorschlag enthält eine redaktionelle Anpassung an die Formulierung in den geltenden § 78 Satz 2 und § 95 Abs. 3 Satz 1, wonach das Bundesverfassungsgericht ein verfassungs- oder bundesgesetzwidriges Gesetz „für nichtig erklärt". Darin kommt klarer als in der bisherigen Fassung, die von der Feststellung der Nichtigkeit spricht, zum Ausdruck, dass dem verfassungsgerichtlichen Nichtigkeitserkenntnis, weil es die Verfassungsrechtslage letztverbindlich klärt, ein gestaltendes Element wesenseigen ist." Der Rechtsausschuss des Bundestages war anderer Auffassung. Seiner Ansicht nach stellte die Änderung der Vorschrift nur eine „redaktionelle Verbesserung" dar, wodurch der „materielle Inhalt der Bestimmung [ . . . ] nicht berührt wird.", Bundestags-Drucksache 6 /1471, S. 5. 75 Vgl. Mayer, Nachbesserungspflicht, S. 55. 76 Ebenso auch Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 f. Eine Fehlerlehre für untergesetzliche Normen könne nur dann einen Inhalt haben, wenn das Nichtigkeitsdogma für fehlerhafte Normen obsolet geworden sei oder doch zumindest erheblicher Modifizierung bedürfe.
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handelt werden. Nur so kann die hoheitliche Gewalt dazu angehalten werden, den Anforderungen der Rechtsordnung zu entsprechen. Dieses Postulat gilt es nun, aus dem Grundgesetz abzuleiten.
a) Sanktionsbedürftigkeit
zur Verwirklichung
des Rechtsstaatsprinzips
Zur Begründung des Nichtigkeitsdogmas ist auf das Rechtsstaatsprinzip (vgl. Art. 28 Abs. 1 GG) abgestellt worden. 77 Dieses dürfte sich auch hinsichtlich der Frage, ob eine fehlerhafte Normsetzung überhaupt sanktioniert werden soll, fruchtbar machen lassen. Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Recht und Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Rechtsstaatlichkeit bedeutet, dass die Ausübung staatlicher Macht nur auf der Grundlage der Verfassung und von formell und materiell verfassungsmäßig erlassenen Gesetzen mit dem Ziel der Gewährleistung von Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit und Rechtssicherheit zulässig ist. 78 Die staatlichen Akteure sind demnach verpflichtet, das Recht zu achten und zu beachten, wozu insbesondere auch die Grundrechte gehören. Die Exekutive darf keine Normen erlassen, die gegen höherrangiges Recht verstoßen. 79 Tut sie es dennoch, müssen der rechtswidrige Akt und dessen Folgen beseitigt werden; die Rechtmäßigkeitsrestitution wird von der Unverbrüchlichkeit des Rechts verlangt. 80 Nur dann, wenn ein rechtswidriges Gesetz grundsätzlich anders als ein fehlerfreies Gesetz behandelt wird, ist dem Rechtsstaatsprinzip Rechnung getragen worden. Dem Rechtsstaatsprinzip kommt damit als Argument für die Sanktionierung fehlerhaften staatlichen Handelns große Bedeutung zu.
b) Sanktionsbedürftigkeit
zum Schutz der Grundrechte
Für die Sanktionierung fehlerhaften normativen Handelns sprechen insbesondere die Grundrechte als besondere Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips.81 Dass Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung an sie gebunden sind, ergibt sich nicht nur aus Art. 20 Abs. 3 GG, sondern spezieller aus Art. 1 Abs. 3 GG. Eingriffe in die Grundrechte dürfen nur durch rechtmäßiges staatliches Handeln erfolgen, um die Bürger vor übermäßiger staatlicher Beeinträchtigung und Reglementierung zu schützen. Dem kann nur dann Rechnung getragen werden, wenn 77 Vgl. 2. Kapitel A I V 1. 78 BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 1967, E 22, S. 387 (426). 79 Jarass, in Jarass / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 27. so Morlok, Verfahrensfehler, S. 59; vgl. Henke, Planerhaltung, S. 51 f.; Käß, Planerhaltung, S. 23. 8i Jarass, in Jarass /Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 28; Henke, Planerhaltung, S. 53.
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gleichwohl erfolgte unzulässige Beeinträchtigungen nicht hingenommen werden müssen.82 Diese Aussage wird prozessual flankiert durch Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG, der den Rechtsweg eröffnet, wenn jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird. Insoweit erscheint es geboten, bei rechtswidrigem Handeln Eingriffe in Grundrechte nicht sanktionslos zu stellen, um ihnen effektiv Rechnung tragen zu können. Ansonsten droht ihnen die Bedeutungslosigkeit. Teilweise wird auch in der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG selbst ein Ansatzpunkt zugunsten der Reaktion auf Fehler gesehen. Mit dieser Garantie sei es nicht vereinbar, wenn das materielle Recht die völlige Folgenlosigkeit von Fehlern anordne, da in diesem Fall der Rechtsschutz leerzulaufen drohe. 83 Folglich müsse es grds. bei den üblichen Sanktionen bleiben. Dem kann jedoch nicht zugestimmt werden. Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG setzt voraus, dass jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, um den Rechtsweg zu eröffnen. Die Frage der Rechtsverletzung ist aber eine der materiellen Grundrechte, nicht der Garantie effektiven Rechtsschutzes.84 Die völlige Folgenlosigkeit von Fehlern kann demnach keine Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG, sondern nur der materiellen Grundrechte bedeuten. Liegt eine solche aber vor, so gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, dass das materielle Recht wirksam durchgesetzt wird. 85 Neben der abwehrrechtlichen Funktion der Grundrechte gebietet auch ihre objektiv-rechtliche Dimension als Wertordnung, dass fehlerhaftes staatliches Handeln sanktioniert wird. 86
c) Sanktionsbedürftigkeit
zur Verwirklichung
des Demokratieprinzips
Ein weiterer verfassungsrechtlicher Ansatzpunkt, der für die Sanktionierung fehlerhaften normativen Handelns spricht, könnte im Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG zu sehen sein. Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG fordert ferner, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgehen muss. Dies bedeutet, dass die Ausübung jeglicher staatlicher Macht der Legitimation durch das Volk bedarf, dass sie in einer ununterbrochenen demokratischen Legitimationskette auf das Volk zurückführbar sein muss.87 Nicht nur die Ausübung staatlicher Macht selbst durch eine Entscheidung muss dem Demokratieprinzip Rechnung tragen; dies gilt auch für die im Vorfeld liegende Entscheidungsfindung, bei der es sich um ein essentielles Einzelelement des 82 Vgl. Morlok, Verfahrensfehler, S. 64; Henke, Planerhaltung, S. 54. 83 Schmidt-Aßmann, in Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 282.; Bracher, DVB1. 1997, S. 534 (535); Henke, Planerhaltung, S. 57. 84 Vgl. Hill, Das fehlerhafte Verwaltungsverfahren, S. 336; vgl. Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2807). 85 Vgl. Käß, Planerhaltung, S. 26 f. 86 Käß, Planerhaltung, S. 23 f. 87 Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 12; Böckenförde, Handbuch des Staatsrechts, § 22, Rn. 11.
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er Grundsatz der Planerhaltung
Demokratieprinzips handelt.88 Betroffen sind hiervon sämtliche Bereiche hoheitlichen Handelns, also nicht nur die Parlamente, sondern über Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG auch die kommunalen Gebietskörperschaften. Ohne eine demokratische Entscheidungsfindung ist eine durch das Volk legitimierte Entscheidung nicht denkbar. Zu den Vorschriften und Prinzipien, die Bestandteil der Entscheidungsfindung sind, gehören etwa das Mehrheits 89- und Öffentlichkeitsprinzip 90 sowie die Einhaltung der Zuständigkeits- und Verfahrensregeln. 91 Liegt demnach ein Verstoß gegen die das Demokratieprinzip konkretisierenden Vorschriften und Prinzipien vor, so erscheint eine Sanktion geboten, damit dem Postulat der Völksherrschaft effektive Bedeutung zukommen kann. Jede Sanktionslosigkeit würde sonst ein Stück Demokratieverlust bedeuten.
2. Aspekte gegen die Sanktionierung fehlerhafter Rechtsakte Auf der anderen Seite lassen sich dem Grundgesetz möglicherweise Ansatzpunkte entnehmen, die für die Zulässigkeit eines differenzierten Fehlerfolgensystems sprechen können, die eine unbedingte Sanktionierung hoheitlichen Handelns nicht als zwingend erscheinen lassen. Hierdurch kann die Effektivität staatlichen Handelns gesichert werden. Wird nur einseitig dem Gesetzmäßigkeitsprinzip der Vorrang eingeräumt, ist die Gefahr der Verschwendung personeller, fachlicher und zeitlicher Ressourcen groß. Teilweise wird der Ressourcenschonung selbst bereits verfassungsrechtliche Bedeutung eingeräumt. 92 Eine unmittelbare Aussage, die diese Auffassung stützt, enthält das Grundgesetz nicht. Möglicherweise finden sich dort aber Ansatzpunkte, denen mittelbar das Postulat wirkungsvollen staatlichen Handelns entnommen werden kann.
a) Begrenzung der Sanktionsbedürftigkeit durch Gesetzgebungskompetenzen, Planungshoheit und Gestaltungsfreiheit Ein erster Ansatzpunkt, der gegen die Sanktionierung fehlerhafter hoheitlicher Rechtsakte spricht, dürfte sich aus den Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Länder nach den Art. 70 ff. GG und dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ergeben.93 Wenn den Gebietskörperschaften das 88 Vgl. Morlok, Verfahrensfehler, S. 75. 89 Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 15, Art. 42, Rn. 3; BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1970, E 29, S. 154 (165). 90 Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 11 ff.; BVerfG, Urteil vom 14. Januar 1986, E 70, S. 324 (358). 91 Morlok, Verfahrensfehler, S. 75 f.; vgl. Hill, DVB1. 1983, S. 1 (2 f.), hinsichtlich Ausführungen zu kommunalen Mitwirkungsverboten. 92 So Hoppe, DVB1. 1996, S. 12 (18). 93 Hierzu und zu den Art. 83 ff. GG Käß, Planerhaltung, S. 29 f.
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Recht eingeräumt wird, für bestimmte Regelungsbereiche Rechtsgefüge zu erlassen, dürfen die Anforderungen an seine Rechtmäßigkeit nicht überspannt werden. Ansonsten können die bestehenden Kompetenzen nicht effektiv wahrgenommen werden und drohen zu einer inhaltsleeren Hülse zu verkommen. Die Anforderungen müssen von einem (durchschnittlichen) Parlament oder einer (durchschnittlichen) Selbstverwaltungskörperschaft zu bewältigen sein.
aa) Freiheit der Rechtsformwahl Ferner kann aus den Gesetzgebungskompetenzen noch ein weiterer Schluss gezogen werden. Wird dem Gesetzgeber hinsichtlich einer Materie die Kompetenz zugestanden, ein Regelungsgefüge zu erlassen, so muss ihm innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens auch die Befugnis zukommen, inhaltlich das zu regeln, was er für regelungsbedürftig hält. Dem Gesetzgeber steht folglich ein breiter Gestaltungsspielraum z u . 9 4 Dieser beinhaltet auch die grundsätzliche Möglichkeit der formellen Festlegung einer bestimmten Rechtsform, soweit es um den Vollzug oder die Konkretisierung des entsprechenden Gesetzes geht. 9 5 Konkret kann sich der Gesetzgeber damit etwa grundsätzlich dafür entscheiden, den Bebauungsplan nach § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung und nicht als Verwaltungsakt oder Rechtsakt sui generis zu erlassen. 96 94 Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 23; vgl. Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 10, Rn. 1; vgl. BVerfG, Urteil vom 29. Juli 1959, E 10, S. 89 (104); Beschluss vom 24. Oktober 1980, NVwZ 1984, S. 89 (90); Beschluss vom 25. Februar 1981, E 56, S. 216 (236); Beschluss vom 20. April 1982, DVB1. 1982, S. 888 (892); Pielow, Die Verwaltung 1999, S. 445 (448). 95 Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 1956, E 3, S. 258 (264); Urteil vom 10. Juni 1960, E 11, S. 14 (16): „Übergeordnete, etwa aus Wesen, Inhalt oder Wirkung der Pläne entspringende rechtliche Gesichtspunkte, die dem Gesetzgeber ihre Ausgestaltung als Verwaltungsakte entweder aufzwingen oder verwehren könnten, gibt es nicht. Dem Gesetzgeber steht es ohne Bindungen an gesetzliche Notwendigkeiten frei, sie als Verwaltungsakte oder anders, auch etwa als Normen zu gestalten."; vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1996, E 95, S. 1 (16 f.), zur Möglichkeit, Detailpläne durch förmliches Gesetz festzulegen, wenn hierfür „gute Gründe" bestehen; BVerwG, Urteil vom 7. September 1984, E 70, S. 77 (82); vgl. Otto, Fehlerbehebung, S. 90 ff.; Blümel, DVB1. 1997, S. 205 (207); vgl. Schmidt-Aßmann, DVB1. 1989, S. 533 (535); offenlassend Söfker, ZfBR 1981, S. 60; ablehnend von Mutius, Festschrift Hans J. Wolff, S. 169 (177 ff.), sofern die freie Wahl der Form in allen Rechtsbeziehungen festgelegt werden soll; eine Einflussnahme auf bestimmte Rechtsfolgen der Qualifizierung als Rechtsnorm oder Verwaltungsakt durch den Gesetzgeber wird jedoch im Rahmen der durch das Grundgesetz gezogenen Grenzen für zulässig gehalten. 96 Eine weitere Differenzierung erfolgt sogar noch in föderaler Hinsicht. Grundsätzlich werden Bebauungspläne nach § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung beschlossen. § 246 Abs. 2 BauGB regelt jedoch die Ausnahme für die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg: Berlin und Hamburg bestimmen selbst, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der im Baugesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Mangels entsprechender Regelung ergehen in Bremen Bebauungspläne als Satzung. In Berlin (§ 6 Abs. 5 S. 1 AGBauGB) und Hamburg (§ 3 Abs. 1 S. 1 Bauleitplanfeststellungsgesetz) werden sie als Rechtsverordnung erlassen, in Hamburg können sie unter be-
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Geht man aber von einer solchen Gestaltungsfreiheit aus, kann die ggf. eintretende Fehlerfolge vom Zufall abhängen: Entscheidet sich der Gesetzgeber für den Verwaltungsakt als Rechtsform, so ist ein fehlerhafter Rechtsakt zwar rechtswidrig, regelmäßig aber wirksam, solange nicht die engen Voraussetzungen des § 44 VwVfG gegeben sind. Entscheidet er sich hingegen für eine abstrakt-generelle Regelung, so ist diese bei Vorliegen eines Fehlers nach dem Nichtigkeitsdogma unwirksam bzw. nach der Vernichtbarkeitslehre für nichtig zu erklären. 97 Der Entscheidung des Gesetzgebers für eine bestimmte Form kommt somit bereits geltungserhaltende Wirkung zu. 98 Die Freiheit der Formen wähl gilt jedoch nicht unbeschränkt. Die Festlegung der Rechtsform von Hoheitsakten durch den Gesetzgeber ist nur verfassungsrechtlich unbedenklich, solange auf diese Weise nicht der wahre Rechtscharakter grob verfälscht und damit gegen das Verbot des Formenmissbrauchs verstoßen wird. 99 Zur Problematik des Formenmissbrauchs wird u. a. der „Missbrauch von Begriffs-Formen" gerechnet. Dieser sei gegeben, wenn der Staat vorgefundene Rechtsbegriffe übernehme und als einschlägige Obersätze „seines" Sachverhalts reklamiere. 100 Er könne aber nicht beliebige Sachverhalte unter vorgegebene Begriffe subsumieren, da dies auf eine Neu- und Umdefinition des Obersatzes hinausliefe, die ihm gerade versagt sei. 101 Ferner dürfe die Form staatlichen Handelns nicht willkürlich gewählt werden, wenn aus ihr eine Einschränkung des Rechtsschutzes erfolge. 102 stimmten Voraussetzungen sogar als Gesetz der Bürgerschaft ergehen (§ 3 Abs. 2 Bauleitplanfeststellungsgesetz). 97 Besonders klar kommt diese Problematik im Bereich der Planung von (Bundesfernstraßen zum Ausdruck: Nach § 17 Abs. 3 S. 1 FStrG ersetzen Bebauungspläne nach § 9 des Baugesetzbuchs die Planfeststellung nach § 17 Abs. 1 FStrG. Zulässige Festsetzung im Rahmen eines Bebauungsplans sind nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB Verkehrsflächen, zu denen auch Bundesfernstraßen gehören, Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9, Rn. 41. Die Wahl der Rechtsform hat damit - folgt man der herkömmlichen Dogmatik - erhebliche Auswirkungen hinsichtlich einer etwaigen Fehlerfolge der Planung. Gegen ein Wahlrecht der Verwaltung werden auch von der Rechtsprechung keine Einwände erhoben. § 9 BauGB gestattet demnach eine isolierte Straßenplanung auch dann, wenn die Voraussetzungen von § 17 FStrG gegeben sind, BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1971, E 38, S. 152. 98 Käß, Planerhaltung, S. 38 f. 99 Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 23; vgl. Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 10, Rn. 1. Nach Jäde, BauR 1993, S. 683 (686), kommt dem Gesetzgeber keine „legislative Freiheit zum Etikettenschwindel" zu. Die Rechtsformen dürfen nicht zum „Spielball des jeweils gerade als zweckmäßig Erscheinenden" werden, Maurer, Festschrift Kern 1968, S. 275 (285). Aktualität erlangte das Problem des Formenmissbrauchs im Bereich der Festlegung des Bebauungsplans als Satzung 1960 vor allem deshalb, weil die Normenkontrolle bundesweit erst 1976 eingeführt wurde (BGBl. 1976 I, S. 2437), so dass in einigen Ländern bis dahin lediglich eine inzidente Plankontrolle durch die Verwaltungsgerichte erfolgen konnte. Vgl. hierzu Otto, Fehlerbehebung, S. 80 ff.
Pestalozza, Formenmissbrauch des Staates, S. 153. Pestalozza, Formenmissbrauch des Staates, S. 154; vgl. auch Maurer, Festschrift Kern, S. 275 (285). 101
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Einer Formenwahl des Gesetzgebers dürfte jedoch insbesondere dann nichts entgegenstehen, wenn der betroffene Rechtsakt nicht eindeutig klassifiziert werden kann, vielmehr Elemente verschiedener Rechtsformen beinhaltet. 103 Im Ergebnis kommt dem Gesetzgeber bei der Entscheidung, welche Rechtsform innerhalb eines Normengefüges erlassen werden soll, durchaus ein Entscheidungsspielraum zu. Über die Wahl der Rechtsform ergeben sich notwendig Konsequenzen hinsichtlich der maßgeblichen Fehlerfolge. Damit spricht die legislative Gestaltungsfreiheit dafür, Ausnahmen von den üblichen Fehlerfolgen zulassen zu können. bb) Freiheit der Entwicklung differenzierter Fehlerfolgensysteme Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum erschöpft sich aber nicht in der grundsätzlichen Freiheit der Wahl einer bestimmten Rechtsform. Vielmehr ist es ihm auch unbenommen, innerhalb des gewählten Systems Ausnahmen zuzulassen, ein differenziertes Fehlerfolgensystem zu entwickeln. 104 Für den Bereich des Verwaltungsakts ist diese Ausnahme mittlerweile so selbstverständlich geworden, dass sie gar nicht mehr großes Aufsehen erregt: Ein fehlerhafter Verwaltungsakt ist nur unter den engen Voraussetzungen des § 44 VwVfG nichtig. Diese Vorschrift normiert die Ausnahme zur regelmäßig bei Rechtswidrigkeit vorliegender Wirksamkeit des Aktes. Ein vergleichbares System - allerdings unter anderen Vorzeichen ließe sich für fehlerhafte Rechtsnormen entwickeln: Sie sind regelmäßig unwirksam, ausnahmsweise aber wirksam, wenn entsprechende Vorschriften unter engen Voraussetzungen ein Abweichen von der Fehlerfolge zulassen. Tatsächlich gibt es bereits erste Ansatzpunkte für ein solch differenziertes Fehlerfolgensystem. Als Beispiele seien hier nur die §§ 214 ff. BauGB oder die Kommunalvorschriften einzelner Länder genannt.105 Ob möglicherweise sogar generell die Wirksamkeit einer 102 BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 1980, NVwZ 1984, S. 89 (90). 103 Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Juni 1960, E 11, S. 14 (16); Urteil vom 7. September 1984, E 70, S. 77 (82); vgl. Bielenberg/Krautzberger, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 10, Rn. 3; Maurer, Festschrift Kern, S. 275 (285); Jade, BauR 1993, S. 683 (686); differenzierend Pestalozza, Formenmissbrauch des Staates, S. 155 ff., der hinsichtlich des Rechtsschutzes neben der Normenkontrolle auch einen Rechtsschutz, wie er gegen Vollzugsakte gegeben ist, zulassen will. Hinsichtlich der Formenwahl als solcher hat er aber auch keine Bedenken, vgl. S. 156. 104 Bachof, DÖV 1967, S. 132 (133); Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 10, Rn. 1; von Mutius/Hill, Behandlung fehlerhafter Pläne, S. 21 und S. 28 f.; Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 332 ff.; ders., DVB1. 1983, S. 1; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2811); Schmaltz, DVB1. 1990, S. 77; vgl. Bielenberg/Krautzberger, in Ernst /Zinkahn /Bielenberg, BauGB, § 10, Rn. 3; Softer, Frühzeitige Beteiligung, S. 97 (108); ders., ZfBR 1981, S. 60; vgl. SchmidtAßmann, DVB1. 1984, S. 582 (587); ders., in Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. IV, Rn. 240; Weyreuther, DÖV 1980, S. 389 ff., Fn. 15; OVG Lüneburg, Urteil vom 15. Juli 1980, BauR 1980, S. 533 (535); OVG Koblenz, Urteil vom 9. Oktober 1979, ZfBR 1980, S. 102 (103). 105 § 4 Abs. 4 GemO (Baden-Württemberg); § 5 Abs. 4 GO (Brandenburg); § 5 Abs. 4 HGO (Hessen); § 5 Abs. 5 KV M-V (Mecklenburg-Vorpommern); § 6 Abs. 4 NGO (Nieder-
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rechtswidrigen Rechtsnorm angeordnet werden kann, darf aber im Hinblick auf die Vergleichbarkeit mit § 44 VwVfG beim Verwaltungsakt bezweifelt werden. Ein Abweichen des Gesetzgebers von den herkömmlichen Fehlerfolgen innerhalb eines gewählten Systems erscheint mithin grundsätzlich denkbar. Diese legislative Freiheit muss allerdings ihre Schranken in der Verfassung finden. 106 Ansonsten könnte der Gesetzgeber sich jeglicher hindernder Vorschriften entledigen. Die Grenze zwischen zulässigem Verzicht auf eine Fehlerfolge und einem Verfassungsverstoß dürfte überschritten sein, wenn es um Vorschriften geht, die verfassungsrechtlich, insbesondere zur Verwirklichung von materiellen Grundrechten, unbedingt geboten sind. 107 Setzt sich der Gesetzgeber über dieses Erfordernis hinweg, verstößt er gegen den Grundsatz vom Vorrang der Verfassung. Für ein differenziertes Fehlerfolgensystem ist mit anderen Worten Raum bei Vorschriften, die strenger oder umfangreicher sind, als es verfassungsrechtlich erforderlich wäre. Wenn der Gesetzgeber von Anfang an auf die Normierung einer Vorschrift hätte verzichten können, so muss für ihn - a maiore ad minus - auch die Möglichkeit bestehen, sie in gewissen Fällen jedenfalls teilweise zurückzunehmen oder ihre Verletzung unter bestimmten Voraussetzungen für unbeachtlich zu erklären. 108 Damit ist aber noch nicht gesagt, welche einfachgesetzliche Vorschriften verfassungsrechtlich geboten sind, wann der Gesetzgeber demnach nicht auf ihre Beachtung verzichten kann. Dies wird jeweils im Einzelfall zu entscheiden sein und kann an dieser Stelle in abstrakter Form nicht erörtert werden. Als Aspekte, die bei der Grenzziehung relevant sein können, kommen jedenfalls die Grundrechte und objektive Verfassungsgrundsätze, wie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Betracht. b) Begrenzung der Sanktionsbedürftigkeit zur Verwirklichung des Rechtsstaatsprinzips Des weiteren spricht möglicherweise auch das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG für eine differenzierende Reaktion auf Fehler. Bestandteile dieses vielsachsen); § 7 Abs. 6 GO NW (Nordrhein-Westfalen); § 24 Abs. 6 GemO (Rheinland-Pfalz); § 12 Abs. 5 KSVG (Saarland); § 4 Abs. 4 SächsGemO (Sachsen); § 6 Abs. 4 GO LSA (Sachsen-Anhalt); § 4 Abs. 3 GO (Schleswig-Holstein); § 21 Abs. 4 ThürKO (Thüringen). 106 Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 1995, Buchholz 406.11 § 12 BauGB Nr. 20: „Dem Gesetzgeber steht es allerdings insbesondere bei untergesetzlichen Rechtsvorschriften frei, hiervon abzuweichen und unter Abwägung der nach dem jeweiligen Regelungszusammenhang einschlägigen verfassungsrechtlichen Schutzgüter unter Einschluß der Gesetzesbindung, der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und des effektiven Normvollzuges ein sachadäquates Fehlerfolgensystem zu schaffen." 107 Vgl. v o n Mutius/Hill, Behandlung fehlerhafter Pläne, S. 29; Käß, Planerhaltung, S. 128; Hill, DVB1. 1983, S. 1 f. Hill will aber nicht ausschließen, dass in engen Ausnahmefällen sogar eine verfassungsrechtlich gebotene Vorschrift relativiert werden kann. Vgl. außerdem OVG Koblenz, Urteil vom 9. Oktober 1979, ZfBR 1980, S. 102 (103). los Hill, DVB1. 1983, S. 1.
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schichtigen Prinzips sind u. a. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz. 109 Auf diese Prinzipien wird sich in der Literatur immer wieder gestützt, um abstrakt Ausnahmen von der Fehlerfolge der Nichtigkeit zulassen zu können. 110 Rechtssicherheit verlangt nicht nur Bestimmtheit und Klarheit einer Rechtsordnung, sondern auch ihre Verlässlichkeit. 111 Die Rechtsordnung soll dem Normadressaten verlässliche Grundlage für sein Verhalten sein. 112 In der zeitlichen Dimension bedeutet Rechtssicherheit vor allem Schutz des Vertrauens in die Beständigkeit der Gesetze.113 Der Bürger, der sich in seinem Verhalten auf eine bestimmte Regelung eingestellt hat, kann ein berechtigtes Interesse daran haben, dass seine Dispositionen nicht durch eine nachträgliche Rechtsänderung durchkreuzt werden. 114 Hier könnte eingewandt werden, dass der Aspekt des Vertrauensschutzes nur dann Bedeutung erlangen kann, wenn das Vertrauen auch schutzwürdig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht hingegen kein schutzwürdiges Vertrauen, wenn der Bürger sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen darf. 115 Genau so ist aber häufig die Sachlage, wenn eine Norm einem Bürger Vorteile gewährt, sich später jedoch ihre Nichtigkeit herausstellt. Die Formulierung des Bundesverfassungsgerichts 116 legt aller109 Vgl. für den Aspekt der Rechtssicherheit BVerfG, Urteil vom 1. Juli 1953, E 2, S. 380 (403); Urteil vom 18. Dezember 1953, E 3, S. 225 (237); Urteil vom 24. Juli 1968, E 24, S. 75 (98); Beschluss vom 20. April 1982, E 60, S. 253 (267). Nach BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961, E 13, S. 261 (271), bedeutet Rechtssicherheit für den Bürger in erster Linie Vertrauensschutz. Zum Aspekt des Vertrauensschutzes siehe BVerfG, Beschluss vom 23. Februar 1983, E 63, S. 215 (223). Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 154 ff., weist darauf hin, dass der Begriff der Rechtssicherheit seit den 70er Jahren Konkurrenz durch den des Vertrauensschutzes bekommen habe und versucht, ihr Verhältnis zueinander herzustellen. ho Hoppe, DVB1. 1996, S. 12 (18); ders., Festschrift Schlichter, S. 87 (104); ders, Abwägung im Recht, S. 133 (155); ders./Henke, DVB1. 1997, S. 1407 (1411); Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 270 (273); Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 151; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 1; vgl. Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2808); Maurer, Festschrift Bachof, S. 215 (218); Henke, Planerhaltung, S. 52 f. in BVerfG, Beschluss vom 20. April 1982, E 60, S. 253 (268); Herzog, in Maunz/Dürig, GG, Art. 20, Abschnitt VII, Rn. 57. Dabei muss sich ein Bürger sowohl auf eine ihn begünstigende, als auch ihn belastende Rechtslage verlassen können, vgl. Schmidt-Aßmann, Handbuch des Staatsrechts, § 24, Rn. 81. 112 Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 347; Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 163. 113 Vgl. Schmidt-Aßmann, Handbuch des Staatsrechts, § 24, Rn. 81. 114 Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 362. 115 BVerfG, Beschluss vom 31. März 1965, E 18, S. 429 (439). Im Urteil vom 19. Dezember 1961, E 13, S. 261 (272), wird formuliert: „Der Staatsbürger kann sich nicht immer auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen." Ebenso Leibholz/Rinck/ Hesselberger, GG, Art. 20, Rn. 1638. Vgl. etwa auch BGH, Urteil vom 24. Juni 1982, BauR 1982, S. 457 (459): Ein Schadensersatzanspruch nach § 39 j BBauG wurde mangels Vorliegen eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans verneint; dies wäre aber Voraussetzung für das Entstehen schutzwürdigen Vertrauens gewesen. 116 Anders aber BVerfG, Beschluss vom 16. November 1965, E 19, S. 187 (197): „Das Vertrauen des Staatsbürgers ist nicht schutzwürdig, wenn es sich auf eine ungültige Rechts4 Steinwede
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dings nahe, dass in solchen Fällen schutzwürdiges Vertrauen nicht zwingend ausgeschlossen ist, da es ansonsten der Kondition „wenn" nicht bedurft hätte. Insbesondere für das Bauplanungsrecht erscheinen solche Ausnahmen denkbar: Eine Bauleitplanung mag für Bürger der Anlass zu erheblichen Investitionen gewesen sein. Sie werden hierbei auf die rechtliche Wirksamkeit des Bebauungsplans vertraut haben, wenn auch tatsächlich nur ein Rechtsschein aufgrund der faktischen Planexistenz bestanden hat. Dieses Vertrauen wird nun enttäuscht, wenn ein Normenkontrollgericht den Plan wegen Mängeln für nichtig erklärt. Die Enttäuschung wird dabei um so größer sein, je größer der Zeitraum zwischen Erlass des Bebauungsplans und der gerichtlichen Entscheidung ist. Dem Aspekt der Rechtssicherheit kann deshalb die Aufgabe zukommen, das durch Investitionen betätigte Vertrauen zu schützen. Deshalb können Rechtssicherheit und Vertrauensschutz abstrakt sehr wohl dafür sprechen, Ausnahmen von der herkömmlichen Fehlerfolge zuzulassen.117 Ein weiterer Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist der Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG. Die Entwicklung eines Fehlerfolgensystems kann dazu beitragen, diesen Grundsatz zu verwirklichen: Die Eigenständigkeit der Verwaltung 118 wird gewahrt, wenn nicht die Gefahr besteht, dass die Gerichte in jede fehlerhafte Behördenentscheidung eingreifen. 119 Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass der Grundsatz der Gewaltenteilung nicht bereits dann in Gefahr ist, wenn die Gerichte fehlerhafte Behördenentscheidungen kassieren oder ihre Unwirksamkeit feststellen, gehört dies doch gerade zu den typischen Aufgaben der (Verwaltungs-)Gerichtsbarkeit. Dennoch ist mit einem Fehlerfolgensystem, das der Verwaltung einen Kernbereich von Entscheidungsmöglichkeiten120 sichert, eine Förderung des Gewaltenteilungsgrundsatzes verbunden. Im Ergebnis kommt dem Rechtsstaatsprinzip ein ambivalenter Charakter zu: Einerseits verlangt es, dass fehlerhaftes staatliches Verhalten sanktioniert wird, andererseits kann es aber auch ein Festhalten an diesem fordern.
norm bezieht, die nur einen Rechtsschein erzeugt hat." Vgl. hierzu auch Herzog, in Maunz/ Dürig, GG, Art. 20, Abschnitt VII, Rn. 67 und Klein, in Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 20, Rn. 18. h? Morlok, Verfahrensfehler, S. 62 f.; vgl. Käß, Planerhaltung, S. 28 m. w. N.; Spannowsky, DÖV 1996, S. 1017 (1023), hat Bedenken, ob Effizienzgebot und Rechtssicherheit zur Einschränkung des Kriteriums der Rechtmäßigkeit herangezogen werden können. Eine Begründung, warum der Rechtmäßigkeit immer der Vorrang eingeräumt werden soll, liefert er indessen nicht. Vgl. auch Bartlsperger, DVB1. 1996, S. 1 (10), der ebenfalls befürchtet, dass das Kriterium der Rechtmäßigkeit einseitig zurückgedrängt wird. Iis Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 26. 119 Henke, Planerhaltung, S. 58 f. 120 Henke, Planerhaltung, S. 59.
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c) Begrenzung der Sanktionsbedürftigkeit zur Verwirklichung der Grundrechte Weiterer Ansatzpunkt zugunsten effektiven staatlichen Handelns könnten die Grundrechte sein. Staatliche Planung ist nämlich nicht nur grundrechtseingreifend und grundrechtsverletzend, sondern auch grundrechtsschützend, grundrechtsverwirklichend und grundrechtsfördernd. 121 Als Beispiel kann hier die Bauleitplanung angeführt werden: Einerseits werden durch die Festsetzungen eines Bebauungsplans möglicherweise die Rechte eines Grundstückseigentümers beschnitten, andererseits wird so anderen erst ermöglicht, eine bestimmte Bebauung vorzunehmen. Für diese bedeutet die Bauleitplanung, die Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG ist, 1 2 2 eine Grundrechtsförderung. Den Grundrechten kommt damit hinsichtlich der Frage der Reaktion auf Fehler Doppelbedeutung zu. 1 2 3
d) Begrenzung der Sanktionsbedürftigkeit zur Verwirklichung des Demokratieprinzips Ein weiterer Aspekt, der für die Zulässigkeit differenzierter Fehlerfolgensysteme spricht, wird im Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG gesehen.124 Demokratie verlange auch, dass wichtige Fragen des Gemeinwesens durch die in bestimmter Weise konstituierten und in bestimmter Weise verfahrenden Organe geregelt und nicht dem naturwüchsigen Machtspiel der gesellschaftlichen Verhältnisse völlig überantwortet würden. Insofern liegt die Sicherung der Handlungsfähigkeit der demokratisch legitimierten staatlichen Organe im Sinne ihrer tatsächlichen Wirkmächtigkeit im Garantiebereich des Demokratieprinzips. 125 Zugespitzt formuliert muss es auch einer durchschnittlichen Gemeindevertretung, die ihre Legitimation durch Wahlen erlangt habe, praktisch möglich sein, rechtlich haltbare Regelungen zu treffen. 126 Dies kann für die gleichfalls demokratisch legitimierten Parlamente im Bund und in den Ländern ebenso angenommen werden. Würde man ausschließlich auf das Erfordernis der Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns abstellen, besteht 121 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (105); ders., DVB1. 1996, S. 12 (18); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (155); vgl. Morlok, Verfahrensfehler, S. 64, 70 f.; Henke, Planerhaltung, S. 55 f. 122 Papier, in Maunz/Dürig, GG, Art. 14, Rn. 94; Jarass, in Jarass / Pieroth, GG, Art. 14, Rn. 31. 123 Ebenso Käß, Planerhaltung, S. 28 f. 124 Vgl. von Mutius/Hill, Behandlung fehlerhafter Pläne, S. 19 f.; Morlok, Verfahrensfehler, S. 74 ff.; Hoppe, DVB1. 1996, S. 12 (18); Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 152 f.; a.A. wohl Henke, Planerhaltung, S. 62. 125 Morlok, Verfahrensfehler, S. 74; Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (106); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (156). 126 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (106). *
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er Grundsatz der Planerhaltung
die Gefahr, dass die Organe vergebens oder ineffektiv arbeiten und den ihnen zugewiesenen Aufgaben nicht nachkommen können. Um dem zu begegnen, dürften Ausnahmen von der herkömmlichen Fehlerfolge in Betracht zu ziehen sein.
e) Begrenzung der Sanktionsbedürftigkeit zur Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips? Des weiteren wird das Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG als Begründungsansatz herangezogen. 127 Der Staat habe die Pflicht, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen; 128 Ziel sei die Herstellung sozialer Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit. 129 Das Sozialstaatsprinzip beinhalte, dass die staatliche Tätigkeit zur Erfüllung dieser Verfassungsaufgabe auch möglichst effektiv sei. 130 Diese Verpflichtung erfasse auch den Bereich der städtebaulichen Gestaltung, besonders im Hinblick auf dessen Auswirkungen für die Wohnverhältnisse. 131 Diese Ansicht ist abzulehnen. Aus dem Sozialstaatsprinzip lässt sich kein Anhaltspunkt zugunsten eines Prinzips für effektives staatliches Handeln gewinnen. Die Staatszielbestimmung ist einfach zu unbestimmt, als dass hieraus ein entsprechender Schluss gezogen werden könnte. Das wird auch daran deutlich, dass sich - anders als für das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip - keine „Ausführungsvorschriften" im Grundgesetz finden lassen. 132 Es ist daher auch allgemein anerkannt, dass das Prinzip im besonderen Maße der Konkretisierung bedarf. 133 Natürlich lässt sich nicht abstreiten, dass auch solches staatliches Handeln, welches auf die Verwirklichung einer gerechten Sozialordnung gerichtet ist, nach Möglichkeit wirksam und damit effektiv sein sollte. Doch diese Erkenntnis dürfte allein den bereits angesprochenen Punkten - insbesondere dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip - zu entnehmen sein. Ein weit höherer Konkretisierungsgrad kommt auch den ausdrücklich normierten Gesetzgebungskompetenzen zu. Das Sozialstaatsprinzip selbst eröffnet keine neuen Gesichtspunkte, so dass es als ver127 Morlok, Verfahrensfehler, S. 71; Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (105); ders., DVB1. 1996, S. 12 (18); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (155), Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 152 f. 128 Morlok, Verfahrensfehler, S. 71, unter Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1967, E 22, S. 180 (204), und Beschluss vom 13. Januar 1982, E 59, S. 231 (263). 129 Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 426. 130 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (105); ders., DVB1. 1996, S. 12 (18); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (155); vgl. Morlok, Verfahrensfehler, S. 64, 70 f.; a.A. Henke, Planerhaltung, S. 60. 131 Morlok, Verfahrensfehler, S. 64, 70 f. 132 Herzog, in Maunz/Dürig, GG, Art. 20, Abschnitt VIII., Rn. 4 f. 133 BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1983, E 65, S. 182 (193); Beschluss vom 22. Oktober 1985, E 71, S. 66 (80); Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 103; Stern, Staatsrecht I, § 21 III 3.
A. Anwendungsbereich des Grundsatzes der Planerhaltung
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fassungsrechtliche Grundlage für differenzierte Fehlerreaktionen nicht in Betracht gezogen werden kann. 3. Fazit Die Frage, ob fehlerhaftes staatliches Handeln einer Sanktion bedarf, lässt sich nicht pauschal beantworten. Die obigen Ausführungen haben ergeben, dass sich einerseits dem Grundgesetz an verschiedenen Stellen das Postulat der Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns entnehmen lässt, dass fehlerhaftes staatliches Handeln folglich Sanktionen nach sich ziehen muss. Andererseits enthält es aber auch Aussagen, die für die Effektivität staatlichen Handelns streiten; auch rechtswidrige Normen können demnach unter Umständen Bestand haben. Die Prinzipien der Rechtmäßigkeit und der Effektivität staatlichen Handelns verfolgen unterschiedliche Ziele, stehen in einem Konkurrenzverhältnis oder Spannungsfeld 134 zueinander, obwohl sie sich teilweise auf dieselben Verfassungsprinzipien zurückführen lassen. Allein das macht die Schwierigkeit der Thematik deutlich. Festzuhalten bleibt, dass sich das Grundgesetz weder eindeutig zugunsten eines ausschließlichen Systems der Rechtmäßigkeit noch eines ausschließlichen Systems der Effektivität hoheitlichen Handelns bekennt. Keine der beiden Forderungen kann absolute Geltung für sich beanspruchen. Würde man dies annehmen, ließe man zwangsläufig eine Verfassungsaussage unberücksichtigt. Die beiden Prinzipien müssen ausgehend vom Grundsatz der Einheit der Verfassung 135 harmonisiert werden, d. h., dass ein möglichst schonender, verhältnismäßiger Ausgleich zu erfolgen hat; 1 3 6 auch der Topos der „praktischen Konkordanz", nach dem bei kollidierenden Verfassungsgütern beiden Grenzen gezogen werden müssen, damit sie zu optimaler Wirksamkeit gelangen können, dürfte hierbei zu beachten sein. 137 Den Ausgleich wird in erster Linie der Gesetzgeber vornehmen dürfen. 138 Er muss im Rahmen einer Abwägung entscheiden, ob bei der Normsetzung mehr der Aspekt der Rechtmäßigkeit oder mehr der Effektivität staatlichen Handelns betont werden soll. Der Rechtsprechung wird dieses Recht nur im Ausnahmefall zustehen. Methodisch wird sie die Grenzen von Auslegung, gesetzesimmanenter und gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung zu beachten haben. Ein Beispiel für ein Durchbrechen der Sanktionierung aus der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bildet etwa die Unvereinbarerklärung rechtswidriger Rechtsvorschriften mit dem höherrangigen Recht. 139 134 Käß, Planerhaltung, S. 27. 135 Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 71; vgl. auch Scheuner, VVDStRL 20 (1963), S. 125. 136 Vgl. zum Ausgleich kollidierender Grundrechte Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 153; ders., Handbuch des Staatsrechts, § 122, Rn. 6. 13V Ebenso Käß, Planerhaltung, S. 30; allgemein Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 72. 138 So auch Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (98). 139 Vgl. hierzu unten 3. Kapitel 2. Abschnitt C II 1; zu weiteren Durchbrechungen des „binären Systems" Mayer, Nachbesserungspflicht, S. 55 ff.
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er Grundsatz der Planerhaltung
Die Ausführungen haben deutlich gemacht, dass Nichtigkeits- und Vernichtbarkeitslehre keine absolute Gültigkeit beanspruchen, vielmehr aus verfassungsrechtlichen Gründen auch Ausnahmen zulassen.140 Der Meinungsstreit zwischen den beiden Ansichten muss im vorliegenden Zusammenhang daher nicht entschieden werden. Ob die Modifizierung der Fehlerfolgen dabei einem strengeren Begründungszwang unterliegt oder die Argumentationslast tragen muss, 141 wie in der Literatur gefordert wird, erscheint zweifelhaft. Ein Vorrang der verfassungsrechtlichen Aspekte, die die Sanktionierung fehlerhafter Rechtsakte fordern, gegenüber denjenigen, die gegen eine Sanktionierung sprechen, ist nicht unbedingt erkennbar. Lediglich faktisch bilden Nichtigkeit bzw. Vernichtbarkeit aufgrund der geschichtlichen Entwicklung den Regelfall.
VI. Methoden zur Reduzierung der Fehleranfälligkeit Der Fehleranfälligkeit von Rechtsakten, insbesondere von Rechtsnormen, kann mit verschiedenen Mitteln begegnet werden. Hierbei ist zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung zu differenzieren. Hauptanwendungsfeld der Rechtsprechung dürfte der Bereich der Norm- bzw. Rechtsaktauslegung sein. Ungeschriebene Aspekte kann sie nur unter Beachtung der methodischen Grenzen der Rechtsfortbildung entwerfen. Dem Gesetzgeber stehen vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Grenzen mehrere Möglichkeiten offen: Er kann FehlerbeseitigungsVorschriften schaffen, Fehlerfolgenvoraussetzungen oder Fehlerfolgenbegrenzungen aufstellen. 1 4 2 Zu letzteren mag auch ein allgemeiner Grundsatz der Plan- oder Rechtsakterhaltung zählen. Eine Reduzierung der Fehleranfälligkeit von Rechtsakten kann zudem auch dadurch erfolgen, dass komplizierte Vorschriften aufgehoben oder vereinfacht werden. 143 Dieser Aspekt soll bei den Überlegungen ebenso außer Betracht bleiben wie prozessuale Schranken (sog. Fehlerangriffsvoraussetzungen 144). Hierzu gehören etwa Klage- und Antragsbefugnisse, Widerspruchs- und Klagefristen, Präklusion und Verwirkung. Zwar kann auch mit solchen Mitteln die Fehleranfälligkeit von Rechtsakten reduziert werden; dies geschieht allerdings nur mittelbar. Vor 140
So auch Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 143, 151; vgl. Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 159 f. Morlok, Verfahrensfehler, S. 62; Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (97); Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2807); vgl. Käß, Planerhaltung, S. 30. 142 Hierzu Morlok, Verfahrensfehler, S. 145 ff., 158 ff., 198 ff. 143 Hierzu und den damit verbundenen Schwierigkeiten Käß, Planerhaltung, S. 86 ff. m. w. N. 144 Hierzu Morlok, Verfahrensfehler, S. 162 ff., der sie unzutreffenderweise in die übergeordnete Kategorie der Fehlerfolgenvoraussetzung einordnet.
A. Anwendungsbereich des Grundsatzes der Planerhaltung
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allem greifen diese Vorschriften auch bei rechtmäßigen Rechtsakten. Rechtsfehler sind also keine Voraussetzung für ihre Anwendung. Hier soll aber geprüft werden, inwieweit rechtswidrige oder jedenfalls zweifelhafte Rechtsakte erhalten werden können. Insofern wird ein enges Planerhaltungsverständnis 145 als maßgeblich erachtet. 1. Normauslegung a) Einfache Gesetzesauslegung Das einfachste Mittel, mit dem die Fehleranfälligkeit von Rechtsakten reduziert werden kann, ist die Auslegung. 146 Sie ist der Stufe der Fehlerfolgenvoraussetzungen bzw. der Fehlerfolgenbegrenzungen vorgelagert und knüpft bereits bei der Frage an, ob überhaupt ein Fehler vorliegt. Mit ihrer Hilfe können Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit eines bestimmten Rechtsaktes beseitigt werden. Methodisch bietet es sich dabei an, die Voraussetzungen für den Rechtsakt oder den Rechtsakt als solchen erhaltungsfreundlich - großzügig - zu interpretieren, um so das Vorliegen eines Fehlers zu vermeiden. Hierzu gehört auch die Ermittlung des Rechtscharakters der maßgeblichen Normen. Nicht jede Verletzung muss auch Sanktionen nach sich ziehen. Insbesondere bei der Verletzung von Vorschriften, die nur Soll- oder Ordnungscharakter haben, kann auf diese möglicherweise verzichtet werden.
b) Berichtigende Auslegung Eine weitere Möglichkeit bietet die berichtigende Auslegung, mit der sogenannte Redaktionsversehen - Erklärungsirrtümer des Normgebers bei der Abfassung des Normtextes - beseitigt werden. Bei ihr handelt es sich um einen Akt der Textkritik, die den Normtext auf Authentizität prüft und mit dem Regelungswillen des Normgebers vergleicht. 147 Dementsprechend kann der Wortlaut der betroffenen Norm nicht die Auslegungsgrenze bilden. Streng genommen ist es deshalb verfehlt, überhaupt von Auslegung zu sprechen. Vielmehr wird eine Gesetzesberichtigung vorgenommen, die nur deshalb unproblematisch ist, weil ihr lediglich klarstellende Bedeutung zukommt. Die vorliegenden Unklarheiten würden m. a. W. 145 Vgl. Rüde, Planreparatur, S. 52. Die Fehlerhaftigkeit der Rechtsnorm ist dabei Abgrenzungskriterium zwischen dem weiten und engen Planerhaltungsbegriff. Vgl. Dolde, 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, S. 429 (430): „Dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend gehört zur Planerhaltung alles, was dazu dient, der Aufhebung oder Nichtigerklärung von Plänen entgegenzuwirken und sie zu erhalten." 146 Vgl. Käß, Planerhaltung, S. 39. Für eine methodische Trennung zwischen einem Grundsatz der Planerhaltung und einer planerhaltungsfreundlichen Auslegung auch Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (94 f.).
147 BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1998, NVwZ 1998, S. 1067 (1069).
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er Grundsatz der Planerhaltung
gar nicht zur Unwirksamkeit der Norm führen. 148 Methodisch begründen lässt sich die Vorgehensweise durch eine analoge Anwendung des in den §§42 VwVfG, 118 VwGO, 107 FGO, 138 SGG und § 319 ZPO zum Ausdruck gebrachten allgemeinen Rechtsgedankens.149 Die berichtigende Auslegung eines Gesetzes ist auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt. 150
c) Gesetzesbundesrechts- und verfassungskonforme
Auslegung
Weiterer Ansatz können die gesetzes-, bundesrechts- und verfassungskonforme Interpretation von Rechtsvorschriften oder deren Voraussetzungen sein. Die Zulässigkeit einer solchen Vorgehensweise folgt aus dem Geltungsvorrang höherrangiger Rechtsnormen. 151 Um die wegen Widersprüchen zu höherrangigen Rechtsnormen drohende Nichtigkeit niederrangiger Rechtsnormen zu vermeiden, ist eine Auslegung geboten, die dem Rechtsgehalt der höherrangigen Norm möglichst weitgehend gerecht wird. 1 5 2 Gerade das Bundesverfassungsgericht macht von dieser Vorgehensweise immer wieder Gebrauch, um die Nichtigkeit von Gesetzen vermeiden zu können: 153 Lasse eine Norm mehrere Auslegungen zu, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führten, so sei sie in der verfassungsmäßigen Weise auszulegen.154 Eine gesetzeskonforme Auslegung kann aber nur dann in Betracht kommen, wenn der Wortlaut der Norm verschiedene Auslegungsmöglichkeiten zulässt. Grenze der verfassungskonformen Auslegung muss demnach der Wortlaut der entsprechenden Norm sein; auch der Zweck des Gesetzes darf aber nicht unbeachtet gelassen werden. 155 Der Unterschied zur berichtigenden Auslegung besteht zum einen darin, dass es sich hier um Auslegung im eigentlichen Sinne handelt. Zum anderen werden durch diese Auslegungsvariante nicht lediglich Unklarheiten beseitigt, sondern die Unwirksamkeit 14
8 Ebenso Rüde, Planreparatur, S. 32; vgl. auch Käß, Planerhaltung, S. 31. 149 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 42, Rn. 1 f.; Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 42, Rn. 4. 150 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 1960, E 11, S. 139, 149. Es sei unschädlich, wenn die Verkündung eines Gesetzes im Bundesgesetzblatt aufgrund bürotechnischer Verzögerungen erst eine Woche nach dem im Gesetz vorgesehenen Zeitpunkt des Inkrafttretens erfolgt sei, ohne dass dem Gesetz eine rückwirkende Wirkung zukommen sollte. 151 Schmalz, Methodenlehre, Rn. 362. 152 Vgl. Dolde, 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, S. 429 (431), für das Planungsrecht. 153 Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 1953, E 2, S. 266 (282); Beschluss vom 11. Juni 1958, E 8, S. 28 (33 f.); Beschluss vom 15. Mai 1984, E 67, S. 70 (88). 154 BVerfG, Urteil vom 24. Juli 1985, E 69, S. 1 (55); Beschluss vom 15. Juni 1983, E 64, S. 229 (242). 155 Larenz, Methodenlehre, S. 329; Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 80; Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 437; BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 1958, E 8, S. 29 (34); Beschluss vom 8. Februar 1983, E 63, S. 131 (147 f.); vgl. Beschluss vom 15. Juni 1983, E 64, S. 229 (241); Beschluss vom 22. Oktober 1985, E 71, S. 81 (105).
A. Anwendungsbereich des Grundsatzes der Planerhaltung
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von Rechtsnormen vermieden, wenn von mehreren Deutungsmöglichkeiten diejenige gewählt wird, bei der die Norm Bestand haben kann.
2. Fehlerbeseitigung Ist ein Rechtsakt trotz erhaltungsfreundlicher Auslegung als rechtswidrig anzusehen, bietet es sich an, den Mangel zu beseitigen und den Rechtsakt so insgesamt zu reparieren. Dabei wird in der Literatur unterschieden zwischen der Fehlerbeseitigung „kurzer Hand" auf der einen und der Heilung auf der anderen Seite. 156 Zu ersterer sollen dabei die Berichtigung von Unkorrektheiten, die Umdeutung und die Berichtigung im Wahlrecht gehören. Dem ist nicht voll zuzustimmen. Unkorrektheiten, zu denen etwa Schreib- und Zeichenfehler sowie semantische Fehlgriffe zählen sollen, kann bereits auf der Ebene der berichtigenden Auslegung begegnet werden. Entsprechende „Fehler" ziehen keine Fehlerfolge nach sich, haben also keine Relevanz für die Wirksamkeit des betroffenen Rechtsakts. Gleichwohl können Klarstellungen im Wege der Fehlerbeseitigung erfolgen. Erforderlich ist das allerdings nicht. Heilung bedeute die Wiedergutmachung eines Fehlers durch fehlerfreie Wiederholung des ursprünglich fehlerhaften Teilaktes, was zur Aufrechterhaltung des Gesamtaktes führe. 157 Die Beschränkung der Korrektur auf den fehlerhaften Teilakt sowie bei ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Möglichkeit rückwirkender Heilung machten diese Methode besonders attraktiv.
3. Fehlerfolgenvoraussetzungen Kann der Mangel eines Rechtsaktes nicht mit Hilfe der Fehlerbeseitigungstechniken korrigiert werden, wird grundsätzlich die von seiner Natur abhängige Fehlerfolge einzutreten haben. Diese Folge lässt sich durch Aufstellung sogenannter Fehlerfolgenvoraussetzungen relativieren, die die widerstreitenden verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte von materieller Rechtmäßigkeit und Rechtssicherheit in ein Verhältnis praktischer Konkordanz setzen.158 Ist eine solche Voraussetzung erfüllt, überwiegen die Gründe für eine Sanktion; ist sie nicht erfüllt, kann von einer Sanktion abgesehen werden. Fehlerfolgenvoraussetzungen tragen dazu bei, das starre „Entweder-Oder" von Beachtlichkeit und Unbeachtlichkeit eines Fehlers zu flexibilisieren; es handelt sich um „Instrumente einer standardisierten Abwägung". 159 !56 Morlok, Verfahrensfehler, S. 145 ff. Beispiel für eine Heilungsvorschrift ist § 45 VwVfG, vgl. Käß, Planerhaltung, S. 40. 157 Käß, Planerhaltung, S. 46 m. w. N.; Morlok, Verfahrensfehler, S. 147. Rückwirkende Kraft solle die Heilung allerdings nur haben, wenn dies ausdrücklich angeordnet werde, S. 149. 158 Morlok, Verfahrensfehler, S. 158 f. 159 Morlok, Verfahrensfehler, S. 159.
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er Grundsatz der Planerhaltung
Als Fehlerfolgenvoraussetzung „par excellence" für die Reaktion auf Verfahrensfehler wird das Kriterium der Kausalität angesehen.160 Nach dem revisionsrechtlichen Konzept der potentiellen Kausalität sei ein Fehler nur dann relevant, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass er sich auf das Ergebnis ausgewirkt habe. Allerdings ist eine solche Fehlerfolgenvoraussetzung primär nur bei instrumenten zu verstehenden Verfahrensvorschriften anwendbar, mit denen die Qualität einer Entscheidung gesichert werden soll. 1 6 1 Eine weitere Fehlerfolgenvoraussetzung könnte der Aspekt der Evidenz sein, 162 nach der die Fehlerfolge nur dann eintreten soll, wenn die Fehlerhaftigkeit eines Rechtsaktes offensichtlich ist. Beispiele aus der Rechtsordnung bilden etwa §§44 Abs. 1, 46 VwVfG und § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB (die aber mit weiteren Voraussetzungen kombiniert werden). Die Tauglichkeit des Kriteriums wird jedoch in der Literatur zu Recht bezweifelt: Schwierigkeiten ergeben sich zum einen daraus, dass der Zusammenhang zwischen Evidenz und Qualität eines Fehlers zu unsicher ist. 1 6 3 So könne es einerseits schwere und nicht offensichtliche, andererseits weniger schwere, aber evidente Fehler geben. Ein angemessener Ausgleich zwischen Rechtmäßigkeit und Rechtssicherheit lässt sich deshalb mit dem Evidenzkriterium nicht erzielen. Zum anderen bestehen Zweifel hinsichtlich der Bestimmtheit des Kriteriums. 164 Des weiteren könnte als Fehlerfolgenvoraussetzung die Frage des Ermessens bei der Zuerkennung von Rechtsfolgen eine Rolle spielen. 165 So sei eine Behörde etwa nicht gezwungen, einen rechtswidrigen belastenden Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 1 VwVfG zurückzunehmen. Ferner stehe der Kommunalaufsicht ein Ermessen zu, ob sie von den ihr zustehenden Befugnissen Gebrauch machen wolle oder nicht. In diesen Zusammenhang gehöre auch die Entscheidungspraxis des Bundesverfassungsgerichts, sich bei fehlerhaften Rechtssätzen ggf. auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit zu beschränken. Schließlich mag der Eintritt einer Fehlerfolge auch von subjektiven Kriterien abhängig sein, etwa dergestalt, dass vorsätzlich oder wissentlich fehlerhaftes 160 Morlok, Verfahrensfehler, S. 186; vgl. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 370 f. Beispiele sind etwa § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB, Art. 49 Abs. 4 GO (Bayern) und revisionsrechtliche Vorschriften (§ 132 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 VwGO; § 137 Abs. 1 VwGO; § 549 Abs. 1 ZPO; § 337 Abs. 1 StPO). Das Kausalitätsmerkmal ist nunmehr auch in § 46 VwVfG enthalten, siehe Schäfer, in Obermayer, VwVfG, § 46, Rn. 28, so dass die Norm auch bei Ermessensvorschriften anwendbar sein kann. 161 Morlok, Verfahrensfehler, S. 187. Das Kausalitätskriterium könne jedoch nicht bei expressiven und heterologischen Verfahrensvorschriften sowie solchen, die um ihrer selbst willen einzuhalten seien, herangezogen werden. 162 Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 369 f.; Morlok, Verfahrensfehler, S. 170 ff. mit zahlreichen Beispielen. 163 Morlok, Verfahrensfehler, S. 174. 164 Morlok, Verfahrensfehler, S. 177 f. 165 Morlok, Verfahrensfehler, S. 195 ff.
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Handeln sanktioniert wird, fahrlässiges hingegen nicht. Diese Möglichkeit wird in der Literatur jedoch insbesondere für fehlerhafte Rechtssätze abgelehnt. Zum einen ist der Staat in allen seinen Organen bereits objektiv-rechtlich zur Einhaltung der Rechtsordnung wie zum Schutz der Grundrechte der Bürger verpflichtet; zum anderen sind subjektive Elemente auf Einzelmenschen zugeschnitten, deren Übertragung auf Organisationen, die im öffentlichen Recht agieren, regelmäßig Schwierigkeiten bedeutet.166
4. Fehlerfolgenbegrenzungen Sollten die durch Fehlerfolgenvoraussetzungen konkretisierten Aspekte der Rechtssicherheit nicht für die Unbeachtlichkeit eines Mangels streiten, muss es bei der üblichen Sanktion bleiben. Den Bestandsinteressen kann nunmehr lediglich noch auf der Ebene der Sanktion als solcher Rechnung getragen werden. Konstruktiv geschieht dies durch sogenannte Fehlerfolgenbegrenzungen, die zeitlicher, sachlicher oder sozialer Natur sein können. Der Unverbrüchlichkeit des Rechts entspricht es am ehesten, wenn die Fehlerfolge eines rechtswidrigen hoheitlichen Rechtsaktes mit Wirkung ex tunc eintritt. 1 6 7 Dennoch wird hierdurch nicht ausgeschlossen, dass Fehlerfolgen auch zu anderen Zeitpunkten eintreten können, etwa durch das spätere Hinzutreten einer entgegenstehenden höherrangigen Norm oder durch eine allgemeine Rechtsentwicklung. § 5 Abs. 4 BRRG zeigt ferner, dass die Rechtswidrigkeit einer beamtenrechtlichen Ernennung auf die Vergangenheit begrenzt sein kann. Schließlich kann der maßgebliche Zeitpunkt der Fehlerfolge auch in der Zukunft liegen, wenn etwa das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgibt, innerhalb einer bestimmten Frist eine verfassungsmäßige Lage durch Schaffung oder Änderung eines Gesetzes herzustellen. In sachlicher Hinsicht 168 erfolgt eine Fehlerfolgenbegrenzung zum einen durch das Instrument der Teilrechtswidrigkeit bzw. der Teilnichtigkeit, das etwa in den § 44 Abs. 4 VwVfG, § 59 Abs. 3 VwVfG, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO oder § 44 Abs. 1 BWG enthalten ist. Allgemeine Anerkennung hat die Rechtsfigur auch bei den abstrakt-generellen Regelungen gefunden, bei denen es insoweit an einer entsprechenden Norm fehlt. Zum anderen kann die Fehlerhaftigkeit eines (Primär-)Rechtsaktes auf diesen beschränkt werden, so dass Sekundärakte von seiner Rechtswidrigkeit nicht berührt werden. Beispiele bilden etwa § 79 Abs. 2 S. 1 BVerfGG, § 183 VwGO (auch i. V. m. § 47 Abs. 5 S. 3 VwGO) und § 14 S. 1 BBG. 1 6 9 166 Morlok, Verfahrensfehler, S. 195. 167
Morlok, Verfahrensfehler, S. 199, auch zu den folgenden Beispielen. 168 Morlok, Verfahrensfehler, S. 202 ff. 169 Ebenso Käß, Planerhaltung, S. 40.
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er Grundsatz der Planerhaltung
Schließlich könnten die Fehlerfolgen noch in sozialer Hinsicht 170 begrenzt sein, d. h., dass sie nicht unbedingt allen Betroffenen eines Rechtsaktes gegenüber wirksam werden. Hierbei muss allerdings nach der Rechtsnatur der Rechtsakte unterschieden werden. Für rechtswidrige Verwaltungsakte ergibt sich etwa, dass sie nur gegenüber denjenigen aufgehoben werden, die sich dagegen gewehrt und das Eintreten von Bestandskraft verhindert haben. Anders ist es jedoch bei Rechtssätzen: Dem generellen Adressatenkreis eines Rechtssatzes kann nur eine generelle Wirkung der Fehlersanktion entsprechen. Für Rechtssätze gibt es demnach keine soziale Fehlerfolgenbegrenzung.
5. Insbesondere: Der Grundsatz der Planerhaltung Auf die einzelnen Fehlerfolgenvoraussetzungen und Fehlerfolgenbegrenzungen soll an dieser Stelle nicht vertieft eingegangen werden. Dies wird später an anderer Stelle erfolgen. Von Interesse soll hier vielmehr ein weiterer Gesichtspunkt sein, mit dem die Fehleranfälligkeit von Rechtsakten relativiert werden kann. Der Kreis der Ausführungen unter Abschnitt A soll insoweit geschlossen werden, als dass zu untersuchen ist, ob einem Grundsatz der Planerhaltung ebenfalls ein entsprechender Charakter zugeschrieben werden kann. Dabei bedarf es zunächst der Klärung, welche Bedeutung ein solcher Grundsatz überhaupt haben soll. Oben wurde ausgeführt, dass mit seiner Hilfe fehlerhafte Planungen möglichst aufrechterhalten werden sollen; im Einzelfall könnten sich etwa Abwägungsmängel als untergeordnet und deswegen unbeachtlich erweisen. Dies legt den Schluss nahe, dass es sich bei dem Grundsatz der Planerhaltung um ein Abwägungs- oder Optimierungsgebot handeln könnte. Diese Einschätzung wird bestätigt durch eine Stimme in der Literatur, nach der die Frage nach einem solchen Grundsatz lauten soll: „Wenn die Bestandsinteressen an der Erhaltung eines Plans überwiegen und die Rechtmäßigkeitsrestitution nicht durch gewichtigere Verfassungsprinzipien gefordert wird, kann - ausnahmsweise - die zentrale Rechtsfolgennorm der Nichtigkeit eines rechtsfehlerhaften normativen Plans ganz oder teilweise außer Kraft gesetzt werden, der Fehler also in toto unbeachtlich sein oder die Fehlerfolge in der Weise eingeschränkt werden, dass an die Stelle der Nichtigkeitsfolge des Plans insgesamt eine Fehlerbeseitigungsfolge tritt, für die ein differenziertes System der Fehlerfolgen zu entwickeln ist." 1 7 1
Im Einzelfall soll das Eintreten der Fehlerfolge damit von einer Abwägung der widerstreitenden Interessen von materieller Rechtmäßigkeit und Effektivität staatlichen Handelns abhängen. Folglich würde es sich um eine Fehlerfolgen Voraussetzung handeln. Dabei erweist sich ein solcher Grundsatz gegenüber den sonstigen angesprochenen Gesichtspunkten dieser Kategorie als wesentlich abstrakter und unbestimmter. Insoweit bestehen Bedenken, ob er zulässigerweise von Gesetz170 Morlok, Verfahrensfehler, S. 207 ff. 171 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (111); vgl. dens. DVB1. 1996, S. 12 (18); vgl. dens., Abwägung im Recht, S. 133 (155); vgl. dens., DVB1. 1997, S. 1407 (1409).
B. Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung
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gebung oder Rechtsprechung geschaffen werden kann. Es ist daher zu klären, ob in unserer Rechtsordnung die Existenz eines solchen übergeordneten Rechtsgrundsatzes in methodisch-dogmatischer Hinsicht nachgewiesen werden kann.
B. Methodisch-dogmatische Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung Die methodisch-dogmatische Untermauerung eines Grundsatzes der Planerhaltung ist unabdingbar, soll er als überzeugendes Argument zur Aufrechterhaltung von Rechtsakten Verwendung finden. Weder das häufige Scheitern von Raumordnungsplänen vor Gericht noch die oft extrem lange Dauer von Planungsverfahren allein vermögen ihn zu rechtfertigen. Die Existenz eines Planerhaltungsgrundsatzes wurde bei seiner ersten Benennung 1994 aus § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB und den dieser Norm durch das Planungsvereinfachungsgesetz nachgebildeten Vorschriften für das Planfeststellungsrecht hergeleitet. Dieser gedankliche Schluss mochte zwar als Ansatzpunkt gewählt werden; eine dogmatische Begründung liefert er aber nicht. 172 Das Problem wird nur verschoben, da die Frage, wie die genannten Vorschriften einzuordnen sind, offen bleibt. Der Aufgabe, den Grundsatz der Planerhaltung dogmatisch zu untermauern, hat sich vor allem Hoppe angenommen.173 Seiner Ansicht nach könne der Rechtsordnung entnommen werden, dass ein Grundsatz der Planerhaltung bestehe und es zulasse, von den herkömmlichen Fehlerfolgen abzuweichen.
I. Ausgangspunkt: Nichtigkeitsdogma Als Ausgangspunkt der Überlegungen 174 wird das Nichtigkeitsdogma gewählt, demzufolge fehlerhafte Normen ipso iure nichtig seien. Auch wenn es kein Verfassungsgebot oder Verfassungsprinzip darstelle, trage es doch „verfassungsschwere Gehalte" in sich und werde durch „fundamentale Verfassungsaussagen" abgestützt. An dieser Stelle sei lediglich auf den oben dargestellten Streit zwischen Nichtigkeits- und Vernichtbarkeitslehre verwiesen. Das Nichtigkeitsdogma muss allerdings nicht zwingend den Beginn der Überlegungen ausmachen. Insofern bedarf es 172
(1012).
Sendler hat dies später selbst zugegeben, in Planung, Festschrift Hoppe, S. 1011
173 Hoppe, DVB1. 1994, S. 1033 (1041); dersFestschrift Schlichter, S. 87 ff.; ders., DVB1. 1996, S. 12 ff.; ders., Abwägung im Recht, S. 133 ff.; ders./Henke DVB1. 1997, S. 1407 ff.; zweifelnd Redeker, NVwZ 1996, S. 126 (128); ablehnend Bartlsperger, DVB1. 1996, S. 1 ff.; Spannowsky, DÖV 1996, S. 1017 (1023 f.); Blümel, Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 25 ff. 174 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (96); ders., DVB1. 1996, S. 12 (13); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (136).
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2. Kap.: Der Grundsatz der Planerhaltung
hier keiner Streitentscheidung. Maßgeblich ist vielmehr, dass beide Ansichten sich einig sind, dass fehlerhaftes staatliches Handeln im Regelfall sanktioniert werden muss. 175 Insofern sollte von einem „Grundsatz der Nichtigerklärung rechtsfehlerhafter Rechtsnormen" 176 ausgegangen werden.
II. Gedanke der Rechtserhaltung in der Rechtsordnung Im nächsten Schritt wird geprüft, ob sich der Rechtsordnung ein Gedanke der Erhaltung fehlerhafter Rechtsakte entnehmen lässt. 177 Hierzu werden zahlreiche Beispiele aus der Rechtsgeschichte, dem Zivilrecht und dem öffentlichen Recht erörtert. Bereits im römischen Recht lassen sich erste Ansätze erkennen: „Die Gesetze sind wohlwollend auszulegen, dass ihr Wille gewahrt bleibt" 1 7 8 und „Bei mehrdeutigem Wortlaut des Gesetzes soll man lieber die Bedeutung annehmen, die fehlerfrei ist, zumal da auf diese Weise auch der Wille des Gesetzes erschlossen werden kann" 1 7 9 ; des weiteren kann auf den Grundsatz „Das Nützliche wird durch das Unnütze nicht nichtig gemacht" 180 verwiesen werden. Auch im geltenden Zivilrecht enthalten viele Vorschriften das Ziel der Erhaltung von Rechtsakten. Insbesondere gehören hierzu die zahlreichen Heilungsvorschriften bei Fehlen der vorgeschriebenen Schriftform oder notariellen Beurkundung, etwa § 311 b Abs. 1 S. 2, § 518 Abs. 2, § 766 S. 2 BGB oder § 15 Abs. 4 S. 2 GmbHG. 181 Geltungserhaltende Bedeutung hat auch § 2084 BGB, wonach bei verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten einer letztwilligen Verfügung diejenige zu wählen ist, bei der die Verfügung Erfolg haben kann. Besondere Beachtung verdient die Problematik der Teilnichtigkeit von Rechtsgeschäften. 182 Zwar geht § 139 BGB vom Regelfall der Gesamtnichtigkeit aus, 175 Vgl. oben 2. Kapitel A IV 3. 176 So Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 159 f. 177 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (101); ders., DVB1. 1996, S. 12 (13); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (138). 178 „Benignius legis interpretandae sunt, quo voluntas earum conservetur." Vgl. hierzu Hoppe, in Festschrift Schlichter, S. 87 (99). 179 „In ambigua voce legis ea potius accipienda est significatio, quae vitio caret, praesertim cum etiam voluntas legis ex hoc colligi possit." Vgl. hierzu Hoppe, in Festschrift Schlichter, S. 87 (99). 180 „Utile per inutile non vitiatur." Vgl. hierzu Hoppe, in Festschrift Schlichter, S. 87 (99); zur Bedeutung des Rechtssatzes im römischen Recht Seiler, Festschrift Käser, S. 127 (144); hinsichtlich der gemeinrechtlichen Verfestigung siehe Mayer-Maly, Gedenkschrift Gschnitzer, S. 265 (281 f.). 181 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (100); ders., DVB1. 1996, S. 12 (14); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (142); als weitere Beispiele ließen sich noch §§ 566 S. 2 1. Hs., 585 a S. 2 BGB oder § 3 Abs. 1 S. 2 BRAGO anführen. 182 Hoppe, DVB1. 1996, S. 12 (14 ff.); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (144 ff.).
B. Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung
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wenn ein Teil eines Rechtsgeschäfts fehlerhaft ist und weicht damit ganz bewusst 183 vom hergebrachten Grundsatz „Utile per inutile non vitiatur" und anderen Privatrechtskodifikationen ab. Tatsächlich hat sich die Rechtsprechung aber mittlerweile von der Vorschrift gelöst und scheint im Regelfall die Restgültigkeit der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung anzunehmen.184 Dies könne als historischer Beweis für die Existenz und Durchsetzungskraft eines leitenden Rechtsgedankens angesehen werden, der sich sogar gegenüber positivrechtlichen Regelungen durchzusetzen vermöge. 185 Außerdem gilt es zu berücksichtigen, dass mit §§ 2085, 2195 BGB und § 6 Abs. 1 AGBG (= § 306 Abs. 1 BGB n. F.) Regelungen bestehen, die im Gegensatz zu § 139 BGB gerade grundsätzlich von der Restwirksamkeit der fehlerhaften Vereinbarung ausgehen und so dem gemeinrechtlichen Prinzip entsprechen. Ein weiterer Ansatzpunkt für einen leitenden Gedanken der Rechtserhaltung ist in der teleologischen Reduktion von Rechtsnormen enthalten. 186 Als Beispiele 187 kommen etwa Einschränkungen des Anwendungsbereichs der zivilrechtlichen Vorschriften über die Nichtigkeit oder die Folgen der Anfechtung bei Arbeits- 188 oder Gesellschaftsverträgen 189 oder die Einschränkung des Formzwangs des § 125 BGB durch den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB in Betracht. 190 Auch der Grundsatz, dass die Auslegung einer Willenserklärung Vorrang vor ihrer Anfechtung hat, wirkt sich rechtserhaltend aus. 191 Auch im öffentliche Recht deuten viele Gesichtspunkte auf die Existenz eines leitenden Gedankens der Rechtserhaltung hin. 1 9 2 Hierzu gehören die Teilnichtigkeit von Verwaltungsakten und Gesetzen, die Wirksamkeit öffentlich-rechtlicher Sekundärakte, die auf einem fehlerhaften Primärakt beruhen 193 oder der Grundsatz 183 Vgl. Mayer-Maly, Gedenkschrift Gschnitzer, S. 265 (275). 184 Hoppe, DVB1. 1996, S. 12 (15); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (145); Seiler, Festschrift Käser, S. 127 (147); Roth, JZ 1989, S. 411 (412), stellt unter Angabe zahlreicher Nachweise fest, dass der Geltungsbereich des § 139 BGB seit langem zu bröckeln begonnen habe. Auch insoweit sei die Rechtsprechung die treibende Kraft. Vgl. auch Hübner, Festschrift Wieacker, S. 399 (403); vgl. Heinrichs, in Palandt, § 139, Rn. 1, 17 f.; vgl. mit zahlreichen Beispielen Mayer-Maly, in Münchener Kommentar, § 139, Rn. 1 ff.; Roth, in Staudinger, § 139, Rn. 3, 8. 185 Hoppe, DVB1. 1996, S. 12 (15). 186 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (99 f.); ders., DVB1. 1996, S. 12 (14); Hoppe, Abwägung im Recht, S. 133 (142). 187 Siehe hierzu Larenz, Methodenlehre, S. 391 ff. 188 Vgl. statt vieler Putzo, in Palandt, § 611, Rn. 22, m. w. N. 189 Vgl. statt vieler Sprau, in Palandt, § 705, Rn. 18, m. w. N. 190 Vgl. statt vieler Heinrichs, in Palandt, § 125, Rn. 16 ff., m. w. N. 191 Vgl. statt vieler Heinrichs, in Palandt, § 119, Rn. 7, m. w. N. 192 Vgl. Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (102); ders., DVB1. 1996, S. 12 (14); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (139). 193 Morlok, Verfahrensfehler, S. 201, Fn. 254 unter Hinweis auf § 79 BVerfGG und §§ 47, 183 VwGO.
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.
er Grundsatz der Planerhaltung
der Wahlbestandssicherung 194 . Ergänzend kann auf die vielen Unbeachtlichkeitsund Heilungsvorschriften hingewiesen werden, die mittlerweile in den Kommunalgesetzen zahlreicher Länder oder in den Bau- und Fachplanungsgesetzen verankert wurden. 1 9 5 Große Bedeutung kommt auch der verfassungskonformen A u s l e g u n g 1 9 6 durch das Bundesverfassungsgericht zu, wonach die Gesetze i m Einklang mit der Verfassung auszulegen s i n d . 1 9 7 Sie bildet ein weiteres Beispiel für das Bestreben der Rechtsordnung, fehlerhafte Rechtsakte zu erhalten. 1 9 8 Ganz überwiegend wird ihr darüber hinaus genau eine solche Funktion zugewiesen. 1 9 9 Das Bundesverfassungsgericht selbst geht ebenfalls vom Ziel dieser Auslegung aus: „Hier kommt es nur darauf an, dass von der Absicht des Gesetzgebers das Maximum dessen aufrechterhalten wird, was nach der Verfassung aufrechterhalten werden k a n n . " 2 0 0
II. Das „offene 44 Prinzip der Rechtserhaltung Die Summe der zahlreichen Beispiele rechtfertigt noch nicht die Ableitung eines generellen Rechtsgrundsatzes der Erhaltung fehlerhafter Planungsakte. 201 Statt 194 v o n Heyl, Wahlfreiheit und Wahlprüfung, S. 201 ff. 195 Kommunalrecht: § 4 Abs. 4 GemO (Baden-Württemberg); § 5 Abs. 4 GO (Brandenburg); § 5 Abs. 4 HGO (Hessen); § 5 Abs. 5 KV M-V (Mecklenburg-Vorpommern); § 6 Abs. 4 NGO (Niedersachsen); § 7 Abs. 6 GO NW (Nordrhein-Westfalen); § 24 Abs. 6 GemO (Rheinland-Pfalz); § 12 Abs. 5 KSVG (Saarland); § 4 Abs. 4 SächsGemO (Sachsen); § 6 Abs. 4 GO LSA (Sachsen-Anhalt); § 4 Abs. 3 GO (Schleswig-Holstein); § 21 Abs. 4 ThürKO (Thüringen). Baurecht: §§ 214 ff. BauGB. Fachplanungsrecht: § 75 Abs. 1 a VwVfG; § 17 Abs. 6 c FStrG; § 19 Abs. 4 WaStrG; § 10 Abs. 8 LuftVG; § 29 Abs. 8 PBefG; § 20 Abs. 7 AEG. 196 Vgl. hierzu Larenz, Methodenlehre, S. 339 ff. 197 BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 1953, E 2, S. 266 (282); Urteil vom 28. Mai 1993, E 88, S. 203 (331). Weitere Nachweise im 2. Kapitel A V I 1. 198 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (102 f.); ders., DVB1. 1996, S. 12 (16 f.); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (148 ff.). 199 Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 80, 83; Vosskuhle, AöR 2000, S. 177 (183); Zippelius, Festgabe 25 Jahre Bundesverfassungsgericht, Band II, S. 108, (109 f. m. w. N.), spricht vom „favor legis"; vgl. Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 633; vgl. Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 437; ablehnend Prümm, Verfassung und Methodik, S. 93 f., 97, 266. 200 BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 1958, E 8, S. 28 (34); Beschluss vom 25. April 1972, E 33, S. 52 (70). 201 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (101); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (142 f.); ders., DVB1. 1996, S. 12 (17): Insbesondere könne er noch nicht als Prinzip im Sinne der Lehre Alexys angesehen werden, der ein solches als Norm qualifiziere; ablehnend Bartlsperger, DVB1. 1996, S. 1 (Fn. 7). Vgl. hierzu Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 75 ff. Seiner Ansicht nach sind Prinzipien Normen, die gebieten, dass etwas in einem relativ auf die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten möglichst hohem Maße realisiert wird. Es handele sich demnach um Optimierungsgebote. Konflikte zwischen zwei Prinzipien seien - anders als ein Regelkonflikt - nicht auf der Ebene der Geltung sondern auf der Ebene des Gewichts, also im Rahmen einer Abwägung zu lösen. Siehe auch Larenz, Methodenlehre, S. 475.
B. Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung
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dessen könne der Rechtsordnung auf dieser Ebene nur ein sie durchwirkender, leitender Gedanke der Rechtserhaltung entnommen werden. Es handele sich um ein aus dem positiven Recht gewonnenes202, „offenes" Prinzip, also ein Prinzip ohne Normcharakter. 203 Ein „offenes" Prinzip zeichne sich im Unterschied zu einem rechtssatzförmigen Prinzip dadurch aus, dass eine Einzelfallentscheidung nur im letzteren Fall unmittelbar aus ihm abgeleitet werden könne. 204 Allgemeine Rechtsgedanken seien lediglich „Grund, Kriterium und Rechtsfolge" einer Sollensnorm, „Anfangsgründe einer Regelung", „starting points" einer Entwicklung. 205 Um ihnen den Charakter einer Sollensnorm zuschreiben zu können, bedürfen sie der Konkretisierung. 206 Diese Aufgabe obliegt zunächst dem Gesetzgeber; der letzte Schritt im Hinblick auf den Einzelfall erfolgt aber immer durch die Rechtsprechung. 207 Als Konkretisierung des „offenen" Prinzips der Rechtserhaltung kann man einen Rechtsgrundsatz der Normerhaltung ansehen, der wiederum für den Bereich des Planungsrechts eine Konkretisierung in einem Grundsatz der Planerhaltung erfahren kann. 208
IV. Zulässigkeit der Entwicklung eines rechtssatzförmigen Prinzips im Bauplanungsrecht? Es stellt sich die Frage, ob sich das „offene" Prinzip der Rechtserhaltung durch die Gesetzgebung oder Rechtsprechung bereits zu einem rechtssatzförmigen Prinzip verdichtet hat. 2 0 9 Vorab ist festzuhalten, dass der Übergang von einem „offenen" zu einem rechtssatzförmigen Prinzip nicht starr, die Grenze vielmehr fließend ist und nicht genau ausgemacht werden kann. 210 202 Vgl. Canaris, Lücken im Gesetz, S. 97 ff. Weitere Grundlage zur Entwicklung eines Prinzips könne die ihm zugrunde liegende Rechtsidee oder die Natur der Sache sein. Die Grenzen zwischen den einzelnen Kriterien seien allerdings fließend. 203 Hoppe, DVB1. 1996, S. 12 (17); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (152), jeweils unter Hinweis auf Larenz, Methodenlehre, S. 474 ff. 204 Larenz, Methodenlehre, S. 479 f. 205 Larenz, Richtiges Recht, S. 26; Hoppe, DVB1. 1996, S. 12 (17); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (152), jeweils m. w. N. 206 Larenz, Methodenlehre, S. 474 f.; vgl. Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, S. 94. Vgl. Canaris, Lücken im Gesetz, S. 161; vgl. dens., Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 57; vgl. Bydlinski, Methodenlehre, S. 132; vgl. Fikentscher, Methoden des Rechts, Band IV, S. 216. 207 Larenz, Methodenlehre, S. 474 f.; vgl. dens., Richtiges Recht, S. 24; Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (101); ders., DVB1. 1996, S. 12 (17); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (152); vgl. Battis, Festschrift Hoppe, S. 303 (315). 208 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (102); ders., DVB1. 1996, S. 12 (18); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (153). 209 Genauere Ausführungen hierzu finden sich lediglich bei Hoppe/Henke, DVB1. 1997, S. 1407 (1408 f.). Ablehnend Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 436.
5 Stemwede
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2. Kap.: Der Grundsatz der Planerhaltung
Die Problematik ist auf dieser Stufe einer abstrakten Lösung nicht mehr zugänglich. Besteht diese Möglichkeit noch für einen allgemeinen Gedanken der Rechtserhaltung, lässt sich die nachfolgende Frage eines verbindlichen Grundsatzes der Planerhaltung nur noch anhand einzelner Rechtsgebiete beantworten. Dies ist auch dadurch bedingt, dass ein einheitliches Raumplanungsrecht in der Bundesrepublik nicht existiert: Raumplanung erfolgt aufgrund verschiedenster Vorschriften und in den verschiedensten Rechtsformen. 211 Die Frage der Konkretisierung ließe sich abstrakt allenfalls bei Vorliegen eines einzigen Raumplanungsgesetzes beantworten. Die Ausführungen sollen sich daher auf das Bauplanungsrecht beschränken. Bei Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Fehlerfolge und Planungsaufwand ist der Bedarf nach einem verbindlichen Planerhaltungsgrundsatz dort am größten, obwohl die gesetzgeberische Entwicklung im Verhältnis zum übrigen Raumplanungsrecht schon fortgeschritten ist.
1. Konkretisierung durch die Gesetzgebung a) Konkretisierung durch Schaffung eines allgemeinen Planerhaltungsgebots im Bauplanungsrecht Einerseits könnte eine Konkretisierung für das Bauplanungsrecht durch die Gesetzgebung erfolgt sein. Hiergegen wird jedoch vorgebracht, dass der Gesetzgeber des BauROG 1998 212 trotz eines entsprechenden Vorschlags 213 auf die Normierung eines allgemeinen Gebots der Planerhaltung dergestalt, dass eine Planung im Zweifel auch bei Abwägungsfehlern unter der Voraussetzung der Wahrung der Gesamtkonzeption der Planung zu bestätigen sei, verzichtet hat. 2 1 4 Dies soll aber nicht bedeuten, dass ein Rechtsgrundsatz der Planerhaltung ohne praktische Folge bleiben müsse: Ein Rückgriff auf die hinter einer Norm stehenden allgemeinen Rechtsgedanken gehöre zur objektiv-teleologischen Auslegung von Normen. Lasse eine Norm Elemente erkennen, die Ausdruck eines bestimmten Rechtsgedankens sein könnten, könne dies einen wichtigen Hinweis für ihre Auslegung bieten. 215 In der Zukunft könnte die Rechtslage anders aussehen, da eine Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches im August 2002 empfohlen hat, einen 210 Larenz, Methodenlehre, S. 480. 211 Vgl. 2. Kapitel A II. 212 Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung vom 18. August 1997, BGBl. I, S. 2081. 213 Hoppe, DVB1. 1994, S. 1033 (1041). 214 Bericht der Kommission zur Novellierung des Baugesetzbuches vom 28. Oktober 1995, Rn. 108; vgl. Hoppe/Henke, DVB1. 1997, S. 1407 (1409); vgl. Henke, Planerhaltung, S. 48. 215 Henke, Planerhaltung, S. 47 f.; Hoppe/ders., DVB1. 1997, S. 1407 (1408 f.).
B. Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung
67
Grundsatz der Planerhaltung zu normieren. 216 Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber diesem Vorschlag folgen wird. b) Konkretisierung durch die Überschrift vorden §§ 214ff. BauGB
„Planerhaltung"
Andererseits wird in der Literatur auf die durch den Gesetzgeber des BauROG 1998 geschaffene Überschrift „Planerhaltung" des Vierten Abschnitts vor den §§ 214 ff. BauGB verwiesen. In Überschriften, die auch Teil des Gesetzestextes seien und den Richter binden würden, bringe der Gesetzgeber häufig seine Motive zum Ausdruck. 217 Die nachfolgenden Vorschriften müssten teleologisch dahingehend untersucht werden, ob ihr verfassungskonformer Zweck in der gesetzlichen Überschrift zum Ausdruck gekommen sei; sei dies der Fall, müsse der Richter im Regelungsbereich dieses Abschnitts die Überschrift als Zielvorgabe des Gesetzgebers respektieren und danach entscheiden.218 Da die §§ 214 ff. BauGB gerade die Fehlerfolgen von Bauleitplänen regelten, beschäftigten sie sich mit der Planerhaltung, was als Motiv des Gesetzgebers in der Überschrift zum Ausdruck komme. Dies rechtfertige es, den Planerhalt als einen Leitgedanken des Gesetzes einzuordnen, der für den Richter verbindlich sei und den dieser bei jeder Abwägung über das rechtliche Schicksal rechtsfehlerhafter Bebauungspläne zu beachten habe. 219 Mit jeder Abwägung sei nicht nur die Abwägung bei der Auslegung und Anwendung der §§ 214 ff. BauGB, sondern auch erst recht bei der Rechtsfortbildung zur Lückenschließung im Regelungsabschnitt Planerhaltung gemeint. 220 Für das Bauplanungsrecht dürfte sich nach dieser Auffassung das „offene" Prinzip zu einem rechtssatzförmigen Prinzip verdichtet haben.
c) Eigene Auffassung Allgemein lässt sich die Frage aufwerfen, wie die Konkretisierung eines „offenen" zu einem rechtssatzförmigen Prinzip durch die Gesetzgebung erfolgen kann. Teilweise ist auf dessen ausdrückliche Normierung abgestellt worden. 221 Dies mag zwar ein eindeutiger und klarer Weg sein, eine verbindliche Regelung zu erreichen; er stellt aber nicht die einzige Möglichkeit dar. Das ergibt sich schon daraus, dass die Literatur zwischen „offenen" und rechtssatzförmigen Prinzipien und Rechtsnormen mit sehr weit gefassten Tatbeständen unterscheidet. 222 Die Normierung 216
Vgl. im einzelnen 4. Kapitel A II. 217 Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 167. 2
18 Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 169.
™ Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 170 f. 22 0 Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 171, Fn. 554, siehe auch S. 169. 22
1 Henke, Planerhaltung, S. 48; Hoppe/ders., Larenz, Methodenlehre, S. 480.
222
5*
DVB1. 1997, S. 1407 (1409).
68
2. Kap.: Der Grundsatz der Planerhaltung
eines Planerhaltungsgebots im Bauplanungsrecht würde im Sinne dieses Systems nicht die Konkretisierung zu einem rechtssatzförmigen Prinzip, sondern die Schaffung einer Rechtsnorm mit weit gefasstem Tatbestand bedeuten.223 Die Entwicklung eines rechtssatzförmigen Prinzips muss folglich auch auf anderem Wege geschehen können. Sonst könnten die nicht normierten Grundsätze der Vertragsfreiheit und der Formfreiheit der Verträge im Zivilrecht 224 nicht als solche Prinzipien eingestuft werden. Insofern ist der Begründungsansatz verfehlt, wonach das Planerhaltungsgebot einer ausdrücklichen Normierung bedarf, um aus ihm im Einzelfall Entscheidungen ableiten zu können. Die gegenteilige Ansicht stützt sich auf die Überschrift „Planerhaltung" vor den §§ 214 ff. BauGB. Auch wenn eine Überschrift selbst nicht den Charakter einer Norm trägt, ist sie doch ohne Zweifel Bestandteil des Gesetzestexts. Ob die Beachtung eines Grundsatzes der Planerhaltung damit aber zugleich Verbindlichkeit für die Rechtsprechung erlangt, bedarf genauerer Untersuchung. Möglicherweise können mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungsmethoden der §§ 214 ff. BauGB Erkenntnisse hinsichtlich der Rechtsverbindlichkeit des Prinzips gewonnen werden. Hierbei handelt es sich zwar streng genommen um Rechtsfortbildung, da bereits die erstmalige Auslegung einer Norm oder diejenige, die von einer vorherigen Deutung abweicht, eine rechtsfortbildende Maßnahme darstellt. Dennoch soll eine Erörterung hier erfolgen, weil das Ergebnis jedenfalls im Gesetz verankert ist. Ausgangspunkt der Überlegungen bleibt, dass eine ausdrückliche Normierung eines Grundsatzes der Planerhaltung bisher nicht erfolgt ist. Dieser Tatsache kann jedenfalls Indizwirkung beigemessen werden. Die semantische Auslegung 225 der Planerhaltungsvorschriften bringt keinerlei Erkenntnisgewinn: Mit dieser Hilfe können nun die §§ 214 ff. BauGB untersucht und Einzelfragen geklärt werden. Die eigentliche Frage wird hiermit jedoch nicht beantwortet werden können. Das Wort „Planerhaltung" taucht dabei nur in der Überschrift des Regelungsabschnitts auf. Hieraus lassen sich hinsichtlich der Existenz eines verbindlichen Grundsatzes keine Schlüsse ziehen. Gleiches gilt für die systematische Auslegung 226 des Gesetzes: Da sich eine Norm möglichst widerspruchsfrei in die Rechtsordnung einfügen soll, können aus der Funktionsweise des Systems zwar Rückschlüsse für ihre Anwendung gezogen werden. Hier kann 223 Hiergegen könnte eingewandt werden, dass Larenz, Methodenlehre, S. 480, zahlreichen ausdrücklich normierten Verfassungsprinzipien, wie etwa dem Grundsatz „nulla poena sine lege" (Art. 103 Abs. 2 GG) oder dem Verbot von Ausnahmegerichten (Art. 101 GG) auch den Charakter von rechtssatzförmigen Prinzipien zuschreibt. 22 4 Larenz, Methodenlehre, S. 480. 225
Larenz, Methodenlehre, S. 320 ff.; Blasius/Büchner, Verwaltungsrechtliche Methodenlehre, S. 160 f.; Fikentscher, Methoden des Rechts, Band III, S. 670 ff.; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 230 ff.; Zippelius, Methodenlehre, § 8. 226 Larenz, Methodenlehre, S. 324 ff.; Blasius/Büchner, Verwaltungsrechtliche Methodenlehre, S. 161 f.; Fikentscher, Methoden des Rechts, Band III, S. 672 ff.; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 243 ff.; Zippelius, Methodenlehre, § 10 III.
B. Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung
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jedoch lediglich festgestellt werden, dass die §§ 214 ff. BauGB in dem Regelungsabschnitt „Planerhaltung" zusammengefasst sind, ohne dass dies weitere Wertungen zulässt. Die objektiv-teleologische Auslegung berücksichtigt die ratio legis, mit ihr werden Zweck oder Ziele der jeweiligen Normen ermittelt. 227 Maßgeblich ist hierbei nicht der subjektive Wille des Gesetzgebers, sondern der verobjektivierte Wille des Gesetzes.228 Gesetze können nämlich aufgrund der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung bzw. der gesellschaftlichen Anschauungen eine ihnen eigene Wirksamkeit, ein Eigenleben, entfalten, das über das hinausgeht, was der Gesetzgeber ursprünglich beabsichtigt hatte, möglicherweise sogar von seinen Vorstellungen abweicht. 229 Der Sinn der §§ 214 ff. BauGB wird in der Überschrift treffend zum Ausdruck gebracht: Fehlerhafte Pläne sollen in ihrer Wirksamkeit möglichst stabilisiert werden. Dieser Gedanke ist also die ratio der einzelnen Vorschriften. Ob aber aus der Überschrift ihre allgemeine Verbindlichkeit hergeleitet werden kann, erscheint fraglich. Zum einen kommt einer Überschrift im wesentlichen die (deklaratorische) Bedeutung zu, die nachfolgenden Regelungen unter einem bestimmten Aspekt zusammenzufassen. Zum anderen stellt sich die Frage, welchen Sinn die einzelnen Vorschriften noch haben sollen, wenn der hinter ihnen stehende Gedanke selbst rechtsverbindlich wäre. In diesem Fall wären sie nicht mehr erforderlich und könnten aufgehoben werden. Außerdem muss auch die Struktur der einzelnen Vorschriften berücksichtigt werden, sind doch teilweise Fehler bei § 214 BauGB grds. unbeachtlich, während § 215 zusätzlich erfordert, dass der Fehler nicht innerhalb einer bestimmten Frist gerügt worden ist (als negative Fehlerfolgenvoraussetzung). Ganz anders ist die Struktur des ergänzenden Verfahrens nach § 215 a BauGB: Die Norm ist abstrakt gefasst, so dass sie sich anders als §§ 214 f. BauGB nicht auf einen spezifischen Fehleraspekt bezieht. Aufgrund dieser Differenzierungen erscheint es kaum möglich, die Einzelvorschriften als „Regelbeispiele" eines übergeordneten, verbindlichen Planerhaltungsgrundsatzes anzusehen. Der Plan des Gesetzes scheint demnach eine übergeordnete Generalklausel abzulehnen und ein System von Einzelregelungen zu favorisieren. 230 Das bedeutet auch, dass allein aus der Anzahl bestehender Einzelregelungen nicht auf die Verbindlichkeit der hinter ihnen stehenden ratio geschlossen werden kann. Eine solche 227 Larenz, Methodenlehre, S. 333 ff.; Blasius/Büchner, Verwaltungsrechtliche Methodenlehre, S. 163 f.; Fikentscher, Methoden des Rechts, Band III, S. 676 ff.; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 272 ff.; vgl. Zippelius, Methodenlehre, § 10 II. 228 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 318 f.; vgl. Blasius/Büchner, Verwaltungsrechtliche Methodenlehre, S. 157 ff.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Januar 1974, DVB1. 1974, S. 420 (423). 229
Larenz, Methodenlehre, S. 317; Blasius/Büchner, Verwaltungsrechtliche Methodenlehre, S. 158. 230 Ein ähnliches Beispiel gibt Canaris, Lücken im Gesetz, S. 95 f., für den Bereich der Gefährdungshaftung: Aus dem fest abgegrenzten Katalog von Einzeltatbeständen der Gefährdungshaftung könne geschlossen werden, dass das Gesetz eine allgemeine Regelung gerade nicht wolle.
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2. Kap.: Der Grundsatz der Planerhaltung
Ansicht würde zudem das Bedürfnis nach einem verbindlichen Planerhaltungsgebot verkennen: Ein solches besteht nur, soweit nicht genügend Planerhaltungsvorschriften bestehen oder diese nicht in der Lage sind, der Planfehlerfolge angemessen zu begegnen. Je mehr Vorschriften hingegen existieren, die einem Grundsatz der Planerhaltung Rechnung tragen, desto geringer ist auch das Bedürfnis nach einem verbindlichen Planerhaltungsgrundsatz. 231 Darüber hinaus spricht noch ein weiterer Aspekt gegen die Existenz eines verbindlichen Grundsatzes der Planerhaltung: Es wurde bereits erörtert, welche diffizile verfassungsrechtliche Problematik hinter der Frage der Erhaltung fehlerhafter Rechtsakte steckt. Insbesondere dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten kommt hier ambivalenter Charakter zu. Diese verfassungsrechtlichen Prinzipien sind zueinander in Ausgleich zu bringen. Die differenzierten Einzelregelungen zeigen aber, dass dieser Ausgleich im geltenden Recht nur in Form einzelner Instrumente erfolgen soll, die lediglich Konkretisierungen eines Grundsatzes der Planerhaltung sind. Im Ergebnis besteht also der Sinn der §§ 214 ff. BauGB darin, ein System von Einzelregelungen zu schaffen, mit deren Hilfe fehlerhafte Pläne nach Möglichkeit erhalten werden sollen. Ein verbindlicher Grundsatz der Planerhaltung kann mit Hilfe der objektiv-teleologischen Auslegung nicht ausgemacht werden. Möglicherweise lässt sich dieses Ergebnis mit Hilfe der historischen Auslegung bestätigen. Diese Methode untersucht, welche Vorstellungen der historische Gesetzgeber beim Erlass der auszulegenden Normen verwirklichen wollte. 2 3 2 Dem Merkmal der Entstehungsgeschichte eines Gesetzes wird nach allgemeiner Auffassung allerdings keine allzu große Bedeutung beigemessen.233 Sie vermag regelmäßig nur das gefundene Auslegungsergebnis zu bestätigen,234 könnte hier aber klären, warum ein verbindlicher Grundsatz der Planerhaltung nicht normiert wurde und welche Bedeutung der neuen Überschritt „Planerhaltung" im Gegensatz zur alten Überschrift „Wirksamkeitsvoraussetzungen" zukommen soll. Schwierigkeiten ergeben sich bereits insoweit, als dass festzustellen ist, wessen Wille bei der historischen Auslegung maßgeblich ist. Dass hierbei nicht jeder einzelne Abgeordnete, der für den Gesetzentwurf gestimmt hat, befragt werden kann, ist offensichtlich. Nach ganz allgemeiner Ansicht kann auf die Gesetzesmateria231 Henke, Planerhaltung, S. 50; vgl. Käß, Planerhaltung, S. 255. 232 Larenz, Methodenlehre, S. 328 ff.; Fikentscher, Methoden des Rechts, Band III, S. 674 ff.; Zippelius, Methodenlehre, § 10 II; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 247 ff. 233 Schmalz, Methodenlehre, Rn. 263 f.; vgl. Blasius/Büchner, Verwaltungsrechtliche Methodenlehre, S. 158. 234 BVerfG, Urteil vom 21. Mai 1952, E 1, S. 299 (312); Beschluss vom 29. Januar 1974, DVB1. 1974, S. 420 (423). Später wechselte der Wortlaut der Entscheidungen von „nur" zu „vor allem" zur Bestätigung des Auslegungsergebnisses: BVerfG, Beschluss vom 12. November 1958, E, 8, S. 274 (307); Beschluss vom, 11. Januar 1966, E 19, S. 354 (362); vgl. zur Entwicklung BGH, Urteil vom 30. Juni 1966, BGHZ 46, S. 74 (79 f.).
B. Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung
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lien, d. h. etwa auf die dem Gesetzentwurf beigefügten Begründungen oder die in den Fachausschüssen und im Parlament erfolgten Diskussionen zurückgegriffen werden. 235 Versucht man nun die beiden o. a. Fragen anhand der Gesetzesmaterialien zu beantworten, so ergibt sich folgendes: Der Verzicht auf einen verbindlichen Planerhaltungsgrundsatz wird weder von der Bundesregierung, dem Bundesrat noch dem Ausschuss für Bauwesen, Raumordnung und Städtebau begründet. 236 Das ist nun nicht unbedingt überraschend, da die Begründung eines Gesetzes in der Regel nur Aussagen zu den zu erlassenden Vorschriften, nicht aber zu der Frage, warum bestimmte Vorschriften nicht erlassen werden, enthalten wird. Hingegen handelt es sich bei der Überschrift „Planerhaltung" um eine Gesetzesänderung, bei der der Gesetzesinterpret mit einer Begründung rechnen könnte. Aber auch hier fehlt es an einer Aussage.237 Den einzigen Hinweis enthält die Begründung der Bundesregierung, die auf einen entsprechenden Vorschlag der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches verweist. 238 Der Verzicht auf einen verbindlichen Planerhaltungsgrundsatz und die Änderung der Überschrift lassen sich möglicherweise mit Hilfe des Berichts der Expertenkommission erklären. In der Tat finden sich hier Hinweise. Die Kommission hat ganz bewusst auf den Vorschlag der Normierung eines allgemeinen Planerhaltungsgrundsatzes verzichtet. Es sei aufgrund der notwendigen Abwägung eines solchen Grundsatzes mit anderen widerstreitenden Grundsätzen und Prinzipien Sache des Gesetzgebers, die Folgen zu regeln, die beim Verstoß gegen eine Norm eintreten würden. Die Fehlerfolgen sollten daher nicht der Abwägung des Rechtsanwenders überlassen werden. 239 Die Einführung der neuen Überschrift wird damit begründet, dass deutlich gemacht werden soll, dass die §§ 214 ff. BauGB der Planerhaltung dienen. 240 Eine Konkretisierung des offenen Prinzips der Planerhaltung 235 Schmalz, Methodenlehre, Rn. 265; Zippelius, Methodenlehre, § 10 II; Filcentscher, Methoden des Rechts, Band III, S. 674; Larenz, Methodenlehre, S. 328 f., differenziert hinsichtlich der Bedeutung der Auslegungsergebnisse zwischen den Grundabsichten des Gesetzgebers, der „Tendenz" des Gesetzes auf der einen und den konkreten Normvorstellungen auf der anderen Seite. Ersterer sei ein höheres Gewicht beizumessen, da es eher dem Willen des Gesetzgebers entspreche. Auf die Auffassungsunterschiede kommt es hier im Ergebnis nicht an, soll die historische Auslegung nur unterstützend herangezogen werden. 236 Vgl. Bundestags-Drucksache 13/6392 einschließlich Anlage 2 und Bundestags-Drucksache 13/7589. 237 Vgl. für den Bundesrat Bundestags-Drucksache 13/6392, Anlage 2, und für den Ausschuss für Bauwesen, Raumordnung und Städtebau Bundestags-Drucksache 13/7589. 23 « Bundestags-Drucksache 13/6392, S. 73. 239 Bericht der Kommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs vom 28. Oktober 1995, Rn. 107 f. 240 Bericht der Kommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs vom 28. Oktober 1995, Rn. 125. Was allerdings die Formulierung „Um dies und die Geltung des Grundsatzes der Planerhaltung [ . . . ] " bedeuten soll, nachdem die Kommission doch gerade seine Normierung ablehnt, bleibt unklar.
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2. Kap.: Der Grundsatz der Planerhaltung
zu einem rechtssatzförmigen Prinzip sollte nach dem Willen der Kommission also gerade nicht erfolgen. 241 Diese Absicht würde konterkariert, würde man die Ableitung eines solchen Prinzips anhand der neugefassten Überschrift vornehmen. Es bedarf noch der Klärung, ob diese Ansicht im Rahmen der historischen Auslegung berücksichtigt werden darf. Schließlich steht die Kommission außerhalb des Gesetzgebungsverfahrens. Für eine Berücksichtigung ihrer Auffassung sprechen allerdings mehrere Anhaltspunkte. Zunächst hat die Bundesregierung in ihrer amtlichen Begründung zum BauROG 1998, die zulässige Quelle der historischen Auslegung ist, mehrfach darauf hingewiesen, dass die Gesetzesänderungen auf Vorschläge der Expertenkommission zurückgehen. 242 Folglich wird sie nicht nur deren Vorschläge, sondern auch deren Begründungen übernommen haben. Es wäre Formalismus, wenn man eine Abschrift der Begründung verlangen würde. Des weiteren dürften zusätzliche Materialien insbesondere dann Berücksichtigung finden, wenn es um die Frage geht, warum der Gesetzgeber auf den Erlass einer bestimmten Regelung - hier eines allgemeinen Planerhaltungsgrundsatzes - verzichtet hat, da es in solchen Fällen regelmäßig an einer Begründung fehlen wird. Außerdem kann von den einzelnen Abgeordneten heute nicht mehr verlangt werden, dass sie sich mit jedem von ihnen zu beschließenden Gesetz umfassend auseinandersetzen. Gerade deshalb geschieht ein wesentlicher Teil der Arbeit in den Ausschüssen;243 nicht selten werden Kommissionen eingesetzt, die entsprechende Gesetzesvorschläge erarbeiten sollen. Der Gesetzgeber selbst ist also gar nicht mehr in der Lage, in den amtlichen Begründungen bis ins letzte Detail auf Zwecke und Absichten, die mit dem Gesetz verbunden sind, einzugehen, so dass er sich die Begründung der eigentlichen Gesetzesverfasser zu eigen machen wird. 2 4 4 Daher darf die Ansicht der Expertenkommission hier (mindestens) als unterstützendes Kriterium bei der historischen Auslegung Berücksichtigung finden. Die Auslegung der §§ 214 ff. BauGB führt insgesamt zu dem Ergebnis, dass durch die Überschrift „Planerhaltung" keine Konkretisierung zu einem rechtssatzförmigen Prinzip der Planerhaltung erfolgt ist. Weitere Möglichkeiten, wie der Gesetzgeber eine Konkretisierung vorgenommen haben könnte, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen fehlt es in der Literatur an abstrakten Vorschlägen, wie die Konkretisierung zu einem rechtssatzförmigen Prinzip erfolgen kann, ohne dass eine ausdrückliche Normierung erfolgt. 245 241 Vgl. Bericht der Kommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs vom 28. Oktober 1995, Rn. 106. 242 Bundestags-Drucksache 13/6392, S. 73, hinsichtlich der Überschrift „Planerhaltung". 243 Vgl. Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 473; vgl. Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 580. 244
Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 120. Selbst für Larenz, Methodenlehre, S. 328 f., der hierbei differenziert, dürfte die Auffassung als konkrete Normvorstellung im Rahmen der historischen Auslegung Berücksichtigung finden, wenn er ihr auch weniger Gewicht beimessen würde. 245 Vgl. insbesondere Larenz, Methodenlehre, S. 480, nach dessen Auffassung eine entsprechende legislative Konkretisierung möglich sein müsste.
B. Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung
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2. Konkretisierung durch Rechtsfortbildung Die Konkretisierung des offenen Prinzips der Planerhaltung zu einem rechtssatzförmigen Prinzip könnte alternativ grundsätzlich auch durch die Rechtsprechung im Rahmen richterlicher Rechtsfortbildung erfolgen. Möglicherweise hat sie bereits entsprechende erste Schritte unternommen. Ferner stellt sich die Frage, ob ein solches Vorgehen überhaupt methodisch zulässig wäre.
a) Ansätze in der Rechtsprechung zur Existenz eines Planerhaltungsgrundsatzes Soweit ersichtlich hat die Rechtsprechung bisher keine unmittelbare Aussage zur Existenz eines Planerhaltungsgrundsatzes getroffen, geschweige denn eine Entscheidung damit begründet. 246 Das Bundesverwaltungsgericht dürfte allerdings der Ansicht zuneigen, sein Bestehen abzulehnen.247 Diese Tendenz lässt sich zwei Entscheidungen des Gerichts entnehmen. Die maßgeblichen Leitsätze lauten folgendermaßen: „Eine allgemeine und im wesentlichen nur von einem gewissen Zeitablauf, nicht aber von besonderen konkreten Umständen abhängige „Vermutung", dass jeder Bebauungsplan unter Beachtung des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens zustande gekommen sei, wird durch das Bundesrecht nicht begründet, sondern im Gegenteil - in dieser Form und Reichweite - ausgeschlossen."248 „Ein Rechtssatz des Inhalts, dass die Gültigkeit eines Bebauungsplans, der an einem Ausfertigungsmangel leidet und deshalb nach dem einschlägigen Landesrecht als unwirksam zu qualifizieren ist, nach Ablauf eines gesetzlich nicht näher bestimmten Zeitraums oder nach Verwirklichung der in ihm enthaltenen Festsetzungen nicht mehr in Frage gestellt werden darf, ist dem einfachen Bundesrecht fremd. Er lässt sich auch nicht aus dem Gebot der Rechtssicherheit und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit herleiten." 249
Zwar sieht das Gericht den möglichen Anknüpfungspunkt, um von den Fehlern der jeweiligen Bebauungspläne abweichen zu können, nicht in einem allgemeinen Planerhaltungsgrundsatz. Das überrascht schon deshalb nicht, weil beide Entscheidungen ergangen sind, bevor der Begriff in der Literatur auftauchte oder jedenfalls verstärkt diskutiert wurde. Dafür wird auf die Aspekte des Zeitablaufs bzw. der 246
So auch Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 644. Vgl. auch Henke, Planerhaltung, S. 49. 24 » BVerwG, Urteil vom 7. September 1979, DVB1. 1980, S. 230. Beachte jedoch, dass die Kommission zur Novellierung des Baugesetzbuches die Normierung einer Vermutungsregelung vorgeschlagen hat, hierzu 4. Kapitel A III. 249 BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1995, Buchholz 406.11 § 12 BauGB Nr. 20. Vgl. auch zur verneinten Frage der Entstehung eines Bebauungsplans durch Gewohnheitsrecht das Urteil vom 26. Mai 1978, E 55, S. 369 (377 f.); vgl. zu letzterem Aspekt auch Käß, Planerhaltung, S. 92 ff. 247
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2. Kap.: Der Grundsatz der Planerhaltung
Verwirklichung der planerischen Festsetzungen abgestellt. Beide könnten als Ausprägung oder Konkretisierung eines Planerhaltungsgrundsatzes in Form von Fehlerfolgenvoraussetzungen verstanden werden, wenn auch noch auf einem hohen Abstraktionsniveau. Das Gericht lehnt es aber ab, eine Rechtswirksamkeit der Bebauungspläne auf diese Aspekte zu stützen. Wenn hieraus auch nicht zwingend geschlossen werden kann, dass es einen verbindlichen Planerhaltungsgrundsatz in jedem Fall ablehnen würde, so würde eine solche Entscheidung doch nahe liegen und sich in die bisherige Rechtsprechung einfügen. Im Ergebnis scheint die Rechtsprechung der Auffassung zu sein, dass im Wege richterlicher Rechtsfortbildung die Entwicklung eines rechtssatzförmigen Prinzips nicht möglich ist. b) Eigener Ansatz aa) Schwierigkeiten im Hinblick auf das Verständnis des Konkretisierungsbegriffs Zunächst bestehen bereits Bedenken, die mit dem Verständnis des Konkretisierungsbegriffs zusammenhängen. Der Rechtsprechung solle die Aufgabe zukommen, im Hinblick auf den Einzelfall die letzte Konkretisierung vorzunehmen. 250 Konkretisierung bedeutet, dass aus einem Prinzip Unter-Prinzipien zu entwickeln sind, die ggf. die Entwicklung weiterer Unter-Prinzipien nach sich ziehen können. So stellt beispielsweise der Gedanke, dass Pläne möglichst erhalten werden sollen, u. a. 2 5 1 eine Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips dar. Einzelfallentscheidungen können aus den Prinzipien höherer Stufen nicht unmittelbar abgeleitet werden. 252 Dies kann erst auf der letzten Konkretisierungsstufe erfolgen, also derjenigen, auf der die Rechtsprechung agiert. Das offene Prinzip der Planerhaltung soll nun aber gerade noch der Konkretisierung bedürfen, damit es rechtssatzförmigen Charakter erhalten kann. 253 Insoweit erscheint es problematisch, wenn die Rechtsprechung dem Grundsatz der Planerhaltung selbst rechtssatzförmigen Charakter zuschreiben soll, da dies gerade keine Konkretisierung bedeuten würde. Statt dessen würde das offene Prinzip selbst festgeschrieben und so „normiert". Eine Konkretisierung des Grundsatzes der Planerhaltung durch die Rechtsprechung kann daher lediglich in der Entwicklung einzelner Instrumente liegen, etwa eines Kausalitäts- oder Evidenzkriteriums. Die Gemeinsamkeit dieser Instrumente besteht darin, dass ihre ratio in der Planerhaltung zu sehen ist; sie führen aber nicht dazu, dass der hinter ihnen stehende Gedanke selbst rechtssatzförmigen Charakter erhält. 2 5 4 250 Larenz, Methodenlehre, S. 474. 251 Vgl. hierzu 2. Kapitel A V 2 b. 252 Larenz, Methodenlehre, S. 474. 253 Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (101); ders., DVB1. 1996, S. 12 (18); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (152 f.); ders./Henke, DVB1. 1997, S. 1407 (1408).
B. Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung
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Damit ist noch nicht gesagt, dass die Rechtsprechung kein verbindliches Planerhaltungsgebot schaffen könnte. Um eine Konkretisierung eines offenen Prinzips würde es sich aber nicht handeln.
bb) Methodische Ansätze zur Entwicklung eines verbindlichen Planerhaltungsgrundsatzes Die größere Schwierigkeit liegt darin, ob die Rechtsprechung überhaupt in methodisch zulässiger Weise einen verbindlichen Grundsatz der Planerhaltung schaffen kann. Da eine gesetzliche Regelung diesbezüglich nicht vorhanden ist, würde eine entsprechende gerichtliche Entscheidung eine Maßnahme richterlicher Rechtsfortbildung bedeuten. Dies wirft die Frage nach ihren Voraussetzungen und Grenzen auf. Richterliche Rechtsfortbildung kann auf drei verschiedenen Ebenen erfolgen, die üblicherweise als Auslegung, gesetzesimmanente und gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung bezeichnet werden. 255 (1) Auslegung Bereits die Auslegung einer Norm kann eine Rechtsfortbildung darstellen. Die Grenze dieser Methode ist der mögliche Wortsinn der Norm. 2 5 6 Wie bereits erörtert, kann durch Auslegung der §§ 214 ff. BauGB ein verbindlicher Grundsatz der Planerhaltung nicht hergeleitet werden, so dass diese Methode keinen Erkenntnisgewinn bringt. (2) Gesetzesimmanente Rechtsfortbildung Auf der zweiten Ebene steht die gesetzesimmanente Rechtsfortbildung. Sie geht über den möglichen Wortsinn des Gesetzes hinaus, spielt sich aber noch im Rahmen der Regelungsabsicht, dem Plan und der immanenten Teleologie des Gesetzes ab. 2 5 7 Voraussetzung ist das Vorliegen einer Regelungslücke. Hierbei handelt es sich um eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes.258 Das Vor254
Dieser Denkfehler findet sich bei Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (101); ders., DVB1. 1996, S. 12 (18); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (152 f.); ders./Henke, DVB1. 1997, S. 1407 (1408); außerdem auch bei Henke, Planerhaltung, S. 48 ff. 255 Vgl. hierzu Larenz, Methodenlehre, S. 366. 256
Larenz, Methodenlehre, S. 366; Zippelius, Methodenlehre, § 10 VI; vgl. Fikentscher, Methoden des Rechts, Band III, S. 670; BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 1985, E 71, S. 108 (115); BGH, Urteil vom 30. 6. 1966, BGHZ 46, S. 74 (76). 257 Larenz, Methodenlehre, S. 370. 258 Larenz, Methodenlehre, S. 370; Canaris, Lücken im Gesetz, S. 39; Fikentscher, Methoden des Rechts, Band III, S. 719; Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 176; Elze, Lücken im Gesetz, S. 3 ff.
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2. Kap.: Der Grundsatz der Planerhaltung
liegen einer Lücke wird also in zwei Schritten ermittelt. Zunächst muss die Unvollständigkeit des Gesetzes festgestellt werden. Es muss folglich eine Regelung vermissen lassen, die nach der zugrunde liegenden Regelungsabsicht eine solche erfordert hätte. 259 Dies bedeutet für das Bauplanungsrecht: Die ratio legis der §§ 214 ff. BauGB besteht darin, einzelne Mängel bestimmter städtebaulicher Regelungen in ihren Auswirkungen auf die Wirksamkeit dieser Regelungen zu begrenzen: Es soll nicht bei den üblichen Fehlerfolgen bleiben. Hinter den Normierungen kann deshalb der Gedanke der Planerhaltung ausgemacht werden. Dieser Gedanke hätte auch in eine Generalklausel gefasst werden können. Hiermit könnten außerdem zusätzliche Mängel erfasst werden, die in den Einzelnormen bisher nicht geregelt sind, so zum Beispiel die Teilunwirksamkeit von Bebauungsplänen. Eine solche Regelung besteht nicht, obwohl sie die ratio legis der §§ 214 ff. BauGB ebenso enthielte, nur eben einen höheren Abstraktionsgrad aufweisen würde. Eine Unvollständigkeit des Gesetzes kann deshalb angenommen werden. Ob eine solche Generalklausel angesichts der bestehenden Einzelregelungen für die Praxis erforderlich wäre, ist eine hier nicht zu beantwortende rechtspolitische Frage. Ferner muss die Unvollständigkeit des Gesetzes planwidrig sein. Kann dieses Merkmal nicht nachgewiesen werden, ist der Richter zur Rechtsfortbildung nicht befugt. 260 Das Vorliegen einer Lücke ist vom Standpunkt des Gesetzes selbst, der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht, der mit ihr verfolgten Zwecke, des gesetzgeberischen „Plans" zu beurteilen. 261 Der zugrunde liegende Regelungsplan ist dabei mit Hilfe der teleologischen und der historischen Auslegung zu erschließen. Maßgeblich ist also der verobjektivierte Wille des Gesetzgebers. Ob ein Gesetz planwidrig unvollständig ist, hängt von der Ursache der Unvollständigkeit ab. Hierbei ist zu differenzieren: Eine unbewusste Regelungslücke liegt vor, wenn der Gesetzgeber eine regelungsbedürftige Frage übersehen hat oder irrtümlicherweise bereits für geregelt hält. 2 6 2 In diesem Fall kann sie mit Hilfe des anzunehmenden Willens des Gesetzes geschlossen werden. Andererseits kann der Gesetzgeber das Problem bereits gekannt haben, hat aber ganz bewusst auf eine Regelung verzichtet. Dann liegt eine bewusste Regelungslücke vor. 2 6 3 Entweder, weil die Lösung schwieriger Probleme Rechtsprechung und Rechtswissenschaft überlassen oder weil eben keine Regelung getroffen werden sollte. Nur im ersteren Fall kann - hier ist dies sogar erwünscht - die Lücke im Wege gesetzesimmanenter 259 Larenz, Methodenlehre, S. 372 f. Streng genommen beinhaltet der Relativsatz bereits das Merkmal der Planwidrigkeit. 260
Canaris, Lücken im Gesetz, S. 198. Larenz, Methodenlehre, S. 373; Canaris, Lücken im Gesetz, S. 32, m. w. N. zu den älteren Gegenauffassungen. 261
262
Larenz, Methodenlehre, S. 379; vgl. Schmalz, Methodenlehre, Rn. 383. Blasius/Büchner, Verwaltungsrechtliche Methodenlehre, S. 170 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 379; Canaris, Lücken im Gesetz, S. 198; vgl. Schmalz, Methodenlehre, Rn. 383. 263
B. Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung
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Rechtsfortbildung geschlossen werden. 264 Ansonsten ist das Gesetz nicht lücken-, sondern allenfalls rechtspolitisch fehlerhaft, wenn es Ergebnisse zur Folge hat, die dem herrschenden Rechtsgefühl widersprechen. Ein rechtspolitischer Fehler kann niemals durch Lückenschließung beseitigt werden. 265 Schafft der Gesetzgeber keine Abhilfe, bleibt nur Raum für eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung. 266 Überträgt man diese Überlegungen auf den Bereich des Bauplanungsrechts, ergibt sich folgendes: Anhand der herkömmlichen Auslegungsmethoden wurde erarbeitet, dass der Gesetzesplan die Existenz eines verbindlichen Grundsatzes der Planerhaltung nicht vorsieht. Dies ergibt sich aus objektiv-teleologischen, insbesondere aber auch aus historischen Erwägungen: Denn der Kommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs war 1995 das Problem der Planerhaltung bekannt, 267 so dass eine bewusste Regelungslücke vorliegt. Von einer Normierung einer eigenständigen Regelung des Rechtsgrundsatzes der Planerhaltung wurde aber ganz bewusst abgeraten, um die Fehlerfolgen nicht der Abwägung des Rechtsanwenders zu überlassen. 268 Die Entwicklung eines solchen Grundsatzes sollte also auch nicht Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen werden; der Gesetzgeber wollte schlicht keinen verbindlichen Planerhaltungsgrundsatz. 269 Das Kriterium der Planwidrigkeit ist demnach nicht gegeben, so dass es bereits an einer Regelungslücke fehlt. Damit ist es der Rechtsprechung verwehrt, im Wege gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung einen verbindlichen Grundsatz der Planerhaltung zu schaffen. Dies würde sonst die Teleologie des Gesetzes und den Willen des Gesetzgebers konterkarieren, unzulässigerweise in den der Gesetzgebung zugewiesenen Bereich eingreifen und den Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG verletzen. 270 Im Übrigen würde sich ein weiteres Problem stellen, selbst wenn eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes hätte angenommen werden können. Dann hät264 Vgl. Schmalz, Methodenlehre, Rn. 386; vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 374. 265 Blasius/Büchner, Verwaltungsrechtliche Methodenlehre, S. 169 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 374; vgl. Canaris, Lücken im Gesetz, S. 33 f. 266 So Larenz, Methodenlehre, S. 374. 267 Bericht der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs vom 28. Oktober 1995, Rn. 102 ff. 268 Bericht der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs vom 28. Oktober 1995, Rn. 108. 269 Zu dem gleichen Schluss gelangt Canaris, Lücken im Gesetz, S. 95 f., für den Bereich der Gefährdungshaftung, allerdings mit einer anderen Begründung: Aus dem fest abgegrenzten Katalog von Einzeltatbeständen der Gefährdungshaftung könne geschlossen werden, dass das Gesetz eine allgemeine Regelung gerade nicht wolle. Ob dieses letztlich als argumentum e contrario einzuordnende Argument auf den Bereich der Planerhaltung übertragen werden kann, erscheint im Hinblick auf die noch offene Frage, ob die §§ 214 ff. BauGB abschließend sind, zweifelhaft. Eines Rückgriffs hierauf bedarf es aber angesichts des eindeutigen gesetzgeberischen Willens auch nicht. 270 Vgl. hierzu Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 253; Jarass, in Jarass / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 42 f.; Sachs, GG, Art. 20, Rn. 120.
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2. Kap.: Der Grundsatz der Planerhaltung
te die nächste Schwierigkeit darin bestanden, mit welcher Methode die Lücke zu schließen wäre. Schließlich soll keine Entscheidung für den Einzelfall, sondern ein übergeordneter Rechtsgrundsatz gewonnen werden. Die Analogie, die hier am ehesten in Betracht zu ziehen wäre, erfüllt nun aber gerade nur den Zweck, für eine bestimmte Fallgruppe eine Lösung zu entwickeln. 271 Ob die Entwicklung eines übergeordneten Grundsatzes der Planerhaltung sich daher noch in den Grenzen zulässiger gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung bewegen würde, erscheint sehr fraglich. (3) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung Die dritte Ebene betrifft die sogenannte gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung. 272 Sie orientiert sich auch nicht mehr allein an der ratio legis, der immanenten Teleologie des Gesetzes selbst, sondern an einem darüber hinausgreifenden Rechtsgedanken, bewegt sich also „extra legem", aber doch noch „intra ius". 2 7 3 Deshalb ist sie nur in sehr engen Grenzen zulässig, der Gewaltenteilungsgrundsatz des Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG verbietet ein Übergreifen der Rechtsprechung in den Bereich der Gesetzgebung; erstere darf also grundsätzlich nicht selbst einen „Quasi-Normtext" formulieren. 274 Zunächst ist die gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung gegenüber der einfachen Gesetzesauslegung und der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung subsidiär, scheidet also aus, wenn eine Problemlösung mit den milderen Mitteln der Rechtsgewinnung bewerkstelligt werden kann. 275 Des weiteren muss ein zwingender Grund, ein übergreifendes Rechtsprinzip vorliegen, der es rechtfertigt, über den Plan des Gesetzes hinaus rechtsschöpferisch tätig werden zu können. 276 Dieser Grund kann in einem unabweisbaren Bedürfnis des Rechtsverkehrs 277 , in der Natur der Sache 278 , in der Existenz eines rechtsethischen Prinzips 2 7 9 oder in einem zwingenden Erfordernis sozialer Gerechtigkeit 280 gesehen 271
Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 377; vgl. Schmalz, Methodenlehre, Rn. 393. Teilweise wird dieses methodische Vorgehen auch als Rechtsfortbildung contra legem bezeichnet, vgl. etwa Schmalz, Methodenlehre, Rn. 439 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, S. 496 ff.; kritisch, Fikentscher, Methoden des Rechts, Band III, S. 726 ff.; die Konstruktion ablehnend Müller, Festschrift Universität Heidelberg, S. 65 ff. 273 Larenz, Methodenlehre, S. 414. 274 Larenz, Methodenlehre, S. 426 f.; Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 134 m. w. N. 27 5 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 426. 272
276 Larenz, Methodenlehre, S. 413 ff.; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 439 ff. Die folgenden Beispiele sind aus diesen Lehrbüchern entnommen worden. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Februar 1973, E 34, S. 269 (287): Realisierung von Wertvorstellungen, die der verfassungsmäßigen Rechtsordnung immanent sind. 277 Hierzu gehören z. B. die Sicherungsübereignung und das Anwartschaftsrecht. 278 Beispiel ist die Nichtanwendung der Regelungen der BGB-Gesellschaft für den nicht rechtsfähigen Verein nach § 54 Abs. 1 BGB. 279 Hierzu gehören etwa die Lehren von Rechtsmissbrauch und Verwirkung und das allgemeine Persönlichkeitsrecht.
B. Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung
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werden. Auch wenn wegen eines dauernden Versagens des Gesetzgebers ein echter Rechtsnotstand entstanden ist, kann ein solcher Grund vorliegen. 281 Schließlich müssen sowohl das Ob als auch das Wie der Rechtsfortbildung mit der Rechtsordnung insgesamt, den in ihr enthaltenen Zwecken und Wertungen übereinstim282
men. Ein verbindlicher Planerhaltungsgrundsatz für den Bereich des Bauplanungsrechts konnte mit Hilfe der Auslegung bzw. der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung nicht entwickelt werden. Insofern ist die Voraussetzung der Subsidiarität gegeben. Allerdings könnte bezweifelt werden, ob sich die Rechtsprechung im Wege gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung auch gegen den erklärten Willen des Gesetzgebers durchzusetzen vermag, der gerade keinen verbindlichen Planerhaltungsgrundsatz vorsieht. Das kann hier aber offen bleiben, da die Frage des Vorliegens eines zwingenden Grundes noch problematischer ist. Schließlich ist der Gedanke, dass die Fehleranfälligkeit der Bauleitpläne und Satzungen des Baugesetzbuches zu reduzieren ist, bereits in den §§ 214 ff. BauGB enthalten, so dass es gar keines Rückgriffs auf übergeordnete Aspekte des Rechtsverkehrs oder rechtsethischer Prinzipien bedarf. Da diese Normen dem Gedanken der Planerhaltung durchaus Rechnung tragen, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es unabweisbare Bedürfnisse des Rechtsverkehrs oder gar einen echten Rechtsnotstand gibt, die es rechtfertigen würden, sich im Wege gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung über die Teleologie des Gesetzes und den Willen des Gesetzgebers hinwegzusetzen. Jede anderweitige Entscheidung wäre als unzulässiges rechtspolitisches Handeln einzustufen. Folglich darf die Rechtsprechung auch auf diesem Weg keinen verbindlichen Planerhaltungsgrundsatz schaffen.
cc) Ergebnis Der Rechtsprechung ist es verwehrt, im Wege richterlicher Rechtsfortbildung das „offene" Prinzip der Planerhaltung zu einem rechtssatzförmigen Prinzip zu verdichten. Allein mit der Existenz eines Grundsatzes der Planerhaltung dürfte sie im Bauplanungsrecht keine Entscheidung begründen, würde sonst unzulässigerweise in den der Gesetzgebung zugewiesenen Bereich eingreifen.
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Die Kategorie wird nur von Schmalz, Methodenlehre, 2. Aufl., Rn. 359, angeführt. Als Beispiel dient das Streikrecht. 281 Larenz, Methodenlehre, S. 427 f. 282 Larenz, Methodenlehre, S. 402; Schmalz, Methodenlehre, 2. Aufl., Rn. 356. Unzutreffenderweise fordert Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 132, darüber hinaus noch die Offenheit der gesetzlichen Regelung. Diese ist aber nur im Bereich der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung erforderlich.
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2. Kap.: Der Grundsatz der Planerhaltung
3. Ergebnis Weder die Gesetzgebung noch die Rechtsprechung haben ein rechtssatzförmiges Prinzip der Planerhaltung entwickelt, aus dem unmittelbar Entscheidungen abgeleitet werden könnten. Der Rechtsprechung ist dies im geltenden Recht aus methodischen und - damit zusammenhängend - verfassungsrechtlichen Gründen ohnehin verwehrt. Es gibt keinen verbindlichen Planerhaltungsgrundsatz im Bauplanungsrecht.
V. Aussagegehalt eines offenen Prinzips der Planerhaltung Kann ein verbindlicher Planerhaltungsgrundsatz im Bauplanungsrecht nicht ausgemacht werden, stellt sich die Frage, welche Bedeutung dem offenen Prinzip der Planerhaltung in der Praxis zukommt. Teilweise wird - wie bereits geschildert - vertreten, dass der Gedanke der Rechtserhaltung bei der objektiv-teleologischen Auslegung von Normen Berücksichtigung finden könne: Lasse eine Norm Elemente erkennen, die Ausdruck eines bestimmten Rechtsgedankens sein könnten, so könne dies einen wichtigen Hinweis für ihre Auslegung bieten. 283 Genauere Ausführungen, welche Folgen hiermit verbunden sein sollen, finden sich indessen nicht. Nicht bestritten werden soll, dass der Sinn einer Norm, etwa des § 214 BauGB, in der Aufrechterhaltung eines bestimmten Rechtsaktes besteht. Weitere Schlüsse lassen sich hieraus jedoch nicht ziehen. Im Normalfall wird sich der Rechtsanwender auf die Subsumtion der entsprechenden Normen zu beschränken haben. Der Rechtsgedanke der Planerhaltung hat aber nicht mehr Einfluss als andere Kriterien und kann nicht als Optimierungsgebot verstanden werden. Das Prinzip der Planerhaltung ist nur ein Auslegungsaspekt neben gleichwertigen anderen. 284 Ein Auslegungsergebnis kann also nicht allein deshalb richtig sein, weil es dem offenen Prinzip der Planerhaltung Rechnung trägt. 285 Um zu vermeiden, dass die Auslegung den Aspekt der Planerhaltung unzulässigerweise überbewertet, ist daher vorgeschlagen worden, sich ganz von den Begriffen des Prinzips oder Grundsatzes der Planerhaltung zu verabschieden. 286 Die momentane Rechtslage vermag es nicht, einem Grundsatz der Planerhaltung größere Bedeutung zu verschaffen. Wenn es auch lobenswert erscheint, Pläne vor Gericht nicht unnötig scheitern zu lassen, so kann diesem Ziel kein gewichtigerer Rang als anderen ebenso beachtenswerten Aspekten eingeräumt werden. Insoweit ist der oben geschilderten Auffassung zuzustimmen. Allerdings sollte man nicht so weit gehen, die Verwendung des Begriffs gänzlich zu streichen, da sonst die Gefahr 283 284 285 286
Henke, Planerhaltung, S. 47 f.; Hoppe/ders., Rüde, Planreparatur, S. 58. Rüde, Planreparatur, S. 58. Rüde, Planreparatur, S. 59.
DVB1. 1997, S. 1407 (1408 f.).
B. Begründung des Grundsatzes der Planerhaltung
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besteht, dass das grundsätzlich beachtenswerte Ziel der Planerhaltung (wieder) in den Hintergrund gerät. 287 Wünschenswerte Ansätze in der Literatur seit Mitte der 90er Jahre hätten sich dann als bloßes Strohfeuer entpuppt. Ohne den Gerichten eine generelle Abwägungsverpflichtung zwischen den Bestandsinteressen und den Rechtmäßigkeitsinteressen hinsichtlich eines fehlerhaften Plans aufzuerlegen, sollten sie sich bei ihren Entscheidungen doch immer der widerstreitenden Interessen bewusst sein. Dieses Bewusstseinserfordernis dürfte die weitere Existenz eines offenen Prinzips der Planerhaltung rechtfertigen.
VI. Folgerungen für die weitere Untersuchung Fehlt es im Bauplanungsrecht an einem verbindlichen Gebot, fehlerhafte Pläne möglichst aufrechtzuerhalten, wird sich die folgende Untersuchung auf einzelne Instrumente beschränken müssen, mit denen dieses Ziel erreicht werden kann. Insofern wird die Problematik näher konkretisiert, gleichsam um eine Stufe nach unten verschoben. Dieses System weist zwar einerseits eine geringere Flexibilität gegenüber einem verbindlichen Planerhaltungsgrundsatz auf; andererseits ist mit ihm mehr Rechtsklarheit für den Planbetroffenen verbunden, der sich sicherer auf die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Planung verlassen kann.
287 Diese Gefahr besteht wegen der Reformvorhaben allerdings ohnehin nicht, vgl. 4. Kapitel A II. 6 Steinwede
Drittes Kapitel
Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht Auch ohne einen verbindlichen Planerhaltungsgrundsatz kann die Fehleranfäligkeit der Pläne des geltenden Städtebaurechts auf verschiedenen Wegen reduziert werden. Zum einen hat der Gesetzgeber mit dem Erlass der §§ 214 ff. BauGB verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung gestellt. Die Ausgestaltung dieser Instrumente durch einfache Normauslegung obliegt dabei der Rechtsprechung. Zum anderen besteht für sie daneben die Möglichkeit, innerhalb der Grenzen gesetzesimmanenter und gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung neue Hilfsmittel zu entwickeln, die als Konkretisierung eines Grundsatzes der Planerhaltung verstanden werden können. Das dritte Kapitel differenziert deshalb in zwei Abschnitten zwischen Planerhaltung durch Gesetz und richterlicher Rechtsfortbildung.
Erster Abschnitt
Planerhaltung durch Gesetz Der erste Abschnitt setzt sich mit den Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 ff. BauGB auseinander. Zunächst soll allgemein und in einem groben Überblick auf die Entwicklung der Gesetzgebung seit 1976 eingegangen werden. Im Anschluss daran werden heutiger Anwendungsbereich und Systematik der Normen dargestellt. Auch dies soll möglichst kurz gehalten werden und dient der Klärung, in welchen Bereichen und unter welchen Voraussetzungen Planerhaltung durch Gesetz in Betracht kommt, damit im anschließenden Abschnitt eine Abgrenzung zu planerhaltenden Maßnahmen durch richterliche Rechtsfortbildung erfolgen kann. Den letzten Teil dieses Abschnitts bildet die Frage der Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit dem höherrangigen Recht.
1. Abschn.: A. Entwicklung der Fehlerfolgenregelungen im Städtebaurecht
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A. Entwicklung der Fehlerfolgenregelungen im Städtebaurecht Erst seit dem Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 (BauROG 1998) 1 gibt es i m Baugesetzbuch einen Abschnitt, der den Titel Planerhaltung trägt. Die Problematik der Erhaltung fehlerhafter Rechtsakte i m Bauplanungsrecht und deren gesetzliche Verankerung sind jedoch deutlich älter. Bereits seit Mitte der 70er Jahre gibt es Bestrebungen, die Bauleitpläne weniger rechtsmittelanfällig zu machen. 2
I. Novelle 1976 BBauG I m Rahmen der Novelle des Bundesbaugesetzes aus dem Jahre 1976 3 wurde eine erste Norm geschaffen, die dem Interesse der „Bestandskraft von Satzungen" und der Bürger 4 Rechnung tragen sollte. Sie lautete folgendermaßen: § 155 a Verletzung von Verfahrens- und Form Vorschriften beim Zustandekommen von Satzungen !
Eine Verletzung von Verfahrens- und Form Vorschriften dieses Gesetzes beim Zustandekommen von Satzungen nach diesem Gesetz ist unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich unter Bezeichnung der Verletzung innerhalb eines Jahrs seit Inkrafttreten der Satzung gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden ist. 2 Dies gilt nicht, wenn die Vorschriften über die Genehmigung oder die Veröffentlichung der Satzung verletzt worden sind. 3 Bei der Veröffentlichung der Satzung ist auf die Rechtsfolgen nach den Sätzen 1 und 2 hinzuweisen. 4 Die Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans hinsichtlich der Berücksichtigung der sozialen Belange bestimmt sich allein nach § 1 Abs. 6 und 7, hinsichtlich der Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung allein danach, ob das Verfahren nach § 2 a Abs. 6 eingehalten worden ist. Vom Anwendungsbereich her bezog sich die Vorschrift auf Satzungen nach dem Bundesbaugesetz. Durch einen Verweis in § 86 Abs. 1 StBauFG galt sie zudem auch für Satzungen nach dem Städtebauförderungsgesetz. 5 Form- und Verfahrens1
Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG) vom 18. August 1997, BGBl. I, S. 2081 ff. 2 Vgl. zur Entstehungsgeschichte Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, Vorb §§ 214-216, Rn. 3 ff.; Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 9 ff.; Dürr, in Brügelmann, Baugesetzbuch, § 214, Rn. 3 ff. Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 214, Rn. 1 ff.; Koch/Hendler, Baurecht, § 18, Rn. 6; Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 15; Käß, Planerhaltung, S. 59 ff. 3
Gesetz zur Änderung des Bundesbaugesetzes vom 18. August 1976, BGBl. I, S. 2221 ff. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 22. August 1974, Bundestags-Drucksache 7/2496, S. 62. 5 Gesetz über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden (Städtebauförderungsgesetz - StBauFG) vom 27. Juli 1971, BGBl. I, S. 1125 ff. Vgl. zur Geltung des § 155 a BBauG a. F. Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 9. 4
6*
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
fehler des Flächennutzungsplans waren hingegen wie bisher zu behandeln. Materiell-rechtliche Fehler wurden von der Norm gar nicht erfasst, 6 führten also weiterhin zur Nichtigkeit der entsprechenden Satzungen. In systematischer Hinsicht begrenzte § 155 a BBauG 1976 die Fehlerfolgen in zweierlei Hinsicht: Einerseits wurde mit den Sätzen 1 bis 3 eine Norm geschaffen, nach der die meisten Form- und Verfahrensfehler unbeachtlich wurden, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres gerügt worden waren. Andererseits ergab sich aus Satz 4 der Vorschrift im Umkehrschluss, dass dort nicht genannte Vorschriften, die die Berücksichtigung sozialer Belange und die Bürgerbeteiligung betrafen, hinsichtlich der Rechtsverbindlichkeit bedeutungslos waren. Eine Verletzung des § 13 a Abs. 1 oder der §§ 2 a Abs. 2 bis 5 BBauG 1976 sollte demnach nicht zur Ungültigkeit des Bebauungsplans führen.
II. Beschleunigungsnovelle 1979 Die 1976 eingeleitete Rechtsentwicklung wurde bereits drei Jahre später fortgesetzt7, um unvertretbare Belastungen für die Gemeinden und der Interessen bauwilliger Bürger zu vermeiden. Die Erweiterung und Verbesserung der Heilungsvorschriften wurde sogar als „eigentlicher Kernpunkt" 8 der Beschleunigungsnovelle angesehen. Der bisherige § 155 a BBauG wurde in redaktionell angepasster Form übernommen, sein Anwendungsbereich aber auch auf Flächennutzungspläne erstreckt. Zudem sah der neue § 155 a Abs. 5 BBauG vor, dass die Gemeinde einen Flächennutzungsplan oder Satzungen mit Rückwirkung erneut in Kraft setzen konnte, wenn sie zuvor Verfahrens- oder Formfehler behoben hatte. Wesentliche Neuerungen brachte § 155 b BBauG. Zum einen stellte Abs. 1 einen Katalog von zusätzlichen Mängeln auf, die sich auf die Rechtswirksamkeit eines Bauleitplans nicht auswirken sollten, wenn die Grundsätze der Bauleitplanung und die Anforderungen an die Abwägung (§ 1 Abs. 6 und 7 BBauG 1979) gewahrt waren. Auf Anregung der kommunalen Spitzenverbände wurde zudem mit § 155 b Abs. 2 BBauG eine Regelung hinsichtlich der Beachtlichkeit von Abwägungsmängeln geschaffen. Um zu vermeiden, dass nach der Beschlussfassung über einen Bauleitplan eine Änderung der städtebaulichen Verhältnisse eintrat, die sich auf die Rechtmäßigkeit der Abwägung hätte auswirken können, normierte § 155 b Abs. 2 S. 1 BBauG, dass für sie die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgebend war. Nach Satz 2 sollten Mängel im Abwägungs6 Hinsichtlich der sozialen Belange in S. 4 war dies jedoch umstritten, vgl. Käß, Planerhaltung, S. 66, Fn. 42 m. w. N. 7 Gesetz zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht vom 6. Juli 1979, BGBl. I, S. 944 ff. 8 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 21. Mai 1979, Bundestags-Drucksache 8/2885, S. 35.
1. Abschn.: A. Entwicklung der Fehlerfolgenregelungen im Städtebaurecht
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Vorgang nur dann erheblich sein, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen waren. Mit § 155 c BBauG schließlich wurde klarstellend geregelt, dass die für die Bauleitpläne zuständige Genehmigungsbehörde unabhängig von §§ 155 a oder b BBauG verpflichtet war, die Einhaltung sämtlicher Vorschriften zu prüfen.
I I I . Baugesetzbuch Im Rahmen der Schaffung des Baugesetzbuchs9 wurden die Vorschriften neu strukturiert und erweitert. Die Unbeachtlichkeits- und Heilungsnormen wurden erstmals in einem eigenen, mit Wirksamkeitsvoraussetzungen betitelten Abschnitt in den §§ 214-216 BauGB zusammengefasst. § 155 b BBauG 1979 wurde durch §214 BauGB ersetzt, ohne dass wesentliche inhaltliche Änderungen vorgenommen worden wären. Die Regelungen des § 155 a BBauG 1979 wurden in § 215 BauGB übernommen. Auf Anregung des Bundesrates10 wurde die Regelung zudem in § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB auf Mängel der Abwägung erstreckt, sofern sie nicht innerhalb von sieben Jahren ordnungsgemäß gerügt worden waren. Der bisherige § 155 c BBauG 1979 erhielt eine Anpassung an das Baugesetzbuch in § 216 BauGB.
IV. BauGB-Maßnahmengesetz Ende der 80er Jahre kam es zu Engpässen in der Wohnraumversorgung, deren Ursache in der wohlstandsbedingten Steigerung von Nutzungsansprüchen, geänderten Wohnformen sowie erheblichen Migrationsprozessen zu sehen war. 11 Dies veranlasste den Gesetzgeber dazu, die gesetzlichen Grundlagen für eine forcierte Ausweisung von Wohnland zu schaffen, was 1990 in Form des BauGB-Maßnahmengesetzes12 geschah. Vornehmliches Ziel des bis zum 31. Dezember 1997 befristeten 13 Gesetzes war es, alle im Baugesetzbuch vorhandenen Möglichkeiten zur Verfahrenserleichterung und -Verkürzung bei der Bauleitplanung aufzuspüren und auszuschöpfen. 9 Gesetz über das Baugesetzbuch vom 8. Dezember 1986, BGBl. I, S. 2191 ff. 10 Vgl. Stellungnahme des Bundesrats vom 13. Februar 1986, Bundestags-Drucksache 10/5027, S. 22. 11 Koch/Hendler, Baurecht, § 11, Rn. 17; vgl. Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 3 I; vgl. Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 35. 12 Gesetz zur Erleichterung des Wohnungsbaus im Planungs- und Baurecht sowie zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften (Wohnungsbau-Erleichterungsgesetz - WoBauErlG) vom 17. Mai 1990, BGBl. I, S. 926 ff. Es wurde reformiert durch das Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland (Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz - Inv.-WoBaulG) vom 22. April 1993, BGBl. I, S. 466. 13 Vgl. § 1 BauGB-MaßnahmenG 1990 und § 20 BauGB-MaßnahmenG 1993.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Im Zuge dieses Vorhabens wurden in § 9 BauGB-MaßnahmenG Unbeachtlichkeitsvorschriften geschaffen, die nach dessen Abs. 4 zusätzlich zu den §§ 214 ff. BauGB gelten sollten. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Gesetzes war nach § 2 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG, dass ein Bebauungsplan zur Deckung eines dringenden Wohnbedarfs der Bevölkerung aufgestellt, geändert oder ergänzt werden sollte. Beurteilte die Gemeinde diese Voraussetzung nicht richtig, wandte sie aber die Sondervorschriften des Maßnahmengesetzes an, obwohl an sich die Normen des Baugesetzbuchs einschlägig gewesen wären, so konnte hierin eine Verletzung der Vorschriften über die Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange, das Verhältnis des Bebauungsplans zum Flächennutzungsplan oder des Anzeigeverfahrens liegen. § 9 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG erklärte eine solche Verletzung allerdings für unbeachtlich. Gleiches galt nach Abs. 2 der Vorschrift für weitere formelle Fehler. Gemäß § 17 BauGB-MaßnahmenG findet § 9 auch nach dem Außerkrafttreten des Gesetzes am 31. Dezember 1997 Anwendung auf Bebauungspläne und Satzungen, die unter seiner Anwendung aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben wurden. Der Überleitungsvorschrift kann aufgrund der Antragsfrist bei § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO heute allerdings nur noch Bedeutung bei Inzidentprüfungen von Bebauungsplänen zukommen.
V. Bauplanungs- und Zulassungsverordnung Für das Gebiet der damaligen DDR wurde 1990 kurz vor der Deutschen Einheit die Bauplanungs- und Zulassungsverordnung 14 erlassen. Sie hatte vom 31. Juli bis zum 2. Oktober 1990 Gültigkeit 15 und sah in deren §§ 58 f. den §§ 214 ff. BauGB weitgehend identische Vorschriften vor. Zusätzlich war in § 58 Abs. 3 BauZVO eine Regelung über den Vorhaben- und Erschließungsplan enthalten.
VI. Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 Eine weitere Modifizierung der Unbeachtlichkeits- und Heilungsvorschriften erfolgte durch das BauROG 199816. Hierbei wurde zunächst der Titel des Abschnitts 14 Verordnung zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und der Investitionen in den Gemeinden (Bauplanungs- und Zulassungsverordnung - BauZVO) vom 20. Juni 1990, GBl. der DDR I, S. 739 ff. 15 Vgl. Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Einheit Deutschlands, 3, Fn. 2. 16 Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG) vom 18. August 1997, BGBl. I, S. 2081 ff. Im Recht der Raumordnung wurde mit § 10 ROG im übrigen eine Rahmenregelung geschaffen, nach der die Länder den §§ 214 ff. BauGB vergleichbare Unbeachtlichkeits-
1. Abschn.: A. Entwicklung der Fehlerfolgenregelungen im Städtebaurecht
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von „Wirksamkeitsvoraussetzungen" zu „Planerhaltung" geändert. § 214 Abs. 1 S. 1 und § 216 BauGB erfuhren Änderungen redaktioneller Art. In § 215 Abs. 1 BauGB wurden die Wörter „unbeachtlich sind" durch „unbeachtlich werden" ersetzt, um die bis dahin in der Verwaltungsgerichtsbarkeit umstrittene Frage zu entscheiden, ob der Prüfungsumfang der Verwaltungsgerichte von einer Rüge i. S. d. § 215 BauGB abhängig war. 17 Die bisherige Vorschrift des § 215 Abs. 3 BauGB wurde in materiell unveränderter Form im neuen § 215 a Abs. 2 BauGB übernommen. Die bedeutsamste Neuerung war die Normierung eines „ergänzenden Verfahrens" in § 215 a Abs. 1 BauGB. Hiernach sollten Mängel einer Satzung, die nicht schon nach §§214 oder 215 BauGB unbeachtlich waren, nicht zu ihrer Nichtigkeit führen, sofern sie in einem ergänzenden Verfahren behoben werden konnten.
VII. Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz18 Zuletzt sind die UnbeachtlichkeitsVorschriften im Juli 2001 im Rahmen der Anpassung des Baugesetzbuchs an die Vorgaben der UVP-Änderungsrichtlinie 19 novelliert worden. Nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB ist es für die Rechtswirksamkeit der Bebauungspläne nunmehr unbeachtlich, wenn die nach § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB erforderliche Angabe, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden soll, unterlassen wurde. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB erklärt die Verletzung der Vorschrift des § 2 a BauGB über den Umweltbericht grundsätzlich für beachtlich, wobei es wiederum unbeachtlich sein soll, wenn er lediglich unvollständig ist. Der Umweltbericht wird folglich als selbständiger Teil der Begründung des Bebauungsplans qualifiziert. 20 Des weiteren wurde § 214 Abs. 1 a BauGB geschaffen, nach dem die Verletzung bestimmter Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für unbeachtlich erklärt wird. Diese Norm bildet einen weiteren Schritt in der Entwicklung der Planerhaltungsvorschriften. Erstmalig wird nämlich in das Baugesetzbuch eine Unbeachtlichkeitsvorschrift aufgenommen, die sich auf die Verletzung von Vorschriften eines anderen Bundesgesetzes bezieht.
und Heilungsvorschriften in den Landesplanungsgesetzen zu erlassen haben bzw. erlassen können. 17 Vgl. den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 6. Mai 1997, Bundestagsdrucksache 13/7589, S. 30 f. 18 Vgl. Art. 12 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001, BGBl. I, S. 1950 (2013 ff.). 19 Richtlinie 97/11 / EG des Rates vom 3. März 1997, ABl. Nr. L 073, S. 5 ff. 20
Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1124.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Gemäß Art. 25 des Umsetzungsgesetzes sind sämtliche Vorschriften am 3. August 2001 in Kraft getreten. Eine Übergangsregelung für ältere Bebauungsplanverfahren wurde in § 245 c BauGB getroffen.
B. Überblick über die einzelnen Vorschriften Die §§ 214 ff. BauGB sind im Vierten Abschnitt des Zweiten Teils des Dritten Kapitels des Baugesetzbuches unter der Überschrift Planerhaltung zusammengefasst. Mit der Schaffung von Planerhaltungsvorschriften ist eine Systementscheidung des Gesetzgebers verbunden gewesen: Das Gesetz normiert an einer Stelle Voraussetzungen, deren Beachtlichkeit in den §§ 214 ff. BauGB eingeschränkt wird. 21 Alternativ hätte sich der Normgeber auch dafür entscheiden können, die entsprechenden Regelungen aufzuheben oder als Kann- oder Soll-Vorschriften auszugestalten, ohne dass damit ein sachlicher Unterschied verbunden gewesen wäre. Im folgenden soll ein Überblick über die einzelnen Normen hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs und ihrer Struktur gegeben werden. Dies ist auch erforderlich, um - an anderer Stelle - Lücken des Gesetzes aufdecken zu können, die mit Hilfe richterlicher Rechtsfortbildung geschlossen werden sollen.
I. Die Unbeachtlichkeitsregelung des § 214 BauGB 1. Verfahrens- und Formvorschriften (§ 214 Abs. 1 BauGB) Die Regelung des § 214 Abs. 1 BauGB betrifft die Wirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen22 nach dem Baugesetzbuch. Streng genommen stellt die Vorschrift keine Unbeachtlichkeits-, sondern eine Beachtlichkeitsregelung dar. Schließlich sollen für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach dem Baugesetzbuch nur solche Verfahrens- oder Formfehler beachtlich sein, die ausdrücklich in § 214 Abs. 1 BauGB genannt sind. Alle übrigen Verfahrens- und Formfehler, die das Baugesetzbuch betreffen, haben demnach auf die Rechtswirksamkeit der Pläne keinen Einfluss. Die Unbeachtlichkeitsregelung lässt die Rechtswidrigkeit eines Verstoßes allerdings unberührt und schließt erst die Sanktion der Nichtigkeit bzw. Vernichtbarkeit aus, was sich insbesondere § 216 21 Zur dogmatischen Begründung-der Unbeachtlichkeit und der umstrittenen Frage, ob die §§ 214 ff. BauGB verfahrensrechtlich oder materiell zu deuten sind, siehe ausführlich Käß, Planerhaltung, S. 117 ff. 22 Vgl. insoweit neben dem Bebauungsplan nach § 10 Abs. 1 BauGB die im 2. Kap. A III, Fußnote 37 genannten Satzungen.
1. Abschn.: B. Überblick über die einzelnen Vorschriften
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BauGB entnehmen lässt.23 Eine solche Vorschrift wird als sanktionslose Norm 24 oder lex imperfecta 25 bezeichnet. Für die Weite des Anwendungsbereichs des Grundsatzes des § 214 Abs. 1 BauGB kommt es damit maßgeblich darauf an, was unter Verfahrens- und Formvorschriften zu verstehen ist. 26 Fehlerbewert sind nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB die Vorschriften über die Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange nach § 3 Abs. 2 und 3, §§ 4, 4 a, 13, § 22 Abs. 9 S. 2, § 34 Abs. 5 S. 1 und § 35 Abs. 6 S. 5 BauGB. Allerdings erfolgen in der Vorschrift weitere Rückausnahmen (sog. interne Unbeachtlichkeitsklausel27): Für die Rechtswirksamkeit ist es ohne Bedeutung, wenn bei Anwendung der Vorschriften einzelne berührte Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, oder bei Anwendung des § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB die Angabe darüber, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden soll, unterlassen wurde, oder bei Anwendung des § 3 Abs. 3 S. 3 BauGB oder des § 13 BauGB die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind. Nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB sind Fehler, die die Vorschriften über den Erläuterungsbericht und die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach § 2 a, § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 und Abs. 5, § 9 Abs. 8 und § 22 Abs. 10 BauGB betreffen, beachtlich. Wiederum unbeachtlich ist es dabei, wenn der Erläuterungsbericht des Flächennutzungsplans oder sein Entwurf, die Begründung oder der Umweltbericht als selbständiger Teil der Begründung der Satzung oder ihr Entwurf (lediglich) unvollständig sind. Damit korrespondiert der Auskunftsanspruch gegenüber der Gemeinde nach § 214 Abs. 1 S. 2 BauGB. Absolut beachtlich sind schließlich die in § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB genannten formellen Fehler, die darin liegen können, dass ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
23 Käß, Planerhaltung, S. 97 ff.; vgl. Gaentzsch, Festschrift Weyreuther, S. 249 (263); Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1112; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 7; Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214, Rn. 2 m. w. N. 24
Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 408, ders., Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 654. 25 Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 338. 26 Hierzu Käß, Planerhaltung, S. 96 f. 27 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214, Rn. 5.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
2. Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 214 Abs. 1 a BauGB) Die im Sommer 2001 neu geschaffene Vorschrift des § 214 Abs. 1 a BauGB schafft eine Fehlerfolgenvoraussetzung für den Fall, dass die Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht eingehalten worden sind. Da gemäß § 17 UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung nur für Bebauungspläne - und auch nur für solche im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG nicht mehr für den Flächennutzungsplan28 oder sonstige städtebauliche Satzungen durchgeführt werden muss, ist der Anwendungsbereich der Vorschrift auf sie beschränkt. Für die Rechtswirksamkeit ist es nach § 214 Abs. 1 a Nr. 1 BauGB unbeachtlich, wenn eine nach §§ 3 c und 3 e UVPG vorgeschriebene Einzelfall Vorprüfung nicht durchgeführt wurde und erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu besorgen gewesen wären; ferner spielt es nach § 214 Abs. 1 a Nr. 2 BauGB keine Rolle, wenn bei der Einzelfall Vorprüfung i. S. d. §§ 3 c und 3 e UVPG die Voraussetzung für die Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, nicht richtig beurteilt wurde. Nach § 17 S. 1 UVPG sind hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen die § 2 Abs. 1 S. 1 bis 3, die §§ 3 bis 3 f. UVPG sowie die Vorschriften des Baugesetzbuches maßgeblich. Während sich aus den §§ 2 ff. UVPG ergibt, ob im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, bestimmt sich das hierzu erforderliche Verfahren nach den Vorschriften des Baugesetzbuches.29 Eines darüber hinausgehenden Rückgriffs auf das UVPG bedarf es nicht mehr; 30 ergänzend können allerdings Vorschriften des Gesetzes, etwa §§ 5, 6 UVPG, herangezogen werden. 31 Fehler hinsichtlich des nach dem Baugesetzbuch durchzuführenden Verfahrens oder der nach § 1 Abs. 6 i. V. m. § 1 a Abs. 2 Nr. 3 BauGB vorzunehmenden Abwägung sind nicht nach § 214 Abs. 1 a BauGB unbeachtlich. Sie können aber dies ergibt sich aus dem Wort „auch" in der Vorschrift - aufgrund der §§214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2, 214 Abs. 3 S. 2 BauGB folgenlos bleiben. 32 28 Ursprünglich war eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung auch für den Flächennutzungsplan vorgesehen, vgl. Schmidt-Eichstaedt, UPR 2000, S. 401 (404). Vgl. Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 513. Sie war früher bereits in § 2 Abs. 3 Nr. 4 UVPG a. F. enthalten, Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 (85/337/EWG) über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 12. Februar 1990, BGBl. I, S. 205 (206). 2 9 Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 750; Krautzberger, UPR 2001, S. 1 (2). 30
Vgl. den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 14. November 2000, Bundestags-Drucksache 14/4599, S. 102. 31 Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 513; ders., BauR 2001, S. 1195 (1196); Mitschang, ZfBR 2001, S. 239 (243). 32 Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1128.
1. Abschn.: B. Überblick über die einzelnen Vorschriften
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3. Das Verhältnis zwischen Bebauungsplan und Flächennutzungsplan (§ 214 Abs. 2 BauGB) § 214 Abs. 2 BauGB regelt unter bestimmten Voraussetzungen die Unbeachtlichkeit der Verletzung der §§8 Abs. 2 bis 4 BauGB. Die Vorschriften betreffen das Verhältnis des Bebauungsplans zum Flächennutzungsplan. Obwohl sie sich dem Wortlaut nach auf Bauleitpläne beziehen, können mit ihrer Hilfe doch nur Fehler von Bebauungsplänen überwunden werden, da die in § 8 Abs. 2 bis 4 BauGB normierten Voraussetzungen nur für letztere von Bedeutung sind. Für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans ist es ohne Bedeutung, wenn das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB verletzt wurde, ohne dass die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist (§ 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB). Unter der gleichen Voraussetzung ist ein Verstoß gegen die Vorschriften des Parallelverfahrens nach § 8 Abs. 3 BauGB unbeachtlich (§ 214 Abs. 2 Nr. 4 BauGB). Ferner bleibt ein Bebauungsplan auch dann wirksam, wenn die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Abs. 2 S. 2 BauGB) oder an die in § 8 Abs. 4 BauGB bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt wurden (§ 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Schließlich ist es nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB unbeachtlich, wenn der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit wegen Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften einschließlich des § 6 sich nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt. 4. Die Abwägung (§ 214 Abs. 3 BauGB) Die Regelung des § 214 Abs. 3 BauGB, die die Rechtmäßigkeit der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB betrifft, ist in ihrer Anwendbarkeit auf Bauleitpläne beschränkt. Nach § 214 Abs. 3 S. 1 BauGB ist für die Abwägung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bauleitplan maßgebend. Hierdurch soll verhindert werden, dass nachträgliche Änderungen der städtebaulichen Verhältnisse oder von Rechtsvorschriften, die die Gemeinde bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan noch nicht berücksichtigen konnte, bei einer gerichtlichen Kontrolle zugrunde gelegt werden 33. Systematisch passt sie nicht in den Regelungsbereich der Planerhaltungsvorschriften, da weder Unbeachtlichkeit noch Heilung von Abwägungsfehlern geregelt werden. Vielmehr sollte sie als § 1 Abs. 6 S. 2 BauGB verstanden werden. 34 Der Anwendungsbereich der 33 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214, Rn. 15; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 21. Mai 1979, Bundestags-Drucksache 8/2885, S. 46.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Vorschrift ist im Übrigen durch die Rechtsprechung erheblich eingeschränkt worden. 35 Große Bedeutung kommt § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB zu: Mängel im Abwägungsvorgang sind nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, hat dies für die Wirksamkeit des Bauleitplans keine Bedeutung. Mängel im Abwägungsergebnis bleiben hingegen stets beachtlich.36 Anders als § 214 Abs. 3 S. 1 BauGB ist die Vorschrift systematisch an richtiger Stelle im Baugesetzbuch integriert. 37
II. Unbeachtlichkeit nach Fristablauf (§ 215 BauGB) § 215 Abs. 1 BauGB knüpft an die Regelung des § 214 BauGB an und enthält eine weitere Unbeachtlichkeitsvorschrift. Sie bezieht sich auf die Verletzung der in § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 BauGB bezeichneten Verfahrens- und Form Vorschriften und Mängel der Abwägung. Dementsprechend ist die Regelung für die Rechtswirksamkeit von Flächennutzungsplänen und Satzungen nach dem Baugesetzbuch von Bedeutung. Die Mängel sind nach § 214 BauGB grundsätzlich beachtlich, können aber unbeachtlich werden, so dass es trotz Rechtswidrigkeit nicht zur Nichtigkeit bzw. Vernichtbarkeit des Plans kommt. Fehlerfolgenvoraussetzung ist, dass die Verletzung der Verfahrens- oder Formvorschriften des betroffenen Plans innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden ist. Im Falle der Verletzung des Abwägungsgebots beträgt die Frist sieben Jahre. Zur Rüge berechtigt ist jedermann, also nicht nur ein tatsächlich oder rechtlich Betroffener. 38 Zusätzlich muss der Sachverhalt, der die Verletzung oder den Mangel begründen soll, dargelegt werden. Eine vorsorgliche pauschale „Generalrüge" genügt diesen Anforderungen nicht. 39 Die Wirkung der Unbeachtlichkeit des Fehlers tritt allerdings 34 Vgl. Weyreuthen DÖV 1983, S. 575 (578, Fn. 38); Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214, Rn. 15; Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 214, Rn. 42. Die Expertenkommission zur Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie hat im übrigen vorgeschlagen, § 214 Abs. 3 S. 1 BauGB in § 1 Abs. 6 BauGB zu integrieren, Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 165. 35 Vgl. hierzu etwa Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1142. 36 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214, Rn. 16; Bracher, in Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1143; Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 15 IV; VGH München, Urteil vom 1. April 1996, BayVBl. 1997, S. 212 (213). 37 A. A. Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214, Rn. 16. 38 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215, Rn. 3; Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1155; BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1982, DÖV 1982, S. 905. 39 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215, Rn. 4.
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nach § 215 Abs. 2 BauGB nicht ein, wenn die Gemeinde bei Inkraftsetzung des Plans nicht auf die Voraussetzung der Geltendmachung des Fehlers und auf die Rechtsfolge des § 215 Abs. 1 BauGB hingewiesen hat. Gleiches gilt, wenn eine ordnungsgemäße Rüge erhoben worden ist; der Fehler bleibt auch nach Ablauf der Fristen beachtlich. Dabei hat die Rüge absolute Wirkung, d. h., dass unerheblich ist, wer die Rüge erhoben hat. 40 Nicht erfasst werden von der Regelung Mängel nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB sowie Fehler nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, die nicht nach § 214 Abs. 1 a BauGB unbeachtlich sind.
III. Das ergänzende Verfahren (§ 215 a BauGB) § 215 a BauGB bildet eine weitere Ausnahme zu der herkömmlichen Fehlerfolge bei abstrakt-generellen Regelungen. Soweit Mängel der Satzung nicht bereits nach den §§214, 215 BauGB unbeachtlich sind und durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können, führen sie nämlich nicht zu ihrer Nichtigkeit. Solange die Mängel noch nicht beseitigt sind, entfaltet die Satzung keine Rechtswirkungen, § 215 Abs. 1 S. 2 BauGB. Diese Folge wird durch die prozessuale Rechtsfolge des § 47 Abs. 5 S. 4 1. Hs. VwGO flankiert, wonach die Satzung nicht für nichtig, sondern bis zur Behebung der Mängel für lediglich nicht wirksam erklärt wird. § 215 a Abs. 1 BauGB bezieht sich ausdrücklich nur auf Satzungen. Der Flächennutzungsplan wird folglich von der Regelung nicht unmittelbar erfasst. Die Frage, wann ein ergänzendes Verfahren (noch) zulässig ist, wird vom Gesetz nicht beantwortet. Nach allgemeiner Auffassung soll dies nicht mehr der Fall sein, wenn der Kern oder das Grundgerüst der Abwägungsentscheidung bzw. die Identität der Satzung betroffen sind. 41 § 215 a Abs. 2 BauGB erlaubt es der Gemeinde, bei Verletzung der in § 214 Abs. 1 BauGB bezeichneten Vorschriften oder sonstigen Verfahrens- oder Formfehlern nach Landesrecht den Flächennutzungsplan oder die Satzung auch mit Rückwirkung erneut in Kraft zu setzen. Bei materiell-rechtlichen Fehlern scheidet eine rückwirkende Inkraftsetzung der Rechtsvorschriften hingegen aus.42 40 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215, Rn. 6; Bracher, in Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1157; BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1982, DÖV 1982, S. 905. 41 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215 a, Rn. 3; Berliner SchwerpunkteKommentar zum BauGB 1998, § 215 a, Rn. 6; Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 215 a, Rn. 8; Stüer/Rude, DVB1. 2000, S. 312 (322); Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Dezember 1996, Bundestags-Drucksache 13 / 6392, S. 74. 42 Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 215 a, Rn. 18; vgl. Battis, in Battis/Krautzberger/ Lohr, BauGB, § 215 a, Rn. 9; Dolde!Menke, NJW 1999, S. 1070 (1081); BVerwG, Urteil vom 18. April 1996, E 101, S. 58 (61); Käß, Planerhaltung, S. 160 f., zu Abwägungsfehlern.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
IV. Aufgaben der Genehmigungsbehörden (§ 216 BauGB) § 216 BauGB schließlich legt den Prüfungsmaßstab der Behörde fest, die gegebenenfalls den Flächennutzungsplan oder Satzungen nach dem Baugesetzbuch genehmigen muss: Sie ist auch zur Überprüfung der Einhaltung von Vorschriften verpflichtet, die sich wegen der §§ 214, 215 BauGB nicht auf die Rechtmäßigkeit der Pläne auswirken. 43 Insoweit bestehen Unterschiede zwischen dem Verhältnis zwischen Bürger und Gemeinde bzw. dem Verhältnis zwischen Gemeinde und Genehmigungsbehörde. Während die §§ 214 ff. BauGB im ersteren die Rechtmäßigkeitskontrolle im gerichtlichen Verfahren einschränken, werden sie im letzteren nicht zur Anwendung gebracht und können sogar selbst Gegenstand gerichtlicher Kontrolle werden. 44
V. Anwendbarkeit der Planerhaltungsvorschriften bei Regelungen i. S. d. § 9 Abs. 4 BauGB Während im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens nach § 215 a BauGB Fehler behoben werden können, die auf die Nichteinhaltung von sowohl bundes- als auch landesrechtlichen Vorschriften zurückzuführen sind, gelten die §§ 214 und 215 BauGB grundsätzlich nur für Fehler nach Bundesrecht. Eine Ausnahme hiervon macht § 9 Abs. 4 BauGB. Die Vorschrift gibt den Ländern die Befugnis zum Erlass von Rechtsvorschriften, die bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können; ferner können die Länder regeln, inwieweit auf solche Festsetzungen die Vorschriften des Baugesetzbuchs anwendbar sind. Zu diesen Vorschriften zählen auch die §§ 214 ff. BauGB. 45 Insoweit gelten die PlanerhaltungsVorschriften auch für Festsetzungen, die jedenfalls originär keinen bundesrechtlichen Charakter haben.46 43
Vgl. zu der hiervon zu trennenden Frage, ob die §§ 214 f. BauGB im allgemeinen kommunalaufsichtsrechtlichen Verfahren gelten Decker, BauR 2000, S. 1825 (1830 ff.). 44 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 216, Rn. 1, 3; Stock, in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, § 216, Rn. 8; Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 216, Rn. 3. 45 Allerdings bestehen unterschiedliche Ansichten darüber, ob die Vorschriften für anwendbar erklärt werden müssen oder automatisch gelten. Dies hängt davon ab, ob der Landesgesetzgeber § 9 Abs. 4 formell oder materiell versteht. Vgl. hierzu Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 226 ff.; ders., BauR 1991, S. 697 ff. Nur im Falle einer formellen Deutung müssen die §§ 214 ff. BauGB für anwendbar erklärt werden, vgl. Manssen, BauR 1991, S. 697 (701). Für automatische Geltung Bielenberg/Söfker, in Ernst/ Zinkahn /Bielenberg, BauGB, § 9, Rn. 261; Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 9, Rn. 70. Für Erklärungserfordernis Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9, Rn. 108. Ausdrücklich wird in den Landesbauordnungen Bezug genommen auf die §§ 214 ff. BauGB in Bayern (Art. 91 Abs. 3 S. 2 BayBO), Niedersachsen (§ 98 i. V. m. § 97 Abs. 1 S. 2 NBauO), Nordrhein-Westfalen (§ 86 Abs. 4 2. Hs. LBO NRW), Rheinland-Pfalz (§ 88 Abs. 6 S. 2 LBauO), im Saarland (§ 93 Abs. 5 S. 2 LBO), Sachsen-Anhalt (§ 90 Abs. 4 S. 2 BauO LSA)
1. Abschn.: C. Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit dem höherrangigen Recht
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C. Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit dem höherrangigen Recht Die Vereinbarkeit der Vorschriften zur Planerhaltung mit dem höherrangigen Recht ist in ihrer mehr als zwanzig Jahre andauernden Entwicklung immer wieder bezweifelt und verneint worden. 47 Eine wahre Flut von Literatur entstand insbesondere im Zusammenhang mit der Beschleunigungsnovelle 1979 zum Bundesbaugesetz.48 Die Stellungnahmen sind jedoch zumeist sehr knapp und allgemein gehalten; häufig vermischen sich verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Erwägungen. 49 Im folgenden soll zunächst kurz auf die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften eingegangen werden. Danach bedarf es einer Untersuchung, ob die §§ 214 ff. BauGB mit den Vorgaben der UVP-Richtlinie und der Plan-UP-Richtlinie vereinbar sind. 50 Letztere muss gemäß ihrem Art. 13 Abs. 1 allerdings erst bis zum 21. Juli 2004 in nationales Recht umgesetzt worden sein. Zu diesem Zweck hat eine Unabhängige Expertenkommission bereits Vorschläge erarbeitet. 51
L Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit dem Grundgesetz Die Diskussion über die Verfassungsmäßigkeit der Planerhaltungsvorschriften dürfte mittlerweile als abgeschlossen zu betrachten sein. Einzelne Normen erscheinen zwar nicht unproblematisch; den Bedenken kann jedoch überzeugend Rechund Thüringen (§ 83 Abs. 4 S. 2 ThürBO). Die Länder Baden-Württemberg (§ 74 Abs. 7 LBO), Brandenburg (§ 89 Abs. 10 S. 2 BbgBO), Mecklenburg-Vorpommern (§ 86 Abs. 4 S. 2 LBauO M-V) und Sachsen (§ 83 Abs. 4 SächsBO) verweisen nur allgemein auf die Geltung des Baugesetzbuchs. In Berlin wird in § 12 Abs. 2 AGBauGB nicht auf die §§ 214 ff. BauGB verwiesen, allerdings findet sich eine Sonderregelung in § 32 AGBauGB. In Hessen fehlt eine Regelung. 46 W. Schrödter, in Schrödter, BauGB, § 9, Rn. 175; vgl. Lohr, in Battis/Krautzberger/ Lohr, BauGB, § 9, Rn. 107; vgl. Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 9, Rn. 68. 47 Vgl. etwa Gübelt, NJW 1979, S. 2071 (2075); Boecker, BauR 1979, S. 361 ff.; Grave, BauR 1980, S. 199 ff.; Weyreuthen DÖV 1980, S. 389 (392); Söfker, ZfBR 1981, S. 60 ff.; Battis, DÖV 1981, S. 433 (435 f.); Kirchhof, NJW 1981, S. 2382 (2383 ff.); Breuer, NVwZ 1982, S. 272 (277 ff.); v. Mutius/Hill, Behandlung fehlerhafter Pläne, S. 21 ff.; Pietzcker, VVDStRL 41, S. 194 (223 ff.); Maurer, in Festschrift Bachof, S. 215 (237 ff.); Peine, NVwZ 1989, S. 637 ff. 48 Vgl. etwa die umfangreichen Nachweise bei Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, Vorb §§ 214-216, Rn. 8, oder bei Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 145. 49 So auch Maurer, Festschrift Bachof, S. 215 (237). 50 Nach Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 148, rückt die europarechtliche Dimension der Problematik immer mehr in den Vordergrund. 51 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 10 ff.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
nung getragen werden, so dass i. E. von ihrer Wirksamkeit ausgegangen werden kann. 1. Vereinbarkeit mit dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG In dem gesetzlichen System, bestimmte Fehler - teilweise sogar voraussetzungslos - sanktionslos zu stellen, liegt kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG. 5 2 An anderer Stelle wurde bereits festgestellt, dass sich hieraus ein Dogma, nachdem fehlerhafte Normen zwingend ipso iure nichtig sind, nicht ableiten lassen kann. 53 Folglich kann der Gesetzgeber grundsätzlich ein differenziertes Fehlerfolgensystem entwickeln. Das gilt insbesondere für solche Rechtsakte, die sich nicht eindeutig klassifizieren lassen, wie den Bebauungsplan, der sowohl Norm- als auch Verwaltungsaktelemente beinhaltet.54 Aus den gleichen Gründen scheidet ein Verstoß gegen sonstige rechtsstaatliche Grundsätze aus, zu denen etwa die Unzulässigkeit eines venire contra factum proprium 55 , die Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben sowie einer auferlegten Selbstbindung gerechnet werden. 56
2. Vereinbarkeit mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG Des weiteren ist in der Literatur angenommen worden, dass die Planerhaltungsvorschriften nicht mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG zu vereinbaren seien.57 Das Grundrecht gewährleiste einen Anspruch auf voll52 Ebenso Käß, Planerhaltung, S. 128 f. 53 Vgl. oben 2. Kapitel IV 3. 54 Jäde, in Jäde/ Dirnberger/ Weiß, BauGB, § 214, Rn. 2; vgl. von Mutius/Hill, Behandlung fehlerhafter Pläne, S. 26; vgl. Schmidt-Aßmann, in Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. IV, Rn. 240 f.; Dürr, VB1BW 1987, S. 201 (203); vgl. Pietzcker, VVDStRL 41, S. 194 (226); vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1972, E 40, S. 268 (272 f.); Urteil vom 30. Januar 1976, E 50, S. 115 (119 ff.). 55 So aber Boecker, BauR 1979, S. 361 (372), der dem Gesetzgeber widersprüchliches Verhalten vorwirft, indem er einen Pflichtenkatalog aufstelle, um ihn dann über Heilungsvorschriften fast in ein Nichts zu verwandeln. 56 Vgl. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 337 f.; vgl. Schmidt-Aßmann, Handbuch des Staatsrechts, § 24, Rn. 84; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 356; Jarass, in Jarass / Pieroth, GG, Art. 20, Rn. 63; vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998, E 98, S. 83 (97); vgl. Urteil vom 27. Oktober 1998, E 98, S. 265 (301). 57 Gubelt, NJW 1979, S. 2071 (2075); Battis, DÖV 1981, S. 433 (435 f.); Kirchhof, NJW 1981, S. 2382 (2386), jeweils zu § 155 b Abs. 2 S. 2 BBauG; Grave, BauR 1980, S. 199 (207 f.), zu § 155 b BBauG; vgl. Rümenapp, Die bauplanungsrechtlichen Fehlerfolgenregelungen, S. 193 ff.; vgl. Peter Michael Huber, in Bonner Kommentar, Art. 19, Rn. 498 f.; vgl. Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 214, Rn. 2.
1. Abschn.: C. Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit dem höherrangigen Recht
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ständige Nachprüfung der angefochtenen Maßnahme in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. 58 Dieser Anspruch werde aber durch die §§ 214 ff. BauGB beeinträchtigt. Diese Auffassung verkennt jedoch den Schutzbereich des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG. Voraussetzung ist nämlich, dass jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird. Zwar genügt hinsichtlich des Merkmals der Rechtsverletzung ein plausibler und schlüssiger Vortrag, da die Aufgabe der Feststellung einer Rechtsverletzung gerade den Gerichten zukommt. 59 Dennoch wird das Bestehen eines subjektiven Rechts von dem Grundrecht vorausgesetzt, selbst aber nicht begründet. 60 Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nicht den sachlichen Bestand oder Inhalt einer als verletzt behaupteten Rechtsstellung.61 Vielmehr befindet der Gesetzgeber darüber, unter welchen Voraussetzungen dem Bürger ein Recht zustehen und welchen Inhalt es haben soll. 62 Entscheidet er sich dafür, bestimmte Rechtsverletzungen im Rahmen des Baugesetzbuches als unerheblich anzusehen, bedeutet dies keine Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG. 63 Natürlich darf die Legislative nicht jegliche Fehler für unbeachtlich erklären; insoweit ergibt sich die Grenze jedoch nicht aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes, sondern aus den materiellen Grundrechten. 64 Die Nichteinhaltung verfassungsrechtlich gebotener Rechtsvorschriften kann folglich nicht sanktionslos gestellt werden. In jedem Fall sind die §§ 214 ff. BauGB mit Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG vereinbar.
58 Hierzu Jarass, in Jarass /Pieroth, GG, Art. 19, Rn. 47; Krüger, in Sachs, GG, Art. 19, Rn. 143; Kirchhof, NJW 1981, S. 2382 (2383); BVerfG, Beschluss vom 5. Februar 1963, E 15, S. 275; Beschluss 28. Januar 1970, E 28, S. 10 (15 f.); Beschluss vom 28. Juni 1983, E 64, S. 261 (279); Beschluss vom 31. Mai 1988, E 78, S. 214 (226); Beschluss vom 17. April 1991, E 84, S. 34 (49). 59 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 1014; Ipsen, Staatsrecht II, Rn. 834. 60 Jarass, in Jarass / Pieroth, GG, Art. 19, Rn. 25; Schmidt-Aßmann, in Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. IV, Rn. 155, Fn. 7; vgl. Papier, in Handbuch des Staatsrechts, § 154 (Art. 19 Abs. 4 GG), Rn. 47; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 1012; vgl. Ipsen, Staatsrecht II, Rn. 835; Krebs, DVB1. 1984, S. 109 (114); BVerfG, Beschluss vom 5. Februar 1963, E 15, S. 275 (281 f.); Beschluss vom 8. Mai 1979, E 51, S. 176 (185); vgl. Beschluss vom 30. Januar 1985, E 69, S. 1 (49). 61 BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982, E 61, S. 82 (110.). 62 BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 1988, E 78, S. 214 (226); Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, Art. 19, Rn. 51. 63 So auch Gern/Schneider, VB1BW 1988, S. 125 (127); vgl. Lemmel, in Berliner Kommentar, § 216, Rn. 2; vgl. Schenke, in Bonner Kommentar, Art. 19 Abs. 4, Rn. 387; vgl. Krebs, DVB1. 1984, S. 109 (114). 64 Vgl. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 336; Gern/Schneider, VB1BW 1988, S. 125 (127); vgl. Schmidt-Aßmann, in Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. IV, Rn. 155; Krebs, DVB1. 1984, S. 109 (114); Schenke, DÖV 1983, S. 320 (325).
7 Stemwede
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
3. Vereinbarkeit mit Art. 14 Abs. 1 GG Fraglich könnte aber sein, ob die Planerhaltungsvorschriften mit Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG vereinbar sind. Die Bauleitplanung ist als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG zu qualifizieren. 65 Das muss konsequenterweise auch für die Normen gelten, die die Unbeachtlichkeit von Planungsfehlern anordnen und damit die Wirksamkeit einer Planung zur Folge haben. Dies kann einerseits bedeuten, dass ein Grundstückseigentümer sein Vorhaben nicht mehr realisieren kann, weil es den Vorgaben eines Bebauungsplans widerspricht; andererseits kann die Wirksamkeit erst die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens begründen. Insoweit sei nochmals auf die Ambivalenz der §§ 214 ff. BauGB hingewiesen. Unabhängig von ihren Auswirkungen sind Inhalts- und Schrankenbestimmungen jedoch nur dann zulässig, wenn sie selbst formell und materiell verfassungsmäßig sind. Die Prüfung soll sich hier in zweierlei Hinsicht beschränken, indem lediglich auf die Verhältnismäßigkeit der problematischen § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB und § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB eingegangen wird. Im Übrigen kann die Verfassungsmäßigkeit der sonstigen Planerhaltungsvorschriften angenommen werden. 66
a) Verhältnismäßigkeit
des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB
Der legitime Zweck des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB liegt darin, die abwägungserheblichen Pläne des Baugesetzbuchs weniger rechtsmittelanfällig zu machen, für mehr Rechtssicherheit zu sorgen. Mängel im Abwägungsvorgang sollen nur dann erheblich sein, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Dieser Ansatz fördert den erwünschten Zweck, ist also geeignet. Als milderes Mittel wäre daran zu denken, die Vorschriften mit engeren Voraussetzungen zu versehen. Dabei ist aber zu beachten, dass engere Voraussetzungen zwar mehr den Aspekt des Erfordernisses der Rechtmäßigkeit der Bauleitplanung betonen, dafür aber Rechtssicherheit und Effektivität hoheitlichen Handelns in den Hintergrund treten würden. Insoweit scheint kein milderes Mittel ersichtlich, welches den Zweck der Vorschrift ebenso gut erreicht. Schließlich stellt sich die Frage, ob § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB einen angemessenen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen der Rechtmäßigkeit und Rechtssicherheit geschaffen hat. Denn grundsätzlich muss eine Planung, damit sie als Inhalts- und Schrankenbestimmung in Betracht gezogen werden kann, rechtmäßig sein, um das Eigentumsgrundrecht regeln zu können. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in einer Grundsatzentscheidung67 für eine verfassungskonfor65 Vgl. Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 270 (272); Käß, Planerhaltung, S. 130; BVerfG; Beschluss vom 22. Februar 1999, DÖV 1999, S. 777. 66 Vgl. Käß, Planerhaltung, S. 131 ff., 230, 251 f. 67 BVerwG, Urteil vom 21. August 1981, E 64, S. 33 ff.
1. Abschn.: C. Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit dem höherrangigen Recht
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me - enge - Auslegung ausgesprochen, um die Verfassungswidrigkeit des § 155 b Abs. 2 S. 2 BBauG (= § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB) vermeiden zu können: Nicht offensichtliche Mängel seien ausschließlich die ohnehin nicht feststellbaren irrigen Motive oder Vorstellungen der bei der Abstimmung über einen Bauleitplan beteiligten Ratsmitglieder („innere" Seite des Abwägungsvorgangs).68 Dies bedeute im Umkehrschluss, dass sämtliche Abwägungsmängel, die auf objektiv erfassbaren Sachumständen beruhen („äußere" Seite des Abwägungsvorgangs), offensichtlich seien.69 Später ist die Rechtsprechung allerdings eingeschränkt worden: Es reiche nicht aus, wenn sich aus den Aufstellungsvorgängen das Vorliegen eines Mangels lediglich „ergibt". 70 Ein offensichtlicher Mangel im Abwägungsvorgang dürfe nur dann angenommen werden, wenn konkrete Umstände positiv und klar auf einen solchen Mangel hindeuten würden. 71 Insoweit wurde das Merkmal der Offensichtlichkeit einem Kriterium der Evidenz - im Sinne leichter Erkennbarkeit eines Mangels angenähert.72 Ferner sei die Voraussetzung, dass ein offensichtlicher Mangel im Abwägungsvorgang nur dann erheblich ist, wenn er auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist, bei teleologischer Auslegung der Norm bereits dann zu bejahen, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer naheliegender Umstände die konkrete Möglichkeit eines solchen Einflusses abzeichne.73 Eine bloß abstrakte Vermutung genüge nicht. 74 Auch einer wortgetreuen Auslegung der Voraussetzung, die das Vorliegen eines positiv nachweisbaren Einflusses nahe lege, erteilte das Bundesverwaltungsgericht eine Absage. Ein solcher Nachweis lasse sich nämlich in der Praxis so gut wie nie erbringen, was zur Folge hätte, dass Mängel im Abwägungsvorgang nahezu immer unerheblich seien.75 Bei Berücksichtigung der Auslegungsleitlinien des Bundesverwaltungsgerichts zu § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB schafft die Norm einen angemessenen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Prinzipien von Rechtmäßigkeit und Rechtssicherheit. Insoweit sind andere Auslegungsmöglichkeiten, die dem Wortlaut nach zwar nicht ausgeschlossen erscheinen, 76 aber zur UnVerhältnismäßigkeit der Norm führen 68 BVerwG, Urteil vom 21. August 1981, E 64, S. 33 (36 f.). 69 BVerwG, Urteil vom 21. August 1981, E 64, S. 33 (37). 70 BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1992, ZfBR 1992, S. 138 f. 71 BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1992, ZfBR 1992, S. 139 (140). 72 Vgl. Käß, Planerhaltung, S. 187 f. 73 BVerwG, Urteil vom 21. August 1981, E 64, S. 33 (39 f.). 74 BVerwG, Urteil vom 21. August 1981, E 64, S. 33 (39); Beschluss vom 20. Januar 1992, ZfBR 1992, S. 138 f.; Beschluss vom 29. Januar 1992, ZfBR 1992, S. 139 (141). 75 BVerwG, Urteil vom 21. August 1981, E 64, S. 33 (38 f.). 76 So kann „offensichtlich" auch als „evident" oder „offen erkennbar" verstanden werden; das Merkmal „von Einfluss gewesen" mag als allgemeine Kausalitätsregelung interpretiert werden, vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bau7*
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würden, abzulehnen. Trotz vereinzelter Kritik 7 7 geht auch die Literatur bei dieser verfassungskonformen Auslegung von der Verfassungsmäßigkeit des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB aus.78 Folglich ist die Vorschrift mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. b) Verhältnismäßigkeit
des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB
Legitimer Zweck des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ist es ebenfalls, die Rechtsmittelanfälligkeit von Bauleitplänen zu reduzieren. Dieser Zweck wird gefördert, wenn Abwägungsmängel nach sieben Jahren unbeachtlich werden, sofern sie nicht innerhalb dieser Frist ordnungsgemäß gerügt worden sind. Eine längere Frist würde zwar die Grundeigentümer weniger stark belasten, den Zweck der Vorschrift aber nicht in vergleichbarem Maße fördern. Folglich erscheint die Vorschrift auch als erforderlich. Zweifel hinsichtlich der Frage, ob der Gesetzgeber mit § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB einen angemessenen Ausgleich zwischen den Prinzipien der Rechtmäßigkeit und der Rechtssicherheit geschaffen hat, könnten sich daraus ergeben, dass ausnahmslos alle Abwägungsmängel nach Ablauf von sieben Jahren unbeachtlich werden, sofern sie nicht rechtzeitig gerügt worden sind. Von der Regelung werden also auch offenkundige und schwere Mängel, sogar Mängel des Abwägungsergebnisses erfasst. 79 Unerheblich für die Frist ist es auch, wie schnell ein Plan nach seiner Bekanntmachung realisiert wird, so dass Schwierigkeiten erstmals nach Fristablauf auftreten können.80 Diese beiden Ansätze haben in der Literatur erhebliche Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift hervorgerufen. Über die rechtlichen Folgen dieser Bedenken besteht allerdings Uneinigkeit. wesen und Städtebau vom 21. Mai 1979, Bundestags-Drucksache 8/2885, S. 46; Breuer, NVwZ 1982, S. 273 (278 f.). 77 Vgl. Breuer, NVwZ 1982, S. 273 (278 f.); Koch, DVB1. 1983, S. 1125 (1132); Käß, Planerhaltung, S. 196 f., zur Auslegung des Merkmals der Offensichtlichkeit als Evidenzkriterium. 78 Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 40 ff.; vgl. Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 149; Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 214, Rn. 23 f.; vgl. Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 214, Rn. 44 ff.; vgl. Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 214, Rn. 3 ff., 46 ff.; vgl. Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 428; vgl. Koch/Hendler, Baurecht, § 18, Rn. 16 ff.; vgl. Brohm, Baurecht, § 13, Rn. 30; Weyreuther, DÖV 1980, S. 389 (392); Battis, DÖV 1981, S. 433 (435); Söfker, ZfBR 1981, S. 60 (65). 79 Dolde, BauR 1990, S. 1 (6 f.); Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 215, Rn. 6; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 215, Rn. 10; Battis, in Battis/Krautzberger/Lohr, BauGB, § 215, Rn. 7; Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 215, Rn. 1; Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 215, Rn. 25. so Vgl. Lohr, NVwZ 1987, S. 361 (368); vgl. Oldiges, in Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, Rn. 127; vgl. Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 215, Rn. 4; vgl. Lemmel, in Berliner Kommentar, § 215, Rn. 10; vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Januar 2001, ZfBR 2001, S. 418; keine Schwierigkeiten sieht diesbezüglich Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1152.
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Teilweise wird die Verfassungsmäßigkeit allein damit gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber Rechtssicherheit und Vertrauensschutz höher bewerten könne als das Prinzip der Rechtmäßigkeit:81 Der Vollzug des Plans innerhalb dieser Frist schaffe tatsächliche und rechtliche Verhältnisse, die zunehmend ein berechtigtes Vertrauen der Planbetroffenen und zugleich das öffentliche Interesse am Bestand des Bauleitplans wachsen ließen.82 Teilweise wird auch auf die Vergleichbarkeit zum Planfeststellungsverfahren und der dortigen Präklusion von Einwendungen nach § 73 Abs. 4 S. 3 VwVfG verwiesen. 83 Nach anderer Ansicht soll die undifferenzierte Regelung aus den o. g. Gründen unverhältnismäßig und nichtig sein. 84 Eine dritte Auffassung will § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB verfassungskonform dahingehend auslegen, dass Grundrechts- und andere Verfassungsverstöße von der Regelung nicht erfasst werden und die Sieben-Jahres-Frist erst mit dem Beginn der Verwirklichung des Bebauungsplans in Lauf gesetzt wird. 85 Anders als bei der Regelung des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB fehlt - soweit ersichtlich - eine Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Zwar hat die Rechtsprechung die Frage, ob § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB eine Auslegung erfordert, nach der nur Verstöße gegen das einfachrechtliche Abwägungsgebot, nicht aber gegen Grundrechte oder sonstiges Verfassungsrecht erfasst werden, mehrfach aufgeworfen; die Entscheidungen betrafen bisher jedoch nur Fälle, in denen die Frage offen bleiben konnte, da keine besonders schwerwiegenden Abwägungsmängel 81 Dürr, VB1BW 1987, S. 201 (203); vgl. auch Gaentzsch, Festschrift Weyreuther, S. 249 (264 f.); vgl. Stelkens, UPR 1987, S. 241 (248), der zusätzlich auf die lange Frist von sieben Jahren hinweist; vgl. Gerhardt, in Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Vorb § 47, Rn. 13. 82 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, vom 15. Oktober 1986, Bundestags-Drucksache 10/6166, S. 134; Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, Vorb §§ 214-216, Rn. 8; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 215, Rn. 9. 83 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, vom 15. Oktober 1986, Bundestags-Drucksache 10/6166, S. 134; Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 215, Rn. 8; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 215, Rn. 8; ablehnend, Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 215, Rn. 5; ebenso Rüde, Planreparatur, S. 79 f. 84 Gern/Schneider, VB1BW 1988, S. 125 (129); Dolde, BauR 1990, S. 1 (6 ff., 10); Morlok, Verfahrensfehler, S. 234; Oldiges, in Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, Rn. 127; im Hinblick auf die vorherige Rechtslage zweifelnd Weyreuther, UPR 1986, S. 121 (124) und Papier, DÖV 1986, S. 621 (628); vgl. auch Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2811). Im übrigen hatte auch die Bundesregierung die Aufnahme der Regelung wegen verfassungsrechtlicher Bedenken abgelehnt, Unterrichtung durch die Bundesregierung vom 27. Februar 1986, Bundestags-Drucksache 10/5111, S. 16. 85 Peine, NVwZ 1989, S. 637 (639); ders., Öffentliches Baurecht, Rn. 227; Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1152; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 215, Rn. 10; zweifelnd, aber wohl auch Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 215, Rn. 7, 8; ebenso Rüde, Planreparatur, S. 81; Lohr, NVwZ 1987, S. 361 (369) erwägt eine teleologische Reduktion der Vorschrift; ablehnend Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 215, Rn. 16 f.; Gern/Schneider, VB1BW 1988, S. 125 (129); ebenso Dolde, BauR 1990, S. 1 (9, 10) und Morlok, Verfahrensfehler, S. 234.
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gegeben waren. 86 Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Frage einer verfassungskonformen Einschränkung der Vorschrift bei schweren Abwägungsmängeln ernsthaft jedoch nur bei schweren Mängeln im Abwägungsergebnis diskutiert werden. 87 Daraus kann der Umkehrschluss gezogen werden, dass das Gericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken hat, dass schwere und offenkundige Mängel des Abwägungsvorgangs nach Ablauf der Rügefrist unbeachtlich werden. Ebenfalls unbeantwortet gelassen hat das Bundesverwaltungsgericht die Frage eines ausnahmsweise von § 215 Abs. 1 BauGB abweichenden Fristbeginns.88 Zweifellos gestaltet sich die Beurteilung von § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB als problematisch. Erstmalig werden materielle Fehler eines Flächennutzungsplans oder einer städtebaulichen Satzung nach Ablauf einer Frist für absolut unbeachtlich erklärt. Damit geht der Gesetzgeber noch über die Regelungen zum Verwaltungsakt hinaus, bei denen die Nichtigkeit nach § 44 VwVfG grundsätzlich 89 ohne Fristbindungen 90 festgestellt werden kann. Grundsätzlich hat der Gesetzgeber dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz allerdings durch eine dreifache Absicherung Rechnung getragen. Erstens ist die Frist von sieben Jahren lang. Regelmäßig dürfte ein Plan in dieser Zeit weitgehend realisiert worden sein. Zwar ist der Fristablauf an die Bekanntmachung der Pläne gebunden, so dass für jemanden, der etwa nach sechs Jahren im überplanten Gebiet ein Grundstück erwirbt, nur noch eine Frist von einem Jahr läuft, bis etwaige Abwägungsmängel unbeachtlich werden; 91 es erscheint aber nicht überzogen, dass sich ein potentieller Grundstückskäufer mit einer städtebaulichen Planung auseinandersetzen und so Gewissheit über die Rechtslage verschaffen kann. Zweitens besteht für jeden 92 Bürger die Möglichkeit einer Rüge von Abwägungsmängeln, was den Eintritt der Unbeachtlichkeitsfolge mit Wirkung für jedermann ausschließt.93 Die verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Rüge sind gering. Sie muss innerhalb der Frist schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht werden, und der Sachverhalt, der den Mangel begründen soll, ist darzulegen. Schließlich muss die Gemeinde drittens nach § 215 Abs. 2 BauGB bei Inkraftsetzung 86 BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999, NVwZ 1999, S. 1338 (1339); Beschluss vom 2. Januar 2001, ZfBR 2001, S. 418; VGH München, Urteil vom 23. Dezember 1998, NVwZ-RR 2000, S. 79 (82): „gravierende Mängel". 87 BVerwG, Beschluss vom 2. Januar 2001, ZfBR 2001, S. 418. 88 BVerwG, Beschluss vom 2. Januar 2001, ZfBR 2001, S. 418. 89 Besonderheiten bestehen allerdings bei materiellen Präklusionsregelungen, etwa § 73 Abs. 4 S. 3 VwVfG. 90 Vgl. Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 347. 91 Aufgrund der Antragsfrist von zwei Jahren bei der abstrakten Normenkontrolle nach § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO kann der Plan allerdings nur noch im Rahmen einer Inzidentkontrolle überprüft werden. 92 Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 215, Rn. 27. 93 Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 215, Rn. 44.
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eines Flächennutzungsplans oder einer städtebaulichen Satzung auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Abwägungsmängeln sowie auf die Rechtsfolge des rügelosen Fristablaufs hinweisen. Tut sie dies nicht, kann die Rechtsfolge der Unbeachtlichkeit gar nicht eintreten. 94 Entgegen einigen Stimmen in der Literatur ist die Angemessenheit der Regelung auch dann gegeben, wenn mit der Realisierung eines Plans nicht alsbald nach seiner Bekanntmachung begonnen wird. Zwar ist es nicht auszuschließen, dass ein Plan sieben Jahre lang nicht verwirklicht wird. Dies allein kann aber kein stichhaltiges Argument gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift sein. Einem (zukünftigen) Grundstückseigentümer dürfte es zumutbar sein, sich bereits vor der Verwirklichung eines Plans über dessen Inhalt zu informieren. 95 Im Übrigen wäre fraglich, an welches Ereignis sonst der Fristlauf zu knüpfen wäre, 96 was noch mehr Rechtsunsicherheit bedeuten würde. Dennoch erscheint es bedenklich, dass § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB sämtliche Abwägungsmängel erfassen will. In Einzelfällen mag das Bestehen eines angemessenen Ausgleichs zwischen den Gesichtspunkten der Rechtmäßigkeit und der Rechtssicherheit gefährdet sein. Dann muss ersterem Gesichtspunkt Vorrang eingeräumt werden. Die Literatur entscheidet sich hinsichtlich der Rechtsfolge uneinheitlich zwischen der Nichtigkeit der Vorschrift und ihrer verfassungskonformen Auslegung. Letztere erscheint grundsätzlich vorzugswürdig, um die Nichtigkeit der Norm vermeiden zu können. Allerdings ist zu prüfen, ob eine verfassungskonforme Auslegung überhaupt in Betracht kommt. Das Gebot verfassungskonformer Auslegung besagt, dass bei Bestehen mehrerer Auslegungsmöglichkeiten derjenigen der Vorzug zu geben ist, bei der die Norm, gemessen an den Verfassungsprinzipien Bestand haben kann. 97 Voraussetzung ist demnach, dass § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulässt, von denen eine verfassungswidrig und eine andere verfassungsmäßig ist. Eine verfassungskonforme Auslegung könnte also nur dann in Betracht kommen, wenn eine Auslegung des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB möglich wäre, die stets die Angemessenheit des Ausgleichs zwischen Rechtmäßigkeits- und Rechtssicherheitserfordernissen gewährleistet. Dies erscheint jedoch unmöglich. Dem Wortlaut nach bezieht sich die Norm auf „Mängel der Abwägung". Da keine Einschränkung sachlicher Art erfolgt, werden grds. alle Abwägungsmängel erfasst. Aus dem systematischen Zusammenhang ergibt sich zwar, dass die Norm nur für solche Mängel gilt, die nicht bereits nach § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB unbeachtlich sind. Mängel, die bereits von Anfang an unbeachtlich sind, können nicht (noch einmal) nach sieben rügelosen Jahren unbeachtlich werden. Insoweit ist § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB 94 95 96 97
Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 215, Rn. 55. So auch Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1152. Ebenso Käß, Planerhaltung, S. 216. Larenz, Methodenlehre, S. 344; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 361 ff.
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einschränkend zu verstehen; ansonsten gibt die Norm aber für eine restriktive Interpretation nichts her. 98 Dem Zweck der Vorschrift - der Planerhaltung - wird um so mehr Rechnung getragen, je mehr Abwägungsmängel von der Unbeachtlichkeitsvorschrift erfasst werden. Insoweit ergeben sich auch bei objektiv-teleologischer Auslegung der Vorschrift keine unterschiedlichen Deutungsmöglichkeiten. Auch der Gesetzgeber sah sich nicht genötigt, ausdrückliche Einschränkungen hinsichtlich der von der Vorschrift betroffenen Abwägungsmängel vorzunehmen. 99 Folglich kann § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB bei Anwendung der herkömmlichen Auslegungsmethoden nur so verstanden werden, dass nach rügelosem Ablauf der siebenjährigen Frist sämtliche Abwägungsfehler unbeachtlich werden. Es ist kein Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. 100 Möglicherweise kann das Ziel einer eingeschränkten Anwendbarkeit der Vorschrift mit Hilfe einer teleologischen Reduktion, einer Methode der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung, erreicht werden. 101 Voraussetzung ist das Vorliegen einer sogenannten „verdeckten Lücke", d. h., dass eine gesetzliche Regel entgegen ihrem Wortsinn, aber gemäß der immanenten Teleologie des Gesetzes einer Einschränkung bedarf, die im Gesetzestext nicht enthalten ist. 1 0 2 Die Lücke besteht also im Fehlen einer Einschränkung. 103 Im Falle des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB könnte insoweit eine verdeckte Unvollständigkeit des Gesetzes angenommen werden, als dass sämtliche Abwägungsmängel erfasst werden, obwohl verfassungsrechtlich eine Einschränkung geboten ist. Fraglich ist die Planwidrigkeit dieser verdeckten Unvollständigkeit, denn dem Gesetzgeber war das Problem bekannt: „Es entspricht den Erfahrungen der Praxis, daß Bauleitpläne innerhalb von sieben Jahren nach ihrem Inkrafttreten in der Mehrzahl weitgehend in das Stadium des Vollzugs gelangt sind oder sonst ihre Wirkung spürbar geworden ist. Es ist daher zu erwarten, daß auch Mängel der Abwägung, besonders wenn sie schwer und offenkundig sind, innerhalb von sieben Jahren von Betroffenen geltend gemacht werden. " 1 0 4 Allerdings ist in dieser Aussage lediglich eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklung zu sehen. Der Gesetzgeber war der Ansicht, dass im Regelfall nach der Frist von sieben Jahren alle schweren und offenkundigen Abwägungsmängel entdeckt worden sind. Eine Stellungnahme, wie etwaige Ausnahmefälle 98 Vgl. Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 215, Rn. 16 f. 99 Vgl. Unterrichtung durch die Bundesregierung, Stellungnahme des Bundesrates vom 13. Februar 1986, Bundestags-Drucksache 10/5027, S. 22; vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 15. Oktober 1986, Bundestags-Drucksache 10/6166, S. 134. 100 Gleiches würde im übrigen auch für einen von § 215 Abs. 1 BauGB abweichenden Fristbeginn gelten. Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit eindeutig. 101 Vgl. hierzu auch Käß, Planerhaltung, S. 216 ff. i° 2 Larenz, Methodenlehre, S. 391; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 402. i° 3 Larenz, Methodenlehre, S. 377. 104 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 15. Oktober 1986, Bundestags-Drucksache 10/6166, S. 134.
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rechtlich zu behandeln wären, findet sich hingegen nicht. Insofern ist anzunehmen, dass er die Lösung eines solchen, seiner Auffassung nach seltenen Konflikts der Rechtsprechung überlassen wollte. Ein Herausnehmen schwerer und offenkundiger Abwägungsmängel aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ist aber wegen der Unbestimmtheit dieser Begriffe abzulehnen.105 Statt dessen sollte darauf abgestellt werden, ob trotz des Mangels insgesamt noch eine sachgerechte Planung vorliegt. Dies dürfte bei Mängeln des Abwägungsergebnisses nicht mehr gewährleistet sein. 106 Insoweit sind allerdings tatsächliche Veränderungen - insbesondere die Realisierung des Plans - im Laufe der siebenjährigen Frist zu berücksichtigen, so dass es darauf ankommt, ob der Mangel im Abwägungsergebnis nach sieben Jahren immer noch gegeben ist. 1 0 7 § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ist folglich dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass Mängel des Abwägungsergebnisses, die nach sieben Jahren noch vorliegen, nicht unbeachtlich werden können. Bei dieser Einschränkung ergeben sich im Hinblick auf die Angemessenheit der Vorschrift keine Bedenken.
II. Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit den Vorgaben der UVP-Richtlinie Die Frage der Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB lässt sich auch im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht aufwerfen. Dies ist bedingt durch die Vorgaben der Richtlinie 85/337/EWG, 1 0 8 nach der auch Bebauungspläne ggf. einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müssen. Auf nationaler Ebene ergibt sich das Erfordernis aus den Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, vgl. §§ 2 Abs. 3 Nr. 3, 2 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1 S. 1 UVPG. 1 0 9 Die diesbezügliche Verpflichtung folgt entweder aus dem Überschreiten eines Schwellenwertes (§ 3 b Abs. 1 UVPG) oder aus einer Vorprüfung (sog. „Screening", § 3 c UVPG), die ergibt, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Für das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung verweist § 17 S. 1 UVPG auf die Vorschriften des Baugesetzbuches. Die Prüfung der Umweltverträglichkeit ist für Bebauungspläne in das Verfahren nach dem Baugesetzbuch integriert. 110 Dementsprechend sind auch die Planerhal105 Käß, Planerhaltung, S. 215. 106 Käß, Planerhaltung, S. 219. 107 Käß, Planerhaltung, S. 218. i° 8 Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. Nr. L 175, S. 40 ff., geändert durch die Richtlinie 97/11 / EG des Rates vom 3. März 1997, ABl. Nr. L 073, S. 5 ff. 109 Das Gesetz wurde zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 27. Juli 2001, BGBl. I,S. 1950 ff. ho Krautzberger/Stemmler, UPR 2001, S. 241; Mitschang, ZfBR 2001, S. 239 (242).
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tungsvorschriften anwendbar, 111 soweit eine vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung nicht oder fehlerhaft durchgeführt worden ist. Bereits in der Vergangenheit ist in der Literatur diskutiert worden, ob der deutsche Gesetzgeber die UVP-Richtlinie ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt hatte. Insbesondere war fraglich, ob die Nichtbeachtung von Vorschriften, die auf Gemeinschaftsrecht zurückzuführen waren, durch die §§ 214 ff. BauGB für unbeachtlich erklärt werden konnte. 112 Die im Rahmen der UVP-Novelle neu hinzugekommenen Normen werden die Diskussion ggf. neu entfachen. Bisher finden sich in der Literatur allerdings nur wenige Stellungnahmen.113 Die §§ 214 ff. BauGB verletzen möglicherweise Art. 249 Abs. 3 EGV. Hiernach ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, während sie den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel überlässt. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Richtlinien vollständig, genau und innerhalb der in der Richtlinie gesetzten Frist umzusetzen.114 Auch wenn Art. 249 Abs. 3 EGV die Verbindlichkeit nur hinsichtlich des Richtlinienziels anordnet, so sind die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Wahl von Form und Mittel nicht völlig frei. Vielmehr haben sie diejenigen zu ergreifen, die für die Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit (effet utile, Art. 10 EGV) der Richtlinie am besten geeignet sind. 115 Allgemein können Planerhaltungsvorschriften die praktische Wirksamkeit i. S. d. Art. 10 EGV des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigen. Wenn eine Richtlinie einem Mitgliedstaat bestimmte Vorgaben macht, und dieser ihr durch den Erlass einer entsprechenden nationalen Vorschrift nachkommt, so ist damit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben Genüge getan. Wenn er aber in einem nächsten Schritt die Nichtbeachtung dieser Vorschriften sanktionslos stellt, werden die Vorgaben faktisch konterkariert. Unzulässig dürfte dies allerdings nur insoweit sein, als das Ziel der Richtlinie beeinträchtigt wird. Sofern den nationalen Gesetzgebern ein Spielraum für die Umsetzung gewährt wird, erscheint die Schaffung von Planerhal111
Ein zusätzliches Argument für die grundsätzliche Anwendbarkeit aller Planerhaltungsvorschriften ergibt sich aus dem Wort „auch" in der speziell auf die Umweltverträglichkeitsprüfung zugeschnittenen Vorschrift des § 214 Abs. 1 a BauGB, Bracher, in Geizer/Bracher/ Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1128. 112 Hoppe, in Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 131 f.; Erbguth/Schink, UVPG, § 17, Rn. 14, 18, 23 ff., 28; Paßlick, in Hoppe, UVPG, § 17, Rn. 42, 50, 134; Schwer, Umweltverträglichkeitsprüfung im Bauplanungsrecht, S. 124 ff., 139, 159 f., 182 ff., 208; Seilner, Festschrift Schlichter, S. 257 ff.; Kunig, Festschrift Weyreuther, S. 157 ff.; Bosselmann, DVB1. 1988, S. 724 (730); Erbguth, VerwArch 81 (1990), S. 327 ff.; vgl. allgemein Kadelbach, Festschrift Hoppe, S. 897 (909). 113 Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (292 f.); Stüer, BauR 2001, S. 1195 (1209); vgl. Kuschnerus, BauR 2001, S. 1346 (1355 f.).
114 Koenig /Haratsch, Europarecht, Rn. 257. 115 EuGH, Urteil vom 8. April 1976, Slg. 1976, S. 497 (517) - Royer; Ruffert, in Calliess/ Ruffert, Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag, Art. 249, Rn. 46; Koenig/Haratsch, Europarecht, Rn. 258; Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 360.
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tungsVorschriften jedenfalls nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es stellt sich also die Frage, welche Ziele mit den Richtlinien zur Umweltverträglichkeitsprüfung verfolgt und ob diese durch die Planerhaltungsvorschriften beeinträchtigt werden. Das Ziel einer Richtlinie besteht üblicherweise in der Herbeiführung eines erwünschten künftigen Zustandes.116 Diese Aussage beinhaltet ein sehr weites Zielverständnis. So könnte man annehmen, dass die UVP-Richtlinien letztlich dem Umweltschutz dienen. Aufgrund der Verbindlichkeit der Zielvorgabe wäre der Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit allerdings erheblich eingeschränkt, müsste er dem Umweltschutz umfassend Rechnung tragen. PlanerhaltungsVorschriften wären bei diesem Verständnis mit großer Wahrscheinlichkeit unzulässig. Deshalb wird in der Literatur lediglich den sich aus dem Inhalt einer Richtlinie ergebenden Rechtswirkungen Zielcharakter zugesprochen. 117 Im Lichte dieses Verständnisses besteht die Funktion der Richtlinien zur Umweltverträglichkeitsprüfung in einer „systematischen (mehrstufiger Verfahrensablauf, inhaltliche Vorgaben bezüglich Informations- und Beteiligungspflichten), bereichsübergreifenden (alle Umweltfaktoren, Umweltmedien und Wechselwirkungen werden erfaßt), transparent nachvollziehbaren (Anhörungs- und Begründungspflichten) Analyse (Identifizierung und Beschreibung) und Bewertung der voraussichtlichen Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt" us. Aus der bloßen Berücksichtigungspflicht der gefundenen Erkenntnisse nach Art. 8 der Richtlinie ergibt sich ferner, dass Umweltbelange für die Entscheidungsfindung lediglich berücksichtigungsfähig gemacht werden sollen, nicht aber, dass sie sich im Sinne eines Präjudizes auswirken müssten.119 Im folgenden muss anhand der einzelnen Vorschriften des Bauplanungsrechts die Konformität zu den europarechtlichen Vorgaben geprüft werden.
1. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB Die Frage der Vereinbarkeit des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB mit den Vorgaben der UVP-Richtlinie lässt sich in mehrfacher Hinsicht aufwerfen.
a) Verletzung der Vorschriften
über die frühzeitige
Bürgerbeteiligung
Zunächst fordert Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass der Öffentlichkeit die Genehmigungsanträge sowie die nach Art. 5 eingeholten Informationen binnen einer angemessenen Frist zugänglich gen6 Schmidt, in von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, Art. 189, Rn. 37. H7 Grabitz, in Grabitz / Hilf, Kommentar zum EWG-Vertrag, Art. 189, Rn. 57. Iis Schwer, Umweltverträglichkeitsprüfung im Bauplanungsrecht, S. 17. Ii 9 Schwer, Umweltverträglichkeitsprüfung im Bauplanungsrecht, S. 17 f.
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macht werden, damit der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben wird, sich vor Erteilung der Genehmigung dazu zu äußern. Unter Genehmigung ist hier der Beschluss über den Bebauungsplan nach § 10 Abs. 1 BauGB zu verstehen; die nach Art. 5 eingeholten Informationen werden in den Umweltbericht nach § 2 a BauGB aufgenommen. Das Ziel der europarechtlichen Vorgabe besteht also darin, der Gemeinde, die einen Beschluss über einen Bebauungsplan treffen will, Informationen aus der Öffentlichkeit zu verschaffen, die für die Entscheidungsfindung relevant sein könnten. 120 Nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB ist es für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans allerdings unbeachtlich, wenn die Vorschrift über die frühzeitige Bürgerbeteiligung (§ 3 Abs. 1 BauGB) verletzt wurde. Teilweise wird hierin ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht gesehen. Gerade die erste Bürgerbeteiligung sei sehr wichtig für die Planungsentscheidung. Ein Unterlassen oder eine fehlerhafte Anwendung dürfe nicht folgenlos bleiben. 121 Gegen diese Ansicht spricht zunächst der Wortlaut von Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie, der zwar eine Bürgerbeteiligung fordert, diese aber nicht so frühzeitig wie möglich sein muss. Insoweit erscheint die fehlerbewehrte Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB ausreichend, um den Interessen der Öffentlichkeit gerecht zu werden. In diesem Verfahrensstadium kann die Planung auch noch problemlos auf etwaige Einwendungen reagieren. Außerdem ist es nicht ausgeschlossen, dass eine aufgrund dieses Mankos übersehene nachteilige Umweltauswirkung als beachtlicher Abwägungsmangel die Gültigkeit des Bebauungsplans berührt. 122 Im Ergebnis fordern europarechtliche Vorgaben keine frühzeitige Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB. Insoweit ist § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB mit dem Europarecht vereinbar.
b) Nichtbeteiligung
einzelner berührter Träger öffentlicher
Belange
Des weiteren haben die Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 1 UVP-Richtlinie die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die Behörden, die in ihrem umweltbezogenen Aufgabenbereich von dem Projekt berührt sein könnten, die Möglichkeit haben, ihre Stellungnahme zu den Angaben des Projektträgers und zu dem Antrag auf Genehmigung abzugeben. Das bauplanungsrechtliche Pendant bildet § 4 BauGB, nach dem Stellungnahmen der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt wird, möglichst frühzeitig einzuholen sind. Problematisch ist nun, dass es sich nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB auf die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans nicht auswirkt, wenn bei Anwendung des § 4 BauGB einzelne berührte Träger 120 Vgl. Richtlinie 97/11 /EG vom 3. März 1997, ABl. Nr. L 073, Erwägungsgrund Nr. 1. 121 Erbguth/Schink, UVPG, § 17, Rn. 42; Paßlick, in Hoppe, UVPG, § 17, Rn. 42; Schwer, Umweltverträglichkeitsprüfung im Bauplanungsrecht, S. 182; wohl auch Seilner, Festschrift Schlichter, S. 257 (272 f.). 122 Vgl. Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (293).
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öffentlicher Belange nicht beteiligt wurden. Der Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 UVPRichtlinie sieht eine solche Einschränkung nicht vor, so dass hier eine unzulässige Diskrepanz zwischen Gemeinschaftsrecht und deutschem Baurecht bestehen könnte. Auch aus Art. 6 Abs. 1 S. 4 UVP-Richtlinie, wonach die Einzelheiten der Anhörung von den Mitgliedstaaten festgelegt werden, wird sich keine Befugnis herleiten lassen können, dass die Nichtberücksichtigung einzelner Träger öffentlicher Belange sanktionslos gestellt werden kann. Grundsätzlich müsste also auch die bloße Nichtbeteiligung eines einzelnen Trägers öffentlicher Belange sanktioniert werden. 123 Allerdings darf auch hier nicht der Zweck der Vorschrift außer Betracht gelassen werden. Der Gemeinde sollen Informationen verschafft werden, die für die Planung relevant sein könnten. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange geschieht nicht um ihrer selbst Willen. Fehlen der Gemeinde aufgrund einer unterlassenen Behördenbeteiligung Kenntnisse über etwaige nachteilige Umweltauswirkungen, so kann dies in materieller Hinsicht einen Abwägungsfehler bedeuten.124 Unter diesem Gesichtspunkt wird das Fehlen von relevanten, umweltbezogenen Informationen nicht sanktionslos gestellt, so dass keine Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit der PlanerhaltungsVorschrift mit dem Gemeinschaftsrecht bestehen.
c) Unterbleiben eines Hinweises zur Frage der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung Ferner ist es gemäß § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB unbeachtlich, wenn die Gemeinde im Rahmen der Auslegungsbekanntmachung des § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB nicht darauf hinweist, ob in einem Bebauungsplan verfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden soll. 1 2 5 Die Zulässigkeit der die Sanktionslosigkeit dieser Vorschrift anordnenden Norm wird in der Literatur damit gerechtfertigt, dass die UVP-Richtlinie keine Vorschrift enthalte, die einen entsprechenden Hinweis fordern würde. 126 Aus Art. 6 UVP-Richtlinie lasse sich ein solches Gebot nicht entnehmen, zumal Einzelheiten der Anhörung durch die Mitgliedstaaten festgelegt werden könnten. Der Sache nach werde eine Anstoßwir123 Bosselmann, DVB1. 1988, S. 724 (730), unter Hinweis darauf, dass sonst der Zweck der Behördenbeteiligung nicht „optimal" erfüllt werden könne; i. E. ebenso Erbguth/Schink, UVPG, § 17, Rn. 25; Paßlick, in Hoppe, UVPG, § 17, Rn. 50, der diesem Mangel allerdings kaum praktische Bedeutung beimisst; Erbguth, VerwArch 81 (1990), S. 327 (344); Schwer, Umweltverträglichkeitsprüfung im Bauplanungsrecht, S. 159 f. 124 Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (293). 125 Interessanterweise geht der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen davon aus, dass die Angabe der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung lediglich versehentlich unterblieben ist, Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 14. November 2000, Bundestags-Drucksache 14/4599, S. 158. Diese Auffassung kommt jedoch im Gesetzeswortlaut nicht zum Ausdruck, so dass die Rechtsfolge fraglich ist, wenn absichtlich ein entsprechender Hinweis unterblieben ist. 126 Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (292); keine Bedenken auch Kuschnerus, BauR 2001, S. 1346 (1355 f.); i. E. ebenso Runkel, DVB1. 2001, S. 1377 (1388).
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kung im Hinblick auf die Frage möglicher Umweltauswirkungen durch die Bezeichnung des Plangebiets erzeugt. Die Gesetzesbegründung der Regierungsfraktionen stellt indessen nicht auf Art. 6 UVP-Richtlinie ab: Die Änderung des § 3 Abs. 2 BauGB stelle sicher, dass zur Umsetzung des Art. 4 Abs. 4 UVP-Richtlinie die Entscheidung über die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemeinsam mit dem Hinweis auf die Auslegung eines Bebauungsplans öffentlich bekannt gemacht werde. 127 Tatsächlich müssen die Mitgliedstaaten nach der Vorschrift des Gemeinschaftsrechts sicherstellen, dass die Entscheidung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund der Erfüllung bestimmter Kriterien (Erreichen von Schwellenwerten, Einzelfalluntersuchung) durchgeführt werden soll, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Wenn auch über den Zeitpunkt der Bekanntmachung keine Aussage getroffen wird, so besteht doch ein Unterschied zwischen der Bekanntmachung der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und ihrer Durchführung selbst. Auch die Angabe des betroffenen Plangebiets in der Auslegungsbekanntmachung kann nicht als ordnungsgemäße Umsetzung der Gemeinschaftsvorschrift verstanden werden. Fraglich ist, welche ratio hinter Art. 4 Abs. 4 UVP-Richtlinie steckt. Man könnte annehmen, dass es letztlich darum geht, der Genehmigungsbehörde umweltrelevante Informationen zu verschaffen, indem die Öffentlichkeit auf die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hingewiesen wird. Hierbei bliebe jedoch außer Betracht, dass nicht auf jede Umweltverträglichkeitsprüfung hingewiesen werden muss: Die Pflicht gilt nämlich nicht für Projekte nach Art. 4 Abs. 1 UVPRichtlinie, die automatisch einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden, sondern nur für solche, bei der sich ihre Pflicht zur Durchführung erst bei Überschreiten eines Schwellenwertes bzw. der Erfüllung bestimmter Kriterien oder aufgrund einer Einzelfalluntersuchung ergibt, vgl. Art. 4 Abs. 2, 4 UVP-Richtlinie. Es kann aber nicht erwartet werden, dass die Öffentlichkeit Kenntnis davon hat, welche Vorhaben automatisch einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müssen. Insoweit bleibt unklar, welcher sachliche Unterschied zwischen Projekten i. S. d. Art. 4 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 UVP-Richtlinie besteht, der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde. Von dieser Prämisse scheint auch der deutsche Gesetzgeber ausgegangen zu sein, da nach § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB auf jede Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hingewiesen werden muss. Er hat damit einen strengeren Maßstab angelegt als es europarechtlich geboten war. Insoweit begegnet es keinen Bedenken, wenn der Hinweis auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung i. S. d. Art. 4 Abs. 1 UVP-Richtlinie unterblieben ist. 1 2 8 Eine gemeinschaftsrechtswidrige Umsetzung sollte aber auch für 127
Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 14. November 2000, Bundestags-Drucksache 14/4599, S. 157. 128 Zwar handelt es sich bei den bauplanungsrechtlichen Projekten i. S. d. Anlage 1 Nr. 18 ff. zum UVPG ausschließlich um Vorhaben i. S. d. Art. 4 Abs. 2 UVP-Richtlinie. Zu
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Vorhaben nach Art. 4 Abs. 2 UVP-Richtlinie nicht angenommen werden. Materiell macht es keinen Unterschied, ob auf ihre Durchführung hingewiesen wird oder nicht. So sind insbesondere beachtliche Verfahrensfehler im Rahmen der Bürgerbeteiligung oder auch Abwägungsfehler nicht ausgeschlossen. Trotz der fehlerhaften Umsetzung des Art. 4 Abs. 4 UVP-Richtlinie begegnet es daher keinen Bedenken, an § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB festzuhalten. 129
d) Verkennung der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Vorschriften des vereinfachten Verfahrens Schließlich ist es nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB unbeachtlich, wenn die Gemeinde bei Anwendung des § 3 Abs. 3 S. 3 oder des § 13 BauGB die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt hat. Demnach wirkt es sich nicht auf die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans aus, wenn bei einer erneuten Auslegung eines Planentwurfs das vereinfachte Verfahren nach § 13 Nr. 2 BauGB entsprechend bzw. bei einer Änderung oder Ergänzung eines Bebauungsplans die §§ 13 Nr. 2 und Nr. 3 BauGB angewandt werden, obwohl in Wirklichkeit die Grundzüge der Planung betroffen waren. § 13 BauGB überlässt der Gemeinde die Wahl, ob sie das bisherige Verfahren nach § 3 Abs. 2 bzw. § 4 BauGB wiederholt oder ob sie lediglich den betroffenen Bürgern bzw. den berührten Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Änderungen innerhalb angemessener Frist gibt. Im letzteren Fall könnten Bedenken im Hinblick auf eine gemeinschaftsrechtskonforme Umsetzung der Art. 6 Abs. 1 bzw. Abs. 2 UVP-Richtlinie bestehen. In der Literatur ist daher auch gefordert worden, dass im Hinblick auf die Wichtigkeit der Bürgerbeteiligung solche Verfahrensverstöße sanktioniert werden müssten.130 den Vorhaben, die generell einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müssen, gehören aber beispielsweise auch der Bau von Bundesautobahnen oder Bundesstraßen ab einer bestimmten Länge (vgl. Nr. 7 b f. des Anhangs I zu Projekten nach Art. 4 Abs. 1 UVPRichtlinie und Nr. 14.3 ff. der Anlage 1 zum UVPG). Nach § 17 Abs. 3 FStrG ersetzt ein Bebauungsplan nach § 9 BauGB einen Planfeststellungsbeschluss nach § 17 Abs. 1 FStrG. Planfeststellungsersetzende Bebauungspläne können nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG uvp-pflichtig sein. 129 Eine der Art. 4 Abs. 4 UVP-Richtlinie entsprechende Vorschrift ist übrigens in § 3 a S. 2 1. Hs. UVPG enthalten. Für sie gilt die Unbeachtlichkeitsregelung des Baugesetzbuches nicht. Grundsätzlich dürfte sie auch wegen des § 17 S. 1 UVPG für die Bauleitplanung anwendbar sein. Allerdings handelt es sich bei den §§3 Abs. 2 S. 2, 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB um leges speciales. 130 Erbguth/Schink, UVPG, § 17, Rn. 24; Erbguth, VerwArch 81 (1990), S. 327 (344); Schwer, Umweltverträglichkeitsprüfung im Bauplanungsrecht, S. 182 ff.; Paßlick, in Hoppe, UVPG, § 17, Rn. 42. Die Ausführungen beziehen sich auf die alte Fassung des § 13 BauGB und berücksichtigen noch nicht die Änderung durch das BauROG 1998, BGBl. 1997, I, S. 2088. Zwar entfallen nach § 13 Abs. 1 BauGB a. F. die Bürgerbeteiligung und die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange. Allerdings ist Grundstückseigentümern und berührten Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme binnen angemessener Frist zu
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Diese Bedenken erscheinen jedoch nicht als durchgreifend. Zum einen schreiben Art. 6 Abs. 1 und 2 UVP-Richtlinie keine bestimmte Form der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden vor. Insbesondere dürfen die Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 3 UVP-Richtlinie Einzelheiten von Unterrichtung und Anhörung festlegen. Die Anwendung der Vorschriften des vereinfachten Verfahrens schließen die Bürger- und Behördenbeteiligung zudem nicht aus. Sie wird lediglich modifiziert, um das Verfahren in angemessener Form zu beschleunigen. Ein weiterer Unterschied zwischen der Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB und der Möglichkeit zur Stellungnahme nach § 13 Nr. 2 BauGB besteht darin, dass letztere nur den betroffenen Bürgern eingeräumt wird, während Einwendungen von jedermann erhoben werden können. 131 Insoweit besteht aber keine Diskrepanz zu Art. 6 Abs. 2 UVP-Richtlinie, der lediglich fordert, dass der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird. Daraus folgt, dass die Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB einen größeren Adressatenkreis hat, als es gemeinschaftsrechtlich gefordert wird. Schließlich ist § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB nur dann anwendbar, wenn die Gemeinde die Voraussetzung für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens lediglich verkannt hat. Die Gemeinde muss sich diesbezüglich also geirrt haben. 132 Nimmt sie hingegen wider besseres Wissen das Vorliegen der Voraussetzung an, betrifft dies die Wirksamkeit des Bebauungsplans. Schließlich ist auch hier nicht ausgeschlossen, dass die Planung an beachtlichen Abwägungsfehlern leidet. Insgesamt ergibt sich aus § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB keine unzulässige Diskrepanz zu den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts. 133
2. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 2. Hs. BauGB Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 UVP-Richtlinie verlangen nicht nur, dass den Trägern öffentlicher Belange und den Bürgern die Genehmigungsanträge - also die Bebauungsplanentwürfe - vorgelegt werden, sondern auch die nach Art. 5 UVP-Richtlinie vom Projektträger eingeholten Informationen, deren Umfang sich aus Anhang IV und Art. 5 Abs. 3 UVP-Richtlinie ergibt. Ferner müssen nach Art. 9 Abs. 1 UVP-Richtlinie der Inhalt der abschließenden Entscheidung, seine Hauptgründe geben. Bis auf die Erweiterung des Adressatenkreises durch § 13 Nr. 2 BauGB n. F. ergeben sich insoweit keine sachlichen Unterschiede. Da sich die Kritik in bezug auf die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB nicht auf den begrenzten Adressatenkreis, sondern die Sanktionslosigkeit der Vorschrift bezog, dürften die Autoren weiterhin an ihrer Auffassung festhalten. 131 Vgl. Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 6 II 5 d und § 6 III 2. !32 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214, Rn. 5; vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2000, NVwZ-RR 2000, S. 759. 133 So im Ergebnis auch Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (292 f.); wohl auch Kunig, Festschrift Weyreuther, S. 157 (173 f.).
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und -erwägungen und erforderlichenfalls eine Beschreibung der wichtigsten Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen vermieden, verringert und soweit möglich ausgeglichen werden sollen, der Öffentlichkeit mitgeteilt werden. Diesen Pflichten ist auf nationaler Ebene bis zum Jahr 2001 dadurch Rechnung getragen worden, dass die geforderten Umweltdaten von der Gemeinde in die Begründung der Bebauungspläne nach § 9 Abs. 8 BauGB bzw. ihrer Entwürfe nach § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB aufgenommen wurden. Nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 2. Hs. BauGB ist es allerdings für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans unbeachtlich, wenn seine Begründung oder sein Entwurf unvollständig ist. Unvollständig in diesem Sinne ist eine Begründung dann, wenn entweder zu einer für die Planungskonzeption bedeutenden Regelung nicht alle tragenden Gesichtspunkte behandelt oder wenn zu einzelnen - in diesem Sinne bedeutenden - Regelungen eine Begründung fehlt. 134 Folglich war nach dem Verständnis der Rechtsprechung, noch mehr aber nach der Fassung des Gesetzes nicht auszuschließen, dass in den Begründungen die Angabe umweltrelevanter Informationen fehlte, ohne dass sich dies auf die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans ausgewirkt hätte. Deshalb forderte die Literatur, dass solch ein Verfahrensfehler beachtlich sein müsse.135 In der Tat bestand hier eine Diskrepanz zwischen den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts und ihrer Umsetzung im Bereich des Bauplanungsrechts. Mit Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie im Jahr 2001 hat sich allerdings das Bauplanungsrecht so verändert, dass eine Neubewertung der Rechtslage vorzunehmen ist. Nunmehr werden die erforderlichen umweltrelevanten Daten in einem eigenen Umweltbericht festgehalten, der nach § 2 a Abs. 1 BauGB bereits für das Aufstellungsverfahren in die Begründung i. S. d. § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB mit aufgenommen werden muss. Er wird auch Bestandteil der Planbegründung nach § 9 Abs. 8 BauGB. 136 Zur Sicherstellung der Bedeutung des Umweltberichts als bedeutsamer Teil der Planbegründung wurde § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB reformiert: Die Verletzung des § 2 a BauGB stellt jetzt einen grundsätzlich beachtlichen Verfahrensfehler dar, so dass insoweit den Anforderungen der Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 UVP-Richtlinie Rechnung getragen wird. Wenn die Öffentlichkeit und die Träger öffentlicher Belange nicht die geforderten umweltrelevanten 134 BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 1986, E 74, S. 47 (51); Battis, in Battis / Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214, Rn. 7. 135 Bosselmann, DVB1. 1988, S. 724 (730), mit dem Hinweis, dass deshalb die Gefahr bestünde, dass umweltrelevante Informationen nicht erkannt und daher auch nicht als Belang in der Abwägungsentscheidung berücksichtigt würden; Seilner, Festschrift Schlichter, S. 257 (272 f.); Hoppe, in Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 132; Erbguth/Schink, UVPG, § 17, Rn. 18; Erbguth, VerwArch 81 (1990), S. 327 (343); Schroer, Umweltverträglichkeitsprüfung im Bauplanungsrecht, S. 134 ff. Keine Bedenken scheint hingegen der VGH München gehabt zu haben, vgl. Urteil vom 6. Mai 1994, NuR 1995, S. 144 (145). 136 Battis, in Battis/Krautzberger/Lohr, BauGB, § 2 a, Rn. 7; Reidt, in Bracher/Geizer/ Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 760; Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 14. November 2000, Bundestags-Drucksache 14/4599, S. 156. 8 Stemwede
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Informationen erhalten, leidet der betroffene Bebauungsplan an einem beachtlichen Fehler. Bedenken könnten sich allerdings im Hinblick auf die interne Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 2. Hs. BauGB ergeben, wonach es wiederum unbeachtlich ist, wenn der Umweltbericht als Teil der Planbegründung oder des Begründungsentwurfs 137 unvollständig ist. Zwar bedeutet dies, dass im Gegensatz zur alten Rechtslage das vollständige Fehlen umweltrelevanter Informationen sanktioniert wird. Andererseits stellt sich die Frage, ob die Folgenlosigkeit des Fehlens einzelner Umweltbelange nicht die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben konterkariert. Weder der Gesetzgeber noch die Literatur haben Bedenken gegen die Vorschrift in dieser Form geäußert. 138 Die UVP-Richtlinie fordere vom Projektträger nach Art. 5 Abs. 3 lediglich die notwendigen Angaben zur Feststellung und Beurteilung der Hauptauswirkungen, die das Projekt voraussichtlich auf die Umwelt haben werde; ferner müssten nach Art. 9 Abs. 1 UVP-Richtlinie nur die Hauptgründe und -erwägungen, auf denen die Entscheidungen beruht, der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Deshalb bedeute die Sanktionslosigkeit des Fehlens einzelner umweltrelevanter Informationen keinen Widerspruch zu den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. 139 Zunächst ist festzuhalten, dass die Änderungen des Baugesetzbuches den Zielen der UVP-Richtlinie besser Rechnung tragen, als dies nach der alten Rechtslage der Fall war. Es wird so grundsätzlich sichergestellt, dass die Öffentlichkeit mit den umweltrelevanten Informationen versorgt wird, damit diese im Hinblick auf die Planentwurfsbegründung Stellung nehmen, im Hinblick auf die Planbegründung die Entscheidung der Gemeinde nachvollziehen kann. Von der Wahrung dieser Interessen ist auszugehen, sofern die Begründungen vollständig sind. Aber auch bei ihrer Unvollständigkeit dürfte keine wesentliche Beeinträchtigung dieser Ziele vorliegen. Sollte ausnahmsweise doch über wesentliche Umweltgesichtspunkte nicht informiert worden sein, bedarf es der Untersuchung, ob nicht in einem solchen Fall bei materieller Betrachtung die Grenze zwischen unbeachtlicher Unvollständigkeit und beachtlichem Fehlen des Umweltberichts überschritten worden ist. Im Übrigen dürfte regelmäßig ein beachtlicher Abwägungsfehler vorliegen, wenn die Gemeinde den nicht vorgebrachten Umweltbelang nicht in der Abwägung berücksichtigt hat. Das Ziel der Information der Öffentlichkeit und der Behörden, hinter dem wiederum das Interesse an einer materiell ausgewogenen Planung steht, 137 Hierzu Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (292). Die fehlende Wiederholung des Umweltberichts in der Norm solle nicht bedeuten, dass ein unvollständiger Umweltbericht in der Planentwurfsbegründung ein beachtlicher Verfahrensfehler sei. Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da nicht ersichtlich ist, warum der Gesetzgeber eine unvollständige Planentwurfsbegründung anders hätte sanktionieren wollen als eine unvollständige Planbegründung. 138 Vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 14. November 2000, Bundestags-Drucksache 14/4599, S. 158; vgl. Kuschnerus, BauR 2001, S. 1346 (1355); Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (292 f.). 139 Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (292 f.).
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wird daher durch § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 2. Hs. BauGB nicht beeinträchtigt. Anders als bei der alten Rechtslage bestehen nunmehr keine Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Norm mit dem Gemeinschaftsrecht.
3. § 214 Abs. 1 a Nr. 1 BauGB Nach Art. 2 Abs. 1 UVP-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen u. a. aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Welche Projekte uvp-pflichtig sind, bestimmt sich nach Art. 4 UVP-Richtlinie. Bestimmte Projekte sind grundsätzlich automatisch einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen (Art. 4 Abs. 1 i. V. m. Anlage I UVP-Richtlinie), bei anderen ergibt sich dies erst aufgrund einer Einzelfalluntersuchung oder aufgrund des Überschreitens von Schwellenwerten (Art. 4 Abs. 2 i. V. m. Anlage II UVP-Richtlinie). Die diesbezüglichen Kriterien werden von den Mitgliedstaaten festgelegt; allerdings müssen sie die Auswahlkriterien des Anhangs III der UVP-Richtlinie berücksichtigen. Die Frage, ob bei Bebauungsplänen eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, bestimmt sich nach §§ 2 Abs. 3 Nr. 3, 17 S. 1, 3 ff., UVPG i. V. m. der Anlage 1 des Gesetzes. Die §§ 3 c Abs. 1 und 3 e Abs. 1 Nr. 2 UVPG sehen hierbei vor, dass für bestimmte Vorhaben i. S. d. Anlage 1 eine Vorprüfung („Screening") stattzufinden hat, bei der aufgrund überschlägiger Prüfung festgestellt wird, ob das Projekt erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. 140 Ist dies der Fall, muss die Gemeinde als zuständige Behörde die Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung unverzüglich nach § 3 a S. 1 UVPG feststellen. Nach § 214 Abs. 1 a Nr. 1 BauGB soll es sich auf die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans aber nicht auswirken, wenn eine vorgeschriebene Einzelfallprüfung nicht durchgeführt wurde und erhebliche Umweltauswirkungen nicht zu besorgen gewesen wären. Bedenken im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht wirft diese Planerhaltungsvorschrift allerdings nicht auf. 141 Schließlich handelt es sich um eine Kausalitätsregelung. Die Wirksamkeit eines Bebauungsplans bleibt nur dann unberührt, wenn das dahinterstehende Projekt keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben wird, wenn also m. a. W. keine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte durch140
Einer solchen UVP-Pflicht unterliegen beispielsweise Bebauungspläne, mit denen die Zulässigkeit eines Hotelkomplexes mit einer Bettenzahl von insgesamt 100 bis weniger als 300 oder eines ganzjährig betriebenen Campingplatzes mit 50 bis weniger als 200 Stellplätzen begründet werden soll (18.1.2 und 18.2.2 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG). 141 Ebenso Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (293); vgl. Kuschnerus, BauR 2001, S. 1346 (1356). *
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geführt werden müssen. In diesem Fall werden die Ziele der UVP-Richtlinie nicht tangiert. Hätte hingegen aufgrund zu erwartender nachteiliger Umweltauswirkungen letztlich doch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, greift § 214 Abs. 1 a Nr. 1 BauGB nicht ein, so dass der Mangel beachtlich bleibt. Das Unterlassen einer Umweltverträglichkeitsprüfung wird nach neuer Rechtslage regelmäßig zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führen, etwa, weil der Umweltbericht fehlt oder ein beachtlicher Abwägungsfehler vorliegt.
4. § 214 Abs. 1 a Nr. 2 BauGB Auch § 214 Abs. 1 a Nr. 2 BauGB betrifft das „Screening". Im Gegensatz zur Nr. 1 hat die Gemeinde hier zwar eine Vorprüfung durchgefühlt; dabei hat sie aber die Frage, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, nicht richtig beurteilt und aus diesem Grund die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung abgelehnt. Diese Fehlbeurteilung soll sich nicht auf die Rechtswirksamkeit des betroffenen Bebauungsplans auswirken. Scheinbar ist es für die Gemeinde vorteilhafter, zwar eine Vorprüfung durchzuführen, eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung dann aber abzulehnen, als von vornherein auf die Vorprüfung zu verzichten. 142 Im letzteren Fall wäre der Fehler beachtlich, sofern das Vorhaben erhebliche nachteilige Auswirkungen haben kann; im ersteren Fall wäre er verfahrenstechnisch unbeachtlich. Auf diese Art und Weise könnten die Gemeinden § 214 Abs. 1 a Nr. 1 BauGB faktisch ins Leere laufen lassen. Gegen eine solche Ansicht spricht jedoch der Wortlaut von § 214 Abs. 1 a Nr. 2 BauGB, der die Unbeachtlichkeit nur im Falle einer Fehlbeurteilung anordnet. Diese Voraussetzung dürfte ähnlich auszulegen sein wie das „Verkennen" der Voraussetzung für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens bei § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB, nach der die Vorschrift keine Anwendung findet, wenn die Gemeinde bewusst fehlerhaft von der Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens ausgegangen ist. 1 4 3 § 214 Abs. 1 a Nr. 2 BauGB gilt deshalb nicht, wenn die Gemeinde bewusst oder wider besseres Wissen angenommen hat, dass keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestand. Aber auch bei dieser Auslegung stellt sich die Frage, ob die Vorschrift mit Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 UVP-Richtlinie vereinbar ist. Anders als bei § 214 Abs. 1 a Nr. 1 BauGB ist die materielle Richtigkeit des Bebauungsplans nicht zwingend gewährleistet, da i. E. eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen. Insoweit erscheint das Ziel der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, bei nachteiligen umweltrelevanten Projekten eine Umweltverträglichkeitsprüfung 142 Sojedenfalls Stüer, BauR 2001, S. 1195 (1209). 143 Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 214, Rn. 20; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 15; OVG Lüneburg, Beschluss vom 23. August 1993, Nds. Rechtspflege 1994, S. 54 (55).
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durchzuführen, in verfahrensrechtlicher Hinsicht gefährdet. So muss die Gemeinde keinen Umweltbericht mehr erarbeiten und ihn dann der Öffentlichkeit und den Trägern öffentlicher Belange bekannt machen. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass lediglich das Unterlassen der Umweltverträglichkeitsprüfung als solches für unbeachtlich erklärt wird. Die materiellen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplans bleiben unberührt. Das gilt insbesondere für das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 6 BauGB. In die Abwägung müssen daher insbesondere die erheblichen nachteiligen Umweltbelange eingestellt werden, die die Gemeinde im Rahmen der Vorprüfung falsch beurteilt hat. Ist dies nicht der Fall, so wird hierin regelmäßig ein erheblicher Abwägungsfehler i. S. d. § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB liegen, der zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führt. 144 Insoweit dürfte den Zielen der UVP-Richtlinie ausreichend Rechnung getragen werden. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass eine Gemeinde unzulässigerweise die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ablehnt, die betroffenen Umweltbelange dann aber doch so in die Abwägung einstellt, dass der betroffene Bebauungsplan nach nationalem Recht rechtmäßig ist. 1 4 5 Formell würde ein solcher Plan den Vorgaben der Richtlinie widersprechen, materiell wäre er nicht zu beanstanden. Hierin kann aber keine unzulässige Diskrepanz zwischen nationalem und Gemeinschaftsrecht gesehen werden. Das Hauptziel der Richtlinie besteht darin, dafür zu sorgen, dass Umweltbelange tatsächlich bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens berücksichtigt werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist das Mittel, mit dem dieses Ziel erreicht werden soll. Wenn das Ziel auch auf einem anderen als dem europarechtlich vorgegebenen Weg erreicht wird, erscheint es wenig sinnvoll, eine materiell sachgerechte Planung zu kippen. 146 § 214 Abs. 1 a Nr. 2 BauGB begegnet daher keinen Bedenken in Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht. 144
Auf die Möglichkeit von Abwägungsfehlern weist die Gesetzesbegründung ausdrücklich hin, siehe den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 14. November 2000, Bundestags-Drucksache 14/4599, 159; ebenso Reidt, in Bracher/Gelzer/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 749; Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (293); Kuschnerus, BauR 2001, S. 1346 (1356); Stüer, BauR 2001, S. 1195 (1209); Runkel, DVB1. 2001, S. 1377 (1388). 145
Von dieser Möglichkeit ist auch der Gesetzgeber ausgegangen, da sonst der Hinweis auf die Möglichkeit von Abwägungsfehlern überflüssig gewesen wäre, vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 14. November 2000, BundestagsDrucksache 14/4599, S. 159. Vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 22. März 1999, NVwZ 1999, S. 989, wonach das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zwangsläufig zu einer rechtswidrigen Abwägungsentscheidung führen muss; ebenso OVG Münster, Urteil vom 10. August 2001, BauR 2001, S. 201 ff.; Reidt, in Bracher/Geizer/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 749. 146 Vgl. Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (293), unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 11. August 1995, Slg. 1995, S. 2189 ff. - Großkrotzenburg. Weitergehend Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 420 d; ders., BauR 2001, S. 1195 (1209 f.), der eine Planung nur dann kippen will, wenn der formelle - und beachtliche (!) - Verstoß gegen die Vorschriften zur Umweltverträglichkeitsprüfung in einen materiellen Gehalt umschlägt.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
5. § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB Art. 8 UVP-Richtlinie fordert, dass die Ergebnisse der Anhörungen und die gemäß den Art. 5, 6 und 7 eingeholten Angaben beim Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen sind. In einem Bebauungsplan müssen also der Inhalt des Umweltberichts, die von den Bürgern vorgebrachten Anregungen, die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange sowie ggf. der Behörden und der Öffentlichkeit betroffener Nachbarstaaten berücksichtigt werden. Dies bedeutet nicht, dass diesen umwelterheblichen Belangen zwingend Rechnung getragen werden muss. Das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung ist vielmehr nur im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu berücksichtigen, § 1 a Abs. 2 Nr. 3 BauGB. Ihm kommt demnach grundsätzlich kein höherer oder niedrigerer Stellenwert als anderen Belangen zu. 1 4 7 Es ist daher möglich, dass eine Gemeinde umweltrelevante Belange zugunsten anderer, ihr wichtiger erscheinender Belange zurückstellt. Das begegnet im Hinblick auf Art. 8 UVP-Richtlinie keinen Bedenken. Nach § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB sind Mängel im Abwägungsvorgang jedoch nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss waren. Wenn nun im Einzelfall die sich aus einer Umweltverträglichkeitsprüfung ergebenden umweltrelevanten Belange nicht in die Abwägung eingestellt worden sind, besteht die Möglichkeit, dass sich dieser Mangel aus diesem Grund nicht auf die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans auswirkt. Dann stellt sich aber die Frage, ob das Ziel des Art. 8 UVP-Richtlinie noch gewahrt ist. Teilweise wird daher gefordert, dass jeder Abwägungsmangel, der sich auf aus der Umweltverträglichkeitsprüfung zurückzuführende Belange bezieht, beachtlich sein müsse,148 um zu gewährleisten, dass sie tatsächlich grundsätzlich berücksichtigt werden. Nach anderer Auffassung werde den europarechtlichen Anforderungen durch die restriktive Auslegung des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB des Bundesverwaltungsgerichts 149 nachgekommen. 150 Wenn Art. 8 UVP-Richtlinie lediglich eine Berücksichtigung der Umweltbelange in der abschließenden Entscheidung fordert, ergeben sich im Hinblick auf die Unbeachtlichkeitsvorschrift keine Schwierigkeiten. Ähnlich wie § 214 Abs. 1 a Nr. 1 BauGB ist § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB eine Kausalitätsregelung. Ein Mangel im Abwägungsvorgang ist bereits dann erheblich, wenn die konkrete Möglichkeit bestanden hat, dass er sich auf das Abwägungsergebnis ausgewirkt hat - das Merkmal der Offensichtlichkeit kann vernachlässigt werden, da es im Sinne der Aus1 47 Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 516; Kuschnerus, BauR 2001, S. 1211 (1214 f.); Reidt, in Bracher/Geizer/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 749; vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996, NVwZ 1996, S. 1016. 148 Schroer, Umweltverträglichkeitsprüfung im Bauplanungsrecht, S. 126 f.; Bosselmann, DVB1. 1988, S. 724 (730 f.); wohl auch Seilner, Festschrift Schlichter, S. 257 (275). 149 Vgl. hierzu oben 3. Kapitel 1. Abschnitt C I 3 a. 150 Erbguth/Schink, UVPG, § 17, Rn. 28; vgl. Kunig, Festschrift Weyreuther, S. 157 (173 f.); Erbguth, VerwArch 81 (1990), S. 327 (345).
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legung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig gegeben sein wird. Unbeschadet des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB wirkt sich ein solcher Fehler auf die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans aus. Insoweit wird den Interessen der Richtlinie voll Rechnung getragen. Nur dann, wenn keine konkrete Möglichkeit besteht, dass sich der Mangel im Abwägungsvorgang auf das Abwägungsergebnis ausgewirkt hat, ist er unerheblich. Das bedeutet aber zugleich, dass dieser Belang i. E. in der Abwägung hätte vernachlässigt werden können. Letztlich darf auch hier nicht außer acht gelassen werden, dass ein materiell sachgerechter Bebauungsplan die Planung abschließen soll. Dann kann es aber keinen Unterschied machen, ob ein Umweltbelang zwar berücksichtigt, aber vernachlässigt wird oder ob er nicht berücksichtigt wird, aber vernachlässigt hätte werden können. De facto stellt demnach die Kausalitätsregelung sicher, dass sämtliche abwägungserheblichen Belange in der Abwägungsentscheidung berücksichtigt werden. § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB ist mit den Vorgaben des Art. 8 UVP-Richtlinie vereinbar.
6. § 215 Abs. 1 BauGB Nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB können die in § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 BauGB genannten beachtlichen Verfahrens- und Formfehler nach Ablauf eines Jahres unbeachtlich werden. Ohne gemeinschaftsrechtlichen Bezug ist hierbei die Unbeachtlichkeit einer Verletzung der §§ 22 Abs. 9 S. 2, 34 Abs. 5 S. 1 und 35 Abs. 6 S. 5 BauGB in § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 1. Hs. BauGB sowie der §§ 5 Abs. 1 S. 2 2. Hs. und § 22 Abs. 10 BauGB in § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 1. Hs. BauGB. Darüber hinaus ordnet § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB an, dass sämtliche Abwägungsmängel nach Ablauf von sieben Jahren unbeachtlich werden. Grundsätzlich müsste für jede einzelne Vorschrift geprüft werden, ob sie die Gefahr in sich birgt, die Ziele der UVP-Richtlinie zu beeinträchtigen. So betreffen etwa die §§ 3 Abs. 2 und Abs. 3 BauGB die Bürgerbeteiligung, könnten damit problematisch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 2 UVP-Richtlinie sein; die grenzüberschreitende Beteiligung nach § 4 a BauGB betrifft Art. 7 UVP-Richtlinie. In Anbetracht der Voraussetzungen für den Eintritt der Unbeachtlichkeit von Fehlern - Hinweispflicht der Gemeinde, Unterbleiben einer Rüge, Fristablauf - begegnet jedenfalls § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB keinen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken, zumal hierdurch das Vorliegen beachtlicher Abwägungsfehler nicht ausgeschlossen wird. Problematisch erscheint hingegen die Regelung des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, nach der nach sieben Jahren sämtliche Abwägungsmängel, unabhängig von ihrer Schwere oder Offensichtlichkeit, unbeachtlich werden können. Dies könnte einen Widerspruch zu Art. 8 UVP-Richtlinie bedeuten, wonach die umweltrelevanten Belange in der abschließenden Entscheidung berücksichtigt werden müssen. Anders als bei § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB handelt es sich nicht um eine Kausalitätsregelung, so dass die materielle Sachgerechtigkeit der Planung i. E. nicht sicher-
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gestellt ist. In der Literatur ist daher gefordert worden, die Vorschrift gemeinschaftsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Unbeachtlichkeit nicht eintritt, soweit der Abwägungsmangel mit Blick auf die Umweltverträglichkeitsprüfung zugleich höherrangig geschützte Rechtsgüter betrifft, 151 um so den Zielen des Gemeinschaftsrechts und der betroffenen Richtlinie gerecht zu werden. 152 Andere Stimmen betonen mehr den Aspekt der Rechtssicherheit: Nach längerer unbeanstandeter Anwendung eines Bebauungsplans hätten die Gemeinden ein legitimes Interesse an seiner Aufrechterhaltung, das nicht durch einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht konterkariert werden soll. 1 5 3
a) Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB durch gemeinschaftskonforme Auslegung Tatsächlich besteht die Möglichkeit, dass umweltrelevante Belange nicht ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt wurden, dies aber wegen des § 215 BauGB für die Wirksamkeit des Bebauungsplans folgenlos bleibt. Eine solche Rechtslage ist nicht mit Art. 8 UVP-Richtlinie vereinbar. Der Konflikt lässt sich auch nicht mit Hilfe einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung der Vorschrift lösen: Sie kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nur dann in Betracht kommen, wenn das nationale Recht dem Gesetzesanwender einen Spielraum einräumt. 154 Insoweit bestehen Parallelen zur verfassungskonformen Auslegung im nationalen Recht. Unabdingbare Voraussetzung für eine gemeinschaftskonforme Auslegung ist daher, dass die Norm überhaupt verschiedene Interpretationsmöglichkeiten bietet. Eine nach Wortlaut und Sinn eindeutige nationale Regelung kann hingegen nicht gemeinschaftskonform ausgelegt werden. 155 Aus diesem Grund muss eine gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation hier scheitern. 156 § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB regelt nämlich eindeutig die Unbeachtlichkeit sämtlicher nach § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB beachtlicher Abwägungsmängel, bietet also keinerlei Auslegungsspielraum.
151 Erbguth/Schink, UVPG, § 17, Rn. 28; Erbguth, VerwArch 81 (1990), S. 327, 345. 152 Vgl. Ress, DÖV 1994, S. 489. 153 Hoppe, in Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 132; vgl. auch Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (293) zu § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. 154 EuGH, Urteil vom 10. April 1984, Slg. 1984, S. 1891 (1909) - von Colson; EuGH, Urteil vom 10. April 1984, Slg. 1984, S. 1921 (1942) - Dorit Harz. 155 Jarass, EuR 1991, S. 211 (218); vgl. Hoppe, in Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 132; Erbguth/Schink, UVPG, Einl, Rn. 44 b. 156 Ebenso Hoppe, in Hoppe / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 132; wohl auch Paßlick, in Hoppe, UVPG, § 17, Rn. 134.
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b) Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB durch das Prinzip des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts Möglicherweise lässt sich der Konflikt mit Hilfe des Prinzips des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts lösen. Es besagt, dass das Gemeinschaftsrecht jedenfalls 157 dem nationalen einfachen Recht vorgeht. Nach ganz allgemeiner Auffassung besteht nur ein Anwendungs- und kein Geltungsvorrang, d. h., dass im Konfliktfall das nationale Recht nicht außer Kraft gesetzt wird und nichtig ist, sondern lediglich nicht angewendet werden darf; in sonstigen Fällen ohne gemeinschaftsrechtlichen Bezug gilt das nationale Recht hingegen ohne weiteres. 158 § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB bliebe folglich anwendbar, solange der Abwägungsmangel keinen Bezug zu gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben aufweisen würde. Sollte dies hingegen der Fall sein, würden entsprechende Abwägungsmängel auch nach mehr als sieben Jahren zur Unwirksamkeit eines Bebauungsplans159 führen. Keinesfalls wäre die Vorschrift allerdings nichtig. Methodisch ist ein solches Vorgehen mit der teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs einer Vorschrift vergleichbar. Voraussetzung ist jedoch die Einschlägigkeit des Prinzips des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts. Anders als Verordnungen des Gemeinschaftsrechts gelten Richtlinien nach Art. 249 EGV nämlich in den Mitgliedstaaten nicht ohne weiteres unmittelbar, sondern bedürfen zunächst eines nationalen Umsetzungsaktes. Um eine effektive Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten, hat der Europäische Gerichtshof allerdings im Wege richterlicher Rechtsfortbildung nicht oder nicht ordnungsgemäß umgesetzten Richtlinien unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise eine unmittelbare Wirkung zuerkannt. Die Voraussetzungen müssen nicht für sämtliche Bestimmungen der Richtlinie gelten; auch die unmittelbare Anwendbarkeit nur einzelner Normen ist möglich, sofern sie angesichts ihres Gegenstandes geeignet sind, aus dem Gesetzeszusammenhang gelöst und gesondert angewendet zu werden. 160 Es kommt also darauf an, ob Art. 8 UVP-Richtlinie unmittelbar anwendbar sein kann. Zunächst wird den Mitgliedstaaten zur Umsetzung einer Richtlinie üblicherweise eine Frist von mehreren Jahren eingeräumt. Vor Ablauf dieser Frist kann einer Richtlinie keine unmittelbare Wirkung zukommen. 161 Die Richtlinie 85/337/ 157
Auf das problematische Verhältnis zwischen Gemeinschaftsrecht und Verfassungsrecht soll hier nicht eingegangen werden. 158 Fischer, Europarecht, Rn. 58; Fastenrath/Müller-Gerbes, Europarecht, Rn. 404; Jarass, EuR 1991, S. 211 (215). 159 Zwar gilt § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB auch für Flächennutzungspläne. Da eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gemeinschaftsrecht für sie nicht durchgeführt werden muss, kann die Unbeachtlichkeit vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Grenzen grds. eintreten. 160 Vgl. Fischer, Europarecht, § 6, Rn. 31; Erbguth/Schink, UVPG, Einl, Rn. 41 m. w. N.; speziell für die UVP-Richtlinie Schink, NVwZ 1995, S. 953 (957); ders., ZUR 1995, S. 150 (151); siehe auch BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996, ZUR 1996, S. 255 (256).
161 Vgl. EuGH, Urteil vom 5. April 1979, Slg. 1979, S. 1629 (1641 f.) - Ratti; Fischer, Europarecht, § 6, Rn. 19; Oppermann, Europarecht, Rn. 466; Erbguth/Schink, UVPG, Einl., Rn. 41.
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EWG war nach ihrem Art. 12 Abs. 1 innerhalb von drei Jahren nach ihrer Bekanntgabe in innerstaatliches Recht umzusetzen. Die Bekanntgabe erfolgte am 3. Juli 1985, so dass bis zum 3. Juli 1988 eine Umsetzung hätte erfolgen müssen. Art. 8 wurde durch die Richtlinie 97/11 /EG geändert. Nach Art. 3 Abs. 1 der Änderungsrichtlinie wurde den Mitgliedstaaten die Pflicht zur Umsetzung der UVP-Änderungs-Richtlinie bis zum 14. März 1999 auferlegt. Bis heute hat § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB keine Einschränkung dahingehend erfahren, dass eine Fehlerunbeachtlichkeit auch nach sieben Jahren nicht eintritt, wenn die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß in der Abwägung berücksichtigt wurden, obwohl dies gemeinschaftsrechtlich geboten ist. Die Umsetzungsfrist ist also abgelaufen. Des weiteren muss nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die betroffene Richtlinienvorschrift inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt sein, damit sie unmittelbar anwendbar sein kann. 162 Eine Norm ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung begründet, die weder an eine Bedingung geknüpft ist noch zu ihrer Erfüllung und Wirksamkeit einer Maßnahme der Gemeinschaftsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. 163 Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn die Bestimmung unzweideutig eine Verpflichtung begründet. 164 Dies bedeutet m. a. W., dass sich die Umsetzung in innerstaatliches Recht mehr oder weniger in einem Abschreiben des Richtlinieninhalts erschöpfen muss. 165 Hinsichtlich der UVP-Richtlinie ist das Vorliegen dieser Voraussetzung kontrovers beurteilt worden. 166 Der Streit ist jedoch nicht näher zu erörtern, nachdem der Europäische Gerichtshof in der Großkrotzenburg-Entscheidung festgestellt hat, dass die Art. 2, 3 und 8 der UVP-Richtlinie so hinreichend klar und bestimmt sind, dass sie den nationalen Behörden unmissverständlich die Pflicht auferlegen, bestimmte Projekte einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. 167 Auf Einzelheiten der Vör-
162 EuGH, Urteil vom 19. Januar 1982, Slg. 1982, S. 53 (71) - Becker; Erbguth/Schink, UVPG, Einl, Rn. 41. 163 EUGH, Urteil vom 23. Februar 1994, Slg. 1994, S. 483 (502); vgl. EuGH, Urteil vom 3. April 1968, Slg. 1968, S. 215 (230 f.) - Molkerei-Zentrale; Jarass, NJW 1990, S. 2420 (2423); vgl. Fastenrath/Müller-Gerbes, Europarecht, Rn. 337 f.; vgl. Fischer, Europarecht, § 6, Rn. 27. 164 EUGH, Urteil vom 23. Februar 1994, Slg. 1994, S. 483 (502); vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 1986, Slg. 1986, S. 723 (749 f.) - Marshall; vgl. Fastenrath/Müller-Gerbes, Europarecht, Rn. 337 f.; vgl. Fischer, Europarecht, § 6, Rn. 32. 165 Oppermann, Europarecht, Rn. 466. 166 Teilweise befürwortend Krämer, WiVerw 1990, S. 138 (148 f.); jedenfalls für die Art. 3, 5 und 6 UVP-Richtlinie, OVG Koblenz, Urteil vom 29. Dezember 1994, ZUR 1995, S. 146 (148 f.); VGH München, Urteil vom 24. August 1990, BayVBl. 1991, S. 303 (304); Schink, NVwZ 1995, S. 953 (956 ff.); Schmidt-Preuß, DVB1. 1995, S. 485 (494); ablehnend Haneklaus, in Hoppe, UVPG, Vorbemerkungen, Rn. 38; Steinberg/Klößner, BayVBl. 1994, S. 33 (37); ders./Müller, NuR 1989, S. 277 (278); vgl. VGH Mannheim, UPR 1993, S. 190; OVG Münster, Urteil vom 10. November 1993, NWVB1. 1994, S. 463 f. 167 EuGH, Urteil vom 11. August 1995, Slg. 1995, S. 2189 (2224) - Großkrotzenburg.
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Schriften wird in der Entscheidung zwar nicht eingegangen, dies erscheint aber auch nicht erforderlich: Wenn die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung beim Genehmigungsverfahren berücksichtigt werden müssen, kann dies nur bedeuten, dass die fehlerhafte Nichtberücksichtigung nicht folgenlos bleiben kann. Insoweit ist davon auszugehen, dass Art. 8 UVP-Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt ist. Auch das Bundesverwaltungsgericht schreibt den Art. 2 Abs. 1, 3, 5 Abs. 2, 6 Abs. 2 und 8 der UVP-Richtlinie unmittelbare Wirkung im deutschen Recht zu. 1 6 8 Nicht einheitlich beurteilt wird die weitere, mit der Bestimmtheit einer Richtlinie zusammenhängende Frage, ob eine solche nur dann unmittelbar anwendbar sein kann, wenn sie subjektive Rechte gewährt. Während sich die bisher wohl h. M. für ein solches Erfordernis ausspricht, 169 setzt sich die Gegenauffassung für eine objektiv-rechtliche Wirkung von Richtlinien ein. 1 7 0 Das Problem könnte hier offen bleiben, wenn sich aus der Richtlinie insgesamt, insbesondere aus Art. 8 Rechte Einzelner ableiten ließen. Es überrascht kaum, dass auch dies umstritten ist. 1 7 1 Letztlich bedarf diese Kontroverse in Anbetracht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aber keiner Diskussion mit abschließender Entscheidung, da dieser in der Großkrotzenburg-Entscheidung zur unmittelbaren Anwendbarkeit der UVP-Richtlinie ausdrücklich auf das Kriterium eines subjektiven Rechts verzichtet und sich damit für eine objektiv-rechtliche unmittelbare Wirkung von Richtlinien ausgesprochen hat. 1 7 2 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich dieser Ansicht angeschlossen: Die Möglichkeit des Gemeinschaftsbürgers, sich auf hinreichend genaue und unbedingte Richtlinienvorschriften zu berufen, sei nicht Voraussetzung, sondern Folge der unmittelbaren Wirkung. 173 168 BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996, ZUR 1996, S. 255 (256). 169 Haneklaus, DVB1. 1993, S. 129 (132); ders., in Hoppe, UVPG, Vorbemerkungen, Rn. 39; Papier, DVB1. 1993, S. 809; Pernice, NVwZ 1990, S. 414 (424); weitere Nachweise auch bei Puffert, in Calliess / Ruffert, Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag, Art. 249, Fn. 270. 170 Ruffert, in Calliess / Ruffert, Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag, Art. 249, Rn. 87 ff.; ders., ZUR 1996, S. 235 (236 f.); Fastenrath/Müller-Gerbes, Europarecht, Rn. 341; vgl. Jarass, NJW 1990, S. 2420 (2422 f.); vgl. Schmidt-Preuß, DVB1. 1995, S. 485 (495). 171 Ablehnend Erbguth/Schink, UVPG, Einl, Rn. 43; Epiney, DVB1. 1996, S. 409 (412, Fn. 34); Schmidt-Preuß, DVB1. 1995, S. 485 (494 f.); Lange, DÖV 1992, S. 780 (781); Steinberg/Müller, NuR 1989, S. 277 (278); OVG Lüneburg, Urteil vom 20. Oktober 1993, DVB1. 1994, S. 770 (771); VGH München, Urteil vom 24. August 1990, BayVBl. 1991, S. 303 (304); VGH München, Urteil vom 26. Januar 1993, BayVBl. 1993, S. 436 (437); befürwortend Calliess, NVwZ 1996, S. 339 (341); Steinberg/Klößner, BayVBl. 1994, S. 33 (39); teilweise befürwortend, Schink, NVwZ 1995, S. 953 (957); vgl. OVG Koblenz, ZUR 1995, S. 146 (148 f.). 172 EUGH, Urteil vom 11. August 1995, Slg. 1995, S. 2189 (2220) - Großkrotzenburg; vgl. auch Epiney, DVB1. 1996, S. 409 (412). 173 BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996, ZUR 1996, S. 255 (256); Ruffert, ZUR 1996, S. 235 (236); vgl. auch EuGH, Urteil vom 23. Februar 1994, Slg. 1994, S. 483 (502).
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Ein letztes Problem könnte sich daraus ergeben, dass die unmittelbare Anwendbarkeit einer Richtlinie unzulässig ist, wenn durch sie für den einzelnen Pflichten begründet oder sein Pflichtenkreis erweitert werden, wenn sie sich m. a. W. belastend auswirkt. 174 Eine solche Belastung könnte hier für die UVP-Richtlinie angenommen werden: Wenn die Ergebnisse einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der Abwägungsentscheidung berücksichtigt werden, kann dies zur Folge haben, dass ein Bebauungsplan nicht erlassen wird und das hinter ihm stehende Vorhaben nicht realisiert werden kann. Steht hinter dem Vorhaben ein privater Träger, liegt hierin möglicherweise eine unzulässige Belastung.175 Setzt man voraus, dass durch die UVP-Richtlinie einzelne begünstigt werden, so geht von ihr eine Doppelwirkung aus: So fordert etwa ein Begünstigter gegenüber einer Gemeinde die Berücksichtigung von Aspekten des Umweltschutzes im Rahmen einer Bebauungsplanung; die Gemeinde kommt diesem Verlangen nach, was zur Folge hat, dass ein Dritter (der Vorhabenträger) sein Vorhaben nicht mehr durchsetzen kann. Der Dritte wird belastet. Nach der überwiegenden Auffassung in der Literatur erfolgt die Belastung in derartigen Fällen allerdings nur mittelbar, was eine unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie nicht ausschließen soll. 1 7 6 Der Europäische Gerichtshof teilt diese Auffassung, geht er doch mit keinem Wort in der Großkrotzenburg-Entscheidung auf die (mittelbare) Belastung der Vörhabenträger ein. 1 7 7 c) Ergebnis Im Ergebnis ist daher von der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 8 UVPRichtlinie auszugehen. Dies führt nicht zur Nichtigkeit des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, sondern lediglich zu seiner Suspendierung, sofern ein Abwägungsmangel im Hinblick auf die UVP-Richtlinie vorliegt. Solche Mängel können also grundsätzlich auch noch nach mehr als sieben Jahren geltend gemacht werden, ohne dass eine vorherige Rüge erfolgt ist. Insofern wird zwar die planerhaltende Wirkung des §215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB relativiert, der Anwendungsbereich dieser Einschränkung dürfte aber im Hinblick auf eine fortschreitende Planrealisierung gering sein. 174
Fischer, Europarecht, § 6, Rn. 33; Fastenrath/Müller-Gerbes, Europarecht, Rn. 342; Oppermann, Europarecht, Rn. 466. 175 So auch Schmidt-Preuß, DVB1. 1995, S. 485 (494); vgl. Epiney, DVB1. 1996, S. 409 (412). 176 Erbguth/Schink, UVPG, Einl, Rn. 108 b; Schink, ZUR 1995, S. 150 (151 m. w. N.); ders., NVwZ 1995, S. 953 (956 f.); Pernice NVwZ 1990, S. 414 (425 f.); Winter, NuR 1989, S. 197 (204); Langenfeld, DÖV 1992, S. 955 (960 f.); Papier, DVB1. 1993, S. 809 (810 f.); a.A. Ehlers, in Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 29; Classen, EuZW 1993, S. 83 (85); Haneklaus, DVB1. 1993, S. 129 (133 f.); ders., in Hoppe, UVPG, Vorb., Rn. 39, 41. 177 EuGH, Urteil vom 11. August 1995, Slg. 1995, S. 2189 ff. - Großkrotzenburg; vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 1989, Slg. 1989, S. 1839 (1870 f.) - Constanzo; vgl. auch Epiney, DVB1. 1996, S. 409 (412); Peters, UPR 2000, S. 172; Calliess, NVwZ 1996, S. 339 (341).
1. Abschn.: C. Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit dem höherrangigen Recht
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Im Übrigen bleibt die Vorschrift uneingeschränkt anwendbar. Umweltbelangen kommt damit zwar kein höheres Gewicht als sonstigen Belangen zu. Sie unterscheiden sich von ihnen lediglich dadurch, dass beachtliche Abwägungsmängel stets die Nichtigkeit eines Bebauungsplans verursachen können. Der Unterschied liegt also in der zeitlichen Dimension.
I I I . Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit den Vorgaben der Plan-UP-Richtlinie Die Plan-UP-Richtlinie 178 muss erst zum 21. Juli 2004 in nationales Recht umgesetzt werden, Art. 13 Abs. 1 S. 1. Die Frage der Vereinbarkeit der Planerhaltungsvorschriften mit den Vorgaben der Richtlinie stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt daher noch nicht. Zunächst bleibt abzuwarten, inwieweit der Gesetzgeber die §§ 214 ff. BauGB zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht modifizieren wird. 1 7 9 Insoweit könnte hier lediglich eine hypothetische Prüfung vorgenommen werden, die das Verhältnis der aktuell gültigen Normen zur Plan-UP-Richtlinie betrifft. Detaillierte Ausführungen sollen jedoch nicht erfolgen, da die Anforderungen der Plan-UP-Richtlinie für den hier relevanten Bereich denjenigen der UVP-Richtlinie entsprechen: Ziel der Plan-UP-Richtlinie ist es nach Art. 1, im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und dazu beizutragen, dass Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung und Annahme von Plänen und Programmen einbezogen werden. Zu diesem Zweck müssen ggf. ein Umweltbericht erstellt, Behörden und Öffentlichkeit beteiligt sowie u. U. grenzüberschreitende Konsultationen geführt werden. Nach Art. 8 Plan-UP-Richtlinie sind diese Aspekte bei der Ausarbeitung und vor der Annahme des Plans oder Programms oder vor dessen Einbringung in das Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen. Die Vorschrift stellt somit keine höheren Anforderungen an die Entscheidungsfindung als Art. 8 UVP-Richtlinie. Folglich können die obigen Ausführungen zur Vereinbarkeit der §§ 214 ff. BauGB mit den Vorgaben der UVP-Richtlinie hier entsprechend gelten, so dass lediglich § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB problematisch erscheint. Bedenken ließe sich aber nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die Plan-UP-Richtlinie durch den Aspekt des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts begegnen.
178 Richtlinie 2001 /42/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl. EG Nr. L 197, S. 30 ff. 179 Zu den einzelnen Vorschlägen der Unabhängigen Expertenkommission siehe das 4. Kapitel.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Zweiter Abschnitt
Planerhaltung durch Rechtsfortbildung Nachdem im vorigen Abschnitt das gesetzliche System der Planerhaltung vorund dessen grundsätzliche Vereinbarkeit mit dem höherrangigen Recht festgestellt wurde, soll sich dieser Teil der Arbeit mit der Rechtsgewinnung beschäftigen. Es wird untersucht, in welcher Weise die Rechtsprechung mit den Plänen des Bauplanungsrechts verfährt. Hat sie sich im Wege richterlicher Rechtsfortbildung über die Planerhaltungsvorschriften hinaus der Erhaltung von Rechtsakten verschrieben? Lassen sich auch gegenläufige Tendenzen erkennen? Welche Wege könnten noch beschritten werden? Auf diese Fragen sollen im folgenden Antworten gesucht werden.
A. Planerhaltung durch Gesetzesauslegung I. Voraussetzungen und Grenzen der Auslegung Es mag verwundern, dass die einfache Normauslegung erst an dieser Stelle erörtert wird. Tatsächlich hätte dieser Aspekt bereits im vorherigen Abschnitt diskutiert werden können. Schließlich werden die Auslegungsgrenzen durch das Gesetz vorgegeben. Gesetzesinterpretation und richterliche Rechtsfortbildung dienen aber beide demselben Ziel, einer gerechten Gesetzesanwendung. Insoweit sind sie lediglich verschiedene Stufen desselben gedanklichen Verfahrens: Schon die einfache Auslegung des Gesetzes durch ein Gericht, sofern sie erstmalig ist oder von einer früheren Auslegung abweicht, stellt eine, wenn auch zumeist unbewusste Rechtsfortbildung dar. 180 Schließlich werden durch eine erstmalige oder erneute Auslegung bestehende Ungewissheiten beseitigt, die sich daraus ergeben haben, dass nach dem Wortlaut der Norm mehrere Auslegungsmöglichkeiten denkbar 181
waren. Die Auslegung der Vorschriften des Bauplanungsrechts, insbesondere der §§ 214 ff. BauGB, kann einerseits planerhaltungsfreundlich sein, wenn es gar nicht erst zur Fehlerhaftigkeit eines Flächennutzungsplans oder einer städtebaulichen Satzung kommt oder Mängel als unerheblich angesehen werden, andererseits aber auch planerhaltungsfeindlich, wenn ein Plan fehlerhaft und nichtig sein soll. Insoweit sollen sich die Ausführungen hier nicht auf die Planerhaltungsvorschriften i. e. S. (die §§ 214 ff. BauGB) beschränken; auch die Fehlervermeidung, etwa durch eine weite Auslegung der sonstigen Normen des Baugesetzbuchs, kann als 180 181
Larenz, Methodenlehre, S. 366. Larenz, Methodenlehre, S. 367.
2. Abschn.:
. Planerhaltung durch
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Planerhaltung i. w. S. verstanden werden. 182 Ferner darf nicht übersehen werden, dass es sich jedenfalls bei den Bebauungsplänen und sonstigen städtebaulichen Satzungen um Rechtsnormen handelt, die als solche ebenfalls Auslegungsgegenstand sein können. 183 Methodisch kommt eine Rechtsfortbildung durch einfache Gesetzesauslegung jedoch nur in Betracht, wenn die betroffene Norm überhaupt verschiedene Auslegungsmöglichkeiten bietet. Nach heute allgemeiner Meinung ist das Ziel der Gesetzesinterpretation die Ermittlung des objektivierten Willens des Gesetzgebers; 184 maßgebend ist also nicht allein der Wille des historischen Gesetzgebers, sondern auch und vor allem der Wille des Gesetzes, sein normativer Sinn selbst. 185 Zur Interpretation bedient sich der Rechtsanwender dabei der herkömmlichen Auslegungsmethoden der Semantik, Systematik, Teleologie sowie des Willens des Gesetzgebers. Kommen alle Kriterien dabei zum gleichen Ergebnis, bietet das Gesetz also nur einen denkbaren Ansatz, kann kaum von rechtsfortbildender Auslegung gesprochen werden, wenn sich ein Gericht in einem konkreten Fall eben für diesen entscheidet. Ergeben sich aber aufgrund der Kriterien (mindestens) zwei unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten, wird ein Gericht rechtsfortbildend tätig, sobald es sich für eine entscheidet. Die Möglichkeiten der Rechtsfortbildung durch einfache Gesetzesinterpretation sind allerdings durch den Wortlaut der auszulegenden Norm begrenzt. 186 Eine Deutung, die nicht mehr im Bereich des möglichen Wortsinns liegt, ist Umdeutung; diese ist zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, kommt aber nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht und kann keinesfalls mehr als Auslegung bezeichnet werden. 187
182 Vgl. Gaentzsch, UPR 2001, S. 201 (203); vgl. Sendler, Festschrift Hoppe, S. 1011 (1017). Käß, Planerhaltung, S. 44, klammert die Auslegung unzutreffenderweise aus dem Bereich der Planerhaltung aus. 183 Bielenberg/Söfker, in Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, § 9, Rn. 14; Jäde, in Jäde/ Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9, Rn. 10; Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 9, Rn. 78; vgl. auch Reidt, in Bracher/Geizer/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 235. 184 BVerfG, Beschluss vom 9. November 1988, E 79, S. 106 (121). 185 Larenz, Methodenlehre, S. 318 f.; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 262 f.; Zippelius, Methodenlehre, § 4 II. 186 Larenz, Methodenlehre, S. 322, 366 f.; Zippelius, Methodenlehre, § 9 II. 187 Larenz, Methodenlehre, S. 322, 366 f.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
IL Anwendungsfälle 1. Verletzung von Ordnungsvorschriften Eine Ordnungsvorschrift ist eine Norm, die nicht zwingend beachtet werden muss, 188 deren Verletzung daher bereits nach allgemeinen Grundsätzen nicht die Wirksamkeit eines Plans beeinträchtigt. 189 Die Folge greift dabei - ebenso wie bei den §§ 214 f. BauGB - nicht schon auf der Ebene der Rechtswidrigkeit, sondern erst auf der Ebene der Fehlerfolge ein: Die Verletzung einer Ordnungsvorschrift führt daher zur Rechtswidrigkeit eines Bauleitplans.190 Ob eine Norm den Charakter einer Ordnungsvorschrift trägt, ist durch Auslegung zu ermitteln. 191 Dies ist zu bejahen, wenn das Gesetz die Verletzung einer Norm als nicht so schwerwiegend oder wesentlich ansieht, dass die Fehlerfolge der Nichtigkeit geboten wäre. Dabei lässt sich u. a. darauf abstellen, inwieweit trotz des Mangels die Ziele der verletzten Norm gewahrt wurden. 192 Die Verwendung einer Fehlerfolgenvoraussetzung der Wesentlichkeit ist in der Literatur teilweise auf Ablehnung gestoßen. Gegen ihre Zulässigkeit wird erstens vorgebracht, dass sie sich dogmatisch nicht hinreichend begründen lasse, zweitens, dass aussagekräftige und allgemein anerkannte Kriterien für die Bestimmung der Wesentlichkeit von Fehlern nicht vorhanden seien, was zu erheblichen Auffassungsunterschieden der Gerichte geführt habe, und drittens, dass es der Rechtsprechung angesichts des gesetzgeberisch geschaffenen Fehlerfolgensystems in den §§ 214 ff. BauGB verwehrt sei, weiterhin zwischen bedeutenden und unbedeutenden Vorschriften zu unterscheiden. 193 Im Übrigen obliege es dem Gesetzgeber, die grundlegende Entscheidung darüber zu treffen, wann ein Plan trotz seiner Fehlerhaftigkeit gelten solle. 194 Die Einwände können jedoch nicht durchgreifen. Zwar ist zuzugeben, dass das Wesentlichkeitskriterium sehr abstrakt ist und deshalb unterschiedliche Entscheidungen provozieren kann; andererseits kann aber gerade so dem Einzelfall gerecht werden. Eine weitgehende Einheitlichkeit der Rechtsprechung kann dabei durch das Bundesverwaltungsgericht hergestellt werden. Ferner ist das System der §§ 214 ff. BauGB nicht in sich abgeschlossen, wie noch an anderer Stelle zu zeigen iss Vgl. Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 420. 189 Vgl. Rüde, Planreparatur, S. 32 f.; vgl. Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 8. 190 Vgl. Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 420. 191 Aus diesem Grund ist die Auffassung von Käß, Planerhaltung, S. 32, der die Verletzung von Ordnungsvorschriften aus dem Fehlerbegriff ausklammert, abzulehnen. Schließlich bedarf es erst der Feststellung, dass eine Norm überhaupt den Charakter einer Ordnungsvorschrift trägt. Folglich kommt der Auslegung insoweit planerhaltende Wirkung zu. 192 Vgl. Käß, Planerhaltung, S. 89. 193 Käß, Planerhaltung, S. 89 f., jeweils m. w. N. 194 Käß, Planerhaltung, S. 91 f.
2. Abschn.:
. Planerhaltung durch
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sein wird. 1 9 5 Aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 214 Abs. 1 BauGB ist zwar zu schließen, dass das Gesetz die fehlerbewehrten Normen grundsätzlich als wesentlich ansieht. Dies muss ausnahmsweise aber nicht für einzelne Aspekte dieser Vorschriften gelten. Möglicherweise hat der Gesetzgeber sie sogar gerade deshalb nicht als lex imperfecta ausgestaltet hat, weil sich die Sanktionslosigkeit eines Verstoßes bereits aus ihrem Charakter als Ordnungsvorschrift ergeben soll. 1 9 6 Jedenfalls bedarf die Unwesentlichkeit eines Verstoßes gegen eine grundsätzlich beachtliche Verfahrensvorschrift aber einer besonderen Begründung. Trägt eine Norm den Charakter einer Ordnungsvorschrift, ist ein Rückgriff auf die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 ff. BauGB nicht mehr erforderlich. Im Ergebnis dürfte es dabei unerheblich sein, ob die Ursache der Unbeachtlichkeit eines Verstoßes in dem Charakter einer Norm als Ordnungsvorschrift oder in den §§ 214 ff. BauGB zu sehen ist. Zwar wird teilweise vertreten, dass im Hinblick auf die Regelung des § 216 BauGB Unterschiede bestünden: So könne die Genehmigung eines Bauleitplans zwar mit der Begründung verweigert werden, dass die Planung Vorschriften nicht beachtet habe, deren Verletzung nach den §§ 214 f. BauGB später unbeachtlich wäre. 197 Das gelte jedoch nicht für die Verletzung von Ordnungsvorschriften. 198 Dem ist jedoch nicht zuzustimmen,199 da auch die Verletzung von Ordnungsvorschriften zur Rechtswidrigkeit des Plans führt, was ohne weiteres in einem etwaigen Genehmigungsverfahren gerügt werden kann. Eine andere Frage ist es, ob die Rechtsprechung heute aufgrund des Systems der §§ 214 f. BauGB noch entsprechende Differenzierungen vornehmen wird. Im Regelfall spielt die Unterscheidung zwischen Fehlerfolgenregelung und Ordnungsvorschrift ja tatsächlich keine Rolle mehr. Bei solchen Überschneidungen könnten sich die Gerichte daher mit der Aussage begnügen, dass „der Planfehler jedenfalls nach den §§ 214 f. BauGB unbeachtlich ist". Besondere Relevanz erlangen die Ordnungsvorschriften jedoch dort, wo der Fehler nach § 214 BauGB grundsätzlich beachtlich wäre. Das gilt insbesondere für die Beteiligungsverfahren im Rahmen der Planaufstellung nach §§ 3 ff. BauGB. Im folgenden sollen Beispiele für Ordnungsvorschriften im Städtebaurecht aufgezeigt werden.
195 Vgl. 3. Kapitel 2. Abschnitt B II. 196 Das könnte beispielsweise für § 3 Abs. 2 S. 4 2. Hs. BauGB gelten, obwohl ein Verstoß nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 1. Hs. BauGB grundsätzlich beachtlich sein soll, vgl. insoweit 3. Kapitel 2. Abschnitt A II 1 c. 1 97 Lemmel, in Berliner Kommentar, § 216, Rn. 2; vgl. Schmaltz, in Schrödter, BauGB, §216, Rn. 1. 198 Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 420; wohl auch Stock, in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 8, nach dem die Verletzung von Ordnungsvorschriften nicht in den Anwendungsbereich der §§ 214 bis 216 BauGB fällt. 199 Ebenso Käß, Planerhaltung, S. 100, der aber sonst die Figur der Ordnungsvorschriften ablehnt. 9 Stemwede
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
a) Verletzung von Soll-Vorschriften Zunächst enthält das Baugesetzbuch eine Reihe von Normen, die als Soll-Vorschriften ausgestaltet sind. Zwar sind auch sie grundsätzlich einzuhalten, so dass die Verpflichtung des Planungsträgers zu ihrer Beachtung unberührt bleibt 2 0 0 ; nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen gewichtiger Gründe kann die Gemeinde von der Regel abweichen.201 Eine andere Frage ist es jedoch, ob die rechtswidrige Nichtbeachtung solcher Normen sich auf die Wirksamkeit eines Plans auswirken soll, ob der rechtswidrige Plan also nichtig oder gültig ist. Rechtsprechung und Literatur gehen im Grundsatz davon aus, dass die Verletzung von Soll-Vorschriften die Wirksamkeit einer Planung nicht beeinträchtigt.
aa) Benachrichtigung der Träger öffentlicher Belange und der Gemeinden nach § 3 Abs. 2 S. 3 BauGB Im Planaufstellungsverfahren sollen gemäß § 3 Abs. 2 S. 3 BauGB die nach § 4 Abs. 1 und § 4 a Abs. 2 Beteiligten von der Auslegung benachrichtigt werden. Es stellt sich die Frage der Fehlerfolge für den Bauleitplan, wenn die Gemeinde diese Vorschrift nicht beachtet. Obwohl ihre Verletzung nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 1. Hs. BauGB grundsätzlich beachtlich ist, soll dies nicht zur Unwirksamkeit des Plans führen. 202 Dies erscheint ohne weiteres einleuchtend, da die Behörden, sonstigen Träger öffentlicher Belange und ggf. aus den Nachbarstaaten zu Beteiligenden ohnehin gesondert nach § 4 bzw. § 4 a BauGB zu beteiligen sind. Insofern stellt sich die Benachrichtigung als zusätzliche - und damit nicht zwingend gebotene - Leistung der Gemeinde dar. 203 Außerdem lässt eine unterbliebene Benachrichtigung die Möglichkeit der Träger öffentlicher Belange, auch im Auslegungsverfahren Stellung zu nehmen, unberührt. 204
200 VGH Mannheim, Urteil vom 23. Februar 1990, NuR 1991, S. 336 (337); vgl. Löhn in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5, Rn. 44; vgl. Grauvogel, in Brügelmann, BauGB, § 5, Rn. 123. 201 Vgl. Bielenberg/Söfken in Ernst /Zinkahn /Bielenberg, BauGB, § 5, Rn. 63, 69; vgl. dies., in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 9, Rn. 278; vgl. Grauvogel, in Brügelmann, BauGB, § 5, Rn. 145, 148. 202 Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 420; Reidt, in Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 509; vgl. Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 3, Rn. 25; vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 23. Februar 1990, NuR 1991, S. 336 (337); a.A. Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 3, Rn. 23; Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3, Rn. 15. 203 Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 3, Rn. 25. 204 Zu beachten ist allerdings, dass die Präklusionsregelung des § 4 Abs. 3 S. 2 BauGB auch im Verfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB hinsichtlich der Träger öffentlicher Belange Anwendung findet, Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 4, Rn. 34. Die Ausschlussregelung kann also nicht dadurch umgangen werden, dass der ausgeschlossene Belang im Verfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB eingebracht wird.
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bb) Fristverlängerung zur Stellungnahme der Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2 S. 1 2. Hs. BauGB Nach § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB muss die Gemeinde die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch eine Bauleitplanung berührt wird, möglichst frühzeitig einholen. Das Gesetz schreibt zur Straffung des Verfahrens nach § 4 Abs. 2 S. 1 1. Hs. BauGB vor, dass die Stellungnahmen innerhalb eines Monats abzugeben sind; gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 2. Hs. BauGB soll die Gemeinde die Frist aber bei Vorliegen eines wichtigen Grundes angemessen verlängern. Überwiegend wird angenommen, dass im Regelfall eine Verpflichtung der Gemeinde zur Fristverlängerung besteht.205 Verlängert die Gemeinde sie trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes nicht oder nur für einen unangemessen kurzen Zeitraum, handelt sie rechtswidrig. Aus dem Charakter des § 4 Abs. 2 S. 1 2. Hs. BauGB als Soll-Vorschrift könnte geschlossen werden, dass es sich ebenfalls um eine Ordnungsvorschrift handelt, deren Verletzung die Rechtmäßigkeit des Bauleitplans nicht beeinträchtigt. Die Literatur äußert sich allerdings zurückhaltend, 206 Rechtsprechung liegt - soweit ersichtlich - zu dem Problem nicht vor. Tatsächlich dürfte die Einordnung der Norm als Ordnungsvorschrift verfehlt sein. Durch die Möglichkeit zur Fristverlängerung soll den Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit gegeben werden, sich in ausreichendem Maße zu der Planung zu äußern, soweit sie ihren Aufgabenbereich betrifft. Hierdurch soll die Gemeinde mit abwägungsrelevanten Informationen versorgt werden. Dieses Ziel erscheint aber nicht gesichert, wenn die Träger öffentlicher Belange nicht genügend Zeit haben, diese Informationen festzustellen und für die Gemeinde verständlich und nachvollziehbar aufzuarbeiten. Es kann hierbei auch keine Rolle spielen, dass selbst bei Einordnung der Norm als Ordnungsvorschrift die Möglichkeit des Vorliegens beachtlicher Abwägungsmängel unberührt bleibt, da mit diesem Ansatz jede Verfahrensvorschrift als überflüssig angesehen werden könnte; außerdem blieben die unterschiedlichen Funktionen, die Verfahrensvorschriften erfüllen sollen, unberücksichtigt 2 0 7 § 4 Abs. 2 S. 1 2. Hs. BauGB kann damit nicht als Ordnungsvorschrift klassifiziert werden, deren Verletzung für die Wirksamkeit des betroffenen Plans unbeachtlich ist. Dennoch muss das rechtswidrige Unterlassen einer Fristverlängerung nicht stets einen beachtlichen Verfahrensfehler bedeuten. Dies ergibt sich jedoch nicht schon durch einfache Gesetzesauslegung, sondern erst durch gesetzesimmanente Rechts205 So Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 4, Rn. 5; Jäde, in Jäde / Dirnberger/Weiß, BauGB, § 4, Rn. 21; a.A. Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 563, der hohe Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes stellen will. 206 Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 4, Rn. 21, hält den Fehler nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB für unbeachtlich; nach Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 4, Rn. 37, soll (lediglich) die Präklusionswirkung des § 4 Abs. 3 S. 2 BauGB nicht eintreten. 207 Hierzu Morlok, Verfahrensfehler, S. 118 ff. *
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
fortbildung: Nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB stellt die Nichtbeteiligung lediglich einzelner Träger öffentlicher Belange einen unbeachtlichen Fehler dar. Im Gegensatz dazu hat bei einer unterbliebenen Fristverlängerung immerhin eine Beteiligung stattgefunden. Die Gemeinde hat ihn lediglich nicht in dem Maße beteiligt, wie es materiell geboten wäre. Eine unangemessen kurze Beteiligung eines Trägers öffentlicher Belange - die immerhin mindestens einen Monat betragen haben muss - stellt sich aber gegenüber einer völlig unterbliebenen Beteiligung als weniger schwerwiegende Rechtsverletzung dar. Lediglich bei sehr schwierigen Planungen könnte angenommen werden, dass beide Fehler gleich schwer wiegen. Folglich ist a maiore ad minus zu schließen, dass die rechtswidrige Ablehnung einer Fristverlängerung oder eine ungemessene kurze Verlängerung nicht zur Nichtigkeit eines Bauleitplans f ü h r t . 2 0 8 7 2 0 9 Dieser Schluss ist aber nur zulässig, wenn sich der Fehler des § 4 Abs. 2 S. 1 2. Hs. BauGB auf einzelne 210 Träger öffentlicher Belange bezieht. Gestaltet sich die Planung so schwierig, dass die Monatsfrist für alle berührten Träger öffentlicher Belange als nicht ausreichend erscheint, kommt eine unangemessen kurze oder unterbliebene Fristverlängerung einer gänzlichen Nichtbeteiligung gleich. Dieser Fehler ist aber in § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB sanktioniert, was dementsprechend auch für Fehler bei der Fristbemessung zu gelten hat. Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 2 S. 1 2. Hs. BauGB ist also nur unbeachtlich, wenn sich der Fehler auf einzelne Träger öffentlicher Belange bezieht.
cc) Bereitstellung der Übersetzung des Umweltberichts nach § 4 a Abs. 2 S. 4 BauGB Eine weitere Soll-Vorschrift ist in § 4 a Abs. 2 S. 4 BauGB enthalten. Bei Bebauungsplänen, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss, sieht § 4 a Abs. 1 S. 1 BauGB eine Pflicht zur grenzüberschreitenden Beteiligung vor, wenn der andere Staat darum ersucht oder das Vorhaben zu erheblichen Umweltauswirkungen in ihm führen kann. Sofern im Verhältnis zum anderen Staat die Voraussetzungen der Grundsätze von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit erfüllt sind, soll die Gemeinde bestimmten Behörden oder Gemeinden eine Übersetzung des Umweltberichts (§ 2 a BauGB) zur Verfügung stellen. Diese Vorschrift entspricht bilateralen Regierungsabkommen zur Durchführung des ECE-Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Zusammenhang.211 Im Regelfall wird man auch hier eine Verpflichtung der Gemein208 Ablehnend Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 214, Rn. 22. 209 Gleiches dürfte gelten, wenn die Fristbemessung des § 4 a Abs. 2 S. 2 BauGB als unangemessen (kurz) einzustufen ist. 210 Eine Fristverlängerung muss nicht gegenüber allen Trägern öffentlicher Belange erfolgen; der wichtige Grund kann auch nur bei einem oder einzelnen Trägern vorliegen, Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 4, Rn. 27. 211 Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 14. November 2000, Bundestags-Drucksache 14/4599, S. 157.
2. Abschn.:
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de annehmen müssen, von der nur in Ausnahmefällen abgewichen werden darf. 212 Wird dementsprechend dem Nachbarstaat keine Übersetzung des Umweltberichts zur Verfügung gestellt, ist die Bauleitplanung rechtsfehlerhaft. Da ein solcher Fehler nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 1. Hs. BauGB grundsätzlich beachtlich ist, könnte die Planung als nichtig anzusehen sein, sofern man dem § 4 a Abs. 2 S. 4 BauGB nicht den Charakter einer Ordnungsvorschrift zuschreiben kann. Hiervon ist jedoch auszugehen. Erstens findet eine grenzüberschreitende Beteiligung auch dann statt, wenn dem Nachbarstaat keine Übersetzung des Umweltberichts ausgehändigt wird. Das Hauptziel der Regelung dürfte damit gewahrt sein. Zweitens wird eine grenzüberschreitende Beteiligung regelmäßig nur in grenznahen Gebieten erforderlich sein. Solche Gebiete zeichnen sich üblicherweise dadurch aus, dass die in ihnen lebenden Menschen auch die Sprache des Nachbarlandes beherrschen, so dass das Verständnis eines in deutsch abgefassten Umweltberichts keine allzu großen Schwierigkeiten aufwerfen dürfte. Darüber hinaus haben sich die zuständigen Stellen des anderen Staates innerhalb angemessener Frist zu äußern, § 4 a Abs. 2 S. 2 BauGB. Muss sich der Nachbarstaat bei besonders schwierigen Fällen um eine Übersetzung bemühen, kann dies bei der Fristbemessung berücksichtigt werden. Und drittens ist zu beachten, dass lediglich eine Übersetzung des Umweltberichts übergeben werden soll. Eine effektive grenzüberschreitende Beteiligung würde aber zusätzlich eine Übersetzung der übrigen Planbegründung sowie der sonstigen textlichen Festsetzungen gebieten.213 Alle diese Aspekte sprechen dafür, dass der Gesetzgeber die Verletzung des § 4 a Abs. 2 S. 4 BauGB als nicht so wesentlich angesehen haben dürfte, dass sie zur Unwirksamkeit des Bauleitplans führen sollten. Daher ist die Norm als bloße Ordnungsvorschrift zu qualifizieren. dd) Kennzeichnungspflichten für besondere Flächen nach §§ 5 Abs. 3, 9 Abs. 5 BauGB In materieller Hinsicht sieht das Gesetz in § 5 Abs. 3 BauGB eine Kennzeichnungspflicht („sollen") für besondere Flächen im Flächennutzungsplan vor. Sie gilt beispielsweise für Flächen, die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 BauGB) oder solche, für die bauliche Nutzungen vorgesehen sind, deren Böden erheblich mit umweltgefährdeten Stoffen belastet sind (§ 5 Abs. 3 Nr. 3 BauGB). Anders als Darstellungen im Flächennutzungsplan nach § 5 Abs. 2 BauGB kommt einer solchen Kennzeichnung lediglich eine rein informatorische Funktion zu. 2 1 4 Sie bestimmt nicht die Nutzbarkeit der Grundstücksoberfläche, sondern gibt Hinweise auf Einwirkungen, die aus dem Untergrund oder der Nachbarschaft kommen können. Kennzeichnungen dienen also dem Schutz künftiger baulicher oder sonstiger Nutzungen des Grundstücks, indem sie den späteren Nut212 Vgl. Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 4 a, Rn. 4. 213 Vgl. Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 588. 214
Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 170
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zer auf mögliche Gefährdungen der planerisch vorgesehenen Nutzung hinweisen und so die Möglichkeit eröffnen, vor der Planverwirklichung entsprechende Vorkehrungen zu treffen. 215 Aufgrund des rein informatorischen Charakters der Kennzeichnung hat es keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Flächennutzungsplans, wenn die Gemeinde gesetzeswidrig ihrer Aufgabe zur Kennzeichnung nicht (in ausreichendem Maß) nachgekommen ist. 2 1 6 Insoweit spielt es keine Rolle, dass die materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung von den §§ 214 f. BauGB nicht erfasst wird. Allerdings kann die unterbliebene Kennzeichnung auf einen ggf. beachtlichen Abwägungsfehler hindeuten.217 Für den Bebauungsplan trifft § 9 Abs. 5 BauGB eine Parallelregelung. 218 Die obigen Ausführungen gelten daher entsprechend: Das rechtswidrige Unterlassen oder die Fehlerhaftigkeit der Kennzeichnung führt nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplans, kann aber als Abwägungsfehler relevant sein. 219 ee) Nachrichtliche Übernahmen in die Bauleitpläne nach §§ 5 Abs. 4 S. 1, 9 Abs. 6 BauGB Des weiteren sollen nach § 5 Abs. 4 S. 1 BauGB in den Flächennutzungsplan Planungen und sonstige Nutzungsregelungen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften festgesetzt sind, sowie nach Landesrecht denkmalgeschützte Mehrheiten von baulichen Anlagen nachrichtlich übernommen werden. Hier kommt die Funktion des Flächennutzungsplans zum Ausdruck, für das gesamte Gemeindegebiet die geplante Bodennutzung unabhängig von ihrer gesetzlichen Grundlage darzustellen. 2 2 0 Da die Gemeinde insoweit keine Bauleitplanung vornimmt, kann das rechtswidrige Unterlassen oder die Unrichtigkeit der nachrichtlichen Übernahme keine negativen Folgen für die Wirksamkeit des Flächennutzungsplans haben. 221 Abwägungsfehler bleiben hiervon allerdings unberührt. Für den Bebauungsplan trifft § 9 Abs. 6 BauGB eine ähnliche 222 Regelung. Auch hier gilt, dass es für die Wirksam215 Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5, Rn. 36. 216 Bielenberg / Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 5, Rn. 63; Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 5, Rn. 35; Grauvogel, in Brügelmann, BauGB, § 5, Rn. 123; Jäde, in Jäde/Dirnberger/ Weiß, BauGB, § 5, Rn. 24; Schink, BauR 1987, S. 397 (404). 217 So etwa auch Grauvogel, in Brügelmann, BauGB, § 5, Rn. 123. 218 Zu den - in diesem Zusammenhang irrelevanten - Unterschieden hinsichtlich der Altlastenregelung vgl. etwa Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9, Rn. 113 ff. 219 Bielenberg/Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 9, Rn. 268; Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 9, Rn. 629; Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9, Rn. 112; Schink, BauR 1987, S. 397 (404); VGH Mannheim, Beschluss vom 4. Mai 1972, DÖV 1972, S. 821 (822); OVG Koblenz, Urteil vom 13. Juni 1984, NVwZ 1986, S. 56. 220 Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5, Rn. 44. 221 Vgl. Grauvogel, in Brügelmann, BauGB, § 5, Rn. 145 (Nachweis auf Rn. 123); vgl. Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 5, Rn. 29. 222 Die Unterschiede zwischen § 9 Abs. 6 und § 5 Abs. 4 BauGB sind hinsichtlich der Fehlerfolge irrelevant.
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keit des Bauleitplans unschädlich ist, wenn die Gemeinde rechtswidrigerweise eine nachrichtliche Übernahme unterlassen oder fehlerhaft vorgenommen hat, wobei zu prüfen ist, ob dies nicht ggf. beachtliche Abwägungsmängel nach sich zieht. 223
b) Vorliegen eines fehlerhaften Planaufstellungsbeschlusses i. S.d. §2 Abs. 1 S. 2 BauGB Nach § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB ist der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ortsüblich bekanntzumachen. Das Gesetz geht offensichtlich davon aus, dass ein Verfahren zum Erlass eines Flächennutzungs- oder Bebauungsplans mit einem solchen Planaufstellungsbeschluss eröffnet wird. Gleichwohl bezieht sich die gemeindliche Verpflichtung nur auf die Bekanntmachung des Beschlusses; sie lässt keinen unmittelbaren Rückschluss hinsichtlich der Frage zu, ob ein Planaufstellungsbeschluss tatsächlich für ein ordnungsgemäßes Bauleitplan verfahren erforderlich ist. 2 2 4 Das Bundesverwaltungsgericht hatte indessen die Frage zu beantworten, welche Folgen ein rechtswidriger Planaufstellungsbeschluss für die Wirksamkeit eines Bebauungsplans hat. Im Grundsatz geht es davon aus, dass derartige Fehler nicht zu seiner Nichtigkeit führen. 225 Ausgangspunkt der Begründung ist dabei, dass der Planaufstellungsbeschluss nach Bundesrecht keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den späteren Bebauungsplan ist. Eine Verpflichtung könne nicht daraus hergeleitet werden, dass § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB eine Pflicht zu seiner Bekanntmachung vorsehe. Dies sei lediglich für seine Wirkung im Rahmen der §§ 14, 15, 22 Abs. 6 und 33 BauGB von Relevanz. Auch das Argument, der betroffene Bürger werde benachteiligt, wenn er erst zu einem späten Zeitpunkt von der Überplanung seines Grundstücks in Kenntnis gesetzt werde, wird vom Gericht nicht zugelassen. Die Beteiligung der Bürger sei nicht Zweck der Regelung des § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB; außerdem sei zu diesem Zeitpunkt die Planung noch nicht so verfestigt, dass der Bürger überrascht werden könnte. Wenn nach diesen Überlegungen ein Aufstellungsbeschluss keine Wirksamkeitsvoraussetzung sei, deute dies auf die Vorstellung des Bundesgesetzgebers hin, dass Mängel des Aufstellungsbeschlusses die Geltung des Bebauungsplans bundesrechtlich nicht zwingend in Frage stellen müssten.226 Gleiches gelte im Übrigen auch für Planauslegungsbeschlüsse, die das Gesetz in § 3 BauGB - im Gegensatz zum Planaufstellungsbeschluss - aber noch 223 Bielenberg/Söfier, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 9, Rn. 280; Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 9, Rn. 677; Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9, Rn. 117; Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9, Rn. 82. 224 Reidt, in Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 453. 225 BVerwG, Beschluss vom 15. April 1988, E 79, S. 200 ff.; im Anschluss daran OVG Koblenz, Urteil vom 30. November 1988, NVwZ 1989, S. 674 (675); vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 17. August 1992, NVwZ 1993, S. 361 (Leitsatz). 226 BVerwG, Beschluss vom 15. April 1988, E 79, S. 200 (206).
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nicht einmal erwähnt. Hierdurch werde aber nicht ausgeschlossen, dass ein Fehler Auswirkungen auf das nachfolgende Verfahren und dessen Ergebnis haben, es also mit einem fortwirkenden Fehler „infizieren" könne, wobei insbesondere Abwägungsfehler in Betracht zu ziehen seien. Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist zuzustimmen. Wenn das Gesetz bereits nicht verlangt, dass ein Planaufstellungsbeschluss überhaupt gefasst wird, dann kann es erst recht keine Rolle spielen, ob er, wenn er doch getroffen wird, fehlerbehaftet ist. Insoweit erscheint es verfehlt, die Regelung des § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB als Ordnungsvorschrift einzustufen, da sie keine entsprechende Verpflichtung begründet, sondern lediglich auf die Beschlussbekanntmachung abstellt. Dennoch soll dies angenommen werden, da in dieser Vorschrift der Aufstellungsbeschluss erwähnt wird. Das unterscheidet ihn auch von den in der Praxis üblichen, aber nicht normierten Offenlegungsbeschlüssen. Außerdem spielt es dann bundesrechtlich keine Rolle für die Wirksamkeit der Planung, wenn der Gemeinde bei der ortsüblichen Bekanntmachung des Planaufstellungsbeschlusses ein Fehler unterlaufen ist. 2 2 7 Damit ist festzuhalten, dass die Fehlerhaftigkeit oder das gänzliche Fehlen eines Planaufstellungsbeschlusses die Wirksamkeit eines Bauleitplans nicht beeinträchtigt. Anders ist die Lage allerdings zu beurteilen, wenn der Planaufstellungsbeschluss materielle Voraussetzung für spezielle Rechtswirkungen ist. Dies gilt für die Zulässigkeit einer Veränderungssperre nach § 14 BauGB, die Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 BauGB, die Aussetzung der Erteilung von Negativattests nach § 22 Abs. 6 BauGB oder für die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 33 BauGB. Hier kann auf das Vorliegen eines rechtmäßigen Planaufstellungsbeschlusses nicht verzichtet werden. 228 Auch die §§ 214 f. BauGB greifen nicht ein. 2 2 9
c) Rechtsverletzungen
im Rahmen des § 3 Abs. 2 S. 4 BauGB
Die Entwürfe der Bauleitpläne sind im Rahmen der förmlichen Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB auszulegen. Hier wird den Bürgern die Gelegenheit gegeben, Anregungen zu der Planung vorzubringen, die Gemeinde wird mit abwägungsrelevantem Material versorgt. Nach § 3 Abs. 2 S. 4 BauGB ist letztere nicht nur verpflichtet, die bei der Bürgerbeteiligung vorgebrachten Anregungen zu prüfen und dann ggf. in die Planung einzuarbeiten; sie muss außerdem den Bürgern, die Anregungen vorgebracht haben, das Ergebnis dieser Prüfung mitteilen. Beachtet die Gemeinde diese Vorschriften nicht, handelt sie rechtswidrig. Allerdings ist zu prüfen, ob dies auch zur Nichtigkeit des Bauleitplans führt. 227 Vgl. auch Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 453; vgl. Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 2, Rn. 47. 228 Vgl. Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 297; vgl. Rüde, Planreparatur, S. 33. 22
9 BVerwG, Beschluss vom 6. August 1992, UPR 1993, S. 21.
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Rechtsprechung und Literatur ordnen § 3 Abs. 2 S. 4 2. Hs. BauGB als Ordnungsvorschrift ein, so dass eine verspätete oder gar unterlassene Mitteilung des Prüfungsergebnisses die Wirksamkeit des Bauleitplans nicht beeinträchtigt. 230 Der Zweck der Bürgerbeteiligung bestehe in der Sammlung von abwägungsrelevanten Informationen, um eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen. Durch die Mitteilungspflicht solle den Beteiligten hingegen nicht die Gelegenheit gegeben werden, ihre Anregungen nochmals im Bauleitplan verfahren geltend machen zu können. 231 Insbesondere sollen sie nicht in die Lage versetzt werden, sie eingehender begründet gegenüber der höheren Verwaltungsbehörde vorbringen zu können; insoweit werde ihren Interessen bereits durch die Pflicht nach § 3 Abs. 2 S. 6 BauGB Rechnung getragen. 232 Darüber hinaus sei die Benachrichtigung nicht mehr Teil der eigentlichen Normsetzung, betreffe nicht mehr die Beteiligung der Bürger und könne daher keinen Einfluss auf die Planung haben. 233 Aus diesen Gründen wird ein entsprechender Verfahrensfehler als unwesentlich erachtet. Die gleiche Rechtsfolge soll im Übrigen auch bei sogenannten Massen verfahren i. S. d. § 3 Abs. 2 S. 5 BauGB gelten, wenn keine Einsicht in das Ergebnis der Prüfung gewährt wird. 2 3 4 Der Einordnung des § 3 Abs. 2 S. 4 2. Hs. BauGB als bloße Ordnungsvorschrift ist zuzustimmen. Für den Planinhalt ist unerheblich, ob die Personen, die Anregungen vorgebracht haben, eine Mitteilung über deren Prüfung erhalten. Das gilt uneingeschränkt, wenn die Anregungen in der Planung nicht berücksichtigt werden. Kommt es hingegen zu Planänderungen aufgrund der Anregungen, werden die Interessen der anregenden Personen erst recht gewahrt, denjenigen sonstiger Personen wird durch eine ggf. erforderliche erneute Auslegung des Plans nach § 3 Abs. 3 BauGB Rechnung getragen. Unzutreffend ist allerdings die Auffassung, dass die Mitteilungspflicht nicht mehr das Verfahren der Bürgerbeteiligung betrifft. Die Überschrift des § 3 BauGB ist amtlich und lautet „Beteiligung der Bürger". Dementsprechend betrifft auch die 230
Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 3, Rn. 58; Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 3, Rn. 28; Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 3, Rn. 27; Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3, Rn. 17; Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 523; Käß, Planerhaltung, S. 107 f., differenziert insoweit unverständlicherweise zwischen Ordnungsvorschriften und unwesentlichen Verfahrensvorschriften (vgl. insoweit 3. Kapitel 2. Abschnitt A II 1). VGH Mannheim, Beschluss vom 17. März 1967, BRS 18, Nr. 5 (S. 10); VGH Mannheim, Beschluss vom 17. September 1969, BRS 22, Nr. 27 (S. 57); VGH Mannheim, Beschluss vom 5. Juni 1996, NVwZ-RR 1997, S. 684. 231 VGH Mannheim, Beschluss vom 5. Juni 1996, NVwZ-RR 1997, S. 684; a.A. wohl Käß, Planerhaltung, S. 108. 232 VGH Mannheim, Beschluss vom 17. März 1967, BRS 18, Nr. 5 (S. 10), zum wortgleichen § 2 Abs. 6 S. 5 BBauG. 233 VGH Mannheim, Beschluss vom 17. März 1967, BRS 18, Nr. 5 (S. 10); VGH Mannheim, Beschluss vom 5. Juni 1996, NVwZ-RR 1997, S. 684. 234 Bielenberg, in Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, § 3, Rn. 84. Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 523.
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Mitteilungspflicht noch die Bürgerbeteiligung. Auch das Argument, dass den Interessen der Bürger durch die Regelung des § 3 Abs. 2 S. 6 BauGB hinreichend Rechnung getragen werde, kann heute nur noch eingeschränkte Gültigkeit haben, da eine Genehmigung von Bauleitplänen nur noch für Flächennutzungspläne und solche Bebauungspläne erforderlich ist, die nicht aus einem Flächennutzungsplan entwickelt wurden. Ob darüber hinaus die formale Pflicht zur Prüfung der Anregungen nach § 3 Abs. 2 S. 4 1. Hs. BauGB als Ordnungsvorschrift eingeordnet werden kann, erscheint fraglich. Der VGH Mannheim hat sie als wesentliche Verfahrensvorschrift angesehen, deren Nichtbeachtung zur Nichtigkeit des Bauleitplans führt. 235 Auch dem ist zuzustimmen. Wenn es Zweck der Bürgerbeteiligung ist, dass die Gemeinde neue abwägungsrelevante Informationen erhält, wäre es sinnwidrig, wenn eine Auseinandersetzung mit diesen neuen Belangen unterbleiben könnte, ohne dass dies Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Bauleitplans hätte. Die formale Prüfungspflicht nach § 3 Abs. 2 S. 4 1. Hs. BauGB ist daher so eng mit der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 6 BauGB verknüpft, 236 dass ihre Nichtbeachtung regelmäßig ein Abwägungsdefizit oder gar einen Abwägungsausfall zur Folge haben wird. Bei solch schwerwiegenden Fehlern dürfte auch die Unbeachtlichkeitsregelung des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB nicht greifen. Unter dem Gesichtspunkt der Planerhaltung würde es daher keinen Sinn machen, die Verletzung der Prüfungspflicht nach § 3 Abs. 2 S. 4 1. Hs. BauGB sanktionslos zu stellen.
d) Rechtsverletzungen
im Rahmen des § 3 Abs. 2 S. 6 BauGB
Sofern ein Bauleitplan genehmigungspflichtig ist - dies gilt für den Flächennutzungsplan uneingeschränkt, für den Bebauungsplan nur, sofern er nicht nach § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB aus einem wirksamen Flächennutzungsplan entwickelt wurde muss die Gemeinde nicht nur den Plan selbst der höheren Verwaltungsbehörde vorlegen. Zusätzlich muss sie nach § 3 Abs. 2 S. 6 BauGB die von ihr nicht berücksichtigten Anregungen, die mit einer Stellungnahme zu versehen sind, warum ihnen nicht entsprochen wurde, beifügen. Hierdurch soll die höhere Verwaltungsbehörde in die Lage versetzt werden, den Bauleitplan auf Abwägungsfehler hin zu untersuchen. Durch das Erfordernis der Stellungnahme wird zusätzlich zur Prüfungspflicht nach § 3 Abs. 2 S. 4 1. Hs. BauGB sichergestellt, dass die Gemeinde sich mit den Anregungen der Bürger auseinandersetzt. Die Ansichten darüber, welche Fehlerfolge im Falle einer Verletzung des § 3 Abs. 2 S. 6 BauGB gilt, gehen in der Literatur auseinander. Teilweise wird die Norm als bloße Ordnungsvorschrift angesehen, deren Verletzung die Wirksamkeit des Plans nicht beeinträchtigt. Ähnlich wie bei § 3 Abs. 2 S. 4 2. Hs. BauGB wird 235 VGH Mannheim, Beschluss vom 17. März 1967, BRS 18, Nr. 5 (S. 9). 236 Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1999, ZfBR 2000, S. 197 (199).
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argumentiert, dass sich der Mangel nicht auf die Rechtmäßigkeit des Bauleitplans auswirken könne, weil die Vorlagepflicht allein dazu diene, der höheren Verwaltungsbehörde die Rechtmäßigkeitsprüfung zu erleichtern; außerdem habe diese Prüfung für sich genommen keinen Einfluss darauf, ob der Bauleitplan den gesetzlichen Anforderungen genüge.237 Nach anderer Ansicht soll der Fehler nach § 214 Abs. 1 BauGB unbeachtlich sein, da er nicht im abschließenden Katalog genannt werde. 238 § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 1. Hs. BauGB sei nicht einschlägig, weil der Fehler nicht die Beteiligung der Bürger betreffe, § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB fände keine Anwendung, da kein Fehler der Genehmigung vorliege. Eine dritte Ansicht schließlich geht von der Beachtlichkeit der Verletzung der Vorschrift aus und nimmt als Fehlerfolge die Nichtigkeit an. Begründet wird dies damit, dass § 3 Abs. 2 im Katalog der beachtlichen Verfahrensfehler des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 1. Hs. BauGB genannt werde. 239 Die Einordnung des § 3 Abs. 2 S. 6 BauGB als Ordnungsvorschrift ist abzulehnen. Zum einen gehört die Genehmigung des Plans noch zum Bauleitplan verfahren. 2 4 0 Dies ergibt sich für den Bebauungsplan aus § 10 Abs. 3 S. 1 i. V. m. S. 4 BauGB, für den Flächennutzungsplan aus § 6 Abs. 5 S. 2 BauGB. Auch wenn durch die Genehmigung ein rechtswidriger Bauleitplan nicht geheilt wird, 2 4 1 muss die höhere Verwaltungsbehörde in die Lage versetzt werden, den Plan tatsächlich und effektiv auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. Dies ist aber nicht gewährleistet, wenn sie nicht mit Informationen versorgt wird, die auf das Vorliegen eines Abwägungsfehlers hindeuten könnten. Ansonsten besteht die Gefahr, dass eine Gemeinde der Plangenehmigungsbehörde Informationen vorenthält, die bei ihrer Kenntnis zur Versagung der Genehmigung führen würden. Aufgrund der Regelung des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB erweist sich ein Abwägungsfehler nach der Bekanntmachung des Bauleitplans möglicherweise als unbeachtlich, der bei Kenntnis der höheren Verwaltungsbehörde wegen des § 216 BauGB hätte gerügt werden können. Als weiteres Argument gegen die Charakterisierung des § 3 Abs. 2 S. 6 BauGB als Ordnungsvorschrift ist anzuführen, dass eine unterbliebene Mitteilung nach § 3 Abs. 2 S. 4 2. Hs. BauGB gerade deshalb nicht zur Nichtigkeit des Bauleitplans führen soll, weil die Interessen der Personen, die Anregungen vorgebracht haben, durch die Vorlagepflicht des § 3 Abs. 2 S. 6 BauGB gewahrt werden. Dies spielt gerade für die genehmigungspflichtigen Bauleitpläne eine Rolle. Aus diesem Grund muss ein Fehler im Rahmen des § 3 Abs. 2 S. 6 BauGB grundsätzlich die Fehlerfolge der Nichtigkeit nach sich ziehen. 237 Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 3, Rn. 30; Reidt, in Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 525. 238 So W. Schrödter, in Schrödter, BauGB, § 3, Rn. 42; Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 3, Rn. 61. 239 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3, Rn. 19; Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 3, Rn. 28. 240 Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 167. 241 Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 166.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Die Sanktionslosigkeit des Fehlers dürfte sich auch nicht aus dem Grundsatz der Unbeachtlichkeit von Verfahrensfehlern nach § 214 Abs. 1 S. 1 BauGB herleiten lassen. Vielmehr liegt eine Verletzung des § 3 Abs. 2 BauGB vor, was nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 1. Hs. BauGB für die Wirksamkeit des Bauleitplans beachtlich sein soll. Der Einwand, dass insoweit keine Verletzung der Vorschriften über die Beteiligung der Bürger gegeben sei, da das Beteiligungsverfahren bereits abgeschlossen sei, ist im Hinblick auf die amtliche Überschrift des § 3 BauGB abzulehnen. Ferner gebietet eine effektive Bürgerbeteiligung auch (noch), dass die Plangenehmigungsbehörde über die abwägungserheblichen Belange in Kenntnis gesetzt wird. Im Übrigen geht aus dem Wortlaut des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB nicht hervor, dass die Verletzung des § 3 Abs. 2 BauGB nur beachtlich ist, sofern die Beteiligung der Bürger als solche nicht ordnungsgemäß erfolgt ist. Im Ergebnis ist die Verletzung des § 3 Abs. 2 S. 6 BauGB beachtlich und führt grundsätzlich zur Nichtigkeit des fehlerbehafteten Bauleitplans. Die Norm ist weder Ordnungsvorschrift, noch ist ihre Verletzung nach § 214 Abs. 1 BauGB unbeachtlich.
e) Unterbliebene frühzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher nach § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB
Belange
Nach § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB holt die Gemeinde die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt wird, möglichst frühzeitig ein. Durch das Kriterium der Frühzeitigkeit soll sichergestellt werden, dass die Beteiligung nicht erst einsetzt, wenn die Planung so verfestigt ist, dass die Belange der von der Planung berührten Träger nicht mehr in einer dem Abwägungsgebot genügenden Weise berücksichtigt werden können. 242 Findet demnach die Beteiligung nicht frühzeitig statt, besteht die Gefahr, dass der Bauleitplan (beachtliche) Abwägungsfehler aufweist. Eine andere Frage ist es aber, ob der Verfahrensfehler selbst zur Unwirksamkeit der Planung führt. Da § 4 BauGB im Katalog der bewehrten Vorschriften des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB enthalten ist und auch keine entsprechende Ausnahme vorliegt, müsste grundsätzlich davon auszugehen sein. Andererseits könnte die Norm hinsichtlich ihres zeitlichen Elements als Ordnungsvorschrift einzuordnen sein. Dies bedarf allerdings der Auslegung. Hierfür spricht zunächst, dass das Gesetz lediglich eine möglichst frühzeitige Trägerbeteiligung vorschreibt, d. h., dass in Ausnahmefällen eine spätere Beteiligung akzeptabel sein kann. Diese Möglichkeit ergibt sich zudem aus § 4 Abs. 1 S. 2 BauGB, wonach die Trägerbeteiligung gleichzeitig mit dem Verfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB durchgeführt werden kann. 243 Es wird sogar als zulässig 242 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 4, Rn. 4. 243 im Regelfall hat die Trägerbeteiligung vor der förmlichen Bürgerbeteiligung stattzufinden. Dies lässt sich dem ebenfalls in § 3 Abs. 1 BauGB enthaltenen Kriterium der Frühzeitigkeit und dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 S. 3 (die Norm bezieht sich auf die Beteiligten
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erachtet, die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange erst nach der Planauslegung vorzunehmen. 244 Da die Entscheidung über die Anwendung des § 4 Abs. 1 S. 2 BauGB an keine besonderen Voraussetzungen geknüpft ist, vielmehr im Ermessen der Gemeinde steht, liegt es nahe, § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB hinsichtlich des Kriteriums der Frühzeitigkeit als Ordnungsvorschrift zu begreifen. Nicht als Argument herangezogen werden kann die Tatsache, dass eine Verletzung der Vorschrift zur frühzeitigen Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 S. 1 BauGB nicht im Katalog des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB enthalten ist. Die §§ 3 und 4 BauGB sind insoweit nicht vergleichbar, da bei letzterer Norm nicht zwischen vorgezogener und förmlicher Beteiligung differenziert wird. Der beschränkte Normcharakter wird durch die ratio legis bestätigt. Dient sie einer gerechten Abwägungsentscheidung, wird dieses Ziel nicht durch eine verspätete Trägerbeteiligung beeinträchtigt. Sofern die Gemeinde die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange in der Planungsentscheidung hinreichend berücksichtigt, kann eine verspätete Beteiligung lediglich dazu führen, dass sich die Planung verzögert, da bei Planentwurfsänderungen grundsätzlich eine erneute Beteiligung der Bürger nach § 3 Abs. 3 BauGB bzw. ggf. sonstiger Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 4 BauGB zu erfolgen hat. Insoweit dient das Merkmal der Frühzeitigkeit der Verfahrensbeschleunigung. Die Gemeinde hat es sich selbst zuzuschreiben, wenn sie ihre Planung (noch) nicht zum Abschluss bringen kann. Gegen die Unbeachtlichkeit eines Verstoßes gegen das Frühzeitigkeitsmerkmal kann auch nicht eingewandt werden, dass die Vorschrift seit dem BauROG 1998 als zwingend ausgestaltet ist, während es sich vorher um eine Soll-Vorschrift handelte. 245 Das Gesetz trug mit der alten Fassung dem Umstand Rechnung, dass im Einzelfall die Beteiligung im Hinblick auf die Vielzahl von Trägern und die u. U. schwierig zu ermittelnden Aufgabenbereiche sowie die Möglichkeit des Berührtseins Beurteilungsrisiken mit sich brachte, und eine entsprechende Fehleinschätzung der Gemeinde den Bauleitplan nicht fehlerhaft machen sollte. 246 Aufgrund der Regelung des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB wurde dieses Risiko allerdings beseitigt, so dass § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB als zwingende Norm ausgestaltet werden konnte. 247 Die Gesetzesänderung hatte also keinen Bezug zum Aspekt der Frühzeitigkeit. und nicht die zu Beteiligenden) entnehmen, Reidt, in Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 558. 244 Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 4, Rn. 12; Reidt, in Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 560. Diese Ansicht lässt sich allerdings nicht mit dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 S. 3 BauGB vereinbaren. 245 § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB 1987 lautete: „Bei der Aufstellung von Bauleitplänen sollen die Behörden und Stellen, die Träger öffentlicher Belange sind und von der Planung berührt werden können, möglichst frühzeitig beteiligt werden." 246 Bielenberg, in Ernst /Zinkahn /Bielenberg, BauGB, § 4, Rn. 14; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16. April 1971, DVB1. 1971, S. 746. 247 Vgl. Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 4, Rn. 14.
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Insgesamt ist daher festzuhalten, dass § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB hinsichtlich der Frühzeitigkeit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange lediglich als Ordnungsvorschrift einzustufen ist. Eine Verletzung der Norm ist nicht so wesentlich, dass sie einen zur Nichtigkeit des betroffenen Bauleitplans führenden Verfahrensmangel nach sich zieht. 248
f) Fehlen eines Hinweises nach §215 Abs. 2 BauGB Nach § 215 BauGB können die nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 BauGB beachtlichen Verfahrens- und Formfehler nach einem Jahr, erhebliche Abwägungsfehler i. S. d. § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB nach sieben Jahren unbeachtlich werden. Diese Rechtsfolge kann nach § 215 Abs. 2 BauGB jedoch nur eintreten, wenn die Gemeinde bei Inkraftsetzung des Plans auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung der Vorschriften hingewiesen hat. Kommt die Gemeinde dieser Verpflichtung nicht nach, können beachtliche Verfahrens- und Formfehler sowie Mängel der Abwägung stets gerügt werden. Die Wirksamkeit des Flächennutzungsplans oder der Satzungen wird hiervon nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nicht beeinträchtigt. Der Hinweis selbst sei nämlich keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Plan, sondern nur für das Unbeachtlichwerden der entsprechenden Mängel. 249 Er sei weder Planbestandteil, noch komme ihm sonst eine normative Wirkung zu 2 5 0 Dem letzten Argument kann nicht gefolgt werden. Ein Vergleich mit anderen Vorschriften zeigt, dass die Nichtbeachtung von Vorschriften, die nicht unmittelbar den Plan selbst betreffen, sehr wohl Auswirkungen auf seine Wirksamkeit haben kann. So ist weder die Begründung nach § 9 Abs. 8 BauGB Bestandteil des Bebauungsplans noch der Erläuterungsbericht Bestandteil des Flächennutzungsplans.251 Dennoch können Mängel grundsätzlich zur Nichtigkeit führen, was sich aus § 214 Abs. I S . 1 Nr. 2 1. Hs. BauGB ergibt. Demnach kann nicht deshalb ausgeschlossen werden, dass ein fehlender oder fehlerhafter Hinweis nach § 215 Abs. 2 BauGB Auswirkungen haben kann. Die Unbeachtlichkeit des Fehlers dürfte sich vielmehr aus einer anderen Erwägung ergeben. Das Ziel der §§ 214 ff. BauGB besteht gerade darin, die Pläne des Baugesetzbuches weniger 248 Vgl. Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 4, Rn. 12. 249 Lemmel, in Berliner Kommentar, § 215, Rn. 2; vgl. Battis, in Battis/Krautzberger/ Lohr, BauGB, § 215, Rn. 2; Käß, Planerhaltung, S. 110; VGH Kassel, Beschluss vom 19. November 1992, NVwZ 1993, S. 906 (907); VGH Mannheim, Urteil vom 11. Juli 1995, UPR 1996, S. 115 (116); a.A. BezG Magdeburg, Beschluss vom 16. September 1991, LKV 1992, S. 308 (309). 250 Lemmel, in Berliner Kommentar, § 215, Rn. 2; Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 215, Rn. 25; Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 215, Rn. 55; VGH Kassel, Beschluss vom 19. November 1992, NVwZ 1993, S. 907 (908). 251 Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 9, Rn. 82 für den Bebauungsplan; ders., in Berliner Kommentar, § 5, Rn. 40 für den Flächennutzungsplan.
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rechtsmittelanfällig zu machen. Es wäre aber absurd, wenn mit ihnen neue mögliche Fehlerquellen geschaffen werden würden. Zweck der Regelung des § 215 BauGB ist es daher nicht, neue Wirksamkeitsvoraussetzungen für Flächennutzungs- oder Bebauungspläne aufzustellen. Daher führt ein Fehler des § 215 Abs. 2 BauGB nicht zur Nichtigkeit des Plans, sondern lediglich dazu, dass die Wirkung des § 215 Abs. 1 BauGB nicht eintreten kann. Insoweit ist die Norm als Ordnungsvorschrift einzuordnen.
2. Planerhaltungsfreundliche Auslegung von Vorschriften des Baugesetzbuches Dass die Rechtsprechung sich der Auswirkungen der Feststellung der Nichtigkeit von Bauleitplänen bewusst ist und sie deshalb zu vermeiden sucht, wird nicht nur daran deutlich, dass bestimmte Normen als Ordnungsvorschriften charakterisiert werden. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Beispiele für planerhaltungsfreundliche Deutungen 252 durch die Gerichte. Dies kann entweder in der Weise geschehen, dass bereits das Vorliegen von Planfehlern vermieden wird oder entsprechende Fehler durch eine großzügige Auslegung der §§ 214 f. BauGB unbeachtlich sind bzw. werden. Für beide Bereiche sollen Beispiele erörtert werden.
a) Großzügige Auslegung der §§ 214 ff. BauGB aa) Unterbliebene Beteiligung des einzigen Trägers öffentlicher Belange Nach § 4 BauGB sind die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu beteiligen. Wie bereits erwähnt, soll der Planungsträger mit abwägungsrelevanten Informationen versorgt werden, damit er seine Planung gegebenenfalls modifizieren kann. Aus der Perspektive der Träger öffentlicher Belange dient die Beteiligung dem Zweck der Vertretung ihrer Interessen. Der Gesetzgeber sieht eine Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 4 BauGB als so wesentlich an, dass sie grundsätzlich für die Wirksamkeit der Bauleitpläne beachtlich sein soll, § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 1. Hs. BauGB. Unbeachtlich soll es nach dem 2. Hs. allerdings sein, wenn lediglich einzelne berührte Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind. Theoretisch ist es denkbar, dass von einem Bauleitplan nur ein einziger Träger öffentlicher Belange berührt wird, so dass nur dieser nach § 4 BauGB zu beteiligen wäre. Kommt die Gemeinde dem nicht nach, stellt sich die Frage, ob die Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB greifen kann. Das Bundesverwaltungsgericht geht von der Wirksamkeit des fehlerhaften Plans aus und 252 Hierzu beispielsweise Dolde, 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, S. 429 (430); vgl. Schlichter, Referat zum 58. Deutschen Juristentag, Band II, N 66 ff.
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begründet dies damit, dass die Berücksichtigung öffentlicher Belange ohnehin materiell bei Prüfung der Abwägungsentscheidung zu erfolgen hat. 2 5 3 Während die Literatur teilweise die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts befürwortet, 254 findet sich auch eine Gegenauffassung, nach der die Nichtbeteiligung des einzigen Trägers öffentlicher Belange einen beachtlichen Verfahrensfehler darstellen soll. 2 5 5 Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB, der lediglich eine unvollständige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange sanktionslos stellen wolle. Eine solche könne aber nicht angenommen werden, wenn auch der einzig betroffene Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt werde; dann habe schlicht gar keine Beteiligung stattgefunden, was das Gesetz als erheblich ansehen wolle. Zu einem anderen Ergebnis kann man mit Hilfe der semantischen Auslegung gelangen.256 Die Nichtbeteiligung einzelner Träger öffentlicher Belange schließt den Fall mit ein, dass der einzige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden ist. Denn auch der einzige ist nur ein einzelner Träger öffentlicher Belange. Die systematische Auslegung kann diese Deutung jedoch nicht bestätigen. Nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 1. Hs. BauGB wird die unterbliebene Beteiligung sanktioniert, nach dem 2. Hs. lediglich eine partielle Nichtbeachtung des § 4 BauGB für unbeachtlich erklärt. Der Fall, dass der einzig berührte Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden ist, ließe sich nun theoretisch unter beide Sätze subsumieren: Einerseits wurde lediglich ein einzelner Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt, andererseits ist die Beteiligung nach § 4 BauGB vollständig unterblieben. Die Teleologie des Gesetzes gebietet in einem solchen Fall, von der Beachtlichkeit des Fehlers auszugehen. Wenn es das Ziel des § 4 BauGB ist, die Gemeinde mit abwägungsrelevanten Informationen zu versorgen, erscheint ein Fehler bei Anwendung der Vorschrift nur hinnehmbar, wenn die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange lediglich unvollständig ist. In diesem Fall wird die Gemeinde ja noch mit Informationen versorgt. Wird aber der einzige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt, fehlen ihr möglicherweise Kenntnisse über beachtliche öffentliche Belange. Ein solcher Fehler ist aber sanktionsbedürftig. Die Unbeachtlichkeit kann auch nicht damit begründet werden, dass die Möglichkeit des Vorliegens beachtlicher Abwägungsfehler unberührt bleibt. Mit diesem Argument ließe sich die Überflüssigkeit der Verfahrensregelung des § 4 BauGB 253 BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987, NVwZ 1988, S. 727. Interessanterweise hätte das Gericht diese Aussage gar nicht treffen müssen, da in dem zugrunde liegenden Fall nicht feststand, ob tatsächlich nur ein einziger Träger öffentlicher Belange hätte beteiligt werden müssen. 254 So Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 15; Battis, in Battis/Krautzberger/ Lohr, BauGB, § 214, Rn. 5; Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1121. 255 Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 214, Rn. 22; Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 214, Rn. 20; Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 49; Käß, Planerhaltung, S. 96. 256 So auch Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 214, Rn. 22.
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insgesamt begründen. Dass dies aber nicht der Fall sein soll, ergibt sich bereits daraus, dass der Fehler nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 1. Hs. BauGB grundsätzlich beachtlich ist. Ferner kann auch keine verfassungskonforme Auslegung vorgenommen werden, nach der die Nichtbeteiligung des einzigen Trägers öffentlicher Belange unbeachtlich sein soll, um die Nichtigkeit des mit einem entsprechenden Fehler behafteten Bauleitplans zu vermeiden. Zwar ist bei verschiedenen Deutungsmöglichkeiten diejenige vorzuziehen, bei der die Norm verfassungsmäßig bleibt. 257 Diese Methode kann jedoch nicht zur Auslegung einer Norm - des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB - herangezogen werden, um eine andere Norm - den fehlerhaften Bauleitplan - für rechtswirksam erachten zu können. Sie kommt vielmehr etwa nur dann in Betracht, wenn § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB verschiedene Auslegungsmöglichkeiten zuließe, die entweder zur Verfassungsmäßigkeit oder zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift selbst führen würden. Eine entsprechende Kombination ist jedoch unzulässig. Zwar lässt sich der Entscheidung das Bemühen des Bundesverwaltungsgerichts um eine planerhaltungsfreundliche Rechtsprechung entnehmen und ist insoweit zu begrüßen. Dennoch kann ihm im konkreten Fall aufgrund der obigen Ausführungen nicht gefolgt werden. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Hs. BauGB ist folglich nicht anwendbar, wenn der einzige berührte Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden ist.
bb) Fehlbeurteilung der Anforderungen an die Aufstellung selbständiger Bebauungspläne bzw. des Vorliegens dringender Gründe für die Aufstellung vorzeitiger Bebauungspläne Von dem Grundsatz, dass Bebauungspläne nach § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind, sieht das Gesetz einige Ausnahmen vor. Neben dem Parallel verfahren des § 8 Abs. 3 S. 1 BauGB besteht die Möglichkeit der Aufstellung selbständiger bzw. vorzeitiger Bebauungspläne. Ersterer ist nach § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB zulässig, wenn er ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen; letzterer kommt nach § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB in Betracht, wenn dringende Gründe seine Aufstellung vor dem Flächennutzungsplan erfordern und er der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird. § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB trifft eine Unbeachtlichkeitsvorschrift für den Fall, dass die Gemeinde das Vorliegen der Voraussetzungen für den selbständigen bzw. vorzeitigen Bebauungsplan nicht richtig beurteilt hat. Nach Auffassung verschiedener Oberverwaltungsgerichte war das Merkmal des Nicht-Richtig-Beurteilens nicht anzunehmen, wenn sich die Gemeinde überhaupt keine Gedanken darüber gemacht hatte, ob die Voraussetzungen für ein Abweichen vom allgemeinen Ent257 Schmalz, Methodenlehre, Rn. 362 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 339. 10 Steinwede
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wicklungsgebot des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB gegeben waren. 258 Von einer solchen falschen Gesetzeshandhabung könne nur gesprochen werden, wenn überhaupt ein Vorgang der Subsumtion stattgefunden habe, also der Normadressat sich der grundsätzlichen Geltung des Entwicklungsgebotes nach § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB und dessen bewusst gewesen sei, dass er im konkreten Planungsfall von den in § 8 Abs. 2 S. 2 und Abs. 4 S. 1 BauGB vorgesehenen Ausnahmemöglichkeiten Gebrauch mache. 259 Nach dieser Ansicht konnte demnach die Unbeachtlichkeitsvorschrift des § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB - bzw. ihrer Vorgängerregelung in § 155 b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BBauG 1979 - nicht greifen, wenn die Gemeinde sich keine Gedanken gemacht hatte und möglicherweise noch nicht einmal wusste, dass kein Regelfall des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB gegeben war. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich dieser Auslegung durch die Oberverwaltungsgerichte jedoch nicht angeschlossen.260 Die Planerhaltungsvorschrift setze nicht voraus, dass die Gemeinde sich ausdrücklich und im einzelnen mit den Anforderungen an die Aufstellung eines vorzeitigen 261 Bebauungsplans auseinandergesetzt habe. Nicht einmal der Wortlaut des Gesetzes lege dies nahe; denn Voraussetzungen, unter denen ein bestimmtes Handeln zulässig sei, würden auch dann „nicht richtig beurteilt", wenn das Handeln ohne ein Nachdenken über diese Voraussetzungen geschehe. Des weiteren spreche bereits gegen eine „subjektivierende Deutung", dass auch die Einhaltung der §§8 Abs. 2 S. 2 und Abs. 4 S. 1 BauGB nicht „subjektiviert" sei. Erforderten objektiv dringende Gründe die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans und beschließe ihn die Gemeinde, ohne sich überhaupt Gedanken über solche Gründe zu machen, so sei der Plan ohne weiteres gültig. Dass das Gesetz in der Vorschrift auf eine Fehlbeurteilung abstelle und nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen für den vorzeitigen Bebauungsplan, habe den Zweck, den bewussten Verstoß gegen § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB zu sanktionieren. Die Kommentarliteratur hat sich dieser Entscheidung weitgehend angeschlossen. 262 Nur vereinzelt ist sie mit der Befürchtung kritisiert worden, dass die mühsam durchgesetzte Zweistufigkeit des Bauleitplan Verfahrens preisgegeben werde, 258 OVG Saarlouis, Urteil vom 26. Oktober 1979, BRS 35, Nr. 17 (S. 54); OVG Lüneburg, Urteil vom 19. März 1980, BRS 36, Nr. 17 (S. 41); OVG Koblenz, Urteil vom 14. November 1984, NVwZ 1985, S. 501. Vgl. in der Literatur etwa Boecker, BauR 1979, S. 361 (368). 259 OVG Saarlouis, Urteil vom 26. Oktober 1979, BRS 35, Nr. 17 (S. 54), bezogen auf das BBauG 1960. 260 BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1984, DVB1. 1985, S. 795 ff.; zu den folgenden Ausführungen S. 797. Vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1991, NVwZ 1992, S. 882 (883). 261 Die Ausführungen können entsprechend für den selbständigen Bebauungsplan gelten. 262 Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 214, Rn. 35; Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 214, 15; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 31; Battis, in Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214, Rn. 11; Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 105.
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was einen städtebaulichen Qualitätsverlust zur Folge habe. 263 Außerdem müsse das Bundesverwaltungsgericht bei seiner objektiven Auslegung konsequenterweise auch den bewussten Verstoß gegen die Voraussetzungen der §§ 8 Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 4 S. 1 BauGB als unbeachtlich ansehen, wenn subjektive Anforderungen keine Rolle spielen dürften. 264 Diese Argumente vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Zum einen sind weder das Baugesetzbuch noch das Bundesverwaltungsgericht davon abgerückt, dass ein Bebauungsplan grundsätzlich aus einem Flächennutzungsplan zu entwickeln ist. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann hiervon abgewichen werden. Die Zweistufigkeit des Verfahrens wird bereits dadurch gesichert, dass sowohl der selbständige als auch der vorzeitige Bebauungsplan der Genehmigung nach § 10 Abs. 2 BauGB bedürfen. Fehlt sie, ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen, und der Plan kann nicht wirksam werden, vgl. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB. Im Genehmigungsverfahren selbst prüft die höhere Verwaltungsbehörde aufgrund des § 216 BauGB auch die Einhaltung der §§ 8 Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 4 S. 1 BauGB. Die Zweistufigkeit der Bauleitplanung ist daher nur dann gefährdet, wenn die Plangenehmigung rechtswidrigerweise erteilt wird oder nach § 10 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 6 Abs. 4 S. 4 BauGB als erteilt gilt. Nur in diesen Fällen kann sich der Meinungsstreit folglich in der Praxis auswirken. Es dürfte sich aber nicht um eine solche Vielzahl von Fällen handeln, dass von einem städtebaulichen Qualitätsverlust gesprochen werden könnte. Ferner erscheint das Argument, dass auch der bewusste Verstoß gegen § § 8 Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 4 S. 1 BauGB von § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB erfasst werden müsste, nur auf den ersten Blick plausibel. Zwar wäre dies in einem ersten Schritt aufgrund der semantischen Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts konsequent. Andererseits gilt im Zivilrecht der Grundsatz von Treu und Glauben, der u. a. auch besagt, dass durch unredliches Verhalten begründete oder erworbene Rechte oder Rechtsstellungen nicht schutzwürdig sind. 265 Dieser Grundsatz findet auch im öffentlichen Recht Anwendung. 266 Es wäre aber rechtsmissbräuchlich, wenn eine Gemeinde trotz eines bewussten Verstoßes gegen §§ 8 Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 4 S. 1 BauGB einen wirksamen Bebauungsplan erlangen könnte. Deshalb müsste das Bundesverwaltungsgericht in einem zweiten Schritt konsequenterweise doch von der Nichtanwendbarkeit des § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ausgehen. Dies entspricht im Ergebnis auch dem Willen des Gesetzgebers.267 Methodisch dürfte es sich bei 263 Dolde, NJW 1986, S. 815 (821). 264 Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 214, Rn. 33. 265 Heinrichs, in Palandt, BGB, § 242, Rn. 42 ff.; O. Werner, in Erman, BGB, § 242, Rn. 80. 266 Heinrichs, in Palandt, BGB, § 242, Rn. 17; O. Werner, in Erman, BGB, § 242, Rn. 38; BVerwG, Urteil vom 22. September 1959, E 9, S. 155 (160); Urteil vom 25. November 1966, E 25, S. 299 (303); Urteil vom 18. Dezember 1973, NJW 1974, S. 2250 (2251). 267 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 21. Mai 1979, Bundestags-Drucksache 8/2885, S. 45. 10*
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einem solchen Vorgehen nicht mehr um einfache Gesetzesauslegung, sondern um gesetzesimmanente Rechtsfortbildung im Wege einer teleologischen Reduktion handeln. Der Wortlaut der Vorschrift reicht weiter als ihr Normzweck erlaubt. Die verdeckte Lücke wird durch eine Begrenzung des Anwendungsbereichs geschlossen. § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ist im Ergebnis auch dann anwendbar, wenn die Gemeinde sich keine Vorstellung über die Voraussetzungen der §§8 Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 4 S. 1 BauGB gemacht hat. Zu diesem Ergebnis gelangt man durch einfache Gesetzesauslegung. Das Bundesverwaltungsgericht geht hierbei in einer anderen Entscheidung sogar noch einen Schritt weiter: Ein vorzeitiger Bebauungsplan könne selbst dann vorliegen und wirksam sein, wenn die Gemeinde fälschlicherweise davon ausging, ihn nach der Regel des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB zu entwickeln. 268
cc) Anwendbarkeit des § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB bei Vorliegen eines fehlerhaften Flächennutzungsplans Nach § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB ist es für die Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplans unbeachtlich, wenn § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB hinsichtlich des Entwickeins des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist. In Rechtsprechung und Literatur wird die Frage, ob der zugrundeliegende Flächennutzungsplan hierbei wirksam sein muss, uneinheitlich beantwortet. Teilweise wird undifferenziert dessen Rechtmäßigkeit gefordert, 269 da nur so beurteilt werden könne, ob die städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt werde. Teilweise wird danach differenziert, ob der Flächennutzungsplan vollständig oder nur für einen (kleinen) Teilbereich unwirksam ist. 2 7 0 Nur im letzteren Fall könne § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB angewandt werden. Eine solche Auslegung sei sowohl mit dem Wortlaut der Norm als auch mit ihrem Sinn und Zweck vereinbar. Die semantische Auslegung scheint eher für die Ansicht zu sprechen, nach der der Flächennutzungsplan rechtmäßig sein muss. Eine geordnete städtebauliche Entwicklung wird sich einem unwirksamen Flächennutzungsplan nicht entnehmen lassen können, was um so mehr gilt, wenn der Flächennutzungsplan an inhaltlichen Mängeln leidet. Die systematische Auslegung bestätigt dieses Ergebnis: § 214 268 BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1991, DVB1. 1992, S. 574 (576). 269 BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1991, NVwZ 1992, S. 882 (883); Bracher, in Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1136; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 33. 270 VGH Mannheim, Urteil vom 2. März 1993, NVwZ 1994, S. 797 (798); Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 110; Battis, in Battis/Krautzberger/Lohr, BauGB, § 214, Rn. 12; Dürr, in Brügelmann, § 214, Rn. 35. Die Kommentarmeinungen verweisen hierbei ohne nähere Begründungen auf das Urteil des VGH.
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Abs. 2 Nr. 3 BauGB enthält eine Regelung für den unwirksamen Flächennutzungsplan, beschränkt sich hierbei aber auf Verfahrens- oder Formfehler. Hiernach soll es für die Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplans unbeachtlich sein, wenn das Entwicklungsgebot beachtet wurde, sich der Flächennutzungsplan aber nachträglich als unwirksam erwies. Dann muss aber a maiore ad minus eine Verletzung des Entwicklungsgebots beachtlich sein, die auf einen formell und / oder materiell fehlerhaften Flächennutzungsplan bezogen war. Teleologisch sollen nach § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB solche Bebauungspläne wirksam bleiben, die zwar einerseits nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt wurden, andererseits aber doch noch dem städtebaulichen Konzept einer Gemeinde insoweit entsprechen, als dass die geordnete städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigt wird. 2 7 1 Insoweit ließe sich diese Voraussetzung bejahen, wenn sich die Unwirksamkeit nur auf einen Teilbereich der vorbereitenden Bauleitplanung erstreckte. Man könnte sogar annehmen, dass sich die geordnete städtebauliche Entwicklung einem teilweise unwirksamen Flächennutzungsplan um so eher entnehmen lässt, je kleiner die von der Unwirksamkeit betroffene Fläche ist. Einer solch formalen Aussage ist jedoch nicht zuzustimmen. Sie berücksichtigt nämlich nicht, welche Bedeutung die Gemeinde der überplanten Bäche zukommen lassen wollte. Handelt es sich nur um eine unbedeutende Fläche, so wird zwar regelmäßig keine Beeinträchtigung der geordneten städtebaulichen Entwicklung vorliegen; anders mag dies jedoch sein, wenn der unwirksam überplanten Fläche erhebliche Bedeutung zukommen sollte. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim ist daher als zu pauschal abzulehnen. § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB setzt folglich einen wirksamen Flächennutzungsplan voraus. Dogmatisch vorzugswürdig erscheint eine Kombination von § 214 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauGB. Für die Wirksamkeit eines Bebauungsplans ist es dann unerheblich, wenn von dem wegen eines Verfahrensfehlers unwirksamen Flächennutzungsplan in einer die geordnete städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigenden Weise abgewichen wird. 2 7 2 Diese Lösung bietet auch in systematischer Hinsicht den Vorteil, dass die Voraussetzungen des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB nicht konterkariert werden. So erweist sich die planerhaltungsfreundliche Rechtsprechung i. E. doch als zutreffend.
dd) Verletzung von Vorschriften des Landesrechts Für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans ist es nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB unbeachtlich, wenn er aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 sich nach Bekanntmachung des Bebauungsplans heraus271 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 21. Mai 1979, Bundestags-Drucksache 8/2885, S. 45. 272 So auch Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 34 a. E.; vgl. auch Rn. 33.
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stellt. Es stellt sich die Frage, welche Art von Verfahrens- und Formvorschriften das Gesetz hiermit meint. Geht es darum, die planerhaltende Wirkung möglichst vielen Bebauungsplänen zukommen zu lassen, sollte diese Voraussetzung möglichst weit verstanden werden. Genau so hat es auch das Bundesverwaltungsgericht getan. Mit Verfahrens- und Formvorschriften seien nicht nur solche des Baugesetzbuchs, sondern auch solche des Landesrechts gemeint. 273 Eine Beschränkung lasse sich weder dem Wortlaut der Norm noch der Gesetzessystematik entnehmen. So enthalte § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB anders als § 214 Abs. 1 S. 1 BauGB keine Beschränkung auf Vorschriften eines bestimmten Rechtsbereichs. Ferner bedeute die Norm keinen Eingriff in die Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Aufstellung von Verfahrens- und Formvorschriften. Wirksamkeit erlange schließlich nicht der fehlerhafte Flächennutzungsplan; lediglich die vom Gesetzgeber des Baugesetzbuches selbst gestellten Anforderungen an das Zustandekommen eines Bebauungsplans würden erleichtert. Diese Entscheidung ist in der Literatur auf Zustimmung gestoßen.274 Sie ist zu begrüßen. Allein der Wortlaut lässt zwei verschiedene Deutungsmöglichkeiten zu, dass nämlich entweder nur Verfahrens- und Form Vorschriften des Baugesetzbuches oder aber des gesamten Bundes- und Landesrechts gemeint sind. Die Lösung ergibt sich aus dem systematischen Vergleich zu § 214 Abs. 1 S. 1 BauGB: Diese Vorschrift nimmt ausdrücklich Bezug auf das Baugesetzbuch, was im Umkehrschluss bedeutet, dass § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB entsprechende Einschränkungen nicht vorsehen will, da dies sonst im Wortlaut klargestellt worden wäre. Des weiteren spricht auch die Teleologie des Gesetzes für eine weite Auslegung der Norm. Sofern der Flächennutzungsplan lediglich aus formellen Gründen unwirksam ist, muss sich dies nicht zwingend auf die Beachtung des Entwicklungsgebotes auswirken, die planerische Konzeption für das gesamte Gemeindegebiet bleibt i. d. R. gewahrt. Insoweit ist es aber unerheblich, ob der Fehler auf Bundes- oder Landesrecht beruht.
ee) Reparatur fehlerhafter Flächennutzungspläne in „abgekürzten Verfahren" Mit dem ergänzenden Verfahren nach § 215 a Abs. 1 BauGB können ggf. Mängel behoben werden, die nicht schon nach den §§214 und 215 BauGB unbeachtlich sind. Gegenstand des Verfahrens sind dabei nach dem Wortlaut der Vorschrift lediglich Satzungen. Der Flächennutzungsplan als Rechtsakt sui generis kann damit nicht unmittelbar Gegenstand des Verfahrens nach § 215 a Abs. 1 BauGB sein. 275 Möglicherweise lässt sich die Vorschrift jedoch analog auf den Flächennut273 BVerwG, Urteil vom 3. Februar 1984, E 68, S. 369 (373 f.). 274 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214, Rn. 13; Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 214, Rn. 37; Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 117; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 34.
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zungsplan anwenden.276 Die überwiegende Meinung lehnt dies jedoch ab. Zum einen habe der Gesetzgeber ganz bewusst Flächennutzungspläne aus dem Anwendungsbereich des ergänzenden Verfahrens herausgenommen, da sie nicht Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein und deshalb nicht für nichtig erklärt werden könnten. 277 Zum anderen schließe § 215 a Abs. 1 BauGB nicht aus, dass Mängel eines Flächennutzungsplans außerhalb des ergänzenden Verfahrens behebbar seien. 278 Die Begründung des Gesetzgebers ist nicht nachvollziehbar. Zwar ist es richtig, dass die Nichtigkeit eines Flächennutzungsplans nicht prinzipal festgestellt werden kann. Unter diesem Aspekt ist allerdings nicht einsichtig, warum in den § 214 Abs. 1 und § 215 Abs. 1 BauGB der Flächennutzungsplan überhaupt mit aufgenommen wurde. 279 Trotz der fehlenden Überprüfbarkeit im Rahmen einer Normenkontrolle bestand wohl doch das Bedürfnis, die Fehleranfälligkeit des Flächennutzungsplans zu reduzieren. Ein solches dürfte auch tatsächlich im Hinblick auf das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB anzunehmen sein. Trotz der Unbeachtlichkeitsregelung des § 214 Abs. 2 BauGB besteht die Gefahr, dass die Fehlerhaftigkeit eines Flächennutzungsplans sich auf - quasi - aus ihm entwickelte Bebauungspläne niederschlägt und deren Nichtigkeit im Rahmen von Normenkontrollverfahren festgestellt wird. 2 8 0 Der zweite Einwand gegen die Erstreckung der Anwendbarkeit des § 215 a Abs. 1 BauGB auf fehlerhafte Flächennutzungspläne verneint in methodischer Hinsicht das Bestehen einer Regelungslücke. Wenn sich Mängel des Flächennutzungsplans auch außerhalb eines ergänzenden Verfahrens i. S. d. § 215 a Abs. 1 BauGB beheben ließen, würde es an einem Bedürfnis für eine analoge Anwendung fehlen. Dies bedarf aber genauerer Untersuchung.
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Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215 a, Rn. 1; Berliner Kommentar zum BauGB 1998, § 215 a, Rn. 7; Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 215 a, Rn. 2; Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 215 a, Rn. 3; Rüde, Planreparatur, 110; Otto, Fehlerbehebung, S. 124; Dolde, 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, S. 429 (439); Hoppe/Henke, DVB1. 1997, S. 1407(1411). 27 6 So Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 7. Aufl., § 215 a, Rn. 3. 277
So Dolde, 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, S. 429 (439, Fußnote 58), unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Dezember 1996, BundestagsDrucksache 13/6392, S. 74; ders., NVwZ 2001, S. 976, Fn. 12. 27 8 Vgl. Berliner Kommentar zum BauGB 1998, § 215 a, Rn. 7 f.; Jäde, in Jäde / Dirnberger/Weiß, BauGB, § 215 a, Rn. 11; vgl. Manssen, in Öffentliches Recht in Bayern, Teil 4, Rn. 294; Rüde, Planreparatur, S. 141 f.; Otto, Fehlerbehebung, S. 156 ff.; Dolde, 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, S. 429 (439, Fußnote 58); ders., NVwZ 2001, S. 976, Fn. 12. 279
Ebenso Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 215 a, Rn. 3. so Vgl. Otto, Fehlerbehebung, S. 156 f.; vgl. Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 215 a, Rn. 2. 2
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
(1) Formelle Mängel eines Flächennutzungsplans Ein erster Anhaltspunkt lässt sich § 215 a Abs. 2 BauGB entnehmen. Hiernach können bei der Verletzung der in § 214 Abs. 1 BauGB bezeichneten Vorschriften oder sonstigen Verfahrens- oder Formfehlern nach Landesrecht der Flächennutzungsplan oder die Satzung auch mit Rückwirkung erneut in Kraft gesetzt werden. § 215 a BauGB wäre widersprüchlich, wenn in Abs. 1 die einzige Grundlage zur Fehlerbehebung läge, die den Flächennutzungsplan gerade nicht erfasst. Die Vorschrift macht daher nur dann Sinn, wenn die in § 215 a Abs. 2 BauGB genannten Mängel des Flächennutzungsplans außerhalb des Verfahrens des Abs. 1 behoben werden können. § 215 a Abs. 2 BauGB setzt daher die Zulässigkeit der Reparaturmöglichkeit voraus. 281 Dies lässt sich auch aus § 215 Abs. 3 BauGB a. F. entnehmen, dessen sachlicher Regelungsgehalt in § 215 a Abs. 2 BauGB unverändert beibehalten wurde. 282 Die Vorschrift lautete folgendermaßen: 283 „Die Gemeinde kann einen Fehler, der sich aus der Verletzung der in § 214 Abs. 1 bezeichneten Vorschriften ergibt, oder einen sonstigen Verfahrens- oder Formfehler nach Landesrecht beheben; dabei kann die Gemeinde den Flächennutzungsplan oder die Satzung durch Wiederholung des nachfolgenden Verfahrens in Kraft setzen. Der Flächennutzungsplan und die Satzung können mit Rückwirkung erneut in Kraft gesetzt werden."
Erstens lässt sich der Vorschrift die Befugnis der Gemeinde zur Fehlerbehebung überhaupt entnehmen; zweitens, dass sich die Korrektur darauf beschränkt, das dem Fehler nachfolgende Verfahren zu wiederholen. Ein völlig neues Planaufstellungsverfahren ist also nicht erforderlich. Um diese beiden Elemente hat der Gesetzgeber des Baurechts- und Raumordnungsgesetzes 1998 den neuen § 215 a Abs. 2 BauGB gekürzt, 284 was nicht gerade zu mehr Verständlichkeit beigetragen hat. Im Ergebnis können folglich formelle Fehler eines Flächennutzungsplans im Rahmen eines „abgekürzten Verfahrens" behoben werden. Da § 215 a Abs. 1 BauGB selbst nicht anwendbar ist, sollte auf den Begriff des „ergänzenden Verfahrens" verzichtet werden. 285 Insoweit fehlt es an einem Bedürfnis für eine analoge Anwendung der Norm. 281 Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 215 a, Rn. 11; Otto, Fehlerbehebung, S. 157; Rüde, Planreparatur, S. 141; Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1170; vgl. Dolde, 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, S. 429 (439, Fußnote 58). 282 Rüde, Planreparatur, S. 141; Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 215 a, Rn. 14; Dolde/ Menke, NJW 1999, S. 1070 (1081). 283 Gesetz über das Baugesetzbuch vom 8. Dezember 1986, BGBl. I, S. 2191 (2228). Die Befugnis zur Behebung entsprechender Fehler ist außerdem bereits der Fassung des § 155 a Abs. 5 BBauG zu entnehmen, vgl. insoweit oben 3. Kapitel 1. Abschnitt A II. 284 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Dezember 1996, Bundestags-Drucksache 13/6392, S. 74. 285 So auch Otto, Fehlerbehebung, S. 158; vgl. Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 215 a, Rn. 11.
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(2) Materielle Mängel eines Flächennutzungsplans Des weiteren ist offen, wie mit materiellen Planfehlern zu verfahren ist. Diese können zwar grundsätzlich im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens nach § 215 a Abs. 1 BauGB behoben werden. 286 § 215 a Abs. 2 BauGB erwähnt solche Mängel hingegen nicht, so dass insoweit eine Regelungslücke für den Flächennutzungsplan bestehen könnte. Andererseits schließt die Vorschrift die Behebung materieller Fehler auch nicht aus: Der Gemeinde wird es vielmehr lediglich verwehrt, nach Behebung solcher Mängel den Plan mit Rückwirkung erneut in Kraft zu setzen. Insoweit bleibt es bei den allgemeinen Regelungen der §§ 6 Abs. 5 S. 2 bzw. 10 Abs. 3 S. 4 BauGB. Zu einem anderen Auslegungsergebnis könnte man möglicherweise bei Betrachtung des § 215 Abs. 3 BauGB a. F. gelangen. Die Vorschrift räumte der Gemeinde die Befugnis zur Behebung bestimmter formeller Fehler ein. Hieraus könnte der Umkehrschluss zu ziehen sein, dass die Behebung materieller Fehler eines Flächennutzungsplans in einem „abgekürzten Verfahren" heute ausgeschlossen sein soll. Eine solche Auslegung ist jedoch in Rechtsprechung und Literatur abgelehnt worden, 287 da die Vorschrift keine abschließende Regelung treffe. 288 Eine derartige Aussage lasse sich auch nicht den Gesetzesbegründungen entnehmen. Zwar würden materielle Fehler häufig schwerer auszuräumen sein als formelle, so dass in solchen Fällen nur der Erlass eines inhaltlich veränderten Plans in Betracht komme, was zu einer Wiederholung des gesamten Verfahrens zwinge. Solle die Satzung aber unverändert erlassen werden, so folge nicht schon aus der materiellrechtlichen Natur eines Fehlers, dass auch die vorangegangenen korrekten Verfahrensschritte wiederholt werden müssten.289 Demnach konnten bei Geltung des § 215 Abs. 3 BauGB a. F. auch materielle Fehler in einem „abgekürzten Verfahren" behoben werden. Es stellt sich die Frage, ob diese Auslegung seit Bestehen des ergänzenden Verfahrens in § 215 a Abs. 1 BauGB noch Gültigkeit hat. Nunmehr ist ausdrücklich geregelt, dass (materielle) Mängel städtebaulicher Satzungen nach diesem Verfahren behoben werden können. Möglicherweise ist jetzt der Umkehrschluss zu ziehen, dass ein inhaltlich fehlerhafter Flächennutzungsplan nicht in einem „abgekürzten Verfahren" repariert werden darf. Eine solche Interpretation der Norm dürfte jedoch abzulehnen sein. Auch § 215 a Abs. 1 BauGB ist keine abschließende Regelung zu entnehmen. Zum einen ist kein 286 Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1168; Otto, Fehlerbehebung, S. 136. 287 Lemmel, in Berliner Kommentar, § 215, Rn. 20; Käß, Planerhaltung, S. 237; a.A. Finkelnburg, Festschrift Schlichter, S. 301 (305 ff.). 288 BVerwG, Beschluss vom 6. August 1992, BRS 54, Nr. 77 (S. 227); Beschluss vom 7. November 1997, NVwZ 1998, S. 956 (957); Berliner Kommentar zum BauGB 1998, § 215 a, Rn. 8. 289 BVerwG, Beschluss vom 7. November 1997, NVwZ 1998, S. 956 (958).
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sachlicher Grund ersichtlich, warum formelle Mängel eines Flächennutzungsplans Reparaturgegenstand in einem „abgekürzten Verfahren" sein sollen, materielle Mängel hingegen nicht, zumal ein formeller Mangel einen inhaltlichen Mangel nach sich ziehen kann. Das Bedürfnis, auf möglichst einfache und wenig zeitintensive Art und Weise zu einem wirksamen Flächennutzungsplan zu gelangen, ist in beiden Fällen gleich groß. Das gesetzgeberische Ziel, eine vernünftige Planung zu retten, gebietet daher, dass auch materielle Mängel eines Flächennutzungsplans ohne ein vollständiges neues Aufstellungsverfahren beseitigt werden können. 290 Ein Blick auf die Gesetzesmaterialien bestätigt diese Auslegung: Die Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches wollte das ergänzende Verfahren zunächst auf Bauleitpläne - Flächennutzungsplan und Bebauungsplan - beschränken und später ggf. auf alle städtebaulichen Satzungen erstrecken. 291 Im Verhältnis zu § 215 a Abs. 2 BauGB wäre diese Regelung systematisch stimmig gewesen. Die Bundesregierung lehnte die Einbeziehung des Flächennutzungsplans jedoch allein deshalb ab, weil er nach § 47 VwGO nicht für nichtig erklärt werden kann. 292 Diese Begründung schließt die Reparatur materiell fehlerhafter Flächennutzungspläne aber nicht aus. Im Ergebnis können auch materielle Mängel eines Flächennutzungsplans im Rahmen eines „abgekürzten Verfahrens" behoben werden. 293 Ausgeschlossen ist aber eine rückwirkende erneute Inkraftsetzung des Plans, da § 215 a Abs. 2 BauGB insoweit eine abschließende Regelung enthält. 294 Somit fehlt es an einem Bedürfnis für eine analoge Anwendung des § 215 a Abs. 1 BauGB. (3) Unterschiede in der Rechtsfolge Ein letzter Anknüpfungspunkt für das Vorliegen einer Regelungslücke könnte in der Rechtsfolge des § 215 a Abs. 1 BauGB gesehen werden. Sofern ein ergänzendes Verfahren in Betracht kommt, führt dies nicht zur Nichtigkeit der Satzung, sondern schließt aus, dass von der Satzung Rechtswirkungen ausgehen. Nach § 47 Abs. 5 S. 4 VwGO wird eine entsprechende Satzung bis zur Behebung der Mängel für nicht wirksam erklärt. Ein fehlerhafter Flächennutzungsplan ist (hingegen) 290 So auch Otto, Fehlerbehebung, S. 158. 291 Novellierung des Baugesetzbuches, Bericht der Kommission vom 28. Oktober 1995, Rn. 118. 292 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Dezember 1996, Bundestags-Drucksache 13/6392, S. 74. 293 Berliner Kommentar zum BauGB 1998, § 215 a, Rn. 8; Rüde, Planreparatur, S. 141 f.; Otto, Fehlerbehebung, S. 157 f.; vgl. Jade, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 215 a, Rn. 11; vgl. Dolde, 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, S. 429 (439, Fußnote 58); a.A. Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1170. 294 Berliner Kommentar zum BauGB 1998, § 215 a, Rn. 13; BVerwG, Urteil vom 18. April 1996, E 101, S. 58 (61); Beschluss vom 7. November 1997, NVwZ 1998, S. 956 (957).
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nichtig, sofern die §§ 214 ff. BauGB nicht eingreifen. 295 Teilweise wird in der Literatur auch die Bezeichnung „unwirksam" verwendet, 296 was bereits darauf hindeutet, dass mit § 215 a Abs. 1 BauGB keine Rechtsfolge geschaffen wird, die von den allgemeinen Grundsätzen abweicht. Zwar wird angenommen, dass sich Nichtigkeit und (schwebende) Unwirksamkeit unterscheiden. Wahrend ein nichtiger Rechtsakt als rechtlich inexistent gelte, werde ein (schwebend) unwirksamer Plan als bestehend und nicht anwendbar angesehen, könne aber geheilt werden. 297 Diese Ansicht ist im Hinblick auf die eben dargestellten, umfassenden Reparaturmöglichkeiten von Bauleitplänen auch außerhalb des § 215 a BauGB jedoch abzulehnen. Auch bei einem nichtigen Plan muss nicht stets das ganze Aufstellungsverfahren durchgeführt werden. Des weiteren werden Nichtigkeit und Unwirksamkeit dahingehend voneinander abgegrenzt, dass erstere nur dann anzunehmen sei, wenn das Normenkontrollgericht in jedem Falle eine Mängelbehebung für ausgeschlossen halte, im Übrigen die Rechtsfolge der Unwirksamkeit eingreife. 2 9 8 Auch dies ist abzulehnen, berücksichtigt die Ansicht doch nicht, dass auch Flächennutzungspläne trotz der Fehlerfolge der Nichtigkeit im Rahmen abgekürzter Verfahren repariert werden können, hier aber gerade eine Unterscheidung zwischen Nichtigkeit und Unwirksamkeit nicht erfolgt. Ferner ist fraglich - folgt man der h. M. - , wie sich die Abgrenzung mit dem deklaratorischen Charakter des Normenkontrollverfahrens vertragen soll, da das Normenkontrollgericht ja lediglich die Fehlerfolge der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit feststellt, aber keine konstitutive Entscheidung trifft. An diesem Charakter haben die §§ 215 a BauGB, 47 Abs. 5 S. 4 VwGO nichts geändert, entfaltet doch auch eine unwirksame Satzung bis zur Mängelbehebung gemäß § 215 a Abs. 1 S. 2 BauGB keine Rechtswirkungen. Für die Planreparatur macht es also keinen Unterschied, ob ein Bauleitplan für nichtig oder lediglich für nicht wirksam erklärt wird. 2 9 9 Insoweit besteht auch hin295 So auch Rüde, Planreparatur, S. 141; Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 215 a, Rn. 11; Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 15 i. V. m. Fußnote 1. 296 Vgl. Otto, Fehlerbehebung, S. 156; Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 8, Rn. 6, 11; Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 8, Rn. 132; Runkel, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 8, Rn. 7. 297 Rüde, Planreparatur, S. 39 f. 298 Otto, Fehlerbehebung, S. 142 f. 299 Otto, Fehlerbehebung, S. 141 f.; OVG Lüneburg, Urteil vom 22. April 1998, NvwZ-RR 1998, S. 548 (549): „Der Senat hat erwogen, ob er von § 215 a n. F. BauGB Gebrauch machen soll. Er hat davon abgesehen, weil ein erheblicher Unterschied im Verfahren der Gemeinde zur Fehlerbehebung nach der Nichtigerklärung des Bebauungsplans und nach einer Erklärung „für nicht wirksam" i. S. d. § 47 Abs. 5 S. 4 VwGO nicht auszumachen ist. Auch wenn der Bebauungsplan im Normenkontrollverfahren für nichtig erklärt worden ist, kann ihn die Ag. nach Behebung des Fehlers durch Wiederholung des nachfolgenden Verfahrens erneut in Kraft setzen [ . . . ] . " Die Entscheidung wurde zwar vom Bundesverwaltungsgericht mit der Begründung aufgehoben, dass dem Normenkontrollgericht ein „Tenorierungsermessen" nicht zustehe, BVerwG, Urteil vom 25. November 1999, ZfBR 2000, S. 197 (199). Die Aussage des Normenkontrollgerichts selbst wird jedoch nicht kritisiert.
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sichtlich der scheinbar unterschiedlichen Rechtsfolgen des § 215 a BauGB bzw. allgemeiner Grundsätze kein Bedürfnis für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf Flächennutzungspläne. Es fehlt an einer Regelungslücke. (4) Methodische Rechtfertigung für das „abgekürzte Verfahren" Lassen sich Mängel eines Flächennutzungsplans außerhalb der gesetzlichen Regelungen in einem „abgekürzten Verfahren" beheben, ist noch zu klären, wie sich diese Vorgehensweise methodisch begründen lässt. Nach allgemeiner Auffassung soll sich bereits aus allgemeinen bzw. selbstverständlichen Rechtsgrundsätzen das Recht der Gemeinde ergeben, die Planung durch Beseitigung der fehlerhaften Handlung und fehlerfreien Wiederholung des nachfolgenden Verfahrens zu heilen. 3 0 0 Einer gesetzlichen Regelung bedürfe es daher nicht. Dieser Auffassung ist im Ergebnis zuzustimmen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum eine Gemeinde stets verpflichtet sein soll, ein langwieriges und kompliziertes Aufstellungsverfahren vorzunehmen, wenn sie doch an die alte Planung anknüpfen kann. Das setzt aber voraus, dass das vorangegangene Verfahren nicht bereits selbst durch den Fehler „infiziert" ist. 3 0 1 Jedenfalls für formelle Mängel des Flächennutzungsplans lässt sich die Zulässigkeit der Vorgehensweise aber genauer als mit allgemeinen rechtsstaatlichen Erwägungen begründen. Oben wurde bereits dargestellt, dass sich § 215 a Abs. 2 BauGB eine entsprechende Befugnis entnehmen lässt, da eine erneute Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans nur dann Sinn macht, wenn zuvor eine Fehlerbehebung stattgefunden hat. Dass hierbei kein komplett neues Aufstellungsverfahren durchzuführen ist, wurde durch die systematische und historische Auslegung belegt. Zu diesem Ergebnis gelangt man deshalb mit Hilfe einer weiten Auslegung des § 215 a Abs. 2 BauGB. 302 Hinsichtlich der „abgekürzten" Behebung materieller Mängel eines Flächennutzungsplans erscheint ein Rückgriff auf § 215 a Abs. 2 BauGB schwieriger, da solche hier nicht genannt werden. Andererseits lässt sich aus der Vorschrift auch nicht der Umkehrschluss ziehen, dass materielle Mängel nicht erfasst werden. Die Teleologie der §§ 214 ff. BauGB, die Fehleranfälligkeit der Pläne des Baugesetzbuches zu reduzieren, gebietet, dass sämtliche Mängel eines Flächennutzungsplans in einem erleichterten Verfahren behoben werden können. Insoweit ist hier methodisch eine teleologische Erweiterung des § 215 a Abs. 2 BauGB vorzunehmen. 300 BVerwG, Beschluss vom 6. August 1992, BRS 54, Nr. 77 (S. 227); Beschluss vom 7. November 1997, NVwZ 1998, S. 956 (958); Otto, Fehlerbehebung, S. 157; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 215, Rn. 20; Söfker, ZfBR 1981, S. 60 (62); von Mutius/Hill, Behandlung fehlerhafter Pläne, S. 45; vgl. Dolde, NJW 1980, S. 1657 (1660); vgl. Schmaltz, DVB1. 1981, S. 328 (333); Keßler, Die Abwertung der Verfahrensvorschriften im Bauplanungsrecht durch §§ 155a-c BBauG, S. 234. 301 BVerwG, Beschluss vom 7. November 1997, NVwZ 1998, S. 956 (958). 302 Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 215 a, Rn. 14.
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Im Ergebnis ergibt sich die Zulässigkeit einer erleichterten Behebung von Mängeln eines Flächennutzungsplans bereits aus dem Gesetz, so dass es einer analogen Anwendung des § 215 a Abs. 1 BauGB nicht bedarf. (5) Fazit Als Fazit bleibt zweierlei festzuhalten. Zum einen haben die Planerhaltungsvorschriften einen weiteren Anwendungsbereich als dies auf den ersten Blick erscheinen mag. Wenn § 215 a Abs. 1 BauGB auch nicht unmittelbar für den Flächennutzungsplan gilt, kann er doch in einem Verfahren repariert werden, das demjenigen eines ergänzenden Verfahrens entspricht. Zum anderen kommt der Regelung des § 215 a Abs. 1 BauGB nur deklaratorischer Charakter zu. 3 0 3 Sie ist m. a. W. überflüssig. 304 Der Gesetzgeber des Baurechts- und Raumordnungsgesetzes 1998 hat lediglich das normiert, was die Rechtsprechung bereits für alle Pläne des Baugesetzbuches - Bauleitpläne und städtebauliche Satzungen - ohnehin praktiziert hatte.
b) Fehlervermeidende Auslegung der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für Bauleitpläne aa) Erfordernis einer erneuten Beschlussfassung über einen Bauleitplan nach der Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange Ein Bauleitplan muss von dem nach Landesrecht zuständigen Gemeindeorgan beschlossen werden. Der Bebauungsplan ergeht nach § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung; für den Flächennutzungsplan fehlt eine Parallel Vorschrift, das Erfordernis eines (einfachen) Beschlusses kann aber §§ 6 Abs. 6 S. 1,7 S. 2 oder 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB entnommen werden. Das Gesetz schreibt nicht vor, zu welchem Zeitpunkt die entsprechenden Beschlüsse gefasst werden müssen. Regelmäßig kann dies aber erst nach Abschluss der Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange erfolgen. Erst dann soll die Gemeinde nach der Konzeption des Baugesetzbuches Kenntnis von allen abwägungserheblichen Belangen haben, um eine gerechte Abwägungsentscheidung treffen zu können. Allerdings muss der Satzungsbeschluss nicht stets nach diesen Verfahrensschritten erfolgen. Das zeigt eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. 305 Im 303 Lemmel, in Berliner Kommentar, § 215, Rn. 20; vgl. Otto, Fehlerbehebung, S. 157; Lüers, DVB1. 1998, S. 433 (443); ders., WiVerw 1999, S. 1 (19); Schmidt, NVwZ 2000, S. 977 (982 f.); vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001, UPR 2002, S. 30 (31); a.A. Dolde, NVwZ 2001, S. 976. 3 04 Käß, Planerhaltung, S. 248. 505 BVerwG, Urteil vom 3. Februar 1984, E 68, S. 369 (372 f.).
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zugrunde liegenden Fall wollte eine Gemeinde den bestehenden Flächennutzungsplan ändern und hat den Planentwurf mit dem Beschluss zu seiner Auslegung sogleich als Plan beschlossen, wobei sie sich einen erneuten Planbeschluss vorbehalten hatte. Im Rahmen des sich anschließenden Beteiligungsverfahrens haben dann weder die Träger öffentlicher Belange dem Plan widersprochen, noch sind Anregungen seitens der Bürger eingebracht worden. Die Gemeinde legte den Plan daher ohne weiteren Beschluss der Genehmigungsbehörde vor. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ist in einem solchen Fall kein erneuter Beschluss über den Flächennutzungsplan erforderlich. Wenn die Gemeinde ein solches Verfahren wähle, könne nicht angenommen werden, dass sie mit dem Beschluss keine endgültige Planungsentscheidung habe treffen wollen. Eine Aussage über die Gestaltung des Bauleitplanverfahrens lasse sich auch nicht aus § 10 BBauG oder § 155 b Abs. 2 S. 1 BBauG (= § 10 Abs. 1 BauGB bzw. § 214 Abs. 3 S. 1 BauGB) entnehmen. Allenfalls könne in der letzteren Norm eine Empfehlung zu sehen sein, wonach die letzte Beschlussfassung über den Plan und die seine Wirksamkeit herbeiführende Bekanntmachung zeitlich nicht allzu weit auseinander liegen sollten. Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist zuzustimmen. Ausdrücklich ist festzuhalten, dass nicht auf einen Beschluss überhaupt, sondern lediglich auf einen erneuten Beschluss nach Abschluss der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Bürger verzichtet werden kann. Voraussetzung dabei ist, dass die Gemeinde den getroffenen Beschluss bereits als abschließend betrachtet, sofern sich in den Beteiligungsverfahren keine neuen Erkenntnisse ergeben sollten. Tatsächlich lässt sich dem Gesetz keine Verpflichtung entnehmen, dass der Beschluss über einen Bauleitplan stets erst nach Abschluss des Verfahrens nach den §§ 3 ff. BauGB zu erfolgen hat. Dem entspricht auch die Teleologie dieser Vorschriften. Wenn durch die Beteiligung einerseits den Bürgern und den Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zu Anregungen und Stellungnahmen gegeben wird, die Gemeinde andererseits neue abwägungsrelevante Informationen erhalten soll, solche Äußerungen aber nicht vorgebracht werden, bedarf es keiner weiteren Entscheidung der Gemeinde über den Bauleitplan. Eine erneute Abwägung ist schließlich nicht erforderlich, da sie über keinerlei neuen Erkenntnisse verfügt. Der grundsätzlich letzte maßgebliche Zeitpunkt ergibt sich hierbei aus § 214 Abs. 3 S. 1 BauGB. Ausnahmsweise ist allerdings auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung abzustellen, wenn sich zwischen Beschlussfassung und Bekanntmachung des Plans wesentliche tatsächliche oder rechtliche Änderungen ergeben haben. 306 Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Ausnahmefall vorliegt, ist um so größer, je eher der abschließende Planungsbeschluss erfolgt ist. Ergeht er vor dem Beteiligungsverfahren, ist die Gefahr sogar sehr groß. Selbst wenn keine Anregungen vorgebracht werden, kann die Gemeinde aber aufgrund eigener Erkenntnisse zum Erfordernis einer erneuten Abwägungsentscheidung gelangen. 306 Bracher, in Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1142 m. w. N.; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 21. Mai 1979, Bundestags-Drucksache 8/2885, S. 46.
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Im Ergebnis muss ein abschließender Beschluss über einen Bauleitplan nicht erst nach Beendigung der Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange erfolgen. Regelmäßig wird dies allerdings erforderlich sein, um Abwägungsfehler zu vermeiden. Dennoch zeigt sich auch hier die Tendenz der Rechtsprechung zur fehlervermeidenden Auslegung von Bauleitplänen. Eines erneuten Planbeschlusses bedarf es im Übrigen auch dann nicht, wenn die unterbliebene Ausfertigung eines Bebauungsplans nachgeholt wird, um ihn nunmehr - jedenfalls solange keine Rückwirkung i. S. d. § 215 a Abs. 2 BauGB damit verbunden ist - in Kraft zu setzen.307 Gleiches gilt, wenn die Genehmigung eines Bauleitplans mit der Maßgabe erfolgt, bestimmte redaktionelle Mängel zu besei-
bb) Beschränkung der maßgeblichen Abwägungsbelange nach § 1 Abs. 6 BauGB Zentrales Erfordernis einer ordnungsgemäßen Bauleitplanung ist eine gerechte Abwägungsentscheidung. Nach § 1 Abs. 6 BauGB sind bei der Aufstellung von Flächennutzungsplan und Bebauungsplan die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Werden in die Entscheidung nicht alle Belange eingestellt, die nach Lage der Dinge in sie hätten eingestellt werden müssen, bedeutet dies einen Mangel in Form eines Abwägungsdefizits. 309 Sofern er nicht nach §§ 214 Abs. 3 S. 2, 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich ist, kann er zur Nichtigkeit des Bauleitplans führen. Damit kommt es für die Wirksamkeit des Plans entscheidend darauf an, welche Belange in die Abwägung eingestellt werden müssen. Die Wahrscheinlichkeit eines (beachtlichen) Abwägungsfehlers ist um so größer, je mehr Belange die Gemeinde bei ihrer Entscheidung berücksichtigen muss. Der Rechtsprechung dürfte es gelungen sein, einen angemessenen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen, einerseits möglichst viele Belange in die Abwägung einzustellen und andererseits die Gemeinden nicht mit überhöhten Planungsanforderungen zu belasten, herzustellen: Das notwendige Abwägungsmaterial müsse tendenziell zwar eher weit als eng abgegrenzt werden. 310 Hinsichtlich der privaten Interessen beschränke es sich nicht auf subjektive öffentliche Rechte oder auf das, was nach Art. 14 oder Art. 2 Abs. 2 GG gegen (entschädigungslose) Eingriffe geschützt sei; auch obligatorische Rechte, Erwerbschancen oder etwa das Interesse an der Aufrechterhaltung einer bestimmten Verkehrslage seien nicht von vornherein als für die Abwägung unerhebliches Material aus307 BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 1989, NVwZ 1990, S. 258 f.; Ziegler, NVwZ 1990, S. 533 (534); Dolde/Menke, NJW 1999, S. 1070 (1081). 308 BVerwG, Beschluss vom 14. August 1989, NVwZ-RR 1990, S. 122. 309 Siehe etwa Koch/Hendler, Baurecht, § 17, Rn. 2. 310 BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979, E 59, S. 87 (102).
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zuschließen.311 Andererseits könne der Planer nicht alles berücksichtigen müssen. Das notwendige Abwägungsmaterial bedürfe einer Einschränkung, damit die Einhaltung des Abwägungsgebotes erfüllbar bleibe. Zunächst brauche die Gemeinde in die Abwägung keine Belange einzustellen, die ihr nicht erkennbar waren. Hierbei spielten die Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange eine große Rolle, mit der der planenden Stelle Interessenbetroffenheiten sichtbar gemacht werden sollten. Wenn es ein Betroffener aber unterlassen habe, seine Betroffenheit vorzutragen, sei sie abwägungserheblich nur dann, wenn sich der planenden Stelle die Tatsache dieser Betroffenheit aufdrängen musste. 312 Für die Träger öffentlicher Belange gilt ähnliches für verspätete Stellungnahmen nach § 4 Abs. 3 S. 2 BauGB: Sie sind in der Abwägung nur zu berücksichtigen, wenn sie der Gemeinde bekannt waren oder ihr hätten bekannt sein müssen oder sie für die Rechtmäßigkeit der Abwägung von Bedeutung sind. 313 Die Verfahren nach §§3 und 4 BauGB begründeten deshalb Mitwirkungslasten für die betroffenen Bürger und Träger öffentlicher Belange. 314 Die planende Gemeinde sei nicht zu einer uferlosen Überprüfung „ins Blaue hinein" verpflichtet. 315 Die Erkennbarkeit des Belangs ist aber nur die erste Einschränkung. Des weiteren müssten in die Abwägung keine privaten Belange eingestellt werden, bei 311 BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979, E 59, S. 87 (101 f.). 312 BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979, E 59, S. 87 (104). 313 Gerade aufgrund der letzten Variante des § 4 Abs. 3 S. 2 BauGB kommt der Präklusionsvorschrift keine so entscheidende Bedeutung zu, die Überlegungen zu einer analogen Anwendung auch im Verfahren der Bürgerbeteiligung rechtfertigen würden. Die Voraussetzung, dass ein verspätet vorgebrachter Belang für die Rechtmäßigkeit der Abwägung von Bedeutung ist, ist nach herrschender Meinung bereits gegeben, wenn seine Nichtberücksichtigung zu einem Mangel im Abwägungsvorgang oder Abwägungsergebnis führen würde, Berliner Kommentar zum BauGB 1998, § 4, Rn. 8; vgl. Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 6 II 4 d.; vgl. Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 564; zur Parallelregelung des § 73 Abs. 3 a VwVfG siehe Bonk/Neumann, in Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 73, Rn. 101 ff.; a.A. Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 4, Rn. 30, der die Voraussetzung nur dann bejahen will, wenn der Belang von substantieller Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der Planung ist. Da der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 3 S. 2 BauGB dementsprechend nur sehr klein ist - nahezu ein „Nichts", Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 6 II 4 d - erübrigen sich komplizierte Überlegungen zum Vorliegen einer Regelungslücke im Verfahren der Bürgerbeteiligung. Diese dürfte im übrigen zu verneinen sein, da der Gesetzgeber auf eine echte Präklusionsregelung im Bürgerbeteiligungsverfahren verzichtet hat, obwohl eine Arbeitsgruppe zur Novellierung des Baugesetzbuches eine entsprechende Vorschrift vorgeschlagen hatte, siehe Materialien zum Baugesetzbuch, Heft Nr. 03.108, S. 45; vgl. W. Schrödter, in Schrödter, BauGB, § 3, Rn. 40. Im Zuge der Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie hat eine Unabhängige Expertenkommission allerdings eine einheitliche Präklusionsregelung für die Belange der Bürger und der Träger öffentlicher Belange empfohlen, vgl. 4. Kapitel A I . 314 Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1996, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 122. 315 Vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1991, Z 113, S. 367 (371).
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denen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit absehbar sei, dass mit ihrer Beeinträchtigung zu rechnen sei. 316 Gleiches gelte, wenn Belange nur geringfügig von einer Planung betroffen würden. 317 Große Bedeutung misst das Bundesverwaltungsgericht schließlich dem Merkmal der Schutzwürdigkeit von Belangen zu. Nicht schutzwürdig und damit für die Abwägung unbeachtlich seien zunächst mit einem Makel behaftete Interessen. 318 Hierzu gehörten alle Positionen, denen der Schutz durch die Rechtsordnung versagt bleibe; so müsse eine Grundstücksnutzung, die nicht genehmigt sei und auch nicht genehmigt werden könne, da sie dem materiellen Baurecht widerspreche, grundsätzlich nicht in die planerischen Erwägungen einbezogen werden, auch wenn offensichtlich sei, dass sich das Plan vorhaben nachteilig auf sie auswirke. 319 Darüber hinaus verneint das Gericht die Schutzwürdigkeit auch dann, wenn die Beteiligten sich vernünftigerweise auf eine entsprechende Planung einstellen mussten und deshalb kein Vertrauen auf den Bestand oder Fortbestand einer bestimmten wirtschaftlichen Lage haben durften. 320 Einflüsse von dieser Art gingen von so gut wie jeder planerischen Festsetzung aus, könnten also nicht vermieden werden. Objektiv geringwertige Belange ohne städtebauliche Relevanz, wie etwa der Wettbewerbs- oder Konkurrenzschutz seien daher grundsätzlich nicht als privater Belang in der Abwägung zu berücksichtigen. 321 Die Rechtsprechung ist zu begrüßen. Eine gerechte Abwägungsentscheidung kommt zwar nur in Betracht, wenn möglichst alle privaten und öffentlichen Interessen berücksichtigt worden sind. Der Gemeinde dürfen aber keine unzumutbaren Anforderungen auferlegt werden. Die Begrenzung der zu berücksichtigenden Belange hält sich auch im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen. Was die Gemeinde nicht weiß - sei es aufgrund eigener Erkenntnis oder aufgrund der Beteiligung nach §§3 und 4 BauGB - und auch nicht wissen muss, braucht in der Abwägung nicht berücksichtigt zu werden. Versäumen es insbesondere die Bürger, die Gemeinde auf bestimmte Belange aufmerksam zu machen, kann dies nicht zu einem Mangel der Abwägung führen. Hier zeigt sich allerdings nochmals die Bedeutung eines ordnungsgemäßen Beteiligungsverfahrens, dessen Mängel grundsätzlich beachtlich sein müssen. Ferner leuchtet ein, dass unwahrscheinliche, geringfügige und objektiv geringwertige Belange in der Abwägung nicht zu berücksichtigen sind. Gleiches gilt für von der Rechtsordnung missbilligte Interessen. Die Nichtberücksichtigung eines rechtswidrigen Belangs darf nicht zu einem Abwä316 BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979, E 59, S. 87 (104); vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 15. März 1990, UPR 1990, S. 455 (456). 317 BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979, E 59, S. 87 (103). 318 BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979, E 59, S. 87 (102 f.). 319 BVerwG, Beschluss vom 20. Oktober 1993, UPR 1994, S. 72. 320 BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979, E 59, S. 87 (103). 321 Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 1990, NVwZ 1990, S. 555; Beschluss vom 26. Februar 1997, NVwZ 1997, S. 683. 11 Stemwede
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gungsmangel führen. Im Ergebnis tragen die Beschränkungen der Abwägungserheblichkeit den Nimbus der Selbstverständlichkeit in sich. Dennoch soll ihre planerhaltende Wirkung nicht verkannt werden. Die Beschränkung der in die Abwägung einzustellenden Belange reduziert nicht nur die Gefahr der Fehleranfälligkeit, sie ermöglicht es der Gemeinde außerdem, Planverfahren schneller zum Abschluss bringen zu können. cc) Genauigkeit der Bezeichnung eines Bauleitplans bei der Bekanntmachung des Planbeschlusses bzw. der Plangenehmigung Nach § 10 Abs. 3 S. 1 BauGB ist der Beschluss eines Bebauungsplans oder, soweit eine Genehmigung erforderlich ist, diese durch die Gemeinde ortsüblich bekanntzumachen. Die Bekanntmachung ist gemäß § 10 Abs. 3 S. 4 BauGB Wirksamkeitsvoraussetzung. Bei vorliegender, jedoch nicht ordnungsgemäßer Bekanntmachung kann der Bebauungsplan zwar grundsätzlich in Kraft treten. Nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB kann aber ein Fehler der Bekanntmachung zur Nichtigkeit führen, wenn der mit der Bekanntmachung verbundene Hinweiszweck nicht erreicht worden ist. Dieser besteht darin, den Bürgern mitzuteilen, welcher Plan konkret in Kraft gesetzt werden soll und wo er der Regelung des § 10 Abs. 3 S. 3 BauGB entsprechend eingesehen werden kann. 322 Die richtige Bezeichnung des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans ist damit Voraussetzung für seine Wirksamkeit. Je strenger die Anforderungen insoweit gestellt werden, desto eher besteht die Gefahr der Unwirksamkeit des Plans. Fraglich ist daher, wie konkret ein Bebauungsplan in der Bekanntmachung bezeichnet werden muss, um den Anforderungen des Hinweiszwecks gerecht zu werden. Möglicherweise haben hierbei die selben Erwägungen zu gelten wie bei der Bekanntmachung der Auslegung eines Planentwurfs im Rahmen der förmlichen Bürgerbeteiligung. In beiden Fällen stellt das Gesetz nämlich wortgleich auf eine „ortsübliche Bekanntmachung" ab. Eine Offenlegungsbekanntmachung i. S. d. § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB unterliegt strengen Anforderungen. Der Planbereich ist in einer Weise zu bezeichnen, die es Außenstehenden möglich macht, zu erkennen, für welchen räumlichen Bereich der Bauleitplan aufgestellt werden soll. 3 2 3 Sie habe in einer Weise zu erfolgen, welche geeignet sei, dem an der beabsichtigten Bauleitplanung interessierten Bürger sein Interesse an Information und Beteiligung durch Anregungen und Bedenken bewusst zu machen und dadurch eine gemeindliche Öffentlichkeit herzustellen. Ein Plangebiet sei nur dann hinreichend bestimmt, wenn der gewählte Inhalt der Bekanntmachung diese spezifische „Anstoßfunktion" auslösen könne. 324 Die Angabe 322 Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1127 m. w. N.; vgl. Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 88. 323 Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 3, Rn. 43.
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sämtlicher Flurnummern des überplanten Gebiets oder die Nummer eines Plans (etwa „Bebauungsplan Nr. 3") werde diesen Anforderungen nicht gerecht. 325 Ob eine Offenlegungsbekanntmachung ausreichend sei, hänge positiv vielmehr davon ab, ob das Plangebiet bereits eine allgemein geläufige geographische Bezeichnung habe oder nicht. Sei das der Fall und bestehe eine hinreichende Identität zwischen dem von der Bezeichnung und dem von der Planung erfassten Gebiet, genüge es, wenn bei der Bekanntmachung ohne nähere Umschreibung des Plangebiets auf diesen Namen abgestellt werde. 326 Habe das Plangebiet noch keinen Namen, müsse die Gemeinde die doppelte Aufgabe erfüllen, das Plangebiet zu umschreiben und ihm erstmals einen Namen zu geben. Hierbei sei an geläufige geographische Bezeichnungen anzuknüpfen, zu denen regelmäßig markante Einrichtungen wie Straßen, Wasserläufe, Schienenwege, gebietsbeherrschende Bauwerke, vorhandene Anlagen oder Flurnummern gehörten. Der Bürger müsse aufgrund der Bezeichnung entscheiden können, ob die städtebauliche Planungsabsicht sein näheres Interesse finde oder nicht. 327 Würde man diese Anforderungen auf die Beschlussbekanntmachungen i. S. d. § 10 Abs. 3 S. 1 BauGB übertragen, hätte dies die mögliche Unwirksamkeit des Plans zur Folge, dessen räumliche Bezeichnung eine entsprechende Anstoßfunktion nicht erfüllt. Tatsächlich hat das Bundesverwaltungsgericht ursprünglich angenommen, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Bezeichnung des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans bei Offenlegungs- und Beschlussbekanntmachung identisch sind. 328 Zwar stellte es bereits heraus, dass beide Bekanntmachungen einen unterschiedlichen Zweck verfolgen: Während die Offenlegungsbekanntmachung dazu diene, die Bürger zur Abgabe von Bedenken und Anregungen aufzufordern und die Gemeinde so mit Abwägungsmaterial zu versorgen, sei das Ziel der Beschlussbekanntmachung die Ersatzverkündung einer Rechtsnorm, mit der der Abschluss eines Rechtssetzungsverfahrens dokumentiert werde. 329 324 BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1984, E 69, S. 344 (345 f.); vgl. Urteil vom 26. Mai 1978, E 55, S. 369 (376 f.); ähnlich BGH, Urteil vom 5. März 1981, NJW 1981, S. 2060 (2061); Urteil vom 7. Januar 1982, NVwZ 1982, S. 331. 325 BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1984, E 69, S. 344 (346 f.); Urteil vom 26. Mai 1978, E 55, S. 369 (377); VGH Mannheim, Urteil vom 14. Dezember 2001, UPR 2002, S. 199 (Leitsatz); Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 3, Rn. 43. Das gilt sogar dann, wenn es der erste oder einzige Bebauungsplan einer kleinen Gemeinde ist, BVerwG, Beschluss vom 10. August 2000, NVwZ 2001, S. 203 (204). Anders Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 12 (a. F.), Rn. 7, der eine Nummernbezeichnung ausnahmsweise zulassen will, wenn sie sich für einen bestimmten Bereich eingebürgert hat und allgemein bekannt ist, was sich hinter der Bezeichnung verbirgt. 326 BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1984, E 69, S. 344 (346 f.); Jäde, in Jäde/Dirnberger/ Weiß, BauGB, § 3, Rn. 19. 327 BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1984, E 69, S. 344 (348). 328 BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978, E 55, S. 369 (375 f.). 329 BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978, E 55, S. 369 (375); auch Urteil vom 6. Juli 1984, NJW 1985, S. 1569; Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 902; Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 10, Rn. 44. Ii*
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Diese Unterschiede ließen aber die Gemeinsamkeit unberührt, die sich bereits aus dem Wort „Bekanntmachung" ergebe: Bekanntmachungen hätten ihren Adressaten bewusst zu machen, dass sie Betroffene dessen seien, was bekannt gemacht werde. 3 3 0 Folglich könnte ein Bebauungsplan deshalb unwirksam sein, weil von der Beschlussbekanntmachung keine Anstoßwirkung ausgegangen ist. Von dieser Rechtsprechung ist das Bundesverwaltungsgericht mittlerweile ausdrücklich abgerückt. 331 Der bereits herausgestellte unterschiedliche Zweck von Offenlegungs- und Abschlussbekanntmachung gebiete es, dass an beide unterschiedlich intensive Anforderungen zu stellen seien. Da bei der Beschlussbekanntmachung die Abwägung i. S. d. § 1 Abs. 6 BauGB bereits abgeschlossen sei, brauche von ihr keine Anstoßwirkung (mehr) auszugehen. Vielmehr ziele sie darauf ab, eine verlässliche Kenntnisnahme vom geltenden Recht zu ermöglichen. Sie müsse einen Hinweis auf den räumlichen Geltungsbereich des Plans geben, mit dem der ausliegende Plan identifiziert werden könne. Insoweit genüge es, wenn dem Normadressaten das Inkrafttreten des neuen Bebauungsrechtes in einem näheren Bereich des Gemeindegebietes bewusst gemacht und derjenige, der sich über den genauen räumlichen und gegenständlichen Regelungsinhalt des Bebauungsplans unterrichten wolle, ohne weitere Schwierigkeiten zu dem richtigen Plan geführt werde. Der Bekanntmachung kommt also lediglich Wegweiserfunktion zu. 3 3 2 Danach sind die Anforderungen an eine Beschlussbekanntmachung insgesamt geringer als an die Offenlegungsbekanntmachung; für erstere genügt regelmäßig die Angabe einer das Plangebiet begrenzenden oder anderweitig bestimmenden Straße, eines Flurnamens oder einer ähnlich schlagwortartigen Kennzeichnung des Plangebietes.333 Für die Wirksamkeit eines Bebauungsplans ist es daher ohne Bedeutung, wenn bei der Abschlussbekanntmachung für mehrere Bebauungspläne im Amtsblatt der Gemeinde die mitveröffentlichten Übersichtskarten vertauscht wurden, wenn in den Karten die die Plangebiete kennzeichnenden Schlagworte deutlich lesbar sind. 334 Im Übrigen kann eine unzureichende räumliche Bezeichnung des Geltungsbereichs eines Plans in der Bekanntmachung unschädlich sein, wenn sie bereits bei dem Offenlegungsbeschluss zusammen mit einer genauen Beschreibung des Gebiets verwendet wurde, so dass die Allgemeinheit bereits über die Lage des Plangebiets unterrichtet war. 335 330 BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978, E 55, S. 369 (376). 331 BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1984, E 69, S. 344 (349 f.). 332 Jäde, in Jäde / Dirnberger/ Weiß, BauGB, § 10, Rn. 46. 333 BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1984-4 C 22/80 - , E 69, S. 344 (350); Urteil vom 6. Juli 1984-4 C 28/83 - , NJW 1985, S. 1569; Beschluss vom 10. August 2000, NVwZ 2001, S. 203 (204); VGH Mannheim, Urteil vom 20. September 1996-8 S 2466/95 - ; Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 10, Rn. 45 f.; Reidt, in Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 902. 334 VGH Mannheim, Urteil vom 20. September 1996-8 S 2466/95. 335 BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1984-4 C 22/83 - , NJW 1985, S. 1569; Urteil vom 22. März 1985, BRS 44, Nr. 23; BGH, Urteil vom 5. März 1981, BauR 1981, S. 348 (349);
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Ähnliche Erwägungen gelten im Übrigen für den Flächennutzungsplan. Obwohl es sich bei ihm nicht um eine Rechtsnorm handelt, sieht das Gesetz die ortsübliche Bekanntmachung seiner Genehmigung als Wirksamkeitsvoraussetzung nach § 6 Abs. 5 S. 1,2 BauGB vor. Zwar sind die Anforderungen an Auslegungsbekanntmachung i. S. d. § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB und Genehmigungsbekanntmachung nach § 6 Abs. 5 S. 1 BauGB in der Regel identisch, da es in jeder Gemeinde wegen des Erfordernisses des § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB nur einen Flächennutzungsplan gibt. Bei Planänderungen oder -ergänzungen, die sich nur auf einen Teilbereich des Gemeindegebiets beschränken, sind aber bei der Bekanntmachung der Auslegung ebenso strenge Anforderungen zu stellen wie bei einem Bebauungsplan.336 Für die Genehmigungsbekanntmachung gelten dann aufgrund der bloßen „Wegweiserfunktion' 4 weniger strenge Anforderungen. Auch insoweit genügt eine schlagwortartige Bezeichnung des von der Planänderung betroffenen Gebiets. Obwohl die entsprechenden Vorschriften des Baugesetzbuchs wortgleich auf eine „ortsübliche Bekanntmachung" abstellen, kommt ihnen nach der Rechtsprechung aufgrund teleologischer Auslegung unterschiedliche Bedeutung zu. Insbesondere in der oben angesprochenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juli 1984 ist ein weiteres Beispiel für eine planerhaltungsfreundliche Auslegung der Wirksamkeitsvoraussetzungen zu sehen.337 Hätte das Gericht an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten, die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beschlussbekanntmachung also nicht reduziert, hätte es die Nichtigkeit des Bebauungsplan feststellen müssen. So konnte aber ein weiterer Plan „gehalten" werden.
dd) Bedeutung der Bereithaltungspflicht nach § 10 Abs. 3 S. 2 1. Hs. BauGB In einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung nach § 10 Abs. 3 BauGB ist gemäß S. 3 auch darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Dieser Vorschrift misst das Gesetz so große Bedeutung zu, dass es einen Verstoß nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB sanktioniert, der auch nicht nach Fristablauf i. S. d. § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich werden kann. Ursache hierfür ist das Prinzip der Rechtssicherheit, die als Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips die vollständige Bekanntmachung von Rechtsnormen fordert. Im Hinblick auf die Schwierigkeit, einen Bebauungsplan samt seiner zeichnerischen Ausweisungen beGaentzsch, in Berliner Kommentar, § 12 (a. F.), Rn. 7; kritisch OVG Münster, Urteil vom 19. April 1982, BRS 39, Nr. 25. 336 Vgl. Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 6, Rn. 6; vgl. Bielenberg, in Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 6, Rn. 45; weniger streng Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 901. 337 Vgl. Schlichter, ZfBR 1985, S. 107 (109); vgl. ferner Scharmer, Bebauungspläne in der Normenkontrolle, S. 58 ff., 64 ff. Im Rahmen der Untersuchung wurde ermittelt, dass die unzureichende Gebietsbezeichnung vor Änderung der Rechtsprechung häufigster Mangel des Bebauungsplan Verfahrens war.
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kanntzumachen, sieht das Gesetz eine zweistufige Ersatzverkündung 338 vor, bei der die Bekanntmachung des Norminhalts durch die Pflicht der Gemeinde, den Bebauungsplan zur Einsicht bereitzuhalten, substituiert wird. Problematisch erscheint der zeitliche Zusammenhang zwischen der Bekanntmachung des Planbeschlusses bzw. der Genehmigung des Plans und der Bereithaltungspflicht. In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Gemeinden die Pläne erst einige Zeit nach ihrer Bekanntmachung zur Einsicht bereithalten. Sofern bereits bei der Bekanntmachung der Plan einsehbar sein müsste, könnte ein entsprechendes Unterlassen zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führen. 339 Dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 BauGB lässt sich ein solches Erfordernis allerdings nicht zwingend entnehmen.340 Vielmehr scheint er eher dafür zu sprechen, dass die Bekanntmachung zeitlich vor der Möglichkeit zur Einsicht erfolgen kann. Diese Auslegung wird durch einen Blick auf § 12 S. 1 BBauG 1976 bestätigt: „Die Gemeinde hat die Genehmigung des Bebauungsplans ortsüblich bekanntzumachen und spätestens mit Wirksamwerden der Bekanntmachung den Bebauungsplan mit Begründung zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten und über ihren Inhalt auf Verlangen Auskunft zu geben." 341
Mit § 12 S. 1 BBauG 1976 sollte jedoch gerade die Streitfrage 342 des maßgeblichen Zeitpunkts für die Bereithaltung des Plans dahingehend geklärt werden, dass sie nicht erst nach seiner Bekanntmachung erfolgen durfte. 343 Die Neuregelung hatte zur Folge, dass ein entsprechender Fehler aufgrund des insoweit eindeutigen Wortlauts zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führte, selbst wenn der Plan bereits kurze Zeit später bei der Gemeinde bereitgehalten wurde. 344 Diese Kon338 Brohm, Öffentliches Baurecht, § 15, Rn. 25; Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 10, Rn. 50; Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 86. 339 Der Hinweiszweck des § 10 Abs. 3 S. 3 BauGB geht ins Leere, wenn der Plan noch nicht eingesehen werden kann; folglich kann er i. S. d. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB nicht erreicht werden. Siehe auch Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 88. 340 Vgl. Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 10, Rn. 38. 341 Hervorhebung durch den Verfasser. 342 Für Wirksamkeit eines Bebauungsplans unter der Geltung des BauGB 1960, der erst nach der Bekanntmachung bereitgehalten wurde, vgl. die folgenden Fälle: BGH, Urteil vom 8. Februar 1971, Z 55, S. 288 (293) - neun Tage; OLG München, Urteil vom 7. Februar 1985, BayVBl. 1985, S. 374 (375) - „kurze Zeitspanne"; elf Tage seien aber zu lang; BGH, Urteil vom 30. Oktober 1986, UPR 1987, S. 182 - elf Tage; BVerwG, Urteil vom 22. März 1985, E 71, S. 150 (156 f.) - nächstfolgende Dienststunden; einige Tage; vgl. Bielenberg / Krautzberger, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 10, Rn. 132; a.A. VGH Mannheim, Urteil vom 14. April 1983, BRS 40, Nr. 22; Schrödter, DVB1. 1968, S. 951 (952); Schrödter/ Schmaltz, DVB1. 1971, S. 764 (765). 343 Vgl. Bielenberg/Krautzberger, in Emst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, § 10, Rn. 130 f., 133. 344 OVG Lüneburg, Beschluss vom 16. Juni 1982, BRS 39, Nr. 26 - Bekanntmachung am Freitag, Möglichkeit zur Einsichtnahme ab Montag; vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 14. April 1983, BRS 40, Nr. 22.
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sequenz war vom Gesetzgeber allerdings nicht beabsichtigt, so dass er sich im Rahmen der Schaffung des Baugesetzbuches dazu entschloss, das Erfordernis des mindestens zeitgleichen Vorliegens des Bebauungsplans bei der Gemeinde wieder abzuschaffen. 345 Unbeschadet bestehender verfassungsrechtlicher Grenzen sollte jedenfalls ein kurzfristiges und zufälliges zeitliches Auseinanderfallen von Bekanntmachung und Bereithaltung nicht die Unwirksamkeit des Plans zur Folge haben. 346 Insofern spricht der Wortlaut des § 10 Abs. 3 BauGB bei Berücksichtigung der früheren Fassungen der jeweiligen Vorschriften dafür, dass Bekanntmachung und Bereithaltung nur grundsätzlich zeitlich zusammenfallen müssen. Das Handeln des Gesetzgebers verdeutlicht im Übrigen sein Interesse, Bebauungspläne auch außerhalb der Planerhaltungsvorschriften weniger rechtsmittelanfällig zu machen. Sinn und Zweck des § 10 Abs. 3 BauGB gebieten jedoch eine andere Auslegung. Der Bebauungsplan bedarf als Rechtsnorm grundsätzlich einer Verkündung. Aufgrund praktischer Schwierigkeiten schreibt das Gesetz eine Ersatzverkündung vor. Dem Prinzip der Rechtssicherheit wird nur dann hinreichend Rechnung getragen, wenn die Bürger sowohl wissen, dass eine neue Rechtsnorm geschaffen wurde, als auch welchen konkreten Inhalt sie hat. Wird lediglich der Beschluss über einen Bebauungsplan bzw. seine Genehmigung bekannt gemacht, ohne dass gleichzeitig die Möglichkeit zur Einsichtnahme besteht, hat der Bürger keine Kenntnis über den Inhalt der Rechtsnorm. Es würde ein Recht gelten, das er nicht kennen kann. 347 Das wäre aber mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar. 348 Ein Bebauungsplan, dessen Inhalt unbekannt ist, kann folglich nicht wirksam werden; 349 entgegen dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 S. 4 BauGB kann er nicht in Kraft treten. Die Vorschrift ist vielmehr verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Bekanntmachung auch das Bereithalten des Plans bei der Gemeinde umfasst. Diese Auslegung konterkariert den oben dargestellten Willen des Gesetzgebers, nach dem ein kurzfristiges und zufälliges Auseinanderfallen nicht zur Unwirksamkeit des Plans führen soll. Dies begegnet aber keinen rechtlichen Bedenken, da Auslegungsziel nach herrschender Meinung nicht der subjektive, sondern lediglich der objektivierte Wille des Gesetzgebers ist. 3 5 0 Im Ergebnis ist der Auslegung des 345
Die Fassung des § 12 BauGB 1987 entspricht im wesentlichen der heutigen Fassung des § 10 Abs. 3 BauGB. 346 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10. Januar 1986, Bundestags-Drucksache 10/4630, 75. 34 ? Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 10, Rn. 38; Reidt, in Geizer/Bracher/ Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 909; Schrödter/Schmaltz, DVB1. 1971, S. 764 (765); vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 14. April 1983, BRS 40, Nr. 22; a.A. VGH Kassel, Beschluss vom 10. Juni 1981, BauR 1981, S. 450 (451), und Kirchmeier, BauR 1983, S. 12 (15 f.), die beide die Bereithaltungspflicht unzutreffenderweise nicht als Teil der Verkündung ansehen. 34 « A. A. BVerfG, Beschluss vom 22. November 1983, E 65, S. 283 (292). 34 9 Ebenso Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 10, Rn. 50. 350 Schmalz, Methodenlehre, Rn. 262 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 318 f.; allgemein Fikentscher, Methoden des Rechts, Band III, S. 662 ff.
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§ 10 Abs. 3 BauGB der Vorzug zu geben, die bereits bei Bekanntmachung ein Bereithalten des Plans bei der Gemeinde fordert. Dennoch wurde für alle Fassungen der Bekanntmachungsvorschrift - insbesondere auch § 12 BBauG 1976 - vertreten, dass ein verspätetes Bereithalten des Bebauungsplans bei der Gemeinde für seine Wirksamkeit unschädlich sein soll. Dabei schwankten die akzeptierten Zeiträume zwischen den auf die Bekanntmachung nächstfolgenden Dienststunden351 und elf Tagen 352 . Differenziert wurde allerdings danach, ob der Bebauungsplan dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 S. 4 BauGB entsprechend sofort mit der Bekanntmachung353 oder erst mit dem Bereithalten des Plans bei der Gemeinde wirksam werden soll 3 5 4 . Die erste Ansicht steht dabei mit dem formalen Wortlaut, die zweite mit der verfassungskonformen Auslegung im Einklang. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben ist der zweiten Ansicht der Vorzug zu geben. Um zu vermeiden, dass in einer Gemeinde ein Recht gilt, von dem die Bürger (noch) keine Kenntnis nehmen können, tritt ein Bebauungsplan erst dann in Kraft, wenn er erstmalig 355 bei der Gemeinde zur Einsicht bereit liegt. Dieser Lösungsansatz bietet ferner den Vorteil, dass nicht entschieden werden muss, wie groß der zeitliche Abstand gerade noch sein darf, damit er die Wirksamkeit des Bebauungsplans nicht berührt. Als zeitliche Grenze dürfte nunmehr der Aspekt der Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans heranzuziehen sein. Für den Flächennutzungsplan gelten andere Erwägungen. Da es sich bei ihm nicht um eine Rechtsnorm handelt, bedarf er auch keiner entsprechenden Verkündung. Zwar sieht das Gesetz die Genehmigungsbekanntmachung als Wirksamkeitsvoraussetzung vor; ferner steht jedermann nach § 6 Abs. 5 S. 3 BauGB das Recht zu, in den Flächennutzungsplan und den Erläuterungsbericht Einsicht zu nehmen. Eine entsprechende Verknüpfung von Bekanntmachung und Einsichtnahme wie beim Bebauungsplan trifft das Gesetz jedoch nicht. Folglich steht das Einsichtsrecht des § 6 Abs. 5 S. 3 BauGB außerhalb des Bekanntmachungsrechts.356 Wird 351 Etwa BVerfG, Beschluss vom 22. November 1983, E 65, S. 283 (292); OLG München, Urteil vom 7. Februar 1985, BayVBl. 1985, S. 374 (375); vgl. Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 375. 352 BGH, Urteil vom 30. Oktober 1986, UPR 1987, S. 182. 353 BVerfG, Beschluss vom 22. November 1983, E 65, S. 283 (292); BGH, Urteil vom 30. Oktober 1986, UPR 1987, S. 182; vgl. OLG München, Urteil vom 7. Februar 1985, BayVBl. 1985, S. 374 (375). 354 BGH, Urteil vom 8. Februar 1971, Z 55, S. 288 (293); BVerwG, Urteil vom 22. März 1985, E 71, S. 150 (157); wohl auch Kirchmeier, BauR 1983, S. 12 (15 f.); Reidt, in Geizer/ Bracher / Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 909; Bielenberg / Krautzberger, in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, § 10, Rn. 129; vgl. Gaentzsch, Festschrift Weyreuther, S. 249 (268). 355 Insoweit spielen die Bedenken des VGH Kassel, Beschluss vom 10. Juni 1981, BauR 1981, S. 450 (451), dass eine permanente Verkündung in Form des Bereithaltens aus verschiedensten Gründen (Brand, Gebrauch oder Abhandenkommen des Plans etc.) nicht denkbar und deshalb abzulehnen sei, keine Bedeutung. 356 So auch Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 6, Rn. 47; Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 87.
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der Flächennutzungsplan erst nach der Bekanntmachung bereitgehalten, berührt dies seine Wirksamkeit nicht. Die obigen Ausführungen zum Bebauungsplan machen erneut das Bemühen der Rechtsprechung deutlich, Bebauungspläne durch Auslegung der Vorschriften des Baugesetzbuches nicht ohne Not scheitern zu lassen, ohne dass es überhaupt zu einer Anwendung der Planerhaltungsvorschriften kommt. Im Hinblick auf ein „vorgezogenes Inkrafttreten" des Bebauungsplans vor Bereithaltung werden dabei sogar die Grenzen des verfassungsrechtlich Zulässigen überschritten. Im Ergebnis führt es nicht zur Unwirksamkeit eines Bebauungsplans, wenn Bekanntmachung und Bereithaltung nicht gleichzeitig erfolgen. Statt dessen bleibt der Plan vorerst nicht wirksam.
3. Planerhaltungsfreundliche Behandlung von Bebauungsplänen Die planerhaltungsfreundliche Tendenz der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte lässt sich nicht nur an der Auslegung der Vorschriften des Baugesetzbuches nachweisen. Jedenfalls beim Bebauungsplan und bei den städtebaulichen Satzungen handelt es sich um Rechtsnormen und damit um auslegungsfähige Rechtsakte.357 Dies eröffnet zwar einerseits neue Fehlerquellen, andererseits aber auch weitere Möglichkeiten der Fehlervermeidung. In methodischer Hinsicht können Pläne berichtigend 358 oder gesetzeskonform 359 ausgelegt werden. Beide Ansätze verfolgen das Ziel, die Wirksamkeit von Rechtsnormen aufrecht zu erhalten, sie jedenfalls zu bestätigen; insoweit kommt ihnen planerhaltende Wirkung zu.
a) Berichtigung offenbarer
Unrichtigkeiten
Die Problematik der berichtigenden Auslegung von Bebauungsplänen wird weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung ausführlich behandelt. Sofern Ausführungen vorhanden sind, wird die Vörgehensweise in ihrem Grundsatz befürwortet. 360 357 Bielenberg/Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 9, Rn. 14; Jäde, in Jäde/ Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9, Rn. 10; Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 9, Rn. 78; vgl. Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 235. Zwar handelt es sich beim Flächennutzungsplan um einen Rechtsakt sui generis, so dass fraglich sein könnte, ob die methodischen Vorgehens weisen auch für ihn in Betracht gezogen werden können. Der Unterschied zu den Satzungen des Baugesetzbuchs erscheint aber nicht so groß, als dass berichtigende und gesetzeskonforme Auslegung bei ihm ausgeschlossen sein sollten. 358 Vgl. oben 2. Kapitel A V I 1 b).
559 Vgl. oben 2. Kapitel A V I 1 c). 360 Vgl. allgemein aus der Rechtsprechung BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1998, S. 1067 ff.
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Nach der Literatur soll eine berichtigende Auslegung beispielsweise möglich sein, wenn eine Festsetzung lediglich dem formalen Wortlaut nach missverständlich ist. 3 6 1 Ferner sei sie heranzuziehen, um eine Festsetzung in einem Bebauungsplan zu konkretisieren, damit sie nicht wegen Unbestimmtheit verworfen werden müsse. 362 Hierbei dürfte es sich jedoch nicht mehr um eine berichtigende, sondern vielmehr eine gesetzeskonforme Auslegung handeln, da es weniger um die Beseitigung eines Missverständnisses, denn mehr darum geht, die drohende Nichtigkeit eines Plans zu vermeiden. Ein Beispiel für eine berichtigende Auslegung liefert etwa eine Entscheidung des VGH Mannheim 363 , der es als offensichtlichen und damit unbeachtlichen Schreibfehler 364 ansah, dass der Planungsträger in der Bekanntmachung des Anzeigeverfahrens am 9. März 1995 ein falsches Datum - den 9. März 1994 - vermerkt hatte. Der mit der Bekanntmachung verfolgte Hinweiszweck (vgl. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB) werde hierdurch nicht in Frage gestellt, da dem Bekanntmachungstext ohne weiteres entnommen werden könne, welcher Bebauungsplan zu welchem Zeitpunkt in Kraft trat und wo er eingesehen werden konnte. Hier zeigt sich, dass die berichtigende Auslegung nicht an den Wortlaut der Normen gebunden ist - 1994 kann nun einmal nicht als 1995 verstanden werden; dass entsprechende Unrichtigkeiten aber einer einfachen Beseitigung zugänglich sein müssen, liegt auf der Hand. Als unschädlichen redaktionellen Fehler hat es das Bundesverwaltungsgericht weiter angesehen, wenn eine Gemeinde in einer textlichen Festsetzung Bezug auf eine der im Katalog des § 9 Abs. 1 BauGB genannten Möglichkeiten genommen hatte, die unzutreffend war. 365 Dass ein solcher Fehler keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Plans haben kann, dürfte sich bereits daraus ergeben, dass überhaupt keine Verpflichtung des Planungsträgers besteht, die einschlägigen Nummern des § 9 Abs. 1 BauGB im Bebauungsplan zu nennen. 366 Entscheidend für die Wirksamkeit des Plans ist, dass die Festsetzung in ihrem Regelungsgehalt überhaupt von § 9 Abs. 1 BauGB erfasst wird. Eine Gemeinde, die sich (unzutref361 Lüers, WiVerw 1999, S. 1 (4); Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 239, der die Rechtsprechung im übrigen aber als mittlerweile zu großzügig kritisiert. 3 62 Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9, Rn. 10. 3 3
* VGH Mannheim, Urteil vom 11. Juli 1995, UPR 1996, S. 115 (116). 64 Hierzu Rabe, ZfBR 2001, S. 229 (237), der aber darauf hinweist, dass Schreibfehler auch den Inhalt einer Regelung betreffen und insoweit zur (Teil-)Nichtigkeit führen können. Beispiele: Fälschliche Festsetzung eines WA-Gebiets anstatt eines WR-Gebiets, falsche Angaben über die Zahl der Vollgeschosse (VII statt II). 3
3 65 BVerwG, Urteil vom 8. Oktober 1998, NVwZ 1999, S. 415. Eine Gemeinde hatte folgende Festsetzung getroffen: „In den Gebieten, für die zwei Vollgeschosse als Höchstgrenze festgesetzt sind, ist in Wohngebäuden je angefangene 100 qm Grundstücksfläche maximal eine Wohnung zulässig (§ 9 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 3 BauGB)." Der Bezug auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 BauGB war dabei schlicht falsch. 3 66 BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 1998, UPR 1999, S. 189 (190).
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fende) Gedanken darüber macht, unter welche Katalognummer ihre Festsetzung fällt, kann aber nicht schlechter gestellt werden als eine andere, die sich hierüber keine Gedanken gemacht hat. Ebenso ist es unschädlich, wenn eine im Plan enthaltene Festsetzung nicht den genauen Wortlaut des § 9 Abs. 1 BauGB wiedergibt. 367 Eine weitere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 368 hing mit der Aufhebung des § 25 c Abs. 3 S. 1 BauNVO 1990 369 durch den Gesetzgeber zusammen. 37 0 Die Freie und Hansestadt Hamburg änderte 1991 einen Bebauungsplan aus dem Jahre 1970 ab. In dem überplanten Gewerbegebiet sollten Spielhallen und ähnliche Unternehmen bauplanungsrechtlich nicht verwirklicht werden dürfen. Aufgrund des damals gültigen § 25 c Abs. 3 S. 1 BauNVO 1990 war § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO 1990 einschlägig, wonach Vergnügungsstätten ausnahmsweise zugelassen werden konnten. Den gewünschten gänzlichen Ausschluss von Vergnügungsstätten bewirkte die Gemeinde daher mit der Feinplanungsregelung des § 1 Abs. 6 BauNVO. Durch die Aufhebung des § 25 c Abs. 3 S. 1 BauNVO 1990 war jedoch nicht mehr die aktuelle Fassung der BaunutzungsVerordnung, sondern die BauNVO 1968 maßgeblich. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1968 waren Spielhallen hiernach grundsätzlich zulässig. Ihren Ausschluss hätte die Gemeinde mit dem Feinsteuerungselement des § 1 Abs. 5 BauNVO bewirken müssen, was aber natürlich nicht geschehen war. Das Bundesverwaltungsgericht sah die Formulierung durch den Planungsträger als lediglich dem formalen Wortlaut nach missverständlich an, was aber durch berichtigende Auslegung korrigiert werden könne und die Bestimmtheit der Festsetzung nicht in Frage stelle. Wenn Spielhallen schon nicht ausnahmsweise zulässig sein sollten, könne dies nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nichts anderes bedeuten, als dass sie überhaupt nicht zulässig sein sollen. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg, das die entsprechende Vörlagefrage gestellt hatte, hat sich dieser Auffassung unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung angeschlossen.371 Der Entscheidung ist zuzustimmen. Sie zeigt zudem, dass eine berichtigende Auslegung nicht stets ein Missverständnis des Planungsträgers voraussetzen muss. Denn von einem solchen kann hier schwerlich gesprochen werden, da sich die Ge367 VGH Mannheim, Beschluss vom 14. März 1962, DÖV 1963, S. 760 (762): Festsetzung einer Fläche für den „öffentlichen Bedarf" anstatt Gemeinbedarf nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BBauG. 368 BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1995, NVwZ-RR 1996, S. 429 f. 369 § 25 c Abs. 3 S. 1 BauNVO 1990 hatte folgenden Wortlaut: „Die Vorschriften dieser Verordnung über die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in den Baugebieten sind auch in den Gebieten mit Bebauungsplänen anzuwenden, die auf der Grundlage einer früheren Fassung dieser Verordnung aufgestellt worden sind; besondere Festsetzungen in diesen Bebauungsplänen über die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten bleiben unberührt." 370 Art. 3 des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes vom 22. April 1993, BGBl. I, S. 466 (479). 371 OVG Hamburg, Beschluss vom 27. Juli 1998, Az. Bf II 33/93 N, mit Nachweis auf die bisher vertretene Ansicht.
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meinde lediglich an die Vorschriften gehalten hat, die zum maßgeblichen Zeitpunkt gültig waren. Insoweit konnte sie nur auf das Instrument des § 1 Abs. 6 BauNVO zurückgreifen; diese Vorschrift war aufgrund des § 25 c Abs. 3 S. 1 BauNVO 1990 maßgeblich. Schließlich sei noch ein letztes Beispiel genannt: Für die Wirksamkeit eines Bebauungsplans ist es unschädlich, wenn seine Planurkunde einen fehlerhaften Vermerk über einen bestimmten Verfahrensablauf enthält, sofern der rechtlich vorgeschriebene Verfahrensablauf eingehalten wurde. 372 Kann der Methode der berichtigenden Auslegung wegen des Ausbleibens einer Fehlerfolge keine planerhaltende Wirkung im eigentlichen Sinne beigemessen werden, 373 so führt sie jedenfalls zur größeren Rechtsklarheit und damit zu größerer Rechtssicherheit. So wird außerdem das Risiko minimiert, dass bloße Redaktionsversehen von anderen Gerichten als beachtliche Fehler interpretiert werden.
b) Gesetzeskonforme Auslegung von Bebauungsplänen Eine ausführliche und ausdrückliche Auseinandersetzung zur Frage der gesetzeskonformen Auslegung von Plänen des Baugesetzbuchs lässt sich weder der Rechtsprechung noch der Literatur entnehmen. Im Grundsatz wird diese Möglichkeit planerhaltender Auslegung jedoch befürwortet. 374 Es sind auch keine Gründe ersichtlich, warum diese Vorgehensweise bei den Plänen des Baugesetzbuchs ausscheiden sollte. aa) Hinreichende Bestimmtheit von Festsetzungen Bedeutung hat die gesetzeskonforme Auslegung vor allem im Bereich der Bestimmtheit von Festsetzungen in Bebauungsplänen erlangt. Das Bestimmtheitsgebot fordert, dass die Festsetzungen aus sich heraus klar und unmissverständlich sein müssen.375 Ist dies nicht der Fall, führt es zur Nichtigkeit der Festsetzung und kann die Nichtigkeit des gesamten Plans nach sich ziehen. 376 Allgemeingültige Regeln, wie konkret bauplanerische Festsetzungen sein müssen, um dem Gebot 372 OVG Münster, Urteil vom 6. Juli 2001, VRS 101, S. 317 (318): Auf der am 21. Mai 2001 unterzeichneten Planurkunde war vermerkt, dass die Planänderung am 22. Mai 2001 bekannt gemacht worden sei. 373 Vgl. oben 2. Kapitel V I 1 b). 374 Dolde, 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, S. 429 (430 f.); Gaentzsch, UPR 2001, S. 201 (203); Fechtrup, Referat zum 58. Deutschen Juristentag, N 53 f.; vgl. Sendler, NJW 1999, S. 1834; BVerwG, Beschluss vom 2. März 1994, UPR 1994, S. 233 (234). 375 BVerwG, Beschluss vom 4. Januar 1994, NVwZ 1994, S. 684; Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 9, Rn. 75; Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 8 III 1 c; Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 84. 376 Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 84 m. w. N.
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der Bestimmtheit der Rechtsnorm zu genügen, bestehen nicht; der Grad der erforderlichen Konkretisierung hängt wesentlich von der Art der jeweiligen Festsetzung, von den Planungszielen und von den Umständen im Einzelfall, insbesondere den örtlichen Verhältnissen ab, auf die der Bebauungsplan trifft. 3 7 7 Zudem muss das Gebot gerechter Abwägung gewahrt sein. 378 Andererseits ist es nicht Aufgabe des Bebauungsplans, dem Vollzug seiner Festsetzungen in allen Einzelheiten vorzugreifen. 379 Eine Festsetzung erweist sich auch nicht bereits deshalb als unbestimmt, weil sie der Auslegung bedarf. 380 Vielmehr dürfen in ihr auch unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten sein, 381 sofern diese ihrerseits den rechtsstaatlichen Bestimmtheitserfordernissen Rechnung tragen. 382 Dabei genügt es nach der Rechtsprechung, wenn sich der nähere Inhalt der Festsetzung unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und des erkennbaren Willens des Normgebers erschließen lässt. 383 Zur Auslegung der Festsetzung darf auch der Erläuterungsbericht eines Flächennutzungsplans nach § 5 Abs. 5 BauGB bzw. die Begründung eines Bebauungsplans nach § 9 Abs. 8 BauGB herangezogen werden. 384 Ferner ist ein Plan nicht bereits dann unbestimmt, wenn ein Laie zu seinem Verständnis fachliche Beratung benötigt. 385 Diesen Grundsätzen ist bereits eine planerhaltende Wirkung immanent: Nicht jeder Plan, dessen Festsetzungen sich nicht auf den ersten Blick erschließen, muss unwirksam sein. Das Gebot gesetzeskonformer Auslegung wird aber durch einen anderen Aspekt betont: Bevor eine Festsetzung eines Bebauungsplans wegen Un377 OVG Lüneburg, Urteil vom 30. März 2000, BauR 2000, S. 1299 (1300); ähnlich BVerwG, Urteil vom 11. März 1988, DVB1. 1988, S. 845 f. 378 BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998, NVwZ 1998, S. 1179. 379 BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987, NVwZ 1988, S. 822 (824). Aus diesem Grund fehlt es nicht an einer hinreichenden Bestimmtheit, wenn die Festsetzung einer Fläche mit einem Leitungsrecht nach § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB nicht bereits auch die Tiefe der Leitungen festlegt, BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987, NVwZ 1988, S. 822 (824); differenzierend Jade, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9, Rn. 55 m. w. N. 380 OVG Münster, Urteil vom 16. November 2001, BauR 2002, S. 589 ff.: Die Festsetzung einer Lärmschutzwand kann auch dann den Bestimmtheitsanforderungen genügen, wenn im Bebauungsplan die Höhe der Lärmschutzwand selbst nicht angegeben ist. 381 BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 1995, UPR 1995, S. 232; OVG Lüneburg, Urteil vom 30. März 2000, BauR 2000, S. 1299 (1300); Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9, Rn. 2; Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 235. 382 Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9, Rn. 4. 383 BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 1995, UPR 1995, S. 232; OVG Münster, Urteil vom 22. Juni 1998, NVwZ 1999, S. 79 (80); vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 1998, UPR 1999, S. 189(190). 384 BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987, E 77, S. 300 (306); OVG Lüneburg, Urteil vom 30. März 2000, BauR 2000, S. 1299 (1300); Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9, Rn. 10. 385 OVG Münster, Beschluss vom 16. Juli 2001, BauR 2001, S. 1875.
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bestimmtheit verworfen werden kann, muss versucht werden, sie durch Auslegung so zu konkretisieren, dass sie dem Bestimmtheitsgebot genügt. 386 Unter dem Aspekt der Planerhaltung kommt diesem Gebot erhebliche praktische Bedeutung zu, kann es doch dazu führen, dass eine auf den ersten Blick unwirksame Festsetzung „gehalten" werden kann. Ein immer wieder zitiertes Beispiel 387 für eine gesetzeskonforme Auslegung bildet eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1973. 388 Konkret ging es um eine Festsetzung in einem Bebauungsplan nach § 9 Abs. 1 Nr. 8 BBauG. 389 Die beklagte Gemeinde hatte eine entsprechende Festsetzung „Öffentliche Grünfläche" getroffen ohne näher zu konkretisieren, in welcher Art die Grünfläche ausgestaltet werden sollte. Später wollte sie auf ihr einen Kinderspielplatz errichten. Das Berufungsgericht nahm an, dass die Festsetzung „Grünfläche" alle in § 9 Abs. 1 Nr. 8 BBauG vorgesehenen Nutzungsarten - also auch die Errichtung eines Kinderspielplatzes - gestatte. Das Bundesverwaltungsgericht erteilte einer derart weiten Auslegung jedoch eine Absage. Vielmehr sei der Begriff „Grünfläche" als Oberbegriff zu verstehen, der für sich allein zur erforderlichen Konkretisierung der Festsetzung nur insoweit ausreiche, als er die Anlage und Unterhaltung einer lediglich begrünten Räche gestatte, jedoch eine näher konkretisierte Festsetzung im Bebauungsplan erfordere, soweit eine der in § 9 Abs. 1 Nr. 8 BBauG vorgesehenen, nicht lediglich begrünten Anlagen geplant sei. Die Festsetzung einer „Öffentlichen Grünfläche" erweise sich deshalb nicht als schlechthin rechtsunwirksam, sondern gestatte eben nur die Einrichtung einer begrünten Anlage. Dass das Bundesverwaltungsgericht hier eine gesetzeskonforme Auslegung vorgenommen hat, dürfte zu bezweifeln sein. Tatsächlich gestattete § 9 Abs. 1 Nr. 8 BBauG die Festsetzung einer „Grünfläche" im Bebauungsplan. Der Gemeinde kann insoweit kein Vorwurf gemacht werden. Dass eine einfache Grünfläche sich aber von den anderen in § 9 Abs. 1 Nr. 8 BBauG genannten Festsetzungsmöglichkeiten unterscheidet und dass diese Unterschiede nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Gründen - Schutz der Grundeigentümer - berücksichtigt werden müssen, liegt auf der Hand. Die Planung einer Grünfläche kann daher nicht die Einrichtung eines Kinderspielplatzes rechtfertigen. Das konnte im Hinblick auf die Fassung des § 9 Abs. 1 Nr. 8 BBauG aber nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen, sofern nicht die Vorschrift selbst als verfassungswidrig anzu386 So ausdrücklich Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9, Rn. 10. 387 Siehe etwa Dolde, 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, S. 429 (431); Gaentzsch, UPR 2001, S. 201 (203); ders., Festschrift Weyreuther, S. 249 (268 f.); Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (109). 388 BVerwG, Urteil vom 16. Februar 1973, E 42, S. 5 ff.; bestätigt durch Beschluss vom 27. Juli 1989, Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 3, Punkt 2.2. 389 Nach § 9 Abs. 1 Nr. 8 BBauG konnten in einem Bebauungsplan „Grünflächen, wie Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe" festgesetzt werden.
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sehen wäre. Hierin liegt aber das geltungserhaltende Element der Entscheidung. Ohne dass das Bundesverwaltungsgericht es offen ausspricht, legt es § 9 Abs. 1 Nr. 8 BBauG selbst verfassungskonform dahingehend aus, dass die mögliche Festsetzung einer Grünfläche insoweit hinreichend bestimmt und damit rechtswirksam ist, als dass die Einrichtung von Grünflächen - nicht mehr und nicht weniger geplant werden können. Damit liegt hier keine geltungserhaltende Auslegung eines Bebauungsplans, sondern eine verfassungskonforme Auslegung einer Vorschrift des Bundesbaugesetzes vor. Bis heute hat sich im Übrigen der Wortlaut der Vorschrift nicht wesentlich geändert. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB unterscheidet lediglich zwischen öffentlichen und privaten Grünflächen und zählt danach verschiedene Beispiele auf. 390 § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB kann aber dennoch ein Beispiel für eine gesetzeskonforme Auslegung liefern, die Gegenstand einer weiteren Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts war. Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Gemeinde einen Bebauungsplan erlassen, der ein allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO auswies. Für einen Teilbereich hatte sie eine Fläche als Sport- und Spielplatz i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB festgesetzt. Fraglich war, ob diese Festsetzung hinreichend konkretisiert und damit hinreichend bestimmt war oder ob eine genauere Festlegung hätte erfolgen müssen, welche Sportarten auf der Fläche zulässigerweise ausgeübt werden dürften. Das Bundesverwaltungsgericht hat angenommen, dass die Gemeinde nicht verpflichtet sei, im Bebauungsplan bereits die Festsetzung als Sportplatz im Hinblick auf bestimmte Nutzungsmöglichkeiten näher zu konkretisieren. Sehe die Gemeinde von weiteren Vorgaben ab, sei der Bebauungsplan dahin auszulegen, dass auf dem Sportplatz nur eine mit der Wohnnutzung verträgliche Sportausübung zulässig sei. 391 Etwaige Nutzungskonflikte, die sich im Einzelfall ergeben könnten, brauchten nicht schon auf der Planungsebene abschließend geklärt zu werden, könnten vielmehr im Genehmigungsverfahren mit Hilfe des § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO angemessen bewältigt werden. 392 In einem Bebauungsplan müssen also nicht schlechthin alle denkbaren Nutzungskonflikte geregelt werden. 393 Die Gesetzeskonformität der Auslegung besteht hier im folgenden: Dem Wortlaut der Festsetzung nach handelt es sich um einen Sportplatz. Da diese keine Ein390 Insoweit ist die Gesetzesbegründung der Bundesregierung unklar, nach der die Ergebnisse der Rechtsprechung bei der Gesetzesänderung berücksichtigt worden seien, vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 22. August 1974, Bundestags-Drucksache 7 / 2496, S. 40. 39 1 BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998, NVwZ 1998, S. 1179 (1180); Urteil vom 19. Januar 1989, E 81, S. 197 ff.; Bielenberg/Softer, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, §9, Rn. 130. In diesem Sinne wird auch § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO ausgelegt, BVerwG, Beschluss vom 2. Juli 1991, NVwZ 1991, S. 982; Fickert/Fieseier, Baunutzungsverordnung, § 4, Rn. 7.1. 392 BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998, NVwZ 1998, S. 1179 (1180); vgl. auch Urteil vom 11. März 1988, DVB1. 1988, S. 845 (847). 393
Schlichter, Referat zum 58. Deutschen Juristentag, Band II, Sitzungsberichte, N 71.
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schränkungen enthält, könnte davon auszugehen sein, dass auf der Fläche Sportanlagen jeglicher Art (von der Minigolfanlage bis zum Fußballstadion) bauplanungsrechtlich zulässig sind. Bei einer solchen Auslegung kann es jedoch nicht bleiben. Vielmehr muss das nähere Umfeld des Sportplatzes gleichsam im Wege einer „systematischen Auslegung" berücksichtigt werden. Wenn es aber als allgemeines Wohngebiet ausgestaltet ist, darf die Zweckbestimmung des § 4 Abs. 1 BauNVO, wonach allgemeine Wohngebiete vorwiegend dem Wohnen dienen, nicht außer Betracht bleiben. Nicht jede Sportanlage wird sich mit dieser Zweckbestimmung vereinbaren lassen. Die „systematische Auslegung" ergibt folglich, dass die Sportausübung mit der Wohnnutzung verträglich sein muss. Folglich stehen sich zwei unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten gegenüber. Entweder sind sämtliche oder nur mit der Wohnnutzung verträgliche Sportanlagen zulässig. Bei ersterer Auslegung ist von der Unbestimmtheit der Festsetzung auszugehen, da nicht sicher erkennbar ist, mit welcher konkreten Sportnutzung die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Nachbarn zu rechnen haben. 394 Bei letzterer Auslegung dürfte es sich hingegen um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG handeln. In einem solchen Fall ist diejenige Auslegung vorzugswürdig, bei der die Regelung Bestand haben kann. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht den Bebauungsplan hier gesetzeskonform ausgelegt.395 Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zur obigen Entscheidung, bei der die Festsetzung einer einfachen Grünfläche lediglich die Realisierung einer einfachen Grünfläche gestattete und bei der hier vertretenen Auffassung das Vorliegen einer gesetzeskonformen Auslegung abgelehnt wurde. Zwar gestattet § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB sowohl die Festsetzung von Grünflächen als auch von Sportplätzen. Insoweit sind beide Fallgestaltungen vergleichbar. Allerdings ist eine Grünfläche abstrakt ohne weiteren Nutzungszweck realisierbar, während dies für einen Sportplatz ohne weitere Konkretisierung nicht angenommen werden kann. Die Festsetzung einer Grünfläche ist deshalb insoweit bestimmt genug, während die Festsetzung eines Sportplatzes bei isolierter Betrachtung mangels Bestimmtheit nichtig sein muss. Das führt jedoch nicht dazu, dass § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB hinsichtlich des Sportplatzmerkmals als zu unbestimmt und damit verfassungswidrig anzusehen ist, da der Begriff ohne weiteres ausgelegt werden kann. Ein ähnliches Beispiel stellt insoweit die Festsetzungsmöglichkeit von Flächen für den Gemeinbedarf nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB dar. Erfolgt im Bebauungsplan keine nähere Konkretisierung, wie die Gemeinbedarfsfläche genutzt werden soll, wird ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot angenommen.396 Es erscheint aber 394 Vgl. auch VGH Mannheim, Beschluss vom 26. Juli 1983, BRS 40, Nr. 7; a.A. OLG Bremen, Urteil vom 7. August 1984, BRS 42, Nr. 12; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1995, UPR 1995, S. 230 (231). 395 Es handelt sich hierbei nicht um eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs der „Vorschrift" des Bebauungsplans. Eine solche gesetzesimmanente Rechtsfortbildung wäre erst bei Vorliegen einer Regelungslücke anzunehmen. Hier konnte ein angemessenes Ergebnis bereits mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungsregeln gewonnen werden.
2. Abschn.:
. Planerhaltung durch
e s e t z e s a s l u n g 1 7 7
nicht ausgeschlossen, die soeben dargestellte Rechtsprechung auf diesen Problemkreis zu übertragen und einen Bebauungsplan dahin auszulegen, dass die Gemeinbedarfsfläche zu der im Umfeld vorgesehenen Nutzung verträglich sein muss. Voraussetzung dabei ist natürlich, dass sich die Vereinbarkeit mit dieser Nutzung bestimmen lässt. Im Übrigen ist § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nicht mangels hinreichender Bestimmtheit verfassungswidrig. Zwar hätte der Bundesgesetzgeber in der Vorschrift einzelne konkretisierte Beispiele für Gemeinbedarfsflächen aufnehmen können, eine Verpflichtung hierzu besteht aber nicht. Zudem lassen sich bereits aus § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB Beispiele entnehmen. Der Begriff des Gemeinbedarfs ist ferner der Auslegung fähig und setzt nur voraus, dass die Anlage oder die Einrichtung der Allgemeinheit dient und dass eine dem bloßen privatwirtschaftlichen Gewinnstreben entzogene öffentliche Aufgabe wahrgenommen wird. 3 9 7
bb) Widerspruchsfreiheit von Festsetzungen Das Gebot der Widerspruchsfreiheit 398 von Festsetzungen bildet einen weiteren Unterfall des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebotes. Festsetzungen dürfen sich nicht wechselseitig ausschließen. Dabei können Festsetzungen in sich widersprüchlich sein, es kann ein Widerspruch zwischen jeweils einzelnen textlichen/ zeichnerischen Festsetzungen bestehen oder ein solcher zwischen zeichnerischen Festsetzungen einerseits, textlichen andererseits. 399 Ein in sich widersprüchlicher Bebauungsplan ist nichtig. 400 Der geltungserhaltende Aspekt der gesetzeskonformen Auslegung besteht nun darin, dass ein zur (Teil-)Nichtigkeit führender Widerspruch erst dann angenommen werden kann, wenn eine widerspruchsfreie Auslegung des Bebauungsplans gescheitert ist. 4 0 1 Folglich kann der Bebauungsplan die gewünschten Rechtswirkungen möglicherweise auch dann noch erzeugen, wenn seine Festsetzungen auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, aber doch plankonform ausgelegt werden können. 3% VGH Mannheim, Beschluss vom 14. März 1963, DÖV 1963, S. 760 (762); BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1995, UPR 1995, S. 230 (231); Bielenberg/Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 9, Rn. 60; Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9, Rn. 26; offen lassend, da in dem dem Fall zugrunde liegenden Plan der Zusatz „Schule und Anlagen für soziale und sportliche Zwecke" enthalten war, BVerwG, Urteil vom 11. März 1988, DVB1. 1988, S. 845 (846). 397 BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 1994, UPR 1994, S. 339; Jäde, in Jäde/Dirnberger/ Weiß, BauGB, § 9, Rn. 26; Bielenberg/Söfker, Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, § 9, Rn. 58. 398 Vgl. Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 231; vgl. Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 9, Rn. 75; vgl. Bielenberg/Söfker, in Ernst /Zinkahn /Bielenberg, BauGB, § 9, Rn. 14. 399 Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9, Rn. 13. 400 Siehe etwa OVG Münster, Urteil vom 8. Dezember 1983, BRS 40, Nr. 6; vgl. auch VGH Kassel, Beschluss vom 1. September 1981, BRS 38, Nr. 11 (S. 24 f.). 401 Vgl. Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 9, Rn. 13. 12 Steinwede
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Als widersprüchlich hat es die Rechtsprechung etwa angesehen, wenn bei der Grenzbestimmung eines Bebauungsplans Beschlussfassung, Text und zeichnerische Darstellung voneinander abweichen.402 Ferner kann ein Bebauungsplan keinen gepflasterten Feldweg ausweisen, dem Erschließungsfunktion für ein umfangreiches Wohngebiet zukommen soll. 4 0 3 Ein Beispiel für eine widerspruchsfreie und damit gesetzeskonforme Auslegung bildet eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1995 4 0 4 In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine Gemeinde die Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche mit den Zusätzen „Dorfplatz" und „Stellplatzfläche" getroffen, wobei keine weitere räumliche Untergliederung der überplanten Räche vorgenommen worden war. Aus der Begründung des Bebauungsplans ergab sich, dass der Dorfplatz als „Kommunikationsplatz" und „Identifikationsbereich" wirken sollte. Die Ausweisung einer Stellplatzfläche steht dazu jedoch im Widerspruch. Was als solche ausgewiesen ist, kann nicht gleichzeitig der Kommunikation und der Identifikation dienen. Die Festsetzung hätte folglich nach ihrem bloßen Wortlaut unwirksam sein müssen. Das Bundesverwaltungsgericht verneinte jedoch das Vorliegen einer widersprüchlichen Festsetzung mit der Begründung, dass die Räche zu unterschiedlichen Zeiten für den einen oder anderen Zweck genutzt werden könne. 405 Als maßgebliches Element, mit dessen Hilfe eine gesetzeskonforme Auslegung erfolgen kann, diente folglich das Kriterium der Zeit. Auf dieses dürfte anhand einer teleologischen Auslegung abgestellt werden. Sofern die Festsetzung hinsichtlich der Nutzung der Fläche keine Differenzierung vornimmt, macht es keinen Sinn, zum selben Zeitpunkt zwei einander widersprechende Nutzungen zuzulassen. Wenn eine Gemeinde eine solche Planung gewollt haben sollte, wäre die Festsetzung unwirksam. Nimmt man aber an, dass zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Nutzungen vorliegen, lässt sich die Festsetzung widerspruchsfrei auslegen. Insoweit liefern hier semantische und teleologische Auslegung unterschiedliche Ergebnisse. Da die semantische Auslegung zur Unwirksamkeit der Festsetzung führen würde, ist die teleologische Auslegung wegen des Postulats gesetzeskonformer Auslegung vorzugswürdig. Diese Lösung erweist sich als flexibel für die Planrealisierung, da die überplante Fläche verschiedenen Nutzungszwecken dienen kann. Dies ist für jedermann ersichtlich, so dass insoweit auch der Bestimmtheitsgrundsatz gewahrt ist. Als zusätzliches einschränkendes Kriterium einer solch „variablen" Planung wird jedoch zu fordern sein, dass sich beide Nutzungsarten nicht wesentlich voneinander unterscheiden dürfen. Mit dem Aus402 Vgl. VGH München, Urteil vom 8. April 1975, VGH n. F. 28, S. 71 (73 f.). 403 OVG Koblenz, Urteil vom 23. Januar 1991, BauR 1991, S. 311 f. 404 BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1995, UPR 1995, S. 230 ff. 405 BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1995, UPR 1995, S. 230 (231). Diese Erwägung wurde in einer weiteren Entscheidung bestätigt, bei der es um die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche mit den Zusätzen „Bolz- und Festplatz" ging, BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 1996, NVwZ-RR 1997, S. 515.
2. Abschn.: B. Planerhaltung durch gesetzesimmanente Rechtsfortbildung
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tausch der Nutzungsarten darf kein allzu großer zeitlicher und sachlicher Aufwand verbunden sein. Ansonsten ließe sich eine Fläche gleichzeitig als Fläche für Geschäfts- und Bürogebäude einerseits, andererseits als Grünfläche überplanen. Dies würde aber das zeitliche Kriterium überspannen und ist deshalb abzulehnen. Insgesamt lässt sich auch hier wieder eine Tendenz der Rechtsprechung entnehmen, einen Bebauungsplan nicht für nichtig zu erklären, sofern er sich - unabhängig vom Bestehen planerhaltender Normen - gesetzeskonform auslegen lässt.
I I I . Ergebnis Bereits auf der Ebene der Auslegung von Normen ist es der Rechtsprechung möglich, städtebauliche Pläne gegenüber bestimmten Fehlerquellen weitgehend zu immunisieren. Dieser Vorgehensweise kommt daher eine Wirkung zu, die als Konkretisierung eines Grundsatzes der Planerhaltung verstanden werden kann, unabhängig davon, ob bereits das Bestehen eines Planfehlers vermieden oder ein solcher als unerheblich anzusehen ist. Das Auslegungselement kann dabei sowohl bei den Vorschriften des Baugesetzbuches als auch bei den Plänen selbst ansetzen. Die mit ihm verbundenen Möglichkeiten lassen dabei das Erfordernis nach einem übergeordneten allgemeinen Planerhaltungsgebot in den Hintergrund treten.
B. Planerhaltung durch gesetzesimmanente Rechtsfortbildung I . Allgemeines Eine weitere Möglichkeit der Rechtsgewinnung bietet die gesetzesimmanente Rechtsfortbildung. Sie geht über den möglichen Wortsinn einer Norm hinaus, spielt sich aber noch im Rahmen der Regelungsabsicht, dem Plan, der immanenten Teleologie des Gesetzes ab. 4 0 6 Voraussetzung ist das Vorliegen einer Regelungslücke. Hierbei handelt es sich um eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes. 407 Ist eine solche Regelungslücke gegeben, kommen methodisch verschiedene Möglichkeiten der Lückenschließung in Betracht: Gesetzes- oder Rechtsanalogie, das argumentum a maiore ad minus, die teleologische Reduktion oder eine teleologisch begründete Gesetzeskorrektur. 408 4
°6 Larenz, Methodenlehre, S. 370. 407 Vgl. oben 2. Kapitel B IV 2 b) bb) (2). 408 Die Terminologie für die einzelnen Methoden ist nicht einheitlich. So finden sich auch Einzel- und Gesamtanalogie, das argumentum a fortiori oder die teleologische Extension. Schließlich ist noch das argumentum e contrario zu erwähnen, bei dem aber bei strenger Betrachtungsweise bereits keine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes angenommen 1*
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Die Regelungslücke ist aber nicht nur Voraussetzung für eine gesetzesimmanente Rechtsfortbildung, sondern zugleich ihre Grenze. 409 Hierdurch wird zwar nicht ausgeschlossen, dass über die Teleologie des betroffenen Gesetzes hinaus Rechtsgewinnung betrieben werden kann; eine solche gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung aber ist an noch engere Voraussetzungen geknüpft als die gesetzesimmanente Rechtsfortbildung.
I I . Die Planerhaltungsvorschriften als abgeschlossenes System? Eine gesetzesimmanente Rechtsfortbildung, der planerhaltende Wirkung zukommen soll, ist im Bauplanungsrecht nur dann zulässig, wenn das Baugesetzbuch Lücken aufweist. Dabei werden sich allgemeine Aussagen nur im Grundsatz treffen lassen können. Letztlich muss anhand der jeweils in Betracht zu ziehenden einzelnen Norm ermittelt werden, ob sie Raum für eine gesetzesimmanente Rechtsfortbildung lässt. Die Lückenhaftigkeit einzelner Vorschriften wird sich regelmäßig schon deshalb nur schwer feststellen lassen können, weil der Gesetzgeber üblicherweise lückenfreie Normsysteme erlassen will. Neue Rechtsprobleme tauchen meist erst auf, wenn sie entscheidungsrelevant werden. Insbesondere für den Bereich der §§ 214 ff. BauGB stellt sich die Frage, ob die Vorschriften (noch) Lücken aufweisen. Da eine Norm fehlt, die ausdrücklich bestimmt, dass Planerhaltung ausschließlich im Rahmen der §§ 214 ff. BauGB in Betracht kommt, im Übrigen aber die üblichen Fehlerfolgen gelten, kann das Bestehen von Lücken nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Dies wäre aber der Fall, wenn sich durch Auslegung ermitteln ließe, ob mit dem 4. Abschnitt des 3. Kapitels des Baugesetzbuches ein abgeschlossenes System geschaffen wurde oder jedenfalls geschaffen werden sollte. Müsste man das Gesetz so verstehen, dass die Unbeachtlichkeit von Fehlern sich ausschließlich nach den §§ 214 ff. BauGB richten soll, wäre eine gesetzesimmanente Rechtsfortbildung unzulässig. Etwaige Unvollständigkeiten dürften unabhängig von Bedeutung und Ausmaß nicht mit dieser Methode beseitigt werden; das Gesetz wäre lediglich rechtspolitisch fehlerhaft. Sollte eine solche Ausschließlichkeit nicht angenommen werden können, bedeutet dies zwar nicht, dass jede UnVollständigkeit der §§ 214 ff. BauGB im Wege richterlicher Rechtsfortbildung geschlossen werden könnte. Vielmehr müsste auch sie im einzelnen auf ihre Planwidrigkeit hin untersucht werden. Gesetzesimmanente Rechtsfortbildung wäre aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Zunächst soll daher untersucht werden, ob die §§ 214 ff. BauGB ein in sich abgeschlossenes System bilden. werden kann, Larenz, Methodenlehre, S. 390; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 372 ff., 402 ff., 436 ff. 409 Larenz, Methodenlehre, S. 370.
2. Abschn.: B. Planerhaltung durch gesetzesimmanente Rechtsfortbildung
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1. Stimmen in der Literatur Die Frage, ob Planerhaltung über die §§ 214 ff. BauGB hinaus in rechtsfortbildender Weise in Betracht kommen kann, ist in der Literatur bisher nur am Rande behandelt worden. Sie dürfte als umstritten zu bezeichnen sein. Eine befriedigende argumentative Auseinandersetzung mit der Problematik ist jedoch noch nicht erfolgt. Eine Auffassung hält die §§ 214 ff. BauGB für abgeschlossen.410 Ein Richter dürfe bestimmte Fehler nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Ermächtigung für unbeachtlich halten; diese Ermächtigung finde sich (nur) in den §§ 214 ff. BauGB 4 1 1 Ferner drohten bei einer Rückkehr zu einer einzelfallabhängigen Beurteilung Verunsicherung und das Auftreten von Wertungswidersprüchen 4 1 2 Nach der Gegenmeinung soll eine richterrechtliche Rechtsfortbildung möglich bleiben. 413 Begründet wird dies damit, dass die Rechtsprechung auch nach der Schaffung der Fehlerfolgenregelungen davon ausgehe, dass es weitere Rechtsfehler bei der Aufstellung von Bauleitplänen gäbe, die nicht zu ihrer Nichtigkeit führten. 414 Des weiteren könne nicht aus der Verankerung der Planerhaltung im Baugesetzbuch geschlossen werden, dass Rechtsfortbildung in Zukunft nicht mehr in Betracht kommen dürfe. 415
2. Eigene Auffassung Die Begründungsansätze der Literatur überzeugen nicht. Nur weil die Rechtsprechung weiterhin Rechtsfortbildung im Bereich der Planerhaltung betreibt, heißt dies nicht, dass sie hierzu auch berechtigt ist. Ferner erscheint es möglich, dass die Planerhaltungsvorschriften in ihrer aktuellen Fassung Rechtsfortbildung durch die Gerichte ausschließen wollen, obwohl dies früher möglicherweise anders war. 410 Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 214, Rn. 2; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 5; im Ergebnis ebenso Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 214, Rn. 4; vgl. Gerhardt, in Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Vörb § 47, Rn. 12;; vgl. Morlok, Verfahrensfehler, S. 189 f.; Käß, Planerhaltung, S. 106 ff. Unklar bleibt allerdings, wie Käß andererseits die Verletzung von Ordnungsvorschriften daneben als unbeachtlich ansehen kann. Zudem unterscheidet er zwischen Ordnungsvorschriften und unwesentlichen Verfahrensvorschriften, vgl. S. 107. Tatsächlich besteht hier aber kein Unterschied, da der Charakter einer Norm als Ordnungsvorschrift von ihrer Wesentlichkeit abhängt, vgl. oben 3. Kapitel 2. Abschnitt A l l 1. 411 Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 214, Rn. 2; vgl. auch Käß, Planerhaltung, S. 108. 412 Käß, Planerhaltung, S. 108. 413 Gaentzsch, Festschrift Weyreuther, S. 249 (257 f., 268); ders., UPR 2001, S. 201 (209); vgl. dens., DVB1. 2000, S. 741 (748) für das Fachplanungsrecht; Battis, in Battis / Krautzberger/Löhr, BauGB, Vorb §§ 214-216, Rn. 8; Sendler, Festschrift Hoppe, S. 1011 (1014 f., 1018, 1020); vgl. Rabe, ZfBR 2001, S. 229 (230, 238); vgl. Dolde, 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, S. 429 (438). 414 Gaentzsch, Festschrift Weyreuther, S. 257 (267 f.), m. w. N. zur Rechtsprechung. 415 Sendler, Festschrift Hoppe, S. 1011 (1014 f.).
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Die Frage, ob die §§ 214 ff. BauGB ein abgeschlossenes System bilden, kann nur mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungskriterien beantwortet werden. Es ist also zu untersuchen, ob sich aus den einzelnen Vorschriften entsprechende Anhaltspunkte ergeben. a) Semantische Auslegung Wie bereits festgestellt wurde, gibt es zwar keine Norm, nach der Fehler nur nach den §§ 214 ff. BauGB unbeachtlich sein sollen, was für die Offenheit der Planerhaltungsvorschriften sprechen könnte. Andererseits geht § 214 Abs. 1 BauGB im Grundsatz von der Unbeachtlichkeit der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften aus, wenn nur die dort genannten Fehler unter bestimmten Voraussetzungen beachtlich sein sollen. Hieraus folgt zwar nicht zwingend, dass, sollte ein beachtlicher Verfahrens- oder Formfehler vorliegen, dieser stets beachtlich sein muss; ein solcher Schluss liegt aber zumindest nahe. 416 Ähnliche Erwägungen können auch für § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB gelten, wonach Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich sein sollen, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Dem Grundsatz nach sollen Mängel im Abwägungsvorgang also unerheblich sein. Andererseits folgen die übrigen Planerhaltungsvorschriften einer anderen Systematik, indem sie grundsätzlich von der Beachtlichkeit eines Fehlers ausgehen, ihn dann aber ausnahmsweise für unbeachtlich erklären. Insoweit bietet der Wortlaut der Vorschriften kein eindeutiges Ergebnis. Ein weiterer Ansatzpunkt könnte sich aus § 214 Abs. 1 a bzw. § 214 Abs. 2 BauGB ergeben. Nach diesen Normen ist eine Verletzung bestimmter Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. über das Verhältnis des Bebauungsplans zum Flächennutzungsplan ggf. auch unbeachtlich. Das Wort „auch" signalisiert, dass eine Fehlerunbeachtlichkeit nicht nur aus diesen beiden Normen, sondern darüber hinaus aus anderen Gründen in Betracht kommen kann. Unklar ist allerdings sein Bezugspunkt: Einerseits könnte er sich auf die vorstehende Vorschrift, also auf § 214 Abs. 1 BauGB beziehen, im Falle des § 214 Abs. 2 BauGB auf § 214 Abs. 1 a BauGB. 417 Das würde tendenziell dafür sprechen, dass die Planerhaltungsvorschriften ein abgeschlossenes System bilden. Andererseits könnte der Bezugspunkt die jeweils betroffene Fehlerquelle sein, so dass etwa eine Verletzung der Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung aus anderen - eben gerade nicht normierten - Gründen in Betracht kommen kann. Zur Ermittlung der sachnäheren Bedeutung darf die Satzstellung nicht unberücksichtigt bleiben. In § 214 Abs. 1 a BauGB steht das Wort „auch" hinter „Verletzung der Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung". Dies spricht eher dafür, dass das Gesetz hierin den Bezugspunkt gewählt hat und eine solche Rechtsverletzung zusätzlich aus anderen Gründen nicht ausgeschlossen sein soll. Anderenfalls 416 Vgl. Käß, Planerhaltung, S. 108. 417
Ähnlich Brachen in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1128.
2. Abschn.: B. Planerhaltung durch gesetzesimmanente Rechtsfortbildung
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hätte es sich angeboten, die Norm so zu formulieren, dass „für die Rechtswirksamkeit der Bebauungspläne auch eine Verletzung der Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung unbeachtlich" sein soll. Kurioserweise ist § 214 Abs. 2 BauGB in diesem Sinne ausgestaltet. Hier ist „für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne auch eine Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans zum Flächennutzungsplan unbeachtlich", so dass der Bezugspunkt eher in den vorherigen Vorschriften zu sehen ist. Das Gesetz lautet gerade nicht, dass „für die Rechts Wirksamkeit der Bauleitpläne eine Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans zum Flächennutzungsplan auch unbeachtlich" sein soll. Eine Planerhaltung in diesem Bereich über die Vorschrift hinaus scheint damit ausgeschlossen zu sein. Es stellt sich die Frage, welcher Schluss hieraus zu ziehen ist. Entweder misst man der unterschiedlichen Normausgestaltung keine größere Bedeutung zu; schließlich ist nicht auszuschließen, dass dem Gesetzgeber die oben dargestellten Bedeutungsunterschiede bewusst waren, zumal beide Vorschriften nicht zeitgleich erlassen wurden. Dann würde aber das Wort „auch" keine Erkenntnisse bringen. Oder man geht davon aus, dass für jede Norm einzeln ihre Abgeschlossenheit zu ermitteln ist. Dies würde hier bedeuten, dass § 214 Abs. 1 a BauGB eine Lückenschließung durch Rechtsfortbildung zulässt, § 214 Abs. 2 BauGB hingegen nicht. Insgesamt wäre die oben aufgeworfene Frage der Abgeschlossenheit der §§ 214 ff. BauGB folglich zu verneinen. Die unterschiedliche Satzstellung des Wortes „auch" in den beiden Vorschriften sollte jedoch nicht überinterpretiert werden. Das ergibt sich bereits aus den Gesetzesmaterialien. Als § 214 Abs. 2 BauGB 1986 gefasst wurde, nahm der Gesetzgeber an, dass sachliche Änderungen gegenüber der alten, weitgehend deckungsgleichen Parallelnorm des § 155 b Abs. 1 BBauG 1979 nicht bestanden,418 obwohl diese Vorschrift kein „auch" enthielt. Bezüglich § 214 Abs. 1 a BauGB finden sich darüber hinaus gar keine Aussagen, welche Bedeutung dem Wort „auch" zukommen soll. 4 1 9 Insgesamt bleibt damit unklar, ob die §§ 214 ff. BauGB abgeschlossen sind. Schließlich könnte aus § 215 a Abs. 1 BauGB ein Argument gewonnen werden. Mängel der Satzung, die nicht nach den §§214 und 215 BauGB unbeachtlich sind und die durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können, führen nicht zur Nichtigkeit der Satzungen. Die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens macht nur Sinn, wenn es überhaupt erforderlich ist; diese Notwendigkeit stellt sich nicht, wenn etwaige Mängel bereits unbeachtlich sind. Als Ursache für eine entsprechende Unbeachtlichkeit nennt § 215 a Abs. 1 BauGB nur die §§ 214 und 215 BauGB, 418 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10. Januar 1986, Bundestags-Drucksache 10/4630, S. 156; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 15. Oktober 1986, Bundestags-Drucksache 10/6166, S. 164. 419 Vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 14. November 2000, Bundestags-Drucksache 14/4599, S. 158 f.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
nicht aber sonstige Unbeachtlichkeitsgründe. Das könnte bedeuten, dass das Gesetz davon ausgeht, dass es sonstige Unbeachtlichkeitsgründe nicht gibt. Der Gesetzgeber hätte problemlos ein „oder sonst" einfügen oder sogar den ersten Teil des Relativsatzes streichen können. Eine ähnliche Erwägung ist § 216 BauGB zu entnehmen, wonach die Plangenehmigungsbehörde auch die Einhaltung der Vorschriften zu überprüfen hat, die sich nach §§214 und 215 BauGB nicht auf die Rechtswirksamkeit eines Flächennutzungsplans oder einer Satzung auswirken. Auch dies könnte bedeuten, dass allein die §§ 214 und 215 BauGB die üblichen Fehlerfolgen modifizieren, ansonsten die Pläne bei entsprechenden Fehlern aber nichtig sind. Der Sinn beider Vorschriften dürfte jedoch nicht darin zu sehen sein, die §§ 214 ff. BauGB als abgeschlossenes Fehlerfolgensystem auszugestalten. Vielmehr soll durch die Fassung des § 215 a Abs. 1 BauGB lediglich klargestellt werden, dass ein ergänzendes Verfahren erst das letzte Mittel ist, um einen nach den übrigen Vorschriften unwirksamen Plan zu retten. Ferner muss die Plangenehmigungsbehörde nach § 216 BauGB alle Vorschriften prüfen, die im Rahmen der Bauleitplanung und beim Erlass sonstiger Satzungen zu beachten sind. Anderweitige Aussagen hinsichtlich einer weitergehenden Bedeutung der Normen lassen sich auch nicht den Gesetzesmaterialien entnehmen.420
b) Systematische Auslegung Untersucht man die Systematik der §§ 214 ff. BauGB, mag es eine Rolle spielen, dass die Planerhaltungsvorschriften in einem eigenen Abschnitt des Gesetzes unter der Überschrift „Planerhaltung" zusammengefasst wurden. Unter der Prämisse, dass der Gesetzgeber sich an seine eigenen systematischen Erwägungen hält, ist davon auszugehen, dass sämtliche Normen des Baugesetzbuches, die die Planerhaltung zum Gegenstand haben, in diesem Abschnitt geregelt sind. Entsprechende Vorschriften sollten demnach an anderer Stelle des Baugesetzbuches nicht auftauchen. Weitere Schlüsse können hieraus jedoch nicht gezogen werden. Insbesondere steht nicht fest, ob etwaige Lücken der §§ 214 ff. BauGB nicht mit Hilfe richterlicher Rechtsfortbildung geschlossen werden können, da sich das systematische Argument eben nur auf die Gesetzesfassung, nicht aber auf eine mögliche Rechtsgewinnung beziehen kann. Als weiteres systematisches Argument könnte § 9 BauGB-MaßnahmenG421 dienen, der weiter reichende UnbeachtlichkeitsVorschriften als die §§ 214 ff. BauGB 420 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Dezember 1996, Bundestags-Drucksache 13/6392, S. 74, zu § 215 a BauGB; vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 29. Dezember 1978, Bundestags-Drucksache 8/2451, S. 32; vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 21. Mai 1979, Bundestags-Drucksache 8/2885, S. 46, jeweils zur Vörläuferregelung von § 216 BauGB. 421 Vgl. oben 3. Kapitel 1. Abschnitt A IV. Gleiches gilt im übrigen für § 58 Abs. 3 BauZVO, vgl. oben 3. Kapitel 1. Abschnitt A V.
2. Abschn.: B. Planerhaltung durch gesetzesimmanente Rechtsfortbildung
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vorsah. Auch wenn die Norm heute allenfalls noch Bedeutung bei Inzidentkontrollen von Bebauungsplänen haben kann, lassen sich möglicherweise dennoch Auslegungsergebnisse für die Planerhaltungsnormen des Baugesetzbuches gewinnen. Dass § 9 BauGB-MaßnahmenG eine zusätzliche befristete Unbeachtlichkeitsregelung vorsah, könnte dafür sprechen, dass eine weitere Entwicklung der allgemeinen Planerhaltungsnormen gerade nicht zulässig sein sollte. 422 Dies lässt aber nur den Schluss zu, dass der Gesetzgeber die Normen zum damaligen Zeitpunkt und in der betreffenden Form nicht in das Baugesetzbuch aufnehmen wollte. Eine analoge Anwendung des § 9 BauGB-MaßnahmenG auf Bebauungspläne nach dem Baugesetzbuch wäre mangels Regelungslücke unzulässig gewesen, da der Gesetzgeber die Vorschrift in das Baugesetzbuch hätte integrieren können. Eine sonstige Rechtsfortbildung durch Lückenschließung bei unvorhersehbaren Fehlern, die die Fehlerfolge der Nichtigkeit nicht gebieten, dürfte durch die Sondervorschrift hingegen nicht ausgeschlossen worden sein. § 9 BauGB-MaßnahmenG spricht demnach nicht dafür, dass die §§ 214 ff. BauGB ein abgeschlossenes System bilden. 423 c) Teleologische Auslegung Der Zweck der §§ 214 ff. BauGB liegt darin, die „Bestandskraft" fehlerhafter Flächennutzungspläne und städtebaulicher Satzungen zu erhöhen. Das könnte dafür sprechen, dass die Vorschriften des Baugesetzbuches für Erweiterungen durch die Rechtsprechung ohne weiteres offen sind, da die Fehleranfälligkeit entsprechender Pläne im Wege gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung weiter reduziert werden könnte. So würde es dem Zweck der Planerhaltung entsprechen, wenn die Rechtsprechung jeden Fehler für unbeachtlich erklären würde. Die Verfassungswidrigkeit eines solchen Vorgehens leuchtet jedoch unmittelbar ein: Schließlich geht es hier nur um Lückenschließung im Einzelfall und nicht darum, der Legislative ihre ureigenste Aufgabe zu entziehen. Maßgeblich muss vielmehr sein, ob der Sinn der §§ 214 ff. BauGB in ihrer aktuellen Fassung darin besteht, die Erhöhung der „Bestandskraft" ausschließlich durch diese Normen erfolgen zu lassen. Dafür würden die Aspekte der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sprechen. Jeder könnte sich darauf einstellen, dass Planungsfehler nur nach diesen Vorschriften unbeachtlich sind bzw. werden. Auf der anderen Seite hat die Rechtsprechung jedoch in der Vergangenheit planerhaltende Maßnahmen getroffen, die über die gesetzlichen Regelungen hinausgegangen sind, also nicht im Wege einfacher Gesetzesauslegung entwickelt werden konnten. Hierfür gibt es Beispiele, etwa die Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen, auf die noch einzugehen sein wird. Dass Rechtsfortbildung im Bereich der Planerhaltung jedenfalls in der Vergangenheit nicht ausgeschlossen werden sollte, ergibt sich daraus, 422 Gaentzsch, Festschrift Weyreuther, S. 249 (257). 423 So auch Gaentzsch, Festschrift Weyreuther, S. 249 (257 f.).
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
dass der Gesetzgeber die Maßnahmen der Rechtsprechung in das Gesetz übernommen hat. So ist etwa die Planreparatur in § 215 a BauGB im ergänzenden Verfahren normiert worden. 424 Dass die §§ 214 ff. BauGB eine gesetzesimmanente Rechtsfortbildung nicht ausschließen wollen, ergibt sich insbesondere aus dem Bereich der Teilnichtigkeit städtebaulicher Pläne:. Die Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches im Rahmen des BauROG 1998 hat sich mit der Frage beschäftigt, ob eine entsprechende Regelung aufgenommen werden sollte, dies aber überwiegend mit der Begründung verneint, dass sie im Hinblick auf die vorliegende, gesicherte Rechtsprechung nicht erforderlich sei. 425 Der Gesetzgeber hat sich diesen Überlegungen i. E. angeschlossen.426 Wären die Planerhaltungsvorschriften nun aber abschließend, hätte dies zur Folge, dass eine Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen seit dem Inkrafttreten des BauROG 1998 nicht mehr ausgesprochen werden dürfte. Dies erscheint aber wenig sinnvoll, auch wenn seit der Normierung des ergänzenden Verfahrens in § 215 a Abs. 1 BauGB mit weniger Teilnichtigerklärungen, dafür mehr Teilunwirksamkeitserklärungen zu rechnen i s t 4 2 7 Außerdem hält die Rechtsprechung weiter an der Rechtsfigur fest. 428 Wenn aber davon auszugehen ist, dass die Teilnichtigkeit weiterhin ein Mittel zur Planerhaltung ist, können die §§ 214 ff. BauGB kein abgeschlossenes System bilden. 429 Lückenschließung im Wege gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung wird durch die Planerhaltungsvorschriften des Baugesetzbuches daher nicht generell ausgeschlossen. Im Einzelfall ist das Vorliegen der Voraussetzungen für die Rechtsgewinnung aber genau zu prüfen. Ferner darf sie sonstige verfassungsrechtliche Grenzen nicht überschreiten.
424 Vgl. Schmidt, NVwZ 2000, S. 977 (982, 983), m. w. N. zur Rechtsprechung; vgl. Lüers, DVB1. 1998, S. 433 (443). 425 Novellierung des Baugesetzbuches, Bericht der Kommission vom 28. Oktober 1995, Rn. 111. 426 Vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Dezember 1996, BundestagsDrucksache 13/6392, S. 31, 38, 73 f.; ebenso Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 179 f. 427 Hierzu Rüde, Planreparatur, S. 85 f. 428 Vgl. aus der neueren Rechtsprechung BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1999, E 110, S. 193 (197 ff.); Beschluss vom 6. März 2000, NVwZ 2000, S. 808; Beschluss vom 1. August 2001, UPR 2002, S. 37; Beschluss vom 6. Dezember 2000, NVwZ 2001, S. 431 f.; VGH Mannheim, Beschluss vom 5. Oktober 1999, UPR 2000, S. 237 f.; OVG Lüneburg, Urteil vom 30. Mai 2001, NuR 2001, S. 648 (650 f.). 429 Gleiches wird auch für die - allerdings durch Auslegung erfolgte - Einordnung von Normen als bloße Ordnungsvorschriften zu gelten haben, vgl. oben 3. Kapitel 2. Abschnitt A I I 1.
2. Abschn.:
. Planerhaltung durch g e s e t z e s i n e Rechtsfortbildung
187
III. Anwendungsfalle 1. Teilnichtigkeit städtebaulicher Pläne a) Teilnichtigkeit
von Bebauungsplänen
aa) Problemstellung Einerseits sind die Anforderungen des Baugesetzbuches und die sie konkretisierenden Voraussetzungen der Rechtsprechung hoch, so dass den Gemeinden beim Erlass von Bebauungsplänen Fehler unterlaufen. Andererseits erscheint es so gut wie ausgeschlossen, dass eine Planung aufgrund zahlreicher Mängel völlig unbrauchbar erscheint. Nicht selten wird sie sich in einen rechtmäßigen und in einen fehlerhaften Teil aufspalten lassen. Beispielsweise mögen sich formelle oder materielle Planungsfehler nur auf einzelne bauplanerische Festsetzungen oder auf einen bestimmten räumlichen Bereich eines Bebauungsplans beziehen. Auch eine zeitlich begrenzte Unwirksamkeit kommt in Betracht, wenn eine Gemeinde etwa in> gerweise die Zulässigkeit einer rückwirkenden Inkraftsetzung einer Satzung angenommen hat. 4 3 0 Es stellt sich die Frage, wie in solchen Fällen der teilweisen Fehlerhaftigkeit zu verfahren ist. Eine spezielle, auf Bebauungspläne zugeschnittene Norm ist in den §§ 214 ff. BauGB nicht enthalten. Auch § 47 Abs. 5 S. 2 1. Hs. VwGO, bei dem es sich zwar nur um eine Tenorierungs- und keine materielle Norm handelt, unterscheidet dem Wortlaut nach nicht zwischen der gänzlichen bzw. Teilnichtigkeit. Folglich fehlt jedenfalls für den Bebauungsplan eine Norm, mit der die Nichtigkeitssanktion gemindert werden könnte.
bb) Lösungsansätze in Rechtsprechung und Literatur Die Rechtsprechung hat sich dagegen entschieden, stets die vollständige Nichtigkeit teilweise fehlerbehafteter Bebauungspläne im Rahmen von Normenkontrollentscheidungen festzustellen. Vielmehr hat sie im Wege richterlicher Rechtsfortbildung das auch von der Literatur befürwortete Institut der Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen geschaffen. Diese Rechtsfolge wird an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft. 431 430 OVG Lüneburg, Urteil vom 17. Dezember 1998, BRS 60, Nr. 42 (S. 158); BVerwG, Beschluss vom 1. August 2001, UPR 2002, S. 37, zu einer Veränderungssperre; vgl. Beschluss vom 7. November 1997, UPR 1998, S. 114; vgl. Berliner Kommentar zum BauGB 1998, § 215 a, Rn. 17. Siehe andererseits BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 2000, UPR 2001, S. 152 f., gegen eine befristete „Nichtigkeit auf Zeit". 431 Grundlegende Bedeutung kommt insoweit BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1989, E 82, S. 225 ff. zu. Siehe zu den Voraussetzungen auch Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 140 ff.; Rüde, Planreparatur, S. 85 ff.; Wilke, Festschrift Schlichter, S. 567 ff.; Stüer, Der Bebauungs-
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(1) Isolierbarkeit
3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
der Fehlerwirkung
Eine etwaige Teilnichtigkeit eines Bebauungsplans setze zunächst voraus, dass sich der Planungsfehler auf einzelne Festsetzungen begrenzen lasse. 432 Könne sich m. a. W. die Fehlerwirkung nicht isolieren lassen, weil alle Festsetzungen unter demselben Fehler litten, sei der Plan vollständig nichtig. 433 Beachtliche formelle Fehler führten deshalb regelmäßig zur vollständigen Nichtigkeit, da sie sich grundsätzlich nicht auf einzelne Planfestsetzungen beschränken ließen. 434 Ausnahmen kämen jedoch insbesondere dann in Betracht, wenn ein Plan zwischen seiner Aufstellung und seinem Inkrafttreten geändert werde und der Gemeinde hierbei ein Verfahrensfehler unterlaufe; in einem solchen Fall liege es nahe, dass sich der Fehler nur auf die Planänderung beziehe und deshalb isoliert werden könne. 435 Dies dürfte auch für sonstige Planänderungen oder Planergänzungen i. S. d. § 13 BauGB gelten, sofern sie sich auf einen Teilbereich des Plans beschränken. 436 Eine andere Ausgangslage stelle sich bei materiellen Fehlern. Diese ließen sich eher auf einzelne Festsetzungen isolieren 4 3 7 Beispielsweise könne sich eine Festsetzung über das Maß der baulichen Nutzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB lediglich auf einen bestimmten räumlichen Bereich eines Bebauungsplans beschränken, so dass die übrigen Bereiche von ihr nicht betroffen seien. Auch beachtliche Abwägungsmängel könnten sich auf Planteile beschränken. Im Einzelfall müsse die Isolierbarkeit des Fehlers aber genau geprüft werden. (2) Teilbarkeit
des Bebauungsplans
Ist die Isolierbarkeit eines Fehlers positiv beantwortet worden, stelle sich die Frage, ob der fehlerfreie Teil wirksam bleiben könne. Dies sei ausgeschlossen, wenn der Planrest ohne den nichtigen Teil nicht sinnvoll bestehen könne. 438 Hierbei sei es unerheblich, ob die Festsetzungen, gegen die bei isolierter Betrachtung keine Bedenken bestünden, für einzelne Grundstücke noch einen Sinn ergäben. Zu würdigen seien vielmehr die Festsetzungen in ihrer Bedeutung, die sie für den Plan plan, Rn. 348 f.; ders., Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 569 ff.; Hoppe, in Hoppe/Grotefels, Bauplanungsrecht, § 7, Rn. 175; Bracher, in Bracher/Geizer/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1099 ff.; Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, § 10, Rn. 8; Jäde, in Jäde/ Dirnberger/Weiß, BauGB, § 30, Rn. 89 ff.; W. Schrödter, in Schrödter, BauGB, § 10, Rn. 27; Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 10, Rn. 15; J. Schmidt, in Eyermann, VwGO, § 10, Rn. 93; Gerhardt, in Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 47, Rn. 110. 432 BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1989, E 82, S. 225 (227). 433 Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 455; Wilke, Festschrift Schlichter, S. 567 (569 f.). 434 BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1989, E 82, S. 225 (228). 435 BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1989, E 82, S. 225 (228). 436 Vgl. Gierke, in Brügelmann, § 10, Rn. 456. 437 Wilke, Festschrift Schlichter, S. 567 (570 f.); Gierke, in Brügelmann, § 10, Rn. 457 f. 438 Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1972, E 40, S. 268 (274).
2. Abschn.: B. Planerhaltung durch gesetzesimmanente Rechtsfortbildung
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in seiner Gesamtheit hätten. 439 Es komme darauf an, ob die fehlerhaften Festsetzungen mit den fehlerfreien Festsetzungen in einem untrennbaren Regelungszusammenhang stünden.440 Bestehe dieser Zusammenhang, bleibe es auch dann bei der Gesamtnichtigkeit, wenn die von der fehlerhaften Festsetzung betroffene Fläche im Verhältnis zur übrigen Fläche nur gering sei. 441 Die unbedenklichen Festsetzungen müssten ihrerseits noch eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs i. S. d. § 1 BauGB gewährleisten. 442 Dies sei nicht anzunehmen, wenn die Nichtigkeit einzelner Festsetzungen das Planungskonzept in seinem Kerngehalt treffe, so dass nur noch ein Planungstorso übrigbleibe. 443 Der Kern des Planungskonzepts sei regelmäßig betroffen, wenn die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung unwirksam sei. 444 Andererseits könne die Teilbarkeit des Bebauungsplans angenommen werden, wenn sich die Nichtigkeit auf einen räumlichen Teilbereich an der Peripherie des Plangebiets beschränke. 445 (3) Vereinbarkeit
mit dem mutmaßlichen Willen des Plangebers
Diese objektiven Voraussetzungen genügten noch nicht, um die Teilnichtigkeit eines Bebauungsplans annehmen zu können. Vielmehr müsse noch ein subjektives Element hinzukommen. Die Planung könne nur dann teilweise aufrechterhalten werden, wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen entsprechenden Teilplan erlassen hätte. 4 4 6 Hierdurch solle vermieden werden, dass die Gerichte die Wirksamkeit eines Teilplans bestätigten, den die Gemeinde in dieser Form möglicherweise gar nicht beschlossen hätte. Das würde aber nicht nur einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG bedeuten, sondern auch einen Eingriff in die kommunale Planungshoheit nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG: Die Gerichte könnten den Gemeinden so einen Bebauungsplan mit einem bestimmten Planinhalt aufzwingen. Zwar wäre es der Gemeinde unbenommen, einen solchen Plan aufzuheben oder zu ändern; sie müsste jedoch aufgrund des § 2 Abs. 4 «9 Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1977, E 54, S. 5 (11), zur Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans. 440 BVerwG, Beschluss vom 8. August 1989, NVwZ 1990, S. 159 (160). 441 BVerwG, Beschluss vom 6. April 1993, NVwZ 1994, S. 272. 442 BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1989, E 82, S. 225 (230); Beschluss vom 8. August 1989, NVwZ 1990, S. 159 (160); vgl. Urteil vom 6. Juli 1984, DVB1. 1985, S. 112 (114). 443 BVerwG, Beschluss vom 8. August 1989, NVwZ 1990, S. 159 (160). 444 BVerwG, Beschluss vom 8. August 1989, NVwZ 1990, S. 159 (160). 445 BVerwG, Beschluss vom 4. Januar 1994, NVwZ 1994, S. 684 f., für einen Bebauungsplan, der lediglich im Randbereich unzulässige Planzeichen enthielt. Siehe weitere Beispiele bei Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 459. 446 BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1989, E 82, S. 225 (230); Beschluss vom 6. April 1993, NVwZ 1994, S. 272.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
BauGB grundsätzlich ein vollständiges Verfahren durchführen, 447 ein einfacher Gemeinderatsbeschluss würde insoweit nicht genügen.
cc) Bewertung (1) Teilnichtigkeit
als Konkretisierung
eines Grundsatzes der Planerhaltung
Die Möglichkeit, Bebauungspläne nur für teilweise nichtig zu erklären, ist zu begrüßen. Sie führt dazu, dass die fehlerfreien Planteile die von der Gemeinde beabsichtigten Wirkungen entfalten können. Zwar besteht das geltungserhaltende Element letztlich lediglich darin, eine Planung in einen fehlerfreien und einen fehlerbehafteten Teil aufzuspalten, wobei letzterer gerade nicht aufrechterhalten wird. Die Tatsache, dass der Bebauungsplan ursprünglich als einheitliche Rechtsnorm erlassen wurde, ändert hieran nichts, da materiell schließlich gerade Voraussetzung der Teilnichtigkeit ist, dass der Plan entsprechend aufgeteilt werden kann, ferner, dass die Gemeinde nach ihrem mutmaßlichen Willen den rechtmäßigen Planteil im Zweifel auch allein beschlossen hätte. Dennoch kann hinter dem Aspekt der Teilnichtigkeit das offene Prinzip der Planerhaltung ausgemacht werden, 448 da sonst die Annahme der gänzlichen Nichtigkeit eines Bebauungsplans nahe liegen würde, was im Hinblick auf die Fehlerfreiheit eines Planteils als unverhältnismäßig erschiene.
(2) Methodische Begründung der Teilnichtigkeit Weitaus interessanter ist aber die Frage, wie in methodischer Hinsicht die bloße Teilnichtigkeit eines Bebauungsplans begründet werden kann. Die Fehlerfolgenbegrenzung auf den rechtswidrigen Teil eines Rechtsaktes ist an sich kein ungewöhnliches Phänomen, an verschiedenen Stellen der Rechtsordnung finden sich entsprechende Regelungen: Nach § 139 BGB führt die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts zur vollständigen Nichtigkeit, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Eine vergleichbare Regelung trifft § 59 Abs. 3 VwVfG für den öffentlich-rechtlichen Vertrag. Des weiteren bestimmt § 44 Abs. 4 VwVfG, dass ein teilweise nichtiger Verwaltungsakt im ganzen nichtig ist, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. Eine spezielle Regelung für den Bebauungsplan ist im Baugesetzbuch nicht enthalten; es existiert noch nicht einmal eine allgemeine materielle Teilnichtigkeitsregelung für Rechtsnormen. Sie kann auch nicht durch eine einfache Geset447
Vgl. hierzu Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 6 III 2 bzw. IV 2. Novellierung des Baugesetzbuches, Bericht der Kommission vom 28. Oktober 1995, Rn. 111; Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (107, 109); ders., Abwägung im Recht, S. 133 (154). 448
2. Abschn.:
. Planerhaltung durch g e s e t z e s i n e Rechtsfortbildung
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zesauslegung entwickelt werden. Auch die Tenorierungsvorschriften des Prozessrechts stellen sich insoweit uneinheitlich dar. 449 Dies hat auch das Bundesverwaltungsgericht erkannt. Die methodische Begründung für die Zulässigkeit der teilweisen Nichtigkeit von Bebauungsplänen wird auf „die allgemeinen Grundsätze über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (vgl. auch § 139 B G B ) " 4 5 0 gestützt. Das erscheint dürftig. Insbesondere der Verweis auf § 139 BGB ist abzulehnen: Zum einen ist § 139 BGB Ausfluss der Privatautonomie, während der Erlass eines Bebauungsplans sich nach den Vorschriften des öffentlichen Rechts richtet.451 Erstere geht von einem Gleichrangigkeitsverhältnis der Beteiligten, letztere grundsätzlich von einem Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürger aus. Schwerwiegender ist allerdings die Tatsache, dass zur Begründung der Teilwirksamkeit eines Bebauungsplans eine Norm herangezogen wird, die grundsätzlich vom Gegenteil, nämlich der Gesamtnichtigkeit des Rechtsgeschäfts ausgeht.452 Sachnäher könnte insoweit eine analoge Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG erscheinen. Diese Vorschrift weist nicht die Nachteile des § 139 BGB auf. Zum einen gehört sie zu den Normen des öffentlichen Rechts, zum anderen geht sie im Grundsatz von der Teilwirksamkeit des betroffenen Rechtsaktes aus. 453 Unmittelbar auf einen fehlerhaften Bebauungsplan kann § 44 Abs. 4 VwVfG jedoch nicht angewandt werden, da die Norm nur für Verwaltungsakte, nicht aber für Satzungen gilt. Im folgenden ist daher zu prüfen, ob eine analoge Anwendung der Vorschrift zulässig ist. 4 5 4
449 Nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO hebt das Gericht einen Verwaltungsakt auf, soweit er rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Zu § 47 Abs. 5 S. 2 1. Hs. VwGO vgl. oben 3. Kapitel 2. Abschnitt B III 1 a) aa). Im Verfassungsprozessrecht ist die Möglichkeit der Teilnichtigkeit vorgesehen. Zwar lässt sich dies § 95 Abs. 3 S. 1 BVerfGG nicht entnehmen, wohl aber § 78 S. 1 und 2 BVerfGG. Grundsätzlich ist mit dem Grundgesetz oder dem sonstigen Bundesrecht unvereinbares Bundesrecht für nichtig zu erklären, was für eine Gesamtnichtigkeit sprechen könnte. Nach § 78 S. 2 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht aber weitere Bestimmungen des gleichen Gesetzes für nichtig erklären, wenn sie aus denselben Gründen mit höherrangigem Recht unvereinbar sind. § 78 S. 1 BVerfGG geht damit vom Grundsatz der Teilnichtigkeit aus, Kintrup, Teilnichtigkeit, 12 f.; Stober, JA 1979, S. 416 (422). Die Vorschrift wird sinngemäß auch bei § 95 Abs. 3 BVerfGG angewandt, BVerfG, Beschluss vom 12. Januar 1965, E 18, S. 288 (300). 4 50 BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1989, E 82, S. 225 (230). 451 Gern, NVwZ 1987, S. 851 (852 f.). 452 Gern, NVwZ 1987, S. 851 f.; Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 175; Stober, JA 1979, S. 416 (421). 453 Hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 44, Rn. 60; Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 44, Rn. 194; Schäfer, in Obermayer, VwVfG, § 44, Rn. 78. 454 Ausführlich Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 176 ff.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
(a) Vorliegen einer Regelungslücke Zunächst müssen die §§ 214 ff. BauGB eine Regelung vermissen lassen, die nach der zugrundeliegenden Regelungsabsicht eine solche erfordert hätte. 455 Es findet sich dort keine Vorschrift, die die Möglichkeit teilweiser Nichtigkeit eines Bebauungsplans vorsieht. Insbesondere trifft dies auch nicht auf das ergänzende Verfahren nach § 215 a BauGB zu, das als Fehlerfolge lediglich die (schwebende) (Gesamt-)Unwirksamkeit des Rechtsakts vorsieht. Das Gesetz ist demnach unvollständig. Ferner muss das Gesetz planwidrig unvollständig sein, d. h. dass der Gesetzgeber die regelungsbedürftige Frage übersehen haben oder irrtümlicherweise bereits für geregelt halten muss. 456 In diesem Fall kann die Regelungslücke mit Hilfe des anzunehmenden Willens des Gesetzes geschlossen werden. Andererseits kann der Gesetzgeber das Problem bereits gekannt und ganz bewusst auf eine Regelung verzichtet haben. Dann liegt eine bewusste Regelungslücke vor. 4 5 7 Entweder, weil die Lösung schwieriger Probleme der Rechtsprechung und der Rechtswissenschaft überlassen oder weil eben keine Regelung getroffen werden sollte. Nur im ersteren Fall kann - hier soll sie es sogar - die Lücke im Wege gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung geschlossen werden. 458 Es wurde bereits erwähnt, dass die Kommission zur Novellierung des Baugesetzbuches im Rahmen des BauROG 1998 sich mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob eine Regelung zur Teilnichtigkeit in die §§ 214 ff. BauGB aufgenommen werden sollte, dann aber ganz bewusst wegen der vorliegenden, gefestigten Rechtsprechung darauf verzichtet hat. 4 5 9 Diesen Erwägungen hat sich der Gesetzgeber angeschlossen. Folglich liegt eine bewusste Regelungslücke vor, die grundsätzlich im Wege gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung geschlossen werden darf. (b) Bestehen einer vergleichbaren Interessenlage Die Gesetzeslücke muss aber gerade durch eine analoge Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG geschlossen werden können. Dies setzt voraus, dass die Norm zu dem nicht geregelten Sachverhalt eine so wesensähnliche Beziehung aufweist, dass ihre Anwendung auf den nicht geregelten Fall gerechtfertigt erscheint. 460 Diese beiden Tatbestände müssen also in den für die rechtliche Bewertung maßgebenden Hinsichten übereinstimmen. Die in der gesetzlichen Wertung liegenden maßgeb455 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 372 f. 456 Larenz, Methodenlehre, S. 379; vgl. Schmalz, Methodenlehre, Rn. 385 ff. 45V Blasius/Büchner, Verwaltungsrechtliche Methodenlehre, S. 170 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 379; Canaris, Lücken im Gesetz, S. 198; vgl. Schmalz, Methodenlehre, Rn. 383. 458 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 374. 459 Novellierung des Baugesetzbuches, Bericht der Kommission vom 28. Oktober 1995, Rn. 111. 460 Blasisus /Büchner, Verwaltungsrechtliche Methodenlehre, S. 175.
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liehen Hinsichten bedürfen folglich der Offenlegung; im Anschluss ist festzustellen, ob der zu beurteilende Sachverhalt dem gesetzlich geregelten in diesen Hinsichten gleicht und ob die verbleibenden Unterschiede nicht von solcher Art sind, dass sie die gesetzliche Wertung für den zu beurteilenden Fall ausschließen.461 Konkret stellt sich also die Frage, ob die in § 44 Abs. 4 VwVfG geregelte Teilnichtigkeit von Verwaltungsakten dem nicht geregelten Sachverhalt der teilweisen Nichtigkeit eines Bebauungsplans so ähnlich ist, dass die Norm auch auf den nicht geregelten Sachverhalt angewandt werden kann. Die ratio des § 44 Abs. 4 VwVfG besteht darin, im Interesse der Rechtssicherheit und des öffentlichen Interesses am Bestand von Hoheitsakten die nicht von der Nichtigkeit betroffenen Teile eines Verwaltungsaktes nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten. 462 Genau dieser Zweck soll auch mit einer Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen erreicht werden. Auch er ist ebenso wie ein Verwaltungsakt ein Hoheitsakt mit Regelungswirkung. 463 Rechtssicherheit und öffentliches Interesse gebieten auch bei Bebauungsplänen, dass die fehlerfreien Teile Aussagekraft entfalten können. Insoweit ist von einer wesentlichen Vergleichbarkeit auszugehen. Satzung und Verwaltungsakt unterscheiden sich in der Form ihrer Regelungswirkung: Ein Verwaltungsakt trifft konkret-individuelle, eine Satzung abstrakt-generelle Regelungen. Dies dürfte aber nicht dazu führen, die wesensmäßige Vergleichbarkeit der Sachverhalte und damit eine analoge Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG auszuschließen. Eine vollständige Deckungsgleichheit der Normvoraussetzungen kann ohnehin nicht verlangt werden, da in einem solchen Fall die Vorschrift nicht analog, sondern unmittelbar anwendbar wäre. Außerdem hat sich der Gesetzgeber nur in formeller Hinsicht dazu entschieden, dass Bebauungspläne nach § 10 Abs. 1 BaüGB als Satzung beschlossen werden. Materiell können solche Pläne durchaus konkret-individuelle Regelungen enthalten, 464 ohne dass dies etwas am formellen Satzungscharakter ändert. Ferner bestehen unterschiedliche Erlassvoraussetzungen für Verwaltungsakt und Rechtsnorm. Ersterer ist entweder strikt gesetzesgebunden oder normgebundene Ermessensentscheidung, letzterer beruht weitgehend auf normgeberischer Gestaltungsfreiheit. Dies könnte eine analoge Anwendung ausschließen: Rechtspolitische Erwägungen spielen beim Satzungserlass eine viel größere Rolle als beim Verwaltungsakt, was dazu führen kann, dass eine Gemeinde einen Teilbebauungsplan auch dann beschlossen hätte, wenn der nichtige Teil wesentlich i. S. d. § 44 Abs. 4 461 Larenz, Methodenlehre, S. 381 f. 462 Kopp/Ramsauer y VwVfG, § 44, Rn. 60; Hubert Meyer, in Knack, VwVfG, § 44, Rn. 54; vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 18. Juli 1973, Bundestags-Drucksache 7/910, S. 65. 4
63 Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 181. 464 Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 28 ff.; vgl. Lohr, in Battis/Krautzberger/ Lohr, BauGB, § 10, Rn. 2; vgl. Bielenberg / Krautzberger, in Battis/Krautzberger/Lohr, BauGB, § 10, Rn. 1 ff. 13 Steinwede
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VwVfG gewesen wäre. 465 Bedenken bestehen m. a. W., ob durch die analoge Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG die Einhaltung des Gewaltenteilungsprinzips bzw. der kommunalen Planungshoheit gewährleistet werden kann. Einer Gemeinde soll nach der Rechtsprechung kein Teilbebauungsplan aufgedrängt werden, den sie so nicht erlassen hätte. Dabei wird auf den mutmaßlichen Willen der Gemeinde abgestellt. Der Teilnichtigkeitsregelung für Verwaltungsakte liegt ein anderes Verständnis zugrunde: Der Verwaltungsakt ist im ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. Nach ganz herrschender Auffassung kommt es für die Frage der Wesentlichkeit des nichtigen Teils allerdings nicht auf den tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen der Behörde an, sondern auf den mutmaßlichen Willen einer sachgemäß entscheidenden Behörde. 466 Dieses gemischt objektiv-subjektive Verständnis würde bei einer analogen Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG auf Bebauungspläne auch zu gelten haben. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die hypothetische Frage, ob ein entsprechender Teilplan erlassen worden wäre, von einer sachgemäß entscheidenden Gemeinde anders als von der tatsächlich planenden Gemeinde beurteilt werden würde. Sähe man hierin einen Eingriff in Gewaltenteilung und kommunale Planungshoheit, dürfte es an einer wesentlich vergleichbaren Interessenlage fehlen und eine analoge Anwendbarkeit des § 44 Abs. 4 VwVfG wäre abzulehnen. Tatsächlich dürften die Unterschiede zwischen einer sachgemäß handelnden und der konkret handelnden Gemeinde aber so groß nicht sein. So bleiben die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht unberücksichtigt, wenn auf eine sachgemäß entscheidende Gemeinde abgestellt wird; es werden lediglich rechtswidrige bzw. nicht erkennbare Vorstellungen und Motivationen ausgeblendet.467 Wenn die Gemeinde aber rechtmäßig und erkennbar auf den Erlass eines Teilplans verzichtet hätte, bleibt es auch bei der Folge der Gesamtnichtigkeit. Ein Verzicht ist nur in den Grenzen des § 1 Abs. 3 BauGB zulässig. Das Bestehen einer Planungspflicht i. d. S. bestimmt sich wiederum nach der planerischen Konzeption der Gemeinde,468 was zur Folge hat, dass es wesentlich in ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit liegt, ob eine bestimmte Planung geboten ist oder nicht. 4 6 9 Daher bestehen keine Bedenken, die Überlegung, dass es zur Bestimmung der Wesentlichkeit des nichti465 So Gern, NVwZ 1987, S. 851 (853). 466 Hubert Meyer, in Knack, VwVfG, § 44, Rn. 55; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 44, Rn. 61; Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 44, Rn. 195 f.; Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15, Rn. 31; Laubinger, VerwArch 1982, S. 345 (367). Der von Stober, JA 1979, S. 416 (417 f.), und Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 110 ff., jeweils m. w. N., dargestellte Streit zwischen Willenstheorie, objektiver Theorie und herrschender Erklärungstheorie dürfte mittlerweile zu vernachlässigen sein. 467 Vgl. Kintrup, Teilnichtigkeit, S. 112 f., 115 f. 468 BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1971, BauR 1971, S. 182 (185); Beschluss vom 18. Dezember 1990, BauR 1991, S. 165 (168). 469 Koch/Hendler, Baurecht, § 13, Rn. 1; Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 5 II 1; Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 127.
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gen Teils eines Verwaltungsaktes auf gemischt subjektiv-objektive Vorstellungen ankommt, auf Bebauungspläne zu übertragen. Planungshoheit und Gewaltenteilung bleiben gewahrt. Insgesamt ist von einer im wesentlichen vergleichbaren Interessenlage zwischen dem geregelten Fall der Teilnichtigkeit von Verwaltungsakten und dem nicht geregelten Fall der Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen auszugehen. (c) Ergebnis § 44 Abs. 4 VwVfG kann - in der Auslegung der h. M. - analog herangezogen werden, um zu bestimmen, ob ein teilweise nichtiger Bebauungsplan vollständig nichtig ist oder teilweise aufrechterhalten werden kann: Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Bebauungsplans, so ist er im ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Gemeinde den Bebauungsplan ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. Dieses Ergebnis begegnet auch sonst keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. (3) Vereinbarkeit der Rechtsprechung mit den Vorgaben des § 44 Abs. 4 VwVfG Nachdem festgestellt wurde, dass die Gesetzeslücke der Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen durch analoge Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG rechtsfortbildend geschlossen werden kann, ist zu prüfen, ob der oben dargestellte Lösungsansatz von Rechtsprechung und Literatur diesen Anforderungen entspricht. § 44 Abs. 4 VwVfG bestimmt nicht, unter welchen Voraussetzungen die Nichtigkeit nur einen Teil eines Verwaltungsakts erfasst; die Vorschrift setzt diese Möglichkeit lediglich voraus. 470 Teilnichtigkeit kann nur in Betracht kommen, wenn sich der Fehler eines Verwaltungsakts nicht auf den ganzen Rechtsakt bezieht; die Fehlerwirkung muss sich isolieren lassen; des weiteren muss er überhaupt teilbar sein. 471 Bei analoger Anwendung der Vorschrift müssen diese Überlegungen auch für einen fehlerhaften Bebauungsplan gelten: Die Fehlerwirkung muss sich isolieren lassen, ferner muss der Bebauungsplan teilbar sein. Insoweit kann die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Teilnichtigkeit gar nicht gegen die von § 44 Abs. 4 VwVfG gemachten Vorgaben verstoßen. Insbesondere kann sich die Teilbarkeit eines Bebauungsplans nach materiellen Kriterien richten, indem darauf abgestellt wird, ob der Teilbebauungsplan ohne den nichtigen Teil noch sinnvoll ist. Ferner bestimmt § 44 Abs. 4 VwVfG, dass der gesamte Verwaltungsakt nichtig ist, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt 470 Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 44, Rn. 200. 471 Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 44, Rn. 199. 13=
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. Übertragen auf den Bebauungsplan bedeutet dies, dass der gesamte Bebauungsplan nichtig ist, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Gemeinde ihn ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. Wie bereits erörtert, kommt es darauf an, welche Entscheidung eine sachgemäß handelnde Behörde mutmaßlich getroffen hätte. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtigt demgegenüber allein den im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen der Gemeinde. Insoweit besteht eine Diskrepanz zwischen den Vorgaben des § 44 Abs. 4 VwVfG bei analoger Anwendung und dem Vorgehen des Bundesverwaltungsgerichts. Sie kann allein dadurch beseitigt werden, dass in Zukunft auch für Bebauungspläne nach der gemischten Theorie darauf abgestellt wird, ob eine sachgemäß entscheidende Gemeinde einen entsprechenden Teilbebauungsplan erlassen hätte. Hierbei kommt es nicht nur auf den mutmaßlichen Willen der Gemeinde, sondern auch auf objektive Umstände an, um rechtswidrige Vorstellungen oder Motivationen auszublenden. Demnach entspricht der Lösungsansatz von Rechtsprechung und Literatur nicht völlig den Vorgaben, die durch § 44 Abs. 4 VwVfG analog auferlegt werden, um die Zulässigkeit eines lediglich teilnichtigen Bebauungsplans zu begründen. Die Gerichte sollten daher über eine Anpassung ihrer Rechtsprechung an die Vorgaben des § 44 Abs. 4 VwVfG nachdenken.
b) Teilnichtigkeit
von Flächennutzungsplänen
aa) Problemstellung Auch bei Flächennutzungsplänen ist es denkbar, dass sich etwaige Planungsfehler nur auf einzelne räumliche Bereiche oder sachliche Festsetzungen beziehen. Ebenso können sie unzulässigerweise mit Rückwirkung in Kraft gesetzt worden sein. Zwar lässt sich der vorbereitende Bauleitplan nicht in die herkömmlichen Kategorien von Verwaltungsakt, Satzung, Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift einordnen, vielmehr handelt es sich nach allgemeiner Auffassung um einen Rechtsakt sui generis. 472 Insoweit könnte daher die grundsätzliche Fehlerfolge der Nichtigkeit bezweifelt werden. Der Gesetzgeber des Baugesetzbuches ist jedoch offensichtlich von dieser Folge ausgegangen, hat er doch den Flächennutzungsplan in den §§ 214 ff. BauGB ausdrücklich mit einbezogen, was sonst nicht erforderlich gewesen wäre. Dementsprechend ist als Fehlerfolge auch die Teilnichtigkeit eines Flächennutzungsplans in Betracht zu ziehen, sie ist sogar im Sinne einer effektiven Planerhaltung geboten. Genau wie beim Bebauungsplan enthalten die §§ 214 ff. BauGB jedoch keine diesbezügliche Regelung. Möglicherweise lassen sich die Überlegungen zu einer analogen Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG hierher übertragen. 472 Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5, Rn. 45; Bielenberg/Softer, in Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 5, Rn. 7; Grauvogel, in Brügelmann, BauGB, § 5, Rn. 156 ff.
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bb) Lösungsansätze in Rechtsprechung und Literatur Anders als beim Bebauungsplan findet eine Auseinandersetzung mit dieser Thematik in Rechtsprechung und Literatur kaum statt. Im Hinblick auf die Judikatur verwundert dies allerdings wenig. Die Einordnung des Flächennutzungsplans als Rechtsakt sui generis hat erhebliche Auswirkungen hinsichtlich des Rechtsschutzes: Eine unmittelbare gerichtliche Kontrolle nach § 47 VwGO ist für den Bürger 4 7 3 nicht möglich, der Plan kann lediglich inzident etwa im Rahmen einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage betreffend einer Einzelentscheidung überprüft werden. 474 Folglich besteht für die Rechtsprechung kaum Anlass, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein fehlerhafter Flächennutzungsplan vollständig oder teilweise nichtig ist, da seine Rechtmäßigkeit regelmäßig nur Vorfrage für die eigentliche Entscheidung ist. Dennoch wird die Möglichkeit der Teilnichtigkeit von Flächennutzungsplänen nicht ausgeschlossen.475 Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall sein soll, bleibt allerdings offen. Auch in der Literatur finden sich nur vereinzelte Stellungnahmen. Teilweise werden die Voraussetzungen der Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen undifferenziert übernommen. 476 Teilweise wird eine zusätzliche Berücksichtigung der Besonderheiten des Flächennutzungsplans gefordert: Er habe - anders als ein Bebauungsplan - nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB die Aufgabe, die sich für das ganze Gemeindegebiet aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Eine Teilplanung sei nach § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB nur zulässig, wenn dadurch die Grundzüge der geplanten Art der Bodennutzung nicht berührt würden und die Gemeinde beabsichtige, die Darstellung zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen. Diese Überlegung habe entsprechend für einen nur teilweise nichtigen Flächennutzungsplan zu gelten. Teilnichtigkeit komme nur dann in Betracht, wenn durch den Fortfall des fehlerhaften Teils die nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB darzustellenden Grundzüge nicht berührt würden. Der fehlerfreie Teil müsse noch ein tragfähiges Bodennutzungskonzept für die geordnete städtebauliche Entwicklung der Gemeinde sein. 477 473 Eine Nachbargemeinde kann allerdings wegen der Darstellungen eines Flächennutzungsplans Feststellungsklage erheben, soweit sie die aus § 2 Abs. 2 BauGB begründete Pflicht zur Abstimmung verletzt sieht, Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, § 5, Rn. 46; Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 234. 474 Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, § 5, Rn. 46; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 2221; Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 224; vgl. Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 7 V 3. 475 Diese wird in einigen Entscheidungen angedeutet, allerdings ohne nähere Begründung, vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 1998, NVwZ 1998, S. 960 (961); OVG Lüneburg, Urteil vom 30. Oktober 1997, ZUR 1998, S. 83 (85); VGH Mannheim, Urteil vom 2. März 1993, NVwZ 1994, S. 797 (798). 47 6 So Rüde, Planreparatur, S. 86. 477
Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 6, Rn. 21.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
cc) Bewertung Die Zulässigkeit der Rechtsfigur eines teilnichtigen Flächennutzungsplans hängt davon ab, ob sich diese Fehlerfolge im Wege gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung herleiten lässt. Nachdem die Teilnichtigkeit eines Bebauungsplans auf eine analoge Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG gestützt werden konnte, ist zu prüfen, ob diese Möglichkeit auch für Flächennutzungspläne besteht. (1) Vorliegen einer Regelungslücke Das Baugesetzbuch trifft in einzelnen Vorschriften Regelungen zu sogenannten Teil-Flächennutzungsplänen, vgl. §§ 5 Abs. 1 S. 2, 6 Abs. 3, 6 Abs. 4 S. 1, 204 Abs. 2 BauGB. Sie betreffen die Aufstellung entsprechender Teilpläne bzw. die Frage der Wirksamkeit im Falle einer Gemeindegebiets- oder -bestandsänderung oder eines Zuständigkeitswechseis; es besteht aber keine Regelung für den Fall der teilweisen Unwirksamkeit eines Flächennutzungsplans.478 Insbesondere die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 ff. BauGB schweigen zur Frage der Teilnichtigkeit eines Flächennutzungsplans, was grundsätzlich zur Folge haben müsste, dass ein teilweise nichtiger Flächennutzungsplan vollständig nichtig ist. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, hat sich die Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches im Rahmen des BauROG 1998 mit der Frage beschäftigt, ob eine Norm zur Teilnichtigkeit von Plänen geschaffen werden sollte, dies jedoch im Hinblick auf die vorliegende Rechtsprechung abgelehnt; der Gesetzgeber hat sich dem angeschlossen.479 Insoweit kann auch hier von einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes ausgegangen werden: Es soll der Rechtsprechung obliegen, die Voraussetzungen für die Teilnichtigkeit beizubehalten und ggf. weiterzuentwickeln. (2) Bestehen einer vergleichbaren Interessenlage (a) Analoge Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG Eine analoge Anwendbarkeit des § 44 Abs. 4 VwVfG setzt weiter das Bestehen einer im wesentlichen vergleichbaren Interessenlage voraus. Es ist also zu prüfen, ob der geregelte Fall der Teilnichtigkeit eines Verwaltungsakts mit dem nicht 478
Am ehesten dürfte § 6 Abs. 3 BauGB einer Teilnichtigkeitsregelung entsprechen. Hier kann die höhere Verwaltungsbehörde räumliche oder sachliche Teile des Flächennutzungsplans von der Genehmigung ausnehmen, wenn Versagungsgründe nicht ausgeräumt werden können. Insoweit wird der Flächennutzungsplan teilweise genehmigt, teilweise wird ihm die Genehmigung versagt. Da das Verfahren erst mit der auf die Genehmigung erfolgenden Bekanntmachung abgeschlossen wird, vgl. § 6 Abs. 5 S. 2 BauGB, handelt es sich jedoch nicht um eine Teilnichtigkeitsregelung im eigentlichen Sinne. 47
9 Vgl. oben 3. Kapitel 2. Abschnitt B I I 2 c).
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geregelten Fall der Teilnichtigkeit eines Flächennutzungsplans so vergleichbar ist, dass dies eine Anwendung auf den nicht geregelten Fall rechtfertigt. § 44 Abs. 4 VwVfG trifft eine Fehlerfolgenregelung. Unter bestimmten Voraussetzungen soll die Nichtigkeit eines Teils eines Verwaltungsakts den übrigen Teil in seiner Wirksamkeit unberührt lassen. Von der Rechtsfolge her passt diese Norm zu der erforderlichen Regelung: ein teilweise nichtiger Flächennutzungsplan soll nicht stets die Gesamtnichtigkeit zur Folge haben. In beiden Fällen soll die Rechtsfolge der Aufrechterhaltung von Rechtsakten dienen. § 44 Abs. 4 VwVfG geht weiter davon aus, dass Gesamtnichtigkeit die Ausnahme, Teilnichtigkeit der Regelfall sein soll. Ob dieser Gedanke auch für einen fehlerhaften Flächennutzungsplan angenommen werden kann, erscheint zweifelhaft. Vielmehr lassen sich den Vorschriften des Baugesetzbuches Anhaltspunkte entnehmen, dass ein teilweise unwirksamer Flächennutzungsplan im Regelfall die Gesamtnichtigkeit nach sich ziehen soll. Das ergibt sich daraus, dass ein Flächennutzungsplan nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB grundsätzlich für das ganze Gemeindegebiet aufzustellen ist. Ausnahmsweise können gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB Flächen und sonstige Darstellungen ausgenommen werden, wenn dadurch die nach Satz 1 darzustellenden Grundzüge nicht berührt werden und die Gemeinde beabsichtigt, die Darstellung zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen. Dieses RegelAusnahmeverhältnis wird durch §§ 6 Abs. 3, Abs. 4 S. 2 BauGB bestätigt; eine Teilgenehmigung eines Flächennutzungsplans ist gegenüber der vollständigen Genehmigungsversagung der mildere Eingriff. Ansonsten lehnt das Baugesetzbuch die Figur eines Teil-Flächennutzungsplans ab. 4 8 0 Er war lediglich in den neuen Bundesländern nach § 246 a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 S. 3 BauZVO bis zum 31. 12. 1997 zulässig, 481 wenn es für die städtebauliche Entwicklung der Gemeinde vordringlich war. Die Vorschrift wurde ins Bundesrecht nicht übernommen. Ginge man aber von einer grundsätzlichen Zulässigkeit des Instruments der Teilnichtigkeit eines fehlerhaften Flächennutzungsplans aus, würde der vom Baugesetzbuch gesetzte Regelfall ins Gegenteil verkehrt. Folglich fehlt es an einer wesentlichen Vergleichbarkeit; eine analoge Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG auf den Flächennutzungsplan scheidet aus. (b) Analoge Anwendung des § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB Damit steht jedoch noch nicht fest, dass es die Figur eines teilnichtigen Flächennutzungsplans nicht geben kann. Möglicherweise kommt eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB in Betracht, wenn insoweit eine vergleichbare Interessenlage vorliegt. Tatsächlich liegt die Anwendung dieser Vorschrift näher als die des § 44 Abs. 4 VwVfG, handelt es sich doch um eine auf den Flächennutzungsplan zugeschnittene Norm, die dessen Besonderheiten Rechnung trägt. 480 Bielenberg/Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 5, Rn. 16. 481 Die Vorschrift ist durch das BauROG 1998 aufgehoben worden, BGBl. 19971, S. 2102.
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Das Gesetz geht davon aus, dass ein Flächennutzungsplan grundsätzlich für das gesamte Gemeindegebiet aufgestellt werden muss, ein Teil-Flächennutzungsplan also nur ausnahmsweise zulässig ist. Eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB würde diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis entsprechen: Die Gesamtnichtigkeit eines teilweise fehlerhaften Flächennutzungsplan würde den Regel-, die Teilnichtigkeit den Ausnahmefall bilden. Zudem darf ein Teil-Flächennutzungsplan nur dann aufgestellt werden, wenn die Gemeinde beabsichtigt, die fehlende Darstellung zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen. Übertragen auf den ungeregelten Fall bedeutet dies, dass die Teilnichtigkeit eines Flächennutzungsplans die Verpflichtung der Gemeinde zur Vervollständigung der Planung unberührt lässt. Diese beiden Wertungen sind in § 44 Abs. 4 VwVfG nicht enthalten, sprechen demnach für eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB. Des weiteren wird durch die ausdrückliche Nennung von „Flächen und sonstige(n) Darstellungen" in der Norm deutlich, dass sich der Planfehler auf einen bestimmten Teilbereich der Planung isolieren lassen muss und dass ferner der Plan überhaupt in einen rechtmäßigen und einen rechtswidrigen Teil aufgespalten werden kann. § 44 Abs. 4 VwVfG hingegen setzt das Vorliegen dieser Voraussetzungen stillschweigend voraus. Die im wesentlichen vergleichbare Interessenlage wäre schließlich zu verneinen, wenn die Gefahr bestünde, dass bei bloßer Teilnichtigkeit ein Flächennutzungsplan übrig bliebe, den die Gemeinde in dieser Form nicht erlassen hätte. Die kommunale Planungshoheit gebietet, dass die grundsätzlichen planerischen Vorstellungen der Gemeinde berücksichtigt werden und ihr nicht eine ungewollte Teilplanung aufgezwungen wird. Diese Bedenken können jedoch zerstreut werden: § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB setzt i. V. m. § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB voraus, dass die nach Satz 1 darzustellenden Grundzüge der sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebenden Art der Bodennutzung nicht berührt werden dürfen. Maßgeblich sind also insoweit die planerischen Vorstellungen der Gemeinde. Lässt sich ein Teilplan nicht mit ihnen vereinbaren, werden demnach auch die Grundzüge der Planung berührt. Hinzu kommt, dass die ausgenommenen Flächen oder sonstigen Darstellungen nicht von zentraler Bedeutung für die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Gemeinde sein dürfen; 482 zulässig ist eine Teilplanung nur bei einer Herausnahme einzelner Flächen, über deren künftige Nutzung noch keine Entscheidung getroffen werden kann oder soll. 4 8 3 Diese Erwägungen müssen entsprechend auch für die Teilnichtigkeit gelten. Regelmäßig werden daher die Vorstellungen der Gemeinde und die Grundzüge der Planung zusammenfallen: Sind die Grundzüge der Planung betroffen, werden die Vorstellungen der Gemeinde beeinträchtigt, sind sie es nicht, werden die gemeindlichen Interessen nicht berührt. Demnach enthält § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB auch ein subjektives Element, so dass die Gefahr, dass der Gemeinde eine bestimmte Teilplanung aufgezwungen wird, nicht besteht. 482
Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 5, Rn. 15. «3 Grauvogel, in Brügelmann, BauGB, § 5, Rn. 25.
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Im Ergebnis ist von einer vergleichbaren Interessenlage auszugehen. Zwar bestehen insoweit Unterschiede zwischen den Voraussetzungen teilnichtiger Bebauungs- und Flächennutzungspläne, weil bei ersteren teilweise auf gemischt objektivsubjektive Elemente abgestellt wird, bei letzteren hingegen auf subjektive Elemente. Diese Unterschiede sind aber aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen für die analoge Anwendung hinzunehmen. (3) Ergebnis § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB kann analog auf Flächennutzungspläne angewandt werden, um den fehlerfreien Teil aufrechtzuerhalten. Auch sonst bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen lauten dann folgendermaßen: Ein Flächennutzungsplan ist dann nicht insgesamt nichtig, wenn einzelne Flächen oder sonstige Darstellungen nicht ordnungsgemäß festgesetzt wurden, sofern dadurch die Grundzüge der sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebenden Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde nicht berührt werden; die Verpflichtung der Gemeinde, die Darstellung zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen, bleibt unberührt.
c) Teilnichtigkeit
sonstiger städtebaulicher Satzungen
Die Fehlerfolge der Teilnichtigkeit dürfte schließlich auch bei den sonstigen städtebaulichen Satzungen484 in Betracht zu ziehen sein. Auch hier fehlt es an entsprechenden Vorschriften im Baugesetzbuch. Damit stellt sich die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen von einer Planrestwirksamkeit ausgegangen werden kann. aa) Lösungsansätze in Rechtsprechung und Literatur Die Teilnichtigkeit sonstiger städtebaulicher Satzungen ist nur selten Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung; für einige städtebauliche Satzungen fehlt es überhaupt an entsprechenden Entscheidungen. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch in einem neueren Beschluss festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen auch für städtebauliche Satzungen gelten. 485 Auch bei ihnen soll es also darauf ankommen, ob die wirksamen Teile ohne den ungültigen Teil sinnvoll bleiben (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne den ungültigen Teil erlassen worden wären (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Bezogen 484 Vgl. die Aufzählung im 2. Kapitel Fn. 37. 485 BVerwG, Beschluss vom 1. August 2001, UPR 2002, S. 37.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
auf einzelne städtebauliche Satzungen wird diese Grundaussage bestätigt; so wird jedenfalls bei Veränderungssperre (§16 Abs. 1 BauGB), Sicherungs- (§ 22 Abs. 1 BauGB), Sanierungs- (§ 142 Abs. 3 BauGB), Entwicklungs- (§ 165 Abs. 6 BauGB) und Erhaltungssatzung (§ 172 BauGB) auf die allgemeinen Voraussetzungen der Teilnichtigkeit abgestellt.486 In concreto wird jedoch bei der Prüfung auf die Besonderheiten der jeweiligen Pläne Bezug genommen. Beispielhaft seien hier fehlerbehaftete Erschließungsbeitragssatzungen nach § 132 BauGB genannt. Zu den Satzungsbestimmungen, die eine Gemeinde unbedingt treffen muss, gehören die Art der Erschließungsanlagen (§ 132 Nr. 1 BauGB), die Art der Verteilung des Aufwands (§ 132 Nr. 2 BauGB) und die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage (§ 132 Nr. 4 BauGB) 4 8 7 Ein Fehlen oder ein Mangel einer Einzelbestimmung in einer Verteilungsregelung soll, falls er zu einer kraft Bundesrechts beachtlichen Unvollständigkeit führt, die Unwirksamkeit der gesamten Verteilungsregelung bedeuten.488 Begründet wird dies mit Gründen der Abgabengleichheit und der Vorhersehbarkeit von Abgabepflichten. Gleiches wird auch für fehlerhafte Herstellungsmerkmalsregelungen angenommen.489 Diese Aussagen können nur so verstanden werden, dass die Verteilungs- oder Merkmalsregelung regelmäßig 490 in einem untrennbaren Zusammenhang stehen und daher eine Aufspaltung in einen nichtigen und einen wirksamen Teil sinnvollerweise nicht erfolgen kann. Eine andere Frage ist es dann allerdings, ob die Nichtigkeit der Verteilungs- oder Merkmalsregelung die Nichtigkeit der gesamten Erschließungsbeitragssatzung zur Folge hat. Ihre Beantwortung bestimme sich wiederum nach den allgemeinen Grundsätzen. 491 Unabhängig von 486 Veränderungssperre: BVerwG, Beschluss vom 1. August 2001, UPR 2002, S. 37; vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 14. November 2001, VB1BW 2002, S. 200 (203); vgl. VGH München, Beschluss vom 25. August 1999, 1 N 96.2618; OVG Bautzen, Entscheidung vom 25. November 1997, VwRR MO 1998, S. 143 ff.; vgl. OVG Berlin, Urteil vom 2. Dezember 1988, ZfBR 1989, S. 173; Sicherungssatzung: VGH München, Urteil vom 16. August 1993, BayVBl. 1994, S. 17 (18 f.); Sanierungssatzung: BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1998, ZfBR 1999, S. 164 (165); Beschluss vom 1. Februar 1994, 4 NB 44/93; Entwicklungssatzung: OVG Lüneburg, Urteil vom 3. Februar 1997, BauR 1997, S. 620 (621); BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1998, 4 CN 2.97 (die maßgebliche Aussage fehlt in E 107, S. 123 ff.); Erhaltungssatzung: Vgl. OVG Münster, Urteil vom 23. Januar 1992, UPR 1992, S. 454; vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1992, NVwZ-RR 1993, S. 262 (263). Die Fehlerfolge der Teilnichtigkeit wird jedenfalls nicht ausgeschlossen. 487 Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, § 11, Rn. 20 ff. 488 BVerwG, Urteil vom 28. November 1975, E 50, S. 2 (4 f.). 489 BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1978, BRS 37, Nr. 127 (S. 257). 490
Zu Ausnahmen siehe Vogel, in Brügelmann, BauGB, § 131, Rn. 71; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, § 18, Rn. 9 ff. 49 1 Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1975, E 50, S. 2 (4 f.); Driehaus, in Berliner Kommentar, § 132, Rn. 36; ders., Erschließungs- und Ausbaubeiträge, § 11, Rn. 58.
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der Frage der Teil- oder Gesamtnichtigkeit einer Erschließungsbeitragssatzung im Falle einer fehlerhaften Verteilungsregelung, könne diese aber jedenfalls keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Beitragserhebung bilden. 492 Auch die Literatur geht von der Möglichkeit der Teilnichtigkeit sonstiger städtebaulicher Satzungen aus. 493 Vertiefte Ausführungen finden sich indessen kaum.
bb) Eigene Auffassung Für keine der städtebaulichen Satzungen existiert eine Norm, die ihre Teilnichtigkeit unter bestimmten Voraussetzungen anordnen würde. Spezielle, auf die jeweiligen Pläne zugeschnittenen Vorschriften, die analog zur Frage der Teilnichtigkeit herangezogen werden könnten, wie § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB für den Flächennutzungsplan, sind nicht ersichtlich. 494 Es spricht daher nichts dagegen, die Voraussetzungen der Teilnichtigkeit für Bebauungspläne auch für die sonstigen städtebaulichen Satzungen heranzuziehen. Das hängt auch damit zusammen, dass keine der Satzungen für das gesamte Gemeindegebiet beschlossen werden muss, ihr Geltungsbereich vielmehr von den planerischen Vorstellungen der Gemeinde abhängt.495 Insofern ist Rechtsprechung und Literatur zuzustimmen. Im einzelnen muss aber den Besonderheiten der jeweiligen Satzung Rechnung getragen werden. 496 Ähnlich wie beim Bebauungsplan ist allerdings die methodische Begründung der Fehlerfolge der Teilnichtigkeit zu kritisieren, da wiederum nur auf die allgemeinen Grundsätze bzw. auf den Rechtsgedanken des § 139 BGB zurückgegriffen wird. Deshalb erscheint eine sonstigen städtebaulichen die obigen Ausführungen dere aus der identischen
analoge Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG auf die Pläne Vorzugs würdig. Im wesentlichen gelten insoweit zum Bebauungsplan entsprechend, was sich insbesonRechtsform dieser Pläne ergibt. § 44 Abs. 4 VwVfG
492 BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1978, BRS 37, Nr. 127 (S. 257). 493 Vgl. für die Veränderungssperre Grauvogel, in Brügelmann, BauGB, § 14, Rn. 9; Bielenberg/Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 14, Rn. 15 b; vgl. für Satzungen nach § 34 Abs. 4 BauGB Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 34, Rn. 38 f.; Reidt/ Bracher, in Geizer /Bracher /Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2257; vgl. zur Erschließungsbeitragssatzung Ernst, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 132, Rn. 36; Driehaus, in Berliner Kommentar, § 132, Rn. 36; H. Schrödter, in Schrödter, BauGB, § 132, Rn. 15; Fischer, in Hoppenberg, Handbuch des öffentlichen Baurechts, Teil F, Rn. 184 ff., Rn. 377 ff.; vgl. zur Sanierungssatzung Dirnberger, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 142, Rn. 16. 494 Ausnahme ist hierbei § 162 Abs. 1 S. 2 BauGB: Eine Sanierungssatzung muss aufgehoben werden, soweit die Aufhebungsvoraussetzungen des § 162 Abs. 1 BauGB für einen Teil des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets gegeben sind. 495 Eine Ausnahme bildet hierbei die Sicherungssatzung nach § 22 Abs. 1 S. 1 BauGB, die sich nur auf Gebiete mit Fremdenverkehrsfunktion beziehen darf. Dieses Kriterium dürfte eine Gemeinde allenfalls bedingt steuern können. 496 So auch Rüde, Planreparatur, S. 85 f. und Fn. 282 zur Entwicklungssatzung.
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regelt nicht, unter welchen Voraussetzungen die Nichtigkeit nur einen Teil eines Verwaltungsakts erfasst, sondern setzt diese Möglichkeit voraus. Insoweit sind die Erwägungen der Rechtsprechung, dass die Fehlerwirkung sich auf einen Planteil isolieren lassen muss und dass der Plan dann noch sinnvoll in einen rechtmäßigen und einen nichtigen Teil geteilt werden kann, zu beachten. Dieser Prüfungspunkt bietet die Möglichkeit, die Besonderheiten der jeweiligen städtebaulichen Satzung berücksichtigen zu können. Beispielsweise kann die Nichtigkeit einer einzelnen Verteilungsregelung einer Erschließungsbeitragssatzung im Regelfall die Wirksamkeit der übrigen Verteilungsregelungen nicht unberührt lassen; Teilsatzungen für den Innen- bzw. Außenbereich müssen (noch) mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sein (§ 34 Abs. 4 S. 3 1. Hs. bzw. § 35 Abs. 6 S. 4 BauGB). Ist die Teilbarkeit der entsprechenden Planung gegeben, führt dies bei analoger Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG nur dann zur vollständigen Nichtigkeit der Planung, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Gemeinde den Plan ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. Hierbei kommt es der Auslegung des § 44 Abs. 4 VwVfG entsprechend darauf an, wie sich eine sachgemäß entscheidende Behörde verhalten hätte. Insoweit bestehen im Ergebnis Unterschiede zwischen der Rechtsprechung und der hier vertretenen, methodisch vorzugswürdigen analogen Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG. § 44 Abs. 4 VwVfG kann bei der Frage der Teilnichtigkeit analog auf die sonstigen städtebaulichen Satzungen des Baugesetzbuchs angewendet werden. Hierbei kann ihren jeweiligen Besonderheiten Rechnung getragen werden.
2. Auswirkungen einer unterbliebenen Beteiligung der Bürger bzw. der Träger öffentlicher Belange bei Änderungen oder Ergänzungen von Bauleitplanentwürfen Die Beteiligungsverfahren nach den §§ 3 ff. BauGB verfolgen in erster Linie den Zweck, der Gemeinde Informationen über abwägungserhebliche Belange zu verschaffen. 497 Häufig mag dies dazu führen, dass eine Gemeinde nach Durchführung der Verfahren zur Bürgerbeteiligung bzw. der Träger öffentlicher Belange ihren ursprünglichen Entwurf aufgrund von Anregungen ändert oder ergänzt. In solchen Fällen bedarf es einer erneuten Beteiligung. Für die Bürgerbeteiligung ergibt sich dies aus § 3 Abs. 3 S. 1,2 BauGB, für die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange aus § 4 Abs. 4 S. 1 BauGB. 498 Zur Verfahrensbeschleunigung hat 497 Brohm, Öffentliches Baurecht, § 15, Rn. 1; Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 167; Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 6 II 3 a bzw. 4 b; Kaltenborn, BauR 1999, S. 342 (350); BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987, NVwZ 1988, S. 822 (823). 498 Zu den Möglichkeiten der Trägerbeteiligung siehe Kaltenborn, BauR 1999, S. 342 (343 ff.).
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der Gesetzgeber neben den Regelverfahren zusätzlich sogenannte vereinfachte Verfahren vorgesehen. Hiernach bedarf es keiner erneuten Planauslegung, wenn durch die Ergänzung oder Änderung des Planentwurfs die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, § 3 Abs. 3 S. 3 BauGB. Vielmehr genügt es, wenn den betroffenen Bürgern in entsprechender Anwendung des § 13 Nr. 2 BauGB Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer angemessenen Frist gegeben wird. Hinsichtlich der Beteiligung der von der Planung berührten Träger öffentlicher Belange kann alternativ zu § 4 Abs. 4 BauGB die Regelung des § 13 Nr. 3 BauGB zur Anwendung kommen, wonach auch ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist gegeben wird. Die Möglichkeit eines gänzlichen Verzichts auf die Durchführung der Beteiligung sieht das Gesetz jedenfalls nicht ausdrücklich vor. Beschließt eine Gemeinde demnach einen Bauleitplan, dessen Planentwurf nach der Beteiligung der Bürger bzw. der Träger öffentlicher Belange geändert oder ergänzt wurde, ohne eine erneute Beteiligung, führt dies zur Rechtswidrigkeit des Plans. Da eine Verletzung der §§ 3 Abs. 2, 3 und § 4 BauGB nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB grundsätzlich beachtlich ist, kann ein solcher Verstoß die Nichtigkeit des Bauleitplans bedeuten. Trotz des Wortlauts der einschlägigen Vorschriften ist die uneingeschränkte Gültigkeit dieser Aussagen zu bezweifeln. Ob im Einzelfall nicht doch auf eine erneute Beteiligung verzichtet werden kann, bedarf weiterer Untersuchung.499 Zuvor ist allerdings festzuhalten, dass die Bürger bzw. die Träger öffentlicher Belange jedenfalls dann nicht erneut beteiligt werden müssen, wenn überhaupt keine Planänderung oder -ergänzung vorliegt. Sofern die Änderungen oder Ergänzungen eines Planentwurfs lediglich redaktioneller oder klarstellender Art sind, bedarf es keiner erneuten Durchführung der Beteiligungsverfahren. 500 Zwar mag sich der Planentwurf formell geändert haben; das ändert aber nichts daran, dass er inhaltlich - und darauf kommt es an - unverändert geblieben ist. Ebenso hat es die Rechtsprechung auch nicht als Änderung angesehen, wenn die Modifizierung der Planung darin bestand, lediglich einen Teil der bisherigen Planung als Satzung zu beschließen.501 Plan(entwurfs)änderungen ohne materiel499
Die Ausführungen sollen sich dabei auf die Varianten der Änderung oder Ergänzung der Bauleitplanentwürfe beschränken. Der Aspekt der Änderung der erforderlich Angaben nach § 2 a BauGB - § 3 Abs. 3 S. 1, § 4 Abs. 4 S. 2 BauGB - wird ausgeklammert. 500 So auch BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987, NVwZ 1988, S. 822 (823), zu der Ergänzung der Festsetzung einer Leitung als solche für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung; VGH Mannheim, Beschluss vom 24. Oktober 1996, VB1BW 1997, S. 137 (138), hinsichtlich der deklaratorischen Festsetzung (vgl. § 9 Abs. 6 BauGB), dass bestimmte Grundstücke im Geltungsbereich einer Naturschutzverordnung liegen. Battis, in Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 20, Rn. 3; Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 3, Rn. 31; W. Schrödter, in Schrödter, BauGB, § 3, Rn. 44; Käß, Planerhaltung, S. 108, Fn. 114, stuft § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB insoweit unzutreffenderweise als nicht zwingende Ordnungsvorschrift ein; a.A. Kaltenborn, BauR 1999, S. 342 (350), der aber i. E. auch auf eine erneute Bürgerbeteiligung verzichtet.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
len Regelungsgehalt können daher ohne erneute Beteiligungsverfahren beschlossen werden. 502 Im folgenden wird zwischen der Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange differenziert.
a) Unterbliebene Beteiligung der Bürger Tatsächlich gehen Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass nicht jede unterbliebene Beteiligung der Bürger nach Änderung eines Planentwurfs zur Unwirksamkeit der Planung führen muss. In drei Fallgruppen wird die Einhaltung der Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 BauGB als entbehrlich erachtet. Erstens könne die Änderung gerade auf eine Anregung eines Bürgers zurückgehen. 503 In diesem Fall sei es eine „bloße Förmlichkeit", wenn der betroffene Bürger erneut zu beteiligen wäre. Wenn seinen Anregungen voll entsprochen werde, sei grundsätzlich nicht mit erneuten Einwendungen zu rechnen. 504 Ähnlich gelagert ist die zweite Fallgruppe. Sofern die Änderung des Planentwurfs zwar nicht auf Vorschläge der Bürger zurückgingen, aber doch eine Verbesserung ihrer Situation darstellten, brauche ebenfalls keine erneute Beteiligung durchgeführt zu werden, da sie sich ja bereits zur nachteiligeren Situation äußern konnten. 505 Die dritte Gruppe betrifft diejenigen Fälle, bei denen die Planänderung keine abwägungserheblichen Belange der Bürger tangiert, sich also m. a. W. gar nicht nachteilig auf sie auswirkt. 506 501 Vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1980, ZfBR 1980, S. 207 (208); vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 22. April 1996, BRS 58, Nr. 20. 502 Vgl. Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 3, Rn. 62; vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 27. August 1974, BauR 1974, S. 391 (392). 503 BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987, NVwZ 1988, S. 822 (823); VGH Mannheim, Beschluss vom 1. Juli 1991, VB1BW 1992, S. 19 (21); vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 24. Oktober 1996, VB1BW 1997, S. 137 (138); Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 547; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 566; Kaltenborn, BauR 1999, S. 342 (350); vgl. W. Schrödter, in Schrödter, BauGB, § 3, Rn. 49. 504 Dies muss aber nicht stets so sein, wie das Urteil des VGH Mannheim vom 4. Juli 1996, NVwZ-RR 1997, S. 692, zeigt. Hier hatte ein Planbetroffener Bedenken gegen die Änderung eines Planentwurfs erhoben, die er selbst im Rahmen der vorgezogenen Bürgerbeteiligung angeregt hatte. Allein aus diesem Grund sah das Gericht die Bedenken nicht als unbeachtlich an. 505 OVG Lüneburg, Urteil vom 10. April 1986, ZfBR 1986, S. 293; Bielenberg, in Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 3, Rn. 62; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 566; Kaltenborn, BauR 1999, S. 342 (350); vgl. W. Schrödter, in Schrödter, BauGB, § 3, Rn. 49. 506 Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987, NVwZ 1988, S. 822 (823): Herabsetzung der Geschosszahl von drei auf zwei; vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 1. Juli 1991, VB1BW 1992, S. 19 (21); Reidt, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 547; Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 3, Rn. 71.
2. Abschn.:
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Unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit dieser Fallgruppen entbehren sie einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. Insbesondere § 3 Abs. 3 BauGB enthält keine Möglichkeit, auf eine (eingeschränkte) Bürgerbeteiligung zu verzichten. 5 0 7 Auf dieses Problem wird aber in Rechtsprechung und Literatur kaum eingegangen. Methodisch kann das Vorliegen von Ausnahmen lediglich im Wege gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung gerechtfertigt werden. Sofern eine erneute Planauslegung nach § 3 Abs. 3, Abs. 2 BauGB erforderlich ist, weil die Grundzüge der Planung betroffen sind, erscheint ein Verzicht auf die Beteiligung der Bürger ausgeschlossen. Ein entsprechender Fehler muss sich auf die Rechtmäßigkeit des Plans auswirken. Kann jedoch das vereinfachte Verfahren durchgeführt werden, genügt es bei entsprechender Anwendung des § 13 Nr. 2 1. Fall BauGB, wenn den betroffenen Bürgern Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist gegeben wird. Das bedeutet jedoch, dass die Bürgerbeteiligung gänzlich entbehrlich ist, falls von der Änderung des Planentwurfs niemand betroffen ist. Damit kommt es maßgeblich auf die Auslegung des Begriffs der Betroffenheit an. Je enger er zu verstehen ist, desto eher kann auf eine Anhörung verzichtet werden. In der Literatur finden sich hierzu unterschiedliche Ansätze. Teilweise soll bereits derjenige betroffen i. S. d. § 13 Nr. 2 BauGB sein, der unabhängig von seiner tatsächlichen oder rechtlichen Beziehung zu dem überplanten bzw. von der Planänderung berührten Grundstück einen abwägungserheblichen Belang in die Planung einbringen kann. 508 Eine engere Auffassung setzt ein erstmaliges oder stärker als bisher gegebenes Berührtsein des Bürgers von der Änderung oder Ergänzung des Planentwurfs voraus, 509 überträgt zur Auslegung des § 13 Nr. 2 BauGB also den Rechtsgedanken des § 4 Abs. 4 S. 1 BauGB. Auf diese Unterschiede kommt es jedoch hier nicht an. Eindeutig erscheint der Fall, bei dem eine Planentwurfsänderung auf die Anregung eines Bürgers zurückgeht. In diesem Fall liegt eine Betroffenheit i. S. d. § 13 Nr. 2 BauGB nicht vor. Die Bürger können nicht mehr verlangen, wenn eine Bauleitplanung ihren Bedürfnissen entsprechend angepasst wurde. Gleiches muss aber auch dann gelten, wenn sich eine nicht gewünschte Planänderung positiv oder jedenfalls nicht nachteilig für sie auswirkt. Die Schwierigkeit besteht allerdings darin, festzustellen, ob mit der Modifikation des Bauleitplans positive oder jedenfalls neutrale Auswirkungen verbunden sind. Denn was objektiv als Verbesserung einzuordnen ist, muss nicht auch von jedem Bürger so empfunden werden. Hierbei kann jedoch auf die Anregungen während der abgeschlossenen ersten Planauslegung zurückgegriffen werden: Wenn 507 w. Schrödter, in Schrödter, BauGB, § 3, Rn. 49; vgl. Kaltenborn, BauR 1999, S. 342 (349). 508 Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 13, Rn. 15; ähnlich wohl auch Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 13, Rn. 6. 509 Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 566; Kaltenborn, BauR 1999, S. 342 (350).
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
sich Bürger gegen bestimmte Festsetzungen wehren, ist anzunehmen, dass sie sich für sie nachteilig auswirken. Nimmt die Gemeinde von der Festsetzung Abstand, bedeutet dies eine Verbesserung ihrer Situation. Das gilt auch dann, wenn die Auswirkungen der Festsetzungen lediglich abgeschwächt werden. In diesem Fall hatten die Bürger bereits Gelegenheit, sich zu der für sie nachteiligeren Situation zu äußern. Ein Beispiel hierfür bildet eine Entscheidung des VGH Mannheim: 510 Wenn Bürger die in einem Bebauungsplan vorgesehene Planung einer Straße gänzlich ablehnen, stellt es eine Verbesserung ihrer Situation dar, wenn an der Straßenplanung zwar festgehalten wird, die Gemeinde aber ihren Plan um die Einfügung eines Lärmschutzes ergänzt. Eine erneute Beteiligung der Bürger erscheint dann nicht mehr erforderlich. Auf eine erneute Beteiligung der Bürger kann also verzichtet werden, wenn erstens die Grundzüge der Planung und zweitens auch die Bürger nicht von der Änderung oder Ergänzung des Planentwurfs betroffen sind. Methodisch handelt es sich hierbei um einen Umkehrschluss, 511 um das argumentum e contrario. An sich fehlt es bereits am Vorliegen einer Gesetzeslücke. Zwar sind die Vorschriften des Baugesetzbuches insoweit unvollständig, als sie nicht ausdrücklich normieren, wann auf eine erneute Bürgerbeteiligung gänzlich verzichtet werden kann. Diese Unvollständigkeit ist jedoch nicht planwidrig, da die Lösung des Problems mit Hilfe des Umkehrschlusses bei § 13 Nr. 2 BauGB erlangt werden kann. Ein Umkehrschluss ist nur zulässig, wenn die maßgebliche Vorschrift ausschließlichen Charakter hat. 5 1 2 Hiervon kann bei § 13 Nr. 2 BauGB aber ausgegangen werden: Denn wer sollte noch Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten, wenn sich diese bereits auf den Kreis der betroffenen Personen beschränkt? Obwohl eine Gesetzeslücke eigentlich nicht vorliegt, wird der Umkehrschluss doch der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung zugerechnet. 513 Im Ergebnis 514 ist der Rechtsprechung daher zuzustimmen, nach der es für die Rechtswirksamkeit von Bauleitplänen unbeachtlich sein kann, wenn auf eine Beteiligung der Bürger nach Änderung oder Ergänzung eines Planentwurfs gänzlich verzichtet wurde. Gleiches kann für Planänderungen oder Ergänzungen i. S. d. § 13 Nr. 2 BauGB gelten.
510 VGH Mannheim, Beschluss vom 1. Juli 1991, VB1BW 1992, S. 19 (21). 511 Kaltenborn, BauR 1999, S. 342 (350). 512 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 390; vgl. Fikentscher, Methoden des Rechts, Band III, S. 723. 513 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 390; vgl. Fikentscher, Methoden des Rechts, Band III, S. 723; vgl. Schmalz, Methodenlehre, Rn. 183. 514 Käß, Planerhaltung, S. 108, Fn. 114, geht unzutreffenderweise davon aus, dass § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB den Charakter einer nicht zwingenden Ordnungsvorschrift trägt.
2. Abschn.: B. Planerhaltung durch gesetzesimmanente Rechtsfortbildung
b) Unterbliebene Beteiligung der Träger öffentlicher
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Belange
Ausnahmsweise dürfte eine Gemeinde auch auf die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach Änderung oder Ergänzung des Planentwurfs verzichten können, ohne dass dies Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Planung hat. Hierbei können die obigen Ausführungen entsprechend gelten. Eine erneute Beteiligung ist also entbehrlich, wenn die Planentwurfsänderung auf eine Anregung eines Trägers öffentlicher Belange zurückgeht 515 oder sie sich positiv oder jedenfalls nicht negativ auf seine Belange auswirkt. 516 Methodisch bietet sich hier jedoch ein anderer Weg als bei der Bürgerbeteiligung an. Das hängt damit zusammen, dass die Möglichkeit einer Durchführung des vereinfachten Verfahrens nach § 4 Abs. 4 S. 1 i. V. m. § 13 Nr. 3 BauGB, wonach den berührten Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist gegeben wird, nicht von der Einhaltung besonderer Voraussetzungen abhängig ist. Anders als bei der Bürgerbeteiligung kann das vereinfachte Verfahren auch dann durchgeführt werden, wenn die Planänderung oder -ergänzung die Grundzüge der Planung berührt. 517 Die Gegenauffassung 518 ist abzulehnen. Eine entsprechende Voraussetzung kann dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 S. 1 BauGB nicht entnommen werden, während sie in § 3 Abs. 3 S. 3 BauGB ausdrücklich enthalten ist. Der Gesetzgeber hätte eine Parallelregelung getroffen, wenn er dies gewollt hätte. Eine Regelungslücke kann insoweit nicht angenommen werden. Außerdem unterscheidet sich das vereinfachte Verfahren vom Regelverfahren hinsichtlich der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange lediglich dadurch, dass von der Monatsfrist des § 4 Abs. 2 S. 1 BauGB abgewichen werden kann. 519 Bei der Bürgerbeteiligung sind die Unterschiede hingegen größer: Im Regelverfahren ist der Plan auszulegen, im vereinfachten Verfahren genügt es, wenn die betroffenen Bürger Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Aus diesem Grund ist das vereinfachte Verfahren zur Bürgerbeteiligung an die besondere Voraussetzung geknüpft, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Es erscheint aber nicht geboten, dies auch für das vereinfachte Verfahren der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange zu verlangen. 515 Kaltenborn, BauR 1999, S. 342 (350); offen lassend BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987, NVwZ 1988, S. 727. 516 BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987, NVwZ 1988, S. 822 (823); vgl. Berliner Kommentar zum BauGB 1998, § 4, Rn. 9. 517 Kaltenborn, BauR 1999, S. 342 (349), der die Verweisung in § 4 Abs. 4 S. 1 BauGB zutreffend als Rechtsfolgenverweisung einordnet. Ebenso Bielenberg, in Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, § 4, Rn. 39. 518 W. Schrödter, in Schrödter, BauGB, § 4, Rn. 17; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 563. 519 W. Schrödter, in Schrödter, BauGB, § 4, Rn. 16; Bielenberg, in Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, § 4, Rn. 39; Kaltenborn, BauR 1999, S. 342 (349). 14 Steinwede
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
§ 4 Abs. 4 S. 1 BauGB verlangt neben der nachträglichen Änderung oder Ergänzung des Entwurfs eines Bauleitplans, dass hierdurch der Aufgabenbereich eines Trägers öffentlicher Belange erstmalig oder stärker als bisher berührt wird. Das bedeutet aber im Wege des Erst-Recht-Schlusses, des argumentum a maiore ad minus, dass es noch nicht einmal der Durchführung eines vereinfachten Verfahrens bedarf, wenn durch die Planänderung der Aufgabenbereich eines Trägers öffentlicher Belange nicht erstmalig oder stärker als bisher berührt wird. 5 2 0 Hiervon hängt es mithin ab, ob sich ein Unterlassen der Trägerbeteiligung auf die Rechtswirksamkeit eines Bauleitplans i. S. d. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB auswirkt. Ein stärkeres Berührtsein i. S. d. § 4 Abs. 4 S. 1 BauGB ist anzunehmen, wenn ein Träger öffentlicher Belange in seinem sachlichen und örtlichen Zuständigkeitsbereich mit größerer Intensität als bisher betroffen ist. 5 2 1 Dies kann nicht angenommen werden, wenn die Änderung eines Planentwurfs seinen Anregungen voll entspricht oder ihnen wenigstens teilweise nachgekommen wurde, so dass gegenüber dem Ausgangsentwurf eine Verbesserung eingetreten ist. Sofern eine Planentwurfsänderung ferner gar keine (nachteiligen) Auswirkungen auf den Aufgabenbereich eines Trägers öffentlicher Belange hat, bedarf es auch keiner erneuten Beteiligung. Die für die Bürgerbeteiligung dargestellten Grundsätze gelten demnach entsprechend für die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange. Eine erneute Beteiligung muss also nicht stets stattfinden, ein Unterlassen sich nicht stets auf die Wirksamkeit eines Bauleitplans auswirken. Gleiches gilt im Übrigen für Planänderungen oder Ergänzungen i. S. d. § 13 Nr. 3 BauGB.
3. Das Kriterium der Kausalität als ungeschriebene Fehlerfolgenvoraussetzung bei Verstößen gegen Verfahrens- und Formvorschriften a) Allgemeines Als ideale Fehlerfolgenvoraussetzung, die das Verwaltungsverfahren mit einer sachlich richtigen Entscheidung verknüpft, könnte das Kriterium der Kausalität herangezogen werden. 522 Wenn sich ein Verfahrensfehler auf die Entscheidung in der Sache nicht ausgewirkt hat, fehlt möglicherweise das Bedürfnis, die Wirksamkeit der Planung in Frage zu stellen. Dabei dürfte der Kausalzusammenhang voraussetzen, dass nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit bestanden haben muss, dass ohne den angenommenen Verfahrensmangel 520 Vgl. Berliner Kommentar zum BauGB 1998, § 4, Rn. 9. Diesen methodischen Lösungsansatz übersieht Kaltenborn, BauR 1999, S. 342 (350), der einen Umkehrschluss bei § 13 Nr. 3 BauGB ziehen will. 521 Vgl. Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 4, Rn. 13, 39. 522 Vgl. bereits oben 2. Kapitel A V I 3.
2. Abschn.:
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die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Insoweit ließen sich die gegenläufigen Interessen von Rechtmäßigkeit und Schutz der subjektiven Rechte einerseits mit denen der Verwaltungseffizienz und Rechtssicherheit andererseits optimieren. Ob das Merkmal der Kausalität aber ohne weiteres herangezogen werden kann, um die Rechtsmittelanfälligkeit der Pläne des Baugesetzbuches zu reduzieren, erscheint zweifelhaft. Dies hängt zunächst von der Funktion des Verwaltungsverfahrens, genauer von den maßgeblichen Verfahrensvorschriften ab. Zwar dient es in erster Linie 5 2 3 der Durchsetzung und Verwirklichung des materiellen Rechts; ihm kommt also hauptsächlich Hilfsfunktion zu. 5 2 4 Insoweit bestehen keine Bedenken gegen ein Kausalitätskriterium, wenn die fehlerhafte Anwendung einer Verfahrensvorschrift vorliegt, die lediglich die Richtigkeit der Sachentscheidung sicherstellen sollte. Sofern ihr aber eine sonstige Aufgabe zukommt, wird sich ein Verfahrensfehler hingegen auch dann auswirken müssen, wenn er die Sachentscheidung nicht beeinflusst hat. 525 Im Einzelfall ist durch Auslegung zu ermitteln, welche Funktion die betroffene Verfahrensvorschrift zu erfüllen hat. Selbst bei Verletzung einer lediglich instrumenten zu verstehenden Verfahrensvorschrift ist fraglich, ob sie nur dann erheblich sein soll, wenn sie sich auf die Sachentscheidung ausgewirkt hat. Dass der Gesetzgeber grundsätzlich Kausalitätsklauseln schaffen kann, ist nicht zu bezweifeln. 526 Die Existenz eines allgemeinen, übergeordneten Kausalitätsprinzips ist aber abzulehnen. Ob Rechtsprechung und Literatur jedoch im Einzelfall entsprechende Fehlerfolgenvoraussetzungen aufstellen können, bedarf genauerer Untersuchung. Hierbei besteht die Vermutung, dass die unterbliebene Normierung einer Kausalitätsklausel durch den Gesetzgeber um so eher die Unwirksamkeit der Planungsentscheidung bei fehlerhafter Anwendung einer Verfahrensvorschrift nach sich ziehen soll, je vollständiger das betroffene Regelwerk ist. 5 2 7 Die Entwicklung einer ungeschriebenen Fehlerfolgenvoraussetzung muss sich m. a. W. methodisch rechtfertigen lassen.
523
Vgl. zu anderen Verfahrensfunktionen ausführlich Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 199 ff. 524 Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 199, 201 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 19, Rn. 8; vgl. Morlok, Verfahrensfehler, S. 90 ff.; Rabe, ZfBR 2001, S. 229; kritisch Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 588 f. 525 Vgl. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 203, 214; ähnlich Morlok, Verfahrensfehler, S. 187 ff., der das Kausalitätskriterium nur bei der Verletzung rein instrumenten zu verstehender Verfahrens Vorschriften anwenden will. Bei expressiven, heteroteologischen und Verfahrensvorschriften um ihrer selbst willen scheide eine Anwendung hingegen aus. Vgl. auch Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 509; a. A. wohl Pietzcker, VVDStRL 41 (1983), S. 193 (222), nach dem Verfahrensfehler stets in der richtigen Sachentscheidung aufgehen sollen. 526 Morlok, Verfahrensfehler, S. 189. Beispiele sind etwa §§ 17 Abs. 6 c S. 1 FStrG, 46, 75 Abs. 1 a VwVfG, Art. 49 Abs. 4 GO (Bayern) oder einzelne Bestimmungen des Revisionsrechts (§§ 132 Abs. 2 Nr. 2, 3 VwGO, 545 Abs. 1 ZPO, 337 Abs. 1 StPO). 527 Morlok, Verfahrensfehler, S. 189. 1*
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
b) Kausalitätsregelungen
in den §§ 214ff. BauGB
Die §§ 214 ff. BauGB enthalten keine allgemeine Kausalitätsklausel.528 Einigen Vorschriften lässt sich jedoch dieser allgemeine Rechtsgedanke entnehmen. So ist es nach § 214 Abs. 1 a Nr. 1 BauGB unerheblich, wenn im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung eine vorgeschriebene Vorprüfung des Einzelfalls nicht durchgefühlt wurde, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen aber auch nicht zu besorgen gewesen wären. 529 Ähnliches gilt für §§ 214 Abs. 2 Nr. 2 und 4 BauGB. Beide Vorschriften stellen trotz der Verletzung des § 8 BauGB sicher, dass die geordnete städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigt ist, da nur unter dieser Voraussetzung die Unbeachtlichkeitsklausel eingreift. Die wohl bedeutendste Kausalitätsregelung ist in § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB enthalten. Hiernach sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Alle diese Vorschriften haben gemeinsam, dass der entsprechende Plan formelle oder materielle Fehler aufwies, die sich aber im Ergebnis nicht auf die Planungsentscheidung auswirken, ihre Richtigkeit nicht in Frage stellen konnten.
c) Ansätze in Literatur und Rechtsprechung zum Bestehen ungeschriebener Kausalitätsregelungen im Städtebaurecht In der Literatur werden unterschiedliche Ansichten zu der Frage vertreten, ob im Städtebaurecht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung weitere Kausalitätsregelungen geschaffen werden können. Teilweise sollen Verfahrensfehler generell unabhängig vom Vorliegen spezieller gesetzlicher Regelungen nur dann erheblich sein, wenn sie sich auf die Entscheidung in der Sache ausgewirkt haben können. 530 Nach anderer Auffassung sollen die §§ 214 ff. BauGB wegen der Kompetenz des Gesetzgebers zum Normerlass und ihrer nahezu gegebenen Vollständigkeit keinen Raum mehr für ungeschriebene Fehlerfolgenvoraussetzungen lassen.531 Nach einer weiteren Ansicht werden zahlreiche Fehler und ihre Rechtsfolgen von den Planerhaltungsvorschriften nicht erfasst, weshalb die Kausali528 Der Arbeitskreis „Baurechtliche und verwaltungsprozessuale Fragen", der 1984/1985 Vorschläge für ein neues Baugesetzbuch erarbeitet hat, lehnte es ab, eine allgemeine Kausalitätsregelung in das Gesetz aufzunehmen. Zum einen sei fraglich, ob sie neben den Regelungen über Wirksamkeitsvoraussetzungen noch eine nennenswerte Bedeutung habe. Zum anderen müsse die Regelung differenziert erfolgen, um unerwünschte Umkehrschlüsse zu vermeiden, BBauBl. 1985, S. 359 (361). 529 Hierzu Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (293). 530 Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 410, 420 d; ders., Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 653; ders., BauR 2001, S. 1195 (1209 f.), zur Verletzung von Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung. 531 Morlok, Verfahrensfehler, S. 189 f.; wohl auch Gaentzsch, UPR 2001, S. 287 (291 f.); vgl. auch dens., UPR 2001, S. 201 (202).
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tätsregelung des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB analog auf sie angewendet werden sollte. 532 Die Rechtsprechung scheint mitunter das Merkmal der Kausalität zwischen Verfahrensfehler und Planergebnis im Bauplanungsrecht als zusätzliche ungeschriebene Voraussetzung anzusehen. Deutlich macht dies eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1989. 533 Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Gemeinde die Belange eines Klägers im Verfahren fehlerhaft zurückgewiesen, sie dann im Rahmen der Abwägung jedoch richtig erkannt und zutreffend gewichtet, weil die Ratsmitglieder bereits mit den tatsächlichen Umständen vertraut waren. Der Verfahrensfehler sei daher weder auf das Abwägungsergebnis noch auf den Abwägungsvorgang von Einfluss gewesen. Unter diesen Umständen sei es rechtlich nicht zu beanstanden, den Verfahrensfehler als unschädlich anzusehen. Das Gericht verknüpft hier Bauleitplan verfahren und Planungsentscheidung im oben dargestellten Sinne. Zwar wird zunächst das Vorliegen eines Verfahrensfehlers angenommen. Dieser wird aber als unbeachtlich angesehen, da sich die Abwägung und damit die Planungsentscheidung als fehlerfrei herausstellten. Eine gesetzliche Grundlage für ein solches Vorgehen ist in den §§ 214 ff. BauGB nicht enthalten. Insbesondere lässt sie sich nicht § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB entnehmen. Ein Mangel im Abwägungsvorgang ist nämlich zugleich Voraussetzung und Gegenstand der Vorschrift. Das Bundesverwaltungsgericht sah jedoch bereits den Verfahrensfehler als unbeachtlich an, außerdem war ein Mangel im Abwägungsvorgang nicht gegeben.534 Ein zusätzliches Kausalitätskriterium hat im Übrigen die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Fachplanungsrecht geschaffen, indem ein Verstoß gegen UVP-Vorschriften nur dann entscheidungserheblich sein und zur Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses führen soll, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler die Entscheidung anders ausgefallen
532 Rabe, ZfBR 2001, S. 229 (238). 533 BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 1989, BauR 1989, S. 435 f. 534 Ähnlich BVerwG, Beschluss vom 15. April 1988, E 79, S. 200 (208): „Verfahrensfehler führen nur dann zur Rechtswidrigkeit des Abwägungsvorgawgs, wenn sie sich in diesem Vorgang auch ausgewirkt haben können." (Hervorhebung vom Verfasser). Allerdings bleibt hier offen, wie sich der Verfahrensfehler selbst auf die Planungsentscheidung auswirkt. Unklar insoweit auch BVerwG, Beschluss vom 22. März 1999, NVwZ 1999, S. 989, wonach das Versäumnis einer Umweltverträglichkeitsprüfung allein nicht den Schluss zulässt, dass die Abwägungsentscheidung rechtswidrig ist, da nicht feststeht, ob sich eine eventuelle Unbeachtlichkeit des Mangels aus dem ungeschriebenen Kausalitätsmerkmal oder § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB ergeben kann. Für das Fachplanungsrecht vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996, E 100, S. 238 (252). 535 Etwa BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 1992, NuR 1993, S. 125 (126); Urteil vom 18. Mai 1995, S. 27 (28); kritisch Steinberg, DÖV 1996, S. 221 (226 ff. m. w. N. zur Rechtsprechung); Erbguth, NuR 1997, S. 261 (264 ff.); vgl. auch Ginzky, UPR 2002, S. 47 (52
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
d) Bewertung Es scheint sehr bedenklich, für das Bauplanungsrecht generell annehmen zu wollen, dass jeder beachtliche Verfahrensfehler nur dann erheblich ist, wenn er sich auf die Sachentscheidung ausgewirkt haben kann. Das Gesetz sieht in den §§ 214 ff. BauGB eine allgemeine Kausalitätsklausel nicht vor. Eine entsprechende Normierung wurde zwar diskutiert, aber verworfen. Ferner blieben die verschiedenen Funktionen des Verwaltungsverfahrens unberücksichtigt, werden sie doch nur darauf reduziert, eine sachlich richtige Entscheidung herbeizuführen. Im Wege der Rechtsfortbildung wird sich aufgrund der unterschiedlichen Zwecke des Verwaltungsverfahrens daher kein allgemeiner Kausalitätsgrundsatz entwickeln lassen können, auch wenn nicht bestritten werden soll, dass dieses Merkmal in der Rechtsordnung eine bedeutende Rolle spielt. Aus diesem Grund fehlt auch der oben dargestellten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1989 das erforderliche methodische Fundament. Da es an einer gesetzlichen Regelung fehlt, hätte der (beachtliche) Verfahrensfehler nicht ohne weiteres als unbeachtlich angesehen werden dürfen. Das muss jedoch nicht zwingend bedeuten, dass die grundsätzlich begrüßenswerten Überlegungen, die Fehleranfälligkeit von Planungsakten mittels eines Kausalitätserfordernisses zu reduzieren, stets abzulehnen sind. Sie müssen sich aber methodisch rechtfertigen lassen. Diese Rechtfertigung könnte sich daraus ergeben, dass der Gesetzgeber sich in den §§ 214 ff. BauGB, insbesondere in § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB für ein Kausalitätsmodell entschieden hat. Insoweit erscheint eine Einzelanalogie zu § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB oder eine Gesamtanalogie zu §§ 214 Abs. 1 a Nr. 1, 214 Abs. 2 Nr. 2, 4, 214 Abs. 3 S. 2 BauGB bei Vorliegen eines Verfahrensfehlers jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen. Bei analoger Anwendung könnte eine Norm etwa lauten: „Mängel im Bauleitplanverfahren sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf die Planung von Einfluss gewesen sind." Voraussetzung dafür ist jedoch das Bestehen einer Regelungslücke. Hierbei ist zunächst zu beachten, dass § 214 Abs. 1 BauGB im Grundsatz von der Unbeachtlichkeit der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften ausgeht, da nur die dort genannten Normen im Falle ihrer Verletzung einen beachtlichen Fehler bedeuten. Ist ein Verfahrensfehler bereits nach § 214 Abs. 1 BauGB unbeachtlich, braucht auf die Kausalität des Fehlers für die Planungsentscheidung nicht mehr abgestellt zu werden. Sofern ein Verfahrensfehler aber beachtlich ist, trifft das Gesetz keine zusätzlichen Regelungen hinsichtlich eines Kausalitätserfordernisses. Insofern können die Vorschriften als unvollständig bezeichnet werden. Fraglich ist aber, ob diese Unvollständigkeit auch planwidrig ist, ob der Gesetzgeber also eine m. w. N.). Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1984, E 69, S. 256 (269), und Urteil vom 5. Dezember 1986, E 75, S. 214 (228). Beide Entscheidungen werden nicht nur mit § 46 VwVfG sondern auch mit allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts begründet.
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Regelung getroffen hätte, wenn er sich der Unvollständigkeit der Vorschrift bewusst gewesen wäre. Hiergegen spricht bereits die eben dargestellte Systematik. Wenn sich der Gesetzgeber dazu entschieden hat, die beachtlichen Verfahrens- und Formfehler enumerativ aufzuzählen, dürfte anzunehmen sein, dass die Fehlerfolge grundsätzlich bereits dann eintreten soll, wenn ein entsprechender Fehler vorliegt, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen. Dies wird noch zusätzlich dadurch bestätigt, dass in § 214 Abs. 1 BauGB Rückausnahmen enthalten sind, nach denen unter bestimmten Voraussetzungen die (ausnahmsweise) beachtlichen Verfahrensfehler wiederum unbeachtlich sind. Die Differenziertheit der Regelung macht damit deutlich, dass sich der Gesetzgeber umfassend mit dem Problem auseinandergesetzt hat. Er wollte den in der Norm genannten Verfahrens- und Formvorschriften damit einen höheren Stellenwert zuschreiben als den sonstigen nicht genannten Normen. Das lässt aber den Schluss zu, dass die Beachtlichkeit der Verletzung der in § 214 Abs. 1 BauGB genannten Verfahrens- und Formvorschriften nicht durch eine Fehlerfolgenvoraussetzung der Kausalität eingeschränkt werden sollen. § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB oder der in den §§ 214 Abs. 1 a Nr. 1, 214 Abs. 2 Nr. 2, 4, 214 Abs. 3 S. 2 BauGB enthaltene Rechtsgedanke lassen sich daher nicht analog auf die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften anwenden. Das Kausalitätsmerkmal spielt daher über die bestehenden Regelungen hinaus im Bauplanungsrecht keine Rolle. 5 3 6
4. Umdeutung fehlerhafter Bebauungspläne Vereinzelt wird in der Literatur vertreten, dass die gesetzlich vorgesehenen Fehlerfolgen nicht eintreten sollen, wenn die an sich fehlerhafte Planung in eine fehlerfreie umgedeutet werden könne. Eine Umdeutung komme bei Bebauungsplänen für einzelne Festsetzungen in Betracht, wenn ,,- die unwirksame Festsetzung zugleich Festsetzungen enthält, die von der Gemeinde in der geschehenen Verfahrensweise und in der vorliegenden Form hätten erlassen werden können, - öffentliche oder private Belange durch eine Umdeutung nicht zusätzlich berührt werden, so dass sich die Frage der Abwägung (§ 1 Abs. 6) nicht erneut stellt und - die umgedeutete Festsetzung dem Plan willen der Gemeinde entspricht." 537 536
Dieser Ansatz steht auch nicht im Widerspruch zu den obigen Ausführungen zur Vereinbarkeit der Planerhaltungsvorschriften mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts, die deshalb angenommen werden konnte, weil ein unbeachtlicher Verfahrensfehler noch Relevanz als Abwägungsfehler haben kann, 3. Kapitel 1. Abschnitt C H 1, 2, 4. Das Kausalitätsmerkmal dient nämlich insoweit unterschiedlichen Zwecken: Einerseits dient es der Sicherstellung der effektiven Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts, andererseits der Entwicklung einer zusätzlichen Fehlerfolgenvoraussetzung. 537 Gierke, in Brügelmann, BauGB, § 10, Rn. 461.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Beispielsweise sollen nach § 1 Abs. 5 bis 9 BauNVO 1977 erfolgte spezielle Festsetzungen für eine bestimmte Anlage, die jedoch mit der Zweckbestimmung des Gebiets nicht vereinbar seien, als Festsetzung eines Sondergebiets umgedeutet werden können. Ferner sei zu prüfen, ob nicht eine unzulässige, weil widersprüchliche Doppelfestsetzung für ein Gebiet als Gliederung nach § 1 Abs. 4 BauNVO 1977 mit Hilfe der Konversion erhalten werden könne. In den §§ 214 ff. BauGB ist keine Regelung zur Umdeutung eines fehlerhaften in einen fehlerfreien Bebauungsplan enthalten. Umdeutungsvorschriften finden sich lediglich im öffentlichen Recht in § 47 VwVfG und den inhaltsgleichen § 128 AO und § 43 SGB X bzw. im Zivilrecht in § 140 BGB. Dabei beziehen sich die öffentlichrechtlichen Normen lediglich auf fehlerhafte Verwaltungsakte; fehlerhafte Rechtsnormen werden also nicht unmittelbar erfasst. 538 Gleiches gilt für § 140 BGB, mit dessen Hilfe lediglich nichtige Rechtsgeschäfte umgedeutet werden können. Als Rechtsgrundlage für die Umdeutung eines fehlerhaften Bebauungsplans kann folglich nur eine analoge Anwendung der § 47 VwVfG, § 140 BGB in Betracht kommen. Dies wird aber in Rechtsprechung und Literatur abgelehnt: Einer Umdeutung von Rechtsnormen entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut und ihrer Zweckbestimmung stehe grds. das rechtsstaatliche Gebot der Normenklarheit entgegen. 539 Es soll m. a. W. an einer vergleichbaren Interessenlage für diese rechtsfortbildende Maßnahme fehlen. Dem ist zuzustimmen. Jedenfalls § 47 VwVfG ist auf den Verwaltungsakt als konkret-individuelle Regelung zugeschnitten. So muss es für den von ihm Betroffenen erkennbar sein, dass der Regelungsgehalt des fehlerhaften Verwaltungsakts nach der Umdeutung nicht mit dem der ursprünglichen Regelung übereinstimmt. Deshalb hat nach § 47 Abs. 4, § 28 VwVfG eine spezielle Anhörung stattzufinden, wenn eine Umdeutung erfolgen soll. Entsprechendes müsste bei der Umdeutung eines fehlerhaften Bebauungsplans gelten. Dabei stellt sich die Frage, wer als von der Umdeutung betroffen anzusehen ist. Schließlich wird der Bebauungsplan nach § 1 0 Abs. 1 BauGB als Satzung und damit als abstrakt-generelle Regelung beschlossen. Folglich kann die Rechtmäßigkeit einer Umdeutung voraussetzen, dass der Plan in der Form, in der er gelten soll, erneut nach § 3 Abs. 2 BauGB analog auszulegen ist. Zumindest aber ist den betroffenen Bürgern Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 13 Nr. 2 BauGB analog zu gewähren. Insofern würde die Konversion keine Vorteile gegenüber einer Planreparatur aufweisen. Noch größere Schwierigkeiten stellen sich hinsichtlich der Erkennbarkeit der umgedeuteten Planung. § 47 VwVfG begründet keine Verpflichtung der Behörde, 538 Ule /Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 60, Rn. 10; Samalee, Die Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, S. 108, 217, 220 ff.; Wirth, Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, S. 217 f.; Kopp /Ramsauer, VwVfG, § 47, Rn. 4; Sachs, in Stelkens / Bonk / Sachs, § 47, Rn. 26; vgl. Schäfer, in Obermayer, VwVfG, § 47, Rn. 9; Laubinger, VerwArch 1987, S. 345 (355). 559 Kopp/Schenke, VwGO, § 47, Rn. 120; VGH München, Urteil vom 3. April 1984, BayVBl. 1984, S. 532 (533).
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den umgedeuteten Verwaltungsakt neu i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG bekanntzumachen. Schließlich entspricht es dem Wesen der Umdeutung, dass kein neuer Verwaltungsakt erlassen, sondern der ursprüngliche Verwaltungsakt aufrechterhalten wird, weil der Fehler des Verwaltungsakts durch die Erkenntnis einer neuen Rechtsfolge, die der ursprüngliche Verwaltungsakt bereits in sich barg, beseitigt wird. 5 4 0 Bei einer analogen Anwendung des § 47 VwVfG auf Bebauungspläne würde folglich auch keine Bekanntmachungspflicht für den umgedeuteten Plan bestehen. Es besteht aber für jedermann ein Einsichtsrecht nach § 10 Abs. 3 S. 2 1. Hs. BauGB in die Satzung, wobei im Falle einer Umdeutung nur der ursprüngliche Planinhalt eingesehen werden könnte. Insoweit bestünde eine Diskrepanz zwischen dem einsehbaren und dem tatsächlich gültigen Bebauungsplan, ohne dass dies für den Einsehenden erkennbar wäre. Dritte, die keine Ahnung von der Umdeutung haben, weil sie etwa erst nach ihrer Vornahme in das Plangebiet gezogen sind, würden in einen Plan Einsicht nehmen, der in dieser Form nicht existiert. Sie hätten mithin keine Möglichkeit, von dem wirklichen Planinhalt Kenntnis zu erlangen. Dieses Defizit lässt sich rechtsstaatlich nicht rechtfertigen. Ein Planbetroffener muss wissen können, welche Rechtsvorschriften für ihn mit welchem Inhalt gelten. Diese Schwierigkeiten stellen sich für einen Verwaltungsakt nicht, da alle Betroffenen aufgrund der Anhörung nach § 47 Abs. 4, § 28 VwVfG Kenntnis von der Umdeutung haben. Die Unterschiede zwischen Verwaltungsakt und Rechtsnorm schließen somit das Bestehen einer im wesentlichen vergleichbaren Interessenlage aus, so dass weder § 47 VwVfG noch § 140 BGB analog auf Bebauungspläne angewandt werden können. Die in der Literatur vorgegebenen Voraussetzungen für die Umdeutung eines Bebauungsplans entbehren einer gesetzlichen Grundlage. Ein fehlerhafter Bebauungsplan kann folglich nicht in einen fehlerfreien umgedeutet werden.
5. Aussagekraft formell fehlerhafter Flächennutzungspläne Die ältere Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte zur Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB bietet einen weiteren Aspekt, dem planerhaltende Wirkung zugeschrieben werden könnte. Widerspricht ein Außenbereichsvorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans gemäß § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB, liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vor, so dass es bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Grundsätzlich setzt ein solcher Widerspruch einen wirksamen Flächennutzungsplan voraus; 541 ansonsten kann eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange aus diesem 540 Schäfer, in Obermayer, VwVfG, § 47, Rn. 5; Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 47, Rn. 7; vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1992, NVwZ 1993, S. 698. 541 Söfker, in Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, § 35, Rn. 80; Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2540, unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 1998, BRS 60, Nr. 90.
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Grund nicht angenommen werden. Die Rechtsprechung hat diesen Grundsatz jedoch dahingehend eingeschränkt, dass ein lediglich an formellen Fehlern leidender Flächennutzungsplan doch als entgegenstehender Belang im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB heranzuziehen ist. 5 4 2 Maßgeblich sei nämlich der von der formellen Geltung unabhängige inhaltliche Aussagewert des Plans. Es komme darauf an, dass die Gemeinde ihrerseits noch an den Planungsvorstellungen festhalte und der Plan nach Beseitigung des Fehlers mit hinreichender Sicherheit genehmigt werde. Der planerhaltende Aspekt dieser Rechtsprechung besteht darin, dass sie einem formell fehlerhaften Flächennutzungsplan Beachtlichkeit zuschreibt. Die planerischen Vorstellungen der Gemeinde setzen sich trotz der formellen Mängel im Rahmen des § 35 Abs. 3 BauGB durch. Ob die Rechtsprechung, die bereits vor dem Erlass des § 155 a BBauG 1976 ergangen ist, heute auch in Anbetracht der Existenz der §§ 214 ff. BauGB Gültigkeit haben kann, ist stark zu bezweifeln. Erstens berücksichtigen die maßgeblichen Entscheidungen den Zusammenhang zwischen formellen und materiellen Voraussetzungen eines Flächennutzungsplanes nicht hinreichend. Häufig wirken sich formelle Mängel auf die inhaltliche Planungsentscheidung, insbesondere auf die Rechtmäßigkeit der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB, aus. Es ist also genau zu prüfen, ob der Flächennutzungsplan nicht auch an materiellen Fehlern leidet. Ist dies aber der Fall, kann der Plan nicht als entgegenstehender öffentlicher Belang i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB herangezogen werden. Hiervon geht auch die obige Rechtsprechung aus. Zweitens bestehen Bedenken im Hinblick auf die Beachtung des Rechtsstaatsprinzips. Voraussetzung für die Beachtlichkeit des Plans soll es sein, dass mit einer Genehmigung nach Beseitigung des Mangels mit hinreichender Sicherheit gerechnet werden kann. Das Erfordernis der Rechtmäßigkeit wird damit durch das einer potentiellen Rechtmäßigkeit ersetzt. 543 Die Adressaten der betroffenen Normen können sich aber nicht sicher darauf einstellen, wenn sie wissen, dass der Flächennutzungsplan nur möglicherweise rechtmäßig ist. Drittens ist die Rechtsprechung inkonsequent. Maßgeblich für die Aussagekraft einer Flächennutzungsplanung soll lediglich sein inhaltlicher Aussagewert sein. Dieser Ansatz könnte aber generell für alle den Flächennutzungsplan betreffenden Regelungen heranzuziehen sein. Insbesondere ließe sich nach § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB aus einem inhaltlich einwandfreien Plan ein wirksamer Bebauungsplan entwickeln. Davon geht die Judikatur jedoch nicht aus. Ein Bebauungsplan kann grundsätzlich nur aus einem rechtmäßigen Flächennutzungsplan entwickelt werden. 544 Dieser Grundsatz ist zwar durch § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB erheblich ein542 OVG Lüneburg, Urteil vom 29. Oktober 1964, BRS 15, Nr. 50; OVG Münster, Urteil vom 27. Februar 1969, BRS 22, Nr. 80; vgl. Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 35, Rn. 80; Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35, Rn. 80. 543 Manssen, in Öffentliches Recht in Bayern, 4. Teil, Rn. 129. 544 Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 1978, BauR 1978, S. 449 (450 f.); vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1991, NVwZ 1992, S. 882 (883); Bielenberg/Run-
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geschränkt worden. Die Vorschrift greift jedoch nicht, wenn sich die Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans vor Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt. Unbeschadet methodischer Schwierigkeiten müsste die Rechtsprechung konsequenterweise auch diesen Bebauungsplan als rechtswirksam ansehen, sofern der Flächennutzungsplan einen entsprechenden inhaltlichen Aussagewert hat. Ein sachlicher Grund, der eine unterschiedliche Behandlung des formell fehlerhaften Plans bei § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB und § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB rechtfertigen würde, ist nicht ersichtlich. Folglich müsste die obige Rechtsprechung ausgedehnt werden. Viertens lassen sich die Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte jedenfalls bei Berücksichtigung der heutigen Gesetzeslage nicht (mehr) methodisch rechtfertigen. Die Rechtsprechung sollte daher aufgegeben werden. Die §§ 214 ff. BauGB enthalten keine Vorschrift, nach der ein formell fehlerhafter Flächennutzungsplan stets rechts wirksam sein soll. Die den obigen Entscheidungen entnommene Aussage würde also nach der heutigen Gesetzesfassung eine zulässige gesetzesimmanente Rechtsfortbildung voraussetzen. Es ist folglich zu untersuchen, ob insofern das Bestehen einer Regelungslücke angenommen werden kann. Die Planerhaltungsvorschriften sehen Regelungen hinsichtlich formeller Fehler vor. So ist es nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB für die Wirksamkeit eines Bebauungsplans unbeachtlich, wenn er aus einem Flächennutzungsplan entwickelt wurde, dessen Unwirksamkeit wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 sich nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt. Ferner zählt § 214 Abs. 1 BauGB abschließend auf, welche Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften für die Rechtswirksamkeit eines Flächennutzungsplans beachtlich ist. Grundsätzlich beeinträchtigen formelle Mängel also nicht die Wirksamkeit des Flächennutzungsplans. Die obige Rechtsprechung geht noch darüber hinaus, wenn die Aussagekraft eines Flächennutzungsplans im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB gänzlich von seiner formellen Wirksamkeit abgekoppelt wird. Die aktuelle Gesetzesfassung ist daher als Indiz dafür anzusehen, dass die Planerhaltungsvorschriften insofern eine abgeschlossene Regelung treffen. Zwar wurde gezeigt, dass nicht alle in § 214 Abs. 1 BauGB genannten Vorschriften die Unwirksamkeit einer Planung zur Folge haben müssen; dass ein Flächennutzungsplan aber generell trotz formeller Mängel beachtlich sein soll, erscheint doch sehr zweifelhaft. Deshalb ist e contrario zu schließen, dass die in §214 Abs. 1 BauGB genannten Mängel grundsätzlich die Unwirksamkeit eines Plans zur Folge haben können. Zudem lässt sich die obige Rechtsprechung nicht mit § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vereinbaren. Die Norm setzt nämlich voraus, dass ein Flächennutzungsplan unwirksam ist, bei dessen Aufstellung gegen Verfahrensoder Formvorschriften verstoßen wurde. Hiervon geht auch § 215 a Abs. 2 BauGB aus, wonach eine rückwirkende Inkraftsetzung eines Flächennutzungsplans bei kel, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 8, Rn. 7; Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 8, Rn. 12; vgl. Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 8, Rn. 5.
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Verletzung entsprechender Vorschriften zulässig sein soll. Ein unwirksamer Flächennutzungsplan kann keine Aussagekraft im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB entfalten, da sonst die Unterschiede zwischen Wirksamkeit und Unwirksamkeit eines Plans unzulässigerweise verwischt würden. Die Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte widerspricht nicht nur § 214 Abs. 1 BauGB, sie würde bei konsequenter Fortentwicklung außerdem den Anwendungsbereich der §§ 214 Abs. 2 Nr. 3, 215 a Abs. 2 BauGB entfallen lassen. Schließlich müsste ein formell fehlerhafter Flächennutzungsplan nicht erneut in Kraft gesetzt werden, wenn er ohnehin wie ein wirksamer Plan zu behandeln wäre. Dem steht auch § 216 BauGB nicht entgegen.545 Im Ergebnis kann ein formell fehlerhafter Flächennutzungsplan Aussagekraft im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB nur dann entfalten, wenn seine Mängel nach §§ 214 f. BauGB unbeachtlich sind. Liegt ein beachtlicher formeller Fehler vor, kann dies die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Außenbereichvorhabens vorerst nicht ausschließen. Um dem zu begegnen, muss die Gemeinde den Fehler beheben und den Plan mit Rückwirkung nach § 215 a Abs. 2 BauGB erneut in Kraft setzen.
6. Anwendbarkeit des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB bei Verletzung des § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB Nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB ist es für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans unbeachtlich, wenn er aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 5 4 6 sich nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt. Ob diese Planerhaltungsvorschrift auch eingreift, wenn ein Flächennutzungsplan wegen Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB fehlerhaft ist, erscheint fraglich. Hiernach können aus dem Flächennutzungsplan Flächen und sonstige Darstellungen ausgenommen werden, wenn dadurch die nach § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB darzustellenden Grundzüge nicht berührt werden und die Gemeinde beabsichtigt, die Darstellungen zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen. Nachdem die Vorschrift in § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB nicht ausdrücklich aufgeführt ist, kommt es darauf an, ob man ihre Voraussetzungen als formelle oder materielle begreift. Dies wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. 547 Geht man 545 § 215 a Abs. 2 BauGB stellt nämlich auf ein erneutes Inkraftsetzen ab. In Kraft gesetzt werden kann ein Flächennutzungsplan aber erst mit der Bekanntmachung seiner Genehmigung nach § 6 Abs. 5 S. 1,2 BauGB. Folglich setzt § 215 a Abs. 2 BauGB voraus, dass beim erstmaligen Inkraftsetzen die Genehmigung des Flächennutzungsplans rechtswidrig war. 546 Vgl. hierzu insbesondere BVerwG, Beschluss vom 18. August 1982, E 66, S. 122 (124). 547 Für formelle Voraussetzung Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 34; Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 116; wohl auch Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 214, Rn. 37, der die Erwähnung des § 6 in der Vorschrift für überflüssig hält. Für
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davon aus, dass § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB formelle Voraussetzungen aufstellt, so bedarf es eines Rückgriffs auf § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB allerdings gar nicht; der Flächennutzungsplan ist nämlich wirksam, da die Vorschrift nicht in § 214 Abs. 1 BauGB aufgezählt und etwaige Mängel deshalb unbeachtlich sind. 548 Ausdrücklich fehlerbewehrt ist lediglich ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 S. 2 2. Hs. BauGB nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB. Stellt die Norm aber materielle Voraussetzungen auf, ist der Flächennutzungsplan unwirksam. § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB ist jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar, so dass auch der Bebauungsplan grds. unwirksam wäre. Die Ansicht, die § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB als materielle Vorschrift einordnet, erscheint vorzugswürdig. Das Gesetz räumt der Gemeinde unter bestimmten Voraussetzungen die Befugnis ein, vom Grundsatz der Entwicklung eines Flächennutzungsplans für das ganze Gemeindegebiet abzuweichen. Der inhaltliche Planungsumfang wird reduziert. Dies hat zwar Auswirkungen auf das Verfahren, ändert aber nichts am materiellen Charakter der Vorschrift. § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB könnte demnach im Falle eines Verstoßes gegen die Vorschrift lediglich analog zur Anwendung kommen. Voraussetzung dafür ist das Vorliegen einer Regelungslücke. Die §§ 214 ff. BauGB treffen keine Regelung, inwieweit sich ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB auf die Wirksamkeit eines aus dem unwirksamen Flächennutzungsplan entwickelten Bebauungsplans auswirkt. Insoweit sind sie als unvollständig anzusehen. Fraglich ist, ob diese Unvollständigkeit planwidrig ist, ob also der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung getroffen hätte, wenn er sich der Unvollständigkeit des Gesetzes bewusst gewesen wäre. Hierfür könnte einerseits sprechen, dass das Bundesbaugesetz 1979 in § 6 Abs. 3 BBauG eine abschließende Regelung hinsichtlich der Voraussetzungen für das Ausnehmen räumlicher oder sachlicher Teile von der Genehmigung eines Flächennutzungsplans vorsah, 549 gleichzeitig aber in § 155 b Abs. 1 Nr. 7 BBauG eine dem § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB entsprechende Regelung vorsah, die auch einen Verstoß gegen § 6 sanktionslos stellte. § 5 Abs. 1 S. 2 BauGB stellt insoweit einen Bruch zur bisherigen Rechtslage dar. Die Vorschrift wurde erst im Rahmen des Baugesetzbuches geschaffen, ohne dass der Gesetzgeber in den §§ 214 ff. BauGB eine entsprechende Erweiterung des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vorgenommen hätte. Dies könnte für die Planwidrigkeit der Unvollständigkeit der §§ 214 ff. BauGB sprechen. Andererseits enthält § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB zwei Voraussetzungen, die in § 6 BauGB bisher nicht enthalten waren und auch jetzt nicht enthalten sind, so dass der Schluss, der Gesetzgeber des Bundesbaugesetzes 1979 wolle alle Fehler, die mit einem Teil-Flächennutzungsplan zusammenhängen, sanktionsfrei stellen, nicht zwingend sein muss. materielle Voraussetzung Bracher, in Geizer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1138; vgl. Schmaltz. , in Schrödter, BauGB, § 214, Rn. 39. 548 Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 116; inkonsequent insoweit Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 34. 549 So Schmaltz , in Schrödter, BauGB, § 214, Rn. 39.
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Einer abschließenden Entscheidung über das Vorliegen einer Regelungslücke bedarf es nicht, wenn die weitere Voraussetzung für die Möglichkeit einer analogen Anwendung - das Bestehen einer im wesentlichen vergleichbaren Interessenlage - nicht gegeben ist. Hierbei stellt sich zunächst die Frage der ratio des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB. Die Planerhaltungsvorschrift ist im Zusammenhang mit § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB zu sehen, wonach Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind. Der Flächennutzungsplan enthält die städtebauliche Grundkonzeption der Gemeinde. Sofern ein Bebauungsplan auf dieser Grundkonzeption aufbaut, spielt es nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB für seine Wirksamkeit keine Rolle, ob der Flächennutzungsplan aus formellen Gründen unwirksam ist, sofern sich dies erst nach der Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt. 550 Das Entwicklungsgebot kann jedoch nicht gewahrt werden, wenn der Flächennutzungsplan materiell rechtswidrig ist. Folglich greift in solchen Fällen die Planerhaltungsvorschrift nicht ein. 5 5 1 Diesem Gesetzeszweck liefe es mithin zuwider, würde man die Vorschrift auch bei einem Verstoß gegen § 5 Abs. 2 S. 1 1. Hs. BauGB anwenden. Gerade hier erscheint eine Analogie besonders fraglich. Die Gemeinde handelt nämlich rechtswidrig, wenn sie aus dem Flächennutzungsplan Flächen und sonstige Darstellungen herausnimmt, hierdurch aber die Grundzüge der sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebenden Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde berührt werden. Insofern dürfte es bereits an einer wirksamen planerischen Grundkonzeption fehlen, so dass ein Bebauungsplan allenfalls in formeller Hinsicht auf dem Flächennutzungsplan aufbauen könnte. Bei einer analogen Anwendung des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB würde die Gefahr der Beeinträchtigung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung demnach noch manifestiert werden, während der gesetzlich vorgesehene Anwendungsbereich gerade das Gegenteil, nämlich die Beibehaltung einer geordneten Entwicklung sicherstellen will. Deshalb fehlt es im Falle eines Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB an einer im wesentlichen vergleichbaren Interessenlage für eine analoge Anwendung des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB. Vielmehr führt dieser Verstoß grds. zur Unwirksamkeit von Flächennutzungs- und Bebauungsplan.
IV. Ergebnis Die Fehleranfälligkeit der städtebaulichen Pläne lässt sich grundsätzlich auch mittels der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung reduzieren. Besonders hervorzuheben ist der Aspekt der Teilnichtigkeit als Konkretisierung des offenen Prinzips der Planerhaltung. Andererseits haben die obigen Ausführungen ergeben, dass 550 Vgl. stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 113; vgl. Lemmel, in Berliner Kommentar, § 214, Rn. 34; vgl. Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 214, Rn. 37. 551 Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 214, Rn. 37; Schmaltz, in Schrödter, BauGB, § 214, Rn. 39.
2. Abschn.: C. Planerhaltung durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
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einige Ansätze in Rechtsprechung und Literatur die Grenzen des methodisch und verfassungsrechtlich Zulässigen überschreiten. Insoweit ist es der Rechtsprechung verwehrt, planerhaltend tätig zu werden. Der Gesetzgeber ist allerdings nicht an das methodische System der Rechtsfortbildung gebunden, so dass er manche Ansätze aufgreifen könnte.
C. Planerhaltung durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung I. Allgemeines Neben der Auslegung und der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung gibt es noch eine dritte Ebene der Rechtsgewinnung, nämlich die der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung 552. Da sie sich weder an den Wortlaut einschlägiger Normen, noch an deren ratio legis hält, ist sie nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig, um ein unzulässiges Übergreifen der Rechtsprechung in den Bereich der Gesetzgebung zu vermeiden. Neben der Subsidiarität zu den Methoden der Auslegung und gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung bedarf es des Vorliegens eines zwingenden Grundes, der es rechtfertigt, über den Plan des Gesetzes rechtsschöpferisch tätig werden zu können. 553 Ferner müssen sowohl das Ob als auch das Wie der Rechtsfortbildung mit der Rechtsordnung insgesamt, den in ihr enthaltenen Zwecken und Wertungen, übereinstimmen. 554 Die Grenze einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung ergibt sich aus der Funktionsteilung zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung; letztere darf wegen des Gewaltenteilungsgrundsatzes aus Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG nicht selbst einen „Quasi-Normtext" formulieren. 555 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich diese Methode zwar „extra legem", aber doch noch „intra ius" bewegt. 556 Es stellt sich die Frage, ob im Geltungsbereich des Baugesetzbuches mit diesem Mittel die Fehleranfälligkeit städtebaulicher Satzungen in zulässiger Weise reduziert werden kann.
552 Vgl. bereits oben 2. Kapitel B IV 2 b) bb) (3). 553 Larenz, Methodenlehre, S. 413 ff.; Schmalz, Methodenlehre, 2. Aufl., Rn. 354, 357 ff. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Februar 1973, E 34, S. 269 (287): Realisierung von Wertvorstellungen, die der verfassungsmäßigen Rechtsordnung immanent sind. Vgl. zu einzelnen Aspekten oben 2. Kapitel B IV 2 b) bb) (3). 554 Larenz, Methodenlehre, S. 402; Schmalz, Methodenlehre, 2. Aufl., Rn. 356. Unzutreffenderweise fordert Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 132, darüber hinaus noch die Offenheit der gesetzlichen Regelung. Diese ist aber nur im Bereich der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung erforderlich. 555 Larenz, Methodenlehre, S. 426 f.; Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 134 m. w. N. 556 Larenz, Methodenlehre, S. 414; Schmalz, Methodenlehre, 2. Aufl., Rn. 353.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
II. Anwendungsfälle 1. Unvereinbarkeit von Bebauungsplänen mit den Vorgaben des Baugesetzbuches Die Anzahl der Bebauungspläne, deren Nichtigkeit in Normenkontrollverfahren festgestellt wird, dürfte aufgrund der §§ 214 ff. BauGB stark abgenommen haben. Zunächst haben die Normenkontrollgerichte zu prüfen, ob ein Fehler erstens überhaupt (§ 214 BauGB) und zweitens noch (§ 215 BauGB) beachtlich ist. Bei Beachtlichkeit kommt es zur Feststellung der Unwirksamkeit nach § 47 Abs. 5 S. 4 VwGO, wenn der Mangel im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens nach § 215 a Abs. 1 BauGB behoben werden kann. Ist auch dies ausgeschlossen, wird im Normenkontrollverfahren die Nichtigkeit des Bebauungsplans festgestellt. Möglicherweise kann es über diese Regelungen hinaus auch einen lediglich rechtswidrigen Bebauungsplan geben, von dem - im Unterschied zu dem Bebauungsplan i. S. d. § 215 a Abs. 1 S. 2 BauGB - ausnahmsweise doch Rechtswirkungen ausgehen, der mithin anwendbar bleibt. Eine solche Fehlerfolge würde eine weitere Ausnahme vom Nichtigkeitsdogma und eine weitere Annäherung an das Fehlerfolgensystem beim Verwaltungsakt bedeuten. Anhaltspunkte könnte insoweit die Unvereinbarkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liefern. 557
a) Unvereinbarkeit von Rechtsvorschriften mit dem höherrangigen Recht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aa) EntscheidungsVariante: Unvereinbarkeit Ein verfassungswidriges Gesetz ist ipso iure nichtig; der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kommt lediglich deklaratorische Bedeutung zu. 5 5 8 Diese Prämissen entsprechen der herrschenden Meinung, auch wenn sie im Wortlaut der §§ 78, 95 Abs. 3 S. 1 BVerfGG keine Bestätigung finden. Andere Entscheidungsvarianten als Wirksamkeit und (Teil-)Nichtigkeit kommen folglich grundsätzlich nicht in Betracht. Dennoch hat das Bundesverfassungsgericht in zahlreichen Fällen, bei denen Rechtsnormen fehlerhaft und verfassungswidrig waren, von einer Nichtigkeitsfeststellung abgesehen und lediglich die Verfassungswidrigkeit und Unvereinbarkeit des Gesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt. 559 Zur Begründung dieser Entscheidungen wurde auf verschiedene Aspekte abgestellt, die die Literatur in verschiedenen Fallgruppen zusammenzufassen versucht hat. Im wesentlichen sind drei Hauptgruppen 560 herausgearbeitet worden. 557
Zum geltungserhaltenden Charakter Käß, Planerhaltung, S. 42. 558 Vgl. oben 2. Kapitel A I V 1. 559 Vgl. Rüde, Planreparatur, S. 42 f.
2. Abschn.: C. Planerhaltung durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
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bb) Fallgruppen Die erste Gruppe 561 betrifft die Fälle sogenannter „relativer Verfassungswidrigkeit" 5 6 2 . Verfassungswidrig sei hier nicht eine bestimmte Norm, sondern der Bezug mehrerer Normen zueinander (Verfassungswidrigkeit einer Normenrelation 563). Den klassischen Fall bilde der sogenannte gleichheitswidrige Begünstigungsausschluss: Dem A werde durch Gesetz eine Begünstigung gewährt, dem B werde sie vorenthalten. Hier erwiesen sich die einzelnen Normbestandteile bei isolierter Betrachtung als verfassungsmäßig; A könne grundsätzlich die Begünstigung erhalten, B grundsätzlich ausgeschlossen werden. Verfassungswidrig sei aber das Verhältnis zwischen A und B. B dürfe die Begünstigung nicht willkürlich vorenthalten werden, wenn sie dem A gewährt werde. Eine Nichtigerklärung der Norm soll hier nicht in Betracht kommen, da verschiedene Möglichkeiten zur Beseitigung des Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot zur Verfügung stünden. So könne A die Begünstigung entzogen, B in den Kreis der Begünstigten aufgenommen oder eine völlig neue verfassungskonforme Regelung getroffen werden. 564 Die Entscheidung hierüber obliege jedoch dem Gesetzgeber und dürfe nur ausnahmsweise vom Bundesverfassungsgericht getroffen werden, wenn mit Rücksicht auf einen zwingenden Verfassungsauftrag oder nach den sonstigen Umständen des Einzelfalles nur eine Möglichkeit zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes in Betracht komme. 565 Die zweite Fallgruppe stellt letztlich eine Fortentwicklung der ersten Gruppe dar. So wurde das Argument, dass ein Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers durch das Bundesverfassungsgericht unzulässig sei, von der Fallgruppe der Verstöße gegen das Gleichheitsgebot losgelöst und als eigenständige Fallgruppe etabliert. 566 Es kommt folglich zur Unvereinbarerklärung, wenn mit der Feststellung der Nichtigkeit in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingegriffen 560 Vgl. z u sonstigen Fallgruppen etwa Otto, Fehlerbehebung, S. 23 ff.; Blüggel, Unvereinbarerklärung, Erstes Kapitel, Fn. 62.; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1267 ff. 561 Pestalozzi Verfassungsprozessrecht, § 20, Rn. 116 ff.; Ipsen, Rechtsfolgen, S. 109 ff., 213 f.; Otto, Fehlerbehebung, S. 24 f.; Mayer, Nachbesserungspflicht, S. 65; vgl. Schiaich/ Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 389 ff.; vgl. Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1269; vgl. Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 26; vgl. Hein, Unvereinbarerklärung, S. 39 ff. Beispiele bilden etwa BVerfG, Beschluss vom 28. November 1967, E 22, S. 349 (359 ff.); Beschluss vom 15. Januar 1969, E 25, S. 101 (110 f.); Beschluss vom 11. Mai 1970, E 28, S. 227 (242 f.); Beschluss vom 6. Mai 1975, E 39, S. 316 (332 f.); Beschluss vom 11. Oktober 1977, E 46, S. 97 (112 f.); Beschluss vom 7. Juli 1982, E 61, S. 43 (67 f.); Beschluss vom 29. Mai 1990, E 82, S. 60 (97). 562 Maurer, Festschrift Weber, S. 345 (354). 563 ipsen, Rechtsfolgen, S. 214. 564 Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 28. November 1967, E 22, S. 349 (361). 565 BVerfG, Beschluss vom 28. November 1967, E 22, S. 349 (362); vgl. Beschluss vom 29. Oktober 1963, E 17, S. 148 (152); vgl. Beschluss vom 11. Juli 1967, E 22, S. 163 (174 f.). 566 Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 392; Mayer, Nachbesserungspflicht, S. 65; Hein, Unvereinbarerklärung, S. 84.
Stewede
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
würde, weil der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes habe. 567 Schließlich wird in der dritten Gruppe die bloße Unvereinbarkeit des verfassungswidrigen Gesetzes mit dem Grundgesetz angenommen, wenn die Folge eine schwer erträgliche Rechtslage oder ein nicht hinnehmbares Rechtschaos wäre. Dies soll der Fall sein, wenn durch die Feststellung der Nichtigkeit der verfassungswidrigen Norm ein Zustand herbeigeführt würde, der der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stünde als der gegenwärtige. 568 Wenn etwa Beamte unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG durch die Änderung des Besoldungsrechts von einer Gehaltserhöhung ausgeschlossen würden, könne dieser Verfassungsverstoß nicht durch Nichtigerklärung der besoldungsrechtlichen Vorschriften beseitigt werden; denn Art. 33 Abs. 5 GG verlange, dass generelle gesetzliche Besoldungsregelungen (überhaupt) vorhanden seien. 569 Dem Argument der Vermeidung eines Regelungschaos kommt im Übrigen ambivalenter Charakter zu. Erstens dient sie dem Bundesverfassungsgericht zur Begründung einer Ausnahme von der Nichtigkeitsfeststellung, zum zweiten wird hiermit teilweise auch die Rechtsfolge der Unvereinbarkeitsfeststellung modifiziert. 570
567 Otto, Fehlerbehebung, S. 25 f.; Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 26; Hein, Unvereinbarerklärung, S. 78 ff.; vgl. Ipsen, Rechtsfolgen, S. 111 ff.; vgl. Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 392; Ulsamer, in Maunz / Schmidt-Bleibtreu / Klein / Ulsamer, BVerfGG, § 78, Rn. 12. Beispiele aus der Rechtsprechung sind etwa BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1981, E 57, S. 361 (388 f.); Beschluss vom 14. Juli 1981, E 58, S. 137 (152); Beschluss vom 14. Dezember 1982, E 62, S. 374 (391); Beschluss vom 7. Februar 1990, E 81, S. 242 (263); Beschluss vom 23. September 1992, E 87, S. 114 (135 f.); Beschluss vom 26. April 1994, E 90, S. 263 (276); Beschluss vom 10. November 1998, E 99, S. 202 (215 f.); Beschluss vom 14. Juli 1999, E 101, S. 54 (104 f.). 568 Vgl. Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1268; vgl. Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 393 ff.; Ipsen, Rechtsfolgen, S. 114 ff.; Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 26; Mayer, Nachbesserungspflicht, S. 67 ff.; Hein, Unvereinbarerklärung, S. 85 ff.; Otto, Fehlerbehebung, S. 26 f.; Ulsamer, in Maunz/ Schmidt-Bleibtreu/ Klein/ Ulsamer, BVerfGG, § 78, Rn. 12; vgl. Grimm, Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe, S. 147 ff. Beispiele aus der Rechtsprechung sind etwa BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 1958, E 8, S. 1 (19 f.); Urteil vom 18. Juli 1972, E 33, S. 303 (347); Urteil vom 26. Juli 1972, E 34, S. 9 (43 f.); vgl. Urteil vom 5. November 1975, E 40, S. 299 (329); vgl. Beschluss vom 11. Februar 1981, E 56, S. 192 (215 f.); Beschluss vom 27. November 1990, E 83, S. 130 (154); Beschluss vom 25. März 1992, E 85, S. 386 (401); Beschluss vom 25. September 1992, E 87, S. 153 (177 f.); Urteil vom 22. Februar 1994, E 90, S. 60 (104 f.).
569 BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 1958, E 8, S. 1 (19); ähnlich Urteil vom 15. November 1971, E 32, S. 199 (217 f.). 5 70 Hein, Unvereinbarerklärung, S. 118; vgl. Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, § 20, Rn. 124; vgl. Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 393. Zur Rechtsfolge der Unvereinbarerklärung siehe die Ausführungen unter cc).
2. Abschn.: C. Planerhaltung durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
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cc) Rechtsfolgen der Unvereinbarkeit Die Rechtsfolgen der Unvereinbarkeit 571 müssen sich grundsätzlich von den Rechtsfolgen der Nichtigkeit unterscheiden; anderenfalls bliebe unklar, welchen Zweck das Bundesverfassungsgericht mit dieser Entscheidungsvariante verfolgt. Tatsächlich bestehen Unterschiede sowohl für den Normgeber als auch für den Normanwender. So wird ersterer bei der Unvereinbarerklärung durch das Bundesverfassungsgericht „verpflichtet, die Rechtslage mit der Verfassung in Einklang zu bringen" 5 7 2 . Bei einer Nichtigkeitsfeststellung bedarf es keiner solchen Verpflichtung, da ein verfassungsgemäßer Zustand bereits durch die Entscheidung des Gerichts wiederhergestellt wird, 5 7 3 sofern keine grundgesetzliche Verpflichtung zur Regelung des nunmehr ungeregelten Rechtsgebiets besteht. Hinsichtlich der Details des verfassungsgerichtlichen Auftrags bestehen differenzierte Anforderungen: So ist der Zeitraum, innerhalb dessen der verfassungsmäßige Zustand wiederherzustellen ist, teilweise unbestimmt 574 , teilweise wird eine genaue Frist vorgegeben 575. Ferner wird unterschieden, ob der Gesetzgeber die Folgen der verfassungswidrigen Bestimmungen rückwirkend beseitigen oder nur für die Zukunft regeln muss. 576 Der Normanwender ist bei einer Unvereinbarkeitsentscheidung grundsätzlich gezwungen, das konkret betroffene Verfahren bis zur (Neu-)Regelung durch den Gesetzgeber auszusetzen.577 Er darf also keine Entscheidung treffen, die auf die verfassungswidrige Norm abstellt. Dies gilt sowohl für gerichtliche als auch behördliche Verfahren 578 und soll sicherstellen, dass für den Verfahrensbetroffenen 571 Hierzu ausführlich Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 91 ff.; Hein, Unvereinbarerklärung, S. 123 ff.; Moench, Verfassungswidriges Gesetz und Normenkontrolle, S. 170 ff.; Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 401 ff. 572 BVerfG, Beschluss vom 26. April 1994, E 90, S. 263 (276); Beschluss vom 30. Mai 1990, E 82, S. 126 (155 f.); Beschluss vom 7. Mai 1991, E 84, S. 168 (187); Beschluss vom 2. Dezember 1992, E 88, S. 5 (17); hierzu ausführlich Mayer, Nachbesserungspflicht, S. 75 ff., 149 ff.; vgl. Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 107; vgl. Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1276; vgl. Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, § 20, Rn. 129. 573 Vgl. Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 411; vgl. Ipsen, Rechtsfolgen, S. 212 f., der hierin den einzigen Unterschied zwischen Nichtigkeit und Unvereinbarkeit sieht. 574 Etwa BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1985, E 71, S. 224 (229) - „alsbald"; Beschluss vom 22. März 1990, E 81, S. 363 (384) - „binnen angemessener Frist"; Beschluss vom 23. September 1992, E 87, S. 114 (151) -„unverzüglich" . 575 Etwa BVerfG, Beschluss vom 27. November 1990, E 83, S. 130 (154); Beschluss vom 11. Februar 1992, E 85, S. 226 (238); Beschluss vom 22. Juni 1995, E 93, S. 121 (122). 576 Vgl. Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 111 ff., m. w. N. zur Rechtsprechung. 577 Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1977, E 47, S. 1 (33); Beschluss vom 23. September 1992, E 87, S. 114 (136); Beschluss vom 2. Dezember 1992, E 88, S. 5 (17); Beschluss vom 12. März 1996, E 94, S. 241 (267). Vgl. Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1275; vgl. allgemein auch zu etwaigen Ausnahmen Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 93 ff.; vgl. Mayer, Nachbesserungspflicht, S. 72 f.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
positive Änderungen des Gesetzes zur Anwendung kommen können. 579 Hierin liegt ein weiterer Unterschied zur Nichtigkeitsfeststellung, bei der Gerichte und Behörden nicht bis zu einer gesetzlichen Neuregelung abwarten müssen. Von besonderem Interesse für die Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf das Bauplanungsrecht ist die weitere Frage, ob die als verfassungswidrig erkannte Norm in sonstigen Fällen von Behörden oder Gerichten angewandt werden kann, bis eine verfassungsmäßige Neuregelung durch den Gesetzgeber erfolgt ist. Grundsätzlich begründet die Feststellung der Unvereinbarkeit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch eine „Anwendungssperre": Die Norm darf folglich nicht weiter angewandt werden. 580 Diese Rechtsfolge ergebe sich sachlich aus dem Vorrang, den die höhere Norm, hier die Verfassung, gegenüber der niederen Norm, hier dem Gesetz, genieße.581 Insoweit sind die Rechtsfolgen von Unvereinbarkeit und Nichtigkeit deckungsgleich. Ausnahmsweise582 komme jedoch eine vorübergehende weitere Anwendbarkeit der verfassungswidrigen Vorschrift in Betracht, die maximal bis zum Erlass der neuen gesetzlichen Regelung andauern könne. 583 So soll vermieden werden, dass bei einer unterbliebenen Anwendbarkeit der verfassungswidrigen Norm ein Zustand entstünde, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt sei als derjenige, der bei Anwendbarkeit der Norm bestehen bliebe; verfassungsrechtliche Gründe, insbesondere solche der Rechtssicherheit, könnten eine interimistische Anwendbarkeit der Vorschrift gebieten. 584 Aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis ergebe sich allerdings, dass die 578 BVerfG, Beschluss vom 19. Februar 1991, E 84, S. 1 (5); Beschluss vom 23. September 1992, E 87, S. 114 (136); Beschluss vom 7. März 1995, E 92, S. 158 (187); vgl. Ipsen, Rechtsfolgen, S. 219. 579 BVerfG, Beschluss vom 28. November 1967, E 22, S. 349 (363); Beschluss vom 12. März 1996, E 94, S. 241 (267); vgl. Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 401. 580 Siehe etwa BVerfG, Beschluss vom 21. Mai 1974, E 37, S. 217 (261); Beschluss vom 5. März 1991, E 84, S. 9 (21); Beschluss vom 11. Januar 1995, E 92, S. 53 (73); Beschluss vom 31. Januar 1996, E 93, S. 386 (402). Vor der Entscheidung im 37. Band war unklar, ob eine für unvereinbar erklärte Norm anwendbar blieb oder nicht, Blüggel, Unvereinbarerklärung, 1. Kapitel, Fußnote 462 m. w. N., was für Rechtsunsicherheit und Ratlosigkeit sorgte, vgl. Ipsen, Rechtsfolgen, S. 220 f.; Moench, Verfassungswidriges Gesetz und Normenkontrolle, S. 171; Mayer, Nachbesserungspflicht, S. 69 f. 581 Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1274. 582 Ausführlich hierzu Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 96 ff.; Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 405 ff.; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1277; vgl. auch Moench, Verfassungswidriges Gesetz und Normenkontrolle, S. 172 ff. 583 Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1972, E 33, S. 303 (305); Beschluss vom 27. November 1990, E 83, S. 130; Urteil vom 22. Februar 1994, E 90, S. 60 (105); Beschluss vom 24. Mai 1995, E 93, S. 37 (41). Die Anwendbarkeit könne aber bereits vorher entfallen, wenn das Gericht einen entsprechenden Zeitpunkt bestimme, so Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 99 f., m. w. N. 584 BVerfG, Urteil vom 3. November 1982, E 61, S. 319 (356); Beschluss vom 11. Januar 1995, E 92, S. 53 (73). Als beachtliche Aspekte hat das Bundesverfassungsgericht etwa angesehen:
2. Abschn.: C. Planerhaltung durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
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weitere vorläufige Anwendbarkeit ausdrücklich angeordnet werden müsse.585 Zur Begründung der Zulässigkeit einer solchen Rechtsprechung wird auf § 35 BVerfGG verwiesen. 586 Die Rechtsfolgen, die mit der Feststellung der Unvereinbarkeit der verfassungswidrigen Norm verbunden sind, machen ihre Existenz und ihr (weiteres) Bestehen deutlich; 587 während der Nichtigkeitsausspruch den Rechtssatz aus der Rechtsordnung eliminiert, lässt der Unvereinbarkeitsausspruch den Bestand der Norm unangetastet.588 Folglich haben Nichtigkeit und Unvereinbarkeit unterschiedliche Bedeutung. b) Kritik
an dieser Rechtsprechung
Die Unvereinbarkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist heute zwar nicht mehr aus dem Verfassungsleben wegzudenken, stößt aber auf teilweise erhebliche Kritik. Eine umfassende Auseinandersetzung mit den einzelnen Argumenten soll hier nicht erfolgen, da es letztlich um die Frage geht, inwieweit sie überhaupt für das Bauplanungsrecht fruchtbar gemacht werden kann. Die Einwände, die gegen ihre Zulässigkeit vorgebracht werden, sollten aber im Hinterkopf behalten werden. aa) Methodische Erwägungen Zunächst sehen die Tenorierungsvorschriften des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes weder in § 78 noch in § 95 Abs. 3 S. 1 BVerfGG die Möglichkeit vor, die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit dem Grundgesetz festzustellen. Vielmehr wird als Fehlerfolge ausschließlich die Nichtigkeit angeordnet. Da eine gesetzliche Grundlage fehlt, 589 kann die Unvereinbarkeitsfolge folglich nur bei Beachtung der - die Vermeidung eines „rechtlichen Vakuums", Urteil vom 14. Juli 1986, E 73, S. 40 (101 f.); - den grundrechtlichen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor einer Gefährdung der Persönlichkeitsentwicklung, Beschluss vom 27. November 1990, E 83, S. 130 (154); - Erfordernisse verlässlicher Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume einer weitgehend schon abgeschlossenen Veranlagung, Beschluss vom 22. Juni 1995, E 93, S. 121 (148); Beschluss vom 22. Juni 1995, E 93, S. 165 (178); - die Notwendigkeit der Existenz einer Personalvertretung in den Ländern, Beschluss vom 24. Mai 1995, E 93, S. 37 (85). 585
Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 391, 409. 586 BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995, E 93, S. 37 (85); Urteil vom 1. Juli 1998, E 98, S. 169 (215); vgl. Klein/Benda, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1277. 587 Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 91 f.; Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 391. 588 Löwer, in Handbuch des Staatsrechts, § 56, Rn. 107; vgl. Ipsen, Rechtsfolgen, S. 212 f. 589 Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 418.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Voraussetzungen gesetzesimmanenter bzw. gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung zulässig sein. Zugunsten einer gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung lässt sich möglicherweise auf den Wortlaut der §§ 31 Abs. 2 S. 2, 3, 79 Abs. 1 BVerfGG zurückgreifen. Hierbei handelt es sich zwar nicht um TenorierungsVorschriften; die Varianten der für unvereinbar und für nichtig erklärten Norm werden jedoch gleichberechtigt nebeneinander gestellt. Das Gesetz scheint also die Möglichkeit der Feststellung einer Unvereinbarkeit vorauszusetzen. 590 Hieraus ist geschlossen worden, dass der Gesetzgeber zu der Problematik eine „neutrale Haltung" einnehmen wolle. 5 9 1 Möglicherweise lässt sich die Zulässigkeit der Entscheidungsvariante im Wege eines argumentum a maiore ad minus rechtfertigen. Wenn das Bundesverfassungsgericht schon die Nichtigkeit einer Norm feststellen kann, müsste es doch erst recht seine bloße Unvereinbarkeit feststellen können, sofern es sich hierbei um eine Vorstufe der Nichtigkeit handelt. 592 Das ist jedoch abzulehnen, da Unvereinbarkeit im Verhältnis zur Nichtigkeit kein minus, sondern ein aliud darstellt. 593 Schließlich sollen mit der Unvereinbarkeitsfeststellung andere Rechtsfolgen als mit der Nichtigkeitsfeststellung erzielt werden: Der Gesetzgeber soll zur Nachbesserung verpflichtet werden, das laufende Verfahren soll grundsätzlich ausgesetzt und die Norm in Ausnahmefällen weiter angewandt werden dürfen. 594 Für das argumentum a maiore ad minus fehlt es folglich an der erforderlichen wesentlichen Vergleichbarkeit von Nichtigkeit und Unvereinbarkeit. Eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung ist nur unter engen Voraussetzungen ausnahmsweise zulässig. Ob mit ihr die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts methodisch begründet werden kann, soll nicht weiter verfolgt werden. 595 bb) Dogmatische Erwägungen Ferner ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch rechtsdogmatisch nicht völlig unbedenklich, durchbricht sie doch den Grundsatz der herrschenden Meinung, dass eine verfassungswidrige Norm ipso iure und ex tunc nichtig ist. Hielte man uneingeschränkt am Nichtigkeitsdogma fest, würde das Bundes590 Ipsen, Rechtsfolgen, S. 211; kritisch zum uneinheitlichen Wortlaut der Normen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 385. 591 Ipsen, Rechtsfolgen, S. 212. Vgl. ferner den Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses vom 26. November 1970, Bundestags-Drucksache 6/1471, S. 5 f., nach dem die Unvereinbarerklärung toleriert zu werden scheint. Das ändert jedoch nichts daran, dass eine Rechtsgrundlage für die Tenorierung nicht vorhanden ist. 592 Vgl. Pestalozzi Verfassungsprozessrecht, § 20, Rn. 11. 593 Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 130. 594 Vgl. Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 129 f. 595 Insoweit ist auf die ausführliche Arbeit von Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 130 ff., zu verweisen.
2. Abschn.: C. Planerhaltung durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
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Verfassungsgericht bei der Feststellung der Unvereinbarkeit einer Norm mit dem Grundgesetz, aber deren ausnahmsweiser Anwendbarkeit einer materiell nicht existierenden Vorschrift zum Leben verhelfen. Damit würde es aber gesetzgeberische Befugnisse wahrnehmen, die der Rechtsprechung wegen des Gewaltenteilungsgrundsatzes nach Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG verwehrt sind. Die Unvereinbarkeitsrechtsprechung kann daher nur zulässig sein, wenn das Nichtigkeitsdogma Ausnahmen zulässt, 596 die in den oben beschriebenen Fallgruppen zu sehen sein könnten. Da das Nichtigkeitsdogma Verfassungsrang hat, müssten sich Ausnahmen ebenfalls aus dem Verfassungsrecht herleiten lassen; ferner muss im Einzelfall eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Prinzipien zu dem Ergebnis führen, dass von der Nichtigkeitsfolge abzusehen ist. 5 9 7
cc) Inhaltliche Kritik Auch die einzelnen Fallgruppen, bei denen das Bundesverfassungsgericht von der bloßen Unvereinbarkeit ausgeht, werden in der Literatur kritisiert. So sei es untauglich, mit dem Topos der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit von der Nichtigkeitsfeststellung abzusehen, da durch sie die gesetzgeberischen Möglichkeiten in keiner Weise beschränkt würden. 598 Das Gegenteil sei gerade der Fall, wenn dem Gesetzgeber statt dessen bestimmte Handlungsanweisungen hinsichtlich der Neuregelung gegeben würden. 599 Ferner werde unzulässigerweise die Folgenbetrachtung als eigene Fallgruppe der Unvereinbarkeit angesehen.600 Sie betreffe richtigerweise nicht schon die Frage, ob Nichtigkeit oder Unvereinbarkeit anzunehmen sei, sondern erst das weitere Problem, ob eine als unvereinbar erkannte Norm vorläufig weiterhin anwendbar sein soll. 6 0 1 Die Folgenbetrachtung sei m. a. W. erst der Rechtsfolge der Unvereinbarkeit zuzuordnen. 602 Überhaupt biete § 35 BVerfGG keine geeignete Grundlage, mit der die vorläufige weitere Anwendbarkeit der verfassungswidrigen Norm begründet werden könne. 603
596 Vgl. hierzu oben 2. Kapitel A V 3; Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 136 ff.; Hein, Unvereinbarerklärung, S. 92 ff. 597
Vgl. Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 186 f. Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 392; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1269; Voßkuhle, in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 93, Rn. 48, Fußnote 212; Hein, Unvereinbarerklärung, S. 116; Hartmann, DVB1. 1997, S. 1264 (1269). 599 Hein, Unvereinbarerklärung, S. 114. 600 Kritisch Ipsen, Rechtsfolgen, S. 214 ff.; Hein, Unvereinbarerklärung, S. 117 ff., m. w. N. 601 Vgl. Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, § 20, Rn. 124. 598
602 Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 393; vgl. Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 26; Ipsen, Rechtsfolgen, S. 219, hält eine interimistische Anwendbarkeit der verfassungswidrigen Norm für ausgeschlossen. 603 Vgl. Schiaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 418; a.A. Ernst/Benda, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1277.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
c) Übertragbarkeit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf das Normenkontrollverfahren nach §47 VwGO Möglicherweise lässt sich die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts dennoch auf das Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO, speziell bei der Überprüfung von Bebauungsplänen und sonstigen Satzungen des Baugesetzbuches, übertragen. Dies würde bedeuten, dass ggf. nicht mehr die Nichtigkeit entsprechender Satzungen nach § 47 Abs. 5 S. 2 1. Hs. VwGO, sondern lediglich ihre Rechtswidrigkeit festzustellen wäre, was möglicherweise zusätzlich eine interimistische Anwendbarkeit der Normen bis zur Fehlerbehebung durch die Gemeinde nach sich ziehen könnte. Unerheblich wäre insoweit, ob konstruktiv materiell von der Nichtigkeitsfolge abgewichen oder der Normenkontrollentscheidung konstitutiver Charakter zugeschrieben wird. aa) Auffassungen in der Literatur und Rechtsprechung der Fachgerichte In der Literatur ist umstritten, ob die Unvereinbarkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf das einfachgesetzliche Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO übertragen werden kann. 604 Die gegen eine Übertragbarkeit vorgebrachten Einwendungen entsprechen im wesentlichen denjenigen Kritikpunkten, die bereits gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorgebracht werden. Erstens sehe § 47 Abs. 5 VwGO nur die Entscheidungsmöglichkeiten von Wirksamkeit, Unwirksamkeit (§ 47 Abs. 5 S. 4 VwGO) und Nichtigkeit vor. Der eindeutige Wortlaut verbiete daher die Tenorierung einer Unvereinbarkeit. 605 Dem wird entgegengehalten, dass die Feststellung der Unvereinbarkeit als Minus in der Feststellung der Nichtigkeit enthalten sei. 606 Und zweitens nehme das Normenkon604 Befürwortend Kopp/Schenke, VwGO, § 47, Rn. 125 f.; Gerhardt, in Schoch / SchmidtAßmann/Pietzner, VwGO, Vorb. § 47, Rn. 11; § 47, Rn. 113 f.; Otto, Fehlerbehebung, S. 59 ff.; Scharmer, Bebauungspläne in der Normenkontrolle, S. 169; Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 69; ders., Gutachten D für den 58. Deutschen Juristentag, S. 112 ff.; ders., in Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 236 (238); Fechtrup, Verhandlungen zum 58. Deutschen Juristentag, N 39 (58); Schmidt/Lange, Festschrift Mühl, S. 595 (608); Stüer, DVB1. 1985, S. 469 (479); vgl. Dageförde, VerwArch 1988, S. 123 (154); Hoppe, Festschrift Schlichter, S. 87 (101); Schenke, JZ 1996, S. 1103 (1119); kritisch Schenk/Meyer-Ladewig, DVB1. 1976, S. 198 (209); ablehnend Redeker/von Oertzen, VwGO, § 47, Rn. 42; J. Schmidt, in Eyermann, VwGO, § 47, Rn. 92; Quaas/Müller, Normenkontrolle und Bebauungsplan, Rn. 225 f.; Schlichter, Referat zum 58. Deutschen Juristentag, N 78 ff.; Pestalozza, NJW 1978, S. 1782 (1786). 605 Redeker/von Oertzen, VwGO, § 47, Rn. 42; vgl. J. Schmidt, in Eyermann, VwGO, § 47, Rn. 92; Quaas/Müller, Normenkontrolle und Bebauungsplan, Rn. 226; vgl. Rüde, Planreparatur, S. 47; Schlichter, Referat zum 58. Deutschen Juristentag, N 78; differenzierend Otto, Fehlerbehebung, S. 62 f. 606 Hoppe, in Hoppe / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 7, Rn. 176; vgl. Gerhardt, in Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 47, Rn. 113; vgl. Hill, Gutachten D für den 58. Deutschen Juristentag, S. 112 f.; für eine teleologische Reduktion Schenke, JZ 1996, S. 1103(1119).
2. Abschn.: C. Planerhaltung durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
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trollgericht unzulässigerweise Befugnisse des Gesetzgebers wahr, wenn es lediglich die Unvereinbarkeit einer fehlerhaften Norm mit dem höherrangigen Recht feststelle; verfassungs- und verwaltungsrechtliche Normenkontrolle seien jedoch nicht insoweit vergleichbar. 607 Die Oberverwaltungsgerichte könnten sich nicht dieselbe Freiheit im Prozessrecht herausnehmen wie das Bundesverfassungsgericht. 608 Die Gegenauffassung hält diesen Einwand deshalb nicht für zutreffend, weil nicht jeder Fehler einer Rechtsnorm zwingend zu seiner Nichtigkeit führen müsse, so dass das Gewaltenteilungsprinzip nicht beeinträchtigt werde. 609 Materielle Gründe des Verfassungsrechts könnten dafür sprechen, dass eine mit Mängeln behaftete Rechtsnorm nicht für nichtig zu erklären sei. 610 Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit scheint der Ansicht zuzuneigen, die eine Unvereinbarkeitstenorierung zulassen will. So wurde in zahlreichen Fällen die Fortgeltung von fehlerhaften Rechtsvorschriften angeordnet, um völlig rechtlose Zustände zu vermeiden. 611 Konsequenterweise müsste diese Rechtsprechung auch für die Satzungen nach dem Baugesetzbuch gelten, die nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein können. Während das Bundesverwaltungsgericht dies jedoch in einer Entscheidung ausdrücklich offen gelassen hat, 6 1 2 hat sich das OVG Berlin in einem Sonderfall auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines eine Planfeststellung ersetzenden Bebauungsplans beschränkt: 613 Diese Rechtsfolge könne ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn in einem Bebauungsplan nicht flächenbeanspruchende Festsetzungen über Lärmschutzvorkehrungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 24 3. Var. BauGB fehlten, wenn dadurch das Interessengefüge des Plans nicht berührt werde und eine Nichtigerklärung des im Übrigen fehlerfreien Bebauungsplans unverhältnismäßig wäre. Diese Tenorierung weiche vom Wortlaut, nicht aber vom Sinn des § 47 Abs. 5 S. 2 VwGO ab. Mit einer Nichtigerklärung des gesamten Plans würde mehr zerstört, als es die festgestellte Rechtswidrigkeit rechtfertigen könne. Sie würde 607 J. Schmidt, in Eyermann, VwGO, § 47, Rn. 92; Quaas/Müller, Normenkontrolle und Bebauungsplan, Rn. 226; vgl. Hoppe, DVB1. 1970, S. 295 (296); Pestalozzi NJW 1978, S. 1782 (1786); Schlichter, Referat zum 58. Deutschen Juristentag, N 78 f. 608 J. Schmidt, in Eyermann, VwGO, § 47, Rn. 92; vgl. Käß, Planerhaltung, S. 163. 609 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 47, Rn. 135; vgl. Otto, Fehlerbehebung, S. 63 ff.; vgl. Schmidt/Lange, Festschrift Mühl, S. 595 (608); vgl. Hill, Gutachten D für den 58. Deutschen Juristentag, S. 112. 610 Vgl. Otto, Fehlerbehebung, S. 64.
611 Siehe etwa BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1972, E 41, S. 261 (266); Urteil vom 14. Juli 1978, E 56, S. 156 (161 f.); Urteil vom 20. Februar 1990, E 84, S. 375 (384); OVG Münster, Urteil vom 14. Mai 1969, DVB1. 1970, S. 294 f.; VGH Mannheim, Beschluss vom 16. März 1979, DVB1. 1979, S. 916 (923); vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 27. Juli 1983, NVwZ 1984, S. 595 (596). 612 BVerwG, Beschluss vom 20. August 1991, DVB1. 1992, S. 37 (40). 613 OVG Berlin, Urteil vom 22. April 1983, NVwZ 1983, S. 416 ff.; im folgenden werden die jeweils aktuellen Vorschriften zitiert; vgl. auch Hoppe, in Hoppe / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 7, Rn. 176.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
schwere Schäden für die Allgemeinheit nach sich ziehen, was angesichts des geringfügigen Normierungsmangels unverhältnismäßig erscheine. Außerdem entspreche die Entscheidung auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Planung von Bundesfernstraßen nach dem Bundesfernstraßengesetz, wonach nicht jede objektive Rechtswidrigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses zu seiner Aufhebung führe. Die Entscheidung lässt allerdings offen, ob der rechtswidrige Plan bis zu seiner Nachbesserung interimistisch anwendbar bleibt. 614 Sollte dies nicht der Fall sein, würde sie den heutigen §§ 215 a Abs. 1 BauGB, 47 Abs. 5 S. 4 VwGO entsprechen, so dass letztlich kein Gewinn mit ihr verbunden wäre. Ein völlig neues Planungsverfahren war schließlich seit jeher nicht erforderlich. Dennoch zeigt das Urteil des OVG Berlin die Bereitschaft der Rechtsprechung, die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts zur Unvereinbarkeit auf den Bereich des Bauplanungsrechts zu übertragen. bb) Eigene Auffassung Die Ausführungen beschränken sich im folgenden auf fehlerhafte Satzungen des Baugesetzbuches. Sonstige Rechtsvorschriften, die Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO sein können, bleiben unberücksichtigt. Eine Übertragung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts macht nur dann Sinn, wenn sie gegenüber der aktuellen Rechtslage Veränderungen mit sich bringt, die als planerhaltend eingestuft werden können. Diese Veränderung könnte in einer interimistischen Anwendbarkeit eines fehlerhaften Bebauungsplans zu sehen sein. Während § 215 a Abs. 1 S. 2 BauGB i. V. m. § 47 Abs. 5 S. 4 VwGO eine solche Rechtsfolge dem Wortlaut nach gerade ausschließt,615 wird sie vom Bundesverfassungsgericht gegebenenfalls zugelassen. Dies hängt jedoch vom Vorliegen zweier Voraussetzungen ab: Erstens muss eine Fallgruppe einschlägig sein, bei der die Nichtigkeitstenorierung ausnahmsweise durch die Unvereinbarkeitstenorierung ersetzt wird; und zweitens müssen Gründe dafür sprechen, dass die fehlerhafte Norm ausnahmsweise anwendbar bleiben soll. Die weitere Anwendbarkeit eines Bebauungsplans ist folglich vom Vorliegen einer doppelten Ausnahme abhängig. 616 Dabei kann die erste Stufe - das Vorliegen einer Fallgruppe der Unvereinbarkeit - auch nicht mit der Entscheidungsvariante der Unwirksamkeit nach § 47 Abs. 5 S. 4 VwGO gleichgesetzt werden. Letztere kommt schließlich nur in Betracht, wenn die Mängel nicht so schwerwiegend sind, dass sie nicht in einem ergänzenden Verfahren nach § 215 a Abs. 1 BauGB behoben werden können. Im Einzelfall könnte die Tenorierung einer Unvereinbarkeit aber auch bei solchen 614 Ablehnend Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 10, Rn. 11. A. A. wohl Käß, Planerhaltung, S. 167. 615 Vgl. Dolde, NVwZ 2001, S. 976 (980). 616 Dieser Aspekt wird von Otto, Fehlerbehebung, S. 59 ff., nicht berücksichtigt.
2. Abschn.: C. Planerhaltung durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
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Mängeln erforderlich sein. Diese Überlegungen machen jedoch bereits deutlich, dass es sehr unwahrscheinlich sein dürfte, dass ein mit beachtlichen Fehlern behafteter Bebauungsplan anwendbar sein soll. Voraussetzung für eine Übertragbarkeit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf die Pläne des Baugesetzbuches im Wege einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung ist zunächst ihre Subsidiarität gegenüber anderen Rechtsgewinnungsverfahren, ferner das Vorliegen eines zwingenden Grundes, der ein Abweichen von der einfachgesetzlichen Rechtslage rechtfertigt. Außerdem muss die Rechtsfortbildung den Zwecken und Weitungen der Rechtsordnung entsprechen. (1) Subsidiarität
der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung
Die Tenorierungsvariante der Unvereinbarkeit im verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahren dürfte weder im Wege einfacher Gesetzesauslegung noch gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung zulässig sein. Der Wortlaut des § 47 Abs. 5 VwGO ist insoweit eindeutig, 617 sieht er doch lediglich die Erklärungen der Nichtigkeit im Falle der Ungültigkeit nach S. 2 sowie der NichtWirksamkeit nach S. 4 vor. Da letztere an die Voraussetzung der Behebbarkeit des Mangels in einem ergänzenden Verfahren gekoppelt ist, entspricht sie nicht einer Unvereinbarkeitsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Das erwünschte Ziel der weiteren Anwendbarkeit eines fehlerbehafteten Bebauungsplans lässt sich auch nicht im Wege gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung methodisch rechtfertigen. Anders als in §§ 31 Abs. 2, 79 Abs. 1 BVerfGG fehlt es in der Verwaltungsgerichtsordnung an Vorschriften, die eine entsprechende Entscheidungsvariante nennen, so dass insoweit eine Analogie ausscheidet. Die Variante der Unvereinbarkeit ist auch nicht zulässig im Wege eines argumentum a maiore ad minus, da sie aufgrund der oben beschriebenen Rechtswirkungen kein Minus sondern ein aliud zur Nichtigkeitsfeststellung bedeutet.618 Es fehlt folglich an einer im wesentlichen vergleichbaren Interessenlage. Aus dem gleichen Grund scheidet auch eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 47 Abs. 5 VwGO aus. Die Feststellung der Unvereinbarkeit eines Bebauungsplans mit höherrangigem Recht ist deshalb allenfalls als gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung zuläs-
617
Deswegen lehnt Otto, Fehlerbehebung, S. 61 ff., zutreffenderweise eine übergangsweise Fortgeltung aus einfachgesetzlichen Gründen ab. A. A. Käß, Planerhaltung, S. 162, zur Feststellung eines späteren Nichtigkeitszeitpunktes, unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Dezember 1996, Bundestags-Drucksache 13/6392, S. 92. 618 Vgl. Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 129 f. 619 Schlichter, Referat zum 58. Deutschen Juristentag, N 79; vgl. Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 130 ff., zur Rechtslage im Verfassungsrecht.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
(2) Vorliegen eines zwingenden Grundes Ferner bedarf es des Vorliegens eines zwingenden Grundes, eines übergreifenden Rechtsprinzips, mit dem die gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung gerechtfertigt werden kann. Qualitativ muss dieser zwingende Grund Verfassungsrang haben oder sich zumindest aus der Verfassung ableiten lassen, da auch der Regelfall der Nichtigkeit fehlerhafter Rechtsnormen aus dem Grundgesetz abgeleitet wird. 6 2 0 (a) Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit und kommunale Planungshoheit Untauglich erscheint es, die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers - bzw. für den Bereich des Städtebaurechts die Planungshoheit der Gemeinden - als übergeordneten Aspekt anzusehen, der eine Abweichung vom geschriebenen Recht und damit die TenorierungsVariante der Unvereinbarkeit zulassen soll. Zwar lässt sich diese aus den Gesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG bzw. dem Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verfassungsrechtlich ableiten. 621 Entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedeutet die Feststellung der Nichtigkeit einer Rechtsnorm jedoch keinen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Vielmehr steht es ihm grundsätzlich völlig frei, in welcher Form er eine neue Regelung erlassen w i l l . 6 2 2 Dieser Aspekt kann folglich eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung methodisch nicht rechtfertigen. Die Planungshoheit einer Gemeinde könnte jedoch insoweit beeinträchtigt sein, als dass die Feststellung der Nichtigkeit eines Bebauungsplans zur Anwendbarkeit der §§ 34 f. BauGB führt. Insoweit könnten ihre planerischen Vorstellungen durch Genehmigungen im unbeplanten Innenbereich oder Außenbereich faktisch konterkariert werden. Das Baugesetzbuch sieht jedoch zahlreiche Sicherungsinstrumente vor, 6 2 3 mit denen eine solche Entwicklung vermieden werden kann. Beabsichtigt die Gemeinde etwa den Erlass eines neuen Bebauungsplans, kann sie durch eine Veränderungssperre nach den §§ 14, 16 f. BauGB für eine bestimmte Zeit jegliche Bautätigkeit unterbinden, um zu verhindern, dass seine Verwirklichung hierdurch unmöglich gemacht oder erschwert wird. 6 2 4 Nach § 15 Abs. 1 BauGB kann sie die befristete Zurückstellung von Baugesuchen bzw. bei genehmigungsfreien Vorhaben deren vorläufige Untersagung von der Baugenehmigungsbehörde verlangen. 625 Der Sicherung der Bauleitplanung dient auch das Erfordernis einer Teilungsgenehmigung nach §§ 19 f. BauGB. Des weiteren richtet sich die Zulässigkeit 620 Vgl. oben 2. Kapitel A V. 621 Vgl. oben 2. Kapitel A V 2 a). 622 Vgl. oben 3. Kapitel 2. Abschnitt C II 1 b) cc). 623 Vgl. etwa Brohm, Öffentliches Baurecht, § 23, Rn. 1 f. 624 Finkelnburg, Bauplanungsrecht, § 17 I; Schlichter, Referat zum 58. Deutschen Juristentag, N 78. 625 So auch Schlichter, Referat zum 58. Deutschen Juristentag, N 78.
2. Abschn.: C. Planerhaltung durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
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von Vorhaben während der Planaufstellung unter Umständen nach § 33 BauGB, der bereits - anders als §§ 34 f. BauGB - den planerischen Vorstellungen der Gemeinde Rechnung trägt (vgl. § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB). Im Übrigen kann selbst eine fehlerhafte Planung gesichert werden: So besteht nach § 215 a Abs. 2 BauGB ggf. 6 2 6 die Möglichkeit, den Flächennutzungsplan oder die Satzung nach Behebung bestimmter formeller Mängel mit Rückwirkung erneut in Kraft zu setzen. Hierdurch wird auch die Rechtswidrigkeit von Sekundärakten, insbesondere Baugenehmigungen, die ihre Grundlage in einem ursprünglich fehlerhaften Bebauungsplan hatten, beseitigt. 627 Alle diese Möglichkeiten machen deutlich, dass mit der Feststellung der Nichtigkeit eines Plans die Planungshoheit der Gemeinde nicht zwangsläufig durchkreuzt werden muss. Vielmehr hat sie ausreichende Möglichkeiten, entsprechenden Entwicklungen zu begegnen, so dass ein Absehen von der Nichtigkeitstenorierung nicht geboten erscheint. Die kommunale Planungshoheit kann folglich eine entsprechende gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung im Bauplanungsrecht nicht rechtfertigen. (b) Das offene Prinzip der Planerhaltung An anderer Stelle wurde ausgeführt, dass dem Bauplanungsrecht ein offenes Prinzip der Planerhaltung entnommen werden kann. Es stellt eine Konkretisierung eines in der gesamten Rechtsordnung enthaltenen Gedankens der Normerhaltung dar. Die Verfassung enthält zahlreiche Aspekte - Gesetzgebungskompetenzen, Planungshoheit, Grundrechte, Rechtsstaatsprinzip - , die dafür sprechen, dass fehlerhaftes staatliches Handeln nicht stets mit der Folge der Nichtigkeit sanktioniert werden muss. Folglich kann das offene Prinzip der Planerhaltung letztlich auf die Verfassung zurückgeführt werden. In der Literatur ist daraus der Schluss gezogen worden, dass das Postulat der Normerhaltung im Verfassungsprozessrecht grundsätzlich Raum lasse für eine Entscheidungsvariante neben der Nichtigerklärung. 628 Das Nichtigkeitsdogma könne daher im Wege einer „Abwägung" zurücktreten. 629 626 Dabei muss die Gemeinde jedoch genau prüfen, ob nicht eine wesentliche Veränderung der Sachlage eingetreten ist, die zu einer erneuten Abwägungsentscheidung zwingt und ein rückwirkendes Inkraftsetzen ausschließt, vgl. Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 215 a, Rn. 13; Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215 a, Rn. 11. 62? Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215 a, Rn. 12; vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986, E 75, S. 262 (269). Umgekehrt ist ein Vorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, der wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers unwirksam war, aber nach Behebung des Mangels nach § 215 a Abs. 2 BauGB rückwirkend „erneut" in Kraft gesetzt wurde, als ein von Anfang an und ununterbrochen rechtswidriges Vorhaben zu behandeln, auch wenn es ohne den Bebauungsplan planungsrechtlich nach § 34 BauGB zulässig gewesen wäre, vgl. VGH München, Urteil vom 6. Dezember 2001, UPR 2002, S. 152 (153). 6 28 Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 152. 629 Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 151, vgl. 168 ff., 186 ff.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Es stellt sich die Frage, ob eine solche Auffassung nicht die Grenzen der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung überschreitet. Die Funktionenteilung zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung muss gewahrt werden. Den Gerichten stehen keine gesetzgeberischen Kompetenzen zu. Der Aspekt der Planerhaltung kann daher nicht ohne weiteres als abwägungserheblicher Belang bei der Frage der Nichtigkeit oder Unvereinbarkeit berücksichtigt werden. 630 Das gilt jedenfalls, so lange einem Grundsatz der Planerhaltung noch nicht der Charakter eines rechtssatzförmigen Prinzips zukommt. Die Transformation eines offenen zu einem rechtssatzförmigen Prinzip ist aber Sache des Gesetzgebers. Es würde also einen Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz des Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG bedeuten, wenn ein Gericht die Feststellung der Unvereinbarkeit eines Bebauungsplans damit begründen würde, dass einem Grundsatz der Planerhaltung nach Abwägung Vorrang vor der Feststellung der Nichtigkeit einzuräumen wäre. 631 Aus dem gleichen Grund darf die Rechtsprechung nicht auf den übergeordneten Aspekt der Normerhaltung zurückgreifen. Auch bei diesem handelt es sich nicht um ein rechtssatzförmiges Prinzip, das als Abwägungsbelang zu berücksichtigen wäre. Klarstellend sei darauf hingewiesen, dass die Rechtsprechung zulässigerweise eine Unvereinbarkeitstenorierung vornehmen dürfte, wenn der Gesetzgeber die offenen Prinzipien der Norm- bzw. Planerhaltung in rechtssatzförmige Prinzipien umwandeln sollte. 632 Die momentane Rechtslage verbietet es jedoch, eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung mit einem entsprechenden Aspekt zu rechtfertigen. (c) Vermeidung eines noch „rechtswidrigeren" Zustands Der besondere Grund, warum von der Feststellung der Nichtigkeit im Wege gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung abzusehen ist, könnte schließlich darin zu sehen sein, dass sonst ein Zustand einzutreten drohte, der noch weniger einer rechtmäßigen Situation entsprechen würde als derjenige, der bei Feststellung der Nichtigkeit gegeben wäre. Dass die Rechtsordnung eine solche Situation mit all ihren Folgen zuließe, erscheint ausgeschlossen.633 Abstrakt klingt dies plausibel. Es stellt sich jedoch die Frage, in welchen Fällen vom Vorliegen eines solchen Zustands auszugehen ist. Auch die in der verfassungsgerichtlichen Judikatur verwen630 Ebenso Rude , Planreparatur, S. 55 f., 58. 631 Zu eng insoweit Blüggel, Unvereinbarerklärung, S. 184 ff., der einen Verstoß nur dann annehmen will, wenn auch der Inhalt der anzuwendenden Norm modifiziert wird. 632 Inwieweit dies im Rahmen der Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie in nationales Recht erfolgt - eine Unabhängige Expertenkommission hat die Normierung eines Grundsatzes der Planerhaltung vorgeschlagen, vgl. 4. Kapitel A II - bleibt abzuwarten. 633 Vgl. Hartmann, DVB1. 1997, S. 1264 (1268): „Denn es kann die Verfassung schlechterdings keine Rechtsfolge zulassen, die die Verfassungswidrigkeit der Situation noch intensivierte oder gar in eine Staatskrise führte und damit die vom GG gewährleistete Staatsorganisation gefährdete."
2. Abschn.: C. Planerhaltung durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
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deten Begriffe der schwer erträglichen Rechtslage, des nicht hinnehmbaren Rechtschaos' oder Rechts Vakuums bringen insoweit keinen Erkenntnisgewinn. Es kommt deshalb darauf an, welche Folgen mit der Nichtigerklärung einer Rechtsnorm verbunden sind. Für den Bereich des Bauplanungsrechts lassen sich für den Bebauungsplan einige Grundaussagen treffen. Sie lassen den Schluss zu, dass eine Nichtigkeitsfeststellung, die wegen der §§ 214 ff. BauGB ohnehin die Ausnahme bilden dürfte, regelmäßig keine so extremen Folgen hat, dass sie eine Unvereinbarkeitsfeststellung i. V. m. einer Anordnung der weiteren Anwendbarkeit des Plans rechtfertigen würden. Zunächst hat ein Bebauungsplan nur einen begrenzten räumlichen Anwendungsbereich, der maximal die Größe eines - dann aber kleinen 634 - Gemeindegebiets ausmachen kann (vgl. § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB). Insofern sind von der Nichtigkeitsfeststellung der Rechtsvorschrift im Normalfall deutlich weniger Menschen betroffen als etwa bei einem ungültigen Bundes- oder Landesgesetz. Des weiteren werden die Auswirkungen der Nichtigkeitsfeststellung auf Rechtsakte, die auf Grundlage des Plans erfolgten, durch §§ 47 Abs. 5 S. 3, 183 S. 1 VwGO begrenzt. So bleiben nicht mehr anfechtbare Entscheidungen der Verwaltungsgerichte hiervon unberührt. Über den Wortlaut des § 183 VwGO gilt die Norm analog auch für bestandskräftige Verwaltungsakte. 635 Der Einwand, dass der der Baugenehmigung zugrunde liegende Bebauungsplan nichtig ist, spielt folglich nur eine Rolle, solange jene noch keine Bestandskraft erlangt hat. Eine andere Frage ist es, ob die Baugenehmigungsbehörde die ggf. (§§ 34 f. BauGB!) rechtswidrige Baugenehmigung nach § 48 LVwVfG zurücknehmen kann. 636 Die Nichtigkeit eines Bebauungsplans bewirkt also keine unmittelbaren und deshalb schwerwiegenden Folgen für entsprechende Sekundärakte. Schließlich führt die Feststellung der Nichtigkeit eines Bebauungsplans nicht zu einem regelungslosen Zustand. Denn entweder kommt es zur Geltung eines früheren gültigen Plans für das entsprechende Gebiet. 637 Sollte ein solcher nicht vorhanden sein, gelten die §§ 34 f. BauGB, 638 die einen angemessenen Ausgleich zwischen der verfassungsrechtlich garantierten Baufreiheit und einer geordneten städtebaulichen Entwicklung schaffen. 634 Vgl. Bielenberg/Runkel, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 8, Rn. 13; vgl. Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 8, Rn. 7. 635 Kopp/Schenke, VwGO, § 47, Rn. 145; Redeker/von Oertzen, VwGO, § 183, Rn. 46; Quaas /Müller, Normenkontrolle und Bebauungsplan, Rn. 409 m. w. N.; Decker/Konrad, Bayerisches Baurecht, Kapitel 4, Rn. 62; Dürr/König, Baurecht, Rn. 489. 636 Lohr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 10, Rn. 21; vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 183, Rn. 6; vgl. OVG Berlin, Urteil vom 10. Juli 1980, BauR 1980, S. 536 (539); vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 10. April 1983, NVwZ 1984, S. 43 f.; vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 3. März 1983, NVwZ 1984, S. 44. 637 Vgl. Schlichter, Referat zum 58. Deutschen Juristentag, N 78; Käß, Planerhaltung, S. 164. 638 Schlichter, Referat zum 58. Deutschen Juristentag, N 78; Käß, Planerhaltung, S. 164.
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3. Kap.: Planerhaltung im geltenden Städtebaurecht
Die Sorge, dass mit der Nichtigkeit eines Bebauungsplans ein Zustand eintreten könnte, der gegenüber seiner Gültigkeit schwerwiegendere Folgen hätte, erweist sich also als unbegründet. Eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung aus diesem Grund ist daher abzulehnen. (3) Fazit Die Ausführungen haben gezeigt, dass theoretisch eine Übertragung der Unvereinbarkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf das Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO denkbar ist. Im Einzelfall kann es daher verfassungsgemäß sein, wenn ein Oberverwaltungsgericht eine fehlerbehaftete Rechtsnorm lediglich für nicht mit dem höheren Recht vereinbar hält und zusätzlich ihre - ggf. befristete - weitere Anwendbarkeit anordnet. Ein Verstoß gegen § 47 Abs. 5 S. 2 VwGO braucht dann nicht vorzuliegen. Anders gestaltet sich die Rechtslage jedoch im Bauplanungsrecht. Aufgrund der umfangreichen Sicherungsregelungen fehlt es hier an einem Bedürfnis, Bebauungspläne oder sonstige Satzungen künstlich am Leben zu erhalten. 639 Ein Normenkontrollgericht, das eine anders lautende Entscheidung treffen würde, würde die Grenze zulässiger gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung überschreiten und das Prinzip der Gewaltenteilung verletzen. Eine Übertragung der Unvereinbarkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf den Bereich des Bauplanungsrechts ist mithin ausgeschlossen.
2. Sonstige Anwendungsfälle In Abschnitt B, der sich mit der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung im Bauplanungsrecht auseinander setzte, wurde die Zulässigkeit einiger planerhaltender Aspekte aus methodischen Gründen abgelehnt. So darf im Bauplanungsrecht bei der momentanen Rechtslage im Wege gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung weder ein Kausalitätskriterium als zusätzliche Fehlerfolgenvoraussetzung geschaffen werden, noch lassen sich fehlerhafte Pläne umdeuten. Methodisch ausgeschlossen erscheint in diesen Fällen auch eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung. Denn ein verfassungsrechtlicher Gesichtspunkt, der ein Abweichen von der immanenten Teleologie des Baugesetzbuches rechtfertigen würde, ist nicht ersichtlich. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zu Planungshoheit, Normerhaltung und dem Gebot der Vermeidung noch „rechtswidrigerer" Zustände verwiesen werden. Gegenwärtig lassen sich im Bauplanungsrecht daher im Wege gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung keine Instrumente entwickeln, mit denen die Fehleranfälligkeit städtebaulicher Pläne weiter reduziert werden könnte. 639 Offen lassend Otto, Fehlerbehebung, S. 64, Fn. 240.
Viertes Kapitel
Reformvorhaben Im Dezember 2001 hat der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen eine Unabhängige Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs einberufen. Sie sollte primär Vorschläge zur Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rats über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme 1 (Plan-UP-Richtlinie) in das nationale Bauplanungsrecht entwickeln. In zweiter Linie sollte die Novelle zum Anlass genommen werden, einzelne Regelungen des Baugesetzbuchs zu verbessern und zu vereinfachen. Am 21. August 2002 wurde der Abschlussbericht der Unabhängigen Expertenkommission an den Bundesminister übergeben. Die Vereinfachungsvorschläge zielen dabei u. a. auf eine Stärkung des Verfahrensrechts ab, um die Bestandssicherheit für städtebauliche Pläne und Satzungen zu erhöhen.2 Hierzu sollen die Planerhaltungsvorschriften modifiziert werden; im folgenden werden Einzelheiten dargestellt. Die Reform der §§ 214 ff. BauGB gestaltet sich dabei unabhängig von der Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie, so dass auf letztere an dieser Stelle nicht einzugehen ist. 3
A. Vorschläge der Expertenkommission zur Weiterentwicklung der Planerhaltungsvorschriften Ziel der Reform der §§ 214 ff. BauGB solle es sein, das Recht der Planerhaltung zu vereinfachen und überschaubarer zu gestalten. Die Normen hätten sich zwar grundsätzlich bewährt, seien jedoch aufgrund zahlreicher Baurechtsnovellen stark kasuistisch geprägt. Der gegenwärtige Rechtszustand müsse auf einer die tragenden Prinzipien benennenden Grundlage konsolidiert werden.4 1 Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl. EG L 197, S. 30 ff. 2 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 004. 3 Zur Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie in nationales Recht vgl. etwa Ginzky, UPR 2002, S. 47 ff.; Rühl, UPR 2002, S. 129 (132); Schmidt/Rütz/ Bien DVB1. 2002, S. 357 ff. 1
Stewede
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4. Kap.: Reformvorhaben
I. Präklusion Außerhalb der Planerhaltungsnormen soll die Rechtsmittelanfälligkeit durch Präklusionsvorschriften reduziert werden. Es obliege den Behörden und Bürgern, ihre Hinweise, Anregungen und Einwendungen rechtzeitig im Verwaltungsverfahren vorzutragen. Kämen sie dieser Aufgabe nicht nach, müssten sie damit rechnen, dass die jeweiligen Tatsachen oder Belange sanktionslos bei der Entscheidung nicht berücksichtigt würden. Das geltende Recht enthalte bereits in § 4 Abs. 3 S. 2 BauGB eine entsprechende Regelung für Behörden; für die Bürger habe die Rechtsprechung eine ähnliche Formel entwickelt. Ferner bedürfe der Aspekt, dass der Belang für die Abwägung von Bedeutung sei, keiner ausdrücklichen Regelung, da er sich schon aus § 1 Abs. 6, § 214 Abs. 3 S. 1 BauGB ergebe. Die Kommission schlägt deshalb vor, § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB bzw. § 4 Abs. 3 BauGB dahingehend auszugestalten, dass nicht fristgemäß vorgebrachte Anregungen in der Abwägung nicht berücksichtigt werden, soweit nicht Belange berührt sind, die der Gemeinde bekannt sind.5
II. Normierung eines Grundsatzes der Planerhaltung Der Abschnitt „Planerhaltung" solle durch eine Vorschrift eingeleitet werden, die positiv einen Grundsatz der Planerhaltung aufstellt. Hierdurch würde zum Ausdruck gebracht, dass die Rechtsfolgen von Fehlern bei der Aufstellung von städtebaulichen Plänen und Satzungen in ein angemessenes Verhältnis zur Bedeutung des Rechtsfehlers gesetzt werden. In einem solchen Grundsatz sollten das öffentliche Interesse an der Erhaltung entsprechender Rechtsakte und die wesentlichen Voraussetzungen für ein solches Erhaltungsinteresse benannt werden, nämlich dass der Plan oder die Satzung eine geordnete und nachhaltige städtebauliche Entwicklung gewährleiste, dass die öffentlichen und privaten Belange im Ergebnis gerecht gegeneinander und untereinander abgewogen wurden und dass das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.6
III. Rechtmäßigkeitsvermutung Ferner solle eine Regelung aufgenommen werden, nach der die Einhaltung der für die Aufstellung des Bauleitplans oder der Satzung geltenden Verfahrensvor4 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 125. 5 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 129 f., 165. 6 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 134.
A. Vorschläge der Expertenkommission
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Schriften, deren Zweck die Gewährleistung einer materiell richtigen Entscheidung ist, die Vermutung begründe, dass die Entscheidung auf der Grundlage vollständiger Ermittlung und zutreffender Bewertung der maßgeblichen Tatsachen ergangen sei.7
IV. Reformierung des § 214 BauGB § 214 BauGB solle zu einer Vorschrift umgestaltet werden, die benenne, welche wesentlichen Verfahrensanforderungen gewahrt sein und welche für die Wirksamkeit von Bebauungsplänen wesentlichen Verknüpfungen mit dem Flächennutzungsplan bestehen müssten. Für einige „BagateH"-Fehler solle außerdem klarstellend gesagt werden, dass sie nicht zur Unwirksamkeit führen würden. Die Kommission benennt dabei solche wesentlichen Vorschriften, aber auch Aspekte, an die Rückausnahmen gekoppelt werden könnten.8 Insbesondere § 214 Abs. 2 BauGB könne durch eine allgemein formulierte Regelung ersetzt werden, die die Beachtlichkeit oder Unbeachtlichkeit eines Fehlers im Rahmen der §§8 Abs. 2 bis 4 BauGB von der Frage einer bewussten oder unbewussten Fehlbeurteilung abhängig mache; das Erfordernis der Wahrung der geordneten städtebaulichen Entwicklung sei im Rahmen der Planerhaltungsvorschriften entbehrlich, da es ohnehin allgemeine WirksamkeitsVoraussetzung sei.9 Des weiteren solle die Regelung des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB über die Beachtlichkeit von Mängeln des Abwägungsvorgangs gestrichen werden. Der Abwägungsvorgang und das auf die Ermittlung, Zusammenstellung und Bewertung der Belange bezogene Verfahren seien zwei Seiten ein und derselben Medaille. Die Fehlerhaftigkeit oder Ordnungsgemäßheit des Verfahrens würde die Fehlerhaftigkeit oder Ordnungsgemäßheit der Abwägung indizieren. 10 Mängel im Abwägungsergebnis müssten stets beachtlich sein, so dass es auch diesbezüglich keiner Regelung bedürfe. 11 Außerdem wird empfohlen, die Regelung des § 214 Abs. 3 S. 1 BauGB nach § 1 Abs. 6 BauGB zu übernehmen.
7 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 136, 165. 8 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 165. 9 Vgl. Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 140 f. 10 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 138. 11 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 139. 16*
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4. Kap.: Reformvorhaben
V. Frist für die Geltendmachung von Mängeln nach § 215 BauGB Werde § 214 BauGB in der vorgeschlagenen Form umgestaltet, sei § 215 BauGB entsprechend anzupassen. Die Frist für die Geltendmachung von Mängeln im Abwägungsvorgang solle der Frist bei Verfahrensmängeln entsprechen. Mängel im Abwägungsergebnis würden von der Regelung nicht erfasst. Die Kommission empfiehlt eine einheitliche Frist von einem oder zwei Jahren. 12
VI. Änderungen im Rahmen des § 215 a BauGB Die jetzige Regelung in § 215 a Abs. 1 BauGB solle durch den - bloß klarstellenden - Satz ersetzt werden, dass Mängel eines Flächennutzungsplans und einer Satzung in einem ergänzenden Verfahren behoben werden könnten.13 Zum einen erscheine die bisherige Beschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf Satzungen weder geboten noch sachdienlich. Zum anderen sei die § 215 a Abs. 1 BauGB zugrunde liegende Unterscheidung zwischen nichtigen und unwirksamen Satzungen aufzuheben, da sie rechtlich zweifelhaft sei und Rechtsunsicherheit erzeuge. Auch eine im bisherigen Sinn nichtige Satzung könne unter Wiederholung des Verfahrens ab dem Punkt geheilt werden, bei dem sich der Fehler „eingeschlichen" und das Verfahren mit der Folge „infiziert" habe, dass eine wirksame Satzung nicht zustande kommen konnte. Der Aspekt, dass der Flächennutzungsplan oder die Satzung bis zur Behebung der Mängel keine Rechtswirkungen entfalte, sei deshalb entbehrlich. In verwaltungsprozessualer Hinsicht wird empfohlen, in § 47 Abs. 5 S. 2 VwGO den Begriff „nichtig" durch „unwirksam" zu ersetzen und S. 4 der Vorschrift zu streichen. Ferner solle die Möglichkeit der rückwirkenden Inkraftsetzung eines reparierten Flächennutzungsplans oder einer reparierten Satzung nicht auf Fälle von Verfahrensfehlern beschränkt bleiben. Vielmehr schlägt die Kommission eine allgemeine Regelung vor, wonach auch nach der Beseitigung von Mängeln im Abwägungsvorgang der Rechtsakt rückwirkend Wirksamkeit erlangen kann. 14 Die „Kann"Bestimmung mache dabei genügend deutlich, dass die Gemeinde im Einzelfall zu entscheiden habe, ob eine Rückwirkung rechtlich und tatsächlich in Betracht komme.
12 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 144. 13 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 165. Zu den Einzelheiten der Begründung siehe Rn. 145 ff. 14 Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 151 f.
B. Bewertung der Vorschläge
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B. Bewertung der Vorschläge Sollte der Gesetzgeber die Anregungen übernehmen, wäre hiermit eine erhebliche Umgestaltung der §§ 214 ff. BauGB verbunden. Gerade der Umfang der Empfehlungen erstaunt, weist er doch letztlich keinen Bezug zur Hauptaufgabe der Kommission, der Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie in nationales Recht, auf. Einige Vorschläge verwundern insoweit, als die Vorläuferkommission zur Schaffung des Baugesetzbuches 1998 gegenteilige Empfehlungen abgegeben hatte, obwohl sie teilweise aus denselben Mitgliedern bestand. So wurden damals eine materielle Präklusionsregelung für verspätet vorgebrachte Einwendungen der Bürger 15 oder die ausdrückliche Normierung eines Grundsatzes der Planerhaltung 16 abgelehnt. Ob die Experten sich mit den damaligen Bedenken auseinandergesetzt haben, geht aus dem Bericht nicht hervor. Jedenfalls scheinen sie, insbesondere was letzteren Aspekt angeht, eine Kehrtwendung um 180 Grad vorgenommen zu haben. Die Diskussion um die Problematik eines Planerhaltungsgrundsatzes, die als in der Literatur abgeschlossen erschien, dürfte hierdurch neu entfacht werden. Generell ist begrüßenswert, dass die §§ 214 ff. BauGB vereinfacht und auf ihre Grundgedanken zurückgeführt werden sollen. Das gilt vor allem für das Verhältnis des Flächennutzungsplans zum Bebauungsplan, das im geltenden § 214 Abs. 2 BauGB doch sehr kasuistisch geprägt ist. Die Regelung, nach der die Einhaltung der Verfahrensvorschriften die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit der materiellen Anforderungen einer Planung nach sich ziehen soll, ist zu befürworten. Verfassungsrechtliche Bedenken dürften sich insoweit nicht stellen, da die Vermutung im Prozess widerlegt werden kann und lediglich zu einer Umkehr der materiellen Beweislast führt. 17 Positiv zu beurteilen ist auch die Empfehlung, den Flächennutzungsplan in die Regelung des § 215 a Abs. 1 BauGB aufzunehmen, auch wenn dieser Maßnahme nach der hier vertretenen Auffassung nur klarstellende Bedeutung zukommt, da der Plan ohnehin in einem „abgekürzten Verfahren" repariert werden kann. Ferner spielt es materiell keine Rolle, ob eine Satzung im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens für nichtig oder nur für nicht wirksam erklärt wird. Insoweit würde die Verwaltungsgerichtsordnung durch die Streichung des § 47 Abs. 5 S. 4 VwGO von einer - vermeintlichen - städtebaulichen Besonderheit bereinigt werden. Was mit der Ersetzung des „nichtig" in § 47 Abs. 5 S. 2 VwGO durch „unwirksam" erreicht werden soll, ist jedoch nicht erkennbar. Dass § 215 a Abs. 1 BauGB nicht aufgehoben werden soll, ist zu begrüßen. Eine solche Maßnahme würde vermutlich mehr Verwirrung als Erleichterung bringen.
15 Novellierung des Baugesetzbuches, Bericht der Kommission vom 28. Oktober 1995, Rn. 132. 16 Novellierung des Baugesetzbuches, Bericht der Kommission vom 28. Oktober 1995, Rn. 108. 17 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 108, Rn. 12; vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1987, NJW 1988, S. 1227 (Leitsatz).
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4. Kap.: Reform vorhaben
Andere Aspekte der Reformvorschläge stoßen jedoch auf Bedenken. So soll zwar ein Grundsatz der Planerhaltung ausdrücklich normiert werden; er soll aber lediglich den weiteren Regelungen als Leitlinie vorangestellt werden. Unklar bleibt, ob mit dieser Empfehlung das Ziel verfolgt wird, das offene Prinzip der Planerhaltung zu einem rechtssatzförmigen Prinzip zu konkretisieren. Jedenfalls lässt sich den Ausführungen nicht entnehmen, dass ein solcher Grundsatz eine Abwägungsentscheidung zwischen Rechtmäßigkeits- und Effektivitätsinteressen ermöglichen soll. Sollte dies aber der Fall sein, stellt sich die Frage, ob den Gerichten unbeschadet etwaiger Abwägungsfehler die Befugnis zustehen können soll, über die Wirksamkeit eines Planes zu entscheiden.18 Andererseits kann auch nicht angenommen werden, dass eine entsprechende Norm nur als Leitlinie zur Auslegung der ihr nachfolgenden Vorschriften dienen soll, da dies dem status quo entsprechen würde. 19 Letztlich wird es also darauf ankommen, wie der Gesetzgeber die Empfehlung versteht und umsetzt. Abzulehnen ist die Empfehlung, die Regelung des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB abzuschaffen. Zwar ist dem Bericht insoweit zuzustimmen, dass ein ordnungsgemäßes, auf die Ermittlung, Zusammenstellung und Bewertung der Belange bezogenes Verfahren nur die Kehrseite des Abwägungsvorgangs ist. Insoweit führt die Streichung de facto zu einer Aufwertung der fehlerbewehrten Verfahrensvorschriften. In dieser Form würde der Vorschlag der Kommission aber die vorgesehenen Rückausnahmen in § 214 BauGB unberücksichtigt lassen. So würde die unbeachtliche Hinderung einzelner Personen oder Behörden, Anregungen vorzubringen, oder die unbeachtliche Unvollständigkeit der zur Vorbereitung der Entscheidung erforderlichen Unterlagen grundsätzlich einen unbeachtlichen Verfahrensfehler bedeuten. Es erscheint aber nicht ausgeschlossen, dass ein solcher Mangel zu einem Fehler im Abwägungsvorgang führt, der nach der Neuregelung stets beachtlich wäre. Aus diesem Grund werden die Rückausnahmen zwar an zusätzliche Voraussetzungen20 gekoppelt, die aber letztlich dem Regelungsgehalt von §214 Abs. 3 S. 2 BauGB entsprechen. Dann spricht aber nichts dagegen, die bewährte Regelung in ihrer ursprünglichen Form beizubehalten. Ungereimtheiten weist der Vorschlag hinsichtlich der Reformierung des § 215 BauGB insoweit auf, als dass alle Mängel des § 214 BauGB nach Ablauf einer einheitlichen Frist unbeachtlich werden sollen. Dies würde auch die in § 214 18 Genau dies wollte die Vörläuferexpertenkommission nicht, vgl. Novellierung des Baugesetzbuches, Bericht der Kommission vom 28. Oktober 1995, Rn. 108. 19 Vgl. oben 2. Kapitel B V. 20
„ - in den Fällen der o. g. Nr. 1 einzelne Personen oder Behörden gehindert waren, Hinweise, Anregungen oder Einwendungen vorzubringen, die entsprechenden Tatsachen oder Belange jedoch unerheblich oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind, - in den Fällen der o. g. Nr. 2 nach den konkreten Umständen des Einzelfalls offensichtlich ist, dass der Fehler für das Ergebnis des Verfahrens nicht von Einfluss gewesen sein kann", Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, Rn. 165.
B. Bewertung der Vorschläge
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Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB aufgezählten Aspekte, die in der Neufassung beibehalten werden sollen, und die Verletzung der Vorschriften betreffen, die das Verhältnis zwischen Flächennutzungsplan und Bebauungsplan regeln. Beide können nach der momentanen Rechtslage nicht nach § 215 BauGB unbeachtlich werden. Es dürfte aber nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar sein, auf einen erforderlichen Beschluss der Gemeinde zu verzichten. Sein Unterbleiben muss Folgen für die Wirksamkeit eines Plans haben und kann nicht sanktionslos gestellt werden. 21 Mängel i. S. d. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB dürfen also nicht unbeachtlich werden. Fraglich ist allerdings, ob die Kommission tatsächlich eine solche Vorschrift fordert oder ob es sich lediglich um eine sprachliche Ungenauigkeit handelt. Schließlich erscheint der Kommissionsvorschlag verfassungsrechtlich bedenklich, eine allgemeine Regelung zu schaffen, nach der Satzungen oder Flächennutzungspläne nach Behebung der Mängel mit Rückwirkung erneut in Kraft gesetzt werden können. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verbietet, dass eine Planung inhaltlich verändert und dann nachträglich mit Rückwirkung in Kraft gesetzt wird. 22 Dem soll zwar dadurch begegnet werden, dass die Gemeinden im Einzelfall zu entscheiden haben, ob eine Rückwirkung rechtlich zulässig ist. Die Wirksamkeit einer solchen Regelung dürfte aber zu bezweifeln sein. Vielmehr ist zu befürchten, dass eine entsprechende Vorschrift missverstanden wird und die Gemeinden auch bei inhaltlichen Änderungen unter Umgehung der Beteiligungsvorschriften Planungen mit Rückwirkung erneut in Kraft setzen. Das mag zu einem Anstieg der Normenkontrollanträge führen, ist letztlich aber eine rechtspolitische Frage. Insgesamt bleibt abzuwarten, inwieweit der Gesetzgeber den Empfehlungen der Unabhängigen Expertenkommission zu folgen bereit ist.
21 Vgl. Stock, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214, Rn. 78; vgl. Käß, Planerhaltung, S. 131. 22 Battis, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215 a, Rn. 12; Lemmel, in Berliner Kommentar, § 215, Rn. 31; Morlok, Verfahrensfehler, S. 220.
Fünftes Kapitel
Zusammenfassung der Arbeit in Thesen 1. Die Nichtigkeit städtebaulicher Pläne kann erhebliche Auswirkungen für die Gemeinden als Planungsträger haben. Diese Auswirkungen können rechtlicher, finanzieller und planungstechnischer Natur sein. 2. Seit längerer Zeit hat eine Entwicklung eingesetzt, die die „Bestandskraft" städtebaulicher Pläne zu erhöhen versucht. Der Gesetzgeber hat im Bauplanungsrecht ein differenziertes Fehlerfolgensystem geschaffen, die Rechtsprechung hat den Versuch einer „Selbstkorrektur" unternommen. Von der Literatur ist insbesondere ein „Grundsatz der Planerhaltung" eingefordert worden. 3. Ein rechtssatzförmiges Prinzip der Plan- oder Normerhaltung, das die gesamte Rechtsordnung durchzieht, wird sich mangels ausdrücklicher Anordnung nur schwer entwickeln oder nachweisen lassen, da die Unterschiede der jeweiligen Rechtsakte hinsichtlich Rechtsform, Adressaten, Fehlerfolge und Inhalt zu groß sind. Aus dem gleichen Grund erscheint auch eine Beschränkung auf den Bereich des Raumplanungsrechts wenig erfolgversprechend. Vielmehr macht es nur Sinn, für einzelne Rechtsgebiete - insbesondere den Bereich des Städtebaurechts - nach einem solchen Prinzip zu forschen. Die Pläne des Baugesetzbuchs, bei denen es sich mit Ausnahme des Flächennutzungsplans um abstrakt-generelle Regelungen in Satzungsform handelt, dürften insoweit vor allem eine identische grundsätzliche Fehlerfolge aufweisen. 4. In der gesamten Rechtsordnung fehlt eine ausdrückliche Regelung, welche Folge ein fehlerhafter abstrakt-genereller Rechtsakt nach sich zieht. In der Literatur werden diesbezüglich unterschiedliche Ansätze vertreten. Während die wohl herrschende Auffassung davon ausgeht, dass eine fehlerhafte Rechtsnorm ipso iure nichtig ist und diese Fehlerfolge von den Normenkontrollgerichten lediglich festgestellt wird (Nichtigkeitslehre), vertritt die Gegenauffassung, dass die Nichtigkeit erst Folge einer konstitutiv wirkenden Gerichtsentscheidung ist (Vernichtbarkeitslehre). Ein wirklich überzeugender Ansatz ist bisher allerdings nicht gefunden worden, was sich bereits daraus entnehmen lässt, dass beide Auffassungen zu ihrer Begründung auf dieselben Rechtsvorschriften verweisen. 5. Die Gemeinsamkeit von Nichtigkeits- und Vernichtbarkeitslehre besteht darin, dass fehlerhafte Rechtsnormen im Ergebnis nicht bestehen bleiben dürfen. Ein Grundsatz der Planerhaltung, demzufolge solche Rechtsvorschriften ausnahmswei-
5. Kap.: Zusammenfassung der Arbeit in Thesen
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se bestehen bleiben könnten, wäre nur dann zulässig, wenn beide Auffassungen keine absolute Gültigkeit beanspruchen, sondern auch Ausnahmen zulassen würden. 6. Auf der einen Seite lässt sich dem Grundgesetz entnehmen, dass staatliches Handeln rechtmäßig sein muss, damit die gewünschten Rechtswirkungen eintreten können. Dieses Erfordernis ergibt sich aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip sowie den Grundrechten. Fehlerhaftes hoheitliches Handeln darf nicht die gleichen Folgen nach sich ziehen wie rechtmäßiges Handeln. Auf der anderen Seite muss staatliches Handeln effektiv sein können. Dies ist aber nur sichergestellt, wenn die Rechtmäßigkeitsanforderungen an Rechtsakte nicht überspannt werden. Dabei sprechen Gesetzgebungskompetenzen, Planungshoheit, Gestaltungsfreiheit, Rechtsstaats- und Demokratieprinzip sowie die Grundrechte dafür, von den üblichen Fehlerfolgen abweichen zu können. 7. Staatliches normatives Handeln muss nur grundsätzlich rechtmäßig sein. Das Grundgesetz schließt es aber nicht aus, dass ausnahmsweise auch fehlerhafte Normen Bestand haben können. Der Gesetzgeber und - vorbehaltlich bestehender methodischer Grenzen - die Rechtsprechung dürfen daher differenzierte Fehlerfolgenregelungen entwickeln, sofern diese einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Erfordernissen der Rechtmäßigkeit und Effektivität staatlichen Handelns herstellen. 8. Die Fehleranfälligkeit von Rechtsakten, insbesondere Rechtsnormen, kann dabei mit verschiedenen Mitteln reduziert werden. Große Bedeutung kommt der Auslegung von Rechtsvorschriften zu. Mittels berichtigender, gesetzes- bundes- und verfassungskonformer Deutungen kann bereits das Vorliegen eines fehlerhaftes Rechtsaktes vermieden werden. Fehler lassen sich möglicherweise durch einfache Fehlerbeseitigung entfernen: der fehlerbehaftete Rechtsakt wird repariert. Der Eintritt einer Fehlerfolge kann des weiteren von Fehlerfolgen Voraussetzungen - z. B. der Kausalität eines Verfahrensfehlers für die Sachentscheidung - abhängig gemacht werden. Schließlich besteht noch die Möglichkeit, die Fehlerfolgen als solche in zeitlicher, sachlicher oder sozialer Hinsicht zu begrenzen. Ein Grundsatz der Planerhaltung wäre ein weiteres Mittel, mit dem fehlerhafte städtebauliche Pläne immunisiert werden könnten. Es könnte sich etwa um ein Abwägungs- oder Optimierungsgebot handeln, das die widerstreitenden Einzelinteressen zueinander in ein angemessenes Verhältnis setzt und hiervon den Eintritt der Fehlerfolge abhängig macht. 9. Einem Grundsatz der Planerhaltung kann aber nur dann Bedeutung zukommen, wenn seine Existenz in der Rechtsordnung nachgewiesen werden kann. In der Rechtsordnung lässt sich aufgrund zahlreicher Beispiele aus den unterschiedlichsten Rechtsgebieten die Existenz eines allgemeinen Rechtsgedankens der Rechtserhaltung nachweisen. Es handelt sich dabei methodisch um ein offenes
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5. Kap.: Zusammenfassung der Arbeit in Thesen
Prinzip, mit dessen Hilfe - anders als bei einem rechtssatzförmigen Prinzip - keine Einzelfallentscheidungen unmittelbar abgeleitet werden können. Vielmehr bedarf der allgemeine Rechtsgedanke der Konkretisierung, die durch den Gesetzgeber oder die Rechtsprechung erfolgen könnte. 10. Für den Bereich des Bauplanungsrechts hat sich das offene Prinzip der Planerhaltung momentan weder durch die Gesetzgebung noch durch rechtsfortbildende Maßnahmen der Rechtsprechung zu einem rechtssatzförmigen Prinzip verdichtet. Folglich wäre es unzulässig, wenn ein Gericht die Wirksamkeit eines fehlerhaften städtebaulichen Plans mit einem Grundsatz der Planerhaltung begründen würde. Einem allgemeinen Rechtsgedanken der Planerhaltung kommt daher lediglich bei der objektiv-teleologischen Auslegung von Normen Bedeutung zu. Dabei besitzt er aber kein größeres Gewicht als sonstige Auslegungskriterien. Ferner ist er als Aufforderung an die Rechtsprechung zu verstehen, sich der widerstreitenden Interessen von Rechtmäßigkeit und Effektivität staatlichen Handelns bewusst zu sein. 11. Bereits 1976 hat der Gesetzgeber eine erste Fehlerfolgenregelung im Bereich des Bauplanungsrechts geschaffen. Die Vorschriften wurden seitdem regelmäßig erweitert und fortentwickelt. Heute bestehen sie in Form der §§ 214 ff. BauGB. Die Normen können als Konkretisierung des allgemeinen Rechtsgedankens der Planerhaltung durch den Gesetzgeber verstanden werden. 12. Die Planerhaltungsvorschriften sind verfassungsmäßig. Bedenken hinsichtlich der Regelung des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB kann durch eine verfassungskonforme Auslegung begegnet werden. § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ist teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass Mängel des Abwägungsergebnisses, die nach Ablauf der Sieben-Jahres-Frist noch fortbestehen, nicht erfasst werden, m. a. W. beachtlich bleiben. 13. Die Planerhaltungsvorschriften sind grundsätzlich auch mit den europarechtlichen Vorgaben der UVP-Richtlinie vereinbar. Lediglich § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ist in seiner Anwendbarkeit aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts im Hinblick auf Art. 8 UVP-Richtlinie suspendiert, sofern beachtliche Abwägungsmängel gegeben sind, die einen Bezug zur Umweltverträglichkeitsprüfung aufweisen. Solche Mängel können noch nach mehr als sieben Jahren die Nichtigkeit eines Bebauungsplans zur Folge haben. Die Frage der Konformität der §§ 214 ff. BauGB zur Plan-UP-Richtlinie stellt sich momentan noch nicht, da ihre Umsetzung in nationales Recht erst zum 21. Juli 2004 erfolgen muss. 14. Der Rechtsprechung sind bei der Konkretisierung eines Grundsatzes der Planerhaltung in Form einzelner Instrumente engere Grenzen als dem Gesetzgeber gesetzt. Neben den verfassungsrechtlichen hat sie auch die methodischen Grenzen zu beachten. Die städtebaulichen Pläne können dabei in der Theorie durch Auslegung, gesetzesimmanente und gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung weniger rechtsmittelanfällig gemacht werden. Besondere Bedeutung kommt diesen Metho-
5. Kap.: Zusammenfassung der Arbeit in Thesen
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den dort zu, wo Fehler nicht bereits durch ausdrückliche gesetzliche Anordnung unbeachtlich sind. 15. Bereits durch Normauslegung kann das Entstehen von Planfehlern bzw. die Beachtlichkeit solcher Fehler vermieden werden. Der Methode kann folglich planerhaltungsfreundliche Bedeutung zukommen. Als Auslegungsgegenstand im Bauplanungsrecht können dabei erstens sämtliche Vorschriften des Baugesetzbuchs herangezogen werden; eine Beschränkung auf die §§ 214 ff. BauGB ist insoweit nicht geboten. Zweitens handelt es sich auch bei den städtebaulichen Satzungen um Rechtsnormen, die der Auslegung zugänglich sind. Gleiches dürfte im Übrigen für den Flächennutzungsplan als Rechtsakt sui generis gelten. 16. Einige Normen, die Voraussetzungen für die Aufstellung der Bauleitpläne schaffen, tragen den Charakter von Ordnungsvorschriften, d. h., dass das Gesetz ihre Verletzung als nicht so wesentlich ansieht, dass die Fehlerfolge der Nichtigkeit bzw. Vernichtbarkeit geboten ist. Hierzu gehören etwa die Soll-Vorschriften des Baugesetzbuchs, § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB hinsichtlich des Planaufstellungsbeschlusses oder die Pflicht des Planungsträgers, nach § 3 Abs. 2 S. 4 2. Hs. BauGB den Bürgern das Ergebnis über die Prüfung ihrer Anregungen mitzuteilen. 17. Auch die PlanerhaltungsVorschriften selbst werden von der Rechtsprechung und Literatur häufig in planerhaltungsfreundlicher Weise ausgelegt. So können sie etwa miteinander kombiniert werden, um bestimmte Fehler zu erfassen; des weiteren lassen sich Mängel eines Flächennutzungsplans in einem „abgekürzten Verfahren" beheben, das dem ergänzenden Verfahren des § 215 a Abs. 1 BauGB entspricht. 18. Ferner bemüht sich die Rechtsprechung, außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 214 ff. BauGB Planfehler durch Auslegung der sonstigen Normen des Baugesetzbuchs zu vermeiden. Hierzu zählen beispielsweise die Begrenzung der maßgeblichen Abwägungsbelange nach § 1 Abs. 6 BauGB, die Frage, wie genau ein Bebauungsplan bei der Beschlussbekanntmachung bezeichnet werden muss, oder zu welchem Zeitpunkt ein Bebauungsplan zur Einsichtnahme i. S. d. § 10 Abs. 3 S. 2. 1. Hs. BauGB bereitliegen muss. 19. Bei der Auslegung der städtebaulichen Pläne selbst können Ungewissheiten mit Hilfe der berichtigenden Auslegung geklärt werden. Besondere Bedeutung kommt ferner der gesetzeskonformen Auslegung zu, die im Bauplanungsrecht Konkretisierungen erfahren hat: Erstens dürfen Festsetzungen in Bebauungsplänen nicht mangels Bestimmtheit verworfen werden, wenn eine Auslegung möglich ist, die dem Bestimmtheitsgebot genügt. Zweitens sind widersprüchlich erscheinende Festsetzungen wirksam, sofern eine widerspruchsfreie Auslegung in Betracht gezogen werden kann.
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5. Kap.: Zusammenfassung der Arbeit in Thesen
20. Die §§ 214 ff. BauGB bilden kein völlig in sich abgeschlossenes System. Es ist deshalb methodisch zulässig, dass im Einzelfall Regelungslücken im Wege gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung durch die Gerichte geschlossen werden können. Dabei müssen aber auch sonstige verfassungsrechtliche Grenzen beachtet werden. 21. Besondere Bedeutung kommt der sachlichen Begrenzung der Fehlerfolgen auf die fehlerbehafteten Teile städtebaulicher Pläne zu. § 44 Abs. 4 VwVfG kann analog angewandt werden, um die Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen und sonstigen Satzungen begründen zu können. Die Vorschrift ermöglicht es auch, den jeweiligen Besonderheiten der Satzung bei der Feststellung der Fehlerfolge Rechnung zu tragen. Außerdem entspricht dieser Weg dem offenen Prinzip der Planerhaltung, handelt es sich bei der Teilnichtigkeit um den Regel-, bei der Gesamtnichtigkeit um den Ausnahmefall. Die Teilnichtigkeit eines Flächennutzungsplans wird durch eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BauGB ermöglicht. Diese Vorschrift ist einer analogen Anwendung des § 44 Abs. 4 VwVfG vorzuziehen, weil sie der gesetzgeberischen Vorstellung, dass ein Flächennutzungsplan grundsätzlich für das gesamte Gemeindegebiet aufzustellen ist, besser entspricht. 22. Ansonsten kommt der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung nur ein sehr begrenzter Anwendungsbereich zu. In Einzelfällen ist es möglich, bei Änderungen oder Ergänzungen von Planentwürfen oder Plänen auf eine Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange zu verzichten. Unzulässig ist es hingegen, ein allgemeines Kausalitätskriterium zu entwickeln, fehlerhafte Pläne umzudeuten, die Aussagekraft von Flächennutzungsplänen im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB von ihrer formellen Rechtmäßigkeit abzukoppeln oder den Anwendungsbereich des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB auf materielle Fehler auszudehnen. 23. Der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung kommt als Methode zur Reduzierung der Fehleranfälligkeit städtebaulicher Pläne im geltenden Recht keine Bedeutung zu. Insbesondere ist es den Gerichten verwehrt, die Unvereinbarkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf das Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO zu übertragen, um so in Ausnahmefällen eine interimistische Anwendbarkeit eines mit beachtlichen Fehlern behafteten Bebauungsplans bis zu seiner Nachbesserung begründen zu können. 24. Eine Unabhängige Expertenkommission hat in ihrem Bericht zur Novellierung des Baugesetzbuchs im August 2002 umfangreiche Änderungen der §§ 214 ff. BauGB vorgeschlagen. U. a. soll ein Grundsatz der Planerhaltung ausdrücklich normiert werden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit der Gesetzgeber ihren Empfehlungen zu folgen bereit ist.
Anhang Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) in der Fassung der Änderung durch die Richtlinie 9 7 / I I / E G des Rates vom 3. März 1997 ( 9 7 / I I / E G ) (Auszüge)
[...]
Artikel 1 (1) Gegenstand dieser Richtlinie ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei öffentlichen und privaten Projekten, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. (2) Im Sinne dieser Richtlinie sind: Projekt: - die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen, - sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen; Projektträger: Person, die die Genehmigung für ein privates Projekt beantragt, oder die Behörde, die ein Projekt betreiben will; Genehmigung: Entscheidung der zuständigen Behörde oder der zuständigen Behörden, aufgrund deren der Projektträger das Recht zur Durchführung des Projekts erhält. (3) Die zuständige(n) Behörde(n) ist (sind) die Behörde(n), die von den Mitgliedstaaten für die Durchführung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Aufgaben bestimmt wird (werden). (4) Projekte, die Zwecken der nationalen Verteidigung dienen, fallen nicht unter diese Richtlinie. (5) Diese Richtlinie gilt nicht für Projekte, die im einzelnen durch einen besonderen einzelstaatlichen Gesetzgebungsakt genehmigt werden, da die mit dieser Richtlinie verfolgten Ziele einschließlich des Ziels der Bereitstellung von Informationen im Wege des Gesetzgebungsverfahrens erreicht werden. Artikel 2 (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert.
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Anhang
(2) Die Umweltverträglichkeitsprüfung kann in den Mitgliedstaaten im Rahmen der bestehenden Verfahren zur Genehmigung der Projekte durchgeführt werden oder, falls solche nicht bestehen, im Rahmen anderer Verfahren oder der Verfahren, die einzuführen sind, um den Zielen dieser Richtlinie zu entsprechen. (2a) Die Mitgliedstaaten können ein einheitliches Verfahren für die Erfüllung der Anforderungen dieser Richtlinie und der Richtlinie des Rates 96/61/EG vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung1 vorsehen. (3) Unbeschadet des Artikels 7 können die Mitgliedstaaten in Ausnahmefällen ein einzelnes Projekt ganz oder teilweise von den Bestimmungen dieser Richtlinie ausnehmen. In diesem Fall müssen die Mitgliedstaaten: a) prüfen, ob eine andere Form der Prüfung angemessen ist und ob die so gewonnenen Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden sollen; b) der Öffentlichkeit die Informationen betreffend diese Ausnahme zur Verfügung stellen und sie über die Gründe für die Gewährung der Ausnahme unterrichten; c) die Kommission vor Erteilung der Genehmigung über die Gründe für die Gewährung dieser Ausnahme unterrichten und ihr die Informationen übermitteln, die sie gegebenenfalls ihren eigenen Staatsangehörigen zur Verfügung stellen. Die Kommission übermittelt den anderen Mitgliedstaaten unverzüglich die ihr zugegangenen Unterlagen. Die Kommission erstattet dem Rat jährlich über die Anwendung dieses Absatzes Bericht. Artikel 3 Die Umweltverträglichkeitsprüfung identifiziert, beschreibt und bewertet in geeigneter Weise nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls gemäß den Artikeln 4 bis 11 die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf folgende Faktoren: - Mensch, Fauna und Flora, - Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, - Sachgüter und kulturelles Erbe, - die Wechselwirkung zwischen den unter dem ersten, dem zweiten und dem dritten Gedankenstrich genannten Faktoren. Artikel 4 (1) Projekte des Anhangs I werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 3 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen. (2) Bei Projekten des Anhangs I I bestimmen die Mitgliedstaaten vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 3 anhand a) einer Einzelfalluntersuchung oder b) der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien, ob das Projekt einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden muß. i ABl. Nr. L 257 vom 10. Oktober 1996, S. 26.
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Die Mitgliedstaaten können entscheiden, beide unter den Buchstaben a) und b) genannten Verfahren anzuwenden. (3) Bei der Einzelfalluntersuchung oder der Festlegung von Schwellenwerten bzw. Kriterien im Sinne des Absatzes 2 sind die relevanten Auswahlkriterien des Anhangs III zu berücksichtigen. (4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß die gemäß Absatz 2 getroffenen Entscheidungen der zuständigen Behörden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Artikel 5 (1) Bei Projekten, die nach Artikel 4 einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden müssen, ergreifen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß der Projektträger die in Anhang IV genannten Angaben in geeigneter Form vorlegt, soweit a) die Mitgliedstaaten der Auffassung sind, daß die Angaben in einem bestimmten Stadium des Genehmigungsverfahrens und in Anbetracht der besonderen Merkmale eines bestimmten Projekts oder einer bestimmten Art von Projekten und der möglicherweise beeinträchtigten Umwelt von Bedeutung sind; b) die Mitgliedstaaten der Auffassung sind, daß von dem Projektträger unter anderem unter Berücksichtigung des Kenntnisstandes und der Prüfungsmethoden billigerweise verlangt werden kann, daß er die Angaben zusammenstellt. (2) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß die zuständige Behörde eine Stellungnahme dazu abgibt, welche Angaben vom Projektträger gemäß Absatz 1 vorzulegen sind, sofern der Projektträger vor Einreichung eines Genehmigungsantrags darum ersucht. Die zuständige Behörde hört vor Abgabe ihrer Stellungnahme den Projektträger sowie in Artikel 6 Absatz 1 genannte Behörden an. Die Abgabe einer Stellungnahme gemäß diesem Absatz hindert die Behörde nicht daran, den Projektträger in der Folge um weitere Angaben zu ersuchen. Die Mitgliedstaaten können von den zuständigen Behörden die Abgabe einer solchen Stellungnahme verlangen, unabhängig davon, ob der Projektträger dies beantragt hat. (3) Die vom Projektträger gemäß Absatz 1 vorzulegenden Angaben umfassen mindestens folgendes: - eine Beschreibung des Projekts nach Standort, Art und Umfang; - eine Beschreibung der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen vermieden, verringert und soweit möglich ausgeglichen werden sollen; - die notwendigen Angaben zur Feststellung und Beurteilung der Hauptauswirkungen, die das Projekt voraussichtlich auf die Umwelt haben wird; - eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten und Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen; - eine nichttechnische Zusammenfassung der unter den obenstehenden Gedankenstrichen genannten Angaben. (4) Die Mitgliedstaaten sorgen erforderlichenfalls dafür, daß die Behörden, die über relevante Informationen, insbesondere hinsichtlich des Artikels 3, verfügen, diese dem Projektträger zur Verfügung stellen.
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256 Artikel 6
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit die Behörden, die in ihrem umweltbezogenen Aufgabenbereich von dem Projekt berührt sein könnten, die Möglichkeit haben, ihre Stellungnahme zu den Angaben des Projektträgers und zu dem Antrag auf Genehmigung abzugeben. Zu diesem Zweck bestimmen die Mitgliedstaaten allgemein oder von Fall zu Fall die Behörden, die anzuhören sind. Diesen Behörden werden die nach Artikel 5 eingeholten Informationen mitgeteilt. Die Einzelheiten der Anhörung werden von den Mitgliedstaaten festgelegt. (2) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß der Öffentlichkeit die Genehmigungsanträge sowie die nach Artikel 5 eingeholten Informationen binnen einer angemessenen Frist zugänglich gemacht werden, damit der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben wird, sich vor Erteilung der Genehmigung dazu zu äußern. (3) Die Einzelheiten dieser Unterrichtung und Anhörung werden von den Mitgliedstaaten festgelegt, die nach Maßgabe der besonderen Merkmale der betreffenden Projekte oder Standorte insbesondere folgendes tun können: - den betroffenen Personenkreis bestimmen; - bestimmen, wo die Informationen eingesehen werden können; - präzisieren, wie die Öffentlichkeit unterrichtet werden kann, z. B. durch Anschläge innerhalb eines gewissen Umkreises, Veröffentlichungen in Lokalzeitungen, Veranstaltung von Ausstellungen mit Plänen, Zeichnungen, Tafeln, graphischen Darstellungen, Modellen; - bestimmen, in welcher Weise die Öffentlichkeit angehört werden soll, z. B. durch Aufforderung zur schriftlichen Stellungnahme und durch öffentliche Umfrage; - geeignete Fristen für die verschiedenen Phasen des Verfahrens festsetzen, damit gewährleistet ist, daß binnen angemessenen Fristen ein Beschluß gefasst wird. Artikel 7 (1) Stellt ein Mitgliedstaat fest, daß ein Projekt erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt eines anderen Mitgliedstaats haben könnte, oder stellt ein Mitgliedstaat, der möglicherweise davon erheblich betroffen ist, einen entsprechenden Antrag, so übermittelt der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet das Projekt durchgefühlt werden soll, dem betroffenen Mitgliedstaat so bald wie möglich, spätestens aber zu dem Zeitpunkt, zu dem er in seinem eigenen Land die Öffentlichkeit unterrichtet, unter anderem a) eine Beschreibung des Projekts zusammen mit allen verfügbaren Angaben über dessen mögliche grenzüberschreitende Auswirkungen, b) Angaben über die Art der möglichen Entscheidung und räumt dem anderen Mitgliedstaat eine angemessene Frist für dessen Mitteilung ein, ob er an dem Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) teilzunehmen wünscht oder nicht; ferner kann er die in Absatz 2 genannten Angaben beifügen. (2) Teilt ein Mitgliedstaat nach Erhalt der in Absatz 1 genannten Angaben mit, daß er an dem UVP-Verfahren teilzunehmen beabsichtigt, so übermittelt der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet das Projekt durchgeführt werden soll, sofern noch nicht geschehen, dem betroffenen Mitgliedstaat die nach Artikel 5 eingeholten Informationen sowie relevante Angaben zu dem UVP-Verfahren einschließlich des Genehmigungsantrags.
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(3) Ferner haben die beteiligten Mitgliedstaaten, soweit sie jeweils berührt sind, a) dafür Sorge zu tragen, daß die Angaben gemäß den Absätzen 1 und 2 innerhalb einer angemessenen Frist den in Artikel 6 Absatz 1 genannten Behörden sowie der betroffenen Öffentlichkeit im Hoheitsgebiet des möglicherweise von dem Projekt erheblich betroffenen Mitgliedstaats zur Verfügung gestellt werden, und b) sicherzustellen, daß diesen Behörden und der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben wird, der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet das Projekt durchgeführt werden soll, vor der Genehmigung des Projekts innerhalb einer angemessenen Frist ihre Stellungnahme zu den vorgelegten Angaben zuzuleiten. (4) Die beteiligten Mitgliedstaaten nehmen Konsultationen auf, die unter anderem die potentiellen grenzüberschreitenden Auswirkungen des Projekts und die Maßnahmen zum Gegenstand haben, die der Verringerung oder Vermeidung dieser Auswirkungen dienen sollen, und vereinbaren einen angemessenen Zeitrahmen für die Dauer der Konsultationsphase. (5) Die Einzelheiten der Durchführung dieses Artikels können von den beteiligten Mitgliedstaaten festgelegt werden. Artikel 8 Die Ergebnisse der Anhörungen und die gemäß den Artikeln 5, 6 und 7 eingeholten Angaben sind beim Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Artikel 9 (1) Wurde eine Entscheidung über die Erteilung oder die Verweigerung einer Genehmigung getroffen, so gibt (geben) die zuständige(n) Behörde(n) dies der Öffentlichkeit nach den entsprechenden Verfahren bekannt und macht (machen) dieser folgende Angaben zugänglich: - den Inhalt der Entscheidung und die gegebenenfalls mit der Entscheidung verbundenen Bedingungen; - die Hauptgründe und -erwägungen, auf denen die Entscheidung beruht; - erforderlichenfalls eine Beschreibung der wichtigsten Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen vermieden, verringert und soweit möglich ausgeglichen werden sollen. (2) Die zuständige(n) Behörde(n) unterrichtet (unterrichten) die gemäß Artikel 7 konsultierten Mitgliedstaaten und übermittelt (übermitteln) ihnen die in Absatz 1 genannten Angaben.
[...]
17 Steinwede
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258 ANHANG I Projekte nach Artikel 4 Absatz 1
[...] 7. [...] b) Bau von Autobahnen und Schnellstraßen2. c) Bau von neuen vier- oder mehrspurigen Straßen oder Verlegung und/oder Ausbau von bestehenden ein- oder zweispurigen Straßen zu vier- oder mehrspurigen Straßen, wenn diese neue Straße oder dieser verlegte und/oder ausgebaute Straßenabschnitt eine durchgehende Länge von 10 km oder mehr aufweisen würde.
[...] ANHANG II Projekte nach Art. 4 Absatz 2 [ . . . ] ANHANG III Auswahlkriterien im Sinne von Art. 4 Absatz 3 [ . . . ] ANHANG IV Angaben gemäß Artikel 5 Absatz 1 1. Beschreibung des Projekts, im besonderen: - Beschreibung der physischen Merkmale des gesamten Projekts und des Bedarfs an Grund und Boden während des Bauens und des Betriebs, - Beschreibung der wichtigsten Merkmale der Produktionsprozesse, z. B. Art und Menge der verwendeten Materialien, - Art und Quantität der erwarteten Rückstände und Emissionen (Verschmutzung des Wassers, der Luft und des Bodens, Lärm, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlung usw.), die sich aus dem Betrieb des vorgeschlagenen Projekts ergeben, 2. Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten und Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen. 3. Beschreibung der möglicherweise von dem vorgeschlagenen Projekt erheblich beeinträchtigten Umwelt, wozu insbesondere die Bevölkerung, die Fauna, die Flora, der Boden, das Wasser, die Luft, das Klima, die materiellen Güter einschließlich der architektonisch wertvollen Bauten und der archäologischen Schätze und die Landschaft sowie die Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren gehören.
2 „Schnellstraßen" im Sinne dieser Richtlinie sind Schnellstraßen gemäß den Begriffsbestimmungen des Europäischen Übereinkommens über die Hauptstraßen des internationalen Verkehrs vom 15. November 1975.
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4. Beschreibung3 der möglichen erheblichen Auswirkungen des vorgeschlagenen Projekts auf die Umwelt infolge - des Vorhandenseins der Projektanlagen, - der Nutzung der natürlichen Ressourcen, - der Emission von Schadstoffen, der Verursachung von Belästigungen und der Beseitigung von Abfällen und Hinweis des Projektträgers auf die zur Vorausschätzung der Umweltauswirkungen angewandten Methoden. 5. Beschreibung der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt vermieden, verringert und soweit möglich ausgeglichen werden sollen. 6. Nichttechnische Zusammenfassung der gemäß den obengenannten Punkten übermittelten Angaben. 7. Kurze Angabe etwaiger Schwierigkeiten (technische Lücken oder fehlende Kenntnisse) des Projektträgers bei der Zusammenstellung der geforderten Angaben.
3 Die Beschreibung sollte sich auf die direkten und die etwaigen indirekten, sekundären, kumulativen, kurz-, mittel- und langfristigen, ständigen und vorübergehenden, positiven und negativen Auswirkungen des Vorhabens erstrecken. 17*
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Sachregister abgekürztes Verfahren 150 ff.; 245 - Abwägung 30; 53; 57; 60; 67; 71; 81; 84 f.; 90 ff.; 98 ff.; 118 ff.; 159 ff.; 173; 218; 231; 237 f.; 242 - Abwägungsergebnis 85; 92; 99 f.; 102; 105; 118; 182; 212 f.; 243 f. Abwägungsfehler 29 f.; 66; 108 f.; 111 f.; 114; 116 f.; 118 ff.; 131; 134; 136; 138 f.; 140; 144; 159 ff.; 188; 212; 243 ff. - Abwägungsausfall 138 - Abwägungsbelang 159 ff.; 238 - erkennbarer 160 - geringfügiger 161 - schutzwürdiger 161 - Abwägungsdefizit 138; 159 - Abwägungsgebot 60; 101; 117; 140; 160 - Abwägungsvorgang 84 f.; 92; 99; 102; 118; 182; 212 f.; 243 ff. Analogie 56; 78; 150 ff.; 179; 191; 214; 222; 235 Anstoßfunktion 109 f.; 162 ff. Anwendungssperre 228 Anwendungsvorrang 121 Anzeige verfahren 86; 170 Argumentum a maiore ad minus 48; 132; 149;179;210; 230; 235 Argumentum e contrario 38; 208; 219 Aufstellungsverfahren 113; 154 ff. Außenbereich 26; 204; 217; 236 Ausfertigung 73; 159 Auslegung 54 ff.; 63; 68 ff.; 75; 80; 82; 126 ff.; 140; 152 ff.; 157 ff.; 211 - berichtigende 55 f.; 169 ff. - bundesrechtskonforme 56 f. - ergänzende 30 - gemeinschafts(rechts)konforme 120 - gesetzeskonforme 56 f.; 172 ff. - historische 70 ff.; 76 f. - Plan(entwurfs)auslegung 111; 205; 207
- planerhaltungsfreundliche55; 126; 143 ff.; 165 - planerhaltungsfeindliche 126 - restriktive 104; 118 - semantische 55; 68; 103; 127; 144; 147 f.; 150; 178; 182 ff. - systematische 68 f.; 103 f.; 127; 144; 148 f.; 150; 176; 184 f. - teleologische 66 f.; 69 f.; 76 f.; 99; 104; 127; 144; 149 f.; 165; 178; 185 f. - verfassungskonforme 56 f.; 64; 98 ff.; 101 ff.; 145; 167 f.; 175 - weite 126; 150; 156; 174 - widerspruchsfreie 177 ff. Bauleitplanentwurf - Änderung 204 ff. - Ergänzung 204 ff. Begründung - Flächennutzungsplan 89 - Bebauungsplan 87; 113; 173 - Planbegründung 89; 113 f.; 133; 142 - Planentwurfsbegründung 89; 113 f. Begünstigungsausschluss 225 Bekanntmachung 103; 135; 149; 165 ff.; 170; 217; 220 - Auslegungsbekanntmachung 109 f.; 162 - Beschlussbekanntmachung 158; 162 ff. - Genehmigungsbekanntmachung 162 ff.; 168 - Hinweiszweck 89; 162; 170 - Offenlegungsbekanntmachung 162 ff. Bereithaltungspflicht 165 ff. Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten 169 ff. Bestandskraft 27; 30; 60; 83; 185; 241 Beteiligung 129; 204 ff.; 247 - Bürgerbeteiligung 84; 86; 89; 111 f.; 119; 136 f.; 140 f.; 157 ff.; 206 ff. - frühzeitige 107 f.; 140 f.
Sachregister - förmliche 136; 162 - grenzüberschreitende 119; 132 f. - Träger öffentlicher Belange 86; 89; 108 f.; 131 f.; 140 ff.; 143 ff.; 157 ff.; 209 f. Beweislast 245 Briefmarkenplanung 26 Demokratieprinzip 43 f.; 51 f. Effektivität staatlichen Handelns 44 ff.; 60; 98;246 Effet utile 106 Einvernehmenserfordernis 25 Entwicklungsgebot 91; 145 f.; 149 f.; 151; 222 Entwicklungssatzung 202 ergänzendes Verfahren 38; 69; 87; 93; 150 ff.; 183 f.; 186; 192; 224; 234 f.; 244 Erhaltungssatzung 202 Erläuterungsbericht 89; 142; 168; 173 Ermessen 58; 141; 193 Ersatzverkündung 163; 165 Erschließungsbeitragssatzung 202 ff. Evidenz 58; 74; 99 Expertenkommission 28; 154; 186; 198; 241 ff. Fachplanung 32 ff. Fachplanungsrecht 29; 35; 213 Fehlbeurteilung 86; 90 f.; 116; 145 ff.; 243 Fehler - Form- und Verfahrensfehler (-mängel) 83 f.; 86; 88; 91; 93; 111; 113; 119; 131; 137 f.; 140; 142; 143 f.; 149; 151; 182; 188; 210 ff.; 217 ff.; 244 - materiell-rechtliche Fehler (Mängel) 84; 93; 102; 152 f.; 188; 218 Fehleranfälligkeit städtebaulicher Pläne 151; 156; 162; 185; 214; 222 f.; 240 Fehlerangriffsvoraussetzung 54 Fehlerbeseitigung 57; 151; 170; 232 Fehlerbeseitigungsvorschrift 54 Fehlerfolgen 36; 46 ff.; 57 ff.; 67; 71; 84; 128; 130; 138 f.; 172; 180; 184 f.; 192; 196;198; 201; 203; 215;229 Fehlerfolgenbegrenzung 54; 59 f.; 190 Fehlerfolgenregelungen 83; 129; 181; 199
273
Fehlerfolgensystem, differenziertes 44; 47 f.; 51; 60; 96; 224 Fehlerfolgenvoraussetzung 57 ff.; 60; 69; 74; 90; 92; 128; 210 ff.; 240 Fehlervermeidung 126; 169 Festsetzungen 94; 133; 170 f.; 188 f.; 208; 233 - Bestimmtheit 170 ff. - Gemeinbedarfsfläche 176 ff. - Grünfläche 174 ff.; 179 - Kennzeichnungspflicht 133 f. - Kinderspielplatz 174 - missverständliche 170 - nachrichtliche Übernahme 134 f. - Sportplatz 175 f. - Widerspruchsfreiheit 177 ff. Funktionen des Verwaltungsverfahrens 211 ff. Funktionslosigkeit 168 Garantie effektiven Rechtsschutzes 43; 96 f. Gebot der Normenklarheit 216 Geltungsvorrang 121 Gemeinschaftsrecht 105 ff. - effektive Wirksamkeit 121 - Vorrang 121 ff.; 125 Genehmigungspflicht 115; 138 f.; 147 Genehmigungsverfahren 94; 118; 123; 129; 147;175 Generalklausel 69; 76 Gesamtnichtigkeit 62 f.; 188 f.; 191; 194; 199 f.; 203 Gesamtplanung 31 f. Gesetzgebungskompetenz 44 ff.; 236 f. Gestaltungsfreiheit 44 ff.; 107; 193; 225 f.; 231; 236 f. Gewaltenteilungsgrundsatz 50; 77 f.; 189; 194 f.; 223; 231; 233; 238; 240 Grundrechte 42 f.; 48; 51; 59; 70; 96 ff.; 237 Grundzüge der Planung 93; 111; 197; 199 f.; 205; 207 ff.; 220; 222 Heilung 57; 91; 156; 244 Heilungsvorschriften 62; 64; 84 ff. Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums 51; 98; 176 Innenbereich 26; 204; 236
274
Sachregister
interimistische (weitere) Anwendbarkeit 228 f.; 231; 232; 234 f.; 239 interne Unbeachtlichkeitsklausel 89; 114 Inzidentkontrolle 185 Inzidentprüfung 86; 197 IVU-Richtlinie 87 f. Kann-Vorschrift 88 Kausalität 58; 74; 115; 118 f.; 210 ff.; 240 Kollisionsmodell 37 Konkretisierung 29; 42; 44; 45; 52; 65 ff.; 74 f.; 165; 173 ff.; 190; 222; 237; 246 Mangel - offensichtlicher 100; 119 - redaktioneller 159; 170 - schwerer 100; 119 Massenverfahren 137 Menschenwürde 42 Mitwirkungslast 160 Nachbarstaat 118; 130; 132 f. Nachbesserung 230; 234 Nichtigerklärung 233; 237; 239 Nichtigkeitsdogma 38 ff.; 42; 46; 61 f.; 224; 230 f.; 237 Nichtigkeitslehre 36 ff.; 46; 54; 61 f. Normenkontrollentscheidung 187 - deklaratorische Wirkung 36; 38; 40; 155; 224 - konstitutive Wirkung 38 ff.; 232 Normenkontrollverfahren 25 f.; 150; 224; 232 ff.; 240; 245 Normenrelation 225 Offenlegungsbeschluss 164 Offensichtlichkeit 58; 85; 99 Optimierungsgebot 60; 80 Ordnungsvorschriften 55; 128 ff. Parallel verfahren 145 Plan - Änderung 137; 165; 188; 205; 208 ff. - Aufstellungsbeschluss 135 f. - Aufstellungsverfahren 130; 151; 156 - Auslegungsbeschluss 135 - Entwurf 158; 208
- Entwurfsänderung 141; 204 ff. - Ergänzung 165; 188; 205; 208 ff. - Feststellungsbeschluss 30; 213; 234 - Gebiet 25; 110; 162 f.; 189; 217 - Genehmigung 139; 147; 162 - Genehmigungsbehörde 139; 184 f. Planungshoheit 26; 44 ff.; 189; 194 f.; 200; 236 f.; 240 Planungsmüdigkeit 26 Planungspflicht 194 Planungstorso 189 Plan-UP-Richtlinie 28; 125; 241; 245 Planverwirklichung 134 Präklusion 54; 101; 242; 245 Praktische Konkordanz 53; 57 Praktische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts 106 Prinzip - offenes 64 ff.; 222; 237 f.; 246 - rechtssatzförmiges 65 ff.; 238; 246 Prüfungsmaßstab 94 Raumplanung 30 ff.; 66 Rechtmäßigkeitsrestitution 37 Rechtmäßigkeitsvermutung 73; 242 f.; 245 Rechtsakt sui generis 35; 45; 150; 196 f. Rechtsakte der Gemeinschaft - Richtlinie 106; 241 - objektiv-rechtliche Wirkung 123 - unmittelbare Wirkung 121 ff. - Verordnung 121 Rechtschaos 226; 239 Rechtsformwahl 45 ff. Rechtsfortbildung 28; 53; 73 ff.; 82; 126; 213 f.; 223 ff.; 230 - gesetzesimmanente 75 ff.; 104 f.; 131 f.; 148; 179 ff.; 207; 219; 235; 240 - gesetzesübersteigende 78 f.; 180; 223; 235 ff. Rechtsgedanke 203; 207; 212; 215 - allgemeiner 56; 65 f. - leitender 63; 65 Rechtsgeltungsmodell 37 Rechtsmittelanfälligkeit von Planungen 27; 83; 98; 100; 142 f.; 167; 211; 242 Rechtssicherheit 42; 49 f.; 57 ff.; 73; 98 ff.; 120; 165; 167; 172; 185; 193; 211; 228
Sachregister Rechtsstaatsprinzip 37; 42; 48 ff.; 70; 96; 165; 167; 218; 237; 247 Rechtstatsachenuntersuchungen 25 f. Redaktionsversehen 55 f.; 172 Regelungslücke 75 ff.; 153 ff.; 179 ff.; 192; 198; 209; 214; 219; 221 f. - bewusste 76; 192 - planwidrige 75 f.; 214 f.; 221 - rechtspolitischer Fehler 77; 180 - unbewusste 76 - verdeckte 104 f.; 148 relative Verfassungswidrigkeit 225 Rückwirkung 84; 93; 151; 154; 159; 219 f.; 237; 244; 247 Rüge 84 f.; 87; 92 f.; 100 ff.; 119; 142 Sanierungssatzung 202 Sanktionsbedürftigkeit 41 ff.; 62 sanktionslose Norm 89 Satzungsbeschluss 157; 247 Schreibfehler 170 schwebende Unwirksamkeit 154 ff. Sekundärakt 59; 63; 237; 239 selbständiger Bebauungsplan 145 ff. Selbstkorrektur 248 Sicherungssatzung 202 Soll-Vorschrift 55; 88; 130 ff. Sozialstaatsprinzip 52 f. Subsidiarität 79; 223; 235 Teilbarkeit 188 f.; 195; 200 f.; 204 Teilnichtigkeit 59; 62 f.; 76; 148; 185 ff.; 222; 224 Teilrechtswidrigkeit 59 Teilungsgenehmigung 236 Teilunwirksamkeit 186 teleologische Erweiterung 156 teleologische Reduktion 63; 104 f.; 121; 148; 179; 235 Tenorierung 40; 187; 191; 229 f.; 232 ff. Umdeutung 57; 127; 215 ff.; 240 Umkehrschluss 84; 99; 102; 150; 153; 208 Umweltauswirkung, nachteilige 90; 105; 108 f.; 115 f.; 132; 212
275
Umweltbelange 107; 114; 117 f.; 125 Umweltbericht 87; 89; 108; 113 f.; 116 f.; 125; 132 f. Umweltschutz 87 f.; 107; 125 Umweltverträglichkeitsprüfung 87; 89 f.; 105 f.; 132; 182 f.; 212 - Einzelfalluntersuchung 110; 115 - Screening 105; 115 f. - Vorprüfung 90; 105; 115 f. - Überschreiten von Schwellenwerten 105; 110; 115 Unbeachtlichkeitsnormen 64; 83 ff.; 88 ff.; 145 f.; 184 f. Unverbrüchlichkeit des Rechts 37 f.; 42; 59 Unvereinbarerklärung 53; 225; 227 Unvereinbarkeit 224 ff. Unvereinbarkeitsrechtsprechung 224 ff.; 231 f.; 240 UVP-Änderungsrichtlinie 87 f.; 113 UVP-Richtlinie 105 ff. Veränderungssperre 136; 202; 236 Verbot des Formenmissbrauchs 46 vereinfachtes Verfahren 111 f.; 116; 205; 207; 209 f. Verfahrensbeschleunigung 85 f.; 141; 162; 204 Verfassungsmäßigkeit 95; 98; 145 Verfassungswidrigkeit 38; 99; 145; 174 f.; 185; 224 ff. vergleichbare Interessenlage 192 ff.; 199 ff.; 216 f.; 222; 235 Vergnügungsstätte 171 Verhältnismäßigkeit 48; 53; 73; 98 ff.; 190; 233 Vernichtbarkeitslehre 38 f.; 46; 54; 61 f. Verteilungsregelung 202 ff. Vertrauensschutz 49 f.; 101; 247 Verwaltungseffizienz 211 Vorlagepflicht 38 f.; 139 vorzeitiger Bebauungsplan 145 ff. Wesentlichkeit 128 f.; 194; 243 Zulässigkeit von Einzelvorhaben 25; 136