Open Data: Informationsöffentlichkeit unter dem Grundgesetz [1 ed.] 9783428545018, 9783428145010

Wissen ist seit jeher Macht. Und seit jeher ist es Grundgedanke der Demokratie, den Einzelnen an der Ausübung von Macht

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German Pages 567 Year 2015

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Open Data: Informationsöffentlichkeit unter dem Grundgesetz [1 ed.]
 9783428545018, 9783428145010

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Internetrecht und Digitale Gesellschaft Band 1

Open Data Informationsöffentlichkeit unter dem Grundgesetz

Von Beatrice Lederer

Duncker & Humblot · Berlin

BEATRICE LEDERER

Open Data

Internetrecht und Digitale Gesellschaft Herausgegeben von

Dirk Heckmann

Band 1

Open Data Informationsöffentlichkeit unter dem Grundgesetz

Von Beatrice Lederer

Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsund Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT.

Diese Arbeit wurde mit dem Wissenschaftspreis der Universität Passau (Dissertationspreis der Sparkasse Passau) 2014 und dem Wissenschaftspreis der Deutschen Stiftung für Recht und Informatik 2014 ausgezeichnet.

Die Juristische Fakultät der Universität Passau hat diese Arbeit im Wintersemester 2013/2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: Buch Bücher de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 2363-5479 ISBN 978-3-428-14501-0 (Print) ISBN 978-3-428-54501-8 (E-Book) ISBN 978-3-428-84501-9 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Internet: http://www.duncker-humblot.de

Geleitwort des Herausgebers Internetrecht und Digitale Gesellschaft. Mit diesen beiden Begriffen wird eine neue Schriftenreihe im Verlag Duncker & Humblot gekennzeichnet, die sich den großen Herausforderungen des Informationszeitalters annehmen wird. Die rasante technische Entwicklung, insbesondere im Internet, stellt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vor große Herausforderungen, schenkt ihnen zahllose Chancen und bürdet ihnen ebensolche Risiken auf. Die damit einhergehenden Innova­tionen werfen neue (Rechts-)Fragen auf, deren Beantwortung Dispositionsund (Rechts-)Sicherheit für neue Geschäftsmodelle, Verwaltungsreformen oder auch die Internetnutzung im privaten Alltag schafft. Es fällt schwer, diesen Paradigmenwechsel in qualitativer oder quantitativer Hinsicht mit früheren Veränderungsprozessen zu vergleichen. Die digitale Revolution erscheint eindringlicher, nachhaltiger und stärker chancen- und risikobehaftet zu sein als etwa die industrielle Revolution, auch wenn die eine oder andere Parallele gezogen werden kann. Die Interdependenzen von Technikeinsatz, Wirtschaftsentwicklung und sozialen Konflikten lassen im Internetzeitalter eine Rechnung mit vielen Unbekannten entstehen. So entsteht ein Paradeumfeld für interdisziplinäre Grundlagenforschung und praxisorientierte Themen. Der Bogen ist weit gespannt. Er reicht von Fragen des Daten- und Urheberschutzes, E-Commerce und Digital Business über Internetkriminalität und IT-Sicherheit bis zu E-Government und E-Democracy. Gleichermaßen sind es übergreifende Themen wie der Schutz der Privatheit, Haftungsmaßstäbe und Risikomanagement oder ein verändertes Leitbild für Partizipation und Kollaboration in vernetzten Systemen, die wissenschaftlicher Vertiefung bedürfen. Das mögen im Kern rechtswissenschaftliche Arbeiten sein, die aber stets die Brücke schlagen zu technologischen, ökonomischen, sozialwissenschaftlichen oder auch ethischen Aspekten. Die vorliegende Schriftenreihe dient als publizistische Heimat für diesen fächerübergreifenden wissenschaftlichen Dialog. Unter ihrem Dach können sowohl juristische Arbeiten als auch solche anderer Disziplinen veröffentlicht werden, soweit sie einen Bezug zum Internet bzw. zur Digitalen Gesellschaft haben. Erst dieses weite Spektrum verspricht nachhaltigen Erkenntnisgewinn für die zuvor beschriebenen Herausforderungen. Ich freue mich sehr, dass mit der Arbeit von Beatrice Lederer zu „Open Data. Informationsöffentlichkeit unter dem Grundgesetz“ eine mehrfach preisgekrönte Dissertation als Band 1 dieser Schriftenreihe gewonnen werden konnte. Sie spiegelt in mehrfacher Hinsicht deren Intention und das Themenspektrum wider: als juristische Grundlagenforschung gleichermaßen wie in ihrer interdiszipli­ nären Herangehensweise. Ihr spektakuläres Ergebnis, die rechtlich verbindliche

6

Geleitwort des Herausgebers

Verpflich­tung des Staates zur Bereitstellung der Verwaltungsdaten im Internet, wird jene Diskussion entfachen, die die Digitale Gesellschaft zur Orientierung und Weiter­entwicklung braucht. Ich wünsche dieser Arbeit und der mit ihr beginnenden wissenschaftlichen Schriftenreihe eine gute Resonanz. Dirk Heckmann

Vorwort Das Verhältnis zwischen Open Data und dem Recht ist auf den ersten Blick ein Verhältnis der Begrenzung. Aber das Recht zieht den Öffnungsbestrebungen des Staats nicht nur Grenzen. Es ist auch Grundlage der Öffnung des Staats gegenüber dem Bürger. Dieser verfassungsrechtlichen Erkenntnis werden sich Nationalstaaten im 21. Jahrhundert nicht auf Dauer verschließen können. Dies zeigt die Arbeit unter Berücksichtigung der Interdependenzen zwischen Recht, Technik und Gesellschaft detailliert auf. Meinem akademischen Lehrer Professor Dr. Dirk Heckmann möchte ich herzlich dafür danken, dass er in mir die Faszination für eben diese Zusammenhänge zwischen rechtlicher, technischer und gesellschaftlicher Entwicklung geweckt und mich seit 2010 auf dem Weg zu dieser Arbeit begleitet hat. Die zahlreichen Gespräche waren mir unverzichtbare Hilfe und Motivation sowie stete Inspiration, ohne die ich die Arbeit nicht in dieser Form beendet hätte. Aber ich möchte mich nicht nur für die unmittelbare Begleitung und Betreuung der Arbeit bedanken. Nicht weniger wichtig war die jahrelange Unterstützung als studentische Hilfskraft und wissenschaftliche Mitarbeiterin. Zudem haben mir mein Doktorvater Professor Dr. Dirk Heckmann und Professor Dr. Peter Bräutigam als Zweitgutachter das Internetrecht regelrecht vorgelebt. Sie haben mir die Vielschichtigkeit dieses sich ständig weiterentwickelnden Rechtsgebiets aufgezeigt und mich für diese Entwicklung begeistert. Besonderer Dank gilt zudem all denen, die mich in der ein oder anderen, meist „unjuristischen“ Weise unterstützt und bestärkt haben, allen voran meiner Familie, Willi und Renate Lederer, sowie Marco Winkler-Ebner. Sie standen mir immer zur Seite. Und auch all die Freunde und Kollegen, die mir mit diversen Worten und Taten stets aufs Neue Mut gemacht haben, wären auf dem Weg zu dieser Arbeit nicht wegzudenken, vor allem Anita Huber, Robert Huber, Monika Pfeifer und Kathrin Bernecker. So konnte die Arbeit im Wintersemester 2013/2014 der Juristischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Rechtswissenschaft vorgelegt werden. Die Entwicklungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur wurden bis August 2013 berücksichtigt. Trotz der Aktualität des Themas versteht sich die Arbeit aber auch als Grundlagenwerk, auf dem die weitere juristische Auseinandersetzung um die Öffnung und das Informationshandeln des Staats aufbauen kann. Passau, im März 2014 

Beatrice Lederer

Inhaltsübersicht 1. Teil

Einleitung

33

2. Teil



Interdisziplinäre Grundlegung

38

1. Kapitel

Open Government Data und Open Government – Demokratietheoretische Grundlegung

38

A. Open Government Data . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 B. Open Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

2. Kapitel

Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung

93

A. Schlaglichter der Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 B. Begründung der Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

3. Kapitel

Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft – Soziologische und verwaltungswissenschaftliche Grundlegung

141

A. Das Internet als Motor des gesellschaftlichen Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 B. Das Individuum in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 C. Der Staat in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 D. Das Staat-Bürger-Verhältnis in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . 194

10

Inhaltsübersicht 3. Teil



Rechtliche Grundlegung

207

1. Kapitel Grundlagen

207

A. Grundlagen der Definitionslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 B. Grundlagen der teleologischen Begriffsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 2. Kapitel

Rechtliche Definition und Systematisierung

226

A. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 B. Dimensionen der Informationsöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 C. Informationsöffentlichkeit im System staatlicher Informationstätigkeit . . . . . . . . . . 256

4. Teil



Verfassungsrechtliche Verankerung

298

1. Kapitel

Recht und Realität

298

A. Anpassungsfähigkeit des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 B. Anpassungsnotwendigkeit in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . 306 2. Kapitel

Öffentlichkeit in der Demokratie

326

A. Demokratie als Volkssouveränität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 B. Öffentlichkeit im Demokratieprinzip des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 C. Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 3. Kapitel

Öffentlichkeit in der Republik

383

A. Republik als Legitimations- und Gestaltungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 B. Republikanische Demokratie und Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389

Inhaltsübersicht

11

4. Kapitel

Öffentlichkeit im Rechtsstaat

391

A. Rechtsstaat als integrales Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 B. Rechtsstaat als Prinzip mit formellem und materiellem Gehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 C. Rechtsstaat als umfassende Rechtsgeltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 D. Öffentlichkeit im Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 E. Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436

5. Kapitel

Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

438

A. Informationsfreiheit im System des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 B. Informationsfreiheit als Schutz der Unterrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 C. Schutzwirkungen in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 D. Informationsfreiheit in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 470 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490

5. Teil



Zusammenfassung und Ausblick

493

1. Kapitel Zusammenfassung

494

2. Kapitel Ausblick

513

3. Kapitel Schlusswort

521

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 Personen- und Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559

Inhaltsverzeichnis 1. Teil

Einleitung

33

2. Teil



Interdisziplinäre Grundlegung

38

1. Kapitel

Open Government Data und Open Government – Demokratietheoretische Grundlegung

38

A. Open Government Data . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 I. Open Government Data: Inhalt und Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Open Government Data: Begriffliche Annäherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Government Data: Gegenstand der Öffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Open: Open Government Data-Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 II. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 B. Open Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 I. Open Government: Inhalt und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. Government-Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Electronic Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Electronic Democracy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Governance-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3. Open Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 II. Transparenz, Partizipation und Kollaboration: Dimensionen des Open Government 53 1. Transparenz im Sinne des Open Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2. Partizipation im Sinne des Open Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3. Kollaboration im Sinne des Open Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 III. Open Government im Lichte der Demokratietheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 1. Öffentlichkeit und Beteiligung als Säulen der Demokratietheorie . . . . . . . . . 56 a) Entwicklung der Demokratietheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 b) Systematisierung der Demokratietheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 aa) Starke und schwache Demokratien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 bb) Input und Output . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

14

Inhaltsverzeichnis 2. Entwicklung der Dimension Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 b) Die Entwicklung der Öffentlichkeit seit der Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 c) Öffentlichkeit in der deliberativen Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3. Entwicklung der Dimension Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 a) Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 b) Die Entwicklung der Beteiligung seit der Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 c) Partizipative Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 d) Kooperative Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 e) Komplexe Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 f) Responsive Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 g) Liquid democracy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 h) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 IV. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Grundideen von Open Government im Lichte der Demokratietheorie . . . . . . 85 2. Öffentlichkeit als Fundament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 V. Exkurs: Interdisziplinarität in der Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 1. Positivistische Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 2. Geisteswissenschaftliche Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

2. Kapitel

Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung

93

A. Schlaglichter der Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 I. Entwicklung auf Bundesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Vom Amtsgeheimnis zum voraussetzungslosen Informationszugang und der Weiterverwendbarkeit der Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 a) Informationszugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 b) Weiterverwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 2. Vom individuellen Informationszugang zur öffentlichen Zugänglichkeit . . . . 100 II. Entwicklung in den Bundesländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Landesverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2. Einfaches Landesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 III. Internationale Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Entwicklung im Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Internationale Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Inhaltsverzeichnis

15

b) Europäische Menschenrechtskonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 c) Sonstige Maßnahmen des Europarats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Entwicklung in den Nationalstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 a) Voraussetzungsloser Informationszugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Öffentliche Zugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 IV. Europäische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 1. Eigenverwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 a) Primärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 b) Sekundärrecht und sonstige Rechtsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Gemeinschaftsverwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Informationszugangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Informationsweiterverwendungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 3. Initiativen, Strategien und Programme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 B. Begründung der Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. Inter- und supranationale Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 II. Nationale Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 III. Zusammenfassung und Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

3. Kapitel

Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft – Soziologische und verwaltungswissenschaftliche Grundlegung

141

A. Das Internet als Motor des gesellschaftlichen Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Vom technischen zum gesellschaftlichen Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Automatisierung, Digitalisierung und Netzwerkbildung als Ausgangspunkt . 143 2. Entgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3. Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 4. Immaterialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 a) Funktionslogik des Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 b) Potenzielle Interdependenzen: Funktionslogik von Internet, Gesellschaft und Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 II. Entwicklung und Fortentwicklung der Informationsgesellschaft . . . . . . . . . . . . 152 1. Informationsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Wissensgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 3. Netzwerkgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

16

Inhaltsverzeichnis III. Schlussfolgerungen und Ausblick: Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . 163 1. Kritik der bewährten Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Exkurs: Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 166

B. Das Individuum in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 I. Entgrenzung und Folgen für das Individuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 1. Facetten der Entgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 a) Auflösung räumlich-zeitlicher Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 b) Auflösung sozialer Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 c) Grenze: Rückbindung an das Materielle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 2. Ausblick: Themenspezifische Teilöffentlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Themenspezifische Teilöffentlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 b) Digital divide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 II. Vernetzung und Folgen für das Individuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Facetten der Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 a) Von der Individualisierung zur Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 b) Grenze: Rückbindung von Netzwerken an Hierarchien . . . . . . . . . . . . . . 173 2. Ausblick: Kollektive Intelligenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 III. Immaterialisierung und Folgen für das Individuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. Facetten der Immaterialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Das Immaterielle als neues Handlungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Grenze: Individualisierung und Unsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Ausblick: Vertrauen und Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 IV. Zusammenfassung und Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 C. Der Staat in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 I. Entgrenzung und Folgen für den Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 1. Facetten der Entgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Relativierung des Raums als Strukturmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 b) Relativierung der Zeit als Strukturmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 2. Ausblick: Recht als anpassungsfähiges Herrschaftsinstrument . . . . . . . . . . . 181 II. Vernetzung und Folgen für den Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Facetten der Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 a) Dezentralität als Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 b) Reziprozität als Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Ausblick: Recht als anpassungsfähiges Herrschaftsinstrument . . . . . . . . . . . . 185 III. Immaterialisierung und Folgen für den Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Facetten der Immaterialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 a) Herausforderung für die materielle Rechtsgeltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

Inhaltsverzeichnis

17

b) Herausforderung für die Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 2. Ausblick: Erschließung neuer Möglichkeiten der Aufgabenerfüllung . . . . . . 189 a) Gestaltung des Immateriellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 b) Technologiegestützter Rechtsgüterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 c) Technologiegestützte Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 IV. Zusammenfassung und Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 D. Das Staat-Bürger-Verhältnis in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . 194 I. Vernetzung als Leitbild des Staat-Bürger-Verhältnisses in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 1. Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 2. Gewährleistungsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 II. Öffentlichkeit als Grundlage des Staat-Bürger-Verhältnisses in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1. Wert der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 2. Ort der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 III. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

3. Teil



Rechtliche Grundlegung

207

1. Kapitel Grundlagen 207 A. Grundlagen der Definitionslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 B. Grundlagen der teleologischen Begriffsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 I. Öffentlichkeit als Rechtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 1. Grundverständnis der Rechtsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 2. Systematisierung der Rechtsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 3. Öffentlichkeit im Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 a) Öffentlichkeit als Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 b) Nicht-Öffentlichkeit als rechtfertigungsbedürftige Ausnahme . . . . . . . . . 219 II. Adressat: Verpflichtung aller Staatsgewalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Öffentlichkeit der Exekutive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2. Öffentlichkeit der Judikative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 3. Öffentlichkeit der Legislative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

18

Inhaltsverzeichnis 2. Kapitel



Rechtliche Definition und Systematisierung

226

A. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 I. Gegenstand der Informationsöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 1. Daten und Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 a) Terminologischer Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b) Terminologisches Grundverständnis in den Rechtswissenschaften . . . . . . 228 c) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 2. Öffentliche Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 a) Öffentliche Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 b) Dienende Funktion als Beschränkung auf Vorhandenes . . . . . . . . . . . . . . 236 3. Staatliche Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 a) Aufgabenwahrnehmung durch staatliche Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 b) Einbeziehung Dritter und Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 4. Exkurs: Zuständigkeit für die Herstellung von Informationsöffentlichkeit . . 239 II. Inhalt der Informationsöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 1. Öffentliche Zugänglichmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 2. Rechtliche und technische Möglichkeit der Weiterverwendung . . . . . . . . . . . 242 a) Möglichkeit der Weiterverwendung („Weiterverwendbarkeit“) . . . . . . . . . 242 b) Technische Weiterverwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 c) Rechtliche Weiterverwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 III. Zusammenfassung und Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 B. Dimensionen der Informationsöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 I. Akteurs- und tätigkeitsspezifische Unterscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 1. Institutionelle Unterscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 2. Funktionelle Unterscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 II. Inhaltliche Unterscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 1. Terminologischer Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 2. Differenzierung nach Bearbeitungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 III. Zeitliche Unterscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 IV. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 C. Informationsöffentlichkeit im System staatlicher Informationstätigkeit . . . . . . . . . . 256 I. Grundsätze des Informationshandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 1. Charakteristika des Informationshandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a) Rechtliche Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) Tatsächliche Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 c) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

Inhaltsverzeichnis

19

2. Grundrechtsrelevanz des Informationshandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 a) Einschlägigkeit der allgemeinen Grundrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 b) Bewertung anhand der allgemeinen Grundrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . 259 c) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 3. Informationshandeln als Verwaltungstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 a) Verwaltungstätigkeit und Formenwahlfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 b) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 4. Exkurs: Nutzungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 II. Systematisierung der staatlichen Informationstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 1. Aktive und passive Informationstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2. Individual- und öffentlichkeitsbezogene Informationstätigkeit . . . . . . . . . . . . 267 3. Systematisierung in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . 268 a) Informationszugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 b) Informationsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 c) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 4. Exkurs: Verfügungsgewalt und Verfügungsbefugnis über Informationen . . . 272 a) Rechtliche Verfügungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 b) Nähe zum Recht der öffentlichen Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 III. Informationsöffentlichkeit, Informationsrichtigkeit und Haftungsbegrenzung . . 277 1. Beschränkung der Richtigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 a) Beschränkung der Richtigkeitsprüfung im einfachen Recht . . . . . . . . . . . 277 b) Verfassungskonformität der eingeschränkten Richtigkeitsprüfung . . . . . . 279 aa) Zweifel an der Verfassungskonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 bb) Begründung der Verfassungskonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 c) Ergebnis und Schlussfolgerung für das Staatshaftungsrecht . . . . . . . . . . . 283 aa) Folgenbeseitigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 bb) Amtshaftungsanspruch, § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG . . . . . . . . . . . 284 cc) Exkurs: Amtshaftungsrechtlicher Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . 286 dd) Öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 2. Haftungsbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 a) Geltung der allgemeinen Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 aa) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 bb) Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 b) Wirkung der Haftungsbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 aa) Fortgeltung der Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 bb) Schutz der IT- und Informationssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

20

Inhaltsverzeichnis 4. Teil



Verfassungsrechtliche Verankerung

298

1. Kapitel

Recht und Realität

298

A. Anpassungsfähigkeit des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 I. Anpassung des Rechts an die Realität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 II. Anpassung des Rechts an die internationale Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 1. Europarechtskonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 2. Rechtsvergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 B. Anpassungsnotwendigkeit in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . 306 I. Konkrete Entwicklungslinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 1. Entwicklung des Staat-Bürger-Verhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 2. Entwicklung der Rechtssetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 3. Politische Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 II. Kristallisationspunkt: Öffentlichkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 1. Neue Öffentlichkeit im Staat-Bürger-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 2. Öffentlichkeit zwischen Staatsstrukturprinzipien und Grundrechten . . . . . . . 310 a) Verankerung des Öffentlichkeitsgrundsatzes im Grundgesetz . . . . . . . . . . 310 aa) Im Detail: Demokratisch-funktionale Grundrechtstheorie . . . . . . . . . 312 bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 b) Exkurs: Ermöglichendes Potenzial des Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 3. Bedeutung der Sozialstaatlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 a) Bedeutung des Sozialstaatsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 b) Bedeutung der sozialen Grundrechtstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 4. Wirkstufen des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 III. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 1. Bedürfnis nach Öffentlichkeit zur Informatisierung und Informalisierung . . 324 2. Wegfall bisheriger Hindernisse bei der Gewährleistung von Öffentlichkeit . . 325 2. Kapitel

Öffentlichkeit in der Demokratie

326

A. Demokratie als Volkssouveränität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 I. Formale Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 1. Legitimationsmodus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 2. Legitimationsniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 II. Informelle Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332

Inhaltsverzeichnis

21

1. Dauerhafte Rückkopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 2. Berücksichtigungsfähigkeit der informellen Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . 334 3. Exkurs: Pluralistisches Demokratiekonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 III. Verwirklichungsbedingungen der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 1. Staatsgewalt und Staatsvolk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 a) Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 b) Staatsvolk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 c) Exkurs: Legitimation durch Partizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 aa) Funktionale Selbstverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 bb) Sonstige Betroffenenpartizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 2. Sonstige Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 a) Integration und Homogenität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 b) Akzeptanz und Vertrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 B. Öffentlichkeit im Demokratieprinzip des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 I. Formale Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 1. Öffentlichkeit aller Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 2. Öffentlichkeit aller Ausübung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 II. Informelle Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 1. Öffentlichkeit aller Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 2. Öffentlichkeit aller Ausübung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 III. Verwirklichungsbedingungen der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 1. Integration und Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 2. Akzeptanz, Vertrauen und Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 IV. Zusammenfassung und Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 1. Objektive Dimension des demokratischen Öffentlichkeitsgebots . . . . . . . . . 358 2. Keine subjektive Dimension des demokratischen Öffentlichkeitsgebots . . . . 359 C. Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 I. Entwicklungslinien in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . 361 1. Rechtsnormatives Erfordernis demokratischer Legitimation . . . . . . . . . . . . . 361 a) Auswirkungen auf die Ausübung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 b) Auswirkungen auf das Staatsvolk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 c) Exkurs: Beschränkung der demokratischen Öffentlichkeit auf Staatsangehörige 363 d) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 2. Tatsächliche Effektivität des Legitimationsniveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 a) Personell-organisatorische Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 b) Sachlich-inhaltliche Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 c) Informelle Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 3. Schlussfolgerung: Notwendigkeit grundsätzlicher Öffentlichkeit . . . . . . . . . . 369

22

Inhaltsverzeichnis a) Rechtliche Notwendigkeit der grundsätzlichen Öffentlichkeit . . . . . . . . . 370 b) Tatsächliche Bestätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 II. Formen der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 1. Demokratische Öffentlichkeit als primäre Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 372 2. Demokratische Öffentlichkeit als voraussetzungslose Öffentlichkeit . . . . . . . 373 a) Demokratische Öffentlichkeit als Jedermann-Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . 373 b) Demokratische Öffentlichkeit als antragsunabhängige Öffentlichkeit . . . . 375 aa) Gewährleistung realer Kenntnisnahmemöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 376 bb) Sonstige Anforderungen bei antragsabhängiger Veröffentlichung . . . 376 cc) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 3. Demokratische Öffentlichkeit als Informationsöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . 379 a) Öffentliche Zugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 aa) Funktion in der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 bb) Gewährleistung von Mindestvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 cc) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 b) Rechtliche und technische Möglichkeit der Weiterverwendung . . . . . . . . 381

D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 3. Kapitel

Öffentlichkeit in der Republik

383

A. Republik als Legitimations- und Gestaltungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 I. Republik als Legitimationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 II. Republik als Gestaltungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 III. Verhältnis zum Demokratieprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 B. Republikanische Demokratie und Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 I. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 II. Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 4. Kapitel

Öffentlichkeit im Rechtsstaat

391

A. Rechtsstaat als integrales Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 B. Rechtsstaat als Prinzip mit formellem und materiellem Gehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 C. Rechtsstaat als umfassende Rechtsgeltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 I. Rechtsgewährleistung durch die Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 1. Gewährleistung subjektiver Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 a) Rechtliche Grundrechtsausübungsvoraussetzungen: Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396

Inhaltsverzeichnis

23

b) Tatsächliche Grundrechtsausübungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 397 2. Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 II. Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . 399 1. Disziplinierung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 a) Bindung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 b) Kontrolle der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 aa) Gewaltenteilung und Gewaltenverschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 bb) Öffentliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 2. Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 a) Rationalisierung und Effektivierung der Ausübung der Staatsgewalt . . . . 403 b) Fortentwicklung des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 D. Öffentlichkeit im Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 I. Rechtsgewährleistung durch die Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 1. Gewährleistung subjektiver Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 a) Rechtliche Grundrechtsausübungsvoraussetzungen: Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 aa) Veröffentlichung von Binnenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 bb) Veröffentlichung von Einzelfallentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 b) Tatsächliche Grundrechtsausübungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 410 2. Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 II. Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . 414 1. Disziplinierung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 2. Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 a) Rationalisierung und Effektivierung der Ausübung der Staatsgewalt . . . . 415 b) Fortentwicklung des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 III. Zusammenfassung und Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 E. Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 I. Entwicklungslinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 1. Rechtsnormatives Erfordernis der Freiheitssicherung durch den und vor dem Staat 419 2. Tatsächliche Freiheitssicherung durch den und vor dem Staat . . . . . . . . . . . . 420 a) Rechtsgewährleistung durch die Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 aa) Rechtliche Grundrechtsausübungsvoraussetzungen: Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 bb) Tatsächliche Grundrechtsausübungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . 421 cc) Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 b) Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt . . . . . . 422 aa) Disziplinierung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 bb) Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423

24

Inhaltsverzeichnis cc) Fortentwicklung des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 3. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 a) Rechtliche Notwendigkeit der grundsätzlichen Öffentlichkeit . . . . . . . . . . 425 aa) Rechtsgewährleistung durch die Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 bb) Disziplinierung der Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 b) Tatsächliche Ausgestaltung der grundsätzlichen Öffentlichkeit . . . . . . . . . 427 c) Exkurs: Status Quo der einfachgesetzlichen Ausgestaltung . . . . . . . . . . . 428 II. Formen der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 1. Grundsätze rechtsstaatlicher Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 a) Rechtsstaatliche Öffentlichkeit als primäre Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . 430 b) Rechtsstaatliche Öffentlichkeit als voraussetzungslose Öffentlichkeit . . . 431 aa) Rechtsstaatliche Öffentlichkeit als Jedermann-Öffentlichkeit . . . . . . . 431 bb) Rechtsstaatliche Öffentlichkeit als antragsunabhängige Öffentlichkeit 432 2. Rechtsstaatliche Öffentlichkeit als Informationsöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . 433 a) Öffentliche Zugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 b) Rechtliche und technische Möglichkeit der Weiterverwendung . . . . . . . . 435

F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436

5. Kapitel

Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

438

A. Informationsfreiheit im System des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 I. Informationsfreiheit als Säule des Öffentlichkeitsgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 II. Informationsfreiheit als subjektives Recht von konstitutioneller Bedeutung . . . 439 1. Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 2. Schutzwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 a) Subjektive Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 b) Objektive Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 c) Vorrang der subjektiven Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 B. Informationsfreiheit als Schutz der Unterrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 I. Bestimmung der Allgemeinzugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 1. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 II. Allgemeinzugänglichkeit als Verfassungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 1. Inhalt der Allgemeinzugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 2. Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 III. Zusammenfassung und Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 C. Schutzwirkungen in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452

Inhaltsverzeichnis

25

I. Objektiv-rechtlicher Gewährleistungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 1. Anerkennung organisatorischer Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 a) Objektiv-rechtliche Dimension als Verstärkung des subjektiven Gehalts . 453 b) Organisationsabhängigkeit der Informationsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 c) Objektiv-rechtliche Dimension in der Informationstechnologiegesellschaft 456 2. Umfang der organisatorischen Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 3. Informationsfreiheit als Kristallisationspunkt des Öffentlichkeitsgrundsatzes

459

II. Subjektiv-rechtlicher Gewährleistungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 1. Grenzen verfassungsunmittelbarer Leistungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 2. Resubjektivierung objektiv-rechtlicher Gewährleistungsgehalte . . . . . . . . . . 464 a) Vermutung der Resubjektivierung organisatorisch-institutioneller Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 b) Exkurs: Allgemeine Vermutung zugunsten subjektiv-rechtlicher Ansprüche 465 c) Resubjektivierung auf Grundlage der Schutznormtheorie . . . . . . . . . . . . . 465 3. Umfang der subjektiv-rechtlichen Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 D. Informationsfreiheit in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 470 I. Technologische Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 II. Inhaltliche Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 III. Allgemein zugängliche Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 1. Allgemeinzugänglichkeit als primäre Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 2. Allgemeine Zugänglichkeit als voraussetzungslose Zugänglichkeit . . . . . . . . 474 3. Allgemeine Zugänglichkeit als antragsunabhängige Zugänglichkeit . . . . . . . 475 a) Umfassende Informationsbegehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 IV. Ungehindertes Unterrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 1. Verzögerung als Behinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 2. Staatliche Beobachtung als Behinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 a) Status Quo der Ausgestaltung der Antragsabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . 481 b) Identifizierbarkeit als Behinderung der Unterrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . 482 aa) Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . 482 bb) Keine Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 c) Keine Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 3. Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 4. Exkurs: Sicherstellung der Auffindbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 V. Informationsfreiheit als Ausgangspunkt der rechtlichen und technischen Weiterverwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485

26

Inhaltsverzeichnis 1. Voraussetzungen des Unterrichtungsvorgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 2. Weiterverwendbarkeit in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . 487 a) Kein Optimierungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 b) Vorrang der Weiterverwendbarkeit auf Abwägungsebene . . . . . . . . . . . . . 488 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489

E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 5. Teil



Zusammenfassung und Ausblick

493

1. Kapitel Zusammenfassung 494 I.

Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494

II.

Open Government als Demokratietheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494

III. Öffnung in der Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 IV. Informationstechnologiegesellschaft als Grundlage der Entwicklung . . . . . . . . 497 V.

Öffentlichkeit als Rechtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499

VI. Informationsöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 VII. Informationsöffentlichkeit als Teil des Informationshandelns . . . . . . . . . . . . . . 502 VIII. Öffentlichkeitsgrundsatz in der Informationstechnologiegesellschaft . . . . . . . . 503 IX. Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 X. Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 XI. Rechtsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 XII. Informationsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 XIII. Informationsöffentlichkeit unter dem Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 2. Kapitel Ausblick 513 I. Weiterverwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 II.

Öffentliche Zugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 3. Kapitel

Schlusswort 521

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 Personen- und Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559

Abkürzungsverzeichnis .csv Comma Separated Values [Dateiformat] JavaScript Object Notation [Dateiformat] .json .owl Web Ontology Language [Syntax] Portable Document Format [Dateiformat] .pdf .rdf Resource Description Framework [Syntax] Extensible Markup Language [Dateiformat] .xml andere Ansicht a. A. a. a. O. am angegebenen Ort ABl. Amtsblatt Abs. Absatz am Ende a. E. AEMR Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AEUV a. F. alte Fassung AfP Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht [Zeitschrift] Allgemeine Geschäftsbedingungen AGB AIG Akteneinsichts- und Informationszugangsrecht AK Alternativkommentar Anm. Anmerkung Anwaltszertifikat Online Internetrecht [Zeitschrift] AnwZert ITR Application Programming Interface [Programmierschnittstelle] API APuZ Aus Politik und Zeitgeschichte [Zeitschrift] AtG Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz­ gegen ihre Gefahren („Atomgesetz“) Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes BArchG („Bundes­archivgesetz“) BauGB Baugesetzbuch BayVBl. Bayerische Verwaltungsblätter [Zeitschrift] 1. Betriebs-Berater [Zeitschrift] BB 2. Brandenburg BDSG Bundesdatenschutzgesetz BeamtStG Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern („Beamtenstatusgesetz“) BeckOK Beck’scher Online-Kommentar Begr. Begründer Beschl. Beschluss BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BHO Bundeshaushaltsordnung

28

Abkürzungsverzeichnis

Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge („Bundes-Immissionsschutzgesetz“) Berliner Journal für Soziologie [Zeitschrift] BJS BK Bonner Kommentar BMI Bundesministerium des Innern Bundeszentrale für politische Bildung bpb BR-Drs. Bundesrats-Drucksache Brem Bremisch BSG Bundessozialgericht Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BSI BSIG Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik („BSI-Gesetz“) bspw. beispielsweise BStatG Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke („Bundesstatistikgesetz“) BT-Drs. Bundestags-Drucksache BV Bayerische Verfassung BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht („Bundesverfassungsgerichts­ BVerfGG gesetz“) Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts BVerfGK BVerwG Bundesverwaltungsgericht Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts BVerwGE B-VG Bundes-Verfassungsgesetz [Österreich] BW Baden-Württemberg BY Bayerisch bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise CC Creative Commons [Software-Lizenz] Comprehensive Knowledge Archive Network [System zur Datenspeiche­ CKAN rung] CR Computer und Recht [Zeitschrift] c’t Magazin für Computertechnik d. h. das heißt Die öffentliche Verwaltung [Zeitschrift] DÖV Deutsches Richtergesetz DRiG DS-GVO Datenschutz-Grundverordnung DStR-Beih Deutsches Steuerrecht Beihefter [Zeitschrift] DuD Datenschutz und Datensicherheit [Zeitschrift] DVBl. Deutsches Verwaltungsblatt [Zeitschrift] Gesetz über den Deutschen Wetterdienst (DWD-Gesetz) DWDG ebd. ebenda E-FOIA Electronic Freedom of Information Act [USA] Europäische Gemeinschaft EG EGC Charta der Grundrechte der Europäischen Union („Europäische Grund­ rechte­charta“) EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte BImSchG

Abkürzungsverzeichnis

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Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften („E-Government-Gesetz“) Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft EGV elektronische Identifizierungsfunktion des Personalausweises eID Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten („Euro­ EMRK päische Menschenrechtskonvention“) endg. endgültig EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof Europarecht [Zeitschrift] EuR EUV Vertrag über die Europäische Union EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht [Zeitschrift] folgende [Seite] f. ff. folgende [Seiten] Fn. Fußnote FOIA Freedom of Information Act [USA, Großbritannien] GBl Gesetzblatt GBO Grundbuchordnung GDI Geodateninfrastruktur GDI-DE Geodateninfrastruktur Deutschland Gemeinsames Neues Statistisches Informations-System GENESIS GeoZG Gesetz über den Zugang zu digitalen Geodaten („Geodatenzugangsgesetz“) Gewerbearchiv [Zeitschrift] GewArch Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland („Grundgesetz“) GG ggf. gegebenenfalls Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages GO-BT Datenportal für Deutschland GovData grds. grundsätzlich Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht [Zeitschrift] GRUR GS Gesetzessammlung GVBl. Gesetz- und Verordnungsblatt GVG Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz- und Verordnungsblatt GVOBl. HGB Handelsgesetzbuch Hmb Hamburgisch Hrsg. Herausgeber HS Halbsatz Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland HStR in der Regel i. d. R. im Ergebnis i.E. I+E Zeitschrift für Immissionsschutzrecht und Emissionshandel [Zeitschrift] IFG Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes („Infor­ mationsfreiheitsgesetz“) ifib Institut für Informationsmanagement Bremen GmbH IKT Informations- und Kommunikationstechnologie insb. insbesondere EGMRE EGovG

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Abkürzungsverzeichnis

INSPIRE-Richtlinie Richtlinie zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Euro­päischen Gemeinschaft (INSPIRE: Infrastructure for Spatial Information in Europe) IP Internet Protocol [Netzwerkprotokoll] Internationaler Pakt für bürgerliche und politische Rechte IPbpR im Rahmen von i.R.v. i. S. d. im Sinne des/der ISO International Organization for Standardization [Internationale Organisation für Normung] Interdisziplinäre Studien zu Politik, Recht, Administration und Techno­ ISPRAT logie e. V. i. S. v. im Sinne von IT Informationstechnologie IT-Rechts-Berater [Zeitschrift] ITRB IuK-Technologie Informations- und Kommunikationstechnologie in Verbindung mit i. V. m. Gesetz über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher StelIWG len („Informationsweiterverwendungsgesetz“) iX Magazin für professionelle Informationstechnik [Zeitschrift] IZPB Informationen zur politischen Bildung [Zeitschrift] Juristische Arbeitsblätter [Zeitschrift] JA eJournal of eDemocracy and Open Government [Zeitschrift] JeDEM juris Praxisreport Internetrecht [Zeitschrift] jurisPR-ITR JurPC Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik [Zeitschrift] JuS Juristische Schulung [Zeitschrift] JZ Juristenzeitung [Zeitschrift] Kommunikation & Recht [Zeitschrift] K&R Kap. Kapitel Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch („Lebens­ LFGB mittel- und Futtermittelgesetzbuch“) LG Landgericht lit. Buchstabe LKV Landes- und Kommunalverwaltung LS Leitsatz LSA Land Sachsen-Anhalt LV Landesverfassung MedienG Mediengesetz MMR MultiMedia und Recht [Zeitschrift] MMR-Beil. MultiMedia und Recht Beilage [Zeitschrift] Mrd. Milliarde Münchener Kommentar MüKo MV Mecklenburg-Vorpommern mit weiteren Nachweisen m. w. N. n. F. neue Fassung Neue Juristische Woche [Zeitschrift] NJW Nr. Nummer NRW Nordrhein-Westfalen Natur und Recht [Zeitschrift] NuR

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Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht [Zeitschrift] NVwZ Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht [Zeitschrift] NZM Organisation amerikanischer Staaten OAS o.g. oben genannt OLG Oberlandesgericht OSI-Model Open Systems Interconnection Model [Referenzmodell für Netzwerkprotokolle] Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE OVG Oberverwaltungsgericht Privacy Act [USA] PA Gesetz über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis PAuswG („Personalausweisgesetz“) Praxis der Kommunalverwaltung PdK PrG Pressegesetz ProdHaftG Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte („Produkthaftungsgesetz“) ProdSG Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt („Produktsicherheitsgesetz“) ProfE Professorenentwurf PSI-Richtlinie Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (PSI: Public Sector Information) PStG Personenstandsgesetz PVS Politische Vierteljahresschrift. Sonderheft [Zeitschrift] Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht [ZeitRabelsZ schrift] Recht der Datenverarbeitung [Zeitschrift] RDV REC Recommendation Rechtsinformationssystem [Österreich] RIS RL Richtlinie RP Rheinland-Pfalz Rspr. Rechtsprechung RStV Rundfunkstaatsvertrag S.  Seite Sächs Sächsisch SächsVBl. Sächsische Verwaltungsblätter [Zeitschrift] Standards und Architekturen für E-Government-Anwendungen SAGA SH Schleswig-Holstein SigG Signaturgesetz s. o. siehe oben sog. so genannt StGB Strafgesetzbuch StPO Strafprozessordnung StUG Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes in der ehema­ ligen Deutschen Demokratischen Republik („Stasi-Unterlagen-Gesetz“) siehe unten s. u. TCP Transmission Control Protocol [Protokoll zum Datenaustausch] TG Transparenzgesetz

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Abkürzungsverzeichnis

Thür Thüringer ThürVBl. Thüringer Verwaltungsblätter [Zeitschrift] TKG Telekommunikationsgesetz TMG Telemediengesetz u. a. und andere u. ä. und ähnlich UAbs. Unterabsatz UIG Umweltinformationsgesetz UN Vereinte Nationen UrhG Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte („Urheberrechtsgesetz“) Uniform Resource Locator URL Urt. Urteil United States of America/Vereinigte Staaten von Amerika US/USA v. vom V&M Verwaltung & Management [Zeitschrift] Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg [Zeitschrift] VBlBW Verwaltungsarchiv [Zeitschrift] VerwArch VG Verwaltungsgericht vgl. vergleiche Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinfor­ VIG mation („Verbraucherinformationsgesetz“) VkBkmG Gesetz über die Verkündung von Rechtsverordnungen und Bekanntmachungen („Verkündungs- und Bekanntmachungsgesetz“) VO Verordnung VOBl Verordnungsblatt Verbraucher und Recht [Zeitschrift] VuR VVDStRL Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer VwGO Verwaltungsgerichtsordnung VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz World Wide Web-Konsortium [Gremium zur Standardisierung des World W3C Wide Web] Weimarer Reichsverfassung WRV Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik [Zeitschrift] ZAR zum Beispiel z. B. Zeitschrift für Datenschutz [Zeitschrift] ZD ZfB Zeitschrift für Betriebswirtschaft [Zeitschrift] ZfRSoz Zeitschrift für Rechtssoziologie [Zeitschrift] ZfS Zeitschrift für Soziologie [Zeitschrift] ZG Zeitschrift für Gesetzgebung [Zeitschrift] Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht [Zeitschrift] ZLR ZParl Zeitschrift für Parlamentsfragen [Zeitschrift] ZPO Zivilprozessordnung ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik [Zeitschrift] Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht [Zeitschrift] ZUM Zeitschrift für Umweltrecht [Zeitschrift] ZUR

1. Teil

Einleitung „Ipsa scientia potestas est.“ (Francis Bacon) „Das Internet verändert alles. Auch das Recht.“ (Dirk Heckmann)

Die Erkenntnis, dass Wissen Macht ist, dass Daten und Informationen Grundlage der Herrschaft sind, ist seit jeher im Bewusstsein der Nationalstaaten verankert. Auch die Idee der Teilhabe der Bürgerschaft an diesem Wissen wurzelt tief in der Geschichte Europas.1 Doch erst das „Memorandum on Transparency and Open Government“2 von US-Präsident Barack Obama aus dem Jahr 2009 re­ aktivierte und weckte das Bewusstsein der Allgemeinheit für die Idee der Öffentlichkeit. Die Forderung nach der aktiven Veröffentlichung der Datenbestände der öffentlichen Hand und deren Nutzbarkeit für die Allgemeinheit als Teil der Open Government-Architektur – kurz: nach Open Government Data bzw. alltagssprachlich nach Open Data – ist seither allgegenwärtig.3 Die Gründe, die für die aktive Veröffentlichung der Daten und Informationen der öffentlichen Hand und deren Nutzbarkeit angeführt werden, sind vielfältig.4 Die Vorteile für die Wirtschaft sind dabei meist tragende Argumente. Daten und Informationen seien Innovationsmotor, seien zentrales Kapital in einer Informa­ tions- und Wissensgesellschaft. Wissenschaft wie Wirtschaft seien gleichermaßen auf sie angewiesen.5 Neue wissenschaftliche Erkenntnisse beruhten aufgrund ihrer Abhängigkeit von bestehenden Erkenntnissen ebenso auf umfassender Öffentlichkeit wie die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Nicht weniger bedeutsam sei 1

Statt aller Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 351 ff. Memorandum for the heads of executive departments and agencies vom 21.1.2009 (Federal Register, Vol.  74, No. 15, S. 4685 f.). 3 Open Government Directive, Memorandum M-10–06 vom 8.12.2009; vgl. Federal Register, Vol.  75, No. 80, S. 22165 vom 27.4.2010: „The three principles of transparency, participation, and collaboration form the cornerstone of an open government. 4 Umfassender Überblick bei Hoffmann/Klessmann, V&M 17 (2011), 306, 308 ff. Zu den Vorteilen auch Schnapp, in: Hill, Verwaltungsmodernisierung 2012, S. 99, 101. 5 Grundlegend Janda, V&M 17 (2011), 227, 230 f.; Hoffmann/Klessmann, V&M 17 (2011), 306, 308 f.; O’Reilly, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S.  11,  30 ff.; Lucke, V&M 15 (2009), 326, 328 f. Zur Veränderung des Wissenschaftsprozesses in Richtung E-Wissenschaft vgl. die Mitteilung „Offene Daten“ der Kommission, KOM(2011) 882 endg., S. 4. 2

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1. Teil: Einleitung

der Mehrwert, den die neue Offenheit für das Gemeinwesen in der rechtsstaatlichen Demokratie entfalte. Dies gelte nicht nur für die Bekämpfung der Korruption. Auch sei Transparenz in der Lage, dem vielerorts ausgemachten Demokratiedefizit entgegenzuwirken:6 Transparenz stärke das Vertrauen der Bürger in den Staat und damit die Akzeptanz des Staats durch die Bürger. Zudem sei Transparenz Voraussetzung weitergehender Mitwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten, die ihrerseits Vorbedingung demokratischer Legitimation und Legitimität seien.7 In Hinblick auf den Binnenbereich des Staats verweisen die Befürworter von Open Government Data schließlich auf das Potenzial zu Bürokratieabbau und Verwaltungsmodernisierung.8 Qualität und Effizienz staatlicher Aufgabenwahrnehmung würden gesteigert.9 Schließlich sei Verwaltungstätigkeit eine informationsintensive Tätigkeit10. Die intern vorhandenen Daten und Informationen der Verwaltung könnten schneller und leichter abgerufen, externes Wissen verstärkt einbezogen werden.11 Doch es gibt Kritiker.12 Der Forderung nach Open Government Data wird aus rechtlicher Sicht die Gefährdung grundrechtlicher Schutzgüter entgegengehalten. Da Informationsbeziehungen vielfach Dreiecksbeziehungen seien, die neben Sender und Empfänger einen Gegenstand aufweisen würden, und indem der Gegenstand vielfach grundrechtsrelevant sei, sei auch die aktive Veröffentlichung durch den Staat grundrechtsrelevant. Besonders gefährdet seien das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und der in Art. 12, 14 GG verankerte Geheimnisschutz. 6 Umfassend zum „Demokratiedefizit“ Kersting/Schmitter/Trechsel, in: Kersting, Politische Beteiligung, S. 40, 41 ff. 7 Überblick bei Both/Schieferdecker (Hrsg.), Berliner Open Data-Strategie, S. 20; Hoffmann/ Klessmann, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S. 41, 46; Hoffmann/ Klessmann, V&M 17 (2011), 306, 308; Internet & Gesellschaft Collaboratory (Hrsg.), Offene Staatskunst, S. 50. Dies gilt unabhängig von dem etwaigen Befund eines Demokratiedefizits. Hierzu Tischer, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S.  69, 73; Schulzki-Haddouti, Open Data und Transparenz. 8 So bereits 1998 der Schlussbericht der Enquete-Kommission zum Thema „Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“, BT-Drs. 13/11004, S. 81 f.; Referentenentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften, vgl. BT-Drs. 17/11473, S. 20. Speziell zur Effizienzsteigerung durch den Einsatz von Social Media Schulz, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S. 121, 129. 9 Hoffmann/Klessmann, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S. 41, 47; Noveck, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 49, 68; Bull, ZG 2002, 201, 210. 10 Zum Umstand, dass Informationen die „operative Basis der Verwaltung“ sind Hoffmann/ Luch/Schulz, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S. 209, 212; Hoffmann/Klessmann, V&M 17 (2011), 306, 309; Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 433; Lenk, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informations­gesellschaft, S. 59, 66. Zwischen den verschiedenen Aufgaben der Verwaltung differenzierend Bull, V&M 2010, 65, 67. 11 Zum Fehlgehen der Annahme, dass Experten ein Informationsmonopol besitzen, Noveck, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 49, 50 f. 12 Zur Sicht der Kritiker Janda, V&M 17 (2011), 227, 231.

1. Teil: Einleitung

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Auch aus Sicht des Staats werden Bedenken geltend gemacht, so die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit staatlicher Stellen, verstanden als deren Fähigkeit zur Wahrnehmung von Sachaufgaben. Sicherheitsinteressen könnten der Veröffentlichung entgegenstehen.13 Zudem werden die befürwortenden Argumente in Frage gestellt. So zweifeln Kritiker die positive Rückwirkung auf die Demokratie an. Trotz bestehender Beteiligungsmöglichkeiten seien Interesse und Beteiligung an der Politik gering. Die Vielzahl der vorhandenen Informationen sei schon jetzt erdrückend, Aufmerksamkeit zu erlangen schon jetzt kaum möglich. Weshalb ein weiterer Zuwachs an Daten und Informationen das Interesse an der Demokratie steigern solle, werde nicht ersichtlich.14 Aus rechtsstaatlicher Perspektive wird die öffentliche Kontrolle teils als überflüssig, teils als Widerspruch zur grundgesetzlichen Austarierung des Gewichts der Gewalten angesehen.15 Hinzu komme, dass dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum offenstehe. Eine Pflicht zur Schaffung einer Open Data-Infrastruktur könne nicht begründet werden. Dies gelte umso mehr, als der Staat durch die Schaffung einer entsprechenden Infrastruktur nicht nur die alleinige Verfügungsgewalt, sondern auch die Deutungshoheit über die Daten und Informationen verliere.16 Trotz der Kritik am Konzept der aktiven Veröffentlichung staatlicher Daten- und Informationsbestände durch öffentliche Stellen ist die Idee umfassender Öffentlichkeit für den demokratischen Rechtsstaat von konstitutiver Bedeutung. Dies gilt nicht nur für das Handeln der Verwaltung, sondern für sämtliche Herrschaftsausübung, unabhängig von der Bezeichnung als Publizität, Transparenz oder Open Government Data. Denn Öffentlichkeit stellt eine Verbindung zwischen Staat und Volk, zwischen Herrschaftsausübung und Unterworfensein unter diese Herrschaft her. Demokratische Legitimation ist ohne Öffentlichkeit nicht denkbar: Die Staatsgewalt könnte nicht vom Volke ausgehen, weder unmittelbar noch mittelbar durch Wahlen und Abstimmungen. Ebenso ist der Rechtsstaat auf Öffentlichkeit angewiesen: sei es zur Disziplinierung der Staatsgewalt im Wege öffentlicher Kontrolle, sei es zur Sicherstellung der Voraussetzungen der Freiheitsausübung.17 Die Forderung nach der Öffnung staatlicher Daten- und Informationsbestände führt das Konzept der im demokratischen Rechtsstaat notwendigen Öffentlichkeit unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts fort: Sie ist Reaktion auf den Wandel des Realbereichs, vor allem auf die technische und die damit einhergehende 13

Übersicht bei Internet & Gesellschaft Collaboratory (Hrsg.), Offene Staatskunst, S. 58 ff. Nachweise bei Schulzki-Haddouti, Open Data und Transparenz sowie grundlegend Lessig, The New Republic vom 9.10.2009, www.newrepublic.com. 15 Nachweise bei Schoch, DÖV 2006, 1, 4. 16 Hinweise auf die allgemein geltend gemachten Bedenken bei Janda, V&M 17 (2011), 227, 231. Allgemein zum Machtverlust des Staats sowie dem wachsenden Einfluss von Lobbyisten Faust, V&M 2009, 251, 253 ff. 17 So bereits Kant, Zum ewigen Frieden, Anhang II: Weil ohne „Publicität […] es keine Gerechtigkeit (die nur als öffentlich kundbar gedacht werden kann), mithin auch kein Recht, das nur von ihr ertheilt wird, geben würde“, erfordert Rechtsstaatlichkeit Öffentlichkeit. 14

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1. Teil: Einleitung

gesellschaftliche Entwicklung. Und sie ist Aktion, indem sie über das bisherige, grundsätzlich akzeptierte Konzept von Öffentlichkeit im demokratischen Rechtsstaat hinausgeht. Doch Open Government Data ist weder als Rechtsbegriff anerkannt, noch besteht Einigkeit über Inhalt und Reichweite des Öffentlichkeitsgrundsatzes im demokratischen Rechtsstaat. Vorschläge zu unterbreiten, wie diese Lücken geschlossen werden können, ist Ziel der Arbeit: Nach einer Konkretisierung von Open Government Data als Rechtsbegriff ist dessen rechtliche Relevanz unter dem Grundgesetz zu bestimmen. Auch wenn die Betrachtung verfassungsrechtlich geprägt ist, bleiben weder internationale, insbesondere europäische Vorgaben unberücksichtigt noch das einfache Recht. Vor allem aber kann sich die Untersuchung nicht auf eine rein juristische Betrachtung beschränken. Zu weit ist die Auseinandersetzung mit der Öffnung staatlicher Datenbestände in anderen Wissenschaftsdisziplinen vorangeschritten, als dass deren Erkenntnisse ignoriert werden könnten.18 Dementsprechend erfolgt im zweiten Teil  der Arbeit eine interdisziplinäre Grundlegung. Da der Begriff Open Government Data den Politik- bzw. Verwaltungswissenschaften entstammt, ist dessen außerrechtlicher, alltagssprachlicher Gehalt und dessen Entwicklung darzustellen. Zudem ist er in der Tradition der Demokratietheorie zu verorten, da das Öffentlichkeitskonzept in Europa eine lange Tradition aufweist. Den normativen Forderungen der Demokratietheorie wird im zweiten Kapitel des zweiten Teils die reale Reaktion des Gesetzgebers auf die verstärkte Forderung nach Öffentlichkeit des Staatshandelns gegenüber­ gestellt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den jüngsten Entwicklungen, die nicht nur auf nationalstaatlicher Ebene von der Schaffung voraussetzungsloser individueller Informationszugangsansprüche gegenüber der Verwaltung und ersten Open Government Data-Initiativen geprägt sind. Schließlich gilt es im dritten Kapitel des zweiten Teils, die Entwicklung gesellschaftlich zu verorten. Recht und Realität stehen in einem untrennbaren Zusammenhang, sind aufeinander bezogen. Die Forderung nach Open Government Data lässt sich nicht von der gesellschaftlichen Entwicklung, deren Ursachen und deren Auswirkungen trennen. Dass Informationen und Wissen auch in der Gesellschaftstheorie eine tragende Rolle spielen, zeigt sich plakativ am Ausgangspunkt der Betrachtung, der Informationsgesellschaft. Im dritten Teil der Arbeit soll aufbauend auf der Analyse des normativ geprägten Realbereichs das außerrechtliche Verständnis von Open Government Data in das Recht überführt werden. Dabei genügt es nicht, die Terminologie anzupassen.

18 Allgemein zum Verhältnis des Rechts zu tatsächlichen Entwicklungen bei der Begründung einer Informationsordnung Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 169 sowie Häberle, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 446 [Aussprache].

1. Teil: Einleitung

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Maßgebliche Bedeutung kommt den mit der Öffnung verfolgten Zielen zu. Die so gewonnene Definition ist im Anschluss nicht nur systematisch zu untergliedern, um erste Anhaltspunkte für die Ausgestaltung zu gewinnen. Sie ist auch im System staatlicher Informationstätigkeit zu verorten, um die Frage nach der Anwend­barkeit der Grundsätze des staatlichen Informationshandelns beantworten zu können. Im vierten Teil  der Arbeit ist aufbauend auf der rechtlichen Konkretisierung die Haltung des Grundgesetzes zur Herstellung öffentlicher Zugänglichkeit und Weiter­verwendbarkeit staatlicher Datenbestände zu klären. Die Aussagen der Verfassung zur Öffentlichkeit staatlichen Handelns sind vor dem Hintergrund der technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen auf ihren Gehalt zu untersuchen. Entscheidend ist die Bestimmung der rechtlichen Relevanz des Wandels des Realbereichs für das Verfassungsrecht. Verfassungspolitische Erwägungen, etwa zur Wirtschaftlichkeit der Öffnung oder dem Modernisierungspotenzial, das dem Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologie innewohnt, sind nicht von erkenntnisleitendem Interesse, auch wenn sie tragende Erwägungen der Forderung nach Open Government Data darstellen mögen. Rechtspolitische Erwägungen sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers vorbehalten. Gleiches gilt für die praxisrelevanten Fragen der Ausgestaltung von Open Government Data. Einzelne Lizenz- oder Geschäftsmodelle werden nicht näher beleuchtet. Auch die konkrete Grenzziehung zwischen Öffentlichkeit und NichtÖffentlichkeit wird nicht im Detail dargestellt. Beide unterliegen dem politischen Ermessen des Gesetzgebers, die technische Ausgestaltung zudem dem permanenten Wandel.19 „Wissen ist Macht“. Diese Worte des britischen Staatsmanns Francis Bacon haben seit jeher ihre Gültigkeit und sie haben sie unter dem Grundgesetz. Doch der Wandel der Realität ist derart umfassend, dass Inhalt und Reichweite des Öffentlichkeitsgrundsatzes des Grundgesetzes neu zu bestimmen sind. Denn das Internet verändert alles. Auch das Recht, auch das Öffentlichkeitserfordernis im demokratischen Rechtsstaat.

19 Zum Umstand, dass Informationsfreiheit „sowohl ein politischer als ein rechtlicher Begriff“ ist, Jastrow/Schlatmann, in: IFG, Einleitung Rn. 15 ff.

2. Teil

Interdisziplinäre Grundlegung 1. Kapitel

Open Government Data und Open Government – Demokratietheoretische Grundlegung Open Government Data ist Schlagwort der gesellschaftlichen und politischen Diskussion. Obamas „Memorandum on Transparency and Open Government“1 vom Januar 2009 erfüllt eine alte Idee mit neuem Leben, auch in der Bundesrepublik Deutschland. Teils richtet sich die Forderung auf ein Mehr an Transparenz. Teils rückt die Möglichkeit zur sekundären Nutzung in den Mittelpunkt. Meist werden die Anglizismen schlicht übernommen, ohne ihren Inhalt zu explizieren. Manche fordern Open Government Data, andere Open Data. Immer häufiger findet sich zudem die Übersetzung „offene Verwaltungsdaten“2. Ebenso unterschiedlich wie die Terminologie ist der Inhalt: Teils wird Open Government Data als Fortentwicklung existenter Informationszugangsansprüche und damit als subjektives Recht verstanden. Teils wird objektiv auf den Zustand der Wahrnehmbarkeit und Zugänglichkeit abgestellt, teils die Tätigkeit des Veröffentlichens in den Mittelpunkt gerückt.3 Demnach bezeichnet Open Government Data entweder die Menge der Informationen, die nach einer Abwägung mit entgegenstehenden Rechtsgütern als veröffentlichungsfähig angesehen werden,4 oder die Art und Weise, wie staatliche Stellen Informationen zugänglich machen.5 Darüber hinaus wird Open Government Data als Maxime, als Aufgabe der Politik angesehen,6 die im Staat-Bürger-Verhältnis wirkt, d. h. im Verhältnis zwischen 1 Memorandum for the heads of executive departments and agencies vom 21.1.2009 (Federal Register, Vol.  74, No. 15, S. 4685 f.). 2 Grundlegend Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 4 ff.; übernommen in BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 25. 3 Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 11. 4 Den Gegenstand „data“ betonend Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 6, wobei auch die Offenheit Berücksichtigung findet. 5 Das Element der Offenheit stärker betonen etwa Hoffmann/Klessmann, V&M 17 (2011), 306, 306. 6 Kammer/Huppertz/Westerfeld (Hrsg.), Vom Open Government zur Digitalen Agora, S. 30 („Handlungsmaxime“). Aus dem englischsprachigen Raum („a catchy policy action“) Euro­ päische Kommission (Hrsg.), POPSIS. Final Report, S. 6.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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Staat und nicht dem Staat zugeordnetem Individuum. Open Government Data kann insofern Grundlage einer umfassenden Neubestimmung des staatlichen Selbstverständnisses und verwaltungsintern Motor der Verwaltungsreform sein.7 Ein anderes Schlagwort macht in diesem Kontext die Runde: Open Government. Angesichts der terminologischen Divergenzen ist der Begriff Open Government Data in seinen bisherigen, außerrechtlichen Facetten darzustellen. Dazu bedarf es der Analyse der im nationalen Kontext vorwiegend anzutreffenden Verwendungszusammenhänge und Konkretisierungsversuche [2. Teil, 1. Kap. A.] sowie zur Präzisierung und dogmatischen Verankerung der Einordnung dieses Verständnisses in das Leitbild des Open Government [2. Teil, 1. Kap. B.]. Eine derartige Annäherung an das bisherige Begriffsverständnis ist Voraussetzung der rechtlichen Auseinandersetzung.

A. Open Government Data Während alltagssprachlich die Begriffe Open Data und Open Government Data meist synonym für das Phänomen der Öffnung des Staates verwendet werden, wird in der politischen und wissenschaftlichen Diskussion zwischen beiden Begriffen unterschieden. Open Data fungiert dabei als Oberbegriff, der die Öffnung von Daten und Informationen durch private wie öffentliche Stellen sowie gegebenenfalls deren sekundäre Nutzbarkeit kennzeichnet.8 Demgegenüber ist Open Government Data Teilmenge von Open Data. Erfasst werden die Fälle, in denen „der Staat“ Informationen offenlegt.9 Auch wenn die Unterscheidung gerade im angelsächsischen Raum nicht ge­ bräuchlich ist, ist zur Kenntlichmachung der auf staatliche Stellen verengten Perspektive die nach Akteuren bzw. Tätigkeiten differenzierende Nomenklatur aufzugreifen. Open Government Data bezeichnet im Folgenden die Forderung nach Offenheit und Transparenz des Staatshandelns, wie sie in der gesellschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Diskussion verwendet wird.

7 Open Government Data als ersten Schritt einer Umgestaltung der Verwaltung in Richtung Open Government ansehend etwa Krabina, V&M 17 (2011), 239. Vom „Sinnbild gelebter Verwaltungsreform“ sprechen Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 11. 8 Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 2 f. 9 Grundlegend Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 2 ff. Die Unterscheidung selbstverständlich zugrunde legend Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 13.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

I. Open Government Data: Inhalt und Definition 1. Open Government Data: Begriffliche Annäherung Zur Bestimmung des Inhalts von Open Government Data kann der Weg der Extension gewählt und gefragt werden, für welchen Gegenstand bzw. für welche Klasse von Gegenständen der Begriff Verwendung findet.10 Genannt werden „Daten des öffentlichen Sektors“, die beinahe jedes Thema der Lebenswirklichkeit betreffen können: Umwelt oder Gesundheit, Bildung oder Verkehr, Finanzen und Haushalt, Recht, Planungs- oder sonstige Verwaltungsdaten.11 Allerdings setzt die Definition im Wege der Extension ein eindeutiges Wissen um die Wirklichkeit voraus, in Hinblick auf die Definition von Open Government Data also eine klare Vorstellung darüber, was unter den Begriff zu fassen ist.12 Eine derart eindeutige Vorstellung existiert bislang nicht.13 Angesichts dieser Unbestimmtheit ist es unmöglich, eine Definition zu entwickeln, die als zutreffend oder unzutreffend bzw. als adäquat oder inadäquat gelten kann.14 Der Weg zur Definition über die Extension ist versperrt. Die Definition von Open Government Data erfolgt daher herkömmlicherweise durch Intension, indem eine Regel aufgestellt wird, die zur Bestimmung des Inhalts herangezogen wird.15 Maßstabsbildend, da viel zitiert, ist die Definition von Open Government Data bzw. offenen Verwaltungsdaten von von Lucke/Geiger: „Offene Verwaltungsdaten sind jene Datenbestände des öffentlichen Sektors, die von Staat und Verwaltung im Interesse der Allgemeinheit ohne jedwede Einschränkung zur freien Nutzung, zur Weiterverbreitung und zur freien Weiterverwendung frei zugänglich gemacht werden.“16

Diese Begriffsbestimmung aus dem Jahr 2010 findet sich in modifizierten Versionen sowohl in der gesellschaftlichen als auch der politischen Diskussion im deutschsprachigen Raum.17 Teils wird die Definition jedoch in Hinblick auf die 10

Essler, Wissenschaftstheorie I, S. 22; Stichwort: Extension, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 11 Übersicht bei Internet & Gesellschaft Collaboratory (Hrsg.), Offene Staatskunst, S. 52 f.; Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 18 ff. 12 Essler, Wissenschaftstheorie I, S. 22. 13 Both/Schieferdecker (Hrsg.), Berliner Open Data-Strategie, S. 21. 14 Dubislav, Die Definition, S. 131 zum Kriterium des Zutreffens bei feststellenden Definitionen („Zeichenanalysen“); Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S. 39 ff. zum Kriterium der Adäquatheit von feststellenden Definitionen. 15 Essler, Wissenschaftstheorie I, S. 21, insb. Fn. 3. Pawlowski, Begriffsbildung und Defini­ tion, S. 53 bezeichnet als Intension eines Namens „die Gesamtheit der Eigenschaften (…), die dieser Name seinen Designaten zuschreibt, und durch welche diese Designate von allen anderen Gegenständen abgehoben werden.“ Hierzu auch Essler, Wissenschaftstheorie I, S. 21 f. 16 Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 6. 17 Wortlautgleich übernommen bei Hoffmann/Klessmann, V&M 17 (2011), 306, 306; Janda, V&M 17 (2011), 227, 230. Modifiziert in Hinblick auf die Konkretisierung der Datenbestände

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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deskriptive Komponente entschlackt und unter Open Government Data vereinfachend das „Veröffentlichen nicht personenbezogener Regierungs- und Verwaltungsdaten“18 oder die „Öffnung von Informationen und Daten des öffentlichen Sektors für die Allgemeinheit“19 gefasst. Teils wird das Kriterium der Offenheit konkretisiert, so bei der Beschreibung als „Daten der öffentlichen Verwaltung, welche Dritten zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt werden“20 oder bei der engen Definition von Kaltenböck/Thurner: „Offene Verwaltungsdaten sind Datenbestände, die von der öffentlichen Verwaltung im Bereich der Hoheitsverwaltung und privatwirtschaftlichen Verwaltung im Interesse der Allgemeinheit erhoben werden und in einem anerkannt offenen, maschinenlesbaren Format zur beliebigen, digitalen Weiterverarbeitung zur Verfügung gestellt werden.“21

Das Begriffsverständnis im deutschen Sprachraum ist damit sowohl hinsichtlich der Offenheitskomponente („open“) als auch hinsichtlich des Gegenstands („government data“) uneinheitlich. 2. Government Data: Gegenstand der Öffnung Eine vertiefte Auseinandersetzung mit „government data“ als Beschreibung des Objekts der Öffnung findet in der allgemeinen Auseinandersetzung kaum statt. Es ist nahezu synonym von Informationen, Daten oder Datenbeständen die Rede.22 Konkretisiert wird der Gegenstand teils durch die Bezugnahme auf den öffentlichen Sektor als Ganzes, teils auf Regierung und Verwaltung, teils auf Behörden.23 Problematisiert wird lediglich, ob personenbezogene Daten schon tatbestandlich nicht unter Open Government Data fallen.24 Eine derartige tatbestandliche Begrenzung ist jedoch abzulehnen, da die Personenbeziehbarkeit dogmatisch Cooperation Open Government Data Österreich (Hrsg.), Rahmenbedingungen für Open Government Data Plattformen, S. 4. Im Englischen wird auf eine derartige Konkretisierung teils ganz verzichtet, vgl. HM Government (Hrsg.), Making Open Data Real, S. 5, wonach Open Data als „data which can be freely used, re-used and redistributed by anyone“ zu verstehen ist. 18 Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 11. Diese grundlegende Definition wird jedoch zu einer ausführlicheren „möglichen Definition“ ausgebaut, ebd. S. 16. 19 Internet & Gesellschaft Collaboratory (Hrsg.), Offene Staatskunst, S. 51, wobei es den Autoren eher um eine erklärende Beschreibung denn um eine wissenschaftliche Definition zu gehen scheint. 20 Hoffmann/Klessmann, V&M 17 (2011), 306, 306. 21 Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 16. 22 Im Rahmen von Open Data nehmen Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 2 Bezug auf „Daten, Informationen, Wissen und Quellen“. Eine Unterscheidung fehlt jedoch. 23 Von „Behördendaten“ ist insb. in der Schweiz die Rede, vgl. Berner Fachhochschule (Hrsg.), Open Government Data Studie Schweiz, S. 4, wohingegen in Deutschland und Österreich der Begriff „Verwaltungsdaten“ gebräuchlicher ist, so etwa Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 6. 24 So wohl Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 16.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

ebenso als Ausnahme vom Grundsatz der Öffentlichkeit anzusehen ist wie be­ rechtigte Geheimnisse. Dies zeigt schon das Regel-Ausnahme-Verhältnis, das den einfachgesetzlichen Informationszugangsansprüchen zugrunde liegt.25 Zudem würde die Einstufung der Personenbeziehbarkeit als negative Definitionsvoraussetzung zu praktischen Problemen und dogmatischer Unschärfe führen: Zum einen lässt sich der Personenbezug von Daten nicht immer klar feststellen, zumal durch Verknüpfung der Daten der Personenbezug nachträglich hergestellt werden kann. Eine Definition ex negativo führte zu Rechtsunsicherheit. Zum anderen wird mit der Einordnung personenbezogener Daten als Open Government Data keine Aussage über die Veröffentlichungsfähigkeit, konkret über die Zulässigkeit der Veröffentlichung getroffen. Eine Beschränkung auf Definitionsebene ist nicht notwendig. Bei der Konkretisierung des Gegenstands ist überzeugenderweise das Interesse an einer möglichst umfassenden Anwendbarkeit zu berücksichtigen. Sowohl die Veröffentlichung von Daten als auch von Informationen ist als erfasst anzusehen. Entgegenstehende Interessen sind als Ausnahme auf Ausgestaltungsebene zu berücksichtigen. Weniger eindeutig fällt die Konkretisierung des Objekts der Offenlegung aus. Das Englische „government“ bezeichnet im Deutschen „Regierung“ wie „Behörde“ wie „Staat“. Der Übersetzung allein lässt sich nicht entnehmen, ob nur Daten und Informationen der Verwaltung als „government data“ zu bezeichnen sind, oder ob ein etwaiger Öffnungsgrundsatz die gesamte öffentliche Hand oder bloß Regierungsinformationen erfasst. Eine Übersetzung als „Regierung“ und die damit einhergehende Bezugnahme allein auf „Regierungsinformationen“26 scheidet jedoch vor dem Hintergrund der umfassenderen Extension des Begriffs aus. In der Praxis kommt den Daten und Informationen der öffentlichen Verwaltung als Institution die größte Bedeutung zu, ganz gleich, ob man den Umwelt- oder Bildungs-, den Finanz- oder Verkehrsbereich betrachtet. Alltagssprachlich wird demnach auf die Exekutive in ihrer Gesamtheit Bezug genommen, nicht jedoch auf den gesamten öffentlichen Sektor. Dementsprechend werden überwiegend Verwaltungsdaten bzw. -informationen unter Open Government Data gefasst. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Regierung und öffentliche Verwaltung als Institution würde allerdings dem Grundgedanken einer möglichst umfassenden Anwendung widersprechen. Telos wie Vorverständnis von Open Government Data weisen in Richtung einer funktionellen Betrachtung: Zugänglich zu machen sind Daten und Informationen, die im materiellen Sinne der­ 25

Beispielhaft verwiesen sei auf §§ 3–6 IFG, §§ 8, 9 UIG oder § 3 VIG. Ausführlich 2. Teil, 2. Kap. A. I. für die Entwicklung auf Bundesebene. 26 Diese missverständliche Übersetzung findet sich dennoch, vgl. nur Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 245.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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Verwaltungstätigkeit zuzuordnen sind.27 Entscheidend ist, ob öffentliche Stellen materielle Verwaltungstätigkeit ausüben.28 Nicht nur, wenn „die Verwaltung“ handelt, sondern wenn Verwaltungstätigkeit ausgeführt wird, ist alltagssprachlich von Open Government Data die Rede. 3. Open: Open Government Data-Prinzipien „Open“, in der aktuellen Diskussion herkömmlicherweise übersetzt mit Offenheit, wird mit doppeltem Bezugspunkt verwendet. Einerseits werden Art und Umfang des Zurverfügungstellens beschrieben, andererseits bezieht sich die Offenheit auf die Modalitäten der weiteren Nutzung, der Sekundärnutzung – eine Unterscheidung, die sich auch im Recht in der Unterscheidung zwischen Informationszugang und Weiterverwendung findet. Konkretisiert werden die Vorgaben an die Offenheit in einem Prinzipienkatalog.29 Es handelt sich um Soll-Vorgaben, die erstmals 2007 von der US-amerikanischen, gemeinnützigen Sunlight Foundation allgemein und ohne Bezug zum öffentlichen Sektor formuliert wurden. Zugrunde liegt die Definition der Offenheit der Open Knowledge Foundation.30 Seither wurde der Prinzipien-Katalog an die Bedürfnisse des kontinentaleuropäischen Rechtsraums und die Besonderheiten öffentlicher Datenbestände angepasst. Die folgenden zehn Prinzipien sind als allgemein anerkannte Konkretisierung der Offenheit zu verstehen:31 27 Ein einheitliches juristisches Verständnis von „Verwaltung“ existiert nicht. Zu unterscheiden sind institutionelles und funktionelles Verständnis sowie formelle und materielle Definition. Während die institutionelle Definition nach den Einrichtungen und Institutionen der öffentlichen Verwaltung fragt, nimmt der funktionelle Verwaltungsbegriff auf verwaltende Tätigkeiten Bezug. Diese können nicht nur vom Staat, sondern auch von Privatpersonen wahrgenommen werden. Wird im Rahmen der funktionellen Verwaltung eine öffentliche Aufgabe wahrgenommen, spricht man von öffentlicher Verwaltung im materiellen Sinn, wobei der Inhalt der Aufgabe ausschlaggebend ist. Öffentliche Verwaltung im formellen Sinn meint demgegenüber die Gesamtheit der Aufgaben, die die Verwaltung im institutionellen Sinn wahrnimmt. Umfassend Ronellenfitsch, in: BeckOK-VwVfG, § 1 Rn. 8 ff. 28 Im Kontext des Behördenbegriffs des § 1 Abs. 4 VwVfG, der nach der Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung fragt, Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1 Rn. 205. 29 Hoffmann/Klessmann, V&M 17 (2011), 306, 306; Internet & Gesellschaft Collaboratory (Hrsg.), Offene Staatskunst, S. 51. 30 Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 15; Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 2. 31 Zur allgemeinen Anerkennung der Open Government Data-Prinzipien als Hilfsmittel zur Konkretisierung der Offenheit BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S.  36 ff.; Hoffmann/Klessmann, V&M 17 (2011), 306, 306. Zu den Prinzipien Pasutti, in: Hill, Informationelle Staatlichkeit, S.  41, 44 f.; Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 15 f., Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 2 ff., Kammer/Huppertz/ Wester­feld (Hrsg.), Vom Open Government zur Digitalen Agora, S. 34 f. Alternative Konkretisierungsversuche sind inhaltlich ähnlich, aber weniger umfassend, etwa Robinson/Yu/Felten, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 83, 84 ff.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

(1) Vollständigkeit: Die veröffentlichten Daten bilden das dokumentierte Thema in seinem gesamten Umfang ab, sofern nicht ausnahmsweise berechtigte Interessen entgegenstehen. Metadaten, die die Inhaltsdaten und die Modalitäten ihrer Erhebung beschreiben, sollen ebenfalls zugänglich gemacht werden. (2) Primärquelle: Die Daten sind in ihrer ursprünglichen Form bzw. ihrem größtmöglichen Feinheitsgrad, d. h. möglichst nicht in aggregierter oder modifizierter Form, verfügbar zu machen. (3) Zeitnähe: Die Daten sind in einem angemessenen Zeitraum nach der Erhebung zu veröffentlichen. (4) Zugänglichkeit: Die Daten sind leicht auffindbar, möglichst zugänglich und für einen möglichst großen Personenkreis verfügbar zu machen. (5) Maschinenlesbarkeit: Die Daten sind strukturiert und in einem Dateiformat zu veröffentlichen, das automatisiert verarbeitet werden kann. (6) Diskriminierungsfreiheit: Die Daten sollen für jedermann ohne Registrierung oder anderweitige Zugangsvoraussetzungen verfügbar sein. (7) Offenheit der Standards: Die Daten werden in standardisierten Formaten verfügbar gemacht, über die keine natürliche oder juristische Person die alleinige Kontrolle hat. (8) Offenheit der Lizenzierung: Die Daten sind jenseits einer etwaigen Pflicht zur Nennung des Urhebers ohne Nutzungsbeschränkungen zugänglich zu machen. (9) Dauerhaftigkeit: Die Daten sind gegebenenfalls in Archiven langfristig zur Verfügung zu stellen. (10) Nutzungskosten: Die Daten sind kostenlos zugänglich zu machen oder gegen ein diskriminierungsfreies Entgelt, maximal in Höhe der Grenzkosten, d. h. derjenigen Kosten, die durch das Zurverfügungstellen der Information entstehen. Der Prinzipienkatalog enthält Soll- und damit Maximal-Vorgaben. Er beschreibt einen Idealzustand, der sich in der Praxis kaum verwirklichen lässt.32 Dement­ sprechend werden die einzelnen Kriterien unterschiedlich gewichtet, etwa indem der Maschinenlesbarkeit, der offenen Lizenzierung und den Nutzungskosten be­ sondere Bedeutung beigemessen wird.33 Umgekehrt erheben die zehn Prinzipien keinen Anspruch auf Vollständigkeit.34 32

Kammer/Huppertz/Westerfeld (Hrsg.), Vom Open Government zur Digitalen Agora, S. 35. BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 2; ähnlich Berner Fachhochschule (Hrsg.), Open Government Data Studie Schweiz, S. 5. 34 So auch Kammer/Huppertz/Westerfeld (Hrsg.), Vom Open Government zur Digitalen Agora, S. 36. 33

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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Der Prinzipienkatalog kann in seiner Gänze nicht zur Definitionsvoraussetzung erhoben werden. Denn eine Definition, die Idealvorstellung ist, entbehrt des Bezugs zur Realität. Dies gilt umso mehr, als die Idealvorstellung im Wandel begriffen und anerkanntermaßen unvollständig ist. Die Prinzipien in ihrer Gänze sind demnach als Zielvorstellung anzusehen, die bei der Ausgestaltung von Open Government Data zu beachten ist.35 Dass die Prinzipien zu Open Government Data in ihrer Gesamtheit nicht definitionsnotwendig sind, sagt nichts darüber aus, ob dies auch für einzelne Prin­ zipien gilt. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Prinzipien die Gewährung des Informationszugangs betreffen oder ob sie die Möglichkeiten zur Sekundärnutzung konkretisieren. Hinsichtlich des Informationszugangs ist der Sprachgebrauch eindeutig: Die Datenbestände sind der Allgemeinheit, also jedermann, aktiv zugänglich zu machen. Auf die Staatsangehörigkeit des Rezipienten kommt es ebenso wenig an wie auf ein berechtigtes Interesse. Jenseits der Zugänglichkeit für jedermann und der ak­ tiven Veröffentlichung durch staatliche Stellen sind keine zwingenden Vorgaben einzuhalten, um von Open Government Data sprechen zu können. Der Grad der Annäherung an das in den Open Government Data-Prinzipien zum Ausdruck kommende Offenheitsideal ist als Frage der Ausgestaltung des Informationszugangs zu begreifen.36 In Hinblick auf die Sekundärnutzung der offengelegten Datenbestände ist an­ erkannt, dass die Sekundärnutzung möglich und zulässig sein muss. Vielfach wird die Möglichkeit „zur freien Nutzung, zur Weiterverbreitung und zur freien Weiterverwendung“37 als Spezifikum von Open Government Data angesehen. Teils ist von der Möglichkeit „zur freien Sekundärnutzung“38 die Rede, teils von der Möglichkeit „zur beliebigen, digitalen Weiterverarbeitung“39. Trotz der terminologischen Ausdifferenzierung ist den Konkretisierungen eines gemein: Der Allgemeinheit als dem Adressaten ist das Recht einzuräumen, die Daten und Informationen zu­ Zwecken zu nutzen, die nicht den primär verfolgten Zwecken entsprechen. Überhaupt ist die Weiterverwendbarkeit von Open Government Data nicht an bestimmte Zwecke gebunden, allen voran nicht an die Erfüllung öffentlicher Aufgaben. 35 BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 2; vgl. die „Open-Data-Strategien“ bei Open Data Network/Government 2.0 Netzwerk Deutschland (Hrsg.), Positionspapier zur dritten Dialogveranstaltung der Perspektiven deutscher Netzpolitik, S. 3. 36 Von einem „Prozess hin zu größerer Offenheit“ sprechen BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 2. 37 Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 6. Zugrunde liegt die „Open Definition“ der Open Knowledge Foundation. Ähnliche Formulierung bei Internet & Gesellschaft Collaboratory (Hrsg.), Offene Staatskunst, S. 51: „Daten sind dann offen, wenn es keine rechtlichen, technischen oder sonstigen Kontrollmechanismen gibt, die den Zugang, die Weiterverarbeitung und die Weiterverbreitung dieser Daten einschränken.“ 38 Berner Fachhochschule (Hrsg.), Open Government Data Studie Schweiz, S. 5. 39 Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 11.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Im allgemeinen Sprachgebrauch ist Offenheit staatlicher Datenbestände demnach anzunehmen, wenn sie erstens aktiv für jedermann zugänglich gemacht werden und zweitens die Möglichkeit zur Sekundärnutzung gewährleistet wird. Weder der Zugang noch die Möglichkeit zur Sekundärnutzung dürfen von individuellen Interessen oder gar von subjektiven Rechtspositionen abhängig gemacht werden. II. Zusammenfassung Die Forderung nach Open Government Data zielt auf die voraussetzungslose Gewährleistung der allgemeinen Zugänglichkeit und sekundären Nutzbarkeit von Daten und Informationen aus der Verwaltungstätigkeit für jedermann. Open Government Data sind demnach Daten- und Informationsbestände, die der Verwaltungstätigkeit entstammen und für jedermann allgemein zugänglich und nutzbar sind, ohne dass es auf individuelle Eigenschaften oder Fähigkeiten ankommt. Die Forderungen, die die Offenheit konkretisieren, sind nicht auf Definitions-, sondern auf Ausgestaltungsebene zu berücksichtigen. Insofern muss die Ausgestaltung dynamisch sein und die technische Entwicklung berücksichtigen. Ebenfalls auf Ausgestaltungsebene anzusiedeln ist das so genannte Fünf-SterneModell, das auf Tim Berners-Lee zurückgeht: Ziel ist eine Vernetzung der Datenbestände durch die Vergabe eindeutiger URL-Adressen und die anschließende Verlinkung der Datenbestände.40 Derartige Maßnahmen erleichtern die Auffindbarkeit der Datenbestände, ermöglichen ihre Kombination und steigern so den Nutzen der Öffnung des Staats. Das Ergebnis ist „Linked Open Government Data“. Das FünfSterne-Modell dient der Optimierung. Definitionsvoraussetzung ist die möglichst effektive Verlinkung der Datenbestände nicht.

B. Open Government I. Open Government: Inhalt und Abgrenzung Die Forderung nach Open Government Data steht nicht allein. Sie ist eingebettet in eine Reihe weiterer Maßnahmen zur Öffnung des Staats gegenüber der Gesellschaft, der Summe der Individuen. Sie ist Teil der Forderung nach Open Government.41 40 Ausführlich Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 250 f.; Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 6. Die Vergabe eindeutiger URLs (Uniform Resource Locators) zur Identifizierung der jeweiligen Quelle entspricht im Fünf-Sterne-Modell vier Sternen, die Verlinkung fünf Sternen. Ausgangspunkt sind die Veröffentlichung von Daten im Netz mit offener Lizenz (ein Stern) sowie das Bereithalten in strukturierten (zwei Sterne), wenn möglich nicht-proprietären (drei Sterne) Formaten. 41 Janda, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S. 11, 15; Lucke/ Geiger, Open Government Data, S. 6, 10.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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Open Government ist Inbegriff eines neuen Staat-Bürger-Verhältnisses: Die Öffentlichkeit erhält nicht nur Zugang zum Staatshandeln und den staatlichen Daten und Informationen. Die Öffentlichkeit wird auch zunehmend in Entscheidungsfindung und Aufgabenerledigung einbezogen.42 Schlagwortartig ist von Öffnung durch Transparenz, Partizipation und Kollaboration die Rede. Diese erste Inhaltsbestimmung ermöglicht eine Abgrenzung von verwandten Governmentund Governance-Konzepten. 1. Government-Konzepte a) Electronic Government Von Open Government ist der öffentlichkeitswirksam verwendete Begriff Elec­ tronic Government („E-Government“ bzw. „elektronische Behördendienste“) zu unterscheiden. Seine Ausrichtung ist eine originär technische. Die Speyerer Definition aus dem Jahr 2000 beschreibt E-Government wie folgt: E-Government ist „die Abwicklung geschäftlicher Prozesse im Zusammenhang mit Regieren und Verwalten (Government) mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechniken über elektronische Medien.“43

Die Speyerer Definition wurde schrittweise durch inhaltliche und organisatorische Aspekte ergänzt. Ziel ist nun auch die Steigerung von Effizienz und Effektivität.44 Dementsprechend wird E-Government dem inzwischen überwiegenden, von der Europäischen Kommission übernommenen Verständnis zufolge gefasst als 42

Roleff, APuZ 7/2012, 14, 18; Lathrop/Ruma, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. xix,

xix.

43

Grundlegend Lucke/Reinermann, Speyerer Definition von Electronic Government, S. 1. Hierzu statt aller auch Roleff, APuZ 7/2012, 14, 16; Heckmann, in: jurisPK-ITR, Kap. 5 Rn. 1. Ähnlich Winkel, APuZ 18/2004, 7, 7 unter Verweis auf das Memorandum zum „Electronic Government als Schlüssel zur Modernisierung von Staat und Verwaltung“ des Fachausschusses Verwaltungsinformatik der Gesellschaft für Informatik e. V. und des Fachbereichs 1 der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE, abrufbar unter: http://www.gi.de/fileadmin/redaktion/Download/presse_memorandum.pdf (Stand: 1.8.2013). Übersicht über wissenschaftliche Definitionen des E-Government Wirtz/Piehler, in: Wirtz, E-Government, S. 3, 7. 44 Heckmann/Albrecht, in: Kammer/Zapp, Das E-Government-Gesetz des Bundes, S. 51, 51 f.; Wirtz/Piehler, in: Wirtz, E-Government, S. 3, 6 ff.; Karger/Rüß/Scheidt vom, in: Blanke/Nullmeier/Reichard/Wewer, Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 186, 186; Hill, APuZ 39–40/2002, 24, 24; Friedrichs/Hart/Schmidt, APuZ 39–40/2002, 12, 12. Wirtz/Nitzsche, V&M 16 (2010), 209, 210 unterscheiden dabei Entwicklungsstufen des E-Government, die der Idee des Open Government ähneln: Information, Kommunikation, Transaktion, Partizipation und Integration. Vgl. auch die Beschreibung von Bründler, in: Gasser, Informationsrecht in „e“-Umgebungen, S. 123, 124, der zufolge Optimierung und Digitalisierung der Geschäftsprozesse zentral sind. Schuppan, V&M 15 (2009), 293, 271 verweist auf die Notwendigkeit politischer und kultureller Rahmenbedingungen und organisatorischer Änderungen, um das Modernisierungspotenzial der IT auszuschöpfen. Die Definition der OECD bezieht den Terminus E-Government auf die Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechniken im gesamten Bereich der

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung „Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien in öffentlichen Verwaltungen in Verbindung mit organisatorischen Änderungen und neuen Fähigkeiten, um öffentliche Dienste und demokratische Prozesse zu verbessern und die Gestaltung und Durchführung staatlicher Politik zu erleichtern.“45

E-Government wird demnach als Motor einer umfassenden Verwaltungsmodernisierung betrachtet, die nicht nur die Verbesserung von Ergebnis und Effizienz, sondern auch der Prozesse anstrebt.46 Dies kann, muss aber nicht zur Öffnung des Staats und einem Wandel im Staat-Bürger-Verhältnis führen. E-Government ist trotz der inzwischen anerkannten inhaltlichen Dimension vorwiegend ein technischer Prozess, kein (verwaltungs-)kultureller, die Beziehung von Staat und Bürger umfassend in den Blick nehmender Ansatz wie Open Government.47 Die im Ausgangspunkt technisch-organisatorische Ausrichtung des E-Government wird durch das einleitende „E“ adressiert.48 Überkommenerweise werden dabei fünf Stufen der technisch-organisatorischen Entwicklung unterschieden: Information, Kommunikation, Transaktion, Partizipation und Integration.49 Gerade die Stufen Information, Partizipation und Integration weisen auf den ersten Blick große Nähe zum Open Government-Konzept und seiner Forderung nach Transparenz, Partizipation und Kollaboration auf. Doch besteht ein Unterschied:

Regierungs- und Verwaltungsfunktionen. Allen voran das Netzwerkpotenzial des Internet könne zu Veränderungen führen, auch in Hinblick auf die Good Governance-Prinzipien wie Transparenz, Rechtsstaatlichkeit, Legitimität, Partizipation, Konsultation und Effizienz. 45 Mitteilung der EU-Kommission „Die Rolle elektronischer Behördendienste (E-Government) für die Zukunft Europas“, SEK(2003) 1038, S.  8. Ebenfalls auf die Leistungsverbesserung abstellend Holtwisch, Die Verwaltung 43 (2010), 567, 579; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 401; Bründler, in: Gasser, Informationsrecht in „e“-Umgebungen, S. 123, 124. 46 Heckmann, in: Bauer/Heckmann/Ruge/Schallbruch, VwVfG, Einführung Rn. 13; Heckmann, in: Wirtz, E-Government, S.  93, 96 f.; Rombach/Tschichholz/Jeswein, in: Wirtz, E-Government, S. 19, 21; Franzius, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 39, 39. Frühzeitig Heckmann, in: Heinrich, Festschrift für Hans-Joachim Musielak zum 70. Geburtstag, S.  207, 210 ff.; Schallbruch, in: Büchner/Büllesbach, E-Government, S.  1, 4; Heckmann, in: Büchner/Büllesbach, E-Government, S. 65, 66 f.; Hill, APuZ 39–40/2002, 24, 31; Lenk, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 59, 96. In der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung des E-GovernmentGesetzes, BT-Drs. 17/11473, heißt es auf S.  20: „E-Government ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um die Verwaltung effektiver, bürgerfreundlicher und effizienter zu gestalten.“ 47 Heckmann, in: Bauer/Heckmann/Ruge/Schallbruch, VwVfG, Einführung Rn. 10 ff.; Heckmann, ITRB 2011, 246, 247. Dem entspricht es, dass E-Participation als Qualitätsmerkmal des E-Government angesehen wird, Kubicek, in: Wirtz, E-Government, S. 195, 202. 48 Winkel, APuZ 18/2004, 7, 8. Deutlich wird dies etwa an der Definition der E-Partizipation durch das Bundesministerium des Inneren: E-Partizipation ist die „Teilhabe von natürlichen und juristischen Personen (und ihrer Gruppierungen) an politisch-administrativen Prozessen der Entscheidungsfindung mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnik (IKT).“, vgl. ifib (Hrsg.), E-Partizipation, S. 5. 49 Statt aller m. w. N. Schnapp, in: Hill, Verwaltungsmodernisierung 2012, S. 99, 112; Wirtz/ Piehler, in: Wirtz, E-Government, S. 3, 12 ff. Zwischen Information, Kommunikation und Transaktion unterscheidet Seckelmann, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 285.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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Der „E-Ansatz“ priorisiert den Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien zur Abwicklung der öffentlichen Aufgaben.50 Ein inhaltlicher oder gar kultureller Wandel, der die Bürgerorientierung oder Rationalisierungseffekte durch Qualitätssteigerung bei gleichzeitiger Kostensenkung in den Blick nimmt, ist sekundäre Folge – und das erst in jüngerer Zeit. Primäres Ziel ist der Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologie („finales Verständnis“). Open Government begreift Technologie demgegenüber als Instrument zur Erzielung größerer Offenheit („instrumentelles Verständnis“).51 Wie bei der Bestimmung von „government data“ stellt sich bei der Konkretisierung der Government-Konzepte zudem die Frage, ob auf den Staat als Ganzes oder auf Regierung und Verwaltung Bezug genommen wird.52 Schon im Sinne terminologischer Einheitlichkeit ist „government“ auch hier auf die Verwaltung zu beziehen. E-Government ist demnach die auf die Verwaltung bezogene Informatisierung.53 Wiederum ist ein funktionelles Grundverständnis zugrunde zu legen, wonach E-Government die Informatisierung der Verwaltungstätigkeit beschreibt.54 Die Aktivitäten des nationalen Gesetzgebers bestätigen diesen f­unktionellen An­ satz. So kommt es für die Anwendbarkeit des E-Government-Gesetzes gemäß § 1 Abs.  1 EGovG darauf an, ob öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit vorliegt. Eine organisatorische Differenzierung findet grundsätzlich nicht statt, vgl. § 1 Abs. 3 EGovG e-contrario.55 50 Vgl. nur Mühlenkamp, in: Wirtz, E-Government, S. 177, 180, wonach E-Government „die Abwicklung von Regierungs- und Verwaltungsvorgängen mit IT-Unterstützung“ ist. Zur Priorisierung des Technischen auch Wirtz/Piehler, in: Wirtz, E-Government, S. 3, 5. 51 Instruktiv zum „fundamentale[n] Unterschied“ zwischen E-Government und Open Government Heckmann, ITRB 2011, 246, 247. Ebd. auch zu dem weiteren Unterschied, dass Offenheit und Bürgerbeteiligung inzwischen auch ohne entsprechende staatliche Aktivität durchgesetzt werden können. 52 s. o., 2. Teil, 1. Kap. A. I. 2. Eine Bezugnahme allein auf die Regierung bzw. das Regieren ist aus genannten Gründen auch im Kontext der Government-Konzepte als zu eng abzulehnen. 53 Ballhausen, IT-Einsatz in der Justiz, S. 34 f.; Roleff, APuZ 7/2012, 14, 16 m. w. N.; Mühlenkamp, in: Wirtz, E-Government, S.  177, 180; Rombach/Tschichholz/Jeswein, in: Wirtz, E-Government, S. 19, 21; Franzius, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 39, 39. 54 Zum funktionellen Verwaltungsbegriff s. o., 2. Teil, 1. Kap. A. I. 2. (Fn. 27), sowie statt aller Ronellenfitsch, in: BeckOK-VwVfG, § 1 Rn. 8. Die Unterscheidung zwischen Verwaltung im funktionellen und organisationsrechtlichen Sinn analysierte 1932 bereits Richard Thoma unter der Bezeichnung „Verwaltung im formellen Sinn“ und „Verwaltung im materiellen Sinn“, abgedruckt in Thoma, in: Dreier, Richard Thoma: Rechtsstaat – Demokratie – Grundrechte, S.  301, 322 ff. Diese „Verdoppelung der Begriffe“ gilt Thoma zufolge (S.  322) für alle drei Staatsgewalten. Grundlegend auch Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, S. 737 ff. 55 § 1 Abs.  3 EGovG: „Für die Tätigkeit der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der­ Justizverwaltung einschließlich der ihrer Aufsicht unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt dieses Gesetz nur, soweit die Tätigkeit der Nachprüfung durch die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder der Nachprüfung durch die in verwaltungsrechtlichen Anwalts-, Patentanwalts- und Notarsachen zuständigen Gerichte unterliegt.“

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

b) Electronic Democracy Begreift man das einleitende „E“ als Ausdruck der Informatisierung, liegt es nahe, E-Democracy als Oberbegriff anzusehen, der die Informatisierung des gesamten Staatshandelns erfasst. Dies entspricht dem Verständnis von Demokratie als umfassende Staats- und Regierungsform. Teils wird jedoch ein engeres Verständnis von E-Democracy zugrunde gelegt und E-Government als Oberbegriff angesehen. E-Democracy bezieht sich demnach lediglich auf die Partizipation der Bürger an Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen durch Angebote der Teilhabe und Teilnahme („E-Participation“) sowie der technischen Unterstützung von Wahlen („E-Voting“) und der Parlamentsarbeit („E-Parliament“).56 Vereinzelt werden auch nur diejenigen Maßnahmen als solche der E-Democracy bezeichnet, „bei denen Internettechnologien eingesetzt werden, um Bürgerinnen und Bürgern zusätzliche demokratische Mitbestimmungs- und Gestaltungsmöglichkeiten einzuräumen.“57 Demgegenüber soll E-Government Oberbegriff sein,58 der zwei Dimensionen in sich vereint:­ „E-Administration“ und „E-Democracy“. Dieses enge Verständnis von E-Democracy vermag jedoch nicht zu überzeugen. Demokratie ist kein Teil des Verwaltens. Verwalten ist Teil der Demokratie.59 Bestätigung findet die Bestimmung von E-Democracy als übergeordnete Kategorie in den Aktivitäten des nationalen Gesetzgebers: 2012 stellte er eine E-Justice-Initiative vor, die den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten betrifft.60 Das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung regelt hingegen die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Bundesbehörden.61 E-Government und­ E-Justice sind bereichsspezifische Konzepte. Demgegenüber erfasst E-Democracy als Oberbegriff die Informatisierung sämtlichen staatlichen Handelns: E-Government, E-Justice und E-Parliament.62

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Winkel, APuZ 18/2004, 7, 8.  Bauer, APuZ 18/2004, 3, 3 in Übernahme der Definition des Bundesinnenministeriums. Ebenso Winkel, APuZ 18/2004, 7, 8. 58 Holtwisch, Die Verwaltung 43 (2010), 567, 579; Wirtz/Piehler, in: Wirtz, E-Government, S. 3, 9; Winkel, APuZ 18/2004, 7, 8.  59 Dies gilt unabhängig von der institutionellen oder funktionellen Betrachtung des Begriffs „government“ bzw. „Verwaltung“. 60 BR-Drs. 818/12 vom 21.12.2012 sowie BT-Drs. 17/12634 vom 6.3.2013 (Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten); BT-Drs. 17/11691 vom 28.11.2012 (Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz) sowie Beschlussempfehlung BT-Drs. 17/13948 vom 12.6.2013. Ausführlich 2. Teil, 2. Kap. A. I. 2. 61 BGBl. I 2013, 2749. Ausführlich 2. Teil, 2. Kap. A. I. 2. 62 Roleff, APuZ 7/2012, 14, 16 m. w. N.; Heise, E-Demokratie, www.e-demokratie.org. Umfassend zum Begriff E-Justice Ballhausen, IT-Einsatz in der Justiz, S. 13 ff. 57

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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2. Governance-Konzept Electronic Governance („E-Governance“) weist nicht nur terminologische Nähe zum Open Government-Konzept auf. Beide sind auf die Abkehr von der einseitigen, hierarchischen Steuerung durch den Staat unter Hinwendung zu einer Ver­ netzung sämtlicher Akteure in Staat und Gesellschaft, Wirtschaft und Politik gerichtet. Dennoch bestehen Unterschiede: E-Governance zielt, wie das einleitende „E“ signalisiert, nicht spezifisch auf die Öffnung staatlicher Stellen. Auch ist die Governance-Perspektive nicht auf die klassischen Instrumente des Regierens und Verwaltens beschränkt. Trotz aller Unklarheiten über die genaue Reichweite besteht Einigkeit, dass Governance Handlungskoordination beschreibt:63 dem engen Governance-Begriff zufolge die Handlungskoordination im Wege der Einigung, insbesondere der Einigung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Stellen, im weiten Verständnis jedwede kollektive Regelung gesellschaftlicher Sachverhalte unabhängig von der Staatlichkeit der regelsetzenden Instanz und der Abwesenheit jeglicher Hierarchie.64 Werden diese kollektiven Steuerungsmechanismen auf die Informationsund Kommunikationstechnologie ausgerichtet, ist von E-Governance die Rede.65 Im Kontext von E-Governance wird angesichts der Funktionsweise des Internet besonders deutlich, dass klassische Hierarchien durch kooperierende Netzwerkstrukturen abgelöst werden.66 Es formt sich eine Identität aus Herrschern und Beherrschten. Ähnlich dem Government-Ansatz sind Offenheit, Partizipation und Kollaboration Grundlage auch von Governance. Transparenz sowie zivilgesellschaftliches Engagement sind das Fundament einer jeden (E-)Governance-Infrastruktur.67 Dementsprechend fordern die Good Governance-Prinzipien, die erst-

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Bis zu zwölf Begriffsdimensionen werden unterschieden. Umfassend Stichwort: Governance, in: Hartmann/Offe, Politische Theorie und Politische Philosophie, S. 213, 213 f.; Engi, Der Staat 47 (2008), 573, 576 ff. 64 Schuppert, in: Appel/Hermes/Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S. 185, 202; Stichwort: Governance, in: Hartmann/Offe, Politische Theorie und Politische Philosophie, S. 213, 213 f.; Schuppert, in: Blanke/Nullmeier/Reichard/Wewer, Handbuch zur Verwaltungsreform, S.  30, 30 f.; Schuppert, Staat als Prozess, S.  134 f.; Jann, in: Blanke/Nullmeier/Reichard/Wewer, Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 67, 73 f.; Engi, Der Staat 47 (2008), 573, 576 m. w. N. Der weite Governance-Begriff erfasst daher auch zivilgesellschaftliche Selbstregelung und hoheitliches Handeln („Erfolgsdefinition von Renate Mayntz“). Ein Ausblenden der Hierarchie würde die Perspektive ohne Not verkürzen, vgl. Schuppert, in: Appel/Hermes/ Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S. 185, 202. 65 Holtwisch, Die Verwaltung 43 (2010), 567, 581; Reinermann/Lucke, Speyerer Definition von Electronic Governance, S. 2 ff.; Hill, APuZ 39–40/2002, 24, 28. Zur IT-Governance Schuppan, in: Blanke/Nullmeier/Reichard/Wewer, Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 269, 277. 66 Allgemein zur Bedeutung von Hierarchien und Netzwerken im Governance-Kontext Engi, Der Staat 47 (2008), 573, 576 f. Zur sektorenübergreifenden Verbindung von staatlichen und privaten Akteuren in Netzwerken Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 588. 67 Schuppert, Staat als Prozess, S. 100 f.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

mals von der Weltbank im Rahmen von Richtlinien zur Kreditvergabe an Staaten aufgestellt wurden und die inzwischen Eingang in die Politik der Europäischen Union gefunden haben,68 Offenheit und Partizipation. Beide sind Wert. Beide sind bei der Verfahrensgestaltung zu berücksichtigen. Allerdings sind Prinzipien wie Transparenz und Offenheit für die Governance-Forschung lediglich Funktionsvoraussetzung für die Etablierung umfassender Governance-Konzepte, nicht unmittelbares Regelungsziel. 3. Open Government Schon in den 1970er Jahren wurde der Begriff Open Government im englischsprachigen Raum zur Unterscheidung zwischen offenen und geschlossenen Regierungssystemen herangezogen. Die Offenheit bezog sich dabei allein auf Informationen.69 Es dauerte jedoch bis ins Jahr 2009, bis US-Präsident Obama den Begriff mit neuem Leben füllte und durch die Dimensionen Transparenz, Partizipation und Kollaboration konkretisierte:70 Die Behörden sollen sich in ihrer gesamten Arbeit gegenüber dem Bürger und der Gesellschaft öffnen. Nicht nur Daten und Informationen sind offen zu legen. Das gesamte Verwaltungshandeln hat in Offenheit zu erfolgen. Verantwortlichkeiten sind aufzuzeigen, die Zusammenarbeit zwischen Staat und Privat ist zu ermöglichen. Das Leitbild der Öffnung des Staates bezieht sich nicht mehr nur auf die Schaffung von Transparenz. Neben ihr bilden Partizipation und Kollaboration das Grundgerüst des Open Government.71 In einer Gesamtschau revolutionieren die drei Ideale nicht nur das Ideal des Staat-Bürger-Verhältnisses, sondern auch das demokratische Leitbild. 68 Überblick bei Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 588; Wimmer, Dynamische Verwaltungslehre, S. 250 f. Ein einheitliches Verständnis von „Good Governance“ gibt es nicht. Zum Governance-Begriff auf EU-Ebene KOM(2001) 428, S. 10 Fn. 1: „Der Begriff ‚Governance‘ steht für die Regeln, Verfahren und Verhaltensweisen, die die Art und Weise, wie auf europäischer Ebene Befugnisse ausgeübt werden, kennzeichnen, und zwar insbesondere in Bezug auf Offenheit, Partizipation, Verantwortlichkeit, Wirksamkeit und Kohärenz.“ Offenheit wird dabei als Instrument zur Stärkung des Vertrauens in komplexe Institutionen gewertet, S. 13. Zur methodologischen Bedeutung des Good Governance-Konzepts Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem, Offene Rechtswissenschaft, S. 35, 51. 69 Wraith, Open Government, S. 24 f.: „An ‚open‘ System of government is usually taken to mean one in which there is a positive requirement, either in the Constitution or in statutes, that Government shall disclose and give access to all official documents.“ 70 Open Government Directive vom 8.12.2009, Federal Register, Vol.  75, No. 80, S. 22165 f. 71 Janda, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S. 11, 15; Janda, V&M 17 (2011), 227, 228; Cooperation Open Government Data Österreich (Hrsg.), Rahmen­ bedingungen für Open Government Data Plattformen, S.  3; Kammer/Huppertz/Westerfeld (Hrsg.), Vom Open Government zur Digitalen Agora, S. 30; Open Data Network/Government 2.0 Netzwerk Deutschland (Hrsg.), Positionspapier zur dritten Dialogveranstaltung der Perspektiven deutscher Netzpolitik, S. 2; Internet & Gesellschaft Collaboratory (Hrsg.), Offene Staatskunst, S. 33; Domscheit-Berg, Der Freitag vom 12.1.2010, www.freitag.de.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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II. Transparenz, Partizipation und Kollaboration: Dimensionen des Open Government Open Government ist die Öffnung des Staats durch Transparenz, Partizipation und Kollaboration. So diversifiziert sich die drei Dimensionen der Öffnung dar­ stellen, so eng sind sie im System des Open Government aufeinander bezogen. Grundlegende Bedeutung kommt dem Transparenzgedanken zu, wie dies bereits in der Reihung „Transparenz, Partizipation und Kollaboration“ zum Ausdruck kommt. 1. Transparenz im Sinne des Open Government Abgeleitet aus dem Mittellateinischen „transparere“, durchscheinend sein,72 findet der Begriff Transparenz ursprünglich in der Optik Verwendung. Dort bezeichnet er die Durchlässigkeit oder Klarheit von Objekten.73 Übertragen auf die politische Debatte werden unter Transparenz Durchschaubarkeit und Verstehbarkeit, Offenheit und Wahrnehmbarkeit verstanden,74 d. h. die Möglichkeit, Einsicht in Verfahren, Vorgänge, Entscheidungen und Wirkungen zu nehmen.75 Sie müssen für einen unbestimmten Personenkreis offenliegen und wahrnehmbar sein. Dies gilt dem Grunde nach auch für Transparenz im Sinne von Open Government Data. Teils erfolgt über dieses objektive Verständnis hinaus eine wertende Betrachtung der Verstehbarkeit und Nachvollziehbarkeit. Demnach fordert Transparenz nicht nur die Zugänglichkeit, d. h. die Einsehbarkeit des Staatshandelns, sondern die reale Verstehbarkeit. Demnach ist die Darlegung des Kontextes, der Hintergründe und sonstiger Zusatzinformationen zur Verwirklichung von Transparenz erforderlich, falls die tatsächliche Verstehbarkeit andernfalls nicht sichergestellt werden kann.76 72 Stichwort: Transparenz, in: Dudenredaktion, Duden – Das Wörterbuch chemischer Fachausdrücke. 73 Stichwort: Transparenz, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online; Stichwort: Transparenz, in: Dudenredaktion, Duden – Deutsches Universalwörterbuch; Stichwort: Transparenz, in: Dudenredaktion, Duden – Das Fremdwörterbuch; Lucke, V&M 15 (2009), 326, 326; Stichwort: Transparenz, in: Umbach/Prehl/Boldt, Meyers kleines Lexikon Politik, S.  417. Zum Fehlen eines interdisziplinären Verständnisses von Open Government Data van Grieken, Open Data, S. 5. 74 Stichwort: Transparenz, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online; Janda, V&M 17 (2011), 227, 229; van Grieken, Open Data, S. 5; Lucke, V&M 15 (2009), 326, 327. 75 In Anlehnung an Hoffmann/Klessmann, V&M 17 (2011), 306, 308 m. w. N., die die Definition jedoch um das Ziel der Meinungsbildung ergänzen. Transparenz meint demnach „die Möglichkeit für Dritte außerhalb von Einrichtungen Einsicht in Prozesse und Entscheidungen zu nehmen, um sich so selbst eine Meinung dazu bilden zu können.“ Umfassend zum Transparenzbegriff Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 18. 76 In diesem Sinne etwa Stichwort: Transparenz, in: Umbach/Prehl/Boldt, Meyers kleines Lexikon Politik, S. 417.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

2. Partizipation im Sinne des Open Government Partizipation, abgeleitet vom Spätlateinischen „participatio“, ist gemeinhin Teilhabe, Teilnahme, Beteiligtsein.77 Bezogen auf die Beziehung von Staat und Bürger im demokratischen Rechtsstaat bedeutet Partizipation die Möglichkeit zur Einwirkung auf den politischen und staatlichen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess,78 nicht jedoch Mitentscheidung selbst.79 Partizipation kann direkt und indirekt erfolgen. Der Grad der Institutionalisierung und damit der öffentlichen Anerkennung variiert.80 Partizipation ist nicht auf die Beteiligung an Verwaltungsentscheidungen be­ schränkt. Ohne die demokratietheoretische Verortung von Open Government vorwegzunehmen, ist Partizipation im Sinne des Open Government als institutionalisierte Beteiligung der Bürger am Willensbildungsprozess zu verstehen.81 Partizipation ergänzt das System der repräsentativen Demokratie. 3. Kollaboration im Sinne des Open Government Kollaboration bzw. Kooperation, von der im deutschsprachigen Raum synonym die Rede ist,82 ist eng mit dem Konzept der Partizipation verbunden. Kollaboration ergänzt das Repräsentativsystem, indem es den Bürger in das staatliche Handeln einbezieht. Umwelt- und Wissenschaftsrecht lebten dies schon vor dem Siegeszug des Open Government beispielhaft vor.83 Das Lateinische „collaboratio“ steht für

77 Stichwort:  Partizipation, in: Dudenredaktion, Duden – Deutsches Universalwörterbuch; Stichwort: partizipieren, in: Dudenredaktion, Duden – Das Fremdwörterbuch; Stichwort: Partizipation, in: Nohlen/Schultze, Lexikon der Politikwissenschaft, S. 723. 78 Grundlegend Stichwort: Partizipation, in: Umbach/Prehl/Boldt, Meyers kleines Lexikon Politik, S. 314 sowie Korte, APuZ 7/2012, 21, 24; Kubicek, in: Wirtz, E-Government, S. 195, 197; Bevc, Politische Theorie, S. 265. Im Kontext des Open Government Janda, in: Schliesky/ Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S.  11, 29; Janda, V&M 17 (2011), 227, 228; Open Data Network/Government 2.0 Netzwerk Deutschland (Hrsg.), Positionspapier zur­ dritten Dialogveranstaltung der Perspektiven deutscher Netzpolitik, S. 5. Zur Entwicklung der partizipativen Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland Klessmann, V&M 16 (2010), 179, 179. 79 Starck, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 33 Rn. 42. 80 Losch/Gottmann, DÖV 2000, 372, 373 sowie Stichwort: Partizipation, in: Umbach/Prehl/ Boldt, Meyers kleines Lexikon Politik, S. 314, der die Unterschiede u. a. an dem Vergleich von einer Wahl mit einer Bürgerinitiative festmacht. 81 So im Kontext des republikanischen Demokratiemodells Richter, in: Lembcke/Ritzi/ Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 157, 182. 82 BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S.  27. Newig/Kuhn/Heinrichs, in: Heinrichs/Kuhn/Newig, Nachhaltige Gesellschaft?, S. 27, 28 sehen das Englische „collaboration“ hingegen als Oberbegriff für Partizipation und Kooperation an. 83 Schneider, VerwArch 87 (1996), 38, 39 zum Umweltrecht; Röhl, Die Verwaltung 29 (1996), 487, 488 zum Wissenschaftsrecht; allgemein Benz, Kooperative Verwaltung, S. 23 ff.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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Zusammenarbeit, selbst wenn das verengte deutsche Begriffsverständnis nur die Zusammenarbeit mit Feinden, insbesondere mit einer fremden Besatzungsmacht erfasst.84 Aufgrund ihrer etymologischen Herleitung und weiten Verbreitung soll im Folgenden von Kollaboration die Rede sein. Kollaboration im Sinne des Open Government ist eine strukturierte und in gewissem Maße institutionalisierte,85 d. h. nicht spontane Form des Zusammenwirkens. Erfasst ist sowohl die Zusammenarbeit zwischen Staat und Bürger, teils auch unter Einbeziehung anderer privater Akteure wie Wirtschaft und Zivilgesellschaft, als auch die intra- und interbehördliche Zusammenarbeit.86 Die Akteure stehen sich gleichberechtigt gegenüber. Ergebnisse werden nicht im Wege einseitiger Anordnungen erzielt, sondern sind Folge eines freiwilligen Konsenses. Das in gemeinsamen Verhandlungs- und Entscheidungsprozessen gefundene Ergebnis ist von allen Beteiligten zu akzeptieren.87 Anders als Partizipation ist die Kollaboration nicht auf die Phase der Entscheidungsfindung gerichtet.88 Die Umsetzung von Entscheidungen sowie gemeinsame Aktionen werden erfasst.89 Kollaboration zielt auf konkrete Problemlösung, nicht auf bloßen Informations- und Interessenaustausch.90

84 Stichwort: Kollaboration, in: Dudenredaktion, Duden – Deutsches Universalwörterbuch; Stichwort: Kollaboration, in: Dudenredaktion, Duden – Das Fremdwörterbuch; Stichwort: Kollaboration, in: Umbach/Prehl/Boldt, Meyers kleines Lexikon Politik, S. 233. 85 Die Institutionalisierung bezieht sich auf die Nicht-Spontaneität und Verfestigung der Zusammenarbeit. Eine feste Organisation geht damit nicht zwingend einher, vgl. zur „kooperativen Verwaltung“ Benz, Kooperative Verwaltung, S. 40. 86 Schliesky/Schulz u. a., „Arbeitsteilung 2.0“, S.  57 ff.; Heine/Proske, Die Verwaltung 45 (2012), 546, 546; Janda, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S. 11, 24; Open Data Network/Government 2.0 Netzwerk Deutschland (Hrsg.), Positionspapier zur dritten Dialogveranstaltung der Perspektiven deutscher Netzpolitik, S. 6. 87 Ausführlich zu den Strukturmerkmalen der „kooperativen Verwaltung“ Benz, Kooperative Verwaltung, S.  37 ff. Zur verfassungsrechtlich unabdingbaren Letztentscheidungsverantwortung des Staats Schneider, VerwArch 87 (1996), 38, 49 f. 88 Losch/Gottmann, DÖV 2000, 372, 373. 89 Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S.  23; Michelis, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 118, 122 ff.; Benz, Kooperative Verwaltung, S. 35 ff. zum Begriff der kooperativen Verwaltung. 90 Röhl, Die Verwaltung 29 (1996), 487, 488; Benz, Kooperative Verwaltung, S. 39.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

III. Open Government im Lichte der Demokratietheorie 1. Öffentlichkeit und Beteiligung als Säulen der Demokratietheorie a) Entwicklung der Demokratietheorie Open Government wird meist als „Idee“91, Leitbild92 oder (Organisations-)Prinzip93 deklariert, als übergreifendes Prinzip, das auf die Öffnung des Staatshandelns bzw. des Verwaltungshandelns in Form von Transparenz, Partizipation und Kollaboration zielt. Diese Zielbestimmungen sind nicht neu. Ihren Ursprung haben sie in der Demokratietheorie. Damit reiht sich das Open Government-Konzept in eine Entwicklung ein, die sich bis zu Kleisthenes und damit bis ins späte 6. Jahrhundert vor Christus zurückführen lässt.94 Abgeleitet aus dem Griechischen „demos“ (Volk, Vollbürgerschaft) und „kratein“ (herrschen, Macht ausüben“) bezeichnet Demokratie seither eine Staatsverfassung, in der das Volk, verstanden als die Gesamtheit der Freien und Gleichen,95 die Herrschaft ausübt.96 Als „government of the people, by the people, and for the people“ fasste der US-amerikanische Präsident Abraham Lincoln 1863 den Kerngehalt der Demokratie:97 Sie ist Regierungsform, die aus dem Volk hervorgeht und vom Volk für das Volk ausgeübt wird. Darüber, wie die Regierungsform aus dem Volk hervorgeht, ob durch Wahlen oder wie in antiken Demokratien auch durch Los, gehen die Meinungen jedoch ebenso auseinander wie darüber, wie die Demokratie durch das Volk ausgeübt wird, ob direktdemokratisch oder durch Repräsentationsorgane.98

91

Schuler, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 91, 92. BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 26. 93 Heine/Proske, Die Verwaltung 45 (2012), 546, 547; Heckmann, ITRB 2011, 246, 247. 94 Kleisthenes soll dem Geschichtsschreiber Herodot zufolge 508/507 v. Chr. in Athen die „demokratia“ eingeführt haben, vgl. Roth, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 21, 23 f.; Vorländer, Demokratie – Geschichte eines Begriffes. 95 Schmidt, Demokratietheorien, S.  17; Schuler, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 91, 92. Als „Cluster-Begriff“ bezeichnet Alemann, ZParl 1981, 438, 438 die Demokratie. 96 Schmidt, Demokratietheorien, S. 17; Vorländer, Demokratie – Geschichte eines Begriffes. Zur Unmöglichkeit, die Selbstherrschaft des Volks mit der unmittelbaren Demokratie als Staatsform gleichzusetzen Böckenförde, Demokratie und Repräsentation, S. 14 ff. 97 Lincoln, „Hay Draft“ of the Gettysburg Address. Hierzu Albrecht, Reflexionsspiele, S. 35 f. 98 Schmidt, Demokratietheorien, S. 20; Vorländer, Demokratie – Geschichte eines Begriffes. Vielfach findet sich folgende Konkretisierung: „Demokratie ist eine Staatsverfassung von Klein- und Flächenstaaten, in der die Herrschaft auf der Basis politischer Freiheit und Gleichheit sowie auf der Grundlage weitreichender politischer Beteiligungsrechte aller erwachsenen Staatsangehörigen mittel- oder unmittelbar aus dem Staatsvolk hervorgeht, in offenen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen erörtert und unter Berufung auf das Interesse der Gesamtheit oder der Mehrheit der Stimmberechtigten ausgeübt wird, und zwar unter dem Damoklesschwert der Abwahl der Regierenden durch das Volk oder dessen Vertreter in regelmäßig stattfindenden allgemeinen, freien, gleichen, fairen Wahlen bzw. in parlamentarischen Abstimmungen über den Regierungswechsel.“ Vgl. Schmidt, Demokratietheorien, S. 19. 92

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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Übereinstimmung besteht hingegen dahingehend, dass ein freier Willensbildungs- und Entscheidungsprozess auf Basis von Freiheit und Gleichheit sowie die Einbeziehung aller von der Herrschaftsgewalt Betroffenen in diesen Prozess konstituierende Bedeutung haben. Beide Dimensionen, Öffentlichkeit wie Beteiligung, finden sich bereits in den antiken Demokratietheorien. Kleisthenes etablierte eine politische Ordnung, die auf Rechtsgleichheit („Isonomie“ als gemäßigte Demokratie) und Partizipation aller Freien fußte.99 b) Systematisierung der Demokratietheorien aa) Starke und schwache Demokratien Der Beteiligungsgedanke erlangt in den so genannten starken Demokratien besondere Bedeutung. Sie setzen die republikanische Tradition fort und begreifen Freiheit als etwas Positives, als „Freiheit zu“. Bürgerbeteiligung ist für starke Demokratien konstitutiv. Demokratie wird als gemeinsame Lebensform begriffen, nicht als ein auf den Wahlakt beschränktes Repräsentativsystem.100 Das Spektrum der starken Demokratien reicht dabei von partizipativen bis zu direktdemokratischen Modellen. Der Begriff der starken Demokratie geht auf das Jahr 1984 und den amerikanischen Politikwissenschaftler Benjamin R. Barber zurück.101 Er grenzt sie von den schwachen Demokratien („thin democracies“, im Deutschen auch „magere Demokratien“) ab. Diese lassen sich ideengeschichtlich auf liberale Theorien zurückführen. In ihrem Mittelpunkt steht die negativ gedachte Freiheit, die „Freiheit von“. Demokratie wird repräsentativ gedacht, politische Partizipation auf Wahlen beschränkt. Darüber hinaus ist den schwachen Demokratietheorien der Teilhabegedanke fremd. Legitimität beziehen sie nicht aus der direkten Partizipation, dem „Input“ der Bürger, sondern aus der Responsivität des politischen Systems. Der „Output“ der Politik muss die Präferenzen der Bürger widerspiegeln.102

99 Roth, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 13, 14; Roth, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 21, 23. 100 Lembcke/Ritzi/Schaal, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  9,  19 f.; Bevc, Politische Theorie, S.  272  f; Bauer, Krise der Demokratie – Zukunft der Demokratie, S. 31. 101 Barber, Strong democracy. Barbers Unterscheidung hat sich etabliert. Vielfach wird sie jedoch weiter ausdifferenziert (z. B. deliberative Demokratie als dritter Weg) oder durch eine normative Dimension, nämlich der Frage, ob die politischen Präferenzen im Staat oder im Bürger ausgebildet werden, ergänzt, vgl. Lembcke/Ritzi/Schaal, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeit­ genössische Demokratietheorie, S. 9, 21 ff. 102 Lembcke/Ritzi/Schaal, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 9, 17 f.; Barber, Strong democracy.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Anders als die direkte politische Partizipation jenseits des Wahlakts wird der Öffentlichkeitsgedanke in schwachen wie starken Demokratien als Grundvoraussetzung demokratischer Systeme angesehen. bb) Input und Output Eng mit der Unterscheidung zwischen starken und schwachen Demokratien verknüpft ist ein zweiter Ansatzpunkt zur Strukturierung der Demokratietheorien. So kann nach dem Legitimationsmodus zwischen input- und output-orientierten Demokratien unterschieden werden. Die Differenzierung nach der Art und Weise der Herstellung sozialer Anerkennungswürdigkeit geht auf Fritz W. Scharpf zurück.103 Inputs bezeichnen die „Herrschaft durch das Volk“. Partizipation und Konsens sind zentrale Konzepte. Demgegenüber lenkt die output-orientierte Demokratietheorie den Fokus auf die „Herrschaft für das Volk“, d. h. auf die Frage, ob politische Entscheidungen das Gemeinwohl, verstanden als das Wohl der Allgemeinheit, fördern. Kennzeichen sind Effizienz und Effektivität.104 Anders als die Input-Orientierung nimmt die Betrachtung des Output auf die Wirkung einzelner Entscheidungen, nicht auf das System als Ganzes Bezug.105 Normativ stellt das Konzept der Input-Legitimation höhere Anforderungen. Erforderlich ist eine gemeinsame Identität, denn nur auf ihrer Basis kann die Beteiligung der Bürger legitimierende Kraft entfalten, können Minderheiten Mehrheitsentscheidungen anerkennen. Zur Herstellung von Output-Legitimation genügt hingegen ein gemeinsames Interesse.106 Allerdings steht das Konzept der OutputLegitimation in der Praxis vor zweierlei Problemen: Erstens ist das Gemeinwohl keine fixe Größe, zweitens ist die Akzeptanz kein messbarer Faktor.107 Das Legi­ timationsniveau, das durch die Orientierung an der Qualität, der Effektivität und der Effizienz von Entscheidungen erreicht wird, ist faktisch unbestimmt. In Reinform existieren beide Spielarten demokratischer Legitimation nur in nor­ mativen Konzepten. Eine empirische Analyse der politischen Systeme zeigt ein unterschiedlich stark ausgeprägtes Nebeneinander von Input- und Output-­Legitimation. 103 Scharpf, Regieren in Europa; Scharpf, Demokratietheorie zwischen Utopie und Anpassung. Zum politikwissenschaftlichen Begriff der Legitimität Sarcinelli, in: Jarren/Sarcinelli/ Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S. 253, 253. 104 Massing, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 269, 276; Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 80 f.; Scharpf, Regieren in Europa, S. 16 ff. 105 Hierzu sowie zu den Problemen im Lichte des Art. 20 GG Mehde, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 213, 214, 220. 106 Massing, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S.  269, 279; Scharpf, Regieren in Europa, S. 16 ff. 107 Mehde, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 213, 219 f.; ebd., S. 221, auch zum Widerspruch von Output-Legitimation und demokratischer Gleichheit.

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2. Entwicklung der Dimension Öffentlichkeit a) Öffentlichkeit Als Beschreibung des Zustands der Offenheit, der Wahrnehmbarkeit für einen unbestimmten Personenkreis, setzt der Transparenzgedanke des Open Government das demokratische Öffentlichkeitspostulat fort.108 In diesem Sinne entstammt Öffentlichkeit dem Lateinischen „publicus“.109 Der Begriff der Öffentlichkeit entstand alltagssprachlich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aus dem Adjektiv öffentlich,110 das seinerseits auf dem Althochdeutschen „offanlich“, dem heutigen „offen“ beruht.111 Öffentlichkeit ist damit ursprünglich das Gegenteil von geheim. Der Öffentlichkeit ist insoweit die Publizität immanent.112 Und auch die Transparenz ist ihr zuzuordnen. Ende des 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts trat neben die Zustandsbeschreibung die Benennung des Publikums113 als Öffentlichkeit. Öffentlichkeit ist die Gesamtheit der Individuen, die vom Zustand des Offenseins erfasst wird. Die Indi 108 Zur Öffentlichkeit als Zustandsbeschreibung bzw. als Gegensatz zum Privaten und Geheimen, Stichwort: Öffentlichkeit, in: Hartmann/Offe, Politische Theorie und Politische Philosophie, S. 274, 274; Stichwort: Öffentlichkeit, in: Nohlen/Schultze, Lexikon der Politikwissenschaft, S. 674, 674; Rogg, Demokratie und Internet, S. 132; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 175; Köbler, in: Köbler, Etymologisches Rechtswörterbuch, S. 290, 290; Stichwort: Öffentlichkeit, in: Umbach/Prehl/Boldt, Meyers kleines Lexikon Politik, S. 302; Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11, 11 f. sowie Stichwort: Öffentlichkeit, in: Dudenredaktion, Duden – Deutsches Universalwörterbuch. 109 Stichwort:  Öffentlichkeit, in: Brunner/Conze/Koselleck, Geschichtliche Grundbegriffe, S. 413, 413. 110 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 14 111 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S.  11; Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 209 f.; Köbler, in: Köbler, Etymologisches Rechtswörterbuch, S. 290; Stichwort: Öffentlichkeit, in: Brunner/Conze/Koselleck, Geschichtliche Grundbegriffe, S. 413, 414 ff.; Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 24 f. 112 Wegener, Der geheime Staat, S. 121; Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 346. Zur Publizität Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 14; Köbler, in: Köbler, Etymologisches Rechtswörterbuch, S. 290, 290; Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11, 12. Zur Überführung des alltagssprachlichen Begriffs des Öffentlichen in die Rechtssprache Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 22 ff. 113 Zur Aufnahme des romanischen bzw. angelsächsischen publicité bzw. publicity in die Verwendung des Terminus Öffentlichkeit Stichwort: Öffentlichkeit, in: Brunner/Conze/Koselleck, Geschichtliche Grundbegriffe, S. 413, 413; Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S.  11,  12. Zum Inhalt des Begriffs Publikum vgl. Stichwort: Publikum, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S.  714,  714: Demnach bezeichnet Publikum eine Personenmehrheit, die sich demselben Beobachtungsgegenstand zuwendet. Zur Rezeption des Terminus Publikum in der deutschen Rechtssprache Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 33 f.

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viduen sind insofern miteinander verbunden.114 Im Kontext der Demokratietheorie findet sich vielfach die klarstellende Bezeichnung als politische Öffentlichkeit.115 Ebenso synonym findet der Terminus Allgemeinheit Verwendung. Ein dritter Gehalt der Öffentlichkeit ist wie die beiden vorgenannten faktisch orientiert. Er beschreibt Öffentlichkeit als Zuordnung zum Raum des Politischen, des Gemeinwesens und damit des Staats.116 Öffentlichkeit ist als Gegensatz zum Privaten der Raum, in dem öffentliche Angelegenheiten debattiert werden.117 Mit der Aufklärung und dem Vordringen der modernen Staatlichkeit wurde Öffentlichkeit schließlich zum normativen Konzept erhoben. Öffentlichkeit ist in diesem Sinne auf Vernunftgebrauch, den Bezug zur Gemeinschaft und die Verwirklichung des Gemeinwohls ausgerichtet.118 Die normative Ausrichtung findet sich insbesondere in der adjektivischen Verwendung. Synonym kennzeichnet „gemein“ die normative Komponente.119 b) Die Entwicklung der Öffentlichkeit seit der Antike Auch wenn der Terminus Öffentlichkeit erst im 18. Jahrhundert geprägt wurde, ist die Idee der Offenlegung von politischen Vorgängen, die heute als Publizität oder Transparenz deklariert und dem Öffentlichkeitsgrundsatz zugeordnet wird, weit älter. Das Fundament wurde im antiken Griechenland gelegt. Seit den Reformen des Solon, eines Wegbereiters der frühen Demokratie, zu Beginn des sechsten Jahrhunderts vor Christus  – meist wird das Jahr 594 v. Chr. angeführt – wurden die Gesetze auf Tafeln publiziert, die an Säulen oder öffentlichen 114

Stichwort: Öffentlichkeit, in: Nohlen/Schultze, Lexikon der Politikwissenschaft, S. 674, 674; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 14 f.; Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 210; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  175; Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11, 14 sowie Stichwort: Öffentlichkeit, in: Dudenredaktion, Duden – Deutsches Universalwörterbuch. 115 Stichwort: Öffentlichkeit, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S. 694, 694. 116 Stichwort:  Öffentlichkeit, in: Brunner/Conze/Koselleck, Geschichtliche Grundbegriffe, S. 413, 420; Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 29 f.; Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11, 16. 117 Rogg, Demokratie und Internet, S.  19. Sarcinelli, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S. 253, 256 unterscheidet zwischen der Eigenschaft und der Institution Öffentlichkeit. Zur Kontrastierung mit dem Privaten Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 29 f. 118 Wegener, Der geheime Staat, S. 130, 176; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 14 f.; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 176; Gerhards, in: Jarren/ Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S. 268, 268; Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11, 17. 119 Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 25 ff. Ebd., S. 32 ff., zur Rezeption des gewandelten Öffentlichkeitsverständnisses im deutschen Sprachraum.

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Gebäuden angebracht wurden.120 Rund 100 Jahre später konnten alle Vollbürger in der Volksversammlung an der Willensbildung und Entscheidungsfindung mitwirken.121 Öffentlichkeit im Athen der Antike war Grundlage demokratischer Partizipation. Auch in der römischen Republik kam der Öffentlichkeit richtungsweisende Bedeutung zu, da die „leges duedecim tabularum“ auf dem forum romanum publiziert wurden, allerdings nicht als Voraussetzung für wirksame Partizipation, sondern als output-orientiertes Prinzip zur Verwirklichung des Gemeinwohls.122 Öffentlichkeit ist seit der Antike demokratische Realität und damit empirisch nachweisbarer Ist-Zustand. Die Forderung nach einem Mehr an Öffentlichkeit wurde in der Aufklärung lauter.123 Öffentlichkeit wurde zum normativen Prinzip erhoben, dem die idealisierende Vermutung der Vernünftigkeit und Wahrheit innewohnte.124 Doch Öffentlichkeit war nicht nur idealisiertes Prinzip und Instrument zur Erzielung von Gerechtigkeit und höherer Vernunft.125 Die Aufklärung, vor allem Immanuel Kant und Jeremy Bentham, erhoben Öffentlichkeit zum rechtlichen Grundsatz.126 So erachtete Kant Öffentlichkeit zum einen als Schutzgaranten bürgerlicher Freiheit vor dem Staat. Zum anderen sah er fehlende Publizität als Ausdruck fehlender Legitimität an. In seiner kleinen politischen Schrift „Zum ewigen Frieden“ heißt es: „Alle auf das Recht anderer Menschen bezogenen Handlungen, deren Maxime sich nicht mit der Publicität verträgt, sind unrecht.“127

Der „transcendentalen Formel des öffentlichen Rechts“ in ihrer negativen Formulierung maß Kant rechtliches Gewicht bei. Dem Umkehrschluss, dass alle Maximen, die der Publizität gerecht werden, auch gerecht sind, verweigerte sich Kant jedoch. Positiv ließ er nur gelten: „Alle Maximen, die der Publicität bedürfen (um ihren Zweck nicht zu verfehlen), stimmen mit Recht und Politik vereinigt zusammen. Denn, wenn sie nur durch die Publicität ihren Zweck erreichen können, so müssen sie dem allgemeinen Zweck des Publicums (der Glückseligkeit) gemäs seyn […].“128 120

Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 352. Schmidt, Demokratietheorien, S. 27 ff.; Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 351 ff.; Vorländer, Grundzüge der athenischen Demokratie. 122 Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 353 f. Allgemein zur normativen Komponente der Öffentlichkeit Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11, 17 f. 123 Zur gegenseitigen Abhängigkeit von normativer und empirischer Theorie Lembcke/Ritzi/ Schaal, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 9, 12 f. 124 Wegener, Der geheime Staat, S. 130 ff., 139. 125 Kant, Zum ewigen Frieden, Anhang II. 126 Wegener, Der geheime Staat, S. 138 f. 127 Kant, Zum ewigen Frieden, Anhang II. 128 Kant, Zum ewigen Frieden, Anhang II. 121

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Kant wurde vielfach rezipiert, von Staatsphilosophen ebenso wie von der staatsrechtlichen Literatur. So forderte Wilhelm Joseph Behr in Fortführung Kants und in Konkretisierung des Demokratieprinzips umfassende und verfassungsmäßig garantierte Verwaltungstransparenz.129 Im englischsprachigen Raum wurde die Öffentlichkeitsforderung Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts noch weiter gefasst. Bentham argumentierte zugunsten der Öffentlichkeit nicht nur des Ver­ waltungshandelns, sondern des gesamten staatlichen Handelns: „The efficacy of this great instrument extends to everything – legislation, administration, judicature. Without publicity, no good is permanent: under the auspices of publicity, no evil can continue.“130

Zur Begründung stützte sich Bentham auf eine umfassende, sechs Erwägungen vereinende Argumentation:131 Publizität beschränke die Möglichkeiten zum Missbrauch politischer Macht,132 stelle Vertrauen und Zustimmung zur Gesetzgebung in der Bevölkerung sicher,133 ermögliche den Regierenden die Feststellung der Präferenzen der Regierten,134 sei Voraussetzung einer informierten Wahlentscheidung der Wählerschaft,135 ermögliche die Einbeziehung des in der Bevölkerung vor­handenen Wissens,136 und führe schließlich zur Zerstreuung und Unterhaltung.137 An diese Entwicklung schloss der deutsche Vormärz an. „Das Öffentliche soll öffentlich sein“, formuliert Carl Theodor Welcker im „Staats-Lexikon“138, der „Bibel“ des Vormärz. Welcker unterschied trennscharf zwischen drei Dimensionen der Öffentlichkeit: Öffentlichkeit sei gemäß dem Lateinischen „publicum“ bzw. „populus“ „das Politische oder Das, was den Staat, das Gemeinwesen angeht“. Zweitens bezeichne Öffentlichkeit „Das, was alle einzelne Bürger, alle Theilnehmer der Societas oder Genossenschaft, angeht“ und drittens „das Nicht 129 Wegener, Der geheime Staat, S. 148. Ebd., S. 144 ff., auch zur philosophischen Rezeption Kants, u. a. durch Johann Gottlieb Fichte. 130 Bentham, in: Bowring, The Works of Jeremy Bentham, S. 299, 314. Hierzu Wegener, Der geheime Staat, S. 151. 131 Bentham, in: Bowring, The Works of Jeremy Bentham, S. 299, 310–312. Zur Rolle der Offenheit in der Argumentation Benthams auch van Aaken, Der Staat 49 (2010), 369, 388. 132 Im Original: „To constrain the members of the assembly to perform their duty.“ 133 Im Original: „To secure the confidence of the people, and their assent to the measures of the legislature.“ 134 Im Original: „To enable the governors to know the wishes of the governed.“ 135 Im Original: „In an assembly elected by the people, and renewed from time to time, publicity is absolutely necessary to enable the electors to act from knowledge.“ 136 Im Original: „To provide the assembly with the means of profiting by the information of the public.“ 137 Im Original: „It may be thought decending from the serious consideration of this subject, to reckon among the advantages of publicity, the amusement which results from it. I say amusement by itself, separate from instruction, though it be, in fact, not possible to separate them.“ 138 Stichwort: Oeffentlichkeit, in: Rotteck/Welcker, Das Staats-Lexikon. Wegen seiner „staatsgefährdenden Inhalte“ wurde das Staats-Lexikon mehrfach verboten. Dennoch fand es weite Verbreitung, so Wegener, Der geheime Staat, S. 175.

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geheime“.139 Anders als Kant und Bentham bleibt Welcker aber nicht dabei stehen, Öffentlichkeit auf Grundlage einer historischen Herleitung sowie aus Gründen des Gemeinwohls und zur Kontrolle staatlicher Macht als objektives (Rechts-)Prinzip zu fordern. Welcker geht den Schritt der Subjektivierung des Öffentlichkeits­ prinzips. Im Staats-Lexikon fordert er  – soweit ersichtlich als Vorreiter  – einen individuellen Informationsanspruch: „Auf diese Öffentlichkeit hat […] fürs Erste ein jeder Bürger einen heiligen Rechtsanspruch. Das Gemeinwesen ist seine Angelegenheit, es bestimmt seine und der Seinigen Lebensschicksale […]. Er hat das Recht, davon Kenntniß zu nehmen und seine Einsichten und Ansichten, Wünsche und Bedürfnisse in Beziehung auf seine Bestimmung und Leitung auszusprechen und mit seinen Meinungen auszutauschen.“140

Da Öffentlichkeit als Voraussetzung der Willensbildung und somit auch der Legitimität des politischen Systems zumindest dem Grunde nach anerkannt war und Streit „nur“ über den Umfang der herzustellenden Öffentlichkeit herrschte, rückte das Öffentlichkeitsprinzip trotz seiner grundlegenden Bedeutung nicht­ weiter in den Fokus der Politikwissenschaft und der Demokratietheorie. c) Öffentlichkeit in der deliberativen Demokratie Erst mit Jürgen Habermas141 begannen in den 1960er Jahren die moderne Politik- und infolgedessen auch die Sozialwissenschaft, den Begriff der Öffentlichkeit und ihre Funktionen in Anknüpfung an die Forderungen der Aufklärung und des Vormärz näher zu beleuchten. Öffentlichkeit wurde nun auch als Raum kommunikativen Handelns betrachtet. Als solcher ist Öffentlichkeit Grundlage normativ wünschenswerten, gemeinwohlorientierten Handelns. Öffentlichkeit stellt die Gemeinwohlorientierung der Herrschaft sicher.142 Von zentraler Bedeutung ist das kommunikative Handeln in der deliberativen Demokratie. Auch sie geht maßgeblich auf Habermas zurück.143 Im Anschluss 139 Stichwort: Oeffentlichkeit, in: Rotteck/Welcker, Das Staats-Lexikon, zitiert nach Wegener, Der geheime Staat, S. 176. 140 Rotteck/Welcker, Das Staats-Lexikon, zitiert nach Wegener, Der geheime Staat, S. 186. 141 Grundlage ist Habermas Habilitationsschrift Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit. Von besonderer Bedeutung sind daneben das zweibändige Werk Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns sowie Habermas, Faktizität und Geltung. Zur Bedeutung der Öffentlichkeitsforderung der Aufklärung, insb. durch Welcker, vgl. Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 75. 142 Stichwort: Öffentlichkeit, in: Hartmann/Offe, Politische Theorie und Politische Philo­ sophie, S.  274, 275; Gerhards, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S. 268, 268 f. 143 Allerdings relativierte Habermas die Bedeutung der Öffentlichkeit nach Einbeziehung systemtheoretischer Aspekte. Demnach ist Öffentlichkeit lediglich „Beobachtungssystem der Gesellschaft“. Hierzu Gerhards, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S. 268, 269 mit Verweis auf Luhmann, Die Realität der Massenmedien.

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an seine Diskursethik und in Fortführung der Verknüpfung von Deliberation und Demokratie durch Joseph M. Bessette144 im Jahr 1980 rückte Habermas den öffentlichen Diskurs in den Mittelpunkt der Demokratie: In einer argumentativ ausgerichteten, rationalen und direkten Kommunikation sollen Argumente ausgetauscht und gewichtet werden, um idealerweise einen Konsens145 zu erzielen. Deliberation ist demnach ein gemeinsamer Argumentations- und Beratungs­ prozess, dem die Vermutung kommunikativer Rationalität zugrunde liegt.146 Ursprung Die deliberative Demokratie wurzelt im liberalen und republikanischen Denken, auch wenn sich einige Vertreter explizit von diesem Ursprung distanzieren.147 Ebenso wie die liberale Demokratietheorie beruht die deliberative Demokratie auf der Prämisse der Vernunft- und Selbstbestimmungsfähigkeit der Individuen. Diese seien in der Lage, ihre Präferenzen zu erkennen, zu artikulieren und zu aggregieren.148 Schon Thomas Hobbes ging neben der Gleichheit von der Vernunftfähigkeit des Einzelnen aus, ohne die der Abschluss eines Unterwerfungsvertrags zum Ausgang des Menschen aus dem Naturzustand nicht möglich wäre.149 Noch immer sehen gerade Teile der jüngeren liberalen Theorie die gleichberechtigte Interaktion und Kommunikation als Grundlage des politischen Lebens an.150 Mit der republikanischen Tradition hat die deliberative Demokratie die Verknüpfung individueller Existenz und kollektiver Lebensform gemein, die Grundlage des kommunikativen, konsensorientierten Austauschs ist.151 Schon bei ­Aristoteles 144 Bessette, in: Goldwin/Schambra, How democratic is the Constitution?, S. 102. Erläuternd Landwehr, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 355, 356. 145 Noveck, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S.  49, 63; Schuler, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 91, 93; Ladeur, Der Staat 41 (2002), 3, 8. Konsens im Sinne der De­ liberation meint nicht nur die Einigung auf eine bestimmte Handlungsoption, sondern auch die grundsätzliche Einigkeit über die Gründe dieser Entscheidung. 146 Suntrup, Der Staat 49 (2010), 605, 606. 147 Richter, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  157, 163 zur Position Habermas. Zur liberalen Tradition, aber auch zu den Unterschieden Ladeur, Der Staat 41 (2002), 3, 3 ff. Allgemein Albrecht, Reflexionsspiele, S. 36. 148 Holthaus/Noetzel, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  33, 35; Schaal, in: Brodocz/Llanque/Schaal, Bedrohungen der Demokratie, S. 353, 362. 149 Holthaus/Noetzel, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  33, 34 ff.; Bevc, Politische Theorie, S.  63; Speth, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S.  94, 96 f. Dort auch zur für den Liberalismus konstituierenden Annahme der Vernunftfähigkeit, die sich bei sämtlichen liberalen Theoretikern findet, u. a. Baron de Montesquieu und Jean-Jacques Rousseau. 150 So die Lehre vom Gruppenpluralismus, vgl. Holthaus/Noetzel, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 33, 38, 50 ff. Robert Dahl modifizierte die Lehre vom Gruppenpluralismus in Richtung einer ebenfalls prozessual ausgerichteten liberal-pluralis­ tischen Demokratietheorie. 151 Richter, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 157, 171.

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findet sich dieser Gedanke: „Dass alle über alles beraten, ist demokratisch, denn eine solche Gleichheit erstrebt die Demokratie.“152 Gemäß dem republikanischen „Gebot der Selbstgesetzgebung“153 ist eine möglichst umfassende Identität von Regierenden und Regierten herzustellen. Gemeinsam, selbstbestimmt und unter Inklusion möglichst vieler Betroffener sollen gemeinwohlorientierte Entscheidungen getroffen werden. Inhalt Die deliberative Theorie stellt in Ergänzung dieses Gedankenguts in ihrer normativen Ausrichtung hohe Anforderungen an den Kommunikationsprozess:154 Gefordert werden Macht- und Gewaltfreiheit des Diskurses, Gleichheit der Mitwirkungsmöglichkeiten, Offenheit für alle Themen, Inklusion aller gesellschaftlichen Gruppen und Öffentlichkeit der Kommunikation.155 Die Öffentlichkeit nimmt dabei gerade in der kritischen Tradition Habermas’ einen zentralen Platz ein: Als Zustand der Offenheit ist sie Voraussetzung jeglicher Deliberation.156 In ihrer räumlichen Dimension ist sie Ort des kommunikativen Handelns.157 Schließlich ist sie das Instrument, mithilfe dessen die Verallgemeinerungsfähigkeit und Übertragbarkeit der vorgebrachten Argumente, kurz: deren Legitimität überprüft werden.158 Die deliberative Demokratie legt den Fokus auf den Input im demokratischen Prozess, gerade in der Phase der Entscheidungsfindung. Die Entscheidungsbetroffenen werden verstärkt einbezogen,159 weshalb die deliberative Demokratie den 152 Zitiert nach Richter, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 157, 159. 153 Suntrup, Der Staat 49 (2010), 605, 607. 154 Landwehr, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  355, 359; Newig/Kuhn/Heinrichs, in: Heinrichs/Kuhn/Newig, Nachhaltige Gesellschaft?, S. 27, 39 f.; zu Habermas normativer Ausrichtung der Öffentlichkeit Buchstein, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 253, 256. 155 Landwehr, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  355, 362. Einen Mittelweg wählt Suntrup, Der Staat 49 (2010), 605, 606, 615, der auf die Offenheit für alle Themen und Argumente abstellt sowie auf die Fairness des Diskurses. Anders die empirischen Deliberationstheorien: Sie werten beinahe jegliche Kommunikation als Deliberation. 156 Schmidt, Demokratietheorien, S. 240. 157 Habermas kontrastiert kommunikatives und strategisches Handeln. Während letzteres sich zweckrational am Eigeninteresse der Beteiligten orientiert, ist kommunikatives Handeln auf ein normatives Einverständnis gerichtet, vgl. Landwehr, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 355, 364 f.; Engländer, Diskurs als Rechtsquelle?, S. 16. 158 Landwehr, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  355, 360; Noveck, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 49, 93; Suntrup, Der Staat 49 (2010), 605, 608 f.; Sarcinelli, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S. 253, 258 ff. 159 Landwehr, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 355, 366; Suntrup, Der Staat 49 (2010), 605, 610. Aufgrund der Ausrichtung des kommunikativen Handelns auf die Allgemeinheit ist kommunikatives Handeln für Habermas a priori gemeinwohlorientiert.

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starken Demokratien zugerechnet wird.160 Die Identität von Entscheidungsberechtigten und -betroffenen, die umfassender ist als in der repräsentativen Demokratie, wirkt legitimitätsstiftend. Doch die soziale Anerkennungswürdigkeit folgt nicht nur aus der Identität von Herrschern und Beherrschten. Legitimitätsstiftend ist auch das Verfahren der De­ liberation, das durch Öffentlichkeit und Rationalisierung gekennzeichnet ist.161 Inbegriff dieser Verfahrensrationalität und der Normativität des Öffentlichkeits­ verständnisses ist Habermas’ Diskursprinzip. Entscheidungen gelten demnach dann als gültig und legitim, wenn „alle möglicherweise Betroffenen als Teilnehmer an rationalen Diskursen zustimmen können.“162 Bewertung Dem Modell der deliberativen Demokratie werden die formalen und hohen Anforderungen entgegengehalten, die es an den Bürger stellt. Die Folge sei Ex­ klusion statt Inklusion. In empirischer Hinsicht wird zudem auf die Manipulier­ barkeit des Diskurses und die in der Realität fehlende Konsensorientierung verwiesen. Untermauert wird dies mit dem empirisch zu beobachtenden Pluralismus, der Konsens unmöglich scheinen lässt. Die hohen normativen Anforderungen wecken berechtigte Bedenken. Doch stehen sie der grundsätzlichen Annahme einer Legitimation durch Verfahren nicht entgegen. Deliberation und mit ihr das Konzept der Öffentlichkeit sind wichtiges Mittel zur Aktivierung und Aggregierung der kollektiven Intelligenz.163

160 Lembcke/Ritzi/Schaal, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 9, 21 f. erachtet Deliberation als „dritten Weg“. Schmidt, Demokratietheorien, S.  236 ff. ordnet partizipative wie deliberative Demokratie den „beteiligungszentrierten Demokratietheorien“ zu; für Schuler, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 91, 93 ist die deliberative Demokratie Teil der partizipativen Demokratie. Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 74 fasst Deliberation als „Verfahren der partizipatorischen Demokratie.“ 161 Landwehr, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  355, 358; Lembcke/Ritzi/Schaal, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 9, 22; Suntrup, Der Staat 49 (2010), 605, 608 f.; Schmidt, Demokratietheorien, S.  242; Schneider, Garfinkel – RC – Habermas – Luhmann, S. 241; Schaal, in: Brodocz/Llanque/Schaal, Bedrohungen der Demokratie, S. 353, 366 („Vermutung höherer Rationalität“); Buchstein, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 253, 259 („moralizing effect of public discussion“); Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 74. Kritisch Stichwort: Öffentlichkeit, in: Hartmann/Offe, Politische Theorie und Politische Philosophie, S. 274, 276 f. 162 Habermas, Faktizität und Geltung, S.  138. Erläuternd Buchstein, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 253, 257 ff.; Engländer, Diskurs als Rechtsquelle?, S. 23 ff. 163 Hierzu Landwehr, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 355, 373 ff.; Schuler, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 91, 93.

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d) Zusammenfassung Open Government und deliberative Demokratie stimmen darin überein, Öffentlichkeit als Mittel zur Erhöhung der Qualität politischer Entscheidungen anzusehen. Im Konzept der deliberativen Demokratie ist Öffentlichkeit notwendige Bedingung des gemeinsamen Diskurses und der kommunikativen Verständigung. Deliberation ist auf Öffentlichkeit zwingend angewiesen.164 Demgegenüber hat Öffentlichkeit im System des Open Government Eigenwert. Sie ist Voraussetzung der Partizipation und Kollaboration. Und sie ist Ausdruck eines neuen Staat-­ Bürger-Verhältnisses. Ohne Öffentlichkeit ist eine demokratische Rückkopplung des staatlichen Handelns an die der Herrschaft Unterworfenen nicht möglich.165 Hinzu kommt, dass Öffentlichkeit die Gemeinwohlorientierung des Handelns der Verwaltung bzw. des Staats befördert. Im Konzept der deliberativen Demokratie findet sich zudem ein Aspekt, der auch in der Theorie des Open Government an Bedeutung gewinnt: die Sicherstellung der Gemeinwohlorientierung durch Verfahren. Dies gilt sowohl für rein staatliche Verfahren als auch für solche Verfahren, die den Bürger aktiv in das Staatshandeln einbeziehen, in den Worten des Open Government: für Verfahren der Partizipation und Kollaboration. In Zeiten des Internet wird der Ruf nach Öffentlichkeit lauter. Zwar kann die Nutzung des Internet durch den Bürger weder mit der Demokratisierung des Staatshandelns gleichgesetzt werden, noch geht mit der Nutzung des Internet durch den Staat per se eine Steigerung der Öffentlichkeit des Staatshandelns einher. Doch hat das Internet das Potenzial, die Öffentlichkeit des Staatshandelns zu verbessern. Erstmals bestehen kostengünstige und leicht zu nutzende Möglichkeiten zur Etablierung einer umfassenden, raum- und zeitunabhängigen Öffentlichkeit. Ein neuer Typus der Öffentlichkeit kann sich herausbilden: die persönliche Öffentlichkeit, in der Informationen nach der persönlichen Relevanz ausgewählt werden und in der Interaktion und Kommunikation dank der technischen Möglichkeiten an Bedeutung gewinnen.166 Das Internet kann zur Realisierung der Ideen von Denkern wie Kant und Bentham beitragen. Es kann die Ideen der Aufklärung verwirklichen helfen.167 164 Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S.  11, 35; Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie. 165 Zur „kommunikativen Rückkopplung“ Rogg, Demokratie und Internet, S. 133 ff.; Sarci­ nelli, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S. 253, 258 m. w. N. 166 Schmidt, APuZ 7/2012, 3, 4 f.; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 55 f.; Forgó/Nentwich u. a., Wiener Erklärung zum freien Informationszugang. Von einem, in Fortführung des Öffentlichkeitskonzepts von Habermas als zweiten „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ zu bezeichnenden Wandel spricht Klingbeil, in: Kretschmer/Werner, Die digitale Öffentlichkeit, S. 9, 9 f. 167 So auch Nicolas Sarcozy im Rahmen des eG8-Gipfels 2011, zitiert nach Schmidt, APuZ 7/2012, 3, 3: „In nur wenigen Jahren hat das Internet die Träume der Philosophen der Aufklärung verwirklicht und unser gesammeltes Wissen dem größten nur denkbaren Publikum zugänglich gemacht.“

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3. Entwicklung der Dimension Beteiligung a) Beteiligung Demokratie bedarf neben der Öffentlichkeit des Staatshandelns der Beteiligung der Bürger. Das Spektrum der Beteiligungsmöglichkeiten reicht dabei von umfassenden direktdemokratischen Elementen bis hin zu Wahlen, der Grundlage repräsentativer Herrschaftsausübung. Dazwischen liegen zahlreiche Möglichkeiten der Beteiligung, die sich in ihrem Grad der Institutionalisierung unterscheiden. Der Fokus liegt im Folgenden auf eben diesen Beteiligungshandlungen, die über Wahlen als demokratische Mindestbeteiligung hinausgehen.168 Beteiligung umfasst sämtliche Teilnahmehandlungen des Bürgers am politischen Prozess. Diese können auf die Beeinflussung von öffentlichen Sach- und Personalentscheidungen und die Mitwirkung an ihnen gerichtet sein oder das sonstige, nicht spontane Zusammenwirken von Bürger und Staat betreffen.169 Beteiligung kann sowohl in Gestalt der Partizipation als auch der Kollaboration auftreten. Beteiligungsorientierte Demokratietheorien stellen überwiegend eine Ergänzung des Repräsentativsystems dar. Sie begreifen Demokratie als Lebensform, Rechte als liberale Abwehrrechte. Beteiligung hat Eigenwert.170 Die Beteiligung muss dabei nicht zwingend auf konkrete staatliche Verfahren bezogen sein.171 Die 168 Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 223, 223; Kubicek, in: Wirtz, E-Government, S. 195, 199; Gabriel/Brettschneider, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S. 285, 285. Zum Verhältnis von direkter Demokratie und partizipativer Demokratie Barber, Starke Demokratie. Er ordnet die beteiligungszentrierte Demokratie der direkten Demokratie zu. In beiden Fällen ist Demokratie nicht nur Staats-, sondern Lebensform, vgl. Bevc, Politische Theorie, S. 267 ff. Generell ist zum Verhältnis beider Konzepte zu sagen, dass in einer direkten Demokratie die unmittelbare Mitwirkung des Bürgers institutionalisiert ist. 169 Zum Verständnis von Partizipation und Kollaboration im Lichte des Open Government s. o., 2. Teil, 1.  Kap. B. II. Allgemein zudem Stichwort:  Partizipation, in: Bergmann, Handlexikon der Europäischen  Union; Kubicek, in: Wirtz, E-Government, S.  195, 197; Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S. 11, 20; Bevc, Politische Theorie, S. 277; Emmer, Politische Mobilisierung durch das Internet?, S.  58 f.; Stichwort: Partizipation, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S.  698, 698; Gabriel/Brettschneider, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S. 285, 286. Zur Beeinflussung staatlicher Entscheidungen Heintzen, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 220, 232 f. Zum Ausschluss von „Handlungen, die das politische System den Bürgern vorschreibt“ Gabriel/Brettschneider, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S. 285, 285 m. w. N. Newig, in: Heinrichs/Kuhn/Newig, Nachhaltige Gesellschaft?, S. 65, 67 spricht von „Teilhabe von Personenkreisen, die nicht routinemäßig derartige Entscheidungen vornehmen.“ 170 Landwehr, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  355, 357; Bevc, Politische Theorie, S. 268 f., 274. 171 So aber das juristische Verständnis von Partizipation, das die Teilhabe an konkreten Prozessen bezeichnet. Für den Verwaltungsprozess instruktiv Walter, in: VVDStRL, Bd. 31 (1973),

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Erscheinungsformen beteiligungszentrierter Demokratien sind vielfältig, gerade wenn sowohl die Phase der Entscheidungsfindung als auch deren Umsetzung in den Blick genommen wird. b) Die Entwicklung der Beteiligung seit der Antike Die ideengeschichtlichen Wurzeln der Beteiligung sind bei Aristoteles zu suchen, der die Staatsverfassung in seinem Hauptwerk „Politik“ als Mischverfassung beschreibt. Die unmittelbare Beteiligung der Bürger als Ausdruck der reinen Demokratie ist ihm zufolge auf die Beteiligung an Regierung und Rechtsfindung zu beschränken. Zudem ist sie durch aristokratische Elemente zu mäßigen.172 Beteiligung in Form der Partizipation ist dabei kein politischer Begriff, sondern eine Beschreibung des Verhältnisses des Ganzen zu seinen Teilen. Dem Ganzen ist der Vorrang einzuräumen, Partizipation funktional auf die Gemeinschaft zu beziehen. Angesichts dieses Verhältnisses zwischen Ganzem und seinen Teilen kann es zur Transformation der Teile im Rahmen des Partizipationsprozesses kommen. Für die Demokratie heißt dies, dass sich Individualinteressen wandeln können, indem sie auf die Gemeinschaft bezogen werden. Das Gemeinwohl ist mehr als die Summe von Einzelinteressen. Die Transformation dient der Erfüllung eines höheren Zwecks.173 Ziel ist die Partizipation möglichst aller: „Dass alle über alles beraten, ist demokratisch, denn eine solche Gleichheit erstrebt die Demokratie.“174 Dieses Beteiligungsverständnis findet sich später in der Naturrechtslehre wieder. Für Denker wie Thomas von Aquin folgt Partizipation den natürlichen und göttlichen Gesetzen. Diese ermöglichen Teilnahme und Teilhabe an der vorgegebenen höheren Ordnung. Der Konnex zwischen Beteiligung und natürlichen Gesetzen wird erst durch die republikanische Demokratietheorie des 18. Jahrhunderts gelöst. Besonders deutlich wird dies an der direktdemokratisch ausgerichteten Demokratietheorie des Jean-Jacques Rousseau.175 In seinem Hauptwerk „Du Contract Social“176 (Vom Gesellschaftsvertrag, 1762) unterscheidet Rousseau drei Formen des Willens: S.  147, 175. Jedoch wird auch im juristischen Kontext zwischen verschiedenen Intensitäts­ stufen unterschieden, im Verwaltungsverfahren etwa zwischen Anhörung, Erörterung, Vorschlagsrecht und Mitwirkung, vgl. Schmitt Glaeser, in: VVDStRL, Bd. 31 (1973), S. 179, 259. 172 Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  223, 224 ff.; Schmidt, Demokratietheorien, S. 27 ff. Zu den Wurzeln der aktuellen Partizipationsforschung im Athen der Antike Emmer, Politische Mobilisierung durch das Internet?, S. 56. 173 Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 223, 225 f. 174 Zitiert nach Richter, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 157, 159 m. w. N. 175 Zur Bedeutung Rousseaus  für die plebiszitäre und partizipative Demokratie Speth, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 118, 124. 176 Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts. Hierzu umfassend im Kontext der Rechtswissenschaften Schulz-Schaeffer, NJW 2007, 643, 644 ff.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Gemeinwille, Gesamtwille und Sonderwille. Während letzterer individuelle Sonderinteressen bezeichnet, ist der Gemeinwille für Rousseau das auf das Gemeinwohl zielende Interesse der Gemeinschaft. Der Gemeinwille ist für Rousseau etwas Absolutes, das a priori existiert.177 Er ist vom Gesamtwillen, der Summe der Sonderwillen, abzugrenzen. Gemein- und Gesamtwille sind nicht zwingend kongruent. Da der Gemeinwille  a priori existiert, wird er nicht vom Gesamt­willen konstituiert. Die Gesellschaft muss darauf vertrauen, dass der Gesamtwille dem Gemeinwillen entspricht. Für Rousseau kann jeder zum Gemeinwillen gelangen, indem er kraft eines Erziehungsprogramms die Fähigkeit erlangt, aus seinem Sonder­willen die gemeinwohlverträglichen Ziele herauszukristallisieren und zu verabsolutieren. 178 Die basisdemokratische Konzeption Rousseaus stützt sich damit auf die zwei Säulen, auf denen Partizipation schon in der Antike ruhte: das Einfügen eines Teils in ein vorrangiges Ganzes und die Transformation des Teils im Beteiligungsvorgang. Der Teil  ist das Individualinteresse, das Ganze das Gemeinwohl, der Gemeinwille. Der neuzeitliche Beteiligungsbegriff löst sich jedoch von der Prämisse, dass die universellen Gesetze als übergeordnetes Ganzes qua übergeordneter Instanz festgelegt sind und Partizipation auf einen vorgegebenen Endzweck gerichtet ist. Vielmehr folgt sie im republikanischen Denken einer politischen und damit einer selbst gegebenen Regelung.179 Ebenso beruht die moderne republikanische Demokratietheorie auf der Idee der Einbindung des Einzelnen in das Kollektiv, insbesondere durch Teilnahme am öffentlichen Leben und Engagement im politischen Prozess.180 Dementsprechend eng ist die Bindung des Einzelnen an das Kollektiv in der modernen republikanischen Demokratietheorie. Wohl und Werte existieren nicht a priori, sondern sind im politischen Prozess festzustellen. Die republikanisch-demokratische Praxis ist Instrument zur Gewinnung allgemeingültiger Regelungen.181 Konkrete Regelungen können dabei – zumindest im liberalen republikanischen Verständnis – ebenso konstituiert werden wie allgemeingültige Kriterien zur Bestimmung der dauer­ haften Legitimation von Grund- und Verfassungsnormen.182

177 Dies bringt dem Rousseau’schen Denken den Vorwurf der Nähe zum Absolutismus ein, vgl. Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 223, 244 ff. 178 Umfassend Schmidt, Demokratietheorien, S.  85 ff. Kritiker verweisen auf die Idealisierung der Menschheit, vgl. Nachweise bei Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 223, 244 ff. 179 Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  223, 225 f.; Holthaus/Noetzel, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 33, 35 f. Zu Rousseaus republikanischer Einstellung Schmidt, Demokratietheorien, S. 91. 180 Richter, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 157, 157. 181 Richter, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 157, 158. 182 Richter, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 157, 166.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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c) Partizipative Demokratie Ursprung Aufbauend auf dieser Entwicklung bildete sich mit den sozialen Protesten der 1960er und 1970er Jahre eine eigenständige Demokratietheorie heraus, die die Beteiligung des Volks forciert.183 Die partizipative Demokratie richtet den Fokus auf den Willensbildungs- und Entscheidungsprozess. Der Bürger soll die Möglichkeit erhalten, sich daran zu beteiligen, indem er seine Interessen und Präferenzen artikulieren kann.184 Inhalt Die partizipative Demokratie führt die Entwicklung des Partizipationsbegriffs und -vorgangs fort. Vergleichbar der modernen republikanischen Demokratietheorie, wird der Beteiligung erzieherische Funktion beigemessen, die indivi­ duelle Interessen in gemeinwohlorientierte transformiert („transformatives Potenzial“) und somit zugleich integrierend wirkt.185 Daneben erachten die Vertreter der partizipativen Demokratie die Beteiligung als Instrument zur Ermittlung besserer Sachentscheidungen, zur Kontrolle der politischen Elite und schließlich zur Gewährleistung von Rechtsschutz durch Verfahren („instrumentelles Potenzial“).186 Zudem ist sie Ausdruck der Freiheit, gesellschaftliche Angelegenheiten eigenverantwortlich und freiheitlich zu regeln („intrinsische Funktion“).187 183 Umfassend zum Ursprung Klages, in: König/Kropp, Theoretische Aspekte einer zivilgesellschaftlichen Verwaltungskultur, S.  103, 103 ff. Daneben Weber, in: Lembcke/Ritzi/ Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 223, 223; Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 70; Uppendahl, ZParl 1981, 123, 124; Alemann, ZParl 1981, 438, 438 m. w. N. Zum Problem der Modellbildung in der Demokratietheorie Lembcke/Ritzi/Schaal, in: Lembcke/­Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 9, 16 ff. 184 Klug/Lokaiczyk u. a., E-Partizipation 2.0, S.  6. Teils wird Partizipation im Willensbildungsprozess auch als „politische Partizipation“ bezeichnet und dem „bürgerschaftlichen Engagement“, der „bürgerschaftlichen Partizipation“ in der Phase der Entscheidungsdurchsetzung gegenübergestellt, so Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S. 11, 20 f. Im juristischen Kontext ist das Gegenstück zur bürgerschaftlichen Partizipation die „staatliche Organsouveränität“, Schmitt Glaeser, in: VVDStRL, Bd. 31 (1973), S. 179, 260. 185 Schmidt, Demokratietheorien, S. 238; Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S. 11, 14; Losch/Gottmann, DÖV 2000, 372, 373. 186 Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  223, 223 f.; Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S.  11, 14; Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 68 f.; Uppendahl, ZParl 1981, 123, 124. 187 Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 223, 224; Newig/ Kuhn/Heinrichs, in: Heinrichs/Kuhn/Newig, Nachhaltige Gesellschaft?, S.  27, 29 m. w. N.; Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S.  11, 14 f. m. w. N.; Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 69. Teils ist auch von „emanzipatorischen Motiven“ die Rede, wenn auch auf die Möglichkeit der Selbstbestimmung und Teilhabe verwiesen wird, vgl. nur Newig, in: Heinrichs/Kuhn/Newig, Nachhaltige Gesellschaft?, S. 65, 66 m. w. N.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Partizipation steigert somit das Vertrauen188 in das politische System, erhöht seine Akzeptanz und verbessert so dessen Legitimation.189 Prominentester Vertreter dieser normativen Demokratietheorie ist Barber. Er sieht im Repräsentativsystem eine Entmündigung des Bürgers.190 Das Individuum ist doppelt entfremdet: entfremdet von sich selbst und entfremdet von der Gemeinschaft.191 Partizipation kann dem entgegenwirken. Voraussetzung ist, dass der Bürger erkennt, dass seine Beteiligung Wirkung zeitigt. Dies vorausgesetzt, können individuelle Interessen zu öffentlichen transformiert werden. Mittel ist der „democratic talk“. Er dient der Artikulation der privaten Interessen, ihrer Transformation in gemeinwohlorientierte Interessen sowie der Gemeinschaftsbildung.192 Insofern ist Partizipation Ausübung der eigenen Freiheit. Partizipation existiert nicht nur um der Transformation, sondern auch um ihrer selbst willen.193 Die Grundlage zur Verwirklichung dieses Ideals sieht Barber auf Ebene der kommunalen Selbstverwaltung, auf der der Bürger und seine Urteilsfähigkeit systematisch einbezogen werden können. Anders als Rousseau stellt Barber jedoch nicht auf den Willen, sondern auf die Fähigkeit zum Nachvollzug anderer Positionen ab.194 Andere Autoren der partizipativen Demokratietheorie wie Ingeborg Maus stellen nicht den transformativen Charakter und den Selbstzweck der Partizipation in den Vordergrund, sondern deren instrumentelle Bedeutung im System politischen Handelns. Demnach dient Partizipation der Kontrolle der politischen Elite und der Mitwirkung an politischen Entscheidungen, insbesondere auf Ebene der (Verfassungs-)Gesetzgebung. Die Beteiligung am Handeln der Exekutive ist für Maus hingegen illusionär. Und sie ist überflüssig, da das Gesetz zentrales Steuerungsmedium ist. Die Einflussnahme auf die Gesetzgebung genügt daher.195

188 Zur Bedeutung des Vertrauens in der bundesrepublikanischen Politiktradition Gabriel, in: König/Kropp, Theoretische Aspekte einer zivilgesellschaftlichen Verwaltungskultur, S. 121. 189 Die Legitimation ist maßgeblich auf Input-Seite zu verorten, da primäres Ziel die Artikulation individueller Interessen ist. Indem dies mittelbar die Entscheidungsqualität verbessert, wirkt Partizipation aber auch auf Output-Seite. Hierzu Kersting/Schmitter/Trechsel, in: Kersting, Politische Beteiligung, S.  40, 48; Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S. 11, 14. 190 Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 223, 231. 191 Die Entfremdungskritik findet sich bereits bei Rousseau. 192 Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S.  223, 231 ff.; Buchstein/Pohl, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 280, 285. 193 Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 223, 236; Bauer, Krise der Demokratie – Zukunft der Demokratie, S. 30 f. Allgemein zur Transformation in den beteiligungszentrierten Demokratietheorien Schmidt, Demokratietheorien, S. 241. 194 Zu Barber, Starke Demokratie, S. 146 ff. vgl. Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 223, 236 ff.; Buchstein/Pohl, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 280, 285. 195 Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 223, 230 ff.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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Bewertung Partizipation kann auf alle drei Staatsgewalten ausgerichtet sein, auch wenn die Vertreter partizipativer Demokratie die Bedeutung und Erforderlichkeit unterschiedlich beurteilen. Dementsprechend unterscheiden sich die Funktionen, die der politischen Partizipation zugesprochen werden. Gemein sind den partizipativen Demokratietheorien jedoch die hohen Anforderungen, die sie an die Bürger stellen, das positive, beinahe idealistische Menschenbild sowie die Forderung nach einer möglichst breiten Beteiligung und nach der Ergänzung des Repräsentativsystems.196 Dies evoziert Kritik: Die Partizipationsfähigkeit und -bereitschaft wird Kritikern zufolge überschätzt. Sofern die Bereitschaft vorhanden ist, fehlt es an der institutionellen Anbindung und dadurch an Motivation. Da neben den intellek­ tuellen aber auch zeitliche und materielle Ressourcen fehlen, ist Partizipation auf Minderheiten beschränkt, wenn nicht gar unrealisierbar.197 Aus sozialwissenschaftlicher Sicht wird zudem auf die Gefahren verwiesen, die aus der Gruppensituation erwachsen: Gruppendruck kann zu irrationalen Entscheidungen auf sachlicher und Exklusion auf menschlicher Ebene führen.198 Trotz dieser Kritik entwickelt das Modell der Partizipation im Sinne des Open Government die partizipative Demokratietheorie des 20.  Jahrhunderts im Angesicht der technischen Möglichkeiten des 21.  Jahrhunderts fort. Zwar werden gegen elektronische Partizipationsangebote dieselben Bedenken geltend gemacht wie gegen klassische Beteiligungsverfahren. Vor allem wird auf die fehlende Be­ teiligungsfähigkeit und -bereitschaft der Bevölkerung und die mangelhafte Umsetzung durch staatliche Stellen verwiesen.199 Auch wird das Internet nicht nur als ermöglichender, sondern als hemmender Faktor angesehen, der Teile der Bevölkerung zumindest faktisch von der Partizipation ausschließt.200 Dennoch besitzt das Internet ein Potenzial, das über bisherige Partizipationsmöglichkeiten hinausgeht: Es ermöglicht nicht nur eine kostengünstige Beteiligung. Zumindest mittelbar ist es auch in der Lage, die Zahl der Partizipations­ willigen zu erhöhen. Zwar kann die Bereitschaft zur Beteiligung an der Demokratie 196 Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S. 11, 17 ff.; Buchstein/Pohl, in: Massing/ Breit, Demokratietheorien, S. 280, 286; Losch/Gottmann, DÖV 2000, 372, 373. 197 Statt aller Weber, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 223, 244 f.; Noveck, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 49, 50; Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S.  11, 13; Gabriel/Brettschneider, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, S. 285, 287. 198 Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S. 11, 17 ff. 199 Heckmann, in: Bauer/Heckmann/Ruge/Schallbruch, VwVfG, Einführung Rn. 66 ff.; allgemein Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S.  11, 17 ff. Zur Notwendigkeit der Berücksichtigung Versteyl, I+E 2011, 89, 96; Klessmann, V&M 16 (2010), 179, 180 sowie im Folgenden 2. Teil, 1. Kap. B. III. 3. f). 200 Klessmann, V&M 16 (2010), 179, 180 f.; Kubicek/Lippa, V&M 15 (2009), 305, 315.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

nicht automatisch und unmittelbar erhöht werden. Doch werden die Hürden zur Beteiligung durch die Funktionsweise des Internet gesenkt. Die Zahl der sich potenziell Beteiligten steigt. Denn Beteiligung ist nicht an Ort und Zeit gebunden und kann schnell und unbürokratisch erfolgen.201 Partizipation im Sinne des Open Government kann sämtliche Funktionen erfüllen, die die partizipative Demokratie der unmittelbaren Beteiligung beimisst: Integration, mitunter durch Transformation, Verbesserung der Sachentscheidungen, Gewährleistung von Rechtsschutz und Kontrolle sowie die Steigerung von Vertrauen und Akzeptanz. Partizipation im Sinne des Open Government kann damit zur Erhöhung der Input-Legitimation beitragen. d) Kooperative Demokratie Ursprung Eng begrenzt in ihrem Anwendungsbereich ist das Konzept der kooperativen Demokratie, das in den 1990er Jahren Verbreitung fand. Sie beschreibt in ihrem ursprünglichen Verständnis „freiwillige, dialogisch orientierte und auf kooperative Problemlösungen angelegte Verfahren der Bürger- und Verbändebeteiligung an der Politikformulierung und an der Politikumsetzung auf kommunaler Ebene“202. Ebenso wie die partizipative Demokratie sieht sie Demokratie als Lebensform an. Das Konzept der kooperativen Demokratie will das Repräsentativsystem ergänzen und das bürgerschaftliche Engagement als Keimzelle jeglicher Demokratietheorie wiederbeleben.203 Diese Keimzelle siedelt die kooperative Demokratietheorie in den Kommunen an. Zwar anerkennt auch sie, dass nicht zuletzt aufgrund der Entwicklung der Informationsgesellschaft ein Trend in Richtung Selbstentfaltung und Nutzenmaximierung auf Seiten der Bürger zu beobachten ist, der die Bindung und Identifikation mit Kollektiven schwinden lässt.204 In lokalen Selbstverwaltungsstruk­turen soll diese Tendenz und der damit einhergehende Verlust an Input-Legitimation aufgrund der vergleichsweise großen Selbstbetroffenheit jedoch am schwächsten ausgeprägt sein.205 201 Heckmann, in: Bauer/Heckmann/Ruge/Schallbruch, VwVfG, Einführung Rn. 62 ff.; Heise, E-Partizipation, www.e-demokratie.org. 202 Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 13 m. w. N. 203 Klages, in: König/Kropp, Theoretische Aspekte einer zivilgesellschaftlichen Verwaltungskultur, S. 103, 113; Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 12. 204 Schulz, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 97, 117; Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S.  17. Ausführlich zur Informationsgesellschaft und ihrer Fortentwicklung 2. Teil, 3. Kap. A. II. 205 Hiervon geht auch Scharpfs Grundlegung zu Input- und Output-Legitimation aus, vgl. Scharpf, Regieren in Europa, S. 16 f. Zugunsten einer Entwicklung über die auf Face-to-faceKommunikation beschränkte kommunale Ebene hinaus argumentiert Klages, in: König/Kropp, Theoretische Aspekte einer zivilgesellschaftlichen Verwaltungskultur, S. 103, 113.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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Inhalt Kooperative Demokratie strebt nicht nur den Austausch von Meinungen und die Erzielung eines Konsenses in der Phase der Willensbildung an. Auch das Einbringen von Fähigkeiten ist Ziel. Stichwort ist die „bürgerschaftliche Leistungsproduktion“. Der Bürger wird vom Auftraggeber zum Mitgestalter, der nicht nur in die Phase der Entscheidungsfindung einbezogen wird.206 Kooperative Demokratie nimmt auch die Umsetzung der Entscheidung in den Blick, um durch die Einbeziehung des Bürgers gesellschaftliche Probleme zu lösen und die Effizienz und Effektivität staatlicher Tätigkeit zu steigern.207 Kooperative Demokratie zielt damit primär auf Output-Legitimation.208 Bewertung Indem sich die kooperative Demokratietheorie in räumlicher Hinsicht auf Kommunen, in inhaltlicher auf das Einbringen von Fähigkeiten, in demokratietheoretischer auf den Output fokussiert, schränkt sie ihren Anwendungsbereich stark ein. Sie erscheint nicht als umfassende Demokratietheorie. Zudem stellt sie nicht minder hohe Anforderungen an den Bürger als die partizipative Demokratie­ theorie. Diese Kritikpunkte nimmt das Open Government-Konzept zum Ausgangspunkt, die Idee der kooperativen Demokratie auf eine breitere Basis zu stellen. Ähnlich der kooperativen Demokratie zielt die Idee der Kollaboration im Open Government in erster Linie auf Output-Legitimation, indem es die Verbesserung von Effizienz und Effektivität staatlichen Handelns priorisiert. Open Government beschränkt angesichts der technischen, nicht an räumliche Grenzen gebundenen Möglichkeiten die Zusammenarbeit aber nicht auf die kommunale Ebene, auch wenn der lokalen Ebene weiterhin maßgebliche Bedeutung zukommt.209 Zudem zielt Open Government auf eine Öffnung staatlicher Stellen nicht nur gegenüber dem Bürger, sondern auch für inter- und intrabehördliche Zusammenarbeit. Der Fokus liegt nicht mehr allein auf dem Agieren der Bürger. Kollaboration im Sinne von Open Government geht über das Konzept der kooperativen Demokratie hinaus. 206 Ausführlich Noveck, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 49, 62 f.; Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 12 f. Als dritte Rolle der Beteiligung des Bürgers wird sein Dasein als Kunde identifiziert. Zur Rolle als Mitgestalter, wenn auch unter dem Stichwort „Koproduktion“ Löffler/Birk, in: Blanke/Nullmeier/Reichard/Wewer, Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 510, 510 f. 207 Löffler/Birk, in: Blanke/Nullmeier/Reichard/Wewer, Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 510, 511; Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 14 ff. 208 Noveck, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 49, 62. 209 Eine Ausweitung über die kommunale Ebene hinaus fordert Klages, in: König/Kropp, Theoretische Aspekte einer zivilgesellschaftlichen Verwaltungskultur, S. 103, 113 ein.

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e) Komplexe Demokratie Ursprung Den Brückenschlag zwischen normativer und empirischer Demokratietheorie, zwischen Input- und Output-Legitimation strebt die komplexe Demokratietheorie an. Sie entstand in den 1970er Jahren und wurde in Folge des Bedeutungsverlusts der Nationalstaaten durch Globalisierung und Europäisierung modifiziert. Die komplexe Demokratietheorie ist eng mit Scharpf verknüpft.210 Ziel der komplexen Demokratietheorie ist die Optimierung der normativen Konzepte Transparenz, Partizipation und Effizienz.211 Dabei bedient sie sich historischer Vorbilder: Grundlage sind Montesquieus Lehre von der Trennung und Hemmung der Gewalten, das Konzept der Federalist Papers zur Vermeidung tyrannischer Herrschaft und die Repräsentativverfassung des John Stuart Mill.212 Ergänzend tritt ein gegenüber der partizipativen Demokratie modifiziertes Beteiligungskonzept hinzu. Inhalt Die komplexe Demokratie suchte ihr Ziel ursprünglich in der Verwirklichung einer realistischen Steigerung der politischen Beteiligung,213 insbesondere durch eine Aufwertung der Wahlentscheidung und durch die Stärkung der Fähigkeit des politischen Systems zur Interessenberücksichtigung und zur Umsetzung der artikulierten Interessen im politischen Prozess. Später, gerade als Reaktion auf die supranationale Integration in die Europäische Union und den Bedeutungsverlust der Nationalstaaten, rückte der Output verstärkt in den Fokus der komplexen Demokratietheorie. Jenseits der Nationalstaaten war die Input-Legitimation durch output-orientierte Konzepte zu ergänzen. Denn die normativen Anforderungen an die Homogenität der Herrschaftsunterworfenen sind in output-orientierten Konzepten geringer. Die Existenz gemeinsamer Interessen genügt.214 Dementsprechend modifizieren inzwischen Erwägungen zu Effizienz und Effektivität215 nach 210

Von grundlegender Bedeutung sind die beiden Hauptwerke Scharpf, Regieren in Europa; Scharpf, Demokratietheorie zwischen Utopie und Anpassung. 211 Massing, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 269, 275. 212 Schmidt, Demokratietheorien, S. 273 f. 213 Diese Mischung aus Realität und einem Mehr an Partizipation suggeriert schon der Titel von Scharpf, Demokratietheorie zwischen Utopie und Anpassung: Die „Utopie“ bezieht sich auf die Ausweitung der Beteiligung. „Anpassung“ bringt den Wirklichkeitsbezug in Form der Pflicht zur kontinuierlichen Fortentwicklung der real zu beobachtenden Demokratie zum Ausdruck, vgl. auch Schmidt, Demokratietheorien, S. 275; Massing, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 269, 275 f.; Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 81. 214 Aristoteles sah „Interessenharmonie“ und eine „hohe soziale Homogenität“ als Funktionsvoraussetzung der Demokratie an, Schmidt, Demokratietheorien, S. 47. 215 So übernimmt Scharpf das Kaldor-Kriterium. Demnach sind alle Vorhaben akzeptabel, „die den aggregierten Netto-Nutzen aller Beteiligten gegenüber dem Status quo vergrößern.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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und nach die Zielvorstellungen aus Scharpfs erstem Entwurf einer kom­plexen Demokratie.216 Die „Herrschaft durch das Volk“ wird durch den Gedanken der „Herrschaft für das Volk“ ergänzt und teilweise verdrängt. Bewertung In der ausdrücklichen Kombination von Input- und Output-Legitimation knüpft das Modell des Open Government an die komplexe Demokratietheorie an. Da der Bedeutungsverlust der Nationalstaaten durch das Internet als grenzüberschreitendes Medium noch verstärkt bzw. beschleunigt wird, gewinnt die Betonung der Leistungsfähigkeit des Systems weiter an Bedeutung. Open Government ist wie die komplexe Demokratietheorie eine in der Entwicklung befindliche, lernfähige Theorie, die auf empirische Erkenntnisse zu reagieren in der Lage ist. Dieses Entwicklungspotenzial und die Prozesshaftigkeit beider Theorien entkräften auch den Vorwurf, dass die komplexe Demokratie die Empirie und den tatsächlich zu be­ obachtenden Pluralismus aus dem Auge verliert.217 f) Responsive Demokratie Ursprung Einen Ausgleich zwischen repräsentativer Demokratie und einer stärkeren Herrschaft durch das Volk durch unmittelbare Partizipation will die responsive Demokratietheorieschaffen. Wie die kooperative und die komplexe Demokratietheorie kritisieren ihre Vertreter partizipative wie deliberative Modelle wegen der hohen Anforderungen, die sie an die zeitlichen, materiellen und geistigen Fähigkeiten der Bürger stellen, wegen der damit einhergehenden Ungleichheiten in der faktischen Beteiligung und wegen des geringen Mobilisierungspotenzials.218 Konsequenz dieser Kritik ist für die Vertreter responsiver Demokratie aber nicht die schlichte Rückkehr zum Repräsentativsystem. Vielmehr ist das Konzept der repräsentativen Demokratie zu ergänzen.219

Dem Kaldor-Kriterium ist Genüge getan, wenn der Vorteil, der einer Gruppe aus einem Vorhaben erwächst, den Nachteil überwiegt, der hierdurch der anderen Gruppe entsteht“, vgl. Schmidt, Demokratietheorien, S. 278 f. 216 Scharpf, Regieren in Europa, S.  16 ff. Dazu Holtkamp/Bogumil/Kissler, Kooperative Demokratie, S. 80 f.; Massing, in: Massing/Breit, Demokratietheorien, S. 269, 275 f. 217 Schmidt, Demokratietheorien, S. 285 f. 218 Für die komplexe Theorie Schmidt, Demokratietheorien, S.  274. Für die responsive Demokratie Uppendahl, ZParl 1981, 123, 125; Uppendahl, ZParl 1981, 440, 442. 219 Uppendahl, ZParl 1981, 123, 126.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Inhalt Ebenso wie Partizipation ist Responsivität konstituierend für ein demokratisches Gemeinwesen. Responsivität bezeichnet die Antwortbereitschaft, Reaktionsfähigkeit und Bedürfnisorientierung des politischen Systems, d. h. die Fähigkeit der übergeordneten Einheit, die Bedürfnisse der untergeordneten Einheit zu berücksichtigen.220 Insofern ist Responsivität das notwendige Gegenstück zur Repräsentation. Denn von Repräsentation kann nur die Rede sein, wenn die Repräsentanten dem Willen und den Anforderungen der Repräsentierten entsprechen.221 Ohne Rückkopplung des politischen Handelns an das Volk fehlt es an einer Herrschaft des Volks im Sinne der Demokratie. Das Repräsentativsystem erschöpft sich in formaler Repräsentation. Inhaltliche Repräsentation wird ausgeblendet, obwohl beide Komponenten für eine „gelebte Demokratie“222 erforderlich sind. Eine vollständige Bedürfnisorientierung fordert allerdings auch die responsive Demokratie nicht. Da in pluralen Gesellschaften, oder um in den Worten des Wegbereiters der responsiven Demokratie Amitai Etzioni zu sprechen, in aktiven Gesellschaften einerseits kein gesamtgesellschaftlicher Konsens erzielt werden kann, bedeutet Reaktion auf ein artikuliertes Interesse zwangsläufig Missachtung der übrigen Interessen. Zudem ist eine langfristige und vorhersehbare, rechtssichere Politik nicht möglich, wenn alle Interessen umgesetzt werden, auch die spontanen und kurzfristigen. Da Missachtung der Bedürfnisse der Gesellschaft aber andererseits zur Entfremdung der Gesellschaft vom politischen System führt, fordert die responsive Demokratie ein durchschnittliches Niveau der Bedürfnisorientierung.223 Die responsive Demokratie sieht den Politiker weder als Treuhänder, der losgelöst von den Interessen der Herrschaftsunterworfenen agiert, noch als Delegierten, der sich strikt an den Willen der Betroffenen zu halten hat, sondern als Persönlichkeit, die beide Handlungsalternativen in sich vereint und die situativ angemessen zwischen beiden Optionen wählen kann.224

220 So die erste Übersetzung von „responsiveness“ durch Etzioni, Die aktive Gesellschaft, S.  675. Von einem bloßen „Eingehen“ auf die Wünsche und Forderungen der Bürger geht Blanke, Aktivierender Staat – aktive Bürgergesellschaft, S.  20 aus. Rezeption in der rechts­ wissenschaftlichen Literatur durch Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 205 f. 221 Reese-Schäfer, in: Kailitz, Schlüsselwerke der Politikwissenschaft, S. 120, 121; Uppendahl, ZParl 1981, 123, 127 m. w. N. Aus der rechtswissenschaftlichen Literatur Stein, in: AK-GG, Einleitung II Rn. 7. 222 Böckenförde, Demokratie und Repräsentation, S. 20, dort auch zur Unterscheidung formaler und inhaltlicher Repräsentation. Dazu auch Stichwort: Partizipation, in: Umbach/Prehl/ Boldt, Meyers kleines Lexikon Politik, S. 314. 223 Etzioni, Die aktive Gesellschaft, S. 511 ff., aufgenommen durch Uppendahl, ZParl 1981, 123, 127. Unter zusätzlichem Hinweis auf die Pluralisierung und Fragmentierung der Interessen Schaal, in: Brodocz/Llanque/Schaal, Bedrohungen der Demokratie, S. 353, 366. 224 Zu diesem sog. „Politico-Ansatz“ Uppendahl, ZParl 1981, 123, 131 f. m. w. N.; Uppendahl, ZParl 1981, 440, 442.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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Die Vertreter des responsiven Ansatzes sehen Responsivität in den westlichen repräsentativen Demokratien grundsätzlich als verwirklicht an. Allerdings sind ihnen zufolge zur langfristigen Einbindung der Interessen der Gesellschaft eine stärkere Sensibilisierung der Entscheidungsträger für die vorherrschenden Präferenzen und institutionelle Änderungen erforderlich. Vorgeschlagen werden etwa die Verkürzung der Wahlperioden, die Einführung von Mehrheitswahlrecht und Rotationsprinzip, die Stärkung von Akteuren, die zur Artikulation kollektiver Interessen berufen sind, oder die Verknüpfung responsiver Strukturen mit institutionalisierten Konsultationsprozessen.225 Bewertung Kritiker sehen die responsive Demokratie als Versuch einer „Operationalisierung“226 partizipativer Demokratie, die sich angesichts ihres fehlenden Gesamtkonzepts noch dazu als nicht umsetzbar erweist. Zudem wird die ausschließliche Fokussierung auf den politischen Input als der Pluralität der Gesellschaft nicht mehr angemessen angesehen.227 Andere erachten Responsivität weniger als eigenständige Demokratietheorie, denn als Ideal, hinter dem die Annahme steht, dass sich Präferenzen im Bürger ausbilden. Die Vorlieben werden als vorpolitische Interessen in das System eingebracht. Dem liberalem228 Verständnis gemäß können sie vom politischen System nicht hintergangen werden. Responsivität beschreibt damit den Endpunkt einer Skala, an deren anderem Ende die Idee steht, dass sich Präferenzen im politischen System ausbilden.229 Letztgenanntem Modell des „responsible government“ zufolge verliert der Wille des Einzelnen an Bedeutung. Das politische System ist nicht responsiv, sondern verantwortungsvoll, „responsible“.230

225

Uppendahl, ZParl 1981, 123, 133 f.; Uppendahl, ZParl 1981, 440, 442. Alemann, ZParl 1981, 438, 439 kritisiert dies als „kein konsistentes Konzept.“ 226 Alemann, ZParl 1981, 438, 440. 227 Ritzi/Schaal, APuZ 2–3/2010, 9. 228 Neben der Responsivität werden die Selbstbestimmungs- und Vernunftfähigkeit des Individuums und die Verantwortlichkeit im politischen System als zentrale Ideale der liberalen Demokratie bezeichnet, vgl. Schaal, in: Brodocz/Llanque/Schaal, Bedrohungen der Demokratie, S. 353, 362. 229 Lembcke/Ritzi/Schaal, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 9, 25; Ritzi/Schaal, APuZ 2–3/2010, 9; Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S. 11, 14, 34 f. Schaal, in: Brodocz/Llanque/Schaal, Bedrohungen der Demokratie, S. 353, 353 bezeichnet Responsivität als das zentrale demokratische Ideal der liberalen Demokratie. Zur Responsivität als Qualitätskriterium Fuchs/Roller, in: Brodocz/Llanque/Schaal, Bedrohungen der Demokratie, S. 77, 87 ff. mit Verweis auf Morlino, in: Hutcheson/Korosteleva, The quality of democracy in post-communist Europe, S. 5. Rogg, Demokratie und Internet, S. 185. 230 Ritzi/Schaal, APuZ 2–3/2010, 9.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Responsive Demokratie bezeichnet nach überzeugender Ansicht keine grundlegende Neuordnung der Demokratie, da Responsivität als Pendant zum Repräsen­ tativsystem konstituierendes Element repräsentativer Volksherrschaft ist.231 Ebenso wie die partizipative Demokratie legt die responsive Demokratie den Schwerpunkt der Betrachtung auf eine Funktionsbedingung der Demokratie, um sie von anderen Demokratietheorien zu scheiden. Responsivität, verstanden als die Bereitschaft der Anerkennung der öffentlichen Meinung durch die Staatsgewalt, trägt zur Steigerung der Anerkennung der Staatsgewalt bei.232 Open Government greift das Ideal der Bedürfnissensibilität unter dem Namen „Öffnung“ auf. Durch die Öffnung der Daten- und Informationsbestände und die Öffnung für Partizipation und Kollaboration und damit für die Präferenzen des Bürgers wird die Grundlage einer neuen Beziehung zwischen Staat und Bürger geschaffen. Insofern stellen beide Konzepte eine Modifikation der repräsentativen Demokratie dar. Trotz der Übereinstimmung in ihrem Ziel, der verbesserten Einbindung der artikulierten Präferenzen in das politische System, und in ihrer Bewertung der repräsentativen Demokratie unterscheiden sich Open Government und responsive Demokratie jedoch grundlegend. Die responsive Demokratie sieht, auch vor dem Hintergrund des Zeitpunkts ihres Entstehens, in der Informationsund Kommunikationstechnologie kein zentrales Instrument zur Veränderung. Vor allem aber blendet Open Government die Seite der Partizipation nicht aus. Der Blick wird vielmehr umfassend auf Staat, Bürger und das Staat-Bürger-Verhältnis gelenkt statt einseitig auf den Staat und dessen Responsivität für die Interessen der Bürger.233 Responsivität ist lediglich ein Baustein im umfassenderen Open Government-Konzept. g) Liquid democracy Ursprung In der „liquid democracy“, der „flexiblen Demokratie“, stehen die technischen Möglichkeiten im Mittelpunkt. Die theoretischen Grundlagen der liquid democracy wurden bereits in den 1960er Jahren gelegt. Aber erst rund 40 Jahre später, ab 2004, ermöglichte die technische Entwicklung die praktische Umsetzung.234 Denn liquid democracy zielt darauf, mithilfe der Informations- und Kommunikations­ 231 Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 206 bezeichnet Responsivität als „Gemeinplatz der Demokratietheorie“. 232 Grundlegend Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 206. 233 Etzioni, Die aktive Gesellschaft als bedeutende Stimme der responsiven Demokratie betont jedoch auch die Bedeutung der Aktivierung der Gesellschaft. Hierzu Reese-Schäfer, in: Kailitz, Schlüsselwerke der Politikwissenschaft, S. 120. 234 Puppe, iX 7/2012, 76; zur Abhängigkeit von der Informationstechnologie Kraft, Der Freitag vom 2.8.2012, www.freitag.de.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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technologie (IKT) die „Herrschaft durch das Volk“ zu betonen und ein Mischsystem aus direkter und repräsentativer Demokratie zu etablieren.235 Das Repräsentativsystem samt seiner zentralen Legitimationsgrundlage, der Wahl, ist beizubehalten,236 aber durch IKT-gestützte Diskurs- und Entscheidungsverfahren zu ergänzen. Allerdings kommt den Online-Diskursen und -Entscheidungen im Konzept der liquid democracy keine Verbindlichkeit zu. Dies ist unter anderem der fehlenden Nachprüfbarkeit der Willensbildungsprozesse und der unzulänglichen Verantwortlichkeit geschuldet.237 Inhalt Liquid democracy kann als Fortentwicklung der partizipativen Demokratie angesehen werden. Beide zielen auf eine Steigerung der Entscheidungsqualität und die Inklusion der Gesellschaft durch verstärkte Teilhabe und Teilnahme. Dennoch sind zweierlei Unterschiede hervorzuheben: Zumindest in ihrem ursprünglichen Zustand kommt der Beteiligung im Kontext der liquid democracy keine Verbindlichkeit zu. Hinzu kommt die Technikabhängigkeit der Beteiligungsmöglichkeiten. Im Detail soll in Anlehnung an die direkte Demokratie jeder Beteiligte an den digitalen Diskurs- und Entscheidungsverfahren über eine Stimme verfügen. Diese kann der Beteiligte nicht nur unmittelbar selbst einbringen. Vergleichbar der repräsentativen Demokratie ist es möglich, die Stimme auf einen Delegierten zu übertragen. Die Stimmübertragung kann für jede Entscheidung gesondert oder auch gebündelt vorgenommen sowie jederzeit widerrufen werden. Auch eine Delegation der Delegation ist möglich, daher die Bezeichnung „flexible Delegation“ oder „delegated voting“.238 Kombiniert wird die flexible Delegation mit der Möglichkeit des „preferential voting“ („Schulze-Methode“, Vorzugswahlsystem)239. Die Abstimmenden können sich nicht nur für eine der zur Wahl stehenden Optionen entscheiden, sondern können die zur Abstimmung stehenden Entscheidungsoptionen auch ihren persönlichen Präferenzen entsprechend reihen. Da die Kombination aus flexibler Delegation und Vorzugswahlsystem zu komplexen Entscheidungsprozessen führt, ist IKT-Unterstützung praktisch notwendig. In Deutschland wird derzeit vorwiegend auf zwei Software-Lösungen zurückgegriffen, die den Prozess vom Einbringen bis zur Entscheidung über artikulierte Ideen 235 Roleff, APuZ 7/2012, 14, 20; Puppe, iX 7/2012, 76; Kraft, Der Freitag vom 2.8.2012, www.freitag.de; Seidl, Der Standard vom 7/8.12.2011, S. 8. 236 Seidl, Der Standard vom 7/8.12.2011, S. 8. 237 Zum Erfordernis der Nachprüfbarkeit von Wahlentscheidungen grundlegend BVerfG, Urt. v. 3.3.2009 – 2 BvC 3/07 u. a. – juris Rn. 123 – BVerfGE 123, 39, m. Anm. Heckmann, jurisPRITR 6/2009, Anm. 2. 238 Roleff, APuZ 7/2012, 14, 20; Puppe, iX 7/2012, 76. 239 Puppe, iX 7/2012, 76.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

online widerspiegeln: „Adhocracy“240, entwickelt vom Verein Liquid Democracy e. V., sowie „Liquid Feedback“241 aus der Hand des Vereins Interaktive Demokratie e. V. Gerade „Adhocracy“ kombiniert die Phasen der Artikulation, der öffentlichen Diskussion und der Abstimmung über Präferenzen, wohingegen „Liquid Feedback“ den Diskurs weitgehend ausklammert und den Fokus auf Artikulation und Abstimmung legt.242 Bewertung Die fehlende Verbindlichkeit nehmen Kritiker zum Anlass, liquid democracy als nicht attraktiv einzustufen. Zudem werfen sie ihr vor, nur populäre Themen zu ­diskutieren, allen voran solche, die für den Einzelnen von persönlichem, individuellen Interesse sind.243 Zugleich wird auf die Überforderung des Bürgers verwiesen. Diese Kritik verbindet liquid democracy mit jeglicher Demokratietheorie, die auf der unmittelbaren Teilnahme des Bürgers am politischen Prozess beruht. Zudem sieht sich die flexible Demokratie dem Vorwurf ausgesetzt, entgegen ihrem Ziel, der Inklusion, den Trend der Individualisierung durch den einseitigen Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie zu befördern.244 Da die Idee der flexiblen Demokratie mit dem Open Government-Ansatz nicht nur den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien gemein hat, sondern auch die Einbindung der Betroffenen zentrales Element ist, teilen sie weite Teile des Potenzials und der Kritik. Auch wenn mit dem Einsatz digitaler Medien die Gefahr der Individualisierung einhergeht,245 beinhaltet die Nutzung neuer Technologien aber zugleich die Chance zur Mobilisierung und zur Herausbildung von neuen (Interessens-) Gemeinschaften. So kann die flexible Demokratie in einem instrumentellen Verständnis der Unterstützung von Deliberationsprozessen dienen.246 Räumliche und zeitliche Grenzen können durch den Einsatz von Technik überwunden werden.

240

Abrufbar unter adhocracy.de (Stand: 1.8.2013). Abrufbar unter liquidfeedback.org (Stand: 1.8.2013). 242 Zu der unterschiedlichen Funktionsweise beider Software-Lösungen ausführlich Puppe, iX 7/2012, 76. Zu Bedienungsschwierigkeiten sowie zu dem Umstand, dass Stand 2012 lediglich ein Drittel der Mitglieder der Piratenpartei einen Account für die Beteiligungsplattform hat Wölbert, c’t 18/2012, 66. 243 Baumann, Der Standard vom 15.9.2012, S. 6; Palmer, Die Zeit vom 24.5.2012, www.zeit.de. 244 Leggewie, Der Freitag vom 2.8.2012, www.freitag.de. 245 Rogg, Demokratie und Internet, S. 144. 246 Zum Zusammenhang zwischen deliberativer und liquider Demokratie auch Leggewie, Der Freitag vom 2.8.2012, www.freitag.de sowie allgemein zur Identifizierung von „Präferenzen/Präferenzordnungen qua Diskurs“ Schaal, in: Brodocz/Llanque/Schaal, Bedrohungen der Demokratie, S. 353, 366. Allgemein zur IKT-Unterstützung thematisch beschränkter Meinungsbildungsprozesse Palmer, Die Zeit vom 24.5.2012, www.zeit.de. 241

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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Open Government geht über das Modell der liquid democracy hinaus. Die flexible Demokratie modifiziert und modernisiert den Willensbildungsprozess. Sie ist weniger umfassende Demokratietheorie als Instrument zur Realisierung der öffentlichen Willens- und Meinungsbildung. Open Government ist demgegenüber umfassendes Konzept, das weder auf die Phase der Willensbildung beschränkt ist, noch im Unverbindlichen verharrt. Liquid democracy kann demnach lediglich als Instrument des Open Government dienen, vor allem in Hinblick auf die Dimension der Partizipation.

h) Zusammenfassung Open Government reiht sich nahtlos in die Entwicklung der beteiligungsorientierten Demokratietheorien ein. Allen voran werden die Tradition des partizipativen und des komplexen Demokratieverständnisses aufgegriffen und Input- und Output-Legitimation kombiniert. Damit teilt der Open Government-Ansatz befürwortende Argumente ebenso mit den beteiligungszentrierten Demokratietheorien wie die Kritik. Einerseits wird auf die fehlende Partizipationsbereitschaft und -fähigkeit der Bevölkerung, die unzureichende Repräsentativität der sich Beteiligenden und den zu schwachen Willen des Staats zur Berücksichtigung der Partizipationsergebnisse verwiesen. Andererseits kann Beteiligung zur Legitimation der Staatsgewalt beitragen, vor allem zur Input-Legitimation. Die Bürger artikulieren ihre Interessen und nehmen am politischen Geschehen teil. Dies erhöht die Qualität der getroffenen Entscheidungen, sodass auf Seiten des politischen Output die stärkere Gemeinwohlorientierung und die Verbesserung von Effektivität und Effizienz der Entscheidung hinzutreten. Durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie will der Open Government-Ansatz das Gewicht der Vorteile gegenüber den Nachteilen der bisherigen beteiligungszentrierten Konzepte anheben. Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie soll – insoweit ähnlich der flexiblen Demokratie – die Artikulation und Aggregierung von Interessen erleichtern. Die Betonung der Offenheit des Open Government hebt die Bedeutung hervor, die die Offenheit staatlicher Stellen für das Konzept der Partizipation hat: Wirksame Partizipation setzt die Berücksichtigung der artikulierten Präferenzen voraus. Insofern nimmt die Idee des Open Government Anleihen bei der responsiven Demokratietheorie. Open Government betrachtet jedoch nicht nur Staat oder Bürger. Der Fokus liegt auf der Beziehung zwischen beiden. Der Dreiklang aus Transparenz, Partizipation und Kollaboration vereint wie die komplexe Demokratietheorie Input- und Output-Legitimation. Die Dimension der Kollaboration kann in pluralen Gesellschaften, in denen sich die Erzielung eines Konsenses zunehmend schwierig gestaltet, da es an einer gemeinsamen Identität fehlt, zur Steigerung von Effektivität und Effizienz beitragen.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Weder Partizipation und Kollaboration noch der Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologie ist der überkommenen Demokratietheorie fremd. Neu ist jedoch die umfassende Kombination der Ansätze. Betrachtet man die bisherigen Demokratietheorien mitsamt ihrer Rezeption, ist festzustellen, dass der Wert des Open Government-Ansatzes in der funktionalen Integration gesehen werden kann: Open Government nimmt nicht nur Input- und Output-Legitimation gleichermaßen in den Blick. Open Government ist auch insofern umfassend, als dass nicht Staat oder Gesellschaft betrachtet werden, sondern die Staat-BürgerBeziehung. Schließlich kombiniert Open Government auch das normativ zu verstehende Ziel der Öffnung des Staats mit den realen Möglichkeiten der Informa­ tions- und Kommunikationstechnik. IV. Schlussfolgerungen Die Idee des Open Government ist ursprünglich auf die Verwaltungstätigkeit beschränkt. Doch die Wirkungen reichen darüber hinaus, wie die enge Verknüpfung der Grundgedanken Transparenz, Partizipation und Kollaboration mit der Demokratietheorie zeigt. Grundideen der Demokratietheorien des 20.  Jahrhunderts werden im Lichte der technologischen Entwicklung fortgeführt.247 Die Idee des Open Government ist nach überzeugender Ansicht mehr als Verwaltungsmodernisierung. Sie erfasst und wandelt das gesamte Staat-Bürger-Verhältnis. Sie ist Demokratietheorie.248 Dementsprechend sind Transparenz, Partizipation und Kollaboration im Folgenden nicht nur als Säulen des Open Government anzusehen. Sie sind umfassende Zielbestimmungen, die die Beziehung zwischen Staat und Bürger prägen. Der Spielraum zur Zielverwirklichung mag im Rahmen der Verwaltungstätigkeit besonders groß sein. Eine Beschränkung auf die Verwaltungstätigkeit geht damit nicht einher. Dies gilt in besonderem Maße für das Ziel der Transparenz. Die Öffnung der Daten- und Informationsbestände ist nicht auf die Verwaltungstätigkeit zu begrenzen. Sie ist lediglich Ausgangspunkt. Die Transparenzforderung geht darüber hinaus. Gründe für eine Beschränkung sind nicht ersichtlich. Schließlich ist die Idee der Öffnung in ihrem Anwendungsbereich nicht auf die Verwaltung oder Verwaltungstätigkeit begrenzt. Vielmehr wirkt Öffentlichkeit positiv auf sämtliches Staatshandeln zurück. Der Blick auf die Demokratietheorie bestätigt dies. Denn Öffentlichkeit ist seit der Antike Fundament der Demokratie.

247

So auch Pasutti, in: Hill, Informationelle Staatlichkeit, S. 41, 47. Zum Problem der Bewertung von Nähe und grundlegenden Unterschieden in unterschiedlichen Demokratietheorien Lembcke/Ritzi/Schaal, in: Lembcke/Ritzi/Schaal, Zeitgenössische Demokratietheorie, S. 9, 16 ff. 248

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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1. Grundideen von Open Government im Lichte der Demokratietheorie In Folge des umfassenden Verständnisses von Open Government ist auch Open (Government) Data weit zu verstehen. Ziel ist die voraussetzungslose Gewährleistung der allgemeinen Zugänglichkeit und sekundären Nutzbarkeit von Daten und Informationen der öffentlichen Hand für jedermann. Open (Government) Data erfasst demnach diejenigen Daten- und Informationsbestände der öffentlichen Hand, die voraussetzungslos für jedermann allgemein zugänglich und nutzbar sind. Auch Transparenz, Partizipation und Kollaboration als Säulen des Open Govern­ ment sind als umfassende, sämtliches Staatshandeln erfassende Grundsätze zu konkretisieren: Transparenz als Teil des rechtlich wie normativ zu konstruierenden Öffentlichkeitsprinzips beschreibt demnach den Zustand der Offenheit, verstanden als Wahrnehmbarkeit von Verfahren, Vorgängen, Entscheidungen und Wirkungen für einen unbestimmten Personenkreis. Transparenz war, ist und bleibt zentrales legitimationsstiftendes Instrument. Die normative Forderung nach Verstehbarkeit ist hingegen nicht unmittelbar als notwendiger Bestandteil von Transparenz anzusehen. Verstehbarkeit ist vielmehr eigenständiges Prinzip, das für jegliches Staatshandeln Geltung beansprucht. Es ist nicht spezifisch mit der Forderung nach Transparenz verbunden. Partizipation erfasst dem umfassenden Verständnis zufolge die Teilnahme der Bürger, sei sie individuell, sei sie kollektiv, an der öffentlichen Willensbildung und Entscheidungsfindung. Sie geht über das konstituierende Beteiligungsminimum im demokratischen Verfassungsstaat hinaus. Um wirksam zu sein, fordert Partizipation zudem Responsivität des politischen Systems. Das Staatshandeln muss nicht nur offen, nicht nur zugänglich und einsehbar sein. Es muss zudem offen im Sinne von dialogfähig und -bereit sein. Hieran anschließende Partizipation kann der Durchsetzung eigener Interessen sowie der Erzielung besserer Entscheidungen dienen, da die Entscheidungsgrundlage breiter ist.249 Auch kann bürgerschaftliches Engagement gesamtgesellschaftlich integrierend wirken. Anders als Partizipation beschreibt Kollaboration250 das Zusammenwirken von Staat und Bürger bzw. sonstigen privaten Akteuren bei der Umsetzung von Ent 249 Dies entspricht dem primären Partizipationszweck in repräsentativen Systemen, vgl. Stichwort: Partizipation, in: Umbach/Prehl/Boldt, Meyers kleines Lexikon Politik, S.  314; Stichwort:  Partizipation, in: Nohlen/Schultze, Lexikon der Politikwissenschaft, S.  723. In direkt-demokratischen Systemen tritt die Funktion der Selbstverwirklichung hinzu. 250 Missverständlich wird die Beteiligung im Rahmen der Entscheidungsdurchsetzung teils als „bürgerschaftliche Partizipation“ im Gegensatz zur „politischen Partizipation“ bezeichnet, vgl. Kersting, in: Kersting, Politische Beteiligung, S. 11, 20.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

scheidungen.251 Das Zusammenwirken mehrerer Behörden, das vom alltagssprachlichen Kollaborationsverständnis erfasst wird, ist ebenfalls von Bedeutung, tritt bei der Betrachtung des Staat-Bürger-Verhältnisses jedoch in den Hintergrund. An die Seite der Partizipation, des Einbringens von Meinungen Privater, tritt das­ Einbringen von Fähigkeiten. Der Einzelne wird zum Mitgestalter. Stärker als die Partizipation kann Kollaboration integrierend wirken, da sie nicht zwingend auf den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie angewiesen ist. Kollaboration ist Selbstzweck, da sie die Freiheit zum Ausdruck bringt, gesellschaftliche Angelegenheiten eigenverantwortlich und freiheitlich zu regeln. 2. Öffentlichkeit als Fundament Die Demokratietheorie bestätigt auch das Verhältnis der Strukturmerkmale Transparenz, Partizipation und Kollaboration, das im Rahmen des Open Government entwickelt wurde: Öffentlichkeit ist Grundvoraussetzung eines demokratischen Verfassungssystems. Dass Öffentlichkeit Voraussetzung der Willensbildung und somit auch der demokratischen Rückkopplung ist, ist seit jeher anerkannt. Lediglich über den Umfang der herzustellenden Öffentlichkeit gingen und gehen die Meinungen auseinander. Dies gilt umso mehr, als dass neben den Zustand des Offenseins nach und nach weitere Bedeutungsebenen der Öffentlichkeit traten. Dieser grundlegenden Bedeutung der Öffentlichkeit entsprechend ist Transparenz als Fundament der Open Government-Prinzipien anzusehen, Partizipation und Kollaboration als darauf aufbauende Säulen. Transparenz ist Voraussetzung von Partizipation und Kollaboration.252 Dies gilt zumindest, wenn man die Wirksamkeit der entsprechenden Maßnahmen einfordert. Denn ohne Daten und Informationen fehlt jeder Partizipation sowie jeder Kollaboration die informatorische Grundlage. Diese Annahme ist den beteiligungsorientierten Demokratietheorien inhärent. Sie gehen, teils ohne es zu explizieren, von der Zugänglichkeit der erforderlichen Informationen aus. Öffentlichkeit im Sinne von Zugänglichkeit leistet somit ein Zweifaches: Die Öffnung des Staats gegenüber dem Bürger hat

251 Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 23 beschreibt den in­ haltlichen Anwendungsbereich mit „unterschiedlichen Formen der Rechtserzeugung, Rechtskonkretisierung und des Rechtsvollzugs“. Schlagwortartig auch Schliesky/Schulz u. a., „Arbeitsteilung 2.0“, S. 18: Die Konturen des Open Government-Begriffs sind unscharf, „weil nicht hinreichend zwischen arbeitsteiligen Prozessen zwischen Staat und Gesellschaft (Kollaboration) und der Mitwirkung an staatlichen Entscheidungsprozessen (Partizipation) differenziert wird.“ 252 BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S.  28; Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 38. Auch technisch beginnt die Entwicklung des E-Government mit der Stufe „Information“. Weitere Entwicklungsstufen sind Kommunikation, Transaktion, Partizipation und Integration, vgl. Wirtz/Piehler, in: Wirtz, E-Government, S. 3, 12.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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Eigenwert. Und sie ist Voraussetzung weiterführender Partizipation und Kollaboration.253 Transparenz ist demokratisches Ideal und Instrument zugleich.254 Diese zweifache Zielsetzung spiegelt sich im alltagssprachlichen Verständnis von Open Data der öffentlichen Hand wider. Indem einerseits die aktive Öffnung staatlicher Daten- und Informationsbestände gefordert wird, wird auf Transparenz als Wert Bezug genommen. Zugleich wird Transparenz zur Voraussetzung der Verwirklichung von Partizipation und Kollaboration.255 Die Informations- und Kommunikationstechnologie spielt im Rahmen dieser Entwicklung eine doppelte Rolle. Einerseits ermöglicht erst der technologische Fortschritt die praktische Umsetzung der Dimensionen Transparenz, Partizipation und, wenn auch in geringerem Maße, Kollaboration. Andererseits führt die technologische Entwicklung zu Veränderungen und Umwälzungen, die das überkommene Staat-Bürger-Verhältnis und die Demokratie als Staats- und Lebensform herausfordern. Die technologische Entwicklung ist Instrument und (Mit-)Ursache des Wandels. V. Exkurs: Interdisziplinarität in der Rechtswissenschaft In der Rechtswissenschaft ist im Nachgang zur Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Interpretation einerseits und dem Streit um den Rekurs auf Entstehungs- oder Geltungszeitpunkt andererseits umstritten, ob und wenn ja, in welchem Umfang die Realität und die Behandlung der Realität in anderen Wissenschaftsdisziplinen Eingang in die rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung finden darf, insbesondere in Auslegung und Anwendung des Rechts.256 Von der

253 Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 154. Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 423–425 verweist darauf, dass Information der Beginn von Kommunikation ist. „Das mobilisiert nicht nur die Bürger zur Teilnahme an der Verwaltung, sondern verlangt auch von der Verwaltung eine aktive Einlassung auf solche Kommunikation.“ 254 Allgemein zum instrumentalen Charakter Janda, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S. 11, 16. 255 Janda, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S.  11, 22.  Zum Zusammenhang von Open Government Data und Transparenz Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 11. Zum Verhältnis von Transparenz zu Partizipation (und Kollaboration) Wirtz/Nitzsche, V&M 16 (2010), 209, 210; Lucke, V&M 15 (2009), 326, 327; Kubicek/Lippa, V&M 15 (2009), 305, 309. 256 Grundlegend zur Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Methode sowie der Bezugnahme auf Entstehungs- oder Geltungszeitpunkt Schneider, in: VVDStRL, Bd. 20 (1963), S. 1, 10 ff. Insbesondere zur Fortentwicklung des Verfassungsrechts Ehmke, in: VVDStRL, Bd. 20 (1963), S. 53, 62 ff.; zur Herleitung der Fortentwicklung der Rechtsordnung aus dem Demokratieprinzip Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 192 ff. Ebd., S. 198, zur Notwendigkeit der Auslegung von Rechtsnormen „nach den zum Zeitpunkt der Auslegung herrschenden Wertund Gerechtigkeitsüberzeugungen.“ Den „Umstand der Geschichtlichkeit von Rechtsnormen“

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Antwort auf die Frage nach der so verstandenen Interdisziplinarität257 hängt ab, inwieweit die demokratietheoretischen Erkenntnisse Eingang in die Interpretation des Verfassungsrechts finden können.258 1. Positivistische Methode In der Tradition des Gesetzespositivismus, der die Entwicklung der Rechtswissenschaft im Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg prägte und der sich noch heute in der Praxis findet, ist die Berücksichtigungsfähigkeit nicht-rechtswissenschaftlicher Erkenntnisse abzulehnen.259 Dem juristischen Positivismus zufolge ist die Rechtswissenschaft erstens Wissenschaft und zweitens Normwissenschaft:260 Sie ist abgeschlossenes System. Aus diesem aus Normtexten bestehenden, lückenlosen System lassen sich Antworten auf alle Rechtsfragen ableiten, ohne dass auf die Realität oder die Erkenntnisse aus anderen Wissenschaftsdisziplinen zurückgegriffen werden muss.261 Politikwissenschaftliche Erwägungen, etwa zum Legitimationsniveau durch Input und Output sind irrelevant.262 Das Grundgesetz und mit ihm das Demokratieprinzip sind in der Rechtsdogmatik – anders als in der Rechtspolitik – allein auf Grundlage und im Rahmen des Normtexts zu verstehen.263 Zur Begründung wird auf die Eigenständigkeit und Geschlossenheit des Rechtssystems verwiesen: Der Gesetzestext sei alleiniger Bezugspunkt der Rechtsanwen­ leitet aus dem Vorrang der objektiven Methode ab Heckmann, Geltungskraft und Geltungs­ verlust von Rechtsnormen, S. 6. 257 Zum Verständnis der Interdisziplinarität als Zusammenarbeit der wissenschaftlichen Disziplinen einerseits und Rezeption der Erkenntnisse aus anderen Wissenschaftsdisziplinen im Rahmen der normativen Wirklichkeitsbeschreibung andererseits Trute, in: Schulze-Fielitz, Staatsrechtslehre als Wissenschaft, S. 115, 125. 258 Ausführlich Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Medien­ gesellschaft, S. 49 m. w. N. 259 Zur Abhängigkeit der Methode der Rechtsanwendung von der Rechtsordnung Haack, Der Staat 49 (2010), 107, 121. Zur Trennung von Recht und Politik in positivistischer Tradition Voßkuhle, in: Schulze-Fielitz, Staatsrechtslehre als Wissenschaft, S. 135, 135 f. Zur Fortwirkung des Rechtspositivismus Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn. 75. Zur juristischen Methode, deren Kritik und der Methodenvielfalt der Rechtswissenschaften Hoffmann-Riem, in: HoffmannRiem, Offene Rechtswissenschaft, S. 35, 39 ff. Als herausragende Vertreter des Gesetzespositivismus sind Paul Laband und Bernhard Windscheid anzusehen. Fortgeführt wurde deren Erbe von der Strömung um Hans Kelsens „Reine Rechtslehre“. Hierzu Kelsen, Reine Rechtslehre. Das Recht ist für Kelsen normativer Rahmen der Rechts­findung, vgl. Martens, Rechtstheorie 42 (2011), 145, 148. Ausführlich Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 69 ff. 260 Kelsen, Reine Rechtslehre. Hierzu Bethge, Die Verwaltung 43 (2010), 429, 431 f.; Appel, in: VVDStRL, Bd. 67 (2008), S. 226, 231 ff.; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 69 ff. 261 Nachweise bei Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn. 78 ff. 262 Schmitt Glaeser, in: VVDStRL, Bd. 31 (1973), S. 179, 261. In Rezeption von Kelsens Wissenschaftsverständnis Dreier, in: Schulze-Fielitz, Staatsrechtslehre als Wissenschaft, S. 81, 83. 263 Vgl. die Nachweise bei Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 50 f. Zur Trennung von Rechtsdogmatik und Rechtspolitik Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 486.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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dung und Rechtsauslegung. Dies stelle die Wissenschaftlichkeit des Rechts sicher.264 Die Erkenntnisse aus Realität und anderen Wissenschaften seien abschließend durch den Gesetzgeber in das System des Rechts zu integrieren.265 Da die Rechtssetzung interdisziplinäre Erkenntnisse derart einbeziehen könne, bestehe kein Bedürfnis, sie bei der Rechtsanwendung zu berücksichtigen. Zudem könne nur auf diese Weise der rechtsstaatlichen Forderung nach Objektivität und Rechtssicherheit Genüge getan werden. Die Trennung von Recht und Realität sei lediglich im Rahmen der Subsumtion gelockert, die jedoch ihrerseits strikt an die Auslegungsmethoden Savignys und die Regeln der Logik gebunden sei. 2. Geisteswissenschaftliche Methode Dem ist mit der geisteswissenschaftlichen Methode überzeugend entgegenzutreten. In historischer Argumentation verkennt der Gesetzespositivismus bereits, dass die Auslegungsregeln Savignys nicht für das öffentliche Recht, sondern für das Privat- und Strafrecht konzipiert wurden. Die in der Verfassung enthaltenen Formulierungen genügen nicht den Anforderungen, die an einen formallogisch zu behandelnden Obersatz zu stellen sind, der Grundlage eines Subsumtionsvorgangs ist.266 Wissenschaftstheoretisch sind Zweifel am Gesetzespositivismus begründet, weil er weder den Charakter einer Wissenschaft noch das Erfordernis der Geschlossenheit belegt. Zudem ist den Grundannahmen des Positivismus der Bezug des Rechts auf eine soziale und politische Ordnung entgegenzuhalten.267 Rechtsanwendung wie -auslegung setzen eine normative Beschreibung des Bereichs voraus, auf den sie angewendet werden sollen.268 Eine vollständige Trennung von Sein und Sollen ist nicht möglich.269 Die Realität verändert das Recht und das Recht die Realität. Das Recht ist Ordnungsmodell, das auf die Wirklichkeit, verstanden als zu ordnender Sachbereich bezogen ist. Diese Wirklichkeit ist mithilfe der Erkenntnisse anderer Wissenschaften zu konkretisieren.270 264

Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn. 84. Haack, Der Staat 49 (2010), 107, 121 m. w. N.; Dreier, in: Schulze-Fielitz, Staatsrechtslehre als Wissenschaft, S. 81, 83. 266 M.w.N. Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn. 90, 92. 267 Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn. 83; Stein, in: AK-GG, Einleitung II Rn. 6 f. 268 Trute, in: Schulze-Fielitz, Staatsrechtslehre als Wissenschaft, S. 115, 129. Allgemein zur Bedeutung von Sachelementen in der Rechtskonkretisierung Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn. 34 ff. 269 Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn.  84; Schulze-Fielitz, in: Schulze-Fielitz, Staatsrechtslehre als Wissenschaft, S. 11, 15; Ladeur, RabelsZ 64 (2000), 60, 65 ff.; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 73, 132. 270 Schulze-Fielitz, in: Schulze-Fielitz, Staatsrechtslehre als Wissenschaft, S. 11, 15; Trute, in: Schulze-Fielitz, Staatsrechtslehre als Wissenschaft, S. 115, 129 f. Ähnlich Vesting, Jura 2001, 299, 302; Ladeur, RabelsZ 64 (2000), 60, 67. Kritisch Larenz, Methodenlehre der Rechts­ wissenschaft, S. 132 f. 265

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Dies findet im Recht und in der Rechtsanwendung bereits Bestätigung. So nimmt das einfache Recht vielerorts auf die Erkenntnisse anderer Wissenschaften Bezug, etwa in Formulierungen wie dem „Stand der Technik“ oder unbestimmten Rechtsbegriffen wie der „Sittenwidrigkeit“.271 Gerade über Brückenbegriffe bzw. interdisziplinäre Verbundbegriffe, d. h. über Begriffe, die in mehreren Wissenschaften Verwendung finden, ist eine Integration außerrechtlicher Begriffe in das System des Rechts möglich.272 Zudem nimmt das Bundesverfassungsgericht auf inter­disziplinäre Erkenntnisse und deren Realitätsbeschreibung Bezug. Das Bundesverfassungsgericht fungiert somit als Motor des Verfassungswandels.273 In besonderem Maße zeigt sich dies an den Grundrechten, speziell an der Menschenwürde oder dem Rundfunkrecht: Die tatsächlichen, realen Folgen eines lebenslangen Freiheitsentzugs werden auf Sachbereichsebene der Menschenwürde behandelt.274 In der fünften Rundfunk-Entscheidung formuliert das Bundesverfassungsgericht:275 „Inhalt und Tragweite verfassungsrechtlicher Begriffe und Bestimmungen hängen (auch) von ihrem Normbereich ab; ihre Bedeutung kann sich bei Veränderungen in diesem Bereich wandeln. […] Soll die Rundfunkfreiheit in einer sich wandelnden Zukunft ihre normierende Wirkung bewahren, dann kann es nicht angehen, nur an eine ältere Technik anzuknüpfen […].“

Inzwischen ist die Bezugnahme auf den Normbereich, d. h. auf die von der Norm erfasste und geregelte Wirklichkeit ständige Rechtsprechung, gerade im Verfassungsrecht.276 Die in der Diktion Friedrich Müllers als „Normbereichs­analyse“277

271 Zur Unmöglichkeit, unbestimmte Rechtsbegriffe und Generalklauseln nach Regeln zu konkretisieren, die dem positivistischen Wissenschaftsbegriff genügen, wenn auch im Rahmen der Wertungsjurisprudenz Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 120 f. Ebd., S. 132 f., auch zur Kritik am Begriff der „Natur der Sache“. 272 Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 585; Trute, in: Schulze-Fielitz, Staatsrechtslehre als Wissenschaft, S. 115, 127. 273 Möllers, VerwArch 90 (1999), 187, 196 m. w. N. 274 BVerfG, Urt. v. 21.6.1977 – 1 BvL 14/76 – LS 3 – BVerfGE 45, 187. Beispiel nach Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn. 36 ff. Für die Verwaltung wird die Rückbindung an die soziale Realität insbesondere bei der Einbeziehung der Sozialstaatsklausel als Auslegungsmaxime relevant, vgl. auch Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 88. 275 BVerfG, Urt. v. 24.3.1987 – 1 BvR 147/86 u. a. – juris Rn. 132 – BVerfGE 74, 297. 276 Zur zeitlichen Dimension des Wandels bereits BVerfG, Urt. v. 4.11.1986 – 1 BvF 1/84 – juris Rn. 3 ff. – BVerfGE 73, 118. Zur Bezugnahme auf den Normbereich BVerfG, Urt. v. 5.2.1991 – 1 BvF 1/85 – LS 1c – BVerfGE 83, 283; BVerfG, Beschl. v. 14.2.1973 – 1 BvR 112/65 – juris Rn. 41 – BVerfGE 34, 269; im Kontext der richterlichen Rechtsfortbildung statt aller BVerfG, Beschl. v. 28.7.2010 – 1 BvR 2133/08 – LS 1b. Allgemein zur Entwicklungsoffenheit Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 24 ff. sowie zur Anerkennung der Entwicklungs- und Zukunftsoffenheit Appel, in: VVDStRL, Bd.  67 (2008), S.  226, 231; HoffmannRiem, Modernisierung von Recht und Justiz, S. 171 ff. 277 Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn. 67e. Allgemein zum Normbereich Müller/ Christensen, Juristische Methodik, Rn. 235 ff. Dies rezepierend Stein, in: AK-GG, Einleitung II Rn. 21.

1. Kap.: Open Government Data und Open Government

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zu bezeichnende Analyse des vom Gesetz geregelten Teils der Wirklichkeit findet sich unausgesprochen in beinahe jeder Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, auch jenseits von Menschenwürde und Rundfunkfreiheit. Die Normbereichsanalyse gewinnt umso größere Bedeutung, je umfassender der Wandel von Gesellschaft und Realität im jeweiligen Normbereich ist.278 Die Bezugnahme auf die Wirklichkeit auch durch die Rechtsprechung ist dabei notwendig, um die Funktionsfähigkeit des Rechts aufrechtzuerhalten. Denn das Recht bedarf, um wirksam zu sein, der Akzeptanz seitens der Normunterworfenen. Dies setzt ihrerseits die Interdependenz von Recht und Realität voraus.279 Angesichts des ständigen Wandels der Realität hat das Recht der Realität und ihrer Analyse durch andere Wissenschaften Rechnung zu tragen.280 Dies gilt angesichts der Knappheit und Interpretationsoffenheit des Verfassungstexts auf der einen Seite, der ständigen Fortentwicklung seines Bezugspunkts auf der anderen Seite in besonderem Maße für das Verfassungsrecht.281 Auch aus diesem Grund ist es der Rechtswissenschaft nicht nur nicht verwehrt, auf interdisziplinäre Erkenntnisse zurückzugreifen, etwa der Sozial- und Politikwissenschaft. Ein solcher Rückgriff ist vielmehr geboten, um die Funktionsfähigkeit des Rechts aufrechtzuerhalten.282 Die außerrechtlichen Erkenntnisse sind dabei mit den Mitteln des Rechts in das System des Rechts zu integrieren. Schließlich verändern auch Vorverständnis und Erkenntnisregeln das Verständnis und damit die als Wahrheit erkannte Wirklichkeit.283

278

Allgemein Ladeur, RabelsZ 64 (2000), 60, 65 f. Zum Begriff „Normbereich“ Stein, in: AK-GG, Einleitung II Rn. 21; Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem, Sozialwissenschaften im Studium des Rechts, S. 1, 10. 279 Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 194 f. 280 Hierzu Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem, Offene Rechtswissenschaft, S. 3, 23: „Vielmehr könnte die gefilterte Aufnahme sozialwissenschaftlicher Wissensbestände ein Ventil für den Modernisierungsdruck der Gesellschaft geschaffen haben.“ Allgemein zur Notwendigkeit, dass sich das Recht den „Anforderungen der Zeit“ stellt Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 194. 281 Ehmke, in: VVDStRL, Bd.  20 (1963), S.  53, 62 ff. Im Ergebnis ebenso Schneider, in: VVDStRL, Bd. 20 (1963), S. 1, 50, der die Verfassungsinterpretation als „die Verwirklichung des realen, sich in Raum und Zeit entfaltenden Willens eines Verfassungsgebers“ ansieht. 282 Zum Verlust der Normativität im Positivismus Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn.  83. Zum in der Vergangenheit liegenden Geltungsgrund der Normativität Möllers, VerwArch 93 (2002), 22, 25. Allgemein Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem, Offene Rechtswissenschaft, S.  3, 15 ff.; Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 493 ff.; Schulze-Fielitz, in: Schulze-Fielitz, Staatsrechtslehre als Wissenschaft, S. 11, 15; Hoffmann-Riem, Modernisierung von Recht und Justiz, S. 169; Ladeur, RabelsZ 64 (2000), 60, 78; Möllers, VerwArch 90 (1999), 187, 203 ff. 283 Grundlegend zum hermeneutischen Zirkel Ladeur, RabelsZ 64 (2000), 60; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 33 ff. m. w. N.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

3. Zusammenfassung Über Brückenbegriffe wie Demokratie können, ja müssen Erkenntnisse anderer Wissenschaftsdiszi­plinen in das Recht eingeführt werden. Die Normkonkretisierung erschöpft sich nicht in formallogischen Schlüssen, die dem Normtext entnommen werden. Vielmehr kann nicht nur Rechtssetzung, sondern auch Rechtsanwendung nicht ohne eine normative (Re-)Konstruktion der Wirklichkeit gedacht werden. Auf diesem Weg finden interdisziplinäre Erkenntnisse Eingang in das Recht. Eine unmittelbare Integration außerrechtlicher Erkenntnisse ist dabei nicht möglich. Eine Transformation in den Kontext des Rechts ist mit den Mitteln des Rechts zu bewerkstelligen, um den spezifischen rechtlichen Bedeutungsgehalt zu identifizieren.284 Bestätigung findet dieses Ergebnis in der neuen Systemtheorie. Eine Filterung und Transformation fachfremder Erkenntnisse dahingehend, dass sie dem rechtlichen Erkenntnisinteresse entsprechend in das Recht integriert werden können, ist auch auf Grundlage der neuen Systemtheorie von Niklas Luhmann möglich.285 Der neuen Systemtheorie zufolge sind Systeme nur mehr operativ geschlossene Systeme. Soziale Systeme, wie es auch das Recht ist, sind demnach nicht allein durch die Fähigkeit zur Selbsterhaltung, zur Autopoiesis 286, und damit durch Geschlossenheit geprägt.287 Sie können miteinander kommunizieren. Allerdings müssen dazu die rechtsfremden Erkenntnisse mit den Mitteln des Rechts in das eigene System eingegliedert werden.288 In der Terminologie Luhmanns ist dieser Prozess als strukturelle Kopplung zu bezeichnen.289 284 Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem, Offene Rechtswissenschaft, S. 3, 17 ff.; Trute, in: Schulze-Fielitz, Staatsrechtslehre als Wissenschaft, S. 115, 127; Vesting, Jura 2001, 299, 301. Zum Problem der noch kaum ausgebildeten Transformationskriterien Möllers, VerwArch 93 (2002), 22, 27; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.  50 ff. Im Ergebnis wohl ebenso Ehmke, in: VVDStRL, Bd. 20 (1963), S. 53, 61, der die geisteswissenschaftliche Methode als „erkenntnistheoretische Grundlage einer problem- und damit sachbezogenen juristischen Interpretationslehre“ ansieht, sie „aber nicht selbst Interpretationslehre“ sein lässt. 285 Grundlegend Luhmann, Das Recht der Gesellschaft; erläuternd Schröder, Rechtstheorie 39 (2008), 231, 233 ff.; Vesting, Jura 2001, 299, 300 ff. Am Beispiel der Integration der Steuerungs- in die Verwaltungsrechtswissenschaft Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 485 ff. Nachweise zur Kritik an der Anwendung der Systemtheorie auf das Recht Möllers, VerwArch 93 (2002), 22, 38 f. 286 „Autopoiesis“, zusammengesetzt aus dem Griechischen autos (selbst) und poiein (machen), beschreibt die Fähigkeit, sich selbst zu reproduzieren, vgl. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 447. Das Konzept ist der Biologie entnommen. Zusammen mit Homöostase (Selbstregulierung) und Evolution (Fortentwicklung) charakterisiert sie für Luhmann ein soziales System. 287 Zu Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, S. 38 ff. vgl. Vesting, Jura 2001, 299, 301. Zur Entwicklung von der klassischen zur finalen Systemtheorie („autopoietische Wende“) Röhl/ Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 445 ff. Ausführlich zum Recht als soziales System Schulte, Eine soziologische Theorie des Rechts. 288 Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 447. 289 Zu Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, S. 441 ff. vgl. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 449; umfassend zur neuen Systemtheorie auch Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 56 ff. Die Fähigkeit von Systemen zur Kommunikation wird als „kognitive Offenheit“ bezeichnet.

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung 

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Dies bestätigt, dass dem Recht Ignoranz gegenüber anderen Wissenschaften fremd ist.290 Verfassungs- wie Verwaltungsrechtswissenschaft können nicht nur auf Konzepte und Theorien aus anderen Wissenschaftsdisziplinen zurückgreifen. Sie müssen es sogar.291 Erforderlich ist eine reflektierte Übernahme mithilfe rechtlicher Regeln, die die Transformation außerrechtlicher Erkenntnisse in das System des Rechts leiten. Entwickelte man keine Kriterien, verkäme die rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit realen Problemen und Entwicklungen zu einer Kapitulation vor der „Kraft des Faktischen“292. Dies ließe die rechtswissenschaftlichen Aussagen bestenfalls inhaltsleer, wenn nicht gar als Torpedierung von Entwicklungspotenzial wie -notwendigkeit des Rechts erscheinen.293 In Zeiten der sich beschleunigenden Modernisierung und des gesellschaftlichen Wandels ist die Anschluss- und Anpassungsfähigkeit des Rechts unverzichtbar.

2. Kapitel

Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung Die Forderung nach einer Öffnung des Staats gegenüber dem Bürger reicht weiter zurück als zum Inkrafttreten des Grundgesetzes oder dem Vormarsch der Informations- und Kommunikationstechnologie, auch wenn beide wichtige Ansatzpunkte der aktuellen Forderung nach einem Mehr an Transparenz sind. Seit der Antike ist Öffentlichkeit Voraussetzung von Demokratie und Republik, in jüngerer Zeit auch des Rechtsstaats.294 Im Liberalismus des 19. Jahrhunderts, der den Konstitutionalismus zu überwinden und in Fortführung der Aufklärung 290 In Anlehnung an die Formulierung bei Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 51. Den Rechtspositivismus als „inadäquate Theorie“ bezeichnet Alexy, Der Staat 50 (2011), 389, 404. Für den Bereich der Staatsrechtswissenschaft Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463. 291 Statt aller Möllers, VerwArch 93 (2002), 22, 60; Denninger, in: Hoffmann-Riem, Sozial­ wissenschaften im Studium des Rechts, S.  33, 34. Die Rechtswissenschaft darf „die Realität nicht durch Fiktionen“ ausblenden, so Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem, Sozialwissenschaften im Studium des Rechts, S. 1, 10. 292 Hierzu mit Verweis auf Georg Jellinek auch Möllers, VerwArch 93 (2002), 22, 27. Ebd., S. 31 f., zum Fehlen von Bewertungskriterien für die Relevanz des Demokratieprinzips. Nach Ladeur, RabelsZ 64 (2000), 60, 65 kann die „‚Anpassung an die Wirklichkeit‘ nicht in der Aufgabe der Autonomie des Rechts bestehen […]“. 293 Hoffmann-Riem, Die Governance-Perspektive in der rechtswissenschaftlichen Innovationsforschung, S. 47; Vesting, Jura 2001, 299, 304; Denninger, in: Hoffmann-Riem, Sozialwissenschaften im Studium des Rechts, S. 33, 34 f. Zu dieser Ansicht im Kontext der Verwaltungsrechtswissenschaft Appel, in: VVDStRL, Bd.  67 (2008), S.  226, 233; Eifert, in: VVDStRL, Bd. 67 (2008), S. 286, 292. 294 Wegener, Der geheime Staat, S. 198; Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 331 ff.; Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 383 ff.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

das Transparenzideal in allen Staatsgewalten zu verwirklichen suchte, erreichte die Forderung nach einem Mehr an Transparenz jedoch neue Popularität.295 Die damaligen Forderungen sind inzwischen vielfach Realität. So ist die Öffentlichkeit der Verhandlungen vor Gericht oder im Parlament inzwischen selbstverständlich. In Judikative und Legislative gilt Öffentlichkeit als zumindest dem Grunde nach gewährleistet.296 Nicht durchgesetzt hat sich die Verfassungsbewegung des 19. Jahrhunderts hingegen mit dem Ziel der Öffnung auch der Verwaltung.297 Die Öffnungstendenzen der vergangenen Jahre beziehen sich dementsprechend im Wesentlichen auf die Verwaltungstätigkeit, auch wenn die Öffnung des Staats nicht hierauf beschränkt werden kann. Informationszugangsrechte gegenüber der Verwaltung existieren in zunehmendem Umfang. Das Informationszugangsrecht, worunter im juristischen Sprachgebrauch meist nur der Zugang zu Verwaltungsinformationen verstanden wird,298 ist seit dem Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes dem Grunde nach anerkannt. Trotz dieser Erfolgsgeschichte von Öffentlichkeit und Transparenz wird der Ruf nach einer weiteren Öffnung des Staats durch die Entwicklung des Internet lauter. Wie der Gesetzgeber hierauf reagierte [2. Teil, 2. Kap. A.] und wie die Forderung nach der Offenlegung von Informationen rechtspolitisch begründet wird [2. Teil, 2. Kap. B.], soll im Folgenden dargestellt werden.

A. Schlaglichter der Gesetzgebung Der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat lebt von Öffentlichkeit. Ohne Öffent­ lichkeit wäre er weder freiheitlich noch demokratisch noch rechtsstaatlich.299 Zuerst setzte sich diese Erkenntnis in der Rechtsprechung durch. Inzwischen gehen die maßgeblichen Impulse von der Gesetzgebung aus. Der Integration der Bundesrepublik in supra- und internationale Gemeinschaften sowie der wachsenden Bedeutung der Rechtsvergleichung entsprechend ist der Blick nicht nur auf den bundesrepublikanischen Gesetzgeber zu richten. Dies gilt umso mehr, als dieser als „Nachzügler“ bei der Öffnung des Staats gilt.300 Hingegen wird ihm im 295

Wegener, Der geheime Staat, S. 294 f.; Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 205 ff. Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  79 ff. m. w. N.; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 193. M.w.N. auch Weber, RDV 2005, 243, 250. 297 Statt aller Weber, RDV 2005, 243, 244. 298 Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  20: „Informationszugangsrecht“ kennzeichnet allein das Zugangsrecht Privater gegenüber Regierung und Verwaltung. Teils ist das Verständnis sogar noch enger, indem nur voraussetzungslose Zugangsrechte als erfasst gelten. Diesem einengenden Verständnis ist jedoch angesichts der historischen Entwicklung der Informationszugangsansprüche und ihrer begrifflichen Weite nicht zu folgen. 299 Statt aller Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit, S.  217; Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 215. Ausführlich 4. Teil, 2. Kap. (Demokratie) und 4. Teil, 4. Kap. (Rechtsstaat). 300 Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn.  28; Sydow, NVwZ 2008, 481, 481; Kloepfer/ Lewinski, DVBl. 2005, 1277, 1277; Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 437; Gurlit, 296

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung 

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Datenschutzrecht, einem berechtigten Interesse, das der Öffnung entgegenstehen kann, eine Vorreiterrolle zugesprochen.301 I. Entwicklung auf Bundesebene Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Grundgesetzes war die Bundesrepublik vom Grundsatz des Amtsgeheimnisses beherrscht. Zwar sind Öffentlichkeit und mit ihr Transparenz in der freiheitlich-demokratischen Verfassungskonzeption des Grundgesetzes konstituierende Voraussetzungen. Doch auch ihre Antagonisten, Privatheit und Vertraulichkeit, schützt das Grundgesetz. Noch Jahrzehnte nach Inkrafttreten des Grundgesetzes schlug das Pendel in Richtung Geschlossenheit. 1. Vom Amtsgeheimnis zum voraussetzungslosen Informationszugang und der Weiterverwendbarkeit der Informationen a) Informationszugang Der Grundsatz des Amtsgeheimnisses prägte in den ersten Jahrzehnten des Bestehens der Bundesrepublik die Informationsbeziehungen zwischen Staat und Bürger, gerade zwischen Verwaltung und Bürger. Die im Grundsatz des Amtsgeheimnisses zum Ausdruck kommende Arkantradition ist Erbe des Konstitutionalismus. Als Begründer der Idee der arcana imperii, des geheimen Wissens, über das ein Herrscher verfügen und das er anwenden muss, um die Staatsinteressen zu wahren, gilt Publius Cornelius Tacitus.302 Öffentlichkeit herzustellen, war allein Aufgabe der Legislative. Die Exekutive hatte in Kammern und Kabinetten und damit unter Ausschluss der Öffentlichkeit das Allgemeininteresse durchzusetzen, sowie die bestehende Ordnung und ihre eigene Unparteilichkeit zu bewahren.303 Nicht einmal die Beteiligten im Verwaltungsverfahren hatten einen Anspruch auf Akteneinsicht.304 Die Verwaltung hatte freies Ermessen bei der Gewährung DVBl. 2003, 1119, 1127; Bull, ZG 2002, 201, 201. Die späte Öffnung kritisch hinterfragend Schmitz/Jastrow, NVwZ 2005, 984, 986. Zur Gefahr der Rechtsvergleichung, den staatsorganisatorischen und kulturellen Zusammenhang auszublenden Möllers, VerwArch 93 (2002), 22, 53. 301 Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 387. 302 Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn.  12; Gröschner, in: VVDStRL, Bd.  63 (2004), S. 344, 347 m. w. N.; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 193; Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 212 m. w. N. Ebd., S. 213, auch zur Abgrenzung von „arcana imperii“ und „ratio status“: Während erstere die „gute Staatsräson“ verkörpert, bezeichnet letztere die „schlechte Staatsräson“. Allgemein zur Abkehr von der Arkanverwaltung auch Kloepfer, K&R 2006, 19, 21; Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 349, 378. 303 Bräutigam, DVBl. 2006, 950, 950; Weber, RDV 2005, 243, 244; Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 384 f. m. w. N.; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 194. 304 Rossi, in: IFG, Einleitung Rn. 1 m. w. N.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

des Informationszugangs, was zur willkürlichen Ausübung desselben und dem Vorwurf führte, dass das Amtsgeheimnis eine schlichte Attitüde der Exekutive darstellt. Trotz der liberalen Forderungen nach Öffnung etablierte sich die arcana imperii als Ordnung des Staat-Bürger-Verhältnisses. Sie verfestigte die bestehende Herrschaft und beförderte die Herausbildung des Berufsbeamtentums.305 Der Grundsatz der beschränkten Aktenöffentlichkeit konnte sich nur langsam aufgrund einzelner Impulse aus Rechtsprechung und Gesetzgebung durchsetzen.306 Es dauerte bis ins Jahr 1977, bis die Rechtsordnung des Bundes mit § 29 VwVfG erstmals einen verfahrensabhängigen Anspruch auf allgemeine Akteneinsicht ge­ währte.307 Nach und nach wurden die allgemeinen Vorgaben des Verwaltungsverfahrensgesetzes durch bereichsspezifische Regelungen ergänzt, z. B. die Grundbuch­ einsicht nach § 12 Abs. 1 GBO oder die Auskunft des Betroffenen nach § 19 BDSG.308 Einsichtsrechte in Gerichtsverfahren traten hinzu, so §§ 35a, 35b BVerfGG, § 100 Abs. 1 VwGO, § 147 StPO und §§ 299, 760 ZPO. Sie alle machen die Gewährung von Auskunft oder Informationszugang von formellen („berechtigtes Interesse aufgrund Verfahrensbeteiligung“) oder materiellen („berechtigtes Interesse aufgrund Selbstbetroffenheit“) Voraussetzungen abhängig. Lediglich bei Großprojekten mit einer Vielzahl Betroffener lockerte der Gesetzgeber Jahre später das Erfordernis der Geltendmachung eines berechtigten Interesses, um möglichst weiten Teilen der Bevölkerung die Partizipation zu ermöglichen, etwa § 73 Abs. 2 VwVfG, § 3 Abs. 2 BauGB, § 10 Abs. 3 BImSchG und § 7 Abs. 4 AtG.309 Parallel entwickelte die Rechtsprechung ein ungeschriebenes, interessenabhängiges Recht auf Informationszugang in Form eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der aktenführenden Behörde über das Informationsbegehr. Die materiellen Voraussetzungen sanken in dem Maße, in dem der Gesetzgeber Auskunfts- und Einsichtsrechte positiv normierte: Während 1968 der Anspruch von einem qualifizierten Interesse abhing, d. h. davon, ob „ein eigenes, gewichtiges und auf andere Weise nicht zu befriedigendes Interesse des Antragsstellers“310 305 Instruktiv Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 193 f. m. w. N.; Stolleis, Staat und Staatsräson in der frühen Neuzeit, S. 37 ff. 306 Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 12 f.; Weber, RDV 2005, 243, 246 f.; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 32 ff.; Erichsen, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S. 927, 942. 307 Ausführlich zum Akteneinsichtsrecht im Verwaltungsverfahren und dessen Entwicklung Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 130 ff.; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 32 ff.; Gurlit, DVBl. 2003, 1119, 1126 f. 308 Übersicht bei Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 14 ff.; Rossi, in: IFG, Einleitung Rn. 2 ff. Ebenso Nolte, DÖV 1999, 363, 363 f. 309 Umfassender Überblick bei Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  27. Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn.  52 bezeichnet die Zugangsrechte im Partizipationsverfahren sogar als „Jedermann-Einsichtsrechte“. Daneben dient die Ausweitung der Zugangsrechte im Umwelt- und Planungsrecht der Ermöglichung einer Verbandsklage, vgl. Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 388. 310 BVerwG, Urt. v. 23.8.1968 – IV C 235.65 – juris Rn. 27 – BVerwGE 30, 154. Hierzu auch Rossi, in: IFG, Einleitung Rn. 5.

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bestand, ließ die Rechtsprechung nach und nach ein schlichtes berechtigtes Interesse genügen.311 Noch heute ist dieser Anspruch gerade außerhalb des förmlichen Verwaltungsverfahrens von Bedeutung.312 Die geschriebenen wie die ungeschriebenen Informationszugangsrechte sind der in der Bundesrepublik vorherrschenden Lehre vom subjektiv-öffentlichen Recht entsprechend als individualbezogene Rechte ausgestaltet.313 Sie stehen als Ausdruck des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Dienst des Individualrechtsschutzes und sind als solche eng mit dem Rechtsstaatsprinzip verknüpft.314 Der Anspruch wirkt nur zugunsten eines betroffenen Individuums, in dessen Person ein berechtigtes Interesse besteht.315 Ein Anspruch auf Veröffentlichung für die Allgemeinheit wird nicht anerkannt, auch nicht aus demokratie- oder rechtsstaatlichen Erwägungen.316 Zwar kündigte Bundeskanzler Willy Brandt bereits 1969 in einer Regierungserklärung den Schritt in Richtung einer weiteren Öffnung an: „Wir werden unsere Arbeitsweise öffnen und dem kritischen Bedürfnis nach Information Genüge tun.“317 Der Gesetzgeber ging diesen Schritt in Richtung des voraussetzungslosen Informationszugangs allerdings nur mit zeitlicher Verzögerung und anfangs nur in den Grenzen bereichsspezifischer Normierung. Ein Recht auf Informationszugang, das nicht vom Bestehen eines formellen318 oder materiellen319 Interesses abhängt, schuf der Gesetzgeber, namentlich im Archivrecht (für die Bundesebene: 311 So etwa BVerwG, Urt. v. 4.6.1970 – II C 5.68 – juris Rn. 20 – BVerwGE 35, 225; BVerwG, Urt. v. 16.9.1980 – I C 52.75 – juris Rn. 26 – BVerwGE 61, 15. Aus der Literatur Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 27. 312 Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn.  27; Schoch, DÖV 2006, 1, 4; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 194. Außerhalb des  förmlichen Verwaltungsverfahrens sind insbesondere Informationsbegehren von nicht beteiligten Dritten sowie privatrechtliches Handeln der Behörde zu verorten. 313 Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 387. 314 Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 194. 315 Zwischen „Verfahrensbeteiligten“, „Betroffenen“ und „Dritten“ unterscheidend Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 13 ff. Dieser verweist zudem darauf, dass der Gesetzgeber in eng begrenztem Umfang die Voraussetzungen des Informationszugangs für die wissenschaftliche Forschung gelockert hat (Rn. 17). 316 BVerwG, Urt. v. 16.9.1980 – I C 52.75 – juris Rn. 27 – BVerwGE 61, 15; Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 388. 317 Regierungserklärung von Willy Brandt vom 28.10.1969, 6. WP/5./ 20A-34, S. 342 ff. 318 Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 3. Als formelles Interesse ist die Abhängigkeit des Anspruchs auf Informationszugang von der formellen Rechtsstellung zu bezeichnen, etwa der Verfahrensbeteiligung. 319 Als materielles Interesse sind materielle Voraussetzungen des Informationsanspruchs anzusehen, allen voran die Betroffenheit in eigenen Rechten oder Interessen. Vgl. i.R.d. IFG Schoch, AfP 2010, 313, 316. Verfahrensrechtliche Vorschriften sind auch bei einem so verstandenen voraussetzungslosen Zugang möglich, vgl. Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 18 Fn. 61. Anspruchsbeschränkend sind auch die Ausschlussgründe, worauf Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  328 hinweist. Grund der Bezeichnung als voraussetzungsloser Informationszugang ist das grundsätzliche Entfallen der Begründungspflicht,­ Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 349.

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BArchG), dem Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) und in Teilen des Registerrechts, so § 79 BGB, § 9 HGB oder § 61 PStG.320 Zum Durchbruch mussten der Idee des voraussetzungslosen Informationszugangs supra- und internationale Vorgaben verhelfen. So beruht das Umweltinformationsgesetz (UIG) aus dem Jahr 1994321 bzw. die Neufassung322 aus dem Jahr 2005 auf der Umweltinformationsrichtlinie bzw. den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Aarhus.323 Zwar gilt das Umweltinformationsgesetz nur bereichsspezifisch. Doch befasst sich erstmals ein gesamtes Gesetzeswerk, nicht nur eine einzelne Norm, mit dem Zugang zu Verwaltungsinformationen. Das Umweltinformationsgesetz gibt jeder Person einen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, sofern dem Informationsanliegen nicht öffentliche oder sonstige Belange entgegenstehen, § 3 Abs. 1, §§ 8, 9 UIG. Anspruchsverpflichtet sind die Regierung sowie alle Bundesbehörden, d. h. alle Stellen der öffentlichen Verwaltung auf nationaler Ebene. Um der supra- und internationalen Verpflichtung nachzukommen, wird das Bundesgesetz durch entsprechende Regelungen auf Landesebene ergänzt. Auch das Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation, kurz VIG, das 2007324 in Kraft trat und 2012325 novelliert wurde, ist in seinem sachlichen Anwendungsbereich bereichsspezifisch begrenzt. § 2 Abs. 1 VIG gibt jedermann einen Anspruch auf freien Zugang zu abschließend definierten Daten zu Erzeugnissen und Verbraucherprodukten. Der Anspruch ist antragsabhängig, § 4 Abs.  1 VIG. Da das Verbraucherinformationsgesetz primär dem Verbraucherschutz dient und dem Bund somit die Gesetzgebungskompetenz zugewiesen ist, Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 20 GG, gilt das Verbraucherinformationsgesetz für Bundes- wie für Landesbehörden. Dass der Bund aufgrund seiner Gesetzgebungskompetenz ausnahmsweise den Informationszugang zu Landesbehörden zu regeln in der Lage ist, erklärt, weshalb das Verbraucherinformationsgesetz nicht in das Informationsfreiheitsgesetz (IFG326) integriert wurde,327 das in § 1 Abs. 1 IFG einen allgemeinen voraussetzungs 320

Umfassende Nachweise bei Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 19 f.; Rossi, in: IFG, Einleitung Rn. 2. 321 BGBl. I 1994, 1490. 322 BGBl. I 2004, 3704, in Kraft getreten am 14.2.2005. 323 Walz, DÖV 2009, 623, 624; Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 348; Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 28. 324 BGBl. I 2007, 2558. Zur Entstehung, insbesondere der ursprünglichen Nichtausfertigung durch den Bundespräsidenten Sydow, NVwZ 2008, 481, 482. 325 BGBl. I 2012, 476 sowie die Bekanntgabe der Neufassung in BGBl. I 2012, 2166 und 2725 (Bekanntmachung und deren Berichtigung), in Kraft getreten am 1.9.2012. 326 BGBl. I 2005, 2722. 327 Die Nicht-Integration des VIG in das IFG kann kritisch auch mit einer bloßen „symbo­ lischen Gesetzgebung“ begründet werden, statt aller Schoch, NVwZ 2006, 872, 877. Kritisch auch Sydow, NVwZ 2008, 481, 483.

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losen Anspruch auf Informationszugang gewährleistet. Es trat zum 1.1.2006 und damit knapp neun Jahre nach Einbringung des ersten Gesetzentwurfs in den Bundestag in Kraft.328 Der materiell voraussetzungslose, aber antragsabhängige Anspruch besteht gegenüber Bundesbehörden sowie gegenüber Bundesorganen und -einrichtungen, soweit diese öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, § 1 Abs.  1 Satz  1, 2 IFG. Zwar normieren die §§ 3–6 IFG umfassende Ausnahmetatbestände zum Schutz von öffentlichen Belangen, vor allem von Sicherheitsinteressen und zum Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses, sowie im privaten Interesse zum Schutz personenbezogener Daten, des geistigen Eigentums und von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Die entgegenstehenden Belange sind je nach Formulierung als absolute oder relative Informationsverweigerungsgründe ausgestaltet.329 Das Informationsfreiheitsgesetz ist nach dem europarechtlich geprägten Umwelt­ informationsgesetz in der Entwicklung des deutschen Informationszugangs­rechts in doppelter Hinsicht als Meilenstein anzusehen: Erstmals findet der Anspruch auf Informationszugang nicht nur bereichsspezifisch, sondern rechtsgebietsübergreifend Anwendung. Und erstmals wird das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Geheimhaltung und Offenlegung allgemein zugunsten der Offenheit umgekehrt,330 auch wenn die Fassung der Ausnahmetatbestände als zu weitreichend und zu pauschal kritisiert werden kann.331 b) Weiterverwendbarkeit Das Informationsrecht332 regelt auf Inhaltsebene nicht nur den Informationszugang, sondern auch die Informationsweiterverwendung. Mit § 5 UrhG hat der Gesetzgeber die Weiterverwendung schon früh einer allgemeinen Regelung zu­ geführt. Dabei hebt § 5 Abs. 1, 2 UrhG den Urheberrechtsschutz amtlicher Werke in weiten Teilen auf: Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich verfasste Leitsätze können nach § 5 Abs. 1 UrhG frei genutzt werden. Gleiches gilt unter dem Vorbehalt der entsprechenden Anwendung des urheberrechtlichen Änderungsverbots und der Pflicht zur Quellenangabe gemäß § 5 Abs. 2 UrhG für amtliche Werke, die im amtlichen

328 Überblick zur Entstehungsgeschichte bei Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 122 ff.; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 59 ff. 329 Zur Normierung der Ausschlussgründe Schoch, EuZW 2011, 388, 390 f.; Gurlit, Die Verwaltung 44 (2011), 75, 91 ff. 330 BT-Drs. 15/4493, S. 6; Kugelmann, DÖV 2005, 851, 858. Hierzu bereits vor Inkrafttreten des IFG Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 399. 331 Bräutigam, DVBl. 2006, 950, 952 ff.; Schoch, DÖV 2006, 1, 8; Kloepfer/Lewinski, DVBl. 2005, 1277, 1280. 332 Zum Informationsrecht im engeren und weiteren Sinn statt aller Kloepfer, Informationsrecht, § 1 Rn. 70 ff.

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Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind.333 Sämtliche genannten Werke sind, gegebenenfalls unter den genannten Vorbehalten des § 5 Abs. 2 UrhG, gemeinfrei. Aus der Sicht der Rezipienten formuliert: Der Einzelne hat ein Recht, die Informationen zu eigenen Zwecken zu nutzen. Unabhängig vom Vorliegen einer persönlichen geistigen Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG reguliert das Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG334) aus dem Jahr 2006 die Weiterverwendbarkeit von Informationen, d. h. die Nutzbarkeit der Informationen jenseits der intellektuellen Wahrnehmung und der Verwertung des dadurch erlangten Wissens.335 Das Informationsweiterverwendungsgesetz findet auf alle öffentlichen Stellen Anwendung und schafft vorbehaltlich des Ausnahmekatalogs des § 1 Abs. 2 IWG336 in seiner derzeitigen Fassung einen Anspruch auf Gleichbehandlung bei der Entscheidung über die Weiterverwendung von Informationen, an denen bereits ein voraussetzungsloses Zugangsrecht besteht, vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1, 2 IWG.337 Ein Recht auf Weiterverwendung besteht jedoch (noch) nicht. Ein solches gewährt allein § 5 UrhG.338 Die zurückhaltende Regelung im Informationsweiterverwendungsgesetz setzt die Mindestvorgaben der Public Service Information Directive 2003 („PSI-Richtlinie“)339 eins zu eins um,340 wenn auch verspätet.341 Der Handlungsspielraum, den die PSI-Richtlinie den Mitgliedstaaten eröffnet, wurde nicht ausgeschöpft. 2. Vom individuellen Informationszugang zur öffentlichen Zugänglichkeit Informationszugangs-, Umweltinformations- und Verbraucherinformationsgesetz räumen aber nicht nur subjektiv-öffentliche Rechte auf Informationszugang ein. Ihnen lassen sich zudem Ansätze einer objektiven Pflicht staatlicher Stellen zur aktiven Öffnung gegenüber der Allgemeinheit entnehmen. Bekannt ist eine aktive Veröffentlichungspflicht staatlicher Informationen etwa aus dem Statistikrecht. Das Statistische Bundesamt stellt in den GENESIS-Datenbanken, dem Gemeinsamen Neuen Statistischen Informations-System, Bundesstatistiken zum grund 333 Aufgrund der nur entsprechenden Anwendung des § 5 Abs. 2 UrhG tritt an die Stelle des Urhebers die Behörde. Statt aller Marquard, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, § 5 UrhG Rn. 23. 334 BGBl. I 2006, 2913. 335 Definition der Weiterverwendung in Anlehnung an § 2 Nr. 3 IWG. 336 Kritisch Schoch, NVwZ 2006, 872, 875. 337 Altmeppen/Kahlen, MMR 2006, 499, 499; Schoch, NVwZ 2006, 872, 873. 338 Vgl. auch Altmeppen/Kahlen, MMR 2006, 499, 500. 339 Richtlinie 2003/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.11.2003 über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (ABl. L 345/90 vom 31.12.2003). 340 BT-Drs. 16/2453, S. 7. Zum teilweisen Misslingen der Eins-zu-eins-Umsetzung Schoch, NVwZ 2006, 872, 875 f. 341 Schoch, NVwZ 2006, 872, 872.

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sätzlich kostenfreien Abruf zur Verfügung, vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. c BStatG.342 Auch Statistiken von Ländern und Kommunen sind über diesen zentralen Zugriffspunkt erreichbar. Bereichsspezifisch für das Umweltrecht verpflichtet § 10 Abs. 1 Satz 1 UIG staatliche Stellen zudem, die Öffentlichkeit aktiv und systematisch über die Um­welt zu informieren. Daneben haben informationspflichtige Stellen zur Erleichterung des Informationszugangs darauf hinzuwirken, dass Umweltinformationen zunehmend in elektronischen Datenbanken oder in sonstigen elektronisch abrufbaren Formaten gespeichert werden, § 7 Abs. 1 UIG. Zur Umsetzung dieser gesetzlichen Verpflichtungen haben Bund und Länder das zentrale Umweltportal Deutschland, PortalU343, im Rahmen einer Bund-Länder-Kooperation ins Leben gerufen. In Richtung öffentlicher Zugänglichkeit weisen auch die Soll-Vorschrift des § 11 Abs. 3 IFG sowie die Kann-Vorgabe des § 6 Abs. 1 Satz 3 VIG. Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)344 enthält mit § 40 LFGB eine Rechtsgrundlage zur aktiven Information der Öffentlichkeit, die in jüngster Zeit vielfach modifiziert wurde.345 Eine auf den Bereich der Geodaten beschränkte, insoweit aber allumfassende Pflicht zur Öffnung staatlicher Informationsbestände beinhaltet das Geodatenzugangsgesetz (GeoZG)346 des Bundes aus dem Jahr 2009, das die INSPIRERichtlinie eins zu eins umsetzt. Diese verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zur Mitwirkung an der Errichtung einer europaweiten Geodateninfrastruktur. Das Geodatenzugangsgesetz gilt für Bundesbehörden, bundesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts und natürliche wie juristische Personen des Privatrechts, § 2 Abs.  1, 2 GeoZG. Um der INSPIRE-Richtlinie entsprechend eine nationale Geodateninfrastruktur zu schaffen, die alle Verwaltungsebenen erfasst,347 ergänzen Geodaten-(infrastruktur)-gesetze der Länder sowie eine Verwaltungsvereinbarung348 zwischen Bund und Ländern das Geodatenzugangsgesetz. Die Geo 342 Derzeit existieren zwei GENESIS-Datenbanken: Auf GENESIS-Online sind Bund- und Län­ der-Statistiken abrufbar, vgl. www-genesis.destatis.de/genesis/online (Stand: 1.8.2013). Die Regionaldatenbank Deutschland (www.regionalstatistik.de) enthält tief gegliederte Statistiken. 343 www.portalu.de (Stand: 1.8.2013). 344 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, eigentlich „Lebensmittel-. Bedarfsgegenstände und Futtermittelgesetzbuch“, BGBl. I 2005, 2618, in Kraft getreten am 1.9.2005, neugefasst durch BGBl. I 2013, 1426. 345 Begründung der Ausweitung der in § 40 LFGB festgeschriebenen Pflichten, BT-Drs. 17/7374, S. 12. 346 BGBl. I 2009, 278. 347 Der Aufbau einer nationalen Geodateninfrastruktur wird von der INSPIRE-Richtlinie nicht verpflichtend vorgeschrieben. Jedoch setzt sie ihn implizit voraus, vgl. BT-Drs. 16/10530, S. 11 sowie die Erwägungsgründe 18 bis 20 der RL 2007/2/EG. 348 Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern zum gemeinsamen Aufbau und Betrieb der Geodateninfrastruktur Deutschland, in Kraft seit 30.10.2008. Die Form der Verwaltungsvereinbarung wurde gewählt, damit dem technischen Fortschritt und sonstigen Entwicklungen, die für den Auf- und Ausbau der Geodateninfrastruktur in Deutschland von Bedeutung sind, zeitnah und unbürokratisch Rechnung getragen werden kann, vgl. BT-Drs. 16/10530, S. 12.

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dateninfrastruktur Deutschland (GDI-DE) 349 dient der praktischen Umsetzung. Die zentrale Informations- und Kommunikationsplattform geoportal.de350 wurde Anfang 2012 freigeschaltet, obwohl der Aufbau eines bundesweiten geodatenspezifischen Informationsnetzwerks bereits 1998 begann.351 Seit der Änderung des Geodatenzugangsgesetzes zum 16.11.2012352 sind die Geodaten nicht nur öffentlich zugänglich, § 11 Abs. 1 GeoZG. Sie stehen grundsätzlich auch geldleistungsfrei zur Nutzung zur Verfügung, § 11 Abs. 2 GeoZG. Die genauen Nutzungsbedingungen sind per Rechtsverordnung festzulegen, § 14 Nr. 2 GeoZG.353 Derartige, wenn auch bereichsspezifische Dateninfrastrukturen vereinen erstmals die zweifache Zielsetzung des Open (Government) Data-Ansatzes: Informationszugang und Informationsweiterverwendung. Das Geodatenrecht nimmt aufgrund seines enormen Wertschöpfungspotenzials eine Vorreiterrolle in der Entwicklung des Informationsrechts und des Open Government ein.354 Es verbindet Informationszugang und Informationsweiterverwendung. Und es geht vom Grundsatz der Unentgeltlichkeit auch der Weiterverwendung aus.355 Ebenso wie auf das auf Umweltangelegenheiten beschränkte Umweltinformationsgesetz das rechtsgebietsübergreifende Informationszugangsgesetz folgte, folgt auf das geodatenspezifische Geodaten-Portal eine allgemeine (Open-)Data-Plattform. Nach diversen Koalitionsvereinbarungen, nationalen Strategien und Regierungsprogrammen356 sowie der Einsetzung der Enquete-Kommissionen „Deutsch­lands Weg in die Informationsgesellschaft“357 und „Internet und digitale Gesellschaft“ wurde 349 Die Geodateninfrastruktur Deutschland war ursprünglich unter www.gdi-de.org zu finden. Inzwischen werden die Inhalte nur mehr auf der Seite www.geoportal.de aktualisiert (Stand: 1.8.2013). 350 www.geoportal.de (Stand: 1.8.2013). Geobasisdienste, d. h. topografisch-kartografische Informationen werden daneben vom Bundesamt für Karthographie und Geodäsie digital auf den Seiten www.geodatenzentrum.de (Stand: 1.8.2013) angeboten. 351 BT-Drs. 16/10530, S. 13. Im Jahr 1998 wurde in Verantwortung des Bundesministeriums des Inneren der Interministerielle Ausschuss für Geoinformationswesen (IMAGI) gegründet. Er sollte die Rahmenbedingungen für eine nationale Geodateninfrastruktur (GDI-DE) abstecken. 2003 wurde diese Aufgabe dem Arbeitskreis der E-Government-Staatssekretäre zugewiesen. Hierzu auch der Überblick bei Martini/Damm, DVBl. 2013, 1, 3 f. 352 BGBl. I 2012, 2289. 353 Die Verordnungsermächtigung des § 14 Nr. 2 GeoZG zum Erlass von Nutzungsbedingungen trat erst mit der Änderung zum 16.11.2012 in Kraft, vgl. BT-Drs. 17/9686, S. 6. 354 So ist die Änderung des GeoZG in die Open Government-Strategie der Bundesregierung eingebettet, vgl. das Regierungsprogramm „Vernetzte und transparente Verwaltung“ vom August 2010. Hierzu BT-Drs. 17/9686, S. 6; aus der Literatur Martini/Damm, DVBl. 2013, 1, 1 f. („Leuchtturmfunktion“). 355 Zur Bedeutung der Entgeltfreiheit Martini/Damm, DVBl. 2013, 1, 4 f. 356 Überblick in BT-Drs. 17/11473, S. 21 ff.; BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 45 f.; Nationaler IT-Gipfel (Hrsg.), Dresdner Vereinbarung, S. 1; Kubicek, in: Hill, Informationelle Staatlichkeit, S. 51, 57 ff. sowie Hill, APuZ 39–40/2002, 24, 25 ff., dort auch zu Programmen auf Landes- und kommunaler Ebene. 357 Schlussbericht zum Thema Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft vom 22.6.1998: BT-Drs. 13/11004.

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im Dezember 2010 in der Dresdner Vereinbarung von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft der Aufbau einer „zentral zugänglichen, den Interessen der Nutzer an einem einheitlichen, leichten und be­nutzerfreundlichen Zugriff gerecht werdenden Open-Data-Plattform“358 bis 2013 beschlossen. Im Februar 2013 ging diese in einer Beta-Version online. Unter govdata.de sind seither neben der Geodateninfrastruktur Deutschland und dem Umweltportal Deutschland, der Datenbank des Statistischen Bundesamts die Daten abrufbar, die von Bund und Ländern zur Verwirklichung von Open (Government) Data verfügbar gemacht werden. Mitunter in Reaktion auf die Open (Government) Data-Diskussion, legte die Bundesregierung im Herbst 2012 nach langer politischer Debatte den Entwurf eines E-Government-Gesetzes vor.359 Der Bundestag beschloss das Gesetz rund ein halbes Jahr später.360 Der Bundesrat folgte im Juni 2013, so dass das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften zum 1.8.2013 in Kraft treten konnte. Das E-Government-Gesetz enthält Regelungen zur Modernisierung der öffentlich-rechtlichen Verwaltungstätigkeit der (Bundes-)Behörden.361 Daneben entfaltet das Gesetz auch Wirkung jenseits der Bundesebene: Neben der Verwaltungstätigkeit gilt das E-Government-Gesetz für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht ausführen, § 1 Abs. 2 EGovG.362 Wie die Gesetzesbezeichnung andeutet, soll das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung nicht primär die Öffnung, sondern vor allem die Ver­ 358

Nationaler IT-Gipfel (Hrsg.), Dresdner Vereinbarung, S. 7. Referentenentwürfe des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften wurden bereits am 19.1.2012 und am 5.3.2012 öffentlich. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde im September 2012 vorgelegt, vgl. BR-Drs. 557/12 vom 21.9.2012 sowie hierzu das Plenarprotokoll 902 vom 2.11.2012, S.  490 f. Im November folgte die Bundestags-Drucksache, vgl. BT-Drs. 17/11473 vom 14.11.2012. Die erste Beratung im Bundestag fand am 21.2.2013 statt, vgl. Plenarprotokoll 17/222 vom 21.2.2013, S. 27683 ff. 360 BGBl. I 2013, 2749 vom 31.7.2013. 361 Einschränkungen gelten für Behörden der Gerichts- und Justizverwaltung, vgl. § 1 Abs. 3 EGovG. Gemäß § 1 Abs.  5 EGovG findet das Gesetz zudem keine Anwendung auf (1)  die Strafverfolgung, die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, die Rechtshilfe für das Ausland in Straf- und Zivilsachen, die Steuer- und Zollfahndung (§ 208 der Abgabenordnung) und für Maßnahmen des Richterdienstrechts, (2) Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt und den bei diesem errichteten Schiedsstellen, sowie (3)  die Verwaltungstätigkeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Die Lücke, die durch die eingeschränkte Geltung für die Gerichts- und Justizverwaltung entsteht, wird durch die E-Justice-Initiative des Bundesrats geschlossen. Hierzu auch Müller-Terpitz/Rauchhaus, JurPC Web-Dok. 96/2012, Abs.  1–54, Abs.  5, sowie umfassend, insbesondere angesichts des Abstimmungsbedarfs Schliesky, in: Kammer/Zapp, Das E-Government-Gesetz des Bundes, S. 18. 362 Zum Anwendungsbereich des Entwurfs des EGovG Müller-Terpitz/Rauchhaus, JurPC Web-Dok. 96/2012, Abs. 1–54, Abs. 3 f. 359

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waltungsmodernisierung und damit mitunter die elektronische Kommunikation zwischen Bürger und Verwaltung vorantreiben.363 Auch Open (Government) Data ist demnach als Teil des E-Government „Mittel, um die Verwaltung effektiver, bürgerfreundlicher und effizienter“364 zu gestalten, nicht eigenständiges Instrument, das das Staat-Bürger-Verhältnis modernisiert. So beschränkt sich das E-Government-Gesetz im Kontext von Open (Government) Data darauf, Anforderungen für das Offenlegen von Daten zu formulieren: § 12 EGovG verpflichtet die dem Anwendungsbereich unterfallenden Behörden in Absatz 1, grundsätzlich maschinenlesbare Formate zu verwenden, wenn Daten über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt werden, an denen ein Nutzungsinteresse, insbesondere ein Weiterverwendungsinteresse im Sinne des Informationsweiterverwendungsgesetzes zu erwarten ist. Zudem sollen die Daten mit Metadaten angereichert werden. Diese Pflichten bestehen jedoch nur, soweit Rechte Dritter, insbesondere der Länder, nicht entgegenstehen, § 12 Abs. 5 EGovG. Für die Maschinenlesbarkeit hält das Gesetz in § 12 Abs. 1 Satz 3 EGovG eine Legaldefinition bereit: „Ein Format ist maschinenlesbar, wenn die enthaltenen Daten durch Software automatisch ausgelesen und verarbeitet werden können.“ Die Maschinenlesbarkeit wird als Mindeststandard angesehen, der trotz etwaiger anderweitiger Vorgaben zu technischen Formaten einzuhalten ist, § 12 Abs. 3 EGovG. Allerdings gilt die Verpflichtung zur Bereitstellung der Daten in maschinenlesbaren Formaten für Daten, die vor dem 31.7.2013 erstellt wurden, nur, wenn sie in maschinenlesbaren Formaten vorliegen, § 12 Abs.  4 EGovG. Zudem enthält § 12 Abs. 2 EGovG eine Verordnungsermächtigung, die die Bundesregierung ermächtigt, Nutzungsbestimmungen für die kommerzielle und nichtkommerzielle Nutzung festzulegen. Pflichten zur Schaffung von Transparenz werden grundsätzlich nicht geschaffen.  Lediglich § 3 EGovG verpflichtet jede Behörde, ihre Stammdaten wie An­ schrift, Aufgaben und Erreichbarkeit in öffentlich zugänglichen Netzen zur Verfügung zu stellen. Ergänzt werden sollen diese Angaben durch Informationen über die nach außen wirkende öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Behörde. Das E-Government-Gesetz kann damit nur als erster Ansatz zur Normierung von Open (Government) Data angesehen werden. Eine vollständige Regelung lässt sich ihm nicht entnehmen, wie die Unverbindlichkeit der Vorschriften, ihr auf die vermutete Weiterverwendung beschränkter Anwendungsbereich und das Fehlen von Veröffentlichungspflichten jenseits von § 3 EGovG zeigen.365 Das E-Govern 363 Kritisch zur Verkürzung des Gesetzesvorhabens auf ein E-Government- statt eines Open Government-Gesetzes die Abgeordneten Jan Korte, Dr. Konstantin von Notz und Dr. Ole Schröder, vgl. Plenarprotokoll 17/222, S. 27688–27691. 364 BT-Drs. 17/11473, S. 20. 365 Die Kritik teilen Heckmann/Albrecht, ZRP 2013, 42, 43.

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  105

ment-Gesetz ist lediglich „Ermöglichungsgesetz“366. Die zentrale Bedeutung der Öffnung für den demokratischen Rechtsstaat bleibt unberücksichtigt. Die Fokussierung auf den Aspekt der Modernisierung zeigt sich auch an der parallel erfolgenden Gesetzgebungstätigkeit im Bereich E-Justice, der Digitalisierung und Informatisierung der Justiztätigkeit.367 Ziel der Diskussionsentwürfe aus dem Jahr 2012 ist, die Vorteile der elektronischen, teils automatisierten Datenverarbeitung zu nutzen, indem die elektronische Akte auch in Strafsachen eingeführt und der elektronische Rechtsverkehr in seiner Gesamtheit gefördert wird.368 So soll die Kommunikation mit und zwischen den Gerichten technologieoffen und technologieneutral erleichtert werden. Angesichts der vorrangig auf Modernisierung zielenden technischen Ausrichtung lassen sich weder dem E-Government-Gesetz noch der E-Justice-Initiative grundlegende Aussagen zur Öffnung des Staats, konkret von Verwaltung bzw. Justiz gegenüber dem Bürger entnehmen. Von Bedeutung für die weitere Auseinandersetzung ist aber der „rechtliche“ Definitionsansatz von Open (Government) Data in der Begründung des E-Government-Gesetzes: „Unter Open (Government) Data  – oder offene (Regierungs- und Verwaltungs-) Daten  – wird das öffentlich verfügbare Bereitstellen von Datenbeständen der öffentlichen Hand, in der Regel in Form von Rohdaten zur Nutzung, insbesondere zur Weiterverwendung und Weiterverbreitung, verstanden. Ausgenommen hiervon sind personenbezogene Daten sowie Daten, die anderweitig schutzwürdig sind (z. B. sicherheitsrelevante Daten, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse).“369

366 Für das EGovG bzw. dessen Entwurf in seiner Gesamtheit Heckmann/Albrecht, in: Kammer/ Zapp, Das E-Government-Gesetz des Bundes, S. 51, 53. 367 Hierzu die Diskussionsentwürfe des Bundesministeriums der Justiz vom Juni 2012: „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen“ sowie „Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs bei den Gerichten“. Beides abrufbar unter: http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Diskussionsentwurf_ Gesetz_zur_Einfuehrung_der_elektronischen_Akte_in_Strafsachen.html (Stand: 1.8.2013). Am 28.11.2012 veröffentlichte der Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz, BT-Drs. 17/11691. Die Bundesregierung stellte am 21.12.2012 den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vor, BR-Drs. 818/12. 368 Im Einzelnen werden als Vorteile mitunter aufgeführt: Beschleunigung der Kommunikation, kontinuierliche Verfügbarkeit, zeitgleiche Verfügbarkeit für mehrere Bearbeiter, ortsunabhängige Verfügbarkeit, erleichterte, z. T. automatisierte Auswertbarkeit, geringere Kosten. Ausführlich Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen (Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz), S.  16, abrufbar unter: http://www. bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Diskussionsentwurf_Gesetz_zur_Einfuehrung_der_ elektronischen_Akte_in_Strafsachen.html (Stand: 1.8.2013). 369 BT-Drs. 17/11473, S. 43.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

II. Entwicklung in den Bundesländern Der zweifache Paradigmenwechsel, der von der Arkantradition über den voraussetzungslosen Zugang zum Offenheitsparadigma führt, zeigt sich auch auf Landesebene. In föderaler Manier unterscheiden sich die Länder jedoch auf Verfassungswie einfachgesetzlicher Ebene in Geschwindigkeit und Umfang der Öffnung. 1. Landesverfassungsrecht Auch wenn die Bundesrepublik im Ruf steht, im europäischen wie interna­ tionalen Vergleich Nachzügler bei der Schaffung von Informationszugänglichkeit zu sein, verbürgen einzelne Landesverfassungen nicht nur den Datenschutz als Kehrseite der Informationszugänglichkeit. Die datenschutzrechtlichen Gewährleistungen enthalten teils ein Recht auf Einsicht in bzw. Auskunft über die in öffentlichen Akten und Dateien gespeicherten Informationen, so die Landesverfassungen in Bremen (Art. 12 Abs. 4 BremVerf370), Rheinland-Pfalz (Art. 4a Abs. 1 LV-RP371), Sachsen-Anhalt (Art. 6 Abs. 1 LV-SA) und Thüringen (Art. 6 Abs. 4 ThürVerf). Zum anderen verbürgen einige Landesverfassungen, gerade in den neuen Bundesländern, ein eigenständiges Recht auf Informationszugang: Bereichsspezifisch gewährleisten Sachsen (Art. 34 SächsVerf372), Sachsen-Anhalt (Art. 6 Abs. 2 LV-LSA373) und Thüringen (Art. 33 ThürVerf374) den Zugang zu Umweltinformationen. Mecklenburg-Vorpommern (Art.  6 Abs.  2, 3 LV-MV375) kombiniert den datenschutzrechtlichen und umweltspezifischen Ansatz. Die Verfassung des Landes Brandenburg (LV-BB376) geht darüber hinaus. Sie schreibt das Recht auf politische Mitgestaltung fest, das gemäß Art. 21 Abs. 4 LV-BB ein Recht auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Behörden und Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Kommunen enthält. Zudem verbürgt Art. 39 Abs. 7 LV-BB ein Recht auf Zugang zu Umweltinformationen. 2. Einfaches Landesrecht Nicht minder divergent verläuft die Entwicklung auf einfachgesetzlicher Ebene. Sofern Öffnungspflichten bestehen, etwa auf Grundlage europäischer Vorgaben wie 370

Brem.GBl. 1947, 251 in der Fassung von Brem.GBl. 2012, 354. VOBl. (RP) 1947, 209 in der Fassung von GVBl. 2010, 547. 372 SächsGVBl. 1992, 243. 373 GVBl. (LSA) 1992, 600 in der Fassung von GVBl. (LSA) 2005, 44. 374 ThürGVBl. 1993, 625 in der Fassung von ThürGVBl. 2004, 745. 375 GVOBl. (MV) 1993, 372 in der Fassung von GVOBl. (MV) 2011, 375. 376 GVBl. I (BB) 1992, 298 in der Fassung GVBl. I 2011, Nr. 30. 371

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  107

Umweltinformationsrichtlinie377 oder INSPIRE-Richtlinie378, fallen die Unterschiede jenseits des Umsetzungszeitpunkts gering aus. Auch die den Medien eingeräumten Auskunftsansprüche sind in weiten Teilen parallel gestaltet. Doch den Schritt vom bereichsspezifischen zum allgemeinen voraussetzungslosen Informationszugang haben nicht alle Länder allgemein und sachgebietsübergreifend vollzogen.379 Während die Länderparlamente in Brandenburg380, Berlin381, Schleswig-Holstein382 und Nordrhein-Westfalen383 ein Informationsfreiheitsgesetz beschlossen, bevor das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes zum 1.1.2006 in Kraft trat, existieren in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen noch heute keine entsprechenden Regelungen. Lediglich auf kommunaler Ebene wird dem mit Informationsfreiheitssatzungen entgegengewirkt.384 Weit voraus auf dem Weg der Öffnung ist Bremen, ging es den Schritt von individuellem Informationszugangsanspruch zu allgemeiner Informationszugänglichkeit bereits 2006. Seitdem enthält das Bremer Informationsfreiheitsgesetz (BremIFG)385 neben dem individuellen Anspruch auf Informationszugang eine Veröffentlichungspflicht der Behörden. Sie wird mithilfe des zentralen elektronischen Informationsregisters in die Praxis umgesetzt, vgl. § 11 BremIFG. Die Novelle aus dem Jahr 2011 konkretisiert diese Verpflichtung. Ergänzt wird sie durch die „Bremer Empfehlung zu Open Government Data“, die ebenfalls zu Jahresbeginn 2011 abgegeben wurde.386 Nicht weniger richtungsweisend ist die Bürgerschaft Hamburg, die – angestoßen durch die Volksinitiative „Transparenz schafft Vertrauen“, öffentlich konzipiert in

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Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 99. Die Bundesländer sind ihrer Verpflichtung aus der INSPIRE-Richtlinie zum Erlass von Geodatenzugangsgesetzen allesamt in den Jahren 2008 bis 2010 nachgekommen. Den Anfang machte Bayern mit dem BayGDIG, GVBl. (BY) 2008, 453, das zum 1.8.2008 in Kraft trat. Zudem zu beachten ist die Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern zum gemeinsamen Aufbau und Betrieb der Geodateninfrastruktur Deutschland, die zum 30.10.2008 in Kraft getreten ist. Vgl. zu den einzelnen Regelungen die Übersicht der Geodateninfrastruktur Deutschland, abrufbar unter: http://www.gdi-de.org/inspire/direktive (Stand: 1.8.2013). Zur INSPIRE-Richtlinie zudem unten, 2. Teil, 2. Kap. A. IV. 2. b). 379 Zilkens, ZD 2012, 215, 215; Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 102 m. w. N. 380 Akteneinsichts- und Informationszugangsrecht (AIG), GVBl. (BB) I 1998, 46; hierzu Nolte, DÖV 1999, 363, 364. 381 Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG), GVBl. (Berlin) I 1999, 561. 382 Informationsfreiheitsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (IFG SH), GVOBl. SH 2000, 166. 383 Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW), GV NRW 2001, 806. 384 Ausführlich Schrader, BayVBl. 2012, 289. Die Informationsfreiheitssatzungen sind im Vergleich zu den Informationsfreiheitsgesetzen jedoch restriktiv formuliert. 385 Bremer Informationsfreiheitsgesetz, Brem.GBl. 2006, 263. 386 Bremer Empfehlung zu Open Goverment Data abrufbar unter http://www.daten.bremen. de/sixcms/detail.php?gsid=bremen02.c.734.de (Stand: 1.8.2013). Hierzu Kubicek, in: Hill, Informationelle Staatlichkeit, S. 51. 378

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

einem Wiki, überarbeitet von der Hamburger Politik –387 das als Verweisgesetz konzipierte Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz (HmbIFG)388 zum Hamburgischen Transparenzgesetz (HmbTG)389 fortentwickelte und damit die erste ausdrückliche Normierung des Transparenzgedankens schuf. Im Oktober 2012 trat das neue Gesetz, dessen ausdrückliches Anliegen die Erhöhung der Transparenz und der Akzeptanz des Verwaltungshandelns ist, in Kraft. Informationszugänglichkeit existiert seither nicht mehr nur als antragsabhängiges Recht auf (Individual-)Zugang. Daneben besteht ein individueller Anspruch auf Veröffentlichung, d. h. darauf, dass die informationspflichtigen Stellen aktiv Informationen in das (neu zu errichtende) Informationsregister einpflegen, § 1 Abs. 2 i. V. m. § 2 Abs. 8 HmbTG. Schon die Annahme umfassender Veröffentlichungspflichten ist neu, gerade in dem von § 3 HmbTG vorgegebenen Umfang.390 Von richtungsweisender Bedeutung für die Normierung des Transparenzgedankens ist jedoch die umfassende Normierung der Ausgestaltung der Veröffentlichungspflicht, § 10 HmbTG. Demnach haben die Dokumente mitunter leicht auffindbar, maschinell durchsuchbar und druckbar zu sein, Abs. 1. Die Nutzung, Weiterverwendung und Verbreitung der Informationen ist frei, sofern höherrangiges Recht oder spezialgesetzliche Regelungen nichts anderes bestimmen, Abs.  3  Satz  1. Die Informationen müssen in einem wiederverwendbaren Format vorliegen, Abs. 5 Satz 1, und müssen mindestens zehn Jahre vorgehalten werden, Abs. 6. Im Falle von Änderungen müssen für jeden Zeitpunkt die jeweils gültigen Fassungen abrufbar sein, Abs. 7. Darüber hinaus hat der Zugang zum Informationsregister kostenlos und anonym zu erfolgen, Abs. 4 Satz 1. Jenseits dieser Vorgaben für die konkrete Ausgestaltung stellt die dogmatische Konstruktion als subjektives, einklagbares Recht, § 1 Abs. 2 HmbTG, die Informationsbeziehungen zwischen Staat und Bürger auf eine neue Ebene.391 Den gesetzlichen Grundlagen entsprechend verfügen Bremen (daten.bremen. de)  und Hamburg (daten.hamburg.de)  über ein Open Data-Portal. Andere Länder folgen: So ging im September 2011 in Umsetzung der Berliner Open Data-­

387 Zur Entstehung des Hamburgischen Transparenzgesetzes (HmbTG) Jauch, DVBl. 2013, 16, 17. 388 Hamburgisches Informationsfreiheitsgesetz (HmbIFG), HmbGVBl. 2006, 167. 389 Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG), HmbGVBl. 2012, 271. Hierzu Caspar, ZD 2012, 445. 390 Während die Pflicht zur Veröffentlichung von Senatsbeschlüssen, Mitteilungen des Senats an die Bürgerschaft u. ä. dem traditionellen Umfang der Öffentlichkeit entspricht, wird die Pflicht zur Veröffentlichung von Verträgen der Daseinsvorsorge, § 3 Abs.  1 Nr.  4 HmbTG, sowie die Soll-Vorschrift zur Veröffentlichung von Verträgen, „an deren Veröffentlichung ein öffentliches Interesse besteht, soweit dadurch nicht wirtschaftliche Interessen der Freien und Hansestadt Hamburg erheblich beeinträchtigt werden“, § 3 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG, nicht nur die Veröffentlichungs-, sondern auch die Verwaltungspraxis nachhaltig zu ändern in der Lage sein, hierzu Jauch, DVBl. 2013, 16, 18 f. 391 Jauch, DVBl. 2013, 16, 24 erblickt darin einen „Paradigmenwechsel“, Caspar, ZD 2012, 445, 446 eine „Besonderheit“.

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  109

Strategy392 daten.berlin.de online. Bayern folgte im Dezember 2011 mit dem Open Data-Portal der Bayerischen Staatsregierung (opendata.bayern.de)393 und BadenWürttemberg stellte im März 2012 den Prototyp seines Open Data-Portals vor (opendata.service-bw.de). Derart fortgeschritten sind die Anstrengungen zur Etablierung einer allgemeinen Informationszugänglichkeit sonst lediglich auf kommunaler Ebene, wie das Beispiel des Münchener Open Government Day MOGDy zeigt, und im Umfeld bürgerschaftlichen Engagements.394 III. Internationale Entwicklung Wesentliche Schritte auf dem Weg von der Arkantradition zum offenen Staat ging die Bundesrepublik aufgrund supra- und internationaler Verpflichtungen. Doch deren Gehalt erschöpft sich nicht in zwingend umzusetzenden Vorgaben. Die supra- und internationale Entwicklung ist Erkenntnisquelle, ist Vorbild der nationalen Rechtsentwicklung. 1. Entwicklung im Völkerrecht Auch wenn dem Völkerrecht angesichts der Vollzugs- und Durchsetzungsdefizite die Letztverbindlichkeit fehlt, lassen sich ihm objektive Verpflichtungen der Mitgliedstaaten entnehmen. Die Informationsfreiheit wird dabei vielfach zusammen mit der Meinungsfreiheit verbürgt.395 a) Internationale Maßnahmen Die allgemeinen Rechteerklärungen und Verträge ähneln den grundgesetzlichen Gewährleistungen in ihrem Gewährleistungsgehalt: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR396), verkündet und genehmigt von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10.12.1948, schreibt in Art. 19 AEMR die Informationsfreiheit fest, d. h. die Freiheit, „Informationen und Ideen mit allen Verständigungsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu

392

Both/Schieferdecker (Hrsg.), Berliner Open Data-Strategie. Ausführlich zur Berliner Open Data Initiative Hoffmann/Klessmann, V&M 17 (2011), 306, 306 ff. 393 Hierzu Pschierer, in: Hill, Informationelle Staatlichkeit, S. 35, 36 ff. 394 Überblick bei Janda, V&M 17 (2011), 227, 232 ff. Kommunale Open Data Portale sind zudem teilweise über das Open Data Portal des Bundes abrufbar. Als Gründe für die Vorreiterrolle kommunaler Einheiten bei Open Data Initiativen werden die kürzeren Wege und die kleineren Datenbestände angeführt. 395 Flechsig, in: Hahn/Vesting, RStV, § 9a RStV Rn. 3. 396 Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

verbreiten.“397 Lediglich eine Bezugnahme auf allgemein zugängliche Quellen, wie sie das Grundgesetz in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG vorsieht, enthält die Menschenrechtskonvention nicht. Gleiches gilt für den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966 (IPbpR398), der in Art. 19 Abs. 2 IPbpR399 ein Recht auf freie Meinungsäußerung gewährleistet, das ausdrücklich die Freiheit einschließt, ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen „Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere Mittel eigener Wahl sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.“ Auch die Bedeutung des Art. 19 IPbpR für die demokratische Gesellschaft ist anerkannt.400 Ein Leistungsrecht auf Eröffnung des Informationszugangs oder auf Veröffentlichung von Informationen lässt sich beiden Gewährleistungen nicht unmittelbar entnehmen.401 Darüber hinaus gehen die offiziellen Anmerkungen zu Art. 19 IPbpR. In seiner Erklärung vom Juli 2011 erklärte der Menschenrechts-Ausschuss der Vereinten Nationen, dass Art. 19 Abs. 2 IPbpR das Recht auf Zugang zu Informationen öffentlicher Stellen umfasse. Dies solle unabhängig von der Form gelten, in der die begehrte Information vorliegt. Der Zugang sei grundsätzlich kostenfrei zu eröffnen.402 Derart allgemeine Erklärungen sind als Erkenntnisquelle zu berücksichtigen. Letztverbindlichkeit oder gar gerichtliche Durchsetzbarkeit beanspruchen sie nicht. Verbindliche Leistungspflichten lassen sich unter „völkerrechtlichem Vorbehalt“ und bereichsspezifisch dem Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, über die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten entnehmen, das im Rahmen der 4. Paneuropäischen Umweltministerkonferenz im dänischen Aarhus angenommen wurde, 397 Art. 19 AEMR: „Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über die Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“ 398 BGBl. II 1973, 1533. 399 Art.  19 Abs.  2 IPbpR: „Jedermann hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere Mittel eigener Wahl sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.“ 400 Grote/Wenzel, in: EMRK/GG, Kap. 18 Rn. 12. 401 Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 51. 402 Vgl. General Comment No. 34 vom Juli 2011 des Human Rights Committee zu Artikel 19, Freedoms of opinion and expression, Anmerkung 18 (‚Article 19, paragraph 2 embraces a right of access to information held by public bodies. Such information includes records held by  a public body, regardless of the form in which the information is stored, its source and the date of production.‘) und Anmerkung 19 (‚Fees for requests for information should not be such as to constitute an unreasonable impediment to access to information.‘). Allgemeine Erklärung No. 34 abrufbar unter: http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/comments.htm (Stand: 1.8.2013).

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  111

kurz: dem Übereinkommen von Aarhus.403 Die Aarhus-Konvention wurde sowohl von der Europäischen Union als auch von der Bundesrepublik Deutschland noch im Jahr 1998 unterzeichnet und inzwischen ratifiziert, im Falle der Bundesrepublik allerdings erst durch ein Vertragsgesetz aus dem Jahr 2006.404 Die inhaltlichen Vorgaben der Konvention wurden jedoch bereits zuvor erfüllt.405 Die Aarhus-Konvention verpflichtet die Vertragsparteien nicht nur zur Anerkennung eines Anspruchs auf Zugang zu Umweltinformationen, Art. 4 der Konvention. Sie enthält auch Vorgaben zur allgemeinen Zugänglichkeit von Umweltinformationen: Um einen effektiven Zugang zu schaffen, müssen die Vertragsparteien gewisse Informationen „auf transparente Art und Weise“ zur Verfügung stellen, mittelfristig möglichst in elektronischer Form und digital abrufbar, Art. 5 Abs. 2, 3 der Konvention. Die so geschaffene Transparenz hat Eigenwert. Zugleich ist sie Grundlage einer Beteiligung der Öffentlichkeit an der Entscheidungs­findung in Umweltangelegenheiten. Indem Behörden die Öffentlichkeit frühzeitig über Vorhaben in Umweltangelegenheiten informieren, erhält jedermann die tatsächliche Möglichkeit, zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen. Die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung sind von den Vertragsparteien zu berücksichtigen, Art.  6 Abs. 7 der Konvention. Aussagen zu Informationsfreiheit und Transparenz auf internationaler Ebene finden sich darüber hinaus lediglich in unverbindlichen Stellungnahmen und Empfehlungen, etwa in der „Agenda für eine Informationsgesellschaft“ 406, die die Internationale Fernmeldeunion als Sonderorganisation der Vereinten Nationen 2005 auf dem Weltgipfel zur Informationsgesellschaft in Tunis vorstellte. Die Mitgliedstaaten einigten sich auf die Stärkung der Rolle des Einzelnen in der demokratischen Gesellschaft und die damit einhergehende Notwendigkeit der Öffnung staatlicher Informationsbestände.407 Bereits 2004 haben die Spezialberichterstatter für Meinungsfreiheit von UN, OSZE und OAS (Organisation amerikanischer Staaten) eine Erklärung zum Zugang zu Informationen und zur Geheimhaltungsgesetzgebung abgegeben.408 Sie ruft die Staaten zur Verabschiedung von Informationsfreiheitsgesetzen auf, die dem Bürger auf Grundlage des Offenheitsgrundsatzes ein Recht auf Zugang und einen Rechtsbehelf gegen Informationsverweigerung gewähren sollen. 403 Überblick bei Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 26; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 53 ff. Ausführlich Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 80 ff. 404 BGBl. II 2006, 1251 sowie die Bekanntmachung in BGBl. II 2007, 1392. 405 So BT-Drs. 16/2497, S. 7. Der Umsetzung dienten fünf Bundesgesetze. 406 Die „Tunis Agenda for the Information Society“ wurde 2005 auf dem Weltgipfel der Informationsgesellschaft in Tunis verabschiedet, vgl. Tunis Agenda for the Information Society vom 18.11.2005. 407 Tunis Agenda for the Information Society vom 18.11.2005, Nr. 90 lit. j; Kugelmann, DÖV 2005, 851, 851. 408 Hierzu Flechsig, in: Hahn/Vesting, RStV, § 9a RStV Rn. 5; Ader, MMR-Aktuell (Heft 2) 2005, XI. Deklaration abrufbar unter: http://www.osce.org/fom/66176 (Stand: 1.8.2013).

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

b) Europäische Menschenrechtskonvention Dem Gewährleistungsgehalt der grundgesetzlichen Informationsfreiheit ver­gleich­ bar ist auch Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK409).410 Sie betrachtet die Informationsfreiheit nicht als eigenständiges Recht, sondern ähnlich den oben genannten internationalen Gewährleistungen als Bestandteil des Rechts auf freie Meinungsäußerung.411 Im Mittelpunkt steht überkommenerweise die abwehrrechtliche Funktion, nicht leistungsrechtliche Ansprüche gegenüber staatlichen Stellen.412 So heißt es in Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK zum Schutz der freien Meinungsäußerung: „Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.“ Obwohl Informationen und Ideen anders als in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG nach dem Wortlaut des Art. 10 EMRK nicht „allgemein zugänglich“ sein müssen, ist auf Grundlage des Art. 10 EMRK kein umfassender Anspruch auf Zugang zu Informationen staatlicher Stellen anerkannt.413 Mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kann eine Informationspflicht staatlicher Stellen jedoch im Einzelfall angenommen werden.414 Ebenfalls nur im Einzelfall können aus Art.  8 EMRK, der das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verbürgt, Informationsansprüche hergeleitet werden.415 Art. 6 Abs. 1 Satz 2 EMRK ist zudem unmittelbar ein 409

Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950, ratifiziert in BGBl. II 1952, 685 in der Fassung BGBl. II 2010, 1198. 410 Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 51. 411 Art. 10 Abs. 1 EMRK: „Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne be­ hördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.“ 412 Zur grundsätzlich abwehrrechtlichen Konzeption des Art. 10 EMRK Meyer-Ladewig, in: Meyer-Ladewig, EMRK, Art. 10 Rn. 9; Schoch, EuZW 2011, 388, 389. Aus der Rechtsprechung statt aller EGMR, Urt. v. 19.10.2005 – 32555/96; EGMR, Urt. v. 26.3.1987 – 9248/81 – EGMRE 3, 430. 413 Mensching, in: Karpenstein/Mayer, EMRK, Art. 10 Rn. 21; Grote/Wenzel, in: EMRK/GG, Kap. 18 Rn. 50. 414 EGMR, Urt. v. 14.4.2009 – 37374/05; angedeutet in der (Nicht-) Zulassungsentscheidung EGMR, Urt. v. 10.7.2006 – 19101/03. Zuletzt zur Zuordnung des Zugangs zu Dokumenten staatlicher Stellen zu Art. 10 EMRK, wenn auch eine Verletzung i.E. ablehnend EGMR, Urt. v. 31.7.2012 – 45835/05. Aus der Literatur: Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 98 m. w. N.; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 51. Eine zunehmende Anerkennung von Informationsansprüchen gegenüber staatlichen Stellen stellt fest Mensching, in: Karpenstein/Mayer, EMRK, Art. 10 Rn. 21. Allgemein zur Anerkennung von Informationsansprüchen aus Art.  10 EMRK im Einzelfall Meyer-Ladewig, in: Meyer-Ladewig, EMRK, Art.  10 Rn. 9. 415 Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  52; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 195; Gurlit, DVBl. 2003, 1119, 1120 m. w. N. Zum Informationsanspruch aus Art.  8 EMRK: EGMR, Urt. v. 10.1.2012 – 30765/08 (Verletzung verneint); EGMR, Urt. v. 19.10.2005 – 32555/96; EGMR, Urt. v. 13.2.2003 – 42326/98 (Kenntnis der Identität); EGMR, Urt. v. 19.2.1998 – 116/1996/735/932 (Zugang zu Umweltinformationen).

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  113

Anspruch auf Zugang zu Gerichtsentscheidungen zu entnehmen.416 Auf sämtliche Informationsansprüche sind die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK anzuwenden. Sie sind zivilrechtlicher Anspruch im Sinne von Art. 6 EMRK. Der Informa­ tionsanspruch gegenüber staatlichen Stellen ist demnach voll justiziabel.417 Trotz der Möglichkeit zur Herleitung von Informationspflichten aus konkurrierenden Gewährleistungen kommt der Verankerung in Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK besonderes Gewicht zu. Denn Art. 10 EMRK ist nicht nur individuelle Gewährleistung, sondern auch Ausfluss der Demokratie. Dieser Bezug kann das Bedürfnis nach Eröffnung des Informationszugangs gegenüber dem Staat steigern.418 Sowohl die rechtliche Konstruktion der Informationsfreiheit in der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Grundgesetz als auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts ähneln sich. Beide messen der Informationsfreiheit als eigenständiger Gewährleistung hohes Gewicht bei.419 Daneben ist ein weitgehender inhaltlicher Gleichlauf zu verzeichnen: Die aktive Informationsbeschaffung wird neben dem passiven Rezeptionsvorgang von Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK wie Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG geschützt.420 Die abwehrrechtliche Dimension steht in der Rechtsprechung beider Gerichte im Vordergrund. Ansprüche auf Zugang zu staatlichen Informationen werden jedoch anerkannt. Zudem kommt der Bezug der Informationsfreiheit zum Demokratieprinzip in der Rechtsprechung beider Gerichte zum Tragen.421 Schließlich sind die Funktionen vergleichbar, die Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte und das Bundesverfassungsgericht den Grund- bzw. Menschenrechten und damit auch der Informationsfreiheit beimessen, obwohl die Auslegung von Europäischer Menschenrechtskonvention und Grundgesetz jeweils eigenständigen Grundsätzen folgt.422 So ist neben der individuellen Schutzrichtung die objektive Dimension von Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK bzw. Art. 5 Abs. 1 Satz  1 HS  2 GG anerkannt.423 Lediglich in Hinblick auf die Resubjektivierung objektiv-rechtlicher Gehalte ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 416

Mensching, in: Karpenstein/Mayer, EMRK, Art. 10 Rn. 21 m. w. N. Zur Justizibialität von Informationsansprüchen grundlegend EGMR, Urt. v. 31.7.2012 – 45835/05. Hierzu aus der Literatur Rupp, MMR-Aktuell 2012, 337781. 418 Flechsig, in: Hahn/Vesting, RStV, § 9a RStV Rn. 6, erachtet die Informationserlangung vom Staat und seinen Behörden als unverzichtbar, „um diesem Kontrollanspruch auch nachkommen zu können und als Medium der Aufklärung und politischen Mündigkeit zu wirken.“ Allgemein zum politischen Verständnis des Art. 10 EMRK durch den EGMR Grote/Wenzel, in: EMRK/GG, Kap. 18 Rn. 12. 419 Grote/Wenzel, in: EMRK/GG, Kap. 18 Rn. 47. 420 Für die EMRK Mensching, in: Karpenstein/Mayer, EMRK, Art. 10 Rn. 20. Für das Grundgesetz ausführlich s. u., 4. Teil, 5. Kap., sowie statt aller Bethge, in: Sachs, GG, Art. 5 Rn. 53. 421 Allgemein zur Vergleichbarkeit sowie im Besonderen zur Parallelität des demokratischen Bezugs und der damit einhergehenden Modifizierung der Kontrollmaßstäbe Grote/Wenzel, in: EMRK/GG, Kap. 18 Rn. 14. 422 Krieger, in: EMRK/GG, Kap. 6 Rn. 5. 423 Grote/Wenzel, in: EMRK/GG, Kap. 18 Rn. 16. 417

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

zurückhaltend.424 Dennoch lassen sich auch seiner Rechtsprechung positive Leistungspflichten der Mitgliedstaaten entnehmen. Dies gilt für die ausnahmsweise Ableitung originärer Leistungsrechte aus den Freiheitsrechten ebenso wie für die Kategorie der Schutzpflichten, die die Mitgliedstaaten zum Schutz der Rechtsgüter Privater vor Gefahren von privater Seite verpflichtet. Und auch verfahrensund organisationsrechtliche Gewährleistungsgehalte sind anerkannt.425 Sie sind eigenständige Gewährleistungen.426 c) Sonstige Maßnahmen des Europarats Jenseits der Europäischen Menschenrechtskonvention ist das anfangs ausge­ machte Durchsetzungs- und Vollzugsdefizit auch bei Konventionen des Europarats zu beachten. Die „Konvention über den Zugang zu amtlichen Dokumenten“ gewährleistet als erste völkerrechtliche Vereinbarung ein allgemeines Zugangsrecht zu Dokumenten der Verwaltung. Der Europarat verabschiedete sie bereits 2009 in Tromsø.427 Allerdings fehlte es auch Mitte 2013 an den zum Inkrafttreten notwendigen zehn Ratifizierungen.428 Demnach verharren das vorgesehene Jedermann-Recht auf voraussetzungslosen Informationszugang und die Inpflichtnahme der Mitgliedstaaten, amtliche Dokumente aktiv öffentlich zugänglich zu machen, selbst in völkerrechtlicher Unverbindlichkeit. Jenseits dessen hat sich der Europarat insbesondere in drei Empfehlungen mit der Zugänglichkeit von Informationen staatlicher Stellen beschäftigt. Die Empfehlung aus dem Jahr 1981 (REC(1981)19)429 schrieb dabei die Grundsätze fest, auf denen die Informationsfreiheitsgesetze 30 Jahre später noch immer basieren: Jedermann soll auf Nachfrage voraussetzungsloser Zugang zu Verwaltungsinformationen gewährt werden. Nur ausnahmsweise kann der Informationszugang bei entgegenstehenden berechtigten Interessen versagt werden.430 Nur diejenigen 424

Krieger, in: EMRK/GG, Kap. 6 Rn. 10. Krieger, in: EMRK/GG, Kap.  6 Rn.  23 ff. (Schutzpflichten), Rn.  85 ff. (Leistungs- und Teilhaberechte), Rn. 103 ff. (verfahrens- und organisationsrechtliche Schutzwirkungen). 426 Krieger, in: EMRK/GG, Kap. 6 Rn. 104, für die verfahrens- und organisationsbezogenen Schutzwirkungen. Allgemein ebd. Rn. 10: „Die Organe der EMRK haben negative und positive Handlungspflichten in Bezug auf subjektive Individualrechte hergeleitet. Sie greifen dafür in der Regel nicht auf eine ganzheitliche Wertordnung zurück, sondern entwickeln einklagbare Pflichten unmittelbar aus dem materiellen Grundrechtsgehalt, der Gewährleistungsgarantie und der Wirksamkeit des Menschenrechtsschutzes.“ 427 Convention on Access to Official Documents, CETS No. 205. Als „Meilenstein in der Rechtsentwicklung“, der in Deutschland in absehbarer Zeit jedoch nicht zur Geltung kommen wird, erachtet das Übereinkommen Schoch, EuZW 2011, 388, 389 f. 428 Vgl. die Übersicht des Europarats, abrufbar unter http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/ChercheSig.asp?NT=205&CM=1&DF=&CL=ENG (Stand: 1.8.2013). 429 Recommendation on the access to information held by public authorities, REC (1981) 19. 430 Bestätigt wird der Grundsatz der Informationsfreiheit in II lit. c der Recommendation on the access to information held by public authorities, REC (1981) 19. 425

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  115

öffentlichen und privaten Interessen, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind, können die Versagung des Zugangs begründen. 2002 wurden diese Ausführungen konkretisiert und um Bestimmungen zur Nutzung des Internet ergänzt (REC(2002)2)431. In der abschließenden Bestimmung werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, staatliche Informationen auf eigene Initiative der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, insbesondere über das Internet.432 Zudem werden die Mitgliedstaaten angehalten, über eine Erstreckung der Grundsätze des Informationszugangs auf Legislative und Judikative zu befinden.433 Es dauerte weitere fünf Jahre, bis der Europarat das Internet 2007 nicht nur als Informationsmedium ansah, sondern als „das“ Mittel, um Meinungs- und Informationsfreiheit zu gewährleisten und das demokratische Gemeinwesen durch die Eröffnung von Partizipationsmöglichkeiten und die generelle Fokussierung auf die Möglichkeiten des E-Government zu stärken.434 Dieser Einschätzung ist der Europarat seither treu geblieben.435 2. Entwicklung in den Nationalstaaten Ein Blick über die Grenzen auf die Entwicklung der Nationalstaaten liefert wichtige Impulse, auch wenn ihnen keine rechtlich zwingenden Vorgaben zu entnehmen sind. Dies gilt nicht nur für den Blick auf die Vereinigten Staaten unter Präsident Obama. Die Tradition der Öffnung reicht weiter zurück. a) Voraussetzungsloser Informationszugang Vorreiter der Gewährleistung von voraussetzungslosem Informationszugang und Akteneinsicht ist Schweden. 1766 wurde die Druckfreiheitsverordnung erlassen, die neben Meinungs- und Pressefreiheit ein Jedermann-Recht auf Zugang 431

Recommendation „Access to official documents“, REC (2002) 2. In der Begründung der Empfehlung wird unter Rn. 58, 59 der fundamentale Unterschied zwischen dem bisherigen Verständnis der Informationsfreiheit und dem nachfrageunabhängigen öffentlichen Zugänglichmachen der Behörde hervorgehoben, gerade in Hinblick auf ein demokratisches Staatswesen. Die Veröffentlichung im Internet wird dabei lediglich als ein Medium angesehen, mithilfe dessen die öffentliche Zugänglichkeit hergestellt werden kann. Verwiesen wird auch auf offizielle Publikationen oder das „schwarze Brett“. 433 Hierzu auch Flechsig, in: Hahn/Vesting, RStV, § 9a RStV Rn. 7. 434 Recommendation on measures to promote the public service of the internet, REC (2007) 16. 435 ‚Declaration on Internet governance principles‘ vom 21.9.2011. Dort wird die Befähigung des Einzelnen, an partizipatorischen und demokratischen Prozessen mitzuwirken, als eines von insgesamt zehn „Internet governance principles“ angeführt. Zur Notwendigkeit der Möglichkeit zur informierten Teilnahme des Einzelnen am demokratischen Willensbildungsprozess auch „Declaration on Public Service Media Governance“ vom 15.2.2012. 432

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

zu amtlichen Dokumenten gewährleistet.436 Seit 1975 genießt sie Verfassungsrang.437 Informationsfreiheit und Transparenz sind in Schweden fest verwurzelt und Teil der rechtsstaatlichen Tradition. Daher wurden der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verwaltung und das allgemeine Recht auf Zugang zu offiziellen Dokumenten im Zuge des EU-Beitritts Schwedens zum fundamentalen Grundsatz erhoben. Es dauerte bis nach dem Zweiten Weltkrieg, bis es die USA 1966 dem Vorbild Schwedens gleichtaten und ein Informationsfreiheitsgesetz, den Freedom of Information Act (FOIA),438 erließen. Seit seinem Inkrafttreten wurde der Freedom of Information Act zahlreiche Male ergänzt und novelliert, wobei vor allem die Novellierung im Zuge des Privacy Act (PA)439 aus dem Jahr 1974 hervorzuheben ist. Er gewährt Einsicht in Akten zur eigenen Person. 1996 folgte die Novellierung durch den Electronic Freedom of Information Act (E-FIOA)440, der eine Pflicht zur elektronischen Veröffentlichung bestimmter neu angelegter Verwaltungsdokumente einführte. Obwohl Präsident George W. Bush 2007 den Open Government Act441 unterzeichnete und obwohl Präsident Barack Obama eine weitergehende Öffnung propagiert, wird der FOIA seit den Terroranschlägen vom 11.9.2001 restriktiv angewendet.442 Die übrigen skandinavischen Staaten443 folgten dieser Entwicklung, ab den 1970er Jahren auch zentral- und südeuropäische Staaten. In einer ersten Welle schufen Frankreich, Spanien, Portugal und die Niederlande ein Informationsrecht des Bürgers. Griechenland, Italien und Belgien schlossen sich an.444 Großbritannien erließ 2000 den Freedom of Information Act, der angesichts der Ereignisse vom 11.9.2001 jedoch erst nach einer fünfjährigen Übergangszeit in Kraft 436

Wegener, Der geheime Staat, S. 299 ff.; Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 347; Bull, ZG 2002, 201, 205. Kritisch zur Vorreiterrolle Schwedens Schmitz/Jastrow, NVwZ 2005, 984, 987. 437 Kap. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Verfassung des Königreiches Schweden vom 28.2.1974, in Kraft seit 1.1.1975. Zur Druckfreiheitsverordnung Bull, ZG 2002, 201, 205 m. w. N.; Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 386. 438 Freedom of Information Act (FOIA) aus dem Jahr 1966 (5 U. S. C. § 552). Zu den unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten und der Abhängigkeit der bevorzugten Auslegungsvariante von den politischen Gegebenheiten Ginsberg, The Obama Administration’s Open Government Initiative: Issues for Congress, S. 5 f. 439 Privacy Act of 1974 (Pub. L. 93–579, 88 Stat. 1896, 5 U. S. C. § 552a). 440 Electronic Freedom of Information Act (E-FOIA), Publ. L. 104–321, 110 Stat. 3048, 5 U. S. C. § 552. 441 Openness Promotes Effectiveness in our National Government Act of 2007, kurz: Open Government Act aus dem Jahr 2007 (Publ. L. 110–175, 121, Stat. 2524). 442 Die einschränkende Auslegung wurde angeordnet durch das „Ashcroft Memo“ vom 21.10.2001, das seinerseits durch das „AG Holder Memo“ vom 14.3.2009 aufgehoben wurde. Aus der Literatur Kloepfer/Lewinski, DVBl. 2005, 1277, 1278 m. w. N. 443 Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 347. Lediglich Finnland verfügt bereits seit 1951 über ein Informationsfreiheitsgesetz, vgl. Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 29. 444 Übersicht bei Nolte, DÖV 1999, 363, 364 f.; Bull, ZG 2002, 201, 205 f.

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trat.445 Inzwischen ist die Informationsfreiheit in beinahe allen europäischen Mitgliedstaaten gesetzlich garantiert, allerdings in unterschiedlichem Umfang.446 Teilweise, etwa in Schweden und Finnland, Spanien und Portugal sowie in Belgien und den Niederlanden, hat die Gewährleistung der Informationsfreiheit Verfassungsrang.447 Auch das Bundes-Verfassungsgesetz Österreichs (B-VG) sieht eine Auskunftspflicht aller mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe und öffentlich-rechtlichen Körperschaften vor, Art. 20 Abs. 4 B-VG448. Teilweise ist das Recht auf Akteneinsicht wie in der Bundesrepublik nur in einfachen Gesetzen ausdrücklich normiert. Wichtiger als die Kodifizierung in einem einfachen Gesetz oder in der Verfassung sind jedoch Ausgestaltung und Auslegung der Vorschriften.449 Diese hängen, auch international, von den politischen Umständen ab.450 b) Öffentliche Zugänglichkeit Auch der Schritt vom individuellen Informationszugang zur aktiven Herstellung öffentlicher Zugänglichkeit war ein politischer. Schon 1997 wurde mit fedstats.gov in den USA die erste zentral zugängliche Daten-Webseite freigeschaltet, auf der statistische Informationen aller öffentlichen Einrichtungen zu finden waren.451 Die Informationspolitik der Folgejahre wurde von zahlreichen Memoranden geprägt, bis das „Memorandum on Transparency and Open Government“ 452 und die darauf folgende „Open Government Directive“453 von US-Präsident Obama der Idee der

445 Freedom of Information Act 2000 (2000 c. 36); Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 32; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 195. Zur Vorreiterrolle Großbritanniens in Europa Kubicek, in: Hill, Informationelle Staatlichkeit, S. 51, 56 f. 446 Wenn auch ohne die Erwähnung der Ausgestaltung der Informationsfreiheit in Spanien Vleugels, Fringe Special: Overview of all FOI laws. 447 Bull, ZG 2002, 201, 205. 448 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. Nr. 115/2013. Der in Art. 20 Abs. 4 B-VG enthaltene Gesetzgebungsauftrag wird durch das Auskunftspflichtgesetz vom 15.5.1987 (BGBl. Nr. 287/1987) und das Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz vom 15.5.1987 (BGBl. Nr. 286/1987) umgesetzt. Hinsichtlich der Schaffung eines voraussetzungslosen Informationszugangs werden Österreich wie Deutschland zur Schlussgruppe gerechnet, vgl. Kloepfer/Lewinski, DVBl. 2005, 1277, 1277 Fn. 2. 449 Instruktiv die OSZE-Studie „Access to information by the media in the OSCE region: trends and recommendations – Summary of preliminary results of the survey“ vom 30.4.2007, abrufbar unter www.fas.org/sgp/library/osce-access.pdf (Stand: 1.8.2013). 450 Ginsberg, The Obama Administration’s Open Government Initiative: Issues for Congress, S. 6 f. 451 Hierzu Ginsberg, The Obama Administration’s Open Government Initiative: Issues for Congress, S. 5 f. 452 Presidential Memorandum on Transparency and Open Government vom 21.1.2009, Federal Register, Vol.  74, No. 15, S. 4685 f. 453 Open Government Directive vom 8.12.2009, Federal Register, Vol.  75, No. 80, S. 22165 f.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

öffentlichen Zugänglichkeit 2009 zum Durchbruch verhalfen: Transparenz soll die Verantwortlichkeit erhöhen, Partizipation fördern und wirtschaftlichen Mehrwert schaffen.454 Bereits im Mai 2009 wurde das Bundesportal data.gov freigeschaltet, das den zentralen Zugriff auf Informationen und Daten der Bundesbehörden ermöglicht. Metadaten und Kataloge der vorhandenen Daten erleichtern die Auffindbarkeit.455 Das angloamerikanische Verständnis von Offenheit findet sich im europäischen Raum in Großbritannien.456 Trotz der zögerlichen Haltung gegenüber Erlass und Inkrafttreten des Freedom of Information Act457 übernahm Großbritannien mit dem Portal data.gov.uk eine Vorreiterrolle in Europa. Seit Januar 2010 werden dort sämtliche Verwaltungsdaten zentral zugänglich gemacht. Ziel ist „promoting openness by public bodies and data privacy for individuals“458. In Österreich genießt die Amtsverschwiegenheit noch immer Verfassungsrang, Art. 20 Abs. 3 B-VG. Dennoch ist Österreich wichtiger Akteur auf dem Weg in Richtung neuer Offenheit. Seit 1998 stellt das Bundeskanzleramt über das Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS)459 Bundes-, Landes- und Teile des Gemeindesrechts sowie Urteile, Erlässe und das Gesetzblatt frei zugänglich im Internet zur Verfügung. Diese interne Kooperation setzt sich nach dem Erlass eines nationalen E-Government-Gesetzes im Jahr 2004460 im Zeichen des Open Government fort. Unter Federführung des Bundeskanzleramts entwickeln Bund, Länder, Gemeinden und Wissenschaft gemeinsame Leitlinien und Standards zur Implementierung von Open Government Data.461 2011 ging das Open Government Data-Portal dat.gv.at462 als Single Point of Contact online. Es wird von Bundeskanzleramt und Bundesrechenzentrum betrieben und von Vertretern aller Verwaltungsebenen mit Informationen und Daten bestückt.

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Hierzu bereits 2. Teil, 1. Kap. B. II. Ausführlich zur Öffnung der Verwaltungsdaten in den USA Lucke, V&M 15 (2009), 326, 329 f. 456 Schulzki-Haddouti, Die globale Bewegung für offene Daten. 457 Freedom of Information Act 2000, ergänzt durch die Freedom of Information (Amendment) Bill 2006–07. 458 Information Commissioner’s Office (Hrsg.), Promoting openness by public bodies and data privacy for individuals. 459 ris.bka.gv.at (Stand: 1.8.2013). 460 Bundesgesetz über Regelungen zur Erleichterung des elektronischen Rechtsverkehrs mit öffentlichen Stellen (E-Government-Gesetz), BGBl. I Nr. 10/2004 vom 27.2.2004. 461 Im Juli 2011 schlossen sich Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen zur Cooperation Open Government Data Österreich (kurz: „Cooperation OGD Österreich“) zusammen. 462 Am 20.4.2012 wurde bereits das neue Open Government Data Portal vorgestellt. Umfassend zur Entstehung des Wiener Open Government Portals Janda, V&M 17 (2011), 227, 233 f. sowie zum Vorgehensmodell bei der Veröffentlichung von Verwaltungsdaten Krabina, V&M 17 (2011), 239, 240 f. Allgemein Cooperation Open Government Data Österreich (Hrsg.), Rahmenbedingungen für Open Government Data Plattformen; Open Commons Linz (Hrsg.), Lizenzierung und Verhaltenskodex für Open Government Data. 455

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  119

Inzwischen stellen zahlreiche europäische Mitgliedstaaten Datenkataloge im Internet bereit, etwa Frankreich (data.gouv.fr) und die Niederlande (overheid.nl), oder unternehmen zumindest Anstrengungen in diese Richtung.463 Entsprechendes gilt jenseits der Grenzen Europas, allen voran im afrikanischen wie im asia­tischen Raum.464 Diese tatsächlichen Maßnahmen werden von rechtlichen flankiert. So erhebt der Neuentwurf der Verfassung der Republik Island in Art.  15, an deren Entstehung das Volk direkt beteiligt wurde, das Transparenzprinzip in Verfassungsrang.465 Alle öffentlichen Einrichtungen sollen die Informationen und Dokumente, über die sie verfügen, öffentlich zugänglich und über ein Register praktisch erreichbar machen. IV. Europäische Entwicklung Das Recht der Europäischen Union enthält wichtige Weichenstellungen in Richtung der Öffnung von Staat und Verwaltung für die Allgemeinheit. Rechtsverbindliche Vorgaben lassen sich zwar nur dem Gemeinschaftsverwaltungsrecht [2. Teil, 2. Kap. A. IV. 2.] entnehmen. Doch vom Eigenverwaltungsrecht [2. Teil, 2. Kap. A. IV. 1.] gehen wichtige Impulse aus, ebenso wie von zahlreichen Initiativen und Programmen der Europäischen Union [2. Teil, 2. Kap. A. IV. 3.].466 Eine Gesamtschau dieser Instrumente zeigt, weshalb die Europäische Union als „Motor der Öffnung“ bezeichnet werden kann.467 1. Eigenverwaltungsrecht 1999 fand der Grundsatz der Offenheit mit dem Amsterdamer Vertrag für den Bereich des gemeinschaftlichen Vollzugs Eingang in das Primärrecht.468 Zuvor existierten sekundärrechtliche Vorgaben, allen voran in Form von spezifischem 463 Überblick bei Ginsberg, The Obama Administration’s Open Government Initiative: Issues for Congress, S. 6; Janda, V&M 17 (2011), 227, 232 ff. 464 Zu Open Government Data-Initiativen jenseits der westlichen Welt vgl. etwa für Kenia und Marokko bei Janda, V&M 17 (2011), 227, 232; u. a. zu Seoul Lucke, V&M 15 (2009), 326, 330 f., zu kommunalen Portalen in Singapur und Hongkong Wirtz/Nitzsche, V&M 16 (2010), 209, 213 ff. 465 Entwurf einer neuen Verfassung für die Republik Island vom 24.3.2011, englische Version ab­ rufbar unter: http://stjornlagarad.is/other_files/stjornlagarad/Frumvarp-enska.pdf (Stand: 1.8.2012). Zur Entstehung der Verfassung via Internet Mann, Telepolis vom 25.4.2012, www. heise.de; http://stjornlagarad.is/english/ (Stand: 1.8.2012). 466 Eine „rechtsdogmatische Anstoßwirkung“ nimmt an Nolte, DÖV 1999, 363, 365. Umfassend zur Bedeutung der Rechtsvergleichung s. u., 4. Teil, 1. Kap. A. II. 2. 467 Zur Anstoßwirkung Nolte, DÖV 1999, 363, 365; Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 61, 69. 468 Stichwort: Transparenz, in: Bergmann, Handlexikon der Europäischen Union; Krajewski/ Rösslein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EU, Art. 15 AEUV Rn. 6, 25; Kröger, in: Kröger/Hoffmann, Rechts-Handbuch zum E-Government, S. 1, 4 f.; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 196.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Organrecht,469 sowie zahlreiche Erklärungen und Schlussfolgerungen,470 angefangen bei der Erklärung Nr. 17 zur Schlussakte des Vertrags über die Europäische Union vom 7.2.1992.471 In dieser Erklärung zum Recht auf Zugang zu Informationen wurde erstmals ausdrücklich der Konnex zwischen Transparenz des Verfahrens sowie demokratischem Charakter und Vertrauen der Öffentlichkeit hergestellt.472 a) Primärrecht Inzwischen ist der Transparenzgedanke in Art. 15 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) primärrechtlich verankert.473 Er führt ex-Art. 255 EGV fort und erweitert ihn. Während früher lediglich das Recht auf Zugang zu „Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission“ gewährt wurde, wird nun der Grundsatz der Offenheit in Art. 15 Abs. 1 AEUV zum Ausgangspunkt für sämtliches Handeln der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union erhoben. Art. 15 Abs. 3 UAbs. 1 AEUV konkretisiert den in Absatz 1 niedergelegten Offenheitsgrundsatz in Hinblick auf den Zugang zu Dokumenten: „Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsgemäßem Sitz in einem Mitgliedstaat hat das Recht auf Zugang zu Dokumenten der 469

Krajewski/Rösslein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EU, Art. 15 AEUV Rn. 25. Beispielhaft verwiesen sei auf Beschluss 93/731/EG des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Ratsdokumenten vom 20.12.1993 (ABl. L 340/43 vom 31.12.1993); Beschluss 94/90/EGKS, EG, Euratom über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten vom 8.2.1994 (ABl. L 46/58 vom 18.2.1994) sowie Beschluss 97/632/EG, EGKS, Euratom über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments vom 10.7.1997 (ABl. L 263/27 vom 25.9.1997). Die Beschlüsse des Rates und der Kommission wurden 1996 geändert. Seit Inkrafttreten der Transparenz-Verordnung zum 3.12.2001 (Verordnung (EG) 1049/2001) ersetzt diese alle drei Beschlüsse. Der EuGH maß bereits diesen Verhaltenskodices anspruchsbegründende Wirkung bei, Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 196. 470 Vgl. nur die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (Edinburgh) zur Transparenz (Bulletin der Europäischen Gemeinschaften, Nr. 12–1992, S. 19 ff.) sowie die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (Kopenhagen) zum Zugang zu Informationen (Dok. SN 180/1/93). 471 Das Grünbuch „Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten im Besitz der Organe der Europäischen Gemeinschaft“, KOM(2007) 185 endg., sieht im Vertrag von Maastricht die Einführung des Transparenzgrundsatzes, vgl. S. 2. Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 63 sieht die Erklärung daher als „entscheidende[n] rechtspolitische[n] Impuls“. Zur Entwicklung auch Kloepfer, DÖV 2003, 221, 226; Nolte, DÖV 1999, 363, 366. 472 „Die Konferenz ist der Auffassung, daß die Transparenz des Beschlußverfahrens den demokratischen Charakter der Organe und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verwaltung stärkt. Die Konferenz empfiehlt daher, daß die Kommission dem Rat spätestens 1993 einen Bericht über Maßnahmen vorlegt, mit denen die den Organen vorliegenden Informationen der Öffentlichkeit besser zugänglich gemacht werden sollen.“ 473 Stichwort: Transparenz, in: Bergmann, Handlexikon der Europäischen Union; Wegener, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 15 AEUV Rn. 6.

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  121 Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form der für diese Dokumente verwendeten Träger, vorbehaltlich der Grundsätze und Bedingungen, die nach diesem Absatz festzulegen sind.“

Einschränkungen dieses allgemeinen Grundsatzes sind nur auf Grundlage öffentlicher oder privater Interessen zulässig. Näheres ist im Wege einer Verordnung zu bestimmen, Art. 15 Abs. 3 UAbs. 2 AEUV. Ein Anspruch auf Zugang zu den Dokumenten der Europäischen Union kann zudem auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EGC) gestützt werden, die am 7.12.2000 proklamiert wurde. Art. 42 EGC gewährleistet ähnlich Art.  15 Abs.  3 AEUV das „Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form der für diese Dokumente verwendeten Träger“. Daneben kann im Einzelfall Art. 41 EGC, das Recht auf gute Verwaltung, als Grundlage von Informationsbegehren herangezogen werden.474 Art. 41 Abs. 2 lit. b EGC gewährleistet jedermann das Recht auf Zugang zu den ihn betreffenden Akten. Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, Art. 6 Abs. 1 EUV, ist die Charta Teil des Primärrechts und für alle Organe und Einrichtungen der Europäischen Union ebenso verbindlich wie für die Mitgliedstaaten. Die Zugangsansprüche werden durch zahlreiche Verfahrensregelungen des Primärrechts ergänzt. So hebt der Vertrag über die Europäische Union den Grundsatz der Offenheit an prominenter Stelle als Optimierungsgebot hervor: Gemäß Art.  1 UAbs.  2 EUV hat die Europäische Union eine Integrationstiefe erreicht, in der die „Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah“ zu treffen sind.475 Titel II des Vertrags über die Europäische Union konkretisiert diesen Auftrag in den „Bestimmungen über die demokratischen Grundsätze“: Das Europäische Parlament hat Entscheidungen „so offen und bürgernah wie möglich“ zu treffen, Art. 10 Abs. 3 Satz 2 EUV. Gemäß Art. 11 Abs. 2 EUV sind die Organe gehalten, mit Verbänden und der Zivilgesellschaft in „einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog“ zu treten. Entsprechendes sieht Art. 298 Abs. 1 AEUV für die europäische Verwaltung vor. Sie ist dem Leitbild der offenen Verwaltung verpflichtet, wobei der Begriff der Verwaltung in einem umfassenden, auch die Rechtssetzungstätigkeit und gubernatives Handeln einbeziehenden Sinn zu verstehen ist.476

474

Konkretisiert wird das Recht auf eine gute Verwaltung in den Verhaltenskodices der EUOrgane. 475 Krajewski/Rösslein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EU, Art. 15 AEUV Rn. 3. 476 Dass „Verwaltung“ nicht auf administrative Tätigkeiten begrenzt wird, folgt einerseits aus dem Standort des Art. 298 AEUV im Kapitel über die Rechtsakte der Union. Andererseits deutet dies die englische („governance“) und französische („gouvernance“) Fassung des Vertragstexts an, vgl. Krajewski/Rösslein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EU, Art. 15 AEUV Rn. 10. Allgemein Wegener, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 15 AEUV Rn. 1; Kröger, in: Kröger/ Hoffmann, Rechts-Handbuch zum E-Government, S. 1, 2 ff.

122

2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

b) Sekundärrecht und sonstige Rechtsakte Meilenstein auf dem Weg zur Informationsoffenheit ist die Transparenz-Verordnung aus dem Jahr 2001.477 Sie trat vor der umfassenden primärrechtlichen Normierung des Grundsatzes der Offenheit durch den Vertrag von Lissabon in Kraft und wurde von den Organen der Europäischen Union in den Geschäftsordnungen umgesetzt.478 Inzwischen findet die Transparenz-Verordnung in Art. 15 Abs. 3 UAbs. 2 AEUV ihre ausdrückliche Rechtsgrundlage.479 Inhaltlich und konzeptionell führt die Transparenz-Verordnung den Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Rats- und Kommissionsdokumenten480 aus dem Jahr 1993 fort. Die Transparenz-Verordnung begründet für jeden Unionsbürger481 sowie für natürliche wie juristische Personen mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat einen allgemeinen, interessenunabhängigen Anspruch auf Zugang zu Dokumenten der Organe, egal welchen Tätigkeitsbereich der Union sie betreffen. Art. 2, 7 f. VO 1049/2001/EG. Dem Zugangsanspruch können lediglich die in Art. 4 der Transparenz-Verordnung aufgeführten Interessen entgegengehalten werden.482 Um das Zugangsrecht wirksam ausüben zu können, verpflichtet Art.  11 der Verordnung die Organe, ein Dokumentenregister öffentlich zugänglich zu machen.

477 Verordnung (EG) 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.5.2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145/43 vom 31.5.2001). 478 Die Durchführungsbestimmungen sind weitgehend identisch. Auf eine einheitliche Normierung konnten sich die EU-Organe jedoch nicht verständigen, Krajewski/Rösslein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EU, Art. 15 AEUV Rn. 28. Vgl. daher im Einzelnen: Beschluss des Europäischen Parlaments vom 13.11.2001 zur Anpassung der Geschäftsordnung an die Verordnung (EG) 1049/2001 (ABl. C 140E/120 vom 13.6.2002); Beschluss des Präsidiums über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments (ABl. C 374/1 vom 29.12.2001); Beschluss 2001/840/EG des Rates vom 29.11.2001 zur Änderung der Geschäftsordnung des Rates (ABl. L 313/40 vom 30.11.2001); Beschluss des Kommission 2001/937/EG EGKS, Euratom vom 5.12.2001 zur Änderung ihrer Geschäftsordnung (ABl. L 345/94 vom 29.12.2001). 479 Vor Inkrafttreten des AEUV wurde die Transparenz-Verordnung auf Art. 255 Abs. 2 EGV gestützt. 480 93/730/EG (ABl. L 340/41 vom 31.12.1993 in der Fassung ABl. L 23/34 vom 28.1.1994). Seine Grundlage findet der Verhaltenskodex in der 17. Erklärung zur Schlussakte des Vertrages über die Europäische Union („Erklärung zum Recht auf Zugang zu Informationen“). Hierzu auch Krajewski/Rösslein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EU, Art. 15 AEUV Rn. 5. Der EuGH erachtet die Transparenzakte als Ausfluss der Organisationsgewalt der Organe. Grundlage sei das Demokratieprinzip, wie es die Gemeinschaft in den Mitgliedstaaten vorgefunden hat, EuGH, Urt. v. 30.4.1996 – C-58/94. Hierzu Nolte, DÖV 1999, 363, 366. 481 Im Grünbuch KOM(2007) 185 endg., S. 6, heißt es zum Zweck der Transparenz-Verordnung, dass „der Öffentlichkeit der größtmögliche Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane zu gewähren“ ist. [Hervorhebung im Original] 482 Zur Transparenz-Verordnung vgl. auch den instruktiven Überblick bei Stichwort: Transparenz, in: Bergmann, Handlexikon der Europäischen Union.

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  123

Doch die Pflicht zur öffentlichen Zugänglichmachung von Dokumenten reicht darüber hinaus. Art. 12 der Transparenz-Verordnung sieht vor, dass die Organe, „soweit möglich, die Dokumente direkt in elektronischer Form oder über ein Register gemäß den Bestimmungen des betreffenden Organs öffentlich zugänglich“ machen. Dies gilt gemäß Abs.  2 insbesondere für legislative Dokumente, d. h. für „Dokumente, die im Laufe der Verfahren zur Annahme von Rechtsakten, die in den oder für die Mitgliedstaaten rechtlich bindend sind, erstellt wurden oder eingegangen sind“ sowie gemäß Abs. 3 für die „Entwicklung von Politiken und Strategien“. Die Transparenz-Verordnung enthält lediglich Mindestvorgaben der Öffnung.483 Dementsprechend existieren bereichsspezifische Regelungen, die Transparenzanforderungen an die EU-Organe und sonstigen Einrichtungen der Gemeinschaft stellen. So ist die Europäische Union Vertragspartner der Aarhus-Konvention.484 Die verfahrensakzessorischen Akteneinsichtsrechte des Eigenverwaltungsrechts, etwa das kartellrechtliche Recht auf Einsicht in die Akten der Kommission, Art. 27 Abs. 2 VO 1/2003/EG485, ist aufgrund der Verfahrensabhängigkeit, d. h. der fehlenden Voraussetzungslosigkeit, nicht im engeren Sinne dem Grundsatz der Offenheit zuzurechnen. Denn dieser gilt voraussetzungslos. Als Motor gilt das Eigenverwaltungsrecht der Europäischen Union vor allem deshalb, weil es mit Selbstverpflichtungserklärungen als gutes Beispiel den Weg in Richtung Öffnung vorangegangen ist. 2006 verpflichtete sich die EU-Kom­ mission, die Anforderungen zu erfüllen, die die PSI-Richtlinie für die Mitgliedstaaten aufstellt.486 2011 erneuerte sie den Entschluss und verwies auf die Mittel zur Zielerreichung, insbesondere die Errichtung eines Datenportals als zentralen Zugangspunkt zu den Datenbeständen, Art. 5 des Beschlusses 2011/833/EU,

483

Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 75. Verordnung (EG) 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.9.2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (ABl. L 264/13 vom 25.9.2006). Diese Verordnung wird ihrerseits durch Durchführungsbestimmungen von den einzelnen Organen umgesetzt; beispielhaft etwa für die EU-Kommission Beschluss der Kommission 2008/401/EG, Euratom vom 30.4.2008 zur Änderung ihrer Geschäftsordnung (ABl. L 140/22 vom 30.5.2008). 485 Verordnung (EG) 1/2003 des Rates vom 16.12.2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1/1 vom 4.1.2003). Allgemein zu den verfahrensakzessorischen Akteneinsichtsrechten Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 74 f. 486 Beschluss der Kommission 2006/291/EG, Euratom vom 7.4.2006 über die Weiterverwendung von Informationen der Kommission (ABl. L 107/38 vom 20.4.2006); aufgehoben durch den Beschluss der Kommission 2011/833/EU vom 12.12.2011 über die Weiterverwendung von Kommissionsdokumenten (ABl. L 330/39 vom 14.12.2011), um eine breitere Weiterverwendung zu ermöglichen [vgl. Erwägungsgrund 9]. Zur PSI-Richtlinie ausführlich 2. Teil, 2. Kap. A. IV. 2. b). 484

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

und die grundsätzlich uneingeschränkte und kostenfreie Weiterverwendbarkeit der Kommissionsdokumente, Art. 6 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 des Beschlusses. Ebenfalls als Best-practice-Beispiel kann das gemeinsame Transparenz-Register gelten, das Europäisches Parlament und EU-Kommission durch interinstitutionelle Vereinbarung vom 23.6.2011 errichteten487 und das die bis dato getrennten Registersysteme vereint. Es soll das Legislativhandeln auf Unionsebene und dessen Beeinflussung durch Dritte offenlegen. Sämtliche Organisationen und Einzelpersonen, die unmittelbar oder mittelbar auf die Politikgestaltung oder -umsetzung und die Entscheidungsprozesse der EU-Organe einwirken, sind gehalten, sich im Transparenz-Register zu registrieren und dem gemeinsamen Verhaltenskodex beizutreten. 2. Gemeinschaftsverwaltungsrecht Auch das Gemeinschaftsverwaltungsrecht nahm schon früh sowohl den individuellen Informationszugang als auch die öffentliche Zugänglichkeit in den Blick. Selbst in Bezug auf die Weiterverwendbarkeit von Informationen nimmt das Unionsrecht eine Vorreiterrolle ein. Gemäß dem Grundsatz der beschränkten Einzelermächtigung verfolgt die Europäische Union einen bereichsspezifischen Ansatz.488 a) Informationszugangsrecht Einen ersten Schritt ging das Gemeinschaftsverwaltungsrecht 1990 mit dem Erlass der Umweltinformationsrichtlinie.489 2003 wurde sie neu gefasst,490 um das zwischenzeitlich beschlossene Übereinkommen von Aarhus491 umzusetzen und den gewandelten (informations-)technischen Rahmenbedingungen Rechnung zu

487

Interinstitutionelle Vereinbarungen: Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission über die Einrichtung eines Transparenz-Registers für Organisationen und selbstständige Einzelpersonen, die sich mit der Gestaltung und Umsetzung von EU-Politik befassen (ABl. L 191/29 vom 22.7.2011). Voraus ging der Beschluss des Euro­ päischen Parlaments vom 11.5.2011 zu dem Abschluss einer Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission über ein gemeinsames Transparenz-Register 2010/2291(ACI). 488 Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 62, 83. 489 Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7.6.1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (ABl. L 158/56 vom 23.6.1990). 490 Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.1.2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. L 41/26 vom 14.2.2003). 491 KOM(2000) 400 endg., S. 9 f.

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  125

tragen.492 Wie die Aarhus-Konvention unterscheidet die Umweltinformationsrichtlinie zwischen individuellem Informationszugang und allgemeiner Zugänglichkeit. Hervorzuheben sind die inhaltlichen Anforderungen, die die Umweltinformationsrichtlinie an die Veröffentlichung von Informationen stellt: Soweit dies möglich ist, müssen die Informationen „aktuell, exakt und vergleichbar“ sein, Art. 8 Abs. 1 RL 2003/4/EG. Vor allem aber definiert die Umweltinformationsrichtlinie das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Transparenz und Geheimnis neu. 493 Der Begriff der Umweltinformation ist im Interesse größerer Transparenz weit zu verstehen (Erwägungsgründe 6, 10). Die Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 RL 2003/4/EG. Zudem existieren weitere bereichsspezifische Regelungen, die die Informationsbeziehungen zwischen Staat und Bürger in den Blick nehmen, etwa die Richtlinie über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen.494 Von Bedeutung für das Verwaltungsverfahren ist zudem die EU-Dienstleistungsrichtlinie, die in Art. 7 ein Recht auf Information für Dienstleistungserbringer und -empfänger festschreibt.495 Die erforderlichen Informationen sollen dabei „aus der Ferne und elektronisch leicht zugänglich“ sein, Art. 7 Abs. 3 RL 2006/123/EG. Zudem trägt die Installation des Einheitlichen Ansprechpartners in Art. 6 der Richtlinie dem Gedanken verstärkter Prozessorientierung und der Idee der vernetzten Verwaltung Rechnung. Die Umsetzung der Richtlinie wird derzeit jedoch als defizitär eingestuft.496 b) Informationsweiterverwendungsrecht Zentrales Instrument der Entwicklung des Informationsweiterverwendungsrechts ist die Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors aus dem Jahr 2003, kurz: PSI-Richtlinie497. Die rechtliche Aner 492

Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 21. Zur systematisierenden Wirkung Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 81. 494 Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16.11.2006 (ABl. L 318/17 vom 17.11.2006) über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen. Die Richtlinie hebt gem. Art.  10 UAbs.  1 die bestehende Richtlinie 80/723/EWG (ABl. L 195/35 vom 29.7.1980) in der Fassung der Richtlinie 2005/81/EG (ABl. L 312/47 vom 29.11.2005) auf. 495 Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376/36 vom 27.12.2006). 496 Schnapp, in: Hill, Verwaltungsmodernisierung 2012, S. 99, 107. Dies gilt insbesondere für die Normierung des Einheitlichen Ansprechpartners, §§ 71a ff. VwVfG. Dessen Rolle ist auf eine Vermittlerfunktion im Außenverhältnis beschränkt. Kritisch daher Franzius, in: Hill/ Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 39, 44. 497 Richtlinie 2003/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.11.2003 über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (ABl. L 345/90 vom 493

126

2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

kennung des Bedürfnisses nach Weiterverwendung der staatlichen Informationen beruht maßgeblich auf dem Umstand, dass die öffentliche Hand der größte Produzent von Informationen in Europa ist. Angesichts der vielfach anzutreffenden Exklusivität staatlicher Aufgabenwahrnehmung verfügt sie über ein weitreichendes Erhebungs- und Informationsmonopol. Die staatlicherseits wahrgenommenen Aufgaben sind vielfältig, weil sie sich nicht am Grundsatz der Gewinnmaximierung orientieren, sondern am Aufgabenkatalog.498 Doch nicht nur die Menge der vorhandenen Informationen steigert das Bedürfnis nach deren Nutzbarkeit für Private. Informationen staatlicher Stellen ist die Vermutung der Richtigkeit und Verlässlichkeit immanent. Sie genießen Vertrauen. Die PSI-Richtlinie regelt in ihrer ursprünglichen Fassung aus dem Jahr 2003 das Wie der Weiterverwendung von Informationen, sofern die Weiterverwendung grundsätzlich zulässig ist. Sie gewährt damit ursprünglich weder ein Recht auf Informationszugang noch verpflichtet sie die Mitgliedstaaten, die Weiterverwendung von Dokumenten zuzulassen (Erwägungsgrund 9).499 Auch verpflichtet sie die Mitgliedstaaten nicht zur Generierung von Informationen, auch nicht über den Umweg der Selbstbindung, Art. 5 RL 2003/98/EG. Die PSI-Richtlinie nimmt vorbehaltlich des Katalogs des Art. 1 Abs. 2 RL 2003/98/EG alle öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten in die Pflicht.500 Um die Weiterverwendung nicht nur rechtlich, sondern auch faktisch zu ermöglichen, sieht die Richtlinie vor, dass Dokumente, die im Besitz staatlicher Stellen sind, soweit möglich in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden, Art. 3 Satz 2 RL 2003/98/EG. Gleiches gilt für die Bedingungen und Standardgebühren, die für die Weiterverwendung gelten, Art. 7 RL 2003/98/EG. 2011 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Änderung der PSI-Richtlinie501. Er ist Teil des Open Data-Pakets der Kommission, das der Harmonisierung und Effektivierung des Open Data-Ansatzes dienen soll.502 Aufgrund seiner weitreichenden Konsequenzen dauerte es bis April 2013, bis sich Rat und Europäisches Parlament auf einen Kompromiss zur Neufassung der PSI-Richtlinie einigen konnten.503 Im Juni 2013 passierte die Änderungs-

31.12.2003). Der Name PSI-Richtlinie leitet sich von dem englischen Titel der Richtlinie ab: public sector information. 498 Umfassend zu Informationsmonopol und Vertrauensvorsprung, den staatliche Informationen gegenüber Informationen der Privatwirtschaft genießen Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S. 48 ff. Zur Bedeutung des staatlichen Informationsmonopols in der Informationsgesellschaft Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 4. 499 Gemeinsamer Standpunkt (EG) 38/2003 vom Rat festgelegt am 26.5.2003, S. 7 (ABl. C 159E/1 vom 8.7.2003); Schoch, NVwZ 2006, 872, 873. 500 Kritisch Schoch, NVwZ 2006, 872, 874. 501 KOM(2011) 877 endg. 502 KOM(2011) 877 endg., S. 2. Ebenso SEK(2011) 1551 endg., S. 5. 503 2011/0430 (COD) vom 15.4.2013.

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  127

richtlinie schließlich das Europäische Parlament.504 Die Neufassung verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Weiterverwendbarkeit von allgemein zugänglichen Dokumenten sicherzustellen.505 Die Richtlinie schafft damit erstmals ein originäres Recht auf Weiterverwendung. Die Entscheidung, Dokumente allgemein zu­ gänglich zu machen, verbleibt zwar bei den Mitgliedstaaten. Fällt diese Entscheidung jedoch positiv aus, greift die PSI-Richtlinie. Neben der grundsätzlichen Zulässigkeit der Weiterverwendung stellt die Richtlinie zudem inhaltliche Anforderungen an die allgemeine Zugänglichkeit: Dokumente sollen nicht mehr nur „– soweit möglich und sinnvoll – in elektronischer Form“ zur Verfügung gestellt werden, sondern „in maschinenlesbarem Format zusammen mit den zugehörigen Metadaten“, Art. 5 Abs. 1 RL 2013/37/EU. Flankierend sind die Ausweitung des Anwendungsbereichs, die Gewährung von Rechtsschutz und die Verbesserung auch der tatsächlichen, nicht nur der rechtlichen Weiterverwendbarkeit vorgesehen, etwa durch eine Begrenzung der Gebühren oder die erleichterte Auffindbarkeit der Datensätze. Die Mitgliedstaaten haben diese Vorgaben bis 18.7.2015 umzusetzen. Die Richtlinie zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft („INSPIRE-Richtlinie“506), in Kraft getreten am 1.5.2007, stellt eine bereichsspezifische Ergänzung der PSI-Richtlinie dar und geht inhaltlich über diese hinaus: Geodaten, d. h. alle Daten mit direktem oder indirektem Bezug zu einem bestimmten Standort oder geografischem Gebiet, sollen europaweit über das auf Gemeinschaftsebene zu errichtende und von der Kommission zu betreibende Geodatenportal INSPIRE zugänglich und nutzbar gemacht werden. Die Mitgliedstaaten haben dieses zentrale Portal zu nutzen und dort gewisse, in der Richtlinie näher definierte Geodatendienste anzubieten. Daneben können sie eigene Zugangspunkte einrichten, Art. 15 Abs. 2 RL 2007/2/EG. Der Aufbau einer nationalen Geodateninfrastruktur wird vom Richtliniengesetzgeber sogar indirekt vorausgesetzt.507 Darüber hinaus finden sich in der INSPIRE-Richtlinie formale Anforderungen an die Zugänglichkeit und Weiterverwendbarkeit von Informationen, die den 2011 veröffentlichten und 2013 angenommenen Vorschlag zur Änderung der PSI-Richtlinie kennzeichnen, etwa in Hinblick auf Kostensenkung, die obligatorische Bereitstellung von Metadaten oder die Verbesserung der Interoperabilität.

504 Richtlinie 2013/37/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur Änderung der Richtlinie 2003/98/EG über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (ABl. L 175/1 vom 27.6.2013). 505 KOM(2011) 877 endg., S. 15 [Erwägungsgrund 5–7 sowie Änderungsvorschlag zu Art. 3 Abs. 1]. 506 Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.3.2007 zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE) (ABl. L 108/1 vom 25.4.2007). 507 Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über den Zugang zu digitalen Geodaten, BT-Drs. 16/10530, S. 11.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Die INSPIRE-Richtlinie kann damit als bereichsspezifisches Vorbild für Open Data gelten. Sie vereint die Aspekte der öffentlichen Zugänglichkeit von Informationen mit deren Weiterverwendbarkeit.508 Übereinstimmung besteht auch dahingehend, dass die öffentlichen Stellen nicht zur Sammlung neuer (Geo-)Daten verpflichtet werden. Auf Grundlage der INSPIRE-Richtlinie treffen die Mitgliedstaaten jedoch gewisse Aufbereitungs- und Aktualisierungspflichten sowie die Pflicht zur Gewährleistung gewisser Dienste innerhalb des Geodatenportals, etwa Such-, Darstellungs- oder Downloaddienste. Konkretisiert werden die Anforde­ rungen an den Aufbau der Geodateninfrastruktur in fünf Durchführungsbestimmungen, die in Form von Verordnungen bzw. Entscheidungen ergingen.509 3. Initiativen, Strategien und Programme Schließlich enthalten auch die europäischen Initiativen, Strategien und Programme zur Fortentwicklung der Informationsgesellschaft Impulse, die die Führungsrolle der Europäischen Union auf dem Weg in Richtung Öffnung unterstreichen. Trotz des programmatischen Charakters lassen sich ihnen richtungsweisende Grundpositionen entnehmen. So wurde schon 2001 im Weißbuch „Europäisches Regieren“ Offenheit als Grundsatz des guten Regierens bezeichnet, zusammen mit Partizipation, Verantwortlichkeit, Effektivität und Kohärenz.510

508 Dementsprechend wird die INSPIRE-Richtlinie auch als Ergänzung nicht nur der PSIRichtlinie gesehen, sondern auch der Umweltinformationsrichtlinie, vgl. BT-Drs. 16/10530, S. 11. 509 Verordnung (EG) 1205/2008 der Kommission vom 3.12.2008 zur Durchführung der Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Metadaten (ABl. L 326/12 vom 4.12.2008); Verordnung (EG) 976/2009 der Kommission vom 19.10.2009 zur Durchführung der Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Netzdienste (ABl. L 274/9 vom 20.10.2009) in der Fassung der Verordnung (EU) 1088/2010 der Kommission vom 23.11.2010 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 976/2009 hinsichtlich Downloaddiensten und Transformationsdiensten; Entscheidung der Kommission vom 5. Juni 2009 zur Durchführung der Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Überwachung und Berichterstattung (ABl. L 323/1 vom 8.12.2010); Verordnung (EU) 268/2010 der Kommission vom 29.3.2010 zur Durchführung der Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf den Zugang der Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft zu Geodatensätzen und -diensten der Mitgliedstaaten nach harmonisierten Bedingungen (ABl. L 83/8 vom 30.3.2010); Verordnung (EG) 1089/2010 der Kommission vom 23.11.2010 zur Durchführung der Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Interoperabilität von Geodatensätzen und -diensten (ABl. L 323/11 vom 8.12.2010) in der Fassung der Verordnung (EU) 102/2011 der Kommission vom 4.2.2011 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1089/2010 zur Durchführung der Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Interoperabilität von Geodatensätzen und -diensten (ABl. L 31/13 vom 5.2.2011). 510 KOM(2001) 428 endg. Die Grundsätze des guten Regierens sind Ausdruck des Governance-Konzepts, vgl. 2. Teil, 3. Kap. D. I. 1.

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  129

Die Strategie „i2010 – Eine europäische Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung“511 („Lissabon-Strategie“), Nachfolger der „eEuropa-Initiativen“512, konkretisierte den damit vorgezeichneten Weg in Richtung Öffnung. Sie verfolgte das Ziel, einen einheitlichen europäischen Informationsraum zu schaffen. Mit Auslaufen der Strategie i2010 im Jahr 2010 wurde die Strategie „Europa 2020“513 initiiert. Sie fasst sieben Leitinitiativen zusammen. Zentral in Hinblick auf den Wert von Informationen ist die „Digitale Agenda für Europa“514, mit deren Hilfe ein nachhaltiger wirtschaftlicher Nutzen aus dem zu entwickelnden digitalen Binnenmarkt gezogen werden soll.515 Die Öffnung des Zugangs zu digitalen Inhalten und die transparente, effektive und nichtdiskriminierende Ausgestaltung des Zugangs sind unerlässlich und von der öffentlichen Hand zu unterstützen.516 Alle Bevölkerungsschichten sollen zur gleichberechtigten, aktiven Teilnahme am digitalen Zeitalter befähigt werden.517 Eng verknüpft mit den Strategien zur Entwicklung der Informationsgesellschaft sind die E-Government-Aktionspläne der Kommission, die 2006 im Rahmen der i2010-Initiative sowie 2010 als Teil der Digitalen Agenda für Europa vorgestellt wurden.518 In Fortführung der Erklärung von Malmø519 werden der Ausbau des Zugangs zu öffentlichen Informationen, die Steigerung der Transparenz und das Zurverfügungstellen von wirksamen Mitteln zur aktiven politischen Beteiligung als zu forcierende Maßnahmen genannt.520 Die Europäische Union formuliert nicht nur Ziele, sondern ergreift auch Initiative, wie zahlreiche Open Data-Pilot-Portale und öffentlich zugängliche Daten 511

KOM(2005) 229 endg. KOM(2000) 330 endg. („eEurope 2002 – Eine Informationsgesellschaft für alle. Entwurf eines Aktionsplans“) und KOM(2002) 263 endg. („eEurope – Eine Informationsgesellschaft für alle. Aktionsplan zur Vorlage im Hinblick auf den Europäischen Rat in Sevilla am 21./22. Juni 2002“); Kugelmann, DÖV 2005, 851, 854. 513 KOM(2010) 2020 endg. („Europa 2020. Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“). 514 KOM(2010) 245 endg./2. 515 KOM(2010) 245 endg./2, S. 3. 516 KOM(2010) 245 endg./2, S. 10. 517 Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 19. 518 E-Government-Aktionsplan im Rahmen der i2010-Initiative: Beschleunigte Einführung elektronischer Behördendienste in Europa zum Nutzen aller, KOM(2006) 173 endg., der für den Zeitraum von 2006 bis 2010 Gültigkeit beanspruchte. Es folgte der Europäische E-Government-Aktionsplan 2011–2015: Einsatz der IKT zur Förderung intelligent, nachhaltig und innovativ handelnder Behörden, KOM(2010) 743 endg. 519 Ministererklärung zum E-Government, einstimmig angenommen in Malmø, Schweden, am 18.11.2009, abrufbar unter: http://www.cio.bund.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Strate gische-Themen/ministererklaeung_malmoe_deutsch.html (Stand: 1.8.2013). 520 KOM(2010) 743 endg., S.  4. Daneben werden als Ziele genannt: (1)  Erleichterung der Mobilität im Binnenmarkt durch nahtlose elektronische Behördendienste; (2)  Verwaltungsmodernisierung und Steigerung der Effizienz und Effektivität von Behördendiensten; (3) Schaffung rechtlicher und technischer Rahmenbedingungen. 512

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

sammlungen zeigen. Hiervon zeugen vor allem der Wissenschafts- und Kulturbereich,521 etwa das digitale Museum Europeana,522 oder die Rahmen-523 und Finanzierungsprogramme524 zugunsten offener Daten in Forschung und Entwicklung. Die Europäische Union betreibt das Transparenz-Register, das Europäische Justizportal525 und das Geoportal INSPIRE, über das die von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Geodaten und die zugehörige Geodateninfrastruktur526 zentral zugänglich sind. Diese bereichsspezifischen tatsächlichen Initiativen zur allgemeinen Öffnung der öffentlichen Hand führte die Kommission mit dem Open Data-Paket zusammen. In einem ersten Schritt sah es die Schaffung eines gesamteuropäischen Portals vor, das den Zugang zu den Informations- und Datenbeständen der EUOrgane und Agenturen ermöglicht. Ende 2012 ging das Europäische Datenportal mit Daten der Europäischen Union online. Künftig soll unter open-data.europa.eu zudem der Zugriff auf die Daten der Mitgliedstaaten ermöglicht werden. 527 V. Zusammenfassung Der Grundsatz der Geheimhaltung, der als Erbe des Konstitutionalismus das nationale Verwaltungsrecht auch unter dem Grundgesetz prägte, wurde erst nach und nach vom Grundsatz der beschränkten Aktenöffentlichkeit abgelöst. Zuvor stand die Gewährung von Informationszugang im Ermessen der Behörde, sofern 521 Für den Umweltbereich ist die Mitteilung der Kommission „Meereskenntnisse 2020. Meeresbeobachtung und Meeresdaten für intelligentes und nachhaltiges Wachstum“ zu nennen, KOM(2010) 461 endg. Der Umgang mit Verkehrsdaten wird behandelt in der Mit­teilung der Kommission „Aktionsplan zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme in Europa“, KOM(2008) 886 endg. Im Bereich der Wissenschaft forciert die Union die E-Wissenschaft, vgl. die Mitteilung der Kommission „über wissenschaftliche Informationen im Digitalzeitalter: Zugang, Verbreitung, Bewahrung“, KOM(2007) 56 endg.; sowie die nachfolgende Mitteilung „IKT-Infrastrukturen für die e-Wissenschaft“, KOM(2009) 108 endg. 522 Abrufbar unter europeana.eu (Stand: 1.8.2013). Dort finden sich die digitalen Bestände der europäischen Museen, Bibliotheken und Archive. 523 Vgl. das Rahmenprogramm zur Finanzierung von Forschung und Entwicklung für die Jahre 2014 bis 2020 „Horizon 2020“ (ec.europa.eu/research/horizon2020 – Stand: 1.8.2013). 524 So das Projekt „Linked Open Data“ (lod2.eu – Stand: 1.8.2013), das seit 2010 das Internet als Plattform für Daten- und Informationsintegration nutzt. Das 2009 initiierte Projekt „OpenAIRE“ (openaire.eu – Stand: 1.8.2013) untersucht die Möglichkeiten einer partizipatorischen Infrastruktur im Rahmen des Zugangs zu Forschungsinformationen. Ausführlich Mitteilung „Offene Daten“ der Kommission vom 12.12.2011, KOM(2011) 882 endg., S. 7. 525 https://e-justice.europa.eu (Stand: 1.8.2013). Auf nationaler Ebene wurde mit dem Justizportal des Bundes und der Länder (abrufbar unter justiz.de – Stand: 1.8.2013) ein vergleichbares Projekt initiiert. Im Kontext des Ausbaus der Interoperabilität im Justizwesen ist auch das von der EU-Kommission kofinanzierte Projekt e-CODEX zu beachten, abrufbar unter e-codex. eu (Stand: 1.8.2013). 526 inspire-geoportal.ec.europa.eu (Stand: 1.8.2013). 527 KOM(2011) 882 endg., S. 11.

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  131

keine berechtigten Interessen entgegenstanden. Die Verwaltung durfte informieren, musste es jedoch nicht.528 Erst mit Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes im Jahr 2006 wurde der Grundsatz der Geheimhaltung in sein Gegenteil verkehrt.529 Trotz der weit gefassten Ausnahmen kann seither die Offenheit auch des Verwaltungshandelns neben der Offenheit der Tätigkeit von Legislative und Judikative unter dem Grundgesetz als Grundsatz gelten. Als Motor dieser Entwicklung ist die internationale, respektive supranationale Entwicklung anzusehen. Gerade die Europäische Union nimmt nicht nur im Bereich des gemeinschaftlichen Vollzugs eine Vorreiterrolle mit Vorbildfunktion ein. Das Gemeinschaftsverwaltungsrecht etabliert Vorgaben, die für die Mitgliedstaaten verbindlich sind. Dabei greift das Europarecht auch Impulse aus den Mitgliedstaaten auf, etwa die Anerkennung des voraussetzungslosen Informa­ tionszugangs als Grundsatz, der in vielen Mitgliedstaaten auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Für die Bundesrepublik gingen die ersten Impulse zur Schaffung eines voraussetzungslosen Zugangsrechts von der Umweltinformationsrichtlinie aus. Und auch der zweite Paradigmenwechsel, der Übergang vom voraussetzungslosen Individualzugang auf Antrag zur aktiven öffentlichen Zugänglichmachung durch staatliche Stellen, ist maßgeblich auf das Europarecht zurückzuführen. So verwundert es wenig, dass die Dimension der Weiterverwendbarkeit von Daten und Informationen ebenfalls dem Europarecht entstammt, namentlich der PSI-Richtlinie.530 In ihrer ursprünglichen Fassung verpflichtete sie die Mitgliedstaaten zwar nicht, die Weiterverwendbarkeit sicherzustellen, sondern beschränkte sich auf die Normierung eines Anspruchs auf Gleichbehandlung bei der Entscheidung über die Weiterverwendung. Die Neufassung aus dem Jahr 2013 schafft hier Abhilfe, indem sie den Grundsatz der Weiterverwendbarkeit statuiert. Die PSI-Richtlinie ist aber nicht nur wegen der Einführung des Grundsatzes der freien Weiterverwendbarkeit in das Recht von Bedeutung. Durch ihren weit gefassten Anwendungsbereich, der sich gemäß Art. 2 Nr. 1 RL 2003/98/EG auf sämtliche öffentliche Stellen erstreckt, bestätigt sie, dass die Idee der Öffnung durch Transparenz und darauf aufbauend gegebenenfalls durch Partizipation und Kollaboration nicht auf die Öffnung der Verwaltung beschränkt ist. Obwohl die

528 Gross, in: VVDStRL, Bd.  63 (2004), S.  457 [Aussprache]. Gleiches gilt für die Europäische Union. Der EuGH stellte ausdrücklich fest, dass der Zugang zu Dokumenten interne Organisationsangelegenheit des jeweiligen Organs ist, solange der Gemeinschaftsgesetzgeber keine Regelung erlässt, EuGH, Urt. v. 30.4.1996 – C-58/94, hierzu Kröger, in: Kröger/Hoffmann, Rechts-Handbuch zum E-Government, S. 1, 4. 529 Zum durch das IFG bewirkten „Paradigmenwechsel“ vgl. nur Schrader, BayVBl. 2012, 289, 290; Schoch, EuZW 2011, 388, 390; Gurlit, Die Verwaltung 44 (2011), 75, 76; Schoch, AfP 2010, 313, 318; Schoch, NJW 2009, 2987, 2988. 530 Zur Vorreiterrolle der EU bereits Kröger, in: Kröger/Hoffmann, Rechts-Handbuch zum­ E-Government, S. 1, 15 f.; Kloepfer, DÖV 2003, 221, 226.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Öffnung des Verwaltungshandelns von besonderer Bedeutung ist, ist der Grundsatz der Offenheit nicht hierauf zu beschränken. Aktive Öffnung im Sinne der Schaffung öffentlicher Zugänglichkeit ist im nationalen wie europäischen Recht ebenso angelegt wie der Grundsatz der freien Weiterverwendbarkeit. Open Data als Idee ist der europäischen wie der deutschen Rechtsordnung nicht fremd.

B. Begründung der Gesetzgebung Die Schlaglichter auf die Tätigkeit des Gesetzgebers zeigen, dass die Rechts­ ordnungen national und international ähnliche Wege gehen. Das Tempo, in denen sie voranschreiten, ist zwar unterschiedlich hoch. Die Arkantradition ist jedoch allerorts überwunden, ihre Rechtfertigung mit den Zielen der Wahrung von Neutralität und Unparteilichkeit sowie der Gewährleistung von entpolitisierender Distanz, Effizienz und Effektivität von den demokratisch-rechtsstaatlichen Erwägungen der Öffnung verdrängt.531 Auf der Agenda stehen nun die Schaffung öffentlicher Zugänglichkeit und die Normierung der Weiterverwendbarkeit öffentlicher Daten und Informationen. Der Blick des Gesetzgebers konzentriert sich in Bezug auf die Öffnung der Informationsbestände auf die Verwaltungstätigkeit, wohingegen die Weiterverwendbarkeit von Informationen im „Besitz“ öffentlicher Stellen unabhängig von der jeweils verfügungsberechtigten Staatsgewalt ist. Weder die Informationszugänglichkeit noch die Weiterverwendbarkeit sind dabei bloßer Selbstzweck. Sie sind umfassender Paradigmenwechsel.532 I. Inter- und supranationale Gesetzgebung Die Impuls-Gesetzgebung, insbesondere das Gemeinschaftsverwaltungsrecht der Europäischen Union, vereint in Hinblick auf die Öffnung staatlicher Informationsbestände drei Begründungsstränge von juristischer Relevanz:533 Individueller Zugang und allgemeine Zugänglichkeit werden erstens als formelle Instrumente in den Dienst des materiellen Rechts gestellt. Gerade in der Europäischen Union, die auf einen dezentralen Vollzug des Gemeinschaftsverwaltungsrechts angewiesen ist, wird der Bürger zur Kontrollinstanz, die über Wahrung und Ausfüllung des 531

Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 385. Für die Eröffnung des Zugangs zu staatlichen Informationen Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 67 ff. 533 Insbesondere wirtschaftliche Interessen bleiben im Folgenden außer Betracht, obwohl sie in den Gesetzesbegründungen oft von tragender Bedeutung sind, vgl. nur Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  115 f. Allerdings unterliegen sie als Zweckmäßigkeitserwägungen allein dem politischen Willen, nicht rechtlichen Direktiven. 532

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  133

rechtlichen Handlungsspielraums wacht. Wenn auch angesichts des Grund­satzes der begrenzten Einzelermächtigung nur bereichsspezifisch und nicht allumfassend, steigert dies die Verantwortlichkeit der Entscheidungsinstanzen. Die Zugänglichkeit von Informationen ist Mittel der Verwirklichung des materiellen Rechts.534 Sie ist damit zweitens mittelbar Ausdruck der Rechts­staatlichkeit. Drittens wird die allgemeine Öffnung der Hoheitsgewalt gegenüber dem Bürger, wie sie Art. 1 Abs. 2 EUV als Zielvorgabe definiert, als Instrument zur Verbesserung der Demokratie angesehen. Im Kontext der allgemeinen, nicht nur bereichsspezifischen Öffnung ist die Verbesserung der Demokratie sogar vorrangiger Zweck.535 Transparenz stärkt Vertrauen und Akzeptanz, die ihrerseits die demokratische Legitimation befördern. Zudem sind Daten und Informationen Voraussetzung einer Beteiligung im demokratischen Gemeinwesen: Sie sind Grundlage der Meinungs- und Willensbildung, der Ausübung politischer Rechte und der allgemeinen Mitwirkung im demokratischen Gemeinwesen, vgl. Art.  10 Abs.  3 EUV.536 Die individuelle und öffentliche Zugänglichkeit von Informationen ist im demokratischen Rechtsstaat um ihrer selbst und der Ermöglichung weiterer

534 Allgemein Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 77 ff., 120 f. Für das Umweltrecht vgl. die Erwägungsgründe 1, 21 der RL 2003/4/EG. Für das Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Union vgl. die interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission über die Einrichtung eines Transparenz-Registers für Organisationen und selbstständige Einzelpersonen, die sich mit der Gestaltung und Umsetzung von EU-Politik befassen (ABl. L 191/29 vom 22.7.2011). Hierzu auch die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und an den Rat – Europäische Transparenzinitiative: ein Jahr seit Eröffnung des Registers der Interessenvertreter vom 28.10.2009 (KOM(2009) 612 endg.). Teils wird die Existenz demokratischer oder rechtsstaatlicher Ziele neben den bereichsspezifischen bestritten, etwa Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S.  344, 349. Allerdings übersieht diese Ansicht, dass die bereichsspezifischen Ziele über Instrumente erreicht werden, die Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip inhärent sind, allen voran Willens- und Meinungsbildung als Voraussetzung von Partizipation und Kontrolle. Die Definition der mit der Gewährleistung voraussetzungsloser Informationszugangsrechte verfolgten Ziele kann Auswirkungen auf die Abwägung haben, so Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 108. 535 Allgemein Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S.  77. Für das Gemeinschaftsverwaltungsrecht RL 2003/98/EG, Erwägungsgrund 16. Für die USA Presidential Memorandum on the Freedom of Information Act vom 21.1.2009, Federal Register, Vol.  74, No. 15, S. 4683 f. Konkretisiert wird die Forderung durch das Memorandum on the Freedom of Information Act des Justizministers („AG Holder Memorandum“) vom 19.3.2009. Einer Verwaltungsvorschrift ähnlich wird darin neben der Offenlegung von Informationen die Zugänglichkeit und Verantwortlichkeit von Behörden gefordert. 536 Für das Eigenverwaltungsrecht der Europäischen Union vgl. die Transparenz-Verordnung VO (EG) 1049/2001 sowie das Grünbuch „Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten im Besitz der Organe der Europäischen Gemeinschaft“, KOM(2007) 185 endg., S. 13; für das Gemeinschaftsverwaltungsrecht die PSI-Richtlinie, RL 2003/98/EG, Erwägungsgrund 16 sowie der Vorschlag zur Änderung der PSI-Richtlinie KOM(2011) 877 endg., S.  2. Aus der Literatur Kröger, in: Kröger/Hoffmann, Rechts-Handbuch zum E-Government, S. 1, 3; Bandilla/Hix, NJW 1997, 1217, 1217 f.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Partizipation willen anzustreben. Sie ist Funktionsvoraussetzung und Instrument zur Verbesserung der Input-Legitimation. Auch steigert Transparenz das Legitimationsniveau auf Seiten des Output.537 Transparenz hat das Potenzial, das Staatshandeln, insbesondere das Verwaltungshandeln innerhalb öffentlicher Stellen, zwischen öffentlichen Stellen sowie zwischen öffentlicher Stelle und Bürger, zu vereinfachen, zu beschleunigen und auf eine umfassendere Informationsgrundlage zu stellen. Dies steigert Effektivität, Effizienz und Qualität des staatlichen Handelns. Die Anerkennungswürdigkeit des Staatshandelns wird gesteigert, die Output-Legitimation verbessert. All diese Ziele lassen sich angesichts der technologischen Entwicklung durch Individualzugang nicht mehr mit hinreichender Gewissheit sicherstellen. Schon früh erachtete die Europäische Union daher die öffentliche Zugänglichmachung von Informationen für notwendig.538 Bereits 2003 sah sie die Nutzung der „öffentliche[n] Telekommunikationsnetze“ als Voraussetzung der Wirksamkeit des Informationszugangs an.539 Weniger von rechtlichen als von rechtspolitischen Erwägungen getragen ist die Normierung der Weiterverwendbarkeit von Informationen. Zwar wird auf de­mokratie- und rechtsstaatliche Vorteile ebenso verwiesen wie auf die Effizienzgewinne im öffentlichen Sektor.540 Im Mittelpunkt stehen jedoch die Her­aus­ bildung der Informationsgesellschaft sowie deren wirtschaftliche Folgen.541 Die Möglichkeit zur Weiterverwendung der Informationen wird als beinahe zwangsläufige Konsequenz der Entwicklung und Fortentwicklung der Informationsgesellschaft angesehen.542 Schließlich sind Informationen nicht nur für den Staat unverzichtbare Handlungsgrundlage sowie demokratisch-rechtsstaatliche Funktionsvoraussetzung. Für den Einzelnen ist die Grundrechtsausübung ohne die

537 Für das Eigenverwaltungsrecht der Europäischen Union Beschluss der Kommission über die Weiterverwendung von Kommissionsdokumenten 2011/833/EU vom 12.12.2011, Erwägungsgrund 12; für das Gemeinschaftsverwaltungsrecht der Vorschlag zur Revision der PSIRichtlinie, KOM(2011) 877 endg., S. 2; für Maßnahmen des Europarats exemplarisch die den Individualzugang betreffende „Empfehlung des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten über die Einsicht in amtliche Dokumente“, REC (2002) 2, S. 1 f. sowie Empfehlung XI. 538 So bereits im Jahr 2003 Erwägungsgrund 9, 21 der Umweltinformationsrichtlinie, RL 2003/4/EG. 539 Erwägungsgrund 15 der Umweltinformationsrichtlinie, RL 2003/4/EG. 540 So spricht der Vorschlag zur Änderung der PSI-Richtlinie von einer Verbesserung von „Transparenz, Effizienz und Verantwortlichkeit“, KOM(2011) 877 endg., S. 2. Ebd., S. 3, zu Effizienzgewinnen. 541 Grundlegend Erwägungsgrund 6, 7 der PSI-Richtlinie, RL 2003/98/EG. Zur Novellierung umfassend SEK(2011) 1551 endg., S. 1; KOM(2011) 877 endg., S. 3; KOM(2011) 882 endg., S. 3 f. 542 Für das Eigenverwaltungsrecht der Europäischen Union Beschluss der Kommission über die Weiterverwendung von Kommissionsdokumenten 2011/833/EU vom 12.12.2011, Erwägungsgrund 12. Für das Gemeinschaftsverwaltungsrecht RL 2003/98/EG, Erwägungsgrund 1. 

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  135

erforderlichen informatorischen Grundlagen nicht denkbar. Für Wirtschaft und Wissenschaft sind Informationen Rohstoff, Produktionsfaktor und Grundlage neuer Geschäftsmodelle.543 Wirtschaftswachstum kann durch die Weiterverwendbarkeit von Infor­mationen befördert, neue Arbeitsplätze können geschaffen werden.544 Die Weiterverwendbarkeit staatlicher Informationen ist zudem Triebkraft der Binnenmarktharmonisierung, die angesichts der Grenzenlosigkeit von Wissen von zunehmender Bedeutung ist. Dies ist nicht nur für den europäischen Gesetzgeber vor dem Hintergrund der Gesetzgebungskompetenz des Art.  114 AEUV bedeutsam.545 Die Relevanz für den Binnenmarkt ist auch eine faktische. Die Weiterverwendbarkeit von Informationen ist Instrument der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung. Die öffentliche Hand verfügt nicht nur über quantitativ umfangreiche und qualitativ hochwertige Informationen. Sie besitzt zudem ein weitreichendes Informationsmonopol.546 Bereits im Jahr 2000 wurde der wirtschaftliche Wert öffentlicher Informationen in der Europäischen Union auf 68 Mrd. € geschätzt.547 2011 wurde der direkte und indirekte volkswirtschaftliche Nutzen der Ermöglichung der Weiterverwendbarkeit EU-weit mit rund 140 Mrd. € beziffert.548 Dieses Potenzial bliebe ungenutzt, würde die Weiterverwendbarkeit nicht garantiert.549

543 Statt aller der Vorschlag zur Änderung der PSI-Richtlinie, KOM(2011) 877 endg., S. 2 ff. sowie KOM(2011) 882 endg., S. 2 f. Als Geschäftsmodell lassen sich unterscheiden: (1) Aggregieren von Informationen; (2) Verknüpfen von Informationen mit Dienstleistungen sowie ggf. (3) Veredeln von Daten. Vgl. Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S. 50. 544 Ausdrücklich KOM(2011) 877 endg., S. 2. 545 Zur Binnenmarktharmonisierung vgl. auch die Zusammenfassung der Folgenabschätzung zur Änderung der PSI-Richtlinie, SEK(2011) 1551 endg., S. 4 f. 546 Grundlegend Erwägungsgrund 4 der PSI-Richtlinie, RL 2003/98/EG. Aus der Literatur Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 4; Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S. 48 ff. Dort auch zur Bewertung von Informationen als handelbares Wirtschaftsgut. Allgemein zum wirtschaftlichen Nutzen auch Altmeppen/Kahlen, MMR 2006, 499, 499 m. w. N.; Schoch, NVwZ 2006, 872, 872. Zur Binnenmarktharmonisierung statt aller KOM(2005) 229 endg., S. 3 f. sowie KOM(2010) 245 endg./2, S. 3. 547 So schon der Vorschlag zur PSI-Richtlinie, KOM(2002) 207 endg., S. 5. Ebenda m. w. N. wird für das Jahr 2006 allein der Markt für mobile Inhalte auf rund 19 Mrd. € geschätzt. Im Jahr 2011 wird der direkte und indirekte Nutzen der PSI-Nutzung für die Volkswirtschaften der Europäischen Union mit jährlich 140 Mrd. € beziffert, vgl. SEK(2011) 1551 endg., S. 1 m. w. N. Dem Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der PSI-Richtlinie, KOM(2011) 877 endg., liegt die Erwägung zugrunde, dass die Menge der verfügbaren Informationen wächst und die Informationsverarbeitungsmöglichkeiten kontinuierlich verbessert werden [Erwägungsgrund 4 KOM(2011) 877 endg.]. 548 KOM(2011) 877 endg., S. 4. 549 KOM(2011) 877 endg., S. 2.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

II. Nationale Gesetzgebung Viele dieser Argumente finden sich auf nationaler Ebene wieder.550 Schließlich erfolgt die Öffnung des Staats gegenüber dem Bürger in weiten Teilen aufgrund europarechtlicher Verpflichtungen, teils sogar im Wege einer Eins-zu-eins-Umsetzung. So nimmt das Umweltinformationsgesetz, das die Umweltinformationsrichtlinie in nationales Recht umsetzt, eine Vorreiterrolle im Übergang vom Grundsatz beschränkter Aktenöffentlichkeit zu voraussetzungslosem Informations­zugang und öffentlicher Zugänglichkeit von Informationen ein. Informationsweiterverwendungsgesetz und Geodatenzugangsgesetz, die ebenfalls europäische Richtlinien umsetzen, weisen den Weg in Richtung der Weiterverwendbarkeit von Informationen.551 Neben der Umsetzungspflicht verweist der nationale Gesetzgeber in Hinblick auf die Öffnung von Informationen auf den Eigenwert der individuellen wie der öffentlichen Zugänglichkeit sowie auf deren Funktion als Instrument der materiellen Rechtsdurchsetzung, der Verwirklichung des demokratischen Rechtsstaats, des wirtschaftlichen Fortschritts und des gesellschaftlichen Wandels. Er folgt damit der supranationalen Begründung. Im Kontext der bereichsspezifischen Öffnung stellt der Gesetzgeber die Gewährleistung des materiellen Rechts in den Mittelpunkt. Der Bürger soll zur Wahrung des jeweiligen Schutzguts befähigt werden, im Falle des Umweltinformations­ gesetzes zur Wahrung des Umweltschutzes, im Falle des Verbraucherinformationsgesetzes zum Schutz vor Lebens- und Futtermittelverstößen. Er soll entgegen den Informationsasymmetrien zwischen Staat und Privat sowie zwischen Privat und Privat befähigt werden, eine informierte, eigenverantwortliche Entscheidung treffen zu können. Im Gefahrenabwehrrecht kommt dem besondere Bedeutung zu.552 Demokratie- und rechtsstaatliche Erwägungen treten als allgemeine Erwägungen hinter diese bereichsspezifische Zielsetzung zurück. 553 Bei der Normierung allgemeiner Informationszugangsrechte steht ebenso wie im inter- und supranationalen Kontext hingegen das Ziel der Verbesserung des demokratischen Rechtsstaats im Vordergrund. Informationszugang ist Voraussetzung demokratischer Willensbildung und Beteiligung. Akzeptanz und Vertrauen gegenüber dem Staatshandeln werden befördert, rechtsstaatliche Kontrolle ermöglicht.554 550

Kugelmann, DÖV 2005, 851, 853 f.; Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 214. Für das UIG BT-Drs. 15/3406, S. 11; für das IWG BT-Drs. 16/2453, S. 7; für das GeoZG BT-Drs. 16/10530, S. 11. 552 Für § 10 Abs. 5 UIG BT-Drs. 15/3406, S. 21; für das VIG BR-Drs. 273/07, S. 11. 553 Für das UIG BT-Drs. 15/3406, S. 11; für das VIG BT-Drs. 17/7374, S. 2, 12 sowie VIG BR-Drs. 273/07, S. 13; als Hintergrund vgl. den Evaluationsbericht VIG BT-Drs. 17/1800. 554 Für das IFG: BT-Drs. 15/4493, S. 6. Die Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung sowie die Ermöglichung der Kontrolle des staatlichen Handelns sieht § 1 Abs. 1 HmbTG formuliert als Zweck der unmittelbaren Zugänglichmachung vorhandener Informationen an. So schon die Formulierung in § 1 Nr. 2  IFG-ProfE: „Zweck der Informationszugangsfreiheit im Sinne dieses Gesetzes ist es, […] zugleich die demokratische Meinungs- und 551

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  137

Daneben verweist der nationale Gesetzgeber auf die Entwicklung der Informationsgesellschaft. Sie lässt ein Umdenken in der Informationspolitik des Staats aus rechtlicher, zumindest rechtspolitischer, aus wirtschaftlicher sowie aus gesellschaft­ licher Sicht erforderlich erscheinen: Die Kategorie Befehl und Zwang, die das Staat-Bürger-Verhältnis in der Vergangenheit dominierte, verliert an Bedeutung. An ihre Stelle tritt zunehmend eine „konsensorientierte Kooperation mit dem Bürger, die eine gleichgewichtige Informationsverteilung erfordert.“555 Wirtschaftlich und damit auch politisch betrachtet stellen sich Zugänglichkeit und Weiterverwendbarkeit von Infor­mationen immer mehr als conditio sine qua non der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle heraus. Dies gilt nicht nur für die Entwicklung neuer Informationsprodukte und -dienste, sondern für jegliche Innovation. Informationszugänglichkeit und Weiter­verwendbarkeit sind für den Fortschritt in der Informationsgesellschaft unerlässlich.556 Auf nationaler Ebene kommt zwei weiteren Argumenten tragende Bedeutung zu. Zum einen ist in rechtsvergleichender Sicht international eine Öffnung des Staats gegenüber dem Bürger zu beobachten. Sie führt zu einer gesteigerten Erwartungshaltung der Bürger gegenüber dem Staat. Insbesondere die europäische Integration ist auch jenseits verpflichtender Vorgaben tragendes rechtspolitisches Argument.557 Zum anderen hebt der nationale Gesetzgeber das Ziel der Verwaltungsmodernisierung hervor. Durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik soll das Staatshandeln, respektive das Verwaltungshandeln effektiver, effizienter und bürgerfreundlicher werden.558 Die Vorteile der öffentlichen Zugänglichkeit staatlicher Informationen kämen nicht nur dem Bürger, sondern auch öffentlichen Stellen zugute:559 das Wissen um die Existenz bestimmter Informationen, die leichtere Auffindbarkeit derselben, die Schnelligkeit des Informationszugangs sowie die Zeit-, Orts- und teils auch Zuständigkeitsunabhängigkeit des Informationszugangs. Anders als auf EU-Ebene tritt in der Bundesrepublik die eigenständige Bedeutung, die der öffentlichen Zugänglichkeit gegenüber der Gewährung von IndividualWillensbildung zu fördern und eine Kontrolle staatlichen Handelns zu ermöglichen.“ Vgl. Schoch/Kloepfer, Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE), zu § 1 Rn. 7 ff. Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 94 ff. hebt die Kontrollfunktion sowie die Partizipationsfunktion hervor. 555 Grundlegend die Begründung des IFG, vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 6. 556 Für das IWG: BT-Drs. 16/2453, S. 7. Aus der Literatur statt aller Wirtz/Piehler, in: Wirtz, E-Government, S. 3, 5. Zum Umstand, dass teils ausschließlich wirtschaftliche Ziele verfolgt zu werden scheinen Kubicek, in: Hill, Informationelle Staatlichkeit, S. 51, 53. 557 Für das IFG: BT-Drs. 15/4493, S. 6. 558 BT-Drs. 17/11473, S. 20. Hierzu Heckmann/Albrecht, in: Kammer/Zapp, Das E-Government-Gesetz des Bundes, S.  51, 51 f.; im Rahmen der Entwicklung des E-Government statt aller Schallbruch, in: Zechner, Handbuch E-Government, S.  23, 25 f. Als „Nebenfunktion“ beschreibt Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 102 die Steigerung der Verwaltungseffizienz. 559 Für den Entwurf des EGovG BT-Drs. 17/11473, S.  20; für § 11 Abs.  3  IFG, BT-Drs. 15/4493, S. 16; für § 7 Abs. 1 UIG, BT-Drs. 15/3406, S. 18.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

zugang aus Sicht von Demokratie und Rechtsstaat in der Informationsgesellschaft zukommt, hinter das Ziel der Modernisierung des Staats-und Verwaltungshandelns zurück.560 Jenseits bereichsspezifischer Veröffentlichungspflichten wird die öffentliche Zugänglichkeit allgemeiner Informationen wie Aufgaben, Anschrift, Geschäftszeiten, Erreichbarkeit und die für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Unterlagen, als ausreichend angesehen, wie § 3 EGovG bestätigt. Allgemeine Veröffentlichungspflichten werden nicht für notwendig erachtet.561 III. Zusammenfassung und Schlussfolgerung Nationale sowie supra- und internationale Entwicklung verlaufen zwar nicht im Gleichschritt, doch liegen ihnen gleiche Zwecke und Ziele zugrunde. Rechtspolitisch kristallisieren sich zwei tragende Argumente heraus. Erstens weckt die Herausbildung der Informationsgesellschaft das Bedürfnis nach der Zugänglichmachung und Weiterverwendbarkeit staatlicher Informationen. Die Öffnung ist Ausdruck des Wandels der Beziehung zwischen Staat und Bürger. In dem Maß, in dem der Bürger in die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben einbezogen wird, ist er auf Informationen angewiesen. Zweitens sind Informationen als Handlungsvoraussetzung unverzichtbar. Informationen sind Motor des wissenschaftlichen Fortschritts und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Innovation. Aus (verfassungs-)rechtlicher Sicht sind drei weitere Zwecke bzw. Ziele der Normierung von Zugänglichkeit und Weiterverwendbarkeit staatlicher Informationen auszumachen: Allgemein dienen Zugänglichkeit wie Weiterverwendbarkeit dem demokratischen Rechtsstaat. Die Zugänglichkeit, mit Abstrichen auch die Weiterverwendbarkeit von Informationen, ist Voraussetzung demokratischer Meinungs- und Willensbildung, der Schaffung von Akzeptanz und Vertrauen in das Staatshandeln und damit der Steigerung des Legitimationsniveaus auf Inputwie Output-Seite. Zudem ermöglichen sie rechtsstaatliche Kontrolle. Daneben treten bereichsspezifische Ziele, die abstrakt mit der Verwirklichung des materiellen Rechts umschrieben werden können.562 560 In diese Richtung zielt die Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf des E-Government-Gesetzes, BT-Drs. 17/11473, S. 68 f. (Anlage 4): Der Gesetzentwurf solle den „Leitbildcharakter der Veröffentlichung behördlicher Daten“ hervorheben. Die Bundesregierung lehnte dies in ihrer Gegenäußerung ab (ebda., S.  77 [Anlage 5]), da keine materiellen Veröffentlichungspflichten geschaffen werden sollen, sondern nur Anforderungen an das Bereitstellen von Daten. Der Bundestag setzte sich durch, vgl. BGBl. I 2013, 2749. 561 BT-Drs. 17/11743, S. 77 (Gegenäußerung der Bundesregierung, Anlage 5). 562 Zur Unterscheidung von Haupt-, Neben- und Spezialfunktion von Informationszugangsrechten Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  69 ff. Allerdings sieht Rossi (S.  75) in der Förderung von Partizipation und Kontrolle und damit in Verbesserung von Demokratie und Rechtsstaat die primären Ziele. Sekundäres Ziel ist die Verbesserung der Effizienz des Verwaltungshandelns. Als Spezialfunktion erachtet er die Verfolgung bereichsspezifischer materieller Ziele.

2. Kap.: Entwicklung der Gesetzgebung – Grundlegung zur Rechtsentwicklung  139

Nicht die Schaffung von Transparenz kann demnach als Ziel der Zugänglichmachung staatlicher Informationen angesehen werden, obwohl sich derartige Formulierungen in den Gesetzesbegründungen teils finden. Denn Transparenz ist Zugänglichkeit, ist Wahrnehmbarkeit des staatlichen Handelns.563 Eigentliches Ziel der Öffnung kann aber nicht die Öffnung sein. Die Bezugnahme der Gesetzesbegründungen auf den Transparenz-Gedanken umschreibt lediglich das Ergebnis der Zugänglichmachung. Transparenz ist Zwischenziel. Die eigentlichen Ziele gehen darüber hinaus:564 So sollen aus rechtlicher Sicht Demokratie und Rechtsstaat verbessert sowie die Durchsetzung des materiellen Rechts erleichtert werden. Dogmatisch steht die Indienststellung gerade des Rechts auf Zugang zu staatlichen Informationen für Demokratie und Rechtsstaat nicht in Widerspruch zur Lehre vom subjektiv-öffentlichen Recht. Vielmehr findet eine Ausweitung des Anwendungsbe­reichs des subjektiv-öffentlichen Rechts durch den Gesetzgeber statt. Damit übernimmt er europäische Vorgaben, die ihrerseits in Tradition des französischen Rechts stehen.565 Der Anspruch auf Informationszugang, wie ihn unter anderem das Informa­tionsfreiheitsgesetz normiert, ist doppelfunktional konzipiert. Er dient primär dem öffentlichen Interesse, kann jedoch zugleich individualschützende Wirkung entfalten.566 Dass subjektiv zugewiesene Rechtspositionen auch der Allgemeinheit dienen können, heißt nicht, dass der Geltendmachung des Rechts kein individuelles Interesse zugrunde liegen darf. Die Ausübung des Rechts muss lediglich nicht dem Individualrechtsschutz dienen. Sie kann auch Ausfluss des politischen Mitwirkungsinteresses sein.567 Die rechtliche Anerkennungswürdigkeit dieses Interesses kann in einer rechtsstaatlichen Demokratie nicht in Frage gestellt werden.568 563

Eindringlich zur passivischen Konstruktion der Transparenz Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 462 [Aussprache]. 564 Schon früh in diese Richtung argumentierend Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 69 ff., 76, insbesondere zur „Transparenz als Zwischenziel“. 565 Ausführlich zur Konzeption des Staat-Bürger-Verhältnisses in Frankreich und ihrer Re­ zeption im europäischen Recht Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit. In diesem Sinne auch König, DÖV 2000, 45, 50. Zur zunehmenden Anpassung des nationalen Rechts an das Rechtsschutzverständnis des Unionsrechts Hölscheidt, EuR 2001, 376, 391 ff. 566 Kloepfer/Lewinski, DVBl. 2005, 1277, 1279; Kugelmann, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 456 [Aussprache]; Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 461 [Aussprache]; Kloepfer, DÖV 2003, 221, 225; Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S.  373. Ebenso im Kontext der „Europäisierung der Schutznormtheorie“ Kahl/Ohlendorf, JA 2011, 41, 45. A. A. wohl Erichsen, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S. 927, 945, der die Anspruchsposition jenseits des subjektiv-öffentlichen Rechts zu verorten scheint. 567 So bereits die Begründung des (damals) Akteneinsichtsrechtsgesetzes (heute: Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz, AIG) des Landes Brandenburg, LT-Drs. 2/4417, Begründung S. 2. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf Art. 21 Abs. 3 der Landesverfassung Brandenburg, wonach allgemein ein „Recht auf politische Mitgestaltung“ sowie konkret ein „Recht auf Information“ eingeräumt wird. Zur Erkennbarkeit von Individualinteressen hinter Allgemeininteressen auch Kahl/Ohlendorf, JA 2011, 41, 45. 568 Zur verfassungsunmittelbaren Herleitung des „status politicus“, d. h. dessen Unabhängigkeit vom Handeln des Gesetzgebers Scherzberg, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 452 [Aussprache].

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Umgekehrt verstellt die Beschränkung des subjektiv-öffentlichen Rechts auf den Individualrechtsschutz den Blick dafür, dass das öffentliche Recht stets gemeinwohlorientiert ist.569 Die Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte wirkt auch dann auf das Gemeinwohl zurück, wenn sie individualschützend konzipiert sind. Weder Staat und Individuum, noch Individualinteresse und öffentliches Interesse stehen sich unverbunden und in einem Ausschließlichkeitsverhältnis gegenüber. Sie ergänzen sich. Besonders deutlich tritt das Wechselverhältnis zwischen Staat, Gesellschaft und Individuum in der Dogmatik des europäischen Rechts zutage. Ihm ist die Figur des auf Individualinteressen beschränkten subjektiv-öffentlichen Rechts weitgehend fremd.570 Vielmehr geht das europäische Recht von einer Verzahnung der­ Sphären aus. Der Einzelne wird in die Verwirklichung des materiellen Rechts einbezogen.571 Dies kommt nicht nur dem Einzelnen, sondern auch der Allgemeinheit und dem Staat zugute. Die Gewährleistung eines voraussetzungslosen Anspruchs auf Informationszugang ist damit als Erweiterung des Anwendungsbereichs der Lehre vom subjektiv-öffentlichen Recht anzusehen.572 In Überstimmung mit der europäischen Entwicklung können individuell zugewiesene Rechte auch dem Gemeinwohl dienen. So ist das Recht auf Informationszugang auch politisches Recht. Als politische Rechte sind diejenigen subjektiv zugewiesenen Rechtspositionen zu bezeichnen, die primär dem Gemeinwohl dienen.573 569

Rinken, Das Öffentliche als verfassungstheoretisches Problem, S. 282. Kahl/Ohlendorf, JA 2011, 41, 41 f. Subjektiv-öffentliche Rechte sind dort auf den unionsrechtlich begründeten, außervertraglichen Staatshaftungsanspruch beschränkt, Art. 340 Abs. 2 AEUV. 571 Kahl/Ohlendorf, JA 2011, 41, 42 zum Verschwimmen „der Grenze zwischen Öffentlich und Privat“ im Unionsrecht. 572 Zur Notwendigkeit der Ausweitung des subjektiv-öffentlichen Rechts über den Individualrechtsschutz hinaus Masing, in: VVDStRL, Bd.  63 (2004), S.  461 [Aussprache]: „Die Verengungen [des auf den Individualrechtsschutz beschränkten Verständnisses des subjektivöffentlichen Rechts] liegen darin, dass es von der Grundkonzeption des Verwaltung-BürgerVerhältnisses her in dieser Lehre keinen Platz gibt, an dem man adäquat Befugnisse abbilden kann, die nicht dem Schutz von Individualinteressen dienen.“ Zur Durchbrechung des § 44a VwGO durch die Informationsfreiheitsgesetze Kahl/Ohlendorf, JA 2011, 41, 47. 573 Ausführlich Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 357. Als „ius politicum“ – in Fortführung des „ius publicum“  – bezeichnet Gröschner ein öffentliches Recht, „das die gute Ordnung eines auf Freiheit gegründeten Gemeinwesens betrifft und auf der Basis dieser fundamentalsten Form aller Freiheiten, der öffentlichen Freiheit, gleichermaßen republikanische Legitimität, demokratische Legitimation und rechtsstaatliche Legalität beansprucht.“ Die Kategorie des politischen Rechts grundsätzlich sowie im Besonderen verfassungsunmittelbar annehmend Scherzberg, in: VVDStRL, Bd.  63 (2004), S.  452 [Aussprache] sowie im europäischen Kontext Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 39 ff. Grundlegend zum politischen Recht als „Recht der verfassungsbestimmten politischen Gesellschaft“ Rinken, Das Öffentliche als verfassungstheoretisches Problem, S.  282 m. w. N. Allgemein zur exzessiven Auslegung des subjektiv-öffentlichen Rechts Papier, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 177 Rn. 13. 570

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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3. Kapitel

Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft – Soziologische und verwaltungswissenschaftliche Grundlegung Informationen und Wissen sind seit jeher Machtfaktoren, auch wenn es bis zur Herausbildung des Empirismus in der Neuzeit dauerte, bis die Wissenschaft dies explizierte.574 Im 20.  Jahrhundert wurden Informationen und Wissen zum Faktor, der die Gesellschaft strukturierte. Die Idee der Informationsgesellschaft war geboren. Ihren Ausgangspunkt nahm die Entwicklung mit der in den 1950er Jahren einsetzenden Automatisierung. Infolge der Entwicklung von Datenbanken in den 1970er Jahren, der Herausbildung von Dialogverfahren in den folgenden zehn Jahren, der Etablierung des Internet ab den 1990er Jahren und dem anhaltenden Vormarsch der sozialen Medien unterlag die Theorie der Informationsgesellschaft zahlreichen Modifikationen, Fortentwicklungen und Präzisierungen.575 Die einst normativ geprägte Zukunftsvision wurde mit der technischen Entwicklung empirisch festzustellende Realität. Mit der Fortentwicklung und Verfestigung der Informationstechnologie im Alltag gingen stets neue Erwartungen einher. Teils wurde die Fortschrittsgläubigkeit erfüllt, teils enttäuscht.576 Die Erkenntnisse der Sozialwissenschaften zum Zustand der Gesellschaft sind – wie die Erkenntnisse der Demokratietheorie –577 auch in den Rechtswissenschaften relevant. So ist die Informationsgesellschaft für das Bundesverfassungsgericht eigenständiger Argumentationstopos, der etwa bei der Abwägung von Meinungs- und Informationsfreiheit mit dem Urheberrecht578, der Auslegung der Informationsfreiheit579 oder im Kontext des Sozialstaatsprinzips580 herangezogen wird. Aus der Beschreibung des Realbereichs als Informationsgesellschaft sind

574

Eine maßgebliche Rolle bei der Verankerung von Informationen und Wissen in der Gesellschaft spielte Francis Bacon. Hierzu Kajetzke/Engelhardt, in: Engelhardt/Kajetzke, Handbuch Wissensgesellschaft, S. 7, 8 f.; Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 435; Stichwort: Wissensgesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 575 Schuppan, in: Blanke/Nullmeier/Reichard/Wewer, Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 269, 269; Stichwort: Informationsgesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Vgl. auch die Unterteilung in fünf Phasen bei Voßkuhle, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S. 97, 100. 576 Schuppan, V&M 15 (2009), 293. 577 Hierzu bereits 2. Teil, 1. Kap. B. V. 578 BVerfG, Beschl. v. 15.12.2011 – 1 BvR 1248/11; BVerfG, Beschl. v. 19.7.2011 – 1 BvR 1916/09 – BVerfGE 129, 78; BVerfG, Beschl. v. 25.7.2005 – 1 BvR 2182/04. 579 BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 u. a. – BVerfGE 103, 44. 580 BVerfG, Urt. v. 9.2.2010 – 1 BvL 1/09 u. a. – BVerfGE 125, 175.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Rückwirkungen auf die Auslegung des Öffentlichkeitsgrundsatzes denkbar, wie er im demokratischen Rechtsstaat des Grundgesetzes verankert ist.581 Überhaupt ist die Charakterisierung der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts als Informationsgesellschaft in den Rechtswissenschaften weit verbreitet.582 Vielfach wird hiermit ohne nähere Auseinandersetzung eine Gesellschaft beschrieben, in der Informationen an Bedeutung gewinnen.583 Dies ist zutreffend, als Entwicklungen wie die Automatisierung, die Herausbildung von Dialogverfahren und die Datenbanktechnologie fortwährenden Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung haben. Doch blieb die Entwicklung hierbei nicht stehen: An die Stelle von Dialogverfahren tritt die allseitige Vernetzung im Social Web, semantische Strukturen lösen bisherige Mechanismen der Navigation im Internet ab. Dieser Wandel wirkt auf die Gesellschaft zurück. Zwar kann der Wandel der Gesellschaft nicht auf die technologische Entwicklung verkürzt werden. Das Internet ist trotz seiner Bedeutung nicht alleinige Ursache des Wandels. Doch gerade für die Fortentwicklung der Informa­tions­ gesellschaft kommt ihm maßgebliche Bedeutung zu. Denn das Internet ist das Medium der Informationsbeschaffung und -verbreitung, das auf sämtlichen Stufen des Informationsverarbeitungsprozesses Relevanz entfaltet. Die Entwicklung des Internet ist treibende, teils initiierende, teils verstärkende Kraft der Fortentwicklung der Informationsgesellschaft. Dementsprechend bildet die Betrachtung der Grundfunktionalitäten des Internet den Ausgangspunkt der gesellschaftlichen Grundlegung. Ob und wenn ja, in welcher Weise sich diese Grundfunktionalitäten in der Gesellschaft widerspiegeln, soll im Anschluss beleuchtet werden [2. Teil, 3. Kap. A.]. Darauf aufbauend sind die Auswirkungen auf den Einzelnen [2 Teil, 3. Kap. B.], den Staat [2. Teil, 3. Kap. C.] und schließlich auf das Staat-Bürger-Verhältnis [2. Teil, 3. Kap. D.] in den Blick zu nehmen.

581

BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 u. a. – juris Rn. 96 – BVerfGE 103, 44. Zu beachten ist jedoch, dass die Erkenntnisse der Sozialwissenschaften nur mit den Mitteln des Rechts in das System des Rechts überführt werden dürfen. So ist im Kontext der Konkretisierung des Öffentlichkeitsgrundsatzes zu beachten, dass die „Gesellschaft“ der Sozialwissenschaften nicht mit dem „Volk“ im Sinne der Rechtswissenschaften gleichgesetzt werden kann. Vgl. zur Homogenität des Volks Lübbe-Wolf, ZAR 2007, 121; Schulz-Schaeffer, NJW 2007, 643. 582 Zur Selbstbeschreibung der Gesellschaft als Informationsgesellschaft Schnapp, in: Hill, Verwaltungsmodernisierung 2012, S. 99, 99; Schallbruch, in: Büchner/Büllesbach, E-Government, S. 1, 1; Heckmann, in: Büchner/Büllesbach, E-Government, S. 65, 66; Dreier, in: Bizer/ Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S. 65, 65. Wirtz/Piehler, in: Wirtz, E-Government, S.  3, 5 sprechen von „Informations- und Wissensgesellschaft“. 583 Wirtz/Piehler, in: Wirtz, E-Government, S. 3, 5 nimmt auf eine Gesellschaft Bezug, in der „Güter und Dienstleistungen aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie zunehmend an Bedeutung gewinnen.“ Und: „Die Ubiquität von Informationen und Wissen ist zu dem kennzeichnenden Merkmal der Informationsgesellschaft geworden.“

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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A. Das Internet als Motor des gesellschaftlichen Wandels I. Vom technischen zum gesellschaftlichen Wandel 1. Automatisierung, Digitalisierung und Netzwerkbildung als Ausgangspunkt Das Internet ist nicht zuletzt aufgrund seiner leichten Bedienbarkeit an der Oberfläche treibende Kraft der Fortentwicklung der Gesellschaft. Es ist eine der bedeutendsten Erfindungen des 20.  Jahrhunderts.584 Beschreiben lässt sich das Internet als weltweites, dezentrales Netzwerk, bestehend aus miteinander verbundenen Rechnern, das den massenhaften Austausch digitaler Daten ermöglicht.585 Zwei Voraussetzungen der besonderen Wirkkraft des Internet sind hervorzuheben: Automatisierung und Digitalisierung. Die Automatisierung setzte bereits in den 1950er Jahren ein. Von Bedeutung für den vorliegenden Kontext ist dabei die Automa­tisierung der Informationsverarbeitung.586 Indem sie die massenhafte Datenproduktion, -verarbeitung und -speicherung ermöglicht, ist sie noch heute von Bedeutung.587 Die Digitalisierung ist zweite zentrale Voraussetzung der Funktionsfähigkeit des Internet. In technologischer Hinsicht ist unter Digitalisierung die Umwandlung von Daten und Informationen in Binärcodes zu verstehen. Die Umwandlung komplexer Strukturen in ein duales Zahlensystem, bestehend aus den Ziffern 0 und 1, ist Voraussetzung der computergestützten Verarbeitung von Daten und Informationen.588 Technisch betrachtet handelt es sich bei den Ziffern um zwei unterschiedliche elek­tromagnetische Zustände: 0 bedeutet Nicht-Strom, 1 Strom.589 Digita­ lisierung beschreibt damit die Umwandlung von Informationen in einen Zustand, der von informationstechnischen Systemen gelesen und verarbeitet werden kann,

584 Hoffmann-Riem, in: Eifert/Hoffmann-Riem, Innovation, Recht und öffentliche Kommunikation, S. 9, 17. 585 Stichwort: Internet, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 586 Zur Unterscheidung zwischen Automatisierung der Güterproduktion sowie der Informa­ tionsproduktion Stichwort: Automatisierung, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 587 Schuppan, in: Blanke/Nullmeier/Reichard/Wewer, Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 269, 269. Auf die fortdauernde Bedeutung der Automatisierung in Zeiten des Internet verweist Heckmann, NJW 2012, 2631, 2634. Zur Bedeutung der Automatisierung bei der Herausbildung der Informationsgesellschaft Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 14; ähnlich Kübler, Mythos Wissensgesellschaft, S. 48 f. Vielfach wird mit der Automatisierung die Miniaturisierung als weiterer technologischer Entwicklungsschritt genannt. 588 Ernst, in: Hoeren/Sieber, Multimedia-Recht, Teil 7.1 Rn. 50; Wandtke/Grunert, in: Wandtke/ Bullinger, UrhG, § 31a UrhG Rn. 28; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 99 f. 589 Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger,  UrhG, § 31a  UrhG Rn.  28; Stichwort: Digita­ lisierung, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

nicht jedoch vom Individuum.590 Dies revolutioniert die Informationsverarbeitung: Digitale Daten können multimediale Inhalte darstellen, sind präzise, wenig störanfällig und schnell in der Übertragung.591 Ist die Digitalisierung Grundlage der Informationsgesellschaft, ist das Hinzu­ treten des Netzwerkcharakters Ausgangspunkt der Fortentwicklung der Informationsgesellschaft im 21.  Jahrhundert. Das Internet ist dezentrales Netzwerk, das einen Wandel im Austausch und der Verbreitung von Informationen bedingt. Physikalisch betrachtet wird das Internet durch hierarchisch strukturierte Datenleitungen konstituiert. Die Kommunikation erfolgt mittels standardisierter Protokolle. Neben E-Mail-Diensten kann als bekanntester Dienst das World Wide Web gelten, das Berners-Lee 1989 zur Darstellung von Webseiten, d. h. von Hypertext-Dokumenten, entwickelte.592 Schon damals verfolgte Berners-Lee das Ziel, ein interaktives Medium zu schaffen, bei dem der Einzelne gleichzeitig Produzent und Konsument sein kann.593 Doch war das Internet, das Web 1.0., anfangs vorwiegend ein statisches Informationsmedium. Erst nach und nach wurde es interaktiv genutzt, lösten sich die Grenzen zwischen Produzent und Konsument, zwischen Sender und Empfänger auf. Tim O’Reilly prägte den Begriff des Web 2.0 als Beschreibung derart interaktiver Anwendungen. Synonym findet sich aufgrund der weiten Verbreitung nutzergenerierter Inhalte sowie der Möglichkeit zur sozialen Vernetzung die Bezeichnung als Social Web. Derzeit entwickelt sich das Internet in Richtung Web 3.0: Daten sind im Konzept dieses so genannten Semantic Web nicht nur automatisch, d. h. maschinell und massenhaft, verarbeitbar. Sie können auch automatisch verstanden werden. Möglich soll dies die Unterlegung der im Internet vorhandenen Daten und Informationen mit semantischen Strukturen machen. Informationen sollen durch (Meta-)­ Informationen für Mensch wie Maschine verstehbar werden. Zur Darstellung der (Meta-)­Informationen werden Sprachen wie RDF (Resource Description Framework) oder OWL (Web Ontology Language) verwendet.594 Weder die zunehmende Prägung der Inhalte durch den Nutzer noch die Verschlagwortung derselben auf Metaebene ändern jedoch etwas an der grundsätzlichen Funktionsweise des Internet. 590 Zur Digitalisierung bedarf es eines Analog-Digital-Wandlers. Zur Codierung eines Analogwerts im Binärcode sind etwa Scanner, digitale Fotokameras oder Audio-Digitizer erforderlich. Hierzu auch Stichwort: Digitalisierung, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online; Decker, in: Hoeren/Sieber, Multimedia-Recht, Teil 7.2 Rn. 46. 591 Stichwort: Digitalisierung, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Zur Multimedialität Picot/Neuburger, in: Hoeren/Sieber, Multimedia-Recht, Teil 2 Rn. 9. 592 Ausführlich Stichwort: Internet, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online; Stichwort: World Wide Web, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Über das Internet können Internetdienste wie E-Mail, Usenet, Telnet oder das WWW genutzt werden. 593 Stichwort: Web 2.0, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 594 Zum semantischen Web Stichwort: W3C, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online; Stichwort: semantisches Web, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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Betrachtet man die Funktionsweise der einzelnen Internet-Dienste, auch die des Web 1.0, zeigt sich die Struktur des Internet. Dieses besteht aus mehreren Schichten. Obwohl die Meinungen über deren genaue Unterteilung auseinandergehen und teils drei, teils vier und teils sieben Schichten unterschieden werden, herrscht Einigkeit über die Funktionsweise. Es bedarf einer physischen Infrastruktur, die den Netzzugang sicherstellt. Auf logischer Ebene gilt es, Verbindungen allgemein sowie im Sinne einer Ende-zu-Ende-Verbindung herzustellen. In der Nomenklatur des TCP/IP-Referenzmodells ist von Internet- und Transportschicht die Rede. Schließlich ist auf Anwendungsebene der Austausch anwendungsspezifischer Daten sicherzustellen.595 Aufgrund der spezifischen Funktionslogik des Internet, vor allem aufgrund der Unterteilung in Schichten und der auf jeder Ebene zum Ausdruck kommenden Vernetzung, ermöglicht das Internet schnellen Informationszugang und -austausch zu jeder Zeit und von jedem Ort. 596 Drei der technisch bedingten Eigenschaften des Internet weisen besondere Nähe zum Gesellschaftlichen auf: die Immaterialisierung als Folge der Digitalisierung sowie Entgrenzung und Vernetzung. Teils wird die Multimedialität als viertes Charakteristikum genannt. Denn sie wird durch die Digitalisierung maßgeblich befördert.597 Dennoch soll der Schwerpunkt im Folgenden auf den drei erstgenannten Charakteristika liegen, da deren Rückwirkung auf die Gesellschaft ausgeprägter und unmittelbarer ist.598 Entgrenzung [2. Teil, 3. Kap. A. I. 2.], Vernetzung [2. Teil, 3.  Kap. A. I. 3.] und Immaterialisierung [2. Teil, 3.  Kap. A. I. 4.] sind nicht nur technische Eigenschaften des Internet.

595

Yochai Benkler untergliedert Netzwerke in drei Ebenen, die zur Kommunikation notwendig sind: (1)  gegenständliche Ebene („physical layer“), (2)  logische Ebene („code layer“) und (3) inhaltliche Ebene („content layer“). Aufgegriffen wurde die Unterscheidung u. a. von Lawrence Lessig, vgl. Funke, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 149, 151. Zum TCP/IP-Modell sowie zum ISO/OSI-Referenzmodell Brunst, Anonymität im Internet – rechtliche und tatsächliche Rahmenbedingungen, S. 48 ff. Das TCP/IP-Referenzmodell unterscheidet vier Schichten: (1) Netzzugang, (2) Internet, (3) Transport, (4) Anwendung. Das ISO/OSI-Schichtenmodell ist detaillierter, indem es zwischen sieben Schichten differenziert: (1) Bitübertragung, (2) Sicherung, (3) Vermittlung, (4) Transport, (5) Sitzung, (6) Darstellung, (7) Anwendung. 596 Ähnlich Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S.  99 f. Ebenso Peukert, in: Loewenheim, UrhG, § 33 Rn. 1 sowie aus wirtschaflicher Sicht Picot/Neuburger, in: Hoeren/Sieber, Multimedia-Recht, Teil 2 Rn. 12 ff. 597 So Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 100 f., der die Auswirkungen des Internet festmacht an den Eigenschaften Ubiquität, Multimedialität, Virtualität und Vernetzung. Zum Visualisierungsdilemma des Rechts ebd., S. 101, 225 ff. 598 Die Auswirkung des Internet auf die Gesellschaft, die ihrerseits auf das Recht zurückwirkt, ist in den Rechtswissenschaften anerkannt. Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 100 ff. Trute, in: VVDStRL, Bd.  57 (1998), S.  216, 245 verweist auf „Interaktivität, Geschwindigkeit und Transparenz“; Hoffmann-Riem, in: Eifert/Hoffmann-Riem, Innovation, Recht und öffentliche Kommunikation, S. 9, 15 auf „Computerisierung, Digitalisierung, Vernetzung und mobiler Nutzung von Diensten“. Zur wachsenden Verletzlichkeit und Manipulierbarkeit von Daten Decker, in: Hoeren/Sieber, Multimedia-Recht, Teil  7.2 Rn.  47; Peukert, in: Loewenheim, UrhG, § 33 Rn. 1.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

2. Entgrenzung Das Internet ist in seiner physikalischen Struktur entgrenzt. Es ist eine weltweite physikalische Struktur, die via Satellit, Kabel, und Ähnlichem Kontinente und Staaten verbindet.599 Datenübermittlung und Kommunikation erfolgen grenzüberschreitend.600 Der technisch bedingten Entgrenzung des Digitalen entspricht in analogen Strukturen eine Entgrenzung von Raum und Zeit. Einerseits verlieren die Grenzen des Raums und die Grenzen der Nationalstaaten an Bedeutung. Bildhaft gesprochen ist die Welt nur einen Mausklick entfernt.601 Scheinbar grenzenlos sind auch die Ressourcen, die das Internet zur Verfügung stellt, sei es in Hinblick auf Übertragungskapazität, sei es in Bezug auf Speichermöglichkeiten.602 Andererseits lösen sich die Grenzen der Zeit auf. Daten sind sofort abrufbar und jederzeit verfügbar. Bisherige Bindungen, etwa an Öffnungszeiten der Institution, die die Daten zugänglich macht, oder an Tageszeiten, gehören im Internet der Vergangenheit an. Das Internet ermöglicht eine asynchrone Nutzung.603 Technisch betrachtet ist das Internet grenzenlos und zeitlos.604 3. Vernetzung Auch die Vernetzung als zweite zentrale Eigenschaft, die auf die gesellschaftliche Entwicklung zurückwirkt, beruht auf der technischen Grundstruktur des Internet. Vernetzung bezeichnet allgemein die wechselseitige Verknüpfung und Beeinflussung von Elementen eines Systems.605 Die zahlreichen Verknüpfungen zwischen den einzelnen autonomen Bestandteilen machen Netze zu dezentralen und 599

Statt aller zur physikalischen Struktur Stichwort: Internet, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 600 Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 91 Rn. 5; Castells, BJS 2001, 423, 427 am Beispiel der Ökonomie. Aus der rechtswissenschaftlichen Literatur Würtenberger, in: Leipold/ Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S. 3, 3 f. 601 Dringenberg, in: Dringenberg, Internet vorgeführt und diskutiert, S.  96, 113. Im rechtlichen Kontext Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S.  112; Schoch, in: VVDStRL, Bd.  57 (1998), S. 158, 171 f. 602 Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 169 f. 603 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 475. 604 Schliesky/Schulz u. a., „Arbeitsteilung 2.0“, S. 10; Stegbauer, APuZ 39/2008, 3, 3 f. Zur Globalität Stöcker, APuZ 7/2012, 9, 10; Luch/Schulz, V&M 17 (2011), 104, 107; Dringenberg, in: Dringenberg, Internet vorgeführt und diskutiert, S. 96, 113 ff., 119; Rieß, in: Bizer/Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S. 253, 254. Zur Zeitdimension, insb. zur Beschleunigung Korte, APuZ 7/2012, 21; zur Gleichzeitigkeit Würtenberger, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S.  3, 5 f. Globalität nach Dringenberg, in: Dringenberg, Internet vorgeführt und diskutiert, S. 96, 119 ist „die Lebensart eines Bürgers des 21. Jahrhunderts, der im Bewusstsein seiner Herkunft und der Obsoleszenz altgedienter Grenzen zumindest offen ist für (neugierig auf) Erfahrungen mit dem kulturellen Aliud.“ 605 Stichwort: Vernetzung, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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damit meist komplexen Organisationseinheiten.606 Sobald die kritische Masse an Nutzern erreicht ist, steigt der Mehrwert dieser Organisationseinheiten exponentiell mit der Dichte und Vielfältigkeit des Netzes. Es entstehen Netzwerkeffekte.607 Die technische Vernetzung befördert die Vernetzung im realen Raum.608 Zwar ist soziale Vernetzung kein neues, erst durch das Internet in Erscheinung getretenes Phänomen. Denn Individuen sind unabhängig von der Existenz des Internet in Beziehungsgeflechte eingebettet.609 Doch legt die technische Vernetzung eine verstärkte soziale Vernetzung jenseits von Hierarchien nahe. Vernetzung bedingt Dezentralität, im realen Raum wie im Internet.610 Macht und steuernde Einflussnahme werden nicht mehr von einer zentralen Organisation ausgeübt, sondern finden in wachsendem Umfang an den Knoten des Netzwerks statt. Etwas anderes gilt erst, wenn die Vernetzung derart intensiv ist, dass an ihre Stelle die Verflechtung tritt. Zur Verflechtung gesteigerte Vernetzung wirkt konzentrierend.611 Zudem bedingt Vernetzung Reziprozität, d. h. Gegenseitigkeitsbeziehungen.612 Austauschprozesse finden nicht mehr einseitig statt, sondern verlaufen in zwei Richtungen. Im Rahmen der Kommunikation wird das klassische Sender-Empfänger-Schema aufgehoben. Gleiches gilt im Kontext der Wirtschaft für das Verhältnis zwischen Produzent und Konsument.613 Schlagwortartig lässt sich dieses Phänomen mit dem Kunstwort des Prosumer614 beschreiben. Der Einzelne ist Pro 606 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 501. Zum Moment der Verknüpfung im Kontext der Akteur-Netzwerk-Theorie Kneer, in: Kneer/Schroer, Handbuch Soziologische Theorien, S. 19, 24. 607 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 505. Zur Netzwerkeffekttheorie aus Sicht der Wirtschaftswissenschaft Veit/Fetzer u. a., in: Wirtz, E-Government, S. 227, 240 ff. 608 Allgemein Hoffmann-Riem, in: Eifert/Hoffmann-Riem, Innovation, Recht und öffentliche Kommunikation, S.  9, 15; Dringenberg, in: Dringenberg, Internet vorgeführt und diskutiert, S. 96, 110. Zur Unzulänglichkeit der Betrachtung lediglich des technischen oder sozialen Phänomens Kneer, in: Kneer/Schroer, Handbuch Soziologische Theorien, S. 19, 24 im Kontext der Akteur-Netzwerk-Theorie. 609 Zur sozialen Einbettung Holzer, in: Kneer/Schroer, Handbuch Soziologische Theorien, S. 253, 254 im Kontext der Netzwerktheorie. Kneer, in: Kneer/Schroer, Handbuch Soziologische Theorien, S. 19, 24 zum Umstand, dass soziale Vernetzung kein postmoderner Zustand ist. 610 Castells, BJS 2001, 423, 432. 611 Zu Verflechtungs- und Konzentrationsprozessen im Informationssektor Schoch, in: VVDStRL, Bd.  57 (1998), S.  158, 173 f. Zur Verflechtung in der Ökonomie Castells, BJS 2001, 423, 427. 612 Stichwort: Reziprozität, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 523. 613 Michelis, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 118, 125 f.; Gillmor, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 337, 338. 614 „Prosumer“ ist ein Kunstwort, das Personen beschreibt, die gleichzeitig Konsument (engl. consumer) und Produzent (engl. producer) bzw. professionelle Akteure (engl. professional) sind. Erstmals wurde der Begriff des Prosumers in den 1970er Jahren verwendet. Heute beschreibt er Konsumenten, die über derart viel Wissen verfügen, dass sie (semi-)professionelle Produkte herstellen können, vgl. Unterberg, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 134, 137. Aus der rechtswissenschaftlichen Literatur Hötger, in: Hill, Verwaltungsmodernisierung 2012, S. 125, 140.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

duzent und Konsument zugleich. Für die Kommunikation im Internet bedeutet Reziprozität, dass jedem die Möglichkeit offensteht, mit jedermann zu kommu­ nizieren und zu interagieren. Individualkommunikation und -interaktion werden durch das Internet ebenso ermöglicht wie Massenkommunikation. Das Internet ist Individual- und Massenmedium zugleich.615 Die Rollen des Einzelnen sind zudem nicht mehr auf Sender und Empfänger beschränkt. Sie sind weiter ausdifferenziert.616 4. Immaterialisierung Drittes auf die Gesellschaft bezogenes Charakteristikum des Internet ist seine Immaterialität. Digitale Inhalte sind unkörperlich.617 Vielfach ist im Kontext des Internet von Virtualität die Rede, nicht von Immaterialität, um den Gegensatz zur real erlebten Welt zu kennzeichnen.618 Die Gleichsetzung von „immateriell“ und „virtuell“ lässt jedoch eine relevante Unterscheidung unberücksichtigt. Etymologisch ist Virtualität auf etwas Scheinbares bezogen.619 Virtuelles ist physisch nicht existent, obwohl es über Funktionalitäten der physisch existenten Sache verfügt, der sie dem Wesen nach entspricht.620 In diesem präzisierenden Verständnis ist Virtualität zwangsläufig mit Repräsentation verbunden.621 Physisch Existentes wird virtuell repräsentiert. Umgekehrt hat Virtuelles das Potenzial, in der Wirklichkeit realisiert zu werden.622 Besonders eng ist der Konnex zwischen Virtualität und Wirklichkeit in der Informationstechnik. Deren Ziel ist es, virtuelle Realität zu

615 Schmidt, APuZ 7/2012, 3, 5 am Beispiel des Social Web; Baer, Blätter für deutsche und internationale Politik 2011, 90, 90; Köppen, Das Grundrecht der Informationsfreiheit unter besonderer Berücksichtigung der neuen Medien, S. 15; Schmitz, in: Schmidt-Aßmann/Sellner/ Hirsch/Kemper/Lehmann-Grube, Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S.  677, 694; Welz, APuZ 39–40/2002, 3, 5; Friedrichs/Hart/Schmidt, APuZ 39–40/2002, 12, 20; Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 170 f.; Stichwort: Internet, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Zur Möglichkeit der Nutzung des Internet zur Massenkommunikation Send, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 104, 104; Korbien, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 81, 81 ff. 616 Albrecht, Reflexionsspiele, S. 310. 617 Stichwort: immateriell, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 618 Statt aller Stichwort:  Virtuelle Realität. Nicht nur zur Unterhaltung, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Castells, BJS 2001, 423, 429 ff. prägte den Ausdruck der „realen Virtualität“. 619 Stichwort: virtuell, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Etymologischer Ursprung ist – über das Mittellateinische „virtualis“ – das Lateinische „virtus“ (Tüchtigkeit, Mannhaftigkeit). 620 Schulz, in: Eifert/Hoffmann-Riem, Innovation, Recht und öffentliche Kommunikation, S. 279, 279. 621 Schulz, in: Eifert/Hoffmann-Riem, Innovation, Recht und öffentliche Kommunikation, S. 279, 282 ff. 622 Stichwort: virtuell, in: Dudenredaktion, Duden – Das Fremdwörterbuch; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 370 m. w. N.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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suggerieren, d. h. Wirklichkeit zu simulieren.623 Dem steht die Fiktion gegenüber. Die Fiktion existiert allein in der Vorstellung.624 Digitale Inhalte sind vielfach auf die Realität bezogen, man denke nur an Möglichkeiten wie Online-Banking oder die Selbstpräsentation im Social Web, sei es auf facebook oder google+, auf twitter oder dem klassischen E-Mail-Konto. Zwingend ist dieser Bezug zur Realität jedoch nicht, das Internet nicht auf Virtuelles beschränkt. Auch fiktive Inhalte finden sich. So handelt es sich bei literarischen Schöpfungen im Kinder- und Jugendbuchbereich meist um fiktive Figuren.625 Das Internet ist aufgrund seiner Multimedialität sogar besonders geeignet, um fiktive Inhalte darzustellen. Auch wenn Virtualität und Fiktion vielfach gleichbedeutend Verwendung finden, und auch wenn sich im Kontext des Internet eine bevorzugte Bezugnahme auf das Virtuelle findet, soll im Folgenden von Immaterialität als Oberbegriff zu Virtualität und Fiktion die Rede sein.626 Im Begriff der Immaterialität wird die Loslösung vom Körperlichen zum Ausdruck gebracht. Das Internet und seine Inhalte sind physisch nicht fassbar.627 Die fehlende Bindung an Körperliches, an Raum und Zeit steigert die Kom­ plexität der Inhalte.628 Zudem erleichtert die Immaterialität des Internet anonymes Handeln. Die eigene Identität kann verborgen werden.629 Zwar besteht technisch die Möglichkeit, die Identität der handelnden Akteure aufzudecken. Dazu bedarf es – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, zumal die Möglichkeiten der De-Anonymisierung ebenso schnell voranschreiten wie die der Anonymisierung – des Einsatzes von IP-Adresse, Browser-Fingerprint oder Cookies.630 Auf Anwendungsebene

623

Stichwort:  virtuell, in: Dudenredaktion, Duden – Das Fremdwörterbuch; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 370 f.; Stichwort: Virtuelle Realität. Nicht nur zur Unterhaltung, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 624 Stichwort: fiktiv, in: Dudenredaktion, Duden – Das Fremdwörterbuch; Stichwort: Fiktion, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Fiktion in diesem Sinne ist zu unterscheiden von der juristischen Fiktion, der zufolge ein Sachverhalt angenommen wird, der in Wirklichkeit nicht besteht. 625 Ausführlich m. w. N. Graef, ZUM 2012, 108, 109 ff. 626 Statt aller zur überwiegenden Bezugnahme auf Virtuelles Manegold, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, § 88 UrhG Rn. 25 für den Urheberrechtsschutz literarischer Figuren; Habel, MMR 2008, 71, 71 im Kontext von Online-Computerspielen. 627 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S.  376 f., der jedoch die Virtualität als Oberbegriff erachtet, der zu einer Dekonstruktion von Raum, Zeit, Materie und Struktur führt. 628 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 430 zur Überkomplexität und der Notwendigkeit zur Schaffung von Vertrauen als Gegengewicht. 629 Zum Begriff der Anonymität Brunst, Anonymität im Internet – rechtliche und tatsächliche Rahmenbedingungen, S. 6 ff. Während Anonymität ursprünglich mit negativen Assoziationen einherging, wird sie zunehmend als Bedingung der Freiheitsausübung erachtet (S. 9 f.). 630 Zu den technischen Möglichkeiten der Anonymisierung und De-Anonymisierung im Internet Brunst, Anonymität im Internet  – rechtliche und tatsächliche Rahmenbedingungen, S. 46 ff.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

ist eine anonyme Interaktion jedoch möglich. Die Internetnutzung wird daher trotz der Möglichkeit der De-Anonymisierung vielfach als anonym erlebt.631 5. Zusammenfassung a) Funktionslogik des Internet Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung sind grundlegende Funktionsbedingungen des Internet. Sie haben Auswirkungen auf dessen Nutzung. Die Internetnutzung ist als Folge der Entgrenzung geprägt durch Globalität und Gleich­ zeitigkeit, als Folge der Vernetzung durch Dezentralität und Reziprozität sowie als Folge der Immaterialisierung durch Komplexität und Anonymität. Indem Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung die Internetnutzung beeinflussen, wirken sie auf die Gesellschaft als Ganzes zurück. Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung haben zudem Einfluss auf die Bedeutung von Daten und Informationen als Einfluss-, Steuerungs- und Machtfaktor. Schließlich besteht das Internet bildlich gesprochen aus Daten, die Internetnutzung aus der Beschaffung und Verbreitung derselben. Die Zugänglichkeit von Daten ist Funktionsvoraussetzung des Internet.632 b) Potenzielle Interdependenzen: Funktionslogik von Internet, Gesellschaft und Demokratie Der Wandel des Internet und der Wandel der Gesellschaft wirken aufeinander ein. So orientierten sich das Internet und seine Nutzung ursprünglich an den überkommenen Medien. Dennoch ist das Internet nicht alleinige Determinante des Wandels. Es kann als Instrument, als Medium angesehen werden. Es kann kostengünstig von jedermann zu jeder Zeit und von jedem Ort genutzt werden.633 Es schafft Öffentlichkeit und eröffnet Beteiligungsmöglichkeiten.634 Gerade das 631

Zur Bezeichnung der Anonymität als „Geburtsfehler“ des Internet Stöcker, APuZ 7/2012, 9, 10 f. Als gesamtgesellschaftlichen, aus der analogen Welt bekannten „Wert an sich“ bezeichnet Hoeren, ZRP 2010, 251, 751 Anonymität. Neutral Trute, in: VVDStRL, Bd.  57 (1998), S. 216, 245, der „Transparenz“ als Eigenschaft des Internet betrachtet. 632 Insbesondere in Bezug auf das Web 2.0 Meckel, APuZ 39/2008, 17, 19. Zur subjektiv empfundenen Offenheit i. S. v. Experimentierfreudigkeit Dringenberg, in: Dringenberg, Internet vorgeführt und diskutiert, S. 96, 106 ff. 633 Schuler, in: Lathrop/Ruma, Open Government, S. 91, 95 ff.; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S.  50 ff., 53; Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IV, § 91 Rn.  2 ff.; Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 214. 634 Allgemein Schmidt, APuZ 7/2012, 3, 4 m. w. N. Konkret zu den nahezu unbegrenzten Beteiligungsmöglichkeiten Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S.  50. Zur (demokratischen) Öffentlichkeit Holtwisch, Die Verwaltung 43 (2010), 567, 585 m. w. N.; Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 231, 232 ff.; Welz, APuZ 39–40/2002, 3, 5.

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Web 2.0 bietet die Chance, dass sich jedermann aktiv am gesellschaftlichen und politisch-demokratischen Leben beteiligt. Die Möglichkeit des anonymen Handelns kann bestehende Hemmschwellen gegenüber der Beteiligung senken.635 Daher birgt das Internet das Potenzial, Freiheit und Gleichheit und damit die Grundlagen der Demokratie zu gewährleisten. Die Realisierung des Potenzials des Internet hängt jedoch von weiteren, objektiven wie subjektiven Voraussetzungen ab.636 Subjektiv sind der Wille und die intellektuelle Fähigkeit zur Nutzung erforderlich, objektiv die Möglichkeit zur Nutzung, etwa die Verfügbarkeit einer entsprechenden Infrastruktur. Es besteht die Gefahr der Spaltung der Gesellschaft in Internetnutzer und Nicht-Internetnutzer. Die digitale Spaltung, die digital divide, kann einerseits auf der ungleichen Ver­ teilung der Internetkompetenz beruhen, d. h. auf der ungleichen Verteilung des technischen, rechtlichen oder anwendungsspezifischen Grundverständnisses bei der Internetnutzung.637 Andererseits wird die Spaltung durch die ungleiche Verteilung der Zugangsmöglichkeiten vertieft, da die private Verfügungsmacht über das Internet auf gegenständlicher, logischer und inhaltlicher Ebene dominiert.638 635 Umfassend zu den Motiven anonymen Handelns Brunst, Anonymität im Internet – rechtliche und tatsächliche Rahmenbedingungen, S. 11 ff. 636 Am Beispiel der Demokratie, konkret des demokratischen Potenzials des Internet Baer, Blätter für deutsche und internationale Politik 2011, 90, 98; Engelhardt/Kajetzke, Handbuch Wissensgesellschaft, S. 68; Kubicek/Lippa, V&M 15 (2009), 305, 316. 637 Die Internetkompetenz ist (noch) ungleich verteilt. In Deutschland sind junge gegenüber älteren Generationen diesbezüglich im Vorteil, Männer gegenüber Frauen und Akademiker gegenüber den Bevölkerungskreisen mit niedrigeren Bildungsabschlüssen. Diese Heterogenität der infrastrukturellen und technischen Voraussetzungen führt zu einem Ungleichgewicht bei der Internetnutzung, das seinerseits bedingt, dass von Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen keine demokratische Legitimation ausgehen kann. Hierzu bereits Heckmann, MMR 2006, 3, 7; sowie ausdrücklich zur „kognitiven digitalen Spaltung“ Heckmann, K&R 2010, 770, 774. 638 Allgemein Roßnagel, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 257, 331. Die Verfügungsgewalt über das Internet liegt in weiten Teilen nicht in den Händen des Staats. Schon auf Ebene des Netzzugangs können Private Einfluss auf das Ob und Wie der Internetnutzung nehmen. Das Internet ist keine im demokratischen Sinn öffentliche Infrastruktur, auch wenn es von der Öffentlichkeit genutzt wird. Hierzu Schmidt, APuZ 7/2012, 3, 8. Auf Inhaltsebene kann der Staat zwar das Angebot gestalten. Ob das Angebot vom Bürger gefunden und genutzt werden kann, können jedoch wiederum Privatpersonen beeinflussen. So hängt die öffentliche Wahrnehmbarkeit eines Internetangebots maßgeblich von der Platzierung in Suchmaschinen ab. Suchmaschinen als Gatekeeper des Internet können Inhalte der öffentlichen Wahrnehmbarkeit entziehen oder derart privilegieren, dass sich die öffentliche Wahrnehmung zunehmend auf diese Inhalte und Angebote beschränkt, vgl. Schmidt, APuZ 7/2012, 3, 8 m. w. N. („filter bubble“); Machill/Beiler, in: Klumpp/Kubicek/ Roßnagel/Schulz, Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft, S.  159, 159; Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 91 Rn. 76 u. a. unter Verweis auf den Einsatz von Filtertechnik; Welz, APuZ 39–40/2002, 3, 6; Hoecker, APuZ 39–40/2002, 37, 39. Derartige private Datenmacht kann die Ausübung individueller wie politischer Freiheit weitreichend einschränken. Hierzu Schächter, in: Redwitz, Die digital-vernetzte Wissensgesellschaft, S. 366, 367 in Bezug auf die Verknüpfung von Infrastruktur und Inhalt; Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 91 Rn. 7. Ebd. auch zu Suchmaschinen, die die reziproke Konstruktion

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Vor allem aber hängt die Verwirklichung der Rückwirkung des Potenzials des Internet auf die Gesellschaft vom Willen der sie konstituierenden Individuen ab. Weder seine Nutzung an sich noch seine Nutzung zu gemeinwohlorientierten Zwecken ist erzwingbar.639 Das Internet ist bloß Medium – wenn auch ein wirkmächtiges. II. Entwicklung und Fortentwicklung der Informationsgesellschaft Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung sind nicht nur Funktionslogiken des Internet. Sie wirken auf den Stellenwert von Daten und Informationen bzw. deren Verfügbarkeit zurück. Und sie ändern das Denken und das Verhalten der Individuen.640 Die Eigenschaften und Funktionslogiken des Internet beeinflussen die Entwicklung der Gesellschaft. Als Gesellschaft wird alltagssprachlich eine Gemeinschaft von Menschen verstanden, die sich durch gemeinsame Merkmale wie Sprache, Geschichte, Werte oder Verhaltensweisen konstituiert. Für die Sozialwissenschaften ist Gesellschaft zudem (theoretische) Bezugsgröße, die als Orientierungsgröße dient. Gesellschaften sind in der Praxis nicht homogen. Die Erfassung einer Gesellschaft durch gemeinsame Merkmale verharrt in der Theorie.641 Dementsprechend ist es nicht Ziel der Gesellschaftstheorie, Homogenität zu suggerieren.642 Vielmehr sollen auf Grundlage objektiv feststellbarer Entwicklungen im Realbereich Tendenzen aufgezeigt werden, die die Gesellschaft trotz aller notwendigen (Binnen-)Differenzierungen prägen.643

des Internet auflösen und in Hierarchien überführen. Zur Hierarchie des Page-Rank-Verfahrens Machill/Beiler, in: Klumpp/Kubicek/Roßnagel/Schulz, Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft, S. 159, 166 f. 639 Albrecht, Reflexionsspiele, S. 317; Hoecker, APuZ 39–40/2002, 37, 42. 640 Heckmann, NJW 2012, 2631, 2631; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 100. 641 Bis ins 17. Jahrhundert herrschte in Aristotelischer Tradition die Ansicht vor, dass sich die Gesellschaft aus der an Staat und Politik orientierten Natur des Menschen als „zoon politicon“ ableitet und daher mit dem Staat als äußere Organisationsform gleichgesetzt werden kann. Zunehmend wird Gesellschaft jedoch als eigenständiger, von Menschen geschaffener Rahmen und Handlungszusammenhang begriffen, ausführlich Stichwort: Gesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 642 Im Anschluss an die klassische Soziologie des frühen 20. Jahrhunderts wird Gesellschaft als „sich selbst steuerndes und sich selbst stabilisierendes System von Handlungsmustern beziehungsweise kollektiven Vorstellungen verstanden […], das darüber hinaus durch zunehmende Binnendifferenzierung seine Stabilität und Funktionsfähigkeit zu erhöhen vermag“, so Stichwort: Gesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Hierzu auch Lübbe-Wolf, ZAR 2007, 121, 126. 643 Zu „aktuelle[n] Zeitdiagnosen“ als Bezugspunkt von Gesellschaftsformen Stichwort: Ge­ sellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Die klassische Sozialwissenschaft geht davon aus, dass gerade Differenzierung die „gesellschaftliche Kohäsion stärken und die Möglichkeiten sozialer Einheitsbildung erweitern kann“, vgl. Lübbe-Wolf, ZAR 2007, 121, 126 mit Verweis auf Emile Durkheim und Georg Simmel.

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Theorien zur Beschreibung des Zustands der Gesellschaft, auch der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, haben Konjunktur.644 Bereits 2000 identifizierte Armin Pongs 24 Antworten auf die Frage, in welcher Gesellschaft wir leben.645 Anspruch auf Vollständigkeit erhebt jedoch selbst dieser Überblick nicht. Im Folgenden sind für den hier interessierenden Zusammenhang drei Gesellschaftsbeschreibungen herauszugreifen: die Informationsgesellschaft als Inbegriff und gewissermaßen Urform sämtlicher neuer Gesellschaftsbeschreibungen sowie die Wissensgesellschaft und die Netzwerkgesellschaft als deren Fortentwicklungen.646 Teils werden sie alle drei als Ausdruck der „Idee der Informationsgesellschaft“ angesehen.647 Ohne den Grad der Selbstständigkeit der Theorien abschließend bewerten zu müssen, sind Wissens- und Netzwerkgesellschaft jedenfalls als Fortentwicklung der Theorie der Informationsgesellschaft anzusehen. Dabei ist allen drei Gesellschaftsbeschreibungen gemein, dass sie teils empirische Beschreibung, teils normative Zukunftsvision sind. Vielfach, gerade in der Theorie der Informationsgesellschaft wurde die Zukunft Gegenwart.  Dies erschwert die Abgrenzung zwischen der Realbeschreibung der Gesellschaft und normativen Idealen. Im Folgenden soll die Realbeschreibung der Gesellschaft, verstanden als System kollektiver Vorstellungen und Handlungsmuster, vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung der jeweiligen Gesellschaftstheorie im Mittelpunkt stehen. Die in den Rechtswissenschaften vielfach als Argumentations-

644 Überblick bei Pongs, In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich?. Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 16 führt bspw. das Spektrum „von der Wissenschafts-, Informations-, Kommunikations- zur Risikogesellschaft“ an. 645 Pongs, In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich?, Bd. 1 und 2, München 2000. Im Jahr 2004 wurde die zweite, erweiterte Auflage herausgegeben. Auf diese wird im Folgenden Bezug genommen. Zwischen fünf Gesellschaftsformen unterscheidet Kübler, Mythos Wissensgesellschaft, S. 21 ff., um daran anschließend die Informations- und Wissensgesellschaft als darüber hinausgehende Paradigmen einzuführen (ebd. S. 47). 646 Nicht durchsetzen konnte sich die Beschreibung der Gesellschaft als Internetgesellschaft, weshalb sie im Folgenden außer Betracht bleiben soll. Der Begriff Internetgesellschaft findet nur vereinzelt sowie meist ohne nähere Begründung Verwendung, so etwa bei Süssmuth, APuZ 44–45/2011, 3, 6.  Die Theorie der Internetgesellschaft lehnt sich an die Kennzeichnung der Mediengesellschaft durch Neil Postman an. Nicht mehr Wissen oder Informationen und deren wirtschaftliche Auswirkungen stehen im Mittelpunkt der Betrachtung. Auf Grundlage der Annahme, dass Technik die Gesellschaft und das Individuum bestimmt, werden die Informations- und Kommunikationstechnologien, allen voran das Internet zum Ausgangspunkt der Betrachtung der Auswirkungen der neuen Technik auf den Einzelnen. Zur Mediengesellschaft nach Postman vgl. Pongs, In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich?, S. 247 [Fragebogen Neil Postman]. Zur Internetgesellschaft Dringenberg, in: Dringenberg, Internet vorgeführt und diskutiert, S. 96, 116 ff. Ebd., S. 128, 142, zur Fremd- bzw. Selbstbestimmung des Individuums in der Gesellschaft als Grundproblem der Soziologie. Die Theorie der Internetgesellschaft folgert aus den technischen Prinzipien des Internet unmittelbar kulturelle Prinzipien. Demnach ist das Individuum in der Internetgesellschaft geprägt durch Individualität und Globalität. 647 Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 19.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

topos herangezogene Informationsgesellschaft soll dabei als Ausgangspunkt dienen, um die Auswirkungen der Etablierung des Internet aufzuzeigen und den aktuellen Zustand der Gesellschaft zu beschreiben. 1. Informationsgesellschaft Der Begriff Informationsgesellschaft wird beinahe inflationär verwendet. Eine Konkretisierung des Inhalts unterbleibt meist. Dies mag mitunter dem Fehlen einer allgemeinverbindlichen Definition geschuldet sein. Zur terminologischen An­näherung kann jedoch auf das weit verbreitete Verständnis der historischen Sozial­wissenschaften zurückgegriffen werden. Ihm zufolge bezeichnet Informationsgesellschaft eine Gesellschaftsform, in der nicht mehr Kapital, Rohstoffe oder Arbeit maßgebliche Faktoren der wirtschaftlichen Entwicklung sind, sondern Informationen.648 Informationen und ihre Verbreitung sind zwar seit dem Mittelalter mitursächlich für eine florierende Wirtschaft.649 In der Informationsgesellschaft sind sie jedoch nicht nur mitursächlich. Sie sind zentraler Produktionsfaktor. Als Grundlage dieser Entwicklung kann die in den 1950er Jahren einsetzende Automatisierung gelten. Schon diese erste Beschreibung der Informationsgesellschaft zeigt, dass ihrem Verständnis Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaften zu Einfluss und Bedeutung von Informationen auf die Wirtschaft und in der Wirtschaft zugrunde liegen.650 Die Idee der Informationsgesellschaft wurde in den 1960er Jahren geboren und firmierte anfangs unter den Termini Dienstleistungsgesellschaft oder informierte Gesellschaft.651 Der Begriff Informationsgesellschaft selbst wird meist auf 648 Zum Informationsbegriff der Informationsgesellschaft Reinecke, Wissensgesellschaft und Informationsgesellschaft, www.docupedia.de. Kritisch zum Konzept der Informationsgesellschaft aufgrund des Informationsbegriffs Vesting, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 101, 108: Demnach wäre eine Informationsgesellschaft „eine sich selbst beständig überraschende Gesellschaft“. 649 Gömmel, in: Redwitz, Die digital-vernetzte Wissensgesellschaft, S. 359, 360 ff. Dies entspricht einer an die Wirtschaftswissenschaften angelehnten Unterscheidung der Gesellschaftsformen gemäß den Produktivkräften. An die Seite derartiger Phasenmodelle treten Modelle, die sich an historischen oder ideologischen Vorstellungen, an Zeitdiagnosen oder Problembeschreibungen orientieren, vgl. Stichwort: Gesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Ausführlich zum Faktor Wissen Tippenhauer, in: Redwitz, Die digital-vernetzte Wissensgesellschaft, S. 306, 312 ff., auch mit Verweis auf die im 11. Jahrhundert einsetzende Gründung von Universitäten. Zur Informationsabhängigkeit einer jeden Gesellschaft Capurro, in: Klumpp/Kubicek/ Roßnagel/Schulz, Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft, S. 53, 54. 650 Namentlich Studien von Fritz Machlup bilden den Ausgangspunkt, vgl. Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 14; Kübler, Mythos Wissensgesellschaft, S. 87. 651 Stichwort:  Informationsgesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Die „informierte Gesellschaft“ geht auf den Kybernetik-Professor Karl Steinbuch zurück, der damit die Überwindung des Mangels an Informationen kennzeichnete. Hierzu Kübler, Mythos Wissensgesellschaft, S. 62.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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den US-amerikanischen Soziologen Daniel Bell zurückgeführt, der ihn in seinem 1973 erschienenen Werk „The coming of Post-Industrial Society“ verwendete.652 Allerdings verstand Bell Informationen als theoretisches Wissen.653 Seine Skizze der Gesellschaft wurde dennoch zum Ausgangspunkt der weiteren Forschung. Die japanischen Ansätze, die den Begriff Informationsgesellschaft schon vor Bell, nämlich in den 1960er Jahren heranzogen, um die zunehmende „Industrialisierung des Geistes“ zu beschreiben, wurden erst später rezipiert.654 Diente der Begriff Informationsgesellschaft ursprünglich der Beschreibung und Vorhersage künftiger Entwicklungen, nicht zuletzt des Bedeutungszuwachses von Informationen als Wirtschaftssektor, ist er seit den 1990er Jahren vorrangig Realbeschreibung der Gesellschaft.655 Schon angesichts dieser Entwicklung und der Verschiebung vom Normativen zum Empirischen existiert keine einheitliche Definition der Informationsgesellschaft. Gemein ist den einzelnen Definitionen jedoch, dass technische und wirtschaftliche Erwägungen im Vordergrund stehen.656 Die Informationsgesellschaft ist vorrangig Wirtschaftsform.657 Informationen sind aufgrund der technischen Entwicklung und der Verbreitung der Informations- und Kommunikationstechnologie zentrale Produktivkraft.658 Die Herausbildung eines eigenständigen Wirtschaftszweigs, der sich über die Produktion und Verarbeitung von Informationen konstituiert, ist Folge der Informatisierung auch der Wirtschaft. Zudem ändern sich die Abläufe und Rationalitäten

652 Stichwort: Informationsgesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Als bekanntestes Werk, auch im Kontext der Informationsgesellschaft kann gelten Bell, Die nachindustrielle Gesellschaft [im Original: The coming of Post-Industrial Society]. 653 Hierzu Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 112. 654 Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S.  16; Kübler, Mythos Wissensgesellschaft, S. 59. Grund der faktischen Vorreiterrolle Japans ist seine Angewiesenheit auf die Informationstechnologie aufgrund der Rohstoffarmut und der hohen Lohnkosten. 655 Zu den zeitlichen Dimensionen der Informationsgesellschaft Klumpp/Kubicek u. a., in: Klumpp/Kubicek/Roßnagel/Schulz, Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft, S. 1, 2. Ausführlich zur Entwicklung der Rezeption der Informationsgesellschaft in der Bundesrepublik sowie im internationalen wie europäischen Diskurs Kübler, Mythos Wissensgesellschaft, S. 63 ff., 75 ff. 656 Allgemein Dringenberg, in: Dringenberg, Internet vorgeführt und diskutiert, S. 96, 140. Zur Analyse von Bells Theorie Steinbicker, in: Engelhardt/Kajetzke, Handbuch Wissensgesellschaft, S. 27, 30 f. 657 Köppen, Das Grundrecht der Informationsfreiheit unter besonderer Berücksichtigung der neuen Medien, S. 6 unter Bezugnahme auf Stichwort: Informationsgesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Schoch, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S.  83, 84 sieht den „Übergang vom früheren ‚Verwaltungsmodell‘ zum ‚Marktmodell‘“ als Kennzeichen des Eingangs in die Informationsgesellschaft. 658 Aunkofer, in: Redwitz, Die digital-vernetzte Wissensgesellschaft, S.  155, 155; Schoch, in: VVDStRL, Bd.  57 (1998), S.  158, 168 m. w. N.: „Information als Rohstoff der Produktion, Information als Rohstoff von Macht, Information als Treibstoff von Veränderung.“ Zum „Quantensprung der IuK-Technik“ Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 405, 406.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

in den herkömmlichen Wirtschaftszweigen.659 So entstanden neue Marketing­ strategien. Rationalisierungen und lean production führten zu Produktivitätssteigerungen.660 Die bisherige Unterteilung der Wirtschaft in die drei Sektoren Landwirtschaft, Industrie und Dienstleistung verlor an Bedeutung.661 Trotz des wirtschaftlichen Fokusses ist die Informationsgesellschaft als soziale Form neben der Wirtschaftsform von Bedeutung, was auch das Bundesverfassungsgericht anerkennt.662 Verstanden als Gesellschafts- und Wirtschaftsform ist Informationsgesellschaft eine post-industrielle Gesellschaft ähnlich der Dienstleistungsgesellschaft, in der Informationen sowie ihre Verbreitung mithilfe der Informations- und Kommunikationstechnologien bestimmende Einflussgrößen im öffentlichen und privaten, im wirtschaftlichen und politischen Bereich sind.663 Informationen und deren Vermittlung, vor allem durch das Internet, prägen zunehmend den Tagesablauf und das Leben der Individuen. Informationen sind demnach Ursache und Mittel der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und staatlichen Entwicklung.664 Gesamtgesellschaftlich gewinnen Informationen als Macht- und Einflussfaktor an Bedeutung.665 Bildung wird zur zentralen Größe bei der Bestimmung der gesellschaftlichen Stellung des Einzelnen.666 Dieses den historischen Sozialwissenschaften entspringende, an Erkenntnissen der Wirtschaftswissenschaften orientierte Verständnis findet sich auf politischer Ebene wieder. So heißt es im Bericht „Info 2000“ der Bundesregierung: „Der Begriff ‚Informationsgesellschaft‘ steht für eine Wirtschafts- und Gesellschaftsform, in der der produktive Umgang mit der Ressource ‚Information‘ und die wissensintensive Produktion eine herausragende Rolle spielen. Sie wird an den Entwicklungen und Veränderungen in den Bereichen Technik, Wirtschaft, Arbeitswelt und Umwelt in besonderer Weise deutlich.“ 667

659 Im Kontext der insofern strukturanalogen Wissensgesellschaft Willke, ZfS 1998, 161, 163: „Gegenüber Produkten mit hohen Wertanteilen an Arbeit und Material gewinnen Produkte die Überhand, deren Wert vorrangig aus der eingebauten Expertise (‚embedded intelligence‘) besteht.“ Allgemein Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 14. 660 Umfassend Stichwort: Informationsgesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 661 Köppen, Das Grundrecht der Informationsfreiheit unter besonderer Berücksichtigung der neuen Medien, S. 5 f.; im Kontext der strukturanalogen Wissensgesellschaft Tippenhauer, in: Redwitz, Die digital-vernetzte Wissensgesellschaft, S. 306, 307 ff.; Willke, ZfS 1998, 161, 163. 662 BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 u. a. – juris Rn. 92 – BVerfGE 103, 44. 663 In Anlehnung an Stichwort: Informationsgesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 664 Ähnlich Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 213. 665 Pongs, In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich?, S. 174 in Rezeption des Soziologen Scott Lash. Aus der rechtswissenschaftlichen Literatur Schoch, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S. 83, 83; Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 12; Voßkuhle, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S. 97, 98. 666 Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 119. 667 BT-Drs. 13/4000, S. 15 (Info 2000 – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft).

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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2. Wissensgesellschaft Teils synonym, teils modifizierend, teils als Fortentwicklung, jedoch weitaus seltener als die Informationsgesellschaft wird die Figur der Wissensgesellschaft herangezogen, um den Zustand der heutigen Gesellschaft in der westlichen Welt zu kennzeichnen. Die Konzepte der Wissens- und der Informationsgesellschaft sind eng miteinander verbunden. Sie werden mitunter in einem Atemzug genannt,668 wie bereits die Bell’sche Umschreibung von Informationen als theoretisches Wissen zeigt. Wissen im Sinne der Wissensgesellschaft ist dabei – anders als die Information im Sinne der Informationsgesellschaft – kontextuell und erfahrungsgemäß gebunden.669 Als solches ist Wissen an Personen gebunden. Zudem ist Wissen der Gegensatz zum bloßen Meinen. Wissen vermittelt Sicherheit.670 Der Terminus Wissensgesellschaft fand in den 1960er Jahren über die Managementtheorie Eingang in die sozialwissenschaftliche und politische Diskussion.671 Das Management galt als gestaltende Kraft, da es in der Lage ist, Wissen auf Wissen anzuwenden.672 Dabei orientierten sich Robert E. Lane, Peter F. Drucker und Daniel Bell als Urväter der Wissensgesellschaft an ökonomischen Studien zur Wissensproduktion aus den frühen 1960er Jahren.673 Dementsprechend ist der Fokus der Wissensgesellschaft vorrangig ein wirtschaftlicher. Ähnlich wie Information in der Theorie der Informationsgesellschaft 668

Kübler, Mythos Wissensgesellschaft, S. 16. So im rechtswissenschaftlichen Kontext Richter, in: Mehde/Ramsauer/Seckelmann, Staat, Verwaltung, Information, S. 1041, 1045; Masing, in: Appel/Hermes/Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S. 147, 147; HoffmannRiem, in: Eifert/Hoffmann-Riem, Innovation, Recht und öffentliche Kommunikation, S. 9, 17; Tauss, in: Klumpp/Kubicek/Roßnagel/Schulz, Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft, S. 63, 63; Lutterbeck, in: Bizer/Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S. 23, 23; Vesting, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 101, 107 ff. Bell wird dementsprechend nicht nur mit der Informationsgesellschaft in Verbindung gebracht, sondern auch als früher Vertreter der Wissensgesellschaft angesehen, vgl. Engelhardt/Kajetzke, in: Engelhardt/Kajetzke, Handbuch Wissensgesellschaft, S. 361, 362 f. Zur These, dass die Konstruktion der Gesellschaft als Informationsgesellschaft verbraucht ist Kübler, Mythos Wissensgesellschaft, S. 16 m. w. N. 669 Statt aller Willke, ZfS 1998, 161, 162. Demgegenüber bezeichnen Informationen „systemspezifisch relevante Unterschiede“. 670 Zur Vielschichtigkeit des Wissensbegriffs im Kontext der Wissensgesellschaft Dienel, in: Bröning/Oesterdiekhoff, Deutschland in der globalen Wissensgesellschaft, S. 15, 18 f. 671 Stichwort: Wissensgesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Pongs, In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich?, S. 159 [Interview Knorr-Celina] verortet die Wurzeln der Wissensgesellschaft in den 1970er Jahren. Wichtige Grundlagen wurden in den 1970er Jahren gelegt, allen voran von Bell, Die nachindustrielle Gesellschaft und Etzioni, Die aktive Gesellschaft. 672 Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 110. 673 Vgl. Machlup, The Production and Distribution of Knowledge in the United States, 1962; zitiert nach Reinecke, Wissensgesellschaft und Informationsgesellschaft, www.docupedia.de, Fn. 6; Engelhardt/Kajetzke, in: Engelhardt/Kajetzke, Handbuch Wissensgesellschaft, S. 361, 362; Willke, ZfS 1998, 161, 162. Als grundlegende Arbeit zur Wissensgesellschaft kann Drucker, Die Zukunft bewältigen gelten [im Original: The age of discontinuity].

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

wird Wissen in der Wissensgesellschaft als maßgeblicher Faktor des wirtschaftlichen Fortschritts und damit mittelbar der gesellschaftlichen Entwicklung angesehen. Wissen ist Grundlage des Wandels der Industriegesellschaft in eine postindustrielle Gesellschaftsform.674 Die Produktion, Reproduktion und Distribution von Wissen ist gegenüber anderen Faktoren der Produktion vorrangig; Wissen entscheidet über die künftige Leistungsfähigkeit.675 Ausgangspunkt der Entwicklung hin zu einer wissensbasierten Gesellschaft ist das Wissen selbst. Informations- und Kommunikationstechnologien sind lediglich Instrument.676 Stärker als in der Informationsgesellschaft, die den technischen Kommunika­ tionsprozess in den Mittelpunkt rückt, betont das Konzept der Wissensgesellschaft den kommunizierten Inhalt. Die Fülle der vorhandenen Informationen und die theoretische Möglichkeit ihrer intellektuellen Verarbeitung genügen ihr zufolge nicht, um gesellschaftlichen Wandel auszulösen. Angesichts der empirisch auszumachenden Informationsflut kommt es entscheidend auf die objektive Möglichkeit und subjektive Fähigkeit an, die Daten und Informationen kognitiv und­ emotional zu verarbeiten. Nicht Informationen als lediglich kontextbezogene Daten, erst Wissen verstanden als aufbereitete, kontextuell und erfahrungsmäßig gebundene Informationen kann aktiv als Handlungsressource genutzt werden.677 Erst Wissen ist Einfluss-, Macht- und Steuerungsfaktor.678 Wissen durchdringt anders als in den bisherigen Gesellschaftsformen die ge­ samte Gesellschaft. Es ist weder dem Management, verstanden als Elite, noch der Wissenschaft vorbehalten. Dies führt zur Transformation der Gesellschaft, nicht nur der Wirtschaft. Die Transformation der Gesellschaft zeigt sich mitunter an 674 Dringenberg, in: Dringenberg, Internet vorgeführt und diskutiert, S.  96, 125. Zur postindustriellen Gesellschaftsform in Anschluss an Bell vgl. Steinbicker, in: Engelhardt/Kajetzke, Handbuch Wissensgesellschaft, S. 27, 27 ff. 675 Vogl, Selbstständige Medienschaffende in der Netzwerkgesellschaft, S. 10 („informationeller Kapitalismus“); Willke, ZfS 1998, 161, 162. 676 Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 21 f., 110, 117. Willke, ZfS 1998, 161, 163: „Motor der Transformation der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft“. Ebd., S. 164, auch zur These der embedded intelligence, wonach die Infrastrukturen der Wissensgesellschaft „mit eingebauter, kontextsensitiver Expertise arbeiten“. 677 Strulik, in: Engelhardt/Kajetzke, Handbuch Wissensgesellschaft, S. 65, 68 f.; Steinbicker, in: Engelhardt/Kajetzke, Handbuch Wissensgesellschaft, S. 21, 23; Tippenhauer, in: Redwitz, Die digital-vernetzte Wissensgesellschaft, S. 306, 307; Winkler, in: Redwitz, Die digital-vernetzte Wissensgesellschaft, S. 137, 138; Willke, ZfS 1998, 161, 162; Stichwort: Wissensgesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Zum divergierenden Verständnis von „Wissen“ innerhalb der Vertreter der Wissensgesellschaft vgl. Steinbicker, in: Engelhardt/Kajetzke, Handbuch Wissensgesellschaft, S. 21, 25 f.; Pongs, In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich?, S. 164 [Interview Knorr-Celina]: In der Tradition Bells bezieht sich Wissen auf gesichertes Wissen, Knorr Celina verwendet Wissen im Kontext der Wissensprozesse unabhängig von ihrer kognitiven Wahrheit. Jedenfalls ist Wissen an einen historischen Kontext gebunden, vgl. Reinecke, Wissensgesellschaft und Informationsgesellschaft, www.docupedia.de m. w. N. Ebd., S. 9, auch zur zunehmenden Einbeziehung des unsicheren Wissens. 678 Allgemein Giesen, RDV 2010, 266, 267.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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flachen Organisationsstrukturen, die auch die Beziehung des Staats zum Bürger berühren und verändern: Eine Verbreitung von Wissen führt zu einer Abkehr vom hierarchischen hin zum koordinierenden Staat.679 Zudem gewinnt Bildung in der Wissensgesellschaft – auch gegenüber der Informationsgesellschaft – weiter an Bedeutung.680 Die Kompetenz, Wissen zu nutzen, strukturiert die Gesellschaft immer stärker. Dies erhöht den Stellenwert von Lernund Veränderungsbereitschaft.681 Wachsende Wissensbestände und die Möglichkeit ihrer digitalen Produktion und Reproduktion stellen zwar eine immer bedeutender werdende Ressource dar, doch wächst die Herausforderung im Umgang mit den Wissensmengen, der ständigen Revision von Wissen682 – und mit Nicht-Wissen.683 3. Netzwerkgesellschaft Auf die technologische Grundlage der real zu beobachtenden Veränderungen verweist die – von der Netzwerktheorie zu scheidende –684 Beschreibung der Ge­ sellschaft als Netzwerkgesellschaft. Geprägt vom spanischen Soziologen Manuel­ 679

Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 120. Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 111; Willke, ZfS 1998, 161, 164. 681 Zur Bedeutung der (professionellen) Ausbildung und des Verstehens Masing, in: Appel/ Hermes/Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S. 147, 152 ff.; Willke, ZfS 1998, 161, 164. Zum Erfordernis des Wandels Korte, APuZ 7/2012, 21, 23; Aunkofer, in: Redwitz, Die digital-vernetzte Wissensgesellschaft, S. 155, 161; Lutterbeck, in: Bizer/Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S. 23, 23, 33. Zur Beschleunigung Schächter, in: Redwitz, Die digital-vernetzte Wissensgesellschaft, S. 366, 369. 682 Masing, in: Appel/Hermes/Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S.  147, 147; Würtenberger, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S.  3, 6.  Grund ist insbesondere der Umstand, dass Wissen eine abhängige Ressource ist. Es ist an den sozialen Kontext gebunden, so dass äußerer Wandel einen Wandel des Wissens nach sich zieht. Hierzu Adolf, in: Engelhardt/Kajetzke, Handbuch Wissensgesellschaft, S. 53, 54 f.; Schächter, in: Redwitz, Die digital-vernetzte Wissensgesellschaft, S. 366, 366; Vogl, Selbstständige Medienschaffende in der Netzwerkgesellschaft, S.  10; Pongs, In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich?, S. 153 in Rezeption der Soziologin Karin KnorrCelina; Willke, ZfS 1998, 161, 164. 683 Masing, in: Appel/Hermes/Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S.  147, 162 f. m. w. N.; Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem, Offene Rechtswissenschaft, S.  131, 135 ff.; Augsberg, DVBl. 2007, 733, 733; Würtenberger, in: Leipold/Würtenberger, Rechts­ fragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S. 3, 6. Grundlegend zur u. a. durch Informationsflut ausgelösten „informationellen Angst“ Capurro, in: Klumpp/Kubicek/Roßnagel/ Schulz, Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft, S. 53, 54 f. 684 Die Grundlagen der Netzwerktheorie wurden von Karl Marx, Max Weber und Emile Durkheim gelegt, lange vor der Revolution, die die Informations- und Kommunikationstechnologie auslöste. Entgegen der Selbstwahrnehmung handelt es sich jedoch nicht um eine umfassende Theorie. Ausgangspunkt der Grundannahmen der Netzwerktheorie ist die Betrachtung der Beziehungen zwischen Individuen und sozialen Einheiten. Sie sind Grundlage der Erklärung sozialer Phänomene. Dieser theoretische Ansatz lässt sich zwar auf Phänomene rund um das Internet anwenden. Doch es fehlt die spezifische Ausrichtung. Die Netzwerktheorie ist – 680

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Castells in seinem dreibändigen Werk „Das Informationszeitalter“, dessen erster Band sich mit der informationellen Gesellschaft und dem „Aufstieg der Netzwerkgesellschaft“685 befasst, misst die Theorie der Netzwerkgesellschaft dem Wandel der Informations- und Kommunikationstechnologie tragende Bedeutung bei.686 Castells sieht die Informations- und Kommunikationstechnologie zwar nicht als Ursache des Wandels an, aber als „unverzichtbares Medium“687 und „treibende Kraft“688. Die Informationstechnologie wirkt auf die Information einerseits, auf das Individuum andererseits ein.689 Das Internet erachtet er als spezifisches Netzwerk, das Netzwerke als allgemeines Organisationsprinzip seit den letzten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zum tragenden gesamtgesellschaftlichen Prinzip werden ließ.690 Die in Netzwerken organisierte Gesellschaft wird maßgeblich von der Netzwerklogik determiniert,691 die durch wechselseitige, im Wesentlichen gleichrangige Interaktion, Flexibilität, aber auch durch Komplexität gekennzeichnet ist. Information und Wissen sind demgegenüber Faktoren, die in jeder Gesellschaft und zu jeder Zeit von herausgehobener Bedeutung waren und sind.692 Bedeutung haben sie insofern, als Castells Informationsnetzwerke als Keimzelle des Wandels ansieht. Anders als die seit jeher bestehenden sozialen Netzwerke sind Informationsnetzwerke imstande, sich zu koordinieren und die ihnen eigene Komplexität zu reduzieren, ohne dabei an Flexibilität zu verlieren.693 Informationen und Wissen spielen in Netzwerkgesellschaften zudem eine maßgebliche Rolle als Wirtschaftsfaktor: Produktion, Verarbeitung und Verbreitung von Wissen bestimmen „Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit aller Arten von ökonomischen Einheiten.“694 Die von Drucker hervorgehobene „Einwirkung von Wissen auf Wissen“ versteht Castells hingegen nicht als personal gebundenen Prozess. Vielmehr stellt er auf die Wechselwirkung zwischen Technologie und Wissen ab: Technologie ist ebenso wie die Akteur-Netzwerk-Theorie – ein allgemeines Organisationsprinzip des Sozialen. Sie ist zu unspezifisch, als dass sie die aktuelle Situation der Gesellschaft und ihres Wandels beschreiben könnte. Vgl. auch Holzer, in: Kneer/Schroer, Handbuch Soziologische Theorien, S. 253, 253, 271; Kneer, in: Kneer/Schroer, Handbuch Soziologische Theorien, S. 19, 24. 685 Castells, Das Informationszeitalter. 686 Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 19. 687 Castells, BJS 2001, 423, 431. 688 Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S.  81. Zwei weitere treibende Kräfte hebt Castells hervor: die Restrukturierung des Kapitalismus sowie das Aufkommen wertorientierter sozialer Bewegungen. 689 Zum informationellen Paradigma Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 84. 690 Castells, BJS 2001, 423, 426 f.; Vogl, Selbstständige Medienschaffende in der Netzwerkgesellschaft, S. 9. 691 Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 80. 692 Castells, BJS 2001, 423, 427. Daher finden sich auch Einordnungen Castells in das Konzept der Wissensgesellschaft, vgl. Engelhardt/Kajetzke, in: Engelhardt/Kajetzke, Handbuch Wissensgesellschaft, S. 361, 362. 693 Castells, BJS 2001, 423, 431 f. 694 Castells, BJS 2001, 423, 427.

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in der Lage, Informations- und Wissensverarbeitung zu verbessern. Information und Wissen sind zugleich Grundlage der Technologie. Die Netzwerkgesellschaft als neue Gesellschaftsform definiert Raum und Zeit als materielle Grundlagen des Lebens neu. Castells spricht von „zeitloser Zeit“ und einem „Raum der Ströme“. Informations- und Kommunikationstechnologie beschleunigt. Informations- und Kommunikationstechnologie lässt die zeitliche Abfolge von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft willkürlich erscheinen. Informations- und Kommunikationstechnologie kann die „Gleichzeitigkeit sozialer Praxis ohne geografische Nähe“ gewährleisten.695 Selbstständige Akteure können, ja müssen sich vernetzen. Der Staat wird zum Netzwerk-Staat, Unternehmen zu Netzwerk-Unternehmen. Netzwerke lösen Hierarchien als dominierendes Gesellschaftsprinzip ab.696 Da das Internet in der gesamtgesellschaftlichen Wahrnehmung zunehmend als „das“ Netzwerk angesehen wird,697 ist die bereits erwähnte Relativierung der Bedeutung des Faktors Informations- und Kommunikationstechnologie durch Castells hervorzuheben: Die informationelle Revolution ist zwar Voraussetzung des Übergangs von der Industrie- zur Netzwerkgesellschaft. Eine Determinierung der Gesellschaft durch Technik und Technologie lehnt er jedoch ab: Technologie ist in soziale Verhältnisse eingebettet, die sie beeinflussen. Nicht das Internet schafft das vernetzte Individuum. Das Internet bietet vielmehr „eine angemessene materielle Stütze für die Verbreitung des vernetzten Individualismus als vorherrschende Form der Sozialität.“698 4. Zusammenfassung Informations-, Wissens- und Netzwerkgesellschaft liefern keine wahren oder falschen Beschreibungen des Zustands und der Entwicklung der Gesellschaft, zumal es sich bei ihnen um heuristische Begriffe, nicht um Rechtsbegriffe handelt.699 Einigkeit besteht dahingehend, dass die Zahl der verfügbaren Informationen im Wachstum begriffen ist. Damit einher geht ein Bedeutungszuwachs von 695

Castells, BJS 2001, 423, 430. Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S.  120; Kössler, in: Engelhardt/ Kajetzke, Handbuch Wissensgesellschaft, S. 43, 44. 697 Ähnlich Korte, APuZ 7/2012, 21, 22; Meckel, APuZ 39/2008, 17, 17. 698 Castells, Die Internet-Galaxie, S. 144. 699 Schoch, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S.  83, 86. Zum Umstand, dass Termini wie Informationsgesellschaft die Vergangenheit, Gegenwart und die absehbare Zukunft der Gesellschaft beschreiben Klumpp/Kubicek u. a., in: Klumpp/Kubicek/Roßnagel/Schulz, Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft, S. 1, 2. Kritisch zur Nutzbarmachung von Gesellschaftsbeschreibungen für die Rechtswissenschaft jenseits der Nutzbarmachung der „Symptome“, etwa Vernetzung, unbegrenzte Speicherung und Verknüpfbarkeit von Informationen Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 67, Fn. 271. 696

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Daten, Informationen und Wissen, der Folgen für Individuum und Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur, Politik und Recht hat. Von zentraler Bedeutung sind dabei die Auswirkungen auf die Wirtschaft, so die Anerkennung von Informationen und Wissen als Produktionsfaktor, die höheren Bildungsanforderungen oder die zunehmende Schichtung der Gesellschaft gemäß der individuellen Bildung.700 Die Informations- und Kommunikationstechnologie ist Leittechnologie, die zumindest mitursächlich für die wirtschaftliche Entwicklung und den gesellschaftlichen Wandel ist.701 Vorherrschend ist eine positive Einschätzung des Zustands und der Zukunft der Gesellschaft.702 Jenseits dessen ist der Fokus der einzelnen Gesellschaftsbeschreibungen aus­ differenziert. Überhaupt wird den Gesellschaftsbeschreibungen vielfach nur der Charakter einer Skizze zuerkannt, die nicht als umfassendes sozialwissenschaftliches Konzept angesehen werden kann.703 Als „Medium und Faktor“ des Wandels sehen Informations- und Wissensgesellschaft Informationen bzw. Wissen an. Ihre Verfügbarkeit wird maßgeblich durch die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie bestimmt. Doch besteht lediglich ein funktionaler Zusammenhang. Der technische Wandel wird hingegen von der Theorie der Netzwerkgesellschaft in den Mittelpunkt gestellt. Netzwerke werden als notwendige, wenn auch nicht als monokausale Ursache des gesellschaftlichen Wandels angesehen. Technologien wie die Informations- und Kommunikationstechnologien sind Grundlage von Innovationen.704 Demgegenüber kommt der wachsenden Verfügbarkeit und Bedeutung von Informationen und Wissen keine herausgehobene Bedeutung zu. Unterschiedlich ist auch der Bezugspunkt der Auswirkungen des Wandels. Während Informations- und Wissensgesellschaft maßgeblich auf die wirtschaftlichen Auswirkungen abstellen, wird im Konzept der Netzwerkgesellschaft das Individuum in seiner Sozialität, als gemeinschaftsgebundenes Wesen, in den Vordergrund gestellt. Die Betonung des einen zu Lasten des anderen – sei es die Betonung der Bedeutung von Informationen bzw. Wissen zu Lasten der Bedeutung des Internet, sei es umgekehrt – wird dem Wandel der Gesellschaft nicht vollumfänglich gerecht. Beide Faktoren stehen nebeneinander. Einerseits ist der aktuelle Zustand der Gesellschaft durch den Bedeutungszuwachs von Informationen geprägt, wobei 700

Übersicht bei Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 9 f. Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 10, 110. 702 Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 8. 703 Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 121; Kübler, Mythos Wissensgesellschaft, S. 18 f. 704 Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S.  116. Ebd., S.  117, auch zum Umstand, dass für Castells Informations- und Kommunikationstechnologien „Bestandteil des neuen Prinzips der Wertschöpfung“ sind. 701

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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automatisiert verarbeitbare Daten angesichts der technologischen Entwicklung immer wichtiger werden. Andererseits übt im Speziellen das Internet samt seiner Grundfunktionalitäten Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung entscheidenden und eigenständigen Einfluss auf die Gesellschaft aus. III. Schlussfolgerungen und Ausblick: Informationstechnologiegesellschaft 1. Kritik der bewährten Konzepte Die skizzierten Gesellschaftstheorien werden dem Status Quo der gesellschaftlichen Entwicklung nicht vollends gerecht. Sie sind maßgeblich durch ein Entweder-Oder gekennzeichnet: Entweder werden Informationen bzw. Wissen als Moment des Wandels betont oder das Internet bzw. Netzwerke in ihrer Gesamtheit. Lediglich Castells hebt die Interdependenz von Technologie und Wissen als sich wechselseitig verstärkende Kräfte hervor. Die grundsätzliche Fokussierung auf einen dieser Faktoren wird dem Status Quo des prägenden Einflusses beider Faktoren auf den Zustand der Gesellschaft nicht gerecht. Sowohl Informationen als auch das Internet sind vielmehr als gleichrangige Faktoren der Entwicklung anzusehen, die sich wechselseitig beeinflussen und verstärken. Beide sind nicht alleinige Ursache des Wandels der Gesellschaft. Doch sind sie maßgebliche Einflussfaktoren. Zum einen sind Informationen und Wissen als individuelle Handlungsvoraussetzungen wichtiger denn je. Dies gilt für sämtliche Entfaltungsbereiche des Individuums.705 Dementsprechend steigt nicht nur die Bedeutung von Informationen, sondern auch der Stellenwert von Daten, d. h. von codierten Zeichen, die Grundlage von Informationen sind. Zugleich kommt der Informations- und Kommunikationstechnologie eigenständige Bedeutung zu. Das Internet ist in seiner Wirkung nicht darauf beschränkt, die Verfügbarkeit von Daten und Informationen und damit mittelbar von Wissen zu erhöhen. Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung wirken vielmehr eigenständig auf das Individuum und die Gesellschaft zurück.706 Dies zeitigt seinerseits Rückwirkungen auf den Staat und das Staat-Bürger-Verhältnis, wie im Folgenden ausführlich darzustellen sein wird. Im Ergebnis kann der Bedeutungszuwachs von Daten, Informationen und Wissen nicht getrennt vom Bedeutungszuwachs der Informations- und Kommunikationstechnologie betrachtet werden. Das Internet steigert die Verfügbarkeit und 705

Richter, in: Mehde/Ramsauer/Seckelmann, Staat, Verwaltung, Information, S. 1041, 1042 ff. Zur Frage, ob Technologie Ursache oder Mittel des Wandels ist Janda, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S. 11, 15. 706 Wirtz/Piehler, in: Wirtz, E-Government, S. 3, 5.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

damit die Bedeutung von Informationen, verstanden als Oberbegriff von Daten, Informationen und Wissen. Umgekehrt führt die Informationsabhängigkeit zu einer zunehmenden Abhängigkeit des Einzelnen vom Internet als Inbegriff der Informations- und Kommunikationstechnologie. Beide Faktoren verstärken sich gegenseitig. Um dem Status Quo der Gesellschaft gerecht zu werden, muss dieses Nebeneinander berücksichtigt werden. Zum Zweiten ist zu beachten, dass das Internet nicht gleich Internet ist. Während die Entwicklung vom Web 1.0 zum Web 2.0 die bisherige Unterscheidung in Sender und Empfänger aufhob, so dass inzwischen jedermann, auch zeitgleich, potenziell Sender und Empfänger sein kann, und nutzergenerierte Inhalte das Internet immer stärker prägen, bedingt der Schritt in Richtung Web 3.0 ein Internet, in dem digitale Inhalte nicht nur automatisiert verarbeitet, sondern mithilfe semantischer Strukturen auch inhaltlich erfasst und somit automatisiert „verstanden“ werden können.707 Ein Drittes ist anzumerken: Das Internet verändert alles. Es greift zu kurz, die Betrachtung in Tradition der Informations- und der Wissensgesellschaft auf die Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen zu beschränken. Der Wandel erfasst Gesellschaft und Staat als Ganzes. Er erfasst sämtliche Funktionssysteme der Gesellschaft, neben der Wirtschaft auch Wissenschaft, Politik, Religion und das Recht. 708 Die bisherigen Gesellschaftsbeschreibungen sind nicht in der Lage, die Reichweite dieses Wandels sowie den Bedeutungszuwachs von Informationen und die Ausbreitung des Internet als dessen zentrale, gleichberechtigte Stützen zum Ausdruck zu bringen. Erst die Zusammenschau beider Faktoren und deren umfassende Anwendung auf die gesellschaftliche Realität vermögen das Ausmaß des Wandels hinreichend zu beschreiben. 2. Informationstechnologiegesellschaft Ohne eine umfassende Gesellschaftstheorie vorzulegen oder gar eine Gesellschaftstheorie zu konstruieren, soll im Folgenden von Informationstechnologiegesellschaft die Rede sein, um die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen zu beschreiben, die die steigende Verfügbarkeit von Daten, Informationen und Wissen sowie der Vormarsch des Internet samt seiner technischen Konstruktions­ prinzipien Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung zeitigen. 707 Zur Entwicklung vom Web 1.0 zum Web 3.0 s. o., 2. Teil, 3. Kap. A. I. 1. Zur Bedeutung des ständigen Wandels der technologischen Grundlagen bei der Beschreibung des Zustands der Gesellschaft auch Kübler, Mythos Wissensgesellschaft, S. 18. 708 Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Innovationen im und durch Recht, S. 225, 225; Hoffmann-Riem, in: Eifert/Hoffmann-Riem, Innovation, Recht und öffentliche Kommunikation, S. 9, 12; Lutterbeck, in: Bizer/Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S. 23, 23.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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Die Gleichrangigkeit beider Faktoren unterscheidet die derzeitige Gesellschaft, die Heckmann pragmatisch als „Informationsgesellschaft des 21.  Jahrhunderts“ bezeichnet, von den bisherigen Gesellschaftsbeschreibungen, vor allem von der Informationsgesellschaft im überkommenen Verständnis.709 Beide Faktoren sind in ihrer Interdependenz näher zu betrachten. Dies gilt umso mehr, als die Herausbildung des Semantic Web den Konnex zwischen Informationen und der Informations- und Kommunikationstechnologie weiter verstärkt. Beide, Internet wie Information, wirken auf den Zustand von Individuum, Gesellschaft und Staat zurück, auch wenn Ob und Ausmaß der Entwicklung in der Informationstechnologiegesellschaft neben technologischen von intellektuellen, sozialen und kulturellen Faktoren abhängen. Tendenziell sind jedoch folgende Rückwirkungen auszumachen:710 (1) Die technischen Grundfunktionalitäten des Internet entfalten soziokulturelle Wirkungen. Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung wirken auf Individuum, Gesellschaft und Staat gleichermaßen zurück. Die technischen Grundfunktionalitäten erstarken zu soziokulturellen Organisationsprinzipien. (2) Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung sowie die Verfügbarkeit von Daten und Informationen für jedermann weiten Handlungs- und Entscheidungsspielraum sowie die Einflussmöglichkeiten des Individuums aus. (3) Umgekehrt erschweren Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung sowie die Verfügbarkeit von Daten, Informationen und Wissen für jedermann die einseitige, hierarchische Ausübung von Macht. Eine zentrale Steuerung durch den Staat widerspricht der Netzwerklogik. Die Teilung von Daten, Informationen und Wissen, d. h. von einem Macht- und Einflussfaktor, mindert die Macht der bislang ausschließlich Verfügungsberechtigten. Neue Formen der Macht- und Herrschaftsausübung werden notwendig. (4) Angesichts der sich wechselseitig verstärkenden Faktoren Information und Informationstechnologie hängt die soziale Stellung zunehmend von der Zugänglichkeit und Nutzbarkeit beider Faktoren ab. Inbegriff dieser neuen Schichtung ist die digitale Spaltung. (5) Die Zugänglichkeit von Daten, Informationen und Wissen einerseits, von der Informations- und Kommunikationstechnologie andererseits wird angesichts ihrer zentralen Bedeutung für Wandel und Funktionsfähigkeit der ­Gesellschaft 709 Gebrauch findet die Charakterisierung der Gesellschaft als „Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts“ bei Heckmann/Knabe, in: Dalibor/Debus/u. a., Perspektiven des Öffentlichen Rechts, S.  321, 324. Von „Informations- und Wissensgesellschaft des 21.  Jahrhunderts“ ist bereits bei Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 495, die Rede, wenn auch ohne nähere Charakterisierung. 710 Systematisierung in Anlehnung an Steinbicker, Zur Theorie der Informationsgesellschaft, S. 116 ff.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

als normativ erstrebenswerter Zustand erlebt.711 Die Zugänglichkeit von Informationen und Internet ist Wert.712 (6) Weder die Zugänglichkeit von Informationen noch des Internet determinieren den Wandel des Realbereichs. Es müssen weitere Faktoren hinzutreten, insbesondere intellektuelle, soziale und kulturelle. Die Unterscheidung zwischen Individuum und Staat, wie sie auch im Grundgesetz angelegt ist, soll Ausgangspunkt der detaillierten Betrachtung der Informationstechnologiegesellschaft sein. 3. Exkurs: Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft Die Unterscheidung zwischen Staat und Individuum bzw. der Gesellschaft als Gesamtheit der Individuen ist im Grundgesetz angelegt, auch wenn sie gerade in neuerer Zeit angesichts der zunehmenden Vernetzung von Staat und Gesellschaft immer wieder in Frage gestellt wird.713 Doch die grundsätzliche Trennung, die ihre Wurzeln im Liberalismus hat, die im Positivismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts ihre gesetzliche Gestalt fand und die in Gefolgschaft von Josef Isensee und Ernst-Wolfgang Böckenförde als Grundlage des Staat-Bürger-Verhältnisses anzusehen ist, überzeugt noch heute.714 Als Staat ist dabei derjenige Teil des Gemeinwesens zu bezeichnen, in dem das Staatsvolk koordiniert zusammenwirkt.715 In der Gesellschaft erfasst die Koordination demgegenüber höchstens Teile der Bevölkerung. Grundsätzlich agieren Private in Ausübung grundrechtlicher Freiheit. Die Summe der privaten Akteure, der Bürger, nicht bloß der Staatsangehörigen, bildet die Gesellschaft.716 711 Zum Bedeutungszuwachs der Verfügbarkeit von Daten und Informationen Welz, APuZ 39–40/2002, 3, 5; Friedrichs/Hart/Schmidt, APuZ 39–40/2002, 12, 12. Aus der rechtswissenschaftlichen Literatur Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 585. 712 Stichwort: Wert, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online, zum Wert als „allgemeine Zielvorstellung und Orientierungsleitlinie“. 713 Zur (Un-)Unterscheidbarkeit von Staat und Gesellschaft Kahl, Jura 2002, 721, 721 ff.; Voßkuhle, Der Staat 40 (2001), 495, 500 ff. Zur Frage, ob Staat und Gesellschaft soziologisch und rechtsdogmatisch zu trennen sind Möllers, VerwArch 90 (1999), 187, 197 ff. Im Ergebnis ist der Staat jedenfalls als Kategorie unverzichtbar, vgl. Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 497; Voßkuhle, Der Staat 40 (2001), 495, 502. In Habermas’ Soziologie sind Gesellschaft und Staat zwei sich gegenüberstehende Teilsysteme, vgl. Albrecht, Reflexionsspiele, S. 40. 714 Zur Entwicklung und ihren Friktionen vgl. Überblick bei Kahl, Jura 2002, 721, 721;­ Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 180 f. Grundlegend Heintzen, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 220, 235 ff. 715 Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 61. 716 Heintzen, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 220, 231, 236; Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 61 zur gesellschaftlichen Koordination. Der Terminus „Bürger“ ist in einem weiten Verständnis zu verstehen und nicht auf die Staatsangehörigkeit zu reduzieren. Bürger bzw. ihr Zusammenschluss zur Gesellschaft stehen dem Staat gegenüber.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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Die Differenzierung von Staat und Gesellschaft beruht auf der unterschiedlichen Funktionslogik beider Systeme. Sie ist trotz des Wandels noch immer gültig: Das Prinzip der freien Selbstbestimmung prägt das Handeln der Individuen. Handlungsmaxime ist die subjektive Freiheit, deren Ergebnis gesellschaftlicher Pluralismus.717 Der Staat, der qua Verfassung mit der Ausübung der Herrschaftsgewalt betraut ist, agiert demgegenüber als objektiv gebundenes System, das verantwortlich für die Verwirklichung des Gemeinwohls ist und sich am Prinzip der Gleichheit der ihm Unterworfenen zu orientieren hat.718 Partikularinteressen stehen dem wohlverstandenen Interesse des Staatsvolks gegenüber, unorganisierte Meinungsund Willensbildung in der gesellschaftlichen Sphäre einem organisierten, formalisierten Prozess mit klaren Zuständigkeiten, Verfahren und Verantwortlichkeiten. Im Grundgesetz kommt diese grundlegende Unterscheidung im Dualismus von Grundrechtsberechtigung der Individuen einerseits, der Grundrechtsverpflichtung der Organe der Staatsgewalt, Art. 1 Abs. 3 GG, andererseits zum Ausdruck. Die in Art. 20 Abs. 2 GG angelegte Unterscheidung zwischen Volks- und Staatswillensbildung bestätigt dies ebenso wie die Kontrastierung von grundsätzlich unbeschränkter allgemeiner Handlungsfreiheit des Einzelnen, deren Einschränkung der Rechtfertigung bedarf, und umfassendem Legitimationserfordernis bei der Ausübung der Staatsgewalt.719 Unterscheidbarkeit und Unterscheidung von Staat und Gesellschaft sind demnach nicht nur in der Staatstheorie, sondern auch im Staatsrecht angelegt.720 Dem lässt sich trotz kritischer Stimmen aus der Literatur nicht entgegenhalten,721 dass gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG die Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Dies führt nicht zu einer Identifikation von Staat und Gesellschaft dergestalt, dass der Staat als integrativer Teil der Gesellschaft anzusehen ist. Zwar ist das Volk Träger der Staatsgewalt. Ausgeübt wird sie jedoch von staatlichen Organen, Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG.722 Auch neue Staatsleitbilder wie Wohlfahrtsstaat oder Gewährleistungsstaat führen zu keinem anderen Ergebnis. Staat und Gesellschaft können nicht identifiziert werden. Denn rechtliche Wirkung kommt ihnen nicht zu. Ihr Gehalt beschränkt sich auf die schlagwortartige Verdichtung von Vorverständnissen und Zielvorstel 717

Rupp, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 31 Rn. 25 f. m. w. N. Kahl, Jura 2002, 721, 722; Voßkuhle, Der Staat 40 (2001), 495, 503; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 180 f. Umfassende Nachweise bei Rupp, in: Isensee/ Kirchhof, HStR, Bd. II, § 31 Rn. 1 ff. 719 So auch Möllers, VerwArch 90 (1999), 187, 197; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S.  184. Darüber hinaus verweist Jestaedt auf die Unterscheidung der Grundrechtsdimensionen (status negativus und status positivus vs. status activus) sowie die Doppelrolle der Parteien. Diese kommen im Wortlaut des Grundgesetzes jedoch nicht ausdrücklich zur Sprache. Weitere Nachweise bei Kahl, Jura 2002, 721, 723. 720 Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 184. 721 Zur Kritik vgl. die Nachweise bei Kahl, Jura 2002, 721, 722. 722 Instruktiv zur Trennung von Ausübung und Ausgehen der Staatsgewalt Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 160. 718

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

lungen, die auf Grundlage von in der Realität wahrzunehmenden Phänomenen formuliert werden.723 Indem Leitbilder Komplexität reduzieren, dienen sie der Verständigung, der Analyse und der Orientierung. Rechtlich bindend sind sie ebenso wenig, wie sie zum Ausgangspunkt rechtlicher Deduktion gemacht werden können.724 Anknüpfungspunkt für das rechtliche Verhältnis von Staat und Gesellschaft bleiben die positiv-rechtlichen Normierungen, vor allem das Grundgesetz. Dies schließt Wechselwirkungen und gegenseitige Abhängigkeiten von Staat und Gesellschaft ebenso wenig aus wie die Stärkung des Konnexes zwischen beiden, die in der Informationstechnologiegesellschaft zu beobachten ist. Ein strikter Dualismus, wie er in der konstitutionellen Demokratie des 19. Jahrhunderts angenommen wurde, herrscht unter dem Grundgesetz nicht.725 Wechselwirkungen sind bereits in den Vorschriften des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG angelegt. Staat und Gesellschaft sind aufeinander bezogen, stehen nicht unverbunden nebeneinander.726 Zur Gewährleistung der individuellen Freiheit bedarf es vielmehr des Staats. Der demokratische Rechtsstaat des Grundgesetzes basiert seinerseits auf der Summe der seiner Herrschaftsgewalt unterworfenen Individuen und deren Freiheit. Demokratie bedarf der Teilnahme der Individuen am Staatsgeschehen – und sei es im Wahlakt. Staat und Gesellschaft bedürfen einander in ihrer jeweiligen Eigenart.727 Staat und Gesellschaft sind demnach notwendig zu unterscheidende Ordnungsund Funktionszusammenhänge, die ebenfalls notwendig aufeinander bezogen und angewiesen sind.728 Der Staat ist dasjenige Funktionssystem, das qua Verfassung mit der Ausübung von Herrschaftsgewalt betraut ist. Die Gesellschaft ist dieser Herrschaft unterworfen, agiert aber in Freiheit. 729 Dass die gegenseitige Abhängigkeit und Vernetzung von Staat und Gesellschaft nicht zuletzt aufgrund der Funktionslogik des Internet steigt, steht der grundsätzlichen Trennung beider Systeme nicht entgegen. 723 Beer, in: Blanke/Nullmeier/Reichard/Wewer, Handbuch zur Verwaltungsreform, S.  52; Voßkuhle, Der Staat 40 (2001), 495, 506 ff. 724 Problematisch ist daher die praktisch wahrzunehmende Argumentation mit Leitbildern, hierzu Voßkuhle, Der Staat 40 (2001), 495, 509 f. 725 Zu den Widersprüchen der strikten Trennung von Staat und Gesellschaft, etwa in Hinblick auf die kommunale Selbstverwaltung Rupp, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 31 Rn. 4 ff. Zur „‚Volksphobie‘ des Grundgesetzes“ Arnim, in: Appel/Hermes/Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S. 15, 16. 726 Kahl, Jura 2002, 721, 723. 727 Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 184. Ausführlich zur Interdependenz von Staat und Gesellschaft Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 62 f. 728 So im Ergebnis Kahl, Jura 2002, 721, 723; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondo­ minialverwaltung, S. 184. Auch die funktionelle Differenzierung zwischen Staat und Gesellschaft nach Konrad Hesse besagt nichts anderes, unterscheidet sie Staat und Gesellschaft zwar nicht personell, doch funktionell, vgl. hierzu Kahl, Jura 2002, 721, 723. Speziell zur (rechtsdogmatischen) Unverzichtbarkeit der Kategorie Staat Voßkuhle, Der Staat 40 (2001), 495, 502; Möllers, VerwArch 90 (1999), 187, 197. 729 Voßkuhle, Der Staat 40 (2001), 495, 503. Umfassende Nachweise bei Rupp, in: Isensee/ Kirchhof, HStR, Bd. II, § 31 Rn. 1 ff., Rn. 25 f. m. w. N.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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B. Das Individuum in der Informationstechnologiegesellschaft In der Informationstechnologiegesellschaft steigt nicht nur die Verfügbarkeit von Daten, Informationen und Wissen für jedermann. Auch verändert sich durch das Internet das Denken und Handeln des Einzelnen.730 An Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung als Grundfunktionalitäten des Internet kann dies festgemacht werden. Sie stehen dem bisherigen Erfahrungshorizont des Individuums teils diametral entgegen. I. Entgrenzung und Folgen für das Individuum 1. Facetten der Entgrenzung a) Auflösung räumlich-zeitlicher Grenzen Technisch betrachtet ist das Internet grenzenlos und zeitlos. Es findet global und gleichzeitig statt. Das Internet kann von jedermann zu jeder Zeit an jedem Ort genutzt werden. Selbst für gemeinsames Handeln ist es nicht notwendig, zur gleichen Zeit real am gleichen Ort zu sein. Das Internet ermöglicht dem Einzelnen faktische Kopräsenz ohne gleichzeitige physische Kopräsenz.731 Zwar erfordert die Nutzung des Internet Zugang zu dessen physikalischer Infrastruktur,732 was eine gewisse räumliche Bindung nach sich zieht. Die Möglichkeit des Internetzugangs über mobile Endgeräte, die den Netzzugang allgegenwärtig werden lässt, löst die räumliche Gebundenheit an eine physikalische Infrastruktur jedoch auf. Auch die Zeit als Koordinations- und Synchronisationsmittel der Gesellschaft verliert an Bedeutung. Dies erleichtert es dem Einzelnen, nach spezifischen Eigenzeiten733 zu leben und so die soziale Interaktion auszudifferenzieren.734 Die Entgrenzung der Raum-Zeit-Struktur wird vom Individuum in wachsendem Ausmaß als absolut erlebt.

730

Holtwisch, Die Verwaltung 43 (2010), 567, 588 f. m. w. N.; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 100. 731 Zur Bedeutung der Kopräsenz bei der Herausbildung sozialer Beziehungen Giddens, The consequences of modernity. 732 Castells, BJS 2001, 423, 430. Holtwisch, Die Verwaltung 43 (2010), 567, 576 bezeichnet dies als Verwobenheit von technischer Entwicklung und sozialen Auswirkungen. 733 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 452. 734 Umfassend Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 449 ff. Ebd., S. 452, auch zu der neurophysiologischen Erkenntnis, dass die Zeit dasjenige Ordnungsmittel ist, das dem menschlichen Gehirn und seiner Funktionsweise entspricht.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

b) Auflösung sozialer Grenzen Aber auch soziale Grenzen verlieren ihre Bedeutung.735 Der Einzelne kann durch die räumlich-zeitliche Entgrenzung Anschluss an soziale Gruppierungen finden, zu denen er in der realen Welt keinen Kontakt knüpfen würde, sei es aufgrund der räumlichen Distanz oder des zeitlichen Rahmens, sei es aufgrund sozialer Hemmschwellen. So ermöglicht es das Internet, Kommunikations- und Interaktionsräume mit andersartiger sozialer Schichtung zu betreten, ohne dass der Einzelne fürchten muss, von seinem eigenen sozialen Umfeld ausgegrenzt oder von der neuen Umgebung nicht aufgenommen zu werden. Das Internet ermöglicht dem Einzelnen, sich in verschiedenen Kontexten zu bewegen. Verstärkt wird die soziale Entgrenzung durch die Möglichkeit des anonymen Handelns. Selbst wenn eine De-Anonymisierung technisch möglich ist, ist die Erwartungshaltung der Internetnutzer meist auf Anonymität gerichtet.736 Agiert der Einzelne (scheinbar) anonym, wirken die gesellschaftlichen Verhaltenseinschränkungen weniger stark. Der Einzelne kann, muss sich aber nicht gemäß den Erwartungen seines jeweiligen realen sozialen Umfelds verhalten. Die Sozial­ psychologie, namentlich die Theorie der Deindividuation in der Tradition des USamerikanischen Psychologie-Professors Philip Zimbardo sieht Anonymität, gerade in größeren Gruppen, als mitursächlich für den Entschluss an, sich in Widerspruch zu den geltenden Normen zu setzen.737 Denn die externe Verhaltenskontrolle findet bestenfalls eingeschränkt statt, die Angst vor einer Bewertung durch Dritte sinkt.738 Der Entschluss, sich in Widerspruch zu Rechtsnormen oder zu sozialen Verhaltensnormen zu setzen, wird erleichtert. c) Grenze: Rückbindung an das Materielle Die soziale Entgrenzung ist jedoch keine absolute, die Erschließung neuer Räume und Systeme nicht unbegrenzt möglich. Trotz sinkender Hemmschwelle sind individuelle, meist intellektuelle Voraussetzungen erforderlich, um sich in einem fremden sozialen Kontext zu bewegen, etwa die Kenntnis der Sprache, der

735

Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 112. Heckmann, NJW 2012, 2631, 2632; Heckmann, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 131, 136; Heckmann, DuD 2009, 656, 660. Zur De-Anonymisierung bereits oben, 2. Teil, 3. Kap. A. I. 4. 737 Im Kontext von Rechtsverletzungen, konkret der Alltagskriminalität spricht Heckmann, NJW 2012, 2631, 2632 von der Förderung des Tatentschlusses. 738 Auch wenn die neuere Sozialpsychologie, namentlich das SIDE-Modell (= social identity model of deindividuation effects) der klassischen Deindividuationstheorie in der Erklärung von Gruppenprozessen widerspricht, steht sie der Annahme der Absenkung von Hemmschwellen durch Anonymität nicht entgegen. 736

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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jeweiligen Umgangsformen sowie internetspezifisch die Kenntnis der Funktionsweise der jeweiligen Anwendung.739 Ein Zweites relativiert faktisch die soziale, aber auch die räumlich-zeitliche Entgrenzung: Der Nutzen vieler Dienste und Anwendungen liegt in ihrer Kopplung an die Realität und deren soziale Strukturen. So werden Informationen über Behörden und deren Tätigkeit lebenslagenspezifisch eingeholt. Man kommuniziert mit Bekannten oder interagiert mit realen Kollegen.740 Die Nutzung des Internet ist in weiten Teilen auf die bekannten und vertrauten sozialen Strukturen außerhalb des Internet bezogen. Das Internet nivelliert die sozialen Grenzen nicht umfassend. Aber es ist Mittel, Information, Partizipation und Kollaboration jenseits von räumlichen und zeitlichen Grenzen, jenseits von Hierarchien und sozialen Anbindungen zu ermöglichen.741 2. Ausblick: Themenspezifische Teilöffentlichkeiten a) Themenspezifische Teilöffentlichkeiten Die technische Entgrenzung ist für das Individuum nicht grenzenlos. Aber es kann das Internet als Instrument nutzen, um die Grenzen des aus der analogen Realität vertrauten Systems zu überschreiten und zu erweitern. Mithilfe des Internet können neue Räume betreten werden. Dem Einzelnen werden neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet.742 Voraussetzung ist zweierlei: Die Grenzen müssen bewusst überschritten werden. Und das andere System muss sich öffnen. Dies gilt auch für das Verhältnis des Einzelnen zum Staat. Das Internet ermöglicht die Teilnahme am Staatshandeln. Partizipative und kollaborative Mechanismen gewinnen an Bedeutung. Einfluss erlangen sie jedoch nur, wenn der Staat ihnen responsiv gegenübersteht. Die Räume des Internet stellen sich meist als themenspezifische Einheiten dar.743 Inhalte werden verstärkt zum strukturierenden Merkmal. Raum, Zeit und soziale 739 Mit weiteren Nachweisen Stegbauer, APuZ 39/2008, 3, 7 f. Zur Ablehnung einer Weltöffentlichkeit Hepp, APuZ 39/2008, 9, 12. 740 Mit weiteren Nachweisen Stegbauer, APuZ 39/2008, 3, 6 f. Computervermittelte Kommunikation erfolgt meist mit Menschen aus dem alltäglichen Umfeld, so Meckel, APuZ 39/2008, 17, 44 ff. Originäre Online-Kontakte werden umgekehrt oftmals offline weitergeführt. 741 Ob das Potenzial zur sozialen Transformation ausgeschöpft wird, lässt sich theoretisch strukturanalog zur Frage der Demokratisierungswirkung des Internet beantworten: Die einen gehen von der Mobilisierung und damit von positiven Auswirkungen auf die Demokratie aus. Die anderen nehmen an, dass sich die in der realen Welt gelebten Verhaltensweisen und Strukturen in der virtuellen Welt verfestigen, Meckel, APuZ 39/2008, 17, 19.  Kritisch zur trans­ formativen Kraft des Internet Richter, in: Mehde/Ramsauer/Seckelmann, Staat, Verwaltung, Information, S. 1041, 1051. 742 Allgemein bereits Heckmann, in: Taeger/Wiebe, Mobilität, Telematik, Recht, S. 111, 125. 743 Hepp, APuZ 39/2008, 9, 10. Ebd., S. 11, auch zu nicht-territorialen Aspekten wie Thema, Politik oder Religion, die Vergemeinschaftung bewirken.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Zugehörigkeit verlieren demgegenüber an Bedeutung. Ein personales Näheverhältnis ist nicht mehr konstituierende Voraussetzung der Öffentlichkeit.744 Inwieweit diese themenspezifischen Teilöffentlichkeiten dauerhaft als Integrationspunkt dienen oder gar als demokratisch relevante Öffentlichkeit angesehen werden können, ist angesichts der thematischen Ausdifferenzierung, der Gefahr der Desintegration und der Möglichkeit zum anonymen, scheinbar unverbindlichen Handeln umstritten.745 Auch insofern gilt, dass die Informations- und Kommunikationstechnologie den Wandel nicht einseitig determiniert. b) Digital divide Auch wenn soziale Grenzen an Bedeutung verlieren, bedingt die Informationsund Kommunikationstechnologie eine neue Grenzziehung innerhalb der Gesellschaft: die Spaltung zwischen Online- und Offline-Welt, d. h. zwischen dem Teil der Gesellschaft, der über die Infrastruktur und Kompetenz zur Nutzung des Internet verfügt, und dem Teil, der dazu nicht in der Lage ist. Diese soziale Trennung firmiert unter dem Schlagwort digital divide.746 II. Vernetzung und Folgen für das Individuum 1. Facetten der Vernetzung a) Von der Individualisierung zur Integration Auch die Vernetzung ist keine rein technische, sondern wirkt auf die Stellung des Individuums zurück. So ist der Einzelne dank der Reziprozität des Netzes nicht auf den passiven Konsum von Inhalten beschränkt.747 Er kann die Inhalte, etwa in Form von Kommentaren, mitgestalten oder gänzlich selbst gestalten. Der Einzelne ist wirtschaftlich gesprochen nicht mehr auf seine Nutzerrolle beschränkt, sondern kann zum Anbieter werden. Kommunikationswissenschaftlich gewendet ist der

744

Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 231, 232. Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 231, 231, 244 ff. zur Verwaltungsöffentlichkeit. 746 Roleff, APuZ 7/2012, 14, 15 f.; Holtwisch, Die Verwaltung 43 (2010), 567, 576; BoehmeNeßler, Unscharfes Recht, S. 55, 118; Döring, APuZ 39/2008, 41, 41; Brönneke, in: Klumpp/ Kubicek/Roßnagel/Schulz, Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft, S. 301, 302 („2/3-Informationsgesellschaft“); Stichwort: Internet, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Zu den doppelten Ursachen – „Bildungs- und Infrastrukturdefizite“ – Heckmann, in: Heinrich, Festschrift für Hans-Joachim Musielak zum 70. Geburtstag, S. 207, 228. 747 Meckel, APuZ 39/2008, 17, 18 f. mit Verweis auf Weinberger, Small Pieces Loosely Joined, 2002 (vgl. auch smallpieces.com, Stand: 1.8.2013). 745

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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Einzelne angesichts der Reziprozität des Internet nicht nur Empfänger, sondern zugleich Sender.748 Dies stärkt die Stellung des Einzelnen. Er hat neue Handlungsund Einflussmöglichkeiten.749 Diese haben aufgrund der Entgrenzung und Vernetzung im Internet hohe Breitenwirkung.750 Netzwerke als soziale Organisationsform, wie sie bereits Castells seiner Theorie der Netzwerkgesellschaft zugrunde legte, stärken die Stellung des Einzelnen weiter. Soziale Selbstorganisation wird ermöglicht,751 der Einfluss und Handlungsspielraum des Einzelnen ausgeweitet. Soziale Selbstorganisation ist von Gleichrangigkeit geprägt. Hierarchische Strukturen lösen sich auf. b) Grenze: Rückbindung von Netzwerken an Hierarchien Mit der Stärkung des Einzelnen geht ein Bedeutungsverlust der bisherigen Macht- und Einflussfaktoren sowie der Hierarchie als Organisationsprinzip einher.752 Ihre Bedeutung wird jedoch lediglich relativiert. Sofern sich Monopole bilden, können Netzwerke entgegen der eigentlichen Netzwerklogik von Einzelnen gesteuert werden. Im Kontext des Internet beeinflussen etwa diejenigen das Internet und seine Funktionsweise, die über den Netzzugang oder die Auswahl der Inhalte verfügen. Das Fortbestehen von Hierarchien steht sozialer Selbstorganisation unmittelbar aber nur entgegen, wenn die Einflussnahme auf oder die Interaktion mit den fortbestehenden Hierarchien erforderlich ist. In diesem Fall hängt die Wirksamkeit sozialer Selbstorganisation von der Offenheit und Aufnahmebereitschaft des Gegenübers ab. Bestes Beispiel neben den genannten Größen aus Gesellschaft und Wirtschaft, die Einfluss auf Ob und Wie der Internetnutzung nehmen, ist die Reichweite sozialer Selbstorganisation gegenüber dem Staat. Wirksame Partizipation und Kollaboration setzen die Offenheit des Staats hierfür voraus.

748

Zu Anbieter und Nutzer Trute, in: VVDStRL, Bd.  57 (1998), S.  216, 245; zu Sender und Empfänger Reichstein/Michelis, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 193. Zum Begriff „Prosumer“, dem Produzenten und Konsumenten instruktiv Unterberg, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 134, 137 ff. sowie allgemein oben, 2. Teil, 3. Kap. A. I. 3. 749 Allgemein Heckmann, in: Taeger/Wiebe, Mobilität, Telematik, Recht, S.  111, 125. Im datenschutzrechtlichen Kontext Giesen, RDV 2010, 266, 6. Zur Möglichkeit der sozialen Produktion Schmaltz, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 174, 176 f. 750 Allgemein zur Breitenwirkung Heckmann, K&R 2010, 770, 773. 751 Michelis, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 118, 119; Meckel, APuZ 39/2008, 17, 18. 752 So auch die Grundannahme in Li, Open leadership, vgl. hierzu Reichstein/Michelis, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 193: Traditionelle Mechanismen der Kontrolle funktionieren nicht mehr. Dies gilt auch für die Kontrolle von Informationsflüssen.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

2. Ausblick: Kollektive Intelligenz Durch Gleichrangigkeit geprägte soziale Selbstorganisation ist Voraussetzung eines „neuen“ Prinzips der Wissensgenerierung. Von der „Weisheit der Vielen“, geprägt vom US-amerikanischen Journalisten James Surowiecki, und der „Kraft des kollektiven Wir“ ist die Rede, um die wachsende Bedeutung der kollektiven Intelligenz zu adressieren. Kollektive Intelligenz wird demnach als das positiv besetzte Gegenstück zum teils trügerischen Individualurteil angesehen.753 Unter der Voraussetzung von Meinungsvielfalt, Unabhängigkeit und Dezentralität sollen Gruppen eine höhere Problemlösungskompetenz als Individuen besitzen. Ob eine Verbesserung der Entscheidungsqualität darüber hinaus von weiteren Voraussetzungen abhängt, etwa von sicherer Kenntnis der der Entscheidung zugrunde liegenden Einflussgrößen oder von der Bestimmbarkeit des richtigen Ergebnisses, ist nicht abschließend geklärt.754 Doch jedenfalls entspricht die Idee der Einbindung des Einzelnen in ein zur Entscheidungsfindung berufenes Kollektiv der demokra­ tischen Grundidee, der zufolge die individuelle Selbstbestimmung durch demokratische Mitwirkungsrechte gesichert werden soll.755 III. Immaterialisierung und Folgen für das Individuum 1. Facetten der Immaterialisierung a) Das Immaterielle als neues Handlungsfeld Im Internet sind die Übergänge zwischen real und irreal, zwischen Fiktion und Virtualität fließend. Die Möglichkeit, sich von der Realität zu lösen, ermöglicht dem Einzelnen, neue Handlungs- und Aktionsräume zu betreten. Die Immaterialisierung eröffnet neue Entscheidungsmöglichkeiten und erweitert damit die Freiheit des Einzelnen.756 Dies gilt umso mehr, als anonymes Handeln ermöglicht wird bzw. als die Nutzer von der Anonymität des Handelns ausgehen. Anonymität ist nicht nur faktisch in der Lage, zur Überwindung sozialer und rechtlicher Grenzen beizutragen. Sie ist auch als rechtliches Schutzgut anerkannt.757 Im Spannungsfeld zwischen Freiheit 753

Surowiecki, Die Weisheit der Vielen; hierzu Send, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 104. 754 Send, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 104, 109 ff. 755 Statt aller Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 335. 756 Heckmann, in: Taeger/Wiebe, Mobilität, Telematik, Recht, S. 111, 125. 757 Heckmann, NJW 2012, 2631, 2632; Hoeren, ZRP 2010, 251, 251; mit umfassender Herleitung Brunst, Anonymität im Internet  – rechtliche und tatsächliche Rahmenbedingungen, S. 195 ff. Aus der Rechtsprechung BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08 – BGHZ 181, 328. Gestützt wird das Recht auf Anonymität auf eine Gesamtschau der Grundrechte, allen voran

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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und Sicherheit gewährleistet der verfassungsgebende Gesetzgeber Anonymität, wenn auch nicht ausdrücklich.758 Die Erschließung des Immateriellen als Konglomerat von Fiktion und Virtualität ermöglicht es dem Einzelnen zudem, sich selbst in ein positives Licht zu rücken. Die Sozialpsychologie misst dem einen positiven Effekt bei. Positive Identitätsdarstellung soll das Selbstbild und das Selbstbewusstsein des Einzelnen stärken.759 Insgesamt lässt sich eine Individualisierung dergestalt feststellen, dass der Einzelne an individuellen Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten gewinnt.760 b) Grenze: Individualisierung und Unsicherheit Der Begriff der Individualisierung761 ist als Beschreibung des Prozesses der Einstellungsveränderung eines Individuums in Bezug auf seine Stellung und Position in der Gesellschaft grundsätzlich neutral. Doch besteht trotz der individuellen Vernetzungsmöglichkeiten und der Herausbildung von Teilöffentlichkeiten angesichts der Funktionslogiken des Internet die Gefahr der Desintegration und Vereinsamung.762 Schließlich zersplittert die Öffentlichkeit, die im Ideal der bürgerlichen Öffentlichkeit des 18. und 19. Jahrhunderts allumfassend gedacht wurde, in Teilöffentlichkeiten. Der persönliche Kontakt geht verloren. Die Möglichkeit zu (scheinbar) anonymen Handeln verstärkt dies. Interessen werden angesichts der wachsenden Einflussnahmemöglichkeit des Einzelnen zunehmend ökonomisiert.763 Demokratietheoretisch gewendet: Der Einzelne agiert in der Informationstechnologiegesellschaft weniger als citoyen denn als bourgeois.764

auf die Wertungen der informationellen Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, und das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG, vgl. überzeugend Brunst, Anonymität im Internet – rechtliche und tatsächliche Rahmenbedingungen, S. 280 f. 758 Zur Anonymität als Grundeinstellung sowie den Möglichkeiten des demokratischen Rechtsstaats, mit den Folgen von Anonymität umzugehen Heckmann, NJW 2012, 2631, 2632 f. (insb. S. 2633 zum Anonymitätsfolgenausgleich). 759 Döring, APuZ 39/2008, 41, 43. 760 Allgemein stellt dies Benz, Kooperative Verwaltung, S. 43 f. für die moderne Gesellschaft fest. 761 Zum Begriff der Individualisierung Beck, Soziale Welt 59 (2008), 301, 302 f. In der Soziologie wird der Terminus der Individualisierung vom Individualismus abgegrenzt. Während Individualismus allein persönliche Attitüde ist, wird die Individualisierung dem Einzelnen geradezu auferlegt. Wie das Individuum damit umgeht, ist offen. Hierzu umfassend ebd., S. 303, m. w. N. Allgemein Stichwort: Individualisierung, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 762 Stichwort: Individualisierung, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 763 Ritzi/Schaal, APuZ 2–3/2010, 9; Stegbauer, APuZ 39/2008, 3, 9; Rezeption im juristischen Kontext bei Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 169 ff., 214. Allgemein zur Individualisierung und Partikularisierung Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 231, 245 ff.; Boehme-Neßler, NVwZ 2007, 650, 653. 764 Ritzi/Schaal, APuZ 2–3/2010, 9.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Unabhängig von der Gefahr der Desintegration und Vereinsamung führt die Immaterialisierung zu Unsicherheit. Die Immaterialisierung verstärkt die Komplexität des Alltags.765 Technische Prozesse unterlegen alltägliche Handlungen, im Smart Life sogar sämtliche Handlungen,766 angefangen bei der morgendlichen Digital-Lektüre über Online-Shopping bis hin zum virtuellen Behördengang, um nur einige Beispiele herauszugreifen. Mobile Internetnutzung und smarte Anwendungen wie intelligente Stromzähler (Smart Meter) und intelligente Netze (Smart Grid) sind ebenfalls Gegenwart, nicht Zukunft. Der Nutzer hinterfragt die technischen Prozesse nicht. Grund ist einerseits die Komplexität der Systeme, andererseits ihre Nutzbarkeit auch ohne technisches Verständnis. Heckmann fasst diesen Gedanken in das Bild der „Plug and Play-Falle“, in der die Informationsgesellschaft steckt.767 Neben der technischen Unsicherheit führt die Anonymität des Netzes zusammen mit dessen Komplexität zu subjektiv erlebter Verunsicherung. Anonymität und Komplexität erschweren die Bildung von Vertrauen, oder, in den Worten Luhmanns, der „Erwartung einer künftigen Befriedigung, die zum Motiv für eigenes, sich festlegendes Verhalten wird“768. Während die Komplexität des Internet die Bildung von Vertrauen in Technik und Infrastruktur, also die Bildung von Systemvertrauen769 erschwert, steht Anonymität der Ausformung personalen Vertrauens entgegen.770 Dies gilt angesichts technischer Unwägbarkeiten und Manipulationsmöglichkeiten selbst dann, wenn Beziehungen auch im materiellen Raum existieren. Anonymität und Komplexität sind Unsicherheitsfaktoren.

765

Zur Komplexität der IT auch Heckmann, K&R 2010, 1, 5 f. Grundlegend zum Smart Life Heckmann, K&R 2011, 1. 767 Heckmann, NJW 2012, 2631, 2633. Für die Entstehung von Plug and Play-Fallen sieht Heckmann folgende fünf Faktoren als ursächlich an: 1) Verbreitung internetfähiger Endgeräte, 2) hoher (Alltags-)Nutzen, 3) Preis, 4) spielerische Bedienbarkeit, 5) Kultfaktor. Die Ursprünge der Idee der Plug and Play-Falle finden sich bereits 2009 (Heckmann, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 131, 140 f.) sowie konkret zum Nutzer als Schwachstelle Heckmann, K&R 2010, 1, 7; Heckmann, K&R 2010, 770, 771. 768 Jehle, Vertrauen und Recht im Internet, S. 15 mit Verweis auf Luhmann sowie zu anderen Definitionen des Vertrauens. 769 Zur Definition des Systemvertrauens als Vertrauen in die Fähigkeit von Systemen, bestimmte Ergebnisse und Leistungen zu erbringen, Jehle, Vertrauen und Recht im Internet, S.  21 m. w. N. In Bezug auf die Informationsgesellschaft fordern Klumpp/Kubicek u. a., in: Klumpp/Kubicek/Roßnagel/Schulz, Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft, S. 1, 3 „funktionales Vertrauen“. 770 Allgemein zur Vertrauensbildung Stegbauer, APuZ 39/2008, 3, 9. Zur Notwendigkeit vertrauensbildender Maßnahmen angesichts der Herausforderungen des Smart Life Heckmann, K&R 2011, 1, 5. Vertrauen kann dabei weder durch Recht noch durch Technik allein gebildet werden, so grundlegend Heckmann, K&R 2010, 1, 5 f. 766

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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2. Ausblick: Vertrauen und Sicherheit Subjektive Verunsicherung und technische Unsicherheit stehen der Handlungsfähigkeit des Individuums wie der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft diametral entgegen. Sicherheit und Vertrauen sind Handlungs- und Funktionsvoraussetzung in der Informationstechnologiegesellschaft.771 Dem Verlust von Sicherheit und Vertrauen kann und muss daher entgegengewirkt werden. Ansatzpunkt ist die Technik, denn: „The answer to the machine is in the machine.“772 Nicht nur IT-Sicherheit,773 verstanden als Verfügbarkeit, Integrität und Authentizität von Informationen, kann durch Technikeinsatz gewährleistet werden. Auch Vertrauensbildung durch Technik ist möglich.774 So können Maßnahmen wie eID oder Post Ident-Verfahren zur Bildung personalen Vertrauens beitragen. Offenheit und Transparenz sind weitere Instrumente zur Stiftung von Vertrauen. Die Schaffung von Vertrauen ist dementsprechend auch im Immateriellen möglich, wenn auch nur bei Zusammenwirken aller Akteure.775 IV. Zusammenfassung und Schlussfolgerung Das Internet als entgrenztes, vernetztes und immaterielles Medium trägt dazu bei, dass das Individuum als Akteur gestärkt wird. Der Einzelne kann neue Informations-, Kommunikations- und Interaktionsräume betreten, die ihm ohne die technischen Möglichkeiten des Internet aus räumlichen oder zeitlichen Gründen oder aufgrund mangelnder sozialer und systemischer Voraussetzungen verschlossen blieben. Dies gilt sowohl für die Erschließung des Materiellen als auch des Raums des Immateriellen. Die technische Vernetzung ermöglicht dem Einzelnen, sich zu wirkmächtigen sozialen Einheiten zusammenzuschließen, ohne übergeordnete hierarchische Strukturen zu benötigen. Nicht zuletzt die zunehmende Individualisierung legt den Fokus auf die singuläre Identität des Individuums. 771

Stichwort: Vertrauen, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 430. 772 So der britische Medienexperte Charles Clark, zitiert nach Hoeren, ZRP 2010, 251, 253. 773 Ein umfassendes Verständnis von IT-Sicherheit entfaltet Heckmann, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 131, 133 f.: „Danach ist IT-Sicherheit gewährleistet, wenn die in einem informationstechnischen System hinterlegten Informationen verfügbar sind, und zwar einschränkend immer dann, wenn dies erforderlich (und vereinbart) ist [Zugänglichkeit] für jeden Nutzer, der hierzu berechtigt ist und dies ggf. nachweist [Vertraulichkeit] mit genau dem Inhalt, den ihr Urheber geschaffen hat [Integrität], wobei die Informationen jedem Ur­ heber in dem Maße zurechenbar sein müssen, in dem der Zweck der Informationsverarbeitung diese Zurechnung fordert [Verbindlichkeit].“ 774 Zum Konnex zwischen Sicherheit und Technik bereits Heckmann, in: Taeger/Wiebe, Mobilität, Telematik, Recht, S. 111, 125. 775 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 444 zum Zusammenwirken von Staat, Recht, Technik und Individuum. Heckmann, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 131, 141 spricht vom „kooperative[n] IT-Staat“.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Die Stärkung des Individuums in der Gesellschaft ist jedoch selbst in der Informationstechnologiegesellschaft nicht grenzenlos. Eine Rückkopplung an Raum und Zeit besteht ebenso fort wie an den im Materiellen gelebten sozialen Kontext. Der Einfluss sozialer Zusammenschlüsse endet zudem, sobald Hierarchien Macht ausüben. Überhaupt bedarf es des Anschlusses der neuen Organisationseinheiten an die überkommenen Machtstrukturen, auch im Kontext des Rechts. Die gewachsenen Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten des Einzelnen können zudem keine Breitenwirkung entfalten, wenn Individualisierung in Desintegration umschlägt. Als größte Herausforderung in der Informationstechnologiegesellschaft kann die Gewährleistung von technischer Sicherheit und Vertrauen in sie gelten. Mithilfe technischer Maßnahmen ist sowohl die Sicherheit der informationstechnischen Systeme sicherzustellen als auch die Grundlage von Vertrauen zu schaffen. Vertrauen wird zur zentralen Entscheidungs- und Handlungsvoraussetzung des Einzelnen. Offenheit und Transparenz können insofern vertrauensstiftend wirken. Die Informations- und Kommunikationstechnologie, vor allem das Internet, ist Rückgrat der Informationstechnologiegesellschaft. Doch es determiniert den Wandel für das Individuum nicht. Es müssen weitere intellektuelle, soziokulturelle und technische Umstände hinzutreten, etwa das Erlernen spezifischer IT-Kompetenz oder die Integration in Teilöffentlichkeiten auf Seiten des Individuums, die Sicherstellung der Anschlussfähigkeiten vernetzter Einheiten an die etablierten steuernden Stellen oder die Auflösung von Monopolen. Trotz der Grenzen, die dem individualbezogenen Wandel gezogen sind, lässt sich eine Stärkung der Stellung des Einzelnen ausmachen. Damit einher geht eine wachsende Erwartungshaltung gegenüber den etablierten Macht- und Einflussgrößen.776 Von dieser gesteigerten Erwartungshaltung erfasst ist auch die Forderung nach Offenheit und Transparenz, die sowohl in Hinblick auf die Integration in neue Teilöffentlichkeiten und -systeme als auch auf die Vertrauensbildung existenziell ist.

C. Der Staat in der Informationstechnologiegesellschaft Die Stärkung des Einzelnen wirkt auf den Staat zurück. Schließlich beruht der Staat in rechtsstaatlichen Demokratien auf der Gesellschaft. Daneben wirkt die Informationstechnologiegesellschaft selbstständig auf die Rolle des Staats zurück. Die Grundfunktionalitäten des Internet und die wachsende Bedeutung von Daten, Informationen und Wissen prägen auch den Staat. 776 Aus rechtswissenschaftlicher Perspektive Kugelmann, DÖV 2005, 851, 852. Zur Verstärkung der veränderten Erwartungshaltung des Bürgers gegenüber dem Staat durch Schaffung von Informationszugangsrechten und Etablierung des E-Government Schliesky/Schulz u. a., „Arbeitsteilung 2.0“, S. 10; Kröger, in: Kröger/Hoffmann, Rechts-Handbuch zum E-Government, S. 1, 2; Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 435; Roßnagel, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 257, 330.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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I. Entgrenzung und Folgen für den Staat Die Ausübung der Staatsgewalt durch den Staat ist in Tradition der Drei-Elemente-Lehre Georg Jellineks auf ein Staatsvolk und ein Staatsgebiet bezogen.777 Die Ausübung der Staatsgewalt und mit ihr der Staat sind auf Raum und Zeit als Strukturmerkmal angewiesen. Staatsgewalt und Staat existieren nur in Bezug auf einen bestimmten Raum und eine bestimmte Zeit. Überkommenes Grundmuster in räumlicher Hinsicht ist der Nationalstaat. In zeitlicher Hinsicht existieren Staaten nicht nur in der Zeit. Sie sind Inbegriff von Kontinuität. 1. Facetten der Entgrenzung a) Relativierung des Raums als Strukturmerkmal Die klare räumliche Strukturierung entlang der Grenzen der Nationalstaaten wird durch die internetvermittelte Entgrenzung herausgefordert. Globale Herausforderungen stellen schon bislang die nationalstaatliche Konzeption vor Probleme, beispielsweise Naturkatastrophen, Klimawandel oder Krieg.778 Sie sind durch einzelne Nationalstaaten nicht mehr zu lösen. Durch das Internet erreicht die Entgrenzung eine neue Dimension. Das Internet bringt Aufgaben und Probleme mit sich, die sich nicht auf einzelne Hoheitsgebiete beschränken lassen. Sie sind auf gegenständlicher, logischer und in Teilen auf inhaltlicher Ebene räumlich entgrenzt. Zur Aufgabenbewältigung und Problem­lösung bedarf es der Aktion auf Ebene der Staatengemeinschaft, nicht nur des Nationalstaats. Beispielhaft zu nennen ist der Kampf gegen Internetkriminalität, die Verwirklichung von Sicherheit im Kontext des Cloud Computing oder die effektive Gewährleistung von Rechtsdurchsetzung und -verfolgung. Erst recht lösen sich unterhalb der Ebene der Nationalstaaten räumliche Grenzen und mit ihnen die Bedeutung örtlicher Zuständigkeiten auf.779 b) Relativierung der Zeit als Strukturmerkmal Staat und Recht gewährleisten Kontinuität und bedürfen der Kontinuität. Zeit ist Macht- und Kontroll­instrument.780 Gleichzeitig dürfen Staat und Recht den Wandel des Realbereichs nicht unberücksichtigt lassen, wollen sie ihrer Aufgabe der 777

Statt aller zur Drei-Elemente-Lehre Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 9. Zu den Grenzen des Nationalstaatsprinzips bei der Lösung der Folgen des Klimawandels aus soziologischer Sicht Beck, Die Neuvermessung der Ungleichheit unter den Menschen, S. 25 ff. 779 Statt aller Schliesky/Schulz u. a., „Arbeitsteilung 2.0“, S. 11 ff., die den Bedeutungsverlust der räumlichen Nähe im Staat-Bürger-Verhältnis als „Enträumlichung“ bezeichnen. 780 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 452 f. 778

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Gewährleistung von Sicherheit und Freiheit auch in der Informationstechnologiegesellschaft gerecht werden. Das Recht bedarf der Rückbindung an den Realbereich und dessen Problemstellungen. Die zeitliche Entgrenzung, die sich in der Beschleunigung des Lebens und der zunehmenden Asynchronität zeitlicher Abläufe äußert, fordert daher auch den Staat und das Recht als zentrales Steuerungsmittel des Staats heraus.781 So bedarf das Recht zu seiner Funktionsfähigkeit der Kontinuität. Denn das Recht beruht auf der Anerkennung und der Akzeptanz seitens der Normunterworfenen. Zudem gewinnt der Faktor Vertrauen angesichts der wachsenden Komplexität der Lebenswirklichkeit als dritte Einflussgröße an Bedeutung.782 Vertrauen, verstanden als „Erwartung einer künftigen Befriedigung“783, ist nur teilweise angeboren. In weiten Teilen wird Vertrauen im Laufe der Sozialisation und damit im Laufe der Zeit erworben.784 Auch zur Stabilisierung der Erwartungen der Norm­ unterworfenen ist zeitliche Kontinuität zu fordern.785 Von der normativen Forderung nach Entschleunigung zu trennen ist die empirisch festzustellende Entschleunigung durch das Recht. Denn das Recht ist vielfach auf die Rolle des Reagierenden beschränkt. Und selbst die Reaktion ist eine zeitverzögerte, wie schon die Dauer eines Gesetzgebungsverfahrens zeigt. Zudem ist eine Regulierung meist erst dann möglich, wenn hinreichende Erfahrungen über das zu regelnde technische Phänomen, dessen Nah- und Fernwirkungen vorliegen.786 Plakativ gesprochen sieht sich das Recht einer „überholende[n] technische[n] Realität“787 ausgesetzt. Die Wirkweise des Rechts basiert auf zeitlichen Strukturen. Es unterscheidet zwischen Aktion und Reaktion, zwischen Tatbestand und Rechtsfolge, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, wie das rechtsstaatliche Rückwirkungsgebot exemplarisch zeigt.788 Durch das Internet verliert der Faktor Zeit seine syn 781

Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S.  475 f. Zur Notwendigkeit der Rückbindung des Rechts an andere Funktionssysteme der Gesellschaft (am Beispiel der Visualisierung) ebd., S. 368. Zur Beschleunigung Stein, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 197, 199. 782 Heckmann, K&R 2010, 1, 6. 783 s. o., 2. Teil, 3. Kap. B. III. 1. 784 Jehle, Vertrauen und Recht im Internet, S. 10; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 484 f. Der Gedanke der Dauerhaftigkeit findet sich auch im Gedanken des Amts, vgl. zu den Vorkehrungen der dauerhaften demokratisch legitimierten Bindung Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 362. Konkret anhand des Beispiels Vertrauen in Suchmaschinen Machill/Beiler, in: Klumpp/Kubicek/Roßnagel/Schulz, Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft, S. 159. 785 Niklas Luhmann, zitiert nach Heckmann, K&R 2010, 1, 5, beschreibt die Rolle des Rechts folgendermaßen: „Mit Hilfe des Rechts sollen Erwartungen auf Zeit festgeschrieben und […] enttäuschungsfest gemacht werden.“ 786 Heckmann, K&R 2010, 1, 5. 787 Stein, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 197, 199. 788 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 474.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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chronisierende, ordnende Wirkung.789 Das Internet kann jederzeit genutzt werden. Bisherige zeitliche Rhythmen und Zwänge werden abgeschwächt, etwa Öffnungszeiten von Betrieben und Behörden. An die Stelle der gewohnten Abfolge von Aktion und Reaktion tritt ein schwer bis nicht kontrollierbares Nebeneinander von Aktion und Reaktion. Bildlich spricht Volker Boehme-Neßler von der Ersetzung der Sequenz durch die Collage.790 Vielfach wird diese Entwicklung von einer Entformalisierung des Handelns begleitet.791 Verantwortlichkeiten werden schwächer. Kontrollverluste nehmen zu. Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Recht zu seiner Funktionsfähigkeit des Vertrauens, der Stabilität und der Kontinuität bedarf. Andererseits muss es den immer schnelleren Veränderungen des Realbereichs Rechnung tragen, um seine Funktionsfähigkeit nicht einzubüßen. Be- und Entschleunigung stehen sich in Gestalt des Rechts in der Informationstechnologiegesellschaft diametral gegenüber.792 2. Ausblick: Recht als anpassungsfähiges Herrschaftsinstrument Der Staat, vor allem das Recht als zentrales ordnungsstiftendes Instrument, bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen Be- und Entschleunigung, zwischen räumlicher Begrenzung und räumlicher Entgrenzung. Doch können Staat und Recht ihre Rolle in diesem doppelten Spannungsfeld aktiv gestalten. So treten zunehmend größere, da grenzenlosere Einheiten und Verbünde neben den Nationalstaat als herrschaftsausübende Einheit. Die Globalisierung von Problemen befördert die Bedeutung der Integration von Nationalstaaten in supra- und internationale Organisationen.793 Die Übertragung von Hoheitsrechten auf supranationale Organisationen wie die Europäische Union verringert dabei tatsächlich die Regelung- und Handlungsmöglichkeiten des Nationalstaats.794 Kritiker beschreiben die Europäische Union sogar als „Superstaat durch die Hintertür“795, 789

Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 471 ff. Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 475. 791 Stein, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 197, 197. 792 Zum Bedürfnis der Entschleunigung des Rechts Heckmann, K&R 2010, 1, 7.  Zur Entschleunigung durch das Recht Stelkens, in: Wirtz, E-Government, S. 51, 53 ff. 793 Schuppert, in: Appel/Hermes/Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S. 185, 194 f.; Schmidt, Demokratietheorien, S. 279; Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 466 ff. Zur internationalen Dimension informationstechnischer Systeme Hoffmann-Riem, in: Eifert/Hoffmann-Riem, Innovation, Recht und öffentliche Kommunikation, S.  9, 21.  Zur Rückwirkung der „‚Entgrenzung‘ von Problemlagen“ auf die „‚Entgrenzung‘ der Regeln zu deren Lösung“ Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 38. 794 Schmidt, Demokratietheorien, S. 279; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 145 f.; Rieß, in: Bizer/Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S. 253, 253 f.; Trute, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 216, 271. Dies zugrunde legend Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 17 ff. 795 Rupp, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 31 Rn. 2. 790

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

dessen Legitimationsniveau demokratischen Grundsätzen nicht entspricht, nicht zuletzt aufgrund des zunehmenden Einflusses der Europäischen Kommission als Exekutivorgan auf die Rechtssetzung.796 Angesichts der bewussten Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union und der Möglichkeit des Austritts aus der Union, Art. 50 Abs. 1 EUV, ist der Souveränitätsverlust rechtstheoretisch jedoch zu relativieren, wenn nicht gar zu verneinen. Die Integration in supra- und internationale Organisationen, unter Umständen in Kombination mit der Übertragung von Hoheitsrechten, ist für die Nationalstaaten eine Option, räumlich entgrenzten Problemen zu begegnen, ohne das Konzept des Nationalstaats grundsätzlich und allumfassend in Frage zu stellen. Auch dem zeitlichen Spannungsfeld zwischen Be- und Entschleunigung muss und kann begegnet werden.797 Das Recht bedarf einerseits der Kontinuität und Stabilität. Nur so kann es auf Grundlage des Vertrauens der Normunterworfenen seine Funktionsfähigkeit aufrechterhalten. Andererseits kann das Recht die Beschleunigung nicht ignorieren, da es die Anbindung an den Realbereich verlöre. Auf technisch bedingte Probleme und Gefahren könnte das Recht keine Antworten geben.798 Dem Recht sind Instrumente zur schnelleren Anpassung an den Wandel des Realbereichs sowie zur Gewährleistung von Vertrauen trotz der Entwicklungsgeschwindigkeit nicht fremd. So beschleunigt die exekutive Rechtssetzung, also die Rechtsverordnung im nationalen bzw. die delegierte Rechtssetzung im europäischen Rahmen die Rechtssetzung. Unbestimmte Rechtsbegriffe eröffnen dem Rechtsanwender Spielräume zur Berücksichtigung der Entwicklung. Von herausragender Bedeutung ist dabei die Bezugnahme auf den „Stand von Wissenschaft und Technik“.799 Auch kann die rechtliche Regulierung bereits an der Entwicklung neuer Technologien ansetzen,800 um unvorhersehbare Folge- und Fernwirkungen von Anfang an zu unterbinden. Gleichzeitig beruhen Anerkennung, Akzeptanz und Vertrauen in das Recht nicht allein auf dessen Stabilität. Die Transparenz staatlichen Handelns trägt ebenso zur Schaffung von Vertrauen in das Recht und dessen Funktionsfähigkeit bei. 796 Jüngstes Beispiel eines Versuchs, die Kompetenzen der Europäischen Kommission auszuweiten, ist die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO, KOM(2012) 11 endg.). Die Kommission erhält weitreichende Möglichkeiten, über sog. delegierte Rechtsakte Einfluss auf das materielle Recht zu nehmen. Hierzu nur Schneider/Härting, ZD 2012, 199, 202, die die Kommission als „demokratisch nur sehr mittelbar legitimierte Stelle“ erachten. Kritischer Hornung, ZD 2012, 99, 105, der delegierte Rechtsakte angesichts der Schnelle der technischen Entwicklung durchaus als sinnvolles Instrument erachtet. Insgesamt aber würde die Kommission „eine in ihrer Weite unangemessene, primärrechtlich problematische und im Verhältnis zu den Aufsichtsbehörden systemwidrige Befugnisfülle erhalten.“ In diese Richtung auch Wybitul/Rauer, ZD 2012, 160, 160, Fn. 11; Wybitul/Fladung, BB 2012, 509, 515; Härting, BB 2012, 459, 466. 797 Zur Notwendigkeit der Ausbalancierung von Be- und Entschleunigung Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 499, 646. 798 Zur Rückkopplung des Rechts an den Realbereich Heckmann, K&R 2010, 770, 775. Ebd., S. 777, auch zum Vertrauen als Währung. 799 Stein, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 197, 199 im Kontext eines „dynamischen Rechtsgüterschutzes“. 800 Heckmann, K&R 2010, 1, 5.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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II. Vernetzung und Folgen für den Staat Zwar sind weder die auszumachende technische Vernetzung noch Netzwerke als Ergebnis dieses Prozesses Rechtsbegriffe. Doch neben den sozialen Herausforderungen, die die Erlangung von „Netzwerkkompetenz“801 in der Praxis mit sich bringt, ist die Herausbildung neuer Organisationsmuster, die bislang eigenständige Einheiten miteinander verknüpfen, rechtlich relevant.802 Dezentralität und Reziprozität als Eigenschaften von Netzwerken fordern den Staat heraus, insbesondere seine im demokratischen Rechtsstaat verankerte klare Zuständigkeits- und Verantwortungsstruktur sowie das Organisationsprinzip der Hierarchie.803 1. Facetten der Vernetzung a) Dezentralität als Herausforderung Vernetzung bedingt Dezentralität. Dezentralität steht in Widerspruch zur klaren Zuweisung von Verantwortlichkeit und der Zuständigkeitsordnung. An die Stelle der eindeutigen Zuständigkeitszuweisung und der grundsätzlich korrespondierenden demokratischen Verantwortlichkeit tritt eine Vielzahl dezentral agierender Akteure. Dies steht nicht in unmittelbarem Widerspruch zur Zuständigkeitsund Verantwortungsklarheit. Doch verliert mit der Ausdifferenzierung der Akteure der Staat als herrschaftsausübende Instanz insofern an Macht, als die einzelnen Akteure an Einfluss gewinnen.804 In dem Maße, in dem dezentrale Einheiten an Macht und Einfluss gewinnen, verlieren zentrale, hierarchische Einheiten an Macht und Einfluss.805 Netzwerke sind mit den herkömmlichen Mitteln der hierarchischen Machtausübung schwer bis nicht kontrollier- und regulierbar.806 Der Regelungsmechanismus Befehl und Zwang verliert an Bedeutung. 801

Hierzu Schliesky/Schulz u. a., „Arbeitsteilung 2.0“, S. 17. Zum Netzwerkbegriff siehe bereits oben, 2. Teil, 3. Kap. A. I. 3., sowie Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 501. Zur rechtlichen Relevanz Franzius, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 39, 40. 803 Eine vertiefte rechtliche Ausdifferenzierung der Grundprinzipien von Demokratie und Rechtsstaat  – Verantwortlichkeit, Kontrolle und Hierarchie als Komponenten der Demokratie sowie klare Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Trennung von Staat und Bürger als Ausfluss des Rechtsstaats – soll an dieser Stelle unterbleiben, um den Ausführungen im 4. Teil, nicht vorzugreifen. Hierzu in der gebotenen Kürze auch Ohler, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 53, 57 f.; Boehme-Neßler, NVwZ 2007, 650, 654 f. Zur „Ambivalenz“ von Kooperationen und Netzwerken in demokratischer und rechtsstaatlicher Hinsicht Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 478 f. Allgemein zur „Dispersion und Parzellierung von Kompetenzen und Ordnungsfunktionen“ Rupp, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 31 Rn. 55. 804 2. Teil, 3. Kap. B. II. 805 Franzius, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 39, 40. 806 Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S.  17 ff.; Reichstein/ Michelis, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S.  193, 193; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 534; Castells, BJS 2001, 423, 435. 802

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Zudem wirken Netzwerke integrierend.807 An die Stelle der Zuweisung von Aufgaben nach räumlichen oder, in der Diktion des Rechts, örtlichen Gesichtspunkten tritt die sachliche Aufgabenintegration. Das Denken in Kategorien der Verbands- und der örtlichen Zuständigkeit weicht der Idee der vernetzten Verantwortlichkeit, d. h. einer ebenen- und ortsübergreifenden, teilweise auch ressortübergreifenden Zuweisung von Aufgaben.808 Gerade letztere wirkt dabei nicht nur auf die Zuständigkeits- und Verantwortungsklarheit zurück. Ressortübergreifende Vernetzung kann zudem den rechtsstaatlichen Grundsatz der Gewaltenteilung herausfordern.809 b) Reziprozität als Herausforderung Reziprozität, verstanden als nach Inhalt und Umfang gleichwertige Gegenseitigkeitsbeziehungen, fordert das Verständnis des Staats als übergeordnete herrschaftsausübende Instanz weiter heraus.810 Dem Recht ist die Idee des Gegenseitigkeitsverhältnisses zwar nicht fremd.811 Gegenseitigkeit kann sogar als grundlegendes Ordnungsprinzip des Rechts bezeichnet werden.812 Doch bewirkt die technisch bedingte, verstärkte Reziprozität nicht nur insofern einen Wandel, als sie die Entwicklung in Richtung ebenenübergreifender Integration aufgrund der Grundannahme der Gleichrangigkeit weiter befördert. Vor allem ist die Idee der Gleichrangigkeit nicht auf staatliche Organisationseinheiten beschränkt, sondern wirkt

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Zur Integrationswirkung speziell von Portalen Boehme-Neßler, NVwZ 2007, 650, 651 f. Ziekow, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 69, 79, 86; Franzius, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 39, 39. 809 Zur funktionalen und organisatorischen Gewaltenteilung Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art.  20 Rn.  142 ff. Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen der Zuständigkeitsordnung Stelkens, in: Wirtz, E-Government, S. 51, 58 ff.; Mehde, in: Wirtz, E-Government, S. 133, 141 ff. Ebd., S.  142, zu dem Umstand, dass auf Prinzipienebene eine Rechtsverletzung selten festzustellen ist. 810 Zur Reziprozität 2. Teil, 3. Kap. A. I. 3.; Stichwort: Reziprozität, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 523. 811 Gegenseitigkeitsverhältnisse finden sich in allen Teilbereichen des Rechts. In rechtshistorischer Sicht ist auf die Idee des Staatsvertrags bei Thomas Hobbes hinzuweisen. Noch heute ist das Staat-Bürger-Verhältnis ein gegenseitiges, von Leistung und Gegenleistung geprägtes: Die Machtausübung des Staats, die Pflicht der Bürger zur Befolgung des Rechts und zur Zahlung von Steuern legitimiert sich durch die Leistungen, die der Staat zugunsten seiner Bürger erbringt, etwa die Gewährleistung von Sicherheit und Freiheit, von Leistungs- und Teilhaberechten. Hierzu Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S.  607 f. Im Zivilrecht findet sich das Gegenseitigkeitsprinzip in der synallagmatischen Ausgestaltung von Verträgen, §§ 320 ff. BGB, im Versicherungsrecht oder im Kontext des Rechtsgüterschutzes, etwa im Immaterial­ güterrecht, vgl. etwa § 127a UrhG. Das Strafrecht kennt den Gedanken der Reziprozität ebenfalls. § 46 StGB macht die Strafzumessung von der Schuld des Täters abhängig, vgl. BoehmeNeßler, Unscharfes Recht, S. 610 ff. § 257c StPO normiert den Deal. 812 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 602 m. w. N. 808

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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auch im Staat-Bürger-Verhältnis. Strenge Reziprozität im Staat-Bürger-Verhältnis bedingt kollaborative Mechanismen: Staat und Bürger bzw. Gesellschaft stünden sich gleichrangig gegenüber.813 Auch wenn Staat und Gesellschaft nicht als streng gegeneinander abzugrenzende Einheiten anzusehen sind,814 hebt das Internet das Verhältnis zwischen Staat und Bürger und deren Interaktion auf eine neue, höhere Stufe. Legitimationsprobleme können entstehen. Die Gleichrangigkeit und Interaktion von Staat und Bürger bzw. Gesellschaft stehen zumindest dann in Widerspruch zur demokratischen Legitimation, wenn sie entscheidungserheblich sind. Der hierarchische Aufbau des Staats und seiner Verwaltung würde in Frage gestellt, da Reziprozität auch im Inneren des Staats zu Gleichrangigkeit führt. Dies aber ist mit den bisherigen Mechanismen der demokratischen Legitimation nicht vereinbar. Sachlich-inhaltliche wie personell-organisatorische Legitimation beruhen maßgeblich auf Hierarchien. Weisungs- oder Aufsichtsrechte als Ausdruck der sachlich-inhaltlichen Legitimation sind mit reziproken Strukturen ebenso wenig vereinbar bzw. in Netzwerken nicht durchsetzbar wie die Ableitung personaler Legitimation aus Hierarchien. 2. Ausblick: Recht als anpassungsfähiges Herrschaftsinstrument Die Erosion der Zuständigkeits- und Verantwortungsklarheit, der potenzielle Widerspruch zur Gewaltenteilung sowie die Grenzen, die der Staat-Bürger-Ko­ operation gezogen sind, sind keine absoluten. Mit Mitteln des Rechts kann den technologiebedingten Herausforderungen für Demokratie und Rechtsstaat begegnet werden. So kann die Schaffung von Öffentlichkeit des Staatshandelns einen wesentlichen Beitrag zur Herstellung von Klarheit und Bestimmtheit der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten leisten.815 Daneben hat der Gesetzgeber einen Spielraum zur Ausgestaltung der Zuständigkeits- und Verantwortungszuweisung. Zwar ziehen Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip der Ausgestaltungshoheit Grenzen. Doch trägt nicht nur die überkommene Ausgestaltung den Staatsstrukturprinzipien Rechnung. Dem Prinzip der Vernetzung kann zumindest partiell Rechnung getragen werden, ohne die Prinzipien des demokratischen Rechtsstaats außer Acht zu lassen. 813 Rupp, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 31 Rn. 55 spricht gar von einer „massiv zunehmenden Vernetzung von Staat und Gesellschaft.“ 814 Zum Verhältnis von Staat und Gesellschaft oben, 2. Teil, 3. Kap. A. III. 3. 815 Franzius, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 39, 43. Ebd., S. 51, zu der bedenkenswerten Frage, ob eine zentrale Instanz weiter in der Lage ist, Legitimation zu gewährleisten.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

So entwickelte die rechtswissenschaftliche Literatur vor dem Hintergrund der Installation des Einheitlichen Ansprechpartners durch die Dienstleistungsrichtlinie816 das Modell der Zuständigkeitsverzahnung, um der Unterscheidung in Front- und Back-Office in demokratisch-rechtsstaatlich unbedenklicher Weise Rechnung zu tragen.817 Demnach soll in integrierten Geschäftsprozessen die Verantwortung einheitlich einer Stelle per Gesetz zugewiesen werden, egal wie viele Behörden an der Entscheidung beteiligt sind. So soll etwa das Front-Office, d. h. die mit dem Bürgerkontakt betraute Behörde, zuständig und verantwortlich sein, sofern die Staat-Bürger-Kommunikation zwingend im Front-Office stattfindet.818 Ihre Grenze findet die gesetzlich geregelte Zuständigkeitsverzahnung erst bei ebenenübergreifenden Kooperationen.819 Die Informations- und Kommunikationstechnologie besitzt demnach das Potenzial, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten neu zu organisieren. Mit den Mitteln des Rechts kann dem in Übereinstimmung mit Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip Rechnung getragen werden.820 In eingeschränkter Form ist dem Gesetzgeber auch die Fähigkeit zur Legitimation von Staat-Bürger-Kooperationen zuzusprechen. Dies gilt in besonderer Weise für die kooperative Entscheidungsfindung im Wege des Diskurses.821 Der Staat in der Informationstechnologiegesellschaft, der teils als „Netzwerkstaat“822 bezeichnet wird, steht nicht zwingend im Widerspruch zum demokratischen Rechtsstaat des Grundgesetzes.

816 RL 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl. L 376/36 vom 27.12.2006. 817 Die Idee der Zuständigkeitsverzahnung geht zurück auf Utz Schliesky. In der Literatur wird es umfassend rezipiert, vgl. Ziekow, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 69, 85; Ohler, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 53, 62 f. 818 Dementsprechend gilt anderes, wenn das Front-Office zusätzliche Anlaufstelle für den Bürger ist, die neben die sachlich und örtlich zuständige Behörde tritt. Hierzu Ziekow, in: Hill/ Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 69, 86. Ähnlich ist das Shared Servive Center eine Stelle, die verwaltungsinterne Dienstleistungen erbringt, ohne Letztentscheidungskompetenz zu besitzen. Hierzu Tallich, Shared Service Center als innovative Organisationsform, S. 15. 819 Ziekow, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S.  69, 85. Eindringlich zu­ guns­ten der Notwendigkeit gesetzlicher Normierung Ohler, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 53, 62 f. 820 Zum Potenzial der Informations- und Kommunikationstechnologie Boehme-Neßler, NVwZ 2007, 650, 653. Kritisch zur Kategorie der Verantwortlichkeit in effizienzorientierten Strukturen Franzius, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 39, 51. 821 Castells, BJS 2001, 423, 431 geht von einem Netzwerk-Staat aus, der „aus einem komplexen Netz von Machtteilhabe und aus Prozessen verhandelnder Entscheidungsfindung zwischen [staatlichen und nicht-staatlichen] Organisationen besteht“. Zum Kontrollverlust von Führungskräften Reichstein/Michelis, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 193, 193. 822 Boehme-Neßler, NVwZ 2007, 650, 651, 654.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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III. Immaterialisierung und Folgen für den Staat 1. Facetten der Immaterialisierung Der Staat wird, allen voran in Gestalt des Rechts als seines zentralen Regelungsinstruments, schließlich auch durch die Immaterialisierung in Frage gestellt.823 a) Herausforderung für die materielle Rechtsgeltung Auf Ebene des materiellen Rechts werden die Herausforderungen der Immaterialisierung an den neuen Gefährdungslagen sichtbar, denen sich das Recht gegenübersieht. Das Datenschutzrecht entstand angesichts der einsetzenden Automa­ tisierung. Inzwischen eröffnet das Internet nie da gewesene Möglichkeiten zur Verknüpfung personenbezogener Daten, § 3 Abs. 1 BDSG, zur Erstellung von Nutzer- und Persönlichkeitsprofilen und zur weltweiten, vielfach kommerziellen Verbreitung derselben. Das Persönlichkeitsrecht als Schutzgut des Datenschutzrechts, § 1 Abs. 1 BDSG, ist durch die beinahe permanente Datenverarbeitung einer permanenten Bedrohung ausgesetzt. Die Besonderheiten des Immateriellen, so die kostengünstige Möglichkeit der automatisierten Datenspeicherung, -verarbeitung und -verbreitung, lösen auch jenseits des Datenschutzrechts gesetzgeberischen Handlungsbedarf aus. So lassen die Möglichkeiten der digitalen Bearbeitung, Vervielfältigung und Zugänglichmachung bzw. Verbreitung von persönlichen geistigen Schöpfungen im Sinne des Urheberrechts neue Regelungskonzepte erforderlich erscheinen, die den Besonderheiten der Logik des Internet Rechnung tragen. Daneben ist ganz allgemein die Fehleranfälligkeit der Technik zu berücksichtigen.824 Angesichts der Existenz staatlicher Schutz- und Förderpflichten kommt es dabei nur beschränkt darauf an, ob der Staat für den Fehler verantwortlich ist.825 Auch entstehen neue schutzfähige Güter, im Kontext des Urheberrechts etwa Software oder Datenbanken, die eine Anpassung des Rechts und unter Umständen auch der Regelungsstrukturen in Hinblick auf die Besonderheiten des Immateriellen erforderlich machen.

823 Allgemein zum Bedeutungsverlust des Rechts Heckmann/Knabe, in: Dalibor/Debus/u. a., Perspektiven des Öffentlichen Rechts, S. 321, 326, Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 186 f.; Möllers, VerwArch 90 (1999), 187, 203 f. 824 Stelkens, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 149, 152. 825 Grundlegend zur staatlichen Schutz- und Förderpflicht im Kontext der IT-Sicherheit Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S.  129. Hierzu auch Richter, in: Mehde/Ramsauer/Seckelmann, Staat, Verwaltung, Information, S.  1041, 1053 f.; Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 585.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Eine weitere Herausforderung ist hervorzuheben. Die Immaterialisierung verstärkt zusammen mit der Entgrenzung und Vernetzung das Ausmaß von Rechtsverletzungen. Ein im Materiellen punktueller Akt kann im Internet angesichts der eingeschränkten Möglichkeiten des Vergessens zu einer dauerhaften Rechtsverletzung führen, so im Kontext der Äußerungsdelikte und dem Ehrschutz. Aufgrund der automatisierten, massenhaften Datenverarbeitung steigt die Reichweite von Rechtsverletzungen.826 Ein letztes Problem tritt schließlich im Kontext der Rechtsgewährleistung zu Tage. Die Geltung des Rechts wird durch den Adressaten seines Schutzes, den Nutzer selbst, erschwert, wenn nicht gar außer Kraft gesetzt. Die im Internet auftretenden, neuen Gefährdungslagen werden vielfach nicht erkannt. Gerade die spielerische Bedienbarkeit und der zumindest vermeintliche Nutzen von Anwendungen in so genannten Plug and Play-Umgebungen verleiten den Nutzer geradezu, Anwendungen zu nutzen, ohne deren Rechtskonformität zu hinterfragen. Oder die Vorteile der jeweiligen Anwendung erscheinen derart groß, dass die Gefahren billigend in Kauf genommen werden.827 Dies führt in Bezug auf eigene Rechtsgüter zur Sorglosigkeit der Internetnutzung, in Bezug auf Rechtsgüter Dritter zur Rücksichtslosigkeit.828 Der Nutzer wird zur Schwachstelle, der die Geltung des Rechts selbst erschwert, wenn nicht gar außer Kraft setzt.829 b) Herausforderung für die Rechtsdurchsetzung Zwischen Rechtsgewährleistung und Rechtsdurchsetzung ist eine weitere Herausforderung anzusiedeln, die mit der Immaterialisierung einhergeht, konkret mit der (scheinbaren) Anonymität des Handelns. Die Disziplinierungswirkung des Rechts schwindet, wenn dem Einzelnen die Möglichkeit zum anonymen Handeln offensteht.830 Auch wenn die enthemmende Wirkung der Anonymität wissenschaftlich nicht letztverbindlich geklärt ist, kann angenommen werden, dass Anonymität den Entschluss befördert, sich in Widerspruch zu Rechtsnormen zu setzen.831 Die Gefahr von Rechtsverletzungen steigt. Spezifisch auf die Rechtsdurchsetzung bezogen sind die Auswirkungen der Anonymität auf Anwendungsebene.832 Zwar ist eine De-Anonymisierung technisch 826 Stelkens, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 149, 152; Heckmann, in: Taeger/Wiebe, Mobilität, Telematik, Recht, S. 111, 112. 827 Zur Plug and Play-Falle s. o., 2. Teil, 3. Kap. B. III. 1., sowie richtungsweisend Heckmann, NJW 2012, 2631, 2633. Zur Unzulänglichkeit der „alten Formeln von ‚informationeller Selbstbestimmung‘ und ‚Transparenz‘“ Bull, NVwZ 2011, 257, 258. 828 Grundlegend Heckmann, K&R 2010, 770, 772. 829 Zum Nutzer als Schwachstelle bereits Heckmann, K&R 2010, 1, 7. 830 Zur Wirkung der Anonymität auf die Überschreitung (sozialer wie rechtlicher) Grenzen oben, 2. Teil, 3. Kap. B. I. 1. 831 Heckmann, NJW 2012, 2631, 2632. 832 Heckmann, NJW 2012, 2631, 2632.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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vielfach möglich und rechtlich zulässig. Dennoch wird die Rechtsdurchsetzung durch den technisch teils aufwändigen und rechtlich vielfach umstrittenen Zwischenschritt der De-Anonymisierung mitunter erheblich erschwert. Überhaupt ist eine Rückführung des Immateriellen in die überkommenen körperlichen Formen der Herrschafts- und Gewaltausübung erforderlich, oder, angesichts der Eigengesetzlichkeiten des Internet vorzugswürdig, durch neue Formen der Rechtsdurchsetzung zu ergänzen.833 Denn die überkommene Form der physischen Rechtsdurchsetzung, namentlich in Form von Befehl und körperlichem Zwang, kann im Immateriellen nicht unmittelbar zum Einsatz gelangen. 2. Ausblick: Erschließung neuer Möglichkeiten der Aufgabenerfüllung Die in der Informationstechnologiegesellschaft auszumachende Immaterialisierung stellt den Staat nicht nur vor neue Herausforderungen bei der Rechtsgewährleistung und der Rechtsdurchsetzung. Die Immaterialisierung eröffnet dem Staat hierfür auch neue Möglichkeiten. a) Gestaltung des Immateriellen Der Staat kann aktiv den Raum des Immateriellen gestalten, etwa indem er Anforderungen an technische Standards formuliert.834 Er lenkt die Entwicklung und kann sie zur Aufgabenwahrnehmung einsetzen. So können entsprechende technische Standards zu einer Reduzierung der Fehleranfälligkeit der Technik beitragen, etwa indem Medienbrüche in der Staat-Bürger-Kommunikation reduziert werden.835 Schon vor über zehn Jahren, im Jahr 2001 erkannte der Gesetzgeber die Notwendigkeit, die Formvorschriften für rechtsverbindliche Kommunikation an die neuen Kommunikationsmittel anzupassen. So regeln seither §§ 126a, b BGB die elektronische Form sowie die Textform.836 Da sich die Regelung des § 126a BGB, die zur Ersetzung der Schriftform im Internet eine qualifizierte elektronische Signatur vor 833 Zur Körperlichkeit staatlicher Herrschaft Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 146 mit Verweis auf Popitz, Phänomene der Macht, S. 22 ff., der mitunter das „Bezwingen-Können“ in den Mittelpunkt des Machtbegriffs stellt. Zur Charakterisierung der bisherigen Mittel der Herrschaftsausübung als ungenügend Heckmann, NJW 2012, 2631, 2634. 834 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 146. Zur rechtlichen Einordnung staatlicher Technologievorgaben als faktischen Grundrechtseingriff Heckmann, CR 2006, 1, 3 ff. 835 Schnapp, in: Hill, Verwaltungsmodernisierung 2012, S. 99, 104. 836 Zur Erfüllung von Warn-, Beweis-, Informations- und Dokumentationsfunktion der neuen Formschriften Wendtland, in: BeckOK-BGB, § 126b Rn. 1. Eingeführt wurden §§ 126a, b BGB durch das Gesetz zur Anpassung von Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr (BGBl. I 2001, 1542).

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

sah, nicht durchsetzen konnte, führte der Gesetzgeber zwei weitere Verfahren ein, die die Voraussetzungen an ein sicheres Verfahren samt Beweis- und Warnfunktion erfüllen: die sichere elektronische Identifizierung mithilfe des elektronischen Identitätsnachweises im Personalausweis („eID“, vgl. § 18 PAuswG)837 sowie die DeMail, geregelt im De-Mail-Gesetz838. Während mittels De-Mail ein rechtssicherer E-Mail-Verkehr den herkömmlichen Brief ersetzen soll, ermöglicht die Online-Ausweisfunktion des neuen Personalausweises neben der Nutzung als Identitätsnachweis die Nutzung als Signaturerstellungseinheit, die ein rechtssichereres Unterschriftsäquivalent zur Verfügung stellt, § 22 PAuswG. Insbesondere Transaktionen mit öffentlichen Stellen können damit online ausgeführt werden. Durch das Setzen dieser rechtlichen Anforderungen an technische Standards steuert und erleichtert der Gesetzgeber die Internetnutzung im Privatrechtsverkehr ebenso wie die Interaktion zwischen Bürger und staatlichen Stellen. Mit dem ­E-Government-Gesetz wird der Anwendungsbereich beider Verfahren im Staat-Bürger-Verhältnis ausgeweitet.839 b) Technologiegestützter Rechtsgüterschutz Die Formulierung rechtlicher Vorgaben für technische Standards kann zudem unmittelbar zum Rechtsgüterschutz beitragen. Rechtliche, respektive gerichtliche Vorgaben zur Ausgestaltung der Technik können die Gefahr von Rechtsverletzungen reduzieren. So können Vorgaben zur Ausgestaltung sozialer Netzwerke, etwa die Etablierung einer Registrierungspflicht, die Gefahr von Ehrverletzungen minimieren.840 Vor Kostenfallen im Internet warnt seit August 2012 ein Button, der mitunter die Entgeltlichkeit des Angebots hervorhebt, vgl. § 312g Abs. 2, 3 BGB (=  § 312j Abs.  2, 3 BGB n. F.). Die Liste der Möglichkeiten eines technologiegestützten Rechtsschutzes ließe sich nahezu beliebig fortsetzen, man denke an die Online-Mediation oder die datenschutzkonforme Ausgestaltung der KfZ-Kenn­ zeichenerfassung.841 Mithilfe der Technik kann gerade denjenigen Rechtsverletzungen begegnet werden, die technisch bedingt sind.842 837 Gesetz über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis (BGBl. I 2009, 1346). Hierzu aus dem Blickwinkel von Rechtssicherheit und Vertrauen Heckmann, DuD 2009, 656, 659 f. 838 De-Mail-Gesetz (BGBl. I 2011, 666), in der Fassung BGBl. I 2011, 3044. 839 BGBl. I 2013, 2749. 840 Grundlegend das Spickmich-Urteil des BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08 – BGHZ 181, 328. Als Mittel genannt werden unter anderem der Ausschluss der Suchmaschinenindizierung, der Ausschluss der Mehrfachregistrierung oder die eingeschränkte Zugänglichkeit der Bewertungen. Ausführlich Ballhausen, AnwZert ITR 16/2009, Anm. 3. Allgemein auf den Persönlichkeitsschutz durch die Installation von Meldebuttons verweist Heckmann, K&R 2010, 770, 776. 841 Grundlegend zur automatisierten KfZ-Kennzeichenerfassung BVerfG, Urt. v. 11.3.2008 – 1 BvR 2074/05 u. a. – BVerfGE 120, 378. Zuvor bereits Heckmann, in: Taeger/Wiebe, Mobilität, Telematik, Recht, S. 111, 118 ff. 842 So bereits Heckmann, in: Taeger/Wiebe, Mobilität, Telematik, Recht, S. 111, 125.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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Intern können Effektivität und Effizienz des Staatshandelns gesteigert werden. Dies gilt angesichts der technischen Grundfunktionalitäten des Internet insbesondere für Massenverfahren. So eröffnet die Veröffentlichung staatlicher Daten- und Informationsbestände im Außenverhältnis gegenüber dem Bürger die Möglichkeit eines jederzeitigen, orts- und vor allem antragsunabhängigen Zugangs. Gleiches gilt im Innenverhältnis: Die orts- und zeitunabhängige Verfügbarkeit von Daten und Informationen kann nicht nur die Zugänglichkeit entscheidungsrelevanter Unterlagen verbessern, was ihrerseits die Entscheidungsqualität steigern kann. Zudem erfolgt der Zugriff ebenso wie im Staat-Bürger-Verhältnis ohne zusätzlichen Aufwand für die datenhaltende Stelle.843 Insgesamt können Staatshandeln wie Staat-Bürger-Kommunikation durch die Etablierung rechtssicherer Kommunikationsmöglichkeiten beschleunigt werden.844 Mit „Code is law“845 kann das Gestaltungspotenzial des Staats schlagwortartig beschrieben werden. Die Ausgestaltung der Technik schafft rechtskonforme wie rechtswidrige Fakten. Die Erzeugung von Quelltexten ist damit unmittelbar rechtlich relevant. Diesen Unmittelbarkeitszusammenhang kann sich der Staat zunutze machen und rechtliche Anforderungen an die Technik formulieren. c) Technologiegestützte Rechtsdurchsetzung Schließlich kann das Potenzial der Informations- und Kommunikationstechnologie zur Rechtsdurchsetzung eingesetzt werden. Zwar ist zu bedenken, dass das technische Können meist weiter reicht als das rechtliche Dürfen. Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch rechtlich zulässig. Dies gilt in Hinblick auf die der Rechtsdurchsetzung vorgelagerte De-Anonymisierung ebenso wie in Hinblick auf die eigentliche Rechtsdurchsetzung. So scheiterte der erste Versuch zur Etablierung der Online-Durchsuchung teilweise an der Nichtbeachtung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und seiner Derivate.846 Die Vorratsdatenspeicherung ist rechtsstaatlich zumindest bedenklich.847 Das Zugangserschwerungsgesetz wurde aufgrund nicht abreißender Kritik vom Bundestag aufgehoben, bevor es überhaupt zur Anwendung kam.848 843

Zur Steigerung der internen Verfügbarkeit von Wissen tragen auch Wikis bei. Schnapp, in: Hill, Verwaltungsmodernisierung 2012, S. 99, 103. 845 Der viel zitierte Ausspruch geht auf Lawrence Lessig zurück. Hierzu Heckmann/Knabe, in: Dalibor/Debus/u. a., Perspektiven des Öffentlichen Rechts, S. 321, 328 ff.; Dreier, in: Bizer/ Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S.  65, 65. Grundlegend zum Zusammenwirken von Recht und Technik Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 642. 846 BVerfG, Urt. v. 27.2.2008 – 1 BvR 370/07 u. a. – BVerfGE 120, 274. 847 Grundlegend BVerfG, Urt. v. 2.3.2010 – 1 BvR 256/08 u. a. – BVerfGE 125, 260. Vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012 – 1 BvR 1299/05 – BVerfGE 130, 151. 848 Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (BGBl. I 2010, 78). Außer Kraft gesetzt durch BGBl. I 2011, 2958 mit Wirkung vom 29.12.2011. 844

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Bei der Erschließung neuer Formen der Aufgabenerfüllung hat der Staat mit Vertrauen und Sicherheit zwei Eckpunkte sicherzustellen: Vertrauen in IT und durch IT, Sicherheit von IT und durch IT,849 Vertrauen in das Recht und durch das Recht sowie Sicherheit im Recht und durch das Recht. Vertrauensbildende Maßnahmen können erforderlich werden, auch im Staat-Bürger-Verhältnis.850 IV. Zusammenfassung und Schlussfolgerung Weder auf den Nationalstaat noch auf das Recht kann in der Informationstechnologiegesellschaft verzichtet werden. 851 Der Nationalstaat ist auch in der Informationstechnologiegesellschaft als ordnungsstiftende und herrschaftsausübende Instanz anzuerkennen. Der Nationalstaat ist neben der Europäischen Union852 die einzige herrschaftsausübende Instanz, die sich auf demokratische Legitimation berufen kann. Technik oder Wirtschaft als die gesellschaftliche Entwicklung ebenfalls steuernde Systeme des Gemeinwesens können sich nicht auf eine Rückbindung an den Willen des Volks berufen. Nationalstaaten sind damit im Gegensatz zu den genannten Teilsystemen dazu legitimiert, Regeln nicht nur zu setzen, sondern auch durchzusetzen. Dementsprechend verfügt der Staat noch immer über ein weitreichendes Monopol bei der Aufgabenwahrnehmung. Nur die Aufgabenwahrnehmung durch den Staat gründet im dreifachen Sinne auf dem Gemeinwohl: Sie ist durch Wahlen als Ausdruck des Gemeinwohls legitimiert, sie ist dem Gemeinwohl verpflichtet und sie basiert angesichts des staatlichen Monopols der Steuerfinanzierung auf gemeinwohlorientierten Grundpflichten.853 Die Stellung des Staats und die Formen der Aufgabenwahrnehmung unterliegen jedoch Modifikationen. Der Nationalstaat ist schon angesichts der Vernetzung und der Integration in supra- und internationale Gemeinschaften nicht mehr die einzige herrschaftsausübende Instanz. Zudem kann die Herrschaft nicht mehr allein durch Machtausübung in hierarchischen Über-/Unterordnungsverhältnissen sichergestellt werden und in vernetzten Systemen effektiv sein. 849 Zur staatlichen Schutzpflicht in Bezug auf die IT-Sicherheit Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S. 129, 139. 850 Heckmann, K&R 2010, 770, 777; Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 390 ff., 430; Augsberg, DVBl. 2007, 733, 735 („Systemvertrauen“). 851 Heckmann, K&R 2010, 770, 775 ff.; Blanke, Aktivierender Staat – aktive Bürgergesellschaft, S. 7; Trute, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 216, 248. Speziell zur Fortgeltung des klassischen Ordnungsrechts Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 215. 852 Legitimation wie Herrschaftsgewalt der Europäischen Union sind jedoch ihrerseits auf die Nationalstaaten zurückzuführen. Subjekt der demokratischen Legitimation bleiben die Mitgliedstaaten. Die Ausübung hoheitlicher Gewalt durch die Europäische Union unterliegt allein der Verfügungsgewalt der Mitgliedstaaten, vgl. BVerfG, Urt. v. 30.6.2009 – 2 BvE 2/08 u. a. – LS 1 – BVerfGE 123, 267. Im Primärrecht kommt dies im Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung zum Ausdruck, Art. 7 AEUV. 853 Umfassend zur anhaltenden Bedeutung des Nationalstaats Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 174 ff.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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Dementsprechend wandeln sich die Formen der Aufgabenwahrnehmung.854 Dies kann nicht zu einer vollständigen Adaption der Funktionsbedingungen von Netzwerken im Allgemeinen und dem Internet im Speziellen führen. So ist das Recht auch in der Informationstechnologiegesellschaft auf Vertrauen angewiesen. Es hat weiterhin Vertrauen zu schaffen. Beides steht einer grenzenlosen Beschleunigung der Rechtssetzung entgegen. Ebenso sind die Vernetzung staatlicher Stellen bei der Aufgabenwahrnehmung und die Einbeziehung von Privaten in das Staatshandeln durch die Vorgaben des Grundgesetzes begrenzt. Ohne dies an dieser Stelle zu vertiefen, müssen zumindest konkrete Sachentscheidungen einer (letzt-)verantwortlichen Stelle zurechenbar bleiben.855 Jenseits dessen kann und muss sich das Recht jedoch an den technologisch bedingten Wandel anpassen. Es hat auch den Raum des Immateriellen zu gestalten und zu regeln. Das Recht hat eine technologieleitende Rahmenordnung zu schaffen.856 Andernfalls verlöre das Recht in zentralen, immer wichtiger werdenden Bereichen des täglichen Lebens an Bedeutung. Zudem hat sich das Recht der Möglichkeit zur Rechtsgewährleistung und -durchsetzung durch Technik zu öffnen:857 Die Informations- und Kommunikationstechnologie ist angesichts des fortschreitenden Wandels und der immer neuen Gefährdungslagen im Kontext des Internet zur Aufgabenerfüllung einzusetzen. Ein arbeitsteiliges Zusammenwirken von Recht und Technik ist sowohl in Hinblick auf die Rechtsgewährleistung als auch auf die Rechtsdurchsetzung möglich.858 Insofern wird der Staat zum „kooperativen IT-Staat“ 859. Daneben muss ein Ausgleich zwischen nationalstaatlicher Souveränität und Integration, zwischen Be- und Entschleunigung sowie zwischen Hierarchie und Vernetzung gefunden werden. Dies ist möglich. Der Staat ist in der Informationstechnologiegesellschaft ebenso informationsund technikabhängig wie der Bürger. Die Zugänglichkeit von Informationen ist Grundlage des Staatshandelns und Funktionsbedingung eines freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats.860 Ist die Informationsabhängigkeit des Staats seit der 854

Zur Anpassungsnotwendigkeit des Rechts Heckmann, K&R 2010, 770, 775. Umfassend Schliesky/Schulz u. a., „Arbeitsteilung 2.0“, S.  81 ff. Die Beschränkung der Einflussnahme Privater kann sich auch jenseits der konkreten Sachentscheidung auswirken, etwa in der Einwirkung auf Willensbildung und Entscheidungsfindung, hierzu ebd., S.  85. Neben der Einbeziehung Privater kann die Letztverantwortlichkeit auch durch organisatorische oder verfahrensrechtliche Verflechtungen innerhalb staatlicher Stellen verwischt werden, vgl. ausführlich S. 86 ff. 856 Zur Abgrenzung zwischen technikleitender und techniksetzender Funktion des Rechts Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 208. 857 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 216 ff. spricht von „gateways“ zugunsten anderer Steuerungsmechanismen. 858 Zur Notwendigkeit eines „koordinierten arbeitsteiligen Zusammenwirken[s]“ von Recht und Technik Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 642. 859 Heckmann, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 131, 141 („kooperativer IT-Staat“). 860 Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 3; Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 187, 214. Zur Frage, inwieweit den Staat eine Strukturverantwortung bei der Veröffentlichung von 855

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Antike anerkannt, so ist die wachsende Technikabhängigkeit Spezifikum der Informationstechnologiegesellschaft. Ohne Informations- und Kommunikationstechnologie ist die Aufgabenerfüllung des Staats zunehmend undenkbar. Technik und Recht wirken dabei aufeinander ein. Beide bedürfen des Vertrauens und beide können zur Schaffung von Vertrauen beitragen. Die Symbiose von Recht und Technik respektive der partiellen Determinierung des Rechts durch die Technik führt zur Fortentwicklung des Rechtsstaats zum „ubiquitären Rechtsinformatikstaat“861.

D. Das Staat-Bürger-Verhältnis in der Informationstechnologiegesellschaft I. Vernetzung als Leitbild des Staat-Bürger-Verhältnisses in der Informationstechnologiegesellschaft In der Informationstechnologiegesellschaft wandeln sich sowohl die Rolle des Einzelnen als auch des Staats. Das Individuum gewinnt an Handlungs- und Einflussmöglichkeiten, sowohl als Einzelner als auch im Wege sozialer Selbstorganisation. Demgegenüber verlieren der (National-)Staat und das Recht ihre Bedeutung als hierarchische Regelungseinheit und -struktur. Beides beeinflusst die Beziehung zwischen Staat und Bürger.862 Die Architektur des Internet und die Funktionsweise der Demokratie als Inbegriff des Verhältnisses von Staatsgewalt und Gewaltunterworfenen entsprechen sich.863 Beiden liegt die Idee von Freiheit und Gleichheit zugrunde, beide beruhen auf Öffentlichkeit und Beteiligung, auch wenn das Internet lediglich das Potenzial zur Verwirklichung der demokratischen Grundprinzipien in sich trägt, die Realisierung nicht zwingend ist.864 Als Leitbild im Staat-Bürger-Verhältnis kann die Vernetzung gelten. Sie entspricht einerseits der Ergänzungs- und Revisionsbedürftigkeit des Modells der einseitigen, hierarchischen Steuerung im Über-/Unterordnungsverhältnis durch den Staat, zumal die Kapazitäten des Staats zur Aufgabenwahrnehmung begrenzt sind.865 Informationen trifft Augsberg, DVBl. 2007, 733, 741. Zum steigenden Bedarf an Wissen und Informationen angesichts der Veränderung der Staatsaufgaben Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 585. 861 Heckmann, in: Taeger/Wiebe, Mobilität, Telematik, Recht, S. 111, 125. 862 Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S.  17 ff.; Erichsen, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S.  927, 944; Schoch, in: VVDStRL, Bd.  57 (1998), S. 158, 209. 863 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 50. 864 Hierzu sowie zu dem Umstand, dass sich das demokratische Potenzial des Internet nicht verwirklichen muss, sondern auf der Ebene des Möglichen verharrt, bereits oben, 2.  Teil, 3. Kap. A. I. 5. 865 Zur Unzulänglichkeit des überkommenen Staat-Bürger-Verhältnisses Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S.  16 ff.; 22; Masing, in: VVDStRL, Bd.  63 (2004), S. 377, 384 ff., 407 ff.; Blanke, Aktivierender Staat – aktive Bürgergesellschaft, S. 7; Trute, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 216, 248.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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Andererseits ist der Bürger zunehmend eigenständiger, wirkmächtiger Akteur.866 Das Bild vom vernetzten Staat-Bürger-Verhältnis trägt damit den in Netzwerken gewandelten Aufgaben des Staats Rechnung, den neuen Formen der Machtausübung, der wachsenden staatlichen Überforderung sowie dem korrespondierenden Ausmaß der Verantwortung der einzelnen Akteure.867 Dem Leitbild der Vernetzung entsprechend sind Staat wie Bürger Teil  eines Netzwerks. Dementsprechend sind die staatlichen Möglichkeiten zur einseitigen Steuerung durch Befehl und Zwang begrenzt. Doch ebenso wie der Staat als Organisationseinheit und das Recht in Gestalt klassischen Ordnungsrechts weiter von Bedeutung sind, ist der Staat im Falle der Vernetzung mit Gesellschaft bzw. Bürgern weiterhin primus inter pares.868 Schon Boehme-Neßler formulierte diesen Gedanken: „Staaten verlieren – mit anderen Worten – Einfluss und Handlungsmöglichkeiten als Staaten. Sie gewinnen aber neue Optionen als Mitglieder und Teile von Netzwerken hinzu. Vielleicht wäre es auch sinnvoller, weniger von einem Machtverlust, sondern eher von einer Veränderung der Form staatlicher Macht zu sprechen.“869

Derartige Bilder und Leitbilder als gedankliche Konstrukte und Ordnungsidee sind nicht neu.870 Auch die Demokratietheorie im Allgemeinen sowie die Ziele der Partizipation und Kollaboration auf Grundlage staatlicher Transparenz im Besonderen zeugen hiervon.871 In den Verwaltungswissenschaften wird Governance zum Leitbild erhoben. Die Rechtswissenschaften sprechen vom Staat als Gewährleistungsstaat, der einen Mittelweg zwischen Nachtwächterstaat und Vorsorgestaat geht.872 866 Zur veränderten Erwartungshaltung des Bürgers Erichsen, in: Erbguth/Oebbecke/Ren­ geling/Schulte, Planung, S. 927, 944. 867 Zur Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft auch Janda, V&M 17 (2011), 227, 227 f.; Faust, V&M 2011, 17, 19; Kugelmann, DÖV 2005, 851, 860; Schmitz/Jastrow, NVwZ 2005, 984, 985; Bull, ZG 2002, 201, 210. Zur Notwendigkeit der Annäherung von Staat und Bürger bereits Heckmann, in: Heinrich, Festschrift für Hans-Joachim Musielak zum 70. Geburtstag, S.  207, 212. Zur Überforderung des Staats und der Notwendigkeit der Einbeziehung Privater Herdegen, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 7, 29; Heintzen, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 220, 224. 868 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 183. 869 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 155 f. 870 Zur Bedeutung von Staatsleitbildern als gedankliche Konstrukte und Ordnungsideen, die „Vor-Verständnisse offenlegen und eine Fülle von mitunter diffusen Einzelaussagen in einen Zusammenhang stellen“ Voßkuhle, Der Staat 40 (2001), 495, 506. Ebd., S. 507, auch zur für die Wissenschaft relevanten Feststellung, dass sich Staatsleitbildern keine Ge- und Verbote entnehmen lassen. Zum Korrespondieren von Gesellschaft und Staatsleitbild Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 16. 871 Ausführlich zu Inhalt und Idee des Open Government oben, 2. Teil, 1. Kap. B. 872 Calliess, DVBl. 2003, 1096, 1096 f. zur Kontrastierung von liberalem Nachtwächterstaat und Vorsorgestaat. Daseinsvorsorge, d. h. Leistungsfunktion einerseits und Gewährleistungsfunktion andererseits gegenüberstellend Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rn. 4. Daneben existieren zahlreiche weitere Leitbilder. Deren Wiedergabe kann an dieser Stelle nicht abschließend geleistet werden. Vgl. aber beispielhaft zum „schlanken Staat“ und dem „aktivierenden Staat“ Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 188 f. m. w. N. Speziell zur Notwendigkeit der Abkehr vom wohlfahrtstaatlichen Denken Benz, Kooperative Verwaltung, S. 47.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Auch wenn diesen Leitbildern nur heuristische Funktion zukommt, der sich keine unmittelbaren Rechtsfolgen entnehmen lassen, sollen beide Ideen aufgrund des Nexus zum vernetzten Staat-Bürger-Verhältnis in der gebotenen Kürze entfaltet werden. 1. Governance Seit den 1990er Jahren wird dem Bedeutungsverlust des regulativen Rechts mit der Abwendung von der streng rechtsaktbezogenen juristischen Methode873 und der Hinwendung zur verwaltungswissenschaftlichen und damit interdisziplinären Perspektive begegnet. Nicht mehr nur die Rechtsregeln und -institute werden in den Blick genommen, sondern auch die realen Rahmenbedingungen, etwa von den Neuen Verwaltungsrechtswissenschaften.874 An die Stelle der bloßen Betrachtung des Rechtsakts als Inbegriff des Systems von Befehl und Zwang tritt eine handlungsorientierte Betrachtungsweise, die Größen wie Organisation, Verfahren, die zur Verfügung stehenden Ressourcen sowie interdisziplinäre Erkenntnisse berücksichtigt.875 Der Aufgabenwahrnehmung durch Befehl und Zwang werden weiche Steuerungsinstrumente an die Seite gestellt, etwa Anreizstrukturen.876 Nach und nach rücken auch Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaften in den Fokus der Betrachtung. So zielt das Konzept des New Public Management auf die Steigerung von Effektivität und Effizienz bei der staatlichen Aufgabenwahrnehmung.877 Die Rationalitäten der Privatwirtschaft lassen sich jedoch nur in begrenztem Maße auf die Beziehung zwischen Staat und Bürger übertragen, da Aufgaben nur in begrenztem Maße privatisiert, interne Verfahrensabläufe nur be­hutsam modernisiert und Staatsaufgaben nur beschränkt abgebaut werden kön­ nen.878 873 Zur juristischen Methode, auch im Vergleich zur Steuerungstheorie Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 24 ff.: Neben der Rechtsaktbezogenheit kennzeichnen die Ausbildung der Rechtsdogmatik und die fehlende Interdisziplinarität die juris­ tische Methode. 874 Die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden explizit erstmals von den Neuen Verwaltungsrechtswissenschaften in den Blick genommen. Teils ist auch von Steuerungstheorie die Rede. Hierzu Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 586; Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 489 ff. m. w. N.; Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 389 ff.; Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 194 f. 875 Allgemein Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 27 f. m. w. N. 876 Benz, Kooperative Verwaltung, S. 53. 877 Wimmer, Dynamische Verwaltungslehre, S. 251 ff.; Holtwisch, Die Verwaltung 43 (2010), 567, 571 f.; Voßkuhle, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informa­ tionsgesellschaft, S. 97, 97; Voßkuhle, Der Staat 40 (2001), 495, 514. 878 Allgemein Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 587 sowie Heckmann, in: Heinrich, Festschrift für Hans-Joachim Musielak zum 70. Geburtstag, S. 207, 225; Voßkuhle, Der Staat 40 (2001), 495, 515 ff. Zum Nebeneinander dieser drei Ansätze Holtwisch, Die Verwaltung 43 (2010), 567, 572. Speziell zur Privatisierung Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 479 ff. sowie zur Ökonomisierung Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 209 f. Zur Ablösung von der Idee des Managements durch den Governance-Ansatz Beer, in: Blanke/Nullmeier/Reichard/Wewer, Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 52, 58.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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Daher wurde die ökonomische Perspektive zu einem Modell ausgebaut, das sämt­ liche Teilsysteme in den Blick nimmt, die das Gemeinwesen steuern:879 Governance. Als Governance wird im vorzugswürdigen weiten Verständnis jegliche kollektive Regelung gesellschaftlicher Sachverhalte bezeichnet.880 Der GovernanceAnsatz anerkennt den Staat als Akteur. Seine Rolle als primus inter pares wird jedoch relativiert. Neben die Steuerung durch das Recht, die weiterhin von Bedeutung ist,881 treten als zweites Regelungskonzept die Einflussnahme durch Konsens und Kooperation mit den Einflussgrößen Wirtschaft und Gesellschaft sowie mit anderen Nationalstaaten und supra- wie internationalen Organisationen.882 Governance beruht auf der Idee netzwerkbasierter Steuerung. Wie das Bild vom vernetzten Staat-Bürger-Verhältnis hebt die GovernancePerspektive zweierlei hervor: Erstens ist der Staat nicht mehr alleiniges Steuerungssubjekt. Andere Akteure und Teilsysteme treten an seine Seite und steuern wie die Technik oder die die Gesellschaft konstituierenden Individuen die Entwicklung des Gemeinwesens. Die Trennung zwischen Staat und Gesellschaft wird weiter relativiert.883 Zweitens wird der Staat jedoch weiterhin als vorrangiges Teilsystem des Gemeinwesens angesehen. Seine autoritative Macht wird lediglich ergänzt.884 Zugrunde liegt die Erkenntnis, dass hoheitliches Handeln der komplexen Wirklichkeit und der Ausdifferenzierung der Aufgaben nicht mehr gerecht werden kann. Die Effektivität der Entscheidungsfindung kann durch kollektive Regelungen verbessert, die Effizienz und Flexibilität bei ihrer Durchsetzung erhöht sowie die Legitimation des staatlichen Handelns in Tradition der Output-Legitimation mittels Akzeptanz gesteigert werden.885 879 Schuppert, in: Appel/Hermes/Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S. 185, 193 f.; Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 588; Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 495 ff.; Krebs, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. V, § 108 Rn. 53. Zur Aufgabe des Trennungsmodells in Richtung Verwaltungswissenschaft Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 584 f. Instruktiv zur Abgrenzung der Steuerung durch den Staat von der Selbststeuerung der Beteiligten Benz, Kooperative Verwaltung, S. 37 im Kontext kooperativen Handelns. 880 Umfassend s. o., 2. Teil, 1. Kap. B. I. 2. 881 Zum Ergänzungsverhältnis von Governance und hierarchischer Steuerung durch das Recht Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 588; Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 498. Zur Einbeziehung von Hierarchien in den Governance-Begriff Schuppert, in: Appel/Hermes/Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S. 185, 202. 882 Trute, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 216, 248. Zum Kontrollverlust von Führungskräften in Netzwerken Reichstein/Michelis, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 193, 193. Zur Notwendigkeit von Interdisziplinarität Forgó, in: Gasser, Informationsrecht in „e“-Umgebungen, S. 37, 68 f. Zur faktisch festzustellenden Zusammenarbeit von Staat und­ Privat Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 584. 883 Zur Unterscheidung von Staat und Gesellschaft s. o., 2. Teil, 3. Kap. A. III. 3. Zur Annäherung von Staat und Gesellschaft auch Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 649. 884 Zur Kritik am Governance-Modell Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 496 f. 885 Benz, Kooperative Verwaltung, S. 41 ff., 59 ff., 345 f. im Kontext der Kollaboration.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Transparenz ist als Grundprinzip des Governance-Konzepts anerkannt, auch auf europäischer Ebene.886 Denn ein im Grunde gleichberechtigtes Zusammenwirken einzelner Akteure, wie es für Netzwerke kennzeichnend ist, bedarf einer im Grunde gleichberechtigten Verfügbarkeit von Daten und Informationen als Grundlage der Zusammenarbeit. Die Zugänglichkeit von Daten und Informationen des Staats ist im Governance-Konzept allgemein akzeptierte Zielvorstellung. Sie ist Wert.887 2. Gewährleistungsstaat Die Rechtswissenschaft verarbeitet die wachsende Partizipations- und Kollaborations- bzw. Vernetzungsnotwendigkeit im Leitbild des Gewährleistungsstaats. Die teils sachgebietsspezifisch normierte Idee der Gewährleistungsverantwortung des Staats, wie sie in Art. 87e Abs. 4 GG für den Erhalt des Schienennetzes oder in Art.  87f Abs.  1 GG für das Postwesen normiert ist,888 wird zum allgemeinen Konzept erhoben. Private Akteure werden in die Formulierung des Gemeinwohls und den Vollzug öffentlicher Aufgaben einbezogen.889 Der Staat ist weder alleinige das Gemeinwohl definierende Instanz noch ist er allein für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben verantwortlich. Gegenüber dem Wohlfahrtsstaat stellt der Gewährleistungsstaat ein Minus dar. Allerdings ist die staatliche Verantwortung stärker ausgeprägt als im Falle bloßer Auffangverantwortung, der zufolge der Staat nur tätig werden muss, wenn dies aufgrund staatlicher Schutzpflichten ausnahmsweise geboten ist.890 Der Gewährleistungsstaat balanciert beide Konzepte aus. Gesellschaftliche Kräfte können im Gewährleistungsstaat in die Aufgabenerfüllung und Gemeinwohlkonkretisierung einbezogen werden.891 Konkret kann sich 886

Die Governance-Prinzipien wurden erstmals von der Weltbank im Kontext der Kreditvergabe formuliert, vgl. Voßkuhle, BayVBl. 2010, 581, 588. Im Weißbuch „Europäisches Regieren“, KOM(2001) 428 endg., S. 10 Fn. 1, heißt es im Kontext der Definition des GovernanceBegriffs: „‚Governance‘ steht für die Regeln, Verfahren und Verhaltensweisen, die die Art und Weise, wie auf europäischer Ebene Befugnisse ausgeübt werden, kennzeichnen, und zwar insbesondere in Bezug auf Offenheit, Partizipation, Verantwortlichkeit, Effektivität und Kohärenz.“ 887 Zur Zugänglichkeit von Daten und Informationen als Wert in der Informationstechnologiegesellschaft oben, 2. Teil, 3. Kap. A. III. 2. Zur Zugänglichkeit von Daten als Funktionsvoraussetzung des Internet zudem 2. Teil, 3. Kap. A. I. 5. 888 Voßkuhle, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 266, 292. 889 Zur Einbeziehung der Bürger in die Bestimmung und Verwirklichung der Gemeinwohlziele Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  307; Schmidt-Preuß, in: VVDStRL, Bd. 56 (1997), S. 160, 162. Grundlegend, aber kritisch zum Gewährleistungsstaat Vesting, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 101, 112 ff. 890 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 111 f. zur Erfüllungs- und Auffangverantwortung als Endpunkte des Spektrums der staatlichen Verantwortlichkeit. 891 Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 30; Röber, in: Blanke/ Nullmeier/Reichard/Wewer, Handbuch zur Verwaltungsreform, S. 108, 113 f.; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 114.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

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der Staat bei Definition und Vollzug öffentlicher Aufgaben gesellschaftlicher Kräfte bedienen, sei es in kooperativem Zusammenwirken, sei es in Form sozialer Selbstorganisation. Für die tatsächliche Realisierung trägt der Staat jedoch die Letztverantwortung.892 Sie gründet ähnlich der Auffangverantwortung in staatlichen Schutzpflichten, auch und gerade im Kontext informationstechnischer Systeme,893 in den Vorgaben von Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip sowie der genuinen Gemeinwohlverpflichtung des Staats.894 Um dieser Gewährleistungsverantwortung895 gerecht werden zu können, muss sich der Staat praktisch Aufsichts-, Kontroll- und Zugriffsrechte vorbehalten.896 892

Möllers, VerwArch 90 (1999), 187, 200 f.: „Die Legitimationsleistung wird vom Erfordernis staatlicher Entscheidung zum Erfordernis staatlicher Verantwortung der richtigen Entscheidung verschoben.“ Ebenso Benz, Kooperative Verwaltung, S. 354. 893 Grundlegend zu Herleitung und Umfang grundrechtlicher Schutz- und Förderpflichten im Kontext der Informations- und Kommunikationstechnologie Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S.  129; Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 405, 410. 894 Zur Herleitung der Gewährleistungsverantwortung Schmidt-Preuß, in: VVDStRL, Bd. 56 (1997), S.  160, 172 ff.: Das Demokatieprinzip begründet die Letztentscheidungskompetenz des Staats (S. 175), das Rechtsstaatsprinzip verpflichtet zu transparentem, fairem und objektivem Handeln (S. 176). Zur originären Gemeinwohlverpflichtung Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 114; Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 71 Rn. 12. Kritisch zum Verweis auf die Realisierbarkeit staatlicher Letztverantwortung, insb. in Hinblick auf die Eigenständigkeit der privaten Akteure Trute, DVBl. 1996, 950, 955. Ebd., S. 956 f., zu den demokratisch-rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verantwortungsteilung. 895 Knauff, DÖV 2009, 581, 581; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap.  3 Rn.  114 ff.; Rupp, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 31 Rn.  58; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 103; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 409; Schoch, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S. 83, 87; Roßnagel, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 257, 271 ff.; Möllers, VerwArch 90 (1999), 187, 198 ff., insb. 201 f.; Trute, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 216, 267; Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 165, Fn. 21; Schmidt-Preuß, in: VVDStRL, Bd. 56 (1997), S. 160, 172 ff. Dass Privatisierung und Verantwortungsteilung zur Gewährleistungsverantwortung des Staats führen, zeigt sich auch an der Formulierung „Privatisierung – Gewährleistung – Regulierung“, hierzu Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 480 m. w. N. Zur nicht-privatisierbaren Letztverantwortung des Staats für obligatorische Staatsaufgaben Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 72, d. h. solche, die wie Rechtsprechung, Gesetzgebung oder die Ausübung des Gewaltmonopols nur durch den Staat wahrgenommen werden können, vgl. auch Korioth, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 30 Rn. 12. Zur Schemenhaftigkeit des Gewährleistungskonzepts trotz zahlreicher rechtswissenschaftlicher Diskussionen Kahl, Die Verwaltung 42 (2009), 463, 482. 896 Zu Aufsichts-, Kontroll- und Zugriffsrechten Schoch, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S. 83, 95. Ebenso Voßkuhle, in: VVDStRL, Bd.  62 (2003), S.  266, 311 ff., 320 ff. Daneben sind die Instrumente der Rechtssetzung und der Regulierung typisch für den Gewährleistungsstaat, vgl. Döhler, in: Blanke/Nullmeier/Reichard/Wewer, Handbuch zur Verwaltungsreform, S.  144. Allgemein zur Regulierung Holtwisch, Die Verwaltung 43 (2010), 567, 571 (Regulierung als Kompensation von Privatisierungen). Zur Regulierung auch Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 29 ff.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Vielfach wird die neue Form der arbeitsteiligen Aufgabenerfüllung im Gewährleistungsstaat als Verantwortungsteilung bezeichnet.897 Dem Terminus der Verantwortungsteilung wird dabei teils kritisch entgegengehalten, dass lediglich der Staat auf das Gemeinwohl verpflichtet und daher der Staat allein verantwortlich sei.898 Dies ist in der Sache zutreffend. Auch im Gewährleistungsstaat sind private Akteure dem Gemeinwohl nicht unmittelbar verpflichtet oder gar demokratisch legitimiert. Doch steht der Ausschluss eines derartigen Verständnisses dem Gebrauch des Begriffs Verantwortungsteilung dahingehend nicht entgegen, dass die faktische Verantwortlichkeit für den Vollzug öffentlicher Aufgaben zwischen Staat und gesellschaftlichen Kräften geteilt wird. Gesellschaftliche Kräfte können mithin in die Aufgabenerfüllung, nicht jedoch in das Tragen der Verantwortung einbezogen werden.899 Die Aufgabenwahrnehmung ist anders als die Aufgaben­ trägerschaft teilbar.900 Der Staat zieht sich dementsprechend nicht vollständig aus der Aufgaben­ erfüllung zurück, auch wenn die Annahme der Aufgabenallzuständigkeit des Staats nicht aufrechterhalten werden kann.901 Die Option zur arbeitsteiligen Aufgabenerfüllung zusammen mit gesellschaftlichen Kräften entspricht der Idee des vernetzten Staat-Bürger-Verhältnisses in der Informationstechnologiegesellschaft. Die Trennung von gesellschaftlicher und staatlicher Sphäre verliert im Gewähr­

897 Statt aller Martins, DÖV 2007, 456, 457 f.; Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 209. Mit besonderem Blick auf die europäische Entwicklung und ihren Vorgaben für das nationale Recht spricht Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 16 vom „Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit“. Als „Königsweg zwischen Aufgabenprivatisierung und staatlicher Überforderung“ wird die Aufgaben- und Verantwortungsteilung beschrieben von Trute, DVBl. 1996, 950, 950. Heintzen, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 220, 234 bevorzugt den Begriff der „Zuständigkeitsteilung“. 898 Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 211 f. versteht unter Verantwortungsteilung, „dass sich die staatliche Steuerung auf die Initiierung, Anleitung und Absicherung der eigenverantwortlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch private Akteure im Sinne einer normativen Umgehung beschränkt.“ Kritisch, da in der Sache unzutreffend bewertet Rupp, in: Isensee/ Kirchhof, HStR, Bd. II, § 31 Rn. 57 den Terminus Verantwortungsteilung. Auf die Ungleichgewichtigkeit der Rollen verweist Schmidt-Preuß, in: VVDStRL, Bd. 56 (1997), S. 160, 166, da nur der Staat dem öffentlichen Interesse verpflichtet ist. Ähnlich Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 114. 899 Martins, DÖV 2007, 456, 457; Rupp, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 31 Rn. 58; Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 214 mit Verweis auf die „endogenen Potenziale der Gesellschaft, ihrer Wissensbestände, Lernfähigkeit, Kreativität und Problemlösungskapazitäten“. Zur Unterscheidung zwischen „faktischer Verantwortungsverschiebung“ und „rechtlicher Verantwortungsteilung“ Schliesky/Schulz u. a., „Arbeitsteilung 2.0“, S. 105. 900 Heintzen, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 220, 232. Ähnlich Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 285, der die Verantwortungsträgerschaft im Rechtssinne ebenfalls von der faktischen Ausübung trennt. 901 Zur „Abkehr von der Aufgabenallzuständigkeit des Staates“ im offenen Verfassungsstaat Hobe, Der offene Verfassungsstaat zwischen Souveränität und Interdependenz, S.  409. Zur Aufgabenverlagerung in den privaten Sektor aus Gründen der Effizienzsteigerung Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 197 ff.

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

201

leistungsstaat an Trennschärfe.902 Staatliche Steuerung wird durch gesellschaftliche Selbstregulierung und das Spektrum zwischen beiden Polen ergänzt.903 Daten und Informationen als Grundlage der Herrschaftsausübung haben hierfür all denjenigen zur Verfügung zu stehen, die Herrschaft ausüben bzw. öffentliche Aufgaben ausführen. Privates Wissen wird für die öffentliche Aufgabenwahr­nehmung immer wichtiger. Vor allem aber fordert eine arbeitsteilige Aufgabenwahrnehmung zwischen Staat und Gesellschaft einen dem Grunde nach gleichberechtigten Zugang Privater zu Informationen des Staats.904 Die Zugänglichkeit staatlicher Informationen im Sinne einer Informationsteilung ist auch im Gewährleistungsstaat nicht nur Funktionsvoraussetzung, sondern Wert. Teils wird Offenheit sogar zum Staatszweck erhoben.905 II. Öffentlichkeit als Grundlage des Staat-Bürger-Verhältnisses in der Informationstechnologiegesellschaft Das Leitbild einer Vernetzung von Staat und Bürger in der Informationstechnologiegesellschaft, das Anleihen am verwaltungswissenschaftlichen GovernanceKonzept und dem rechtswissenschaftlichen Leitbild des Gewährleistungsstaats nimmt, ohne dass diese die technologische Entwicklung zum Ausgangspunkt der Betrachtung nähmen, ist durch zwei Grundfunktionalitäten geprägt, die auch das Internet kennzeichnen: Entgrenzung und Vernetzung. Zwar ist seit jeher eine strikte Trennung von Staat und Gesellschaft dergestalt abzulehnen, dass beide Sphären in keiner Weise miteinander identifiziert werden können.906 Doch die strukturelle Kopplung beider Systeme, um mit den Worten Luhmanns zu sprechen,907 verdichtet sich durch die Entgrenzung und Vernetzung beider Teilsysteme.908 Zudem wird das Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Gesellschaft nivelliert. Zwar bleibt der Staat primus, das aber inter pares: Er ist als demokratisch legitimierte Instanz dem Gemeinwohl verpflichtet und für dessen Verwirklichung verantwortlich. Doch der Bürger wird zunehmend in Gemeinwohlkonkretisierung und Aufgabenerfüllung einbezogen.

902

Martins, DÖV 2007, 456, 458. Schmidt-Preuß, in: VVDStRL, Bd. 56 (1997), S. 160, 162 ff. Zur instrumentellen Selbststeuerung, d. h. der Verwirklichung öffentlicher Zwecke durch organisierte gesellschaftliche Kräfte Di Fabio, in: VVDStRL, Bd. 56 (1997), S. 235, 238 ff. 904 Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 28; Schrader, BayVBl. 2012, 289, 297; Voßkuhle, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 266, 333. 905 Hobe, Der offene Verfassungsstaat zwischen Souveränität und Interdependenz, S. 419. 906 Zum Verhältnis von Staat und Gesellschaft aus der Sicht der Rechtswissenschaften 2. Teil, 3. Kap. A. III. 3. 907 Zur strukturellen Kopplung in der Systemtheorie Luhmanns s. o., 2. Teil, 1. Kap. B. V. 3.  908 Zur Aufhebung der Trennung von Staat und Gesellschaft bereits Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 649. 903

202

2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

1. Wert der Öffentlichkeit Was für die Konzepte von Governance und Gewährleistungsstaat festgestellt wurde, gilt auch für die Idee des vernetzten Staat-Bürger-Verhältnisses: Entgrenzung und Vernetzung auch der informationellen Grundlagen sind erforderlich. Die grundsätzliche Zugänglichkeit von Daten und Informationen ist nicht nur Voraussetzung der Funktionsfähigkeit des Internet. Sie ist in der Informationstechnologiegesellschaft auch als funktionaler Wert anzusehen, der der realen Vernetzung dient.909 Einerseits bedarf der Staat zur effektiven Erfüllung öffentlicher Aufgaben der Informationen, des Wissens sowie der kollektiven Intelligenz der Bürger.910 Andererseits ist der Bürger von den Daten und Informationen des Staats abhängig, soll er bei Gemeinwohlkonkretisierung und Aufgabenerfüllung mitwirken.911 Gleiches gilt auch, sofern dem Bürger Verantwortung für den eigenen Schutz übertragen wird, etwa falls effektiver Rechtsschutz wie im Internet nur möglich ist, wenn sich der Bürger der Gefahren bewusst ist und für Sicherheit auf Infrastruktur- wie Anwendungsebene sorgen kann. Dies ist nur auf Grundlage hinreichender Informationen möglich. Die umfassende Entgrenzung und Vernetzung der Daten- und Informationsbestände ist Voraussetzung des Wandels des Staat-Bürger-Verhältnisses. Die Charakterisierung des Zustands der Öffentlichkeit als funktionaler Wert ist vom normativen Öffentlichkeitsideal der Aufklärung zu scheiden.912 Während diese Öffentlichkeit als Garant für Wahrheit und Vernunft erachtete, ist Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft eine Zielvorstellung, die zur Verwirklichung der Vernetzung von Staat und Bürger beiträgt. Öffentlichkeit allein kann dies nicht sicherstellen. Doch ist sie unabdingbare Voraussetzung.

909

Zum funktionalen Wert Stichwort: Wert, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Früh Heckmann, in: Heinrich, Festschrift für Hans-Joachim Musielak zum 70. Geburtstag, S. 207, 221; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 104; Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 3, 14. Jüngst Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 241. 911 Zur Notwendigkeit der Vernetzung der informationellen Grundlagen Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 104; Dix, in: Möller/Zezschwitz, Verwaltung im Zeitalter des Internet, S.  85, 100 [Beitrag Nedden]; Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 199 f.; Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 215; Blanke, Aktivierender Staat – aktive Bürgergesellschaft, S. 22. Schon 1998 forderte Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 161 f. in Reaktion auf die Informationsgesellschaft ein neues Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft. Ebd., S.  211, auch zur Öffentlichkeit als brachliegende Steuerungsressource. Allgemein Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 199, 201. 912 Zum normativen Verständnis des Öffentlichen s. o., 2. Teil, 1. Kap. B. III. 2. Umfassend Wegener, Der geheime Staat, S. 130 ff. 910

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

203

2. Ort der Öffentlichkeit Die Entwicklung der Informationstechnologiegesellschaft wird durch die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie geprägt wie vorangetrieben. Daher liegt es nahe, das Internet als zentralen Ort des Öffentlichen in der Informationstechnologiegesellschaft anzusehen. Im Internet kann das Öffentlichkeitsideal der Informationstechnologiegesellschaft in sämtlichen Phasen des Zusammenwirkens von Staat und Bürger verwirklicht werden.913 Das Internet kann Öffentlichkeit schaffen.914 Doch griffe es zu kurz, die Sphäre des Öffentlichen allein im Internet zu verorten. Denn, um mit den Worten der Demokratietheorie zu sprechen: Freiheit und Gleichheit können nicht als umfassend verwirklicht angesehen werden. Weder ist das Internet selbst in der Informationstechnologiegesellschaft alleiniger Aktionsraum des Individuums, noch verfügt jedermann über die technischen wie intellektuellen Möglichkeiten sowie über den Willen, das Internet als Ort des Öffentlichen anzuerkennen.915 Schon angesichts der digitalen Spaltung kann das Internet nicht ausschließlicher Raum zur Herstellung des Öffentlichen sein.916 Der Einzelne hat noch ein „Grundrecht auf IT-Abwehr“ 917.

913 In Anlehnung an das aus den Politikwissenschaften bekannte Modell des policy-cycle können folgende Phasen der Zusammenarbeit zwischen Staat und Bürger unterschieden werden: Problemdefinition und -thematisierung („agenda setting“), Politikformulierung und -implementierung, Evaluation sowie ggf. erneute Definition, vgl. BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S.  30 ff.; Hoecker, APuZ 39–40/2002, 37, 37; weniger ausgeprägt Welz, APuZ 39–40/2002, 3.  914 s. o., 2. Teil, 3. Kap. A. I. 5.  915 Internetnutzer und Gesamtheit der Bürger fallen auseinander. Hierzu Baer, Blätter für deutsche und internationale Politik 2011, 90, 96; Enders/Reuter/Stahl, Navigationen 2008, 49, 49; Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 91 Rn. 28; Schmitz, in: Schmidt-Aßmann/Sellner/Hirsch/Kemper/Lehmann-Grube, Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S.  677, 695; Würtenberger, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S. 3, 5; Schoch, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S. 83, 85; Dix, in: Möller/Zezschwitz, Verwaltung im Zeitalter des Internet, S. 85, 86; Welz, APuZ 39–40/2002, 3, 5; Friedrichs/Hart/Schmidt, APuZ 39–40/2002, 12, 12; Hoecker, APuZ 39–40/2002, 37, 38, 40; Trute, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 216, 269; Stichwort: Wissensgesellschaft, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. Speziell zum Nutzungswillen des Bürgers, speziell in Form des demokratischen Teilhabewillens Hoecker, APuZ 39–40/2002, 37, 42. 916 Zur digitalen Spaltung 2. Teil, 3. Kap. A. I. 5. sowie 2. Teil, 3. Kap. B. I. 2. 917 Frühzeitig im Kontext des E-Government zur Ablehnung eines „aufgedrängten E-Governments“ Heckmann, MMR 2006, 3, 5 auf Grundlage der Freiheitsrechte als Abwehrrechte. Es steht jedoch im Ermessen des Staats, einem Recht auf IT-Abwehr die Grundlage zu entziehen, indem er die infrastrukturellen und intellektuellen Voraussetzungen zur umfassenden Nutzbarkeit des Internet durch jedermann schafft, ebd., S. 7. Zum Prinzip der „Hilfe durch Selbsthilfe“, die mitunter durch Informationen sichergestellt werden kann Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S. 129, 148 f. im Rahmen der IT-Sicherheit.

204

2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

Dies gilt selbst dann, wenn der Gefahr der Ausdifferenzierung der Öffentlichkeit in themenspezifische Teilöffentlichkeiten staatlicherseits durch Integration entgegengewirkt,918 der Gefahr der informationellen Überforderung in der Infor­ mationsflut durch technische Selektions-, Such- und Aufbereitungsmechanismen entgegengetreten wird.919 Denn der Anerkennung des Internet als ausschließlichem Ort zur Herstellung von Öffentlichkeit steht auch entgegen, dass Vertrauen Funktionsvoraussetzung des Rechts ist, die Anonymität im und Komplexität des Internet die Bildung von Vertrauen jedoch erschweren.920 Die im Netz zu beobachtende Schnelligkeit steigert die Gefahr der Flüchtigkeit und Unverbindlichkeit internetgestützter Öffentlichkeit weiter.921 Schließlich ist es nicht nur auf Nutzerseite nicht möglich, die Zugänglichkeit des Internet als Raum der Öffentlichkeit umfassend sicherzustellen. Auch auf Anbieterseite kann die Zugänglichkeit angesichts des weitreichenden Einflusses Privater auf logischer und inhaltlicher Ebene nicht gewährleistet werden. Auf den Zugang zu Infrastruktur und Inhalt können Private bewusst oder unbewusst, aus wirtschaftlichen, privaten, politischen oder sonstigen Gründen Einfluss nehmen.922 Obwohl es Öffentlichkeit schafft, ist das Internet nicht zwingend ein öffentliches Medium im Sinne der Zugänglichkeit für alle Bürger.923 Die vorgebrachten Bedenken führen nicht dazu, dass das Internet nicht als Ort des Öffentlichen angesehen werden darf. Vielmehr muss zweierlei gelten: Zum einen hat der Staat durch technische und informationelle Maßnahmen die Verwirklichung des Potenzials des Internet zu befördern.924 Zum anderen ist der digi 918 Zur Individualisierung und der Herausbildung themenspezifischer Teilöffentlichkeiten s. o., 2. Teil, 3. Kap. B. I. 2., sowie Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 231, 246; Calliess, DVBl. 2003, 1096, 1097. 919 Zur Informationsflut BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S.  41; Welz, APuZ 39–40/2002, 3, 5 f. 920 Hoecker, APuZ 39–40/2002, 37, 41; Friedrichs/Hart/Schmidt, APuZ 39–40/2002, 12, 13 ff., 16.  Grundsätzlich zur Problematik informationellen Vertrauens Klumpp/Kubicek u. a., in: Klumpp/Kubicek/Roßnagel/Schulz, Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft, S. 1, 5. 921 Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 231, 245 f. Dort auch zur Abschwächung sozialer Verhaltensnormen im Netz. Zur Absenkung der Hemmschwellen durch Anonymität bereits oben, 2. Teil, 3. Kap. B. I. 1. 922 Speziell zur Gefahr der Demagogie Schmidt, APuZ 7/2012, 3, 7; Henneke, DVBl. 2012, 1072, 1073; Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IV, § 91 Rn.  76. Neben der bewussten Verfälschung besteht die Gefahr der Selektion, etwa durch Suchmaschinen. Hierzu Schmidt, APuZ 7/2012, 3, 8 m. w. N. („filter bubble“); Machill/Beiler, in: Klumpp/Kubicek/Roßnagel/ Schulz, Informationelles Vertrauen für die Informationsgesellschaft, S. 159, 159, 166 f.; Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 91 Rn. 76 u. a. unter Verweis auf den Einsatz von Filtertechnik; Welz, APuZ 39–40/2002, 3, 6; Hoecker, APuZ 39–40/2002, 37, 39. Zur Verknüpfung von Infrastruktur und Inhalt Schächter, in: Redwitz, Die digital-vernetzte Wissensgesellschaft, S. 366, 367. 923 Henneke, DVBl. 2012, 1072, 1073. 924 Zum Erfordernis des Schutzes des Kommunikationsraums des Internet vor „Erosion, Vernachlässigung und Missbrauch“ Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Govern-

3. Kap.: Bürger und Staat in der Informationstechnologiegesellschaft 

205

talen Spaltung entgegenzuwirken und Öffentlichkeit auch jenseits des Internet zu gewährleisten. III. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Mit Blick auf den Bedeutungszuwachs, den sowohl Daten und Informationen als auch die technologische Entwicklung erfahren, lässt sich die Gesellschaft als Informationstechnologiegesellschaft kennzeichnen. Ohne umfassende Gesellschaftstheorie sein zu können und zu wollen, sollen mit der Charakterisierung der Gesellschaft als Informationstechnologiegesellschaft die treibenden Kräfte der gesellschaftlichen Entwicklung schlagwortartig verkürzt werden. Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung als technische Grundfunktionalitäten des Internet wirken dabei auf Individuum, Gesellschaft und Staat sowie auf das Staat-Bürger-Verhältnis zurück. Die Zugänglichkeit von Daten und Informationen sowie deren infrastrukturelle Voraussetzung, die Informations- und Kommunikationstechnologie, ist funktionaler Wert. Die soziale Stellung des Einzelnen wird immer stärker von der Realisierung beider Faktoren bestimmt. Eine einseitige Determinierung sowohl der sozialen Stellung des Einzelnen als auch des Wandels der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit ist jedoch abzulehnen. In der Informationstechnologiegesellschaft wird die Stellung des Individuums, des Bürgers, gestärkt. Seine Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten werden durch Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung sowie die Verfügbarkeit von Daten und Informationen erweitert. Demgegenüber verliert der Staat als alleinige Herrschaftsinstanz an Bedeutung. Der Staat ist nicht mehr unabhängiges Funktionssystem, das den Realbereich einseitig und hierarchisch zu regeln in der Lage ist. Das Recht ist nicht mehr ausschließliches Instrument zur Regelung so­ zialer Sachverhalte. Allerdings ist das Recht und mit ihm der Staat in der Lage, sich an die veränderte Rolle anzupassen. Das Recht kann der sich ausbreitenden Entgrenzung und Vernetzung der Funktionssysteme ebenso Rechnung tragen wie der durch das Fortschreiten der Informations- und Kommunikationstechnologie ausgelösten Beschleunigung und dem Vertrauensverlust, auch wenn die Anpassung zu weitreichenden Veränderungen in Hinblick auf die Aufgabenwahrnehmung durch den Staat und die Wirkmechanismen des Rechts führt.925 Das Recht muss sich anpassen, um seiner Funktionsfähigkeit nicht verlustig zu gehen.

ment, S. 231, 251. Ebenso Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 91 Rn. 81, 88; Friedrichs/Hart/Schmidt, APuZ 39–40/2002, 12, 13. 925 Zum Dreischritt von (1) Fortgeltung des Rechts im Internet, (2) Anpassungsnotwendigkeit des Rechts im Internet und (3) Notwendigkeit des Rechtsschutzes „im Internet und nicht gegen das Internet“ Heckmann, K&R 2010, 770, 775 ff.

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2. Teil: Interdisziplinäre Grundlegung

In diesem Konglomerat aus Anpassungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten ist die Anpassung an die veränderte Beziehung von Staat und Bürger hervorzu­ heben. Der Einzelne wird immer stärker in Gemeinwohldefinition und Aufgabenwahrnehmung einbezogen. Dies macht eine Entgrenzung und Vernetzung auch der informationellen Grundlagen erforderlich. Denn individuelles Handeln wie Staatshandeln sind informationsabhängig. Öffentlichkeit, verstanden als Zustand der Offenheit und Zugänglichkeit, insbesondere von Daten und Informationen, ist in der Informationstechnologiegesellschaft funktionaler Wert. Die Idee der Informationsgerechtigkeit wird in der Informationstechnologiegesellschaft erweitert: Während die Idee der Informationsgerechtigkeit ursprünglich einen Ausgleich zwischen den kollidierenden Informationsinteressen von Staat und Bürgern sowie einen möglichst offenen Zugang zum Meinungs- und Willensbildungsprozess intendiert,926 ist in der Informationstechnologiegesellschaft eine umfassende Entgrenzung und Vernetzung der informationellen Grundlagen funktionsnotwendig. Zwar bedarf dabei auch der Staat des Wissens der Bürger. Vor allem aber hat der Staat die in seiner Verfügungsgewalt befindlichen Daten und Informationen – bislang Grundlage einseitiger Herrschaftsausübung, inzwischen Voraussetzung einer Einbeziehung der Bürger in Gemeinwohlkonkretisierung und Aufgabenwahrnehmung – zugänglich zu machen.927 Als Ort zur Verwirklichung der Öffentlichkeit ist angesichts der maßgeblichen Prägung des Wandels durch die Informations- und Kommunikationstechnologie primär das Internet anzusehen. Jedoch darf es schon angesichts der digitalen Spaltung, deren rechtlicher Verankerung im „Grundrecht auf IT-Abwehr“ sowie dem Gleichheitssatz und seiner Forderung nach Technikneutralität nicht als alleiniger Ort zur Herstellung von Öffentlichkeit angesehen werden. Zudem ist den Gefahren, die den Grundfunktionalitäten des Internet immanent sind, und dem Risiko der Instrumentalisierung auch durch Private entgegenzuwirken.

926 Instruktiv zu den Facetten der Informationsgerechtigkeit Kloepfer, Informationsrecht, § 4 Rn. 15 ff. Allgemein zur Bedeutung gleichberechtigter Information i.R.d. Verantwortungs­ teilung zwischen Privaten und Staat Trute, DVBl. 1996, 950, 961. 927 Zur Bringschuld des Staats Dix, in: Möller/Zezschwitz, Verwaltung im Zeitalter des In­ ternet, S. 85, 99. Ähnlich BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 56; Voßkuhle,­ VerwArch 92 (2001), 184, 201.

3. Teil

Rechtliche Grundlegung 1. Kapitel

Grundlagen Die Öffnung staatlicher Daten- und Informationsbestände für jedermann ist in Gestalt individueller Gewährleistungen Realität. Die weitergehende Forderung nach Transparenz, nach allgemeiner Zugänglichkeit und sekundärer Nutzbarkeit von Daten und Informationen der öffentlichen Hand für jedermann, ist hingegen eine politische Forderung, deren Umsetzung im Ermessen des Gesetzgebers zu stehen scheint. Ihr fehlt es nicht nur an einer flächendeckenden Umsetzung, sondern bereits an einem einheitlichen juristischen Begriffsverständnis von Open Government Data bzw. von Open Data der öffentlichen Hand.

A. Grundlagen der Definitionslehre In der politischen Debatte wird der Terminus Open Government Data bzw. Open Data der öffentlichen Hand uneinheitlich verwendet. Als gemeinsames Grundverständnis lässt sich die verwaltungsspezifische Forderung im Wege der Intension dahingehend konkretisieren, dass Open Government Data diejenigen Daten- und Informationsbestände erfasst, die der Verwaltungstätigkeit entstammen und die voraussetzungslos für jedermann allgemein zugänglich und nutzbar sind. Ein nicht auf die Verwaltungstätigkeit beschränktes, umfassendes Verständnis von Open Data der öffentlichen Hand adressiert sämtliche Daten- und Informationsbestände der öffentlichen Hand, die voraussetzungslos für jedermann allgemein zugänglich und nutzbar sind.1 Der etymologischen Annäherung lassen sich angesichts der Mehrdeutigkeit sämtlicher Begriffsbestandteile keine weitergehenden Aussagen zur rechtswissen­ schaftlichen Konkretisierung entnehmen.2 Dies gilt für Gegenstand wie Anwendungs­

1

Umfassend zum Verständnis von Open Government Data 2. Teil, 1. Kap. A. I. Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S.  44 ff. zur etymologischen Methode und ihrer Kritik: Der definierte Ausdruck ist in seine Bestandteile zu zerlegen. Der Sinn dieser einzelnen Bestandteile ist festzustellen, um anschließend einen Gesamtsinn zu konstruieren (S. 44). 2

208

3. Teil: Rechtliche Grundlegung

bereich und Umfang der Öffnung gleichermaßen, wie die Übersetzungen zeigen: Sie reichen von „offene Verwaltungsdaten“ bis zur „Öffnung von Informationen und Daten des öffentlichen Sektors für die Allgemeinheit“.3 Gleiches gilt für die Extension. Sie scheitert an der Vagheit des Begriffs Open Data der öffentlichen Hand.4 Denn sein Vorverständnis ist schon in der politischen Diskussion, erst recht aber in der rechtswissenschaftlichen Auseinandersetzung nicht einheitlich.5 Eine feststellende Definition, die als wahr gelten kann, kann nicht gefunden werden.6 An die Stelle einer feststellenden Definition hat eine Festsetzung der Bezeichnung und der künftigen Verwendung von Open Data der öffentlichen Hand in den Rechtswissenschaften zu treten („Definition im engeren Sinne“, „analytische Definition“).7 Analytische Definitionen können kraft Natur der Sache nicht am Grad ihres Zutreffens gemessen werden. Sie sind in gewissen Grenzen als willkürlich zu betrachten.8 Dennoch ist eine Orientierung am überkommenen Verständnis geboten, hier an der Open (Government) Data-Forderung. Sie hat Ausgangspunkt der begrifflichen Annäherung zu sein. Schließlich ist es Ziel, den Begriff für die rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung operationalisierbar zu machen. Teleologische Definitionen entsprechen der Funktion des Rechts.9 3

So kann das Adjektiv open auf den Zustand des Offenseins, die normative Beschreibung des Ersichtlichseins oder den juristischen Terminus der allgemeinen Zugänglichkeit Bezug nehmen, vgl. Stichwort: open, in: Bugg/Simon, Fachwörterbuch Kompakt: Recht Englisch. Government kann im Deutschen Regierung, Verwaltung oder Leitung bedeuten, Stichwort: government, in: Bugg/Simon, Fachwörterbuch Kompakt: Recht Englisch. Data bezeichnet Daten wie Informationen, Stichwort: data, in: Bugg/Simon, Fachwörterbuch Kompakt: Recht Englisch. Hierzu auch 2. Teil, 1. Kap. A. I. 2. 4 Zur Vagheit Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 34; Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 23. 5 Dubislav, Die Definition, S. 131 zum Kriterium des Zutreffens bei feststellenden Definitionen („Zeichenanalysen“); Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S. 39 ff. zum Kriterium der Adäquatheit von feststellenden Definitionen. 6 Statt feststellender Definition ist vielfach von deskriptiver Definition, von Zeichenanalyse oder von Zeichenerklärung die Rede, vgl. Dubislav, Die Definition, S.  131 ff. Ebd., S.  131, sowie Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S. 39 ff. zum Kriterium des Zutreffens bzw. der Adäquatheit. Allgemein zur Unterscheidung festsetzender, feststellender und regulierender Definitionen Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S. 18 ff. sowie zu den Schwierigkeiten, die aus der uneinheitlichen Terminologie resultieren, ebd., S. 12 f. 7 Dieses Verständnis legt auch Dubislav, Die Definition, S. 28 f. zugrunde. Er bezeichnet es als „Definition im engeren Sinne“, d. h. „die Festsetzung über die Bedeutung eines neu einzuführenden Zeichens bzw. über die Verwendung, die es finden soll, einschließlich der so genannten Erläuterung.“ Die Festsetzung ist dabei in gewissen Grenzen willkürlich. Ebenso Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S.  37 f. Zum Ziel von Definitionen, einen alltäglichen Sprachgebrauch zu präzisieren Savigny, Grundkurs im wissenschaftlichen Definieren, S. 26. 8 Dubislav, Die Definition, S. 29. Dort (S. 21 ff.) auch zur Entwicklungsgeschichte, beginnend mit Thomas Hobbes, fortgeführt von Blaise Pascal. 9 Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 39. Dort auch zur „teleologischen Begriffsbildung“ als Methode der Juristen.

1. Kap.: Grundlagen

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Hierauf aufbauend sind die Regeln der Explikation heranzuziehen, mit deren Hilfe Alltagsbegriffe im Wege der Präzisierung in wissenschaftliche Termini umgeformt werden.10 Nach der Wahl des zu definierenden Begriffs11 und seiner einleitenden Erläuterung ist eine präzise Bestimmung des Begriffs vorzunehmen und in das Rechtssystem einzufügen.12 Die bisherige Bedeutung ist jedoch nur insofern zum Ausgangspunkt zu nehmen, als sie wissenschaftlich nützlich ist. In diesem Umfang können Explikationen aufgrund ihres Konnexes zum alltäglichen Sprachgebrauch als adäquat und zweckmäßig bezeichnet werden.13 Darüber hinaus muss die Explikation wie jede Definition formal korrekt sein.14 Zudem ist die Definition präzise und einfach zu formulieren sowie auf das We­ sentliche zu beschränken,15 wobei auch diese Eigenschaften hinter der wissenschaftlichen Nützlichkeit zurücktreten. Folgende Kriterien sind in absteigender Wichtigkeit zu berücksichtigen: die wissenschaftliche Nützlichkeit inklusive der Anpassungsfähigkeit an den Wandel der Realität,16 die Präzision, die Ähnlichkeit 10 Zu den Regeln der Explikation, erstmals vom deutschen Philosophen Rudolf Carnap formuliert, Essler, Wissenschaftstheorie I, S. 60 ff.; Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S. 157 ff. 11 In der Lehre der Explikation ist erster Schritt die Wahl des Explikandums, d. h. des zu erklärenden Terminus. Dies sind Begriffe der Alltagssprache oder des jeweiligen Wissenschaftssystems, jedoch in einem früheren Entwicklungsstadium der Wissenschaft. Eine Ersetzung durch Fachausdrücke ist jedoch – gerade in Anschluss an die Explikation – möglich, um der durch die Explikation hervorgerufenen Mehrdeutigkeit entgegenzuwirken, Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S. 161. 12 Der Bezug zu einer konkreten wissenschaftlichen Theorie und deren Zielsetzung sowie die Notwendigkeit der Einführung der gewonnenen Definition in ein Begriffssystem unterscheidet die Explikation von regulierenden Definitionen, obwohl beide von der bisherigen Bedeutung eines Begriffs ausgehen, Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S. 183 f. 13 Eine Aussage über den Wahrheitsgehalt ist hingegen nicht möglich, Essler, Wissenschafts­ theorie I, S. 61. 14 Formal korrekt ist eine Definition nicht schon dann, wenn sie die Termini des relevanten wissenschaftlichen Teilsystems korrekt verwendet. Zudem muss sie den formalen Voraussetzungen entsprechen, die an eine Definition gestellt werden. Dies sind insb. Eliminierbarkeit, Nichtzirkularität und Widerspruchsfreiheit. Zur Eliminierbarkeit und Nichtzirkularität Essler, Wissenschaftstheorie I, S.  76 ff.; Dubislav, Die Definition, S.  XIV  ff. [Vorwort Essler]. Zur Widerspruchsfreiheit Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S. 38. 15 Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S. 106 ff., 110 f. zur Beschränkung auf wesent­ liche Eigenschaften. Von Bedeutung ist dies insb. bei Typenbegriffen. Weitere Vorgaben für Definitionen bei Savigny, Grundkurs im wissenschaftlichen Definieren, S.  102 ff. Ebd., S. 115 ff., zur Neuheit der Definition. Darunter fallen das Zirkelverbot, das Verbot von Mehrfachdefinitionen und das Verbot, dass das Definiendum bereits in früheren Behauptungen enthalten ist, außer es ist aus dem bisherigen System ableitbar. Zum Prozesscharakter jeglicher Erkenntnis, insb. in den Erfahrungswissenschaften Essler, Wissenschaftstheorie I, S. 16 f. 16 Als wissenschaftlich nützlich kann die so gewonnene Definition gelten, als sie den außerrechtlich formulierten Zielen entspricht und sie formal korrekt in die Rechtssprache übersetzt, Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 39. Maßgeblich für die Nützlichkeit von Definitionen in den Geisteswissenschaften kann die Elastizität der Definition gelten, d. h. ihre Graduierbarkeit und Anpassungsfähigkeit an die Wirklichkeit und deren Wandel. Zur Bedeutung der Innovationsoffenheit im Recht und den Methoden ihrer Sicherstellung Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 196 f.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

mit dem Explikandum, dem zu explizierendem Ausdruck, und schließlich die Einfachheit.17 Abschließend lässt sich der eingangs definierte Begriff durch einen Fachbegriff ersetzen, um die durch die Explikation hervorgerufene Mehrdeutigkeit zu vermeiden. Zudem entspricht die Verwendung wissenschaftlicher Fachausdrücke der Einbet­tung in ein wissenschaftliches System.18 Die so gewonnene Überführung der Open (Government) Data-Forderung in das System der Rechtswissenschaften ist gerade angesichts der teleologischen Begriffsbildung in den Rechtswissenschaften dann zweckmäßig und adäquat, wenn Definiens, Definiendum und Zweck übereinstimmen.19

B. Grundlagen der teleologischen Begriffsbildung Open Government und Open (Government) Data führen mit den Grundgedanken Öffentlichkeit und Beteiligung zentrale Elemente der Demokratietheorie fort, die seit der Antike konstituierend für demokratische Systeme sind. Bevor eine präzise Begriffsbestimmung gefunden werden kann, ist angesichts des grundlegenden Charakters des Gedankens der Öffentlichkeit deren Gehalt als Rechtsbegriff sowie der Adressat einer entsprechenden rechtlichen Forderung zu untersuchen. I. Öffentlichkeit als Rechtsbegriff Es existieren zahlreiche Rechtsbegriffe, d. h. Begriffe des positiven Rechts („Rechts­satz- bzw. Gesetzesbegriffe“) und von den Rechtswissenschaften geformte Begriffe („rechtswissenschaftliche Begriffe“)20, die die Idee der Wahrnehmbarkeit zum Ausdruck bringen. So wird zwischen Offenheit, Zugang und Zugänglichkeit, zwischen Publizität, Transparenz und Öffentlichkeit unterschieden oder informationelle Grundversorgung gefordert. Die Differenzierung bei Inhalt und Verwendung der Termini erfolgt jedoch wenig trennscharf. Grund für die vage Terminologie ist mitunter die Mehrdeutigkeit der Begriffe, die bereits im alltagssprachlichen Verständnis zu Tage tritt.21 17

Essler, Wissenschaftstheorie I, S. 61 f.; Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S. 166 ff. Essler setzt die Anforderungen jedoch nicht in ein abgestuftes Verhältnis. 18 Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S. 161. Die juristische Terminologie verwendet zwar häufig Begriffe der Alltagssprache. Dies führt jedoch aufgrund der dann gegebenen Mehrdeutigkeit zu Unsicherheit, vgl. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 39. 19 Zur teleologischen Begriffsbildung Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 39. Zur Unterscheidung von (1) Definiendum, dem zu definierendem Ausdruck, (2) Definiens, dem definierenden Ausdruck sowie (3) Kopula, die die Äquivalenz von Definiendum und Definiens zum Ausdruck bringt Pawlowski, Begriffsbildung und Definition, S. 10 f. 20 Zur Terminologie von Rechtsbegriffen Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 37 m. w. N. 21 Ausführlich oben, 2. Teil, 1. Kap. B.: So bezeichnet Öffentlichkeit ursprünglich den fakti­ schen Zustand des Offenseins. Daneben trat die Bezeichnung des Publikums als Öffentlichkeit

1. Kap.: Grundlagen

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1. Grundverständnis der Rechtsbegriffe Offenheit, alltagssprachlich ein Ausdruck von Aufrichtigkeit und Aufgeschlossenheit,22 findet sich als Rechtsbegriff vorwiegend im Gemeinschaftsrecht. So verpflichtet Art. 15 Abs. 1 AEUV die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zu „weitestgehender Beachtung des Grundsatzes der Offenheit.“ Art. 1 Abs. 2 EUV sieht eine neue Stufe auf der europäischen Integrationsleiter als erklommen an, wenn Entscheidungen „möglichst offen und bürgernah getroffen werden“. Ähnliche Grundsätze schreiben Art. 298 Abs. 1 AEUV in Bezug auf die Verwaltung sowie Art. 11 Abs. 2 EUV für das Verhältnis sämtlicher Organe zur Zivilgesellschaft fest. Eine Definition des Offenheitsbegriffs fehlt. Jedoch lässt sich dem Kontext der europäischen Verwendung entnehmen, dass der Rechtsbegriff eng an das alltagssprachliche Verständnis angelehnt ist. Offenheit bezeichnet demnach den Zustand und die Bereitschaft, sich unvoreingenommen mit jedermann auseinanderzusetzen. Als Voraussetzung einer offenen Auseinandersetzung mit jedermann ist auch die Komponente des Zustands der allgemeinen Wahrnehmbarkeit und Zugänglichkeit vom Begriff der Offenheit erfasst. In diesem Sinne, also verstanden als Zustand der allgemeinen Wahrnehmbarkeit und Zugänglichkeit,23 findet Offenheit im deutschen Rechtsraum Verwendung, wenn auch nur vereinzelt.24 Zugang als Rechtsbegriff kennzeichnet im Kontext des Informationsrechts bislang die (individuelle)  Gewährleistung eines subjektiven Rechts auf Zugang zu vorhandenen Informationen in der vorhandenen Form.25 Jenseits des Informa­ tionsrechts wird der Begriff des Zugangs vor allem als Voraussetzung des Wirksamwerdens von Willenserklärungen und damit ebenfalls in Hinblick auf individua­ lisierbare Personen verwendet. Der Individualbezug liegt auch dem europäischen Verständnis zugrunde, wie Art. 15 Abs. 3 UAbs. 1 AEUV in Hinblick auf den Informationszugang oder Art. 67 Abs. 4 AEUV in Bezug auf den Zugang zum Recht bestätigen. sowie des Raums, dem das Gemeinwesen zugeordnet wird. Nach und nach wurde Öffentlich­ keit zudem als Ausdruck der Gemeinwohlorientierung zum normativen Prinzip erhoben. Zu­ sammenfassend Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11. Transparenz bezeichnet alltagssprachlich teils allein den Zustand des Offenseins, teils auch ein Moment der Verständlichkeit. Ähnliches gilt einer etymologischen Betrachtung zufolge für den Begriff der Publizität, der vom Lateinischen „publicus“, dem zu „populus“ (Lateinisch für Volk) gehörigen Adjektiv abstammt. Einerseits wird der Bezug zum Gemeinwesen, andererseits zum Gemeinwohl zum Ausdruck gebracht, Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 26 ff., 35. 22 Stichwort: Offenheit, in: Dudenredaktion, Duden – Deutsches Universalwörterbuch; Stichwort: Offenheit, in: Dudenredaktion, Duden – Das Bedeutungswörterbuch. 23 Die teils übereinstimmende Bedeutung von Offenheit und Öffentlichkeit beruht auf der historischen Wurzel beider Termini: Sie stammen ab vom Althochdeutschen „offan“, vgl. Köbler, in: Köbler, Etymologisches Rechtswörterbuch, S. 289, 289 f. 24 Kloepfer, Informationsrecht, § 4 Rn. 24 zur „Offenheit des Informationsgeschehens“. 25 Vgl. auch Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 3.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

Weniger einheitlich wird der Begriff der Zugänglichkeit verwendet. Meist wird ebenfalls die Möglichkeit des Zugangs im Sinne der Wahrnehmbarkeit adressiert. Da der Terminus der Zugänglichkeit häufig adjektivisch zur öffentlichen oder allgemeinen Zugänglichkeit ergänzt wird, kennzeichnet die (öffentliche oder allge­ meine)  Zugänglichkeit regelmäßig die Möglichkeit des Zugangs für eine unbestimmte, im Vorfeld nicht abgrenzbare Vielzahl von Personen. So erachtet das Bun­desverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung eine Quelle dann als allgemein zugänglich im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG, wenn sie (technisch) „geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, d. h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen.“26 § 19a UrhG definiert das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung als das Recht, „das Werk […] der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit an Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.“ Öffentlich ist dabei alles, was „für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist“, d. h. für eine Personenmehrheit, die nicht nur durch persönliche Beziehungen miteinander verbunden ist, § 15 Abs. 3 UrhG. Auch europäische Rechtstexte verwenden den Terminus der Zugänglichkeit in Bezug auf die Allgemeinheit, etwa in der in Art. 15 Abs. 3 UAbs. 5 AEUV normierten öffentlichen Zugänglichkeit von Dokumenten des Gesetzgebungsverfahrens. Wird der Nexus zur Allgemeinheit jedoch gelöst, kennzeichnet Zugänglichkeit den Zustand des Offenstehens und der Wahrnehmbarkeit für Dritte, egal ob der Adressatenkreis individuell abgrenzbar oder unbestimmt ist.27 Insofern ist Zugänglichkeit als Oberbegriff anzusehen, der individuelle wie allgemeine Zugänglichkeit erfasst. Öffentlichkeit und das verwandte Öffentliche als Rechtsbegriff beinhalten auf nationaler wie europäischer Ebene ebenso wie das alltagssprachlich-politikwissenschaftliche Verständnis faktische wie normative Dimensionen. In der Grundbedeutung wird auf die faktische Offenheit für einen prinzipiell unbegrenzten Adres­ satenkreis Bezug genommen.28 Als solches bezeichnet Öffentlichkeit den Zustand der allgemeinen Wahrnehmbarkeit sowie die Personenmehrheit („Publikum“29 26

BVerfG, Beschl. v. 3.10.1969 – 1 BvR 46/65 – juris Rn. 35 – BVerfGE 27, 71. Anfangs stellte das BVerfG bei der Eignung eine technische Betrachtung an. Inzwischen entscheidet die Verfügungsberechtigung, vgl. BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 u. a. – juris Rn. 56 – BVerfGE 103, 44. Umfassend Schemmer, in: BeckOK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 26 m. w. N. 27 So unterscheidet die Umweltsinformations-Richtlinie (RL 2003/4/EG) in Art.  1 zwischen „Zugang“ (lit.  a)  und dem „öffentlich zugänglich“ (lit.  b)  sein. Diese Trennung wird jedoch nicht durchgehalten, wird „zugänglich“ doch auch im Kontext des Indivualzugangs verwendet. 28 Scherzberg, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungs­ rechts, § 49 Rn. 1; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 11 ff.; Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 210; Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11, 12, 14. 29 Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 46. Allerdings lässt sich die Öffentlichkeit nicht mit der Gesamtheit der Bevölkerung gleichsetzen. Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11, 16 beschreibt das Publikum als „personifizierte Öffentlichkeit“.

1. Kap.: Grundlagen

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bzw. „Allgemeinheit“30), die vom Zustand der allgemeinen Wahrnehmbarkeit er­ fasst ist.31 Die Öffentlichkeit verstanden als Publikum, ist dabei nicht als einheitliches Ganzes aufzufassen, sondern als heterogene Personenmehrheit.32 Daneben findet sich auch im Verständnis der Öffentlichkeit als Rechtsbegriff die Bezeichnung des sozialen Raums, in dem sich die verschiedenen Öffentlichkeiten entfalten.33 Öffentlichkeit ist Raum zur Kommunikation und Interaktion. Daneben bringt Öffentlichkeit bzw. das Öffentliche die Zuordnung zum Gemeinwesen und zum Staatlichen zum Ausdruck.34 Ursprünglich unter ausdrücklicher Bezugnahme zur Hoheitsgewalt weitete sich das Begriffsverständnis zunehmend aus, so dass inzwischen auch die Staatsgewalt sowie „Subjekte staatlich dele­gierter Hoheitsgewalt“35 erfasst werden. Schließlich ist, abgeleitet vom Verständnis des Öffentlichen als des Gemeinen, das Öffentliche als Wertbegriff auch im System des Rechts Garant des Gemeinwohls.36 Letzteres Verständnis wird jedoch in Frage gestellt, wenn nicht gar abgelehnt.37 Da der Terminus Öffentlichkeit Bedeutungskomponenten des Lateinischen „publicus“ in sich aufgenommen hat, überschneiden sich die Begriffe der Öffentlichkeit und der Publizität teilweise. Beide nehmen auf den Zustand der all-

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Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 178. Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S.  14 f.; Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rn. 107; Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 42 ff. 32 Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 210; Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 48 f. 33 Pieroth, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S. 195, 196; Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 48 f. 34 Rogg, Demokratie und Internet, S. 185 in Habermas’scher Tradition; Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 81 ff. Damit nimmt die Öffentlichkeit Elemente des Lateinischen „publicus“ in sich auf. 35 Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 100. 36 Der Begriff des Gemeinen und des Öffentlichen finden als wertbezogene Begriffe synonym Verwendung. Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 178 verweist auf die Unbestimmtheit des Gemeinwohlbezugs angesichts der Unbestimmtheit der Öffentlichkeit als Adressat: „Lassen sich demnach öffentliche bzw. allgemeine Interessen nicht genauer kennzeichnen als übereinstimmende Interessen unbestimmter Personenvielheiten, dann müssen demgegenüber als private bzw. besondere solche Interessen begriffen werden, die im Gegensatz dazu einer oder mehreren bestimmten Einzelpersonen oder einer gesellschaftlichen Gruppe Einzelner“ zugewiesen sind. Noch als „Vehikel und Gewähr der Wahrheit, der Sauberkeit, der Richtigkeit der Ergebnisse“ sieht Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11, 14 Öffentlichkeit an. Zur Entwicklung Je­staedt, AöR 126 (2001), 204, 209: „‚Öffentlichkeit‘ emanzipiert sich von ihrer bloß instrumentalen, dienenden Bedeutung und steigt zu einem Wert an sich empor, zu einem politischen Allheilmittel gegen Mißstände [… des Absolutismus …].“ Allgemein zur Gemeinwohlorientierung Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 14 f.; Rogg, Demokratie und Internet, S. 185. 37 Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11, 15 konzediert: „Ohne Zweifel enthält der Öffenlichkeitsoptimismus der frühkonstitutionellen Zeit rationalistische Einschläge, die uns fremd geworden sind.“ 31

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

gemeinen Wahrnehmbarkeit Bezug.38 Als Ausdruck der Offenkundigkeit wird Publizität häufig im Kontext des Demokratieprinzips verwendet.39 Daneben findet sie sich in Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip, sofern auf die Wahrnehmbarkeit für einen unbestimmten Personenkreis Bezug genommen wird: Während Publizität als demokratisches Prinzip Voraussetzung von Wahlen, öffentlicher Meinungs- und Willensbildung sowie öffentlicher Kontrolle ist, drückt Publizität als rechtsstaatliches Instrument die Notwendigkeit der Bekanntmachung von staatlichen Ge- und Verboten, von Rechten und Pflichten aus.40 Angesichts des etymologischen Ursprungs der Publizität im Lateinischen „publicus“ lassen sich zudem Bezüge zur Republik, der res publica, und damit zum Gemeinwohl herstellen.41 Der Rechtsbegriff der Transparenz ist jung. Als Gesetzesbegriff findet er sich allen voran in europäischen Rechtsdokumenten. So verpflichtet Art.  11 Abs.  3 EUV die Europäische Kommission zur Transparenz ihres Handelns. Art.  15 Abs.  3 UAbs.  2, 3  AEUV fungiert als Rechtsgrundlage für sekundärrechtliche und interne Transparenzvorschriften, die vor allem die Transparenz der Rechtssetzung fördern.42 Teils findet Transparenz als Synonym von Publizität und Öffentlichkeit Verwendung, womit es auf den Zustand allgemeiner Wahrnehmbarkeit Bezug nimmt.43 Teils wird Transparenz als wertender Begriff verwendet, dem das 38 Vgl. die Gleichsetzung bei Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S.  50 ff. Zur etymo­ logischen Herleitung Köbler, in: Köbler, Etymologisches Rechtswörterbuch, S. 321, 320 f. In diesem Sinne lässt sich auch Publizität aus Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip ableiten Kloep­fer, Informationsrecht, § 3 Rn. 111. 39 Kröger, in: Kröger/Hoffmann, Rechts-Handbuch zum E-Government, S.  1, 2; Gurlit, DVBl. 2003, 1119, 1125; Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rn. 111. Zur Verankerung der Publizität im Demokratieprinzip sowie der Republik Gröschner, in: VVDStRL, Bd.  63 (2004), S. 344, 346. Allgemein zum Ausdruck der Offenkundigkeit BVerfG, Beschl. v. 30.3.2004 – 2 BvK 1/01 – juris Rn. 66 – BVerfGE 110, 199. 40 BVerwG, Urt. v. 11.10.2006 – 10 CN 2/05 – juris Rn. 23 – BVerwGE 126, 388; BVerwG, Urt. v. 16.09.1980 – 1 C 89/79 – juris Rn. 23 – BVerwGE 61, 40. Aus der rechtswissenschaftlichen Literatur Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rn. 110. 41 Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 346. 42 Zum traditionellen Bezug der Transparenzregelungen auf das Rechtssetzungsverfahren Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 78. 43 Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 78 m. w. N.; Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rn. 112 zur Gleichsetzung von Öffentlichkeit und Transparenz. Zum Gleichlauf von Publizität und Transparenz vgl. die Bezeichnung von Art. 21 Abs. 4 GG als „Transparenz- und Publizitätsgebot“, vgl. statt aller BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – juris Rn. 143 – BVerfGE 118, 277. Ebenso im Kontext von Art. 82 GG Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rn. 110. Dementsprechend wird Transparenz allen voran in der Rechtsprechung vielfach in den Dienst von Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip gestellt. Zur Demokratie BVerfG, Urt. v. 24.11.2010 – 1 BvF 2/05 – LS 3 – BVerfGE 128, 1; BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – juris Rn. 278 – BVerfGE 118, 277; BVerwG, Urt. v. 30.9.2009 – 6 A 1/08 – juris Rn. 33 – BVerwGE 135, 77 mit Bezug auf BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – BVerfGE 118, 277. Zum Rechtsstaat BVerfG, Urt. v. 3.3.2009 – 2 BvC 3/07 u. a. – juris Rn.  110 – BVerfGE 123, 39. Die Uneinheitlichkeit des Begründungsansatzes beklagt Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 350 f.

1. Kap.: Grundlagen

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Element der Nachvollziehbarkeit und Verstehbarkeit für den Adressaten innewohnt.44 So versteht Jürgen Bröhmer unter Transparenz das „Gebot der umfassenden Offenheit mit Blick auf Entscheidungsprozesse, vom Zustandekommen der Entscheidungen, über die informatorischen Grundlagen der Entscheidung bis hin zum Entscheidungsergebnis, welches für den Beobachter durchschaubar und nachvollziehbar sein soll.“45

Der Terminus der informationellen Grundversorgung fügt sich nicht vollends in das bisherige System der Begrifflichkeiten ein. Die informationelle Grund­ver­ sorgung beschreibt weder Zustand noch Raum, noch Personenmehrheit, sondern konkretisiert die hoheitliche Aufgabe der Daseinsvorsorge in Hinblick auf Infor­ mationen.46 Abgeleitet wird die Pflicht des Staats zur informationellen Grundversorgung aus der Gewährleistung der Informationsfreiheit in Art.  5 Abs.  1 Satz 1 HS 2 GG. Sie wird als Ausdruck der objektiv-rechtlichen Dimension der grundrechtlichen Gewährleistung angesehen. Demnach ist der Staat verpflichtet, den Informations- und Kommunikationsprozess offenzuhalten, gesellschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken sowie unter Umständen selbst de­ mokratisch und rechtsstaatlich notwendige Informationen offenzulegen.47 Jedoch ist der öffentlichen Hand ein weiter Ausgestaltungsspielraum zuzuerkennen. Ein sub­jektiv-öffentliches Recht korrespondiert nicht notwendigerweise mit der Grund­ versorgungspflicht.48

44 Zum Aspekt der Verstehbarkeit im Rechtsbegriff Transparenz Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 7; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 77 f. Die der Transparenz inhärenten Elemente der Nachvollziehbarkeit und Verstehbarkeit erklären die Indienststellung der Öffentlichkeit in die Schaffung von Transparenz. So heißt es in BVerfG, Urt. v. 3.3.2009 – 2 BvC 3/07 u. a. – juris Rn. 110 – BVerfGE 123, 39: „Rechtsstaatlich begründete Öffentlichkeit dient der Transparenz und Kontrollierbarkeit staatlicher Machtausübung.“ BVerfG, Urt. v. 9.7.2007 – 2 BvF 1/04 – LS 2 – BVerfGE 119, 96 „Ziel, die Wirksamkeit der Budgetfunktion im parlamentarischen Regierungssystem – Leitung, Kontrolle und Transparenz durch Öffentlichkeit der staatlichen Tätigkeiten – zu gewährleisten.“ 45 Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 7. 46 Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn.  56; Kloepfer, Informationsrecht, § 4 Rn.  28; Nolte, DÖV 1999, 363, 368; Schoch, in: VVDStRL, Bd.  57 (1998), S.  158, 200 ff.; Trute, in: VVDStRL, Bd.  57 (1998), S.  216, 250. Kritisch Badura, in: VVDStRL, Bd.  57 (1998), S. 290 ff. [Aussprache]. Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 201 spricht mit vergleichbarem Inhalt von „aktive[r] Informationsvorsorge“. 47 Trute, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 216, 250. Ebd., S. 254 f., zu den Staatsaufgaben in der In­formationsgesellschaft, der strukturellen Sicherung eines hinreichenden Informationszugangs sowie der Ausbildung von Medienkompetenz. Auch ein Informationsauftrag des Staats kann aus der informationellen Grundversorgungspflicht folgen, vgl. Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 200 f., was allen voran im Bereich der Öffentlichkeit von Verwaltung und Exekutive relevant wird. 48 Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn.  56; Nolte, DÖV 1999, 363, 368; Trute, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 216, 250.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

2. Systematisierung der Rechtsbegriffe Trotz der Konturierbarkeit der Rechtsbegriffe fehlt es an einer einheitlichen Systematik.49 Ein überzeugender systematischer Ausgangspunkt findet sich jedoch bei Rolf Gröschner: Transparenz wie Publizität stellten übereinstimmend ein Öffentlichkeitspostulat auf, das rechtlich jedoch unterschiedlich verankert sei. Während der neuzeitliche Begriff der Transparenz im Kontext des Rechtsstaats Verwendung finde, legitimiere sich Publizität republikanisch.50 Daneben trete die Allgemeinheit als demokratische Manifestation der Öffentlichkeit, d. h. als Ausdruck der allgemeinen politischen Willensbildung und der Legitimation staatlicher Herrschaft. Zusammenfassend stellt Gröschner fest: „Soweit es auf die Wahrung des Rechts (in subjektiv-und objektivrechtlichem Sinne) ankommt, sollte daher von ‚rechtsstaatlicher Transparenz‘ gesprochen werden, soweit es um die Gemeinwohlkonkretisierung in den spezifischen Gestaltungsspielräumen von Amts- und Mandatsträgern geht, von ‚republikanischer Publizität‘. Rechtsstaatliche Transparenz zielt auf die Legalität des staatlichen Handelns, demokratische Allgemeinheit auf seine Legitimation und republikanische Publizität auf seine Legitimität.“

Und: „Der Begriff des ‚politischen Rechts‘ wird so zum Oberbegriff für die Öffentlichkeitswirkungen der Publizität, der Allgemeinheit und der Transparenz in der freiheitlichen Ordnung einer Republik […].“51

Ausgehend von dieser historisch begründeten Systematisierung ist Öffentlichkeit als Oberbegriff anzusehen, dem sich Transparenz, Publizität wie Allgemeinheit zuordnen lassen. Allerdings ist im Anschluss hieran nicht allein nach der rechtlichen Verankerung in den Staatsstrukturprinzipien zu fragen, sondern grundlegend nach dem Adressaten der jeweiligen Öffentlichkeitsbestimmung. Demnach ist Publizität die Manifestation der Öffentlichkeit im Lichte von Demokratie und Republik, aber auch des Rechtsstaats, sofern der Adressat nicht ein Einzelner, sondern eine unbestimmte Personenmehrheit – die Allgemeinheit – ist. Demgegenüber findet Transparenz Verwendung, wenn der individualschützende Gehalt des Rechtsstaatsprinzips in Rede steht.52 Wie bereits angedeutet, soll Allgemeinheit klarstellend auf die Öffentlichkeit, verstanden als Personenmehrheit und Publikum, Bezug nehmen. 49 So bereits Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11. 50 Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 346 ff. 51 Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 356 f. 52 Auch Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 215 f. sieht Publizität und Transparenz als Elemente des Oberbegriffs Öffentlichkeit an. Auf die Einführung des Begriffs Allgemeinheit soll wegen der Unüblichkeit seiner Verwendung im Kontext des Demokratieprinzips verzichtet werden. Zu stark ist der Teminus der Publizität zudem inzwischen im Demokratieprinzip veranket. Ebd., S. 216 ff., zu den demokratischen und rechtsstaatlichen Aspekten der Öffentlichkeit im freiheitlich-demokratischen Verfassungsstaat.

1. Kap.: Grundlagen

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Publizität und Transparenz sind damit Teilgehalte des Öffentlichkeitsgrund­ satzes im demokratischen Rechtsstaat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Verständnis von Transparenz von dem Erfordernis der Verstehbarkeit entbunden wird. Um den Anforderungen gerecht zu werden, die der Rechtsstaat an die Öffentlichkeit stellt, ist Verständlichkeit unentbehrlich.53 Schließlich erfordert rechtsstaatliches Handeln vorhersehbares und berechenbares Handeln.54 Doch ist das Element der Verstehbarkeit nicht als Spezifikum der Transparenz anzusehen. Ebenso wenig lässt sich aus der Hervorhebung von Demokratie, Rechtsstaat und Republik folgern, dass dies die einzigen Grundlagen des Grundsatzes der Öffentlichkeit sind. Die Grundrechte weisen einen spezifischen Öffentlichkeitsbezug auf, nicht nur in Gestalt politischer Rechte. Gerade die grundrechtliche Fundierung kann als direkt auf den Oberbegriff der Öffentlichkeit bezogen gedacht werden.55 Eine begriffliche Differenzierung entlang der Grenzziehung zwischen den Staatsstrukturprinzipien ist in Person des Individuums nicht möglich. Gleiches gilt für sonstige Öffentlichkeitsgebote.56 Auch sie sind direkt auf den Oberbegriff der Öffentlichkeit zu beziehen. 3. Öffentlichkeit im Grundgesetz Verstanden als Oberbegriff, lässt sich dem Grundgesetz ein umfassender Grundsatz der Öffentlichkeit entnehmen. Zwar fehlt es an einer ausdrücklichen Aussage, wonach das Staatshandeln öffentlich zu sein hat. Doch existieren ausdrückliche bereichsspezifische Vorgaben, etwa die Art. 42 Abs. 1 Satz 1, Art. 52 Abs. 3 Satz 3 oder Art. 82 GG für die Tätigkeit der Legislative bzw. das Gesetzgebungsverfahren.57 Jenseits ausdrücklicher Anordnungen wird die Forderung nach Öffentlichkeit im Wege der Auslegung gewonnen.58 So wird die Gerichtsöffentlichkeit, d. h. die Zugänglichkeit von Gerichtsverhandlungen und -entscheidungen, aus den Grund-

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Ausführlich s. u., 4. Teil, 4. Kap. C. I. 1. Speziell zur Notwendigkeit der Aufbereitung von Informationen van Aaken, Der Staat 49 (2010), 369, 402. 54 Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 57. 55 Die Grundrechte unmittelbar auf den Teminus Öffentlichkeit bezieht Stürner, JZ 2001, 699, 700, indem er die Verfahrensöffentlichkeit vor Gericht unter anderem als „im konkreten Fall u. U. verzichtbares und disponibles Grundrecht“ ansieht. 56 Pieroth, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S. 195, 201 ff. verweist neben Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip sowie Art.  5 GG auf die Grundrechte als Verfahrensrechte, Art. 19 Abs. 4 GG, sowie explizite Öffentlichkeits- und Publikationspflichten. 57 Instruktiv die Überblicke bei Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 24 ff.; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  80 f. und Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rn. 107. 58 Anders ist dies teils auf Landesebene. So wird bspw. die Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung teils ausdrücklich normiert, statt aller Art. 90 Satz 1 BV für Bayern.

218

3. Teil: Rechtliche Grundlegung

gedanken des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips hergeleitet. Die Gerichtsöffentlichkeit wird überwiegend anerkannt.59. Nicht-Öffentlichkeit ist rechtfertigungsbedürftige Ausnahme.60 a) Öffentlichkeit als Grundsatz Was für die Gerichtsöffentlichkeit gilt, wird inzwischen für das gesamte Staatshandeln dem Grunde nach mehrheitlich anerkannt.61 Das Staatshandeln hat, im Wesentlichen aus demokratie- und rechtsstaatlichen Erwägungen heraus, öffentlich zu sein. Der demokratische Rechtsstaat hat zwingend öffentlich zu sein.62 Andernfalls wäre er weder demokratisch noch rechtsstaatlich. Demokratie wie Rechtsstaat bedürfen der Öffentlichkeit, wie im Folgenden näher zu beleuchten ist [4. Teil]. Die Normierung ausdrücklicher Öffentlichkeitsanforderungen sind Einzelausprägungen dieses Grundsatzes, nicht abschließende Normierungen.63 Die Einordnung der Öffentlichkeit als Verfassungsgrundsatz64 besagt weder et­was über den rechtlichen Verpflichtungsgrad, etwa über die Einordnung als Obliegenheit bzw. Prinzip, objektive Pflicht oder subjektives Recht.65 Noch trifft 59 Statt aller aus der Literatur Coelln, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 17a Rn. 9 m. w. N.; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 81; Je­staedt, AöR 126 (2001), 204, 215 ff.; Stürner, JZ 2001, 699. Umfassend Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S.  41 ff.; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 167 ff. In historischer Perspektive Wegener, Der geheime Staat, S.  209 ff. Grundlegend für die Rechtsprechung BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 u. a. – BVerfGE 103, 44. 60 Coelln, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 17a Rn. 9. 61 Zur Fundierung des allgemeinen Öffentlichkeitsgrundsatzes im Demokratieprinzip BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – juris Rn.  270 – BVerfGE 118, 277; BVerfG, Urt. v. 14.1.1986 – 2 BvE 14/83 u. a. – juris Rn. 135 – BVerfGE 70, 324; hierauf aufbauend Faber, NVwZ 2003, 1317, 1319 ff. Zur Herleitung aus dem GG in seiner Gesamtheit Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 38 ff.; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 326; Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 187 ff.; speziell für die Verwaltung Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 33; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 289 ff. Die Öffentlichkeit der Legislative in den Mittelpunkt stellend Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 24 ff. 62 Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 215: „Die freiheitliche Demokratie ist eine öffentliche – oder sie ist nicht.“ 63 So ausdrücklich BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – juris Rn. 270 – BVerfGE 118, 277. 64 Den Öffentlichkeitsgrundsatz überdies als unbestimmten Grundsatz einordnend Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 84. 65 Anerkennung als bloßes Prinzip wohl Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 91 Rn. 3, 71 (unter Anerkennung als rechtsstaatlichen Mindeststandard); Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 326; Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 35. Anerkennung einer objektiven Pflicht wohl Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 372 f. Anerkennung auch subjektiver Rechte Einzelner neben der objektiven Pflicht des Staats Wegener, Der geheime Staat, S. 480 ff. (in Zusammenschau mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG); Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 395 (unter Bezugnahme auf den status procuratoris).

1. Kap.: Grundlagen

219

sie eine Aussage über die Reichweite ausnahmsweiser Nicht-Öffentlichkeit. Letztere wird von entgegenstehenden rechtlichen Interessen determiniert. Denn als Ausnahme ist Nicht-Öffentlichkeit rechtfertigungsbedürftig.66 Sie kann auf öffentliche wie private Interessen gestützt werden.67 b) Nicht-Öffentlichkeit als rechtfertigungsbedürftige Ausnahme Entgegenstehende private Interessen sind den Grundrechten in ihrer abwehrrechtlichen Funktion zu entnehmen, so dem in Art.  12, 14  GG verankerten Geheimnisschutz und der informationellen Selbstbestimmung als Teil  des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.68 Entgegenstehende öffentliche Interessen sind ebenfalls auf das Grundgesetz zurückzuführen, namentlich auf die Einzelgewährleistungen der Staatsstrukturprinzipien. So ist bei der Ausgestaltung der Öffentlichkeit nicht nur den bestehenden Hierarchien Rechnung zu tragen.69 Auch darf die Grundentscheidung zugunsten der repräsentativen Demokratie nicht ausgehöhlt werden. Wesentliche Entscheidungen sind auch jenseits haushaltsrechtlicher Fragen vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber zu treffen, was Ausnahmen zur Öffentlichkeit zur Sicherstellung der Entscheidungsfindung rechtfertigt.70 Aus rechtsstaatlichen Gründen kann Nicht-Öffentlichkeit insbesondere zur Wahrung der Funktionsfähigkeit des Staats erforderlich sein. Sicherheits- und Gemeinhaltungsinteressen können der Schaffung von Öffentlichkeit ebenso entgegenstehen wie Effizienzund Effektivitätseinbußen bei der Erfüllung der staatlichen Aufgaben.71 Gerade für

66

Wegener, Der geheime Staat, S. 423, 425. Eine Zweiteilung der Ausnahmetatbestände nimmt ebenfalls vor Schoch, VBlBW 2010, 333, 336. In Anlehnung an § 29 Abs. 2 VwVfG unterscheidet Kloepfer, K&R 2006, 19, 24 drei Rechtskreise: ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung, Geheimnisschutz aus Gründen des Staatswohls und berechtigte Interessen Dritter. 68 Statt aller Kloepfer/Lewinski, DVBl. 2005, 1277, 1281 ff.; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 134 ff.; Gurlit, DVBl. 2003, 1119, 1122 f. Speziell zum Datenschutz Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 399 ff.; Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 319 ff. 69 Während die technische Konstruktion des Internet eine vernetzte ist, sind die Legitimationsstrukturen hierarchisch organisiert, vgl. Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IV, § 91 Rn. 68. Eine Veränderung der ‚informationellen Hierarchien‘ prognostiziert Schmitz, in: Schmidt-Aßmann/Sellner/Hirsch/Kemper/Lehmann-Grube, Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 677, 692. 70 Allgemein zu Grenzen der Öffentlichkeit, die das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1, 2 GG zieht, Tischer, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S. 69, 77 ff. 71 Janda, in: Schliesky/Schulz, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, S. 11, 34 f.; Schoch, VBlBW 2010, 333, 337 ff.; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 125 ff.; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 198 ff. Zur Effektivität, speziell der Verwaltung Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 404 ff. Zum umstrittenen Schutz des Kernbereichs exeku­ tivischer Eigenverantwortung auch Rossi (S. 132). 67

220

3. Teil: Rechtliche Grundlegung

Judikative und Legislative kann zudem der Schutz des Kernbereichs der verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgaben Nicht-Öffentlichkeit rechtfertigen.72 Das berechtigte Interesse an Nicht-Öffentlichkeit führt nicht zu einer Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses.73 Denn die Verankerung der Öffentlichkeit im demokratischen Rechtsstaat macht die Gewährleistung umfassender Öffentlichkeit notwendig. Andernfalls könnten die Aufgaben und Funktionen, die der Öffentlichkeit zukommen, nicht hinreichend erfüllt werden. Bestätigt wird diese Konstruktion des Regel-Ausnahme-Verhältnisses in den einfachgesetzlichen Normierungen des Informationszugangs, auf Bundesebene etwa in Informationsfreiheits-, Umweltinforma­tions- und Verbraucherinformationsgesetz.74 Ihnen allen liegt der Grundsatz der Öffent­lichkeit zugrunde.75 Dies gilt auch für die Herstellung von Informationsöffentlichkeit.76 II. Adressat: Verpflichtung aller Staatsgewalten Auch wenn die Forderung nach Open Government Data in der politischen Diskussion auf die Verwaltungstätigkeit beschränkt ist, ist die Forderung nach Öffnung der Daten- und Informationsbestände auf das gesamte Staatshandeln zu erstrecken. Zu stark ist der Bezug zu den Grundlagen der Demokratie, als dass eine Beschränkung auf das Verwaltungshandeln der Bedeutung von Öffentlichkeit im demokratischen Rechtsstaat Rechnung tragen könnte. Die Notwendigkeit der Erstreckung auf das gesamte Staatshandeln bestätigt eine Überführung der Forderung nach Open Data der öffentlichen Hand in das System der Rechtswissenschaften.77 72

Allgemein Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  186, insb. zum Kernbereich exekutivischer Eigenverantwortung. Hierzu ausführlich Lederer, jurisPR-ITR 5/2012, Anm. 5. 73 Kugelmann, DÖV 2005, 851, 859. 74 Öffentlichkeit in Gestalt des Informationszugangs als Grundsatz sehen vor § 1  IFG, § 3  UIG und § 2  VIG. Ausnahmen („Ablehnungsgründe“) finden sich in §§ 3–6  IFG, §§ 8, 9 UIG und § 3 VIG. 75 Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 397. 76 Schoch, NJW 2012, 2844, 2847 zum grundsätzlichen Gleichlauf der Grenzen von Individualund Allgemeinzugänglichkeit. Die genauen Grenzen zwischen Öffentlichkeit und Nicht-Öffentlichkeit sind angesichts der Konkretisierungsbedürftigkeit des Grundgesetzes dem Gesetzgeber – unter Wahrung des Ausnahmecharakters der Nicht-Öffentlichkeit – vorbehalten. Allgemein zur Austarierung der widerstreitenden Prinzipien Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 410 ff.; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 198; Gurlit, DVBl. 2003, 1119, 1122 ff.; Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 221 ff.; Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 316 ff.; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 358 ff.; Nolte, DÖV 1999, 363, 365. Die „Übereinstimmung der anerkannten Ausnahmetatbestände“ stellt fest Wegener, Der geheime Staat, S. 423. Zur praktischen Notwendigkeit der Wahrung des Grundsatzcharakters des Öffentlichkeitsprinzips Parycek, Gläserne Bürger – transparenter Staat?, S. 13 ff.; Kugelmann, DÖV 2005, 851, 859; Faber, NVwZ 2003, 1317, 1320; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 199 f. 77 Zur Erstreckung der Forderungen Transparenz, Partizipation und Kollaboration von der Verwaltungstätigkeit auf das gesamte Staatshandeln im Lichte der Demokratietheorie s. o., 2. Teil, 1. Kap. B. IV.

1. Kap.: Grundlagen

221

Nicht nur demokratietheoretisch, sondern auch (staats-)rechtlich bedarf es der Öffentlichkeit des gesamten Staatshandelns, damit der Staat seine Funktionen im demokratischen Rechtsstaat erfüllen kann.78 Nicht nur das Handeln von Regierung und Verwaltung ist relevant für die öffentliche Meinungs- und Willensbildung. Das Handeln der Legislative hat ebenso einen engen Bezug zur repräsentativen Demokratie, da die kommunikative Rückkopplung zwischen Volk und Parlament im Wahlakt am unmittelbarsten zum Ausdruck kommt.79 Gleiches gilt für die Notwendigkeit der Kontrolle. Schließlich erfüllen alle drei Gewalten Aufgaben der Gemeinwohlkonkretisierung, bei denen ihnen ein nicht durch das Gesetz vorgeformter Entscheidungsspielraum offensteht. Die „neue Öffentlichkeit“ hat sich grundsätzlich auf das Handeln von Exekutive, Legislative und Judikative zu erstrecken, auch wenn Differenzierungen in Hinblick auf den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der jeweiligen Staatsgewalt geboten sind.80 Rudolf Smend erkannte die Notwendigkeit der Öffnung aller drei Staatsgewalten bereits 1955: „Vorweg ist diese Publizität ein wesentliches Stück der Freiheit der mündig werdenden Völker, der Freiheit auch jedes einzelnen Volksgenossen. Der ist kein freier Mann, dem nicht die Freiheit des öffentlichen Worts, die Freiheit der Anteilnahme am öffentlichen Leben durch Öffentlichkeit von Volksvertretung und Justiz gewährleistet wird.“81

Diese Ansicht findet in den Rechtswissenschaften auf einfachgesetzlicher Ebene Bestätigung. So gewährt das einfache Informationsrecht Ansprüche gegen alle drei Gewalten. Schon die an ein eigenes rechtliches Interesse oder die eigene Betroffenheit gebundenen Auskunftsansprüche und Einsichtnahmerechte können sich gegen Exekutive und Judikative richten, wie die verfahrensmäßigen und prozessualen Ansprüche zeigen.82 1. Öffentlichkeit der Exekutive Einen besonderen, wenn auch keinen ausschließlichen Bezug zur Öffnung der Exekutive weist – als subjektiv gewährleistetes Individualrecht – das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auf, wie es das Bundesverfassungsgericht im 78

Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 79 ff. Zur Verankerung des Öffentlichkeitsgrundsatzes im Wahlrecht Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 60 ff. Die Öffnung der Verwaltung ist unumstritten. Die kommunikative Rückkopplung gewinnt für sie an Bedeutung, da sich ihr Aufgabenspektrum vom bloßen (rechtsstaatlichen) Gesetzesvollzug zur (demokratischen) Gemeinwohlkonkretisierung wandelt. Statt aller aus der Rechtsprechung BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – juris Rn. 270 – BVerfGE 118, 277; BVerfG, Urt. v. 5.11.1975 – 2 BvR 193/74 – juris Rn. 61 – BVerfGE 40, 296. Übernommen von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung in BVerwG, Urt. v. 30.9.2009 – 6 A 1/08 – juris Rn. 33 – BVerwGE 135, 77. 80 So auch Parycek, Gläserne Bürger – transparenter Staat?, S. 16. 81 Smend, in: Bachof/Drath/Gönnenwein/Walz, Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, S. 11, 14. 82 So § 29 VwVfG für das Verwaltungsverfahren sowie §§ 35a, 35b BVerfGG, § 100 VwGO, § 147 StPO, §§ 299, 760 ZPO für das gerichtliche Verfahren. Ausführlich 2. Teil, 2. Kap. A. I. 1. 79

222

3. Teil: Rechtliche Grundlegung

Volkszählungsurteil aus dem Jahr 1983 aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ableitete.83 Der Bürger muss wissen können, wer was wann und bei welcher Ge­ legenheit über ihn weiß.84 Die Gefahr der Datenerhebung, -speicherung und -verarbeitung durch die öffentliche Hand ist in Person der Exekutive am größten, vergleicht man das Aufgabenspektrum von Exekutive, Legislative und Judikative.85 Doch die Öffnungspflicht ist nicht auf die Exekutive bzw. die Verwaltungstätigkeit und nicht auf individuelle Informationszugangsrechte beschränkt. Als objektiver Grundsatz wird Öffentlichkeit für das Regierungshandeln schon jetzt angenommen. Sie wird mitunter mediatisiert durch die Legislative sichergestellt, wie der Grundsatz der Budgetöffentlichkeit, der Einblick in die Mittelverwendung durch die Regierung gewährt, oder das Interpellationsrecht des Art. 43 Abs. 1 GG mit der korrespondierenden Pflicht der Regierung zur Offenlegung der in Rede stehenden Informationen zeigen.86 2. Öffentlichkeit der Judikative Aus dem Rechtsstaatsprinzip lässt sich der Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit ableiten, auch wenn das Bundesverfassungsgericht der Möglichkeit, je nach den räumlichen Gegebenheiten Gerichtsverfahren zu folgen, ursprünglich keinen unmittelbaren Verfassungsrang zuerkannt hat. Inzwischen wird er, bestätigt durch Art. 6 Abs. 1 EMRK, aus Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip abgeleitet und als institutionelle Garantie anerkannt.87 Zudem sind Gerichtsentscheidungen in Anlehnung an den Rechtsgedanken des Art.  82 Abs.  1 Satz  1 GG angesichts ihrer „gesetzesergänzenden und prä­ judizierenden Wirkung“88 zu veröffentlichen. Schließlich ermöglicht erst die Ver-

83 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a. – BVerfGE 65, 1. Hierzu im Kontext der Transparenz als Verfassungsprinzip Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 196 ff. 84 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a. – juris Rn. 148 – BVerfGE 65, 1. 85 Auch das Bundesverfassungsgericht bezieht sich beispielhaft auf die behördliche Datenverarbeitung und die Konsequenzen etwaiger Intransparenz, vgl. BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a. – juris Rn. 148 – BVerfGE 65, 1, zur Registrierung der Teilnahme an einer Versammlung durch Behörden. 86 Grundlegend zum aus dem Demokratieprinzip abgeleiteten Öffentlichkeitsgebot in Bezug auf Regierung und Verwaltung Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 70 ff. 87 BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 u. a. – juris Rn. 67 ff – BVerfGE 103, 44. Ausführlich auch die abweichende Meinung, juris Rn.  90 ff., die den Funktionswandel der Öffentlichkeit in der Informationsgesellschaft berücksichtigt. Hierzu Stürner, JZ 2001, 699. Überblick bei Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S.  264 ff.; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 81 f. 88 Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 81 mit ausdrücklichem Verweis auf den Rechtsgedanken des Art.  82 Abs.  1 Satz 1 GG. Konkludent hierauf verweist Albrecht, Probleme bei der Privatisierung staatlicher Informationspflichten am Beispiel der Juris GmbH, S. 41.

1. Kap.: Grundlagen

223

öffentlichung der Rechtsprechung die Einheitlichkeit und Fortbildung der Rechtsprechung.89 Während die Urteilsöffentlichkeit als unmittelbar im Grundgesetz verankert anzusehen ist, ist die allgemeine Gerichtsöffentlichkeit in § 169 GVG einfachgesetzlich konkretisiert.90 3. Öffentlichkeit der Legislative Am umfassendsten normiert ist die Öffnung der Legislative gegenüber dem Bürger. Art.  42 Abs. 1 Satz 1 GG schreibt die grundsätzliche Öffentlichkeit der Verhandlungen des Bundestags fest.91 Gleiches gilt gemäß Art. 52 Abs. 3 Satz 3 GG für den Bundesrat sowie gem. Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG für Untersuchungsausschüsse. Art.  82 Abs.  1 GG enthält die Verkündungspflicht für Gesetze und Rechtsverordnungen.92 Teils ordnet das Grundgesetz sogar ausdrücklich an, neben den Ergebnissen auch die zugrunde liegenden Beratungsunterlagen zu veröf­ fentlichen, so zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen, Art. 109a Satz 2 GG.93 Teils ist die Herstellung von Öffentlichkeit gängige Praxis, wie die umfassende Veröffentlichung der Unterlagen des Gesetzgebungsprozesses zeigt.94 Ständiger Topos in der Rechtsprechung ist zudem der „Grundsatz der Budgetöffentlichkeit als Verfassungsgrundsatz“, der aus dem allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie abzuleiten ist.95 Selbst für Parteien, die keine staatlichen Organe oder Einrichtungen im Sinne des Grundgesetzes sind, schreibt Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG die Pflicht zur Veröffentlichung der Mittelverwendung und des Vermögens fest.

89 Albrecht, Probleme bei der Privatisierung staatlicher Informationspflichten am Beispiel der Juris GmbH, S. 38 f. 90 Statt aller Albrecht, Probleme bei der Privatisierung staatlicher Informationspflichten am Beispiel der Juris GmbH, S. 37. 91 Grundlegender Überblick über die parlamentarische Öffentlichkeit bei Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 97 ff.; Pieroth, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S. 195, 203 f.; Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 68 ff. Zur Feststellung, dass es sich bei Art. 42 GG um eine Organisationsnorm, nicht um ein subjektives Recht handelt Hett, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, S. 269. 92 Überhaupt muss den Adressaten von Rechten oder Pflichten, Ge- oder Verboten die Möglichkeit der Kenntnisnahme offenstehen. Ebenso Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S.  75 ff.; ähnlich Pieroth, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S.  195, 204 f. Grundlegend zur Publizität als Geltungsvoraussetzung von Normen Heckmann, Geltungskraft und Geltungsverlust von Rechtsnormen, S. 132 ff. 93 Zum Begriff der Ergebnistransparenz und der Abgrenzung von Verfahrens-, Inhalts- und Verantwortungstransparenz Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 19 ff. 94 Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 80. 95 BVerfG, Urt. v. 14.1.1986 – 2 BvE 14/83 u. a. – juris Rn.  135 – BVerfGE 70, 324. Zur Abgrenzung von Budgetöffentlichket und dem Bereich exekutiver Eigenverantwortung BVerfG, Beschl. v. 30.3.2004 – 2 BvK 1/01 – BVerfGE 110, 199.

224

3. Teil: Rechtliche Grundlegung

4. Ergebnis Die Überführung der Forderung nach Öffnung der Daten- und Informationsbestände in das Recht bestätigt die demokratietheoretische Tradition, wonach die Öffnung alle Staatsgewalt zu erfassen hat, wenn auch in unterschiedlicher In­ tensität und unter Berücksichtigung der gewaltspezifischen Besonderheiten.96 Das System grundgesetzlicher Gewährleistungen, das eine Vielzahl spezieller Normierungen enthält, kann gerade nicht als abschließend oder gar als Ausnahme von einem etwaigen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Nicht-Öffentlichkeit angesehen werden. Vielmehr bestätigen die spezifischen Öffnungspflichten den Grundsatz der Öffentlichkeit, der in Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip angelegt ist.97 III. Zusammenfassung Die Transparenzforderung der aktuellen Debatte um Open Government Data bzw. Open Data der öffentlichen Hand ist mit dem Terminus Öffentlichkeit in die rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung zu überführen.98 Denn ebenso wie der Grundsatz der Öffentlichkeit nimmt die Forderung nach Open Data der öffentlichen Hand auf eine Vielzahl grundgesetzlicher Vorgaben Bezug, vor allem auf Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip sowie die grundrechtlichen Gewährleistungen. Sie regeln das Staat-Bürger-Verhältnis, nicht nur die Rechtsstellung des Einzelnen gegenüber der Verwaltung. Die Öffentlichkeit ist Voraussetzung der Kontrolle der öffentlichen Hand. Sie ist Voraussetzung der Meinungs- und Wil 96 Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S. 45; Dix, in: Möller/Zezschwitz, Verwaltung im Zeitalter des Internet, S. 85, 97 [Beitrag Schild]. Eine Öffnung von Exekutive, Legislative und Judikative fordern auch BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 112, obwohl sich die rechtliche Analyse auf Verwaltungsdaten beschränkt. Die Ergebnisse werden jedoch als übertragbar erachtet (S. 111). Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S. 45 spricht sich mit Verweis auf die PSI-Richtlinie, 2003/98/EG, ebenso für ein alle drei Staatsgewalten umfassendes Verständnis aus. Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 82 verweist auf das geringere Bedürfnis nach öffentlicher Kontrolle von Regierung und Verwaltung im Vergleich zur öffentlichen Kontrolle von Legislative und Judikative. Die Exekutive werde angesichts Gesetzesbindung und umfassender Rechtsschutzmöglichkeiten hinreichend kontrolliert. Aus dieser richtigen Feststellung kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass die Öffnung sich nicht auf alle Gewalten bezieht. Erstens wird der Grundsatz der Öffentlichkeit nicht allein mit rechtsstaatlicher Kontrolle begründet, was die Einbeziehung der Exekutive schon für sich genommen erforderlich macht. Zweitens sind die ausdrücklichen Verbürgungen der Öffentlichkeit von Legislative und Judikative nicht als abschließend aufzufassen. 97 Grundlegend zur Deduktion der Öffentlichkeit aus Demokratie- und Rechtsstaatlichkeit Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 53. 98 Häberle, in: VVDStRL, Bd.  63 (2004), S.  445 f. [Aussprache] zieht den Begriff der Öffentlichkeit als umfassenden Begriff dem Terminus Transparenz vor, da ersterer „an den alteuropäischen materiellen Zusammenhang von res publica, salus publica (Cicero), Republik und die öffenlichen Freiheiten“ erinnere.

1. Kap.: Grundlagen

225

lensbildung. Sie ist Voraussetzung der Beteiligung des Einzelnen an der Staatsgewalt, sei es in Form von institutionalisierten Wahlen und Abstimmungen, sei es im Rahmen von Partizipation und Kollaboration. Und sie ist Voraussetzung der effektiven Grundrechtsausübung.99 Die Verwendung des Terminus Öffentlichkeit lässt zudem die Wurzeln der­ Forderung nach Open Data der öffentlichen Hand in der Entwicklung der Demokratie seit der Antike erkennen. Schlussendlich ist der Öffentlichkeitsbegriff nicht auf den Bedeutungsgehalt des Zustands der allgemeinen Wahrnehmbarkeit beschränkt. Da Öffentlichkeit mitunter der Raum sozialer Kommunikation und Interaktion ist, d. h. der Raum, der nicht privat, sondern dem Gemeinwesen zuzuordnen ist, ist im Begriff der Öffentlichkeit die Möglichkeit der Weiterverwendung zur Beteiligung am Gemeinwesen zumindest angelegt. Den Termini der Transparenz oder der Publizität ist dies nicht zu entnehmen. Der Öffentlichkeit als Oberbegriff sind die Zustandsbeschreibungen der Transparenz und Publizität zuzuordnen. Während Publizität die auf eine unbestimmte Personenmehrheit bezogene Zugänglichkeit von Daten und Informationen be­ zeichnet, rekurriert Transparenz nach überzeugender Ansicht auf individuelle Gewährleistungen. Angesichts der Mehrdeutigkeit der Öffentlichkeit dient der Terminus der Allgemeinheit im Folgenden der Kennzeichnung einer nicht näher bestimmten und bestimmbaren Personenmehrheit. Adressat dieser „neuen Öffentlichkeitsforderung“ ist die Staatsgewalt in ihrer Gesamtheit. Die Überführung in das System der Rechtswissenschaften bestätigt die demokratietheoretisch begründete Annahme, dass eine Verkürzung auf die Verwaltungstätigkeit dem Gehalt der Öffentlichkeit für das Gemeinwesen nicht gerecht würde. Die rechtswissenschaftlichen Grundsätze zu rechtlichem Gehalt und rechtlicher Bedeutung der neuen Öffentlichkeitsforderung gilt für die gesamte Staatsgewalt, wenn auch unter Berücksichtigung gewaltspezifischer Differen­ zierungen. Die rechtliche Forderung ist auf die Herstellung von Open Data der öffentlichen Hand zu richten.

99 Zur Bedeutung der Öffentlichkeit für alle Staatsgewalt Umbach/Prehl/Boldt, in: Umbach/ Prehl/Boldt, Meyers kleines Lexikon Politik, S. 302. Zur Öffentlichkeit als „Funktionsvoraussetzung der Demokratie“ Schrader, BayVBl. 2012, 289, 289. Empirisch belegt van Aaken, Der Staat 49 (2010), 369, 393 f. die kontrollierende Wirkung der Öffentlichkeit im Kontext des Budget­rechts.

226

3. Teil: Rechtliche Grundlegung

2. Kapitel

Rechtliche Definition und Systematisierung Ausgangspunkt der rechtswissenschaftlichen Explikation von Open Data der öffentlichen Hand ist das alltagssprachliche Verständnis. Es erfasst diejenigen Daten- und Informationsbestände, die der öffentlichen Hand entstammen und die voraussetzungslos für jedermann allgemein zugänglich und nutzbar sind.100

A. Definition Unter maßgeblicher Berücksichtigung von Zweck, Ziel und demokratietheoretischer Bedeutung kann Open Data der öffentlichen Hand, verstanden als Vorgang bzw. Prozess, in den Rechtswissenschaften mit der Forderung nach öffentlicher Zugänglichmachung derjenigen Daten und Datenprodukte zum Ausdruck gebracht werden, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen dienen mit der technischen und rechtlichen Möglichkeit der Weiterverwendung. Formuliert man Open Data der öffentlichen Hand vorzugswürdigerweise als Gegenstand bzw. Zustand, werden diejenigen Daten und Produkte erfasst, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen dienen und die mit der technischen und rechtlichen Möglichkeit zur Weiterverwendung öffentlich zugänglich gemacht werden. Um die Überführung in das System der Rechts­ wissenschaften auch terminologisch zum Ausdruck zu bringen, ist im Folgenden von Informationsöffentlichkeit die Rede, wenn das Ergebnis der Überführung von Open Data der öffentlichen Hand in die Rechtswissenschaften adressiert wird. Sowohl Daten und Produkte als Gegenstand [3.  Teil, 2.  Kap. A. I.] als auch Zugänglichkeit und Weiterverwendbarkeit als Inhalt [3. Teil, 2. Kap. A. II.] sind näher zu bestimmen, um abschließend die Wahl des Fachterminus Informationsöffentlichkeit [3. Teil, 2. Kap. A. III.] zu begründen. I. Gegenstand der Informationsöffentlichkeit Gegenstand der Veröffentlichung sind Daten und ihre Produkte, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen.

100 Die Übersetzung mit „offenen Verwaltungsdaten“ (hierzu statt aller Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 6) wird den juristischen Besonderheiten nicht gerecht, allen voran den Spezifika des Informationsrechts.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

227

1. Daten und Produkte Die „Daten- und Informationsbestände“ der alltagssprachlichen Definition lassen sich mit „Daten und deren Produkte“ in die Rechtswissenschaften über­führen. Mit der Bezugnahme auf Daten wird dem Technikbezug Rechnung getragen. Zudem werden die Grundlagen staatlichen Handelns durch die Datendimension ebenso einbezogen wie deren Ergebnis durch die Produktdimension. Allerdings ist die Verwendung der Fachtermini im Kontext des Informationsbegriffs umstritten. a) Terminologischer Ausgangspunkt Ausgangspunkt ist die terminologische Reihe, die von Daten über Informationen zu Wissen reicht. Alle drei stellen Immaterialgüter dar und bauen aufeinander auf. Doch sind sie alle weder wissenschaftsübergreifend noch innerhalb der Rechtswissenschaften einheitlich definiert.101 Faktisch findet der Begriff der In­ formation die weiteste Verwendung, zumal er mehrdeutig ist. Information lässt sich als Vorgang, Inhalt oder Zustand verstehen.102 Als Vorgang beschreibt Information die Tätigkeit des Informierens sowie des Informiertwerdens. Als Ergebnis dieses Prozesses steht im Idealfall die Dimension der Information als Zustand, verstanden als Zustand des Informiertseins, als Ergebnis der Verarbeitung der Informationsinhalte. Grundlage von Informationen sind Daten. In einem weiten, nicht wissenschaftsspezifischen Verständnis fallen hierunter „beobachtungsabhängige, in Form von Zahlen, Sprache, Text oder Bildern codierte Elemente“103. Hierauf baut der weite Informationsbegriff auf, wonach Informationen in einen systemspezifischen Kontext eingebundene Daten sind. Durch diese systemspezifische Einbettung verlieren Informationen die Neutralität und Objektivität, die Daten immanent sind.104

101

Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S.  39 ff.; Dreier, in: Bizer/Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S.  65, 68; Kloepfer, Informationsrecht, § 1 Rn. 52 ff. Überblick über die Verwendung von „Daten“ und „Informationen“ durch den Gesetzgeber bei BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 95. 102 Schoch, in: Schoch, IFG, § 2 Rn. 17; Kloepfer, Informationsrecht, § 1 Rn. 56; Dreier, in: Bizer/Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S.  65, 70. In Tradition von Fritz Machlup unterscheidet Lenk, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 59, 69 f. zwischen vier „Befindlichkeiten“ des Informationsbegriffs: Information als (1)  Fracht,( 2)  Bestand, (3)  Input bzw. Wahrnehmung sowie 4) Output. 103 Grundlegend Willke, ZfS 1998, 161, 162. Ähnlich Stichwort: Daten, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online. 104 Willke, ZfS 1998, 161, 162. Indirekt wird die Kontextabhängigkeit deutlich bei Stichwort: Information, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online, wonach Information allgemein „Mitteilung, Nachricht, Auskunft über etwas oder über jemanden“ ist.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

Noch stärker ausgeprägt ist die Kontextabhängigkeit des Wissens, das als „Einbau von Informationen in Erfahrungskontexte“105 beschrieben werden kann. Wissen ist damit subjektiv gebunden. Erst Wissen ist Verhaltensgrundlage.106 Der Terminus des Produkts fällt aus dieser Reihe. Denn er ist kein originär informationsspezifischer Begriff, sondern dient generell der Kennzeichnung eines Ergebnisses. Im Kontext des Informationsrechts bezeichnet er das Ergebnis der Daten- und Informationsverarbeitung. b) Terminologisches Grundverständnis in den Rechtswissenschaften Daten und Informationen finden in den Rechtswissenschaften häufig synonym Verwendung: So ist der Schutz personenbezogener Daten Ausdruck des Schutzes der informationellen Selbstbestimmung.107 § 2 Nr. 2 IFG nimmt gleichgewichtig auf „personenbezogene Daten oder sonstige Informationen“ Bezug. § 3 Abs. 2 GeoZG definiert Metadaten als „Informationen, die Geodaten beschreiben“. Um­gekehrt konkretisieren Umweltinformations- und Verbraucherinformationsgesetz den Informationsbegriff mithilfe des Datums, vgl. § 2 Abs. 3 UIG und § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG.108 Auch jenseits der synonymen Verwendung von Daten und Informationen ist dem positiven Recht keine eindeutige Definition zu entnehmen.109 § 2 Nr. 1 IFG definiert amtliche Informationen als „jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung“, wobei „Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen“ nicht als amtliche Information gelten.110 Auch § 2 Nr. 2 IWG konkretisiert Informationen über den Begriff der Aufzeichnung. Erläuternd heißt es in der Gesetzesbegründung, dass hier­unter „jede im Besitz öffentlicher Stellen befindliche Darstellung von Handlungen, Tatsachen oder Informationen sowie jede Zusammenstellung solcher Handlungen“ fällt.111 In jüngerer Zeit anerkennt der nationale Gesetzgeber jedoch einen Unterschied zwischen Daten und Informationen. So nimmt das E-Government-Gesetz im Kon 105

Grundlegend Willke, ZfS 1998, 161, 162. Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem, Offene Rechtswissenschaft, S.  131, 138 f. spricht von Wissen als „‚veredelten‘ Informationen“; Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S.  41; Fassbender, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IV, § 76 Rn.  7, 9; Kloepfer, Informationsrecht, § 1 Rn. 63. 107 Konsequent spricht Rossi, in: IFG, § 2 Rn. 25 von „personenbezogene[n] Informationen“ statt von „personenbezogenen Daten“. Hervorhebungen im gesamten Absatz nicht im Original. 108 Vom „Begriffswirrwarr“ im VIG geht aus Wustmann, ZLR 2007, 242, 244. 109 Zum Fehlen insb. einer rechtlichen Definition von Daten Wustmann, ZLR 2007, 242, 244 f. 110 Wortlautgleiche oder ähnliche Bestimmungen finden sich in den Informationszugangsgesetzen der Länder. Sogar das dem Gedanken der Transparenz verpflichtete Hamburgische Transparenzgesetz (HmbGVBl. I 2012, 271) spricht von Informationen, §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 HmbTG. 111 BT-Drs. 16/2453, S. 14. 106

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

229

text der inhaltlichen Anforderungen an Open Data auf den Begriff des Datums Bezug, § 12 EGovG. Einerseits soll dies die technische Ausrichtung der Vorschrift in den Vordergrund rücken und sie zum stärker inhaltsbezogenen Terminus der Information abgrenzen. Andererseits soll der reine Faktenbezug zum Ausdruck gebracht werden, der „unabhängig von Bedeutung, Interpretation und Kontext“ ist.112 Allerdings konzediert selbst der nationale Gesetzgeber, dass in Alltags- und Rechtssprache beide Termini häufig synonym gebraucht werden.113 Auch den jüngeren gesetzgeberischen Aktivitäten lässt sich demnach keine eindeutige Differenzierung der Rechtsbegriffe entnehmen. Festhalten lässt sich jedoch, dass sich der nationale Gesetzgeber auf Bundesebene mit Daten und Informationen auf zwei Begrifflichkeiten beschränkt. Die Verwendung der Termini Akten und Dokumente, die sich teilweise in den Informationsfreiheitsgesetzen der Länder („Akten“) sowie den Rechtstexten der Europäischen Union („Dokumente“) finden, ist abzulehnen.114 Denn die Verwendung des Akten- wie des Dokumentenbegriffs ist in Hinblick auf die Anwendbarkeit der Vorschriften auf Datenbanken wenig überzeugend, zumal die Verwendung des Akten- oder Dokumentenbegriffs die Assoziation mit papierbasierten Informationen nahe legt.115 Mit dem nationalen Gesetzgeber kann der rechtliche Fokus auf die Termini Daten und Informationen gelegt und um den Begriff des Produkts ergänzt werden. Der Produkt-Begriff ist auch in den Rechtswissenschaften kein informationsspezifischer Begriff. Im Kontext der Produkthaftung stellen Produkte bewegliche Sachen sowie Elektrizität dar, § 2 ProdHaftG. Jedoch wird der Produkt-Begriff auch im Kontext des Informationsrechts verwendet, konkret in § 6 Abs. 6 Nr. 2 DWDG116.

112 BT-Drs. 17/11473, S. 43. Zustimmend BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 97. 113 Hierzu BT-Drs. 17/11473, S. 44. Juristisch relevante Unterschiede sieht hingegen Schoch, in: Schoch, IFG, § 2 Rn. 12. 114 Allgemein Schoch, in: Schoch, IFG, § 2 Rn. 11 m. w. N. Nicht nur das europäische Eigenverwaltungsrecht, auch das Gemeinschaftsverwaltungsrecht nimmt mitunter auf den Dokumentenbegriff Bezug, so auch die dem IWG zugrunde liegende PSI-Richtlinie 2003, vgl. RL 2003/98/EG, Erwägungsgrund 11. In der englischen Fassung der Richtlinie ist von „document“ die Rede, allen voran um die Beschränkung auf vorhandene Informationen zum Ausdruck zu bringen. Der Begründung des nationalen Gesetzgebers zufolge verwendet das IWG „Information“ statt „Dokument“, um die Terminologie des IWG derjenigen des IFG anzugleichen. Ein inhaltlicher Unterschied zwischen „Information“ und „Dokument“ soll dabei nicht bestehen, vgl. BT-Drs. 16/2453, S. 14. Anders sieht dies Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 73 unter Hinweis auf den Zugang zu Datenbanken. 115 Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S. 44 f. zur Assoziation des Trägermediums Papier. Anders Husein, LKV 2010, 337, 339. 116 Daten sind das „unmittelbare Ergebnis der unterschiedlichen Meß- und Beobachtungssysteme“, § 6 Abs. 6 Nr. 1 DWDG, Produkte nach Nr. 2 „bearbeitete […] Daten“, die „entweder manuell oder durch Eingabe in computergesteuerte Verfahren“ entstehen und zu deren Interpretation grundsätzlich Fachwissen erforderlich ist.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

Demnach sind Produkte als Ergebnis der Verwendung von Daten, d. h. des Vorgangs der Interpretation und kontextualen Einbettung der Daten, anzusehen. Die automat­ isierte Verarbeitung der Daten wird ebenso erfasst wie das Ergebnis der intellek­ tuellen Aufbereitung durch ein Individuum.117 Auch in den Rechtswissenschaften lassen sich Daten definieren als Zeichen, die beobachtbare Unterschiede in codierter Form auf einem Datenträger festhalten.118 Aufgrund ihrer Codierung sind sie strikt formal und können in schematischen Verfahren beliebig reproduziert werden. Sie sind notwendig auf einen Datenträger bezogen und ohne diesen nicht verwendbar.119 Dies lässt sich § 202a Abs. 2 StGB entnehmen, wonach Daten im Sinne der Vorschrift nur solche sind, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden. Daten sind zudem unabhängig von Zeit und Kontext und damit „interpretationsfrei“.120 Dementsprechend sind Daten nur potenziell Informationsträger.121 Sie können, müssen aber nicht Informationsgrundlage sein. Mithilfe einer Interpretationsleistung werden Daten zu Informationen.122 Diese Interpretation kann semantischer, syntaktischer oder pragmatischer Art sein.123 In den Rechtswissenschaften steht überkommenerweise das pragmatische Verständ-

117 Dies gilt dem Umstand zum Trotz, dass als Produkte im Sinne des DWDG ursprünglich allein bzw. hauptsächlich mit Computermodellen hergestellte Berechnungen angesehen wurden, BT-Drs. 13/9510, S.  14. Dieser Umstand ist jedoch den Besonderheiten des spezifischen Sachbereichs geschuldet und lässt sich nicht verallgemeinern, zumal der Gesetzeswortlaut keine Beschränkung in diese Richtung enthält. Von „Informationsprodukten“ spricht auch Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S. 23. 118 BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 97; Schoch, in: Schoch, IFG, § 2 Rn. 14; Albers, Rechtstheorie 33 (2002), 61, 74. 119 Vesting, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 20 Rn. 14–17; Albers, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 22 Rn. 11; Schoch, in: Schoch, IFG, § 2 Rn. 14; Albers, Rechtstheorie 33 (2002), 61, 74. Anders als Informationen können Daten nicht ohne physikalische Komponente gedacht werden. Daten sind zwingend vergegenständlichte Zeichen. Demgegenüber sind Informationen und Wissen an Sprache gebunden, so für das Wissen Fassbender, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 76 Rn. 30. 120 Vesting, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 20 Rn. 11. 121 Albers, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 22 Rn. 11; Dreier, in: Bizer/Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S. 65, 70 („Einheit potentiell informationstragender Zeichen“). 122 Schoch, in: Schoch, IFG, § 2 Rn. 14. 123 Die Syntax untersucht die Struktur der übermittelten Zeichen. Auf semantischer Ebene wird nach Bedeutungsgehalt und Sinn der übermittelten Zeichen gefragt, pragmatisch nach Wert und Wirkung beim Empfänger. Hierzu Stichwort: Information, in: Brockhaus, Enzyklopädie Online; Schoch, in: Schoch, IFG, § 2 Rn. 15. Dreier, in: Bizer/Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S. 65, 69 nennt als vierte Ebene der Information die symbolische Ebene.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

231

nis, das nach dem Wert für den Informationsempfänger fragt, im Mittelpunkt.124 Informationen sind damit an einen Träger gebunden.125 In differenztheoretischer Betrachtung implizieren Informationen etwas Neues. Sie sind in Anlehnung an die Formel des Anthropologen Gregory Bateson „ein Unterschied, der einen Unterschied macht“.126 Information ist die Differenz zwischen zwei Systemzuständen, die von einem Dritten beobachtet wird und bei­ diesem zu einer Veränderung führt.127 Information ist damit ein zweigliedriger Begriff: In einem System findet eine Veränderung statt, etwa durch ein Ereignis. Diese Veränderung wird vom beobachtenden System wahrgenommen und führt dort wiederum zu einer Veränderung. So stellt die Veröffentlichung der Öffnungszeiten einer Behörde auf der behördeneigenen Homepage eine Veränderung dar (= Differenz des beobachteten Systems), die von den Bürgern wahrgenommen und verarbeitet werden kann (= Differenz des beobachtenden Systems).128 Die Verarbeitung, d. h. die Interpretation, kann dabei auf unterschiedliche Weise erfolgen. Bei Bürger 1 mag sie zu der Entscheidung führen, zu Beginn der Öffnungs­ zeiten die Behörde aufzusuchen. Für Bürger 2 mag die Information Anlass sein, sich nicht telefonisch nach den Öffnungszeiten zu erkundigen. Teils wird angesichts der Notwendigkeit der Differenz beim beobachtenden System davon ausgegangen, dass von Information nur gesprochen werden kann, wenn die Information etwas Neues beinhaltet. Information müsse aktuell zu einer Zustandsänderung führen.129 Schon aus Gründen der Rechtssicherheit kann es für den rechtswissenschaftlichen Informationsbegriff aber nicht auf die individuelle Neuheit ankommen. Von Information ist auch dann die Rede, wenn die Beobachtung der Zustandsänderung im beobachteten System Bekanntes bestätigt 124

Schoch, in: Schoch, IFG, § 2 Rn. 16; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  19 f.; Dreier, in: Bizer/Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S. 65, 9. Wenn auch nicht ausdrücklich Vesting, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 20 Rn. 18. Zur Subjektivität der Bedeutung Lenk, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 59, 71 ff. 125 Lenk, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 59, 70. 126 Vesting, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 20 Rn. 18; ähnlich Albers, Rechtstheorie 33 (2002), 61, 68. Willke, ZfS 1998, 161, 162 nimmt auf „systemspezifisch bedeutsame Unterschiede“ Bezug. Dreier, in: Bizer/Lutterbeck/ Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S. 65, 70 beschreibt die Wirkung von Information als durch diese ausgelöste Differenz. 127 Informationen werden dementsprechend teils als „systemspezifisch bedeutsame Unterschiede“ beschrieben, Willke, ZfS 1998, 161, 162 m. w. N. Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 19 f. definiert Informationen als das Resultat von Sinneswahrneh­ mungen. 128 Albers, Rechtstheorie 33 (2002), 61, 69 bezeichnet dieses Phänomen als doppelte Selektivität. Ebd., S. 70, auch zur Zweigliedrigkeit des Informationsbegriffs. 129 Vesting, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 20 Rn. 18, 20.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

oder aktualisiert.130 Entscheidend ist allein, dass das beobachtende System sie auf Grundlage von Relevanzkriterien selektiert, d. h. dass eine Interpretationsleistung vorgenommen wird, die ihrerseits abhängig von Kontext und Interpreten ist. Das daraus gewonnene Ergebnis ist sekundär. Dies zugrunde gelegt, sind Informationen „Sinnelemente, die in einem be­ stimmten sozialen Kontext aus Beobachtungen, Mitteilungen oder Daten erzeugt und dann genutzt werden.“131 Mit Marion Albers lässt sich der Unterschied zwischen Daten und Informationen damit wie folgt fassen: „Daten und Informationen sind also vor allem keine Synonyme, weil Daten als Informationsgrundlagen zwar Informationen vermitteln, diese aber weit mehr voraussetzen als nur Daten. Information kann man nicht beschreiben, ohne in übergreifender Perspektive neben den Informationsgrundlagen die jeweils relevanten Wissensstrukturen, die Umsetzungsprozesse und den weiteren Kontext mitzubeobachten, in dem sie entstehen.“ 132

Die jeweilige Interpretationsleistung vollzieht sich dabei auf Grundlage des individuellen Wissens. „Wissen ist Faktor und Produkt des Kontextes.“133 Es ist Voraus­setzung der Überführung der Daten zu Informationen und es ist Ergebnis der Informa­tionsverarbeitung. Wissen ist die Struktur, in die Informationen ein­ gebettet sind.134 c) Schlussfolgerungen Die rechtswissenschaftliche Definition, die Daten als „Zeichen, die beobachtbare Unterschiede in codierter Form auf einem Datenträger festhalten“ und Infor 130

Albers, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 22 Rn. 12 mit Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 – 6 C 3/04. Auch Schoch, in: Schoch, IFG, § 2 Rn. 16 f. stellt auf die kontextabhängige Interpretationsleistung ab, indem er Informationen definiert als „Datenmenge, die Grundlage für Wissen, Meinungen, Wertungen und Entscheidungen sein kann.“ Entscheidend ist die Eignung, das Verhalten oder den Zustand des Interpreten zu beeinflussen, vgl. Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 213. 131 Albers, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 22 Rn. 12. Zusammenfassend lässt sich auch formulieren, dass Informationen „sinnhafte Elemente mit einer zweigliedrigen Struktur“ sind, vgl. Albers, Rechtstheorie 33 (2002), 61, 76. 132 Albers, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 22 Rn. 13. 133 Albers, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 22 Rn. 14 [dort mit Hervorhebungen]. Ebd., Rn.  15, auch verstärkend: „Es ermöglicht die Deutungsleistungen und begrenzt die Deutungsmöglichkeiten.“ Allgemein Willke, ZfS 1998, 161, 162: „Wissen entsteht durch den Einbau von Informationen in den Erfahrungskontext, es ist situations- und zeitabhängig […].“ Ähnlich Dreier, in: Bizer/Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S. 65, 70 f. 134 Vesting, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 20 Rn. 26 definiert Wissen als Information, „die ihren Überraschungswert eingebüßt hat. Während Information ein Ereignis ist, ein Unterschied, der einen Unterschied macht, ist Wissen der Bestand an Erkenntnissen […].“ Ebenso Albers, Rechtstheorie 33 (2002), 61, 71 ff.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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mationen als „Sinnelemente, die in einem bestimmten sozialen Kontext aus Beobachtungen, Mitteilungen oder Daten erzeugt und dann genutzt werden“ beschreibt, führt dazu, dass Informationen als „Leitkategorie“ anzusehen sind.135 Daten sind Informationsgrundlage. Ausgangspunkt für die Überführung von Open Data der öffentlichen Hand hat denn auch die grundlegende Ebene der Daten zu sein. Denn ohne Kenntnis der Informationsgrundlagen sind die demokratietheoretisch im Mittelpunkt stehenden Funktionen der Meinungs- und Willensbildung wie der Kontrolle nur eingeschränkt erfüllbar. Dementsprechend sind Daten grundsätzlich so zu veröffentlichen, wie sie erhoben werden („Primärdaten“). Sind sie nicht bearbeitet, spricht man von „Rohdaten“, sind sie im Einzelfall akkumuliert oder anderweitig bearbeitet, um die rechtlichen Grenzen der Informationsöffentlichkeit zu wahren, von „Basisdaten“.136 Auf das Trägermedium der Daten kommt es nicht an. Ebenso zu veröffentlichen ist das Produkt der Daten, d. h. das Ergebnis des Vorgangs der Interpretation und kontextualen Einbettung. Denn die rechtlich relevanten Ziele der Open Data-Forderung, die Verbesserung der Meinungs- und Willensbildung sowie der Kontrolle staatlichen Handelns, erfordern nicht nur die Kenntnis der Informationsgrundlagen, sondern auch die Kenntnis des spezifischen Verwendungszusammenhangs und der individuellen Verwendung. Rechtliche Relevanz erlangen Daten in ihrem Verwendungszusammenhang.137 Auf Daten gestützte Inhalte unterliegen ebenso den Grundsätzen der neuen Öffentlichkeit wie etwaige datenbasierte Dienste. Lediglich zusammenfassend soll vom Oberbegriff der „Infor­ mation“ die Rede sein, um Daten und ihre Produkte zu adressieren. 2. Öffentliche Aufgabe Allerdings sind nicht sämtliche Daten und Produkte zu veröffentlichen, sondern lediglich derjenige Teil, der der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen dient. Die Beschränkung entspricht der Ausrichtung des außerrechtlichen Verständnisses von Open Data der öffentlichen Hand auf die Aufgabenwahrnehmung durch den Staat. 135 So auch Albers, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 22 Rn.  7. Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S.  44 bezeichnet Information als „Überbegriff“. Zur ausführlichen Argumentation bereits Albers, Rechtstheorie 33 (2002), 61, 77. Ebd. zur Notwendigkeit der Unterscheidung der Daten- und Informationsebene: „Neu ist außerdem, daß das Recht im Ansatz mit einer ‚gegenstands‘ bezogenen Unterscheidung arbeiten muß, nämlich mit der von Information und Daten, damit es in der Informationsdimension überhaupt eine angemessene Steuerungskraft entfalten kann.“ 136 BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 36. 137 Albers, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 22 Rn. 13 mit Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a. – BVerfGE 65, 1.

234

3. Teil: Rechtliche Grundlegung

a) Öffentliche Aufgaben Während als Aufgabe ein sachlich begrenzter Tätigkeitsbereich bezeichnet werden kann,138 setzt sich die Mehrdeutigkeit des Rechtsbegriffs „öffentlich“ bei der Bestimmung der öffentlichen Aufgabe fort.139 Nach überwiegender Ansicht ist zwischen öffentlichen und Staatsaufgaben zu differenzieren. Zur Unterscheidung überzeugt es, als öffentliche Aufgaben diejenigen Aufgaben anzusehen, die im öffentlichen Interesse liegen.140 Öffentliche Aufgaben können dabei nicht nur von der öffentlichen Hand wahrgenommen werden; um­ gekehrt kann die öffentliche Hand nicht nur öffentliche Aufgaben wahrnehmen.141 Staatsaufgaben sind diesem Verständnis zufolge Teil  der öffentlichen Aufgaben. Sie sind dem Staat vorbehalten.142 Demnach sind unter öffentlichen Aufgaben Tätigkeitsbereiche zu verstehen, „deren Ausübung im öffentlichen Interesse liegt“143. Es kommt darauf an, ob die 138

Neben dem im Folgenden zugrunde gelegten Verständnis der Aufgabe als Tätigkeitsinhalt kann Aufgabe auch als Ziel verstanden werden, Wimmer, Dynamische Verwaltungslehre, S. 95. 139 Mehrdeutig wird die „öffentliche Aufgabe“ auch von der Rechtsordnung verwendet. In den Pressegesetzen der Länder nimmt sie auf das Gemeinwohl Bezug, wohingegen bspw. § 170 Abs. 3 Satz 1 VwGO eine Zuordnung zum Bereich des Staatlichen vornimmt. Weitere Nachweise bei Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 118 f. Einen Überblick über die Verwendung in der Rechtsprechung, allen voran des BVerfG Klein, DÖV 1965, 755, 756 f. 140 Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 30 Rn. 14; Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 86 Rn. 110; Wimmer, Dynamische Verwaltungslehre, S.  96; Bauer/u. a., in: PdK Bayern, Art.  6 BayGO; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 79; Voßkuhle, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 266, 273; Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 117; Peters, in: Dietz/Hübner, Festschrift für Hans Carl Nipperdey, S. 877, 878, 894. In diesem Sinne auch Spieth, in: BeckOK-VwVfG, § 56 Rn. 52. Aus der Rechtsprechung BVerfG, Beschl. v. 19.12.1962 – 1 BvR 541/57 – juris Rn. 23 – BVerfGE 15, 235. Die Terminologie des BVerfG ist jedoch uneinheitlich. Teils ist statt von „öffentlicher Aufgabe“ auch von „öffentlich-rechtlicher Aufgabe“ die Rede, vgl. im Kontext der Tätigkeit der Rundfunkanstalten BVerfG, Urt. v. 5.6.1973 – 1 BvR 536/72 – juris Rn. 20, 46 – BVerfGE 35, 202; BVerfG, Urt. v. 27.7.1971 – 2 BvF 1/68 u. a. – juris Rn. 21, 37, 40 – BVerfGE 31, 314. Teils wird die öffentlich-rechtliche Aufgabe als Unterfall der öffentlichen Aufgabe angesehen, nämlich dann, wenn die öffentliche Aufgabe durch die (un-)mittelbare Staatsverwaltung erfüllt wird, hierzu BVerfG, Urt. v. 27.7.1971 – 2 BvF 1/68 u. a. – juris Rn. 66 – BVerfGE 31, 314, abweichende Meinung. Damit wird auf den öffentlichen Träger der Aufgabe Bezug genommen. Diese Bezugnahme kommt im vorliegenden Kontext jedoch explizit in der Nennung der öffentlichen Stellen zum Ausdruck, so dass eine Unterscheidung von „öffentlichen Aufgaben“ und „öffentlich-rechtlichen Aufgaben“ nicht erforderlich ist. 141 Ronellenfitsch, in: BeckOK-VwVfG, § 1 Rn.  8; Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  86 Rn. 110; Bauer/u. a., in: PdK Bayern, Art. 6 BayGO. Auf kommunaler Ebene ist für die Erfüllung nicht-öffentlicher Aufgaben jedoch eine ausdrückliche gesetzliche Kompetenz erforderlich, die das Zugriffsrecht der Kommune eröffnet. Zur Wahrnehmbarkeit durch Private Voßkuhle, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 266, 275. 142 Allgemein zum Verhältnis von öffentlicher und staatlicher Aufgabe Hellermann, in: BeckOK-GG, Art. 30 Rn. 7 f. 143 Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 12. In diesem Sinne wohl auch BVerfG, Beschl. v. 19.12.1962 – 1 BvR 541/57 – juris Rn. 23 – BVerfGE 15, 235.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Erfüllung der öffentlichen Aufgaben dem Gemeinwohl und damit einer Vielzahl von in der Allgemeinheit vorhandenen, nicht partikularen, personell begrenzten Interessen dient. Dementsprechend weit ist der Bezug zur öffentlichen Aufgabe auszulegen.144 So kann auch das erwerbswirtschaftliche, gegebenenfalls sogar das fiskalische Handeln der neuen Öffentlichkeitsforderung zuzuordnen sein, sofern zumindest auch das Wohl der Allgemeinheit verfolgt wird.145 Wann das Gemeinwohl verfolgt wird, ist im Wege der Abwägung zu bestimmen.146 Ein derart weites Verständnis der öffentlichen Aufgabe entspricht rechtstat­ sächlich der allseitigen Informationsabhängigkeit in der Informationstechnologiegesellschaft. Rechtsnormativ korrespondiert es mit der weiten Auslegung des öffentlichen Interesses, wie es der Regelung des öffentlich-rechtlichen Vertrags zugrunde liegt, § 56 VwVfG. Da die Wahrung des öffentlichen Interesses grundsätzlich Voraussetzung der rechtlichen Zulässigkeit staatlichen Handels ist, ist regelmäßig von einem zumindest mittelbaren Bezug des staatlichen Handelns zur Erfüllung öffentlicher Interessen auszugehen.147 Dies gilt umso mehr, als nach inzwischen beinahe allgemeiner Ansicht sämtliches Handeln der Staatsgewalt der Grundrechtsbindung des Art. 1 Abs. 3 GG unterliegt.148 Die Weite der öffentlichen Aufgaben folgt schließlich daraus, dass die Zahl der öffentlichen Aufgaben theoretisch unbegrenzt ist. Denn der moderne Verfassungsstaat ist durch seine Allzuständigkeit und die Fähigkeit, öffentliche wie staatliche Aufgaben zu definieren, gekennzeichnet.149 Sofern eine Tätigkeit dem Gemeinwohl dient, kann der Staat über die Begründung einer korrespondierenden Aufgabe disponieren. Grenze der potenziellen Allzuständigkeit des Staats ist – neben der tatsächlichen Unmöglichkeit der Erfüllung sämtlicher Aufgaben durch den Staat – allein die Verfassung.150

144 Zur Weite des Gemeinwohlbegriffs Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 76. 145 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 56 Rn. 53. 146 Zum „Abwägungsproblem“ der Bestimmung des Gemeinwohls Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 76. 147 Zum Vorliegen eines öffentlichen Interesses als notwendige Bedingung der Rechtmäßigkeit staatlichen Handeln Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 5; Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 71 Rn. 12. 148 Grundlegend Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  1 Abs.  3 Rn.  95, insb. zur Grundrechtsbindung bei erwerbswirtschaftlichem und fiskalischem Handeln; ebenso im Kontext des VwVfG Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1 Rn. 113 f. 149 Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 30 Rn. 9; Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 55 ff. 150 Allen voran aus den Grundrechten lässt sich die Subsidiarität staatlicher Aufgabenerfüllung ableiten, vgl. Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IV, § 73 Rn.  65 ff. Allgemein zur Begrenzung der rechtlichen Allzuständigkeit des Staats durch die Verfassung Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 30 Rn. 9.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

b) Dienende Funktion als Beschränkung auf Vorhandenes Ein Datum oder sein Produkt dient der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dabei genau dann, wenn es zur Aufgabenerfüllung erhoben oder herangezogen wird oder es das Ergebnis der Aufgabenerfüllung darstellt. Eine Datenbeschaffungspflicht kann dementsprechend nur aus der Pflicht zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung folgen, nicht jedoch aus der Pflicht zur Herstellung von Öffentlichkeit. Denn die Idee der Öffentlichkeit nimmt lediglich auf Vorhandenes Bezug. 3. Staatliche Stelle Indem öffentliche Aufgaben auch von der Gesellschaft wahrgenommen werden können, ist der Öffentlichkeitsgrundsatz dem außerrechtlichen Verständnis entsprechend auf die Aufgabenwahrnehmung durch die öffentliche Hand zu begrenzen. Nur diejenigen Daten und Produkte, die im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung durch staatliche Stellen anfallen, sind von der Forderung nach Öffnung des staatlichen Handelns gegenüber dem Bürger erfasst. Allerdings unterliegen alle drei Staatsgewalten dem Öffentlichkeitsgrundsatz, wie die demokratietheoretische Zielsetzung sowie deren Überführung in das System der Rechtswissenschaften zeigen.151 a) Aufgabenwahrnehmung durch staatliche Stelle Stelle ist jede verfestigte Organisationseinheit.152 Staatlich ist sie, wenn sie Ge­ setzgebung, vollziehender Gewalt oder Rechtsprechung zugeordnet werden kann, also wenn die Stelle hoheitliche Gewalt ausüben kann.153 Eine Differenzierung 151 s. o., 3. Teil, 1. Kap. B. I. 2., 3. Zum Ziel der möglichst umfassenden Verpflichtung öffentlicher Stellen zur Eröffnung des Informationszugangs Schoch, EuZW 2011, 388, 390; Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S. 45. 152 Auf einfachgesetzlicher Ebene finden sich Definitionen der öffentlichen Stelle etwa in § 2 BDSG sowie § 2 IWG. Das Merkmal der organisatorischen Selbstständigkeit findet sich auch in Bezug auf den Behördenbegriff, vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1 Rn. 248. 153 Zur Gleichsetzung von „Hoheitsgewalt“, „Staatsgewalt“ und „öffentlicher Gewalt“ Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S.  86. Zur Notwendigkeit einer funktionalen Betrachtung Schoch/Kloepfer, Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE), zu § 3 Rn.  6. Ebenso zur Auslegung des Amtsbegriffs i.R.v. § 5 Abs. 2 UrhG Katzenberger, GRUR 1972, 686, 686 f. Nach dem öffentlich-rechtlichen Verständnis ist „jede mit der Erfüllung öffentlicher, hoheitlicher Aufgaben betraute Institution“ erfasst. Entscheidend ist damit, ob die Stelle öffentlich-rechtliche Kompetenzen ausüben kann, vgl. Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S.  100. Zur Ausübung „öffentlicher Gewalt“ i. S. d. (einschränkenden) Art.  19 Abs.  4 GG durch Legislativorgane Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  19 Abs.  4 Rn.  90. Umstritten ist allein die Einordnung der Tätigkeit der Legislativorgane bei der parlamentarischen Gesetzgebung als Ausübung von öffentlicher Gewalt, ebd. Rn.  93; a. A. Enders, in: BeckOK-GG, Art. 19 Rn. 59.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

237

nach den ausgeübten Staatsfunktionen findet nicht statt. Ebenso irrelevant ist die Handlungsform, derer sich eine Stelle im konkreten Fall bei der Erledigung öffentlicher Aufgaben bedient („formelle Privatisierung“ bzw. „Organisationspriva­ tisierung“).154 Die Einbeziehung sämtlicher Stellen, die hoheitliche Gewalt ausüben, entspricht dem Grunde nach der Konkretisierung der Grundrechtsverpflichteten im Sinne von Art.  1 Abs.  3 GG.155 Erfasst werden Behörden, Organe der Rechtspflege wie der Gesetzgebung.156 Dem Bereich des Staatlichen zuzuordnen sind daneben bundesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, d. h. alle öffentlich-rechtlich organisierten Organisationseinheiten. Staatliche Stellen sind zudem Rechtssubjekte des öffentlichen wie des privaten Rechts mit abgeleiteter Hoheitsgewalt, die  – im Falle von Privatrechtssubjekten ausnahmsweise  – öffentlich-rechtliche Kompetenzen ausüben können.157 Letzteres ist etwa bei Beliehenen der Fall. Sie üben selbstständig und im eigenen Namen hoheitliche Befugnisse aus.158

154 Spezifisch zur Wahlfreiheit bei der „Bereitstellung staatlicher Daten“ BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 120, 166 ff. Zur formellen Privatisierung Ibler, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 86 Rn. 116: „Die Verantwortungsstruktur (Erfüllungsverantwortung des Staates) bleibt unverändert, die Organisationsform ändert sich.“ Ebenso Ballhausen, IT-Einsatz in der Justiz, S. 119; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1 Rn. 128; Krebs, in: Isensee/ Kirchhof, HStR, Bd. V, § 108 Rn. 14. 155 Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 92 ff.; ebd. Rn. 99 ff. zur ausnahmsweisen Grundrechtsbindung Privater. Ein alle Staatsgewalten einbeziehendes Verständnis liegt auch § 2 Abs. 1 BDSG zugrunde, wenn auch zur – der staatlichen Stelle synonymen – öffentlichen Stelle. Er definiert als öffentliche Stellen „Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform.“ Anders § 2 Nr. 1 lit. b IWG, der öffentliche Stellen über die Erfüllung im Allgemeininteresse liegender Aufgaben definiert. 156 Damit ist die Gesamtheit der staatlichen Tätigkeit erfasst, vgl. i.R.v. Art. 30 GG Hellermann, in: BeckOK-GG, Art. 30 Rn. 8 f. In diesem umfassenden Sinne auch Bethge, in: Maunz/ Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 13 Rn. 22. 157 Grundlegend Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 81. Zur Bindung aller staatlichen Gewalt Hillgruber, in: BeckOK-GG, Art. 1 Rn. 64. Zur Einbeziehung der mittelbaren neben der unmittelbaren Staatsverwaltung Schoch, NJW 2009, 2987, 2989. Zu Beliehenen Krebs, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. V, § 108 Rn. 44 f.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 56; i.R.v. Art. 19 Abs. 4 GG Papier, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 177 Rn. 29. Zur Einbeziehung Beliehener in das UIG König, DÖV 2000, 45, 48. Zur Zuordnung von Privatrechtssubjekten zur mittelbaren Verwaltung Krebs, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. V, § 108 Rn. 22. 158 Grundlegend zur Beleihung Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 86 Rn. 75 ff. Beliehene können im Rahmen ihrer Kompetenzen öffentlich-rechtlich tätig werden. Sie treten als eigenständiger Hoheitsträger auf. Die hoheitlichen Befugnisse stehen einer Einordnung der Beleihung als Privatisierung entgegen, ebd. Rn. 76, auch wenn die Beleihung vielerorts der Organisationsprivatisierung oder der funktionellen Privatisierung zugerechnet wird.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

b) Einbeziehung Dritter und Privatisierung Überhaupt steht die Einbeziehung Dritter der Einschlägigkeit des Open DataAnsatzes nicht entgegen. Andernfalls könnten sich staatliche Stellen ihren Veröffentlichungspflichten entziehen. Entscheidend ist die rechtliche Einstandspflicht für die Aufgabenerfüllung. Liegt die Verantwortung bei einer staatlichen Stelle,159 unterfallen die im Kontext der Aufgabenerfüllung benötigten und anfallenden Daten der Öffentlichkeitsforderung. Dementsprechend ist eine Aufgabenwahrnehmung durch staatliche Stellen in Gestalt mittelbarer Aufgabenwahrnehmung anzunehmen, wenn die staatliche Stelle die Aufsicht160 oder die Kontrolle samt ent­sprechenden Einflussnahmemöglichkeiten161 innehat,162 etwa bei der Einbeziehung von Verwaltungshelfern („funktionale Privatisierung“).163 Die Verantwortlichkeit und Kontrollierbarkeit der Aufgabenwahrnehmung durch staatliche Stellen endet erst bei der materiellen Privatisierung, wenn der Staat die

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„Verantwortung“ als „rechtliche, ethische oder politische Einstandspflicht“ begreift Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 35. 160 Speziell zur Ausübung der Aufsicht durch Landesbehörden Schrader, BayVBl. 2012, 289, 293 am Beispiel kommunaler Informationsfreiheitssatzungen. 161 So auch der Professorenentwurf des IFG, Schoch/Kloepfer, Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE), in § 3 Abs.  1 Nr.  4 bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs. Demnach besteht der Anspruch auf Informationszugang gegenüber „Privaten, deren sich Behörden zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben bedienen und die insoweit der Aufsicht oder entsprechenden Einflussnahme von Behörden unterstehen; […].“ 162 Vgl. § 2 Abs.  3 HmbTG (HmbGVBl. I 2012, 271): „[…]; als Behörden gelten auch natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, soweit sie öffentliche Aufgaben, insbesondere solche der Daseinsvorsorge, wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen er­ bringen und dabei der Kontrolle der Freien Hansestadt Hamburg oder einer unter ihrer Aufsicht stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen.“ Zur Aufsicht und Kontrolle durch öffentliche Stellen auch § 2 Nr.  1 lit.  b IWG, der den Anwendungsbereich für Personen eröffnet, die öffentliche Stellen „einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe bestimmt haben.“ Enger ist demgegenüber die Formulierung des IFG, wonach natürliche und juristische Personen einer Behörde gleichgestellt werden, „soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient“, § 1 Abs.  1 Satz  3  IFG. So bereits Schoch/Kloepfer, Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE), zu § 3 Rn.  6 f. Ähnliche Überlegungen stellt Trute, DVBl. 1996, 950, 957 f. i.R.d. Grundrechtsverpflichtung bei Einbeziehung Privater an. Ausschlaggebend sei die Finalität des Handelns. 163 Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 86 Rn. 118 f. Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für die Aufgabenerfüllung verbleiben in diesem Fall bei der den Verwaltungshelfer einbeziehenden Stelle, vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1 Rn. 134. Lediglich der Vollzug der Aufgabe wird auf ein Privatrechtssubjekt übertragen. Dass sich der Anspruch nicht gegen den Verwaltungshelfer, sondern gegen die einbeziehende Stelle richtet, stellt auch § 1 Abs. 3 IFG klar. Umfassend Ballhausen, IT-Einsatz in der Justiz, S. 121 ff. Der Kooperation i. S. v. Open Government ordnen den Verwaltungshelfer zu Schliesky/Schulz u. a., „Arbeitsteilung 2.0“, S. 45.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

239

Wahrnehmung vertretbarer164 öffentlicher Aufgaben vollständig Privaten überlässt. Etwas anderes gilt nur, wenn Rechtsvorschriften ausnahmsweise das Fortbestehen von Steuerungs- oder Kontrollmöglichkeiten des Staats vorsehen.165 4. Exkurs: Zuständigkeit für die Herstellung von Informationsöffentlichkeit Die Beschränkung der Betrachtung auf die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen besagt nichts über die Zuständigkeit zur Veröffentlichung der Daten und Produkte, die im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung anfallen oder herangezogen werden. Ohne die Bestimmung der Verfügungsbefugnis vorwegzunehmen,166 ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die staatliche Stelle, die für die Aufgabenwahrnehmung zuständig ist, die Verfügungsbefugnis für die selbst erhobenen oder ermittelteten Daten und deren Produkte innehat.167 Der Verfügungsbefugnis der staatlichen Stelle lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass eine Veröffentlichung unmittelbar durch die verfügungsbefugte Stelle zu erfolgen hat. Sowohl eine abweichende Zuständigkeitsbestimmung von Gesetzes wegen, etwa eine Unterteilung in Front- und Back-Office in Gestalt eines Portals, als auch die Einbeziehung Privater in die Aufgabenwahrnehmung ist möglich.168 Eine von der Verfügungsbefugnis abweichende Zuständigkeit zur Veröffentlichung macht die Mitwirkung der verfügungsbefugten staatlichen Stelle jedoch nicht entbehrlich, da im Rahmen der Veröffentlichung durch Dritte deren tatsächliche Verfügungsgewalt sichergestellt werden muss.169 Klarstellend ist zudem anzumerken, 164 Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 86 Rn. 111. Nur vertretbare Staatsaufgaben dürfen privatisiert werden. Notwendigerweise vom Staat wahrzunehmen sind demgegenüber die elementaren Staatsfunktionen wie Gesetzgebung und Rechtsprechung, vgl. Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 31. 165 Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 86 Rn. 110; Schliesky/Schulz u. a., „Arbeitsteilung 2.0“, S. 40; Ballhausen, IT-Einsatz in der Justiz, S. 120; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1 Rn. 129; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 187. So bereits für den Professorenentwurf des IFG, der ausdrücklich nicht für Behörden, sondern für öffentliche Stellen gilt, um der „Flucht ins Privatrecht“ entgegenzuwirken, Schoch/Kloepfer, Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE), zu § 3 Rn. 7. Allgemein zur materiellen Privatisierung Krebs, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. V, § 108 Rn. 14 f. 166 Ausführlich zu Verfügungsgewalt und Verfügungsbefugnis sogleich, 3. Teil, 2. Kap. C. II. 4. 167 Diese Annahme liegt auch dem IFG zugrunde, BT-Drs. 15/4493, S.  14. Hierzu BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 121; Schoch, in: Schoch, IFG, § 9 Rn. 27 ff. 168 Allgemein zur Ablehnung einer Pflicht des Staats zur aktiven Veröffentlichung Albrecht, Probleme bei der Privatisierung staatlicher Informationspflichten am Beispiel der Juris GmbH, S. 42. Die Pflicht sei vielmehr auf die Herstellung des Zustands der Publizität beschränkt. 169 Grundlegend zur Unterscheidung zwischen (rechtlicher) Verfügungsbefugnis und (faktischem) Vorhandensein Wustmann, ZLR 2007, 242, 245 ff. Vgl. auch Husein, LKV 2010, 337, 339.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

dass die Verantwortlichkeit staatlicher Stellen bzw. konkret derjenigen staatlichen Stelle, die für die Veröffentlichung zuständig ist, durch die Einbeziehung Privater nicht eingeschränkt wird. In der Diktion des Gewährleistungsstaats ausgedrückt:170 Die Gewährleistungsverantwortung verbleibt beim Staat. Der Staat hat die Auf­ gabenerfüllung sicherzustellen. Ist die Einbeziehung Dritter in die Veröffentlichung möglich, liegt es a maiore ad minus nahe, dass nicht nur eine Veröffentlichung im Rahmen eines eigenen Internetauftritts der für die Aufgabenwahrnehmung zuständigen Stelle möglich ist. Vorzugswürdig, aus organisatorischen Gründen auf Seiten von Anbieter wie Nutzer, erscheint vielmehr die Veröffentlichung über ein zentrales Portal.171 II. Inhalt der Informationsöffentlichkeit Der außerrechtlichen Forderung nach voraussetzungsloser allgemeiner Zugänglichkeit und Nutzbarkeit für jedermann korrespondiert der Definitionsbestandteil der öffentlichen Zugänglichkeit mit der technischen und rechtlichen Möglichkeit zur Weiterverwendung: Öffentliche Zugänglichkeit als Rechtsbegriff nimmt auf die Möglichkeit des Zugangs für Mitglieder der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl Bezug. Das der Open (Government) Data-Forderung immanente Element der Zugänglichkeit für jedermann findet sich ebenso in der öffentlichen Zugänglichkeit wie die Unab­hängigkeit des Zugangs von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten. Die rechtliche und technische Möglichkeit zur Weiterverwendung nimmt auf die Ermöglichung der Sekundärnutzung Bezug. 1. Öffentliche Zugänglichmachung Der Rechtsbegriff der öffentlichen Zugänglichmachung findet sich seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft im Jahr 2003, dem „Ersten Korb“ der Urheberrechtsreform, in § 19a UrhG.172 Öffentliches Zugänglichmachen bedeutet nach dessen Legaldefinition, ein „Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.“ Die Veröffentlichung muss für einen unbestimmten, nicht durch persönliche Merkmale verbundenen Personenkreis zugänglich und damit wahr 170

Für eine kurze Skizze des Gewährleistungsstaats s. o., 2. Teil, 3. Kap. D. I. 2. BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 165 ff.; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, § 1 Rn. 130. 172 BGBl. I 2003, 1774. Das Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft dient der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG (ABl. L 167/10 vom 22.6.2001). Die Richtlinienbestimmung beruht ihrerseits auf dem WIPO-Urheberrechtsvertrag. 171

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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nehmbar sein, § 15 Abs. 3 UrhG.173 Dies entspricht dem Adressatenkreis von Open Data der öffentlichen Hand. Obwohl § 19a UrhG lediglich eine bereichsspezifische Definition auf einfachgesetzlicher Ebene enthält und obwohl es gerade Daten vielfach an der nach § 2 Abs.  2 UrhG notwendigen Schöpfungshöhe fehlen wird, die Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Urheberrechts ist, kann der urheberrechtlichen Legal­ definition ein allgemeiner Rechtsgedanke entnommen werden. Sie beinhaltet zum einen den Bezug zu einem unbestimmten Personenkreis, der sich jenseits des einfachen Rechts sowohl auf nationaler Ebene als auch auf europäischer findet, wie Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG sowie der Transparenzgedanke des Art. 15 Abs.  3 UAbs.  5 AEUV zeigen.174 Zum anderen entspricht die Nähe des § 19a UrhG zum Medium Internet der Verortung der neuen Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft, die von den Grundfunktionalitäten des Internet geprägt ist. Zwar ist die Definition des § 19a UrhG technologieneutral.175 Sie kann nicht nur über das Internet, sondern auch mithilfe anderer Medien verwirklicht werden. Jedoch wird die zeit- und ortsunabhängige Kenntnisnahmemöglichkeit zur Definitionsvoraussetzung erhoben. Eben dies kennzeichnet das Internet, da die räumlich-zeitliche Ubiquität technische Grundeigenschaft des Internet ist. Die Umsetzung der Informationsöffentlichkeit mithilfe des Internet liegt damit nahe.176 Dies gilt umso mehr, als das Internet Ort der Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft ist.177 Eine Konkretisierung der öffentlichen Zugänglichmachung über die Proaktivität derselben ist im Rahmen der rechtswissenschaftlichen Definition nicht erforderlich. Zum einen adressiert die Defi­nition das Ergebnis, nicht den Prozess des Zugänglichmachens. Zum anderen kann die Pflicht zum aktiven Handeln nicht aus der Definition, sondern allein aus Ob und Umfang der Annahme zumindest einer objektiven Pflicht zur Gewährleistung der neuen Öffentlichkeit folgen. Bejaht man eine derartige Pflicht, erfasst diese automatisch und denknotwendig die Pflicht des Staats zum Tätigwerden.

173 Zur fehlenden persönlichen Verbundenheit als die Öffentlichkeit konstituierendes Merkmal BT-Drs. 15/38, S. 17. 174 Zum Grundverständnis der Rechtsbegriffe 3. Teil, 1. Kap. B. I. 1. 175 So bereits BT-Drs. 15/38, S. 17; vgl. auch Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 19a Rn. 6. Ein Bezug zum Internet wird jedoch in § 12 Abs. 1 EGovG hergestellt, der das Zurverfügungstellen von Daten über „öffentlich zugängliche Netze“ regelt. Gleiches gilt für § 3 Abs.  1 EGovG. 176 Das Internet wird in der aktuellen Diskussion wie selbstverständlich als Mittel zur Umsetzung von Informationsöffentlichkeit wahrgenommen, vgl. nur Both/Schieferdecker (Hrsg.), Berliner Open Data-Strategie. Aus der Gesetzgebung vgl. die Begründung der PSI-Richtlinie, KOM(2002) 207 endg., S. 2. 177 s. o., 2. Teil, 3. Kap. D. II. 2.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

2. Rechtliche und technische Möglichkeit der Weiterverwendung In der rechtlichen und technischen Möglichkeit zur Weiterverwendung sind die Open (Government) Data-Kriterien entwicklungsoffen und skalierbar zusammengefasst. Die Schaffung bestmöglicher rechtlicher und technischer Voraussetzungen für die Weiterverwendbarkeit im Sinne eines Optimierungsgebots ist nicht Bestandteil des Begriffsverständnisses. Definitionsnotwendig ist lediglich die grundsätzliche Möglichkeit der Weiterverwendung der öffentlich zugänglich gemachten Daten und ihrer Produkte. Es genügt die Möglichkeit der Weiter­ verwendung. Gleichzeitig steht die Veröffentlichung nicht unter der Bedingung der Weiterverwendung durch den Informationsempfänger.178 a) Möglichkeit der Weiterverwendung („Weiterverwendbarkeit“) Die prominenteste rechtswissenschaftliche, wiederum auf einfachgesetzlicher Ebene anzusiedelnde und insofern nicht allgemeingültige Definition der Weiterverwendung findet sich in § 2 Nr. 3 IWG. Demnach ist Weiterverwendung „jede Nutzung von Informationen, die über die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe hinausgeht und in der Regel auf die Erzielung von Entgelt gerichtet ist“, wobei „die intellektuelle Wahrnehmung einer Information und die Verwertung des dadurch erlangten Wissens“ grundsätzlich keine Weiterverwendung darstellen. Daneben wird der Begriff der Verwendung im Datenschutzrecht zugrunde gelegt. Demnach ist Verwendung jede Verarbeitung und Nutzung von Daten jenseits ihrer Erhebung, wie aus der Definition der Nutzung in § 3 Abs. 5 BDSG folgt. Gemein ist beiden Begriffsbestimmungen, dass sie nicht zwingend zwischen kommerzieller und nicht-kommerzieller Weiterverwendung bzw. Verwendung unter­ scheiden. Beide erfassen zudem den gesamten Gebrauchszyklus von Daten, im Falle der Weiterverwendung im Sinne von § 2 Nr. 3 IWG den Gebrauch jenseits der Erfüllung der ursprünglichen Aufgabe durch die ursprünglich zuständige staatliche Stelle, der Wahrnehmung und der Verwendung des dadurch erlangten Wissens. Veränderungen unterfallen damit ebenso der Weiterverwendung wie die Wei-

178 Daher sind Begriffsbestimmungen irreführend, die Open Government Data als „Veröffentlichung zu Zwecken der Weiterverwendung“ umschreiben. Weder kommt es auf das Ob der Weiterverwendung an, noch auf das Wie, etwa auf die Unterscheidung zwischen ­kommerzieller und nicht-kommerzieller Weiterverwendung. Die Entscheidung obliegt allein dem Informationsempfänger. Eine Zweckbindung wäre mit dem Grundgedanken der Informations­ öffentlichkeit nicht vereinbar. Die grundsätzliche Gleichbehandlung kommerzieller und nichtkommerzieller Weiterverwendung findet sich bereits im IWG, vgl. Schoch, EuZW 2011, 388, 394.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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terverbreitung oder die öffentliche Wiedergabe. Die in den alltagssprachlichen Open Data-Definitionen teils anzutreffende gesonderte Bezugnahme auf Nutzung, Weiter­verbreitung und Weiterverwendung ist nicht erforderlich.179 Unter Weiterverwendbarkeit ist demnach das Gebrauchmachen von Daten und ihren Produkten zu verstehen, das jenseits des eigentlichen Wahrnehmungsvorgangs, der Verarbeitung des erlangten Wissens und der Erfüllung der ursprünglichen Aufgaben anzusiedeln ist. b) Technische Weiterverwendbarkeit Die Möglichkeit zur technischen Weiterverwendung adressiert die Möglichkeit zur Aufbereitung und Verarbeitung der Daten und ihrer Produkte durch den Rezipienten. Die technische Möglichkeit zur Weiterverwendung ist dann gewährleistet, wenn die Weiterverwendung automatisiert erfolgen kann. Ohne die technische Möglichkeit zur Aufbereitung könnte der Datenflut in der Informationstechnologiegesellschaft nicht oder nur schwer begegnet werden.180 Die Auffindbarkeit relevanter Daten und ihrer Produkte würde zumindest erschwert. Die Verknüpfung von Datenbeständen, die dem Wesen der Informa­ tionstechnologiegesellschaft entspricht, wäre unmöglich. Daher ist die Sicherstellung der Maschinenlesbarkeit der Daten und ihrer Produkte als definitionsnotwendig anzusehen. Erst sie stellt die automatisierte Auswertbarkeit sicher. Zur Konkretisierung der Maschinenlesbarkeit kann auf die Definition des § 12 Abs.  1 Satz  2 EGovG zurückgegriffen werden. Maschinen­ lesbar sind Daten und ihre Produkte dann, „wenn die enthaltenen Daten durch Software automatisiert ausgelesen und verarbeitet werden können“. Diese Voraussetzung ist schon dann erfüllt, wenn die Veröffentlichung in einem elektronischen Format erfolgt. Allerdings bestehen erhebliche Unterschiede in Hinblick auf den Grad der Maschinenlesbarkeit. So sind die Möglichkeiten zur systematischen Auswertung von .pdf-Dokumenten bestenfalls als eingeschränkt zu bezeichnen.181 Eine automatisierte Auswertung und Aufbereitung ermöglichen hingegen Formate wie .csv und .json, .xml und .rdf, um nur einige zu nennen. Das W3CKonsortium als Gremium zur Standardisierung des World Wide Web empfiehlt die

179 Insb. vertreten von Lucke/Geiger, Open Government Data, S.  6. Gesondert Bezug auf „Weiterverwendung, Weiterverbreitung und Veränderung“ nehmen BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 242 i.R.d. Nutzungsbedingungen. Umfassend zum alltagssprachlichen Verständnis von Open Government Data s. o., 2. Teil, 1. Kap. A. I. 180 Schon die Auffindbarkeit von Daten und ihren Produkten wäre eingeschränkt. Allerdings ist das Auffinden von Informationen nicht Bestandteil der Verwendung. 181 BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S.  392; Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 247.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

Veröffentlichung im .xml- oder .rdf-Format.182 Auf Grundlage der SAGA-Standards,183 der Standards und Architekturen für E-Government-Anwendungen, wird differenzierend angeregt, für Tabellen die Formate .csv und .json zu verwenden, für Daten und Dateien mitunter das .xml-Format.184 Eine verbindliche FormatVorgabe auf Definitionsebene ist jedoch ebenso wenig sinnvoll wie möglich. Zu schnell ist die technische Entwicklung. Um der Entwicklungsoffenheit Rechnung zu tragen, ist auf Definitionsebene die abstrakte Anforderung der automatisierten Auswertbarkeit als allein ausschlaggebend anzusehen. Jenseits der Sicherstellung der automatisierten Auswertbarkeit ist die Gewährleistung der technischen Weiterverwendbarkeit Frage der Ausgestaltung. Dies gilt entsprechend der außerrechtlichen Konkretisierung des Offenheitsverständnisses von Open Data der öffentlichen Hand in besonderem Maße für die Offenheit der verwendeten Formate sowie die Offenheit der sonstigen Standards, etwa von Schnittstellen (APIs). Die Nutzung nicht-proprietärer Standards erscheint im Sinne einer möglichst weiten Verbreitung der Daten und ihrer Produkte zwar vorzugswürdig. Als definitionsnotwendig ist die Nutzung kostenloser Standards jedoch nicht anzusehen. Sie dient allein der Optimierung der technischen Weiterverwendbarkeit auf Ausgestaltungsebene. c) Rechtliche Weiterverwendbarkeit Auch in rechtlicher Hinsicht darf die Weiterverwendbarkeit entsprechend dem Verständnis von Open Data der öffentlichen Hand nicht grundsätzlich ausge­ schlossen sein. Die Idee der rechtlichen Zulässigkeit der Weiterverwendung staatlicher Daten und ihrer Produkte ist dem geltenden Recht dabei nicht fremd. § 5 Abs.  1 UrhG sieht im Anwendungsbereich des Urheberrechts vor, dass das Ur­ heberrecht an bestimmten amtlichen Werken ausgeschlossen ist. Dies gilt namentlich für „Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich verfaßte Leitsätze zu Entscheidungen.“ Zugrunde liegt die Vorstellung, dass das Interesse an der Weiterverwendbarkeit amtlicher Werke groß ist. Umgekehrt ist das Interesse der Urheber amtlicher Werke an einem umfassenden Urheberrechtsschutz regelmäßig als gering einzustufen.185 Die Wertungen des geltenden Rechts beschränken sich dabei nicht auf die Festlegung der Eckpunkte auf der Skala der rechtlichen Weiterverwendbarkeit – 182 Grundlegend Lucke/Geiger, Open Government Data, S.  8 f. Hierauf aufbauend Kaltenböck/Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 211. Ebd. S. 210 f. zu weiteren Formaten, die einen hohen Grad an Maschinenlesbarkeit aufweisen, sowie im Einzelnen zu den Formaten (S. 243 ff.). 183 Zusammenfassend zu SAGA und dem Konnex zwischen SAGA und Open Data BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 420 ff. 184 BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 427 ff. 185 Zu § 5 UrhG s.o, 2. Teil, 2. Kap. A. I. 1. b). Grundlegend zudem BT-Drs. IV/270, S. 39.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Unzulässigkeit der Weiterverwendbarkeit einerseits, umfassende rechtliche Weiterverwendbarkeit andererseits. Die Möglichkeit der rechtlichen Zulässigkeit der Weiterverwendung kann von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht werden. Bei sonstigen amtlichen Werken, „die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind“, finden gemäß § 5 Abs.  2 UrhG die Vorschriften zu Änderungsverbot und Quellenangaben, §§ 62 f. UrhG, entsprechende Anwendung.186 Zwar wird § 5 UrhG im Rahmen der Umsetzung von Open Data der öffentlichen Hand vielfach nicht greifen, weil es gerade bei der Veröffentlichung von Daten an der persönlichen geistigen Schöpfung, § 2 Abs. 2 UrhG, fehlen wird, das Ur­ heberrecht somit nicht anwendbar ist.187 Einer direkten Anwendung des § 5 Abs. 2 UrhG wird sich zudem vielfach das Fehlen eines besonderen öffentlichen Interesses an der Veröffentlichung und Weiterverwendbarkeit entgegenhalten lassen. Dies gilt vor allem für diejenigen Daten und Produkte, die bislang dem inneramtlichen Gebrauch vorbehalten sind.188 Denn § 5 Abs.  2 UrhG fordert ein spezifisches, qualifiziertes Weiterverwendungsinteresse.189 Das Interesse muss „nach Art und Bedeutung der Information gerade darauf gerichtet sein, dass der Nachdruck oder die sonstige Verwertung des die Information vermittelnden Werkes jedermann freigegeben wird.“190 Die Forderung nach Open Data ist demgegenüber eine allgemeine, allumfassende. Ein allgemeines Interesse aber ist nicht in der Lage, die Anwendbarkeit einer Ausnahmevorschrift zu begründen.191 Zudem ließe ein derartiges Verständnis auch diejenigen Schranken des Urheberrechts hinfällig werden, die öffentliche Stellen betreffen, §§ 45 ff. UrhG. Denn der urheberrechtliche 186 An die Stelle des Urhebers tritt die staatliche Stelle. Statt aller Marquard, in: Wandtke/ Bullinger, UrhG, § 5 UrhG Rn. 23. Grundlegend zum weiten Verständnis des Amtsbegriffs, der unabhängig von der Handlungsform ist und im Falle der Beleihung auch Personen des Privatrechts erfasst Katzenberger, GRUR 1972, 686, 678. „‚Amtlich‘ meint dementsprechend die institutionalisierte Wahrnehmung öffentlicher Angelegenheiten.“ 187 Zum Schutz der „kleinen Münze“ Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 2 Rn. 4. „Persönlich“ ist eine Schöpfung auch dann, wenn sich der Urheber technischer Hilfsmittel bedient. Die Grenze zu reinen Maschinenerzeugnissen darf jedoch nicht überschritten werden, ebd. Rn. 8. 188 Zur Nichtanwendbarkeit des § 5 Abs. 2 UrhG auf Werke zum inneramtlichen Gebrauch BT-Drs. IV/270, S. 39. Beachtlich ist jedoch, dass bereits die Normierung aus dem Jahr 1962 keine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf „Schriften“ vorsieht, sondern die Nachdruckfreiheit unabhängig von der Werkgattung zur Anwendung bringt. 189 So schon die Gesetzesbegründung aus dem Jahr 1962, BT-Drs. IV/270, S. 39. Mit umfassender Begründung Katzenberger, GRUR 1972, 686, 689 f. 190 BGH, Urt. v. 20.7.2006 – I ZR 185/03; BGH, Urt. v. 2.7.1987 – I ZR 232/85; BGH, Urt. v. 30.6.1983 – I ZR 129/81. Bestätigt u. a. von Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 5 Rn. 9. 191 Ausdrücklich Katzenberger, GRUR 1972, 686, 690, demzufolge „insbesondere […] das allgemeine Interesse an Information über alle Tätigkeiten staatlicher Organe, Behörden und Ämter und deren Ergebnisse nicht [ausreicht]“. Aus der jüngeren Literatur Altmeppen/Kahlen, MMR 2006, 499, 500. Kritisch Schoch, NVwZ 2006, 872, 874 f. in Hinblick auf die „freiheitsrechtliche Perspektive“ der grundgesetzlichen Informationsfreiheit. Anders auch BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 115, die die proaktive Veröffentlichung als Veröffentlichung i. S. d. § 5 Abs. 2 UrhG einstufen.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

Schutz wäre von vornherein ausgeschlossen.192 Zudem ist § 5 UrhG als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und einer Analogie nicht zugänglich. Für die Konkretisierung der rechtlichen Weiterverwendbarkeit lässt sich der jedoch Rechtsgedanke des § 5 UrhG verallgemeinern. Denn die Interessenlage, die § 5 UrhG zugrunde liegt, kann in der Informationstechnologiegesellschaft als allgemeingültig bezeichnet werden. Die Informationsabhängigkeit und damit das Interesse an der Weiterverwendbarkeit sind nicht mehr nur im Falle von Gesetzen, Gerichtsentscheidungen und Ähnlichem als hoch einzustufen. Vielmehr kann eine generelle Abhängigkeit des Einzelnen von staatlichen Daten und ihren Produkten angenommen werden, nicht zuletzt aufgrund der besonderen Autorität des Staats und des vielfach bestehenden staatlichen Aufgabenmonopols. Zugleich sind Einschränkungen in Gestalt der Pflicht zu Quellenangabe und Änderungsverbot gerade angesichts der Informationsflut mehr denn je Grundlage der Sicherstellung der Authentizität staatlicher Daten und ihrer Produkte193 Der Grundsatz der Zulässigkeit der Weiterverwendbarkeit lässt sich angesichts der vergleichbaren Interessenlage ebenso auf die Informationstechnologiegesellschaft übertragen wie die Möglichkeit von Einschränkungen der Weiterverwendbarkeit in Gestalt von Änderungsverbot oder Pflicht zur Quellenangabe. Die Idee, die § 5 UrhG zugrunde liegt, kann als Vorläufer der Forderung nach Open Data angesehen werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die rechtliche Zulässigkeit der Weiterverwendung grundsätzlich zu gewährleisten ist, um dem Grundgedanken der Open Data-Forderung gerecht zu werden. Jedoch steht es in Übereinstimmung mit den urheberrechtlichen Grundsätzen der Annahme der Weiterverwendbarkeit nicht entgegen, dass die Weiterverwendung von der Bedingung zur Nennung des Ur­hebers bzw. der verfügungsbefugten staatlichen Stelle sowie vom Verbot der Än­derung abhängig gemacht wird. Die Bedingtheit der Weiterverwendbarkeit steht dem Grundgedanken der Open Data-Forderung erst dann entgegen, wenn die Bedingungen willkürlich, entgegen dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG oder den Grundgedanken des § 5 UrhG, formuliert werden. Damit geht die Forderung nach Open Data der öffentlichen Hand über den Status Quo hinaus. Denn auch jenseits des Immaterialgüterrechts findet sich im nationalen Recht kein geschriebener (einfach-) rechtlicher Grundsatz, wonach 192

Katzenberger, GRUR 1972, 686, 691. Allgemein zum Zweck des § 5 Abs. 2 UrhG, der Behörde eine Überwachung der Genauigkeit der Wiedergabe zu ermöglichen Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 5 Rn. 12. Zu möglichen Einschränkungen der Weiterverwendbarkeit BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S.  241 ff. Demnach sind insbesondere die Pflicht zur Namensnennung sowie die Pflicht, die Informationen unter anderem Namen und/oder anderer Lizenznummer weiterzuverbreiten zulässig. Sie „differenzieren den Aspekt ‚keine Nutzungseinschränkungen‘ positiv aus“, vgl. ebd. S. 242. 193

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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staatliche Daten und deren Produkte frei weiterverwendbar zu sein haben. Das Informationsweiterverwendungsgesetz gewährt unabhängig vom Bestehen von Urheberrechten (noch)194 keinen Anspruch auf Gewährleistung der rechtlichen Weiterverwendbarkeit. III. Zusammenfassung und Schlussfolgerung Die Definition der Idee von Open Data der öffentlichen Hand als diejenigen Daten und Produkte, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen dienen und die mit der technischen und rechtlichen Möglichkeit zur Weiterverwendung öffentlich zugänglich gemacht werden, überführt den Grundgedanken der aktuellen Forderung in die rechtswissenschaftliche Terminologie. Öffentliche Zugänglichkeit ist in Anlehnung an §§ 19a, 15 Abs.  3 UrhG die Gewährleistung der Wahrnehmbarkeit für die Öffentlichkeit, d. h. für einen unbestimmten, nicht durch persönliche Merkmale verbundenen Personenkreis von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl. Trotz der Technologieneutralität der Definition wird die Veröffentlichung im Internet dem gerecht. Weder die technische noch die rechtliche Möglichkeit zur Weiterverwendung darf dem Grunde nach ausgeschlossen werden. Der Begriff der Weiterverwendung erfasst dabei jegliches Gebrauchmachen, das über die ursprüngliche Aufgabenwahrnehmung durch die ursprünglich zuständige Stelle sowie die intellektuelle Wahrnehmung und die Verarbeitung des dadurch erlangten Wissens hinausgeht. Technische Weiterverwendbarkeit ist gegeben, wenn eine automatisierte Auswertung und Aufbereitung der Daten und ihrer Produkte möglich ist. Rechtliche Weiterverwendbarkeit ist zu bejahen, wenn die Weiterverwendung grundsätzlich rechtlich zulässig ist. Modifikationen in Gestalt eines Änderungsverbots und der Pflicht zur Quellenangabe stehen der Einschlägigkeit der rechtswissenschaftlichen Definition aber ebenso wenig entgegen wie der ausnahmsweise Ausschluss der technischen und/ oder rechtlichen Weiterverwendbarkeit auf Grundlage entgegenstehender Rechte Dritter. Denn ebenso wie Rechte Dritter einer Veröffentlichung entgegenstehen können, sind sie in der Lage, die Weiterverwendbarkeit auszuschließen.195

194 Zu den Änderungen, die die Novellierung der PSI-Richtlinie (KOM(2011) 877, endg.) mit sich bringt, oben, 2. Teil, 2. Kap. A. IV. 2. b). 195 Überblick über Rechte Dritter, die einer Veröffentlichung entgegenstehen können, oben, 3. Teil, 1. Kap. B. I. 3. b), sowie BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 144 ff. Da die Einschränkung der Veröffentlichung wie der Weiterverwendbarkeit grundsätzlich Ausfluss der gleichen Rechte Privater ist, wird vielfach schon die Veröffentlichung ausgeschlossen sein.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

Informationsöffentlichkeit Um die Eigenständigkeit der rechtswissenschaftlichen Definition zum Ausdruck zu bringen und um die durch die Explikation hervorgerufene Mehrdeutigkeit zu beseitigen, ist im Folgenden von Informationsöffentlichkeit die Rede, wenn die juristische Definition von Open Data der öffentlichen Hand adressiert wird, also diejenigen staatlichen Daten und ihrer Produkte, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen dienen und die mit der Möglichkeit zur technischen und rechtlichen Weiterverwendung öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Bezugnahme auf den Rechtsbegriff der Information steht nicht im Gegensatz zum Technikbezug, den die Umsetzung der Informationsöffentlichkeit angesichts der öffentlichen Zugänglichmachung über das Internet in sich trägt. Information ist vielmehr als Oberbegriff anzusehen. Da Informationen nicht ohne Informationsgrundlage, d. h. ohne Daten, gedacht werden können, beziehen Informationen als Plus gewissermaßen das Minus der Daten mit ein.196 Die Bezeichnung als Informationsöffentlichkeit greift zudem die bisherige rechtswissenschaftliche Terminologie auf, die von „Informationsrecht“ und „Informationsverwaltungsrecht“ spricht.197 In der Bezugnahme der Informationsöffentlichkeit auf den Rechtsbegriff der Öffentlichkeit wird die rechtliche Fundierung im Grundgesetz in seiner Gesamtheit zum Ausdruck gebracht. Öffentlichkeit kennzeichnet als Oberbegriff demokratisch, rechtsstaatlich und republikanisch begründete Öffnungsforderungen ebenso wie entsprechende Ansätze, die in den Grundrechten wurzeln. Die Bezeichnung als Informationsöffentlichkeit bringt damit in ihrer Gesamtheit die lange, demokratietheoretische wie staatsrechtliche Tradition zum Ausdruck, in deren Lichte die ak­ tuelle Forderung zu betrachten ist.198 196 Vgl. auch Albers, Rechtstheorie 33 (2002), 61, 77, die Informationen als Leitkategorie betrachtet, die die Behandlung von Daten aber als erforderlich ansieht, um der Informationsdimension eine angemessene Steuerungskraft zu verleihen. Nicht überzeugend ist die umgekehrte Schlussfolgerung von BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 97, derzufolge Vorschriften, die Daten adressieren, auch auf Informationen anwendbar sind, da das Ausgangsprodukt von Informationen Daten sind. Dies würde die eigenständige Bedeutung der kontextualen Einbettung von Informationen außer Acht lassen. Zudem müssten in konsequenter Fortführung dieser Argumentation datenspezifische Vorschriften auch auf Wissen anzuwenden sein. Lediglich der umgekehrte Schluss kann gelten, dass informationsspezifische Vorschriften als Minus auch auf Daten Anwendung finden können, was im Wege der Auslegung festzustellen ist. 197 Statt aller Dreier, in: Bizer/Lutterbeck/Rieß, Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft, S. 65, 71. In diesem Sinne ist auch die Beschreibung der Verwaltung als „Informationsverarbeitung“ zu lesen, vgl. nur Gusy, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 23 Rn. 21. Zu den unterschiedlichen Bedeutungsgehalten von „Informationsordnung“ bzw. „Informationsrecht“ Albers, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 22 Rn.  4, Albers, Rechtstheorie 33 (2002), 61, 62 ff. Anders allerdings Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 400, der von Datenzugang spricht, nicht von Informationszugang. 198 Nur klarstellend ist anzumerken, dass die Konkretisierung der Informationsöffentlichkeit mitunter über die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben angesichts der Mehrdeutigkeit des Öffent­

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Indem der Rechtsbegriff der Öffentlichkeit vorrangig auf den Zustand der Wahrnehmbarkeit Bezug nimmt, erfasst auch die Definition der Informationsöffentlichkeit vorrangig das Ergebnis der Zugänglichmachung. Der Informationsöffentlichkeit sind demnach Daten und Datenprodukte zuzuordnen, die durch den Zustand der öffentlichen Zugänglichkeit und Wahrnehmbarkeit sowie der Möglichkeit der Weiterverwendung gekennzeichnet sind. Nur mittelbar wird in Übereinstimmung mit der Bestimmung des Gehalts von Open Data der öffentlichen Hand auf den Prozess Bezug genommen, die Schaffung öffentlicher Zugänglichkeit und Wahrnehmbarkeit sowie der Weiterverwendbarkeit.

B. Dimensionen der Informationsöffentlichkeit Informationsöffentlichkeit ist Teil des Informationsrechts. Ihre Herstellung ist in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Informationsrechts zu behandeln.199 Dementsprechend kann Informationsöffentlichkeit nach Akteur und Tätigkeit, Inhalt und Zeitpunkt unterschieden werden. Die Ausdifferenzierung erfolgt dabei nicht um ihrer selbst willen. Vielmehr liefert sie erste Ansatzpunkte für die Ausgestaltung, die differenziert zu sein hat. Grenzenlose Informationsöffentlichkeit pauschal zu fordern oder abzulehnen, käme einer Schwarz-Weiß-Skizze gleich und griffe zu kurz. I. Akteurs- und tätigkeitsspezifische Unterscheidung 1. Institutionelle Unterscheidung Der Differenzierung nach den Akteuren der Herstellung von Informationsöffentlichkeit liegt eine institutionelle Unterscheidung zugrunde. Danach ist allein die Zu­ ordnung der verfügungsbefugten Stelle zu Exekutive, Legislative oder Exekutive entscheidend. Dem lassen sich zwar erste Anhaltspunkte dahingehend entnehmen, dass gewaltenspezifische Besonderheiten bei der Ausgestaltung der neuen Öffentlichkeit zu berücksichtigen sind, etwa die Garantie richterlicher Unabhängigkeit in Art. 97 GG. Zudem lassen sich der institutionellen Zuordnung grundlegende Aussagen zur Verantwortlichkeit für die Herstellung von Informationsöffentlichkeit entnehmen.200 Für die inhaltliche Ausgestaltung ist jedoch vorrangig der Charakter der Auf­gabe von Bedeutung, der die jeweiligen Daten und ihre Produkte zuzuordnen sind. lichen zu keinem Zirkelschluss führt. Während die öffentlichen Aufgaben auf das gemeine Wohl bezogen sind, beschreibt Informationsöffentlichkeit den Zustand des Offenseins. 199 Zum Informationsrecht als Querschnittsmaterie grundlegend Kloepfer, Informationsrecht, § 1 Rn. 67. 200 Instruktiv zur Vielschichtigkeit der rechtlichen Verantwortung Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 109. Zur Zuweisung der Verantwortlichkeit Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S.  22 f. So ist die Verantwortlichkeit selbst öffentlich zu machen.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

2. Funktionelle Unterscheidung Funktionell kann danach unterschieden werden, ob die Daten und ihre Produkte der Verwaltungs- und Regierungsarbeit, der rechtsprechenden oder der rechtssetzenden Tätigkeit zuzuordnen sind. Eine derart funktionelle Unterscheidung liegt den spezifischen Öffnungspflichten des Grundgesetzes zugrunde.201 So etablieren Art. 42 Abs. 1 Satz 1, Art. 52 Abs. 3 Satz 3 und Art. 82 GG keine Öffentlichkeitspflicht für die Rechtssetzungsorgane, sondern für spezifische Tätigkeiten im Rahmen der Rechtssetzung. Die Tätigkeit der Parlamentsverwaltung ist nicht von der Öffentlichkeitsanordnung erfasst.202 Auch jenseits ausdrücklicher Öffentlichkeitsforderungen formuliert das Grundgesetz die Spezifika nicht organisations-, sondern tätigkeitsspezifisch. So gilt die richterliche Unabhängigkeit des Art. 97 Abs. 1 GG, deren Grenzen auch bei der Umsetzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes zu beachten sind, für die Ausübung rechtsprechender Gewalt.203 Sie erfasst die Erfüllung genuin justizieller Aufgaben, nicht jedoch die Tätigkeit der Gerichtsverwaltung.204 Dementsprechend ist die funktionelle Einordnung der Tätigkeit, der die potenziell zu veröffentlichenden Daten und Produkte entstammen, vorrangig zu beachtender Maßstab der Ausgestaltung der Informationsöffentlichkeit. Die institutionelle Zuordnung tritt demgegenüber in den Hintergrund: Die Ausgestaltung der Verwaltungsöffentlichkeit kann unabhängig von der handelnden staatlichen Stelle einheitlichen Grundsätzen folgen. So kann die Veröffentlichung allgemeiner Daten wie Öffnungszeiten, Kontakt und Zuständigkeit in Bezug auf die jeweilige Organisationseinheit einer einheitlichen Ausgestaltung folgen, unabhängig von der Zuordnung zu Exekutive, Legislative oder Judikative.205 Gleiches gilt für die Zugänglichmachung der Rechtsprechungstätigkeit sowie der dem Gesetzgebungsprozess zuzuordnenden Informationen. 201

Zum Öffentlichkeitsgrundsatz des Grundgesetzes s. o., 3. Teil, 1. Kap. B. I. 3. Allgemein zur Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben durch Organe der Gesetzgebung Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, S. 737. Die Verwaltungstätigkeit wird von der Gesetzgebung dabei „im Konnex zu ihrer Hauptfunktion“ wahrgenommen. 203 Ballhausen, IT-Einsatz in der Justiz, S.  36; Wilke, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  V, § 112 Rn. 40 ff. Im einfachen Recht bestätigt dies etwa § 4 Abs. 2 Nr. 1 DRiG, der dem Richter erlaubt, „Aufgaben der Gerichtsverwaltung“ auszuüben. Ebd. Rn. 40 f. auch zur Differenzierung zwischen weisungsfreier und weisungsgebundener Wahrnehmung von Verwaltungstätigkeiten durch die Gerichte. Die „Information der Öffentlichkeit über die rechtsprechende Tätigkeit der Gerichte“ wird dabei der weisungsfreien Verwaltungstätigkeit zugeordnet. 204 Ballhausen, IT-Einsatz in der Justiz, S. 37; Papier, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 177 Rn. 45; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, S. 737. Sofern Gerichte bzw. Richter materielle Verwaltungstätigkeit wahrnehmen, handeln sie als Behörde. 205 Eine Bezugnahme auf derart allgemeine Daten, die bei der internen Organisation jeder öffentlichen Stelle anfallen, findet sich auch in § 3 EGovG. Allerdings beschränkt die Vorschrift die Veröffentlichungspflicht von Daten wie Aufgabe, Anschrift, Geschäftszeiten und Erreichbarkeit gemäß der Zuständigkeit des Gesetzgebers auf Behörden. Zur Wahrnehmung von Verwaltungstätigkeit durch alle drei Staatsgewalten Ronellenfitsch, in: BeckOK-VwVfG, 202

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Die funktionelle Differenzierung zwischen Verwaltungs-, Rechtsprechungsund Rechtssetzungstätigkeit schließt weitere Binnendifferenzierungen nicht aus. So liegt es angesichts der Bandbreite der Verwaltungstätigkeit nahe, zwischen materiellen Aufgaben der Verwaltung, die nur die Exekutive erfüllen kann, sowie organisatorischer Verwaltungstätigkeit zu unterscheiden, die von allen drei Gewalten ausgeübt wird. Letzterer unterfallen etwa die interne Personalorganisation oder außenwirksame Angaben, etwa zu Öffnungszeiten und Zuständigkeiten.206 Eine etwaige Binnendifferenzierung ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass die funktionelle Differenzierung Ausgangspunkt der Beurteilung der Veröffentlichungsfähigkeit und -bedürftigkeit sowie deren Ausgestaltung ist. II. Inhaltliche Unterscheidung 1. Terminologischer Ausgangspunkt Die Open (Government) Data-Forderung sieht Offenheit dann als umfassend verwirklicht an, wenn der Zugang zu den Primärquellen eröffnet wird.207 Unter Primärdaten werden Daten in unaufbereiteter Form verstanden, wobei zwischen Roh- und Basisdaten unterschieden werden kann: Rohdaten entsprechen unverändert den erhobenen Daten. Demgegenüber sind Basisdaten Daten, die zwar nicht für materiell-rechtliche Zwecke, aber zur Wahrung der inhaltlichen Grenzen der Informationstätigkeit aufbereitet werden. Die Aufbereitung dient im letztgenannten Fall allein der rechtlichen Zulässigkeit der Veröffentlichung. So kann etwa das Aggregieren von Daten den Personenbezug im Sinne des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ausschließen. Zur Qualitätssicherung der Daten oder der Überführung der Daten in ein maschinenlesbares Format kann eine Aufbereitung vor Veröffentlichung durch die staatliche Stelle erforderlich werden.208 Eine darüber hinausgehende inhaltliche Aufbereitung findet nicht statt. Die Unterscheidung von Primär-, Basis- und Rohdaten findet sich in der Definition der Informationsöffentlichkeit nicht ausdrücklich wieder. Ebenso wenig handelt es sich um überkommene Rechtsbegriffe. Doch lässt sich bei der Aus­ differenzierung der Informationsöffentlichkeit an obige Unterscheidung anknüp§ 1 Rn.  75; Krebs, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  V, § 108 Rn.  5; Stern, Das Staatsrecht der B ­ undesrepublik Deutschland, Bd.  II, S.  737. Grundlegend bereits 1932 Richard Thoma, abgedruckt in Thoma, in: Dreier, Richard Thoma: Rechtsstaat – Demokratie – Grundrechte, S. 301, 312. 206 Grundlegend am Beispiel der Judikative Ballhausen, IT-Einsatz in der Justiz, S. 36 f. Zur Wahrnehmung von Verwaltungstätigkeit durch alle drei Staatsgewalten Wimmer, Dynamische Verwaltungslehre, S. 96 f. 207 Hierzu s. o., 2. Teil, 1. Kap. A. I. 3., sowie BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 36. 208 Zur behördlichen Sorgfaltspflicht vor Veröffentlichung auch BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 128.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

fen. Demnach ist Informationsöffentlichkeit unmittelbar auf die Veröffentlichung der Daten und ihrer Produkte in der Gestalt gerichtet, in der sie zur Aufgaben­ erfüllung durch die staatliche Stelle genutzt werden. Angelehnt an die Formulierung der Open (Government) Data-Forderung: Informationsöffentlichkeit ist auf die Herstellung primärer Öffentlichkeit gerichtet, d. h. auf die Veröffentlichung ohne vorhergehende inhaltliche Aufbereitung, die über die Wahrung der rechtlichen Zulässigkeit der Veröffentlichung hinausgeht. Nur auf der Grundlage derartiger primärer Öffentlichkeit kann die Offenlegung zur Meinungs- und Willensbildung oder zur Kontrolle im demokratischen Rechtsstaat beitragen. 2. Differenzierung nach Bearbeitungsstand In der Forderung nach primärer Öffentlichkeit ist keine Aussage über den zu veröffentlichenden Bearbeitungsstand enthalten. Betrachtete man die Forderung nach Informationsöffentlichkeit als absolute, wäre eine Veröffentlichung des gesamten Verfahrens der Aufgabenerfüllung von Nöten. Die Veröffentlichung der Grundlagen der Entscheidung wäre ebenso erforderlich wie die Veröffentlichung von Entscheidungsprozess und -ergebnis. Die herzustellende Öffentlichkeit kann dementsprechend in Öffentlichkeit der Grundlagen der Entscheidung, des Verfahrens und des Ergebnisses unterteilt werden. Ergebnisöffentlichkeit meint dabei die öffentliche Zugänglichmachung der Entscheidung selbst. Öffentlichkeit der (Entscheidungs-)­Grundlagen bezieht sich auf die Veröffentlichung der rechtlichen und tatsächlichen Faktoren, die Aufgaben­ erfüllung und Entscheidungsfindung beeinflussen. Eng mit den Entscheidungsgrundlagen verbunden ist die Veröffentlichung des Verfahrens, wobei unter Verfahrensöffentlichkeit die Veröffentlichung der im Rahmen des Entscheidungs- bzw. Aufgabenerfüllungsprozesses angestellten Erwä­gungen und der tragenden Gründe der Entscheidung zu verstehen sind. Nicht ausreichend ist die Veröffentlichung des formellen Verfahrensablaufs.209 Verfahrensöffentlichkeit im Sinne von Informationsöffentlichkeit ist dabei materielle Öffentlichkeit. Es bedarf der Offenlegung des Inhalts des Entscheidungsprozesses, im Falle des Gesetzgebungsverfahrens etwa der Veröffentlichung der Protokolle der Plenardebatten oder im Falle von Gerichtsentscheidungen der Veröffentlichung der Entscheidungsgründe sowie der ausnahmsweisen Veröffentlichung abweichender Meinungen, die einen ersten Einblick in die argumentativ-inhaltliche Auseinandersetzung bei Kammerentscheidungen ermöglichen. Während die Veröffentlichung der Plenarprotokolle des Bundestags im Internet inzwischen gängige Praxis ist,210 und auch der Tenor von 209 Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S.  20 f. zur „Verfahrenstransparenz“, in deren Rahmen er zwischen formellen und materiellen Aspekten unterscheidet. 210 Hett, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, S. 234 ff., 252 f. stützt die Pflicht zur Veröffentlichung der Plenarprotokolle auf Art. 42 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS  2  GG. Durch die Verknüpfung werde die Organisationsnorm zum Grundrecht. Der Ein-

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Gerichtsentscheidungen grundsätzlich begründet wird, so § 313 Abs. 1 Nr. 6 ZPO für den Zivilprozess, ist die Veröffentlichung abweichender Meinungen bei Kammerentscheidungen gesetzlich nur ausnahmsweise vorgesehen, so für das Bundesverfassungsgericht in § 30 Abs. 2 BVerfGG und für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Art. 45 Abs. 2 EMRK, nicht hingegen für den Europäischen Gerichtshof.211 Schon die derzeitige Ausgestaltung der Gerichts- und Parlamentsöffentlichkeit kennt die Unterscheidung zwischen der Öffentlichkeit der Grundlagen, des Verfahrens und des Ergebnisses einer Entscheidung. Im Kontext der Öffentlichkeit des Verfahrens kann der Grundsatz der Öffentlichkeit ausnahmsweise der Nicht-Öffentlichkeit zu weichen haben. Aus rechtsstaatlichen Gründen ist NichtÖffentlichkeit hierbei mitunter gerechtfertigt, sofern sie der Funktionsfähigkeit staatlicher Stellen dient, etwa zur Sicherstellung ungestörter und unbeeinflusster Entscheidungsprozesse.212 Demgegenüber ist die Veröffentlichung von Entscheidungsergebnissen als Minimum im demokratischen Rechtsstaat zu betrachten. Die Veröffentlichung der Grundlagen einer Entscheidung ist demgegenüber spezifischer Gegenstand der außerrechtlichen Forderung nach Open (Government) Data. Zum Verständnis der Entscheidungsergebnisse ist die Veröffentlichung der Grundlagen meist relevant, insbesondere wenn die Entscheidungsgründe unveröffentlicht bleiben. Doch ist zu beachten, dass es vielfach an der Verfügungsbefugnis staatlicher Stellen fehlt. So mangelt es den Gerichten an der Verfügungsbefugnis über die Schriftsätze der Parteien. Zudem kann auch das Fehlen von Aufzeichnungen einer Veröffentlichungspflicht entgegenstehen. 3. Zusammenfassung Die Forderung nach umfassender Öffentlichkeit von Grundlagen, Verfahren und Ergebnis von Entscheidungen ist als nach oben offenes Optimierungsgebot zu verstehen. Bei der Ausgestaltung von Informationsöffentlichkeit ist auf jeder Stufe danach zu differenzieren, ob der Öffentlichkeit ausnahmsweise berechtigte Interessen entgegenstehen, die Nicht-Öffentlichkeit rechtfertigen. In Hinblick auf die Herstellung von Verfahrensöffentlichkeit kann das rechtsstaatliche Interesse an der Vertraulichkeit interner Beratungen und Entscheidungen im Einzelfall überwiegen. In diesem Fall ist jedoch die Veröffentlichung zu einem späteren Zeitpunkt in Betracht zu ziehen. zelne habe einen „Anspruch auf inhaltliche Ausfüllung des Öffentlichkeitsgebots durch Informationsgebung“ (S. 236). Dieser Anspruch sei ein umfassender, der den Bundestag verpflichte, „seine Beratungen und Verhandlungen sowohl im Kontroll- als auch im Gesetzgebungsbereich in schriftlicher Form der Öffentlichkeit lückenlos zugänglich zu machen.“ (S. 253). 211 Zu den Beratungen des Gerichtshofs der Europäischen Union, Art.  35 Satzung des Gerichtshofs, ABl. C 83/210 vom 30.3.2010. Zur historischen Entwicklung der Sondervoten Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 286 ff. 212 Zur ausnahmsweisen Nicht-Öffentlichkeit s. o., 3. Teil, 1. Kap. B. I. 3. b).

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

Umgekehrt kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die demokratisch-rechtsstaatliche Notwendigkeit der Veröffentlichung der Entscheidungsergebnisse gegenüber dem Interesse an ausnahmsweiser Nicht-Öffentlichkeit überwiegen wird. Der Entscheidungsprozess kann rückwirkend nicht beeinflusst werden. Nur ausnahmsweise können berechtigte Interessen die Geheimhaltung rechtfertigen, etwa im Bereich des Sicherheitsrechts oder bei entgegenstehenden privaten Interessen wie dem Datenschutzrecht. Hinsichtlich der Veröffentlichung der Entscheidungsgrundlagen ist zu differenzieren. Grundsätzlich sind sie unerlässlich, um den Zielen der Informationsöffentlichkeit gerecht zu werden, so der Meinungs- und Willensbildung und der Kontrolle des Staatshandelns. Die Veröffentlichung von Entscheidungsgrundlagen ist von Nöten, um das Ergebnis einer Entscheidung zu verstehen. Die Veröffentlichung ist jedoch in doppelter Hinsicht spezifisch begrenzt. Erstens durch das Fehlen entsprechend niedergelegter Daten und Informationen; zweitens durch die fehlende staatliche Verfügungsbefugnis, etwa im Falle von privaten Daten und Informationen. III. Zeitliche Unterscheidung Informationsöffentlichkeit ist idealerweise zeitnahe Öffentlichkeit.213 Der Einfluss, den die öffentliche Meinung auf das Staatshandeln ausüben kann, hängt maßgeblich vom Zeitpunkt der Veröffentlichung ab: Je früher Daten und ihre Produkte öffentlich zugänglich gemacht werden, desto größer sind die Möglichkeiten, dass die öffentliche Meinung Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidungsfindung der verantwortlichen staatlichen Stelle nehmen sowie das Staatshandeln wirksam kontrollieren kann. Umgekehrt kann eine zeitversetzte öffentliche Zugänglichmachung im Einzelfall dazu beitragen, externe Einflüsse auf den Entscheidungsfindungsprozess der staatlichen Stelle zu verhindern und Bedenken gegen die Herstellung von Informationsöffentlichkeit, insbesondere in Gestalt von Verfahrensöffentlichkeit, auszuschließen oder zu reduzieren. Eine zeitversetzte Veröffentlichung stärkt die Interpretations- und Entscheidungshoheit der verantwortlichen Stelle:214 „Öffentlichkeit zur Unzeit“ ist weder Ziel des einfachgesetzlich normierten Informationszugangsrechts215 noch der Informationsöffentlichkeit.216 213 Zur entsprechenden Forderung im Kontext von Open (Government) Data s. o., 2.  Teil, 1. Kap. A. I. 3. 214 Zur Interpretationshoheit BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 128. 215 Der Rechtsgedanke des Schutzes interner Entscheidungsprozesse ist im positivierten Informationszugangsrecht bspw. niedergelegt in § 3 Nr. 1 lit. g, Nr. 3 lit. b, § 4 IFG, § 8 Abs. 1 Nr. 2, 3 UIG und § 3 Nr. 1 lit. b VIG. Zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung Kloepfer/Lewinski, DVBl. 2005, 1277, 1281 f.; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 198. 216 Zur Notwendigkeit des Nachdenkens eindringlich Wewer, Behörden Spiegel Februar 2013, 6.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Das Bedürfnis nach zeitversetzter Herstellung von Öffentlichkeit ist für die Verfahrensöffentlichkeit besonders groß. Vielfach kann nur eine nachträgliche Veröffentlichung der Erwägungen und Gründe die Funktionsfähigkeit des internen Entscheidungsprozesses unangetastet lassen. Die Veröffentlichung der Gründe zusammen mit dem Ergebnis liegt nahe, da ein Einfluss auf interne Beratungs-, Abwägungs- und Meinungsbildungsvorgänge in diesem Fall ausgeschlossen ist. Dass die Veröffentlichung nach Entscheidungsfindung auf die künftige Aufgabenerfüllung und Entscheidungsfindung Einfluss nimmt und eine Veröffentlichung daher gänzlich zu unterbleiben hat, wird zwar teils angenommen.217 Jenseits von sonstigen entgegenstehenden Interessen privater oder öffentlicher Natur ist dies aber nicht überzeugend. Denn selbst öffentliche Kritik wirkt sich nicht zwingend auf das künftige Staatshandeln aus. Es ist lediglich Anregung zur Selbstkontrolle. Umgekehrt ist eine zeitnahe Veröffentlichung der materiellen, im Entscheidungsprozess geäußerten Erwägungen erforderlich, wenn die Allgemeinheit in Entscheidungsfindung und Aufgabenerfüllung einbezogen werden soll, oder, um mit den Worten der Forderung nach Open Data der öffentlichen Hand zu sprechen: wenn Partizipation und Kollaboration praktiziert werden sollen. Als Musterbeispiel einer zeitnahen Veröffentlichung kann das Gesetzgebungsverfahren gelten. Die Plenarprotokolle der Lesungen werden veröffentlicht, bevor das Gesetz beschlossen ist. Der zeitnahen Veröffentlichung von Entscheidungsergebnis und dessen Grundlagen stehen grundsätzlich keine Bedenken entgegen. Umgekehrt entspricht die zeitnahe Veröffentlichung dem Wesen der Informationstechnologiegesellschaft, allen voran der wachsenden Abhängigkeit des Staats von dem Wissen Privater und umgekehrt. IV. Schlussfolgerung Der Ausdifferenzierung der Informationsöffentlichkeit, gerade der Unterscheidung nach dem zu veröffentlichenden Inhalt bzw. Bearbeitungsstand sowie nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung, lassen sich grundsätzliche Aussagen zur Ausgestaltung der Informationsöffentlichkeit entnehmen. Die Unterscheidung nach der handelnden Staatsgewalt und Stelle ist für die Bestimmung der Verantwortlichkeit von herausragender Bedeutung, in erster Linie dann, wenn es zur Kollaboration zwischen mehreren staatlichen Stellen oder zwischen Staat und Privat 217 Insbesondere hemmende oder behindernde Auswirkungen auf künftige Verhandlungen sind in die Betrachtung einzubeziehen, vgl. zur Gewährung des nachträglichen Informationszugangs BVerwG, Urt. v. 3.11.2011 – 7 C 3/11- BVerwGE 141, 122 zur gesetzesvorbereitenden Tätigkeit; VG Berlin, Urt. v. 25.8.2011 – 2 K 50.11 zum Protokoll einer Ausländerreferenten­ besprechung; VG Berlin, Urt. v. 9.6.2011 – 2 K 46.11 zum Zugang zu einem Gesetzentwurf. Zur Ablehnung auch des nachträglichen Informationszugangs OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.11.2010 – 8 A 475/10 zur Einsicht in Protokolle der Lebensmittel-Kommission.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

kommt. Zudem liefert die Betrachtung des Charakters der Aufgabe, der die zu veröffentlichenden Daten und ihrer Produkte dienen, den tatbestandlichen Anknüpfungspunkt für die Einschlägigkeit spezieller, gerade grundgesetzlicher Veröffentlichungspflichten. Die Ausdifferenzierung zeigt, dass die Forderung nach Informationsöfffentlichkeit nicht undifferenziert ist. Die Herstellung umfassender, zeitnaher, primärer Öffentlichkeit ist lediglich als Optimierungsgebot zu verstehen. Eine begründete zeitversetzte Veröffentlichung unterfällt ebenso der Informationsöffentlichkeit wie die begründete Beschränkung der Öffentlichkeit auf Ergebnisöffentlichkeit. Da­ neben sind die inhaltlichen Grenzen im öffentlichen wie privaten Interesse zu beachten.

C. Informationsöffentlichkeit im System staatlicher Informationstätigkeit Die Herstellung von Informationsöffentlichkeit ist Teil des staatlichen Informationshandelns, das durch einseitige Informationsakte seitens der öffentlichen Stellen gekennzeichnet ist.218 Sie teilt die Charakteristika des Informationshandelns. I. Grundsätze des Informationshandelns 1. Charakteristika des Informationshandelns a) Rechtliche Eigenschaften Informationshandeln ist nicht unmittelbar auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen angelegt. Es ist rechtlich unverbindlich. Es fehlt an der Regelungswirkung. Überhaupt muss dem Informationshandeln nicht die Intention zugrunde liegen, das Verhalten der Informationsempfänger zu beeinflussen.219 Steuerungswirkungen sind aber intendiert, wenn die Veröffentlichung unmittelbar der Aufgabenerfüllung dient. Der Grad der intendierten Verhaltensbeeinflussung kann dabei variieren. Das Spektrum reicht von der allgemeinen Berichterstattung, über­

218 Schoch, NJW 2012, 2844, 2845; Ossenbühl, NVwZ 2011, 1357, 1357; Schoch, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 37 Rn. 27. Die staatliche Informationstätigkeit gegenüber der Öffentlichkeit ist zusammen mit der Kategorie der informalen Absprachen (ebd. Rn. 28 ff.) dem entformalisierten Staatshandeln zuzuordnen. 219 Schoch, NJW 2012, 2844, 2845; Schoch, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  III, § 37 Rn. 90 f. Ebd. Rn. 55: „Der bewußte und gezielte Einsatz von ‚Information‘ ist zu einer fest etablierten Methode der Staatsleitung und zu einem praktisch unverzichtbaren Mittel des Verwaltungshandelns geworden.“

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Unterrichtung, Aufklärung und konkrete Empfehlungen bis hin zu Warnungen.220 Während allgemeine Berichterstattung und Aufklärung ein hohes Maß an Objek­ tivität und Neutralität aufweisen und dem Adressaten einen breiten Reaktionsspielraum eröffnen, zielen Warnungen auf die zielgerichtete Beeinflussung des Verhaltens des Adressaten.221 Unabhängig von der Intention der staatlichen Stelle ist eine Beeinflussung des Empfängers der Information nicht zwingend. Zwar nimmt Informationshandeln geistigen Einfluss auf den Empfänger. Doch steht es dem Rezipienten frei, sein Verhalten nach der Information auszurichten oder nicht. Die Wirkung ist demnach eine mittelbare. Einerseits kann das Fehlen einer zwingenden Regelung die Wirksamkeit der Maßnahme erhöhen. Denn freiwilliges Handeln stößt vielfach auf breitere Akzeptanz. Dies gilt in besonderem Maße, wenn eine Ausrichtung des eigenen Verhaltens an der Information unmittelbar zum eigenen Vorteil gereicht, wie dies etwa im Bereich der Gefahrenabwehr der Fall ist. Andererseits kann das Fehlen einer zwingenden Rechtsfolgenanordnung zu Kontrollverlusten auf Seiten des Staats führen. Denn die Herbeiführung des intendierten Verhaltens, d. h. eines bestimmten rechtlich relevanten Erfolgs, beruht nicht auf einer zwingenden und damit durchsetzbaren Anordnung. Die potenziellen Kontrollverluste werden durch die Irreversibilität von Informationsmaßnahmen verstärkt. Anders als Rechtsakte, deren Regelungsgehalt aufhebbar ist, können Informationen mangels unmittelbaren Regelungsgehalts nicht unmittelbar aufgehoben werden. Die faktische Verhaltenssteuerung wirkt fort.222 Schließlich verliert die staatliche Stelle auch die Kontrolle über die Interpretation, Weiterverbreitung und Weiterverwendung der Informationen, zusammen­ gefasst also über ihre Deutungshoheit.223

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Grundlegend zur Systematisierung der aktiven Informationstätigkeit nach dem Grad der Verhaltensbeeinflussung Schoch, NJW 2012, 2844, 2845; Schoch, EuZW 2011, 388, 392; Schoch, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 37 Rn. 74. Zwischen Hinweisen, Empfehlungen und Warnungen unterscheiden in Fortführung der Typologie Schochs Weiß, EuZW 2008, 74, 76; Tremml/Luber, NJW 2005, 1745, 1748. 221 Tremml/Luber, NJW 2005, 1745, 1746. Schoch, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 37 Rn. 84 ff., 91; ebd. Rn. 81 zu dem Umstand, dass auch die allgemeine Unterrichtung nicht frei jeglicher Wertung sein muss. 222 Zu den Merkmalen der Unverbrauchbarkeit, der Irreversibilität, der rechtlichen Unverbindlichkeit und der indirekten Steuerungswirkung Schoch, NJW 2010, 2241, 2242. Zur fehlenden Ausschließlichkeit vgl. auch die Nachweise bei Götting, GRUR 2006, 353, 354. Allgemein zu den Charakteristika von Informationen zudem Schoch, NJW 2012, 2844, 2845; Schoch, EuZW 2011, 388, 388; Schmaltz, in: Michelis/Schildhauer, Social Media Handbuch, S. 174, 176. 223 Holzner, DVBl. 2012, 17, 19; Schoch, NJW 2010, 2241, 2242; Bumke, Die Verwaltung 37 (2004), 3, 10.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

b) Tatsächliche Eigenschaften In tatsächlicher Hinsicht sind Informationen von Eigenschaften geprägt, die auch das Internet als daten- und informationsabhängigen Medium charakterisieren:224 Informationen sind zeit- und grenzenlos. Sie wirken ubiquitär. Dies gilt umso mehr, als dass eine Verbreitung von Informationen im Internet möglich und zunehmend intendiert wird. Die Vernetzung steigert die Breitenwirkung von Informationsmaßnahmen.225 Daneben sind Informationen durch ihre Immaterialität gekennzeichnet. Anders als materielle Güter sind Informationen unverbrauchbar. Die Verbreitung von Informationen führt nicht zu Einbußen des Informationsbestands. Die Nutzung von Informationen schließt andere nicht von der Nutzung aus. Vielmehr kann die Verbreitung von Informationen zu ihrer Vermehrung führen, namentlich durch Ergänzung oder Weiterverbreitung. c) Schlussfolgerung Obwohl und gerade weil Informationshandeln keine unmittelbaren Rechtswirkungen entfaltet, sind sie rechtlich wirksam. Die Möglichkeit der Verbreitung im Internet erhöht die Wirksamkeit weiter.226 Gleichzeitig verliert die öffentliche Hand die Verfügungs- wie Deutungshoheit an den Informationen. Beides kann im Rahmen einer etwaigen Verhältnismäßigkeitsprüfung, konkret bei Ausmaß und Schwere der Eingriffswirkung des Informationshandelns, zu berücksichtigen sein.227 2. Grundrechtsrelevanz des Informationshandelns a) Einschlägigkeit der allgemeinen Grundrechtslehre Die hohe Breitenwirkung des Informationshandelns sowie die eingeschränkte Kontrollierbarkeit der Wirkungen des Informationshandelns durch die öffentliche 224 Zu den Grundfunktionalitäten des Internet (Ubiquität, Vernetzung, Immaterialisierung) s. o., 2. Teil, 3. Kap. A. I. 225 Ossenbühl, NVwZ 2011, 1357, 1358; Kümper/Wittmann, NuR 2011, 840, 844; Schink, DVBl. 2011, 253, 260; Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), 20, 43. Zum stärkeren Grundrechtseingriff durch Information als durch das klassische Ordnungsrecht Schoch, ZLR 2010, 121, 133. 226 Eine generell stärkere Eingriffswirkung von Internetveröffentlichung nehmen aufgrund der Breitenwirkung sowie der Suggestion der Aktualität an Becker/Blackstein, NJW 2011, 490, 493; Kümper/Wittmann, NuR 2011, 840, 844, 846 m. w. N. Ebenso Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), 20, 39; Werner, ZLR 2008, 115, 124. Aus der Gefahr der größeren Breitenwirkung folgt jedoch nicht, dass die Gefahren sich im Einzelfall realisieren, vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 12.5.2011 – 9 S 1056/11, m. Anm. Seidl, jurisPR-ITR 17/2011, Anm. 3. 227 Allgemein zur Belastungswirkung des Informationshandelns im Vergleich zum klassischen Ordnungsrecht Ossenbühl, NVwZ 2011, 1357, 1358, 1360 f.; Schoch, ZLR 2010, 121, 133.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Hand geben Anlass, sich grundlegend mit der Grundrechtsrelevanz der Informationstätigkeit auseinanderzusetzen. Für die Informationstätigkeit der Bundesregierung entwickelte das Bundesverfassungsgericht in zwei Grundsatzentscheidungen aus dem Jahr 2002 eine – viel kritisierte, doch vielfach bestätigte –228 Sonderdogmatik. Schon aufgrund der unklaren, respektive fehlenden Differenzierung zwischen Schutzbereich, Eingriff und Rechtfertigung vermag die Sonderdogmatik nicht zu überzeugen. Hinzu kommt, dass sie auf die Regierungstätigkeit im Rahmen der Staatsleitung beschränkt ist.229 Die Grundrechtsrelevanz des Informationshandelns ist auf Grundlage der allgemeinen Grundsätze zu bestimmen. Denn trotz der Besonderheiten des Informationshandelns ist kein Grund ersichtlich, der eine Sonderdogmatik rechtfertigen würde. Eine Normierung staatlicher Informationstätigkeit ist ebenso möglich wie die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit am Maßstab der Verhältnismäßigkeit.230 Zudem stellt die Anwendung der allgemeinen Grundrechtslehren den Gleichlauf mit der europarechtlichen Bewertung des Informationshandelns sicher. Der Europäische Gerichtshof beurteilt die Zulässigkeit von Informationseingriffen auf Grundlage der allgemeinen Dogmatik.231 b) Bewertung anhand der allgemeinen Grundrechtslehre Informationshandeln kann den Gewährleistungsbereich232 der Freiheitsgrundrechte aufgrund seiner intellektuellen Ein- und Auswirkungen tangieren.233 Viel 228 Vgl. nur die Kritik bei Ossenbühl, NVwZ 2011, 1357; Schoch, NVwZ 2011, 193, 195; Murswiek, NVwZ 2003, 1, 3 ff.; Becker/Blackstein, NJW 2011, 490, 491 f. Bestätigt zuletzt in BVerfG, Beschl. v. 17.8.2010 – 1 BvR 2585/06, m. Anm. Schoch, NVwZ 2011, 193; Lederer, jurisPR-ITR 20/2010, Anm. 6. 229 Ausführlich zur Bestimmung von Schutzbereich, Eingriff und Rechfertigung Murswiek, NVwZ 2003, 1, 3 ff. Kritisch zur fehlenden Differenzierung Schink, DVBl. 2011, 253, 256. Die Beschränkung der Sonderdogmatik wird – auch von der Rechtsprechung – zum Teil nicht beachtet. Hierzu Schoch, NJW 2012, 2844, 2847; Schoch, NVwZ 2011, 193, 196 f. 230 Zur Normierbarkeit statt aller Gurlit, DVBl. 2003, 1119, 1125. Zwischen Schutzbereich, Eingriff und Rechtfertigung kann unterschieden werden, wie auch die Rechtsprechung des EuGH zur Einschränkung der Grundfreiheiten durch Informationshandeln belegt. Sie lehnt jegliche Sonderdogmatik ab, Schoch, NVwZ 2011, 193, 198 f.; Weiß, EuZW 2008, 74, 75. Zuletzt die Vorabentscheidung des EuGH zur Veröffentlichung von Informationen über die Empfänger von Agrarbeihilfen EuGH, Urt. v. 9.11.2010 – C-92/09 u. a. Grundlegend EuGH, Urt. v. 17.4.2007 – C-470/03; EuGH, Urt. v. 5.11.2002 – C-325/00; EuGH, Urt. v. 24.11.1982 – C-249/81. 231 Schoch, NVwZ 2011, 193, 195 f. m. w. N.; Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), 20, 38; Schoch, ZLR 2010, 121, 128, 133; Weiß, EuZW 2008, 74, 75 ff.; Murswiek, NVwZ 2003, 1. 232 Im Kontext des Informationshandelns spricht das Bundesverfassungsgericht von Gewährleistungsbereich statt von Schutzbereich. An die Stelle des Eingriffs tritt die Beeinträchtigung. Zur Terminologie Murswiek, NVwZ 2003, 1, 3. 233 Zur verhaltensteuernden Wirkung von Informationen allgemein Schoch, NJW 2010, 2241, 2241 f. Die Trennlinie „Einwirken“ und „Auswirken“ zur Kennzeichnung der Unterscheidung von finalitätsäquivalenten und mittelbar-faktischen Eingriffen zieht Murswiek, NVwZ 2003, 1, 8.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

fach stehen der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, sowie die Gewährleistungen der Art. 12, 14 GG in Rede. Dies gilt unabhängig von der Richtigkeit der Information sowie einer Pflichtwidrigkeit im Rahmen des Informationshandelns.234 Auch die Annahme eines Eingriffs hängt nicht von der Richtigkeit der Information oder der Pflichtwidrigkeit des Informationshandelns ab. Zwar unterfallen Informationseingriffe mangels Rechtsförmigkeit, Unmittelbarkeit und vielfach mangels Finalität nicht dem klassischen Eingriffsbegriff. Doch stellen Maßnahmen, die die Verhaltenssteuerung bezwecken, ein Finalitätsäquivalent und damit ein Eingriffsäquivalent dar.235 Aber auch wenn die Verhaltensbeeinflussung nicht intendiert ist und bloße Tatsachen ohne jegliches Element der wertenden Stellungnahme veröffentlicht werden, kann ein Eingriff in Gestalt eines mittelbar-­ faktischen Grundrechtseingriffs nach überzeugender Ansicht dann bejaht werden, wenn die nachteilige Auswirkung auf den Gewährleistungsbereich eines Freiheitsgrundrechts dem Staat zurechenbar ist.236 In Tradition des objektiven Grundrechtsverständnisses des Bundesverfassungsgerichts237 wird zwar teilweise vertreten, dass richtige, neutrale Informationen keinen Eingriff in die Berufsfreiheit – wohl aber in andere Grundrechte wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht –238 darstellen, da ihnen die marktregelnde Tendenz fehle.239 Sie unterlägen nicht der Geltung des Gesetzesvorbehalts.240 Dem ist überzeugend entgegenzuhalten, dass auch neutrale Informationen grundrechts 234

Murswiek, NVwZ 2003, 1, 3.  Schoch, NVwZ 2011, 193, 194 f; Murswiek, NVwZ 2003, 1, 2. Ausführlich zum Kriterium der Finalität als Voraussetzung der Annahme eines Eingriffs Schink, DVBl. 2011, 253, 257. 236 Schoch, NJW 2012, 2844, 2846; Holzner, DVBl. 2012, 17, 18; Ossenbühl, NVwZ 2011, 1357, 1359 m. w. N.; Becker/Blackstein, NJW 2011, 490, 490 f.; Holzner, NVwZ 2010, 489, 490. Dies zugrunde legend Simon, BayVBl. 2009, 161, 164. Zur alternativen Bestimmung der Eingriffsqualität des Informationshandelns Schink, DVBl. 2011, 253, 256 ff. Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), 20, 37 stellt auf die „Kriterien der Finalität, Intensität und Unmittelbarkeit“ ab. 237 Zur Tatsache, dass der Ablehnung des Eingriffs durch das Bundesverfassungsgericht ein objektives, beinahe paternalistisches Grundrechtsverständnis zugrunde liegt Bumke, in: Hoffmann-Riem, Offene Rechtswissenschaft, S. 435, 436, 441. 238 Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), 20, 45; Schoch, ZLR 2010, 121, 131; Murswiek, NVwZ 2003, 1, 7, Fn. 36 zur potenziellen Eingriffswirkung richtiger Informationen in Bezug auf das Persönlichkeitsrecht. Aus der Rechtsprechung BVerwG, Urt. v. 9.3.2005 – 6 C 3/04. 239 Begründet wird die Verneinung des Eingriffs damit, dass lediglich Markttransparenz hergestellt werde, ohne darüber hinausgehend lenkend auf das Marktgeschehen einzuwirken. Grundlage der Verneinung eines Eingriffs bei neutralen, richtigen Informationen BVerfG, Beschl. v. 26.6.2002 – 1 BvR 558/91 u. a. – BVerfGE 105, 252. Umfassend zur Sonderdogmatik des Bundesverfassungsgerichts Schink, DVBl. 2011, 253, 254 ff. Zustimmend, allerdings in einschränkender Auslegung Kümper/Wittmann, NuR 2011, 840, 845; Werner, ZLR 2008, 115, 120; Murswiek, NVwZ 2003, 1, 3 f. Allgemein auch zur Frage „Information mit und ohne Gesetz“ Ossenbühl, NVwZ 2011, 1357, 1359. 240 Grundlegend BVerfG, Beschl. v. 26.6.2002 – 1 BvR 558/91 u. a. – BVerfGE 105, 252; BVerfG, Beschl. v. 26.6.2002 – 1 BvR 670/91 – BVerfGE 105, 279. Aus der Literatur Murswiek, NVwZ 2003, 1, 6 f. 235

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

261

beeinträchtigende Wirkungen zeitigen können. Denn auch sie beeinflussen das Verhalten der Empfänger.241 Die Ablehnung eines Eingriffs würde der Konzeption der Grundrechte als Abwehrrechte nicht gerecht.242 Unstreitig wird die Eingriffsqualität der Veröffentlichung unrichtiger Informa­ tionen bejaht. Ob der Eingriff final bzw. finalitätsäquivalent ist oder ob es sich um einen mittelbar-faktischen Eingriff handelt, ist nicht relevant. Kommt es zu Grundrechtseingriffen, ist zur Rechtfertigung eine gesetzliche Grundlage erforderlich. Nur jenseits der Grenze des Grundrechtseingriffs genügt die Aufgabenzuweisung.243 Zudem hat das Informationshandeln verhältnismäßig zu sein, um den Grundrechtseingriff rechtfertigen zu können. Zwar lassen sich sowohl der Zweck als auch die Intensität eines Eingriffs nur im Einzelfall bestimmen. Allgemein kann dennoch gesagt werden, dass dem Grunde nach nur richtige Informationen geeignet sind, den der Informationsmaßnahme zugrunde liegenden Zweck zu erreichen. Demnach sind grundsätzlich nur richtige Informationen verhältnismäßig.244 Dies gilt unabhängig davon, ob die informationspflichtige Stelle von der Unrichtigkeit weiß oder wissen müsste.245 Daneben kommt dem Informationshandeln in der Informationstechnologiegesellschaft tendenziell eine hohe Breitenwirkung zu. Der Eingriff wiegt schwer angesichts der räumlich-zeitlichen Ubiquität des Internet, der Vernetz- und Verknüpfbarkeit von Informationen sowie des Kontrollverlusts der öffentlichen Hand. c) Schlussfolgerung Informationshandeln kann zu Grundrechtseingriffen führen. Dies gilt nicht nur bei finalem, auf Verhaltensbeeinflussung zielendem Handeln. Die Zurechenbarkeit der Informationsmaßnahme an den Staat kann genügen. Dies wirkt auf die Einschlägigkeit des grundrechtlichen Gesetzesvorbehalts zurück. Selbst wenn man der außerrechtlichen Forderung nach Open Data der öffentlichen Hand darin folgte, personenbezogene Daten auf Definitionsebene auszuklammern, 241

Ossenbühl, NVwZ 2011, 1357, 1359 f. zur umstrittenen Veröffentlichung der Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen im Internet („Pankower Ekelliste“). 242 Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), 20, 39 verweist auf die Autorität staatlicher Stellen und den andernfalls bestehenden grundrechtlichen „Ausgestaltungsvorbehalt“ der Legislative und Exekutive. 243 Schink, DVBl. 2011, 253, 255; Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 349, 389. 244 Zur Unverhältnismäßigkeit unrichtiger Informationen Murswiek, NVwZ 2003, 1, 7. Ausführlich zum Begriff der Desinformation und seiner rechtlichen Einordnung Ingold, Desinformationsrecht. Zur Verfassungswidrigkeit der Desinformation Schmalenbach, NVwZ 2005, 1357, 1361. 245 Murswiek, NVwZ 2003, 1, 8. Nicht eindeutig ist die Formulierung bei Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 721, die erst ab Bekanntwerden der Unrichtigkeit von einem nicht-rechtfertigungsfähigen Eingriff auszugehen scheint.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

könnten Grundrechtseingriffe nicht ausgeschlossen werden. Der Ausschluss personenbezogener Daten auf Definitionsebene vermag nicht sicherzustellen, dass die öffentliche Zugänglichmachung von Daten und Datenprodukten nicht doch in Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG eingreift. Dies gilt für sämtliche Grundrechtseingriffe, nicht nur für Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Ob die öffentliche Zugänglichmachung bestimmter grundrechts­ relevanter Informationen der Definition von Open Data der öffentlichen Hand bzw. der Informationsöffentlichkeit unterfällt, ist für die Beurteilung der Eingriffswirkung unerheblich. Daher greift es entgegen einiger Stimmen auch zu kurz, die Grundrechtsrelevanz der Informationsöffentlichkeit und mit ihr die potenzielle Einschlägigkeit des grundrechtlichen Gesetzesvorbehalts abzulehnen.246 Obwohl die Herstellung von In­formationsöffentlichkeit mangels Berührung eines Gewährleistungsbereichs viel­ fach keine Grundrechtsrelevanz aufweisen wird, ist die Schaffung einer Rechtsgrundlage empfehlenswert. Schließlich können Grundrechtseingriffe nicht ausgeschlossen werden. Aber auch soweit der grundrechtliche Gesetzesvorbehalt nicht greift, und selbst dann, wenn man die Wesentlichkeit der Herstellung von Informationsöffentlichkeit, die einen Parlamentsvorbehalt begründete, bestreitet,247 trägt die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur Rechtssicherheit sowie zur Einheitlichkeit des Staatshandelns bei. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Öffentlichkeit und Nicht-Öffentlichkeit kann konkretisiert werden. 3. Informationshandeln als Verwaltungstätigkeit a) Verwaltungstätigkeit und Formenwahlfreiheit Die Schaffung von Informationsöffentlichkeit ist Verwaltungstätigkeit.248 Dies gilt unabhängig davon, welche Staatsgewalt im Einzelfall Informationsöffentlichkeit herstellt.249 Nicht entscheidend ist auch, welcher funktionellen Aufgabe die 246 So aber zum grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 140. Allgemein hierzu Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, III Rn. 92. 247 Statt aller zum allgemeinen Gesetzesverbehalt und dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeit Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, III Rn. 105 ff. 248 Synonym wird teils von funktionaler bzw. materieller Verwaltung gesprochen statt von Verwaltungstätigkeit. Zu dem Umstand, dass alle drei Staatsgewalten Verwaltungstätigkeit wahrnehmen können, oben, 3.  Teil, 2.  Kap. B. I., sowie Stern, Das Staatsrecht der Bundes­ republik Deutschland, Bd. II, S. 737. Ebd. S. 731 ff. zur Definition der Verwaltung. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1 Rn. 139 versteht Verwaltungstätigkeit in Fortführung der Vorgabe des Art. 84 Abs. 2 GG als „[d]as Wie des behördlichen Handelns zur Umsetzung des materiellen Verwaltungsrechts […] mit externer Wirkung und das Handeln im internen Funktionsbereich“. 249 Ronellenfitsch, in: BeckOK-VwVfG, § 1 Rn. 75; Krebs, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. V, § 108 Rn. 5. Eine Einschränkung auf die Kommunikation von Verwaltungsinformationen, wie

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

263

Daten und Datenprodukte ursprünglich dienten, ob sie etwa Rechtsprechung im Sinne von Art. 92 GG darstellen oder der Legislative zuzuordnen sind.250 Verwaltungstätigkeit kann in allen Handlungsformen wahrgenommen werden.251 Entscheidet sich die staatliche Stelle privatrechtlich zu handeln, unterliegt die Herstellung der Informationsöffentlichkeit den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts. Denn sie ist öffentliche Aufgabe. Auch in diesem Fall unterliegt der Staat der Grundrechtsbindung.252 Handelt die öffentliche Stelle öffentlich-rechtlich, ist die Herstellung von Informationsöffentlichkeit als schlichtes Verwaltungshandeln einzuordnen.253 Anders als hoheitliche Verwaltungstätigkeit ist das schlichte Verwaltungshandeln nicht auf das einseitige Herbeiführen einer Rechtsfolge gerichtet.254 Fehlt es an konkreten Anhaltspunkten, welcher Handlungsform sich die staatliche Stelle bei der Aufgabenerfüllung bedient, spricht eine Vermutung für öffentlich-rechtliches Handeln.255 Die öffentlich-rechtliche Handlungsform bietet im Fall der öffentlichen Zugänglichmachung staatlicher Daten und ihrer Produkte den Vorteil der einseitigen Ausgestaltungsmöglichkeit. Änderungen der Nutzungsbestimmungen müssen nicht vertraglich vereinbart werden. Die Widmung kann einseitig erfolgen.256 dies im überkommenen juristischen Sprachgebrauch teils angenommen wird, etwa bei Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 20 m. w. N., findet nicht statt, so bereits 3.  Teil, 2.  Kap. A. I. 2.  Zur Einordnung der „Information der Öffentlichkeit über die recht­ sprechende Tätigkeit der Gerichte“ als weisungsfreie Verwaltungstätigkeit der Gerichte Wilke, in: Isensee/Kirchhof, Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. V, § 112 Rn. 40. 250 Zum Fehlen einer einheitllichen Definition der Rechtsprechung Wilke, in: Isensee/Kirchhof, Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. V, § 112 Rn. 56 ff. Dort auch zur Unterscheidung zwischen dem formellen und dem materiellen Begriff der Rechtsprechung sowie der vom Bundesverfassungsgericht vorgeschlagenen Kombinationstheorie, BVerfG, Urt. v. 8.2.2001 – 2 BvF 1/00 – BVerfGE 103, 111. 251 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, S. 738, 741 ff. 252 Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  83 Rn.  103; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1 Rn. 83 ff., 116 ff.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, S. 743. Im materiellen Recht entfällt die Grundrechtsbindung nicht. Die Grundrechtsbindung hängt vom Eintritt „in den Bereich organisierter Staatlichkeit“ ab, so Krebs, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. V, § 108 Rn. 78. Teile des einfachen Rechts, etwa das VwVfG sind auf das Verwaltungsprivatrecht hingegen nicht anwendbar. 253 Zur Einordnung der entformalisierten staatlichen Informationstätigkeit als Realakt Schoch, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 37 Rn. 25; Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 349, 388 („Verwaltungsrealakt“). 254 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, S. 739. 255 Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1 Rn. 116. Zur Formenwahlfreiheit Krebs, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  V, § 108 Rn.  7, auch mit Nachweisen zur Gegenansicht sowie zum Vorrang der öffentlich-rechtlichen Handlungsform. Konkret im Kontext von Open (Government) Data BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 168. 256 Zur Begründung eines öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses durch Rechtssatz plus tatsächliche Inanspruchnahme, aber alternativ auch durch verwaltungsrechtlichen Vertrag oder Verwaltungsakt BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 167.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

b) Schlussfolgerung Informationsöffentlichkeit kann privatrechtlich wie öffentlich-rechtlich aus­ gestaltet werden. Der staatlichen Stelle steht ein Wahlrecht zur Seite. Da die Herstel­lung von Informationsöffentlichkeit aber unabhängig von der Handlungsform als öffentliche Aufgabe zu werten ist, unterliegt sie jedenfalls der Grundrechtsbindung. Eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung bietet den Vorteil, dass das Benutzungs­ verhältnis einseitig ausgestaltet werden kann.257 Denn während bei privatrechtlichem Handeln die Ausgestaltung durch Vertrag erfolgt, steht im Falle öffentlich-­ rechtlichen Handelns neben dem öffentlich-rechtlichen Vertrag die einseitige Ausgestaltung durch Widmung zur Verfügung. Sie kann ausdrücklich durch Satzung oder sonstigen Rechtssatz erfolgen, aber auch individuell, gegebenenfalls auch konkludent.258 Zur Bestimmung der konkreten Handlungsform kann auf die Regelung der Nutzung zurückgegriffen werden: Ist von „Lizenzen“ oder „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ die Rede, kann von einer privatrechtlichen Ausgestaltung ausgegangen werden. Gleiches gilt, wenn ein „Entgelt“ verlangt wird. Umgekehrt legen „Nutzungsbestimmungen“, gegebenenfalls in Verbindung mit der Erhebung einer „Gebühr“, öffentlich-rechtliches Handeln nahe.259 4. Exkurs: Nutzungsbestimmungen Nutzungsbestimmungen sind nicht nur Anhaltspunkt bei der Bestimmung der Handlungsform. Sie dienen vorrangig der Konkretisierung der Weiterverwendbarkeit der öffentlich zugänglich gemachten Daten und ihrer Produkte. Einschränkungen der öffentlichen Zugänglichkeit sind denkbar, wenn auch mit der Idee der Informationsöffentlichkeit nur teilweise vereinbar, sofern die staatliche Stelle die Verfügungsbefugnis innehat.260 Sofern Rechte Dritter an den in Rede stehenden Daten und ihren Produkten bestehen, stehen Einschränkungen der Idee der neuen Öffentlichkeit hingegen nicht entgegen.261 257 Martini/Damm, DVBl. 2013, 1, 5 im Kontext der Neuregelung des GeoZG. Dieses lässt keinen Spielraum für die privatrechtliche Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen. 258 Allgemein zur Widmung kraft Organisationsakts Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 37 Rn. 324. 259 So auch BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 168. Grundlegend Ahrens, Staatshaftungsrecht, S. 47. 260 Rein auf die Weiterverwendung beziehen BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S.  233 die Nutzungsbestimmungen. Ausführlich zur Verfügungsbefugnis s. u., 3.  Teil, 2. Kap. C. II. 4. 261 Hierzu am Beispiel des sog. „katalanischen Modells“ Both/Schieferdecker (Hrsg.), Ber­ liner Open Data-Strategie, S. 101.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Die ersten Datenbestände der öffentlichen Hand wurden unter privaten Lizenzen oder in Anlehnung hieran veröffentlicht. Vielfach wurde auf die Creative Commons-Lizenzen bzw. ihr Regelungsmodell zurückgegriffen.262 Daneben finden sich spezielle GeoLizenzen sowie die ebenfalls spezifischen Open Data CommonsLizenzen.263 Dies ermöglichte die Umsetzung des Rechtgedankens des § 5 Abs. 2 UrhG, wonach eine Pflicht zur Quellenangabe und ein Änderungsverbot mit der Schaffung von Informationsöffentlichkeit vereinbar sind.264 Inzwischen wurde im Rahmen der Errichtung des Datenportals für Deutschland, GovData, die Geodatenlizenz Deutschland entwickelt, die in der Pilotphase zum Jahresbeginn 2013 in zwei Versionen zur Verfügung steht. Beide Lizenzversionen gelten für „Daten, Inhalte und Dienste“. Beide sehen die Pflicht zur Namensnennung vor. Daneben sind „Veränderungen, Bearbeitungen, neue Gestaltungen oder sonstige Abwandlungen […] mit einem Veränderungsvermerk im Quellenvermerk [zu versehen] oder der Quellenvermerk ist zu löschen, sofern die datenhaltende Stelle dies verlangt.“265 Die Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten und Inhalte wird ebenso ausgeschlossen wie die dauerhafte Verfügbarkeit der Dienste. Schadensersatzansprüche sind nur in eng begrenzten Ausnahmefällen vorgesehen, in Anlehnung an § 309 Nr. 7 BGB namentlich im Falle der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit oder Gesundheit sowie von Schäden, die auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen. Der Unterschied zwischen den Pilotversionen besteht in der Beschränkung der rechtlichen Weiterverwendbarkeit für den Fall der kommerziellen Nutzung der Daten, Inhalte und Dienste. Auch die Datenlizenz Deutschland ermöglicht eine einseitige Änderung durch die staatliche Stelle. Lediglich die allgemeinen rechtsstaatlichen Erwägungen sind zu beachten. Aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sind rückwirkende Änderungen grundsätzlich ausgeschlossen. Änderungen für die Zukunft müssen hinreichend transparent sein.266

262

In der Praxis existieren bereits spezielle Lizenzen für „Public Sector Information“. Sie ähneln der CC BY 3.0, so Both/Schieferdecker (Hrsg.), Berliner Open Data-Strategie, S. 100 f. Einen Überblick über bestehende Lizenzmodelle gibt BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 247 ff. 263 Überblick bei BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 247 ff. 264 Die Pflicht zur Namensnennung wird durch den Zusatz „BY“ im Lizenztitel ausgedrückt, das Änderungsverbot durch den Zusatz „SA“ (share alike). 265 Lizenztexte abrufbar unter https://www.govdata.de/lizenzen (Stand: 1.8.2013). 266 Hierzu auch BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 198.

266

3. Teil: Rechtliche Grundlegung

II. Systematisierung der staatlichen Informationstätigkeit 1. Aktive und passive Informationstätigkeit Typischerweise wird die außenwirksame Informationstätigkeit des Staats  – anders als das interne Informationshandeln jeder öffentlichen Stelle –267 nach ihrer Antragsabhängigkeit unterschieden. Wird die Information auf Antrag zugänglich gemacht, ist dies der passiven Informationstätigkeit268 des Staats zuzuordnen.269 Mit der Antragsbefugnis korrespondiert ein subjektiv-öffentliches Recht auf Informationszugang, so die allgemeinen verfahrensrechtlichen bzw. prozessualen Akteneinsichtsrechte sowie die Ansprüche auf voraussetzungslosen Informationszugang, so § 1 Abs. 1 IFG, § 3 Abs. 1 UIG und § 2 Abs. 1 VIG.270 Im Rahmen der aktiven Informationstätigkeit wird der Staat demgegenüber von Amts wegen und damit antragsunabhängig tätig und legt Informationen offen oder verbreitet sie.271 Individuelle Beratungs- und Auskunftspflichten, etwa gemäß § 25 VwVfG, sind dem ebenso zuzurechnen wie die Informationstätigkeit gegenüber der Allgemeinheit. Die aktive Informationstätigkeit dient unmittelbar der Erfüllung öffentlicher (Sach-)Aufgaben.272 Lediglich die staatliche Öffentlichkeitsarbeit, d. h. die Selbstdarstellung öffentlicher Stellen,273 steht nicht unmittelbar im Dienst einer Sachaufgabe, sondern dient der Aufrechterhaltung des „Grundkonsens[es] im demokratischen Gemeinwesen“274. Bislang wird die aktive Informationstätigkeit überwiegend als rein objektive Pflicht der öffentlichen Stelle 267 Umfassend zum auf das Staat-Bürger-Verhältnis gerichteten staatlichen Informationshandeln Gusy, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 23; zu den internen Informationsbeziehungen in und zwischen öffentlichen Stellen Holznagel, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 24. Nicht nur zwischen interner und externer Informationstätigkeit differenziert­ Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 78 ff. Daneben tritt die Unterscheidung nach individualbezogenem, öffentlichkeitsbezogenem und staatsbezogenem Informationshandeln. 268 Teils ist von reaktiver Informationstätigkeit die Rede, vgl. Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 717. 269 Zur Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Publikumsinformation Schoch, NJW 2012, 2844, 2844; Kümper, ZUR 2012, 395, 395; Schoch, EuZW 2011, 388, 392; Kümper/ Wittmann, NuR 2011, 840, 841; Schoch, NJW 2010, 2241, 2241; Schoch, AfP 2010, 313, 315; Schoch, ZLR 2010, 121, 125; Simon, BayVBl. 2009, 161, 165; mit Bezug zur Antragsabhängigkeit Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 723 f. 270 Dementsprechend lässt sich die passive Informationstätigkeit des Staats in verfahrens­ akzessorische und verfahrensunabhängige Ansprüche unterteilen. Für das Verwaltungsverfahren etwa Gusy, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 23 Rn. 28 ff. 271 Schoch, AfP 2010, 313, 315. 272 Zur Ausdifferenzierung nach dem Grad der Verhaltensbeeinflussung s. o., 3. Teil, 2. Kap. C. I. 1. 273 Überblick bei Schoch, EuZW 2011, 388, 392. 274 Statt aller BVerfG, Beschl. v. 23.2.1983 – 2 BvR 1765/82 – juris Rn. 53 – BVerfGE 63, 230 m. w. N.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

267

angesehen.275 Subjektive Rechte sollen nur ausnahmsweise im Falle eines qualifizierten Unterlassens bestehen, etwa im Bereich der Gefahrenabwehr.276 Politische, im Interesse der Allgemeinheit bestehende Rechte sollen nicht in der Lage sein, subjektive Rechtspositionen zu begründen.277 2. Individual- und öffentlichkeitsbezogene Informationstätigkeit Eng mit der Unterscheidung nach der Existenz eines zugrunde liegenden subjektiv-öffentlichen Rechts verbunden ist die Differenzierung nach dem Adressaten der Information. Ist der Empfänger ein Einzelner, ist von individualbezogener Informationstätigkeit die Rede. Ist der Adressat die Allgemeinheit, handelt es sich um öffentlichkeitsbezogene Informationstätigkeit. Häufig findet sich hierfür der Terminus der Publikumsinformation.278 Bislang korrespondiert die Unterscheidung nach dem Adressaten meist mit dem Bestehen eines subjektiv-öffentlichen Rechts. Jenseits dessen ist der Adressatenkreis bei der Beurteilung der Intensität des Grundrechtseingriffs relevant. Angesichts des größeren Adressatenkreises ist mit der öffentlichkeitsbezogenen Informationstätigkeit eine stärkere Grundrechtsbeeinträchtigung verbunden als mit der individualbezogenen. Stellt man darüber hinaus in Rechnung, dass die öffentlichkeitsbezogene Informationstätigkeit immer öfter über das Internet erfolgt, verstärken dessen Strukturmerkmale Ubiquität, Dauerhaftigkeit und Verknüpfbarkeit die Schwere des Grundrechtseingriffs zusätzlich.279

275 Schoch, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 37 Rn. 62. Zur europarechtlich fundierten Rechtspflicht zur Information im Bereich des Lebensmittelrechts Schoch, ZLR 2010, 121, 134. 276 Gusy, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 23 Rn.  18 ff., 95 ff.; Kümper, ZUR 2012, 395, 398; Schoch, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 37 Rn. 62. Etwas anderes kann im Ausnahmefall gelten, insb. wenn die Information zur Gefahrenabwehr erforderlich ist, vgl. auch § 10 Abs. 5 UIG. Hierzu Kümper, ZUR 2012, 395, 399; Kümper/Wittmann, NuR 2011, 840, 842 f. Zur Beurteilung von staatshaftungsrechtlichen Ansprüchen am Beispiel der Warnpflichten des Deutschen Wetterdiensts BGH, Urt. v. 16.2.1995 – III ZR 106/93 – juris Rn. 10 ff. – BGHZ 129, 23; BGH, Urt. v. 16.2.1995 – III ZR 135/93 – juris Rn. 10 ff. – BGHZ 129, 17.  277 Zum politischen Recht s. o., 2. Teil, 2. Kap. B. III. 278 Schoch, ZLR 2010, 121, 125; Bumke, Die Verwaltung 37 (2004), 3, 6 f.; Gramm, Der Staat 30 (1991), 51, 51 ff. 279 Eine generell stärkere Eingriffswirkung von Internetveröffentlichung nehmen aufgrund der Breitenwirkung sowie der Suggestion der Aktualität an Becker/Blackstein, NJW 2011, 490, 493; Kümper/Wittmann, NuR 2011, 840, 846 m. w. N. Aus der Gefahr der größeren Breitenwirkung folgt jedoch nicht, dass die Gefahren sich im Einzelfall realisieren, vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 12.5.2011 – 9 S 1056/11, m. Anm. Seidl, jurisPR-ITR 17/2011, Anm. 3.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

3. Systematisierung in der Informationstechnologiegesellschaft In der Informationstechnologiegesellschaft sind Informationen für den Staat nicht nur als Steuerungsmittel und damit als Mittel zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben relevant.280 Die Offenlegung von Informationen ist auch Ausdruck des Verhältnisses von Staat und Bürger. Während das Informationshandeln zur Erfüllung materieller Aufgaben eine Aufbereitung der vorhandenen Informationen gemäß dem verfolgten Zweck erfordert, dient die Informationsöffentlichkeit vorrangig der Meinungs- und Willensbildung sowie der öffentlichen Kontrolle. Angesichts der gesteigerten Bedeutung der Informationsgewährleistung jenseits der Erfüllung materieller Sachaufgaben in der Informationstechnologiegesellschaft ist das Ob der Aufbereitung als Ausgangspunkt der Systematisierung des Informationshandelns in der Informationstechnologiegesellschaft anzusehen.281 a) Informationszugänglichkeit Keine Aufbereitung findet statt, soweit individuelle Ansprüche – entsprechend dem Grundsatz beschränkter Aktenöffentlichkeit bzw. entsprechendem dem voraus­ setzungslosen Informationszugang – bloßen Informationszugang gewähren, etwa in § 1 Abs. 1 IFG, § 3 Abs. 1 UIG, § 2 Abs. 1 VIG oder § 29 VwVfG. Zudem geht der Informationsöffentlichkeit keine Aufbereitung zu Veröffentlichungszwecken voraus. Informationsöffentlichkeit ist primäre Öffentlichkeit.282 Schlagwortartig sollen beide Ausprägungen der Öffnung des Staats unter dem Schlagwort „Informationszugänglichkeit“ zusammengefasst werden. Dem Grundgedanken der Informationszugänglichkeit zufolge sind die Informationen in der vorhandenen Form zugänglich zu machen.283 Es besteht weder eine 280 Für die Informationsgesellschaft Schoch, NVwZ 2011, 193, 193; Ossenbühl, NVwZ 2011, 1357, 1357; Becker/Blackstein, NJW 2011, 490, 490; Schoch, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 37 Rn. 53. Allgemein zur Bedeutung von Information im präzeptoralen Staat Murswiek, NVwZ 2003, 1, 8. Für Ossenbühl, NVwZ 2011, 1357, 1362 liegt die neue Problematik in dem zunehmenden Einsatz der Information als Instrument, das kumulativ oder alternativ zum Ordnungsrecht Verwendung findet. 281 Wenn auch mit leicht divergierender Terminologie unterscheiden Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 722 zwischen der bloßen Herausgabe vorhandener Informationen und dem Fall, dass die öffentliche Stelle „bei der Öffentlichkeitsinformation durch Aufbereitung vorhandener Daten aktiv neue Informationen“ kreiert. Ebenso Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 349, 386 ff., der von „Informationsmanagement“ und „Publikumsinformationen“ spricht. 282 Zum Verständnis der Informationsöffentlichkeit als primäre Öffentlichkeit s. o., 3.  Teil, 2. Kap. B. II. 283 Zur Veröffentlichung der vorhandenen Informationen in der vorhandenen Form im IFG Schoch, in: Schoch, IFG, § 7 Rn. 78. Kümper, ZUR 2012, 395, 403 bringt dies für das UIG klar zum Ausdruck: Geschaffen werden soll lediglich „Transparenz; nicht vorgesehen ist dagegen

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

269

Pflicht zur Beschaffung bislang nicht vorhandener Informationen, noch ist der vorhandene Bestand zu Veröffentlichungszwecken inhaltlich aufzubereiten. Zur Aufbereitung der Informationen kommt es nur insofern, als dies Voraussetzung der rechtlichen Zulässigkeit der Offenlegung ist, d. h. sofern es um die Wahrung der Ausschlusstatbestände geht, die im privaten und öffentlichen Interesse be­stehen. Für den Individualzugang geht die Beschränkung auf die vorhandenen Informationen in der vorhandenen Form aus dem Wortlaut der Normierungen und den ­ leiches Gesetzesbegründungen hervor.284 Für die Informationsöffentlichkeit folgt G aus der Zwecksetzung. Gerade die Verwirklichung der Kontrollfunktion, aber auch die der Meinungs- und Willensbildung erfordert die Offenlegung der vorhandenen Informationen in der vorhandenen Form. Beides würde eingeschränkt, gingen öffentliche Stelle und demokratisch-rechtsstaatliche Allgemeinheit von divergierenden Informationsgrundlagen aus. Die Herstellung von Informationszugänglichkeit ist der materiellen Aufgabenerfüllung vor- oder nachgelagert. Vorgelagert ist sie insbesondere im Rahmen der Einbeziehung der Bürger in die Entscheidungsfindung, was vor allem in Hinblick auf die Veröffentlichung der Grundlagen der Aufgabenerfüllung von Bedeutung ist.285 Im Regelfall ist die Schaffung von Informationsöffentlichkeit der materiellen Aufgabenerfüllung nachgelagert. Unabhängig von der zeitlichen Vor- oder Nachrangigkeit zur Aufgabenerfüllung kann die Herstellung von Informationsöffentlichkeit als formeller Annex zur materiellen Aufgabenerfüllung gedacht werden. b) Informationsarbeit Gegenstück der Informationszugänglichkeit ist die Informationstätigkeit des Staats, die final der Aufgabenerfüllung dient. Maßstab der Aufbereitung ist dabei weniger die Wahrung der rechtlichen Ausschlussgründe als ein bestimmter Veröffentlichungszweck, der dem Tätigwerden der öffentlichen Stelle zugrunde liegt. Das Ob der inhaltlichen Aufbereitung rechtfertigt die Zusammenfassung von allgemeiner Berichterstattung sowie konkreten Hinweisen, Empfehlungen und Warnungen, aber auch der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit286 zur Kategorie „Informaeine Verpflichtung zu positiven Maßnahmen, etwa zusätzlichen Untersuchungen […]; der Be­ hörde obliegt keine Pflicht zur Informationsbeschaffung.“ Ebenso Kümper/Wittmann, NuR 2011, 840, 843. 284 Umfassend und m. w. N. zur Informationsbeschaffungs- und -wiederbeschaffungspflicht Lederer, AnwZert ITR 1/2012, Anm. 3. 285 Zu den Dimensionen der Informationsöffentlichkeit in inhaltlicher Hinsicht s. o., 3. Teil, 2. Kap. B. II. 286 Die Öffentlichkeitsarbeit nimmt gegenüber den zuvor genannten Subkategorien eine Sonderrolle ein. Sie ist nicht unmittelbar auf die Erfüllung materiell-rechtlicher Aufgaben gerichtet, sondern auf die Selbstdarstellung der öffentlichen Stelle. Die Sonderstellung der Öffentlichkeitsarbeit setzt sich im Adressatenkreis fort: Anders als die sonstigen Kategorien der Informationsarbeit ist die Öffentlichkeitsarbeit spezifisch an die Öffentlichkeit gerichtet.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

tionsarbeit“. Ihr Zweck liegt überwiegend in der materiellen Aufgabenerfüllung, im Falle der Öffentlichkeitsarbeit in der Gewinnung von Akzeptanz und Zustimmung zur Legitimation des eigenen Handelns. Die Informationsarbeit ist in weiten Teilen nicht einfachgesetzlich normiert, was die Herausbildung der Sonderdogmatik des Bundesverfassungsgerichts zur rechtlichen Zulässigkeit regierungsamtlicher Informationstätigkeit erklärt.287 Etwas anderes gilt für den Bereich staatlicher Warnungen, die aus Gründen der Gefahrenabwehr immer öfter Eingang in das einfache Recht finden, vgl. nur § 10 Abs. 5 UIG, § 31 Abs. 2 Satz 1 ProdSG288. c) Schlussfolgerung Informationszugänglichkeit wie Informationsarbeit können zu grundrechtsrelevanten Eingriffen führen.289 Rechtfertigungsfähig sind beide nur, wenn sie verhältnismäßig sind.290 Dies ist in Übereinstimmung mit dem Rechtsstaatsprinzip grundsätzlich nur der Fall, wenn die veröffentlichten Informationen die Anforderungen an Richtigkeit, Sachlichkeit und Vollständigkeit erfüllen.291

287

Zur Sonderdogmatik, insbesondere ihrer Ablehnung s. o., 3. Teil, 2. Kap. C. I. 2. Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (ProdSG: Produktsicherheitsgesetz) (BGBl. I 2011, 2178 in der Fassung BGBl. I 2012, 131). 289 Zur Grundrechtsrelevanz des Informationshandelns s. o., 3. Teil, 2. Kap. C. I. 2. 290 Der Unterschied zwischen mittelbar-faktischen und finalen bzw. finalitätsäquivalenten Eingriffen liegt darin, dass nach der Sonderdogmatik des Bundesverfassungsgerichts der Gesetzesvorbehalt für mittelbar-faktische Grundrechtseingriffe nicht gilt. Die Aufgabenzuweisung soll genügen, BVerfG, Beschl. v. 26.6.2002 – 1 BvR 558/91 u. a. – BVerfGE 105, 252; BVerfG, Beschl. v. 26.6.2002 – 1 BvR 670/91 – BVerfGE 105, 279. Zuletzt fand die Sonderdogmatik Bestätigung in BVerfG, Beschl. v. 17.8.2010 – 1 BvR 2585/06. Aus der Literatur Murswiek, NVwZ 2003, 1, 6 f. 291 Zur Herleitung aus dem Rechtsstaatsprinzip Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 719, die die Richtigkeit der von der Verwaltung verwendeten Informationen aus dem Amtsermittlungsgrundsatz, § 24 VwVfG, ableiten. Der Amtsermittlungsgrundsatz ist seinerseits unmittelbarer Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips (vgl. auch den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung). Allgemein Simon, BayVBl. 2009, 161, 166; Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, § 24 Rn.  1. Grundlegend zur Amtspflicht zum verhältnismäßigen Handeln als Ausfluss der Amtspflicht zum rechtmäßigen Verhalten Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 46 f.; Tremml/Nolte, NJW 1997, 2265, 2270. Die Amtspflichten sind nicht speziell normiert. Ebenso Reinert, in: BeckOK-BGB, § 839 Rn. 36 ff. Aus der Rechtsprechung BVerfG, Beschl. v. 26.6.2002 – 1 BvR 558/91 u. a. – BVerfGE 105, 252; BVerfG, Beschl. v. 26.6.2002 – 1 BvR 670/91 – BVerfGE 105, 279; bestätigt in BVerfG, Beschl. v. 17.8.2010 – 1 BvR 2585/06, m. Anm. Schoch, NVwZ 2011, 193; Lederer, jurisPR-ITR 20/2010, Anm. 6. Jenseits des Informationshandelns BGH, Urt. v. 21.4.2005 – III ZR 264/04; BGH, Urt. v. 28.4.2004 – VIII ZR 230/03; BGH, Urt. v. 20.9.1954 – VIII ZR 369/52 – BGHZ 14, 319. Aus der Literatur statt aller Schoch, NJW 2012, 2844, 2848; Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 25 Rn.  15. Ohne weitere Differenzierung legt den Maßstab der Richtigkeit an das Informationshandeln an BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 200. 288

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Als allgemeiner Rechtsgrundsatz wird dies meist als Selbstverständlichkeit angesehen, die keiner gesonderten Normierung bedarf.292 Teils sieht das einfache Recht für den Fall, dass sich veröffentlichte Informationen nachträglich als unrichtig herausstellen, eine Berichtigungspflicht vor, so in § 6 Abs. 4 VIG, § 40 Abs. 4 LFGB für die aktive Informationstätigkeit, sowie in § 20 Abs. 1 BDSG, § 4 Abs. 2, 3 StUG, § 4 Abs. 3 BArchG für die passive Gewährung von Informationszugang. Zudem existieren, etwa in § 40 Abs. 1 Satz 2, 3 LFGB, Vorgaben zum Umgang mit Informationen, deren Richtigkeit noch nicht abschließend geklärt ist. Allgemein kann gelten, dass bei Zweifeln an der Richtigkeit einer Information in tatsächlicher Hinsicht eine Veröffentlichung stattfinden darf, wenn das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung überwiegt, was mitunter im Bereich der Gefahrenabwehr anzunehmen sein wird. Auf verbleibende Unsicherheiten ist hinzuweisen.293 Jenseits der normierten Grundsätze zum Umgang mit nachträglicher Unrichtigkeit und unsicheren Informationen ist die aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abgeleitete Pflicht zum richtigen Informationshandeln zu konkretisieren. Im Falle der Informationsarbeit bezieht sich die Pflicht zum richtigen Informationshandeln auf die objektive Übereinstimmung mit der Wirklichkeit („objektive Richtigkeit“294). Im Rahmen der anzuwendenden Sorgfalt ist die Übereinstimmung der Informationen mit der Wirklichkeit sicherzustellen.295 Demgegenüber ist die Herstellung von Informationszugänglichkeit nur auf die Zugänglichkeit der vorhandenen Informationen gerichtet. Dementsprechend bezieht sich auch die Sorgfaltspflicht der informationstätigen Stelle nicht auf die Sicherstellung der objektiven Übereinstimmung der veröffentlichten Informatio­ nen mit der Wirklichkeit, sondern auf deren Übereinstimmung mit dem vorhandenen Informationsbestand („subjektive Richtigkeit“). Die Übereinstimmung mit der Wirklichkeit ist im Rahmen der vor- oder nachgelagerten Wahrnehmung der Sachaufgabe sicherzustellen. 292 Für das Informationshandeln gilt dies etwa im Rahmen von § 25 VwVfG, vgl. Britz/Eifert/ Groß, DÖV 2007, 717, 719, Fn. 12. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 25 Rn. 15: „Wird die Auskunft erteilt, muss sie richtig, vollständig und unmissverständlich sein, andernfalls Amtspflichtverletzung.“ 293 Grundlegend BVerfG, Beschl. v. 26.6.2002 – 1 BvR 558/91 u. a. – juris Rn. 60 – BVerfGE 105, 252. 294 Zur Richtigkeit als Übereinstimmung mit der Wirklichkeit Tremml/Luber, NJW 2005, 1745, 1746. Die „objektive Richtigkeit“ ist in Anlehnung an den „objektiven Wahrheitsbegriff“ i.R.d. falschen uneidlichen Aussage gem. § 153 StGB formuliert. Die objektive Wahrheit bezeichnet die Übereinstimmung mit dem tatsächlich erfolgten Geschehen. Die subjektive Wahrheit fragt demgegenüber nach der Übereinstimmung und dem Vorstellungsbild des Betroffenen, d. h. in Übertragung auf öffentliche Stellen auf die dort vorhandenen Informationen. Allgemein zur objektiven und subjektiven Wahrheit i.R.v. § 153 StGB Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, Vorb § 153 Rn. 3; Kudlich, in: BeckOK-StGB, § 153 Rn. 7 ff. 295 Bei der Informationsarbeit, die selbst materielle Aufgabenerfüllung ist, geht die Pflicht zum richtigen Informationshandeln mit der Amtspflicht zur sachgemäßen Sachverhaltsermittlung einher, vgl. Tremml/Luber, NJW 2005, 1745, 1746 f.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

4. Exkurs: Verfügungsgewalt und Verfügungsbefugnis über Informationen Erachtet man die Herstellung von Informationszugänglichkeit als zweistufigen Prozess, der der materiellen Aufgabenerfüllung nicht unmittelbar dient, sondern dieser vor- oder nachgelagert ist, stellt sich die Frage, welche Stelle auf welcher rechtlichen Grundlage die Verfügungsbefugnis – synonym findet sich der Terminus der Verfügungsberechtigung – innehat.296 a) Rechtliche Verfügungsbefugnis Die rechtliche Verfügungsbefugnis ist von der faktischen Verfügungsgewalt zu trennen. Letztere hat jedermann inne, der im „Besitz“ der Informationen ist, d. h. jeder, der in Hinblick auf einen bestimmten Informationsbestand als informiert anzusehen ist. Angesichts der Besonderheiten des Internet, vor allem seiner Reziprozität, der zufolge jedermann zugleich Sender und Empfänger sein kann, ist die faktische Verfügungsgewalt über einmal veröffentlichte Informationen jedoch beinahe unbeschränkt. Aussagen über die Verfügungsbefugnis sind dem Recht zu entnehmen, so dem Recht des geistigen Eigentums, d. h. dem gewerblichen Rechtsschutz und dem Urheberrecht,297 sowie dem Datenschutzrecht, wobei an letzterem Zuordnungs­ kriterium Kritik geübt wird.298 Für Private ist beides in den Grundrechten verankert, allen voran im Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, und im Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG.299 Der Staat kann sich zur Herleitung der Verfügungsbefugnis auf einfachgesetzliche Positionen stützen, soweit nicht ausschließlich die Persönlichkeit geschützt wird.300 So schützen die §§ 11 ff. UrhG auch Urheber, die der Sphäre des Staats 296 Zur Einführung der Verfügungsberechtigung als Rechtsbegriff durch das IFG Schoch, in: Schoch, IFG, § 7 Rn. 27. 297 Götting, GRUR 2006, 353, 354 zum Begriff des geistigen Eigentums. Zur Einordnung als verfassungsrechtliches Eigentum umfassend Grzeszick, ZUM 2007, 344, 345 ff. 298 Bereits 1998 kritisch zur Zuordnung von Ausschließlichkeitsrechten an Daten und Informationen aufgrund des Personenbezugs Hoeren, MMR-Beil. 1998, 6, 8 f. 299 Zur Verankerung des geistigen Eigentums in Art. 14 Abs. 1 GG Grzeszick, ZUM 2007, 344, 347; Götting, GRUR 2006, 353, 357. Aus der Rechtsprechung BVerfG, Beschl. v. 15.1.1974 – 1 Bvl 5/70 u. a. – juris Rn. 28 – BVerfGE 36, 281; BVerfG, Beschl. v. 7.7.1971 – 1 BvR 765/66 – LS – BVerfGE 31, 229; BVerfG, Beschl. v. 10.6.1964 – 1 BvR 37/63 – juris Rn. 19, 24 – BVerfGE 18, 85 (beide Entscheidungen zur Einordnung von Patentrecht sowie unfertigen Erfindungen als Eigentum); BVerfG, Beschl. v. 22.5.1979 – 1 BvL 9/75 – LS 2 – BVerfGE 51, 193 (Markenrecht als Eigentum). 300 Damit scheidet die Berufung staatlicher Stellen auf das BDSG aus. Dieses ordnet die Verfügungsbefugnis über personenbezogene Daten dem betroffenen Individuum zu, um es in seiner Selbstbestimmung und damit mittelbar in seiner Persönlichkeit zu schützen. Demgegenüber schützt das Recht des geistigen Eigentums nicht nur die Persönlichkeit, sondern auch

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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zuzuordnen sind.301 Im Kontext der Verfügungsbefugnis über Daten und Informationen ist jedoch zu beachten, dass gerade Daten im Regelfall nicht die Schöpfungshöhe erreichen, die für die Anwendbarkeit des urheberrechtlichen Schutzes Voraussetzung ist, § 2 Abs. 2 UrhG. Eine analoge Anwendung des Urheberrechts scheidet aufgrund des als abschließend anzusehenden Kriteriums der Schöpfungshöhe aus.302 Auch ein Rückgriff auf die Grundrechte ist dem Staat versagt. Dennoch ist die Verfügungsbefugnis des Staats über Informationen in seiner Verfügungsgewalt in weitem Umfang anerkannt.303 Auch wenn sie teils auf Grundlage einer Kompetenz kraft Sachzusammenhangs angenommen wird,304 lässt sich die Verfügungsbefugnis überzeugenderweise als Annex zur Aufgabenwahrnehmung begreifen, sofern die Aufgabenwahrnehmung nicht unmittelbar und ausschließlich im Informationshandeln besteht.305 Andernfalls, d. h. im Falle der Aufgabenwahrnehmung im Wege des Informationshandelns, folgt die Verfügungsbefugnis unmittelbar aus der Zuweisung von Aufgabe und Befugnis. Annexkompetenzen sind qua definitione notwendig für Vorbereitung, Durchführung und Umsetzung einer bestimmten Sachmaterie.306 Die frühzeitige Veröffentlichung kann der Vorbereitung der Aufgabenerfüllung dienen. Nichts anderes kann für diejenigen Veröffentlichungen gelten, die der Aufgabenerfüllung nachgelagert sind. Denn die Verfügungsbefugnis kann nicht als gespaltene konstruiert werden. Entweder ist eine staatliche Stelle verfügungsbefugt oder nicht. Auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung kommt es nicht an. Zudem kann die Offenlegung der Zwecke und Ziele des Amtshandelns die Akzeptanz seitens der Bevölkerung stärken, etwa die Erklärung über die Verwendung bestimmter Mittel. Dies erleichtert die Durchwirtschaftliche Aspekte. Exemplarisch zeigt dies der Urheberschutz: Geschützt werden persönliche geistige Schöpfungen, § 2 Abs. 2 UrhG. 301 Auch im Beamtenverhältnis gelten die Grundrechte. Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst können sich auf Art. 14 Abs. 1 GG sowie – in einfachgesetzlicher Ausprägung – auf das UrhG berufen, vgl. Seewald/Freudling, NJW 1986, 2688, 2689. Allerdings ist das Urheberrecht im Arbeitsverhältnis grundsätzlich eingeschränkt, vgl. § 43  UrhG sowie speziell im öffentlichen Dienst § 5 UrhG. Zur Verfassungskonformität des § 5 UrhG Arnold, ZUM 1999, 283, 284 ff. Der Staat als Dienstherr kann sich hingegen nicht auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen. 302 Zur Ablehnung der Analogiefähigkeit BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 116. Zur Notwendigkeit der engen Auslegung Hoeren, MMR-Beil. 1998, 6, 10. 303 BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 116 verweisen hierzu auf die Normierung einfachgesetzlicher Zugangsansprüche. 304 So im Rahmen der Erforderlichkeit einer expliziten Aufgabenzuweisung BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 140 ff. Eine Annexkompetenz wird ausdrücklich verneint (S. 142), ebenso die Verfügungsbefugnis bzw. Aufgabe zur Veröffentlichung kraft Organisationshoheit. Letzteres überzeugt, da die Herstellung von Informationsöffentlichkeit nicht dem Innenbereich einer Organisation zugeordnet werden kann. 305 Den Weg über die „Annexkompetenz aus der jeweiligen Aufgabenzuweisung“ gehen auch Müller-Terpitz/Rauchhaus, JurPC Web-Dok. 96/2012, Abs. 1–54, Abs. 17 für die Regelung der Veröffentlichung von Informationen zu Behörden und über ihre Verfahren, § 3 EGovG. 306 Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 70 Rn. 71 zu den Voraussetzungen der Annexkompetenz, insbesondere in Abgrenzung zur Kompetenz kraft Sachzusammenhangs.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

führung und Umsetzung der jeweiligen Sachaufgabe, da Akzeptanz Voraussetzung der Funktionsfähigkeit des Rechts ist, wenn auch in tatsächlicher Hinsicht. Dem Charakter als vorbereitende bzw. nachgelagerte Maßnahme entsprechend ist die Verfügungsbefugnis als Annex zur Aufgabenerfüllung anzusehen. Die Konstruktion der Verfügungsbefugnis als notwendige Annexkompetenz bzw. als Annexbefugnis findet ihre Bestätigung darin, dass die der Aufgabenwahrnehmung vorgehende oder nachfolgende Veröffentlichung in der Informationstechnologiegesellschaft zunehmend als fest mit der Aufgabenwahrnehmung verknüpft anzusehen ist. Dass sie kein notwendiger, integraler Bestandteil der Aufgabenerfüllung ist, steht dem nicht entgegen.307 Denn der Grundsatz der Öffentlichkeit und mit ihm der Grundsatz der Informationsöffentlichkeit sind im Grundgesetz verankert. Aufgabenwahrnehmung und anschließende Veröffentlichung stehen in einem funktionalen Zusammenhang. Bestätigung findet die allgemeine Verortung der Verfügungsbefugnis als Annex zur Aufgabenwahrnehmung in der Einordnung des der Informationsöffentlichkeit nahestehenden Statistikrechts als Annex.308 Zwar kann nicht für jegliche Information, die im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung genutzt wird, eine Verfügungsbefugnis der zur Aufgabenwahrnehmung zuständigen Stelle angenommen werden. Dies würde die rechtliche Verfügungsbefugnis mit der faktischen Verfügungsgewalt gleichsetzen. Vielmehr ist neben der Nutzung einer Information zur Aufgabenerfüllung eine gewisse Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen der Aufgabe und den Informationen zu fordern. Diese ist in Anlehnung an den Schutz eigener Leistungen Privater durch Art. 14 Abs. 1 GG309 dann anzunehmen, wenn die Erhebung oder Aufbereitung der Informationen Teil  der Aufgabenerfüllung ist.310 Die bloße Kenntnisnahme von Informationen, die Dritte anlässlich der Aufgabenerfüllung erhoben und/oder aufbereitet haben, genügt demgegenüber nicht zur Herleitung der staatlichen Verfügungsbefugnis. Zu denken ist etwa an die Schriftsätze der Parteien im Gerichtsverfahren.

307 Zur Einordnung der Veröffentlichung als „neue Aufgabe“ BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 140. 308 Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 70 Rn. 74. 309 Zur Abhängigkeit der Einschlägigkeit des Art. 14 Abs. 1 GG vom Vorliegen einer Leistung bei unkörperlichen Gegenständen Grzeszick, ZUM 2007, 344, 353. Ebd., S. 352, umfassend zur Bedeutung der Leistung i.R.v. Art. 14 Abs. 1 GG, insb. auf Rechtfertigungsebene. Ein eindrucksvolles Plädoyer zugunsten der Zuordnung des geistigen Eigentums zu Art. 14 Abs. 1 GG hielt Roman Herzog, zitiert nach Götting, GRUR 2006, 353, 358: „Erbärmlich ein Eigentumsbegriff, der sich nur auf Sachgüter, Produktionsmittel und Wertpapiere bezieht und die Leistungen des menschlichen Geistes ausklammert! Erbärmlich eine Gesellschaft, die sich einen solchen Eigentumsbegriff leisten wollte!“ 310 Für das IFG BT-Drs. 15/4493, S.  14. Hierzu statt aller Schoch, in: Schoch, IFG, § 7 Rn. 27 ff. Ebenso BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 122.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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b) Nähe zum Recht der öffentlichen Sachen Die Annahme der Verfügungsbefugnis erinnert an die dogmatische Konstruktion des öffentlichen Sachenrechts bzw. der öffentlichen Sache als dessen Gegenstand.311 Als öffentliche Sachen werden körperliche wie unkörperliche Gegenstände bezeichnet, die auf Grundlage entsprechender Widmung und nach tatsächlicher Indienststellung unmittelbar dem öffentlichen Interesse dienen und zur Sicherung dieses Zwecks öffentlich-rechtlichen Vorschriften unterliegen.312 Auch Informationen sind nach überwiegender Ansicht, wonach öffentliche Sachen nicht auf körperliche Gegenstände im Sinne von § 90 BGB beschränkt sind, erfasst.313 Kann die Sache von der Allgemeinheit ohne weitere Zulassungsentscheidung genutzt werden, liegt eine Sache im Gemeingebrauch vor.314 Andernfalls handelt es sich um Sachen im Sonder- bzw. im Anstaltsgebrauch oder um eine Sache im Verwaltungsgebrauch. Entscheidend für die Einordnung der derart weit verstandenen Sache als öffentliche Sache ist die Einbeziehung der Sache in die staatliche Aufgabenerfüllung.315 Es bedarf eines Organisationsakts, um eine Sache zur öffentlichen Sache 311 Zur Parallele zum öffentlichen Sachenrecht Martini/Damm, DVBl. 2013, 1, 6 f.; BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 116 f., der die „(freiwillige) Veröffentlichung staatlicher Daten auch als Teilelement der Daseinsvorsorge in einer ‚technisierten Informa­ tionsgesellschaft‘“ einordnet. Zur bisherigen Konstruktion von Informationen als „öffentliche[n] Sachen im Verwaltungsgebrauch“ Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 200. 312 Häde, JuS 1993, 113, 113 f.; Lorenz, NVwZ 1989, 812, 813; Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 19 ff. Ähnlich Schmidt-Jortzig, NVwZ 1987, 1025, 1027, der ebenfalls auf den Nutzen für das Gemeinwesen und den daraus folgenden Reglementierungsbedarf verweist. Ebd., S. 1028, zur konstitutiven Bedeutung der Widmung. Hierzu zudem (im Kontext des Kommunalrechts) Axer, NVwZ 1996, 114, 115. 313 Fritzsche, in: BeckOK-BGB, § 90 Rn. 34; Jickeli/Stieper, in: Staudinger, Vorbemerkungen §§ 90–103 Rn. 13; Wandtke, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, Einleitung Rn. 28; Häde, JuS 1993, 113, 113; Schmidt-Jortzig, NVwZ 1987, 1025, 1027; Höfling, JA 1987, 605, 608; Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 40 f. Teils ist aufgrund der fehlenden Beschränkung auf körperliche Gegenstände von öffentlichem Vermögen die Rede. Gegen die Erstreckung der öffentlichen Sache über § 90 BGB hinaus Weber, in: VVDStRL, Bd. 21 (1964), S. 145, 149. 314 Martini/Damm, DVBl. 2013, 1, 6; Jickeli/Stieper, in: Staudinger, Vorbemerkungen §§ 90–103 Rn. 15; Erbguth, Jura 2008, 193, 196 ff.; Germann, AöR 128 (2003), 458, 462; Hardinghaus, Öffentliche Sachherrschaft und öffentliche Sachwaltung, S. 18 ff.; Stern, in: VVDStRL, Bd. 21 (1964), S. 183, 214. 315 Lorenz, NVwZ 1989, 812, 813 f. Lorenz (S. 814) unterscheidet neben der als Verwaltungs­ funktion bezeichneten Sicherstellung der staatlichen Handlungsfähigkeit zwischen der Leistungsfunktion, d. h. der Einbeziehung in die staatliche Daseinsvorsorge, und der Gewährleistungsfunktion, verstanden als Monopolisierung von vorhandenen Sachen in staatlicher Gemeinwohlverantwortung. Ähnlich verläuft die weit verbreitete Grenzziehung zwischen öf­ fentlichen Sachen im Zivil- und Verwaltungsgebrauch bzw. zwischen öffentlichen Sachen im engeren Sinn (= öffentliche Sache im Gemein-, Anstalts- oder Sondergebrauch) sowie öffentlichenSachen im Verwaltungsgebrauch, Jickeli/Stieper, in: Staudinger, Vorbemerkungen §§ 90–103 Rn. 15. Nicht zu den öffentlichen Sachen zählen Gegenstände, die nur mittelbar der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen, etwa das Fiskalvermögen der öffentlichen Hand, vgl. ebd., Rn. 16.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

zu machen, um sie in einen öffentlich-rechtlichen Status zu überführen. Überwiegend wird die Widmung als Grundlage des öffentlich-rechtlichen Status der öffentlichen Sache angesehen.316 Sie kann durch Gesetz, auf untergesetzlicher Ebene durch Rechtsverordnung oder Satzung sowie durch individuellen Rechtsakt erfolgen, sie kann aber auch konkludent ergehen, etwa in Gestalt von Nutzungsbestimmungen.317 Nur vereinzelt wird ein eigener Organisationsakt als notwendig für die institutionelle Überführung erachtet.318 Jedenfalls bedarf die Überführung in den öffentlich-rechtlichen Status einer gesetzlichen Verankerung. Neben dem geschriebenen Recht sind dabei immanente Aufträge an die Staatsgewalt zu berücksichtigen, etwa der Verfassungsauftrag an die Verwaltung, die Grundlagen der Behördentätigkeit zu schaffen.319 Auch der Umgang mit den Informationen, die der Aufgabenerfüllung durch den Staat zugrunde liegen oder im Rahmen der Aufgabenerfüllung anfallen, kann von einem derart ungeschriebenen Verfassungsauftrag als erfasst angesehen werden. Die für die materielle Aufgabenerfüllung zuständige Stelle ist befugt, den öffentlich-rechtlichen Status „ihrer“ Informationen zu begründen. Der Grad der Verpflichtung ist dem Grundgesetz zu entnehmen. Im Rahmen des durch Widmung festgelegten Zwecks steht dem Staat, konkret der zuständigen Behörde, die Verfügungsbefugnis zu. Der Staat darf insoweit über die öffentliche Sache verfügen, als dies dem öffentlichen Sachzweck dient.320 Jenseits der Grenzen der öffentlichen Aufgabenerfüllung endet die „Dispositionsmacht“321, der „öffentliche Verfügbarkeitsbedarf“322, oder um in der Terminologie des Informationsrechts zu sprechen, die Verfügungsbefugnis. Auf Grundlage dieser dogmatischen Konstruktion sind die öffentlich zugänglich gemachten Daten und ihre Produkte als öffentliche Sachen im Gemeingebrauch an­zusehen, zumindest sofern der Nutzung durch die Allgemeinheit kein indivi 316 Grundlegend Weber, in: VVDStRL, Bd. 21 (1964), S. 145, 169. Ebenso Germann, AöR 128 (2003), 458, 459. Ebd., S. 464 f., 477 f., auch zur Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage der Widmung. 317 Allgemein Erbguth, Jura 2008, 193, 195; Häde, JuS 1993, 113, 113; Höfling, JA 1987, 605, 606. 318 Stern, in: VVDStRL, Bd. 21 (1964), S. 183, 198 ff. für die Eigenständigkeit des Organisationsakts. Ebd., S. 213 f., auch zu der Annahme, dass die Funktion der öffentlichen Sache es gebiete, sie öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnissen zuzuführen. Andernfalls drohe eine „kommerzialisierte[n] Auswahl der Nutzungsberechtigten“. 319 Stern, in: VVDStRL, Bd. 21 (1964), S. 183, 201. Zur Entwicklung der Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage Germann, AöR 128 (2003), 458, 464 ff. 320 Hardinghaus, Öffentliche Sachherrschaft und öffentliche Sachwaltung, S. 21. 321 Weber, in: VVDStRL, Bd. 21 (1964), S. 145, 169, 182. 322 Zum öffentlichen Verfügbarkeitsbedarf Schmidt-Jortzig, NVwZ 1987, 1025, 1027. Zur öffentlich-rechtlichen Zweckbindung auch Jickeli/Stieper, in: Staudinger, Vorbemerkungen §§ 90–103 Rn.  14. Zum Konnex zur Zuständigkeit BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S.  121 f. Von „öffentlicher Zweckbindung“ spricht Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 32.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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dueller Zulassungsakt vorauszugehen hat.323 Die Verfügungsbefugnis steht dabei grundsätzlich derjenigen staatlichen Stelle zu, die für die materielle Aufgabenerfüllung zuständig ist. Sie reicht so weit, wie der Zweck, Informationsöffentlichkeit zu schaffen, gefördert wird. Lediglich vereinzelt wird einschränkend angenommen, dass die Verfügungsbefugnis auch endet, wenn die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses in Rede steht, da dieses zwingend öffentlich-rechtlicher Natur sei.324 III. Informationsöffentlichkeit, Informationsrichtigkeit und Haftungsbegrenzung 1. Beschränkung der Richtigkeitsprüfung Schon im Rahmen der Systematisierung des Informationshandelns wurde an­ gedeutet, dass der Bezugspunkt der Pflicht zum richtigen Informationshandeln im Rahmen der Herstellung von Informationsöffentlichkeit nicht die Übereinstimmung der veröffentlichten Informationen mit der Wirklichkeit ist. In der Praxis bedeutet dies, dass die veröffentlichende Stelle die Informationen nicht auf ihre objektive Richtigkeit prüfen muss.325 a) Beschränkung der Richtigkeitsprüfung im einfachen Recht Die Beschränkung der Pflicht zur Richtigkeitsprüfung bei der Herstellung von Informationszugänglichkeit findet sich bereits im einfachen Recht. Für den individuellen Informationszugangsanspruch schließen etwa § 7 Abs.  3 IFG oder § 6 Abs.  3 VIG die Pflicht zur Prüfung der objektiven Informationsrichtigkeit vor Veröffentlichung aus, wobei der Ausschluss der Richtigkeitsprüfung im Verbraucherinformationsgesetz nur für nicht-personenbezogene Daten gilt, § 6 Abs.  3 Satz 1 VIG.326 Eine vergleichbare, auch auf personenbezogene Daten anwendbare 323

Stern, in: VVDStRL, Bd. 21 (1964), S. 183, 214. Gemeingebrauch ist demnach jede Nutzung, deren Inhalt durch den Organisationsakt generell festgelegt ist. Ebenso Peine, JZ 2006, 593, 601. Demgegenüber bedürfen der Anstalts- und Sondergebrauch eines speziellen Zulassungsakts. Stern (S. 216) auch zur Konsequenz, dass der Gemeingebrauch zwingend gebührenfrei zu erfolgen habe und allein die Steuer das Finanzierungsmittel für der Allgemeinheit dienende Sachen sei. Anders die wohl überwiegende Meinung, vgl. Häde, JuS 1993, 113, 116 m. w. N., wonach die Unentgeltlichkeit nicht Teil des Gemeingebrauchs ist. 324 So aber Stern, in: VVDStRL, Bd. 21 (1964), S. 183, 213. 325 Zur Rückwirkung der Zweckbestimmung auf den anzulegenden Sorgfaltsmaßstab am Beispiel des UIG Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 723. 326 Die Verfassungskonformität des § 6 VIG ist in besonderem Maße umstritten. Sie wird im Wesentlichen auf dreierlei gestützt: (1)  die Untauglichkeit als Rechtsgrundlage, insb. im Verhältnis zu § 40 LFGB, (2) die Unbestimmtheit der Vorschrift, sowie (3) die Unverhältnismäßigkeit, allen voran in Bezug auf den Vorrang des Ordnungsrechts. Informationshandeln

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

Anordnung trifft § 7 Abs. 3 UIG in wortlautgleicher Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie für den Informationszugang auf Antrag. Die Gewährleistung der Aktualität, Exaktheit und Vergleichbarkeit der Umweltinformationen, die in der Forderung nach Exaktheit auch das Element der Richtigkeit in sich trägt, wird unter den Vorbehalt des Möglichen gestellt.327 Absolute Richtigkeit wird nicht verlangt.328 Auch für die öffentliche Zugänglichmachung beschränkt das einfache Recht die Pflicht zur Richtigkeitsprüfung. So stellt § 10 Abs.  6 UIG durch den Verweis auf § 7 Abs. 3 UIG die Richtigkeitsgewähr unter den Möglichkeitsvorbehalt. § 6 Abs. 3 VIG findet nach überzeugender Ansicht aufgrund der systematischen­ Stellung ebenfalls auf die öffentliche Zugänglichmachung von Informationen über das Internet Anwendung.329 Lediglich § 11 IFG lässt sich keine entsprechende Aussage entnehmen.330

sei ­mangels Kontrollierbarkeit der Wirkung schon kein geeignetes Mittel. Auch die Sperr­ wirkung des Europarechts (Basis-Verordnung) sowie systematische Bedenken in Hinblick auf die Abstimmung von VIG und LFGB werden vereinzelt angeführt. Die Verfassungskonformität bestreiten Holzner, DVBl. 2012, 17; Becker/Blackstein, NJW 2011, 490, 492 ff.; Holzner, NVwZ 2010, 489, 494; Werner, ZLR 2008, 115, 123 ff. Zu Recht zugunsten der Verfassungskonformität aber Schoch, NJW 2012, 2844, 2847 f.; Schoch, EuZW 2011, 388, 393; Schink, DVBl. 2011, 253, 258 ff.; Schoch, ZLR 2010, 121, 135 f.; im Ergebnis wohl auch Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), 20, 27 ff. Zum Zusammenspiel von europäischer und nationaler Kodifizierung des Lebensmittelrechts Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), 20, 33 f.; Schoch, ZLR 2010, 121, 124 ff.; Simon, BayVBl. 2009, 161, 161. 327 Kümper, ZUR 2012, 395, 401. Ausführlich zur Verortung der Richtigkeit im Merkmal der Exaktheit Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 722 f. m. w. N.: „Die Information ist dann exakt, wenn sie den mit ihr verfolgten Informationszweck erfüllen kann. Den Informationszweck kann sie nur dann erfüllen, wenn sie richtig ist. Die Exaktheitsverpflichtung zielt darum auf Informationsrichtigkeit.“ 328 Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 723. 329 Teils wird die Anwendbarkeit auf die öffentliche Zugänglichmachung aber mit dem Hinweis auf die gesteigerte Eingriffsintensität und/oder die fehlende Verwirklichung der Aufklärungsfunktion bestritten, so wohl Schoch, NJW 2012, 2844, 2848. Allerdings lässt die Formulierung vermuten, dass Schoch zwingend von der Aufbereitung der Informationen i.R.v. § 6 Abs. 3 Satz 1 VIG ausgeht: „Das informationsrechtliche Behördenprivileg kann verfassungskonform restriktiv interpretiert und nur auf Fälle passiver Publikumsinformation angewendet werden, wo das Privileg Sinn macht.“ Ebenso Schoch, ZLR 2010, 121, 137. Für eine verfassungskonforme Auslegung des VIG angesichts der Existenz des § 40 LFGB Werner, ZLR 2008, 115, 124 f. Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), 20, 47 legt die Einschränkung der Richtigkeitsprüfung dahingehend aus, dass nur bestandskräftige oder sofort vollziehbare Beanstan­ dungen öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen. 330 Teile der Literatur leiten aus der Bezugnahme des § 11 Abs. 3 IFG auf „geeignete Informationen“ vielmehr die Richtigkeitsgewähr ab, da nur richtige Informationen geeignete Informationen seien, vgl. Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 725. Dies überzeugt jedoch nicht. Betrachtet man die Gesetzesbegründung, liegt es nahe, die Eignung nach dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu bestimmen, BT-Drs. 15/4493, S. 16.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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b) Verfassungskonformität der eingeschränkten Richtigkeitsprüfung Die eingeschränkte Pflicht zur Richtigkeitsprüfung entbindet die veröffentlichende Stelle nicht von der Pflicht zur Gewährleistung der Richtigkeit, Sachlichkeit und Vollständigkeit in Bezug auf die vorhandenen Informationen. So besteht als Ausfluss der Vollständigkeitsgewähr die Pflicht, auf bestehende Unsicherheiten bei der Beurteilung der Informationsrichtigkeit hinzuweisen. Zudem schließt die eingeschränkte Pflicht zur Richtigkeitsprüfung nicht die Pflicht aus, nachträglich Informationen zu korrigieren, wenn deren Unrichtigkeit bekannt wird. Denn die nachträglich erkannte Unrichtigkeit ist unabhängig von etwaigen Prüfpflichten vor Veröffentlichung. Die Pflicht zur Richtigkeitsgewähr wirkt über den Veröffentlichungszeitpunkt hinaus fort. Dennoch ist die Verfassungskonformität des Ausschlusses der Prüfung der objektiven Richtigkeit vor Veröffentlichung umstritten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob man entsprechende gesetzliche Regelungen als konstitutiv oder deklaratorisch erachtet.331 aa) Zweifel an der Verfassungskonformität Schon für den Individualzugang verweisen Kritiker auf die Unverhältnismäßigkeit der Regelung: Sie führe zu nicht rechtfertigungsfähigen Grundrechtseingriffen, auch weil sie Veröffentlichungen vor der abschließenden Klärung des Sachverhalts ermögliche.332 Die gesteigerte Intensität von Informationseingriffen gegenüber Maßnahmen des Ordnungsrechts verstärke die Unverhältnismäßigkeit einer Entbindung der öffentlichen Stelle von der Prüfung der objektiven Richtigkeit.333

331 Zum IFG Schoch, in: Schoch, IFG, § 7 Rn. 79. Da sich der Anspruch nur auf den Zugang zu vorhandenen Informationen bezieht, ist der gesetzliche Ausschluss der Richtigkeitsgewähr nicht als konstitutiv anzusehen, sondern lediglich als Klarstellung, so für den Professorenentwurf zum IFG bereits Schoch/Kloepfer, Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE), zu § 2 Rn. 25. Ob die Beschränkung der Prüfpflicht verhältnismäßig ist, ist jedoch von der Einordnung als deklaratorisch oder konstitutiv unabhängig. Es kommt nicht darauf an, ob der Zweck oder die Ausgestaltung des Mittels zur Zweckerreichung nicht den Anforderungen genügt, die die Verhältnismäßigkeit stellt. 332 Werner, ZLR 2008, 115, 116 f. Ebd. zur Veröffentlichung von Informationen vor der abschließenden Klärung ihrer Richtigkeit i.R.v. § 6 Abs. 3 VIG, sowie zur Ermöglichung der Veröffentlichung bekanntermaßen unrichtiger Informationen. Insbesondere letztere Schlussfolgerung ist jedoch fernliegend angesichts von Gesetzeswortlaut und Telos des VIG. Lediglich die Pflicht zur Prüfung der Richtigkeit wird ausgeschlossen. Eine Erlaubnis zur bewussten Zugänglichmachung unrichtiger Informationen kann darin nicht erblickt werden. Dementsprechend nimmt auch Werner an, dass in diesem Fall ein ungeschriebener Ausschlussgrund greift. 333 Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), 20, 25; Werner, ZLR 2008, 115, 118.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

Zudem wird darauf verwiesen, dass die Regelung zu einem Wegfall der Staatshaftung führe, was kein legitimes Regelungsziel darstelle.334 Noch größer sind die Bedenken gegenüber der Beschränkung der Richtigkeitsprüfung im Kontext der öffentlichen Zugänglichmachung. Angesichts der Breitenwirkung des Informationshandelns im Internet und des gleichzeitigen Kontroll­ verlusts der öffentlichen Stelle müsse diese ihre „Möglichkeiten zur Feststellung der Datenrichtigkeit […] wesentlich weiter ausschöpfen als bei der antragsgebundenen Gewährung von Informationszugang.“335 Zudem könnten die mit der öffentlichen Zugänglichmachung verfolgten Ziele mit der Veröffentlichung objektiv unrichtiger Informationen nicht erreicht werden. Ein Ausschluss der Pflicht zur Richtigkeitsprüfung sei insbesondere im Kontext der öffentlichen Zugänglich­ machung unverhältnismäßig und daher nicht verfassungskonform. bb) Begründung der Verfassungskonformität Das Argument, dass der Ausschluss bzw. die Beschränkung der Staatshaftung kein legitimes Regelungsziel sei, verfängt nicht. Schließlich ist eine Beschränkung der Staatshaftung zulässig, wenn auch in engen Grenzen. Sie ist kein illegitimes Regelungsziel. Vielmehr kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Beschränkung der Staatshaftung maßgeblich darauf an, ob die Regelung als verhältnismäßig einzustufen ist. 336 Die eingeschränkte Pflicht zur Richtigkeitsprüfung verfolgt den Zweck, Informationszugänglichkeit zu ermöglichen. Dies ist gerade in der Informationstechnologiegesellschaft nicht nur als legitimes Regelungsziel anzusehen, sondern als zumindest rechtspolitische Notwendigkeit im demokratischen Rechtsstaat. Der Ausschluss der Pflicht zur Prüfung der objektiven Informationsrichtigkeit ist auch geeignet, zur Herstellung von Informationszugänglichkeit beizutragen. Denn indem vor Veröffentlichung die objektive Richtigkeit der Information nicht erneut geprüft werden muss, ist die veröffentlichende Stelle von der Pflicht zur sachlichen Prüfung entbunden. Der Verwaltungsaufwand wird merklich redu 334 Simon, BayVBl. 2009, 161, 165 f.; Werner, ZLR 2008, 115, 122. Zum Regelungsziel „Wegfall der Staatshaftung“ auch Wustmann, ZLR 2007, 242, 250. Diese Argumentation übersieht jedoch bereits, dass der Wegfall der Staatshaftung nicht Regelungsziel des Gesetzgebers ist, vgl. die Gesetzesbegründung zum VIG, BR-Drs. 273/07. Selbst Werner, ZLR 2008, 115, 122 räumt ein, dass ein Hinweis auf das (angebliche)  Ziel der Haftungsfreistellung in der Gesetzesbegründung fehlt, allerdings nur in Fn. 36. 335 Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 724. 336 Für Haftungsausschluss und -beschränkung im öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis Ahrens, Staatshaftungsrecht, S. 48; für die Amtshaftung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG Papier, in: MüKo-BGB, § 839 Rn. 339. Ebd., Rn. 336 ff., auch zu den sonstigen Einschränkungen, insb. der Frage, ob Haftungsausschluss bzw. -beschränkung aufgrund Satzung zulässig sind, sowie zum Grundsatz, dass die Haftung nicht für wesentliche Tätigkeitsbereiche des Staats ausgeschlossen werden darf.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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ziert.337 Die Pflicht zur Gewährleistung inhaltlicher Richtigkeit ist auf die Übereinstimmung mit den vorhandenen Informationen beschränkt. Zudem ist auf Unsicherheiten in Bezug auf die Richtigkeit hinzuweisen. Nachträglich bekannt gewordene Unrichtigkeiten sind zu beseitigen. Die Verringerung des Verwaltungsaufwands ist auch erforderlich, um Informationszugänglichkeit zu verwirklichen. Die Gewährleistung umfassender Informa­ tionsöffentlichkeit wäre nicht zu bewerkstelligen, müsste die Übereinstimmung mit der Wirklichkeit vor Veröffentlichung erneut geprüft werden.338 Vielfach wäre eine derartige inhaltliche Prüfung schon nicht möglich, etwa im Falle von Prüf- und Messergebnissen, die auf einen in der Vergangenheit liegenden Zustand bezogen sind. Doch auch wenn die Möglichkeit der Überprüfung der objektiven Richtigkeit bestünde, würde eine nochmalige Prüfung vor Veröffentlichung einen Aufwand verursachen, der dem Aufwand bei Aufgabenerfüllung gleichkäme. Damit stellte die Prüfung der objektiven Informationsrichtigkeit vor Veröffentlichung schon angesichts der beschränkten finanziellen wie personellen Ressourcen der öffentlichen Hand keine praktisch umsetzbare Alternative bei der Ausgestaltung der Informationszugänglichkeit dar. Umgekehrt würde ein vollkommener Ausschluss jeglicher Richtigkeitsgewähr und Sorgfaltspflicht auf rechtsstaatliche Bedenken stoßen. Informationen, die aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht mit den vorhandenen Informationen übereinstimmen, könnten veröffentlicht werden, ohne dass dies eine Pflichtverletzung darstellte. Schließlich ist die Beschränkung der Richtigkeitsprüfung als angemessen anzusehen. Zwar vergrößert sie die Gefahr der Veröffentlichung unrichtiger Informa­ tionen. Dies kann in Dreieckskonstellationen, wie sie für Informationshandeln typisch sind, zu Grundrechtsverletzungen führen. Deren Eingriffswirkung ist angesichts der Breitenwirkung und des Kontrollverlusts der öffentlichen Stelle im Falle der öffentlichen Zugänglichmachung besonders hoch.339 Dennoch ist die Gefahr der Grundrechtsverletzung als gering einzustufen.340 Schließlich besteht die Pflicht zur Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit als Aus 337

Zur ausdrücklichen Normierung des Regelungsziels Reduzierung des Verwaltungsaufwands BT-Drs. 15/4493, S. 16 zu § 11 Abs. 3 IFG („Aktive Verbreitung von Informationen nach diesem Gesetz durch die Behörden dient zugleich der Verwaltungsvereinfachung. Die individuelle Bearbeitung von Informationsanträgen wird reduziert.“). BT-Drs. 15/3406, S. 17 f. zu § 7 Abs. 1 UIG; BR-Drs. 273/07, S. 27 f. zu § 6 Abs. 1 Satz 3 n. F. (§ 5 Abs. 1 VIG a. F.). („Insbesondere lässt die Bestimmung […] der Stelle die Möglichkeit, auf öffentlich zugängliche Daten zu verweisen und insoweit von aufwändigen Einzelantworten abzusehen.“) 338 Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 721 m. w. N., auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. 339 Zu den Besonderheiten des Informationshandelns bereits oben, 3.  Teil, 2.  Kap. C. I. 1. Eine generell stärkere Eingriffswirkung einer Internetveröffentlichung nehmen aufgrund der Breitenwirkung sowie der Suggestion der Aktualität an Becker/Blackstein, NJW 2011, 490, 493; Kümper/Wittmann, NuR 2011, 840, 844, 846. 340 Anders Simon, BayVBl. 2009, 161, 165, der von „häufigen Falschauskünfte[n]“ ausgeht.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

fluss der Amtspflicht zum rechtmäßigen Handeln im Rahmen der Aufgabenerfüllung ebenso fort wie die Sorgfaltspflichten bei der Veröffentlichung, wonach die veröffentlichten mit den vorhandenen Informationen übereinzustimmen haben.341 Die Grundsätze zum Umgang mit unsicheren wie nachträglich als unrichtig erkannten Informationen gelten ebenso wie die Pflicht zur Wahrung der Grenzen zwischen Öffentlichkeit und Nicht-Öffentlichkeit. Jenseits der persönlichen Betroffenheit von der Information, also für bloße Informationsempfänger, führt die Unrichtigkeit nicht einmal zu einem Eingriff in das Grundrecht der Informationsfreiheit. Denn die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG beinhaltet kein Recht auf richtige Informationen. Das Verhältnis zwischen Informationsanbieter und -empfänger soll frei von Restriktionen und Eingriffen sein.342 Eine Pflicht zur Beschaffung oder gar zur Aufbereitung von Informationen, wie sie zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit erforderlich wäre, besteht nicht. Demnach ist die Beschränkung der Richtigkeitsprüfung für den Informationsempfänger kein Eingriff.343 Dies gilt für individuelle wie öffentliche Zugänglichkeit der Informationen gleichermaßen, zumal die erhöhte Eingriffsintensität der öffentlichen Zugänglichmachung sich nicht verwirklichen muss.344 Umgekehrt ist das öffentliche Interesse gerade an der Schaffung von Informa­ tionsöffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft als hoch einzuschätzen. Das öffentliche Informationsinteresse ist im demokratischen Rechtsstaat des Grundgesetzes von wertsetzender Bedeutung.345 Informationsrichtigkeit ist demgegenüber lediglich Zielwert, wie schon die Herleitung aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zeigt.346 Absolute Informationsrichtigkeit kann nicht gewährleistet werden,347 selbst bei erneuter inhaltlicher Prüfung.

341 Zu den Amtspflichten im Vorfeld und für das Informationshandeln Tremml/Luber, NJW 2005, 1745, 1746 (dort auch zur Schwierigkeit der Verschuldensfeststellung); Tremml/Nolte, NJW 1997, 2265, 2269. 342 Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 100. 343 Ebenso Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 720. 344 Vgl. auch den Gleichlauf der Bewertung des amtshaftungsrechtlichen Vertrauensschutzes bei Kümper, ZUR 2012, 395, 402 ff. bzgl. der individuellen („passiven“) und der öffentlichen („aktiven“) Zugänglichmachung der Informationen. Zum Umstand, dass sich die Gefahr der verstärkten Eingriffsintensität nicht realisieren muss VGH Mannheim, Beschl. v. 12.5.2011 – 9 S 1056/11, m. Anm. Seidl, jurisPR-ITR 17/2011, Anm. 3. 345 Zur besonderen Bedeutung des öffentlichen Informationsinteresses im Rahmen der Abwägung Kümper/Wittmann, NuR 2011, 840, 846. 346 Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 718. Der Grad, zu dem Informationsrichtigkeit ge­ währleistet wird, hängt maßgeblich vom Umfang der Sorgfaltspflicht der öffentlichen Stelle ab. 347 Zum Fehlen der öffentlichen Mittel, die zur Gewährleistung von Informationsrichtigkeit erforderlich sind, Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 721. Ebenso wie die Richtigkeit ist die Sicherheit ein relativer Begriff. Sie kann nicht absolut gewährleistet werden, vgl. Heckmann/ Maisch/Seidl, Adäquates Sicherheitsniveau bei der elektronischen Kommunikation, S. 63.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Abschließend ist anzumerken, dass sich das öffentliche Interesse sogar spezifisch auf objektiv unrichtige Informationen beziehen kann.348 Dies ist anzunehmen, wenn die objektiv unrichtige Information der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zugrunde gelegt wurde und das Ziel der Veröffentlichung (auch) die Kontrolle des Staatshandelns durch die Allgemeinheit ist. In diesem Fall ist die Vermutung der Informationsrichtigkeit, die sonst aus der staatlichen Autorität abgeleitet wird, in objektiver Hinsicht eingeschränkt, so dass die Eingriffswirkung gering ist.349 c) Ergebnis und Schlussfolgerung für das Staatshaftungsrecht Die Beschränkung der Richtigkeitsprüfung vor Veröffentlichung ist als verhältnismäßig anzusehen.350 Nur auf diese Weise kann angesichts der beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen der öffentlichen Hand Informationsöffentlichkeit hergestellt werden. Vor allem aber folgt die beschränkte Prüfpflicht aus den Grundgedanken der Informationsöffentlichkeit. Gesetzlich normierte Haftungsausschlüsse und -beschränkungen haben lediglich deklaratorischen Charakter. Weitergehende Sorgfaltspflichten vor Veröffentlichung sind dem Recht im Rahmen der Herstellung von Informationszugänglichkeit fremd. Die vorhandenen Informationen sind in der vorhandenen Form zu veröffentlichen. Nichts Gegenteiliges kann aus dem Umstand geschlossen werden, dass die Beschränkung der Richtigkeitsgewähr zu einer Beschränkung der Staatshaftung führt bzw. führen kann und eine derartige Beschränkung angesichts der institutionellen Gewährleistung des Staatshaftungsrechts nur ausnahmsweise und nur im Falle der sachlichen Begründung und der Verhältnismäßigkeit rechtmäßig ist.351 Grundsätzlich kann die Veröffentlichung unrichtiger Informationen den Tatbestand des Folgenbeseitigungsanspruchs [3. Teil, 2.  Kap. C. III. 1.  c)  aa)], der Amtshaftung, § 839 BGB i. V. m. Art.  34 GG [3. Teil, 2.  Kap. C. III. 1.  c)  bb)], sowie der Haftung im öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis [3. Teil, 2. Kap. C. III. 1. c) dd)] erfüllen.

348 Zur Relativität von Richtigkeit im Recht Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem, Offene Rechtswissenschaft, S. 35, 54 f., 71 ff. Zur Aktenwahrheit i.R.d. VIG Albers/Ortler, GewArch 2009, 225, 230. 349 Zur Erwartungshaltung der Rezipienten Albers/Ortler, GewArch 2009, 225, 230. Allgemein zur erhöhten Glaubwürdigkeit staatlicher Informationen Ossenbühl, NVwZ 2011, 1357, 1358. 350 Die Möglichkeit eingeschränkter Prüfpflichten für § 24  VwVfG bejahend Britz/Eifert/ Groß, DÖV 2007, 717, 719; Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 24 Rn. 11. 351 Grundlegend Reinert, in: BeckOK-BGB, § 839 Rn. 110; Papier, in: MüKo-BGB, § 839 Rn. 338.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

aa) Folgenbeseitigungsanspruch Der Folgenbeseitigungsanspruch wird durch die Beschränkung der Pflicht zur Prüfung der objektiven Richtigkeit nicht berührt. Denn er setzt in positiver Hinsicht neben einem hoheitlichen Eingriff352 in ein subjektives Recht lediglich einen fortdauernden rechtswidrigen Zustand voraus.353 Die Verletzung einer (Sorgfalts-) Pflicht ist demgegenüber ebenso wenig erforderlich wie schuldhaftes Handeln. Die Beseitigungspflicht besteht demnach unabhängig von der Pflicht zur (er­ neuten) Überprüfung der objektiven Richtigkeit.354 bb) Amtshaftungsanspruch, § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG Ein Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG ist bei unrichtigem Informationshandeln nur ausnahmsweise zu bejahen. Schon an der Einbeziehung der Empfänger unrichtiger Informationen in den Schutzzweck der Amtspflicht bestehen Zweifel.355 Denn die Richtigkeitsgewähr dient vorrangig der Verwirklichung des demokratischen Rechtsstaats, auch wenn die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG maßgeblicher Anknüpfungspunkt neben Art. 20 GG ist. Doch der einzelne Informationsempfänger ist lediglich „Repräsentant des öffentlichen Informationsinteresses“.356 Hinzu kommt, dass der Schutz von Vermögensinteressen keine im Interesse eines jeden Betroffenen bestehende Amtspflicht ist.357 Jedenfalls fehlt es aus den genannten Gründen an der Drittbezogenheit der Amtspflicht zur Richtigkeitsprüfung. Die Drittbezogenheit ist allgemeines Kriterium, das vom Grad der faktischen Betroffenheit unabhängig ist.358 Es bedarf 352 Ein hoheitlicher Eingriff liegt im Falle von Realakten vor, wenn das Tätigwerden dem öffentlichen Recht zuzurechnen ist, vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 309. Angesichts der Einordnung der Schaffung der Informationsöffentlichkeit durch öffentliche Stellen als Verwaltungstätigkeit ist dies bei der herkömmlichen Informationsöffentlichkeit anzunehmen. 353 Ahrens, Staatshaftungsrecht, S.  117; Papier, in: MüKo-BGB, § 839 Rn.  84; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 307 f., 313. 354 Über das Bestehen eines Folgenbeseitigungsanspruchs i.R.d. Informationshandelns entscheidet regelmäßig das Bestehen eines Rechts, das durch die unrichtige Information verletzt wird. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG kein Recht auf richtige Information enthält. Statt aller Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 100. 355 Das Kriterium des Schutzzwecks ist dem Deliktsrecht entnommen. Es dient der Abgrenzung der Risikosphären, Fellenberg, Die amtshaftungsrechtliche Vertrauenshaftung für fehlerhafte Genehmigungen und Auskünfte, S. 16; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 50 ff. 356 Kümper, ZUR 2012, 395, 402. Zur Ablehnung der Drittbezogenheit der Amtspflicht von öffentlichkeitsbezogenen Warnungen Tremml/Luber, NJW 2005, 1745, 1749. 357 Fellenberg, Die amtshaftungsrechtliche Vertrauenshaftung für fehlerhafte Genehmigungen und Auskünfte, S. 19. 358 Ausführlich gegen die Einordnung als drittbezogene Amtspflicht Kümper, ZUR 2012, 395, 401 f. Daher kommt es entgegen mancher Stimmen nicht auf die Breitenwirkung der Informa­

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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einer besonderen Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem betroffenen Dritten, die vom Schutzzweck der jeweiligen Amtspflicht erfasst wird.359 Nachteilige Auswirkungen allein genügen nicht. Weder führt die Schaffung von Informationsöffentlichkeit zu einer besonderen Nähe zwischen Informationsempfänger und öffentlicher Stelle, noch ist die Schaffung von Informationsöffentlichkeit primär Ausfluss einer individualbezogenen Pflicht. Informationsöffentlichkeit ist auf die Allgemeinheit bezogen, wie das Element der öffentlichen Zugänglichkeit zeigt. Dies gilt unabhängig von der Be­ jahung eines subjektiven Anspruchs auf Herstellung von Informationsöffentlichkeit. Denn auch bei Anerkennung als subjektives, grundrechtlich fundiertes Recht geht der Bezug zur Allgemeinheit nicht verloren, wie die dogmatische Figur des politischen Rechts bestätigt.360 Die Drittbezogenheit der Amtspflicht zum richtigen Informationshandeln ist daher in der Regel abzulehnen.361 Dementsprechend kommt es für die Existenz eines Anspruchs aus § 839 BGB i. V. m. Art.  34 GG grundsätzlich nicht auf die Existenz einer Amtspflicht zur Prüfung der objektiven Richtigkeit vor Veröffentlichung an. Zumindest aber ist die auf die subjektive Richtigkeit beschränkte Richtigkeitsprüfung als verhältnismäßig anzusehen. Denn sie ist Ausnahme. Zudem ist das Risiko einer unrichtigen Veröffentlichung trotz des Unterbleibens einer er­ neuten Richtigkeitsprüfung, wie dargestellt, gering.362 tionstätigkeit an. In diese Richtung aber Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 722. Ebd., S. 725, zu § 11 IFG: „Aus § 11 Abs. 3 IFG folgt die Amtspflicht, nur richtige Informationen zu veröffentlichen. Diese Amtspflicht ist auch drittgerichtet, weil eine amtliche Veröffentlichung […] eine erhebliche Grundrechtsrelevanz für Drittbetroffene haben kann, ähnlich wie im Fall der Warnungen.“ 359 Ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urt. v. 16.2.1995 – III ZR 106/93 – juris Rn. 10 – BGHZ 129, 23; BGH, Urt. v. 6.5.1993 – III ZR 2/92 – BGHZ 122, 317; BGH, Urt. v. 26.10.1989 – III ZR 147/8 – BGHZ 109, 165; BGH, Urt. v. 26.1.1989 – III ZR 194/87 – BGHZ 106, 323; BGH, Urt. v. 29.3.1971 – III ZR 110/68 – BGHZ 56, 40. Aus der Literatur Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 57 ff. Die Annahme der Drittbetroffenheit hängt unter anderem vom Schutzzweck der Amtspflicht ab, ebd. S. 59. Umgekehrt kommt es den allgemeinen deliktischen Grundsätzen entsprechend bei der Schutzzweckbestimmung neben der Bestimmung des personalen und sachlichen Anwendungsbereichs darauf an, ob die Pflicht Individualschutz bezweckt, vgl. statt aller Fellenberg, Die amtshaftungsrechtliche Vertrauenshaftung für fehlerhafte Genehmigungen und Auskünfte, S. 16. Ebd., S. 17, zu dem Umstand, dass die Rechtsprechung die Drittbezogenheit sowohl sachlich als auch personal voraussetzt. Ebenso Kümper, Risikoverteilung im Staatshaftungsrecht, S. 6. 360 Zum politischen Recht s. o., 2. Teil, 2. Kap. B. III. a. E. 361 Ebenso Kümper, ZUR 2012, 395, 401, der das Bestehen einer drittbezogenen Amtspflicht nur für den Fall des Amtsmissbrauchs, d. h. für das bewusste Veröffentlichen einer unrichtigen Information annimmt. Die Drittbezogenheit der Amtspflicht zur fehlerfreien Ermessens­ ausübung kann lediglich in Bezug auf die Güter Leben und Gesundheit zu einer Ermessensreduzierung auf Null führen, die ihrerseits drittschützend sein soll, vgl. Schieble, VuR 2007, 401, 408. 362 Zu den formellen Voraussetzungen eines Ausschlusses der Amtshaftung sogleich, 3. Teil, 2. Kap. C. III. 2. a).

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

cc) Exkurs: Amtshaftungsrechtlicher Vertrauensschutz Nichts anderes kann auf Grundlage der von der Rechtsprechung entwickelten Figur des amtshaftungsrechtlichen Vertrauensschutzes gelten.363 Entwickelt im Baurecht, schafft diese keine neuen Amtspflichten, sondern modifiziert die Bestimmung von Schutzzweck und Drittbezug dahingehend, dass die öf­ fentliche Stelle verpflichtet wird, keine ungesicherten Vertrauenstatbestände zu schaffen.364 Der amtshaftungsrechtlichen Vertrauenshaftung ist eine zweigliedrige Struktur immanent: Eine öffentliche Stelle schafft einen objektiven, drittschützenden Vertrauenstatbestand, der Grundlage einer Investition des Gegenübers ist.365 Die Voraussetzungen, die an den Vertrauenstatbestand zu stellen sind, sind dabei nicht letztverbindlich geklärt.366 Unumstritten ist jedoch, dass ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand nur angenommen werden kann, wenn und soweit das individuelle Vertrauen gerade aufgrund des Handelns einer staatlichen Stelle gesteigert ist.367 Zudem muss der Informationsempfänger von einem rechtlichen Einstandswillen der informationspflichtigen Stelle ausgehen dürfen.368 Angenommen wer-

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Kümper, ZUR 2012, 395, 402 f.; Kümper, Risikoverteilung im Staatshaftungsrecht, S. 12. Das Fehlen der individualschützenden Wirkung ist irrelevant. Grundsätzlich zur Figur der amtshaftungsrechtlichen Vertrauenshaftung Fellenberg, Die amtshaftungsrechtliche Vertrauenshaftung für fehlerhafte Genehmigungen und Auskünfte, S. 34 ff. Kritisch zur Berücksichtigungsfähigkeit des Vertrauensschutzes im Amtshaftungstatbestand Bömer, NVwZ 1996, 749, 753. 364 BGH, Urt.v. 16.1.1997 – III ZR 117/95 – BGHZ 134, 268. Aus der Literatur Ossenbühl, in: Stern/Grupp, Gedächtnisschrift für Joachim Burmeister, S.  289; Papier, in: MüKo-BGB, § 839 Rn. 245. Zur Modifizierung von Schutzzweck und Drittbezug Fellenberg, Die amtshaftungsrechtliche Vertrauenshaftung für fehlerhafte Genehmigungen und Auskünfte, S. 15. Die Rechtsprechung wurde erstmals im Baurecht entwickelt. Inzwischen ist sie auf sämtliche präventive Genehmigungstatbestände anwendbar. 365 Ossenbühl, in: Stern/Grupp, Gedächtnisschrift für Joachim Burmeister, S.  289, 293; Bömer, NVwZ 1996, 749, 750. 366 Kümper, Risikoverteilung im Staatshaftungsrecht, S.  10. Zu den überkommenen Legitimationsansätzen Fellenberg, Die amtshaftungsrechtliche Vertrauenshaftung für fehlerhafte Genehmigungen und Auskünfte, S. 35 ff. Insbesondere sind dies der Schutzzweck des Genehmigungsverfahrens, der Schutzzweck des Verwaltungsakts, ein Näheverhältnis zwischen Behörde und Betroffenem sowie die Annahme psychisch vermittelter Kausalität. Fellenberg (S.  47) bewertet sie alle jedoch als unzureichend. 367 Eine „höhere Richtigkeitserwartung“ gegenüber dem (aktiven) Informationshandeln des Staats im Vergleich zum Informationshandeln durch Verbraucher Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717, 722; Fellenberg, Die amtshaftungsrechtliche Vertrauenshaftung für fehlerhafte Genehmigungen und Auskünfte, S. 49 („Erklärungshaftung“). 368 Kümper, ZUR 2012, 395, 403 m.w.N: „Behördliche Auskünfte stellen daher regelmäßig nur dann eine amtshaftungsrechtliche ‚Verlässlichkeitsgrundlage‘ dar, wenn sie eine positive rechtliche Aussage enthalten, die sich als verbindliches und vorbehaltloses Ergebnis einer eigenständigen behördlichen Prüfung darstellt und in der ein Einstandswille zum Ausdruck kommt; nicht ausreichen kann hingegen eine bloße Beschreibung der Sachlage.“

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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den kann dies im Falle der Rechtsförmigkeit des Handelns,369 etwa bei der Baugenehmigung. 370 Demgegenüber genügt die Überprüfung der Richtigkeit der zu veröffentlichenden Daten und Informationen nicht. Erst recht gilt dies für die Schaffung von Informationsöffentlichkeit. Sie ist weder rechtsförmiger Vorgang noch ist ein anderweitiges Element der Richtigkeitsgewähr ersichtlich.371 Hinzu kommt, dass für die veröffentlichende Stelle weder der einzelne Informationsempfänger erkennbar ist, noch, dass die Informationsempfänger auf den Inhalt der Veröffentlichung vertrauen. Auch verfolgt die Schaffung von Informationsöffentlichkeit nicht den Zweck, Grundlage für Dispositionen eines jeden Informationsempfängers zu werden. Auf Grundlage der amtshaftungsrechtlichen Vertrauenshaftung kann ein Amtshaftungsanspruch für unrichtiges Informationshandeln damit in der Regel nicht begründet werden. dd) Öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis Auswirkungen hat der Ausschluss der Pflicht zur Prüfung der objektiven Richtigkeit vor Veröffentlichung jedoch im Rahmen der Staatshaftung im öffentlichrechtlichen Benutzungsverhältnis. Ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis kann durch die tatsächliche Inanspruchnahme einer öffentlich-rechtlichen Sache entstehen, sofern das Nutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist.372 Die Haftung im öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis ähnelt derjeni 369 Ossenbühl, in: Stern/Grupp, Gedächtnisschrift für Joachim Burmeister, S. 289, 298 spricht von einer überlegenen Stellung, die die informationspflichtige Behörde grundsätzlich inne­ haben muss, damit eine hinreichende Vertrauensgrundlage geschaffen wird, sog. Rechtsanwendungsrisiko. 370 Papier, in: MüKo-BGB, § 839 Rn. 245; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 65. Gleiches gilt für sonstige Genehmigungen, die Ausfluss eines Erlaubnisvorhehalts sind, sowie im Rahmen der Bauleitplanung. Instruktiv zur Bauleitplanung als Vertrauensgrundlage ist die Alt­ lasten-Rechtsprechung des BGH, vgl. nur BGH, Urt. v. 21.12.1989 – III ZR 118/88 – BGHZ 109, 380; BGH, Urt. v. 26.1.1989 – III ZR 194/87 – BGHZ 106, 323; insbesondere im Vergleich zu BGH, Urt. v. 28.6.1984 – III ZR 35/83 – BGHZ 92, 34; BGH, Urt. v. 24.6.1982 – III ZR 169/80 – BGHZ 84, 292, in denen der BGH die Bauleitplanung allein im öffentlichen In­teresse erfolgend erachtete. Umfassend auch Kümper, ZUR 2012, 395, 404. Besonders zu beachten ist, dass kein subjektiver Anspruch auf Bauleitplanung besteht. Voraussetzung des Vertrauensschutzes ist jedoch, dass die Bauleitplanung in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen der betroffenen Dritten Rücksicht genommen hat, vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 65 ff. 371 Ausnahmsweise soll das Informationshandeln öffentlicher Stellen jenseits eines rechtlichen Einstandswillens auch dann für die Annahme eines Schadensersatzanspruchs hinreichende Vertrauensgrundlage sein, wenn die öffentliche Stelle den Informationsempfänger „sehenden Auges in sein Unglück rennen lässt“ bzw. wenn die Informationen bewusst verfälscht werden, hierzu Kümper, ZUR 2012, 395, 403. Beide Fälle betreffen jedoch nicht die hier relevante Fallgruppe der Veröffentlichung von Informationen, die sich erst im Nachhinein als unrichtig herausstellen. 372 Statt aller Ahrens, Staatshaftungsrecht, S. 46. Zur gesetzlichen Vorgabe der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des Informationszugangs im GeoZG 2012 Martini/Damm, DVBl. 2013, 1, 6 f.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

gen in privatrechtlichen Schuldverhältnissen. In Anlehnung an § 280 BGB bedarf es auf Seiten des Tatbestands einer schuldhaften Pflichtverletzung und eines kausalen Schadens. Die Zulässigkeit von Haftungsausschlüssen und -beschränkungen im öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis beurteilt sich in Fortführung der zivilrechtlichen Dogmatik anhand einer analogen Prüfung der §§ 305 ff. BGB sowie in öffentlichrechtlicher Tradition auf Grundlage des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.373 Die Verhältnismäßigkeitserwägungen, die im Rahmen der Veröffentlichung angestellt wurden,374 können dabei auch auf Ebene des Rechtsschutzes herangezogen werden: Die sachliche Rechtfertigung findet die Beschränkung der Richtigkeitsprüfung in der demokratisch-rechtsstaatlichen Notwendigkeit, Informationsöffent­lichkeit herzustellen, was ohne die Beschränkung der Pflicht zur Richtigkeitsprüfung nicht möglich wäre. Hinsichtlich Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit ist die Gefahr als gering einzuschätzen, dass eine unrichtige Information veröffentlicht wird und dies durch eine erneute Richtigkeitsprüfung unterbunden werden könnte. Somit ist der Ausnahmecharakter der Haftungsbegrenzung gewahrt. Darüber hinaus ist die beschränkte Richtigkeitsprüfung an den inhaltlichen Vorgaben des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu messen. Gemäß § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB sind Haftungsausschlüsse unwirksam, die die Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit ausschließen oder begrenzen, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen (lit.  a), sowie der Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen (lit.  b).375 Auch eine Beschränkung der Sorgfaltspflichten kann das entsprechend anzuwendende Klauselverbot des § 309 Nr.  7 BGB erfüllen, sofern nicht eine entsprechende Klarstellung in den Nutzungsbestimmungen erfolgt. Allerdings gilt die Anordnung der Unwirksamkeit nur für Haftungsbegren­ zungen, die aktiv eine bestehende Pflicht ausschließen oder beschränken und damit die Haftung begrenzen. Sie findet keine Anwendung, falls schon keine Pflichten bestehen,376 etwa aufgrund der Rechtsnatur eines Vertrags oder wie hier qua Natur der Sache. Informationsöffentlichkeit ist ihrem Zweck und Ziel zufolge auf die Veröffentlichung der vorhandenen Informationen in der vorhandenen 373

Statt aller Ahrens, Staatshaftungsrecht, S. 48. s. o., 3. Teil, 2. Kap. C. III. 1. b). 375 Ein Ausschluss der Haftung für Vorsatz ist schon grundsätzlich nicht möglich, § 276 Abs. 3 BGB analog. 376 OLG Hamm, Urt. v. 13.12.1988 – 26 U 108/88. Aus der Literatur Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 309 Rn. 45; Joachim, NZM 2003, 387, 389. 374

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Form gerichtet. Eine Pflicht zur Prüfung der Übereinstimmung der vorhandenen Informationen mit der Wirklichkeit existiert schon dieser Zwecksetzung zufolge nicht. Eine ausdrückliche, gesetzliche Beschränkung der Prüfpflichten hat damit lediglich deklaratorischen Charakter. Ein Verstoß gegen § 309 Nr.  7 BGB ist zu verneinen. ee) Zusammenfassung Auch mit Blick auf den sekundären Rechtsschutz ist der Ausschluss der (erneuten) Richtigkeitsprüfung vor der Herstellung von Informationsöffentlichkeit als verfassungskonform anzusehen. 2. Haftungsbegrenzung Die Betrachtung der rechtlichen Zulässigkeit des partiellen Ausschlusses der Richtigkeitsprüfung legt es nahe, die generellen Möglichkeiten einer Haftungsbegrenzung, also eines Haftungsausschlusses oder einer Haftungsbeschränkung, zu betrachten. Die für die Herstellung von Informationsöffentlichkeit spezifische Haftung ist die Haftung für Rechtsverletzungen aufgrund subjektiv unrichtiger Information, wobei unter unrichtiger Information neben der fehlenden auch veraltete oder unvollständige Informationen zu fassen sind.377 Die Unrichtigkeit kann dabei auf staatlichem Handeln beruhen, etwa wenn die vorhandenen Informationen nicht korrekt eingestellt werden. Möglich ist aber auch eine Manipulation von außen. a) Geltung der allgemeinen Grundsätze Für die Begrenzung der Gewähr der Informationsrichtigkeit gelten die im Rahmen der Prüfung der Informationsrichtigkeit angedeuteten allgemeinen Grundsätze: Der Haftungsausschluss bzw. die Haftungsbeschränkung muss verhältnismäßig sein und angesichts der institutionellen Garantie der Staatshaftung durch Art. 34 GG die Ausnahme bleiben.378 Auf die Gebührenpflichtigkeit des Angebots kommt es bei der Beurteilung einer Haftungsbegrenzung hingegen nicht an. Denn ein allgemeiner Rechtsgrund 377 Die Prototypen der Datenlizenz Deutschland schließen die Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten und Inhalte sowie die dauerhafte Verfügbarkeit der Dienste aus, abrufbar unter https://www.govdata.de/lizenzen (Stand: 1.8.2013). 378 Papier, in: MüKo-BGB, § 839 Rn. 338. Für die Amtshaftung zudem Papier, in: Maunz/ Dürig, GG, Art.  34 Rn.  240. Kritisch zur Möglichkeit der Beschränkung der Staatshaftung­ Werner, ZLR 2008, 115, 117.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

satz, wonach kostenfreie bzw. unentgeltliche Tätigkeit Haftungserleichterungen mit sich bringt, existiert nicht.379 Eine stillschweigende Haftungsbegrenzung, wie sie im Einzelfall in vertraglichen Gefälligkeitsverhältnissen angenommen wird, kann im Staat-Bürger-Verhältnis schon aus Gründen der Rechtssicherheit sowie vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes, Art. 3 Abs. 1 GG, nicht angenommen werden. aa) Verhältnismäßigkeit Als sachliche Rechtfertigung der Haftungsbegrenzung kann – wie im Rahmen der beschränkten Richtigkeitsprüfung  – jedoch die Notwendigkeit der Herstellung von Informationsöffentlichkeit im demokratischen Rechtsstaat angesehen werden. Die Haftungsbegrenzung ist auch als geeignet anzusehen, zur Herstellung von Informationsöffentlichkeit beizutragen, da sie das Haftungsrisiko der öffentlichen Hand begrenzt. Hemmende Effekte und Unsicherheiten aufgrund einer etwaigen Haftung werden reduziert.380 Denn das Haftungsrisiko aufgrund unrichtiger Informationen, das für die öffentliche Hand andernfalls kaum kalkulierbar wäre, wird minimiert. Unkalkulierbar wäre das Haftungsrisiko dabei nicht aufgrund der ­massenhaft zu erwartenden Veröffentlichung objektiv unrichtiger Informationen. Doch sind die Verwendungszusammenhänge, in die die veröffentlichten Informationen gestellt werden, aufgrund ihrer Vielzahl und Vielfalt sowie angesichts der Möglichkeiten der Verknüpfung und der Gewinnung neuer Informationen nicht vorhersehbar, was eine Prognose des Haftungsrisikos nahezu unmöglich macht. Schließlich ist die Haftungsbegrenzung auch erforderlich, um die Gewährleistung von Informationsöffentlichkeit aus Sicht der öffentlichen Hand realisierbar zu machen. Ohne die Möglichkeit zur Haftungsbegrenzung stünde der demokratischrechtsstaatlichen Notwendigkeit zur Herstellung von Öffentlichkeit ein nicht kalkulierbares Haftungsrisiko gegenüber. Mildere Mittel, um diesen Widerspruch zu beseitigen, sind nicht ersichtlich. Die Beschränkung der Informationsrichtigkeit auf die Gewährleistung subjektiver Richtigkeit genügt nicht, um das Haftungsrisiko der öffentlichen Hand kalkulierbar zu machen. Denn das Staatshaftungsrecht ist weiter einschlägig, wenn auch in begrenztem Umfang.381 Schließlich ist auch die Angemessenheit der Haftungsbegrenzung zu bejahen. Erstens entbindet sie die öffentliche Stelle nicht von ihren Sorgfaltspflichten. Die 379 Im Kontext staatlicher Informationstätigkeit Martini/Damm, DVBl. 2013, 1, 8. Zur Möglichkeit eines stillschweigenden Haftungsausschlusses bei Unentgeltlichkeit Unberath, in: BeckOK-BGB, § 276 Rn. 51. 380 So auch Martini/Damm, DVBl. 2013, 1, 8. 381 s. o., 3. Teil, 2. Kap. C. III. 1. c).

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

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Pflicht zum richtigen Amtshandeln im Rahmen der Aufgabenerfüllung besteht fort. Daher kann meist in Übereinstimmung mit der Autorität staatlichen Handelns und der damit einhergehenden vermuteten Richtigkeit des Amtshandelns von der Richtigkeit der veröffentlichten Informationen ausgegangen werden. Zweitens wird der Anwendungsbereich der Staatshaftung für Informationshandeln durch den Ausschluss bzw. die Beschränkung der Richtigkeitsgewähr nicht substantiell beschränkt. Zwar werden Folgenbeseitigungsanspruch, Ansprüche aus Amtshaftung gemäß § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG sowie Ansprüche aus öffentlich-rechtlichem Schuldverhältnis umfassend ausgeschlossen bzw. eingeschränkt. Doch stehen den Empfängern unrichtiger Informationen diese Ansprüche schon nach den allgemeinen tatbestandlichen Voraussetzungen nur eingeschränkt zur Seite. Eine Drittwirkung der Amtspflicht und damit ein Amtshaftungsanspruch auf Grundlage von § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG ist regelmäßig zu verneinen.382 Die Haftungsbegrenzung ist damit nur in Ausnahmefällen kausal für das Nicht-­ Bestehen von Ansprüchen gegen die öffentliche Hand. Somit lässt sich die Verhältnismäßigkeit der Haftungsbegrenzung ebenso be­ jahen wie deren Ausnahmecharakter. Die Haftungsbegrenzung wirkt nur bereichsspezifisch, wobei die Informationsöffentlichkeit aufgrund der Menge der vorhandenen Informationen eine hinreichende inhaltliche Rechtfertigung bietet. bb) Grenzen Dennoch sind der Umsetzung der Haftungsbegrenzung in der Praxis Grenzen gezogen. So kann eine Haftung dem Rechtsgedanken des § 276 Abs. 3 BGB zufolge nicht ausgeschlossen werden, wenn die Rechtsverletzung vorsätzlich herbeigeführt wurde. Eine Begrenzung der Haftung für vorsätzliche Desinformation ist nicht möglich.383 Für den Amtshaftungsanspruch geht die Rechtsprechung darüber hinaus davon aus, dass Haftungsausschlüsse und -beschränkungen angesichts der nur grundsätzlichen Gewährleistung in Art. 34 GG zwar mit dem institutionellen Charakter der Staatshaftung vereinbar sind. Der Auffassung, wonach mangels ausdrücklichen Gesetzesvorbehalts in Art.  34 GG eine Haftungsbegrenzung nicht verfassungskonform sei, ist nicht zu folgen. Denn die Regelungskompetenz zur Normierung von Haftungsbegrenzungen folgt bereits aus dem Wesen der Gewährleistung der Staatshaftung als institutioneller Garantie.384

382

Hierzu s. o., 3. Teil, 2. Kap. C. III. 1. c) bb). Hierzu i.R.d. Informationshandelns Martini/Damm, DVBl. 2013, 1, 8. Allgemein für die Haftung im öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis Ahrens, Staatshaftungsrecht, S. 48. 384 Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 34 Rn. 237 ff. 383

292

3. Teil: Rechtliche Grundlegung

Jedoch ist die Normierung derartiger Ausschlüsse und Beschränkungen der Amtshaftung nach Überzeugung der Rechtsprechung und weiter Teile der Literatur dem Bundes- oder Landesgesetzgeber vorbehalten. Untergesetzliche Regelungen, etwa im Wege der Satzung oder gar der Widmung, können Begrenzungen der Ansprüche aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG nicht wirksam begründen.385 Denn organisationsrechtliche Kompetenzen sind nicht in der Lage, Grundrechtseingriffe zu rechtfertigen, wie sie die Begrenzung der Staatshaftung bewirkt.386 Eine Begrenzung der institutionellen Garantie des Art. 34 GG auf Grundlage von Organisationsrecht ist nicht möglich. Dies gilt – entgegen vereinzelter Stimmen in der Literatur –387 unabhängig davon, ob das haftungsbegründende Rechtsverhältnis auf Seiten des Bürgers freiwillig eingegangen wurde. Die Kompetenz zur Normierung von Haftungsbegrenzungen liegt vielmehr als Annex beim zuständigen Sachgesetzgeber.388 Anderes gilt für die Begrenzung der Haftung im öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis. Diese steht nicht unter dem Vorbehalt gesetzlicher Regelung. Eine Begrenzung der Gewähr der Informationsrichtigkeit auf untergesetzlicher Ebene, etwa kraft Satzung oder kraft Widmung, ist möglich.389 Allerdings sind Haftungsbegrenzungen im öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis neben der Verhältnismäßigkeit auch an §§ 305 ff. BGB analog zu messen. Eine Grenze findet die Haftungsbegrenzung demnach in den entsprechend anzuwendenden Vorgaben von § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB. Diese Grenze hat als absolut zu gelten, sofern entsprechende Sorgfaltspflichten der öffentlichen Hand bestehen.390 Eine Haftungsbegrenzung wäre unwirksam.391 b) Wirkung der Haftungsbegrenzung Die Haftungsbegrenzung wirkt umfassend. Ansprüche aus Amtshaftung sind, sofern die formellen und inhaltlichen Voraussetzungen gewahrt sind, ebenso als erfasst anzusehen wie die Haftung im öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis und der Folgenbeseitigungsanspruch. 385

Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 34 Rn. 236 ff., 242 f.; Papier, in: MüKo-BGB, § 839 Rn. 125 f.; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 96 ff. 386 Am Beispiel der Satzungsgewalt der Kommunen, die ebenfalls „im wesentlichen nur organisationsrechtliche Bedeutung“ haben soll, BGH, Urt. v. 17.5.1973 – III ZR 69/71 – juris Rn. 27 – BGHZ 61, 7. 387 Im Rahmen des Informationshandelns m. w. N. BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 204. 388 Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 34 Rn. 245. 389 Ahrens, Staatshaftungsrecht, S. 48; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 34 Rn. 243. Grundlegend aus der Rechtsprechung BGH, Urt. v. 17.5.1973 – III ZR 68/71 – BGHZ 61, 7. 390 Zur Nicht-Einschlägigkeit von § 309 Nr. 7 BGB im Falle des Nicht-Bestehens von Sorgfaltspflichten s. o., 3. Teil, 2. Kap. C. III. 1. c) dd). 391 Im Ergebnis ebenso Martini/Damm, DVBl. 2013, 1, 8 sowie BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 202 f. i.R.d. privatrechtlichen Ausgestaltung.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

293

aa) Fortgeltung der Sorgfaltspflichten Die Sorgfaltspflichten gelten jedoch unverändert fort. Selbstverständlich gilt dies für die Wahrung des erforderlichen Sorgfaltsniveaus im Rahmen der materiellen Aufgabenerfüllung, auf das die Herstellung von Informationsöffentlichkeit bezogen ist. Denn die Begrenzung der Haftung für die der Aufgabenwahrnehmung vorausgehende oder nachfolgende Herstellung der Informationsöffentlichkeit vermag nicht auf die eigentliche Erfüllung der Sachaufgaben vor- bzw. zurückzuwirken. Die Unabhängigkeit der bei der Aufgabenerfüllung anzuwendenden Sorgfalt von der Sorgfalt bei der Herstellung von Informationsöffentlichkeit folgt aus der zweistufigen Konstruktion beider Aufgaben. Aber auch für die bei der Veröffentlichung anzuwendende Sorgfalt der öffentlichen Hand ergeben sich keine Unterschiede. Es gelten die allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung der erforderlichen Sorgfalt bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben:392 Eine Pflicht zur Prüfung der Übereinstimmung der zu veröffentlichenden Informationen mit der Wirklichkeit besteht unabhängig von einer Haftungsbegrenzung nicht. Umgekehrt gilt vor allem die Pflicht zur Berichtigung unrichtiger Informationen393 sowie zum Hinweis auf etwaige Unsicherheiten394 über die Richtigkeit von Informationen fort. An den inhaltlichen Grenzen der Informationsöffentlichkeit, die aufgrund entgegenstehender berechtigter Interessen zu wahren sind, ändert die Haftungsbegrenzung ebenfalls nichts. bb) Schutz der IT- und Informationssicherheit Schließlich gelten auch die allgemeinen Sorgfaltspflichten zum Schutz vor Ge­ fahren von außen. Dies adressiert die Grundsätze der IT- und Informationssicherheit. Typischerweise werden die Verfügbarkeit, Unversehrtheit und Vertraulichkeit von Informationen in Anlehnung an § 2 Abs. 2 BSIG als Schutzziele der IT- und Informationssicherheit formuliert.395 Verfügbarkeit nimmt Bezug auf den „Schutz 392 Dementsprechend heißt es auch bei den Prototypen der Datenlizenz Deutschland, abrufbar unter https://www.govdata.de/lizenzen (Stand: 1.8.2013): „Der Bereitsteller stellt die Daten, Inhalte und Dienste mit der zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben erforderlichen Sorgfalt zur Verfügung.“ 393 Allgemein zur Richtigstellungspflicht Schoch, NJW 2012, 2844, 2848. Zur Löschung i.R.d. VIG Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), 20, 47. Als Ausdruck der Schadensminderungspflicht begreifen Tremml/Nolte, NJW 1997, 2265, 2272 die Pflicht zur Entwarnung. 394 Zur Zulässigkeit der Veröffentlichung unsicherer Informationen im Rahmen der Grenzen, die das BVerfG zieht Schoch, NJW 2012, 2844, 2848. Auch die Grundsätze zur Veröffentlichung unsicherer Informationen sind einfachgesetzlich normiert, vgl. nur § 6 Abs. 3 Satz 2 VIG. Hierzu statt aller Albers/Ortler, GewArch 2009, 225, 230. Allgemein zum Hinweis auf eine reduzierte Kontrolldichte bei der Einbeziehung privater Informationen Augsberg, DVBl. 2007, 733, 740. 395 Ebenso BSI (Hrsg.), Leitfaden Informationssicherheit, S.  14; Kappes, Netzwerk- und Datensicherheit, S. 2. Müller-Terpitz/Rauchhaus, MMR 2013, 10, 15 m. w. N. stellen auf die Gestaltungsziele „Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Authentizität“ ab.

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3. Teil: Rechtliche Grundlegung

vor In­formationsverlust, Informationsentzug, Informationsblockade und Informationszerstörung“396, wobei die Verfügbarkeit von Informationen die Verfügbarkeit des informationstechnischen Systems voraussetzt. Das Ziel der Vertraulichkeit ist auf den Schutz vor unbefugter Preisgabe von Informationen gerichtet, das Ziel der Integrität auf die Vollständigkeit und Unversehrtheit der veröffentlichten Informationen.397 Gerade in Hinblick auf die Schaffung von Informationsöffentlichkeit durch den Staat kann die Legaldefinition der Sicherheit in der Informationstechnik jedoch nicht als erschöpfend bezeichnet werden. So ist in Fortführung des Rechtsgedankens des § 5 Abs. 2 UrhG auch die Zurechenbarkeit an den Urheber und die Verbindlichkeit dieser Zurechnung an die verantwortliche Stelle zu fordern. Dementsprechend überzeugt es, ein weites Verständnis von IT- und Informationssicherheit zugrunde zu legen und mit Heckmann IT-Sicherheit erst als gewähr­leistet anzusehen, „wenn die in einem informationstechnischen System hinterlegten Informationen verfügbar sind, und zwar einschränkend immer dann, wenn dies erforderlich (und vereinbart) ist [Zugänglichkeit] für jeden Nutzer, der hierzu berechtigt ist und dies ggf. nachweist [Vertraulichkeit] mit genau dem Inhalt, den ihr Urheber geschaffen hat [Integrität], wobei die Informationen jedem Urheber in dem Maße zurechenbar sein müssen, in dem der Zweck der Informationsverarbeitung diese Zurechnung fordert [Verbindlichkeit].“398

Diese zum Schutzziel der Verbindlichkeit und Authentizität zusammengefassten Elemente der Zu­rechenbarkeit und Verantwortlichkeit des Urhebers stellen sicher, dass der Wert, der den Informationen staatlicher Stellen aufgrund ihrer Autorität zukommt, im Rahmen der öffentlichen Zugänglichmachung und ihrer Weiter­ verwendung nicht verloren geht.399 Die Ziele der IT-Sicherheit sind umfassend und damit auch im Rahmen der Herstellung von Informationsöffentlichkeit zu gewährleisten. Es kommt nicht darauf an, ob es sich um personenbezogene Daten handelt. Diese evozieren vor dem Hintergrund des Schutzes der informationellen Selbstbestimmung zwar besondere Schutzpflichten des Staats.400 Auf Grundlage des aus Art.  2 Abs.  1 i. V. m. 396

Heckmann, MMR 2006, 280, 281. BSI (Hrsg.), Leitfaden Informationssicherheit, S. 14; Heckmann, MMR 2006, 280, 281 f. 398 Grundlegend Heckmann, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 131, 133 f.; Heckmann, MMR 2006, 280, 281 f. Dies fortführend Heckmann, jurisPK-ITR, Kap. 5 Rn. 162. 399 Ebenso Heckmann, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 131, 134; Kappes, Netzwerk- und Datensicherheit, S. 2 f. (dort auch zum Verhältnis der Schutzziele Authentizität und Verbindlichkeit zueinander). 400 Grundlegend zur Datensicherheit BVerfG, Urt. v. 2.3.2010 – 1 BvR 256/08 u. a. – juris Rn. 221 ff. – BVerfGE 125, 260. Im einfachen Recht finden sich vor allem in § 9 BDSG und seiner Anlage Regelungen zur IT- und Informationssicherheit, daneben in TKG und TMG. Im Detail Heckmann/Maisch/Seidl, Adäquates Sicherheitsniveau bei der elektronischen Kommunikation, S.  37 ff. Umfassend zu Ob und Inhalt einer grundrechtlichen Schutzpflicht des Staats zur Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S. 129, 138 ff. Allgemein zu grundrechtlichen Schutzpflichten im Kontext der Informationssicherheit Heckmann/Maisch/Seidl, Adäquates Sicherheitsniveau bei der elektronischen Kommunikation, S. 35 ff. 397

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

295

Art.  1 Abs.  1 GG abgeleiteten Grundrechts auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme zeigte das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 2008 die Relevanz des IT- und Informationsschutzes für den Persönlichkeitsschutz auf, indem es informationstechnische Systeme in dessen Schutz einbezog, selbst wenn diese nur potenziell personenbezogene Daten enthalten.401 Dem „IT-Grundrecht“ lassen sich auf Grundlage der allgemeinen Grundrechtsdogmatik Schutzpflichten des Staats entnehmen, gerichtet auf die Gewährleistung von IT- und Informationssicherheit.402 Überhaupt leitet das Bundesverfassungsgericht die Notwendigkeit der dynamischen Anpassung des Rechtsschutzes an die technische Entwicklung primär aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ab.403 So konkretisierte es 2010 in der Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung die Vorgaben für Rechtsgrundlagen, die Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung enthalten. Demnach müssen normenklare und verbindliche Regelungen geschaffen werden, die ein der Grundrechtsrelevanz der Daten und Informationen entsprechendes Maß an Sicherheit festlegen. Dieses Sicherheitsniveau kann in Anlehnung an den Stand der Technik formuliert werden.404 Der besondere Schutz personenbezogener Daten schließt jedoch die Notwendigkeit eines umfassenden IT- und Informationsschutzes nicht aus, wie schon die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugunsten des Schutzes der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme zeigt, der über den unmittelbaren Personenbezug hinausgreift. Rechtsstaatliche Gründe erfordern ein hinreichendes Niveau an IT- und Informationssicherheit im Rahmen der Verwaltungstätigkeit staatlicher Stellen. Die Pflicht zur wahrheitsgetreuen und vollständigen Aktenführung lässt sich vor dem Hintergrund der Nutzung der Informa­ tionstechnologien dahingehend erweitern, dass organisatorische Maßnahmen die Sicherheit des informationstechnischen Systems in Gestalt von Integrität und Vertraulichkeit, von Verfügbarkeit und Authentizität gewährleisten müssen, um so eine ordnungsgemäße Aktenführung überhaupt erst zu ermöglichen.405 Dementsprechend kann die Orientierung am Stand der Technik als allgemeiner, auch jenseits des Schutzes personenbezogener Daten heranzuziehender Maßstab gelten, der auch für die Herstellung von Informationsöffentlichkeit Geltung bean 401

BVerfG, Urt. v. 27.2.2008 – 1 BvR 270/07 u. a. – juris Rn. 200 – BVerfGE 120, 274. Umfassend Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S. 129, 138 ff. 403 Heckmann/Maisch/Seidl, Adäquates Sicherheitsniveau bei der elektronischen Kommunikation, S. 29. 404 BVerfG, Urt. v. 2.3.2010 – 1 BvR 256/08 u. a. – juris Rn.  224 f. – BVerfGE 125, 260. Hierzu im Kontext des Entwurfs eines E-Government-Gesetzes aus dem Jahr 2012 Müller-Terpitz/Rauchhaus, MMR 2013, 10, 15. 405 Grundlegend zur Aktenführungspflicht BVerwG, Beschl. v. 16.3.1988 – 1 B 153/87. Zur Geltung der Grundsätze der Aktenführung bei IKT-Nutzung Müller-Terpitz/Rauchhaus, MMR 2013, 10, 15; Roßnagel, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 257, 320. 402

296

3. Teil: Rechtliche Grundlegung

sprucht.406 Ziel ist, in Übereinstimmung mit der allgemeinen Bestimmung der Sicherheit der Informationstechnik die Verfügbarkeit und Integrität in technischer Hinsicht sowie die Vertraulichkeit und Authentizität in normativer Hinsicht zu gewährleisten.407 Die Sicherheit kann dabei keine absolute sein. Vielmehr ist ein adäquates Sicherheitsniveau sicherzustellen.408 Konkrete Richtlinien, wie diese Ziele mithilfe des Stands der Technik erreicht werden können, finden sich mitunter in den Standards, die das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik definiert. Auf sie kann bei der Herstellung von Informationsöffentlichkeit zurückgegriffen werden.409 Durch einfachgesetz­ liche Konkretisierungen kann das Entschließungs- und Auswahlermessen bei der Erstellung der Standards reduziert und in Richtung der Anforderungen an die Schaffung von Informationsöffentlichkeit angepasst werden.410 IV. Zusammenfassung Die Einordnung der Herstellung von Informationsöffentlichkeit in das System staatlichen Informationshandelns sowie dessen Binnendifferenzierung liefert weitere Anhaltspunkte für die praktische Ausgestaltung der Informationsöffentlichkeit. Die Gewährleistung von Informationsöffentlichkeit ist Teil des staatlichen In­ formationshandelns. Dieses ist, wie jegliches staatliche Handeln, grundsätzlich der Normierung zugänglich und bedürftig. Das Normierungsbedürfnis gilt im Falle ausnahmsweiser Grundrechtsrelevanz der Informationsöffentlichkeit aufgrund des grundrechtlichen Gesetzesvorbehalts. Andernfalls ist es vor dem Hintergrund des Ziels, Rechtssicherheit zu schaffen, wünschenswert. Rechtssicherheit vermag auf Seiten des Staats die Etablierung von Informationsöffentlichkeit zu befördern. Auf Seiten der Nutzer tragen Nutzungsbestimmungen wesentlich zur Rechtssicherheit bei. Wird der Informationszugang öffentlich-rechtlich ausgestaltet, können die Nutzungsbestimmungen einseitig durch den Staat festgelegt werden. Eine 406 So sieht auch § 6 Satz 2 EGovG vor, dass die Grundsätze der ordnungsgemäßen Aktenführung „durch geeignete technisch-organisatorische Maßnahmen nach dem Stand der Technik sicherzustellen“ sind. Hierzu Müller-Terpitz/Rauchhaus, MMR 2013, 10, 15, wenn auch mit der Kritik, dass es an einer Normierung des konkret zu wahrenden Sicherheitsniveaus fehle. 407 Zur Unterscheidung zwischen normativer und technischer Dimension Heckmann, in: Hill/ Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 131, 134. 408 Heckmann/Maisch/Seidl, Adäquates Sicherheitsniveau bei der elektronischen Kommunikation, S. 63 f. zur Relativität des Sicherheitsbegriffs. 409 So im Kontext des Entwurfs des EGovG Müller-Terpitz/Rauchhaus, MMR 2013, 10, 15. Allgemein Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S. 129, 150 ff.; Kappes, Netzwerk- und Datensicherheit, S. 320. 410 Zur einfachgesetzlichen Konkretisierung der Ermessensentscheidungen des BSI Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S. 129, 153.

2. Kap.: Rechtliche Definition und Systematisierung

297

Normierung von Haftungsbeschränkungen und -ausschlüssen ist möglich, wenn auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Grenzen des Staatshaftungsrechts. Dies bedeutet, dass eine Begrenzung der Ansprüche aus Amtshaftung aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Eine Einschränkung des Instituts der Amtshaftung auf untergesetzlicher Ebene ist nicht möglich. In materieller Hinsicht sind der Begrenzung der Haftung zumindest Grenzen zu ziehen, sofern die Haftung für Schäden an Leben, Körper und Gesundheit durch fahrlässige Pflichtverletzung des Staats sowie für vorsätzliches und grob fahrlässiges Handeln in Rede steht. Von besonderer praktischer Relevanz ist der Ausschluss bzw. die Beschränkung der Gewähr der Informationsrichtigkeit. Die Sorgfaltspflichten der staatlichen Stellen werden durch eine etwaige Haftungsbegrenzung nicht beschränkt. So ist die Übereinstimmung der veröffentlichten mit den vorhandenen Informationen sicherzustellen. Unrichtige Informationen sind zu berichtigen. Auf Unsicherheiten ist hinzuweisen. Und auch IT- und Informationssicherheit ist zu gewährleisten. Die zu beachtenden Sorgfaltspflichten enden erst, wenn die Überprüfung der Übereinstimmung der veröffentlichten Informationen mit der Wirklichkeit in Rede steht. Eine derartige Prüfung ist nicht von Zweck und Ziel der Informationsöffentlichkeit erfasst. Informationsöffentlichkeit verfolgt das Ziel der Veröffentlichung der vorhan­ denen Informationen in der vorhandenen Form. Die Informationstätigkeit dient nicht unmittelbar der materiellen Aufgabenerfüllung, sondern ist dieser vor- bzw. nachgelagert. Als solche kann die Schaffung von Informations­öffentlichkeit als Annex zur materiellen Aufgabenwahrnehmung gelten, die Kompetenz hierzu als Annexkompetenz bzw. -befugnis konstruiert werden. Damit liegt die Verfügungsbefugnis grundsätzlich bei der für die materielle Aufgabenwahrnehmung zuständigen Stelle.

4. Teil

Verfassungsrechtliche Verankerung 1. Kapitel

Recht und Realität Die Schaffung von Informationsöffentlichkeit, also die öffentliche Zugänglichmachung von Daten und ihren Produkten, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen dienen, mit der technischen und rechtlichen Möglichkeit der Weiterverwendung, ist politische Forderung. Die Forderung allein mag eine Anpassung des Rechts nicht zu begründen, auch wenn die Rechtssetzung dem Wandel der Wirklichkeit Rechnung tragen kann.1 Aber die Forderung nach Informationsöffentlichkeit ist mehr. Sie spiegelt auch den Wandel der Beziehung von Staat und Bürger und der internationalen Entwicklung wider. Ob angesichts dieser tatsächlichen Entwicklung ein Wandel der Auslegung und Anwendung des Rechts geboten ist, ist im Folgenden zu untersuchen. Dazu ist vorab zu klären, ob eine Anpassung des Rechts möglich ist.

A. Anpassungsfähigkeit des Rechts Ubiquität, Vernetzung und Immaterialisierung als technische Grundfunktiona­ litäten des Internet wirken auf die Gesellschaft und angesichts der Interdependenz von Staat und Gesellschaft auf den Staat und das Staat-Bürger-Verhältnis zurück. Schon dies fordert das Recht heraus, will es dem neuen Verhältnis gerecht werden. Zudem stehen Ubiquität, Vernetzung und Immaterialisierung nicht in Einklang mit den überkommenen Funktionsbedingungen des Rechts, allen voran mit der Gewährleistung von Stabilität in zeitlicher Hinsicht. Dennoch kann das Recht dem tatsächlichen Wandel im Wege der Rechtssetzung Rechnung tragen.2 In Maßen ist eine Beschleunigung der Rechtssetzung ebenso möglich wie eine supra- und internatio­nale Zusammenarbeit, die Gestaltung des Immateriellen und die Gewährleistung von technologiegestütztem Rechtsgüterschutz bzw. technologiegestützter Rechtsdurchsetzung.

1

Ausführlich s. o., 2. Teil, 2. Kap. Im Einzelnen s. o., 2. Teil, 3. Kap. C.

2

1. Kap.: Recht und Realität

299

Die Frage, ob eine Anpassung des Rechts auch im Wege der Auslegung und Fort­bildung des vorhandenen Rechts möglich ist, ist damit nicht beantwortet. Von besonderer Bedeutung ist die Antwort für das Grundgesetz.3 Es ist auf Dauer an­ gelegt, vor Änderungen durch die Ewigkeitsklausel des Art. 79 Abs. 3 GG sowie durch die strengen Mehrheitserfordernisse des Art. 79 Abs. 2 GG geschützt. Zudem ist es knapp und entwicklungsoffen formuliert, so dass gerade das Verfassungsrecht vorrangig durch Auslegung statt durch Anpassung des Gesetzestexts an den tatsächlichen Wandel anzupassen ist.4 Teilweise ist der Text des Grundgesetzes sogar als derart knapp anzusehen, dass eine Interpretation des Wortlauts am Maßstab der Wirklichkeit als verständnisnotwendig erscheint.5 Ausdruck der besonderen Bedeutung der Interpretation des Verfassungsrechts ist denn auch die grundlegende Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Auslegung, also die Frage, ob der Willen des Gesetzgebers oder der des Gesetzes zu priorisieren ist, wobei letzteres schon angesichts der Bedeutung des Wortlauts im Kanon der Auslegungsmethoden zu favorisieren ist.6

3 Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 62 bezeichnet das Grundgesetz als „Referenzrahmen“. In diesem Sinne auch Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 55; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 167 m. w. N.; Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S.  166; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 152 ff. 4 Ebenso Heckmann, Geltungskraft und Geltungsverlust von Rechtsnormen, S.  461. Allgemein zur Herleitung der gegenwarts- und realitätsbezogenen Auslegung des Rechts aus dessen jederzeitigen Änderbarkeit Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 24 f. Zur Begründung der „kontinuierlichen Rechtsfortbildung“ gerade des Verfassungsrechts Ehmke, in: VVDStRL, Bd. 20 (1963), S. 53, 62, 65. Ebd., S. 68, die These, dass „nur in der Rechtsfortbildung […] die freiheitlich-demokratische Grundordnung bewahrt werden“ kann. Allgemein zur Konkretisierungsbedürftigkeit Pieroth, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S. 195, 198, insbesondere der Staatsstrukturprinzipien Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 82. 5 Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 648 zur Kontextabhängigkeit des Rechts, dem sog. „law in context“. Für das Grundgesetz Ehmke, in: VVDStRL, Bd. 20 (1963), S. 53, 65, dort auch zur Dynamik der Realität im Verfassungsrecht. Aulehner, Grundrechte und Gesetzgebung, S.  23 ff. betont die Zukunftsoffenheit der Grundrechte und entwickelt dafür die Theorie des reflexiven Rechts, dem ein „dynamisches, zeitlich instabiles, offenes Verständnis der Grundrechte“ (S. 29) zugrunde liegt. 6 Instruktiv Schneider, in: VVDStRL, Bd.  20 (1963), S.  1, 10 ff. Mit der Entscheidung zugunsten der objektiven Auslegung ist noch keine Aussage getroffen, ob auf Funktion und Zweck des Gesetzes zum Zeitpunkt des Entstehens oder zum Zeitpunkt der Anwendung abgestellt wird (ebd.). Zur Favorisierung der objektiven Methode durch die Rechtsprechung Röhl/ Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 630; Stein, in: AK-GG, Einleitung II Rn. 10, 36.

300

4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

I. Anpassung des Rechts an die Realität Die Auslegung des Rechts findet in Tradition Savignys auf Grundlage des Wortlauts, des historischen Willens, der systematischen Stellung der Norm und der Ermittlung ihres Zwecks statt.7 Dies gilt auch für das Verfassungsrecht, obwohl die Auslegungsregeln Savignys ursprünglich nicht für das öffentliche Recht konzipiert wurden. Die vier Auslegungsmethoden ergänzen sich gegenseitig. Aber sie stehen nicht gleichrangig nebeneinander. Vorrangiges Ziel der Auslegung ist die Ermittlung des Telos, des Zwecks der konkreten Norm.8 Dieser Vorrangstellung des Telos entsprechend kommt der sprachlichen, historischen und systematischen Auslegung dienende Funktion bei der Ermittlung des Zwecks zu.9 Die Verwirklichung des Normzwecks hängt faktisch wesentlich davon ab, ob die Norm tatsächlich wirksam ist. Nur bei ausreichender Geltungskraft kann das Recht im Allgemeinen wie eine Norm im Konkreten die jeweiligen Funktionen erfüllen.10 Dazu bedarf es ihrerseits der Berücksichtigung der realen Umstände. Denn das Recht dient in aller Allgemeinheit der Ordnung der Wirklichkeit und der Gewährleistung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden.11 Berücksichtigte das Recht als Instrument zur Ordnung der Realität die Realität und damit sein Objekt nicht, fielen Sein und Sollen auseinander. Das Recht verlöre seine Anerkennung und Akzeptanz, die Verfassung zudem ihre integrative Kraft.12 Dieses Ergebnis widerspräche nicht nur der Funktion des Rechts, sondern zudem dem Willen des Gesetzgebers wie des Gesetzes. Dies gilt unabhängig davon, ob man die Verwirk 7 Stein, in: AK-GG, Einleitung II Rn. 10. Auf Savigny zurück gehen sprachliche, historische und systematische Auslegung, wobei er zwischen der Systematik innerhalb des Gesetzes sowie innerhalb des Rechtssystems im Ganzen unterschied. Die teleologische Auslegung wurde von Savigny nicht gesondert benannt. 8 Grundlegend Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 22. 9 Am Beispiel der Demokratie Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 22 sowie allgemein ders., Einleitung II Rn. 11, 53. Demnach sind „sprachliche, historische und systematische Auslegung nichts anderes als Aspekte einer teleologischen Auslegung.“ 10 Stein, in: AK-GG, Einleitung II Rn.  30. Ebenso wohl Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 24 f., der „Gegenwart und Realität [als] Legitimitätsgrundlage und Bezugspunkt der Auslegung“ einordnet. 11 Grundlegend Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S.  195. Ebenso Heckmann, Geltungskraft und Geltungsverlust von Rechtsnormen, S. 34 f. Zur gegenwarts- und realitätsbezogenen Auslegung auch Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 24 f. 12 Schon Friedrich Carl von Savigny begründet die Geltung des Rechts mit der Anerkennungstheorie. Das Recht hat nur bei entsprechender (genereller) Anerkennung durch die ihm Unterworfenen verpflichtenden Charakter, vgl. hierzu sowie zu Modifikationen der Anerkennungstheorie Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 316 ff. Zum Geltungsverlust speziell für die Nichtberücksichtigung des technischen Wandels Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 91 Rn. 82 sowie allgemein zur Nicht-Berücksichtigung der gesellschaftlichen Realität Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 62. Die Integrationsfunktion der Verfassung geht wesentlich auf Rudolf Smend zurück. Er sieht die Herstellung von Konsens über die grundlegenden Verfassungswerte als notwendig zur Bildung einer staatlichen Gemeinschaft an. Hierzu Stein, in: AK-GG, Einleitung II Rn. 24 sowie primär Smend, Staatsrechtliche Abhandlungen und andere Aufsätze, S. 484 („Integration“).

1. Kap.: Recht und Realität

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lichung seiner Funktion als soziologischen Geltungsgrund des Rechts oder lediglich als Ziel des Rechts ansieht.13 Jedenfalls ist die teleologische Auslegung als primärer Ort zur Berücksichtigung des tatsächlichen Wandels anzusehen. Dies gilt angesichts der Dauerhaftigkeit der Verfassung wiederum in besonderem Maße für das Grundgesetz.14 Denn es entfaltet seine Wirkung in der Zeit.15 Mit dem Bundesverfassungsgericht ist davon auszugehen, dass es Ziel der Anwendung des Grundgesetzes ist, „gleichbleibende Wirksamkeit unter geänderten Umständen zu bewahren.“16 Der Wandel der Wirklichkeit ist im Wege der Auslegung, vor allem der teleologischen Auslegung, zu berücksichtigen. Aber auch auf die dienenden Auslegungsmethoden wirkt er zurück. So hat die soziale Wirklichkeit im Rahmen der sprachlichen Auslegung Berücksichtigung zu finden. Die historische Auslegung analysiert nicht nur die Entstehungs-, sondern auch die Anwendungsgeschichte einer Norm.17 Eine Gesamtschau des Kontexts – im Falle des Wandels der Beziehung zwischen Staat und Bürger also eine Gesamtschau des Grundgesetzes – kann als Ausfluss der systematischen Auslegung die Ermittlung des Zwecks einzelner Vorschriften erleichtern.18 Teils mag die Gesamtschau nur dazu dienen, Wertungswidersprüche zu vermeiden.19 Vielfach werden sich die Normen jedoch ergänzen und verstärken. 13

Instruktiv zur Wirksamkeit des Rechts als soziologischem (alternativ: faktischem bzw. sozialem) Geltungsgrund des Rechts sowie der Bezugnahme des Grundgesetzes hierauf Heckmann, Geltungskraft und Geltungsverlust von Rechtsnormen, S. 31 ff. Allgemein zu den Geltungsgründen des Rechts Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S.  311 ff. In der Praxis ist die fehlende „soziale Wirksamkeit“ des Rechts häufig ohne explizite Einordnung als Geltungsgrund wesentlicher Argumentationstopos, um die Notwendigkeit der Reaktion des Rechts zu begründen, vgl. statt aller Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 91 Rn. 37. 14 Aulehner, Grundrechte und Gesetzgebung, S. 426 erachtet dementsprechend die Grundgesetzinterpretation dann für „sachgerecht und verfassungsmäßig, wenn sie die Zukunftsoffenheit der Verfassung möglichst umfassend wahrt.“ 15 Für das Verfassungsrecht Schneider, in: VVDStRL, Bd. 20 (1963), S. 1, 50, wonach Verfassungsinterpretation angelegt ist „auf die Verwirklichung des realen, sich in Raum und Zeit entfaltenden Willens eines Verfassungsgebers“. Die „Wirkung des Rechts in der Zeit“ ebenso aufgreifend Heckmann, Geltungskraft und Geltungsverlust von Rechtsnormen, S. 459. Speziell für die Staatsstrukturprinzipien Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 82. 16 BVerfG, Urt. v. 30.6.2009 – 2 BvE 2/08 – BVerfGE 123, 267 – juris Rn. 267. Bestätigt in BVerfG, Beschl. v. 25.1.2011 – 1 BvR 918/10 – BVerfGE 128, 193 m. w. N. 17 Stein, in: AK-GG, Einleitung II Rn. 54 zur sprachlichen Auslegung, Rn. 63 zur Berücksichtigung der Anwendungsgeschichte i.R.d. historischen Auslegung. 18 Allgemein Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 623. Zur „Einheit der Verfassung“ als Ausdruck systematischer Auslegung Sachs, in: Sachs, GG, Einführung Rn. 50. Zum Argumentationstopos „Einheit der Verfassung“ in der Rechtsprechung des BVerfG Stein, in: AK-GG, Einleitung II Rn. 39. 19 Ausführlich zur Einheit der Rechtsordnung und deren Ableitung aus Rechtsstaatsprinzip und Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG, durch das BVerfG Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 451 f.; BVerfG, Urt. v. 7.5.1998 – 2 BvR 1991/95 u. a. – juris Rn. 57 ff. – BVerfGE 98, 106; BVerfG, Beschl. v. 15.7.1969 – 1 BvR 457/66 – juris Rn. 20 ff. – BVerfGE 26, 327. Explizit

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

So können die Grundrechte durch die Staatsstrukturentscheidungen des Grundgesetzes verstärkt werden.20 Schließlich sind die objektiven Gewährleistungen wenn nicht ausschließlich, so doch mitunter dazu bestimmt, den Schutzgehalt der Grundrechte zur Entfaltung zu bringen und zu gewährleisten. Die Möglichkeit der „Grundrechtsverstärkung durch Staatsstrukturprinzipien“ trägt damit der individualschützenden Wirkung der Grundrechte Rechnung. Zudem kann allein eine derartige Auslegung die „wertungsmäßige Folgerichtigkeit“21 des Rechts und die „innere Einheit“22 des Grundgesetzes gewährleisten. Gerade angesichts letzterer Erwägung ist die Verstärkung der Grundrechte durch objektives Verfassungsrecht nicht auf die Grundrechte beschränkt, die der politischen Teilhabe dienen.23 Auch die Freiheitsgrundrechte, die primär dem Einzelnen zu dienen bestimmt sind, sind vor dem Hintergrund des objektiven Fundaments der Verfassung zu interpretieren.24 Die als dienend bezeichneten Auslegungsmethoden sind in ihrer Bedeutung aber nicht auf ihre Relevanz bei der Ermittlung des Zwecks der jeweiligen Norm zu beschränken. Vielmehr sind sie auch relevante Grenze der Auslegung. Dies gilt in besonderem Maße für die Grenze des Wortlauts. Was dem Wortlaut einer Norm widerspricht, ist selbst dann, wenn der Normzweck erreicht wird, grundsätzlich nicht Ergebnis rechtskonformer Auslegung, sondern rechtswidrige Auslegung contra legem.25 zur Einheit des Verfassungsrechts Ehmke, in: VVDStRL, Bd. 20 (1963), S. 53, 77, jedoch unter Ablehnung einer systematischen oder wertungsmäßigen Geschlossenheit. 20 Zur Figur der Schutzbereichsverstärkung Aulehner, Grundrechte und Gesetzgebung, S. 397 ff., u. a. am Beispiel der Rechtsprechung des BVerfG, Urt. v. 15.1.2002 – 1 BvR 1783/99 – juris Rn.  32 – BVerfGE 104, 337 (Verstärkung der Berufs- durch die Religionsfreiheit); BVerfG, Urt. v. 15.12.1999 – 1 BvR 653/96 – juris Rn.  82 f. – BVerfGE 101, 361 (Verstärkung Persönlich­keitsschutz durch Art. 6 GG). Die Schutzbereichsverstärkung darf nicht in eine punktuelle ­Privilegierung umschlagen, deren Kehrseite die Diskriminierung der bloßen Ausübung als ­individualbezogenes Freiheitsrecht ist, vgl. Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1535. 21 Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 439, 443 m. w. N. 22 Statt aller BVerfG, Urt. v. 9.2.1982 – 1 BvR 845/70 – juris Rn. 70 – BVerfGE 59, 360; BVerfG, Urt. v. 5.4.1952 – 2 BvH 1/52 – juris Rn.  65 – BVerfGE 1, 208; BVerfG, Urt. v. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51 – juris Rn. 78 – BVerfGE 1, 14. 23 Zum politischen Teilhaberecht Kloepfer, Verfassungsrecht II, § 48 Rn. 29; Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 357 f. 24 Allgemein zur Verstärkung der Grundrechte durch objektives Verfassungsrecht Kloepfer, Verfassungsrecht II, § 48 Rn. 36; ebd., Rn. 54, zur individualschützenden Ausrichtung speziell der aus den Grundrechten abgeleiteten Einrichtungsgarantien. Zum umgekehrten Fall, der Einschränkung der Grundrechte durch die Staatsstrukturprinzipien, statt aller am Beispiel der funktionstüchtigen Strafrechtspflege BVerfG, Beschl. v. 19.6.1979 – 2 BvR 1060/78 – juris Rn. 66 – BVerfGE 51, 324. Kritisch zur Einschränkbarkeit der Grundrechte durch die Strukturprinzipien der Verfassung Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 663. 25 Statt aller Geserich, DStR-Beih 2011, 59, 60. Zur ausnahmsweisen Möglichkeit, sich über den Wortlaut hinwegzusetzen, in der Rechtsprechung des BVerfG Stein, in: AK-GG, Einleitung II Rn. 38. Danach ist eine Auslegung entgegen dem Wortlaut dann ausnahmsweise zulässig, „wenn andere Indizien deutlich belegten, daß ihr Sinn im Text unzureichend Ausdruck gefunden habe.“

1. Kap.: Recht und Realität

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Auch der Zweck einer Norm selbst ist als Ausfluss rechtsstaatlicher Grundsätze und der Gewaltenteilung Grenze der Auslegung. Relevant ist dies weniger für die allgemeine Auslegung denn für die Fortbildung des Rechts. Die Grundentscheidungen des Gesetzgebers beschränken die Möglichkeiten zur Rechtsfortbildung.26 In dem derart abgesteckten Rahmen ist der Wandel der Wirklichkeit bei der Auslegung und Fortbildung des Verfassungsrechts zu berücksichtigen. Die Verfassungsbestimmungen können aufgrund der Entwicklung des Gemeinwesens in der Informationstechnologiegesellschaft einen Bedeutungswandel erfahren.27 II. Anpassung des Rechts an die internationale Entwicklung Die Anwendung des Rechts im Sinne der Ermittlung seiner zweckbezogenen Bedeutung ist nicht auf die Mittel der sprachlichen, historischen, systematischen und teleologischen Auslegung beschränkt. Von wachsender Bedeutung ist ein Blick über die Grenzen des Anwendungsbereichs der jeweiligen Norm hinaus.28 1. Europarechtskonformität Die europarechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts trägt dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts Rechnung. Dem europäischen Recht ist bei der Anwendung des nationalen Rechts dem Gedanken des effet utile entsprechend bestmöglich zur Wirksamkeit zu verhelfen.29 Allerdings ist auch die europarechtskonforme Auslegung durch die eben aufgezeigten, allgemeingültigen Grenzen der Anwendung und Fortbildung des Rechts begrenzt. Dementsprechend setzt die europarechtskonforme – wie auch die verfassungskonforme –30 Auslegung mehrere Möglichkeiten der Interpretation eines Normtexts voraus. Eine Auslegung contra legem und damit eine Auslegung, die dem Gesetzeswortlaut als Ausdruck des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers widerspricht, ist nicht vom Spielraum zur europarechtskonformen Auslegung gedeckt. Der Wille

26 Ausdrücklich etwa BVerfG, Beschl. v. 25.1.2011 – 1 BvR 918/10 – juris Rn.  53. Allgemein Geserich, DStR-Beih 2011, 59, 60. 27 Hiervon geht auch das BVerfG aus, vgl. BVerfG, Urt. v. 1.7.1953 – 1 BvL 23/51 – juris Rn. 73 – BVerfGE 2, 380. Aus der Literatur zum Verfassungswandel Stein, in: AK-GG, Ein­ leitung II Rn. 91 f. 28 Teils wird der Blick über die Grenzen, insb. die europarechtskonforme Auslegung als Form der systematischen Auslegung angesehen, so Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 623. 29 Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EU, Art.  1 AEUV Rn.  77; Ruffert, in: Callies/ Ruffert, EUV/AEUV, Art. 1 AEUV Rn. 24. 30 Zur Ähnlichkeit von verfassungs- und europarechtskonformer Auslegung bei Anerkennung wesentlicher Unterschiede Thüsing, NJW 2003, 3441, 3442; Ress, DÖV 1994, 489, 491 ff.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

des Gesetzgebers darf nicht in sein Gegenteil verkehrt werden und das Gesetz muss weiterhin sinnvoll sein.31 Überschreitet die europarechtskonforme Interpretation eines nationalen Rechtstexts die Wortlautgrenze, ist die Grenze der Auslegung grundsätzlich überschritten. Angesichts der Weite des Wortlauts der Verfassung ist im vorliegenden Zusammenhang nicht zu erwarten, dass eine etwaige europarechtskonforme Auslegung die Wortlautgrenze des Grundgesetzes überschreitet. Daher wird dem von der Rechtsprechung zugrunde gelegten, heftig kritisierten Grundsatz der Auslegung des Rechts extra legem im Rahmen der Verfassung kaum Bedeutung zukommen.32 Ihm zufolge ist eine Interpretation des Rechts auch über die Wortlautgrenze hinaus zulässig, sofern sie dem klar erkennbaren Gesetzeszweck nicht widerspricht. Die Auslegung extra legem entfaltet ihre Bedeutung insbesondere bei der richt­ linienkonformen Auslegung des einfachen Rechts.33 2. Rechtsvergleichung Von der europarechtskonformen Auslegung ist die Rechtsvergleichung zu scheiden. Sie ist nach überzeugender Auffassung nicht als Auslegungsmethode im eigentlichen und allgemeinen Sinn zu verstehen.34 Sie ist Erkenntnisquelle. Der Gesetzgeber kann die internationale Rechtsentwicklung heranziehen, sei es zur Inspiration und Weiterentwicklung, zur Aktualisierung und Kontrolle oder zur Ver 31 BVerfG, Beschl. v. 27.11.1990 – 1 BvR 402/87 – juris Rn. 42 – BVerfGE 83, 130; BVerfG, Beschl. v. 11.6.1958 – 1 BvL 149/52 – LS 1 – BVerfGE 8, 28; BVerfG, Beschl. v. 7.5.1953 – 1 BvL 104/52 – juris Rn. 40 – BVerfGE 2, 266. Zur Anerkennung der Contra legem-Grenze bei der europarechtskonformen Interpretation EuGH, Urt. v. 4.7.2006 – C-212/04 – juris Rn. 110; EuGH, Urt. v. 16.6.2005 – C-105/03 – juris Rn. 47. Aus der Literatur Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 625; Thüsing, NJW 2003, 3441, 3442. Angesichts der Bindung an den Wortlaut des Gesetzes wird die europarechtskonforme Auslegung auch als „interpretatorische Vorrangregel“ bezeichnet, vgl. Lorenz, NJW 2006, 3202, 3203. 32 Ausgangspunkt zur Diskussion um die Auslegung extra legem ist eine Vorlagefrage des BGH, die eine dem Wortlaut zufolge nicht-auslegungsfähige Rechtsnorm betrifft, BGH, Beschl. v. 16.8.2006 – VIII ZR 200/05. Dem Vorgehen des BGH zustimmend Witt, NJW 2006, 3322, 3323, 3325. Den Wortlaut als unverbrüchliche Grenze der Auslegung ansehend Hummel, EuZW 2007, 268, 269, 271; Lorenz, NJW 2006, 3202, 3203. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 615 verweist jenseits der Vorlagefrage des EuGH auf den Umstand, dass Gerichte sich dann über den Wortlaut eines Gesetzes hinwegsetzen können, wenn sie dem „erkennbaren Willen des Gesetzgebers Rechnung tragen.“ Dass es sich nicht mehr um Auslegung, sondern um „Gesetzesinterpretation“ handelt, wird seit langem auch für die verfassungskonforme Interpretation kritisiert, vgl. Ress, DÖV 1994, 489, 491. 33 Ress, DÖV 1994, 489, 492. Bei der richtlinienkonformen Auslegung kann der Wille des Gesetzgebers zu europarechtskonformen Handeln zugrunde gelegt werden, vgl. Witt, NJW 2006, 3322, 3324. 34 Zur Einordnung der Rechtsvergleichung als Erkenntnisquelle, primär des Gesetzgebers Haase, JA 2005, 232, 233. Als „fünfte Auslegungsmethode“ wird die Rechtsvergleichung namentlich von Peter Häberle bezeichnet.

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einheitlichung des Rechts.35 Angesichts der Supra- und Internationalisierung als Ausdruck umfassender Vernetzung und Verflechtung gewinnt die Heran­ziehung von Erkenntnissen der Rechtsvergleichung für den nationalen Gesetzgeber an Bedeutung, auch im öffentlichen Recht.36 Verbindlichkeit erlangt die Rechtsvergleichung im Rahmen der Rechtsanwendung für die Auslegung supra- und internationalen Rechts.37 So sind die „gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten“ bei der Auslegung des Europarechts zu beachten, vgl. Art. 6 Abs. 3 EUV. Das Bundesverfassungsgericht hat bei der Feststellung allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts, Art.  25 GG, notwendigerweise rechtsvergleichend zu arbeiten.38 Im Rahmen der Auslegung des nationalen Verfassungsrechts stellen rechtsvergleichende Erkenntnisse hingegen Impulse dar, die bei der Auslegung Berücksichtigung finden. Die Rechtsvergleichung ist bei der Anwendung nationalen (Verfassungs-)Rechts zwar nicht notwendig, aber zweckmäßig.39 Je stärker der supra- oder internationale Bezug ist, desto größeres Gewicht entfalten rechtsvergleichende Argumente.40 Dementsprechend sind die Impulse des Europarechts, etwa in Gestalt unverbindlicher Programme und Initiativen, als Hintergrund der eigenen Auslegung heranzuziehen.41 35 Ausführlich zu den Funktionen der Rechtsvergleichung Cárdenas Paulsen, Über die Rechtsvergleichung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S.  14 ff.; Brand, JuS 2003, 1082, 1084 f. Im Kontext des Informationsrechts auch Nolte, DÖV 1999, 363, 365 f. 36 Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 626. Dort auch zur von der pluralistischen Rechtstheorie vertretenen Gegenansicht. Zur wachsenden Bedeutung der Rechtsvergleichung Wegener, Der geheime Staat, S. 393 ff., insbesondere im öffentlichen Recht Cárdenas Paulsen, Über die Rechtsvergleichung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 22 f. 37 Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 626. Rechtsvergleichende Überlegungen sind bei der Auslegung des Europarechts nicht nur vom Gerichtshof der Europäischen Union, sondern auch von den Gerichten der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen. Brand, JuS 2003, 1082, 1084 bezeichnet dies als „zum richterlichen Pflichtprogramm“ gehörig. 38 Cárdenas Paulsen, Über die Rechtsvergleichung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 91 ff. m. w. N. zur Unterscheidung zwischen notwendiger, freiwilliger und beliebiger Rechtsvergleichung. 39 Cárdenas Paulsen, Über die Rechtsvergleichung in der Rechtsprechung des Bundes­ verfassungsgerichts, S. 99. Bereits im Lüth-Urteil arbeitet das BVerfG angesichts des Bezugs der Grundrechte, konkret der Meinungsfreiheit zu den Menschenrechten in Ansätzen rechtsvergleichend, BVerfG, Urt. v. 15.1.1958 – 1 BvR 400/51 – juris Rn. 32 – BVerfGE 7, 198. Auch die Staatsstrukturprinzipien werden rechtsvergleichend konkretisiert, allen voran die Demokratie, vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 25.10.1951 – 1 BvR 24/51 – juris Rn. 11 – BVerfGE 1, 70. Weitere Nachweise bei Cárdenas Paulsen, Über die Rechtsvergleichung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 112 ff. 40 Cárdenas Paulsen, Über die Rechtsvergleichung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 153 ff., dort auch zu weiteren Rechtfertigungsgründen. Dies gilt insbesondere, sofern die Rechtsvergleichung auf supra- oder international anerkannte Werte wie die Menschen- bzw. Grundrechte rekurriert. 41 Cárdenas Paulsen, Über die Rechtsvergleichung in der Rechtsprechung des Bundes­ verfassungsgerichts, S. 15. Neben Unionsrecht ausdrücklich auf die EMRK verweisend Sachs, in: Sachs, GG, Einführung Rn. 44.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass die Berücksichtigung rechtsvergleichender Erkenntnisse umso unverbindlicher ist, je loser sich der Bezug zum Gemeinschaftsrecht darstellt.42 Umgekehrt ist eine Berücksichtigung wenn auch nicht rechtlich, so doch faktisch geboten, soweit eine (internatio­nale) Vereinheitlichung und Standardisierung notwendig ist,43 etwa im Falle der kraft Natur der Sache als ubiquitär und grenzüberschreitend einzustufenden Informations­technologie.44

B. Anpassungsnotwendigkeit in der Informationstechnologiegesellschaft Der tatsächliche Wandel kann einen Wandel des Rechts bedingen. Auf Ebene des Verfassungsrechts kann dieser Wandel nicht nur im Wege der Rechtssetzung, sondern auch im Wege der Auslegung und Fortbildung des Rechts Eingang in das Recht finden.45 Allerdings ist nicht jeglicher Wandel der Wirklichkeit fähig, einen Rechts- respektive Verfassungswandel zu begründen. Eine gewisse Dauerhaftigkeit und Verfestigung des Wandels ist zu fordern, damit die veränderten Umstände auf das Recht zurückwirken können. Andernfalls wäre der Wandel der Rechtsanwendung nicht hinreichend im Willen und in der Lebenswirklichkeit der Normunterworfenen verankert, so dass er rechtlich betrachtet nicht hinreichend legitimiert wäre.46 Zudem widerspräche eine Berücksichtigung kurzfristiger Schwankungen der stabilisierenden Funktion des Rechts. 42 Als „beliebige Rechtsvergleichung“ bezeichnet dies Cárdenas Paulsen, Über die Rechtsvergleichung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 104. Unabhängig von ihrer Einordnung als fünfte Auslegungsmethode wird sie vom Bundesverfassungsgericht praktiziert. Ebd., S. 147 ff., im Detail zu Zulässigkeit und Legitimität der Rechtsvergleichung bei der Rechtsanwendung. 43 Jenseits des Bezugs zur Informationstechnologie etwa BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – juris Rn. 279 – BVerfGE 118, 277. 44 Zum Zwang der Anpassung an transnationale und internationale Standards Würtenberger, in: Leipold/Würtenberger, Rechtsfragen des Internet und der Informationsgesellschaft, S.  3, 18. Gerade der einfache Gesetzgeber auf Bundes- wie Landesebene hat dies bereits erkannt. In den Gesetzesbegründungen wird ausdrücklich auf die europäische und internationale Entwicklung verwiesen, vgl. ausführlich oben, 2. Teil, 2. Kap. B. II. Allgemein Pieroth, in: Erbguth/ Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S. 195, 210. 45 Ebenso im Ergebnis Kloepfer, in: Appel/Hermes/Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S.  339, 342 f.; Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S.  48; Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S.  648 ff.; implizit Möllers, VerwArch 90 (1999), 187, 196; Schuppert, AöR 120 (1995), 32, 32 (mit Konnex zum Demokratieprinzip); Ehmke, in: VVDStRL, Bd. 20 (1963), S. 53, 100. Grundlegend zum Wirklichkeitsbezug des Rechts Heckmann, Geltungskraft und Geltungsverlust von Rechtsnormen, S. 34 f., 180. Zur Offenheit des Grundgesetzes pointiert Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S.  658: „Die Verfassung ist nun einmal, jedenfalls in ihrem Grundrechtsteil, mit ihren Prin­ zipien und Staatszielbestimmungen, kein begrifflich durchgebildetes Gesetz.“ Differenzierend Sachs, in: Sachs, GG, Einführung Rn. 47. 46 Grundlegend Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S.  197 f., 203 ff., 217 zur legitimitätsstiftenden Wirkung der Rechtsfortbildung, die sich am Zeitgeist orientiert. Ausführlich zur

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I. Konkrete Entwicklungslinien 1. Entwicklung des Staat-Bürger-Verhältnisses Von herausragender Bedeutung für die Interpretation der Verfassung ist die veränderte Beziehung zwischen Staat und Bürger in der Informationstechno­ logiegesellschaft anzusehen, da die Verfassung Grundnorm der Bestimmung des Verhältnisses zwischen Staat und Bürger bzw. Individuum ist.47 Die Informa­ tionstechnologiegesellschaft ist durch den sich gegenseitig verstärkenden Bedeutungszuwachs von Daten und Informationen sowie die technische Entwicklung gekennzeichnet. Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung als technische Grundfunktionalitäten des Internet wirken auf den Einzelnen als Teil der Gesellschaft, auf den Staat und damit auf die Beziehung zwischen beiden zurück. Dieses Verhältnis vernetzt sich zunehmend. Private werden in Gemeinwohlkonkretisierung und Aufgabenerfüllung einbezogen. Die bisher wahrzunehmende Interdependenz von Staat und Gesellschaft steigert sich in Richtung Vernetzung. Zudem gewinnen Informationen und deren Zugänglichkeit an Bedeutung. Der Staat ist angesichts der Komplexität der sich ausdifferenzierenden Realität zur Aufgabenerfüllung immer stärker auf private Informationen und privates Wissen angewiesen. Umgekehrt bedarf die Gesellschaft als Summe der Privaten der Informationen der öffentlichen Hand. Sie sind einerseits Grundlage der Beteiligung und damit der Realisierung des vernetzten Staat-Bürger-Verhältnisses, andererseits der individualnützigen Grundrechtsausübung.48 Schlagwortartig lässt sich die ausgemachte Entwicklung als Entwicklung in Richtung eines informalen und informatisierten Staats kennzeichnen. Der informale Staat adressiert dabei die Vernetzung von Staat und Privat. Mit ihr geht zwar nicht zwingend eine Informalisierung im Sinne einer Abkehr vom förmlichen Handeln der öffentlichen Hand einher. Jedoch bedingt die tatsächlich festzustellende Vernetzung ein Agieren auf Augenhöhe und damit vielfach die informale Interaktion. Sie ist durch Einvernehmlichkeit geprägt.49 Die Entwicklung der Beziehung zwischen Staat und Bürger in Richtung Informalisierung und Informatisierung ist derart eng mit der Entwicklung der InforBedeutung von Akzeptanz und Anerkennungswürdigkeit im Lichte des Demokratieprinzips des Grundgesetzes s. u., 4. Teil, 2. Kap. A. III. 2. Nicht mit gewandelten Anschauungen übereinstimmen muss das Gesetzesrecht, wenn es der Gesetzgeber zu Steuerungszwecken einsetzt, d. h. wenn er einen Bewusstseinswandel herbeiführen will. Dies ist jedoch keine Frage der Auslegung des Rechts. Allgemein zum Einsatz des Rechts als Steuerungsmittel Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 251 ff.; Heckmann, Geltungskraft und Geltungsverlust von Rechtsnormen, S. 180 f.; Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 222 f. 47 Zur Notwendigkeit der Reaktion auf das veränderte Staat-Bürger-Verhältnis Bumke, in: Hoffmann-Riem, Offene Rechtswissenschaft, S. 435, 442 f. 48 Umfassend s. o., 2. Teil, 3. Kap. D. III. 49 Morlok, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 37, 52.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

mationstechnologiegesellschaft verknüpft, dass die Möglichkeit zur Revision als­ Fiktion erscheint. Eine beliebige Änderung oder gar eine Rückkehr zu historischen Modellen der Relationierung, etwa dem obrigkeitlichen Denken oder dem liberalen Nachtwächterstaat, widerspräche dem Status Quo der Technik, die ihrerseits die Entwicklung des Gemeinwesens und das Verhältnis seiner Teilsysteme zu­ einander beeinflusst. Ebenso wenig wie ein technischer Rückschritt in die Zeit vor Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung denkbar ist, ist ein Zurück zur einseitigen staatlichen Steuerung. Obwohl die technologische Entwicklung das Staat-BürgerVerhältnis nicht einseitig determiniert, ist der kausale Konnex zwischen beiden zu eng, als dass sich das gewandelte Verhältnis von Staat und Privat von der zugrunde liegenden technischen und gesellschaftlichen Entwicklung lösen könnte. Die informale und informatisierte Staat-Bürger-Beziehung in der Informationstechnologiegesellschaft ist von Dauer. 2. Entwicklung der Rechtssetzung Die Rechtssetzung trägt der Entwicklung in Richtung informatisierter und informaler Beziehung zwischen Staat und Bürger bereits Rechnung. Auf die Auslegung der Verfassung hat die Tätigkeit des Gesetzgebers jedoch nur ausnahmsweise zwingenden Einfluss. Zum einen kann gesetzgeberische Aktivität dann zu einem Wandel der Verfassungsinterpretation führen, wenn europäische Vorgaben aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts nach Berücksichtigung bei der Auslegung des nationalen Rechts inklusive des Verfassungsrechts50 verlangen. Die bestehenden europäischen Vorgaben enthalten jedoch jenseits der PSI-Richtlinie keine zwingenden allgemeinen Normierungen in Hinblick auf die Schaffung von Informationsöffentlichkeit. Die primär- und sekundärrechtlichen Regelungen erschöpfen sich in Vorgaben, die allein für die Organe und Einrichtungen der Europäischen Union gelten, oder in bereichsspezifischen Einzelaussagen, denen die Verallgemeinerungsfähigkeit abzusprechen ist.51 Zum anderen kann der einfache Gesetzgeber die Vorgaben der Verfassung derart konkretisieren, dass dies bei der Auslegung der Verfassung zu berücksichtigen ist, solange und soweit die einfachgesetzliche Regelung verfassungskonform und in Kraft ist. So wirkt der Erlass des Informationsfreiheitsgesetzes auf die Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG zurück.52

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So EuGH, Urt. v. 17.12.1970 – C-11/70 – LS 1. So auch Pieroth, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S. 195, 209. 52 Hierzu ausführlich unten, 4. Teil, 5.  Kap. C. II. 2.  Exemplarisch zudem Schemmer, in: BeckOK-GG, Art.  5 Abs.  1,  2 Rn.  28; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 216 ff. 51

1. Kap.: Recht und Realität

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Jenseits dieser beiden Ausnahmen ist die nationale wie supra- bzw. internationale Entwicklung der Rechtssetzung lediglich als Erkenntnisquelle im Wege der Rechtsvergleichung zu berücksichtigen. Doch diese bestätigt angesichts der Öffnung des Staats das Bedürfnis, dem Wandel in Richtung Informalisierung und Informatisierung im Recht Rechnung zu tragen. Gleiches gilt für die Initiativen und Strategien der Europäischen Union. Ihre Bedeutung ist eine politische. Rechtlich gebotene Rückwirkungen auf die Interpretation der Verfassung lassen sich ihnen nicht entnehmen. 3. Politische Forderungen Lediglich klarstellend ist zu erwähnen, dass der politisch begründeten Forderung nach Open (Government) Data kein zwingender, bei der Verfassungsinterpretation zu berücksichtigender Gehalt zuzusprechen ist. Ausgangspunkt der Interpretation haben das Recht und der ihm zugrunde liegende Normbereich als Ausschnitt der Wirklichkeit zu sein. Politische Forderungen sowie interdisziplinäre Erkenntnisse können lediglich Lösungen anbieten, um dem Wandel gerecht zu werden.53 Dies gilt selbst für die Konkretisierung der Demokratie. Ausgangspunkt der Auslegung ist die Normierung des Demokratieprinzips durch die verfassungsgebende Gewalt. Eine Vorentscheidung zugunsten einer bestimmten Demokratietheorie lässt sich dem Wortlaut des Grundgesetzes nicht entnehmen. Die Interpretation des Demokratieprinzips im Sinne einer bestimmten Demokratietheorie ist demnach grundsätzlich nicht geboten. Es handelt sich um Modelle, die der einfache Gesetzgeber bei der näheren Ausgestaltung der Demokratie des Grundgesetzes berücksichtigen kann, aber von Verfassungs wegen nicht muss.54 II. Kristallisationspunkt: Öffentlichkeitsgrundsatz Ob und wenn ja, in welchem Umfang die Entwicklung in Richtung Informalisierung und Informatisierung des Staat-Bürger-Verhältnisses im Wege der Verfassungsinterpretation berücksichtigt werden kann und muss, verweist auf den Öffentlichkeitsgrundsatz des Grundgesetzes. Der Öffentlichkeitsgrundsatz ist weder ausdrücklich normiertes Prinzip noch ausdrücklich normierter Grundsatz.55 53

Zur Berücksichtigungsfähigkeit interdisziplinärer Erkenntnisse s. o., 2. Teil, 1. Kap. B. V. Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 10. Umfassend am Beispiel der Input-/Output-Legitimation Mehde, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 213. 55 Anerkennung als bloßes Prinzip wohl Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IV, § 91 Rn.  3, 71 (unter Anerkennung als rechtsstaatlichen Mindeststandard); Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  326; Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S.  35. Anerkennung einer objektiven Pflicht wohl Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S.  372 f. Anerkennung auch subjektiver Rechte Einzelner neben der objektiven Pflicht des Staats Wegener, Der geheime Staat, S. 480 ff. (in Zusammenschau mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG); Masing, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 377, 395 (unter Bezugnahme auf den status procuratoris). 54

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Noch lässt sich der Umfang der notwendigen Öffnung unabhängig von der konkreten Aufgabe und der handelnden Staatsgewalt bestimmen.56 Dennoch ist der Öffentlichkeitsgrundsatz anerkannt. Er ist Ergebnis einer Gesamtschau des Grundgesetzes. 1. Neue Öffentlichkeit im Staat-Bürger-Verhältnis Im Öffentlichkeitsgrundsatz spiegeln sich Informalisierung wie Informatisierung der Beziehung zwischen Staat und Privat wider. Die inhaltliche Ausweitung oder die dogmatische Verfestigung der Öffentlichkeit, verstanden als Oberbegriff von Transparenz und Publizität, können geboten sein, um der Informatisierung in der Informationstechnologiegesellschaft Rechnung zu tragen. Diese Öffentlichkeit ist ihrerseits Voraussetzung der Beteiligung der Allgemeinheit an der Aufgaben­ erfüllung durch die öffentliche Hand und damit der Informalisierung des StaatBürger-Verhältnisses. Die Open (Government) Data-Forderung ist damit nicht nur als außerrechtliches Konzept anzusehen, das den Bedürfnissen in der Informationstechnologiegesellschaft Rechnung trägt. Ihre Überführung in das juristische Konzept der Informationsöffentlichkeit ist auch Ansatzpunkt, um auf die Entwicklung der Beziehung zwischen Staat und Bürger mit den Mitteln und Instrumenten des Rechts zu reagieren. 2. Öffentlichkeit zwischen Staatsstrukturprinzipien und Grundrechten a) Verankerung des Öffentlichkeitsgrundsatzes im Grundgesetz Der Grundsatz der Öffentlichkeit wird überkommener- und überzeugenderweise aus einer Gesamtschau des Grundgesetzes abgeleitet. Als tragende Säulen können Demokratie und Rechtsstaat, unterstützt durch das Republikprinzip, sowie die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG angesehen werden.57 Diese Stützen sind Ausgangspunkt der Fundierung eines etwaigen Verfassungswandels in der Informationstechnologiegesellschaft, nicht der in einer Gesamtschau gewonnene Öffentlichkeitsgrundsatz.58 Letzteren zum Ausgangspunkt der Verfassungsinterpretation zu machen, widerspräche ebenso der Notwendigkeit, die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen bei der Verfassungsinterpretation 56 Zur Notwendigkeit der Berücksichtigung gewaltspezifischer Besonderheiten Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 24 ff. 57 Zum Öffentlichkeitsgrundsatz s. o., 3. Teil, 1. Kap. B. I. 58 Krebs, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. V, § 108 Rn.  86. Ebd., Rn.  87 f., auch zu dem Umstand, dass sich die Staatsstrukturprinzipien nicht in ihren Konkretisierungen erschöpfen („integratives Verständnis“).

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zugrunde zu legen, wie die einseitige Auslegung der Verfassung im Sinne einer Demokratietheorie. Die Bezugnahme auf den Öffentlichkeitsgrundsatz dient der sprachlichen Verkürzung sowie der Bezeichnung des Ergebnisses eines integralen Verständnisses der Öffentlichkeitsforderungen des Grundgesetzes. Er ist Ergebnis, nicht Ausgangspunkt der Interpretation. Seine Geltung ist für alle Staatsgewalt zu untersuchen. Gewaltspezifische Differenzierungen hinsichtlich Reichweite und Verpflichtungsgrad der Öffentlichkeit sind zwar beachtlich, wie schon die speziellen Öffentlichkeitsanordnungen zeigen, etwa in Art. 42 Abs. 1 Satz 1, Art. 52 Abs. 3 Satz 3 oder Art. 82 GG. Doch Ziel der Betrachtung ist ein gewaltübergreifendes Verständnis.59 Es kommt in der Bezugnahme auf die Öffentlichkeit als Grundsatz, nicht als konkrete, gewaltspezifische Regel zum Ausdruck. Der Verweis auf den Öffentlichkeitsgrundsatz hebt zudem die Bedeutung hervor, die der systematischen Auslegung in Gestalt einer Gesamtschau des Grundgesetzes und den daraus resultierenden Wechselwirkungen von Staatsstrukturprinzipien und Grundrechten bei der Ermittlung eines etwaigen Grundsatzes der Informationsöffentlichkeit zukommen. Gerade die Staatsstrukturprinzipien können die Freiheitsgrundrechte ergänzen und verstärken.60 Ein Rückgriff auf die demokratisch-funktionale Grundrechtstheorie ist dazu nicht erforderlich. Überhaupt ist eine vereinheitlichende Determinierung der Auslegung der Grundrechte im Sinne der ausschließlichen und unterschiedslosen Anwendung einer Grundrechtstheorie61 abzulehnen. Die Anwendung der demokratisch-funktionalen Theorie, des liberalen, des institutionellen oder des sozialstaatlichen Verständnisses der Grundrechte oder auch der Wertetheorie übersähe die gerechtigkeitsstiftende Funktion der Grundrechte, die sich nur mit Blick auf den Einzelfall verwirklichen lässt.

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Zur Notwendigkeit einer Öffnung auch jenseits spezifischer Öffentlichkeitsgebote, insb. jenseits der Legislative Pieroth, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S.  195, 197. Zur Notwendigkeit der einzelfallbezogenen, gewaltspezifischen Feststellung des Legitimationsniveaus Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 174. 60 Zur systematischen Auslegung s. o., 4. Teil, 1. Kap. A. I. Zur Verstärkung der Grundrechte durch objektives Verfassungsrecht Kloepfer, Verfassungsrecht II, § 48 Rn. 36. 61 Überblick über die spezifischen Verfassungstheorien zur Bestimmung der Reichweite der Grundrechte: demokratisch-funktionale Theorie, liberales, institutionelles, sozialstaatliches Verständnis sowie Wertetheorie Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, S. 48 ff.; Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 64 ff.; Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 659; grundlegend Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1530 ff. Zum Vorrang der Individualausrichtung der grundrechtlichen Gewährleistungen bei der Grundrechtsinterpretation Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 162 Rn. 5 ff. sowie unten, 4. Teil, 5. Kap. A. II. 2. 

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

aa) Im Detail: Demokratisch-funktionale Grundrechtstheorie Obwohl eine einseitige Determinierung der Interpretation des Grundgesetzes im Sinne einer Grundrechtstheorie schon aufgrund der unzulässigen Pauschalierung und Vereinheitlichung abzulehnen ist, soll der Fokus im Folgenden gesondert auf die demokratisch-funktionale Grundrechtstheorie gelegt werden, da das Verhältnis der Grundrechte zu den Staatsstrukturprinzipien, allen voran der auf Öffentlichkeit zielenden Demokratie von zentraler Bedeutung für die Bestimmung der Öffentlichkeit im Verhältnis zwischen Staat und Bürger ist. Der demokratisch-funktionalen Grundrechtstheorie zufolge sind die Grundrechte in ihrer Bedeutung für den demokratischen Rechtsstaat Ausgangspunkt der Verfassungsinterpretation. Sie sind dem Einzelnen im öffentlichen Interesse eingeräumt, insbesondere dem Interesse an der Konstituierung der Demokratie. Dementsprechend hängen Inhalt und Reichweite von der öffentlichen Funktion des jeweiligen Grundrechts ab.62 Im vorliegenden Zusammenhang würde die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG in den Dienst des demokratischen Rechtsstaats gestellt, soweit der Prozess demokratischer Meinungs- und Willensbildung ge­ stärkt wird. Selbst wenn auf dieser Grundlage die Schaffung von Informationsöffentlichkeit als geboten angesehen werden könnte, ist die demokratisch-funktionale Grundrechtstheorie nicht nur wegen der unzulässigen Pauschalisierung der Verfassungsnormen abzulehnen.63 Sie widerspräche bereits der abwehrrechtlichen, freiheitssichernden Zielsetzung der Grundrechte, die der Parlamentarische Rat in den Mittelpunkt stellte.64 Der Einzelne würde vom Träger von Rechten zum Adressaten von Pflichten. Er würde im Interesse der Demokratie instrumentalisiert. Zudem würde die funktionale Ausrichtung die Möglichkeit eröffnen, den Gewährleistungsgehalt der Grundrechte nahezu willkürlich zu bestimmen.65 Das Ob und Wie der Grundrechtsausübung bestimmte nicht der Einzelne, sondern eine Interpretation der Verfassung.

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Grundlegend Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1534 f. Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art.  1 Rn.  67; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S.  173 f.; Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1534 f., 1537 f. Implizit auch Schoch, JZ 2002, 798, 805. Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 49 begrenzt die Funktionalisierung insofern, als die „primäre Privatnützigkeit“ im Vordergrund bleiben muss. 64 Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 162 Rn. 5; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 173 f. m. w. N. Als „klassisch“ erachtet Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, S.  49 die liberale Grundrechtstheorie, bestätigt u. a. durch BVerfG, Urt. v. 15.1.1958 – 1 BvR 400/51 – LS 1 – BVerfGE 7, 198. 65 Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, S.  52; Ossenbühl, NJW 1976, 2100, 2103. 63

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bb) Ergebnis Die Ablehnung der demokratisch-funktionalen Grundrechtstheorie ändert nichts an der wechselseitigen Beeinflussung von Staatsstrukturprinzipien und Grundrechten als Ausfluss der systematischen Interpretation des Grundgesetzes.66 Die Grundrechte sind unbestritten Funktionsvoraussetzung des demokratischen Rechtsstaats.67 Auch wenn die Grundrechte dem Einzelnen primär privatnützig zugewiesen werden, ist ihre Bedeutung nicht hierauf beschränkt. Aus- und Rückwirkungen des Grundrechtsgebrauchs auf die Allgemeinheit werden ebenfalls vom Gewährleistungsgehalt der Grundrechte erfasst.68 Dies gilt in besonderem Maße für die Konstituierung der Demokratie durch freiheitlichen Grundrechtsgebrauch. Man mag sogar davon ausgehen, dass dem Grundgesetz die Erwartung zugrunde liegt, dass die demokratischen Freiheitsrechte zur Teilnahme am demokratischen Rechtsstaat genutzt werden.69 Diese Erwartung ist jedoch gerade keine Pflicht. Sie hat keine Auswirkungen auf die Bestimmung des grundrechtlichen Gewährleistungsgehalts. Gewährleis­tet ist die Grundrechtsausübung in freier Selbstbestimmung unabhängig von einer Ausübung zur Konstituierung des demokratischen Rechtsstaats. Die Grundrechte stehen nicht unter einem ungeschriebenen Gemeinwohl- oder Demokratievorbehalt.70 Denn es existieren speziell und insofern abschließend normierte Grundpflichten. Erst recht sind Grundrechte jenseits einer ausdrücklichen und ausnahmsweisen Festschreibung nicht als Grundpflichten zu lesen.71 Grundrechte verpflichten den Einzelnen nicht zur unmittelbaren Erfüllung öffentlicher Aufgaben.72 66 Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 67. Zur wahlweisen Heranziehung der Grundrechtstheorien durch das BVerfG Jestaedt, in: Lienbacher, Verfassungsinterpretation in Europa, S. 5, 26; Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, S. 54; Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1537. 67 Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IX, § 192 Rn.  17 („politische Freiheitsrechte“); Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 139. 68 Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1531. 69 Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 190 Rn. 204 f. zur Kategorie der Verfassungserwartung. Diese begründet gerade keine Rechtspflicht für den Grundrechtsberechtigten (ebd. Rn. 207). 70 Hofmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 195 Rn. 51. Ausdrücklich normiert sind Grundpflichten etwa in Art. 6 Abs. 2, Art. 12 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2, Art. 15 GG. Einige Landesverfassungen sehen weitere Grundpflichten vor, vgl. für Bayern den Zweiten Hauptteil, Art. 98 ff., insb. Art. 121 ff. BV (Übernahme von Ehrenämtern, Hilfeleistungspflicht, Steuerwesen). Vgl. hierzu auch Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 58 f. 71 Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, S. 52. Zur Kategorie der Grundpflichten Hofmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 195 Rn. 18 f.; Kloepfer, Verfassungsrecht II, § 53 Rn. 1 ff., Götz, in: VVDStRL, Bd. 41 (1983), S. 7, 12 ff. 72 Zum gemeinsamen Gehalt der Grundpflichten Götz, in: VVDStRL, Bd. 41 (1983), S. 7, 12 f., 37. Ebd., S. 37, auch zum Vorrang der grundrechtlichen Freiheit. Zwischen verfassungstheoretischem und verfassungsrechtlichem Verhältnis zwischen Recht und Pflicht unterscheidet Hofmann, in: VVDStRL, Bd. 41 (1983), S. 42, 69: Während verfassungsrechtlich Rechte und Pflichten gleichrangig sind, ist den Grundfreiheiten verfassungstheoretisch Vorrang vor den Grundpflichten einzuräumen.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Obwohl der demokratische Rechtsstaat auf die Beteiligung Privater funktionsnotwendig angewiesen ist, ermöglicht er eine derartige Mitwirkung lediglich. Grundrechte können dem demokratischen Rechtsstaat dienen, aber sie sind ihm nicht zu dienen bestimmt.73 Nichts anderes gilt aufgrund der Vernetzung von Staat und Gesellschaft in der Informationstechnologiegesellschaft. Selbst die Einbeziehung der Gesellschaft in Aufgabenerfüllung und Gemeinwohldefinition führt nicht zu einer Aufhebung der Unterscheidung zwischen Grundrechtsberechtigten und Grundrechtsverpflichteten. Die schlagwortartige Rede von der Verantwortungsteilung74 zwischen Staat und Gesellschaft bezieht sich auf die Wahrnehmung der Aufgabe, nicht auf die Innehabung der Verantwortung für ihre Erfüllung. Vielmehr ist das Zusammenwirken von Staat und Gesellschaft in der Informationstechnologiegesellschaft gerade von der Anerkennung und Wahrung der grundrechtlichen Freiheiten auf Seiten der Gesellschaft gekennzeichnet, auch der negativen Freiheitsdimensionen.75 Die Beteiligung Privater, d. h. Nicht-Grundrechtsverpflichteter am Staatshandeln lebt gerade von der Möglichkeit des Freiheitsgebrauchs.76 Eine Verkürzung des grundrechtlichen Gewährleistungsgehalts im Sinne einer demokratischen Funktiona­ lisierung lässt sich der Vernetzung nicht entnehmen. Nichts anderes fordert die europäische Integration. Zwar stellen gerade die bereichsspezifisch normierten Richtlinien die Öffentlichkeit in den Dienst des materiellen Rechts, so etwa das Umweltrecht. Der Einzelne als Teil  der Gesellschaft ist Mittel zur Durchsetzung des Rechts und der Kontrolle der öffentlichen Hand.77 Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Einzelne zum „Erfüllungsgehilfen“78 des Staats wird, der seine Freiheiten vorrangig in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen hätte. Der Einzelne wird gerade nicht verpflichtet, seine Freiheitsausübung wird gerade nicht von der Verfolgung eines Zwecks im öffentlichen Interesse abhängig gemacht. Auch vor dem Hintergrund der europäischen Entwicklung gilt, dass die Grundrechte dem demokratischen Rechtsstaat dienen, aber ihm nicht zu dienen bestimmt sind.79

73 In Art. 1 Abs. 1 des Entwurfs des Verfassungskonvents auf Herrenchiemsee hieß es: „Der Staat ist um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des Staates willen.“ 74 Zum Terminus Verantwortungsteilung und der Kritik s. o., 2. Teil, 3. Kap. D. I. 2.  75 Zum Zusammenhang von Indienstnahme Privater und Grundrechtseingriff Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 209, Fn. 257. 76 Herdegen, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 7, 9. 77 Im Kontext der inter- und supranationalen Gesetzgebung 2. Teil, 2. Kap. B. I. Instruktiv zudem Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 77. 78 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 174. 79 Gemäß Art. 51 Abs. 1 Satz 2 EGC erschöpfen sich auch die Funktionen der Unionsgrundrechte in der abwehr- und leistungsrechtlichen Dimension, Kingreen, in: Callies/Ruffert, EUV/ AEUV, Art.  51  EGC Rn.  19; Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen  Union, § 51 Rn. 47 ff.

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b) Exkurs: Ermöglichendes Potenzial des Internet Wie eingangs im Rahmen der Entwicklung der Informationstechnologiegesellschaft festgestellt, determiniert das Internet die Entwicklung von Staat und Gesellschaft nicht einseitig. Das Internet ist lediglich Instrument. Die Verwirklichung seines Potenzials hängt von weiteren Voraussetzungen ab.80 Obwohl das Internet als „Ort der Öffentlichkeit“81 bezeichnet wurde, kann das Internet lediglich Öffentlichkeit im Sinne des Grundgesetzes schaffen. Der Gebotenheit der Berücksichtigung des technologischen Wandels in den Rechtswissenschaften steht die fehlende einseitige Determinierung des Individuums, des Staats und mit ihm des Rechts sowie des Staat-Bürger-Verhältnisses durch das Internet nicht entgegen.82 Schon der durch das Internet ermöglichte, angestoßene und verstärkte Wandel des Realbereichs zeigt, dass das Potenzial des Internet nicht auf der Stufe der bloßen Möglichkeit verharrt, sondern reale Wirkungen zeitigt. Zudem entspricht das bloße Potenzial des Internet dem Inhalt der Freiheitsgewährleistung im demokratischen Rechtsstaat. Gerade die Freiheit, das Potenzial des Internet zu nutzen oder nicht zu nutzen, ist Ausdruck freiheitlicher Selbstbestimmung. Denn grundrechtliche Freiheit ist in ihrer negativen Dimension auch Freiheit zur Nicht-Ausübung grundrechtlicher Freiheit. Plakativ zeigt dies das grundrechtsgleiche Recht des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG. Es gibt dem Einzelnen das Recht, die Abgeordneten des Deutschen Bundestags zu wählen, verpflichtet ihn aber nicht hierzu.83 Auch eine Mindestwahlbeteiligung ist dem Grundgesetz fremd. Demokratie beruht nicht nur auf der Ausübung, sondern auch der NichtAusübung von Freiheit.84 Die Charakterisierung des Internet als bloß ermöglichender Faktor ist nicht nur mit dem demokratischen Rechtsstaat vereinbar. Ein auf grundrechtlicher Freiheit basierendes Gemeinwesen gebietet es sogar, dass das Internet Ort der Freiheit ist und bleibt. Die Freiheitsforderung nimmt dementsprechend Bezug auf das Recht des Einzelnen, das Internet als Ort der Öffentlichkeit des Staats wahrzunehmen und zu nutzen. Eine Grenze kann der Freiheit erst gezogen werden, wenn das 80 2. Teil, 3. Kap. A. I. 5. Aus der Rechtswissenschaft zum bloß ermöglichenden Potenzial zudem Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 231, 244 ff. 81 s. o., 2. Teil, 3. Kap. D. II. 2.  82 Dies im Kontext des allgemeinen Informationszugangsrechts andeutend Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 93. 83 Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 81a. 84 Allgemein Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art.  20 Rn.  106; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 16 ff. Die Angewiesenheit der Demokratie auf grundrechtliche Freiheit und Gleichheit gilt unabhängig davon, ob man der liberalen oder der republikanischen Demokratietheorie folgt, d. h. unabhängig davon, ob die Freiheit Voraussetzung der Demokratie ist oder die Demokratie Voraussetzung der Freiheit, vgl. bereits 2. Teil, 1. Kap. B. III. 1. a). Zur demokratischen Notwendigkeit der Gewährleistung von Freiheit und Gleichheit auch Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn. 11.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Internet instrumentalisiert wird  – eine Gefahr, die der Informations- und Kommunikationstechnologie in ihrer Gesamtheit aufgrund des weitreichenden Einflusses Privater immanent ist.85 Auch in Hinblick auf die Nutzung des Internet gilt: Die Grundrechte dienen der Demokratie, sind ihr aber nicht zu dienen bestimmt. 3. Bedeutung der Sozialstaatlichkeit Der Öffentlichkeitsgrundsatz des Grundgesetzes wurzelt in Demokratie und Rechtsstaat, ergänzt durch das Prinzip der Republik, sowie in den grundrechtlichen Freiheiten. Die Bedeutung des Sozialstaatsprinzips als Staatsziel tritt ebenso dahinter zurück wie die sozialstaatliche Auslegung der Grundrechte. Dies gilt trotz des Fokusses auf die Frage, ob sich der Idee der Informationsöffentlichkeit verfassungsunmittelbar eine staatliche Infrastrukturpflicht entnehmen lässt, die ihrerseits dem sozialstaatlichen Denken nahe steht. a) Bedeutung des Sozialstaatsprinzips Grundsätzlich kann das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG zur Fundierung staatlicher Infrastrukturverantwortung herangezogen werden. Teils werden ihm umfassende Aufgabenkataloge entnommen. Der Sozialstaat wird in Anschluss an die Lehre von Ernst Forsthoff und Lorenz von Stein als Verpflichtung des Staats zur umfassenden Daseinsvorsorge interpretiert.86 Die Pflicht des Staats beschränke sich nicht auf die Sicherung eines Minimums an sozialer Sicherheit und die Schaffung von Chancengleichheit im Sinne klassischer Sozialpolitik.87 Daseinsvorsorge umfasse vielmehr auch die Pflicht zur Förderung realer Freiheit.88 Obwohl das Sozialstaatsprinzip als Rechtsprinzip gleichberechtigt neben Demokratie-, Rechtsstaats- und Republikprinzip steht,89 ist die Heranziehung des 85

Hierzu Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 231, 247 sowie oben, 2. Teil, 3. Kap. A. I. 5.  86 Unruh, DÖV 2006, 779, 780. Zur Herleitung der Pflicht zur Daseinsvorsorge aus der „Leistungs-, Teilhabe- und Schutzpflichtdimension der Grundrechte  – vorrangig des Rechts auf Achtung und Gewährung des Existenzminimums“ Luch/Schulz, V&M 17 (2011), 104, 106. Zum Zusammenspiel von Daseinsvorsorge und Grundversorgung BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 100 ff.; Luch/Schulz, V&M 17 (2011), 104, 105. 87 Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 198 f.; Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VIII Rn. 14. Die inhaltliche Weite der Daseinsvorsorge zeigt die Definition bei Luch/ Schulz, V&M 17 (2011), 104, 105: „Daseinsvorsorge ist die Pflicht des Staates, eine angemessene, d. h. den jeweiligen zeitlichen und örtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten angepasste, Bedürfnisbefriedigung der Bürger zu garantieren.“ 88 Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 199.1. 89 Zur Interpretation des Sozialstaatsprinzips als Rechtssatz Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art.  20 Rn.  196; Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, VIII Rn.  2, 6; SchmidtAßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 85; Zacher, in: Isen-

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Sozial­staatsgebots in seiner weiten Auslegung bei der Fundierung der Informa­ tionsöffentlichkeit abzulehnen. Dem Grundgesetz liegt die Maxime zugrunde, keine unerfüllbaren Versprechungen zu verheißen und keine unerfüllbaren Verpflichtungen zu schaffen.90 Vielmehr ist es Aufgabe des einfachen Gesetzgebers, das Staatsziel Sozialstaat in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen des Realbereichs zu konkretisieren.91 Dem widerspräche es, unmittelbar aus dem Sozialstaatsprinzip konkrete Infrastrukturgewährleistungen abzuleiten. Dies gilt umso mehr, als das Sozialstaatsprinzip im Grundgesetz nicht näher ausgestaltet ist, anders als etwa Demokratie- oder Rechtsstaatsprinzip.92 Eine exzessive Auslegung, die die Sicherung realer Freiheit umfasst, ist angesichts der damit einhergehenden Aushöhlung der Gewaltenteilung abzulehnen.93 Das Sozialstaatsprinzip ist eng auszulegen. In der vorzugswürdigen restriktiven Interpretation der Sozialstaatlichkeit kann die Gewährleistung von (physischem wie sozialem)94 Existenzminimum sowie von sozialem Ausgleich95 als verbürgt angesehen werden. Damit geht das Sozialstaatssee/Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 28 Rn.  110. Allgemein zur Einordnung der grundrechtlichen Gewährleistungen als Rechtssätze, nicht bloße politische Aussagen Ehmke, in: VVDStRL, Bd. 20 (1963), S. 53, 87. 90 Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IX, § 192 Rn.  50; Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VIII Rn. 23; Rüfner, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 40 Rn. 2. 91 Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Konkretisierung des Sozialstaatsgebots ist selbst bei der Sicherung des physischen Existenzminimums anerkannt, vgl. BVerfG, Urt. v. 9.2.2010 – 1 BvL 1/09 – BVerfGE 125, 175. 92 Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VIII Rn. 5, 21; Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 39. Zur daraus folgenden fehlenden Justitiabilität Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 85. Auch die Befürworter der Daseinsvorsorge anerkennen die „Begriffsoffenheit“ der Daseinsvorsorge und die Möglichkeit, „öffentliche Aufgaben von Fall zu Fall und nach lokalen und regionalen Ge­ gebenheiten für notwendig zu halten“, vgl. Unruh, DÖV 2006, 779, 781. 93 M.w.N. zugunsten der restriktiven Auslegung Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, VIII Rn.  6, 24, ebd., Rn.  22, sowie Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  1 Abs.  3 Rn. 66 zur Gewaltenteilung. Ebenso Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 85; Zacher, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 28 Rn. 95. Teils wird die restriktive Auslegung des Sozialstaatsgebots auch mit der bewussten Entscheidung des Verfassungsgebers begründet, keine sozialen Grundrechte einzuführen. Primär geht es dabei um die Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Gewährleistung. Zur Entscheidung gegen soziale Grundrechte Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VIII Rn. 28; Rüfner, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 40 Rn. 2. Das politische Ermessen bei der Ausgestaltung der Daseinsvorsorge anerkennen auch Luch/Schulz, V&M 17 (2011), 104, 105. 94 Zur Unterscheidung zwischen physischem und sozialem Existenzminimum Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 203.2. Indem man das soziale Existenzminimum als abgesichert betrachtet, ist gewährleistet, dass die grundrechtlich zugesicherten Freiheiten nicht leer laufen. 95 Im Kontext des Informationsrechts ist die Herstellung sozialen Ausgleichs darauf gerichtet, die Zweiteilung der Gesellschaft in „Information Haves“ und „Information Have-Nots“ zu verhindern, so Kloepfer, Informationsrecht, § 4 Rn. 27.

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prinzip in seiner öffentlichkeitsspezifischen Wirkung nicht über die Gewährleistungsgehalte von Demokratie, Rechtsstaat, Republik und Informationsfreiheit hinaus.96 Denn anders als die genannten Gewährleistungen ist das Sozialstaatsprinzip nicht spezifisch auf Öffentlichkeit gerichtet.97 Dies gilt selbst dann, wenn man nach umstrittener Ansicht die Informationsvorsorge als Voraussetzung individueller Handlungsfreiheit dem sozialen Existenzminimum zurechnete.98 Selbst einem derartigen „kommunikativen Existenzminimum“ fehlte der spezifische Öffentlichkeitsbezug. Denn sein Inhalt wäre nicht vom Sozialstaat bestimmt, sondern von Demokratie, Rechtsstaat, Republik und Informationsfreiheit. Aus dem Sozialstaatsprinzip eigenständige, hiervon abweichende Forderungen abzuleiten, stünde in Widerspruch zum Vorrang der lex specialis. Zudem bliebe eine Verankerung der Informationsöffentlichkeit im Sozialstaatsprinzip auf Rechtsfolgenseite hinter den Anforderungen zurück, die der Wandel der Wirklichkeit an das Recht als zentrales Ordnungs- und Steuerungsmittel stellt. Denn dem Sozialstaatsprinzip ist ein Bestandsschutz in Bezug auf staatliche Leistungen und Einrichtungen fremd. Die Gewährleistung von Informationsöffentlichkeit wäre reversibel, da es jenseits der Grenzen des rechtsstaatlich begründeten Rückwirkungsverbots und der Grundrechte, mitunter der Menschenwürde und des Eigentumsschutzes, allein im Ermessen des Gesetzgebers läge, sozialstaatliche Leistungen abzubauen oder abzuschaffen.99 Demokratie-, Rechtsstaats- und Republikprinzip sowie die Informationsfreiheit sind damit vorrangig als Stütze der Informationsöffentlichkeit heranzuziehen.

96 So auch Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 39. Angesichts der Allgemeinheit der Aussage geht Zacher, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 28 Rn. 118 sogar darüber hinaus. Ihm zufolge „bestimmen Bundesstaat und Republik, vor allem aber Demokratie und Rechtsstaat die konkrete Gestalt des Sozialstaates. Sie bestimmen, mit welchem Inhalt das ‚Soziale‘ vom Gemeinwesen realisiert wird.“ 97 Im Ergebnis ebenso Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 39. Grundlegend zum Öffentlichkeitsbezug von Demokratie, Rechtsstaat und Republik s. o., 3. Teil, 1. Kap. B. I., sowie Gröschner, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 344, 351 ff. 98 Die Zuordnung der Informationsöffentlichkeit zum „sozio-kulturellen Minimum“ ablehnend BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 102. Das soziale Existenzminimum weit fassend, so dass auch die „kommunikative Grundversorgung“ erfasst ist Baer, Blätter für deutsche und internationale Politik 2011, 90, 96. 99 Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 190 Rn. 187; Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art.  20 Rn.  197.1. Das Sozialstaatsprinzip ist auf den „Vorbehalt des Möglichen“ reduziert, vgl. auch Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IX, § 192 Rn.  63. Allgemein Herzog/ Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VIII Rn. 22, 23 zum Vorrang der politischen Entscheidungsorgane bei der Entscheidung zur staatlichen Initiative.

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b) Bedeutung der sozialen Grundrechtstheorie Diese Wertung, wonach das Sozialstaatsprinzip einem umfassenden Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers unterliegt, so dass verfassungsunmittelbare Gewährleistungen eine Ausnahme darstellen, und wonach Demokratie, Rechtsstaat, Republik und die Grundrechte spezifisch auf Öffentlichkeit angelegt und damit primärer Ort der verfassungsrechtlichen Verankerung des Öffentlichkeitsgrundsatzes sind, darf nicht im Wege der Anwendung der sozialen Grundrechtstheorie umgangen werden.100 Die soziale Grundrechtstheorie fußt auf der Annahme, dass die grundrechtliche Freiheitsgewährleistung solange im Formalen verharrt, wie die sozialen Voraussetzungen zur realen Freiheitsverwirklichung nicht bestehen.101 Daher hat der Staat auch die realen Voraussetzungen der Ausübung grundrechtlicher Freiheit zu gewährleisten, zumal die Angewiesenheit der Gesellschaft auf die Schaffung der sozialen Voraussetzungen der Grundrechtsausübung stetig steigt.102 Die Grundrechte werden dementsprechend als originäre Leistungsrechte interpretiert, die nicht nur ein derivatives Recht auf Teilhabe an staatlichen Leistungen gewähren. Wie dargelegt, ist jede einseitige Determinierung der Grundrechtsinterpretation grundsätzlich abzulehnen.103 Gegen die soziale Grundrechtstheorie spricht zudem, dass die Grundentscheidung der verfassungsgebenden Gewalt gegen soziale Grundrechte umgangen würde.104 Wie im Rahmen des Sozialstaatsprinzips dargelegt, will das Grundgesetz nicht Unerfüllbares zur Grundnorm erheben. Zudem würde eine derart konkrete Auslegung der in weiten Teilen knapp und offen formulierten Grundrechte den Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers in einer Weise einschränken, die angesichts der Justiziabilität verfassungsunmittelbarer Rechte und Pflichten Gefahr liefe, in Widerspruch zur Gewaltenteilung des Grundgesetzes zu treten.105 100 So auch Hett, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, S.  222 ff. Zur sozialen Grundrechtstheorie statt aller Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 68; Böckenförde, NJW 1974, 1529. Die „soziale Idee“ ist im Grundgesetz nicht in den Grundrechten, sondern im Sozialstaatsprinzip verbürgt, so Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 192 Rn. 54. Eine Verortung des sozialen Gedankens über die einseitige soziale Auslegung der Grundrechte widerspräche dieser Grundsatzentscheidung. 101 Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, S. 52; Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1535. 102 Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1536. 103 Hierzu im Rahmen der demokratisch-funktionalen Grundrechtstheorie, 4. Teil, 1. Kap. B. II. 2. a) aa), sowie Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 66. 104 Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 192 Rn. 50 ff. Zum Vorrang der abwehrrechtlichen Funktion speziell im Kontext des Informationsrechts Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rn. 104; Pieroth, JuS 1981, 625, 628. 105 Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, S.  53; Herdegen, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 66; Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1536; die Reichweite des politischen Gestaltungsspielraums betonend Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 192

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Die einseitige sozialstaatliche Determinierung der Grundrechtsinterpretation ist selbst dann abzulehnen, wenn die Leistungsgewährleistung unter den Vorbehalt des Möglichen gestellt wird. Denn dies änderte nichts an der dogmatischen Einordnung der Grundrechte als Leistungsrechte. Zudem relativierte der Vorbehalt des Möglichen den Gewährleistungsgehalt der Grundrechte. Inhalt und Umfang der Grundrechtsverbürgungen wären weder effektiv noch rechtssicher vorhersehbar.106 Die Ablehnung des sozialstaatlichen Vorverständnisses der Grundrechtsauslegung schließt nicht aus, dass das Sozialstaatsprinzip im Rahmen der Auslegung ebenso Berücksichtigung findet wie Demokratie und Rechtsstaat.107 Um widersprüchliche Wertungen zu vermeiden, ist auch das Sozialstaatsprinzip bei der Auslegung und Fortbildung des Grundgesetzes als Ausfluss der systematischen Auslegung zu berücksichtigen.108 Denn der Gehalt der Grundrechte ist ausgehend von ihrer liberalen Ausrichtung im Einzelfall zu bestimmen, wobei der systematische Zusammenhang zu den Staatsstrukturprinzipien zu beachten ist. 4. Wirkstufen des Rechts Der Öffentlichkeitsgrundsatz wurzelt in den Staatsstrukturprinzipien und den Grundrechten. Sie alle sind mitunter verbindliche Verfassungsrechtssätze, nicht bloße programmatische Aufträge.109 Zur Bestimmung ihres rechtlichen Gehalts ist zwischen drei Wirkstufen zu unterscheiden: Erste Stufe ist die Ebene der Ideen. Sie erfasst die der jeweiligen Gewährleistung vorgelagerten Werte. Auf der zweiten Stufe der Prinzipien ist die Summe der (rechtlich normierten)110 typenprägenden Merkmale anzusiedeln, die der jeweiligen Strukturentscheidung zugrunde liegen. Prinzipien haben Grundsatzcharakter. Im Regelfall dienen sie der RealisieRn.  57. Zur Grenzenlosigkeit der Optimierungsmöglichkeiten der Ausübung realer Freiheit Zacher, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 28 Rn. 114. 106 Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, S. 53 f.; Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1536. Die Beschränkung auf ein abwehrrechtliches Verständnis ablehnend auch Ladeur, Der Staat 50 (2011), 493, 530, jedoch nicht unter Hinwendung zur objektiv-rechtlichen Dimension. 107 s. o., 4. Teil, 1. Kap. B. II. 3.  108 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap.  3 Rn.  86; Zacher, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 28 Rn. 121, 123 zum Sozialstaat als mitunter zu berücksichtigendem Auslegungsmoment. Die Gewährleistung des Sozialstaats ist dabei i. d. R. auf die objektive Dimension der Grundrechte beschränkt, vgl. Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1536, 1538. Zum Fortbestehen des Vorrangs der liberalen Auslegung, trotz Ergänzung durch den sozialstaatlich motivierten Gedanken der Schaffung der Voraussetzungen des Freiheitsgebrauchs Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, S. 57. 109 Am Beispiel des Demokratieprinzips Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 611. 110 Im Gegensatz zu Prinzipien und Werten, die konkreter normativer Anordnungen bedürfen, können Ideen auch außerhalb des Rechts bestehen. Insbesondere können sie als Ergebnis interdisziplinärer Erkenntnis in das Recht überführt werden. So zur Ebene der „Werte“ Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 289.

1. Kap.: Recht und Realität

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rung der Ideen.111 Prinzipien sind konkretisierungsfähig und -bedürftig. Als „Tiefenstrukturen des Rechts“ sind Prinzipien regelmäßig im Wege der (systematischen) Auslegung zu gewinnen.112 Auf der dritten Stufe stehen die Dogmen. Sie enthalten konkrete Gewährleistungen. Zur Ermittlung ihres Gehalts bedarf es einer gesetzgeberischen Konkretisierung nur insoweit, als es um die Ausgestaltung im Detail geht.113 Den Ideen kommt jenseits ihrer Mediatisierung auf Ebene der Prinzipien keine rechtliche Bedeutung zu. Demgegenüber können Dogmen – oder um in der Terminologie der originär für die Grundrechte entwickelten, inzwischen auf alle Verfassungsrechtssätze anwendbaren Prinzipienlehre nach Robert Alexy und Ronald Dworkin zu sprechen, Regeln – als konkrete, normative Rechtsfolgenanordnung erfüllt oder nicht erfüllt werden. Prinzipien lassen sich demgegenüber in unterschiedlicher Intensität und meist auch in unterschiedlicher Art und Weise verwirklichen. Dementsprechend wird ihnen ein Optimierungsgebot entnommen.114 Maß und Modus der Erfüllung der Optimierungsgebote hängen von rechtlichen wie von tatsächlichen Voraussetzungen ab.115 Sie sind im Rahmen einer Abwägung der Konkretisierung fähig und bedürftig. Maßstab der Optimierung ist der Grundsatz praktischer Konkordanz als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.116 Da es dem Grundgesetz an einer konkreten Regel fehlt, die die Öffentlichkeit des Staatshandelns allgemein festschreibt, sind die konkreten Öffentlichkeitsforderungen ebenso wie das Ergebnis ihrer Gesamtschau, der verfassungsrechtliche Öffentlichkeitsgrundsatz, auf Prinzipienebene anzusiedeln. Schon indem die Prinzipienebene durch Auslegung gewonnen wird, haben die Wirklichkeit und ihr Wandel Einfluss auf die Bestimmung des Inhalts. Hinzu kommt, dass angesichts des Charakters als Optimierungsgebot die tatsächlichen Gegebenheiten im Rahmen der Abwägung eine tragende Rolle spielen. Sie können die Abwägung derart verdichten, dass sich auch Prinzipien verfassungsunmittelbare Pflichten ent­ 111

Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 289, die den instrumentellen Charakter der Prinzipien als Mittel zum Zweck mit den Werten als Endzweck kontrastieren. 112 Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 283. 113 Umfassend Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 334 f. m. w. N.; zum Verhältnis der Konkretisierungsstufen zueinander Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S.  288 ff., der in Rekurs auf die Prinzipienlehre zwischen Prinzipien und Regeln unterscheidet sowie als dritte Ebene die der Werte anerkennt. Zur Prinzipienlehre Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 612 ff. 114 Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S.  283 ff.; Anderheiden, Gemeinwohl in Republik und Union, S. 280 ff.; Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 612 f.; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S.  585 f. m. w. N. Kritisch  – statt aller – angesichts der Unbestimmtheit des den Prinzipien immanenten Optimierungsgebots und der Kompetenzverlagerung von Legislative auf Judikative und Exekutive Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 162. 115 Statt aller Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 613, 618 ff. 116 Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 615.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

nehmen lassen. Insofern enthält jegliches Prinzip trotz seiner Offenheit nach oben und dem teils angenommenen – angesichts der nach oben hin unbegrenzten Möglichkeiten zur Herstellung praktischer Konkordanz aber abzulehnenden –117 Maximierungsgebot jedenfalls einen Mindestgewährleistungsgehalt.118 Dass sich den Verfassungsprinzipien trotz ihrer Konkretisierungsbedürftigkeit ein Mindestgehalt entnehmen lässt, wird in Art.  79 Abs.  3 GG bestätigt. Der Kern der Verfassungsprinzipien wird vor dem verfassungsgebenden Gesetzgeber geschützt.119 Nur durch die Anerkennung eines unantastbaren Kernbereichs auch von Prinzipien kann die staatliche Ordnung eine dauerhafte sein. Der (dogmatische) Gehalt einzelner Verfassungsbestimmungen ist dabei ebenso in einer Gesamtschau des Grundgesetzes zu bestimmen wie ihr Mindestgewährleistungsgehalt.120 Prominenter und pointierter als mit dem Bundesverfassungsgericht lässt sich die Bedeutung der systematischen Gesamtschau der Verfassungsprinzipien nicht in Worte fassen: „Die einzelne Verfassungsbestimmung kann nicht isoliert betrachtet und allein aus sich heraus ausgelegt werden. Aus dem Gesamtinhalt der Verfassung ergeben sich gewisse verfassungsrechtliche Grundsätze und Grundentscheidungen, denen die einzelnen Verfassungsbestimmungen untergeordnet sind. Diese sind deshalb so auszulegen, daß sie mit den elementaren Verfassungsgrundsätzen und Grundentscheidungen des Verfassungsgesetzgebers vereinbar sind.“121

117 So für die öffentliche Meinung Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 28. Auf die Notwendigkeit der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grenzen verweisen Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 160; im Ergebnis ebenso Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 54. 118 Zum Problem des Optimierungsgebots, nach oben offen zu sein, Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 583 m. w. N. Begreift man das Optimierungsgebot als reinen Abwägungsvorgang, wie dies die Prinzipienlehre annimmt, führt der Prinzipiencharakter zu einem Maximierungsgebot, sofern eine Kollision mit anderen Prinzipien oder vorrangigen Regeln ausgeschlossen ist, vgl. m. w. N. Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 619. Dies i. R. d. Demokratieprinzips angesichts des Gestaltungsspielraums und der vielfältigen Möglichkeiten zur Herstellung praktischer Konkordanz überzeugend ablehnend Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 366. Zum Untermaßverbot i. R. d. Republikprinzips Anderheiden, Gemeinwohl in Republik und Union, S. 63 f., 286 ff. Für ein Maximierungsgebot i.R.d. Demokratieprinzips aber Wegener, Der geheime Staat, S. 428 f.; für das Republikprinzip Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 73. 119 Am Beispiel des Schutzes von formeller und materieller Komponente der Legitimationskonstruktion Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 620. Allgemein Dietlein, in: BeckOK-GG, Art. 79 Rn. 15; Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 79 Rn. 59 ff. 120 Der objektive Gehalt der Grundrechte ist – anders als die abwehrrechtliche Funktion – auf Prinzipienebene anzusiedeln, so auch Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 586. Zum Grundsatzcharakter der Staatsstrukturprinzipien jenseits konkreter Dogmen, d. h. jenseits ausdrücklicher Normierungen ebd., S. 585 f.; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 82, sowie für die Demokratie Mehde, in: Hill/ Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 213, 223. 121 BVerfG, Urt. v. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51 – LS 4 – BVerfGE 1, 14.

1. Kap.: Recht und Realität

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III. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Bei der Bestimmung von Inhalt und Ausgestaltung des Öffentlichkeitsgrundsatzes des Grundgesetzes kommt der Entwicklung in Richtung Informationstechnologiegesellschaft tragende Bedeutung zu. Sie ist nicht nur im Wege der Rechtssetzung, sondern auch der Rechtsanwendung zu berücksichtigen. Zwingende supranationale Vorgaben existieren jenseits der PSI-Richtlinie nur bereichsspezifisch. Die internationale Entwicklung ist ebenso wie die politischen Forderungen primär Erkenntnisquelle. Der Öffentlichkeitsgrundsatz ist in einer Gesamtschau der Verfassungsprinzipien zu ermitteln, vor allem der Strukturentscheidungen zugunsten von Demokratie, Rechtsstaat und Republik sowie der Informationsfreiheit des Art.5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG. Die Gehalte der Einzelgewährleistungen können sich ergänzen und verstärken. Eine einseitige Determinierung der einen durch die andere Gewährleistung, wie sie im Rahmen der Grundrechtstheorie vertreten wird, ist abzulehnen. Dies stellt nicht in Abrede, dass die Grundrechte, allen voran die Kommunikations­ grundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG, von wertsetzender Bedeutung für den demokratischen Rechtsstaat sind. Dem kann jedoch in einer an den konkreten Gewährleistungsgehalten orientierten Auslegung im Einzelfall Rechnung getragen werden. Ebenfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln ist der dogmatische Gehalt der öffentlichkeitsspezifischen Gewährleistungsgehalte des Grundgesetzes, so die Antwort auf die Frage, ob sie konkrete Dogmen bzw. Regeln darstellen, die der Auslegung nur im Detail bedürfen. Aber auch Prinzipien können sich derart verdichten, dass sich ihnen konkrete Gewährleistungsgehalte im Sinne einer Mindestgewährleistung entnehmen lassen. Denn Prinzipien sind Optimierungsgebote. Ist das Optimierungsgebot im Wege der Abwägung und damit unter Heranziehung der Grundsätze praktischer Konkordanz zu konkretisieren, ist die Mindestgewährleistung Ausfluss einer Reduzierung des Abwägungsspielraums auf Null. Eine derartige Verdichtung kann sich aus der Gesamtschau der Verfassungsprinzipien ergeben. Angesichts der Vorrangstellung der teleologischen Auslegung, wonach jegliche Auslegung der Ermittlung der zweckbezogenen Bedeutung der konkreten Norm dient, kann zudem der Wandel der Wirklichkeit den Abwägungsspielraum reduzieren. Nur wenn das Recht vor dem Hintergrund der Realität wirksam ist, kann es seine Funktion erfüllen. In diesem Zusammenhang steht auch das Gebot des Bundesverfassungsgerichts, in Zweifelsfällen zugunsten der praktischen Wirksamkeit einer Norm in Hinblick auf die Verwirklichung ihres Telos zu entscheiden. In Zweifelsfällen ist diejenige Auslegung zu wählen, „welche die juristische Wirkungskraft der Grundrechtsnorm am stärksten entfaltet“122. Für die Konkretisierung des Öffentlichkeitsgrund 122 Statt aller m. w. N. BVerfG, Urt. v. 25.2.1975 – 1 BvF 1/74 – juris Rn. 138 – BVerfGE 39, 1. Hierzu in umfassender methodischer Analyse Stein, in: AK-GG, Einleitung II Rn. 40 ff.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

satzes bzw. der ihm zugrunde liegenden Gewährleistungen bedeutet dies, dass die juristische Wirkungskraft zum Maßstab der Auslegung erhoben werden kann. Die praktische Wirksamkeit der Verfassungsprinzipien ist unter den gewandelten Bedingungen der Informationstechnologiegesellschaft sicherzustellen.123 1. Bedürfnis nach Öffentlichkeit zur Informatisierung und Informalisierung Die Herausbildung der Informationstechnologiegesellschaft führt zu einer In­ formatisierung und Informalisierung des Staat-Bürger-Verhältnisses. Ihm korrespondiert ein wachsendes Bedürfnis nach Öffentlichkeit. Denn die Zugänglichkeit staatlicher Informationen ist aus Sicht des Einzelnen sowohl Voraussetzung der Beteiligung am Staatshandeln als auch Voraussetzung jeglicher Grundrechtsausübung. Aus Sicht des Staats ergibt sich schon in rein tatsächlicher Hinsicht ein vergleichbares Bild. Der Staat ist angesichts der steigenden Komplexität und Aus­ differenzierung staatlicher Aufgaben in wachsendem Ausmaß auf die Beteiligung des Einzelnen angewiesen. Schon in der Vergangenheit bewies das Recht seine Wandlungsfähigkeit. So tragen Konstruktionen wie die Beleihung oder der Verwaltungshelfer bereits der Notwendigkeit der Einbeziehung von Privaten in die staatliche Aufgabenerfüllung Rechnung.124 Sie stellen erste Schritte in Richtung des informalen Staats dar, auch wenn sie noch nicht durch das für informale Beziehungen prägende Element der Einvernehmlichkeit gekennzeichnet sind. Die zunehmende informationelle Öffnung des Staats auf einfachgesetzlicher Ebene sowie im internationalen Kontext bestätigt die Leistungsfähigkeit des Rechts dahingehend, dass auch der Notwendigkeit der Informatisierung des Staat-Bürger-Verhältnisses Rechnung getragen werden kann. Dies gilt für alle drei Staatsgewalten gleichermaßen.125 Inwieweit die Ausweitung der Öffentlichkeit auch in rechtlicher Hinsicht geboten ist, um den Anforderungen von Demokratie, Rechtsstaat, Republik sowie den Grundrechten Rechnung zu tragen, ist im Folgenden zu untersuchen.

123

Zur Funktion der Informalisierung, dem sozialen Wandel Rechnung zu tragen, Morlok, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 37, 46 f. 124 Voßkuhle, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 266, 299, insbesondere für das Verwaltungsrecht. Zu den Möglichkeiten der Einbeziehung Privater Heintzen, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 220, 240 ff. Allgemein zur Anpassungsfähigkeit des Staatsorganisationsrechts an die Informalisierung Morlok, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 37, 84. Zur grundsätzlichen Anpassungsfähigkeit des Grundgesetzes Korioth, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 117, 121. 125 Zur Beteiligung Privater an allen drei Gewalten unter dem Vorbehalt wesentlicher Aufgaben und Entscheidungen Heintzen, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 220, 228.

1. Kap.: Recht und Realität

325

2. Wegfall bisheriger Hindernisse bei der Gewährleistung von Öffentlichkeit Bei der Konkretisierung des Öffentlichkeitsgrundsatzes in der Informationstechnologiegesellschaft ist entsprechend der Abwägungsfähigkeit und -bedürftigkeit von Prinzipien neben den gewandelten Notwendigkeiten und Erwartungen, die der Informatisierung und der Informalisierung entspringen, auch der Wegfall bisheriger Hindernisse bei der Gewährleistung von Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Gerade das Internet als Leitmedium der Informationstechnologiegesellschaft bietet eine Infrastruktur, die die Herstellung von Öffentlichkeit umfassend ermöglicht. Technische Hindernisse entfallen ebenso wie Restriktionen aufgrund finanzieller und personeller Grenzen. So besteht die technische Möglichkeit, die Wahrnehmbarkeit und Zugänglichkeit staatlicher Informationen für die Allgemeinheit in Gestalt öffentlicher Zugänglichkeit sicherzustellen. Das Internet ist aber nicht nur Ort informationeller Öffentlichkeit. Er hat zudem das Potenzial, Ort der Beteiligung Privater am Staatshandeln, von Partizipation und Kooperation zu werden. Der Ressourceneinsatz für die Schaffung umfassender (Informations-)Öffentlichkeit ist im Internet ebenfalls gering. Dies gilt sowohl in finanzieller als auch in personeller Hinsicht. Die Schaffung von Informationsöffentlichkeit vermag staatliche Stellen dahingehend zu entlasten, dass die Zahl individueller Informationsanfragen auf Grundlage der Informationsfreiheitsgesetze sinkt.126 Das Gewicht des verbleibenden Aufwands wird zudem durch die Vorteile kompensiert, die die Schaffung umfassender Öffentlichkeit intern nach sich zieht, etwa die Möglichkeit zur Steigerung der Entscheidungsqualität und -effizienz. Auch die Prüfpflichten vor Veröffentlichung sowie die Haftungsrisiken sind gering. Denn der Informationsöffentlichkeit lässt sich keine Pflicht zur Prüfung der objektiven Richtigkeit der Informationen vor Veröffentlichung entnehmen.127 Im Wesentlichen beschränkt sich die Prüfpflicht auf die Wahrung der berechtigten Interessen, die einer Veröffentlichung entgegenstehen. In inhaltlicher Hinsicht ist schließlich klarstellend anzumerken, dass die Grenzen, die der Öffentlichkeit zu ziehen sind, in gleichem Maße gewahrt werden können wie im Rahmen der Gewährleistung individuellen Informationszugangs. Die Grenze zwischen Öffentlichkeit und Nicht-Öffentlichkeit verläuft entlang gleicher Grenzmarken. Zwar mag die Abwägung im Einzelfall angesichts der gesteigerten Eingriffsintensität der öffentlichen Zugänglichkeit gegenüber dem Individualzugang eine andere sein. Dies steht der Schaffung von Informationsöffentlichkeit

126 Statt aller zum Aufwand für die öffentlichen Stellen BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 65. 127 Hierzu umfassend 3. Teil, 2. Kap. C. III.

326

4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

jedoch nicht grundsätzlich entgegen. Auf Ausgestaltungsebene kann unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität öffentlicher Zugänglichmachung ein verfassungskonformer Ausgleich gefunden werden.128

2. Kapitel

Öffentlichkeit in der Demokratie Der Grundsatz der Öffentlichkeit bzw. Publizität129 staatlichen Handelns wird maßgeblich auf das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 GG gestützt. Aufgrund der demokratietheoretischen Fundierung der Forderung nach Informationsöffentlichkeit soll sie zum Ausgangspunkt der staatsrechtlichen Betrachtung des Öffentlichkeitsgrundsatzes gemacht werden. Ausdrückliche Erwähnung findet der Grundsatz der Öffentlichkeit in Art.  20 Abs.  2 GG nicht. Als Prinzip geht der Gewährleistungsgehalt der Demokratie jedoch über die dem Normtext konkret zu entnehmenden Dogmen hinaus.130 Kern der verfassungsrechtlichen Gewährleistung ist der Ableitungszusammenhang zwischen Staatsvolk und Staatsgewalt. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Als ausdrücklich normiertes Dogma steht die Rückkopplung der Staatsgewalt an das Staatsvolk nicht zur Disposition des einfachen Gesetzgebers. Die Input-Orientierung ist zudem Kern der Verfassungsrechtsprechung.131 Demokratie als Prinzip mit formellem und materiellem Gehalt Art. 20 Abs. 2 GG ist von der Selbstbestimmung des Volks geprägt.132 Demokratie ist Volks-Herrschaft.133 Die grundgesetzliche Gewährleistung der Demokratie ist formales Struktur- und Organisationsprinzip.134 Doch das Demokratieprinzip erschöpft sich nach umstrittener, aber überzeugender Auffassung nicht im Formalen. Es ist auch inhaltliches Prinzip.135

128

Hierzu auch die bisherige Informationsfreiheitsgesetzgebung, 2. Teil, 2. Kap. B. Zur Terminologie der Öffentlichkeitsdimensionen s. o., 3. Teil, 1. Kap. B. I. 130 Statt aller Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 616. 131 Aus der Literatur Mehde, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 213, 213, 216. 132 Umfassend Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 13 ff. 133 Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 23. 134 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 9; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 173. 135 Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 45; i.R.d. Legitimität Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 168. 129

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

327

Schon das Grundgesetz in seiner Gesamtheit ist keine rein formale Ordnung. Es enthält umfassende materielle Anforderungen, die bei der Ausübung der Staatsgewalt zu beachten sind, etwa in Gestalt der Grundrechte oder der der Verfassung zugrunde liegenden Staatszwecke und -ziele.136 Schon deswegen kann das Demokratieprinzip als Inbegriff der Ableitung der Staatsgewalt vom Staatsvolk nicht unabhängig von den materiellen Gewährleistungen des Grundgesetzes konkretisiert werden. Zudem kann freie Selbstbestimmung des Volks denknotwendig nicht allein durch Zurverfügungstellung formaler Instrumente gewährleistet werden. Eine tatsächliche Rückkopplung bedarf, um effektiv zu sein, auch inhaltlicher Kategorien.137 Dementsprechend geht auch das Bundesverfassungsgericht, das den Ableitungszusammenhang zwischen Staatsgewalt und Staatsvolk in den Mittelpunkt der grundgesetzlichen Demokratie rückt, in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Anforderungen des Art. 20 Abs. 2 GG erst dann verwirklicht sind, wenn das Volk über effektiven Einfluss auf die Ausübung der Staatsgewalt verfügt. Demokratie ist mehr als „lediglich formales Zurechnungsprinzip“.138

A. Demokratie als Volkssouveränität Der input-orientierten Konzeption des Grundgesetzes entsprechend ist die Volkssouveränität Kernelement der Demokratie.139 Der Ableitungszusammenhang zwischen Staatsvolk und Staatsgewalt ist ebenso wie dessen hinreichende Effektivität dem unantastbaren Gehalt des Demokratieprinzips zuzurechnen, der Schutz durch Art.  79 Abs.  3 GG erfährt.140 Die Selbstbestimmung des Volks wird primär und unabänderlich (zumindest) mithilfe der in Art. 20 Abs. 2 GG genannten Instrumente sichergestellt.141 Die Demokratie des Grundgesetzes ist repräsentative Demokratie.142 136 Zur Abhängigkeit der Legitimität der Herrschaft von deren Ausrichtung auf Staatszwecke und -ziele sowie „überpositive[n] Werte[n] wie Gerechtigkeit, Richtigkeit und Wahrheit“ Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 168 f., 623 ff. 137 Statt aller zur Notwendigkeit des effektiven Einflusses Stein, in: AK-GG, Art.  20, III Rn. 32. 138 BVerfG, Urt. v. 12.10.1993 – 2 BvR 2134/92 u. a. – juris Rn. 98 – BVerfGE 89, 155. 139 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, II Rn.  61; Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn. 11; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 155. Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 168 spricht von der Volkssouveränität als „Fundamentalsatz demokratischer Ordnung“. 140 BVerfG, Urt. v. 12.10.1993 – 2 BvR 2134/92 u. a. – BVerfGE 89, 155. Aus der Literatur Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 235. 141 Zur Nicht-Identität von Volkssouveränität und Demokratie, sondern deren wechselseitigem Konkretisierungsverhältnis Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S.  161 ff.: Während die Volkssouveränität das umfassende Legitimationserfordernis enthält, stellt das Demokratieprinzip die Instrumente zur Rückführung der Staatsgewalt auf das Staatsvolk bereit. 142 Statt aller Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 35.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Die demokratische Legitimation143 als Rechtfertigung der Staatsgewalt bedarf der Rückkopplung der Staatsgewalt als Legitimationsobjekt an das Staatsvolk als Legitimationssubjekt, wobei es nicht genügt, die Staatsgewalt in ihrer Gesamtheit zu betrachten.144 Der Legitimation bedarf vielmehr jede einzelne Maßnahme der Staatsgewalt, d. h. jegliche Ausübung derselben. Zentrales Element der Vermittlung demokratischer Legitimation ist der Legitimationsmodus als Akt der Rückkopplung und Konnex zwischen Legitimationssubjekt und -objekt.145 Der Ableitungs- und Zurechnungszusammenhang zwischen beiden zur Sicherstellung der Herrschaft des Volks wird dabei primär formal betrachtet [4. Teil, 2. Kap. A.  I.]. In dieser auch vom Bundesverfassungsgericht zugrunde gelegten formalen Betrachtung erschöpft sich der Ableitungszusammenhang zwischen Staatsvolk und Staatsgewalt jedoch nicht. Entsprechend der materiellen Dimension des Demokratieprinzips bedarf die Input-Seite der (informellen) Ergänzung [4. Teil, 2.  Kap. A. II.], um die demokratische Legitimation der Staatsgewalt durch das Staatsvolk zu verwirklichen [4. Teil, 2. Kap. A. III.]. I. Formale Legitimation 1. Legitimationsmodus Gemäß Art. 20 Abs. 2 GG hat die Ausübung der Staatsgewalt vom Volke auszugehen. Das Volk ist Ausgangspunkt der (zukunftsgerichteten) Rechtfertigung der Herrschaftsgewalt, die ihrerseits Ergebnis eines auf (rückblickender) Kontrolle beruhenden Legitimationsprozesses ist.146 Ihren Ausgangspunkt findet die formale Legitimation in den in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG genannten „Wahlen und Abstimmungen“.147 Indem jede Ausübung der Staatsgewalt derartiger Legitimation bedarf, bedarf jede Stelle, die Staatsgewalt ausübt, der Rückkopplung an das Staatsvolk. Die Rückkopplung kann jedoch eine mittelbare sein. 143

Umfassend zur Abgrenzung von Legitimität und Legitimation Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 159 ff. Ebd., S. 163, kritisch zur Beschränkung der Legitimität auf das Bestehen demokratischer Legitimation. Zum Legitimationsbegriff Versteyl, I+E 2011, 89, 90. 144 Mehde, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 213, 214; Rossi, Informa­ tionszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 319. 145 Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 204 ff. 146 Zur Unterscheidung zwischen Legitimität als Kategorie der „Rechtfertigung von Herrschaftsgewalt anhand ethisch-normativer Kriterien“ und Legitimation als „Verfahren, an dessen Ende Legitimität bewirkt wird“ Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S.  150 ff., 170. Zur Unterscheidung der „zukunftsgerichteten Legitimation“ und der „rück­ blickenden Kontrolle“ Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 169 m. w. N. 147 Überblick zur formalen Legitimation und ihrer Vermittlung bei Grzeszick, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 118; Badura, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 25 Rn. 30; ausführlich Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 11 ff.; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 265 ff.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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Unmittelbar legitimiert ist der Bundestag. Wie die Rückkopplung an das Volk von diesem vermittelt werden kann, lässt sich dem Grundgesetz nicht ausdrücklich entnehmen.148 Anerkannt sind jedoch primär zwei Modi der Legitimationsvermittlung: die personell-organisatorische sowie die sachlich-inhaltliche Rückbindung. Daneben erfolgt eine funktionell-institutionelle Betrachtung des Legitimationszusammenhangs. 149 Im Rahmen der personell-organisatorischen Legitimation wird die Legitimation durch einen individuellen Einsetzungsakt in ein konkretes Amt vermittelt, dem die individuelle Verantwortlichkeit des Amtswalters korrespondiert.150 Auch mehrere aufeinanderfolgende Einsetzungsakte sind möglich, sofern die Einsetzungsakte in ihrer Summe als ununterbrochene Legitimationskette eine Rückführung auf das Parlament und damit auf das Staatsvolk ermöglichen. Auf die Länge der Legitimationskette kommt es nach überwiegender Ansicht zur Gewährleistung demokratischer Legitimation nicht an.151 Die personell-organisatorische Rückkopplung wird durch die sachlich-inhaltliche Legitimation und damit durch den Gedanken der Legalität, wie er in Art. 20 Abs. 3 GG zum Ausdruck kommt, ergänzt.152 Alle Staatsgewalt ist an das Gesetz und damit an den Willen des unmittelbar demokratisch legitimierten Parlaments gebunden.153 Ergänzt wird die inhaltliche Bindung an das Gesetz durch die Instrumente der Weisungsgebundenheit bzw. korrespondierende Kontroll- und Aufsichtsrechte.154

148 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 296. Ebd. auch zur Konsequenz, dass die Legitimationsmittler nicht als abschließend und nicht als starre „Quasi-Verfassungssätze“ zu interpretieren sind. 149 Exemplarisch BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – juris Rn.  37 – BVerfGE 83, 60. Aus der Literatur Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 118; Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 37 ff. 150 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, II Rn.  121; Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art.  20 Rn.  84 (dort auch zur Weisungsgebundenheit); Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 83. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts BVerfG, Beschl. v. 1.10.1987 – 2 BvR 1178/86 u. a. – juris Rn. 99 – BVerfGE 77, 1. 151 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, II Rn.  121; Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn. 203. Aus der Rechtsprechung BVerfG, Beschl. v. 15.2.1978 – 2 BvR 134/76 u. a. – juris Rn. 46 – BVerfGE 47, 253. 152 Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 45. 153 Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn. 204; Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 85; Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 63. Aus der Rechtsprechung statt aller BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – juris Rn. 37 – BVerfGE 83, 60. 154 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, II Rn.  122; Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn. 204; Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 86; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 179; Jestaedt, JuS 2004, 649, 650. Zur Verantwortung der Staatsgewalt gegenüber dem Volk BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – juris Rn. 37 – BVerfGE 83, 60.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Von untergeordneter Bedeutung ist die funktionell-institutionelle Legitimation.155 Sie erfasst die Trennung der Staatsgewalten in Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung. Angelegt in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG liegt ihr die Anerkennung der Eigenständigkeit und der spezifischen Leistungsfähigkeit einer jeden Staatsgewalt durch das Grundgesetz zugrunde. Die Kernaufgaben der jeweiligen Staatsgewalt dürfen nicht beschnitten oder einer anderen der drei Gewalten übertragen werden.156 Die funktionell-institutionelle Legitimation dient damit weniger der Begründung des Legitimationsniveaus im Einzelfall, sondern rechtfertigt abstrakt die bloß mittelbare Legitimation von Judikative und Exekutive über deren spezifische Leistungsfähigkeit.157 2. Legitimationsniveau Da das Grundgesetz und mit ihm das Demokratieprinzip nach überzeugender Ansicht eine inhaltsgebundene Ordnung etabliert, hat die Rückbindung der Staatsgewalt an das Volk effektiv zu sein.158 Welche Anforderungen an die Effektivität zu stellen sind, ist im Einzelfall für jede Maßnahme der Hoheitsgewalt festzustellen. Maßgebliche Bedeutung bei der Bestimmung der normativen Anforderungen an die Effektivität der Rückkopplung kommen der handelnden Staatsgewalt und der Wesentlichkeit der jeweiligen Amtshandlung in Hinblick auf ihren Entscheidungsinhalt zu.159 Zur Bestimmung des tatsächlichen Legitimationsniveaus ist eine Gesamtschau der Modi der Legitimationsvermittlung vorzunehmen.160 Personell-organisatorische

155

Allgemein Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn. 202. Nicht als eigenständigen Legitima­ tionsfaktor erachten Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art.  20 Rn.  88 die funktionell-institutionelle Legitimation; „auf anderer Ebene“ siedelt sie an Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 124. 156 Umfassend Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Medien­ gesellschaft, S. 76 ff. 157 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 123 f. Aus der Rechtsprechung BVerfG, Beschl. v. 24.5.1995 – 2 BvF 1/92 – juris Rn.  135 – BVerfGE 93, 37; BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – juris Rn. 37 – BVerfGE 83, 60. 158 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 61, 117, 126; Huster/Rux, in: BeckOKGG, Art.  20 Rn.  82; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  295; Röhl, Die Verwaltung 29 (1996), 487, 500. Aus der Rechtsprechung BVerfG, Beschl. v. 24.5.1995 – 2 BvF 1/92 – juris Rn.  135 – BVerfGE 93, 37; BVerfG, Urt. v. 12.10.1993 – 2 BvR 2134/92 u. a. – juris Rn. 92 – BVerfGE 89, 155; BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – LS 2 – BVerfGE 83, 60. 159 Ausführlich zu den gewaltspezifischen Besonderheiten der Legitimation Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 133 ff.; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 174 ff. Zur Anwendung der Wesentlichkeitslehre i.R.d. Legitimationsniveaus Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 265. 160 Aus der Rechtsprechung BVerfG, Beschl. v. 24.5.1995 – 2 BvF 1/92 – juris Rn. 135 – BVerfGE 93, 37; BVerfG, Urt. v. 12.10.1993 – 2 BvR 2134/92 u. a. – juris Rn. 92 – BVerfGE

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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und sachlich-inhaltliche Legitimation stehen in einem Verhältnis der Komplementarität. Sie ergänzen sich gegenseitig. Demgegenüber modifiziert die institutionell-funktionelle Legitimation die Höhe des demokratisch erforderlichen Legitimationsniveaus; bei seiner Ausfüllung im konkreten Einzelfall bleibt die institutionell-funktionelle Legitimation unberücksichtigt.161 Ob eine gegenseitige Substituierung der Legitimationsmodi zulässig ist, ist umstritten. Für die Möglichkeit der Substituierung spricht jedoch, dass die Demokratie des Grundgesetzes ihrem Charakter als Prinzip entsprechend nicht vorschreibt, wie die Rückkopplung zu gewährleisten ist. Auch die gewaltspezifischen Besonderheiten, die im Rahmen der Sicherstellung der Legitimität zu beachten sind, weisen in diese Richtung: Während die Rückbindung des Parlaments primär und unmittelbar eine personelle ist,162 kann die Legitimität der – in Hinblick auf die Legitimationsmodi von der Regierung zu trennenden –163 Exekutive lediglich durch eine Zusammenschau von personell-organisatorischer und sachlich-inhaltlicher Bindung sichergestellt werden.164 Die Rückbindung der Rechtsprechung erfolgt gemäß Art.  97 Abs.  1 GG vorrangig über die Gesetzesunterworfenheit.165 Diese divergierende Ausgestaltung bestätigt, dass die Sicherstellung der Effektivität der Rückkopplung allein entscheidend und eine Substituierung der einzelnen Legitimationsmodi möglich ist.166

89, 155; BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – juris Rn. 37 – BVerfGE 83, 60. Aus der Literatur Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, II Rn.  126; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 368. 161 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 124. 162 Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn. 209. 163 Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn.  219. Die Verantwortlichkeit der Regierung wird durch die politische Kontrolle seitens des Parlaments sichergestellt, Grzeszick, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 137. 164 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 138. 165 Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn. 228; Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S.  87; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 180. Ausführlich zu den Besonderheiten der Judikative angesichts ihrer verfassungsunmittelbar gewährten Unabhängigkeit Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 235 ff. Im Ergebnis soll Art.  97 GG verfassungsunmittelbar ein geringeres Legitimationsniveau sicherstellen. Alternative, allen voran informelle Legitimationsversuche werden abgelehnt (Rn. 245). 166 Von der Substituierbarkeit der Legitimationsmodi geht m. w. N. aus Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 76. Mit ausführlicher Begründung und im Ergebnis ebenso Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, II Rn.  130. Ebd., Rn. 131 f., aber auch der Hinweis, dass eine Ersetzung dann nicht möglich ist, wenn das erforderliche Legitimationsniveau nicht erreicht wird oder anderweitige Vorgaben des Verfassungsrechts entgegenstehen. A. A. Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 368 sowie Nachweise bei Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 129.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

II. Informelle Legitimation 1. Dauerhafte Rückkopplung Die durch die demokratische Legitimation sicherzustellende Legitimität hat eine dauerhafte zu sein.167 Reduzierte man die demokratische Legitimation auf den Wahlakt, wäre Ausgangspunkt dauerhafter Legitimität ein punktueller Legitimationsakt. Dies mag der Idee repräsentativer Demokratie entsprechen. Der Forderung nach effektiver Rückkopplung kann sie jedoch nicht genügen.168 Um die Effektivität des demokratischen Zurechnungs- und Ableitungszusammenhangs sicherzustellen und um der materiellen Seite des Demokratieprinzips Rechnung zu tragen, bedarf es angesichts des Bedürfnisses nach dauerhafter Legitimität der fortdauernden Legitimation.169 Zur Abgrenzung von der durch Wahlakt vermittelten formalen Legitimation ist die dauerhafte, ebenfalls auf Input-Seite anzusiedelnde, im Grundgesetz aber nicht näher explizierte Legitimation als informelle Legitimation zu bezeichnen.170 Ausgangspunkt der Sicherstellung des dauerhaft effektiven Einflusses des Staatsvolks auf die Ausübung der Staatsgewalt ist die kommunikative Rückkopplung zwischen Staatsvolk und Staatsgewalt.171 Sie ermöglicht eine permanente Rückkopplung, die über den Wahlakt hinaus wirkt. Um die Legitimationsmodi der formalen Legitimation aufzugreifen, vermittelt der Wahlakt umfassende personellorganisatorische Legitimation und eine grundlegende sachlich-inhaltliche Legitimation. Letztere bedarf jedoch der Konkretisierung und Fortentwicklung im Fortgang einer Legislaturperiode. Demokratietheoretischer Anknüpfungspunkt der kommunikativen Rückkopplung ist die Idee der Responsivität, die der repräsentativen Demokratie immanent ist. Repräsentation erschöpft sich nicht im Wahlakt, der einseitig beim Bür 167 Die Reversibilität staatlicher Entscheidungen sowie die zeitliche Begrenzung staatlicher Herrschaft als Strukturmerkmal der Demokratie ordnet ein Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn. 11. Daneben nennt Kloepfer freie Wahlen, Mehrheitsprinzip sowie die Gewährleistung von Freiheit und Gleichheit als funktionsnotwendige Merkmale. Zentral ist jedoch auch für ihn die Volkssouveränität. 168 Allgemein Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  295 ff. Zur Ineffektivität der Legitimation speziell der Judikative Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S.  88; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 170 f., 181 ff. 169 Holznagel, in: VVDStRL, Bd. 68 (2009), S. 381, 386; Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S.  46 f.; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 291, 299 m. w. N. Allgemein auch Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 200 ff. 170 Teils ist auch von „prozeduralisierter Volkssouveränität“ die Rede, vgl. Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 204. 171 Butzer, in: BeckOK-GG, Art.  38 Rn.  20; Badura, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 25 Rn. 35 f. Allgemein zur Bedeutung der permanenten Kommunikation Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 43.

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ger seinen Ausgangspunkt nimmt. Repräsentation ist ein wechselseitiger Prozess, der des ständigen Austauschs bedarf.172 Das Repräsentationsverhältnis hat während der gesamten Wahlperiode wirksam zu bleiben.173 Sicherzustellen ist dies im Wege der fortdauernden kommunikativen Rückkopplung. Erst sie ermöglicht es den Repräsentativorganen, sich bei der Ausübung ihres Mandats an den Grundzügen der herrschenden politischen und ethischen Vorstellungen zu orientieren und einen etwaigen Wandel zu rezipieren.174 Die informelle Legitimation dient – auch wenn sie nicht unmittelbar, sondern erst im Wege der formalen Legitimation durchsetzbar ist –175 ebenso der zukunftsgerichteten Rechtfertigung der Ausübung der Staatsgewalt auf Grundlage deren Kontrolle wie die formale Legitimation.176 Die öffentliche Meinung und ihre Rezeption durch die Repräsentativorgane sind die zwei zentralen Komponenten der informellen Legitimation. Die öffentliche Meinung ist allgemein gesprochen das Produkt freier öffentlicher Kommunikation,177 obwohl ihr Gehalt im Detail vielschichtig ist und die Definitionsversuche in den einzelnen Wissenschaften divergieren.178 Sie kommt „im Widerstreit der in gleicher Freiheit vorgetragenen Auffassungen“179 zustande. 172 BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – juris Rn. 270 f – BVerfGE 118, 277; BVerfG, Urt. v. 8.12.2004 – 2 BvE 3/02 – juris Rn. 50 – BVerfGE 112, 118. Aus der Literatur SchulzSchaeffer, NJW 2007, 643, 647 f. 173 BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – juris Rn. 271 – BVerfGE 118, 277. 174 Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 173 f. sowie aus demokratietheoretischer Sicht 2. Teil, 1. Kap. B. III. 3. f). 175 Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn. 315. van Aaken, Der Staat 49 (2010), 369, 387 bringt den fehlenden rechtlichen Zwang in der Bezeichnung der Abgeordneten als „Treuhänder“ zum Ausdruck. 176 Unter Betonung der Kontrollfunktion van Aaken, Der Staat 49 (2010), 369, 388; umfassend Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 172 m. w. N. Daneben wird als dritte Funktion auf die Integrationsleistung verwiesen. Diese wird vorliegend als Verwirklichungsbedingung der Demokratie betrachtet. Zum Erfordernis der „Bedürfnisorientierung und -sensibilisierung seitens der Repräsentanten“ Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn. 315. 177 Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 12; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 192 m. w. N. Die öffentliche Meinung ist nicht notwendigerweise repräsentativ. Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 67 rechnet zur öffentlichen Meinung eine Vielzahl von Meinungen, nämlich all jene, „denen für ein festzulegendes Zeitfenster merkliche öffentliche Verbreitung sowie ein gewisser Zuspruch unterstellt werden kann.“ Ebd. zur Ablehnung der Einordnung der öffentlichen Meinung als Rechtsbegriff. 178 Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 1 ff. Auf die exakte sozial- oder politikwissenschaftliche Definition der öffentlichen Meinung kommt es angesichts der Notwendigkeit ihrer rechtswissenschaftlichen Adaption nicht an. Ebenso wenig müssen die Voraussetzungen vollständig geklärt werden, die zur Bildung der öffentlichen Meinung erforderlich sind, ob etwa im Sinne der Habermas’schen Deliberationstheorie die Inklusion aller gesellschaftlichen Gruppen erforderlich ist. Als Ansatzpunkt der Inklusion des Konzepts der öffentlichen Meinung in das Recht genügt die Einigkeit der Sozial- und Politikwissenschaft, dass die öffentliche Meinung das Produkt freier öffentlicher Kommunikation ist. 179 BVerfG, Urt. v. 15.1.1958 – 1 BvR 400/51 – juris Rn. 55 – BVerfGE 7, 198.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Verfassungsrechtlichen Schutz erfährt die Bildung der öffentlichen Meinung neben Art. 20 Abs. 2 GG durch die Grundrechte, vor allem durch Art. 5 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 GG, sowie durch Art. 21 Abs. 1 GG.180 Anders als der formalen Legitimation fehlt es der informellen Legitimation an einem formalen Akt der Integration in die Staatswillensbildung.181 2. Berücksichtigungsfähigkeit der informellen Legitimation Die öffentliche Meinungsbildung ist als Ausdruck der freien Selbstbestimmung des Volks konstituierende Voraussetzung der Demokratie des Grundgesetzes. Die Willensbildung im Staat hat vom Volk zu den Staatsorganen zu erfolgen. Sie ist notwendige Voraussetzung des Wahlakts. Die Möglichkeit zur Berücksichtigung der öffentlichen Meinung als eigenständiger Legitimationsfaktor wird hingegen in Frage gestellt, ihre Bedeutung auf den Charakter der Voraussetzung des Wahlakts reduziert.182 Kritiker der informellen Legitimation verweisen erstens auf den abschließenden Charakter des Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG. Wahlen und Abstimmungen seien nicht nur primäre Quellen der Legitimation, sondern auch abschließend.183 Das Grundgesetz konstruiere die Demokratie als formales Organisationsprinzip.184 Plura­ listische Legitimationsmodelle schwächten zweitens die formalen Bindungen der Staatsgewalt und stünden daher schon abstrakt in Widerspruch zum „Störungs­ verbot“, das Art. 20 Abs. 2 GG zu entnehmen sei und wonach die „Hauptlinien der Ableitungszusammenhänge“ nicht durch weitere Einflussfaktoren ihrer Wirksamkeit beraubt werden dürften.185 Drittens wird der Anerkennung der legitimierenden Kraft der öffentlichen Meinung entgegengesetzt, dass den Staatsorganen ein beinahe unbegrenzter Spielraum zur Ausgestaltung der Rückkopplung eröffnet 180 BVerfG, Urt. v. 19.7.1966 – 2 BvF 1/65 – juris Rn. 116 – BVerfGE 20, 56. Aus der Literatur Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 66; Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 11 ff. 181 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 170 ff.; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  294. Zur Anerkennung von Volkswillensbildung und öffentlicher Meinung BVerfG, Beschl. v. 30.7.1958 – 2 BvF 3/58 u. a. – LS 3 – BVerfGE 8, 104. Zur synonymen Verwendung von Volkswillensbildung und öffentlicher Meinung Kloepfer, in: Isensee/ Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 20. 182 Zum theoretischen Hintergrund mit Nachweisen zur Gegenansicht Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 297. Ergänzende Legitimationsquellen ablehnend Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 55 ff. (am Beispiel der Legitimation der Verwaltung). 183 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 160, 170; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 267 ff., 297. Weitere Nachweise bei Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 297 Fn. 67. 184 Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S.  173: „Das demokratische Prinzip ist wesentlich Form, nicht Inhalt, wesentlich Organisations- und Legitimationsprinzip, nicht Ziel- und Legitimitätskategorie.“ 185 Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 369; rezipiert mitunter durch Rossi, Informa­ tionszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 323.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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würde.186 Der Legitimationskonnex würde durchbrochen, der zu einer konkreten Amtshandlung zu reichen habe, nicht wie die informelle Legitimation zur Staatsgewalt in ihrer Gesamtheit. Die öffentliche Meinung vermittle daher ebenso wenig demokratische Legitimation wie die auf ihr aufbauenden Konzepte der OutputLegitimation, so der Faktor Akzeptanz.187 Dem ist entgegenzutreten. Dem Grundgesetz lassen sich schon keine Anhaltspunkte entnehmen, dass Wahlen und Abstimmungen als die einzigen legitima­ tionsstiftenden Instrumente anzusehen sind.188 Dies lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Telos der grundgesetzlichen Demokratie entnehmen. Vielmehr ist gerade umgekehrt davon auszugehen, dass das Bedürfnis nach dem Ausgehen der Staatsgewalt vom Staatsvolk nicht auf die Hervorbringung nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG beschränkt ist.189 Das Grundgesetz schützt die Bildung der öffentlichen Meinung, indem es die kommunikativen Grundrechte (auch) zur demokratischen Mitwirkung gewährleistet.190 Bedeutung erlangt sie als Ausdruck der Volkswillensbildung im Wahlakt. Dort erstarkt sie ausnahmsweise zum unmittelbaren Akt der Staatswillensbildung.191 Doch auch jenseits des Wahlakts ist ihre Bedeutung für die Demokratie grundgesetzlich anerkannt. So bestätigt Art.  21 Abs. 1 GG, dass die in der Sphäre des Gesellschaftlichen anzusiedelnden Parteien an der Staatswillensbildung teilnehmen.192 Die Artikulation der öffentlichen Meinung ist nicht bei den Parteien monopolisiert. Sie wird zudem von Art. 5 Abs. 1, Art. 9 GG geschützt.193 Die öffentliche Meinung ist auch jenseits des Wahlakts von Bedeutung.194 186

Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 157; Jestaedt, JuS 2004, 649, 652 f. Zur Ablehnung der Legitimation durch Akzeptanz Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 166; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 320; SchmidtAßmann, AöR 116 (1991), 329, 369 ff. 188 Groß, DÖV 2011, 510, 511. 189 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 171; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 298. 190 Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 66; Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 48 ff. 191 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 298 m. w. N. Zum Zusammenfallen von Volks- und Staatswillensbildung im Wahlakt und dem ausnahmsweisen Auftreten des Volks als Staatsorgan Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 168 sowie BVerfG, Urt. v. 19.7.1966 – 2 BvF 1/65 – juris Rn. 115 – BVerfGE 20, 56; BVerfG, Beschl. v. 30.7.1958 – 2 BvF 3/58 u. a. – juris Rn. 33 – BVerfGE 8, 104. Statt aller zur allgemein anerkannten Unterscheidung von Volks- und Staatswillensbildung Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 20. 192 Zum besonderen Status der Parteien Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof HStR, Bd.  III, § 42 Rn.  47; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  298. Zur Verortung der Parteien in der gesellschaftlichen Sphäre, die von Staatswillensbildung jenseits der Wahlen streng zu scheiden ist, BVerfG, Urt. v. 19.7.1966 – 2 BvF 1/65 – juris Rn. 113 ff – BVerfGE 20, 56. 193 Hett, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, S. 133. 194 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 171; Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 17; BVerfG, Beschl. v. 30.7.1958 – 2 BvF 3/58 u. a. – juris Rn. 33 – BVerfGE 8, 104. 187

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Verstünde man Art.  20 Abs.  2 Satz  2 GG als abschließend, wären schon die Modi der Legitimationsvermittlung zumindest rechtfertigungsbedürftig, da sie keine ausdrückliche Erwähnung im Grundgesetz finden, sondern der Rechtsdogmatik entspringen.195 Eine derart restriktive Interpretation des Art. 20 Abs. 2 GG überzeugt nicht, zumal sie der Einordnung der Demokratie als Prinzip nicht gerecht wird.196 Auch steht die Anerkennung der informellen Legitimation nicht in Widerspruch zu der in Art. 20 Abs. 2 GG angelegten Input-Orientierung.197 Zwar mag die informelle Legitimation auch auf Output-Seite von Bedeutung sein, indem sie zur Steigerung von Effektivität und Effizienz der Ausübung der Staatsgewalt und damit mittelbar zur Erhöhung der Akzeptanz beitragen kann.198 Zudem kann sie die Schaffung der Voraussetzungen der Demokratie befördern. Dies ändert jedoch nichts an ihrer unmittelbaren Verortung auf Seiten des Input. Die informelle Legitimation ist Ausdruck des Ableitungs- und Zurechnungszusammenhangs zwischen Staatsvolk und Staatsgewalt. Schlussendlich ist anerkannt, dass die Demokratie des Grundgesetzes erst als verwirklicht anzusehen ist, wenn die Rückkopplung zwischen Staatsvolk und Staatsgewalt eine effektive ist. Effektiv ist die Rückkopplung jedoch nur unter zwei Voraussetzungen. Die Rückkopplung hat eine dauerhafte zu sein. Und die Rückkopplung darf sich nicht im Formalen erschöpfen, sondern bedarf der Ergänzung um inhaltliche Kategorien.199 Dementsprechend ist die informelle Legitimation neben der formalen notwendig, um ein hinreichendes Legitimationsniveau sicherzustellen.200 195

Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 296. Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 617. Mit Verweis auf das BVerfG Mehde, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 213, 223. 197 Zur Input-Orientierung des Art.  20 Abs.  2 GG und der darauf aufbauenden Rechtsprechung des BVerfG Mehde, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S.  213, 213; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 319. 198 Zum Fehlen der unmittelbaren rechtsnormativen Berücksichtigungsfähigkeit von Akzeptanz als Legitimationsfaktor sowie zur Möglichkeit, Akzeptanz im Rahmen eines empirischen Legitimationsverständnisses zu berücksichtigen Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S.  172; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 371. Schliesky (S.  173) auch zur Möglichkeit der rechtsnormativen Verankerung der Akzeptanz im Rahmen von Repräsentation und Responsivität. 199 Krebs, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. V, § 108 Rn. 93. Selbst Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 173 konstatiert, dass sich das Demokratieprinzip nicht in seiner „rein formal-prozeduralen Dimension“ erschöpft. Weit reicht die Inhaltsgebundenheit bei Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 299 f., der die „Sicherung des materiellen Gemeinschafts- und Gemeinwohlbezugs“ vom Gebot demokratischer Legitimation als umfasst ansieht. Holznagel, in: VVDStRL, Bd. 68 (2009), S. 381, 384 bringt die Inhaltsgebundenheit mit der Forderung zum Ausdruck, dass der „Delegations- und Verantwortungszusammenhang vom Volk zu den Staatsorganen transparent, durchlässig, rational und kontrolliert“ auszugestalten ist. 200 Wegener, Der geheime Staat, S.  431; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  298. In diese Richtung auch Mehde, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 213, 217; Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 43. 196

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

337

Auch das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung von der Maßgeblichkeit der Effektivität der Rückkopplung der Staatsgewalt aus.201 Schon früh findet sich eine Öffnung gegenüber ergänzenden Legitimationsmöglichkeiten im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung.202 Die Verbindung zwischen Ausübung der Staatsgewalt und Volk wird demnach „vor allem durch die Wahl des Parlaments“203 hergestellt. Die formale Legitimation ist damit zwar als vorrangiges, nicht substituierbares Instrument der Legitimation anzusehen. Die einzige Legitimationsquelle ist sie jedoch nicht.204 Ergänzende Legitimationsquellen sind zu berücksichtigen. Aber auch jenseits der kommunalen Selbstverwaltung  – sowie jenseits der funktionalen Selbstverwaltung, für die angesichts ihrer grundrechtlichen Relevanz weitreichende Möglichkeiten autonomer Legitimation anerkannt sind, ohne dass über deren allgemeine Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen der demokratischen Legitimation nach Art. 20 Abs. 2 GG entschieden wäre –205 anerkennt das Bundesverfassungsgericht die Bedeutung ergänzender Mechanismen wie der öffentlichen Meinung und der informellen Legitimation: „Das Volk bringt jedoch seinen politischen Willen nicht nur durch Wahlen und Abstimmungen zum Ausdruck. Das Recht des Bürgers auf Teilhabe an der politischen Willensbildung äußert sich nicht nur in der Stimmabgabe bei Wahlen, sondern auch in der Einflußnahme auf den ständigen Prozeß der politischen Meinungsbildung, der Bildung der ‚öffentlichen Meinung‘.“206

Noch deutlicher heißt es im Atomwaffen-Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1966: „Öffentliche Meinungsbildung und Vorformung der politischen Willensbildung des Volkes erfahren aber keine Schmälerung und keine Minderung ihrer Bedeutung und ihres Gewichts 201 Auch wenn das BVerfG schon vor der Maastricht-Entscheidung aus dem Jahr 1993 auf das Legitimationsniveau statt auf Legitimationsketten abstellte, ergab sich in BVerfG, Urt. v. 12.10.1993 – 2 BvR 2134/92 u. a. – BVerfGE 89, 155, erstmals die Notwendigkeit, die Legitimation jenseits des Nationalstaats und damit jenseits des überkommenen Legitimationsmodells zu denken. Seitdem ist die Bezugnahme auf die Effektivität der Legitimation ständige Rechtsprechung. Ausführlich Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 73. Aus der Rechtsprechung BVerfG, Urt. v. 19.7.1966 – 2 BvF 1/65 – juris Rn. 116 – BVerfGE 20, 56. 202 Zur Geltung der Regeln der demokratischen Legitimation im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 380. 203 BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – juris Rn. 37 – BVerfGE 83, 60. Im Ergebnis ebenso BVerfG, Urt. v. 19.7.1966 – 2 BvF 1/65 – juris Rn. 115 – BVerfGE 20, 56. 204 So heißt es auch in BVerfG, Urt. v. 9.11.2011 – 2 BvC 4/10 u. a. – juris Rn. 88 – BVerfGE 129, 300, dass die Wahl den Charakter „eines Integrationsvorgangs bei der politischen Willensbildung des Volkes“ darstellt. Sie ist ein Integrationsvorgang, aber gerade nicht alleiniger. 205 Umfassend zu ergänzenden Mechanismen der autonomen Legitimation sowie deren Ausnahmecharakter Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 267 f.; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 371 ff., 376 ff. Zur funktionalen Selbstverwaltung BVerfG, Beschl. v. 5.12.2002 – 2 BvL 5/98 u. a. – juris Rn. 143 f – BVerfGE 107, 59. 206 BVerfG, Urt. v. 19.7.1966 – 2 BvF 1/65 – juris Rn. 116 – BVerfGE 20, 56.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

in der Demokratie, wenn sie ihrem Wesen entsprechend als eine Erscheinung des gesellschaftlich-politischen und nicht des staatsorganschaftlichen Bereichs begriffen werden.“207

Im Ergebnis vermag allein die informelle Legitimation eine permanente Rückkopplung der Staatsgewalt an das Staatsvolk sicherzustellen. Sie ist dem auf tatsächliche Wirksamkeit angelegten Demokratieprinzip des Grundgesetzes entsprechend als eigenständiger Legitimationsmodus anzuerkennen, der die formale Legitimation ergänzt.208 3. Exkurs: Pluralistisches Demokratiekonzept Die Anerkennung der informellen Legitimation ist vom Übergang zu einem pluralistischen Demokratiekonzept zu unterscheiden. Charakteristisch für pluralistische Theorien ist die Zusammenschau von Input- und Output-Legitimation. Sie müssen kumulativ vorliegen, um den Anforderungen gerecht zu werden, die an eine hinreichende Legitimation der Staatsgewalt zu stellen sind. Damit wird die Input-Legitimation nach wie vor für notwendig erachtet. Daneben tritt jedoch das Bedürfnis nach einer Berücksichtigung des Output. Die Effektivität und Effizienz der Ausübung der Herrschaftsgewalt, d. h. die Qualität des Staatshandelns können demnach legitimierend wirken. Aber auch Akzeptanz ist maßgeblicher, vom Grad der Effektivität und Effizienz abhängiger Faktor.209 Hergeleitet wird die Notwendigkeit der Gesamtschau von Input und Output aus dem auf Optimierung angelegten Prinzipiencharakter der grundgesetzlichen Demokratie. Die Offenheit des Demokratieprinzips steht den Vertretern des pluralistischen Demokratiekonzepts zufolge einer Berücksichtigung inhaltlicher Kriterien auf Seiten des Output nicht nur nicht entgegen, sondern setzt sie angesichts des Optimierungsgebots voraus.210 Die informelle Legitimation mag einen Beitrag zur Verbesserung der OutputLegitimation leisten. Sie erweitert die Informations- und Entscheidungsgrundlage, die bei der Ausübung der Staatsgewalt zu berücksichtigen ist. Sie kann  – 207

BVerfG, Beschl. v. 30.7.1958 – 2 BvF 3/58 u. a. – juris Rn. 33 – BVerfGE 8, 104. Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 170. Im Ergebnis ebenso Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 90 m. w. N. Zur Ergänzung der formalen Legitimation zudem Mehde, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S.  213, 227; Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 597 ff. 209 Grundlegend zu den Kategorien Input und Output 2. Teil, 1. Kap. B. III. 1. b). Umfassend zur Notwendigkeit und dem potenziellen Inhalt pluraler Legitimation Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 656 ff. m. w. N. Zur Berücksichtigung von Effizienz und Effektivität im Lichte des Internet Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S.  231, 242. Die Existenz eines verfassungsrechtlichen Effektivitätsgebots ablehnend Waechter, Geminderte demokratische Legitimation staatlicher Institutionen im parlamentarischen Regierungssystem, S. 105. 210 Statt aller Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 656 ff. m. w. N. 208

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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wie von den Gesetzgebern im Rahmen der Öffnung des Staatshandelns gegenüber der Gesellschaft vielfach vorgebracht  – zu einer Verbesserung der Entscheidungen und damit zur Steigerung von Effektivität und Effizienz beitragen.211 Dies gilt umso mehr, als angesichts der wachsenden Komplexität und Ausdifferenzierung der staatlichen Aufgabenerfüllung in der Informationstechnologiegesellschaft die Einbeziehung auch des privaten Wissens unerlässlich wird, um sachadäquate Entscheidungen treffen zu können. Doch unmittelbar ist die informelle Legitimation auf die Verbesserung des Ableitungs- und Zurechnungszusammenhangs zwischen Staatsgewalt und Staatsvolk gerichtet, wie er in Art. 20 Abs. 2 GG verfassungsunmittelbar zugrunde gelegt wird. Die verfassungsunmittelbare Forderung des Art. 20 Abs. 2 GG beschränkt sich auf die Input-Legitimation. Eine Berücksichtigung auch des Output ist zwar mit dem Prinzipiencharakter des Demokratieprinzips vor dem Hintergrund seiner inhaltlichen Dimension grundsätzlich nicht unvereinbar. Als verfassungsunmittelbare Forderung lässt sie sich dem Grundgesetz jedoch selbst dann nicht entnehmen, wenn man dessen inhaltliche Ausrichtung und die Notwendigkeit der Effektivität der demokratischen Legitimation anerkennt. Denn der Demokratiebegriff des Grundgesetzes ist auf Stufe der Demokratie als Prinzip vom Gesetzgeber zu konkretisieren. Verfassungsunmittelbare Aussagen lassen sich nur den normierten Dogmen entnehmen sowie im Rahmen einer Konkretisierung des Prinzips auf Abwägungsebene. Erst wenn die input-orientierten Legitimationsmodi die demokratische Rückkopplung nicht mehr sicherstellen können, lässt sich eine derartige Forderung verfassungsunmittelbar begründen. Die Berufung auf Effektivität und Effizienz als Ziel der Öffnung des Staatshandelns durch den nationalen Gesetzgeber mag zwar den Weg in Richtung einer Anerkennung des Output im Rahmen der Demokratie des Grundgesetzes weisen. Doch handelt es sich um bloße Zielvorgaben, nicht um rechtsverbindliche Entscheidungen. Eine ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers existiert nicht. Doch selbst wenn man dies anders sieht und Output-Legitimation schon jetzt für notwendig erachtet, ergeben sich daraus keine Öffnungspflichten, die über diejenigen der informellen Legitimation hinausgehen. Denn die kommunikative Rückkopplung als Grundlage der informellen Legitimation ist zugleich Grundlage der Output-Legitimation. Der Umfang der Öffnungspflichten ist kongruent.

211

Zur Begründung der Öffnung der Staatsgewalt mit Effizienz und Effektivität s. o., 2. Teil, 2.  Kap. B. Zur Verbesserung von Entscheidungsergebnissen aufgrund des Zugangs zu Wissen Schmitz, in: Schmidt-Aßmann/Sellner/Hirsch/Kemper/Lehmann-Grube, Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 677, 690.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

III. Verwirklichungsbedingungen der Demokratie Um die Reichweite der demokratischen Legitimation im Sinne von Art.  20 Abs. 2 Satz 1 GG zu bestimmen, bedarf es einer Konkretisierung des Staatsvolks als des Subjekts der Legitimation sowie der Ausübung der Staatsgewalt als deren Objekt.212 Sie sind Funktionsbedingung der demokratischen Legitimation [4. Teil, 2.  Kap. A. III. 1.]. Auf Seiten der Voraussetzungen der Demokratie sind daneben vor- bzw. außerrechtliche Größen wie Akzeptanz und Vertrauen anzusiedeln [4. Teil, 2. Kap. A. III. 2.]. 1. Staatsgewalt und Staatsvolk a) Staatsgewalt Allgemein bedarf es zur legitimationsbedürftigen Ausübung von Staatsgewalt zweierlei: in materieller Hinsicht der Wahrnehmung von Staatsaufgaben,213 d. h. dem Staat zugewiesener Aufgaben, sowie in formeller Hinsicht der Wahrnehmung von Entscheidungsbefugnissen. Die legitimationsbedürftige Ausübung von Staatsgewalt lässt sich demnach trotz der Schwierigkeiten bei der Abgrenzung im Einzelfall beschreiben als „Inanspruchnahme von Entscheidungsbefugnissen in Wahrnehmung einer Staatsaufgabe“214 bzw. einer öffentlichen Aufgabe. Das Bundesverfassungsgericht sieht „alles amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter“ als legitimationsbedürftig an. Dem stehen „bloß vorbereitende und rein konsultative Tätigkeiten“ gegenüber, die aus der Reihe der legitimationsbedürftigen Akte pauschal ausgenommen werden.215 Interne Vorgänge bedürfen der Legitimation, wenn sie Voraussetzung außengerichteten Handelns sind.216

212

Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S.  205 ff. zum Staatsvolk, S. 225 ff. zur Staatsgewalt. 213 Zur Abgrenzung von Staatsaufgaben und öffentlichen Aufgaben s. o., 3. Teil, 2. Kap. A. I. 2.  214 So ausdrücklich Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S.  263. Mit unterschiedlicher Formulierung, im Ergebnis aber ebenso Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 12. Teile der Literatur sehen sämtliches Staatshandeln als legitimationsbedürftig an, vgl. Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 56. 215 BVerfG, Beschl. v. 24.5.1995 – 2 BvF 1/92 – LS 1 – BVerfGE 93, 37; BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – juris Rn. 42 – BVerfGE 83, 60. 216 BVerfG, Beschl. v. 5.12.2002 – 2 BvL 5/98 u. a. – juris Rn.  131 – BVerfGE 107, 59; BVerfG, Beschl. v. 24.5.1995 – 2 BvF 1/92 – juris Rn. 139 ff. – BVerfGE 93, 37. Die Rechtsprechung anerkennt daneben einen Bagatellvorbehalt für Maßnahmen von geringer Wichtigkeit, d. h. von geringem Entscheidungsgehalt, vgl. statt aller BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – BVerfGE 83, 60. Dies ist jedoch schon aus Gründen des eindeutigen Wortlauts des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG („alle Staatsgewalt“), dem systematischen Zusammenhang zu dem umfassend zu lesenden Art. 1 Abs. 3 GG sowie aus Gründen der Rechtssicherheit abzulehnen. So m. w. N. Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 263 ff.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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Die Literatur folgt dem in weiten Teilen und legt den Begriff der Staatsgewalt weit aus. Nicht entscheidend ist, ob das Amtshandeln unmittelbar Außenwirkung entfaltet.217 Lediglich rein vorbereitende Tätigkeiten sowie technisch-instrumentelle Verrichtungen sind von der Legitimationsbedürftigkeit auszunehmen.218 Ebenso wenig kommt es auf die Rechtsform des Amtshandelns an, da es staatliche Stellen andernfalls in der Hand hätten, qua Wahl der Handlungsform auf die Legitimationsbedürftigkeit ihres Handelns Einfluss zu nehmen. Auch erwerbswirtschaftliches und fiskalisches Handeln bedarf der Legitimation.219 Gleiches gilt für informelles und sonstiges Realhandeln.220 Teils erfährt der Begriff der Staatsgewalt in der Literatur eine darüber hinausgehende Auslegung. Der „zur Entscheidung bzw. Maßnahme der Herrschaftsgewalt führende Konkretisierungsprozeß, d. h. der Meinungsbildungs-, Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß“ soll ebenso der Legitimation bedürfen.221 Zugrunde liegen im Wesentlichen zwei Erwägungen: Erstens entspreche die Einbeziehung von vorbereitenden und konsultativen Tätigkeiten deren wachsendem Einfluss auf die endgültige Entscheidung, weshalb schon das vorgelagerte Verfahren der Entscheidungsfindung der Legitimation bedürfe. Dies gelte umso mehr angesichts der wachsenden Komplexität staatlicher Entscheidungen. Die Einbeziehung vorgelagerter Maßnahmen der Beratung und Vorbereitung entspreche der inhaltlichen Dimension des Demokratieprinzips. Zweitens sei der Rechtsbegriff der Staatsgewalt dem Wortlaut „alle Staatsgewalt“ entsprechend weit auszulegen. Die Tätigkeit staatlicher Stellen bedürfe umfassender Legitimation. Dementsprechend befürworten gerade die Vertreter pluraler Demokratiekonzepte eine Erstreckung des Rechtsbegriffs Staatsgewalt auf konsultative und vorbereitende Tätigkeiten, sofern die Verantwortlichkeit bei einer staatlichen Stelle liegt.222 b) Staatsvolk Mit dem Rechtsbegriff „Volke“ nimmt Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG auf die Gesamtheit der Staatsangehörigen Bezug, die zu einer Einheit verbunden sind.223 Das 217 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 12; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 263. Speziell zur Unverbindlichkeit Röhl, Die Verwaltung 29 (1996), 487, 500. 218 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 13. 219 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 13; Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 256. 220 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 12. 221 Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 696. 222 Hierzu umfassend m. w. N. Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 691 ff. 223 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 27; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 224.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

einende Band schnürt in der – vielfach kritisierten –224 Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Staatsangehörigkeit. Nationalstaat und Nation stellen für das Bundesverfassungsgericht prä-existente und damit vorrechtliche Voraussetzung dar, an die das Grundgesetz anknüpft. Daneben tritt die territoriale Zugehörigkeit zu einem bestimmten Gebiet, egal ob zu Bundesstaat, Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG, oder gemäß der Gleichstellungsregel des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG zu Land, Kreis oder Gemeinde. Bezug genommen wird stets auf eine territorial definierte Allgemeinheit.225 Dem liegt der Gedanke demokratischer Gleichheit zugrunde. Persönliche Eigenschaften, etwa ein besonderer Sachverstand oder die individuelle Betroffenheit in eigenen Rechten oder Interessen,226 bleiben bei der Frage nach dem Legitimationssubjekt außer Betracht. Kritisch hinterfragt wird die Konstruktion des Bundesverfassungsgerichts sowohl in Hinblick auf den vorrechtlichen Charakter der Staatsangehörigkeit als auch hinsichtlich der territorialen Beschränkung. Positiv gewendet: Kritiker sehen die ethnische Zugehörigkeit zur deutschen Nation und deren Definition nicht als vorrechtliche, unabänderbare Voraussetzung an. Das Volk und die Elemente, die es einen, seien vielmehr durch das Recht zu bestimmen.227 Doch auch dieser, mitunter auf die grundrechtlich geschützte Verschiedenheit der Individuen ab­stellende Ansatz, der auf die partielle Unvereinbarkeit des Staatsvolk-Denkens des Bundesverfassungsgerichts mit der Supranationalisierung gestützt wird, fasst das Staatsvolk als Gruppierung, deren Teile der Integration in das Ganze bedürfen. Die Zugehörigkeit zum Legitimationssubjekt fordert damit in jedem Fall ein Mindestmaß an Integration und Homogenität.228 224 Zur Kritik Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 266 ff., u. a. mit dem Verweis auf die Konsequenz, wonach Wahlen, bei denen auch Ausländer wahlberechtigt sind, keine Legitimation vermitteln können, vgl. BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – BVerfGE 83, 60. 225 Statt aller BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 2/89 u. a. – juris Rn. 54 f. – BVerfGE 83, 37; für das „Bundes- oder Landesstaatsvolk“ BVerfG, Beschl. v. 5.12.2002 – 2 BvL 5/98 u. a. – juris Rn. 131 – BVerfGE 107, 59; BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – juris Rn. 43 – BVerfGE 83, 60. Hierzu aus der Literatur Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 267; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 25, 31; Je­ staedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S.  224. Zum Gleichstellungsgebot der kommunalen Selbstverwaltung Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 210; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 380. 226 Zur Typologie der Betroffenheit Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 371 f. 227 Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S.  274; Korioth, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 117, 137. 228 Das Bundesverfassungsgericht fordert neben der Zugehörigkeit zum Staatsvolk eine „relative Homogenität“. Sie ist Verfassungsvoraussetzung. Grundlegend das Maastricht-Urteil, BVerfG, Urt. v. 12.10.1993 – 2 BvR 2134/92 u. a. – juris Rn. 101 – BVerfGE 89, 155. Im Ergebnis ebenso BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 2/89 u. a. – juris Rn. 53 – BVerfGE 83, 37; BVerfG, Urt. v. 2.3.1977 – 2 BvE 1/76 – juris Rn. 62 – BVerfGE 44, 125. Zu vergleichbaren Ergebnissen kommen die Kritiker. Auch sie sehen Integration als Verfassungsvoraussetzung an, vgl. nur Korioth, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 117, 153.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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Des Weiteren wird die Bestimmung des Legitimationssubjekts nach territorialen Gesichtspunkten teils ergänzt durch die Idee der legitimierenden Wirkung der Partizipation der von der Ausübung der Hoheitsgewalt spezifisch Betroffenen. Dies ist näher zu beleuchten. c) Exkurs: Legitimation durch Partizipation aa) Funktionale Selbstverwaltung Das Bundesverfassungsgericht anerkennt die legitimierende Wirkung der Be­ troffenenpartizipation im Bereich der funktionalen Selbstverwaltung. Anders als die territorial definierte kommunale Selbstverwaltung ist die funktionale Selbstverwaltung durch ihre Funktions- und Aufgabenbezogenheit geprägt.229 Sie erfasst typischerweise den Bereich, in dem Private in die staatliche Aufgabenerfüllung einbezogen werden, so im Falle der universitären, berufsständischen oder wirtschaftlichen Selbstverwaltung sowie der Sozialversicherung.230 In der jeweiligen Selbstverwaltungseinheit sind die von einer bestimmten Aufgabe primär Betroffenen zusammengefasst. Ihre Entscheidungen vermitteln zwar keine demokratische Legitimation. Doch geht von ihnen autonome Legitimation aus, die unabhängig neben der demokratischen Legitimation steht.231 Voraussetzung der autonomen Legitimation ist, dass alle Interessen angemessen berücksichtigt und Sonderinteressen nicht privilegiert werden.232 Der Anerkennung der autonomen Legitimation liegt die Anerkennung der grundrechtlich geschützten Freiheit zugrunde, die das Prinzip demokratischer Gleichheit ausnahmsweise in den Hintergrund treten lässt. Die Berücksichtigung grundrechtlicher Positionen ermöglicht einen „sachgerechten Interessenausgleich“ sowie die Chance, dass „Zwecke und Ziele effektiver erreicht werden“.233 Dementsprechend kann gelten, dass die legitimierende Wirkung der Betroffenen-Entscheidungen umso größer ist, je stärker der durch die Selbstverwaltung grundrechtlich geschützte Bereich ausgeprägt ist.234 229

Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 71. Instruktiv BVerfG, Beschl. v. 5.12.2002 – 2 BvL 5/98 u. a. – BVerfGE 107, 59. Aus der Literatur Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 381 ff.; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 71 f. 231 Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S.  537 ff.; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 376 ff. 232 BVerfG, Beschl. v. 5.12.2002 – 2 BvL 5/98 u. a. – juris Rn. 143, 145 – BVerfGE 107, 59. Aus der Literatur Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 33. 233 BVerfG, Beschl. v. 5.12.2002 – 2 BvL 5/98 u. a. – juris Rn. 144 – BVerfGE 107, 59. Kritisch zu dieser Entwicklung, allen voran aufgrund der fehlenden dogmatischen Untermauerung und der daraus resultierenden Unbestimmtheit Jestaedt, JuS 2004, 649, 652 f. 234 Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 383. Allgemein zum grundrechtlichen Bezug Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 89. 230

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Zwar ist die Einbeziehung der Bürger in die staatliche Aufgabenerfüllung und Gemeinwohldefinition Hauptanwendungsfall der autonomen Legitimation. Doch gilt dies nur, sofern die Kollaboration institutionell und organisatorisch verfestigt ist, mithin sofern von einer rechtlich (teil-)verselbstständigten Verwaltungseinheit gesprochen werden kann.235 Auf die demokratische Legitimation im Sinne von Art. 20 Abs. 2 GG sind die Grundsätze nicht übertragbar. Die autonome Legitimation steht neben der demokratischen Legitimation. bb) Sonstige Betroffenenpartizipation Unabhängig von Anerkennung und Reichweite der autonomen Legitimation ist die Frage, ob der Betroffenenpartizipation auch jenseits eigenständiger Selbst­ verwaltungseinheiten legitimierende Kraft zukommt. Befürworter der Legitimation kraft Partizipation stellen die These auf, dass Partizipationsmöglichkeiten die Teilhabe des Bürgers an der Ausübung der Staatsgewalt stärken. Mehr Teilhabe an der Staatsgewalt bedeutet ein Mehr an Demokratie. In Rezeption der input-orientierten Demokratietheorie verweisen die Befürworter der unmittelbaren Legitimation durch Betroffenenpartizipation teils auf die legitimierende Kraft, die der Selbstbestimmung der in Individualrechtspositionen Betroffenen innewohnt.236 Teils wird output-orientiert237 die legitimierende Wirkung der Steigerung von Effektivität und Effizienz der Ausübung der Staatsgewalt entnommen, die mit der Einbeziehung externen Sachverstands und der Erweiterung der Entscheidungsgrundlagen einhergeht.238 Die verfassungsrechtliche Betrachtung erfordert eine differenzierte Antwort. Die Anerkennung der Output-Legitimation ist, wie im Kontext pluralistischer Demokratietheorien ausgeführt,239 von einer Entscheidung des einfachen Gesetzgebers abhängig. Verfassungsunmittelbar lässt sich ihre Notwendigkeit dem Grundgesetz nicht entnehmen, da Art. 20 Abs. 2 GG den Ableitungszusammenhang zwischen Staatsgewalt und Staatsvolk auf Seiten des Input verortet. Demgegenüber hängt die Anerkennung unmittelbarer Legitimation durch die Aktivierung der betroffenen Teile der Bevölkerung von der Reichweite des Begriffs des Staatsvolks im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG ab. Nur wenn die Betroffen 235

Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 72. So wohl Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 48. In Hinblick auf die europäische Integration Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 235 f. M.w.N. wenn auch im Ergebnis ablehnend Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 375. 237 Zu dem Umstand, dass die Partizipation auch auf Output-Seite anzusiedelnde Effekte zeitigt, insb. in Hinblick auf Effektivität und Gemeinwohlorientierung Kersting/Schmitter/Trechsel, in: Kersting, Politische Beteiligung, S. 40, 48 sowie 2. Teil, 1. Kap. B. III. 3. c) (Fn. 189). 238 Nachweise bei Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 161, 163, 165. Umfassend zur Einbeziehung externen Sachverstands Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 349, 373 ff. 239 s. o., 4. Teil, 2. Kap. A. II. 3.  236

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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heit einen tauglichen Anknüpfungspunkt für die Konstituierung eines verfassungsrechtlich re­levanten Teilvolks darstellt, kann die legitimierende Wirkung unmittelbarer Partizipation bejaht werden. Auf Grundlage der verfassungsrechtlichen Konzeption des Staatsvolks ist das Kriterium der Betroffenheit jedoch nicht in der Lage, ein Teilvolk zu konstituieren, das den Anforderungen des Art. 20 Abs. 2 i. V. m. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht wird.240 Der Rechtsbegriff des Staatsvolks ist nicht beliebig auf Teile desselben erweiterbar. Dies gilt zumindest dann, wenn die Zugehörigkeit zu einer Einheit nicht eindeutig bestimmt werden kann.241 Zu unbestimmt ist der Kreis der Betroffenen, zu vage die Bezugnahme auf eigene Rechte oder Interessen.242 Unmittelbare Legitimation kraft Mitentscheidung der Betroffenen ist angesichts des Widerspruchs zur demokratischen Gleichheit abzulehnen. Jenseits territorial abgrenzbarer, gesetzlich anerkannter Teilvölker sowie jenseits der autonomen Legitimation im Bereich der funktionalen Selbstverwaltung kommt der Betroffenenpartizipation damit keine unmittelbar legitimierende Wirkung zu. Allerdings kann die Betroffenenpartizipation von mittelbarer Bedeutung sein, als sie die kommunikative Rückkopplung und damit die informelle Legitimation stärkt. Zu fordern ist jedoch auch in diesem Fall, dass die dem Art. 20 Abs. 2 GG zugrunde liegende Idee demokratischer Gleichheit beachtet wird. Sie ist in Gestalt gleicher Mitwirkungsmöglichkeiten der Betroffenen zum Ausdruck zu bringen.243 Unter dieser Voraussetzung ist eine schlichte Mitwirkung, die der Artikulation der betroffenen Interessen dient, möglich.

240 Aus der Literatur für den abschließenden Charakter Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 164; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 216 ff., 224 m. w. N.; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 376. 241 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, II Rn.  157, 164; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap.  3 Rn.  104 ff.; Böckenförde, in: Isensee/ Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 24 Rn.  29, 33. Zur Unbestimmtheit und der damit einhergehenden Deutungshoheit des Gesetzgebers Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 164; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 376. 242 Zum Volk als Kollektiv: BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – LS 3 – BVerfGE 83, 60. Aus der Literatur Mehde, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 213, 215; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 292; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 160; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 369, u. a. mit dem Störungsverbot argumentierend. Zur Unzulässigkeit des Wechsels des Legitimationssubjekts am Beispiel der europäischen Integration Murswiek, in: Appel/Hermes/Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S. 779, 793. 243 Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 373 f., der aufgrund der Einflussnahmemöglichkeiten von einer „vorwirkenden Legitimationsverantwortung“ der staatlichen Stellen ausgeht.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

2. Sonstige Voraussetzungen Jenseits des verfassungsunmittelbar geforderten Dreiklangs aus Staatsvolk, Staatsgewalt und des Ableitungs- und Zurechnungszusammenhangs zwischen beiden bedarf es weiterer Verwirklichungsbedingungen, um die tatsächliche Funktionsfähigkeit der Demokratie sicherzustellen. Die Rede ist von Voraussetzungen in der Gesellschaft wie einem gewissen Bildungsniveau, der Steuerbarkeit der Teilsysteme des Gemeinwesens sowie der Anerkennung derselben durch die der Staatsgewalt Unterworfenen. Zur Systematisierung lässt sich zwischen soziokulturellen, politsch-strukturellen und ethischen Voraussetzungen unterscheiden.244 Sie alle sind im vorverfassungsrechtlichen Bereich angesiedelt.245 Doch sind sie unabdingbar, um die Rückkopplung der Staatsgewalt an das Staatsvolk sicherzustellen. Von herausragender Bedeutung für die tatsächliche und dauerhafte Funktionsfähigkeit demokratischer Herrschaft sind die Einheit des Staatsvolks und die Anerkennung der staatlichen Herrschaft durch die Gewaltunterworfenen. a) Integration und Homogenität Das Legitimationssubjekt Staatsvolk wird formal über die deutsche Staatsangehörigkeit konstituiert, Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG.246 Dies mag für den Bestand eines Staats im Sinne einer politischen Zuordnungseinheit genügen, nicht jedoch für die Demokratie als Staats- und Regierungsform, die auf Grundlage des monistischen Ableitungs- und Zurechnungszusammenhangs des Bundesverfassungsgerichts der Einheitlichkeit bedarf.247 Zur Herstellung dieser Einheit bedarf es weiterer Voraussetzungen.248 Dies gilt unabhängig davon, ob man die Staatsangehörigkeit als vorrechtliche Größe begreift. Für das Bestehenkönnen des Staatsvolks als Personengesamtheit, noch dazu als Subjekt demokratischer Legitimation, bedarf es trotz des grundrechtlichen Schutzes individueller Identität eines Mindestmaßes an gemeinsamer Überzeugung.249

244

So instruktiv Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 59 ff. Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 58. 246 s. o., 4. Teil, 2. Kap. A. III. 1. b), sowie statt aller aus der Literatur Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 26. Aus der Rechtsprechung BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 2/89 u. a. – juris Rn. 54 f. – BVerfGE 83, 37; für das „Bundes- oder Landesstaatsvolk“ BVerfG, Beschl. v. 5.12.2002 – 2 BvL 5/98 u. a. – juris Rn. 131 – BVerfGE 107, 59; BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – juris Rn. 43 – BVerfGE 83, 60. 247 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 64. 248 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 292. Zur Integrationsfunktion des Wahlakts BVerfG, Urt. v. 9.11.2011 – 2 BvC 4/10 u. a. – juris Rn. 88 – BVerfGE 129, 300; BVerfG, Urt. v. 13.2.2008 – 2 BvK 1/07 – juris Rn. 109 – BVerfGE 120, 82. 249 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 24 Rn.  64; Korioth, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 117, 129; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 292. 245

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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Das Bundesverfassungsgericht spricht in Kenntnis der faktischen Differenzierungen innerhalb der Gesellschaft250 von „relativer Homogenität“ des Staatsvolks.251 Damit nimmt es in Anschluss an Hermann Heller Bezug auf das, was das Staatsvolk „geistig, sozial und politisch verbindet“.252 Es bedarf eines einenden Elements, denn Subjekt der Staatsgewalt ist „das Volk als eine zur Einheit verbundene Gruppe von Menschen“253. Als Minimum wird ein Konsens über die Herrschaftsziele und -zwecke sowie die grundlegenden Mittel ihrer Verwirklichung für notwendig erachtet, vor allem über die freiheitlich-demokratische Grundordnung, vgl. nur Art. 18 Satz 1 GG.254 Ihr liegt die Überzeugung zugrunde, dass der demokratische Staat anders als totalitäre Entitäten dem Einzelnen „einen weiten Freiheitsraum zur Entfaltung im privaten wie im öffentlichen Bereich offenhält und gewährleistet“255 Dieser Grundkonsens ist „Verfassungs- und Staatsvoraussetzung“.256 Insofern ist es Aufgabe und Ziel der Verfassung, im Wege der Integration die von der Verfassung vorausgesetzte Einheitlichkeit des Legitimationssubjekts sicherzustellen. Die Integrationsaufgabe des Grundgesetzes ist jedoch keine primäre. Schon aufgrund ihres tatsächlichen, nicht-normativen Charakters ist sie dienende Verfassungsvoraussetzung.257 Der Integration kommt keine unmittelbar legitimierende Wirkung zu. 250

Zur Feststellung der Inhomogenität der Gesellschaft s. o., 2. Teil, 3. Kap. A. II. Vgl. auch Schulz-Schaeffer, NJW 2007, 643, 648; Lübbe-Wolf, ZAR 2007, 121, 127; Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 238; Korioth, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 117, 140, letzterer auch grundlegend zur Differenzierung zwischen politischer und gesellschaftlicher Integration (S. 129). 251 BVerfG, Urt. v. 12.10.1993 – 2 BvR 2134/92 u. a. – juris Rn. 101 – BVerfGE 89, 155. Im Ergebnis ebenso BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 2/89 u. a. – juris Rn. 53 – BVerfGE 83, 37; BVerfG, Urt. v. 2.3.1977 – 2 BvE 1/76 – juris Rn. 62 – BVerfGE 44, 125. 252 BVerfG, Urt. v. 12.10.1993 – 2 BvR 2134/92 u. a. – juris Rn. 101 – BVerfGE 89, 155. 253 BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 2/89 u. a. – juris Rn. 53 – BVerfGE 83, 37. Allgemein zur Notwendigkeit eines Grund- bzw. Basiskonsenses Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 60. 254 Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S.  634; Korioth, in: VVDStRL, Bd.  62 (2003), S.  117, 139. Ähnlich Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 63, der allgemein „ein gewisses Maß an gemeinsamen Grundauffassungen der Bürger über die Art und Ordnung ihres Zusammenlebens sowie die Abwesenheit extremer wirtschaftlich-sozialer Gegensätze“ als Bezugspunkt des Grundkonsenses definiert. Im Rahmen des Republikprinzips auch Klein, DÖV 2009, 741, 745. 255 BVerfG, Urt. v. 2.3.1977 – 2 BvE 1/76 – juris Rn. 62 – BVerfGE 44, 125. Aus der Literatur Dürig/Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 18 Rn. 58 ff. 256 Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  III, § 42 Rn.  15; dies zugrunde legend auch Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 172; Korioth, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 117, 129, 153; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 293. Im Ergebnis ebenso die Rechtsprechung, vgl. nur BVerfG, Urt. v. 2.3.1977 – 2 BvE 1/76 – juris Rn. 62 – BVerfGE 44, 125. 257 Korioth, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 117, 129. Ebd., S. 132, zum nicht-normativen Charakter. Kritisch zur Integration angesichts der Gewährleistung der grundrechtlichen Freiheiten Bogdandy, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 156, 184. Allgemein zu Verfassungsvoraussetzungen Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 735.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

b) Akzeptanz und Vertrauen Untrennbar verbunden mit dem Grundkonsens, der auf ein Mindestmaß an geistiger, politischer und sozialer Homogenität gerichtet ist, ist die Notwendigkeit der Akzeptanz der und des Vertrauens in die Herrschaftsgewalt.258 Akzeptanz und Vertrauen sind ebenso auf die grundsätzlichen Herrschaftszwecke und -ziele sowie die Mittel der Durchsetzung und deren Leistungsfähigkeit zu beziehen wie der Grundkonsens. Der Bezugspunkt ist jedoch ein anderer: Während der Grundkonsens in seiner Integrationsdimension primär auf das Staatsvolk als Legitimationssubjekt bezogen ist, ist er in Gestalt von Akzeptanz und Vertrauen auf das Objekt, die Ausübung von Staatsgewalt, gerichtet. Akzeptanz bezeichnet dabei das positive Ergebnis der Bewertung eines bekannten Phänomens, konkret der Amtshandlungen, die der Ausübung der Staatsgewalt dienen. Der Grad der Zustimmung kann unterschiedlich hoch sein. Er reicht von der Bewertung als richtig bis hin zur Hinnahme.259 Vertrauen basiert demgegenüber auf Ungewissheit. Vertrauen ist die „Erwartung einer künftigen Befriedigung, die zum Motiv für eigenes, sich festlegendes Verhalten wird“.260 Auf Grundlage von Akzeptanz als punktuellem Phänomen kann sich Vertrauen als in die Zeit wirkende Einstellung herausbilden. Ebenso wie die Geltung des Rechts neben dem juristischen Akt der Rechtssetzung von seiner faktischen Anerkennung, d. h. von der sozialen Anerkennung abhängt, ist auch die Funktionsfähigkeit der Demokratie auf die zustimmende Grundhaltung der Bürger angewiesen.261 Daher bedarf es zur dauerhaften Funktionsfähigkeit der Demokratie der Akzeptanz und des Vertrauens in Funktionsweise und Leistungsfähigkeit der Demokratie.262 Dem Konsens über das Mehrheitsprinzip kommt dabei besondere Bedeutung zu, denn er prägt die Funk 258 Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 642, wenn auch im Rahmen pluralistischer Demokratie. 259 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 102; Würtenberger, NJW 1991, 257, 258. Allgemein Holznagel, in: VVDStRL, Bd.  68 (2009), S. 381, 405. 260 Zur Definition des Vertrauens, angelehnt an Niklas Luhmann, instruktiv Jehle, Vertrauen und Recht im Internet, S. 15, sowie ausführlich und m. w. N. oben, 2. Teil, 3. Kap. C. I. 1.  261 Zur Rechtsgeltung Heckmann, Geltungskraft und Geltungsverlust von Rechtsnormen, S.  30 ff. Gegen die Einordnung der Anerkennung als Geltungsgrund des Rechts Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S.  88. Allgemein zur Notwendigkeit der Akzeptanz Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 172. Aus der Rechtsprechung zur Notwendigkeit der Anerkennung der Staatsordnung BVerfG, Urt. v. 2.3.1977 – 2 BvE 1/76 – juris Rn. 63 – BVerfGE 44, 125. Zum Vergleich der Öffentlichkeitsabhängigkeit von Politik und Märkten van Aaken, Der Staat 49 (2010), 369, 401. 262 Heckmann/Knabe, in: Dalibor/Debus/u. a., Perspektiven des Öffentlichen Rechts, S. 321, 337; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 56. Im Kontext der Notwendigkeit der inhaltlichen Rückkopplung hebt auch Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 203 ff. die Bedeutung hervor, dass Demokratie in langer Sicht auf Akzeptanz stoßen muss.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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tionsweise der Demokratie.263 Minderheiten müssen Mehrheitsentscheidungen akzeptieren.264 Andernfalls würde nicht nur die demokratische Gleichheit in Frage gestellt, sondern auch die Funktionsfähigkeit der Demokratie aufgehoben. In den Kategorien von Akzeptanz und Vertrauen kommt eine positive psychosoziale Einstellung zum Ausdruck. Bei beiden handelt es sich nicht um Rechtsbegriffe.265 Akzeptanz und Vertrauen sind als sekundäre Rechtswerte einzuordnen, die „funktional auf die Verwirklichung und Optimierung der primären Verfassungsrechtssätze gerichtet sind“266. Als solche sind sie weder verfassungsrechtlich erforderlich noch erzwingbar. Ihrer Bedeutung als Verwirklichungsbedingung der Demokratie steht dies jedoch nicht entgegen.267 Dies anerkennt auch das Bundesverfassungsgericht: „Die parlamentarische Demokratie basiert auf dem Vertrauen des Volkes.“268

B. Öffentlichkeit im Demokratieprinzip des Grundgesetzes Nachdem die Grundzüge der formalen wie der informellen Legitimation ebenso dargestellt wurden wie die zentralen Verwirklichungsbedingungen der Demokratie, gilt es, auf Prinzipienebene nach der Reichweite der Öffentlichkeitsforderung zu fragen. Ziel ist die Ermittlung verallgemeinerungsfähiger Aussagen auf Grundlage der Anforderungen, die formale wie informelle Legitimation stellen. Gewaltspezifische Besonderheiten bleiben dementsprechend außer Betracht. Gleiches gilt mangels ihres unmittelbaren Verfassungsrangs für mittelbare Einflüsse auf das Legitimationsniveau, wie sie von der Betroffenenpartizipation auf Seiten des Input oder der Einbeziehung der Qualität des Staatshandelns auf Seiten des Output aus 263 Zur konstituierenden Bedeutung des Mehrheitsprinzips statt aller Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 7 Rn. 14; im Kontext der Akzeptanz Würtenberger, NJW 1991, 257, 258. 264 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 76. 265 So für Akzeptanz Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 88, der daher eine Anerkennung der legitimierenden Wirkung ablehnt. Auch der zur Integration notwendige Grundkonsens ist keine Kategorie des Rechts. Er ist als Ergebnis individueller Bewertung strukturanalog zu Akzeptanz und Vertrauen konstruiert. Ebenso zur Akzeptanz Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 371. 266 Zur Kategorie der sekundären Rechtswerte und ihrer Bedeutung m. w. N. Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 592. 267 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 58. Eine darüber hinausgehende Einordnung der Akzeptanz als Legitimationsfaktor ist abzulehnen, vgl. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 102; Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S.  88 f.; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 371. Mit weiteren Nachweisen Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn.  166. Anders Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  III, § 42 Rn.  28; Würtenberger, NJW 1991, 257, 258 f. 268 BVerfG, Urt. v. 5.11.1975 – 2 BvR 193/74 – juris Rn. 61 – BVerfGE 40, 296; bestätigt in BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – juris Rn. 270 – BVerfGE 118, 277. Hierzu van Aaken, Der Staat 49 (2010), 369, 381 f.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

gehen können. Sie tragen lediglich mittelbar zur Verbesserung der informellen Legitimation bei. Zudem lassen sich ihnen keine eigenständigen, inhaltlich über die informelle Legitimation hinausreichenden Öffentlichkeitsgebote entnehmen. I. Formale Legitimation Ausgangspunkt der in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG angelegten Volkssouveränität sind Wahlen.269 Damit die Wahl mit rückblickender Kontrolle und zukunftsorientierter Rechtfertigung der Ausübung von Staatsgewalt ihre Legitimationsfunktion erfüllen kann,270 ist nicht nur die Einhaltung der Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 GG erforderlich. Im Vorfeld der Wahl bedarf es der Gewährleistung einer freien Meinungs- und Willensbildung im gesellschaftlichen Raum.271 Die freie Meinungs- und Willensbildung erfordert die tatsächliche Freiheit des Kommunikationsprozesses sowie die Zugänglichkeit der informatorischen Grundlagen. Andernfalls kann eine verantwortungsvolle demokratische Entscheidung nicht getroffen werden.272 Die grundsätzliche Publizität der Ausübung der Staatsgewalt ist unverzichtbare Voraussetzung, damit vom Wahlakt des Art. 20 Abs. 2 Satz  2 GG legitimierende Wirkung ausgeht.273 Sie ist vom Mindestgewährleistungsgehalt des Demokratieprinzips als erfasst anzusehen. Das Bundesverfassungsgericht formuliert dies prägnant: „Der Akt der Stimmabgabe bei Wahlen erfordert nicht nur Freiheit von Zwang und unzulässigem Druck, sondern auch, dass die Wähler Zugang zu den Informationen haben, die für ihre Entscheidung von Bedeutung sein können.“274

269 BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – juris Rn.  36 – BVerfGE 83, 60. Die von Art.  20 Abs.  2  Satz  2  GG genannten Abstimmungen stehen den Wahlen zwar gleichwertig gegenüber, Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 111, haben in der repräsentativen Demokratie der Bundesrepublik faktisch jedoch keine Bedeutung. Der Fokus der folgenden Darstellung liegt dementsprechend auf Wahlen als Grundlage der Volkssouveränität. 270 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, II Rn.  21 ff.; Wegener, Der geheime Staat, S. 431 f.; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 169. 271 Statt aller BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – juris Rn. 270 – BVerfGE 117, 277; BVerfG, Urt. v. 2.3.1977 – 2 BvE 1/76 – juris Rn.  46 – BVerfGE 44, 125; BVerfG, Urt. v. 19.7.1966 – 2 BvF 1/65 – juris Rn. 115 – BVerfGE 20, 56. Aus der Literatur Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 53; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 303 f. Die subjektive Gewährleistung des Wahlrechts trifft keine Aussage über die subjektive Gewährleistung auch ihrer Verwirklichungsbedingungen. 272 Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 216 ff. Mit historischer Fundierung Wegener, Der geheime Staat, S.  424 ff., 431. Allgemein Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 100. 273 Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 53; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 68; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 303 f. 274 BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – juris Rn. 270 – BVerfGE 118, 277.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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1. Öffentlichkeit aller Staatsgewalt Angesichts des Bedürfnisses nach grundsätzlicher Publizität ist das Handeln von Legislative, Exekutive und Judikative öffentlich zu machen, obwohl die Legitimationsnotwendigkeit gewaltspezifisch zu konkretisieren ist.275 Der Gedanke der Vermittlung der Legitimation ist nicht dahingehend übertragbar, dass eine Vermittlung der für den Wahlakt erforderlichen informatorischen Grundlagen möglich wäre, etwa indem lediglich die Arbeit des Parlaments öffentlich wäre oder, darüber hinausgehend, dass allein das Parlament für die Herstellung von Publizität der gesamten Staatsgewalt zuständig wäre. Beides, auch das Konzept der mittelbaren Öffentlichkeit, das auf Max Weber zurückgeht,276 würde der zur Legitimation notwendigen rückwirkenden Kontrolle ebenso wenig genügen wie der darauf aufbauenden zukunftsgerichteten Rechtfertigung der Ausübung der Staatsgewalt. Die Eigenständigkeit der Gewalten sowie ihre spezifische und grundgesetzlich gewährleistete Leistungsfähigkeit blieben unberücksichtigt. Die Mittel, die Art und Weise sowie das Ergebnis der Erfüllung der (Kern-)Aufgaben sind für das Volk und seine zukunftsgerichtete Wahlentscheidung jedoch von Interesse.277 Eine Substitution durch die Öffentlichkeit nur des Parlaments ist daher schon vor dem Hintergrund der funktionell-institutionellen Legitimation und der Anerkennung eines unantastbaren Kernbereichs der Aufgabenerfüllung der Gewalten nicht denkbar.278 Die Herstellung mittelbarer Öffentlichkeit über das Parlament könnte den Vorwurf nur partieller Legitimation entkräften. Grundsätzliche Öffentlichkeit kann durch die Veröffentlichung allein von parlamentarischen Informationen jedoch nicht gewährleistet werden. Denn die Kapazitäten des Parlaments sind begrenzt, nicht zuletzt aufgrund des wahrzunehmenden Aufgabenzuwachses.279 Legitimations- wie Kontrollfunktion der Wahl bedürfen der unmittelbaren Öffentlichkeit aller Staatsgewalt.

275 Ausführlich s. o., 4. Teil, 2. Kap. A. I. 1. Sichtbar werden die gewaltspezifischen Unterschiede an den Differenzen der Vermittlung der Legitimation, d. h. an der unterschiedlichen Gewichtung von personeller und materieller Legitimation. Hierzu auch der Überblick bei Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 75; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 174. 276 Umfassend Wegener, Der geheime Staat, S. 435 ff. 277 So mit spezifischer Formulierung für die Verwaltung Wegener, Der geheime Staat, S. 432 f.; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 309 f. Friedrich Julius Stahl traf eine vergleichbare Aussage für die Legislative, G. W. F. Hegel für die Judikative (Nachweise bei Wegener, S. 432 f.). 278 So im Ergebnis für die Verwaltung Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 310. 279 Wegener, Der geheime Staat, S. 436.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

2. Öffentlichkeit aller Ausübung der Staatsgewalt Die Publizität staatlichen Handelns als Voraussetzung der formalen Legitimation ist in dem Umfang herzustellen, wie dies zur Legitimation der Staatsgewalt erforderlich ist.280 Grundsätzlich bedarf sämtliche Ausübung der Staatsgewalt der Legitimation. Erfasst wird damit jegliche „Inanspruchnahme von Entscheidungsbefugnissen in Wahrnehmung einer Staatsaufgabe“281. Lediglich vorbereitende und konsultative Tätigkeiten sind auf Grundlage der Rechtsprechung von der Legitimationsnotwendigkeit ausgenommen.282 Der legitimationsnotwendige Umfang der herzustellenden Öffentlichkeit hängt von der Höhe des normativ gebotenen Legitimationsniveaus ab. Allgemeine Aussagen zu dessen Bestimmung sind jedoch auf den Verweis auf die Wesentlichkeitslehre und die zur Reichweite des Parlamentsvorbehalts entwickelten Grundsätze beschränkt, auch wenn diese auf die Rechtssetzung zugeschnitten sind.283 Demnach ist das Bedürfnis nach Legitimation und damit einhergehend nach Publizität besonders ausgeprägt, soweit die Ausübung der Staatsgewalt von Bedeutung für das Gemeinwesen oder die Selbstbestimmung des Einzelnen ist.284 Eine gegenteilige Vermutung lässt sich hieraus nicht ableiten. Die Annahme eines Bagatell­ vorbehalts überzeugt nicht, wonach Entscheidungen von geringer Bedeutung keiner Legitimation bedürfen.285 Auf einem ähnlichen Ansatz beruht die Unterrichtungspflicht der Bundesregierung gegenüber Bundestag und Bundesrat, Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG. Auf Grundlage der Verfassungsrechtsprechung ist anerkannt, dass zur Sicherstellung der Mitwirkungsrechte die Unterrichtung umso intensiver zu sein hat, je komplexer der zugrunde liegende Vorgang, je tiefer in den Zuständigkeitsbereich der Legislative eingegriffen wird und je mehr er sich einer förmlichen Beschlussfassung annähert.286 280

Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 169. Ausführlich 4. Teil, 2. Kap. A. III. 1. a). 282 Ob dies angesichts der wachsenden Bedeutung vorbereitender und konsultativer Tätigkeiten überzeugt, kann im Rahmen der formalen Legitimation dahinstehen, da vorbereitende und konsultative Tätigkeiten jedenfalls zur Herstellung informeller Legitimation zu veröffentlichen sind. Hierzu sogleich, 4. Teil, 2. Kap. B. II. 2. 283 Zur Orientierung an der „je-desto-Formel“ Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 367. 284 Zum Parlamentsvorbehalt BVerfG, Beschl. v. 8.8.1978 – 2 BvL 8/77 – juris Rn.  80 – BVerfGE 49, 89. Der Parlamentsvorbehalt folgt aus der Kompetenzordnung, nicht aus einer vermeintlich stärkeren, da unmittelbaren Legitimation. Allgemein zum Umfang des legitimationsbedürftigen Handelns Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art.  20 Rn.  49.1; Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 64. 285 Zur Ablehnung des Bagatellvorbehalts bereits oben, 4. Teil, 2. Kap. A. III. 1. a), sowie Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 263 ff. Angedeutet jedoch in BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89 – BVerfGE 83, 60; BVerfG, Beschl. v. 15.2.1978 – 2 BvR 134/76 – juris Rn. 44 – BVerfGE 44, 253. 286 BVerfG, Urt. v. 19.6.2012 – 2 BvE 4/11 – LS 2 – BVerfGE 131, 152. 281

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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Auch das Bundesverfassungsgericht bestimmt die zur formalen Legitimation erforderliche Öffentlichkeit weit. Es lässt die potenzielle Relevanz für die Meinungs- und Willensbildung genügen –287 wenn auch nicht als Verpflichtungsgrund zur Schaffung von Öffentlichkeit, sondern als Rechtfertigung.288 Grundsätzlich kann gelten: Damit alle Staatsgewalt im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG vom Volke ausgeht, bedarf es grundsätzlich der Publizität zumindest des Entscheidungsergebnisses. Jedoch kann selbst die weite Bestimmung der Publizität nicht darüber hinwegtäuschen, dass die demokratisch notwendige Öffentlichkeit keine allumfassende ist. Trotz der demokratischen Bindungen, denen die Abgrenzung von Öffentlichkeit und Nicht-Öffentlichkeit unterliegt, ist ein politischer Gestaltungsspielraum anzuerkennen. Dies gilt in besonderem Maße, sofern berechtigte Interessen der Schaffung von Publizität entgegenstehen. II. Informelle Legitimation Die weite Auslegung der zur formalen Legitimation notwendigen Öffentlichkeit wird durch die Öffentlichkeitsabhängigkeit der informellen Legitimation verstärkt, insbesondere durch die Notwendigkeit permanenter und dauerhafter Öffentlichkeit.289 Auch für die informelle Legitimation ist die Öffentlichkeit des staatlichen Handelns unverzichtbare Voraussetzung. Sie ist auch insofern dem Mindestgewährleistungsgehalt des Demokratieprinzips zuzurechnen. Ausgangspunkt der informellen Legitimation ist die Volkswillensbildung290 bzw. die öffentliche Meinung, um die Verortung in der Sphäre des Gesellschaftlichen und den fehlenden Konnex zum Wahlakt zum Ausdruck zu bringen.291 Der verfassungsrechtliche Schutz, allen voran durch Art. 5 Abs. 1, Art. 9, Art. 21 GG, erfasst dabei auch die informatorischen Grundlagen, die zur Meinungs- und Willensbildung erforderlich sind, sowie deren Zugänglichkeit.

287

Zur Staatsfreiheit der Willensbildung BVerfG, Beschl. v. 30.7.1958 – 2 BvF 3/58 u. a. – LS  2, juris Rn.  32 – BVerfGE 8, 104. Aus der Literatur Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 17. 288 Instruktiv BVerfG, Urt. v. 4.7.2007 – 2 BvE 1/06 u. a. – BVerfGE 118, 277, in dem das BVerfG den Zweck der Transparenzregeln billigt, „potentielle Interessenverknüpfungen offenzulegen“ (u. a. juris Rn. 168). 289 Vgl. bereits oben, 4. Teil, 2. Kap. A. II. 1. Zur Kennzeichnung der Demokratie als Prozess Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 291. Ebd., S. 299, zur Notwendigkeit der fortlaufenden Rückkopplung zwischen Staatsgewalt und Volk. 290 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 299, 303 ff. („Meinungsbildung des Volkes“, „gesellschaftlicher Diskurs“). 291 Zum Rekurs auf die öffentliche Meinung Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 65 f., 88 ff.; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 170 ff.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

1. Öffentlichkeit aller Staatsgewalt Zur verantwortungsvollen und selbstbestimmten Bildung der öffentlichen Meinung bedarf es ebenso wie im Kontext der formalen Legitimation der Veröffentlichung staatlicher Informationen.292 Nur mit Wissen um die Ausübung der Staatsgewalt kann sich eine öffentliche Meinung herausbilden, die wirksam in den politischen Prozess einfließen kann. Informationsdefizite auf Seiten der Gesellschaft führen zu Ungleichgewichten, die die legitimierende Wirkung der öffentlichen Meinung schmälern, wenn nicht gar ausschließen. Die bloße Parlamentsöffentlichkeit genügte diesem Informationsbedürfnis strukturanalog zur formalen Legitimation ebenso wenig wie die durch das Parlament mediatisierte Öffentlichkeit. Die Beschränkung auf die Parlamentsöffentlichkeit würde weder der Eigenständigkeit der Exekutive und der Judikative gerecht, noch könnte im Falle der Mediatisierung ein hinreichendes Maß an Publizität gewährleistet werden. Es bedarf der unmittelbaren Publizität aller Gewalten. Dies gilt für Rechtssetzung und Rechtsanwendung gleichermaßen,293 gerade sofern der Ausübung der Staatsgewalt Gestaltungsspielräume eröffnet sind.294 Dort ist Raum zur Berücksichtigung der öffentlichen Meinung. Zudem sind gerade politisch-gestaltende Entscheidungen darauf angewiesen, sich nicht grundlegend und fortlaufend in Widerspruch zur öffentlichen Meinung zu setzen. Aber auch wenn kaum oder keine Gestaltungsspielräume eröffnet sind, tragen die Publizität des Staatshandelns und die öffentliche Meinung zur Legitimation bei. Schließlich dient die informelle Legitimation auch der Kontrolle.295 Die Publizität der Ausübung der Staatsgewalt aktiviert nicht nur die Selbstkontrolle der staatlichen Stellen. Sie steigert die Zahl der Kontrollakteure und der Kontroll­ möglichkeiten.296 Da die rückwirkende Kontrolle Grundlage der künftigen Rechtfertigung ist, trägt sie unmittelbar zur Legitimation der Staatsgewalt bei.

292 Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 44, 53; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 299. Aus der Rechtsprechung BVerfG, Beschl. v. 31.3.1998 – 2 BvR 1877/97 u. a. – juris Rn. 80 – BVerfGE 97, 350. Dort allerdings auch zur Ansicht des BVerfG, dass die „(…) vorrechtlichen – Verfassungsvoraussetzungen“ wie die Öffentlichkeit staatlichen Handelns nicht grundrechtsgleich von Art. 38 Abs. 1 GG gewährleistet werden. 293 Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 30 ff. 294 Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 31, 33. Für die Verwaltung Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 309. 295 Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 90 f.; Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 34. 296 Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  278 ff. Zur Selbstkontrolle zudem Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 231, 243.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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2. Öffentlichkeit aller Ausübung der Staatsgewalt Auch in Hinblick auf den Umfang der zur Bildung der öffentlichen Meinung erforderlichen Publizität kann im Grunde auf die Ausführungen zur formalen Legitimation verwiesen werden. Der Legitimation bedarf zumindest jegliches Staatshandeln mit Entscheidungscharakter, wobei das erforderliche Legitimationsniveau je nach Relevanz der Entscheidung unterschiedlich hoch ist. Darüber hinaus bezieht sich die informelle Legitimation aber nicht nur auf das Ergebnis des Staatshandelns. Sie ist im Vorfeld anzusiedeln. Sie geht in den politischen Willens- und Meinungsbildungsprozess ein und formt diesen vor.297 Indem die öffentliche Meinung nicht nur der rückwirkenden Kontrolle von Entscheidungsergebnissen dient, sondern auch Grundlage künftiger Entscheidungen werden kann, bedarf die informelle Legitimation auch der Publizität vorbereitender und konsultativer Tätigkeiten. Nur durch die grundsätzliche Veröffentlichung auch vorbereitender und konsultativer Maßnahmen kann die demokratisch notwendige frühzeitige Einbeziehung der Allgemeinheit in die demokratische Meinungs- und Willensbildung gewährleistet werden.298 Zur Veranschaulichung der Notwendigkeit der Veröffentlichung auch vorbereitender und konsultativer Akte kann sich des aus der Politikwissenschaft ent­lehnten Bildes des policy-cycle bedient werden. Der policy-cycle untergliedert den politischen Prozess in die Phasen der Problemdefinition und -thematisierung, der Politikformulierung und -implementierung sowie deren Evaluation und erneuten Definition.299 Ansatzpunkt der formalen Legitimation ist die letzte Phase der Evaluation und Neudefinition der Politik, in der die Verantwortlichkeit der Staatsgewalt im Mittelpunkt steht. Demgegenüber erstreckt sich die informelle Legitimation über sämtliche Phasen des policy-cycle. Sie vermag die Auseinandersetzung mit Problemen und die Formulierung politischer Ziele zu beeinflussen, womit sie schon in der Phase der Problemdefinition und Themenfindung Bedeutung erlangt. Die umfassende Herstellung von Publizität ist demnach geboten. Nur eine um­ fassende Öffnung kann die demokratisch wie grundrechtlich geschützte (Staats-) Freiheit der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung gewährleisten. Die Ver-

297 So ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 31.3.1998 – 2 BvR 1877/97 u. a. – juris Rn.  80 – BVerfGE 97, 350; BVerfG, Beschl. v. 30.7.1958 – 2 BvF 3/58 u. a. – juris Rn. 32 f. – BVerfGE 8, 104. Aus der Literatur Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  III, § 42 Rn.  23. Ebd., Rn.  60, aber auch zur primären Verankerung des Öffentlichkeitsgrundsatzes der Justiz im Rechtsstaat- statt im Demokratieprinzip. 298 Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 46 zur Notwendigkeit der rechtzeitigen Beteiligung der Allgemeinheit an der Willensbildung. 299 Modelle des Politikzyklus existieren en masse. Sie unterscheiden sich in Anzahl und Benennung der Phasen. Zur vorliegenden Unterscheidung vgl. bereits 2. Teil, 3.  Kap. D. II. 2. (Fn. 913).

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

öffentlichung vorbereitender und konsultativer Akte ist damit im Gegensatz zur formalen Legitimation als erfasst anzusehen. Denn nur unter diesen Voraussetzungen kann sich die Wirkung der öffentlichen Meinung voll entfalten. III. Verwirklichungsbedingungen der Demokratie Auch zur Konstituierung des Staatsvolks sowie zur Sicherstellung der Funktionsvoraussetzungen relativer Homogenität, Akzeptanz und Vertrauen bedarf die Ausübung der Staatsgewalt der Öffentlichkeit. Da sie keine verfassungsunmittelbare Relevanz besitzen, sondern als sekundäre Rechtswerte einzustufen sind, soll der Umfang der notwendigen Öffnung in gebotener Kürze beleuchtet werden. 1. Integration und Öffentlichkeit Die Integration in das Staatsvolk ist Prozess, der sich durch Meinungsbildung von unten nach oben vollzieht.300 Dabei kommt es nicht darauf an, ob man die freiheitlich demokratische Grundordnung als alleinigen inhaltlichen Bezugspunkt definiert. Der Integrationsprozess und der ihn konstituierende Grundkonsens sind in der Öffentlichkeit lebendig zu halten.301 Die Publizität des Staatshandels ist einerseits Voraussetzung der Bildung einer informierten öffentlichen Meinung. Andererseits schafft sie gemeinsame Themen, die ihrerseits zu (Teil-)Öffentlichkeiten erstarken können. Absolute Homogenität können sie nicht gewährleisten. Doch sind sie Ausdruck der relativen Homogenität, wie sie auch das Bundesverfassungsgericht fordert. Dies gilt in besonderem Maße für die Herstellung von Öffentlichkeit in Gestalt der öffentlichen Zugänglichkeit. Denn das Internet ist Ort informationeller wie partizipativer Öffentlichkeit. Die Öffentlichkeit staatlichen Handelns befördert damit die Schaffung relativer Homogenität. Als Funktionsvoraussetzung der Demokratie, d. h. als sekundärer Rechtswert ist dies verfassungspolitisch wünschenswert, jedoch nicht von unmittelbarer verfassungsrechtlicher Wirkung. Die Öffentlichkeit hat insofern lediglich dienenden Charakter.302 300 Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 60. Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn.  15 sieht die konsensbedürftige Ordnung als dynamische an. Böckenförde, in: Isensee/ Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 63 spricht von einem „sich aktualisierenden Gemeinschaftswillen“. Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 293 zur Konstituierung des Volks in Öffentlichkeit und durch Kommunikation. Hett, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, S. 85 ff. zur Integration durch Öffentlichkeit in der Lehre von Rudolf Smend. 301 BVerfG, Urt. v. 2.3.1977 – 2 BvE 1/76 – juris Rn. 62 – BVerfGE 44, 125. Aus der Literatur Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  III, § 42 Rn.  15; Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 216. 302 So allgemein zur Integration Korioth, in: VVDStRL, Bd. 62 (2003), S. 117.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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2. Akzeptanz, Vertrauen und Öffentlichkeit Auch im Kontext der Funktionsvoraussetzungen Akzeptanz und Vertrauen ist die Öffentlichkeit des Staatshandelns unverzichtbare Voraussetzung, auch wenn ihr lediglich dienende Funktion zukommt.303 Erst mit Kenntnis der Ausübung der Staatsgewalt wird die Basis für die individuelle Bewertung und damit von Akzeptanz geschaffen. Denn Akzeptanz ist auf ein reales Phänomen bezogen. Zwar kann Öffentlichkeit allein Akzeptanz nicht gewährleisten. Doch schafft die Publizität des Staatshandelns die notwendigen Voraussetzungen. Denn über die Herausbildung von Akzeptanz entscheidet die Einordnung des Staatshandelns als vernünftig, als (sach-)gerechter Ausgleich der betroffenen Interessen.304 Ein Ausgleich kann dabei nur dann als sachgerecht eingestuft werden, wenn die zum Ausgleich zu bringenden Interessen offengelegt werden. Demnach verwirklicht sich das materielle Recht im formellen,305 ähnlich der Legitimation durch Verfahren:306 Der Allgemeinheit wird die Möglichkeit der eigenen Abwägung eröffnet, die neben der rechtlichen Schwarz-Weiß-Skizze von Rechtswidrigkeit und Rechtmäßigkeit auch Grautöne der Zweckmäßigkeit kennt, was das Spektrum akzeptanzfähigen Staatshandelns erweitert.307 Schließlich er­öffnet die Öffentlichkeit des Verfahrens die Möglichkeit der Partizipation. Auch wenn der Betroffenenpartizipation keine unmittelbar legitimierende Kraft zukommt, kann sie aufgrund der Möglichkeit, eigene Interessen einzubringen, akzeptanzstiftend wirken.308 Partizipation bedarf ihrerseits der Öffentlichkeit, um diese unterstützende Funktion erfüllen zu können.309 Vergleichbares gilt für den Faktor Vertrauen.310 Anders als Akzeptanz beruht Vertrauen zwar auf Ungewissheit. Daher ist Öffentlichkeit keine konstituierende Voraussetzung. Doch wirkt sie insofern vertrauensstiftend, als Publizität eine positive Grundeinstellung der Gewaltunterworfenen gegenüber der Staatsgewalt 303 Zur Akzeptanz durch Öffentlichkeit Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 133; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 102 f. 304 Würtenberger, NJW 1991, 257, 259. 305 Würtenberger, NJW 1991, 257, 260. Zur Notwendigkeit des Zusammenspiels von formellem und materiellem Recht zur Legitimation BVerfG, Beschl. v. 24.5.1995 – 2 BvF 1/92 – juris Rn. 151 – BVerfGE 93, 37. 306 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap.  3 Rn.  102 fordert „bessere Informationspolitik“ und „größere Dialogbereitschaft“. 307 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 103. 308 Zur Gewinnuung von Akzeptanz und Vertrauen durch Partizipation Holznagel, in: VVDStRL, Bd. 68 (2009), S. 381, 405. Zur fehlenden eigenständigen Bedeutung der Partizipation vgl. bereits oben, 4. Teil, 2. Kap. A. III. 1. c). 309 Statt aller Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 215. 310 Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 373. Ebenso Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 216: „Vertrauen ohne Transparenz, die erlaubt zu verfolgen, was politisch geschieht, ist nicht möglich.“ Zur Vertrauensstiftung durch Akzeptanz am Beispiel der Verwaltung Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 133.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

begründen kann. Grund ist weniger die Anerkennung der Öffentlichkeit als Garant des Gemeinwohls, denn die mit der Öffentlichkeit einhergehende Vermutung der verstärkten Selbstkontrolle der öffentlichen Hand. Da im Falle der Öffentlichkeit des Staatshandelns die Gefahr steigt, dass das Übertreten der rechtlich eingeräumten Handlungsspielräume bekannt und sanktioniert wird, kann vermutet werden, dass der Wille der staatlichen Stellen zur Orientierung an der öffentlichen Meinung sowie dem rechtlich Zulässigen und Zweckmäßigen wächst.311 Generell kann daher davon ausgegangen werden, dass Akzeptanz und Vertrauen umso leichter ausgebildet werden, je umfassender die Öffentlichkeit ist. Dem Vorwurf der Geheimhaltung wird aktiv entgegengetreten. Die Veröffentlichung des Frühstadiums von Entscheidungen, insbesondere die Veröffentlichung vorbereitender und konsultativer Akte kann positiv auf die Einstellung des Einzelnen zurückwirken, da eine Einwirkung auf die öffentliche Meinung und damit zumindest potenziell auf die Ausübung der Staatsgewalt möglich ist.312 Abschließend ist darauf zu verweisen, dass das Handeln von Gesetzgebung, vollziehender Gewalt wie Rechtsprechung den Kategorien der Akzeptanz und des Vertrauens zugänglich sind, obwohl sie vorrangig im Kontext der Legitimation des Verwaltungshandelns diskutiert werden.313 So sehr die Öffentlichkeit des Staatshandelns jedoch Voraussetzung der Schaffung von Akzeptanz und Vertrauen ist, so wenig kommt ihr angesichts ihres tatsächlichen, nicht rechtsnormativen Charakters unmittelbare verfassungsrechtliche Bedeutung zu. IV. Zusammenfassung und Schlussfolgerung 1. Objektive Dimension des demokratischen Öffentlichkeitsgebots Publizität bzw. allgemein gesprochen die Öffentlichkeit des Staatshandelns ist unabdingbare Voraussetzung sowohl der formalen als auch der informellen Legitimation.314 Auch wenn der Demokratie auf Ebene des Prinzips nur ein 311

Groß, DÖV 2011, 510, 511. Empirisch belegt ist dies für das Budgetdefizit, so van Aaken, Der Staat 49 (2010), 369, 393. Ebd. jedoch auch zu dem Umstand, dass signifikanter Einfluss auf Korruption und das Vertrauen in das Parlament nicht festzustellen ist. Heine/Proske, Die Verwaltung 45 (2012), 546, 556 ff. betrachten Open Government (auch) als „Korruptionsförderer“. 312 Würtenberger, NJW 1991, 257, 259. Zur besonderen Bedeutung der Akzeptanz im Kontext des Verfahrens Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Rn. 102 f. 313 Statt aller Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, II Rn.  165 f.; Würtenberger, NJW 1991, 257. Zur Diskussion der legitimierenden Kraft der Akzeptanz i.R.d. Judikative, wenn auch i. E. ablehnend Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 88 f. 314 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, II Rn.  21 („zwingende Voraussetzung“). Für die Öffentlichkeit von Exekutive und Legislative Pieroth, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/ Schulte, Planung, S. 195, 197.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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Mindestgewährleistungsgehalt entnommen werden kann, ist die Forderung nach grundsätzlicher Öffentlichkeit des Staatshandelns hierzu zu rechnen. Denn: „Die freiheitliche Demokratie ist eine öffentliche – oder sie es nicht.“315 Die Herstellung von Öffentlichkeit ist für die gesamte Staatsgewalt dem Grunde nach als objektive Pflicht anzusehen. Der im Kontext der Staatsstrukturprinzipien grundsätzlich anzuerkennende weite Gestaltungsspielraum der Staatsgewalt bei der Ausgestaltung der Strukturentscheidungen ist insofern eingeschränkt.316 Untermauert wird die auf ihre Legitimationsnotwendigkeit gestützte Pflicht zur Schaffung von Publizität durch die Öffentlichkeitsabhängigkeit der Verwirklichungsbedingungen der Demokratie. Sowohl zur Sicherstellung der Integration des Einzelnen in das Staatsvolk als auch zur Herstellung von Akzeptanz und Vertrauen als Grundlage der Funktionsfähigkeit der Demokratie bedarf es der Publizität der Ausübung der Staatsgewalt. Angesichts des vorverfassungsrechtlichen Charakters handelt es sich jedoch um ein als sekundäre Pflicht zu bezeichnendes Annexgebot.317 Auch aus der in den Demokratietheorien umfassend angelegten Idee der Output-Legitimation lassen sich unmittelbar keine weitergehenden Verfassungsgebote entnehmen. 2. Keine subjektive Dimension des demokratischen Öffentlichkeitsgebots Das Publizitätsgebot ist lediglich objektive Pflicht. Ein korrespondierendes subjektives Recht lässt sich dem Demokratieprinzip nicht entnehmen.318 Zwar wird der rein objektiv-rechtlichen Bedeutung verfassungsrechtlicher Gewährleistungen im Bereich der Grundrechte ihre fehlende Durchsetzbarkeit vorgeworfen. Zudem wird vor der Inkongruenz objektiver und subjektiver Gewährleistungen gewarnt. Die fehlende Untermauerung objektiver Pflichten mit subjektiven Rechten erleichtere die (nicht zu rechtfertigende) Ausweitung des Gewährleistungsgehalts. „Objektives ‚Recht‘ ohne subjektive Rechte wäre bloß soziale Ordnung.“319 Die vorgetragenen Positionen führen jedoch nicht zu einer Subjektivierung des demokratischen Öffentlichkeitsgebots.320 Staatsstrukturprinzipien enthalten grund 315

Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 215. So in einer Gesamtschau der Fundierung des Öffentlichkeitsgrundsatzes auch Scherzberg, in: VVDStRL, Bd. 63 (2004), S. 452 [Aussprache]. Zur Verfassungsunmittelbarkeit der Aufgabe der Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen, ebenfalls abgeleitet aus einer Gesamtschau des Grundgesetzes BVerwG, Urt. v. 26.2.1997 – 6 C 3/96 – LS 1 – BVerwGE 104, 105. 317 Zum Verständnis sekundärer Rechtswerte als Annex- oder Optimierungsgebote Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 592. 318 Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 84 ff. Für die Verwaltungsöffentlichkeit Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 319. 319 Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 407. 320 So im Ergebnis Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 86. 316

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

legende Strukturentscheidungen. Ihnen können bereits nur auf Grundlage des Untermaßverbots und damit nur im Einzelfall konkrete Gewährleistungsgehalte entnommen werden. Ihrem Charakter als Strukturprinzip entsprechend begründen sie damit gerade keine unmittelbaren subjektiven Rechte. Dies widerspräche der Systematik verfassungsrechtlicher Gewährleistungen, die zwischen Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten einerseits und Strukturvorgaben und sonstigen Organisationsvorschriften andererseits unterscheidet.321 Zudem sind, in der Diktion der Schutznormtheorie, Strukturprinzipien nicht dem Einzelnen zu dienen bestimmt.322 Verfassungsrechtlicher Ort der Subjektivierung sind die Grundrechte.323 Vereinzelt wird eine Subjektivierung des Demokratieprinzips und dessen Öffentlichkeitsforderung auf das grundrechtsgleiche Recht des Art. 38 Abs. 1 GG gestützt.324 Dessen Gewährleistungsgehalt erstrecke sich dem Bundesverfassungsgericht zufolge auf den „grundlegenden demokratischen Gehalt dieses Rechts“. Mitunter werde das subjektive Recht gewährleistet, auf die Ausübung der Staatsgewalt Einfluss zu nehmen.325 Dem kann nicht gefolgt werden. Die Gewährleistung auch der Voraussetzungen des Wahlrechts und seines grundlegenden Gehalts erachtet das Bundesverfassungsgericht gerade nicht als grundrechtsgleich gewährleistet.326 Eine Subjektivierung des demokratischen Öffentlichkeitsgebots über Art. 38 Abs. 1 GG ist daher abzulehnen. Demokratie bedarf der grundsätzlichen Öffentlichkeit aller Staatsgewalt. Doch als Strukturentscheidung verharrt ihr Gewährleistungsgehalt im Objektiven.

C. Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft Der Mindestgewährleitungsgehalt des Öffentlichkeitsgebots ist vor dem Hintergrund der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen zu konkretisieren. Gerade die Herausbildung der Informationstechnologiegesellschaft samt der Umgestaltung der Beziehung zwischen Staat und Bürger beeinflusst das Demokratieprinzip als Grundnorm des Verhältnisses von Staat und Bürger bzw. Gesellschaft. 321

Statt aller m. w. N. gegen die Subjektiverung von Staatsstrukturprinzipien Pieroth, JuS 1981, 625, 628. 322 So im Kontext des Demokratieprinzips Nolte, DÖV 1999, 363, 370. Ausführlich zur Schutznormtheorie und der Subjektivierung grundrechtlicher Gewährleistungen unten, 4. Teil, 5. Kap. C. II. 2. c). 323 Statt aller Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 320. Rückblickend bezeichnet Nolte, DÖV 1999, 363, 367 die Ablehnung der Subjektivierung der Staatsstrukturprinzipien als „ganz herrschende Meinung“, die jedoch hinterfragt wird. Jedoch lehnt er selbst eine Subjektivierung des Demokratieprinzips über Art. 38 Abs. 1 GG ab. 324 Nolte, DÖV 1999, 363, 367 f. 325 BVerfG, Urt. v. 12.10.1993 – 2 BvR 2134/92 u. a. – juris Rn. 61 – BVerfGE 89, 155. 326 So ausdrücklich zur Idee, dass die „jeweils verfolgten politischen Zielvorstellungen allgemein sichtbar und verstehbar sind“ BVerfG, Beschl. v. 31.3.1998 – 2 BvR 1877/97 u. a. – juris Rn. 80 – BVerfGE 97, 350.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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I. Entwicklungslinien in der Informationstechnologiegesellschaft Die Herausbildung der Informationstechnologiegesellschaft wirkt auf den Umfang der rechtlich notwendigen Legitimation [4. Teil, 2. Kap. C. I. 1.] wie auf die Höhe des tatsächlichen Legitimationsniveaus [4. Teil, 2. Kap. C. I. 2.] zurück. Sofern das tatsächliche Legitimationsniveau das rechtlich gebotene Ausmaß unterschreitet, bedarf das dem Grundgesetz immanente Legitimationskonzept zu seiner Effektivierung der Ergänzung [4. Teil, 2. Kap. C. I. 3.]. 1. Rechtsnormatives Erfordernis demokratischer Legitimation Der Umfang des Legitimationsbedarfs, d. h. der Umfang der notwendigen Rückkopplung zwischen Staatsvolk und Staatsgewalt in der Informationstechnologiegesellschaft ist rein objektiv zu bestimmen. Die Erwartungshaltung der Bürger, die die Wahrnehmbarkeit und Zugänglichkeit von Informationen angesichts der Funktionslogik des Internet zunehmend als Normalzustand ansehen, löst ebenso wenig einen eigenständigen Legitimationsbedarf aus wie die die Informationstechnologiegesellschaft prägende Anerkennung der Öffentlichkeit als Wert.327 Ausgangspunkt der Bestimmung des Legitimationsbedarfs ist die rechtsnormative Anordnung der Rückkopplung von Staatsgewalt und Staatsvolk, Art.  20 Abs.  2 GG. Legitimationssubjekt und -objekt sind dementsprechend im Lichte der geänderten Realität zu betrachten. a) Auswirkungen auf die Ausübung der Staatsgewalt Trotz der zunehmenden Vernetzung von Staat und Bürger und der Erosion des Nationalstaats bedarf dieser auch in der Informationstechnologiegesellschaft der demokratischen Legitimation.328 Auch in der Informationstechnologiegesellschaft ist der Unterschied zwischen Staat und Gesellschaft nicht aufgehoben, so dass der Staat weiterhin der Legitimation bedarf. Hieran ändert auch die fortschreitende Einbeziehung Privater in die staatliche Aufgabenerfüllung und Gemeinwohlkonkretisierung nichts. Selbst die für den Gewährleistungsstaat charakteristische Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft bezieht sich allein auf die Ausführungsebene, nicht auf die Verantwortungsträgerschaft. Weder entfällt die Notwendigkeit der Legitimation der Staatsgewalt, noch kann die notwendige Legitimation durch die Einbeziehung Privater sichergestellt

327

Zur Öffentlichkeit als Wert s. o., 2. Teil, 3. Kap. D. II. 1.  Umfassend zur Auswirkung der Entgrenzung und Vernetzung in der Informationstechnologiegesellschaft auf den Staat 2. Teil, 3. Kap. C. I., II. 328

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

werden.329 Denn sie sind nicht Legitimationssubjekt im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Das Recht wird durch die Einbeziehung Privater ebenso herausgefordert wie durch die Auflösung klarer Zuständigkeits- und Verantwortungsstrukturen als Ausfluss der internen Vernetzung. In Frage gestellt werden die überkommenen Funktionslogiken und damit die Funktionsfähigkeit des Rechts zudem durch die Auflösung der überkommenen Raum-Zeit-Struktur. Aber das Recht ist trotz des Verlusts seines Alleinstellungsanspruchs nach wie vor zentrales, demokratisch legitimiertes Steuerungsinstrument. Schließlich vermag die Supra- und Internationalisierung nichts an der Notwendigkeit der Legitimation der Nationalstaaten zu ändern. Denn die Legitimation supra- wie internationaler Zusammenschlüsse wird maßgeblich von souveränen Nationalstaaten vermittelt. Selbst die Integration in die Europäische Union stellt dies nicht in Frage. Auf Ebene der Europäischen Union bestätigt dies die Möglichkeit des Austritts, Art. 50 EUV. Auf nationalstaatlicher Ebene zeugt die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 23 GG von der Integrationsverantwortung des Nationalstaats und damit von der Notwendigkeit seiner demokratischen Legitimation.330 Auch die Immaterialisierung führt nicht zu einem Absinken der demokratisch als notwendig zu erachtenden Legitimation. Vielmehr kann die Staatsgewalt den Raum des Immateriellen sowohl gestalten als auch zu Rechtsgüterschutz und Rechtsdurchsetzung nutzen.331 Mit der Erschließung des Immateriellen erwachsen dem Staat tendenziell neue Aufgaben. Sie bedürfen ebenso der demokra­ tischen Legitimation wie die herkömmliche Aufgabenwahrnehmung der Staatsgewalt. Die Höhe des Legitimationsniveaus wird durch den Aufgabenzuwachs zwar nicht beeinträchtigt. Doch bestätigen Zuwachs und Ausdifferenzierung der Aufgaben die Notwendigkeit der demokratischen Legitimation der Staatsgewalt in der Informationstechnologiegesellschaft. b) Auswirkungen auf das Staatsvolk Das Staatsvolk bleibt auch in der Informationstechnologiegesellschaft zentrales Legitimationssubjekt. An diesem rechtsnormativen Erfordernis vermag die zunehmende Vernetzung von Staat und Gesellschaft nichts zu ändern. Denn Staat 329 Zur Unvereinbarkeit der beliebigen Anerkennung von Teilvölkern i. S. v. Art.  20 Abs.  2 GG s. o., 4. Teil, 2. Kap. A. III. 1. c). Zum Erfordernis der Sicherstellung der personell-organisatorischen und der sachlich-inhaltlichen Legitimation der entscheidenden Amtswalter zudem BVerfG, Beschl. v. 5.12.2002 – 2 BvL 5/98 u. a. – juris Rn. 148 – BVerfGE 107, 59. 330 Instruktiv BVerfG, Urt. v. 23.6.2009 – 2 BvE 2/08 u. a. – BVerfGE 123, 267. 331 Zur Auswirkung der Immaterialisierung in der Informationstechnologiegesellschaft auf den Staat 2. Teil, 3. Kap. C. III.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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und Gesellschaft sind unabhängige, wenn auch interdependente Teilsysteme des Gemeinwesens. Gleiches gilt für die Herausbildung von Teilöffentlichkeiten. Sie fordert die für die tatsächliche Funktionsfähigkeit als notwendig zu erachtende Gewährleistung der relativen Homogenität des Staatsvolks heraus. Dies vergrößert das tatsächliche Bedürfnis danach, die Integration in das Legitimationssubjekt Staatsvolk sicherzustellen. Rechtsnormative Wirkungen entfaltet die potenzielle Zersplitterung des Staatsvolks in Teilöffentlichkeiten jedoch angesichts der Verortung auf Stufe der vorverfassungsrechtlichen Verwirklichungsbedingungen der Demokratie nicht. Schließlich vermag auch die Integration in supra- und internationale Zusammenschlüsse nichts an der Maßgeblichkeit des Staatsvolks als Legitimationssubjekt zu ändern, wie die fortbestehende Souveränität der Nationalstaaten und die Vermittlung der Legitimation durch die Nationalstaaten bestätigen. Man mag die Geeignetheit der Anknüpfung an ein einheitliches, noch dazu einziges Legitimationssubjekt in Zeiten der Integration für nicht mehr zeitgemäß erachten.332 Dies ändert jedoch nichts an der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung, wonach die demokratische Legitimation an das Staatsvolk im Sinne des Kollektivs der Staatsangehörigen anknüpft.333 c) Exkurs: Beschränkung der demokratischen Öffentlichkeit auf Staatsangehörige Angesichts des Umstands, dass das Demokratieprinzip des Grundgesetzes an die Staatsangehörigkeit des Art. 116 GG anknüpft, wird zum Teil eine Beschränkung des demokratischen Öffentlichkeitsgebots auf Staatsangehörige gefordert.334 Dies mag bei isolierter Betrachtung des Demokratieprinzips verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden können.335 Doch schon aufgrund der Möglichkeit, die Publizität als öffentliche Zugänglichkeit auszugestalten, sind dem praktische Bedenken entgegenzusetzen. Denn eine Beschränkung der öffentlichen Zugänglichkeit auf Staatsangehörige würde eine Registrierung zur Sicherstellung der Zugangsbeschränkung erforderlich machen. Technisch ist dies realisierbar, wenn auch angesichts der technischen Umgehungs-

332

So überzeugend Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S.  678 m. w. N. 333 Murswiek, in: Appel/Hermes/Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S. 779, 793 zur Unzulässigkeit eines Wechsels des Legitimationssubjekts im Anschluss an das Lissabon-Urteil des BVerfG, Urt. v. 23.6.2009 – 2 BvE 2/08 u. a. – juris Rn. 228 – BVerfGE 123, 267. 334 Vgl. die Nachweise bei Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 179. 335 Dies ebenfalls konstatierend Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 180.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

möglichkeiten nur dem Grunde nach. Doch widerspräche eine Zugangsbeschränkung bereits der Grenzenlosigkeit als technischem Konstruktionsprinzip des Internet. Hinzu kommt, dass angesichts der supra- und internationalen Integration nicht nur die Rechtsvergleichung als Auslegungsmethode an Bedeutung gewinnt. Die Möglichkeit zum inter- bzw. supranationalen Vergleich der tatsächlichen Umstände und der Ausübung der Staatsgewalt ist als Voraussetzung einer verantwortungsvollen Meinungs- und Willensbildung nicht mehr wegzudenken. Doch auch rechtliche Bedenken sprechen gegen eine Beschränkung des demokratischen Öffentlichkeitsgebots auf Staatsangehörige. Schon die Kontrollfunktion des Demokratieprinzips kann durch eine voraussetzungslose öffentliche Zugänglichkeit besser erfüllt werden als durch ein auf Staatsangehörige beschränktes (Individual-)Zugangsrecht. Gerade die mit der potenziellen Wahrnehmung des Staatshandelns durch die Allgemeinheit einhergehende Selbstkontrolle und Selbstrestriktion staatlicher Stellen bedarf keines Konnexes zur Staatsangehörigkeit.336 Dies gilt umso mehr, als die Staatsangehörigkeit angesichts der Supranationalisierung in der Informationstechnologiegesellschaft ihre Singularität verliert. Neben den Staatsbürger treten nicht nur Landes-, Kreis- und Gemeindevolk, Art.  28 Abs. 1 GG. Auch der Unionsbürger ergänzt die Idee des Staatsbürgers. So heißt es in Art. 9 Satz 3 EUV: „Die Unionsbürgerschaft tritt zur nationalen Staatsbürgerschaft hinzu, ersetzt sie aber nicht.“ Selbst wenn man den dem Demokratieprinzip immanenten Erwägungen nicht folgt und die Erstreckung des demokratischen Öffentlichkeitsgebots über Staatsangehörige nach Art. 116 GG hinaus ablehnt, folgt die Notwendigkeit der NichtBeschränkung des verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgebots aus der multiplen Verankerung der Öffentlichkeitsforderung. Allen voran die rechtsstaatliche Wurzel, die in individualbezogener Hinsicht einen Grundrechtsvoraussetzungsschutz enthält und in seiner kollektiven Ausrichtung die im Demokratieprinzip ebenfalls angelegte Kontrolldimension verstärkt, verbietet eine Beschränkung der grundgesetzlichen Öffentlichkeit auf Staatsangehörige.337 d) Schlussfolgerung Weder die Auswirkungen auf das Volk als Legitimationssubjekt noch auf die Ausübung der Staatsgewalt als Objekt der Rückkopplung liefern bei rechtsnormativer Betrachtung Ansatzpunkte zur Absenkung des Legitimationsniveaus in der Informationstechnologiegesellschaft. Ein derartiges Absenken ist schon nicht zulässig. Erst recht ist es nicht geboten. Staatsvolk und Staatsgewalt sind auch in der Informationstechnologiegesellschaft die relevanten Bezugsgrößen im Staat-

336

Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 180. Ähnlich Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 180 f.

337

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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Bürger-Verhältnis. Sie bedürfen der Rückkopplung. Ob diese unter den Bedingungen der Informationstechnologiegesellschaft hinreichend effektiv ist, ist im Folgenden festzustellen. 2. Tatsächliche Effektivität des Legitimationsniveaus Das tatsächliche Legitimationsniveau ist im Wege einer Gesamtschau der Wirksamkeit der formalen und informellen Legitimation zu ermitteln, wobei der Wandel bei der Würdigung seines Gehalts zu berücksichtigen ist. a) Personell-organisatorische Legitimation Die personell-organisatorische Legitimation als Ausdruck der personellen Verantwortlichkeit eines jeden Amtswalters gegenüber dem Parlament als Repräsentant des Staatsvolks wird durch die Folgen der Entgrenzung und Vernetzung geschwächt.338 Die Einbeziehung Privater in das Staatshandeln mindert auch jenseits ihrer Mitentscheidung die Verantwortlichkeit des demokratisch legitimierten Amtswalters. Zwar verbleibt die demokratische Verantwortung allein beim zuständigen Amtswalter. Doch faktisch wird dessen Entscheidungsspielraum durch die bloße Möglichkeit der Mitwirkung Privater reduziert, der Gehalt seiner personell gebundenen Legitimation geschmälert. Denn Mitwirkungsmöglichkeiten sind Einflussnahmemöglichkeiten.339 Die Partizipation Privater kann die Minderung der personell-organisatorischen Legitimation nicht ausgleichen, da von ihr mangels Bezugs zur demokratischen Allgemeinheit keine unmittelbar legitimierende Wirkung ausgeht. Die Mitwirkung Privater stellt vielmehr die Idee der Legitimation kraft ununterbrochener Legitimationskette in Frage.340 Nicht nur die Vernetzung von Staat und Bürger, auch die interne Vernetzung mindert den Gehalt der personell-organisatorischen Legitimation. Netzwerke wirken integrierend. Für die staatliche Zuständigkeitsordnung bedeutet dies, dass Zuständigkeiten sachlich konzentriert oder auf einer höheren Ebene zentralisiert werden. Vernetzte und integrierte Zuständigkeiten ergänzen das hierarchische Prinzip und ersetzen es in zunehmendem Umfang. Das Gewicht der personellen 338 Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 417 ff.; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 307. 339 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 307; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329, 373. 340 Von einer „Durchbrechung“ der Legitimationskette spricht Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 426.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Verantwortlichkeit für eine konkrete Amtshandlung schwindet aufgrund der vernetzten Zuständigkeit. Verstärkt wird dieser Effekt durch die mit der vernetzten Zuständigkeit vielfach einhergehende Intransparenz. Für den Bürger ist die Verantwortlichkeit häufig nicht ersichtlich.341 Des Weiteren schränkt die staatsinterne Vernetzung die Legitimation im Überschneidungsbereich zwischen personell-organisatorischer und sachlich-inhaltlicher Legitimation insofern ein, als dass die Instrumente der Weisung, Kontrolle und Aufsicht zur Sicherstellung der Rückbindung an das Parlament an Bedeutung verlieren.342 Sie sind Ausdruck eines hierarchischen Verhältnisses der staatlichen Stellen. Hierarchien aber werden in der Informationstechnologiegesellschaft durch die Idee des Netzwerks ergänzt und ersetzt und mit ihnen das Gewicht der personellen Rückkopplung der Amtswalter an das Parlament.343 Unterschiedlich beurteilt werden kann die Auswirkung der supra- und internationalen Integration. Einerseits verbleibt die staatliche Souveränität auf Grundlage der dogmatischen Konstruktion des Bundesverfassungsgerichts bei den Nationalstaaten. Die Nationalstaaten übertragen Hoheitsrechte auf eine neue Einheit. Die Kette ununterbrochener Legitimationsakte wird nicht durchbrochen. Andererseits besteht jedoch ein Unterschied zur innerstaatlichen Konstruktion der Legitima­ tionskette. Die Verantwortlichkeit der Europäischen Union gegenüber dem nationalen Parlament kann nicht mit derjenigen von Amtswaltern verglichen werden, deren Einsetzung allein auf das nationale Parlament zurückzuführen ist. Es fehlt die Ausschließlichkeit der Rückbindung an das Parlament, es fehlen umfassende Weisungs- und Aufsichtsrechte. Insofern kann die Übertragung von Hoheitsrechten zwar nicht als Unterbrechung der Legitimationskette, doch als deren Ausdünnung begriffen werden.344 b) Sachlich-inhaltliche Legitimation Auch die Legitimation durch die Bindung an das Gesetz erodiert.345 Das Gesetz ist zwar nach wie vor wichtigstes Instrument der Steuerung und der inhaltlichen Vermittlung von Legitimation. Doch verliert die Bindungswirkung an Kraft. Dies 341

So auch Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 432 f. Lehmbruch, Verhandlungsdemokratie, S. 158. 343 Zum Abbau des Hierarchieprinzips durch neue Leitbilder Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 429. Ebd., S. 430, zur Einschränkung der Weisungs- und Aufsichtsrechte durch die Einbeziehung Privater. 344 Zur demokratischen Legitimation der Europäischen Union: BVerfG, Urt. v. 30.6.2013 – 2 BvE 2/08 u. a.; grundlegend BVerfG, Urt. v. 12.10.1993 – 2 BvR 2134/92 u. a. 345 Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 317; Herdegen, in: VVDStRL, Bd.  62 (2003), S.  7, 9; Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S.  34; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  307 f. Ausführlich zu den Gründen des Bedeutungsverlusts des Rechts 2. Teil, 3. Kap. C. 342

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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ist einerseits Ausdruck der Vernetzung zwischen Staat und Bürger, die der Regelung mittels einseitiger Steuerung von oben nur beschränkt zugänglich ist. Eine derartige Determinierung widerspräche dem gewandelten Verhältnis zwischen Staat und Bürger. Andererseits verliert die Legitimation kraft Gesetzes angesichts der zunehmenden Eröffnung von Gestaltungsspielräumen an Stärke.346 An die Stelle von konditionalen Rechtsfolgenanordnungen treten finale Programmaufträge.347 Exekutive und Judikative werden in zunehmendem Umfang gehalten, politisch-wertende Entscheidungen zu treffen, die vormals dem Gesetzgeber vorbehalten blieben.348 Diese Verlagerung der politischen Bewertung auf die Rechtsanwendung ist Ausdruck der Notwendigkeit der Beschleunigung und Flexibilisierung des Rechts. Gestaltungsspielräume auf Ebene der Rechtsanwendung ermöglichen eine schnelle Reaktion auf Veränderungen im Realbereich. Doch schwächen sie die sachlich-inhaltliche Rückbindung. Von besonderer Bedeutung ist zudem die Anerkennung eines Gestaltungsspielraums auf Ebene der Rechtsanwendung, sofern Teilöffentlichkeiten als Teilsystem des Gemeinwesens eine eigene Funktionslogik entwickeln. Zu ausdifferenziert und zu komplex ist das Gemeinwesen, als dass es allein auf Ebene des Gesetzes mit den originären Mitteln des Rechts gesteuert werden könnte.349 Vielmehr sind die Funktionslogiken der einzelnen Teilsysteme in das Recht einzubeziehen. Unbestimmte Rechtsbegriffe wie der „Stand der Technik“ können den notwendigen Spielraum hierzu eröffnen. Die Eröffnung von Gestaltungsspielräumen auf Ebene der Rechtsanwendung ist vor dem Hintergrund der Herausforderungen in der Informationstechnologiegesellschaft notwendig. Doch schwächt sie die sachlich-inhaltliche Legitimation weiter. Geschwächt wird die Rückkopplung an das Parlament schließlich durch die Ausweitung der exekutiven Rechtssetzung. Sie ist ebenso wie die Eröffnung von Gestaltungsspielräumen Antwort auf die Beschleunigung des Wandels der Wirklichkeit. Denn das Prozedere der exekutiven Rechtssetzung, das geringeren formalen Anforderungen unterliegt als das parlamentarische Verfahren nach Art.  76 ff. GG, eröffnet die Möglichkeit einer zeitnahen Adaption veränderter Realitäten. Aber nicht nur die Bindung an das Recht, auch die Durchsetzbarkeit des Rechts schwindet. Seine Durchsetzung stößt an Grenzen, wenn die Hoheitsgewalt anderer Staaten oder der Raum des Immateriellen betreten wird. Dies mindert zwar nicht

346 Für die Verwaltung Groß, DÖV 2011, 510, 511; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 308. 347 Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 422. 348 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  307 f. m. w. N.; am Beispiel von Planungsaufgaben der Verwaltung Würtenberger, NJW 1991, 257, 258. 349 Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 233.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

die juristische Verbindlichkeit des Rechts, doch seine faktische Wirksamkeit sowie die gesellschaftliche Anerkennung.350 c) Informelle Legitimation In Hinblick auf die informelle Legitimation lassen sich dem Potenzial des Internet gegenläufige Entwicklungen entnehmen.351 Einerseits eröffnen die Informations- und Kommunikationstechnologien nie da gewesene Möglichkeiten zur öffentlichen Meinungs- und Willensbildung als Grundlage der informellen Legitimation sowie zu deren Einbringung in den politischen Prozess. Die Rückkopplung zwischen Staatsvolk und Staatsgewalt kann in sämtlichen Phasen des policycycle gestärkt werden.352 Andererseits bergen die technischen Grundfunktionalitäten des Internet die Gefahr der Individualisierung und der Ausdifferenzierung der Gesellschaft, was die Funktionsfähigkeit der Demokratie auf tatsächlicher Ebene beeinträchtigt.353 Eine Instrumentalisierung des öffentlichen Diskurses kann zudem nicht ausgeschlossen werden. Der Einfluss Privater auf die Funktionsfähigkeit des Internet führt zu einer Einflussnahmemöglichkeit auf den öffentlichen Diskurs. Themen und Akteure können unterdrückt werden, können jedoch umgekehrt in begrenztem Umfang – künstlich, da technisch – zum Gegenstand öffentlichen Interesses gemacht werden. So können die Neutralität von Suchmaschinen oder die Netz­ neutralität in unterschiedlichem Ausmaß gewährleistet werden.354 Der Herrschaft über die Technik korrespondiert eine potenzielle, wenn auch nur relative Herrschaft über die Inhalte. Um seine Wirkung entfalten können, negativ wie positiv, bedarf es weiterer Voraussetzungen, damit das Internet als Ort der Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft seine legitimierende Wirkung entfalten kann. Das Potenzial bedarf der Aktivierung. Unverzichtbar ist dabei die Publizität der Ausübung der Staatsgewalt. Ohne die entsprechenden informatorischen Grundlagen käme der informellen Legitimation bestenfalls geringe Wirkung zu. Ob die informelle Legitimation Defizite der formalen Legitimation ausgleichen kann, hängt maßgeblich von Qualität und Quantität der Informationen über 350 Instruktiv zur Unterscheidung der juristischen, soziologischen und ethischen Geltungsebene des Rechts Heckmann, Geltungskraft und Geltungsverlust von Rechtsnormen, S. 31 ff. 351 Allgemein zum Potenzial des Internet 2. Teil, 3. Kap. A. I. 5. 352 Zur Verbesserung der Rückkopplung sowie der Steigerung von Effektivität und Effizienz Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 231, 241 f. Allgemein Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 43. 353 Zur Rückwirkung der Informationstechnologiegesellschaft auf das Individuum s. o., 2. Teil, 3. Kap. B. 354 Grundlegend zur Möglichkeit der Instrumentalisierung Rossen-Stadtfeld, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 231, 247.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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die Ausübung der Staatsgewalt ab, die in die öffentliche Meinungs- und Willensbildung überführt werden können. Die wachsende Informationsabhängigkeit von Staat wie Gesellschaft steigert diesen Bedarf in der Informationstechnologiegesellschaft. Ebenso in Richtung der Notwendigkeit der Ausweitung der informatorischen Grundlagen weisen die Komplexität und Ausdifferenzierung von öffentlichen Aufgaben und ihrer Wahrnehmung.355 Auf Grundlage grundsätzlicher Öffentlichkeit des Staatshandelns kann die informelle Legitimation die Rückkopplung zwischen Staatsgewalt und Staatsvolk sowohl in Hinblick auf die rückwirkende Kontrolle als auch die künftige Rechtfertigung stärken. Die Bildung der öffentlichen Meinung wird ebenso ermöglicht wie ihre Überführung in den politischen Prozess und die anschließende Kontrolle des Staatshandelns. 3. Schlussfolgerung: Notwendigkeit grundsätzlicher Öffentlichkeit Die Ausübung der Staatsgewalt bedarf in der Informationstechnologiegesellschaft unverändert der demokratischen Legitimation. Die formale Legitimation vermag die Rückkopplung in abnehmendem Maß sicherzustellen. Sowohl die personell-organisatorische als auch die sachlich-inhaltliche Legitimation verlieren vor dem Hintergrund der Grundfunktionalitäten des Internet ihre tatsächliche Wirksamkeit. Das normativ geforderte Legitimationsniveau kann nicht mehr effektiv sichergestellt werden. Die informelle Legitimation vermag das Legitimations­ defizit grundsätzlich auszugleichen, denn formale und informelle Legitimation stehen in einem Ergänzungsverhältnis. Allerdings bedarf es zur hinreichend effektiven und nachhaltigen Anhebung des Legitimationsniveaus durch informelle Legitimation weiterer Voraussetzungen. Im Kontext der informellen Legitimation wurde bereits angedeutet, dass das Potenzial der informellen Legitimation der Aktivierung in Gestalt der Herstellung von Öffentlichkeit bedarf.356 Ohne die entsprechenden informatorischen Grundlagen kann die öffentliche Meinungs- und Willensbildung keine inhaltliche Rückkopplung zwischen Staatsgewalt und Staatsvolk herstellen und nicht zur informellen Legitimation beitragen.

355

So auch Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 233. s. o., 4. Teil, 2.  Kap. C. I. 2.  c). Zudem Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 309, auch wenn er die legitimierende Kraft der kommunikativen Rückkopplung in der Stärkung der formalen Legitimation sowie der Verbesserung der materiellen Gemeinwohlorientierung verortet. 356

370

4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

a) Rechtliche Notwendigkeit der grundsätzlichen Öffentlichkeit Die Abhängigkeit der Stärkung der informellen Legitimation von der Herstellung grundsätzlicher Öffentlichkeit besagt nichts über die Existenz alternativer Instrumente zur Anhebung des Legitimationsniveaus. Diese sind angesichts der Einordnung grundsätzlicher Öffentlichkeit als unverzichtbare Voraussetzung der informellen Legitimation nur auf Seiten der formalen Legitimation zu suchen. Aber auch die Anhebung des Niveaus formaler Legitimation ist nur über die Ausweitung der Öffentlichkeit möglich. Denn die legitimationsmindernden Entwicklungen sind im Übrigen praktisch irreversibel. So ist die Einbeziehung Privater ebenso Ausdruck der Vernetzung als Konstruktionsprinzip wie der Notwendigkeit, sich angesichts komplexer, ausdifferenzierter öffentlicher Aufgaben des spezifischen Wissens und der spezifischen Fähigkeiten Privater zu bedienen. Gleiches gilt für die inter- und supranationale Integration. Als Antwort auf die Entgrenzung von Problemen mag sie im Einzelfall reversibel sein. Eine vollständige Rückkehr zum souveränen, nicht in supra- und internationale Organisationen eingebundenen Nationalstaat ist jedoch faktisch ausgeschlossen, wie schon die Vielzahl der Verflechtungen zeigt. Schließlich ist die Antwort des Gesetzgebers auf den ständigen, sich beschleunigenden Wandel der Wirklichkeit zwingend, um die Funktionsfähigkeit des Rechts sicherzustellen. Ohne die Eröffnung von Gestaltungsspielräume für den Rechtsanwender und die Anerkennung des Instruments der exekutiven Rechtssetzung verlöre das Recht seinen Bezug zur Realität, was zum Verlust der sozialen Anerkennungswürdigkeit und der Funktionsfähigkeit des Rechts führte. Alternative Ansatzpunkte zur Anhebung des Niveaus der formalen Legitimation sind nicht ersichtlich. Verfassungsunmittelbar und in Übereinstimmung mit dem grundgesetzlichen Prinzip der Input-Legitimation ist die Ausweitung der Öffentlichkeit damit als alternativloses Instrument zur Sicherstellung des erforderlichen Legitimationsniveaus anzusehen. In Hinblick auf die formale Legitimation vermag die Ausweitung der Öffentlichkeit die durch die Vernetzung hervorgerufene Intransparenz in Hinblick auf Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu reduzieren. Zudem wird das Niveau der kommunikativen Rückkopplung angehoben. Die auf die gewandelten Bedürfnisse gestützte Forderung nach Ausweitung der Öffentlichkeit gilt umso mehr, als ihrer Umsetzung rechtliche Hindernisse angesichts der technischen Möglichkeiten nicht wirksam entgegengehalten werden können. b) Tatsächliche Bestätigung Dieses Ergebnis wird in tatsächlicher Hinsicht durch die Anerkennung von Öffentlichkeit als Wert der Informationstechnologiegesellschaft gestützt.357 Nicht 357

Zur Öffentlichkeit als Wert oben, 2. Teil, 3. Kap. D. II. 1.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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nur die Funktionsfähigkeit der Demokratie, auch die Ausübung der Grundrechte ist in zunehmendem Umfang von hinreichenden informatorischen Grundlagen abhängig. Im vorverfassungsrechtlichen und damit im tatsächlichen Bereich anzusiedeln ist ein weiteres Argument zugunsten grundsätzlicher Publizität des Staatshandelns. Es beruht auf der Interdependenz von Staat und Gesellschaft und ist eng mit dem Grundgedanken „Informationen sind Macht“ verknüpft. Demokratie bedarf nicht nur der Gewährleistung rechtlicher Freiheit und Gleichheit, sondern auch der tatsächlichen.358 Die ungleiche Verteilung gesellschaftlicher Macht steht der Verwirklichung der Demokratie entgegen. Maßnahmen zum Abbau von Machtgefällen tragen umgekehrt zur Funktionsfähigkeit der Demokratie bei.359 Sind Informationen Macht, stellt die grundsätzliche Zurverfügungstellung von Informationen für jedermann eine Maßnahme zum Abbau von Machtgefällen dar. Die voraussetzungslose Herstellung von Öffentlichkeit des Staatshandelns für jedermann trägt zur Demokratisierung bei. Auch zur Sicherstellung von Akzeptanz und Vertrauen gegenüber der Staatsgewalt sowie zur Schaffung eines demokratischen Grundkonsenses leistet die Öffentlichkeit des Staatshandelns einen unverzichtbaren Beitrag. Die Herstellung grundsätzlicher Publizität ist demnach auch in tatsächlicher Hinsicht alternativlos, um die Effektivität der demokratischen Legitimation auch in der Informationstechnologiegesellschaft sicherzustellen. Die rechtliche Notwendigkeit wird durch tatsächliche, vorverfassungsrechtliche Erwägungen gestützt. II. Formen der Öffentlichkeit Zur Sicherstellung des demokratisch notwendigen Legitimationsniveaus bedarf es der Schaffung grundsätzlicher Öffentlichkeit der Ausübung von Staatsgewalt. Bezugspunkt ist die Veröffentlichung staatlicher Daten und Datenprodukte, nicht die Eröffnung unmittelbarer Zugänglichkeit staatlicher Verfahren. Letzteres mag im Bereich der Legislative und der Judikative, also dann möglich sein, wenn die Ausübung der Staatsgewalt in mündlichen, meist förmlichen Verfahren stattfindet. Jenseits derart in sich abgeschlossener, förmlicher Verfahren ist die Herstellung unmittelbarer Zugänglichkeit des Verfahrens jedoch schon in tatsächlicher Hinsicht nicht möglich. Die Herstellung von Publizität der Ausübung der Staatsgewalt ist auf die Veröffentlichung von Informationen beschränkt. Ein 358 Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 192 Rn. 30. Ähnlich Krebs, in: Merten/ Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 31 Rn. 1. 359 Grundlegend Stein, in: AK-GG, Art. 20, III Rn. 27. Die zur Verwirklichung realer Freiheit erforderlichen Voraussetzungen sind teils gesellschaftlicher Natur, etwa marktwirtschaftlicher oder sozialer. Teils handelt es sich um rechtliche Bedingungen formeller wie materieller Art. Umfassend zu den Voraussetzungen für die Ausübbarkeit der Grundrechte Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 190 Rn. 160 ff.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

gewalten­übergreifender Öffentlichkeitsgrundsatz hat hieran anzuknüpfen, will er allgemeingültig sein. In welcher Form die demokratisch notwendige Öffentlichkeit herzustellen ist, ist vor dem Hintergrund der Erfordernisse der Informationstechnologiegesellschaft zu beleuchten. Als Ausgangspunkt ist angesichts der zentralen Bedeutung der Aufbereitung das Ob der Aufbereitung der Informationen zu Veröffentlichungszwecken anzusehen [4.  Teil, 2.  Kap. C. II. 1.], um nach der Voraussetzungslosigkeit und Antragsunabhängigkeit des Informationszugangs [4.  Teil, 2.  Kap. C. II. 2.] sowie abschließend nach der Notwendigkeit der Herstellung von Informationsöffentlichkeit zu unterscheiden [4.  Teil, 2.  Kap. C. II. 3.]. Maßstab ist die Sicherstellung der Mindestanforderungen, die zur Gewährleistung effektiver Legitimation in der Informationstechnologiegesellschaft verfassungsunmittelbar geboten sind. 1. Demokratische Öffentlichkeit als primäre Öffentlichkeit Die demokratisch gebotene Öffentlichkeit hat im Ergebnis eine unaufbereitete, primäre Öffentlichkeit zu sein.360 Sowohl die Selektion der zu veröffentlichenden Informationen als auch deren inhaltliche Bearbeitung würden dem Zweck demokratischer Öffentlichkeit entgegenstehen. Zwar könnte die Aufbereitung vor Veröffentlichung zu Veröffentlichungszwecken den Gefahren entgegenwirken, denen sich das Informationshandeln in der Informationstechnologiegesellschaft ausgesetzt sieht. Die Selektion würde die Quantität der Informationen begrenzen. Themenschwerpunkte könnten gesetzt, der Zerfaserung des öffentlichen Diskurses entgegengewirkt werden. Die inhaltliche Aufbereitung könnte die etwaige Komplexität reduzieren und die Verständlichkeit für den Rezipienten erhöhen. Mit Blick auf Funktion und Voraussetzung der demokratischen Legitimation ist dem jedoch entgegenzutreten. So erfordert eine freie öffentliche Meinungsund Willensbildung im demokratischen Lichte die Freiheit zur Bestimmung des Gegenstands der öffentlichen Meinung durch das Legitimationssubjekt. Das Volk, nicht die Staatsgewalt hat zu bestimmen, was von öffentlicher Relevanz ist. Der öffentliche Kommunikationsprozess hat ein staatsfreier zu sein. Dem wider­ spräche eine Selektion durch die Staatsgewalt.361 Neben der Wahl der Themen würde die inhaltliche Aufbereitung vor Veröffentlichung angesichts ihrer Intentionalität auf den Inhalt der Meinungs- und Willensbildung einwirken, gleich ob der verfolgte Zweck wie im Falle der Öffentlichkeitsarbeit in der Herstellung von Zustimmung zur Ausübung der Staatsgewalt 360

Zur „primären Öffentlichkeit“, d. h. der Veröffentlichung ohne vorausgehende inhaltliche Bearbeitung zu Veröffentlichungszwecken s. o., 3. Teil, 2. Kap. C. II. 3. a). 361 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 318. Zur Staatsfreiheit der Kommunikation Degenhart, AfP 2010, 324, 324.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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bestünde oder wie im Falle sonstiger Informationsarbeit in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Die für die rechtsstaatliche Demokratie notwendige Freiheit der öffentlichen Meinungsbildung wäre nicht gewährleistet. Sie könnte nicht unvoreingenommen und damit frei von staatlicher Beeinflussung erfolgen. Selektion wie inhaltliche Aufbereitung würden die Freiheit der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung einschränken. Die hierauf aufbauende informelle Legitimation könnte weder ihre Kontroll- noch ihre Rechtfertigungsfunktion hinreichend erfüllen.362 Grundlage der Stärkung der informellen, aber auch der formalen Legitimation kann damit nur die Gewährleistung unaufbereiteter Öffentlichkeit sein. Das demokratisch zweifelsohne zulässige Instrument der Öffentlichkeitsarbeit genügt nicht. Öffentlichkeitsarbeit kann zur Schaffung von Akzeptanz als vorverfassungsrechtlicher Voraussetzung beitragen. Doch kann sie die zur demokratischen Legitimation notwendige Informationszugänglichkeit nicht substituieren. Lediglich die kumulative Veröffentlichung aufbereiteter Informationen ist im Falle entsprechender Kenntlichmachung der Aufbereitung mit dem Öffentlichkeitsgebot des Demokratieprinzips zu vereinbaren. Zwingend und verfassungsunmittelbar zu gewährleisten ist allein primäre Öffentlichkeit im Sinne von Informationszugänglichkeit. 2. Demokratische Öffentlichkeit als voraussetzungslose Öffentlichkeit a) Demokratische Öffentlichkeit als Jedermann-Öffentlichkeit Sowohl die Bezeichnung als Öffentlichkeit bzw. Publizität als auch die Bezugnahme des Demokratieprinzips des Grundgesetzes auf das Staatsvolk in seiner Gesamtheit legen es nahe, die Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Ausübung der Staatsgewalt nicht an besondere Voraussetzungen zu knüpfen, insbesondere nicht an individuelle Eigenschaften oder Fähigkeiten. Da das Staatsvolk in seiner Gesamtheit Subjekt der demokratischen Legitimation ist, stünde die Abhängigkeit der Öffentlichkeit von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten schon grundsätzlich in Widerspruch nicht nur zur Demokratie als Prinzip, sondern auch zu den konkreten Dogmen des Art. 20 Abs. 2 GG. Dies gilt für Betroffenen- wie Medienöffentlichkeit gleichermaßen. Die Betroffenenöffentlichkeit, wie sie für die Ursprünge des Informationszugangsrechts charakteristisch war, ist Ausfluss der rechtsstaatlichen Verankerung im Individualrechtsschutz. Das Ziel verfahrensrechtlichen Grundrechtsschutzes vermag die Beschränkung des Informationszugangs rechtsstaatlich zu rechtfertigen.363 Dem

362 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 318. Im Ergebnis ebenso Nolte, DÖV 1999, 363, 368. 363 Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 37 f.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

demokratischen Öffentlichkeitsgebot in der Informationstechnologiegesellschaft wird sie nicht gerecht. Gleiches gilt für die speziellen Informationsrechte der Medien. Sie mögen Ausdruck der (vormaligen) Abhängigkeit der freiheitlichen Demokratie von Massenmedien sein. Gerade Presse und Rundfunk waren und sind als Medium und Faktor der öffentlichen Meinung anzusehen, wie das Bundesverfassungsgericht364 ebenso anerkennt wie der einfache Gesetzgeber, der den Medien eine öffentliche Aufgabe zuweist.365 Massenmedien können zur öffentlichen Meinungs- und Willensbildung beitragen, indem sie Themen besetzen und aufbereiten, aber auch indem sie sie anders als im Falle der Veröffentlichung im Internet aktiv verbreiten. Auch in der Informationstechnologiegesellschaft sind Medien Medium und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung. Doch haben sie ihre Vorrangstellung im Prozess der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung verloren. Die technische Möglichkeit zur Schaffung von Öffentlichkeit für jedermann zieht die Notwendigkeit der Umsetzung nach sich, um dem Gebot demokratischer Gleichheit gerecht zu werden. Denn Legitimationssubjekt ist das Staatsvolk als Summe der Staatsangehörigen, die Medien sind nur Medium.366 Dies gilt umso mehr, als das Grundgesetz Individual- und Massenkommunikation in gleicher Weise schützt.367 Ihm liegt die Erwartung zugrunde, dass der Bürger zur öffentlichen Meinungs- und Willensbildung in der Lage ist. Eine Privilegierung der Medien würde der Rolle des Bürgers verfassungsrechtlich wie angesichts des Bedeutungszuwachses des Individuums in der Informationstechnologiegesellschaft auch tatsächlich nicht gerecht. Weder Betroffenen- noch Medienöffentlichkeit genügen zur Herstellung allgemeiner Öffentlichkeit. Etwas anderes kann auch nicht vor dem Hintergrund gelten, dass Betroffenen- wie Medienöffentlichkeit allgemeine Öffentlichkeit ver­mitteln können. Betroffene wie Medien trifft keine Pflicht zur Herstellung allgemeiner Publizität.368 Für die Annahme einer derartigen Obliegenheit oder Pflicht kann auch nicht auf ein demokratisch-funktionales Verständnis der Grundrechte

364 BVerfG, Urt. v. 28.2.1961 – 2 BvG 1/60 u. a. – juris Rn. 183 – BVerfGE 12, 205; BVerfG, Beschl. v. 6.10.1959 – 1 BvL 118/53 – juris Rn. 14 – BVerfGE 10, 118. 365 Hierzu Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 58; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 313. Vgl. beispielsweise Art. 3 Abs. 1 BayPrG: „Die Presse dient dem demokratischen Gedanken.“ § 3 PrG-BW: „Die Presse erfüllt eine öffentliche Aufgabe, wenn sie in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt.“ § 5 MedienG-RP: „Die Medien nehmen eine öffentliche Aufgabe wahr.“ 366 Umfassend zur potenziellen, im Ergebnis abgelehnten Beschränkung auf Medienöffentlichkeit Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 312 f. m. w. N. 367 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 316. 368 Für Private Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 312, ebd., S. 313 f., für die Medien.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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verwiesen werden.369 Dies gilt trotz der konstituierenden Bedeutung für die öffentliche Meinungs- und Willensbildung selbst für die Medien. Eine Einschränkung des subjektiv zugewiesenen Gewährleistungsgehalts des Art.  5 Abs.  1 GG lässt sich weder aus ihrer (vormaligen) Vorrangstellung im Prozess der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung noch aus der einfachgesetzlichen Zuweisung einer öffentlichen Aufgabe ableiten. Art. 5 Abs. 1 GG können lediglich zur freien Selbstbestimmung zugewiesene Rechte entnommen werden, nicht Grundpflichten.370 Eine von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten abhängige Gewährleistung von Öffentlichkeit der Ausübung der Staatsgewalt kann den notwendigen Bezug zur demokratischen Allgemeinheit demnach nicht herstellen. Dies mag zwar technisch möglich sein. Doch sind Private, selbst die Medien, nicht verpflichtet, allgemeine Zugänglichkeit für jedermann sicherzustellen. Vielmehr ist es der Staat, der aus dem Demokratieprinzip verfassungsunmittelbar verpflichtet ist, die Ausübung der Staatsgewalt jedermann, unabhängig von sonstigen Voraussetzungen und Fähigkeiten, zugänglich zu machen. b) Demokratische Öffentlichkeit als antragsunabhängige Öffentlichkeit Von der Unabhängigkeit der Öffentlichkeit von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten ist die Frage zu trennen, ob die demokratisch gebotene Öffentlichkeit aktiv von der Staatsgewalt herzustellen ist, oder ob eine Gewährleistung auf Antrag genügt. Dass die öffentliche Zugänglichmachung tatsächlich wirksamer ist als die Zugänglichmachung auf Antrag, egal ob öffentlich oder individuell, bedarf nicht mehr als eines kurzen Hinweises. Angesichts der hemmenden Wirkung eines Antrags bleibt der Umfang der tatsächlich wahrgenommenen Informationen bei Antragsabhängigkeit hinter derjenigen im Falle der öffentlichen Zugänglichmachung zurück. Dessen ist sich auch die Staatsgewalt bewusst, wie die Zunahme der Öffentlichkeitsarbeit in Wahlkampfzeiten exemplarisch belegt.371 Die geringere tatsächliche Wirksamkeit antragsabhängiger Öffentlichkeit ist allerdings nur dann rechtlich relevant, wenn sie nicht in der Lage ist, hinreichend zur öffentlichen Meinungs- und Willensbildung beizutragen und so die informelle 369

Ausführlich zur Ablehnung der demokratisch-funktionalen Grundrechtstheorie, 4.  Teil, 1. Kap. B. II. 2. a). 370 Im Ergebnis ebenso Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 313 ff. Zum Begriff der öffentlichen Aufgabe und ihrer Abgrenzung von der Staatsaufgabe s. o., 3. Teil, 2. Kap. A. I. 2. Zum rechtlichen Gehalt der öffentlichen Aufgabe im Kontext der Medien Löffler, NJW 1982, 91. 371 Grundlegend zur Öffentlichkeitsarbeit vor Wahlen BVerfG, Urt. v. 2.3.1977  – 2 BvE 1/76 – BVerfGE 44, 125; daran anschließend BVerfG, Beschl. v. 23.2.1983 – 2 BvR 1765/82 – BVerfGE 63, 230.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Legitimation zu stärken. Ob dem Demokratieprinzip unmittelbar die verfassungsrechtliche Pflicht zur antragsunabhängigen öffentlichen Zugänglichmachung entnommen werden kann, hängt davon ab, ob auch die Schaffung antragsabhängiger Öffentlichkeit das Legitimationsniveau hinreichend anhebt. aa) Gewährleistung realer Kenntnisnahmemöglichkeit Unverzichtbare Voraussetzung jeglicher Öffentlichkeit ist die reale Kenntnisnahmemöglichkeit. Im Falle der antragsunabhängigen öffentlichen Zugänglichmachung ist diese grundsätzlich zu bejahen, sofern die Informationen mit durchschnittlichem Rechercheaufwand auffindbar sind. Dazu bedarf es einerseits der Auffindbarkeit des Internetauftritts, von dem aus der Zugang zu den einzelnen Daten und Datenprodukten eröffnet wird, andererseits der klaren Nomenklatur der Informationen. Die Errichtung eines zentralen Open Data-Portals und die Verwendung einheitlicher Metadaten zur Kennzeichnung können zur Sicherstellung beitragen. Weiter reichen die Anforderungen im Falle der antragsabhängigen Öffentlichkeit. Hier wird die reale Kenntnisnahmemöglichkeit nur gewährleistet, wenn der Bürger wissen kann, welche Informationen auf Antrag zugänglich gemacht werden. Würden die Gegenstände parlamentarischer Verhandlungen und der Rechtsprechung nicht öffentlich gemacht, wäre es dem Einzelnen mangels Kenntnis nicht möglich, Informationen hierzu zu erlangen. Gleiches gilt für die Verwaltungstätigkeit. Wüsste der Bürger nicht um ihre Existenz, könnte er sich nicht effektiv Zugang verschaffen. Ein Antrag auf Informationszugang würde nicht erst an der rechtsstaatlich geforderten Bestimmtheit scheitern, sondern an der faktischen Möglichkeit, ihn zu stellen.372 Das nötige Wissen ist staatlicherseits zu gewährleisten, vor allem durch die Veröffentlichung eines Registers, das die vorhandenen Daten und Datenprodukte enthält.373 Auch im Falle der antragsabhängigen Ausgestaltung bedarf es mithin der staatlichen Aktivität, um die tatsächliche Wirksamkeit sicherzustellen. Zumindest auf Ebene der Metadaten hat der Staat antragsunabhängig Öffentlichkeit zu gewährleisten. bb) Sonstige Anforderungen bei antragsabhängiger Veröffentlichung Daneben sind für die Sicherstellung eines hinreichenden Legitimationsniveaus im Falle der Antragsabhängigkeit weitere Voraussetzungen zu gewährleisten, um

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Zur einfachgesetzlichen Normierung der Bestimmtheit im einfachen Informationszugangsrecht vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 UIG, § 4 Abs. 1 Satz 2 VIG. 373 Entsprechende Verzeichnisse sind bereits aus dem einfachen Informationszugangsrecht bekannt, so aus § 11 IFG.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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die Wirksamkeit des Beitrags zur demokratischen Meinungs- und Willensbildung sicherzustellen. So müssen die informatorischen Grundlagen auch in den Prozess der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung eingeführt werden können. Bei großen Datenmengen oder, falls nicht lediglich eine Einzelinformation Gegenstand der Öffentlichkeitsforderung ist, sondern der genaue Wortlaut, exakte Zahlen oder der Verfahrensgang, setzt dies voraus, dass die zugänglich gemachten Daten und Datenprodukte dauerhaft für den Rezipienten verfügbar sind. Die elektronische Zurverfügungstellung kann dies gewährleisten, ermöglicht sie nicht nur dauerhaft die Rezeption, sondern auch die Möglichkeit zur unmittelbaren Überführung in die öffentliche Meinungs- und Willensbildung. Schließlich darf das Antragserfordernis nicht zu einer derartigen Verzögerung führen, die die Gewährleistung der Öffentlichkeit als nicht mehr wirksam erscheinen lässt. Wo die Grenze zwischen Wirksamkeit und Unwirksamkeit zu ziehen ist, lässt sich nur im Einzelfall feststellen. Sofern etwa die Herstellung von Öffentlichkeit die der Entscheidung vorgelagerte öffentliche Meinungsbildung und ihre Überführung in den politischen Entscheidungsprozess ermöglichen soll, ist der Informationszugang rechtzeitig vor Verfahrensabschluss zu gewähren. Dies kann jedoch durch eine entsprechende rechtliche Ausgestaltung sogar im Falle der Antragsabhängigkeit ermöglicht werden.

cc) Schlussfolgerung Demokratische Öffentlichkeit ist nicht zwingend eine antragsunabhängige. Zwar ist dies verfassungspolitisch wünschenswert. Denn die aktive Veröffentlichung ist nicht nur aus Sicht der Staatsgewalt zweckmäßig, entbindet sie doch von der Bearbeitung einzelner Anträge, gerade von umfassenden und massenhaften Informationsbegehren. Angesichts der wachsenden Informationsabhängigkeit des Individuums in der Informationstechnologiegesellschaft wird der Bedarf an Informationen, d. h. an Daten und Datenprodukten steigen und mit ihm die Zahl der Anträge. Zugleich kann die antragsunabhängig gewährleistete öffentliche Zugänglichkeit auch staatlichen Stellen als Informations- und Entscheidungsgrundlage dienen und somit zur Verbesserung der Qualität des Staatshandelns beitragen. Aus verfassungspolitischer Sicht kann zudem darauf verwiesen werden, dass die Antragsabhängigkeit nicht dem vernetzten Staat-Bürger-Verhältnis in der Informationstechnologiegesellschaft entspricht. Dieses ist von Gleichrangigkeit der Akteure geprägt, jene ist Ausdruck hierarchischen Denkens. Verfassungsrechtlich fruchtbar machen lassen sich diese verfassungspolitischen Gedanken ebenso wenig wie der Umstand, dass die aktive Veröffentlichung technisch möglich ist. Denn sofern die antragsabhängige Ausgestaltung der Öffentlichkeit gewährleistet, dass die zugänglich gemachten Informationen Grundlage der

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

öffentlichen Meinungs- und Willensbildung werden und die informelle Legitimation stärken, ist es Sache des Gesetzgebers, welche Mittel er ergreift. So ist nicht ausgeschlossen, dass antragsabhängige Öffentlichkeit einen Beitrag zur Anhebung der informellen Legitimation leistet. Zudem könnte der Gesetzgeber antragsabhängige Ausgestaltung damit rechtfertigen, dass der Antrag Indiz für das öffentliche Interesse an einer bestimmten Information ist. Der Antrag dient dieser Argumentation entsprechend der Selektion. Dies stellt die Integrationsfunktion des öffentlichen Diskurses sicher, was angesichts der stetig steigenden Quantität der Informationen erforderlich ist, damit der öffentliche Diskurs nicht zerfasert. Entscheidet sich der Gesetzgeber für die antragsabhängige Ausgestaltung, hat er jedoch ein Mindestmaß an (Meta-)Daten aktiv und antragsunabhängig zu veröffentlichen, namentlich Kataloge bzw. Verzeichnisse, die Angaben zu den vorhandenen und auf Antrag zugänglich zu machenden Daten und Datenprodukten enthalten. Andernfalls wäre die reale Kenntnisnahmemöglichkeit nicht gewährleistet. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, mag die Antragsabhängigkeit den faktischen Beitrag der neuen Öffentlichkeit zur Sicherstellung des Legitimationsniveaus zwar schmälern. Dass das zu fordernde Legitimationsniveau grundsätzlich nicht gewahrt würde, ist jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere kann hierfür nicht vorgebracht werden, dass Mitwirkungshandlungen vom Bürger nicht verlangt werden können. Denn gerade der Demokratie liegt die Erwartung der Beteiligung zugrunde. Die Existenz weiterreichender, aktiver Veröffentlichungspflichten wird damit nicht ausgeschlossen. Ausdrücklich normiert dies Art. 82 GG. Auch Art. 42 Abs. 1 Satz 1, Art. 52 Abs. 3 Satz 3 GG weisen in diese Richtung, auch wenn sie unmittelbar auf die Öffentlichkeit des mündlichen Verfahrens bezogen sind, nicht auf die Zugänglichmachung von Informationen. Doch der ihnen immanente Rechtsgedanke legt eine aktive Veröffentlichung nahe.374 Schließlich kann eine Gesamtschau der Öffentlichkeitsgebote der Verfassung zu einer aktiven Veröffentlichungspflicht führen. Dem Demokratieprinzip allein ist eine Pflicht zur umfassenden aktiven Veröffentlichung verfassungsrechtlich jedoch nicht zu entnehmen, so wünschenswert sie verfassungspolitisch erscheint und so unzeitgemäß sich die Ausgestaltung als antragsabhängige Öffentlichkeit darstellt.

374 Zur parlamentarischen „Pflicht zur Informationsgebung“ umfassend Hett, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, S. 202 ff., insb. in einer Zusammenschau von Art. 42 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 GG.

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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3. Demokratische Öffentlichkeit als Informationsöffentlichkeit Eng mit der Frage nach der antragsunabhängigen Öffentlichkeitsgewährleistung gegenüber jedermann hängt die abschließende Frage zusammen, ob dem Demokratieprinzip die Rechtspflicht zur Schaffung von Informationsöffentlichkeit entnommen werden kann. Dabei ist zwischen der Pflicht der öffentlichen Zugänglichmachung im Gegensatz zur Eröffnung von Individualzugang [4. Teil, 2. Kap. C. II. 3. a)] sowie der Ermöglichung der Weiterverwendbarkeit [4. Teil, 2. Kap. C. II. 3. b)] zu unterscheiden. a) Öffentliche Zugänglichkeit Relevant wird die Frage nach der Notwendigkeit öffentlicher Zugänglichkeit nur insofern, als eine antragsabhängige Ausgestaltung erfolgt. Nur in diesem Fall kann zwischen der Gewährleistung von Individualzugang und einer (wenig praxisnahen) „öffentlichen Zugänglichmachung auf Antrag“ unterschieden werden. Antragsunabhängige Öffentlichkeit kann faktisch mit der Schaffung öffentlicher Zugänglichkeit gleichgesetzt werden. Denn wirksame Möglichkeiten zur Herstellung antragsunabhängigen Individualzugangs sind nicht ersichtlich. Eine papierbasierte Veröffentlichung ist schon angesichts der Datenmengen nicht realisierbar. Für den Fall der Ausgestaltung der Öffentlichkeit als antragsabhängige legen die Termini Öffentlichkeit und Publizität eine Pflicht zur Schaffung von öffentlicher Zugänglichkeit nahe, d. h. von Zugänglichkeit für alle Mitglieder der Allgemeinheit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl. Schließlich ist sie dem Wortlaut zufolge auf die Öffentlichkeit, die Allgemeinheit ausgerichtet, nicht auf das Individuum. Doch nicht auf Prinzipienebene entwickelte Termini dürfen zum Ausgangspunkt der Frage nach der Ausgestaltung der Öffentlichkeit genommen werden. Den Ausgangspunkt haben der Gehalt des Demokratieprinzips und die Funktion demokratischer Öffentlichkeit zu bilden. aa) Funktion in der Demokratie Vergleichbar mit den im Falle der Antragsabhängigkeit angestellten Erwägungen spricht für die Pflicht zur Gewährleistung öffentlicher Zugänglichkeit trotz Antragsabhängigkeit deren gesteigerte Wirksamkeit gegenüber der bloßen Eröffnung von Individualzugang: Der Staat würde unmittelbar umfassenden Zugang für jedermann zu jeder Zeit schaffen. Reichweite und Verfügbarkeit, Wert und Nutzbarkeit der Informationen würden erhöht, die Legitimation in Kontroll- wie Rechtfertigungsdimension gesteigert. Der verfassungsgebende Gesetzgeber ist sich der besonderen Bedeutung der auf die Allgemeinheit bezogenen Öffentlichkeit bewusst. Hiervon zeugen nicht nur

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

ausdrückliche Normierungen wie Art. 82 GG, sondern auch das Verfassungsleben. So ist die öffentliche Zugänglichmachung der Informationen aus dem Parlament, dem „Herzen der grundgesetzlichen Demokratie“, inzwischen gängige Praxis.375 Auch entspricht allein die öffentliche Zugänglichkeit dem Wesen der Informationstechnologiegesellschaft. Nur die öffentliche Zugänglichmachung, wenn auch auf Antrag, nicht aber der Individualzugang, trägt dem Umstand Rechnung, dass das Internet als Ort der Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft anzusehen ist. Schließlich sind keine technischen Hindernisse ersichtlich, die gegen die Gewährleistung öffentlicher Zugänglichkeit geltend gemacht werden können.376 Die öffentliche Zugänglichmachung entspricht der demokratischen Bezugnahme auf das Staatsvolk als in relativer Homogenität verbundenes Kollektiv, nicht auf eine bloße Vielzahl von Individuen. Die Ausrichtung auf das Staatsvolk ist der Demokratie wesensimmanent. bb) Gewährleistung von Mindestvoraussetzungen Sämtliche genannte Argumente sind Indizien, die im Rahmen einer Abwägung für die Schaffung von Öffentlichkeit in Form von öffentlicher Zugänglichkeit sprechen. Doch handelt es sich um tatsächliche Erwägungen. Unmittelbar sind sie von verfassungspolitischer Bedeutung. Rechtliche Qualität erlangen sie erst, wenn die Eröffnung von Individualzugang nicht in der Lage ist, das demokratisch notwendige Legitimationsniveau sicherzustellen. Allerdings vermag auch der Individualzugang einen Beitrag zur Verbesserung der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung zu leisten. Dies gilt für Kontroll- wie Legitimationsfunktion gleichermaßen. Eine Überführung der zugänglich gemachten Informationen in den Prozess der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung ist unter den im Kontext der Antragsabhängigkeit diskutierten Voraussetzungen möglich.377 Da die Teilnahme an der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung der individuellen Aktivität bedarf, ist die Notwendigkeit der aktiven Überführung auch nicht als unverhältnismäßig und damit unzumutbar anzusehen. Vielmehr kann umgekehrt argumentiert werden, dass die Überführung individuell zugänglich gemachter Informationen in öffentliche Zugänglichkeit einer neben den Antrag tretenden, weiteren Vorselektion durch das Staatsvolk entspricht, die nicht als funktionsloser Formalismus anzusehen ist, sondern als Konzentration der 375 Zur verfassungsrechtlichen Notwendigkeit, die parlamentarischen „Beratungen und Verhandlungen sowohl im Kontroll- als auch im Gesetzgebungsbereich in schriftlicher Form der Öffentlichkeit lückenlos zugänglich zu machen“, Hett, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, S. 253. 376 Zur Verhältnismäßigkeitsprüfung auf Ebene von Verfassungsprinzipien s. o., 4.  Teil, 1. Kap. B. II. 4.  377 s. o., 4. Teil, 2. Kap. C. II. 2. b).

2. Kap.: Öffentlichkeit in der Demokratie

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öffentlichen Meinungs- und Willensbildung auf Themen von öffentlichem Interesse. Angesichts der tatsächlich wahrzunehmenden Informationsflut ist eine weitreichende Konzentration der Themen des öffentlichen Diskurses von essentieller, die Wirksamkeit der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung steigernder Bedeutung. cc) Schlussfolgerung Die Schaffung von öffentlicher Zugänglichkeit kann zumindest noch nicht als allgemeingültige Mindestvoraussetzung zur Sicherstellung demokratischer Legitimation angesehen werden. Zwar bedarf es angesichts der multiplen Legitimationsverluste in der Informationstechnologiegesellschaft der Anhebung des Legitimationsniveaus. Doch dass unabhängig von der konkreten Relevanz der in Rede stehenden Ausübung der Staatsgewalt ein effektives Legitimationsniveau nur durch öffentliche Zugänglichkeit sichergestellt werden kann, ist nicht ersichtlich. Zwar mag etwas anderes gelten, wenn der Legitimationsbedarf besonders hoch ist, etwa im Bereich der exekutiven Rechtssetzung. Ein rechtliches Gebot, das für sämtliche Ausübung der Staatsgewalt die öffentliche Zugänglichmachung fordert, kann dem Demokratieprinzip jedoch bislang nicht entnommen werden, obwohl die Eröffnung von Individualzugang weder als praxis- noch als zeitgerecht ein­ gestuft werden kann. Zur Beurteilung des künftigen Genügens des Individualzugangs in der Informationstechnologiegesellschaft kann insbesondere danach gefragt werden, inwieweit aus Gründen des Art. 3 Abs. 1 GG ein alternativer, jenseits der öffentlichen Zugänglichkeit bestehender individueller Zugang zu staatlichen Informationen eröffnet werden muss.378 Die Notwendigkeit der Eröffnung alternativen Informationszugangs gibt Hinweise auf die Verbreitung der Informations- und Kommunikationstechnologie bzw. umgekehrt auf die Wirksamkeit des Individualzugangs. Daneben spricht ein weiteres Absinken der Effektivität der formalen Legitimation für die Ausweitung der Bereiche, in denen öffentliche Zugänglichkeit als demokratische Mindestvoraussetzung anzusehen ist. b) Rechtliche und technische Möglichkeit der Weiterverwendung Die Möglichkeit der Überführung der zugänglich gemachten Daten in den Prozess der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung ist sicherzustellen, um die Rückkopplung zwischen Staatsvolk und Staatsgewalt zu verbessern. Im Falle der öffentlichen Zugänglichmachung bedarf es dazu keiner weiteren technischen oder 378 Zur Entwicklungsoffenheit des Öffentlichkeitsgrundsatzes Nolte, DÖV 1999, 363, 367; Schuppert, AöR 120 (1995), 32, 32.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

rechtlichen Weiterverwendungsmöglichkeiten, auch wenn an dem rechtspolitischen Ziel ihrer Einräumung kein Zweifel besteht. So kann die rechtliche wie technische Weiterverwendbarkeit zu einer Aufbereitung der Informationen führen, die ihrerseits in den öffentlichen Diskurs eingebracht werden kann. Beispielsweise kann eine Visualisierung die Verständlichkeit erhöhen oder Zusammenhänge aufzeigen. Dies erleichtert die verantwortungsvolle und selbstbestimmte öffentliche Auseinandersetzung. Im Falle der Herstellung bloßen Individualzugangs ist die Überführung in den öffentlichen Diskurs durch die Einräumung zumindest des Rechts der Vervielfältigung und der öffentlichen Zugänglichmachung zu ermöglichen. Andernfalls fehlte der Herstellung von Öffentlichkeit ihre Wirksamkeit bei der Anhebung des Niveaus der informellen Legitimation. Die über die Überführung in die öffentliche Meinungs- und Willensbildung hinausgehende Weiterverwendungsmöglichkeit ist demgegenüber auch im Falle des Individualzugangs nicht als verfassungsunmittelbar gebotene Mindestgewährleistung anzusehen. Sie dient der Optimierung der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung, ist aber nicht deren Voraussetzung.

D. Ergebnis Demokratie erfordert Publizität. Dies ist der Demokratie auf Prinzipienebene zu entnehmen. Öffentlichkeit ist zwingende Voraussetzung sowohl der formalen als auch der informellen Legitimation. In der Informationstechnologiegesellschaft ist Öffentlichkeit grundsätzlich herzustellen. Sie ist Regel, Nicht-Öffentlichkeit die Ausnahme. Denn die Wirksamkeit der formalen Legitimation sinkt angesichts der Entwicklung des Realbereichs, vor allem aufgrund des Verlusts der Steuerungskraft des Gesetzes in sachlichinhaltlicher Hinsicht sowie aufgrund der Einbeziehung Privater in die staatliche Aufgabenerfüllung und Gemeinwohldefinition in personell-organisatorischer Hinsicht. Die Informationstechnologiegesellschaft bedarf umfassender Öffentlichkeit, um das Legitimationsniveau hinreichend effektiv auszugestalten. Umgekehrt stehen deren Schaffung keine technischen Hindernisse entgegen. Alle drei Gewalten sind zur Herstellung von Öffentlichkeit, konkret von unaufbereiteter Öffentlichkeit verpflichtet. Zudem ist die Öffentlichkeit gegenüber jedermann herzustellen. Beschränkungen aufgrund individueller Eigenschaften oder Fähigkeiten sind angesichts des Gebots demokratischer Gleichheit nicht mit der demokratischen Öffentlichkeit zu vereinbaren. Hingegen ist die Ausgestaltung als antragsabhängige Öffentlichkeit sowie die Schaffung öffentlicher Zugänglichkeit primär eine verfassungspolitische Entscheidung. Lediglich in Bereichen, in denen das demokratische Legitimationsniveau

3. Kap.: Öffentlichkeit in der Republik

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umfassender Anhebung bedarf, kann dem Demokratieprinzip eine derartige Forderung unmittelbar als Mindestvoraussetzung entnommen werden. Doch ein allgemeines Gebot lässt sich selbst vor dem Hintergrund des umfassenden Wandels des Realbereichs nicht entnehmen. Denn zumindest solange auf Grundlage von Art. 3 Abs. 1 GG ergänzend ein neben der öffentlichen Zugänglichkeit stehender Informationszugangsanspruch eröffnet werden muss, kann die Wirksamkeit des Individualzugangs nicht verneint werden. Als Voraussetzung der Wirksamkeit der bloßen Eröffnung von Individualzugang sind jedoch die technische Möglichkeit und rechtliche Zulässigkeit der Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung anzusehen. Nur so können die zugänglich gemachten Informationen in den Prozess der öffentlichen Meinungsund Willensbildung überführt werden. Weitergehende Bearbeitungsmöglichkeiten sind verfassungspolitisch wünschenswert, zumal die von der Staatsgewalt herzustellende Öffentlichkeit eine unaufbereitete zu sein hat. Eine entsprechende demokratische Forderung kann der Verfassung jedoch nicht entnommen werden. Schon jetzt ist die Ausgestaltung als antragsunabhängige öffentliche Zugänglichkeit verfassungspolitisch als einzig adäquate Lösung anzusehen. Nicht nur die internationale Entwicklung weist in diese Richtung. Auch das verfassungsunmittelbare Bedürfnis nach öffentlicher Zugänglichkeit ist angesichts des stetigen Absinkens des Legitimationsniveaus im Wachstum begriffen.

3. Kapitel

Öffentlichkeit in der Republik Die inhaltliche Ausrichtung des Demokratieprinzips wird zum Teil abgelehnt: Die Demokratie sei rein formales Prinzip, sei primär „Organisations- und Legitimationsprinzip, nicht Ziel- und Legitimitätskategorie“.379 Doch selbst wenn man dem folgt, ist nicht nur dem Grundgesetz in seiner Gesamtheit, sondern auch den Staatsstrukturprinzipien eine inhaltliche Ausrichtung immanent. Zumindest dem Republikprinzip lassen sich nach überzeugender, wenn auch umstrittener Ansicht inhaltliche Aussagen entnehmen. Das Grundgesetz stellt die Republik den sonstigen Staatsstrukturprinzipien in Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG zur Seite.380 Eine allgemein anerkannte Defi 379

Statt aller Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 173 m. w. N. Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 187; Balzer, Republikprinzip und Berufsbeamtentum, S.  14; Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, III Rn.  2; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 24 Rn.  96; Klein, DÖV 2009, 741, 744; Henke, JZ 1981, 249, 250. Ausführlich Anderheiden, Gemeinwohl in Republik und Union, S. 273 ff. Mit zusätzlichem Verweis auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung, u. a. in Art.  18 GG Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 45. Zur fehlenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung Isensee, JZ 1981, 1, 1. 380

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

nition der Republik als Rechtsbegriff existiert nicht. Ideengeschichtlich findet die Entwicklung bei Aristoteles und Cicero ihren Ausgangspunkt. Durch die Jahrhunderte erlebte der Republikbegriff einen permanenten Wandel, der von der Beschreibung einer nicht-monarchischen Staatsform bis hin zur Herrschaftsform reicht, die nach materieller Gerechtigkeit strebt. Selbst dem Grundgesetz lässt sich eine Konkretisierung des Rechtsbegriffs Republik nicht entnehmen, obwohl das Republikprinzip Eingang in die Weimarer Reichsverfassung (WRV) wie das Grundgesetz fand.381 Umso wichtiger ist es, die dem Grundgesetz zugrunde liegende Ideengeschichte in die Betrachtung einzubeziehen.382

A. Republik als Legitimations- und Gestaltungsprinzip Teils wird das Republikprinzip des Grundgesetzes rein formal verstanden.383 Gestützt wird dies auf Art. 1 Abs. 1 WRV: „Das Deutsche Reich ist eine Republik.“ Die einleitende Formulierung der Weimarer Reichsverfassung soll die bewusste, ja revolutionäre Abkehr von der Monarchie zum Ausdruck bringen. Eine einheitliche Programmatik lasse sich ihr nicht entnehmen. Nichts anderes gelte unter dem Grundgesetz. Die Charakterisierung eines Nationalstaats als Republik erschöpft sich dem formalen Verständnis zufolge auf eine Absage an die Monarchie als Staatsform. Die Bestimmung des Staatsoberhaupts auf Lebenszeit aufgrund erb- oder familienrechtlicher Tradition ist damit unvereinbar.384 Vielmehr bedarf es eines Präsidenten als Staatsoberhaupt. Das Amt wird durch Wahl erworben und ist zeitlich beschränkt.385 Über die Reichweite der Zuständigkeiten, Aufgaben und Befugnisse des Staatsoberhaupts lassen sich dem formal verstandenen Republikprinzip des Grundgesetzes keine Aussagen entnehmen. Das rein formale Verständnis des Republikprinzips geht damit nicht über die demokratische Notwendigkeit der demokratischen Legitimation aller Staatsgewalt

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Überblick bei Klein, DÖV 2009, 741, 741 f. Ausführlich zur Entwicklung Balzer, Republikprinzip und Berufsbeamtentum, S. 19 ff.; Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 5 ff. 382 Klein, DÖV 2009, 741, 742. 383 Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, III Rn. 5; Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, Einleitung Rn. 114. 384 Zum heutigen Verständnis der Monarchie Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, III Rn. 7. Ebd., Rn. 8, zur Beschränkung des Monarchie- und Republikbegriffs auf die Frage nach dem Staatsoberhaupt. 385 Für ein rein formales Republikverständnis Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, III Rn. 5; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 96. Zur formalen Dimension, wenn auch deren Ausschließlichkeit ablehnend Klein, DÖV 2009, 741, 742 f.; Balzer, Republikprinzip und Berufsbeamtentum, S. 20 ff.; Isensee, JZ 1981, 1, 1; Henke, JZ 1981, 249, 250.

3. Kap.: Öffentlichkeit in der Republik

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hinaus.386 Schon daher überzeugt es nicht, das Republikprinzip auf die formale Frage nach der Bestimmung des Staatsoberhaupts zu reduzieren, obwohl das Grundgesetz mit der Bezeichnung Deutschlands als Bundesrepublik das Republikprinzip an zentraler Stelle erwähnt.387 Zuzugeben ist dem formalen Verständnis, dass die Väter des Grundgesetzes die Grundsatzentscheidung der Weimarer Reichsverfassung zugunsten der Republik fortführen wollten. Aber die bewusste Abkehr von der Monarchie durch Art.  1 Abs. 1 WRV besagt nicht, dass der Republikbegriff hierauf beschränkt wäre. Vielmehr enthielt die Weimarer Reichsverfassung Hinweise darauf, dass die Verfassung auf die Schaffung einer freiheitlichen Ordnung ausgerichtet ist.388 So normierte Art. 17 WRV die Pflicht, sich eine „freiheitliche Verfassung“ zu geben. So verweisen denn auch bereits Weimarer Kommentatoren, wenn auch nicht einheitlich, auf den Ursprung des Republikprinzips in der res publica.389 Dem soll angesichts der nicht überzeugenden Beschränkung der Republik auf ein formales Prinzip gefolgt werden. Die Charakterisierung des Staats als „res publica res populi“390 geht auf Cicero zurück. Der Staat ist Angelegenheit aller. Er tritt dem Bürger nicht als unabhängige Instanz gegenüber.391 Staat und Gesellschaft sind vielmehr im Gemeinwesen vereint und verfolgen ein Gesamtinteresse.392 Dem Republikprinzip liegt die Erwartung zugrunde, dass die Bürger den Staat als ihre Angelegenheit begreifen. Umgekehrt wird die Staatsgewalt in Gestalt ihrer Amtswalter in die Pflicht genommen, sich bei der Amtsausübung am Gemeinwohl zu orientieren und nicht Privatangelegenheiten – res privata – zu verfolgen.393 Dem Republikprinzip wohnen damit eine 386 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, II Rn.  249; Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 188. Allgemein für die Anerkennung der materiellen Ausrichtung des Republikprinzips Klein, DÖV 2009, 741; Anderheiden, Gemeinwohl in Republik und Union, S.  63; Henke, JZ 1981, 249; Isensee, JZ 1981, 1. 387 Dass die Bezeichnung Bundesrepublik in bewusster Abkehr vom Kaiserreich als konstitutioneller Monarchie gewählt wurde, besagt nicht, dass das Republikprinzip auf die Abkehr von der Monarchie beschränkt ist, Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 189. In den Ländern findet sich teils die deutsche Übersetzung der Republik: Freistaat (Bayern, Sachsen, Thüringen), hierzu auch Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 8 Rn. 5; Balzer, Republikprinzip und Berufsbeamtentum, S. 14 Fn. 1. 388 Hierzu m. w. N. Klein, DÖV 2009, 741, 743. 389 M.w.N. Klein, DÖV 2009, 741, 743. Ausführlich Anderheiden, Gemeinwohl in Republik und Union, S. 244 ff. 390 Hierzu Klein, DÖV 2009, 741, 742; Balzer, Republikprinzip und Berufsbeamtentum, S. 29 ff.; Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 40. Zur historischen Entwicklung des Republikbegriffs auch Henke, JZ 1981, 249, 249 f.; Isensee, JZ 1981, 1, 3 ff. sowie ausführlich Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 5–33. Dies im Kontext der Informationsfreiheit aufgreifend Roßnagel, MMR 2007, 16, 17. 391 Isensee, JZ 1981, 1, 2.  Balzer, Republikprinzip und Berufsbeamtentum, S.  60 spricht davon, dass „der Staat dem Volk gehört“. 392 Balzer, Republikprinzip und Berufsbeamtentum, S. 23 f.; Isensee, JZ 1981, 1, 8. 393 Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 190; Klein, DÖV 2009, 741, 742.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

legitimatorische und eine gestaltende Dimension inne, deren zentrale Größe das Gemeinwohl ist.394 Das Republikprinzip ist nicht nur Gegensatz zur Monarchie. I. Republik als Legitimationsprinzip Die Republik als Legitimationsprinzip ist unvereinbar mit jeglicher Form totalitärer, despotischer oder anarchischer Herrschaft. Eine freiheitsnegierende Ordnung ist ebenso wenig republikanisch wie eine Herrschaft aus höherem Recht. Gleiches gilt für ein Herrschaftssystem, das jegliche Ordnung zugunsten unbeschränkter Freiheit ablehnt.395 Das Republikprinzip lässt allein die Begründung eines Herrschaftssystems zu, das auf das Volk zurückgeführt werden kann und das eine freiheitsbejahende Ordnung begründet. In seiner legitimatorischen Dimension verlangt das Republikprinzip dementsprechend nach einer Herrschaft auf Grundlage einer selbst errichteten Ordnung. Das Volk ist verfassungsgebende Gewalt. Das Volk muss dabei – hier zeigt sich die Nähe zum Demokratieprinzip, wenn nicht sogar die gegenseitige Verschränkung –396 als Einheit begriffen werden können. Verfassungsgebende Gewalt kann nur ein Kollektiv freier und gleicher Individuen sein, nicht die Summe von Individuen.397 Das Volk als verfassungsgebende Gewalt muss daher durch einen Grundkonsens verbunden sein, durch ein gemeinsames Interesse, gerichtet auf die Anerkennung der eigenen Freiheit und den Willen, als verfassungsgebende Gewalt selbst über die Herrschaft zu bestimmen. In der Diktion des Grundgesetzes ist der Grundkonsens auf die Anerkennung der freiheitlich-demokratischen Grund­ ordnung gerichtet.398 Das im Rahmen der Demokratie zur Herrschaftsausübung Gesagte gilt auch in Hinblick auf die Ausübung der Staatsgewalt, wie sie dem Republikprinzip zugrunde liegt: Auch das Republikprinzip fordert eine fortdauernde Legitimation. Denn die Herrschaftsausübung ist kein einmaliger Akt. Auch die Verfassung als deren Grundlage gilt in die Zeit hinein. Sie gilt, weil das Staatsvolk von der Möglichkeit, sich eine neue Verfassung zu geben, keinen Gebrauch macht. Die fort-

394 Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 23 Rn.  35. Ausführlich zum Gemeinwohlbegriff Anderheiden, Gemeinwohl in Republik und Union, S. 49 ff., der drei Bestandteile ausmacht (S. 62): die interaktiv wahrgenommenen Grundrechte, die kollektiven Güter und mit Einschränkungen die kollektive Identität. 395 Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 39, 73. Mit Blick auf die histo­ rische Entwicklung Klein, DÖV 2009, 741, 742 f., 744. 396 Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 37 zur Unterscheidung zwischen demokratischer und republikanischer Perspektive auf die Legitimationsnotwendigkeit. 397 Zur gemeinsamen Basis der Freiheit und Gleichheit von Demokratie und Republik Anderheiden, Gemeinwohl in Republik und Union, S. 293 ff. 398 Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 36; Klein, DÖV 2009, 741, 745; Balzer, Republikprinzip und Berufsbeamtentum, S. 30; Isensee, JZ 1981, 1, 3, 8.

3. Kap.: Öffentlichkeit in der Republik

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dauernde Anerkennung der Verfassung und der durch sie hervorgebrachten Staatsgewalt durch das Volk ist Grundlage auch der Republik.399 Der Grundaussage des Republikprinzips, wonach das Gemeinwesen die Angelegenheit aller ist und alle Bürger für den Staat Verantwortung tragen, können keine die grundrechtlich geschützte Freiheit der Bürger einschränkenden Gehalte entnommen werden. Das Republikprinzip kann nicht als Ausgangspunkt zur Etablierung von Grundpflichten der Bürger dienen. Es gilt das zur demokratischfunktionalen Auslegung der Grundrechte Gesagte: Die Grundrechte sind vorrangig Abwehrrechte, die ihrem Träger subjektiv zur selbstbestimmten Ausübung zugewiesen sind. Wie der Demokratie dienen sie dem materiellen Gehalt der Republik, sind ihm aber nicht zu dienen bestimmt.400 II. Republik als Gestaltungsprinzip Neben der Herstellung eines Begründungszusammenhangs zwischen Volk und Staat gestaltet das Republikprinzip das Verhältnis zwischen beiden dahingehend aus, dass es den Staat an das Gemeinwohl bindet. Die Ausübung von Herrschaftsgewalt im republikanischen Sinn ist im Sinne der res publica Herrschaft für das Volk.401 Es ist im wohl verstandenen Interesse aller auszuüben. Auch die Republik als Gestaltungsvorgabe weist damit Nähe zur Demokratie des Grundgesetzes auf, die beide Prinzipien teils verschmelzen lässt, zumal das Gemeinwohl keine statische Größe ist.402 Abstrakt und a priori lässt sich lediglich formulieren, dass Freiheit und Ordnung zu einem bestmöglichen Ausgleich zu bringen sind.403 Der konkrete Gehalt ist in freier, öffentlicher Meinungs- und Willensbildung zu bestimmen.404 399 Zur verfassungsrechtlichen Qualität Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 38. Dass die Ausübung der Staatsgewalt der öffentlichen Meinung bzw. dem Gemeinwohl entspricht, ist nicht zwingend. Doch bedarf die Abweichung der Begründung. Hinzu kommt, dass Abweichungen auf Dauer dem Ideal von Demokratie bzw. Republik widersprechen. Im Lichte der Demokratie ist dies Ausfluss des Gedankens der Repräsentation. Die republikanische Begründung verweist auf die Verpflichtung der Amtswalter auf das Gemeinwohl als Pendant zu den Grundrechten der Bürger, insbesondere ihrer Teilhabe- und Mitwirkungsrechte. 400 Klein, DÖV 2009, 741, 745. Zur Ablehnung von republikanischen Grundpflichten­ Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 48 sowie Rn. 49 zur Ablehnung einer Widerstandspflicht. Allgemein zur Unzulässigkeit, im Wege der Berufung auf das Republikprinzip das Demokratieprinzip einzuschränken Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 191. 401 Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 40; Isensee, JZ 1981, 1.  402 „Deckungsgleiche Überlagerungen“ zwischen Demokratie und Republik macht aus Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 249. Zur Nähe der Republik zu Demokratie und Rechtsstaat auch Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 96. 403 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 24 Rn. 96. 404 Klein, DÖV 2009, 741, 745. Ziel ist eine „annähernd gleichmäßige Förderung des Wohles aller Bürger und annähernd gleichmäßige Verteilung der Lasten“, so BVerfG, Urt. v. 17.8.1956 – 1 BvB 2/51 – juris Rn. 494 – BVerfGE 5, 85.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Das Gemeinwohl kann dabei weder allein durch die Wahrung verfahrensrechtlicher Standards gefunden werden, noch allein durch die Vorab-Festlegung eines bestimmten Ergebnisses. Vielmehr sind die unterschiedlichen Vorstellungen und Ziele im Rahmen eines geordneten Entscheidungsprozesses zu klären und zu modifizieren.405 So ist vielfach von der Republik als Modus die Rede. Die Republik konstituiert sich in der „Art und Weise, in der das Verfahren durchgeführt und das Ergebnis gefunden und begründet wird.“406 Spezifisch republikanisch ist denn auch nicht der konkretisierte Inhalt des Gemeinwohls. Wesensprägend ist die hierauf aufbauende Verpflichtung der Staatsgewalt, bei der Amtsausübung das Gemeinwohl zu verfolgen.407 Dies gilt nicht nur für den Fall, dass der Amtswalter verfassungsunmittelbar auf das Gemeinwohl verpflichtet wird, etwa durch Art. 56, 64 Abs. 2 GG, oder wenn dies im Kontext des einfachen Gesetzes und von ungeschriebenen Prinzipien geschieht, so in Art. 33 Abs. 4, 5 GG.408 Die treuhänderische Verpflichtung auf das Gemeinwohl trifft alle Amtswalter unabhängig von ihrer konkreten organisatorisch-funktionellen Stellung. Dies gilt gegenüber jedermann, wie bereits die Ausrichtung des Gemeinwohls auf Individuum und Kollektiv nahe legt.409 III. Verhältnis zum Demokratieprinzip Auf die Nähe zwischen Republik- und Demokratieprinzip wurde bereits im Rahmen der Gemeinwohlverpflichtung der Staatsgewalt, konkret im Rahmen des Prozesses der Gemeinwohlbestimmung im öffentlichen Diskurs verwiesen. Demokratie und Republik sind aber auch jenseits der Gestaltungsdimension des Republikprinzips eng miteinander verschränkt, wenn nicht gar deckungsgleich. So ist die Verwirklichung von Republik und Demokratie abhängig von einem Grundkonsens, der Grundlage des Volks als Legitimationssubjekt bzw. als verfassungsgebende Gewalt ist, sowie von der Anerkennung der Ausübung der Staatsgewalt bzw. der Verfassung als Grundnorm. Zwischen Republik- und Demokratieprinzip bestehen „deckungsgleiche Überlagerungen.“410 Der Deckungsgleichheit liegt die Annahme zugrunde, dass Republik- wie Demokratieprinzip eine inhaltliche

405

BVerfG, Urt. v. 17.8.1956 – 1 BvB 2/51 – juris Rn. 494 – BVerfGE 5, 85. Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 71. 407 Klein, DÖV 2009, 741, 745; Balzer, Republikprinzip und Berufsbeamtentum, S.  59;­ Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 42; Isensee, JZ 1981, 1, 8. 408 Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 43. Allgemein zur Verankerung des republikanischen Amtsprinzips im Grundgesetz Balzer, Republikprinzip und Berufsbeamtentum, S. 59. 409 Gröschner, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 23 Rn. 57 im Rahmen der Konstruktion eines Rechtsverhältnisses auf Grundlage der republikanischen Verfassungsdogmatik. 410 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 249. Ähnlich Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, I Rn. 37. 406

3. Kap.: Öffentlichkeit in der Republik

389

Dimension aufweisen.411 Diese Bestimmung des Verhältnisses beider Strukturprinzipien überzeugt, ist jedoch nicht unbestritten.412 Teils wird die inhaltliche Ausrichtung der Staatsstrukturprinzipien allein dem Republikprinzip entnommen. Als Begründung wird auf die Entwicklung des Republikprinzips seit Cicero verwiesen. 413 Hieran anschließend lesen die einen das Republikprinzip als übergreifendes Prinzip.414 Andere gelangen über die Auslegung von Demokratie und Rechtsstaat im Sinne der Republik zu vergleichbaren Ergebnissen.415 Unabhängig von der exakten Bestimmung des Verhältnisses ist einer Gesamtschau von Demokratie und Republik eine inhaltliche Ausrichtung immanent. Sie fordert die grundsätzliche Öffentlichkeit des Staatshandelns. Nach überzeugender Ansicht gilt dies, wie dargestellt, sowohl für die Demokratie als auch wie darzustellen für die Republik.

B. Republikanische Demokratie und Öffentlichkeit Dem Republikprinzip ist Öffentlichkeit wesensimmanent.416 Sie rückt als Verfahrensmodus die politische Entscheidungsfindung „prinzipiell in das Licht der Öffentlichkeit“417. Angesichts der inhaltlichen Nähe, wenn nicht gar Kongruenz 411

Die Annahme einer inhaltlichen Dimension aller Strukturprinzipien des Grundgesetzes lässt eine präzisere Bestimmung des jeweiligen Inhalts zu. Sie ist daher vorzugswürdig gegenüber der alleinigen Ableitung der inhaltlichen Dimension der Strukturentscheidungen aus der republikanischen Gemeinwohlorientierung. Zum Aufgehen des republikanischen Gehalts in Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip allerdings Isensee, JZ 1981, 1, 8.  412 Zur Unbestimmtheit des Verhältnisses von Demokratie und Republik Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II Rn. 249; Frankenberg, in: AK-GG, Art.  20, I Rn.  20. Balzer, Republikprinzip und Berufsbeamtentum, S.  63 anerkennt einen originären Restbestand des Republikbegriffs, so u. a. die Orientierung am Gemeinwohl und das Amtsprinzip, geht jenseits dessen aber vom Aufgehen in Demokratie und Rechtsstaat aus. 413 Vgl. auch Anderheiden, Gemeinwohl in Republik und Union, S. 63, 218 ff. m. w. N. 414 Klein, DÖV 2009, 741, 746 sieht in der Republik das „regulative Element hinter diesen anderen Begriffen“, d. h. hinter Demokratie, Rechtsstaat und Sozialstaat. Isensee, JZ 1981, 1, 8 bezeichnet die Republik als „Name für das Ganze“. Zur Notwendigkeit der eigenständigen Verankerung des Ziels, kollektive Güter bereitzustellen, im Grundgesetz Anderheiden, Gemeinwohl in Republik und Union, S. 63. 415 So wohl Henke, JZ 1981, 249, 251: „Unsere Republik ist demokratisch. Aber unsere Demokratie sollte auch republikanisch sein. Eines der wichtigsten demokratischen Ziele, die Überwindung der sozialen Gegensätze, hat auch einen republikanischen Aspekt.“ Auch Klein, DÖV 2009, 741, 746 scheint die „republikanische Einfärbung des demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzips“ zu bevorzugen. Zur faktischen Nachrangigkeit der Republik gegenüber Demokratie und Rechtsstaat Anderheiden, Gemeinwohl in Republik und Union, S. 307. Zur Überschneidung von Inhalten des Republikprinzips mit Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, Einleitung Rn. 116. 416 Umfassend Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, I Rn. 29 ff. 417 Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, I Rn. 33 m. w. N.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

von Demokratie- und Republikprinzip können sich die Ausführungen zur Öffentlichkeitsforderung des Republikprinzips im Wesentlichen auf einen Verweis zu dem zum Demokratieprinzip Gesagten beschränken.418 I. Inhalt Das Republikprinzip als inhaltlich gebundenes Prinzip fordert eine freiheitliche Grundordnung, die vom Volk als politischer Einheit legitimiert und anerkannt wird, und die auf das Gemeinwohl ausgerichtet ist. Daneben tritt die Gemeinwohlbindung der Staatsgewalt. Das Republikprinzip konstituiert sich in seiner Gestaltungs- wie seiner Legitimationsdimension im Prozess der geistigen Auseinandersetzung im Rahmen der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung: Verfassungsgebende Gewalt kann nur ein Kollektiv sein, das von einem gemeinsamen Grundkonsens getragen wird. Anerkennung der Verfassung und der Ausübung der Staatsgewalt bedürfen ebenfalls der Möglichkeit zur geistigen Auseinandersetzung auf Grundlage hinreichender Öffentlichkeit bzw. Publizität. Schließlich ist die prozesshafte Konkretisierung des Gemeinwohls auf die Öffentlichkeit der Staatsgewalt angewiesen. Nur wenn das Staatshandeln der Allgemeinheit grundsätzlich zugänglich ist, kann sich das Gemeinwohl als konstituierende Größe des Republikprinzips im Prozess der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung wirksam herausbilden. Das Handeln aller drei Gewalten bedarf auch auf Grundlage des Republikprinzips des Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG grundsätzlich der Publizität. II. Ausgestaltung Hinsichtlich der Ausgestaltung entspricht das Publizitätsgebot des Republikprinzips angesichts der Strukturanalogie von Demokratie- und Republikprinzip im Wesentlichen dem demokratischen Öffentlichkeitsgebot. Der Staat hat jedermann die staatlichen Informationen in unaufbereiteter Form zugänglich zu machen, unabhängig von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten. Die dauerhafte Verfügbarkeit für den Informationsempfänger ist sicherzustellen. Eine antragsabhängige Ausgestaltung ist möglich, aber nicht zeitgemäß. Gleiches gilt für die Gewährleistung bloßen Individualzugangs. Die Weiterverwendung muss nur insofern ermöglicht werden, als sie zur Überführung individuell zugänglich gemachter Informationen in öffentliche Zugänglichkeit erforderlich ist. Die Schaffung von öffentlicher Zugänglichkeit, wenn nicht gar Informationsöffentlichkeit ist jedoch auch vor dem Hintergrund des Republikprinzips angesichts des vernetzten Staat-Bürger-Verhältnisses und der Quantität der beim Staat 418

Umfassend zum demokratischen Öffentlichkeitsgebot oben, 4. Teil, 2. Kap. B.

4. Kap.: Öffentlichkeit im Rechtsstaat

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vorhandenen Informationen verfassungspolitisch wünschenswert. Im Sinne des Untermaßverbots genügt jedoch die Eröffnung eines voraussetzungslosen, aber individuellen und antragsabhängigen Informationszugangsrechts den Herausforderungen in der Informationstechnologiegesellschaft, wenn die vorhandenen Informationen über (Metadaten-)Kataloge zugänglich gemacht werden und die Möglichkeit zur Überführung in Öffentlichkeit auch bei umfassenden Anfragen ermöglicht wird.

4. Kapitel

Öffentlichkeit im Rechtsstaat Das Rechtsstaatsprinzip ist neben der Gesamtschau von Demokratie- und Republikprinzip die zweite tragende Säule des verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgrundsatzes. Während Demokratie und Republik auf das Verhältnis der Staatsgewalt zur Allgemeinheit fokussiert sind, nehmen rechtsstaatliche Gewährleistungen auch das Verhältnis der Staatsgewalt zum Einzelnen in den Blick.419 So ist in Literatur wie Rechtsprechung anerkannt, dass Eingriffe in die grundrechtlich geschützten Freiheiten der Begründung gegenüber den Betroffenen und damit der Öffentlichkeit bedürfen.420 Hiervon zeugt die Entwicklung des Informationszugangsrechts. Es nahm seinen Ausgang in individuellen Zugangsrechten der Betroffenen im Verwaltungs- und im gerichtlichen Verfahren. Dem Einzelnen sollte zum Schutz eigener Rechte die Möglichkeit gegeben werden, bei Entscheidungen über ihm zugewiesene Rechtspositionen Einblick in die Grundlagen der Entscheidung zu nehmen und so die Entscheidung gegebenenfalls beeinflussen zu können.421 So unumstritten die Notwendigkeit von Öffentlichkeit422 sowohl in Gestalt von Publizität für die Allgemeinheit als auch von individualbezogener Transparenz aus Sicht des Rechtsstaatsprinzips ist, so umstritten ist der Gehalt des Rechtsstaats. Seine Prinzipiencharakter wird ebenso hinterfragt wie die inhaltliche Ausrichtung.

419 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 198; Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 38. 420 Aus der Rechtsprechung des BVerfG kann die Elfes-Entscheidung als Grundsatz-Urteil gelten, BVerfG, Urt. v. 16.01.1957 – 1 BvR 253/56 – juris Rn. 41 – BVerfGE 6, 32. Aus der Literatur statt aller Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, IV Rn. 48. 421 Zur Entwicklung des Informationszugangsrechts auf Bundesebene s. o., 2. Teil, 2. Kap. A. I. 422 Zur Terminologie der Öffentlichkeitsdimensionen s. o., 3. Teil, 1. Kap. B. I.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

A. Rechtsstaat als integrales Prinzip Rechtsstaatliche Regeln sind im Grundgesetz vielerorts normiert, so in der Festschreibung der Grundrechtsbindung aller Staatsgewalt, Art. 1 Abs. 3 GG, der Garantie effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG und dem Art. 20 Abs. 2 GG zu entnehmende Grundsatz der Gewaltenteilung. Teils werden sie als sedes materiae des Rechtsstaats betrachtet. Daneben werden die gewaltspezifischen Öffentlichkeitsgewährleistungen des Grundgesetzes dem Rechtsstaat zugeordnet, so Art. 42 Abs. 1 Satz 1, Art. 52 Abs. 3 Satz 3 und Art. 82 Abs. 1 GG.423 Nach überzeugender Ansicht erschöpft sich der Rechtsstaat des Grundgesetzes jedoch nicht in der Summe seiner Einzelausprägungen. Ihrer Gesamtschau lässt sich ein sie umfassendes und tragendes Prinzip entnehmen. Auch wenn die Bestimmung des Gehalts des Rechtsstaats als Prinzip bisweilen Probleme bereitet, kann dies nichts daran ändern, den Rechtsstaat des Grundgesetzes auch auf Prinzipienebene anzuerkennen. Seine normative Verankerung findet der Rechtsstaat als Prinzip nach überzeugender Ansicht in Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG.424 Dies gilt umso mehr, als dass ohne ein Verständnis des Rechtsstaats als integrales Prinzip Rechtsschutzlücken zu Tage träten.425 Der Rekurs auf den Rechtsstaat als Prinzip ist mehr als deskriptive Verkürzung. Den Einzelgewährleistungen liegt der Grundsatz der Freiheitsgewährleistung durch Rechtsgeltung, d. h. durch Rechtsdurchsetzung auf Grundlage des Rechts zugrunde.426 Die Rechtsgeltung ist dabei in zwei Dimensionen zu untergliedern. Einerseits bedarf es der Disziplinierung der Ausübung der Staatsgewalt sowie deren Optimierung. Disziplinierung und Optimierung sind auf die Allgemeinheit bezogene, objektive Voraussetzungen der Freiheitssicherung.427 Andererseits kann die Freiheitssicherung aufgrund ihres engen Zusammenhangs zu den Individualgrundrechten nicht auf die objektive Dimension der Disziplinierung der 423 Zum Problem der teils konträren Strukturierungen der Einzelgewährleistungen des Rechtsstaatsprinzips Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 198. Allgemein zu Konkretisierungen des Rechtsstaats Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 95; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 4 ff. 424 Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 4; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 320. Zur Verortung in Art. 20 Abs. 3 GG Huster/Rux, in: BeckOKGG, Art. 20 Rn. 151. Ähnlich Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII Rn. 33. 425 Allgemein Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, IV Rn. 21. 426 Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, VI Rn.  1 fassen den Grundsatz als Organisation und Ausübung „staatliche[r] Macht nach den Vorgaben und in den Grenzen des Rechts“. Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 125 spricht von „Staat, in dem die politische Herrschaft nur aufgrund und im Rahmen des Rechts ausgeübt wird.“ Ähnlich Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 100, der die Ausübung politischer Herrschaft „nur aufgrund und im Rahmen des Rechts“ als Kennzeichen des Rechtsstaats erachtet. 427 In historischer Herleitung der Rationalisierung der Staatsgewalt Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 98 ff.

4. Kap.: Öffentlichkeit im Rechtsstaat

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Staatsgewalt beschränkt werden. Vielmehr bedarf es zur individuellen Freiheitssicherung der subjektiven Rechtsgewährleistung seitens des Staats.428 Rechtsstaatliches Handeln verlangt von der Staatsgewalt (objektive) Rechtsbindung und (subjektive)  Rechtsgewährleistung. Erst ein Zusammenwirken beider Dimensionen führt zur Rechtsgeltung. Bei der Bestimmung des Gehalts des Rechtsstaats sind die konkreten Gewährleistungsgehalte jedoch vorrangig zu berücksichtigen. Dementsprechend ist im Rahmen der Konkretisierung des Öffentlichkeitsgehalts des Rechtsstaats zuerst auf die Art. 42 Abs. 1 Satz 1, Art. 52 Abs. 3 Satz 3 sowie Art. 82 GG abzustellen. Erst jenseits dessen ist ein Rückgriff auf den Rechtsstaat als Prinzip möglich.429

B. Rechtsstaat als Prinzip mit formellem und materiellem Gehalt Ebenso wenig wie Demokratie und Republik lässt sich das Rechtsstaatsprinzip auf ein formelles Prinzip reduzieren. Zu eng ist der Konnex zu den Grundrechten. Zu groß ist die praktische Bedeutung der vom Bundesverfassungsgericht errichteten objektiven Wertordnung.430 Die in den Grundrechtsbestimmungen des Grundgesetzes verkörperte objektive Wertordnung gilt „als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts“, auch für das objektive Verfassungsrecht. Ein materielles Verständnis ist gerade in der Informationstechnologiegesellschaft angesichts der Entwicklung der Beziehung zwischen Staat und Privat unumgänglich. Die formelle Ausrichtung des Rechtsstaats würde eine „Staatsform der Distanz“431 errichten, was in Widerspruch zum Status Quo der Vernetzung von Staat und Bürger stünde. Um seine Funktion zu erfüllen, bedarf der Rechtsstaat in der Informationstechnologiegesellschaft auch einer materiellen Betrachtung.432 428 Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 26 Rn.  1, 16; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 326. Zur Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Dimension Schmidt-Aßmann, a. a. O. Rn. 5. Ähnlich Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 36. Vgl. zudem Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 197. 429 Umfassend Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, VII Rn.  42 ff.; Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 129.1; Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 95 f.; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 7 f.; speziell zum Vorrang der Konkretisierungen Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  86 f. Zum Prinzipiencharakter des Rechtsstaatsprinzips Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII Rn. 34. 430 Erstmals hat sich das BVerfG im Lüth-Urteil aus dem Jahr 1958 zur objektiven Wertordnung und der Ausstrahlung der Grundrechte auf alle Bereiche des Rechts bekannt, BVerfG, Urt. v. 15.01.1958 – 1 BvR 400/51 – LS 1 – BVerfGE 7, 198. Zum Widersprich zwischen der Anerkennung der Grundrechte als objektiver Wertordnung und einem formellen Rechtsstaatsverständnis Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, IV Rn. 22. 431 M.w.N. Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, IV Rn. 22. 432 Zum „Struktur- und Funktionswandel des Rechtsstaats“, mitunter angesichts der Einbeziehung Privater Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, IV Rn. 28.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Der Gewährleistungsgehalt des Rechtsstaatsprinzips beschränkt sich demnach nicht auf die Normierung einzelner Formelemente, etwa zu Zuständigkeit, Form oder Verfahren.433 Hinzu treten inhaltliche Vorgaben, so die Bindung des Gesetzgebers an die Verfassung, Art. 20 Abs. 3 GG, sowie die Grundrechte.434 Dem materiellen Gehalt des Rechtsstaatsprinzips entsprechend ist Freiheit denn auch nicht nur rechtliche Freiheit, verstanden als Abwesenheit von staatlichem Zwang. Rechtsstaatliche Freiheit ist auch reale Freiheit im Sinne der tatsächlichen Möglichkeit zum selbstbestimmten Handeln.435

C. Rechtsstaat als umfassende Rechtsgeltung Der Unterscheidung zwischen der primär individuell ausgerichteten Dimension der Rechtsgewährleistung [4. Teil, 4. Kap. C. I.] und der objektiv an die Allgemeinheit gerichteten Dimension der Rationalisierung und Optimierung der Staatsgewalt [4. Teil, 4. Kap. C. II.] folgend gilt es, den Inhalt des Rechtsstaats als formelles und materielles Prinzip zu konkretisieren. I. Rechtsgewährleistung durch die Staatsgewalt Die rechtsstaatliche Dimension der Rechtsgewährleistung durch die Staatsgewalt gestaltet die Beziehung zwischen Staatsgewalt und Gewaltunterworfenen näher aus. Als Ausgangspunkt kann die Gewährleistung subjektiver Rechte angesehen werden. Ergänzt wird sie durch die Pflicht zur Schaffung zumindest der rechtlichen Grundlagen der Ausübung dieser Rechte sowie zu Schutz und Durchsetzung der Rechte bzw. allgemein des Rechts.

433

Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII Rn. 36; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 18. 434 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII Rn. 37; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 26 Rn.  19. Umfassend zum materiellen Verfassungsstaat Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, Einleitung Rn. 109. Als „janusköpfig“ bezeichnet Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, IV Rn. 32 das Rechtsstaatsprinzip angesichts der Gewährleistung von „Förmlichkeit und Gesetzesbindung“ einerseits, von „Effizienz und (Sach-) Gerechtigkeit“ andererseits. 435 Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 192 Rn. 30; Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IX, § 190 Rn.  171; Krebs, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 31 Rn. 1. Zur Grundannahme, dass die Durchsetzbarkeit der Grundrechte „zu den elementaren Bestandteilen des Grundrechtes selbst gehört“ vgl. Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 41. Im Kontext des Öffentlichkeitsgebots Hett, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, S. 209.

4. Kap.: Öffentlichkeit im Rechtsstaat

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1. Gewährleistung subjektiver Rechte Das Grundgesetz weist an zentraler Stelle zu Beginn dem Einzelnen mit den Grundrechten Rechte und Freiheiten als individuelle Rechtspositionen zu. Die Gewährleistung subjektiver Rechte ist rechtlich geordnet.436 Sie garantiert als formelles Prinzip die grundsätzliche Abwesenheit von staatlichem Zwang. Da­ neben hat der Staat als Garant der Rechtsgewährleistung und -verwirklichung die Voraussetzungen einer „freien und selbstverantworteten Rechtsgestaltung“437 zu schaffen. Zur Gewährleistung von Freiheit als realer Freiheit sind neben dem im re­ pressiven Bereich anzusiedelnden Rechtsschutz die der Freiheitsausübung vorgelagerten Voraussetzungen sicherzustellen. Andernfalls könnte der Einzelne von den ihm gewährten subjektiven Rechten keinen Gebrauch machen.438 Während mit der Kategorie der Grundrechtsausübungsvoraussetzung herkömmlicherweise Voraussetzungen auf Seiten des Trägers adressiert werden, die es staatlicherseits zu gewährleisten gilt, können auch die Anforderungen an die Ausgestaltung des Staatshandelns als Voraussetzung der Ausübbarkeit angesehen werden. Dies zugrunde gelegt, ist im Folgenden zwischen den rechtlichen Grundrechtsausübungsvoraussetzungen auf Seiten des Staats [4. Teil, 4. Kap. C. I. 1. a)] und den tatsächlichen, auf Seiten des Grundrechtsträgers anzusiedelnden zu unterscheiden [4. Teil, 4. Kap. C. I. 1. b)]. Eng verbunden mit der Gewährleistung subjektiver Rechte, aber über die Dimension der individuellen Gewährleistung hinaus weist das dem Rechtsstaat immanente Ziel, materielle Richtigkeit und Gerechtigkeit zu verwirklichen.439 Für das Individuum erlangt das Prinzip der materiellen Gerechtigkeit im Rahmen der Verhältnismäßigkeit Bedeutung.440 Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt der Gedanke zugrunde, dass staatliche Maßnahmen weder unbegrenzt noch unbegründet sein dürfen.441

436

Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 31. Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 327. 438 Grundlegend zur Kategorie der Grundrechtsvoraussetzung Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 187 f. unter Hinweis darauf, dass ein abwehrrechtliches Verständnis der Lebenswirklichkeit nicht gerecht wird. Zur Verortung des Grundrechtsvoraussetzungsschutz in den Individualrechten Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 41. 439 Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 95; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 212. 440 Zur Herleitung aus dem Rechtsstaatsprinzip, Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII Rn. 108. 441 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII Rn. 107; Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, IV Rn. 52. Zum verhältnismäßigen Ausgleich widersprechender grundrechtlicher Individualpositionen Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 176. 437

396

4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

a) Rechtliche Grundrechtsausübungsvoraussetzungen: Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns Inbegriff der Gewährleistung der rechtlichen Voraussetzungen der Freiheitsausübung ist die formell ausgerichtete Forderung nach der Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns.442 Die Vorhersehbarkeit fordert neben der Einsehbarkeit die Verstehbarkeit staatlichen Handelns. Teils ist auch vom Grundsatz der Rechtsklarheit oder der Bestimmtheit des Rechts die Rede.443 Inhaltliche Konsequenzen ergeben sich durch die terminologische Differenzierung nicht. Die Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns ist dergestalt zu gewährleisten, dass sie Rechtssicherheit schafft.444 Um sein Verhalten selbstbestimmt steuern zu können, muss der Einzelne um die ihm zulässigerweise zur Verfügung stehenden Handlungsspielräume wissen, etwa um die ihm zustehenden Rechte und die ihn treffenden Pflichten.445 Lediglich ergänzend ist aus rechtssoziologischer Sicht anzumerken, dass Rechtssicherheit wesentliche Voraussetzung der Funktionsfähigkeit des Rechts ist. Denn dessen Steuerungskraft basiert auf Akzeptanz und Vertrauen seitens der Normunterworfenen.446 Diese basieren ihrerseits auf der Fähigkeit des Rechts, Erwartungen zu stabilisieren und somit verlässliche Grundlage für das eigene Verhalten zu werden.447 Die Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns als Komponente der Rechtsstaatlichkeit trägt damit zur Funktionsfähigkeit des Rechts bei,448 was den Bogen zum Demokratieprinzip spannt.

442

Allgemein Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Medien­ gesellschaft, S. 101 ff.; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 199 f.; Gurlit, DVBl. 2003, 1119, 1126; Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, IV Rn. 48 ff. 443 Statt aller Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII Rn. 51 ff., 58 ff.; Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 169 ff.; Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 102 leitet aus der Forderung nach Verstehbarkeit die Pflicht ab, Normen adressatengerecht zu publizieren. 444 Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 101; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 81. Zum Konnex zwischen Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit auch Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 200. 445 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 202; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 324 f. 446 Heckmann, Geltungskraft und Geltungsverlust von Rechtsnormen, S. 30 ff. Dies zugrunde legend wohl auch Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Medien­ gesellschaft, S. 102 f. Zur Notwendigkeit eines hinreichend fundierten Vertrauens BVerfG, Urt. v. 3.3.2009 – 2 BvC 3/07 u. a. – juris Rn. 123 – BVerfGE 123, 39. 447 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, VII Rn.  69 ff.; Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 107. Zur Funktion des Rechts, Erwartungen zu stabilisieren, und ihren Voraussetzungen s. o. 2. Teil, 3. Kap. C. I. 448 Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 168.

4. Kap.: Öffentlichkeit im Rechtsstaat

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b) Tatsächliche Grundrechtsausübungsvoraussetzungen Neben den rechtlichen schützt der Rechtsstaat auch die tatsächlichen Voraus­ setzungen der Grundrechtsausübung. Rechtlich relevant sind die tatsächlichen Grundrechtsausübungsvoraussetzungen, wenn der Einzelne ohne staatliche Ermöglichung objektiv keine Möglichkeit hat, die ihm rechtlich eingeräumte Freiheit auszuüben, weil es an den Voraussetzungen der Freiheitsausübung fehlt. Sofern nur der Staat rechtlich wie tatsächlich in der Lage ist, die Freiheitsausübung zu ermöglichen, trifft ihn eine Gewährleistungspflicht. Dies ist anzunehmen, soweit der Staat über ein Monopol verfügt, so im Bereich staatlicher Informationen, die im Rahmen der Aufgabenerfüllung anfallen. Da Informationen zugleich Handlungsvoraussetzung des Individuums sind, ist der Einzelne auf sie angewiesen.449 Sie sind staatlicherseits zu gewährleistende Grundrechtsausübungsvoraussetzung. 2. Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung Die Gewährleistung subjektiver Rechte und ihrer rechtlichen wie rechtlich relevanten tatsächlichen Voraussetzungen genügt nicht, um reale Freiheit zu gewährleisten. Zusätzlich bedarf es der Möglichkeit des Rechtsschutzes sowie der zwangsweisen Durchsetzung des Rechts im Bedarfsfall. Während die Gewährleistung von Rechtsschutz Ausfluss der Gewährleistung individueller Rechte vor dem Hintergrund des Gewaltmonopols des Staats ist, weist das Prinzip der Rechtsdurchsetzung einen darüber hinausgehenden Bezug zur Allgemeinheit auf. Sie ist par excellence Ausdruck des staatlichen Gewaltmonopols.450 Präventiv bedarf es zur Verwirklichung des Rechtsschutzgedankens der Einbeziehung der in eigenen Rechten Betroffenen in das staatliche Verfahren. Repressiv eröffnet Art.  19 Abs.  4 GG effektiven Zugang zu den Gerichten, wenn subjektive Rechte durch die öffentliche Gewalt verletzt werden. Für Streitigkeiten, die nicht öffentlich-rechtlicher Natur sind, wird aus dem Rechtsstaatsprinzip in

449 Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 3, 5. Speziell zum Grundrechtsvoraussetzungsschutz ebd., Rn. 41 sowie Janda, V&M 17 (2011), 227, 229; Gurlit, DVBl. 2003, 1119, 1122. Die Informationsmöglichkeit zu den „notwendigen Voraussetzungen zur Ausübung seiner persönlichen und politischen Aufgaben“ rechnet das BVerfG, Beschl. v. 3.10.1969 – 1 BvR 45/65juris Rn. 28 – BVerfGE 27, 71. In diese Richtung auch VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 250. Zur Informationsabhängigkeit bzw. der daraus folgenden Charakterisierung von Informationen als Grundrechtsausübungsvoraussetzung Kugelmann, DÖV 2005, 851, 856; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 282; Köppen, Das Grundrecht der Informationsfreiheit unter besonderer Berücksichtigung der neuen Medien, S. 44; Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 179. 450 Zum staatlichen Gewaltmonopol Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 186.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG der allgemeine Justizgewährleistungsanspruch abgeleitet.451 Dem korrespondiert die staatliche Verantwortlichkeit für die Durchsetzung des Rechts. Die Gewährleistungsaufgabe des Staats beschränkt sich dabei nicht auf das materielle Recht. Da Faktoren wie Verfahren, Organisation und Zuständigkeiten, mithin das formelle Recht auf das materielle Recht zurückwirken, ist auch dessen Einhaltung durchzusetzen.452 Schon dies zeigt den engen Zusammenhang zwischen Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung. Der Einzelne kann durch sein Rechtsschutzbegehr zur Rechtsdurchsetzung und der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Rechts beitragen. Dies ist im nationalen Recht im Rahmen der Zuweisung subjektiv-öffentlicher Rechte anerkannt.453 Doch kann der Einzelne auf Grundlage der nationalen Dogmatik grundsätzlich nur dann zur Rechtsdurchsetzung beitragen, wenn er in eigenen, ihm subjektiv zugewiesenen Rechtspositionen betroffenen ist. Stärker ist die Rolle des Einzelnen in der Europäischen Union. Da sie über keinen eigenen, in die Mitgliedstaaten hineinwirkenden Verwaltungsapparat verfügt,454 kann der Einzelne Rechtsschutz nicht nur bei der Betroffenheit in eigenen Rechten erlangen. Der Rechtsweg ist vielmehr auch für den Fall der Verletzung sonstiger Rechts­ positionen eröffnet. Die Ausweitung des Rechtsschutzes soll zu einer Effektivierung der Rechtsdurchsetzung führen. An die Stelle der Rechtsdurchsetzung durch Individualrechtsschutz tritt in der Europäischen Union die Durchsetzung des materiellen Rechts durch umfassenden Rechtsschutz.455 Das subjektiv-öffentliche Recht, das im Individualinteresse besteht, wird gewissermaßen durch subjektivöffentliche Rechte im öffentlichen Interesse ergänzt.

451 Aus der Rechtsprechung statt aller BVerfG, Beschl. v. 6.12.2004 – 1 BvR 1977/04. Grundlegend aus der Literatur Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 90 Rn. 275 ff. 452 BVerfG, Beschl. v. 6.6.1989 – 1 BvR 921/85 – juris Rn. 137 – BVerfGE 80, 137; BVerfG, Urt. v. 16.1.1957 – 1 BvR 253/56 – LS 3 – BVerfGE 6, 32. 453 Allgemein zum Zusammenhang von Rechtsschutz und Funktionsfähigkeit des Rechts Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 113 ff. Zur Funktion des subjektiv-öffentlichen Rechts, dem Einzelnen die „Rechtsmacht zur Durchsetzung des Normbefehls“ zu verleihen Scherzberg, DVBl. 1988, 129, 132. Ähnlich Kahl/ Ohlendorf, JA 2010, 872, 872. 454 Umfassend Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, speziell zu den verfassungsrechtlichen Besonderheiten der Europäischen Union S. 55 ff. Zu den Erwägungen des europäischen Gesetzgebers vgl. bereits 2. Teil, 2. Kap. A. IV., B. I. 455 Von einem „allgemeinen Vollziehungsanspruch[s]“ im Europarecht spricht Danwitz, DÖV 1996, 481, 489.

4. Kap.: Öffentlichkeit im Rechtsstaat

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II. Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt Subjektive Rechtsgewährleistung und die objektive Disziplinierung der Staatsgewalt lassen sich nicht trennscharf differenzieren. Beide Dimensionen wirken aufeinander ein und zurück, wie schon die Rückwirkungen des Rechtsschutzes auf die Rechtsdurchsetzung zeigten. Doch anders als die bisher dargestellten Dimensionen des Rechtsstaatsprinzips, die lediglich mittelbar auf die Allgemeinheit zurückwirken, sind die Bindung der Staatsgewalt, deren Kontrolle und die Fortentwicklung des Rechts primär auf die Allgemeinheit ausgerichtet. 1. Disziplinierung der Staatsgewalt a) Bindung der Staatsgewalt Objektive und auf die Allgemeinheit bezogene Kehrseite der Gewährleistung subjektiver Rechte ist die Bindung der Staatsgewalt an Recht und Gesetz, Art. 1 Abs.  3, Art.  20 Abs.  3 GG.456 Damit einher gehen die Grundsätze des Vorrangs und des Vorbehalts des Gesetzes.457 Der Vorrang des Gesetzes verpflichtet Exekutive und Judikative zu gesetzmäßigem Verhalten. Rechtsanwendung und unterpar­ lamentarische Rechtssetzung dürfen dem Parlamentsgesetz nicht widersprechen.458 Der Vorbehaltsgrundsatz besagt, dass das Handeln der Exekutive zumindest im Bereich der Eingriffsverwaltung einer einfachgesetzlichen Fundierung bedarf, die je nach (Grundrechts-)Relevanz der Maßnahme hinreichend bestimmt zu sein hat.459 In der Leistungsverwaltung ist nach der Grundrechtsrelevanz der Maßnahme zu unterscheiden.460 Der Gesetzesvorbehalt gilt grundsätzlich für die gesamte Staatsgewalt unabhängig von der jeweiligen Handlungsform.461 Dem Gesetz kommt damit wie im Kontext des Demokratieprinzips zentrale Bedeutung zu. Dies gilt auch für den im Folgenden näher zu beleuchtenden Grundsatz der Gewaltenteilung und Gewaltenhemmung.462 456

Umfassend zur Bindung sämtlicher Staatsgewalt Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VI Rn. 17 ff. 457 Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, VI Rn.  72 ff.; 75 ff.; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, VII Rn.  25 f. Zur umstrittenen Einordnung der (unmittelbaren) Verfassungsbindung von Exekutive und Judikative Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VI Rn. 17 ff. 458 Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 152 ff., 156 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/ Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 62. 459 Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VI Rn. 75. 460 Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 159 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 63 ff. 461 Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 157 für den Vorrang des Gesetzes. 462 Allgemein Di Fabio, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 27 Rn. 50 ff. m. w. N. Zur Vorrangstellung des Gesetzgebers Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, V Rn. 56.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

b) Kontrolle der Staatsgewalt Ebenso wie die Gewährleistung individueller Rechte des Schutzes und der Durchsetzung bedarf, bedarf die Bindung der Staatsgewalt der Kontrolle. Von zentraler, historisch überkommener Bedeutung ist der Grundsatz der Gewaltenteilung. Als Organisationsgebot und institutioneller Maßstab ist sie konstitutiv für den Verfassungsstaat.463 In Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG funktionell und institutionell angelegt,464 erfolgt die inhaltliche Zuordnung durch Art. 20 Abs. 3 GG, wobei ein vollständiges Bild der Aufgabenzuweisung nur im Wege einer Gesamtschau des Grundgesetzes zu erlangen ist.465 aa) Gewaltenteilung und Gewaltenverschränkung Teils wird die Gewaltenteilung als eigenständiges Verfassungsprinzip angesehen.466 Überwiegend erfolgt die Zuordnung zum Rechtsstaatsprinzip.467 Un­ abhängig von der konkreten Zuordnung ist die Gewaltenteilung als zentrales Element des Verfassungsstaats anerkannt. Während historisch die Trennung und Begrenzung der Staatsgewalt im Vordergrund standen, allen voran die Kontrolle der Regierung durch das Parlament, ist die Teilung der Gewalten unter dem Grundgesetz nur mehr Verschränkung der Gewalten. An die Stelle des Dualismus zwischen Regierung und Parlament tritt die wechselseitige Kontrolle von Parlamentsmehrheit und Opposition.468 Auch sie hemmt die Ausübung der Staatsgewalt. Die wechselseitigen Verschränkungen sollen der Mäßigung der Staatsgewalt, ihrer funktionsgerechten Ausübung sowie mittelbar der Freiheitssicherung dienen.469.

463 Di Fabio, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 27 Rn.  1, 4; Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, IV Rn. 40. 464 Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, V Rn.  38 ff.; Grzeszick, in: Maunz/ Dürig, GG, Art.  20, VII Rn.  23. Während die funktionale Gewaltenteilung die Grundfunktionen des Staats unterscheidet (Gesetzgebung, vollziehende Gewalt, Rechtsprechung), differenziert die organisatorische Gewaltenteilung nach den Trägern der drei Grundfunktionen, vgl. Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 26 Rn.  52 f. Element der funktionalen Gewaltenteilung ist der Vorbehalt des Gesetzes, Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VI Rn. 83. 465 Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, V Rn. 37; Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 142; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 47 f. 466 So Di Fabio, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 27 Rn. 4, 11.  467 Statt aller Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 46 ff. 468 Ausführlich zur Entwicklung der Gewaltenteilung Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, V Rn.  2 ff. Zur Gewaltenverschränkung Di Fabio, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 27 Rn. 31 ff. 469 Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art.  20 Rn.  143; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 55. Speziell zur Funktionsgerechtigkeit Di Fabio, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 27 Rn. 10.

4. Kap.: Öffentlichkeit im Rechtsstaat

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Gewaltenteilung ist im historischen Verständnis auf die Teilung und Verschränkung der öffentlichen Gewalt beschränkt.470 Die zur Mäßigung der Staatsgewalt notwendige Kontrolle ist damit den jeweils anderen Gewalten und Organen zugewiesen. Sie findet ihre Grenzen im Kernbereich der der jeweiligen Gewalt zugewiesenen Funktionen.471 bb) Öffentliche Kontrolle Doch ist Kontrolle der Staatsgewalt nicht auf die innerstaatliche Kontrolle durch Gewaltenteilung und Gewaltenverschränkung beschränkt. Die Kontrolle durch die Allgemeinheit ist dem Grundgesetz nicht nur im Kontext des Demokratieprinzips immanent.472 Auch das Rechtsstaatsprinzip anerkennt nach überzeugender Ansicht die öffentliche Kontrollierbarkeit staatlicher Machtausübung, die ähnliche Funktionen erfüllt wie die Teilung der öffentlichen Gewalt gemäß Art.  20 Abs.  2, 3 GG.473 In mediatisierter Form ist die öffentliche Kontrolle im Grundgesetz angelegt. So sind nicht nur die Verhandlungen von Bundestag, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 GG, und Bundesrat, Art. 52 Abs. 3 Satz 3 GG, öffentlich. Von größerer Bedeutung in Hinblick auf die Disziplinierung der Staatsgewalt ist die Öffentlichkeit des spezifisch auf Kontrolle angelegten Untersuchungsausschusses, die e-contrario aus Art.  44 Abs.  1 Satz  2 GG folgt. Jenseits des Verfassungstexts ist das Instrument der Großen Anfrage auf die Herbeiführung von Öffentlichkeit gerichtet, §§ 101 f. ­GO-BT.474 Die Kleine Anfrage ist angesichts der Schriftlichkeit ihrer Beantwortung, § 104 Abs. 2 GO-BT, stärker in die parlamentarische Kontrolle eingebunden.475 Jedoch ist auch sie angesichts der ständigen Übung, schriftliche Par 470

Di Fabio, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 27 Rn. 14. BVerfG, Beschl. v. 17.7.1996 – 2 BvF 2/93 – juris Rn. 29 – BVerfGE 95, 1. Hierzu Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 148 ff. (auch zur Kritik). 472 „Kritik der staatlichen Herrschaftsausübung durch die Öffentlichkeit“ fordert Kloepfer, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 42 Rn. 18, allerdings mit umfassenden Blick auf die „modernen Demokratien“. Kritisch zur Wirksamkeit der öffentlichen Kontrolle Möllers, VerwArch 90 (1999), 187, 202. 473 BVerfG, Urt. v. 3.3.2009 – 2 BvC 3/07 u. a. – juris Rn. 110 – BVerfGE 123, 39. Die Gewaltenhemmung durch öffentliche Kontrolle anerkennend auch Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 108, 111; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  329, 331. Zur Erforderlichkeit der Ergänzung der gegenseitigen Kontrolle der Gewalten Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn. 37. Kritisch Di Fabio, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 27 Rn. 14 f., der die öffentliche Kontrolle im Demokratieprinzip ansiedelt. 474 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, BGBl. I 1980, 1237 in der Fassung BGBl. I 2013, 2167. 475 BVerfG, Beschl. v. 1.7.2009 – 2 BvE 5/06 – juris Rn. 88 – BVerfGE 124, 161. Die Anfrage dient neben der rechtsstaatlichen Kontrolle auch der demokratischen Willensbildung (ebd. Rn. 77). 471

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

lamentsdokumente öffentlich zugänglich zu machen, mittelbares Kontrollinstrument der Allgemeinheit. Jenseits spezieller Regelungen kann die Kontrollierbarkeit staatlicher Gewaltausübung durch die Allgemeinheit unter direktem Rückgriff auf das Rechtsstaatsprinzip gewonnen werden. Die Kontrolle der Staatsgewalt durch die Allgemeinheit befördert bereits durch die potenzielle Kenntnisnahmemöglichkeit derselben die Selbstkontrolle des Staats.476 Für die Gerichtsöffentlichkeit wird dies viel diskutiert.477 Doch kann die Argumentation auf das Handeln aller drei Gewalten übertragen werden. Öffentlichkeit trägt somit mittelbar zur Einhaltung formellen und materiellen Rechts und damit zur Verfahrensgerechtigkeit bei.478 Auch ist die öffentliche Kontrolle wirksames Kontrollinstrument. Zwar bedarf Kontrolle neben der durch Öffentlichkeit des Staatshandelns zu gewährleistenden Kompetenz des Kontrollakteurs der Distanz zwischen Kontrollakteur und Kontrollobjekt.479 Teils wird auch Misstrauen zwischen beiden als notwendig erachtet.480 Die Vernetzung zwischen Staat und Privat steht der Forderung nach Distanz und Misstrauen nur auf den ersten Blick entgegen. Denn auch in der durch umfassende Vernetzung gekennzeichneten Informationstechnologiegesellschaft sind und bleiben Staat und Gesellschaft bzw. Bürger unterschiedliche Teilsysteme des Gemeinwesens. Auch die auf Grundlage der kontrollnotwendigen Öffentlichkeit gegebenenfalls gestärkte Akzeptanz des Staatshandelns führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen ändert die Akzeptanz des Staatshandelns durch die Allgemeinheit schon nichts an der stärker ausgeprägten Selbstkontrolle der Staatsgewalt. Denn zu deren Steigerung genügt die Kontrollmöglichkeit. Zum anderen schließt Akzeptanz eine tatsächliche Kontrolle durch die Allgemeinheit nicht aus. Da Akzeptanz ihre Grundlage im Tatsächlichen hat, kann sie Ergebnis der Kontrolle sein. Die öffentliche Kontrolle reicht ebenso wenig wie die staatsinterne Gewaltenteilung und -verschränkung in den Kernbereich der jeweiligen Staatsgewalt hinein.481 Auch stehen der Allgemeinheit keine direkten Sanktionsinstrumente zur Verfügung. Dies widerspräche der verfassungsunmittelbar garantierten Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der jeweiligen Gewalt.482 Funktionsfähigkeit und 476 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S.  207 für die richterliche Unabhängigkeit. Ebenso Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Medien­ gesellschaft, S. 109. 477 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 206 ff. 478 BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 – juris Rn. 67 f., 71 – BVerfGE 103, 44. Aus der Literatur Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 207. 479 Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  240 ff. zu den Kontrollvoraussetzungen Distanz, Misstrauen, Wirksamkeit und Kompetenz. 480 So Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 244. 481 Für die staatsinterne Gewaltenteilung Frankenberg, in: AK-GG, Art. 20, IV Rn. 41. 482 Allgemein Di Fabio, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 27 Rn. 35 ff. Speziell für die Unabhängigkeit der Justiz Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 208 ff.

4. Kap.: Öffentlichkeit im Rechtsstaat

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Eigenverantwortlichkeit des Handelns der jeweiligen Gewalt sind Grenze jeglicher externer Kontrolle.483 Doch stärker als die staatsinterne Kontrolle kann die öffentliche Kontrolle neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit des Staatshandelns in den Blick nehmen.484 Sie trägt als eigenständiges Element zur Disziplinierung der Staatsgewalt bei. 2. Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt Ebenso dem Rechtsstaatsprinzip zuzurechnen ist die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Rechts.485 Dazu bedarf es der Rationalisierung und Effektivierung der Ausübung der Staatsgewalt [4. Teil, 4. Kap. C. II. 2. a)] sowie der Fortentwicklung des Rechts [4. Teil, 4. Kap. C. II. 2. b)]. a) Rationalisierung und Effektivierung der Ausübung der Staatsgewalt Die Gewaltenverschränkung dient nicht nur der Hemmung der Ausübung der Staatsgewalt. Neben die Begrenzungsfunktion tritt die ebenfalls rechtsstaatlich anerkannte Funktion der Rationalisierung und Effektivierung der Staatsgewalt.486 So heißt es im Nato-Doppelbeschluss des Bundesverfassungsgerichts:487 „Die dort [= Art. 20 Abs. 2 GG] als Grundsatz normierte organisatorische und funktionelle Unterscheidung und Trennung der Gewalten dient zumal der Verteilung von politischer Macht und Verantwortung sowie der Kontrolle der Machtträger; sie zielt auch darauf ab, daß staatliche Entscheidungen möglichst richtig, das heißt von den Organen getroffen werden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen, und sie will auf eine Mäßigung der Staatsgewalt insgesamt hinwirken.“

Die Ziele der Optimierung und Mäßigung und damit der Rationalisierung und Effektivierung des Staatshandelns anerkennt auch das Bundesverfassungsgericht. Allerdings ist der dogmatische Gehalt zu beachten. Ebenso wie die Sicherstellung des demokratisch notwendigen Legitimationsniveaus enthält die Forderung der 483 Im Ergebnis vergleichbar, wenn auch im Kontext direktdemokratischer Elemente Di Fabio, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 27 Rn. 60. 484 Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S.  279 f. zum Verhältnis der Kontrollmaßstäbe Richtigkeit und Rechtmäßigkeit zueinander. 485 Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 114 f. 486 Di Fabio, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 27 Rn.  1; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 198. Ausführlich, auch zur Entwicklung Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 144 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 48 ff.; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 328 f. 487 BVerfG, Urt. v. 18.12.1984 – 2 BvE 13/83 – juris Rn. 137 – BVerfGE 68, 1.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Effektivierung und Rationalisierung ein nach oben offenes Optimierungsgebot.488 Verfassungsunmittelbar ist dem Gebot lediglich ein Mindestgewährleistungsgehalt zu entnehmen. Nur sofern die Funktionsfähigkeit der Staatsgewalt andernfalls nicht mehr sichergestellt wäre, erlangen Rationalisierung und Effektivierung verfassungsunmittelbares Gewicht.489 Jenseits dessen ist der Gestaltungsspielraum der Staatsgewalt eröffnet. Rationalisierung bedeutet Verbesserung der Zweck-Mittel-Relation. Die Verbesserung kann dabei auf Seiten des Zwecks wie des Mittels ansetzen.490 Die Optimierung des Mitteleinsatzes zur Verwirklichung eines feststehenden Ziels ist dabei als rechtsstaatliches Ziel anerkannt.491 Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie kann hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten. Gleiches gilt für die Öffnung der Staatsgewalt für die öffentliche Kontrolle. Da sie auch die Zweckmäßigkeit des Staatshandelns in den Blick nimmt, ist sie geradezu prädestiniert, zur Rationalisierung der Ausübung der Staatsgewalt beizutragen.492 Die Optimierung der Zielerreichung, die klassische Effektivierung, wonach ein fester Bestand an eingesetzten Mitteln die Zielerreichung verbessern soll, obliegt demgegenüber primär dem Gesetzgeber. Zwar ist das Ziel der Schaffung materieller Gerechtigkeit im Sinne der Gewährleistung eines bestmöglichen Ausgleichs der von einer Entscheidung betroffenen berechtigten Interessen und Rechte dem Rechtsstaat immanent. Doch schon angesichts der Vielfalt der involvierten Interessen lassen sich der Effizienzsteigerung auf Seiten der Zielerreichung grundsätzlich keine rechtlich durchsetzbaren Pflichten entnehmen. Effizienzsteigerung ist per se auf Optimierung, nicht auf Schutz eines Mindestgewährleistungsgehalts angelegt.493 Grundsätzlich lässt sich formulieren, dass sowohl die klassische Gewaltenteilung und -verschränkung als auch die öffentliche Kontrolle in der Lage sind, zur Rationalisierung und Effektivierung des Staatshandelns beizutragen. Gerade die öffentliche Kontrolle steigert den positiven Anreiz, nicht nur rechtmäßig, sondern auch zweckmäßig zu handeln. Rechtlich geboten ist eine Optimierung und Effektivierung des Staatshandelns jedoch solange nicht, wie die Funktionen der Staatsgewalt anderweitig sichergestellt werden. Eine bloße Optimierung ist verfassungspolitisch wünschenswert, aber nicht verfassungsrechtlich erzwingbar. Gleiches gilt für den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie. 488

Zum Gedanken der Maximierung Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184, 197. Zum rechtsstaatlichen Gehalt der grundsätzlich politischen Forderung nach Effektivität und Rationalität des Staatshandelns Krebs, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. V, § 108 Rn. 90. 490 Leisner, Effizienz als Rechtsprinzip, S.  37, der „Zweckerreichungseffizienz“ und „Produktionseffizienz“ unterscheidet. 491 Leisner, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 49. 492 Zur Wirksamkeit der öffentlichen Kontrolle gilt das im Rahmen der Kontrolle allgemein Gesagte, 4. Teil, 4. Kap. C. II. 1. b). 493 Gegen die Anerkennung der Zielverwirklichungseffektivität Leisner, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 44 ff. 489

4. Kap.: Öffentlichkeit im Rechtsstaat

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b) Fortentwicklung des Rechts Um seine Funktionsfähigkeit vor dem Hintergrund eines sich wandelnden Realbereichs zu bewahren, ist das Recht auf Fortentwicklung angewiesen. Die Notwendigkeit der Fortentwicklung des Rechts kann als Spezialfall der Rationalisierung und Effektivierung der Gewaltausübung angesehen werden. Denn nur durch die Fortentwicklung des Rechts kann es seine Aufgabe zur Schaffung materieller Gerechtigkeit dauerhaft erfüllen.494 Der Fortentwicklungsbedarf ist nicht nur im Rahmen der Rechtssetzung anerkannt. Zudem hat die Rechtsanwendung den Wandel des Realbereichs zu berücksich­ tigen. Maßgebliche Impulse für Rechtssetzung wie Rechtsanwendung gehen dabei von der fortlaufenden Kontrolle, insbesondere dem Dialog mit dem Bürger aus.495

D. Öffentlichkeit im Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes I. Rechtsgewährleistung durch die Staatsgewalt Damit die Rechtsgewährleistung durch die Staatsgewalt entsprechend dem materiellen Gehalt des Rechtsstaatsprinzips nicht im Formellen verharrt, bedarf es der Öffentlichkeit des Staatshandelns. Dem Einzelnen sind die ihm zustehenden ­ ierin Rechte ebenso wie die ihn treffenden Pflichten zur Kenntnis zu bringen. H erschöpft sich die zur Rechtsgewährleistung notwendige Transparenz jedoch nicht. 1. Gewährleistung subjektiver Rechte Damit die Einräumung subjektiver Rechtspositionen ihre Funktion erfüllen kann, bedarf es der Kenntnis des Einzelnen von ihnen. Ausdrücklich angeordnet wird dies in Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG für Gesetze, die nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommen sind. Satz 2 erweitert die Anordnung auf Rechtsverordnungen. Die Verkündung, d. h. die förmliche Zugänglichmachung der Rechtsnorm für die Allgemeinheit ist Geltungsvoraussetzung des Rechts.496 Der Allgemeinheit muss die „verlässliche Kenntnisnahme vom geltenden Recht“497 ermöglicht werden. Das Recht und das Handeln der Staatsgewalt auf seiner Grundlage müssen vorhersehbar sein. Denn ohne Kenntnis der subjektiven Rechte wie 494 Zum Spannungsfeld zwischen Vertrauensschutz und Entwicklungsbedarf Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 171. 495 Speziell im Kontext der Justiz Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 111 ff. Zur Anerkennung der Flexibilität als Element des Rechtsstaats Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 20, 24. 496 BVerfG, Urt. v. 22.11.1983 – 2 BvL 25/81 – juris Rn. 36 – BVerfGE 65, 283. 497 BVerfG, Urt. v. 22.11.1983 – 2 BvL 25/81 – juris Rn. 36 – BVerfGE 65, 283.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

etwaiger Pflichten und Obliegenheiten, die bei der Freiheitsausübung zu beachten sind, ist eine Ausübung bzw. Beachtung derselben nicht möglich. Das Recht könnte seine Steuerungsfunktion nicht erfüllen.498 Gegenstand der Kenntnisnahmemöglichkeit hat dabei der unmittelbare Wortlaut des jeweiligen Normtexts zu sein. 499 Gleiches hat unter unmittelbarem Rückgriff auf das Rechtsstaatsprinzip für sonstiges förmliches Außenrecht zu gelten.500 Auch dort ist die Verkündung als zwingende Geltungsvoraussetzung anzusehen, da andernfalls die Steuerungsfunktion des Rechts nicht verwirklicht werden könnte, ein Gebrauchmachen vom Recht nicht ermöglicht würde. Demnach ist auch das Satzungsrecht der Selbstverwaltungsträger der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Der Allgemeinheit muss es ermöglicht werden, die Norm eigenständig und ohne vorausgehende Interpretation zu erfassen.501 Die Geltung dieses rechtsstaatlichen Grundsatzes ist jedoch nicht für sämtliches hoheitliches Handeln anerkannt. So ist die Pflicht zur Veröffentlichung von Verwaltungsvorschriften sowie von Einzelfallentscheidungen der Verwaltung und Justiz umstritten. Bei Einzelfallentscheidungen ist zwar die Bekanntmachung gegenüber den Betroffenen erforderlich. Abgelehnt wird jedoch die Pflicht zur Veröffentlichung gegenüber der Allgemeinheit. Nicht allgemein für notwendig erachtet wird auch die Publikationspflicht von Verwaltungsvorschriften, sofern ihnen nicht ausnahmsweise unmittelbare Außenwirkung zukommt.502 Beidem ist zu widersprechen. Die rechtsstaatliche Öffentlichkeitsforderung reicht über die Veröffentlichung des formalen Rechts hinaus.503 a) Rechtliche Grundrechtsausübungsvoraussetzungen: Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns aa) Veröffentlichung von Binnenrecht Die Publikationsbedürftigkeit von bloßem Innenrecht wird von den Gegnern mit dem Hinweis abgelehnt, dass Adressat nur der staatsinterne Bereich sei. Die Kenntnisnahmemöglichkeit der Öffentlichkeit sei mangels Adressatenstellung entbehrlich. Zudem gewährleiste der Parlamentsvorbehalt, dass alle für 498 Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 84 Rn. 190; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 78. 499 BVerwG, Urt. v. 25.11.2004 – 5 CN 1/3 – LS 2, juris Rn. 32 f – BVerwGE 122, 264. 500 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 321. Aus der Rechtsprechung BVerfG, Urt. v. 22.11.1983 – 2 BvL 25/81 – juris Rn. 36 – BVerfGE 65, 283. 501 Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 78. 502 Zur Charakterisierung der Verwaltungsvorschriften allgemein Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 84 Rn. 171, 176 f. Zur Außenwirkung von Verwaltungsvorschriften BVerwG, Urt. v. 25.11.2004 – 5 CN 1/3 – juris Rn. 31 – BVerwGE 122, 264. 503 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  321 ff. Für Verwaltungsvorschriften Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 84 Rn. 179.

4. Kap.: Öffentlichkeit im Rechtsstaat

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die Grundrechtsausübung wesentlichen Entscheidungen gesetzlich normiert und damit veröffentlicht würden. Die Veröffentlichung von Binnenrecht liege daher grundsätzlich im Ermessen der verantwortlichen Stelle.504 Etwas anderes gelte nur im Falle der unmittelbaren Außenwirkung der Verwaltungsvorschrift. Sie mache eine Veröffentlichung gegenüber der Allgemeinheit erforderlich. Nur so könnten die Betroffenen von etwaigen Rechten Gebrauch machen.505 Zudem sei den Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens auf Anfrage Auskunft über diejenigen Verwaltungsvorschriften zu geben, die sie für die Rechtsverfolgung benötigen.506 Bereits der Annahme der nur ausnahmsweisen Außenwirkung von Verwaltungsvorschriften ist entgegenzutreten. Denn Verwaltungsvorschriften dienen regelmäßig der Ausgestaltung von Organisation und Verfahren oder der Anwendung des materiellen Rechts durch (untergeordnete)  staatliche Stellen. Unmittelbarer Adressat sind damit zwar staatliche Stellen. Doch in der Anwendung der Verwaltungsvorschrift liegt die Mediatisierung ihres Inhalts nach außen. Wenn auch erst im Rahmen der Anwendung durch die adressierte staatliche Stelle kommt der Verwaltungsvorschrift Außenwirkung zu. Formelle Organisations- und Verfahrensvorschriften wirken aufgrund ihrer dienenden Funktion auf das materielle Recht zurück. Enthält die Verwaltungsvorschrift materielle Vorgaben zur Rechtsanwendung, konkretisiert sie ein dem Rechtsanwender zustehendes Ermessen.507 Das Wie dieser Konkretisierung ist für den Adressaten der jeweiligen Maßnahme von zentraler Bedeutung. Erst auf Grundlage des Wissens nicht nur um die abstrakte Norm, sondern auch um die Vorgaben ihrer Anwendung kann die Freiheitsausübung als selbstbestimmt gelten. Von besonderer Bedeutung ist das Wissen um das Wie der Konkretisierung des materiellen Rechts, wenn die Vorgaben des Parlamentsgesetzes komplex sind, wie etwa im Steuerrecht, oder wenn sie dem Rechtsanwender Gestaltungsspielräume eröffnen, so im Subventionsrecht.508 Beide Fallgruppen zeigen, dass die praktische Relevanz der Kenntnis der rechtlichen Grundlagen des Staatshandelns für den Normunterworfenen mit der Reichweite des Parlaments- und Wesentlichkeits­ vorbehalts nicht kongruent ist.509 Die Veröffentlichungspflicht reicht über den Anwendungsbereich von Parlaments- und Wesentlichkeitsvorbehalt hinaus. 504

M.w.N., im Ergebnis aber ablehnend Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 322. BVerwG, Urt. v. 25.11.2004 – 5 CN 1/3 – juris Rn. 31 – BVerwGE 122, 264; BVerwG, Urt. v. 17.04.1970 – VII C 60.68 – juris Rn. 22 – BVerwGE 35, 159. Zur Notwendigkeit der Kenntnis der Betroffenen BVerfG, Beschl. v. 28.10.1975 – 2 BvR 883/73 u. a. – juris Rn. 44 – BVerfGE 40, 237. 506 BVerwG, Urt. v. 16.09.1980 – 1 C 89/79 – LS 1, juris Rn. 22 – BVerwGE 61, 40. 507 Ausführlich und m. w. N. Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 324. Speziell zu ermessensbindenden Verwaltungsvorschriften Lübbe-Wolf, DÖV 1980, 594, 596 ff. Gegen die „Publizität aller entscheidungserheblichen Vorgänge“ Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rn. 111, anders wohl bei Verwaltungsvorschriften (Rn. 112). 508 Mit weiteren Beispielen Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 322. 509 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 322 f. 505

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Zudem führt die Umsetzung von Verwaltungsvorschriften über den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, Art. 3 Abs. 1 GG, zu einer Selbstbindung der Staatsgewalt, auf die sich Außenstehende berufen können.510 Die Verwaltungsvorschrift erlangt in diesem Fall „rechtsnormgleiche Wirkung“511. Das Binnenrecht erlangt Außenwirkung, wenn auch nur mittelbar.512 Auch wenn die Gewährleistung subjektiver Rechte primär das Verhältnis zwischen Staat und Individuum in den Blick nimmt, bedarf es der Veröffentlichung des Binnenrechts für die Allgemeinheit. Eine Beschränkung der Zugänglichmachung auf die (potenziell) Betroffenen führte zu Rechtsunsicherheit. A priori ließe sich schon der Kreis der Adressaten nicht mit hinreichender Sicherheit bestimmen. Künftige Adressaten würden zudem ebenso außer Betracht gelassen wie diejenigen, die bloß mittelbar oder entfernt von der Vorschrift betroffen werden.513 Doch muss jedermann ermöglicht werden, sich auf zumutbare Weise Kenntnis von den rechtlichen Grundlagen des Staatshandelns zu verschaffen.514 Das Binnenrecht bedarf daher ebenso der allgemeinen Veröffentlichung wie Gesetze.515 bb) Veröffentlichung von Einzelfallentscheidungen Ähnlich der Argumentation im Rahmen der Veröffentlichung von Binnenrecht wird für Einzelfallentscheidungen sowohl der Exekutive als auch der Judikative überwiegend vertreten, dass sie lediglich der Bekanntgabe gegenüber dem Adressaten bedürfen.516 510 Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  84 Rn.  177; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, VII Rn.  99. Allgemein zur Selbstbindung, auch bei informellem Handeln SchmidtAßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 84. 511 Lübbe-Wolf, DÖV 1980, 594, 596. Ebd., S. 597, auch klarstellend, dass die rechtsnormgleiche Wirkung für den Fall gilt, dass es sich um einen von Art. 3 Abs. 1 GG gedeckten Sonderfall handelt. Auch dann sei es erforderlich zu wissen, was die Regel sei. 512 Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 78 fordert die öffentliche Bekanntmachung, wenn die Vorschrift „direkt oder indirekt Wirkungen im Außenrechtsverhältnis entfalten sollte.“ Im Ergebnis ebenso Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 84 Rn. 177. 513 Zu mittelbaren Nebenwirkungen und Drittwirkungen Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 323. 514 Im Ergebnis ebenso für Verwaltungsvorschriften Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 84 Rn.  190. Ähnlich Lübbe-Wolf, DÖV 1980, 594, 600 im Rahmen des subjektiven Rechts auf Zugang zu ermessensbindenden Verwaltungsvorschriften. 515 Vgl. BVerwG, Urt. v. 25.6.1964 – VIII C 23.63 – juris Rn. 22 – BVerwGE 19, 48: „Die allgemeinverbindlichen Rechtssätze können naturgemäß nicht jedem einzelnen Gewaltunterworfenen persönlich eröffnet werden. Deshalb ist es erforderlich, daß sie in den dafür bestimmten Verkündungsorganen öffentlich bekanntgemacht werden.“ Ebenso Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 84 Rn. 190, der die Veröffentlichung von Verwaltungsvorschriften entsprechend den Vorgaben der Publikation gem. Art. 82 Abs. 2 GG bewerkstelligen will. 516 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  20, VII Rn.  52. Zur ursprünglichen Nicht-Anerkennung der Gerichtsöffentlichkeit als Verfassungsgrundsatz Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rn. 108.

4. Kap.: Öffentlichkeit im Rechtsstaat

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Dem ist entgegenzuhalten, dass die Kenntnis von der außenwirksamen Anwendung des Rechts auch für nicht unmittelbar Betroffene von Bedeutung ist. Schließlich konkretisieren sich in der Rechtsanwendung die abstrakten Vorgaben des Rechts. Erst seine Anwendung macht das Recht für den Bürger erfahrbar.517 Diese Vermittlungsleistung gilt nicht nur für Fälle von besonderer Bedeutung. Auch und gerade die alltägliche Rechtsanwendung durch Exekutive und Judikative trägt dazu bei, das staatliche Handeln vorhersehbar und verstehbar zu machen und auf dieser Grundlage selbstbestimmt die eigenen Freiheiten ausüben zu können.518 Zudem werden Einblicke in die Funktionsweise der Rechtsordnung eröffnet.519 Aus den gleichen Gründen ist die Notwendigkeit der Veröffentlichung von Einzelfallentscheidungen nicht auf rechtsfortbildende Entscheidungen zu beschränken. Daneben ist die bloße Subsumtion notwendig, um das Recht verstehbar zu machen.520 Bestehen bei der Rechtsanwendung Entscheidungsspielräume, erschöpft sich die Leistung der Veröffentlichung der Einzelfallentscheidungen nicht in der Herbeiführung der Verstehbarkeit staatlichen Handelns. Die Kenntnis der konkreten Ausgestaltung ist in diesem Fall essentiell, um die eigenen Rechte und Pflichten überhaupt vorhersehen zu können.521 Zwar wirken Einzelfallentscheidungen nicht zwingend auf die künftige Rechtsanwendung ein. Im Falle unterschiedlicher Zuständigkeiten binden Einzelfallentscheidungen die künftige Rechtsanwendung nicht. Dennoch ermöglicht erst das durch die Kenntnis von Einzelfallentscheidungen geschaffene Wissen eine Einschätzung der Ausgestaltung des Gestaltungsspielraums. Dies gilt in besonderem Maße für das Verwaltungshandeln. Denn eine gleichförmige Entscheidungspraxis derselben zuständigen Stelle führt zur Selbstbindung der Verwaltung, Art.  3 Abs.  1 GG, die Vorwirkungen auf das künftige Verwaltungshandeln zeitigt.522 Auch die Veröffentlichung von außenwirksamen Einzelfallentscheidungen für jedermann ist demnach als Voraussetzung der selbstbestimmten Ausübung der Freiheitsrechte anzusehen.523

517

Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 201. Die Bedeutung des alltäglichen Rechtsbewusstseins betonend Zuck, NJW 2001, 1623, 1624. Ähnlich Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 202. Aus der Rechtsprechung BVerwG, Urt. v. 26.2.1997 – 6 C 3/96 – juris Rn. 27 – BVerwGE 104, 105. 519 So für die Gerichtsöffentlichkeit BVerfG, Urt. v. 24.1.2001  – 1 BvR 2623/95  – juris Rn. 71 – BVerfGE 103, 44. Zu den Formen der Öffentlichkeit s. u., 4. Teil, 4. Kap. E. II. Zur Notwendigkeit der Kenntniserlangung über das Recht durch „umfassende und sachgerechte Information“ Zuck, NJW 2001, 1623, 1624. 520 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 202. 521 BVerwG, Urt. v. 26.2.1997 – 6 C 3/96 – juris Rn. 24 – BVerwGE 104, 105. So mit besonderem Verweis auf den Fall des Fehlens „einer verwaltungsinternen Konkretisierung legislativer Programmvorgaben“ Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 325. 522 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 325. 523 M.w.N. Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 325. 518

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

b) Tatsächliche Grundrechtsausübungsvoraussetzungen Neben den rechtlichen hat der Staat auf Grundlage eines mitunter materiellen Rechtsstaatsverständnisses auch die unabdingbaren tatsächlichen Voraussetzungen der Rechtsausübung sicherzustellen. Die selbstbestimmte Ausübbarkeit der Grundrechte ist zu gewährleisten.524 Dies erfordert die Kenntnis der informatorischen Grundlagen des Freiheitsraums, in dem man sich bewegt.525 Die Gewährleistungspflicht des Staats ist jedoch keine unbegrenzte. Der Staat ist nur subsidiär verantwortlich.526 Wirkt ein staatliches Monopol auf die Ausübbarkeit von Grundrechten zurück, vermag die Monopolstellung eine Garantenstellung des Staats zur Schaffung der Voraussetzungen der Grundrechtsausübung in der Verfassungswirklichkeit zu begründen.527 Demnach hat der Staat die informatorischen Grundlagen der Freiheitsausübung nur insoweit zur Verfügung zu stellen, als er über ein Monopol verfügt, als eine anderweitige Möglichkeit zur Schaffung der Grundrechtsausübungsvoraussetzungen nicht besteht. Zudem muss ohne die entsprechenden Informationen eine selbstbestimmte Freiheitsausübung ihren Eigenwert verlieren.528 Dass die Freiheitsausübung ohne die entsprechende Information ihren Wert verliert, ist insbesondere im Bereich der Gefahrenabwehr anzunehmen. Sofern die Information das Staatshandeln leitet, etwa bei Plänen, Programmen und Initiativen, kann ebenfalls eine Informationspflicht angenommen werden. Jenseits dessen kann es zur Sicherstellung der Möglichkeit der Freiheitsausübung zumindest erforderlich sein, Verzeichnisse mit den vorhandenen Informationsbeständen öffentlich zugänglich zu machen, damit der Bürger im Einzelfall die Möglichkeit erhält, sich die zur Freiheitsausübung erforderlichen Informationen zu verschaffen. Als derart informationsabhängig ist jegliches Freiheitsgrundrecht anzusehen.529 Eine Beschränkung, etwa auf die Kommunikationsgrundrechte, ist nicht

524

Zur Anerkennung der Kategorie der rechtlichen Freiheit Krebs, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 31 Rn. 48, der dies an der Dimension der Grundrechte als objektive Wertordnung festmacht. Umfassend zu den Voraussetzungen der Ausübbarkeit der Grundrechte Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IX, § 190 Rn. 160 ff. 525 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 327. Gesondert für die einzelnen Freiheitsrechte Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 56 ff. Speziell für das Verwaltungsverfahren Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 37 sowie allgemein ebda. S.  55. Zur Notwendigkeit von Informationen als Freiheitsvoraussetzungsschutz bereits Trute, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 216, 249 ff. mit Bestätigung Hoffmann-Riem, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 274 [Aussprache]. 526 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 327 f. Zum Vorrang privater Freiheitsgewährleistung Starck, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 281 [Aussprache]. 527 BVerfG, Urt. v. 18.7.1972 – 1 BvL 32/70 u. a. – juris Rn. 60 – BVerfGE 33, 303. 528 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 327 f. 529 Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 57.

4. Kap.: Öffentlichkeit im Rechtsstaat

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möglich, wie auch der einfache Gesetzgeber bei der Schaffung des allgemeinen Informationszugangsrechts anerkannt hat.530 Jenseits der zur Grundrechtsausübung allgemein und für jedermann notwendigen Informationen handelt es sich bei der Informationspflicht um eine individualbezogene Pflicht, die nur im Falle eigener Rechtsbetroffenheit zu bejahen ist.531 Verhältnis zu den Grundrechten Die Pflicht zur Sicherstellung der informatorischen Grundlagen der Grundrechtsausübung wird vielfach unmittelbar in den Grundrechten verortet. Im Kontext der objektiv-rechtlichen Grundrechtsdimensionen ist zumeist von der Pflicht des Staats zur informationellen Grundversorgung die Rede.532 Subjektive Ansprüche in Form verfassungsunmittelbarer Informationszugangsansprüche werden den Grundrechtsausübungsvoraussetzungen als unmittelbarem Ausfluss des jeweiligen Grundrechts zugeordnet.533 Die Berufung auf die Grundrechte steht der Beachtlichkeit im Rahmen des Rechtsstaatsprinzips jedoch nicht entgegen.534 Die Grundrechte gewährleisten dem Einzelnen subjektiv durchsetzbare Ansprüche. Ihre Reichweite ist im Einzelfall und bereichsspezifisch zu bestimmen. Demgegenüber lässt sich dem Rechtsstaatsprinzip eine allgemeine, objektive Pflicht des Staats entnehmen, die zur Rechtsverwirklichung nötigen rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen.535 Eine Differenzierung zwischen beiden verfassungsrechtlichen Wurzeln ist nicht immer trennscharf möglich. Gerade wenn die Grundrechte zu ihrer Ausübbarkeit der einfachgesetzlichen Ausgestaltung bedürfen, etwa im Bereich der Leistungsrechte, oder wenn die Ausübbarkeit von organisatorischen oder verfahrensrechtlichen Anforderungen abhängt, kommt es zu Überschneidungen. 530

Der einfache Gesetzgeber eröffnet über § 11 Abs.  3 IFG, der die Veröffentlichung von Metadatenkatalogen zumindest als Soll-Vorgabe formuliert, dem Bürger die Möglichkeit, sich über den vorhandenen Informationsbestand einer Behörde Kenntnis zu verschaffen. Bereichsspezifisch erkennt er zudem das Interesse an der Kenntnisnahmemöglichkeit von Informationen an, über die der Staat ausschließlich verfügt, die jedoch für die Grundrechtsausübung relevant sind. Angesichts der zumindest potenziellen Vorwirkung auf das Staatshandeln ist dies insbesondere bei politischen Plänen und Programmen sowie Gutachten und Messdaten anzunehmen. Bereichsspezifisch anerkennt dies etwa § 10 UIG. Gleiches gilt für das Gefahrenabwehrrecht, vgl. § 40 LFGB. 531 So generell Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 328. 532 Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn.  56; Nolte, DÖV 1999, 363, 368; Trute, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 216, 250. 533 Statt aller Schoch, in: Schoch, IFG, Einleitung Rn.  54; Trute, in: VVDStRL, Bd.  57 (1998), S. 216, 255; Starck, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 281 f. [Aussprache]. 534 Mit gleicher Argumentation und gleichem Ergebnis Lübbe-Wolf, DÖV 1980, 594, 599 für die unmittelbare Herleitung von subjektiven Informationsansprüchen aus dem Rechtsstaatsprinzip, so dass es auf die (abzulehnende) sozialstaatliche Grundrechtstheorie nicht ankommt. 535 Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 36 f.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Doch ebenso wenig wie eine exakte Trennung möglich ist, ist sie rechtlich erforderlich. Schließlich ist dem Rechtsstaat als materiellem Prinzip der Konnex zu den Grundrechten immanent. Der Rechtsstaat dient der Gewährleistung realer Freiheit und deren Voraussetzungen.536 Diejenigen Rahmen­bedingungen, die wie die Schaffung der informatorischen Grundlagen der Grundrechtsausübung objektive und für jedermann für die Ausübung eines jeden Grundrechts notwendige Voraussetzungen schaffen, können und sollen daher auch aus der Perspektive der rechtsstaatlichen, gegenüber jedermann bestehenden Pflicht betrachtet werden. 2. Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung Auch die etwaige Inanspruchnahme der Rechtsschutzmöglichkeiten kann nur auf Grundlage hinreichender Informationen erfolgen. Die Kenntnis der rechtlichen Grundlagen ist hierfür ebenso notwendig wie die Kenntnis der wesentlichen Umstände, die über Ob und Wie, über Erfolg oder Misserfolg der Ausübung individueller Rechte entscheiden. Die staatlichen Informationspflichten, die der ordnungsgemäßen Rechtsausübung inklusive der etwaigen Wahrnehmung der Rechtsschutzmöglichkeiten dienen, sind dabei ebenso wie die Grundrechtsausübungsvoraussetzungen Ausfluss subjektiver Rechte, die in der Person der Betroffenen existieren. Ihre Grundlage ist unmittelbar in den betroffenen Grundrechten zu suchen.537 Öffentlichkeit ist insofern Bestandteil des Grundrechtsschutzes durch Organisation und Verfahren. Gegenüber der Allgemeinheit bestehende Informationspflichten werden durch die Individualnützigkeit des Rechtsschutzes jedoch nicht ausgeschlossen. Denn an der generellen Rechtsdurchsetzung hat nicht nur der Einzelne, sondern auch die Allgemeinheit ein berechtigtes Interesse. Der Einzelne kann durch die Wahrnehmung von Rechtsschutz zur Rechtsdurchsetzung beitragen. Voraussetzung des Ergreifens von Rechtsschutz ist wiederum die Kenntnis der abstrakten Grundlagen des Staatshandelns sowie der konkreten Anwendung derselben.538 Die Veröffentlichung der informatorischen Grundlagen des Staatshandelns kann dann zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung führen, wenn der Einzelne Rechtsschutz nicht nur mittelbar zum Schutz individualnütziger subjektiver Rechte erlangen kann, sondern wenn er wie in der Europäischen Union den Rechtsweg auch im öffentlichen Interesse beschreiten kann. Dieses Konzept, das nicht die Öffent-

536 Instruktiv Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IX, § 190 Rn.  171: „Die klassische Aufgabe des Rechtsstaates besteht darin, die Rahmenbedingungen der Freiheit für alle Bürger zu schaffen und aufrechtzuerhalten.“ 537 Lübbe-Wolf, DÖV 1980, 594, 600 (speziell für das Verwaltungsverfahren). 538 Zur Öffentlichkeitsabhängigkeit der Rechtsdurchsetzung Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 219.

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lichkeit, sondern auch den Einzelnen in die Kontrolle der Staatsgewalt einbezieht, steht in der Tradition des französischen Rechts.539 Ihm zufolge tritt der Bürger dem Staat nicht nur als Individuum und Träger individueller Freiheiten gegenüber, sondern er verfügt zudem über einen gemeinwohlbezogenen Status.540 Eine rechtsstaatliche Pflicht zur umfassenden Einbeziehung der Allgemeinheit in die Rechtsdurchsetzung lässt sich daraus zwar grundsätzlich nicht ableiten. Denn das Regelungsmodell gründet maßgeblich auf dem fehlenden europäischen Verwaltungsapparat, der die Umsetzung des Europarechts in den Mitgliedsstaaten sicherzustellen vermag.541 Hierin unterscheidet sich die Europäische Union von der Bundesrepublik. Die Entscheidung, ob die Rechtsdurchsetzung auch in der Bundesrepublik über die Ausweitung des Individualrechtsschutzes sichergestellt bzw. verbessert werden soll, obliegt dem Gesetzgeber. Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum ist aber eingeschränkt, sofern die Rechtsdurchsetzung anders nicht mehr sichergestellt werden kann. Eine Abkehr von der überkommenen Schutznormtheorie und der Fokussierung auf die Figur des im Individualinteresse bestehenden subjektiv-öffentlichen Rechts findet sich bereits im einfachen Recht. Dies ist nicht nur in den Bereichen zu beobachten, in denen die Bundesrepublik hierzu in Umsetzung des Europarechts verpflichtet ist.542 Auch das Informationsfreiheitsgesetz zeugt hiervon, wenngleich die Gesetzesbegründung weniger rechtsstaatliche, denn demokratische Erwägungen in den Vordergrund rückt. Sie wurzeln jedoch in vergleichbaren Erwägungen, namentlich der Idee, „dass die Bürger die Aktivitäten des Staates kritisch begleiten“543. Keine Informationspflicht zur Sicherstellung von Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung lässt sich Art.  19 Abs.  4 GG entnehmen.544 Er gewährleistet die Eröffnung des Rechtswegs. Das Wie der Rechtsschutzgewährleistung ist nicht unmittelbarer Regelungsgegenstand. Art.  19 Abs.  4 GG kann allerdings bei der Bestimmung der Reichweite der Informationspflichten und der Form ihrer Umset 539

Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 39 ff. Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 45. 541 Statt aller Martin, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 48, 79. 542 Zur Beeinflussung des nationalen subjektiv-öffentlichen Rechts durch das Gemeinschaftsrecht Ruffert, DVBl. 1998, 69, 74 f. Grundlegend zur „Entwicklungsoffenheit“ der Schutznormtheorie bei der Bestimmung subjektiv-öffentlicher Rechte Bauer, AöR 113 (1988), 582, 629. 543 BT-Drs. 15/4493, S. 6. 544 BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 – 1 C 42/83 – juris Rn. 10 – BVerwGE 84, 375; BVerwG, Urt. v. 23.8.1968 – IV C 235.65 – juris Rn. 19 – BVerwGE 30, 154; BVerwG, Urt. v. 23.8.1968 – II C 16.60 – juris Rn. 42 – BVerwGE 15, 3; BVerwG, Urt. v. 18.8.1960 – I C 42.59 – juris Rn. 11 – BVerwGE 11, 95. Zustimmend aus der Literatur Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 326. Informationsansprüche gestützt auf den Gedanken des effektiven Rechtsschutzes bejahend, Art. 19 Abs. 4 GG, wenn auch nur für das Gerichtsverfahren Lübbe-Wolf, DÖV 1980, 594, 599. So wohl auch Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 113; Pieroth, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S. 195, 203. 540

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zung zu berücksichtigen sein. Denn er verbürgt grundsätzlich die Effektivität des Rechtsschutzes. Dies mag die Veröffentlichung von Informationen im staatsinternen Bereich erforderlich machen.545 Im Einzelfall mögen individualbezogene Informationspflichten hinzutreten.546 Unmittelbare Informationspflichten des Staats gegenüber dem Bürger, die über die Berücksichtigung des Art. 19 Abs. 4 GG im Rahmen der Ermessensausübung hinausgehen, lassen sich demgegenüber nicht entnehmen.547 II. Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt 1. Disziplinierung der Staatsgewalt Eng verbunden mit der Rechtsdurchsetzung unter Einbeziehung der Allgemeinheit ist die Gewaltenhemmung durch öffentliche Kontrolle. Sie bedarf der Öffentlichkeit der Ausübung der Staatsgewalt. Nur auf Grundlage entsprechender Informationsteilung kann die Kontrolle der Staatsgewalt durch die Allgemeinheit Wirksamkeit entfalten.548 Denn erst die Öffentlichkeit der Ausübung der Staatsgewalt versetzt die Allgemeinheit in die Lage, selbst zum Kontrollakteur zu werden. Die Zahl der Kontrolleure und mit ihr die Wirksamkeit der Kontrolle werden gesteigert.549 Auch die Intensivierung und Optimierung der Selbstkontrolle der Staatsgewalt hängen von der Reichweite und Intensität der potenziellen Fremdkontrolle ab. Erst die potenzielle Kenntnisnahme von Ob und Wie der Ausübung der Staatsgewalt führt zur Rationalisierung der Gewaltausübung. Sie steigert die Gefahr, dass Verstöße gegen das Recht ebenso bekannt und sanktioniert werden wie Widersprüche zu Zweckmäßigkeit und Rechtsanschauung.550 Die Disziplinierung

545

Papier, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 177 Rn. 90. Zur individuellen Ausrichtung des Art. 19 Abs. 4 GG Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 90. Zu dem Umstand, dass Art. 19 Abs. 4 GG subjektive Rechte voraussetzt Kahl/Ohlendorf, JA 2010, 872, 873. 547 BVerwG, Urt. v. 20.2.1990 – 1 C 42/83 – juris Rn. 11 – BVerwGE 84, 375. Zur materiellrechtlichen Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes BVerfG, Beschl. v. 19.6.1973  – 1 BvL 39/369 – juris Rn. 36 – BVerfGE 35, 263. 548 Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 234 zur Informationsabhängigkeit der Kontrolle. Zum „Gebot der Kommunikationsgerechtigkeit“ Kube, in: Isensee/ Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 91 Rn. 70, an das sich die Forderung nach Informationsgerechtigkeit zwischen Staat und Privat anlehnt. 549 Zur Steigerung der Zahl potenzieller Kontrollakteure durch Öffentlichkeit Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 276. 550 Groß, DÖV 2011, 510, 511. Allgemein zur Steigerung der Wirksamkeit vorhandener Kontrollinstrumente durch die Herstellung von Öffentlichkeit Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 282. 546

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der Staatsgewalt durch öffentliche Kontrolle beruht in diesem Fall auf der Selbstreflexion der Staatsgewalt, die durch fortlaufende Fremdbeobachtung angeregt wird.551 Zur Erzielung der Rationalisierungseffekte durch Fremd- wie Selbstkontrolle bedarf es der potenziellen Kenntnisnahmemöglichkeit der Allgemeinheit vom Staatshandeln.552 Denn erst die potenzielle Kenntnisnahme verleiht der Kontrolle Wirksamkeit. Dies gilt für alle drei Gewalten gleichermaßen. Schon in der traditionellen Gewaltenteilungslehre Montesquieus bedürfen Exekutive, Legislative wie Judikative der Disziplinierung. Auf die Bedeutsamkeit des jeweiligen Staatshandelns kommt es nicht an, denn das Ziel der Disziplinierung der Staatsgewalt ist allgemeingültig.553 2. Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt a) Rationalisierung und Effektivierung der Ausübung der Staatsgewalt Die öffentliche Kontrolle, die zur Disziplinierung der Staatsgewalt beiträgt, kann in gleichem Maße die Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt befördern. Gerade die Möglichkeit, auch die Zweckmäßigkeit des Staatshandelns zu kontrollieren, wenn auch nicht zu sanktionieren, erhebt die öffentliche Kontrolle zu einem bedeutsamen Instrument der Rationalisierung und Effektivierung der Ausübung der Staatsgewalt. Die tatsächliche öffentliche Kontrolle wie die bloße Möglichkeit hierzu können auf Seiten der Staatsgewalt den positiven Anreiz begründen, das Gemeinwohl bestmöglich zu verwirklichen, insbesondere wenn die Gewaltausübung durch die Konkretisierung von Entscheidungsspielräumen geprägt ist. Jedoch ist die Forderung nach Rationalisierung und Effektivierung der Ausübung der Staatsgewalt durch öffentliche Kontrolle nur insofern relevant, als andernfalls die Funktionsfähigkeit des Staatshandelns nicht mehr sichergestellt würde. Die bloße Optimierung der Gewaltausübung ist nicht erzwingbar.

551 Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 111; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 198; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 331. 552 BVerfG, Urt. v. 3.3.2009 – 2 BvC 3/07 u. a. – juris Rn. 110 – BVerfGE 123, 39. Ebenso wie das Vertrauen „schon durch den bösen Schein des Eingriffs gefährdet“ wird, so Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 207, werden Eingriffe und sonstige rechtlich relevante Übertretungen regelmäßig schon bei der hinreichenden Möglichkeit der Außenwahrnehmung vermieden. 553 Zur grundsätzlichen Geltung für das Verwaltungshandeln Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 331.

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Die Forderung der Publizität des Staatshandelns kann damit rechtlich ebenso wenig auf die bloße Effizienzsteigerung gestützt werden wie die Forderung nach einem verstärkten Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologie.554 Dies gilt umso mehr, als die Verbesserung der Rationalität staatlichen Handelns vorrangig von der staatsinternen Zugänglichkeit von Informationen abhängt. b) Fortentwicklung des Rechts Schließlich ist der Staat gerade auf dem Boden rechtsstaatlicher Pflichten und Obliegenheiten gehalten, durch Fortentwicklung des Rechts seine Problemlösungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Gerade die Anpassung von Rechtssetzung und Rechtsanwendung an die gesellschaftlichen Anschauungen bedarf der inhaltlichen Rückkopplung der Ausübung der Staatsgewalt an die Gesellschaft. Grundlage dieser Rückkopplung ist die Öffentlichkeit des Staatshandelns.555 Der Einzelne muss die Möglichkeit erhalten, die Ausübung der Staatsgewalt durch alle drei Gewalten unmittelbar selbst zu bewerten, Zustimmung zu äußern und Kritik zu formulieren. Fachwissenschaftliche Diskussionen können ebenfalls angestoßen werden. Sowohl die Rechtsanwendung als auch die Rechtssetzung kann auf Grundlage der Herstellung unmittelbarer Publizität konstruktiv begleitet und fortentwickelt werden: die Rechtsanwendung unmittelbar durch öffentlichen Diskurs und öffentliche Kritik, die Rechtssetzung unmittelbar sowie mittelbar durch die Rechtsanwendung von Exekutive und Judikative.556 Dies gilt auch, wenn der handelnden Staatsgewalt keine Entscheidungsspielräume offenstehen, sondern der bloße Normvollzug in Rede steht. Denn anhand der Konkretisierung im Einzelfall wird die zugrunde liegende Rechtslage erkennbar, bewertbar und damit kritisierbar. Gleiches gilt für die Veröffentlichung von Informationen, die wie statistische Daten lediglich die reale Auswirkung der geltenden Rechtslage und Rechtsanwendung widerspiegeln. Erst die tatsächlichen Auswirkungen der Rechtsordnung auf den Realbereich lassen die Wirksamkeit und Problemlösungsfähigkeit des Rechts sowie die Adäquatheit seiner Regelungsstrukturen und Ergebnisse erkennen. Eine konstruktive Begleitung der Ausübung der Staatsgewalt zur Fortentwicklung des Rechts ist damit nicht auf bedeutsame Akte wie gerichtliche Leitentscheidungen, Gesetzestexte und breitenwirksames Verwaltungshandeln oder das Handeln bedeutsamer Organe wie Oberbehörden und Obergerichte beschränkt. Jegliche Ausübung der Staatsgewalt ist der Begleitung durch die Allgemeinheit 554 Allgemein zum Konnex von Transparenz und Effizienz des Staatshandelns Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 91 Rn. 61; Möllers, VerwArch 90 (1999), 187, 191. 555 BVerwG, Urt. v. 26.2.1997 – 6 C 3/96 – juris Rn. 24 – BVerwGE 104, 105. Zustimmend Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 111. 556 Umfassend BVerwG, Urt. v. 26.2.1997 – 6 C 3/96 – juris Rn. 24 – BVerwGE 104, 105.

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zugänglich. Schließlich beschränkt sich der Entwicklungs- und Anpassungsbedarf nicht auf „Leitentscheidungen“ gleich welcher Gewalt.557 Allerdings ist die Fortentwicklung des Rechts in der öffentlichen Auseinandersetzung wiederum nur dann als rechtlich und rechtsstaatlich zwingend anzusehen, wenn das Recht seine Funktionen andernfalls nicht mehr erfüllt. Oberhalb dieser Schwelle erschöpft sich die Öffentlichkeitsforderung zur Fortentwicklung des Rechts in einer rechtspolitischen Forderung. III. Zusammenfassung und Schlussfolgerung Die Rechtsgewährleistung durch den Staat und die Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt sind als zentrale Dimensionen des rechtsstaatlichen Ziels, der umfassenden Durchsetzung der Rechtsgeltung, anzusehen. Sie dienen der Gewährleistung realer Freiheit. Das Verhältnis der Staatsgewalt zum Einzelnen steht in Hinblick auf die Dimension der Rechtsgewährleistung im Vordergrund. Ausfluss sind subjektiv-öffentliche Rechte des Bürgers gegenüber der Staatsgewalt, etwa auf Informationszugang im Falle der Betroffenheit in eigenen Rechten. Die Wirkung des Rechtsstaatsprinzips ist jedoch nicht auf die individualbezogene Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Staat und Privat beschränkt. Dem Rechtsstaatsprinzip lassen sich verfassungsunmittelbar objektive Pflichten entnehmen, sofern die Ausübung der Staatsgewalt gegenüber der Allgemeinheit wirkt. Dementsprechend ist nicht nur das Individuum, sondern die Allgemeinheit Adressat des staatlichen Handelns. Demgegenüber ist die Dimension der Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt samt ihrer Pflichten und Obliegenheiten stets und vorrangig auf die Allgemeinheit ausgerichtet. Zu diesen unmittelbar aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Pflichten zählt das rechtsstaatliche Öffentlichkeitsgebot. Dessen Inhalt lässt sich abstrakt dahingehend umschreiben, dass der Staat die informatorischen Grundlagen zu gewährleisten hat, die für jedermann erforderlich sind, um die ihm zustehenden Rechte und die ihn treffenden Pflichten zu kennen, sowie um auf dieser Grundlage selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen. Dies gilt für die individual­ nützige Ausübung der Rechte wie deren Ausübung im Interesse des demokratischen Rechtsstaats gleichermaßen. Verfassungsunmittelbar lässt sich dem Rechtsstaat als Prinzip nur ein Mindestgewährleistungsgehalt entnehmen. Der Gestaltungsspielraum der Staatsgewalt ist zu wahren. Als Mindestvoraussetzung ist jedoch die Veröffentlichung der recht 557

So für das Gerichtswesen BVerwG, Urt. v. 26.2.1997 – 6 C 3/96 – juris Rn. 27 – BVerwGE 104, 105: „Die Veröffentlichungswürdigkeit von Gerichtsentscheidungen läßt sich nicht allein auf Entscheidungen der obersten Bundesgerichte beschränken.“ Zustimmend Gostomzyk, Die Öffentlichkeitsverantwortung der Gerichte in der Mediengesellschaft, S. 111 f.

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lichen Grundlagen des Staatshandelns anzusehen. Diese Pflicht geht nach überzeugender Ansicht über die Verkündung förmlichen Rechts mit Außenwirkung gemäß Art. 82 GG hinaus. Daneben bestimmen Innenrechtssätze das Staatshandeln. Ihnen kommt, mediatisiert durch die Rechtsanwendung, Außenwirkung zu. Gleiches gilt für Einzelfallentscheidungen. Erst sie machen das Staatshandeln vorhersehbar. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Staatsgewalt ein Gestaltungsspielraum offensteht. Von hinreichenden informatorischen Grundlagen hängt auch die reale Möglichkeit der Grundrechtsausübung ab. Zwar ist der Realbereich nicht unmittelbar rechtlich relevant. Doch indem der Rechtsstaat des Grundgesetzes Prinzip mit materiellem Gehalt ist, das neben der rechtlichen auch die reale Freiheit schützt, ist ihm der Schutz der tatsächlichen Grundrechtsausübungsvoraussetzungen immanent. Information ist zentrale Grundrechtsausübungsvoraussetzung.558 Die Kenntnis der rechtlichen Grundlagen des Staatshandelns, d. h. die Kenntnis der eigenen Rechte und Pflichten ist dabei als Unterfall der Gewährleistung der Grundrechtsausübungsvoraussetzungen anzusehen. Sie sind der Allgemeinheit umfassend zur Kenntnis zu bringen. Jenseits dessen ist der Allgemeinheit in tatsächlicher Hinsicht das zur Grundrechtsausübung Notwendige zugänglich zu machen. Die Reichweite ist im Einzelfall zu bestimmen. Lediglich im Gefahrenabwehrrecht und in Hinblick auf staatliche Initiativen und Programme kann grundsätzlich von der Notwendigkeit der Kenntnis zur Grundrechtsausübung ausgegangen werden. Die Öffentlichkeitsverpflichtung zur Sicherstellung der Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt bestimmt sich im Staat-Bürger-Verhältnis nach der Notwendigkeit der öffentlichen Kontrolle. Gerade unter dem Aspekt der Selbstkontrolle der Staatsgewalt durch öffentliche Kontrolle erscheint die grundsätzliche Öffentlichkeit des Staatshandelns wünschenswert. Rechtsstaatlich zwingend ist sie jedoch nur, wenn die öffentliche Kontrolle aufgrund von Defiziten der staatsinternen Gewaltenteilung und -hemmung erforderlich ist, um die Rechtsstaatlichkeit des Handelns sicherzustellen. Jenseits dessen betreffen die Informationspflichten primär den staatsinternen Bereich, nicht das Verhältnis zwischen Staat und Bürger. Dies gilt in besonderem Maße für die Gewaltenteilung und -verschränkung innerhalb der Staatsgewalt und die Herstellung materieller Gerechtigkeit als Ausdruck der Verhältnismäßigkeit und Zielerreichungseffizienz. Aber auch die zur Fortentwicklung des Rechts notwendige Öffentlichkeit, die zur Rückkopplung der Revision des Rechts an die Gesellschaft notwendig ist, ist dem zuzurechnen. Verfassungsunmittelbar lässt sich nur die abstrakte Aussage formulieren, dass das Informationsniveau so hoch sein muss, dass die wechselseitige Kontrolle der Staatsgewalt ausgeübt, materielle Gerechtigkeit geschaffen und das Recht fortentwickelt werden kann. Die Optimierung obliegt der Staatsgewalt, vor allem dem Gesetzgeber. 558

Janda, V&M 17 (2011), 227, 229.

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E. Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft Die Öffentlichkeitsforderung des Rechtsstaats ist nicht statisch. Sie beruht auf der rechtlichen und tatsächlichen Notwendigkeit der Freiheitssicherung. Durch die Entwicklung zur Informationstechnologiegesellschaft entstehen neue Bedürfnisse, die das rechtsstaatliche Öffentlichkeitsgebot gerade aufgrund seines Prinzipiencharakters zu berücksichtigen hat. I. Entwicklungslinien Der Rechtsstaat der Informationstechnologiegesellschaft bedarf sowohl der Freiheitssicherung durch den Staat in Gestalt der Gewährleistung subjektiver Rechte als auch der Sicherung individueller Freiheit vor dem Staat durch die Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt. Doch wird der Rechtsstaat in der Informationstechnologiegesellschaft herausgefordert. Dies gilt weniger für das normativ zu fordernde Niveau der Freiheitssicherung [4.  Teil, 4. Kap. E. I. 1.]. Doch kann der Rechtsstaat seine Funktionen in tatsächlicher Hinsicht nur mehr in abnehmendem Maße erfüllen [4. Teil, 4. Kap. E. I. 2.], was den Einsatz neuer Instrumente erfordert [4. Teil, 4. Kap. E. I. 3.]. 1. Rechtsnormatives Erfordernis der Freiheitssicherung durch den und vor dem Staat An seinen Zielen, die Freiheit des Einzelnen durch den Staat zu gewährleisten und vor dem Staat zu sichern, hält der Rechtsstaat auch in der Informationstechnologiegesellschaft fest. Der Staat ist weiterhin unverzichtbare herrschaftsausübende Instanz. Er ist das einzige Teilsystem des Gemeinwesens, das zur Gewaltausübung legitimiert ist. Gewaltausübung, Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung sind zur Freiheitssicherung erforderlich. Umgekehrt bedarf der Einzelne weiterhin der Freiheitssicherung vor dem Staat. Das zu gewährleistende Maß an Freiheit ist nicht durch die Vernetzung von Staat und Bürger eingeschränkt. Denn Staat und Gesellschaft als Summe der Bürger sind auch in der Informationstechnologiegesellschaft zwei eigenständige Teil­ systeme des Gemeinwesens, die lediglich aufeinander bezogen sind.559 Die Einbeziehung des Einzelnen in Gemeinwohldefinition und Aufgabenwahrnehmung erfolgt auf Seiten des Einzelnen gerade in Ausübung individueller Freiheit. Ein Mehr an zu gewährleistender Freiheit geht mit der Eröffnung des Raums des Immateriellen nicht einher. Nicht die Freiheiten des Einzelnen werden erweitert, sondern die Handlungsfelder, innerhalb derer jeder Grundrechtsträger die 559

Zum Verhältnis von Staat und Gesellschaft s. o., 2. Teil, 3. Kap. A. III. 3.

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ihm zustehenden Freiheiten ausüben kann. Dies mag zu einer Verschiebung der Gewährleistungsgehalte führen. Beispielsweise gewinnt der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der informationellen Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, an Bedeutung. Auch die Notwendigkeit, Kompetenzen im Umgang mit dem Internet zu erlangen, wächst und kann zumindest in der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art.  2 Abs.  1  GG und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, verankert werden. Eine allgemeine Anhebung des Niveaus der Freiheitssicherung geht damit jedoch nicht einher. Nichts anderes gilt für die Einbeziehung des Einzelnen in die Ausübung der Staatsgewalt. Sie eröffnet ebenfalls einen neuen Handlungsraum, in dem die Ausübung der Grundrechte gerade in ihrer bisherigen Gestalt und ihrem bisherigen Gehalt ermöglicht wird. Anders mag sich der Umfang der staatlichen Gewährleistungspflicht in Hinblick auf die Grundrechtsausübungsvoraussetzungen entwickeln. Denn die Rahmen­ bedingungen der Grundrechtsausübung unterliegen in der Informationstechnologiegesellschaft einem Wandel. Informationen sind unverzichtbare Handlungsgrundlage, die alle Lebensbereiche und die Ausübbarkeit aller Freiheitsgrundrechte in wachsendem Maße erfassen. 2. Tatsächliche Freiheitssicherung durch den und vor dem Staat Das Recht ist von wesentlicher Bedeutung für die Freiheitssicherung durch den und vor dem Staat. In der Informationstechnologiegesellschaft hat das Recht jedoch seine Vorrangstellung als Steuerungs- und Kontrollinstrument eingebüßt.

a) Rechtsgewährleistung durch die Staatsgewalt aa) Rechtliche Grundrechtsausübungsvoraussetzungen: Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns Die Ausübung der Staatsgewalt muss für den Gewaltunterworfenen vorhersehbar sein. Die Gewährleistung von Vorhersehbarkeit wird dabei in formeller Hinsicht dadurch herausgefordert, dass eine papierbasierte Veröffentlichung, ja selbst die Einbeziehung der traditionellen Massenmedien Presse und Rundfunk den Informationsgewohnheiten der Gesellschaft nicht mehr gerecht wird. In der Informationstechnologiegesellschaft entwickelt sich das Internet zum Leitmedium der Informationsbeschaffung. Die Erwartungshaltung der Bürger richtet sich zunehmend auf die Verfügbarkeit von Informationen zu jeder Zeit an jedem Ort. Die analoge Möglichkeit zur Kenntnisnahme verliert an Bedeutung.

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In materieller Hinsicht erschweren drei Entwicklungen die Sicherstellung der Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns: Erstens ist in der Informationstechnologiegesellschaft eine Ausdifferenzierung der Lebensbereiche und die Spezialisierung innerhalb des Gemeinwesens zu beobachten. Das Recht reagiert hierauf mit den gleichen Mitteln, also mit Ausdifferenzierung und Spezialisierung.560 Dies führt zu einer Vermehrung des Rechts. Die Komplexität der Rechtsordnung steigt. Zweitens unterliegen die rechtlichen Grundlagen des Staatshandelns einer steten Fortentwicklung. Mit ihr reagiert das Recht auf den sich beschleunigenden Wandel der Wirklichkeit. Zahlreiche Änderungsgesetze belegen dies.561 Ebenso wie die Ausdifferenzierung der rechtlichen Grundlagen erschwert die Beschleunigung der Rechtssetzung die Sicherstellung der Vorhersehbarkeit der Ausübung der Staatsgewalt. Drittens sinkt die Bindungskraft des parlamentarischen Gesetzes. Die Veröffentlichung der abstrakten rechtlichen Grundlagen erreicht in abnehmendem Maße das Ziel, staatliches Handeln vorhersehbar zu machen. Dies ist zumindest der Fall, wenn der Staatsgewalt Entscheidungsspielräume eröffnet werden. Umso wichtiger wird es für den Einzelnen, sich Kenntnis vom Normalfall der Rechtsanwendung und etwaigen Ausnahmen verschaffen zu können. Die Worte des Bundesverfassungsgerichts zu den Anforderungen, die an eine komplexe Rechtsordnung zu stellen sind, erlangen in der Informationstechnologiegesellschaft neues Gewicht: „Der Bürger muß zumal in einer zunehmend komplexen Rechtsordnung zuverlässig in Erfahrung bringen können, welche Rechte er hat und welche Pflichten ihm obliegen; die Möglichkeiten und Aussichten eines Individualrechtsschutzes müssen für ihn annähernd vorhersehbar sein.“ 562

bb) Tatsächliche Grundrechtsausübungsvoraussetzungen Die Voraussetzungen der Grundrechtsausübung wandeln sich in der Informa­ tionstechnologiegesellschaft. Informationen avancieren zur zentralen Handlungsvoraussetzung des Individuums. Grundrechtsausübung ohne die Kenntnis der rechtlichen Grundlagen, aber auch ohne Kenntnis der tatsächlichen Rahmenbedingungen ist zwar möglich. Jedoch wäre sie keine informierte und somit keine selbstbestimmte, wie sie der Rechtsstaat des Grundgesetzes erfordert. Der bisherige Umfang und der bisherige Modus der Herstellung von Öffentlichkeit, konkret die Einräumung eines Individualzugangsrechts kann den gewachsenen Anforderungen nicht mehr genügen. Zu umfassend ist der Informationsbedarf des Einzelnen. 560

Zuck, NJW 2002, 3066, 3066. Zum Wandel der Rechtsordnung und der Häufigkeit der Änderungsgesetze Zuck, NJW 2002, 3066, 3066. 562 BVerwG, Urt. v. 26.2.1997 – 6 C 3/96 – juris Rn. 24 – BVerwGE 104, 105. 561

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cc) Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung Auch Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung können in der Informationstechnologiegesellschaft nicht mehr allein mit den überkommenen Instrumenten sichergestellt werden. Die Erschließung des Raums des Immateriellen erfordert neue Methoden. Der Motor der Erschließung des Immateriellen, die Informations- und Kommunikationstechnologie, kann dabei zugleich als Instrument zur Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols im Immateriellen dienen. Auch jenseits des Immateriellen ist der Staat informationsabhängig. Er ist auf eine umfassende Informationsgrundlage angewiesen, um das Recht gemäß den rechtsstaatlichen Anforderungen durchsetzen zu können. Dazu zählt die Notwendigkeit der Einbeziehung auch privater Informationen. Unzureichender Informa­ tionszugang lässt die Rechtsdurchsetzung als defizitär erscheinen. Schon die betroffenen Interessen können nicht hinreichend berücksichtigt werden. b) Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt Die sich wandelnde Rolle von Recht und Gesetz wirkt auch auf die Ziele der Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt und damit auf die staatsinterne Gewaltenteilung und -verschränkung zurück.563 Denn ihr Ausgangspunkt ist das parlamentarische Gesetz.564 Es ist Grundlage des Handelns von Exekutive und Judikative. Und es ist Maßstab der Kontrolle von Exekutive und in eingeschränktem Maße auch von Legislative und Judikative. aa) Disziplinierung der Staatsgewalt Mit dem Bedeutungsverlust von Recht und Gesetz geht ein Bedeutungsverlust der Bindung der Staatsgewalt an Recht und Gesetz zur Sicherstellung der Rechtsstaatlichkeit des Staatshandelns einher. Zudem verliert die staatsinterne Kontrolle an Wirksamkeit. Entscheidungsspielräume, die der zuständigen Gewalt eingeräumt werden, weiten die Grenzen der Rechtmäßigkeit des Staatshandelns aus. Die Kontrollmöglichkeiten sinken. Weiter erschwert wird die staatsinterne Kontrolle durch die zu beobachtende Ausdifferenzierung der staatlichen Aufgaben und des staatlichen Rechts. Die staatsinterne Kontrolle gelangt an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Spezialisierung

563 Allgemein zur Schwächung der Gewaltenteilung Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 67. 564 Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 58.

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innerhalb des Rechts und innerhalb der Staatsgewalt erschwert die Wirksamkeit der Kontrolle weiter. Hinzu kommt die wachsende Einbeziehung des Bürgers in das Staatshandeln, konkret in Gemeinwohldefinition und Aufgabenwahrnehmung. Zwar verbleibt die Verantwortlichkeit auf Seiten des Staats. Doch die Zahl der beteiligten Akteure steigt. Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten werden diffuser. Die Beurteilung des Handelns am Maßstab der Rechtmäßigkeit wird durch Zweckmäßigkeitserwägungen, häufig aus Sicht der Betroffenen, und duch deren individuelle Interessen ergänzt. Die Einbeziehung neuer Akteure, wenn auch nicht auf Ebene der Letztverantwortlichkeit, sondern der Ausführung, fordert die Kontroll- und Gewaltenteilungsstrukturen heraus. Der überkommenen Gewaltenteilung und -verschränkung liegt die Idee der wechselseitigen Kontrolle und Mäßigung zugrunde. Subjekt und Objekt der Kontrolle sind dabei kongruent. Anders ist dies bei der Einbeziehung Privater. Bei Betrachtung der überkommenen Gewaltenteilung fehlt es an einem den privaten Akteuren korrespondierenden Kontrollsubjekt, das spezifisch dem neuen Akteur auf Kontrollebene korrespondiert. bb) Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt Das zur Disziplinierung der Staatsgewalt Gesagte gilt in weiten Teilen auch für die Rationalisierung der Ausübung der Staatsgewalt und die Fortentwicklung des Rechts. Schließlich ist sie ebenfalls Ausfluss der Gewaltenteilung und Gewaltenverschränkung sowie der wechselseitigen Kontrolle der Staatsgewalt. Gewaltenteilung wie Gewaltenverschränkung können Anreize nicht nur zum rechtmäßigen, sondern auch zum zweckmäßigen Handeln schaffen. Um einen gerechten materiellen Ausgleich im Rahmen von Rechtssetzung wie Rechtsanwendung zu finden, ist die Staatsgewalt zunehmend auf Informationen angewiesen. Grundsätzlich hat dies auf das im Mittelpunkt der Betrachtung stehende Staat-Bürger-Verhältnis keine unmittelbaren Auswirkungen. Etwas anderes gilt jedoch für den Fall, dass ein gerechter Ausgleich der beteiligten Interessen nur unter Einbeziehung der Informationen Privater gefunden werden kann. In diesem Fall ist die Einbeziehung Privater nicht auf die Ebene der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben beschränkt. Die Vernetzung von Staat und Bürger hat sich auf den der Entscheidung vorgelagerten Prozess der Entscheidungsfindung zu erstrecken. Rechtlich zwingend ist die Vernetzung staatlicher und privater Informationen aber nur, wenn die Herstellung materieller Gerechtigkeit oder die Erfüllung staatlicher Aufgaben andernfalls nicht sichergestellt wäre.

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cc) Fortentwicklung des Rechts Auch zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Rechts bedarf es einer Vernetzung von Staat und Privat, sofern das Recht den Wandel der Gesellschaft zu rezipieren hat. Nur wenn es den dauerhaften Wandel der Wirklichkeit in sich aufnimmt, kann das Recht seine Funktionsfähigkeit bewahren und als wirksames Instrument zur Gewährleistung realer Freiheit fortbestehen. Dazu bedarf es des Dialogs mit den Normunterworfenen. Dieser ist seinerseits nur auf Grundlage der Kenntnis der Normunterworfenen von der Ausübung der Staatsgewalt möglich.565 Rechtlich zwingend ist der Dialog zwischen Staat und Gesellschaft bzw. Individuum zur Fortentwicklung des Rechts jedoch nur, soweit das Recht andernfalls seine Steuerungsfähigkeit, insbesondere sein Potenzial zur Freiheitsgewährleistung und -sicherung verlöre. 3. Schlussfolgerungen Der Rechtsstaat des Grundgesetzes ist ein öffentlicher. Die Herausbildung der Informationstechnologiegesellschaft bedingt ein Zweifaches: Einerseits erleichtert sie die Gewährleistung von Öffentlichkeit. Mit dem Internet hält sie einen neuen Ort der Öffentlichkeit bereit. Neue Formen der Öffentlichkeit bilden sich heraus. Andererseits fordern die wachsende Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung den Rechtsstaat und mit ihm das Gebot grundsätzlicher Öffentlichkeit heraus. Rechtsgewährleistung samt Rechtsschutz finden unter geänderten Rahmenbedingungen statt. Die wachsende Informationsabhängigkeit des Individuums ist zu berücksichtigen. Information ist, gerade in der Informationstechnologiegesellschaft, zentrale Handlungsvoraussetzung, Grundrechtsausübung ohne Information nicht möglich. Zudem ist die zur Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt staatsinterne Kontrolle defizitär. Sie kann ihre Funktionen der Mäßigung und Rationalisierung der Staatsgewalt in abnehmendem Maße erfüllen. Das Defizit auf Seite der Grundrechtsausübungsvoraussetzungen und des Rechtsschutzes sowie das Kontrolldefizit, das in Gestalt der klassischen Gewaltenteilung und -verschränkung zu beobachten ist, bedürfen der Kompensation. Verfassungsunmittelbar lässt sich dem Rechtsstaat als Prinzip allerdings nur ein Mindestgewährleistungsgehalt entnehmen. Die Optimierung der Verwirklichung der rechtsstaatlichen Funktionen unterliegt allein dem Ausgestaltungsspielraum der jeweiligen Staatsgewalt, in besonderem Maße dem des Gesetzgebers.

565

Dies gilt für Rechtssetzung wie Rechtsanwendung gleichermaßen, so dass sowohl Akte der Rechtssetzung als auch der Rechtsanwendung zu veröffentlichen sind, damit sie Gegenstand der öffentlichen Auseinandersetzung werden können, vgl. BVerwG, Urt. v. 26.2.1997 – 6 C 3/96 – juris Rn. 24 – BVerwGE 104, 105.

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Dementsprechend lassen sich den Zielen der Rationalisierung und Effektivierung sowie der Fortentwicklung des Rechts nur konkrete rechtliche Vorgaben entnehmen, sofern die Funktionsfähigkeit von Recht und Rechtsstaat andernfalls nicht mehr sichergestellt wäre. Dies führt dazu, dass unter dem Aspekt der Optimierung der Rechtsausübung und der Fortentwicklung des Rechts keine weitergehenden Pflichten des Staats zur Ausweitung der Öffentlichkeit staatlichen Handelns konstruiert werden können. Denn dass beide in rechtlich relevanter Weise grundsätzlich defizitär sind, ist nicht ersichtlich. Anders ist dies in Hinblick auf die Gewährleistung subjektiver Rechte durch die Staatsgewalt sowie deren Kontrolle und Disziplinierung.

a) Rechtliche Notwendigkeit der grundsätzlichen Öffentlichkeit Die Defizite auf Seiten der Rechtsgewährleistung wie auf Seiten der Kontrolle der Staatsgewalt durch die Herausbildung der Informationstechnologiegesellschaft legen die Kompensation durch die Schaffung von Öffentlichkeit staatlichen Handelns nahe. aa) Rechtsgewährleistung durch die Staatsgewalt Gerade der wachsenden Bedeutung von Informationen als Handlungsvoraussetzung des Individuums kann nur mit Informationen begegnet werden. Nicht nur die rechtlichen Grundlagen, die unmittelbar nach außen wirken, sind zu veröffentlichen. Um die Vorhersehbarkeit der Ausübung der Staatsgewalt zu gewährleisten, bedarf es angesichts der steigenden Komplexität und Ausdifferenzierung von Recht und Rechtsanwendung auch der Veröffentlichung der internen Vorgaben zur Rechtsanwendung sowie der Akte der Rechtsanwendung im Einzelfall. Die Veröffentlichungspflicht in der Informationstechnologiegesellschaft ist daher zwingend auf Binnenrecht und rechtskonkretisierende Akte auszuweiten. Zur selbstbestimmten Grundrechts- und Freiheitsausübung muss dem Einzelnen zudem in weitem Umfang die Möglichkeit der Kenntnisnahme von den tatsächlichen Rahmenbedingungen der Rechts- und Freiheitsausübung ermöglicht werden. Ohne die Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge ist gerade angesichts der Informationsabhängigkeit des Einzelnen in der Informationstechnologiegesellschaft eine selbstbestimmte Grundrechtsausübung nicht möglich, zumal die technische Entwicklung die Bedeutung von Informationen weiter wachsen lässt. Der Staat hat Informationen zum Realbereich des Rechts zu veröffentlichen. Die Bestimmung der genauen Reichweite obliegt dabei zwar der Staatsgewalt. Rechtspolitisch wünschenswert ist eine umfassende Herstellung von Öffentlichkeit. Rechtsstaatlich notwendig ist sie, sofern Entscheidungen der Grundrechtsberech-

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tigten zwingend auf staatliche Informationen angewiesen sind. Hervorzuheben ist die Notwendigkeit der Kenntnis staatlicher Initiativen und Programme, aber auch von rein tatsächlichen Informationen, etwa im Bereich der Gefahrenabwehr oder von umweltbezogenen Informationen. Dass die Herstellung umfassender Öffentlichkeit zunehmend an Bedeutung für die Rechtsdurchsetzung gewinnt, bestätigt ein Blick auf die Europäische Union. Die Einbeziehung des Einzelnen in die Rechtsdurchsetzung durch Eröffnung von Informationen und Rechtsweg kann auch auf nationaler Ebene als Vorbild dienen, etwa um Vollzugsdefiziten zu begegnen. Rechtlich zwingend ist sie jenseits des Vorrangs des Europarechts, etwa im Umweltrecht nicht. Doch kann die internationale und supranationale Entwicklung als Erfahrungshintergrund herangezogen werden, auf deren Grundlage sich die nationale Entwicklung vollziehen kann. bb) Disziplinierung der Staatsgewalt Auch die Defizite der staatsinternen Kontrolle bedürfen der Kompensation. Denn die staatsinterne Kontrolle stößt aufgrund der Entwicklung der Informationstechnologiegesellschaft an ihre Leistungs- und Kapazitätsgrenzen. Zudem fehlt es auf Ebene der staatsinternen Gewaltenteilung an einem Kontrollakteur, der der Einbeziehung Privater in die Ausübung der Staatsgewalt korrespondiert. Dabei kommt nur ein Akteur in Betracht, der in Hinblick auf Kapazität, der Möglichkeit, Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen, und der fehlenden unmittelbaren Durchsetzbarkeit der Einbeziehung Privater entspricht. Dementsprechend kommt nur die Einbeziehung der Allgemeinheit in die Kontrolle in Betracht. Sie steht der Einbeziehung der Allgemeinheit in die Ausübung der Staatsgewalt spiegelbildlich gegenüber. Neue Formen der Aufgabenwahrnehmung bedingen neue Formen der Kontrolle eben dieser Aufgabenwahrnehmung. Rechtsstaatlich notwendig ist die Ergänzung der überkommenen Mittel der Kontrolle durch öffentliche Kontrolle daher, sobald die überkommenen Mechanismen nicht mehr hinreichend Wirkung entfalten. Dies ist entsprechend dem oben Gesagten anzunehmen, sofern die öffentliche Kontrolle der Einbeziehung der Allgemeinheit in die staatliche Gemeinwohldefinition und Aufgabenwahrnehmung korrespondiert. Zudem sind alternative Kontrollmechanismen von Nöten, sofern die Disziplinierung der Staatsgewalt durch die Bindung an das Gesetz nachlässt, etwa wenn das Gesetz der Staatsgewalt Entscheidungsspielräume eröffnet. Die durch öffentliche Wahrnehmung ausgelöste Selbstkontrolle kann den Anreiz steigern, nicht nur im Rahmen des eingeräumten Ermessens zu handeln, sondern den eingeräumten Handlungsspielraum möglichst effizient und zweckmäßig zu nutzen. Repressiv tritt mit der Allgemeinheit ein weiterer Kontrollakteur zu Tage, der rechts- wie zweckwidriges Handeln feststellen und offenlegen kann. Soweit die Bindung der Exekutive und Judikative an das Gesetz eng ist, kann das institutionelle Gleichgewicht demgegenüber nicht als derart beeinträchtigt

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angesehen werden, dass die öffentliche Kontrolle rechtsstaatlich geboten ist.566 An der Verbesserung der Disziplinierung und Rationalisierung einer dennoch ermöglichten öffentlichen Kontrolle ändert dies jedoch nichts, so dass auch die zur öffentlichen Kontrolle notwendige Öffentlichkeit des Staatshandelns rechtspolitisch betrachtet umfassend ist. Öffentliche Kontrolle bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Öffentlichkeit des Staatshandelns. Je umfassender sich die informatorischen Grundlagen darstellen, desto intensiver gestaltet sich die Kontrolle. Schon die fortdauernde Fremdbeobachtung dient der Reflexion des eigenen Handelns und damit der Mäßigung und Rationalisierung der Staatsgewalt.567 Auch wenn die Gesellschaft als Summe der Individuen nicht mit der Staatsgewalt identifiziert werden kann, übernimmt eine derartige „informatorische Gewaltenteilung“ die Funktionen der klassischen staatsinternen Teilung und Verschränkung der Macht: Kontrolle und Mäßigung, Rationalisierung und Effektivierung.568 b) Tatsächliche Ausgestaltung der grundsätzlichen Öffentlichkeit Zur Freiheitssicherung und Rechtsgewährleistung, die den technischen Möglichkeiten der Informationstechnologiegesellschaft angemessen ist, bedarf nicht nur der Umfang der zur Verfügung gestellten Informationen der Anpassung an die Funktionslogiken des 21.  Jahrhunderts. Auch die Form der Öffentlichkeit wirkt unmittelbar darauf zurück, ob das Ziel der Freiheitssicherung erreicht werden kann. Verfassungsunmittelbar zu gewährleisten ist die Vorhersehbarkeit des Staatshandelns.569 In der Informationstechnologiegesellschaft ist bei der Konkretisierung der Vorhersehbarkeit einerseits zu berücksichtigen, dass das Internet zum Leitmedium avanciert. Andererseits unterliegt nicht nur der Realbereich, sondern auch das Recht einem sich ständig beschleunigenden Wandel. Zudem steigt angesichts der ausgemachten Notwendigkeit, das Staatshandeln in wachsendem Umfang öffentlich zu machen, die Quantität der zur Verfügung zu stellenden Informationen. Potenziert wird dies durch die Ausdifferenzierung und Vervielfältigung der staatlichen Aufgaben.

566 Zur Vorrangstellung des Gesetzes im System der Gewaltenteilung Di Fabio, in: Isensee/ Kirchhof, HStR, Bd.  II, § 27 Rn.  57. Ebd., Rn.  86 ff., auch zum Prinzip des institutionellen Gleichgewichts, das der EuGH für die europäische Gewaltenteilung entwickelt hat. 567 Zur Bedeutung der öffentlichen Kontrolle in der Informationsgesellschaft auch BVerwG, Urt. v. 26.2.1997 – 6 C 3/96 – juris Rn. 24 – BVerwGE 104, 105. 568 Ausdrücklich zur Einbeziehung gesellschaftlicher Kräfte in die Gewaltenteilung SchmidtAßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 26 Rn. 68. 569 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII Rn. 50.

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Beiden Tendenzen kann die Veröffentlichung im Internet Rechnung tragen, sofern die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG berücksichtigt werden. Dies gilt umso mehr, als die Informations- und Kommunikationstechnologie eine Aufbereitung der Informationen ermöglicht, die die tatsächliche Komplexität der staatlichen Aufgaben und ihrer rechtlichen Grundlagen zu reduzieren in der Lage ist. So können grafische Elemente den Informationsgehalt veranschaulichen oder die Zuordnung einzelner Informationen zu bestimmten Lebenslagen deren Auffindbarkeit erhöhen. Umgekehrt wird die rein papierne Verkündung des Rechts schon jetzt den Anforderungen der Informationstechnologiegesellschaft nicht mehr gerecht.570 Die formelle Publikation im Bundesgesetzblatt ist integrierender Bestandteil des Gesetzgebungsverfahrens, Art. 82 GG. Sie führt zu dessen formellem Abschluss und soll damit zugleich für Rechtssicherheit bei Normadressaten und Normunterworfenen sorgen.571 Als Abschluss des Verfahrens erfüllt die konstitutive Verkündung im Bundesgesetzblatt nach wie vor ihre Funktion. Rechtssicherheit kann sie jedoch nicht mehr in hinreichendem Maße gewährleisten. Angesichts der veränderten Informationsgewohnheiten der Normunterworfenen, der ständigen Revision des Rechts und dessen fortlaufender Ausdifferenzierung ist Rechtssicherheit nur unter der Bedingung zeitnaher, ständiger und umfassender Verfügbarkeit des Rechts zu gewährleisten.572 c) Exkurs: Status Quo der einfachgesetzlichen Ausgestaltung Für den Bereich der rechtlichen Grundlagen des Staatshandelns hat der einfache Gesetzgeber die Notwendigkeit zur Einbeziehung der Informations- und Kommunikationstechnologie erkannt. Die amtliche Fassung von Gesetzen und Rechtsverordnungen, die im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden, ist zwar weiterhin allein der Papierausgabe des Bundesgesetzblatts zu entnehmen, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz. Doch wird das Bundesgesetzblatt auch online zur Verfügung gestellt.573 Daneben existiert mit dem Bundesanzeiger ein elek-

570

So bereits früh Zuck, NJW 2002, 3066, 3067. Zu den Zwecken der Verkündung vgl. den Überblick bei Zuck, NJW 2002, 3066, 3066. Zur Verkündung als integrierendem Bestandteil der Rechtssetzung BVerfG, Beschl. v. 2.4.1963 – 2 BvL 22/60 – juris Rn. 32 – BVerfGE 16, 6; BVerfG, Urt. v. 19.3.1958 – 2 BvL 38/56 – juris Rn. 31 – BVerfGE 7, 330 m. w. N. Speziell zur Abschlussfunktion der Verkündung BVerfG, Urt. v. 8.7.1976 – 1 BvL 19/75 u. a. – juris Rn. 93 – BVerfGE 42, 263. 572 Zur zunehmenden Komplexität der Rechtsordnung und den daraus erwachsenden rechtsstaatlichen Anforderungen bereits BVerwG, Urt. v. 26.2.1997  – 6 C 3/96  – juris Rn.  24  – BVerwGE 104, 105. 573 Herausgeber ist der Bundesanzeiger Verlag. Abrufbar ist das Bundesgesetzblatt sowohl in Form eines kostenlosen Bürgerzugangs sowie eines Online-Abonnements, das u. a. die Suchund Bearbeitungsfunktionen enthält, vgl. bgbl.de (Stand: 1.8.2013). 571

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tronisches, ebenfalls vom Bundesjustizministerium herausgegebenes Medium.574 In dessen amtlichem Teil  können Rechtsverordnungen veröffentlicht werden, deren unverzügliches Inkrafttreten erforderlich ist, § 2 Abs. 1 Verkündungs- und Bekanntmachungsgesetz (VkBkmG575), sowie sonstige amtliche Bekanntmachungen, Ausschreibungen und Hinweise der Behörden des Bundes und der Länder, § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VkBkmG. Der Bundesanzeiger ist qua gesetzlicher Anordnung vollständig und dauerhaft zur Abfrage bereitzuhalten, § 5 Abs. 1 Satz 2 VkBkmG. Ausweislich § 6 Abs. 1 VkBkmG hat der amtliche Teil des Bundesanzeigers zudem für jedermann jederzeit frei zugänglich zu sein. Seit April 2012 wird der Bundesanzeiger nur mehr elektronisch veröffentlicht.576 Derzeit erwägt der Bundesrat im Kontext der Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz zudem, Papierbekanntmachungen und -veröffentlichungen mittelfristig durch eine Online-Veröffentlichung auf einem zentralen, länderübergreifenden Justizportal zu ersetzen.577 Auch Veröffentlichungen und Bekanntmachungen über die Gerichtstafel sollen dort abrufbar sein. Entsprechende elektronische Verkündungsportale existieren bereits im Recht der Zwangsversteigerung (zvg-portal.de) sowie im Insolvenzrecht (insolvenzbekanntmachungen.de). Beide sind über das zentrale Justizportal von Bund und Ländern (justiz. de) abrufbar. Begründet wird der Vorstoß primär mit der Größe des über das Internet erreichbaren Adressatenkreises. Daneben werden die verbesserten Zugangsund Recherchemöglichkeiten hervorgehoben, so die zentrale Erreichbarkeit, die schnelle und dauerhafte Abrufbarkeit und die Verlinkung mit dem elektronischen Bundesanzeiger.578 II. Formen der Öffentlichkeit Sowohl zur Gewährleistung subjektiver Rechte als auch zur Disziplinierung der Ausübung der Staatsgewalt, die in der Informationstechnologiegesellschaft zunehmend der öffentlichen Kontrolle bedarf, hat das Staatshandeln grundsätzlich öffentlich zu sein. Zur Gewährleistung der Vorhersehbarkeit bedarf es der Veröffentlichung im Internet. Wie diese im Detail auszugestalten ist, ist im Folgenden in Reflektion des zur Demokratie Gesagten zu konkretisieren. Maßstab ist in

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Abrufbar unter bundesanzeiger.de (Stand: 1.8.2013). Gesetz über die Verkündung von Rechtsverordnungen und Bekanntmachungen (VkBkmG) in der Fassung BGBl. I 2011, 3044. Zur alleinigen Verkündung von Rechtsverordnungen im Bundesanzeiger vgl. auch Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 82 Rn. 7. 576 Der letzte gedruckte Bundesanzeiger erschien am 30.3.2012. Zum April 2012 wurde das Nebeneinander von gedruckter und Online-Veröffentlichung beendet. 577 Gesetzentwurf des Bundesrates vom 28.11.2012: Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz, BT-Drs. 17/11691, S. 3, 76 f. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 818/12, sieht keine entsprechende Regelung vor. 578 BT-Drs. 17/11691, S. 76 f. 575

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Übereinstimmung mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Mindestschutz die Sicherstellung der realen Freiheitsausübung. 1. Grundsätze rechtsstaatlicher Öffentlichkeit In ihren Grundzügen sind an die rechtsstaatlich gebotene Öffentlichkeit vergleichbare Anforderungen zu stellen wie an die demokratische Öffentlichkeit.579 a) Rechtsstaatliche Öffentlichkeit als primäre Öffentlichkeit Die rechtsstaatlich gebotene Öffentlichkeit ist eine primäre. Die Informationen, d. h. die Daten und Datenprodukte, sind unaufbereitet, ohne vorausgehende inhaltliche Bearbeitung zu Veröffentlichungszwecken zur Verfügung zu stellen.580 Zwar schließt es die rechtsstaatliche Notwendigkeit zur Veröffentlichung unaufbereiteter Informationen nicht aus, die Veröffentlichung um laienverständliche Erläuterungen, den Anwendungszusammenhang oder Anwendungsbeispiele zu ergänzen. Rechtsstaatlich notwendig ist die Aufbereitung jedoch nicht. Schließlich ist es in Gestalt von Rechtsklarheit und Bestimmtheit gerade Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips, dass Informationen aus sich heraus verstehbar sind. Falls erst die Aufbereitung Informationen verstehbar macht, sind die rechtsstaatlichen Anforderungen in inhaltlicher Hinsicht nicht erfüllt. Auf die Herstellung primärer Öffentlichkeit kann nicht verzichtet werden. Denn rechtsstaatliche Öffentlichkeit ist weder einer Selektion noch der inhaltlichen Bearbeitung zugänglich. Die staatliche Selektion birgt die Gefahr der unvollständigen Veröffentlichung, die inhaltliche Aufbereitung die Gefahr der (unbewussten) Verfälschung des Inhalts. Jegliche Zusammenfassung, Umformulierung oder sonstige Modifikation könnte dem eigentlichen Sinn widersprechen.581 Die Grundrechtsausübung würde ihrer tatsächlichen Wirksamkeit beraubt, würden die in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht zu ihrer Ausübung erforderlichen Informationen ausgewählt oder aufbereitet. Auswahl und Aufbereitung würden zudem der Kontrollfunktion der Öffentlichkeit nicht genügen. Schließlich verlangt Kontrolle gerade die Veröffentlichung des Staatshandelns in der Form, in der es stattfindet. Kontrolle verlangt subjektive Wahrheit, d. h. die Veröffentlichung der Informationen in der vorhandenen Form. Selektion wie inhaltliche Aufbereitung können rechts- wie zweckwidriges Han 579 Zur Ausgestaltung der demokratischen Öffentlichkeit in der Informationstechnologie­ gesellschaft s. o., 4. Teil, 2. Kap. C. II. 580 Zur „primären Öffentlichkeit“ s. o., 3. Teil, 2. Kap. C. II. 3. a). 581 So bereits BVerwG, Urt. v. 25.11.2004 – 5 CN 1/3 – juris Rn. 32 – BVerwGE 122, 264. Aus der Literatur Zuck, NJW 2001, 1623, 1624.

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deln der öffentlichen Wahrnehmung entziehen. Nur die unaufbereitete Öffentlichkeit kann Grundlage wirksamer öffentlicher Kontrolle sein.582 b) Rechtsstaatliche Öffentlichkeit als voraussetzungslose Öffentlichkeit Zwar gestaltet der Rechtsstaat das Individualrechtsverhältnis zwischen Bürger und Staat aus. Individuelle Informationsansprüche können die Folge sein, so im Falle subjektiver Rechtsbetroffenheit zur Sicherstellung der Grundrechtsausübung im Einzelfall. Der Rechtsstaat ist jedoch nicht hierauf beschränkt. Gerade die Dimension der Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt wirkt gegenüber der Allgemeinheit. Aber auch die Dimension der Freiheits- und Rechtsgewährleistung ist nicht auf individuelle Gewährleistungen beschränkt. Vielmehr erfolgt die abstrakte Rechtsgewährleistung gegenüber der Allgemeinheit. Exemplarisch zeigt dies Art. 82 GG. aa) Rechtsstaatliche Öffentlichkeit als Jedermann-Öffentlichkeit Der Gedanke des Art.  82 GG lässt sich für die Ausgestaltung rechtsstaatlich gebotener Öffentlichkeit verallgemeinern. Rechtsstaatliche Öffentlichkeit ist unabhängig von individuellen Fähigkeiten und Eigenschaften.583 Gerade die Grundrechte sind im Regelfall Jedermann-Rechte, die es für die Allgemeinheit zu gewährleisten gilt. Damit einher geht die Pflicht, für jedermann die Voraussetzungen der Grundrechts- und Freiheitsausübung zu gewährleisten, sowie deren Ausübbarkeit durch Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung sicherzustellen. Ebenso ist die öffentliche Kontrolle eine Kontrolle durch die Allgemeinheit. Auch wenn sie von Individuen als Vertreter der Allgemeinheit ausgeübt wird, kommt es auf persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten nicht an. Dies stünde in Widerspruch zur objektiven, auf die Allgemeinheit ausgerichteten Dimension des Rechtsstaatsprinzips. Zudem widerspräche die Abhängigkeit von persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten der Grundannahme, dass die öffentliche Kontrolle der Sicherung der Freiheit vor der Staatsgewalt und somit jedem Träger individueller Freiheit dient. Die Wirksamkeit der Kontrolle würde durch die 582 Allgemein zur Notwendigkeit der Sicherstellung der Kontrollkompetenz der Kontrollakteure Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 246. 583 Zur abzulehnenden Differenzierung des Informationszugangsanspruchs nach der Staatsangehörigkeit bereits oben, 4. Teil, 2. Kap. C. I. 1. c). Zudem Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 180, mitunter unter Rekurs auf die Ermöglichung der Grundrechtsausübung und der Kontrolle der Staatsgewalt durch die Gewährleistung von Informationszugang.

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Einschränkung der Kontrollakteure geschmälert. Für beides ist keine rechtsstaatlich tragfähige Rechtfertigung ersichtlich. Rechtsstaatliche Öffentlichkeit ist demnach Jedermann-Öffentlichkeit. Sie ist unabhängig von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten. bb) Rechtsstaatliche Öffentlichkeit als antragsunabhängige Öffentlichkeit Mit der Forderung nach der Schaffung von Jedermann-Öffentlichkeit ist keine Aussage getroffen über die Frage, ob der Staat die Öffentlichkeit aktiv herzustellen hat oder ob eine Veröffentlichung auf Antrag genügt. Eine aktive Veröffentlichungspflicht ist dann zu bejahen, wenn die antragsabhängige Ausgestaltung die Freiheitsausübung oder die öffentliche Kontrolle der Staatsgewalt nicht wirksam ermöglichte. In Übereinstimmung mit den Mindestvoraussetzungen, die das Demokratieprinzip an die Öffentlichkeit stellt, ist auch für das rechtsstaatliche Öffentlichkeitsgebot zumindest zu fordern, dass der Antrag nicht zu einer unzumutbaren Verzögerung der Kenntnisnahmemöglichkeit führt und Grundrechtsausübung und Kontrolle der Staatsgewalt dadurch entwertet. Zudem muss die reale Kenntnisnahme ermöglicht werden. Der Einzelne muss in die Lage versetzt werden, einen Antrag stellen zu können. Dazu bedarf es der Kenntnis der vorhandenen Daten und ihrer Produkte. Antragsunabhängig ist zumindest ein Register zu veröffentlichen, das eine Übersicht der veröffentlichungsfähigen Informationen enthält. Dafür, dass die rechtsstaatlich gebotene Öffentlichkeit nicht über diesen demokratisch notwendigen Mindeststandard hinausgeht, könnte zweierlei vorgebracht werden: der Ausgestaltungsspielraum, der der Staatsgewalt bei der Realisierung von Prinzipien grundsätzlich zuzugestehen ist, sowie der Umstand, dass die Eröffnung von Informationsmöglichkeiten den rechtsstaatlichen Anforderungen genügen könnte. Schließlich beruht das Potenzial der öffentlichen Kontrolle wesentlich auf dem Anstoß zur Selbstkontrolle. Hierzu könnte die bloße Kenntnisnahmemöglichkeit der Allgemeinheit als ausreichend erachtet werden. Dem ist jedoch der Rechtsgedanke des Art. 82 GG entgegenzuhalten. Er normiert nicht nur die Ausfertigung, also die Bekundung des verfassungsmäßigen Zustandekommens von Gesetzen.584 Ihm ist auch das Verkündungserfordernis zu entnehmen. Damit jedermann die Möglichkeit hat, die rechtlichen Grundlagen des Staatshandelns zur Kenntnis zu nehmen, bedarf es der aktiven Veröffentlichung seitens der Staatsgewalt gegenüber der Allgemeinheit.585 Dieser Gedanke, wonach 584

Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 82 Rn. 1. BVerfG, Beschl. v. 24.5.1977 – 2 BvL 11/74 – juris Rn. 80 – BVerfGE 44, 322 zu dem Umstand, dass ein Rechtsakt durch die Veröffentlichung im Bundesanzeiger „den Betroffenen […] hinlänglich bekanntgemacht“ wird. Aus der Literatur Pieper, in: BeckOK-GG, Art.  82 Einleitung. 585

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der Staat die Veröffentlichung der Rechte und Pflichten aktiv zu betreiben hat, ist der Verallgemeinerung zugänglich. Die Interessenlage ist vergleichbar. Sämtliche Informationen, die zur Ausübung der individuell gewährleisteten Rechte und Freiheiten erforderlich sind, sind ohne vorherigen Antrag seitens des Gewaltunterworfenen öffentlich zu machen. Andernfalls wäre nicht mit hinreichender Rechtssicherheit gewährleistet, dass der Einzelne von seinen Rechten Gebrauch machen kann – sei es mangels Kenntnis der Rechte, sei es mangels Kenntnis der tatsächlichen Rahmenbedingungen, sei es mangels Rechtsschutzes aufgrund fehlender Information. Bestätigt wird das Erfordernis der antragsunabhängigen Veröffentlichungspflicht der Staatsgewalt durch die Ratio der Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt. Der Staat trägt die Verantwortung dafür, dass die Staatsgewalt in Übereinstimmung mit Recht und Gesetz ausgeübt wird. Dies ist mitunter durch wechselseitige Teilung und Verschränkung der Gewalten sicherzustellen. In der Informationstechnologiegesellschaft ist darüber hinaus die Erweiterung der staatsinternen Kontrolle durch die öffentliche Kontrolle von Nöten, um die Disziplinierung der Staatsgewalt zumindest insofern sicherzustellen, als das Gesetz seiner steuernden Kraft verlustig geht, etwa im Falle von Entscheidungsspielräumen für den Rechtsanwender, oder sofern die öffentliche Kontrolle Pendant zur Einbeziehung Privater in die staatliche Aufgabenwahrnehmung ist. Die Wirksamkeit der öffentlichen Kontrolle setzt ihrerseits die Kompetenz des Kontrollakteurs voraus.586 Der Allgemeinheit muss den Kontrollgegenstand, die Ausübung der Staatsgewalt, kennen, um Kontrolle ausüben zu können. Verantwortlich für die Gewährleistung der Möglichkeit der wirksamen öffentlichen Kontrolle der Ausübung der Staatsgewalt ist der Staat. Er hat eine wirksame Form der Kenntnisverschaffung der Allgemeinheit von der Ausübung der Staatsgewalt zu schaffen, mithin antragsunabhängige Öffentlichkeit. 2. Rechtsstaatliche Öffentlichkeit als Informationsöffentlichkeit Die Forderung nach einer antragsunabhängigen Öffentlichkeit weist den Weg in Richtung der abschließenden Frage, ob die rechtsstaatliche Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft der öffentlichen Zugänglichmachung bedarf [4. Teil, 4. Kap. E. II. 2. a)] und ob den Rezipienten auch die Weiterverwendung ermöglicht werden muss [4. Teil, 4. Kap. E. II. 2. b)].

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Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 246.

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a) Öffentliche Zugänglichkeit Die Ausgestaltung rechtsstaatlicher Öffentlichkeit als antragsunabhängige Öffentlichkeit legt es nahe, die öffentliche Zugänglichmachung als rechtsstaatliche Notwendigkeit in der Informationstechnologiegesellschaft anzusehen. Eine wirksame Alternative, jedermann die notwendigen Informationen voraussetzungslos und antragsunabhängig, aber individuell zur Verfügung zu stellen, ist nicht ersichtlich. Insbesondere kann eine papiergebundene Veröffentlichung die rechtsstaatlich zu fordernde Vorhersehbarkeit in der Informationstechnologiegesellschaft nicht gewährleisten.587 Umgekehrt genügt die öffentliche Zugänglichkeit, die eine bloße Kenntnisnahmemöglichkeit schafft, den rechtsstaatlichen Anforderungen. Selbst im Rahmen der Verkündung, Art. 82 GG, kommt es nicht auf die tatsächliche Kenntnisnahme an. So heißt es in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verkündung von Gesetzen: „Rechtlich erheblich ist nur die Intention des für die Verkündung des Gesetzes verantwortlichen Verfassungsorgans, mit der verfügten Ausgabe des Gesetzblattes die Bedingung dafür gesetzt zu haben, daß der Bürger als Normadressat sich Kenntnis vom Inkrafttreten und Inhalt des Gesetzes verschaffen kann.“588

Art. 82 GG lässt die Kenntnisnahmemöglichkeit genügen.589 Nichts anderes fordert das Rechtsstaatsprinzip in Hinblick auf Einzelakte.590 Auch sie bedürfen lediglich der formellen Kenntnisnahmemöglichkeit, nicht der tatsächlichen Wahrnehmung des Inhalts durch die Allgemeinheit. An die Schaffung der Kenntnisnahmemöglichkeit ist jedoch ein Mindestmaß an formellen Anforderungen zu stellen. Die staatlichen Informationen sind vom Staat derart zu veröffentlichen, dass ihr Inhalt „ohne sein weiteres Zutun nach außen dringt“591. Ebenso wie rechtsstaatliche Freiheit reale Freiheit ist, ist rechtsstaatliche Kenntnisnahmemöglichkeit reale Kenntnisnahmemöglichkeit. Sie muss auch unter den sich wandelnden Bedingungen des Realbereichs realisierbar sein. Eine 587

Zur Unmöglichkeit, Vorhersehbarkeit durch papierbasierte Veröffentlichungsformen zu gewährleisten, s. o., 4. Teil, 4. Kap. E. I. 3. b). 588 BVerfG, Beschl. v. 2.4.1963 – 2 BvL 22/60 – juris Rn. 36 – BVerfGE 16, 6. 589 Aus der Rechtsprechung etwa BSG, Urt. v. 21.6.1990 – 12 RK 27/88 – juris Rn. 15, 16 – BSGE 67, 90. Grundlegend zur Abkehr vom Grundsatz der materiellen Gesetzesverkündung, wonach es auf die tatsächliche allgemeine Bekanntheit ankommt BVerfG, Beschl. v. 2.4.1963 – 2 BvL 22/60 – juris Rn. 31 – BVerfGE 16, 6. 590 So kommt es für die Bekanntgabe im Verwaltungsverfahren, § 41 Abs.  1 VwVfG, auf die Möglichkeit an, bei gewöhnlichem Verlauf und unter normalen Umständen unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung vom Inhalt Kenntnis zu nehmen. Die tatsächliche Kenntnisnahme ist für die Wirksamkeit nicht erforderlich. Statt aller m. w. N. Stelkens, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, § 41 Rn. 61 f. 591 So für die Verkündung auf Grundlage des Art. 82 Abs. 1 GG BVerfG, Beschl. v. 2.4.1963 – 2 BvL 22/60 – juris Rn. 37 – BVerfGE 16, 6.

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Berücksichtigung der Informations- und Kommunikationstechnologie ist dazu in der Informationstechnologiegesellschaft unverzichtbar. Rechtsstaatliche Öffentlichkeit bedarf demnach der aktiven Veröffentlichung der Informationen durch den Staat.592 In der Informationstechnologiegesellschaft kann dem allein die öffentliche Zugänglichmachung im Internet gerecht werden. Allein sie ist in Hinblick auf die sich wandelnden Funktionsbedingungen, etwa die veränderten Modi der Informationsbeschaffung, als wirksam anzusehen. b) Rechtliche und technische Möglichkeit der Weiterverwendung Der Schritt von der öffentlichen Zugänglichmachung der staatlichen Daten und Datenprodukte zu deren technischen wie rechtlichen Weiterverwendung ist klein, betrachtet man die technischen Möglichkeiten und die spezifische Funktionsweise der Informations- und Kommunikationstechnologie, die gerade auf Weiterverwendung und reziproken Austausch angelegt ist. Die technische Möglichkeit besagt jedoch nichts über rechtliches Dürfen oder gar Müssen. Sofern an den staatlichen Informationen keine Rechte Dritter, insbesondere keine Urheberrechte, bestehen, lässt sich die Frage nach dem rechtlichen Dürfen grundsätzlich mit einem Ja beantworten. An vielen der in Rede stehenden Daten und Datenprodukte besteht bereits kein Urheberrecht, da die Schöpfungshöhe von Daten vielfach nicht die Schwelle des § 2 Abs. 2 UrhG erreicht.593 Sofern die notwendige Schöpfungshöhe erreicht ist, schränkt § 5 Abs. 1, 2 UrhG das Urheberrecht des Staats im Interesse der Nutzung bestimmter amtlicher Werke bereits ein.594 Die Weiterverwendung ist, gegebenenfalls unter der Einschränkung eines Änderungsverbots und der Pflicht zur Quellenangabe, § 5 Abs. 2 UrhG, nicht nur zulässig, sondern auch im Interesse des Rechtsstaats wünschenswert. Der Rechtsgedanke des § 5 UrhG, eine Weiterverwendung staatlicher Informationen zu ermöglichen, kann in der Informationstechnologiegesellschaft verallgemeinert werden. Denn das Interesse an der Weiterverwendbarkeit ist groß. Informationen sind omnipräsente Handlungsvoraussetzung. Die Einräumung von Weiterverwendungsmöglichkeiten kann dazu beitragen, die Reichweite der veröffentlichten Informationen zu erhöhen und so die Voraussetzungen der Grundrechtsausübung weiter zu verbessern. Zu denken ist an Datenbanken, die themenspezifisch oder orientiert an Lebenslagen die einschlägigen Rechtsgrundlagen 592 So für Rechtsnormen BVerfG, Beschl. v. 2.4.1963  – 2 BvL 22/60  – juris Rn.  36  – BVerfGE 16, 6. 593 Zur Anwendbarkeit des Urheberrechts auf staatliche Informationen s. o., 3. Teil, 2. Kap. C. II. 4. a). 594 Zu § 5 UrhG und dem zugrunde liegenden Rechtsgedanken, die Reichweite zu erhöhen, bereits 3. Teil, 2. Kap. A. II. 2. c).

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anführen und die Praxis ihrer Anwendung beleuchten. Zudem würden es derart lebenslagenorientierte Sammlungen erlauben, die Verweisungen und Verknüpfungen innerhalb des Rechts nicht nur abstrakt, sondern auch in der konkreten Anwendung nachzuvollziehen. Auch kann die technische und rechtliche Weiterverwendbarkeit die Wirksamkeit der öffentlichen Kontrolle stärken. Erst die Weiterverwendbarkeit eröffnet die Möglichkeit, das Potenzial der Informations- und Kommunikationstechnologie auszunutzen, allen voran die Effekte der Vernetzung. Dennoch kann die Gewährleistung der technischen wie rechtlichen Möglichkeit der Weiterverwendung staatlicher Informationen nicht als rechtsstaatlich zwingender Grundsatz angesehen werden. Anders als im Rahmen des Demokratieprinzips ist der Staat zur Herstellung öffentlicher Zugänglichkeit verpflichtet. Der Weiterverwendbarkeit zur Überführung der Informationen in die Allgemeinheit bedarf es nicht. Zudem ist der Staat für die Gewährleistung der Vorhersehbarkeit und Verstehbarkeit des Rechts und der informatorischen Grundlagen seiner Ausübung unmittelbar verantwortlich. Er ist verpflichtet, den Herausforderungen zu begegnen, die die Entwicklung der Informationstechnologiegesellschaft an die zur Grundrechtsausübung zur gewährleistenden Informationen im Allgemeinen, die Herstellung der Vorhersehbarkeit der Ausübung der Staatsgewalt im Speziellen sowie an die Wirksamkeit der öffentlichen Kontrolle stellt. Dieser Verantwortung hat der Staat gerecht zu werden. Er darf nicht auf etwaige Vermittlungsleistungen Einzelner vertrauen, auch nicht unter Berücksichtigung der zunehmenden Vernetzung von Staat und Gesellschaft. Angesichts dieser direkten staatlichen Gewährleistungspflicht kann keine zwingende rechtsstaatliche Notwendigkeit angenommen werden, die Weiterverwendung der zugänglich gemachten Informationen in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht zu gewährleisten. Dies gilt zumindest so lange, wie der Staat seiner Verantwortung gerecht wird.

F. Ergebnis Der Rechtsstaat des Grundgesetzes ist grundsätzlich ein öffentlicher. Nur auf Grundlage der Öffentlichkeit des Staatshandelns ist das Ziel der Freiheitsgewährleistung durch Rechtsdurchsetzung auf Grundlage des Rechts realisierbar. Sowohl die Gewährleistung realer Freiheit durch den Staat bedarf der Information als auch die Disziplinierung der Staatsgewalt. Nicht-Öffentlichkeit ist Ausnahme. Die Notwendigkeit der Veröffentlichung der informatorischen Grundlagen des Staatshandelns ist in der Informationstechnologiegesellschaft besonders ausge­ prägt. Auf Seiten der Rechtsgewährleistung durch den Staat gründet das wachsende Informationsbedürfnis auf der Tatsache, dass Informationen Handlungsvoraussetzung und damit Grundrechtsausübungsvoraussetzung sind. In der Informations-

4. Kap.: Öffentlichkeit im Rechtsstaat

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technologiegesellschaft steigt die Informationsabhängigkeit des Individuums und mit ihr die Notwendigkeit, staatlicherseits Informationen zu gewähren. Gleichzeitig sinkt das Niveau der Gewährleistung der Freiheitssicherung durch den und vor dem Staat. Die Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns kann mit den herkömmlichen Mitteln in abnehmendem Maße sichergestellt werden. In Hinblick auf die Disziplinierung und Optimierung der Ausübung der Staatsgewalt bedingt die Entwicklung in Richtung Informationstechnologiegesellschaft Defizite bei der Bindung der Staatsgewalt und der Kontrolle derselben. Die Disziplinierung der Staatsgewalt bedarf der Ergänzung durch öffentliche Kontrolle, die in ihrer Wirksamkeit von Informationen über die Ausübung der Staatsgewalt abhängt. Der Öffentlichkeit bedürfen dabei nicht nur die außenwirksamen rechtlichen Grundlagen der Ausübung der Staatsgewalt. Da erst die Rechtsanwendung im Einzelfall das Recht vorhersehbar und verstehbar macht, sind auch Binnenrecht und Einzelfallentscheidungen in Öffentlichkeit zu überführen. Gleiches gilt für die tatsächlichen Rahmenbedingungen der Grundrechtsausübung sowie dasjenige Handeln, das in besonderem Maße der öffentlichen Kontrolle bedarf. In der Informationstechnologiegesellschaft sind dies die Ausübung der Staatsgewalt ohne strikte Gesetzesbindung sowie die Ausübung der Staatsgewalt unter Einbeziehung Privater. Die rechtsstaatliche Öffentlichkeit hat eine unaufbereitete und voraussetzungslose zu sein. Zudem widerspräche es der rechtsstaatlichen Zielsetzung, die Herstellung von Öffentlichkeit antragsabhängig auszugestalten. Den technischen Möglichkeiten wie den tatsächlichen Bedürfnissen und Notwendigkeiten in der Informationstechnologiegesellschaft entspricht es überdies, die Öffentlichkeit als öffentliche Zugänglichkeit auszugestalten. Der Staat hat die Ausübbarkeit individueller Rechte ebenso zu gewährleisten wie die Ausübbarkeit öffentlicher Kontrolle. Allerdings reicht das rechtsstaatliche Öffentlichkeitsgebot nicht so weit, als dass die Schaffung von Informationsöffentlichkeit geboten wäre. Die Gewährleistung der rechtlichen und technischen Möglichkeit der Weiterverwendung ist als rechtsstaatlich wünschenswert anzusehen. Da der Staat jedoch die unmittelbare Verantwortung trägt, sowohl die Ausübung der Staatsgewalt vorhersehbar zu machen als auch die öffentliche Kontrolle derselben zu ermöglichen, trifft die primäre Verantwortung der Sicherstellung von Kenntnisnahmemöglichkeit und Vorhersehbarkeit respektive Verstehbarkeit den Staat. Erst wenn dieser seiner Aufgabe nicht mehr gerecht wird, kann die rechtsstaatliche Öffentlichkeitsforderung auf Informationsöffentlichkeit gerichtet werden. Dass die Weiterverwendbarkeit staatlicher Informationen schon jetzt rechtspolitisch wünschenswert ist, etwa in Hinblick auf deren wirtschaftlichen Wert, und dass die Grundrechtsausübung dadurch weiter verbessert würde, ist rechtlich unbeachtlich. Denn verfassungsunmittelbar zwingend ist lediglich die Sicherstellung der Mindestvoraussetzungen des Rechtsstaats, nicht dessen Optimierung.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

5. Kapitel

Öffentlichkeit und Informationsfreiheit „Für die in Art.  5 Abs.  1 Satz  1 GG gewährleistete Informationsfreiheit sind danach zwei Komponenten wesensbestimmend. Einmal ist es der Bezug zum demokratischen Prinzip des Art.  20 Abs.  1 GG: Ein demokratischer Staat kann nicht ohne freie und möglichst gut informierte öffentliche Meinung bestehen. Daneben weist die Informationsfreiheit eine individualrechtliche, aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitete Komponente auf. Es gehört zu den elementaren Bedürfnissen des Menschen, sich aus möglichst vielen Quellen zu unterrichten, das eigene Wissen zu erweitern und sich so als Persönlichkeit zu entfalten. Zudem ist in der modernen Industriegesellschaft der Besitz von Informationen von wesentlicher Bedeutung für die soziale Stellung des Einzelnen.“595 Was das Bundesverfassungsgericht 1969 zur Informationsfreiheit des Art.  5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG sagte, skizziert noch heute die Eckpunkte der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Recht, sich ungehindert aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten: Die Informationsfreiheit ist Individualrecht. Zugleich weist sie Bezug auf zu den Staatsstrukturprinzipien. Die Informationsfreiheit ist eine junge Freiheit. Erst mit Inkrafttreten des Grundgesetzes erlangte sie Verfassungsrang.596 Sie ist Reaktion auf die Informationssperren der Nationalsozialisten, so auf das Verbot, ausländische Sender zu empfangen.597 Seitdem steht die Informationsfreiheit gleichrangig neben Meinungs- und Medienfreiheiten.598 Auch wirkt seitdem der Grundgedanke fort, der in den ersten Formulierungen des Parlamentarischen Rats zum Ausdruck kam, wonach „jede Beschränkung in der freien Unterrichtung und Meinungsbildung aus allgemein zugänglichen Quellen […] unstatthaft“ ist. Stärker ausgeprägt als zum Zeitpunkt ihrer Konstituierung ist die Ausrichtung der Informationsfreiheit auf den Öffentlichkeitsgrundsatz des Grundgesetzes. Neben Demokratie und Rechtsstaat ist sie dessen dritte tragende Säule. Daher ist nicht nur ihr Gewährleistungsgehalt [4. Teil, 5. Kap. B.], sondern ihre Einbettung in das System des demokratischen Rechtsstaats näher zu beleuchten [4. Teil, 5. Kap. A.], um darauf aufbauend Inhalt und Dogmatik in der Informationstechnologiegesellschaft zu bestimmen [4. Teil, 5. Kap. C. sowie 4. Teil, 5. Kap. D.]. 595

BVerfG, Beschl. v. 3.10.1969 – 1 BvR 46/45 – juris Rn. 28 – BVerfGE 27, 71. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1389. 597 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art.  5 Rn.  14; Degenhart, in: BK-GG, Art.  5 Abs.  1, 2 Rn. 273; Schemmer, in: BeckOK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 27; Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 222. 598 Zur Feststellung der Gleichrangigkeit von Informationsfreiheit und Meinungs- und Pressefreiheit BVerfG, Beschl. v. 3.10.1969 – 1 BvR 46/45 – LS 1 – BVerfGE 27, 71. Aus der Literatur Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 83; Wendt, in: Münch/Kunig, GG, Art. 5 Rn. 22. 596

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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A. Informationsfreiheit im System des Grundgesetzes Die Informationsfreiheit verstärkt und ergänzt das demokratisch-rechtsstaatliche Öffentlichkeitsgebot [4.  Teil, 5.  Kap. A. I.] aufgrund ihres dogmatischen Gehalts als Grundrecht [4. Teil, 5. Kap. A. II.]. I. Informationsfreiheit als Säule des Öffentlichkeitsgebots Demokratie und Rechtsstaat, aber auch die Republik gebieten die Öffentlichkeit des Staatshandelns. Der Gehalt ihrer Öffentlichkeitsgebote erschöpft sich dabei nicht in einer bloßen Summierung der Einzelgewährleistungen. Vielmehr verstärken sich die Öffentlichkeitsforderungen von Demokratie-, Rechtsstaats- und Re­ publikprinzip gegenseitig, so dass ihnen angesichts der Bedürfnisse in der Informationstechnologiegesellschaft nicht nur der theoretische Vorrang der Öffentlichkeit vor der Nicht-Öffentlichkeit des Staatshandelns entnommen werden kann. Der Gesamtschau lässt sich daneben der tatsächlich zu gewährleistende Grundsatzcharakter der Öffentlichkeit entnehmen. Als Prinzip erfasst das Öffentlichkeitsgebot des demokratischen Rechtsstaats sämtliches Staatshandeln. Der demokratische Rechtsstaat des Grundgesetzes bedarf der umfassenden Öffentlichkeit. Adressat des Öffentlichkeitsgebots des demokratischen Rechtsstaats ist die Allgemeinheit. Herzustellen ist die Öffentlichkeit zumindest in Form der öffentlichen Zugänglichmachung. Darüber hinaus ist die Ermöglichung der Weiterverwendbarkeit der Informationen rechtspolitisch wünschenswert. Dieser Bezug auf die Allgemeinheit kann als allgemeingültiges Prinzip des Öffentlichkeitsgebots angesehen werden, wie es den Staatsstrukturprinzipien zu entnehmen ist. Allen voran Demokratie und Republik sind objektiv auf das Volk ausgerichtet. Subjektive Ansprüche korrespondieren ihnen nicht. Der Öffentlichkeitsgrundsatz des Grundgesetzes erschöpft sich jedoch nicht im Öffentlichkeitsgebot des demokratischen Rechtsstaats. Daneben tritt die Informationsfreiheit als dritte Säule. II. Informationsfreiheit als subjektives Recht von konstitutioneller Bedeutung Um den Beitrag der Informationsfreiheit zur inhaltlichen wie formalen Konkretisierung des Öffentlichkeitsgrundsatzes zu verstehen, bedarf der dogmatische Gehalt der Informationsfreiheit als Grundrecht der näheren Betrachtung.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

1. Schutzzweck Der Schutzzweck der Informationsfreiheit hat zwei Dimensionen. Einerseits steht die Informationsfreiheit dem Einzelnen als individualnütziges Recht zur Seite. Information ist nicht nur Voraussetzung der Meinungs- und Willens­bildung, sondern zwingende Voraussetzung jeglicher selbstbestimmter Freiheitsausübung.599 Andererseits ist die Informationsfreiheit Voraussetzung der freiheitlichen Demokratie. Die Informationsfreiheit dient damit dem Einzelnen wie der Allgemeinheit.600 Dieser doppelte Schutzzweck darf nicht mit einer Funktionalisierung des Einzelnen zugunsten der Demokratie gleichgesetzt werden. Auch im Kontext der politischen Mitwirkungsfreiheiten sind die Grundrechte vorrangig personale Freiheit.601 Dies entspricht dem Selbstwert des Menschen, wie er in Art. 1 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommt. Die demokratisch-funktionale Interpretation der Grundrechte, auch der kommunikativen Freiheiten, ist abzulehnen.602 Vielmehr stehen individuelle und kollektive Dimension wechselbezüglich nebeneinander und verstärken sich in ihrem Gewährleistungsgehalt. 603 Der demokratische Bezug intensiviert die staatliche Gewährleistungspflicht dem Grunde nach.604 Umgekehrt erfahren die Grundrechte durch ihren Bezug zu den Staatsstrukturprinzipien „soziologische Breitenwirkung“605. 599 s. o., 4. Teil, 4. Kap. D. I. 1. Zur Freiheitsermöglichung durch Information auch Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 270 f.; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 114. Aus der Rechtsprechung instruktiv BVerfG, Beschl. v. 3.10.1969 – 1 BvR 46/45 – juris Rn. 28 – BVerfGE 27, 71. 600 BVerfG, Beschl. v. 3.10.1969 – 1 BvR 46/45 – juris Rn. 28 – BVerfGE 27, 71. Allgemein im Kontext der Gewährleistungen des Art. 5 Abs. 1 GG Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 162 Rn. 9. 601 Zur Kategorie der politischen Mitwirkungsrechte und ihrem Konnex zu den kommunikativen Freiheiten Stern, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 67. Allgemein Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 171. Konkret zum Spannungsfeld zwischen Informationsfreiheit und Demokratie Hett, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, S. 210 ff., 216. 602 Umfassend zur Grundrechtstheorie und der Ablehnung der demokratischen Funktiona­ lisierung s. o., 4. Teil, 1. Kap. B. II. 2. a). Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 13; Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 162 Rn. 34; Starck, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 41 Rn. 59. Zur Gegenüberstellung von individualrechtlich-liberaler und demokratiestaatlich-funktionaler Grundrechtsinterpretation als Ausprägung des Schutzzwecks der Grundrechte Degenhart, in: BK-GG, Art.  5 Abs. 1, 2 Rn. 47. 603 Zur Berücksichtigung auch des Bezugs zur Demokratie bei der Auslegung Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 8; Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 222. 604 Wenn auch zurückhaltend Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 14, der zwar anerkannt, dass durch den demokratischen Bezug über Art. 5 GG hinausgehende Anforderungen an den Staat gestellt werden, dass sich die Interpretation jedoch zugleich davor hüten muss, „aus dieser ganz selbstverständlichen Obliegenheit des Staates voreilige Schlüsse zugunsten einzelner Kommunikationsformen zu ziehen.“ 605 Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 13.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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2. Schutzwirkung Von der Unterscheidung zwischen individual- und öffentlichkeitsbezogenem Schutzzweck zu unterscheiden ist die Schutzwirkung bzw. die Schutzfunktion der Informationsfreiheit.606 Mit dem Primat der personalen Freiheit geht auf Ebene der Schutzwirkung der Vorrang der Grundrechte als subjektive Rechte einher.607 a) Subjektive Dimension Unter dem Grundgesetz wird der Interpretation der Grundrechte als Abwehrrechte der Vorrang innerhalb des Systems der subjektiven Gewährleistungen eingeräumt, obwohl die dogmengeschichtliche Begründung mit dem Gehalt der Weimarer Reichsverfassung teilweise kritisch bewertet wird.608 Neben die vorrangig abwehrrechtliche Dimension der Grundrechte, den status negativus, können Leistungs- und Teilhaberechte treten. Sie sind Ausdruck des status positivus. Ansprüche auf staatliches Tätigwerden lassen sich der Verfassung aber nur ausnahmsweise entnehmen. Schließlich können die Grundrechte im Einzelfall Be- und Mitwirkungsrechte begründen. Dieser so genannte status activus ermöglicht dem Einzelnen die aktive Teilnahme am demokratischen Gemeinwesen.609 b) Objektive Dimension Die Wirkung der Grundrechte erschöpft sich unter dem Grundgesetz nicht im Subjektiven. Den subjektiven Rechten entsprechen objektive Grundrechtsgehalte.610 In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt dies in der Anerkennung der Grundrechte als objektive Wertordnung zum Ausdruck.611 Die Grundrechte dienen nicht nur dem Schutz der Freiheit vor dem Staat, sondern 606

Zur Kategorie der Schutzwirkung Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 48. Von Schutzfunktion spricht Münch/Kunig, in: Münch/Kunig, GG, Vorb Art. 1–19 Rn. 21. 607 Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 3; Starck, in: von Mangoldt/Klein/ Stark, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 41; Fechner, in: Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar, Art. 5 Rn. 102; Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 162 Rn. 3. 608 Krebs, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 31 Rn. 31. Zum Vorrang des Verständnisses der Grundrechte als Abwehrrechte in der Rechtsprechung des BVerfG ebd., Rn. 42, unter Hinweis auf die Elfes-Entscheidung, BVerfG, Urt. v. 16.1.1957 – 1 BvR 253/56 – BVerfGE 6, 32. 609 Zur Systematisierung im Sinne der Jellinek’schen Statuslehre vgl. Stern, in: Isensee/ Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 56 ff.; Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 42 ff.; MüllerFranken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, Vorb. v. Art. 1 Rn. 10 ff. 610 Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 28. 611 Krebs, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 31 Rn. 46, 48 mit Verweis auf die Lüth-Rechtsprechung, BVerfG, Urt. v. 15.1.1958 – 1 BvR 400/51 – BVerfGE 7, 198.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

auch dem Schutz der Freiheit durch den Staat.612 Die Grundrechte in ihrer objektiv-rechtlichen Ausrichtung halten den Staat an, durch entsprechende Maßnahmen die reale Freiheit, d. h. die tatsächliche Ausübbarkeit der Grundrechte zu gewährleisten. Als älteste Form der objektiv-rechtlichen Grundrechtsdimension sind die Einrichtungsgarantien anzusehen.613 Die objektive Wertordnung strahlt zudem auf die Auslegung des gesamten Rechts aus. Aus ihr folgen Schutzpflichten und Vorgaben für die Ausgestaltung von Organisation und Verfahren.614 c) Vorrang der subjektiven Dimension Allgemein wie im Rahmen der Informationsfreiheit ergänzen sich subjektive und objektive Dimension.615 Hinsichtlich des Verhältnisses beider wird allgemein von einem Vorrang der personalen Freiheit ausgegangen. Die objektive Dimension dient der Verstärkung der Geltungskraft der Grundrechte, wie auch das Bundesverfassungsgericht in der Lüth-Rechtsprechung formulierte: Das Wertsystem müsse für alle Bereiche des Rechts gelten.616 Der Gehalt der Grundrechte ist dabei nicht grundsätzlich der gesetzgeberischen Wertung bedürftig. Jedoch bedarf er des staatlichen Schutzes. Dieser Schutz wird durch die objektive Dimension der Grundrechte sichergestellt. Dies gilt für sämtliche Freiheitsrechte.617 Für die Informationsfreiheit ist die objektive Dimension angesichts des starken Bezugs zu den Staatsstrukturprinzipien von besonderer Bedeutung.618 612 Vgl. auch Krebs, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 31 Rn. 56. Speziell im Kontext der Informationsfreiheit Scherzberg, in: Fluck/ Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A I  – Verfassungsrechtliche Grundlagen Rn.  98; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 341. 613 Stern, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 72 ff. 614 Die Systematisierung folgt Stern, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IX, § 185 Rn.  82 ff. (Rn. 83 ff. zur Ausstrahlungswirkung, Rn. 86 ff. zu den Schutzpflichten, Rn. 94 ff. zu den Vorgaben für Organisation und Verfahren). Ebenso Münch/Kunig, in: Münch/Kunig, GG, Vorb Art. 1–19 Rn. 23 ff.; Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 32 ff. Ausführlich zu Herleitung und Inhalt von Schutzpflichten Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S. 129, 131 ff. 615 So allgemein zu Art. 5 Abs. 1 GG Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 5 ff.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1381. 616 BVerfG, Urt. v. 15.1.1958 – 1 BvR 400/51 – juris Rn. 26 – BVerfGE 7, 198. Aus der Literatur Hillgruber, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 200 Rn. 13; Stern, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 53; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 175. Speziell zum Vorrang des subjektiven Freiheitsrechts Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 162 Rn. 10. 617 Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 112 ff. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 956, 972, speziell im Kontext von Organisation und Verfahren. 618 Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 112. Ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die objektive Dimension spricht Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  VII, § 162 Rn.  34 von einer „Verstärkung“ der subjektiven Dimension durch die „demokratiegerichtete[n] Funktionen“. Für die Rundfunkfreiheit nimmt dies – im Rahmen einer institutionellen Gewährleistung – das BVerfG an, vgl. nur BVerfG, Urt. v. 16.6.1981 – 1 BvL 89/78 – juris Rn. 86 – BVerfGE 57, 295.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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Gerade der objektive Gehalt der Grundrechte ist teils wenig konkret. Kehrseite der Abstraktkeit ist die Offenheit der objektiven Grundrechtsdimension für einen etwaigen Wandel der Verfassungswirklichkeit. Die dynamische Interpretation der Grundrechte kommt dort verstärkt zum Tragen. Dementsprechend werden die Grundrechte zum Einfallstor der Entwicklung des Realbereichs in das Verfassungsrecht.619 Die Grundrechte sind in besonderem Maße der Ort, die abstrakten Maßstäbe des Grundgesetzes anhand konkreter Herausforderungen und Gefährdungslagen zu konkretisieren. Der Entwicklung des Realbereichs ist dabei stets aufs Neue Rechnung zu tragen.620

B. Informationsfreiheit als Schutz der Unterrichtung Die Informationsfreiheit schützt das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Der Schutzbereich ist angesichts der Schrankenregelung des Art. 5 Abs. 2 GG weit auszulegen und als entwicklungsoffen zu verstehen.621 Als Quellen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG sind alle Träger von Informationen anzusehen. Auf das Trägermedium kommt es nicht an. So fallen konventionell verkörperte Texte und Bilder und Inhalte im Internet ebenso darunter wie das Ereignis selbst, das nicht auf einem Trägermedium festgehalten ist. Denn auch das Ereignis ist Informationsquelle.622 Die Werthaltigkeit des Informationsinhalts, insbesondere dessen Ausrichtung auf die demokratische Meinungsund Willensbildung, ist für den grundrechtlichen Schutz ohne Bedeutung.623 Der Vorgang des Unterrichtens umfasst das passive Entgegennehmen wie das aktive Beschaffen von Informationen. Daneben werden die Speicherung und Aufbereitung der Informationen inklusive der Nutzung der hierzu erforderlichen tech 619 Allgemein zur Dynamik der Grundrechtsinterpretation Kloepfer, in: Appel/Hermes/ Schönberger, Öffentliches Recht im offenen Staat, S. 339, 342 f. Die bewahrende Interpretation tritt demgegenüber meist zurück. Ähnlich, mit Verweis auf die bestandsschützende Wirkung der Einrichtungsgarantien Friauf, NJW 1986, 2595, 2599. 620 Hillgruber, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 200 Rn. 59. Ebd., Rn. 57, zur Abgrenzung vom abzulehnenden Grundrechtswandel. Ebenso Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1385 f. 621 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1404 für den Begriff der Informationsquellen. Ebenso Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 87; Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 276. 622 Zur Bestimmung der Quelle Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 87; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art.  5 Rn.  15; Fechner, in: Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar, Art. 5 Rn. 103; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 42 f.; Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 277; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1403 f. 623 Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 86; Fechner, in: Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar, Art. 5 Rn. 105; Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 278.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

nischen Einrichtungen geschützt.624 Dem vorgelagert ist die Informationsauswahl. Auch sie ist in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG einbezogen. Die Informationsfreiheit erfasst schließlich nicht nur den Augenblick des Unterrichtens, sondern auch den Zustand des Informiertseins. Wenn es auf die exakte Erfassung der Information ankommt, etwa auf den genauen Wortlaut oder exakte Zahlenwerte, oder bei umfassenden Informationsbegehren, ist die Möglichkeit des Speicherns der Information erforderlich. Erst so kann die Informationsfreiheit ihrem Charakter als Voraussetzung weiterer Grundrechtsausübung sowie ihrem Bezug zum demokratischen Rechtsstaat gerecht werden.625 Nicht erst das Verbot des sich Unterrichtens, sondern schon rechtliche wie tatsächliche Behinderungen sind als rechtfertigungsbedürftige Eingriffe in das Recht, sich ungehindert zu unterrichten, anzusehen. Zu ihnen zählen Beschränkungen bei der Wahl der Informationsquelle oder Erlaubnisvorbehalte, aber auch unzumutbare zeitliche Verzögerungen, abschreckende Pflichten wie etwa eine Registrierung oder die Androhung von Sanktionen.626 Staatliche Behinderungen jeglicher Form, insbesondere des Unterrichtens aus privaten Informationsquellen, sollen dem Telos des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG entsprechend unterbunden werden.627 Der Gewährleistungsgehalt der Informationsfreiheit ist dementsprechend weit zu fassen. Seine genaue Reichweite hängt jedoch von der Bestimmung der Allgemeinzugänglichkeit ab.

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Zum geschützten Verhalten Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 95; Wendt, in: Münch/Kunig, GG, Art. 5 Rn. 26; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 5 Rn. 17; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art.  5 Abs.  1, 2 Rn.  56; Fechner, in: Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar, Art. 5 Rn. 111 f.; Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 302; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1413. 625 Zur Speicherung der Information umfassend Wendt, in: Münch/Kunig, GG, Art. 5 Rn. 26; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art.  5 Abs.  1, 2 Rn.  51; Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 302; Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 108. 626 Wendt, in: Münch/Kunig, GG, Art. 5 Rn. 27; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 5 Rn. 19; Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 99; Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 307 f.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1413. Herzog (Rn. 98) stellt allerdings darauf ab, ob der Eingriff im Einzelfall geeignet ist, „den konkreten Informationsvorgang unmöglich zu machen oder doch wesentlich zu erschweren.“ Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es für das Vorliegen eines Eingriffs nicht auf dessen Schwere ankommt. Diese ist erst im Rahmen der Rechtfertigung relevant. In das Recht, sich ungehindert zu unterrichten, wird vielmehr bereits dann eingegriffen, wenn der Vorgang behindert wird, gleich in welcher Form. 627 Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 52; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1413.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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I. Bestimmung der Allgemeinzugänglichkeit Die Forderung nach Allgemeinzugänglichkeit der Informationsquelle wird überwiegend in Erinnerung an den Ursprung der verfassungsrechtlichen Normierung der Informationsfreiheit ausgelegt. Als Schutz vor staatlichen Eingriffen in den Vorgang des Unterrichtens aus privaten Informationsquellen, allen voran aus den Massenmedien, wird maßgeblich auf die tatsächliche Zugänglichkeit für einen unbestimmten, nicht individuell abgrenzbaren Personenkreis abgestellt. Teilöffentlichkeiten genügen.628 Die Alternative, die normative Bestimmung, wird überwiegend abgelehnt. Sie deformiert die Informationsfreiheit zu einem Grundrecht nach Maßgabe des einfachen Gesetzes. Dies steht in Widerspruch zur Grundrechtsbindung aller Gewalten, Art.  1 Abs.  3 GG.629 Zudem verschwimmt die Abgrenzung zwischen ohne Weiteres zulässiger Ausgestaltung durch den einfachen Gesetzgeber und den Schranken der Informationsfreiheit gemäß Art.  5 Abs.  2 GG.630 Dogmatisch sind die Unterschiede zwischen Grundrechtsausgestaltung und Grundrechtsbeschränkung jedoch beachtlich. Während Beschränkungen als Verkürzung des grundrechtlichen Schutzbereichs am Grundgesetz zu messen sind, wird die Ausgestaltung des Grundrechts als normative Definition des Schutzbereichs nicht unmittelbar an den Vorgaben der Verfassung gemessen.631 Dem ausgestaltenden Gesetzgeber werden weitergehende Gestaltungsspielräume eingeräumt als dem grundrechtsbeschränkenden.632 Gegen die normative Bestimmung der Allgemeinzugänglichkeit spricht schließlich, dass die Annahme eines allgemeinen Ausgestaltungsvorbehalts der historischen Zielsetzung nicht gerecht würde, wonach Art.  5 Abs.  1 Satz  1 HS  2 GG Schutz vor staatlichen Eingriffen aus tatsächlich allgemein zugänglichen Quellen gewähren soll. Doch derart klar, wie die überwiegende Ansicht suggeriert, lassen sich tatsächliche und normative Bestimmung der Allgemeinzugänglichkeit nicht trennen. Dass die tatsächliche Betrachtung auf einer normativen beruhen kann, wenn auch nicht einer einfachgesetzlich determinierten, sondern einer vom Grundgesetz geprägten, zeigt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

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Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 61. Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 152 zur Gerichtsöffentlichkeit. 630 Zur Ablehnung der normativen Bestimmung der Allgemeinzugänglichkeit Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 89; Scherzberg, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A I – Verfassungsrechtliche Grundlagen Rn. 92 f. 631 Instruktiv Degenhart, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 61 Rn. 12, 13. 632 Degenhart, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 61 Rn. 16. Gegen die grundlegende Differenzierung zwischen Ausgestaltung und Eingriff Hillgruber, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 200 Rn. 65, 69 ff. 629

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

1. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht nimmt eine tatsächliche Betrachtung zum Ausgangspunkt der Bestimmung der Allgemeinzugänglichkeit. Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle demnach dann, wenn sie „technisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, d. h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen.“633 Klarstellend fügt das Bundesverfassungsgericht für den Fall der Verfügungsbefugnis Privater hinzu, dass die Allgemeinzugänglichkeit ihren „Charakter nicht durch rechtliche, gegen die Verbreitung gerichtete Maßnahmen“634 verliert, sofern die Maßnahmen dem Willen des Bestimmungsberechtigten widersprechen. Entscheidend sind die „tatsächlichen Gegebenheiten“.635 In späteren Entscheidungen rückt das Bundesverfassungsgericht die Modalitäten in den Mittelpunkt, die über die Allgemeinzugänglichkeit bestimmen, namentlich die Verfügungsbefugnis bzw. synonym das Bestimmungsrecht. An hervorgehobener Stelle, dem Leitsatz 1 der n-tv-Entscheidung, betont es: „Über die Zugänglichkeit einer Informationsquelle und die Modalitäten des Zugangs entscheidet, wer über ein entsprechendes Bestimmungsrecht verfügt.“636 Das Bestimmungsrecht richtet sich dabei dem Bundesverfassungsgericht zufolge nach den allgemeinen Vorschriften, für Privatpersonen also nach dem bürgerlichen Recht, für den Staat vorrangig nach dem öffentlichen Recht.637 Die Ausübung des Bestimmungsrechts stellt keinen Eingriff dar. Sie gestaltet die Informationsfreiheit lediglich normativ aus. Erst nach Eröffnung des Zugangs ist der Schutzbereich der Informationsfreiheit betroffen.638 Nicht allgemein zugänglich sind damit zum einen Informationen, die an einen individuellen Adressaten oder Adressatenkreis gerichtet sind, beispielsweise Postsendungen. Es fehlt bereits an der tatsächlichen Eignung, für einen unbestimmten Personenkreis zugänglich zu sein.639 Zum anderen handelt es sich trotz tatsäch­licher Eignung nicht um allgemein zugängliche Quellen, wenn der Bestimmungsberech 633

BVerfG, Beschl. v. 3.10.1969 – 1 BvR 46/45 – juris Rn. 35 – BVerfGE 27, 71. BVerfG, Beschl. v. 3.10.1969 – 1 BvR 46/45 – LS 2 – BVerfGE 27, 71. 635 BVerfG, Beschl. v. 9.2.1994 – 1 BvR 1687/92 – juris Rn. 13 – BVerfGE 90, 27. 636 BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 – LS 1, juris Rn. 57 – BVerfGE 103, 44. Aus der Literatur Lerche, AfP-Sonderheft 2007, 52, 54. 637 BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 – juris Rn. 57 – BVerfGE 103, 44. Hierzu Lerche, AfP-Sonderheft 2007, 52, 54; Weber, RDV 2005, 243, 245; Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 104. 638 BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 – juris Rn. 56 – BVerfGE 103, 44. Aus der Literatur Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1405; Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 225. 639 Zu individuell zugänglichen Informationen Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 49 f.; Fechner, in: Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar, Art. 5 Rn. 109; Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 284; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1406. 634

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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tigte von seinem Recht dahingehend Gebrauch macht, dass er die Zugänglichkeit für einen unbestimmten Personenkreis ausschließt. Zu denken ist an Informationen oder Akten, die nur für den internen Gebrauch bestimmt sind, etwa behördliche Akten oder sonstige Dokumente in der Verfügungsgewalt öffentlicher Stellen.640 Zugunsten der Allgemeinzugänglichkeit entschied die Staatsgewalt mit Erlass der Informationsfreiheitsgesetze.641 Die von den Informationsfreiheitsgesetzen erfassten Informationen unterfallen der Konzeption des Bundesverfassungsgerichts zufolge dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG. Jenseits dessen kann sich der Einzelne grundsätzlich nicht auf die Informationsfreiheit berufen, um die Veröffentlichung staatlicher Informationen zu erlangen. Denn der Staat wird grundsätzlich als nicht zur Eröffnung einer Informationsquelle verpflichtet angesehen. Selbst eine nachträgliche Beschränkung der Allgemeinzugänglichkeit ist bei Bejahung eines umfassenden staatlichen Bestimmungs- und Ausgestaltungsrechts möglich.642 Nur ausnahmsweise sieht das Bundesverfassungsgericht den Staat als verpflichtet an, den Zugang zu einer staatlichen Informationsquelle zu eröffnen. Dies ist der Fall, wenn die Ausübung des Bestimmungsrechts zugunsten der Öffnung verfassungsrechtlich determiniert ist.643 Der Einzelne kann sich ausnahmsweise auf ein subjektiv-öffentliches Recht stützen.644 2. Kritik Die Literatur ist der Konzeption des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich gefolgt. Denn nicht nur die Notwendigkeit der Bestimmung der Allgemeinzugänglichkeit nach objektiven, tatsächlichen Gegebenheiten wird hervorgehoben.645 640 Wendt, in: Münch/Kunig, GG, Art. 5 Rn. 25; Kannengießer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, Art. 5 Rn. 9; Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 224. 641 Die Informationsfreiheitsgesetze werden nach überwiegender Literaturansicht als Eröffnung des Schutzbereichs der Informationsfreiheit angesehen. Aufgrund ihrer primär demokratisch-rechtsstaatlichen Zielsetzung sollen sie jedoch keine Konkretisierung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG sein, vgl. Bethge, in: Sachs, GG, Art. 5 Rn. 60; wohl ebenso Fechner, in: Stern/ Becker, Grundrechte-Kommentar, Art. 5 Rn. 114; Schemmer, in: BeckOK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn.  33. Diese Ansicht übersieht jedoch die Notwendigkeit, demokratisch-rechtsstaatliche Aspekte bei der Auslegung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG zu berücksichtigen. 642 Hierzu, wenn auch mit abweichender Meinung Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 147. 643 BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 – juris Rn. 59 – BVerfGE 103, 44. 644 BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 – juris Rn. 56, 59 – BVerfGE 103, 44. 645 Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art.  5 Abs.  1, 2 Rn.  90; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art.  5 Rn.  16; Wendt, in: Münch/Kunig, GG, Art.  5 Rn.  23; Bethge, in: Sachs, GG, Art.  5 Rn. 56; Fechner, in: Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar, Art. 5 Rn. 106 f.; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art.  5 Abs.  1, 2 Rn.  45; Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 162 Rn. 37 f. Ebenso wohl Weber, RDV 2005, 243, 245.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Auch das staatliche Bestimmungsrecht über die Allgemeinzugänglichkeit wird anerkannt. Dieses sei verfassungsrechtlich gebunden.646 Die Anerkennung eines staatlichen Bestimmungsrechts überzeugt nicht. Das Ziel der Abwehrrechte, die Staatsgewalt zu disziplinieren, kann damit nicht erreicht werden. Der konstituierenden Bedeutung von Informationen wird nicht Rechnung getragen. Die Gewährleistung von Informationszugang ist in weiten Teilen willkürlich. Hinzu kommt, dass sich die Grenzen zwischen rechtfertigungsbedürftiger Schranke und weitgehend ungebundener Ausgestaltung nicht klar bestimmen lassen. Eine umfassende Ausgestaltungsbefugnis steht zudem in Widerspruch zur Schrankenregelung des Art.  5 Abs.  2 GG. Denn die Existenz eines Schrankenvorbehalts fordert eine weite Definition des Schutzbereichs.647 Die Inkonsistenz der Abgrenzung zwischen Ausgestaltung und Eingriff wird zudem daran ersichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht die Ausübung des Bestimmungsrechts über die der eigenen Verfügungsbefugnis unterliegenden Informationen grundsätzlich nicht als grundrechtsrelevant erachtet. Die Ausübung dieses Rechts sei keine Beschränkung im Sinne von Art.  5 Abs.  2 GG.648 Dennoch räumt es dem Einzelnen im Ausnahmefall einen verfassungsunmittelbaren Zugangsanspruch ein, auch wenn das Bestimmungsrecht nicht zugunsten der Allgemeinzugänglichkeit ausgeübt wurde. Die Ausübung des Bestimmungsrechts grundsätzlich nicht als Eingriff anzusehen, ausnahmsweise aber einen Anspruch zu bejahen, überzeugt nicht. Faktisch führt eine derartige Konstruktion dazu, dass der Einzelne objektives Verfassungsrecht rügen kann, ohne dass in seine subjektiven Rechte eingegriffen wird. Die „‚Scharnierfunktion‘ des Grundrechtseingriffs“ wird missachtet.649 Gründe für die subjektive Geltendmachung objektiven Rechts, namentlich von demokratischrechtsstaatlichen Erwägungen, werden nicht vorgetragen.650 Es ist nicht ersichtlich, weshalb objektives Verfassungsrecht jenseits der Eröffnung des Schutzbereichs und damit erst recht jenseits eines Eingriffs in subjektive Rechte geltend gemacht werden können soll. 651 Schon dies reicht über die Elfes-Dogmatik des Bundesverfassungsgerichts hinaus, wonach der Einzelne die Verletzung formellen Rechts

646 Bethge, in: Sachs, GG, Art. 5 Rn. 57; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 45; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 153; Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 104 f. Eine Bindung an das einfache Gesetz ist hingegen abzulehnen, vgl. auch Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 89. 647 Zur Kritik an der normativen Bestimmung bereits oben, 4.  Teil, 5.  Kap. B. I. Speziell zum Verbot schrankenorientierter Reduzierung des Gewährleistungsbereichs Hillgruber, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 200 Rn. 21; Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 149. 648 BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 – juris Rn. 57 – BVerfGE 103, 44. 649 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 153. 650 Gersdorf, AfP 2001, 29, 29. Ebd. zum Fehlen der Verhältnismäßigkeitsprüfung. 651 Hain, DÖV 2001, 589, 592.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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rügen kann, sofern er dadurch in eigenen Rechten verletzt wird.652 Denn das Bundesverfassungsgericht stellt im Rahmen der Informationsfreiheit nicht einmal eine Verbindung zur objektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte her.653 Eine derartige Konstruktion ist nicht erforderlich. Vielmehr kann die Ausübung des Bestimmungsrechts grundsätzlich als Eingriff angesehen werden, der im Falle der Übereinstimmung der Bestimmung mit den Vorgaben der Verfassung gerechtfertigt ist.654 Oder die Allgemeinzugänglichkeit wird als ausgestaltungsbedürftiger Verfassungsbegriff eingeordnet, der ebenfalls den Wertungen gerecht zu werden hat, die das Grundgesetz errichtet. Das Bundesverfassungsgericht geht nur den ersten Schritt auf diesem Weg. Die Determinierung der Allgemeinzugänglichkeit durch das Verfassungsrecht wird anerkannt, nicht jedoch die Grundrechtsrelevanz dieser Beschränkung bzw. Ausgestaltung der Informationsfreiheit.655 Damit setzt sich das Bundesverfassungsgericht in unerklärlichen Widerspruch zu seiner eigenen Dogmatik. II. Allgemeinzugänglichkeit als Verfassungsbegriff Nach dem Gesagten ist der Begriff der Allgemeinzugänglichkeit des Art.  5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG weder objektiv zu bestimmende Gegebenheit noch Ergebnis einer freien Ausgestaltungsentscheidung der verfügungsberechtigten Stelle, sei es im Einzelfall, sei es auf einfachgesetzlicher Grundlage. Beide Konzeptionen gewährleisten keinen hinreichenden Schutz vor staatlichen Beschränkungen des Informationszugangs. Sie werden den Erfordernissen in der Informationstechnologiegesellschaft nicht gerecht, obwohl der freie Informationszugang als Wert anzusehen ist. Zudem können sie dogmatisch nicht überzeugen. Vielmehr ist der Weg, den das Bundesverfassungsgericht eingeschlagen hat, konsequent zu Ende zu gehen. Er führt dazu, die Allgemeinzugänglichkeit der Informationsfreiheit als Verfassungsbegriff anzusehen, der in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Grundgesetzes zu bestimmen ist.656 Werden diese Vorgaben nicht gewahrt, greift das staatliche Handeln in die Informationsfreiheit ein. 652

BVerfG, Urt. v. 16.1.1957 – 1 BvR 253/56 – LS 3 – BVerfGE 6, 32. Kritisch auch Pfeifle, ZG 2010, 283, 300; Krausnick, ZUM 2001, 230, 231. 654 Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 154. Ebd. zur Folge, dass damit die tatbestandliche Begrenzbarkeit der Informationsfreiheit für staatliche Informationsquellen gegenstandslos würde. 655 Hillgruber, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 200 Rn. 65 zur Rechtfertigungsbedürftigkeit auch der Grundrechtsausgestaltung. 656 Scherzberg, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A I  – Verfassungsrechtliche Grundlagen Rn. 94; Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 200. Ähnlich Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 230 f., der das Verständnis der Informationsfreiheit vom Gewicht abhängig macht, das dem Öffentlichkeitsgrundsatz des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip beigemessen wird. Im Ergebnis ebenso Nolte, DÖV 1999, 363, 369. 653

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

1. Inhalt der Allgemeinzugänglichkeit Die Einordnung der Informationsfreiheit als Verfassungsbegriff schließt den Kreis zur allgemeinen Verfügungsbefugnis des Staats über Informationen und zur staatlichen Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Hand:657 Die Verfügungsbefugnis ist Annex zur Aufgabenwahrnehmung. Die Aufgabenwahrnehmung durch staatliche Stellen ist verfassungsrechtlich determiniert. Gleiches hat demnach für den Annex der Verfügungsbefugnis zu gelten. Ihre Reichweite ist durch die staatliche Pflichtenstellung geprägt, nicht durch die Einräumung eigentumsähnlicher Verfügungsgewalt wie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.658 Ist die Verfügungsbefugnis allgemein Rechtsbegriff, ist es nur konsequent, die Allgemeinzugänglichkeit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG als Verfassungsbegriff anzusehen. Die Verfügungsbefugnis des Staats ist an die Vorgaben der Verfassung gebunden, vor allem an Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip, aber auch an die Wertungen der Informationsfreiheit. Schon auf Grundlage des aus Demokratie und Rechtsstaat fließenden Öffentlichkeitsgebots folgt, dass staatliche Informationsquellen grundsätzlich allgemein zugänglich sind.659 Demgegenüber ist die freie Verfügungsbefugnis Privater auf Grundlage der Einordnung der Verfügungsbefugnis als Verfassungsbegriff Ausfluss der freien Selbstbestimmung, die den Grundrechten immanent ist.660 Private sind grundrechtsberechtigt, nicht wie der Staat grundrechtsverpflichtet. 2. Begründung Anders als die Annahme eines freien Bestimmungsrechts, das keinen Eingriff im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG darstellt, dessen Ausübung aber ausnahmsweise grundrechtliche Ansprüche nach sich ziehen kann, ist die Konstruktion der Allgemeinzugänglichkeit als Verfassungsbegriff dogmatisch konsequent. Die Einordnung der Allgemeinzugänglichkeit als Verfassungsbegriff stellt den Gleichlauf zwischen privater und staatlicher Verfügungsbefugnis sicher. Die Verfügungsbefugnis ist in Übereinstimmung mit geltendem Recht auszuüben – sei es in Übereinstimmung mit den Grundrechten als Ausdruck privater Freiheit auf Seiten der Grundrechtsberechtigten, sei es mit den Vorgaben objektiven Verfassungs 657

Zu Verfügungsgewalt und Verfügungsbefugnis s. o., 3. Teil, 2. Kap. C. II. 4. Zur eigentumsähnlichen Konstruktion der Rechtsprechung des BVerfG Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 224 ff. Kritisch, wenn auch im Kontext der Weiterverwendbarkeit der Information Schoch, NVwZ 2006, 872, 874. 659 Scherzberg, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A I  – Verfassungsrechtliche Grundlagen Rn. 94; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1405; Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 297. 660 Scherzberg, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A I  – Verfassungsrechtliche Grundlagen Rn. 95. 658

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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rechts und der objektiven Gewährleistungsdimension der Grundrechte auf Seiten des grundrechtsverpflichteten Staats. Wertungswidersprüche innerhalb des Grundgesetzes werden durch die Charakterisierung als Verfassungsbegriff verhindert.661 Fordern Demokratie und Rechtsstaat die grundsätzliche Öffentlichkeit des staatlichen Handelns, wenn auch nur auf Ebene der objektiven Pflicht, und sichert die Informationsfreiheit dem Einzelnen das Recht zu, sich ungehindert aus allgemein zugänglichen Quellen unterrichten zu können, würde die Annahme eines freien Bestimmungsrechts des Staats über die Allgemeinzugänglichkeit einer Gesamtschau der Verfassung widersprechen. Dem Grundgesetz würden unterschiedliche Wertungen zugrunde gelegt. Der systematische Zusammenhang zwischen Informationsfreiheit und Staatsstrukturprinzipien bliebe unberücksichtigt.662 Mit dem Grundsatz der Einheit des Grundgesetzes als Ergebnis systematischer Auslegung wäre dies unvereinbar.663 Dies gilt umso mehr angesichts der kollektiven Ausrichtung der Informationsfreiheit. Die Informa­tionsfreiheit ist nicht nur individualnützige Garantie, sondern spezifisch auf den demokratischen Rechtsstaat bezogen. Dies ist bei der Bestimmung des Gewährleistungsbereichs zu berücksichtigen. III. Zusammenfassung und Schlussfolgerung Die allgemeine Zugänglichkeit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG ist Verfassungsbegriff.664 Eine normative Bestimmung nach Maßgabe des (einfachen) Rechts, mit der eine umfassende, beinahe unbeschränkte staatliche Ausgestaltungsbefugnis korrespondiert, ist ebenso abzulehnen wie die ausschließliche Orien­tierung an den tatsächlichen Gegebenheiten. Denn diese kann normativ überformt werden, sofern man mit dem Bundesverfassungsgericht davon ausgeht, dass die Ausübung des Bestimmungsrechts grundsätzlich nicht als Eingriff im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG anzusehen ist. Während für Private eine umfassende Verfügungsbefugnis auf Grundlage grundrechtlicher Freiheit angenommen werden kann, ist der Staat an die Vorgaben der 661 Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 451 zur Einheit der Rechtsordnung, verstanden als Werteinheit. Zur Einheit der Verfassung Ehmke, in: VVDStRL, Bd. 20 (1963), S. 53, 77, 102, jedoch unter ausdrücklicher Ablehnung einer werthierarchischen Geschlossenheit. Im Kontext der Informationsfreiheit auf die Einheit der Verfassung abstellend Scherzberg, in: Fluck/ Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A I – Verfassungsrechtliche Grundlagen Rn. 94. 662 Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 451 f. 663 Allgemein Sachs, in: Sachs, GG, Einführung Rn.  50; vgl. auch Scherzberg, ThürVBl. 2003, 193, 200. 664 Allgemein zur Ablehnung einer qualitativ ausgerichteten Grundrechtsausgestaltung durch den Staat Hillgruber, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 200 Rn. 35. Zum Fehlen eines überkommenen Grundverständnisses der Rechtsgemeinschaft von der Allgemeinzugänglichkeit Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 226.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Verfassung gebunden, konkret an die Wertungen des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips sowie der Republik. Sie fordern grundsätzlich umfassende Öffentlichkeit staatlichen Handelns.665 Die Nicht-Öffentlichkeit ist als Ausnahme anzusehen, die der Rechtfertigung bedarf.666 Sie kann auf entgegenstehende Rechte und berechtigte Interessen privater wie öffentlicher Natur gestützt werden.667 Die Bestimmung der Allgemeinzugänglichkeit als Verfassungsbegriff wird den Funktionen der Informationsfreiheit gerecht. Sie trägt der Ausrichtung auf Demokratie und Rechtsstaat Rechnung. In individualbezogener Hinsicht stellt sie sicher, dass der Vorgang des Unterrichtens staatlicherseits nicht behindert wird. Dieses Ziel kann nicht schon dadurch erreicht werden, dass Eingriffe in die Unterrichtung aus privaten Informationsquellen unterbunden werden. Angesichts des weitreichenden staatlichen Informationsmonopols muss der Schutz der Informationsfreiheit dort ansetzen, wo Öffentlichkeit von Verfassungs wegen geboten, tatsächlich aber nicht hergestellt wird. Staatliche Informationen sind demnach allgemein zugänglich i. S. v. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG.

C. Schutzwirkungen in der Informationstechnologiegesellschaft Betrachtet man Informationsquellen, die der Verfügungsgewalt des Staats unterliegen, als allgemein zugänglich, gewinnt die Bestimmung der Schutzwirkungen der Informationsfreiheit an Bedeutung. In ihrer liberal-abwehrrechtlichen Funktion schützt die Informationsfreiheit vor Eingriffen des Staats in den Vorgang des ungehinderten Unterrichtens.668 Sie sichert den Freiheitsraum des Individuums und begrenzt den Handlungsspielraum des Staats.669 Die Eingriffsschwelle ist gering, 665 Zum Inhalt des Öffentlichkeitsgrundsatzes des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips s. o., 4. Teil, 5. Kap. A. I. 666 Zur Abgrenzung von Ausgestaltung und Beschränkung der Grundrechte statt aller Lerche, AfP-Sonderheft 2007, 52, 53 im (verallgemeinerungsfähigen) Kontext der Rundfunkfreiheit: „Das BVerfG zieht die Grenzlinie dahin, ob es sich um Normen handelt, die die Rundfunkfreiheit sichern (dann Ausgestaltung), oder ob sie dem Schutz anderer Rechtsgüter gelten, die von Rundfunksendungen gefährdet werden können (dann Einschränkung).“ Ähnlich Degenhart, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 61 Rn. 3, 9. 667 So auch Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S.  230. Zu den spezifischen Schranken von Open Data Heckmann, in: Slapio/Habbel/Huber, Wertschöpfung für die Wirtschaft, S.  32, 34 ff. Übersicht über entgegenstehende berechtigte Interessen im Rahmen der Informationsfreiheitsgesetze bei BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 144 f. 668 Wendt, in: Münch/Kunig, GG, Art. 5 Rn. 28; Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 58; Schemmer, in: BeckOK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 32; Scherzberg, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A I  – Verfassungsrechtliche Grundlagen Rn.  96; Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 306. Allgemein zum Vorrang der abwehrrechtlichen Dimension auch Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, Vorb. v. Art. 1 Rn. 12. 669 Allgemein Stern, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 57; Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 64.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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da Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG die ungehinderte Unterrichtung gewährleistet. Die Schutzwirkung der Informationsfreiheit ist jedoch nicht hierauf beschränkt. Ausgangspunkt der Bestimmung des darüber hinausgehenden Schutzes ist die objektiv-rechtliche Dimension der Informationsfreiheit [4. Teil, 5. Kap. C. I.].670 Ob der objektiven Dimension subjektive Rechte korrespondieren, ist im Einzelfall festzustellen [4. Teil, 5. Kap. C. II.]. I. Objektiv-rechtlicher Gewährleistungsgehalt Den Grundrechten ist ein objektiver Gehalt immanent. Sie bilden eine objektive Wertordnung.671 Der objektiv-rechtliche Gewährleistungsgehalt der Grundrechte ist angesichts seiner Weite und Unbestimmtheit in besonderem Maße Ort zur Berücksichtigung der Fortentwicklung des Realbereichs. 1. Anerkennung organisatorischer Anforderungen a) Objektiv-rechtliche Dimension als Verstärkung des subjektiven Gehalts Die objektiv-rechtliche Dimension als Ausfluss der grundgesetzlichen Wertordnung verstärkt die Geltungskraft der Grundrechte als subjektive Rechte.672 Sie trägt dazu bei, dass die Grundrechte nicht nur rechtliche Freiheit gewährleisten, sondern reale Freiheit. Um diesem Telos entsprechend real wirksam werden zu können, sind die Grundrechte vielfach auf gesetzliche Regelungen angewiesen, so auf Regelungen zur materiellen Ausgestaltung und Konkretisierung sowie zur organisations- und verfahrensmäßigen Absicherung.673 In materieller Hinsicht können einfachgesetzliche Regelungen den Geltungsbereich der Grundrechte verdeutlichen und konkretisieren, sie können die Grundrechtsausübung koordinieren

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Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 28; Scherzberg, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A I – Verfassungsrechtliche Grundlagen Rn. 96. Zur Herleitung der objektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte aus der Wertordnung Stern, in: Isensee/Kirchhof HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 72. 671 Allgemein zur objektiven Dimension der Grundrechte s. o., 4. Teil, 5. Kap. A. II. 2. 672 Statt aller Stern, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 53; Degenhart, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd.  III, § 61 Rn.  6; Jarass, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 38 Rn. 7. 673 Kriele, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 188 Rn. 79. Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 190 Rn. 163 ff. zur Ausgestaltung, Rn. 176 f. zu Organisation und Verfahren. Ähnliche Systematisierung bei Denninger, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 193 Rn. 26 ff. Zur Ausgestaltung als Grundrechtsvoraussetzungsschutz Starck, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 281 [Aussprache].

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

sowie Grundlage subjektiver Schutz- und Leistungsansprüche sein.674 Zusammenfassend lässt sich formulieren, dass die Grundrechte vielfach auf staatliches Tätigwerden, gerichtet auf die Schaffung einer positiven Ordnung, angewiesen sind, um ihre Wirksamkeit zu entfalten.675 In diesem Fall erstreckt sich der grundrechtliche Schutz auf das staatliche Tätigwerden.676 Im Falle der Informationsfreiheit wird dieses Bedürfnis durch ihre konstituierende Bedeutung im demokratischen Rechtsstaat verstärkt.677 Hinzu kommt die real wahrzunehmende Informationsabhängigkeit des Individuums in der Informa­tionstechnologiegesellschaft. Sie sind Maßstab der Gewährleistung realer Freiheit.678 Angesichts der Notwendigkeit der Herstellung von Öffentlichkeit für den Einzelnen wie für die Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaats liegt die Annahme einer objektiven Gewährleistungspflicht des Staats aus Art.  5 Abs.  1 Satz  1 HS  2 GG dahingehend nahe, dass er die allgemeine Zugänglichkeit der seiner Verfügungsbefugnis unterstehenden Informationen sicherzustellen hat.679 Die Schaffung einer derartigen Informationsordnung mag man auf den ersten Blick als Einrichtung qualifizieren, die korrespondierende staatliche Pflicht als Einrichtungsgarantie.680 Doch übersähe man bei einer derartigen Qualifikation, dass Einrichtungsgarantien nicht zur Schaffung von Strukturen führen, sondern deren Bestand sichern und vor Eingriffen durch den Gesetzgeber schützen.681 Die tatsächliche Allgemeinzugänglichkeit staatlicher Informationsquellen ist aber trotz entsprechender grundgesetzlicher Forderungen weder in der Realität noch im

674 Ausführlich Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 190 Rn. 163 ff. Ähnlich Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 47 f., insb. zur Bedeutung des Verfahrens. 675 Stern, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 94; Degenhart, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 61 Rn. 42, 46. Im Kontext der Informationsfreiheit Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 49, 61. 676 Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 192 Rn. 111. 677 Schmitt Glaeser, Jura 1987, 567, 568. 678 Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 296 [Aussprache]. 679 Zur Betrachtung der staatlichen Pflicht zur Herstellung von Verwaltungsöffentlichkeit unter dem Blickwinkel der objektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte Scherzberg, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A I  – Verfassungsrechtliche Grundlagen Rn.  99 („Grundrechtsvorsorge“); König, DÖV 2000, 45, 54 („Verfassungsdirektive“). 680 Zur Nähe von Einrichtungsgarantien und objektiven Grundrechtsgehalten, insb. zur Angewiesenheit der Wirksamkeit der Grundrechte auf das Verfahren Jarass, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 38 Rn. 12. Der Ablehnung einer Einrichtungsgarantie steht nicht entgegen, die zu schaffenden organisatorischen Voraussetzungen als Einrichtung, Institution oder öffentliche Sache zu bezeichnen, vgl. auch zur Bezeichnung als Institution Trute, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 302 f. [Aussprache]. 681 Kloepfer, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd.  II, § 43 Rn.  21, 25; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd.  III/1, S. 788.

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gesellschaftlichen Bewusstsein verankert.682 Wenn dennoch von „institutionellen Anforderungen“ die Rede ist, wird nicht auf verfassungsrechtliche Einrichtungsgarantien Bezug genommen. Die „institutionellen Anforderungen“ umschreiben die objektiv-rechtliche Dimension in ihrer Gesamtheit. 683 b) Organisationsabhängigkeit der Informationsfreiheit Die Herstellung von Allgemeinzugänglichkeit ist überzeugenderweise Ausfluss organisatorischer Anforderungen an die Grundrechtsverwirklichung.684 Nicht nur die Prozessgrundrechte, auch sämtliche Freiheitsgrundrechte bedürfen einer Absicherung durch Organisation und Verfahren, wenn auch in unterschiedlichem Umfang.685 Organisatorische Anforderungen finden sich insbesondere in den Bereichen, in denen der Staat über ein Monopol verfügt.686 Vielfach wird der Organisationsbegriff im Kontext der Grundrechtswirksamkeit als innere Ordnung einer bestimmten Einrichtung verstanden. Das Verständnis, wonach Organisation jegliche Art von Organisationseinheit bezeichnet, mag hinter dieser Bedeutung zurücktreten.687 Es verschwindet jedoch nicht. Dies gilt etwa für die Informationsfreiheit. In ihrem Kontext erlangt die Organisation als Einheit, als Institution, Bedeutung. Die Informationsfreiheit bedarf einer (Informations-)Infrastruktur. Sie hängt in ihrer Wirksamkeit von der Schaffung organisatorischer, konkret organisatorisch-institutioneller Voraussetzungen ab.688 Neben die negativen Unterlassungspflichten der Staatsgewalt treten positive Gewährleistungspflichten.689 Positive Gewährleistungspflichten dürfen nicht unmittelbar mit positiven Leistungsansprüchen des Einzelnen identifiziert werden. Denn sie sind primär auf objektiver Ebene anzusiedeln. Zwar können der objektiv-rechtlichen Grundrechts 682 Kloepfer, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 43 Rn. 25, 30. 683 So zur Meinungsfreiheit Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  VII, § 162 Rn. 12. 684 Zur Organisation als notwendiges Element der Wirksamkeit der Grundrechte Münch/ Kunig, in: Münch/Kunig, GG, Vorb Art.  1–19 Rn.  25; Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 190 Rn. 177; Stern, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 94; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 953 ff., insb. 956. 685 Stern, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 94. Zur eng mit der Organisationsgarantie zusammenhängenden Verfahrensgarantie Pietzcker, in: VVDStRL, Bd.  41 (1983), S. 193, 207 ff. Speziell zur Gesetzesabhängigkeit der Prozessgrundrechte Degenhart, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 61 Rn. 29. 686 Münch/Kunig, in: Münch/Kunig, GG, Vorb Art. 1–19 Rn. 25. 687 Zum Begriff der Organisation instruktiv Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 960. 688 Ebenso im Ergebnis Scherzberg, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A I – Verfassungsrechtliche Grundlagen Rn. 99. 689 Allgemein Hillgruber, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 200 Rn. 75.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

dimension subjektive Ansprüche entnommen werden. Der objektiven Dimension korrespondierende subjektive Ansprüche bedürfen jedoch nach überzeugender Ansicht der gesonderten Feststellung.690 c) Objektiv-rechtliche Dimension in der Informationstechnologiegesellschaft Die objektiv-rechtliche Dimension und mit ihr die Anerkennung von Organisationspflichten gewinnen in der Informationstechnologiegesellschaft gegenüber der historisch im Mittelpunkt stehenden abwehrrechtlichen Dimension an Bedeutung.691 Dies gilt nicht nur für die Informationsfreiheit, die durch die wachsende Abhängigkeit des Einzelnen von dem Zugang auch zu staatlichen Informationen gekennzeichnet ist. In der Informationstechnologiegesellschaft wird ein individualbezogenes, insbesondere rein abwehrrechtliches Verständnis dem Modus des Staatshandelns grundsätzlich nicht mehr gerecht. Anders als zum Zeitpunkt des Entstehens des Grundgesetzes ist das Eingriffshandeln nicht mehr die das Staatshandeln allein prägende Handlungsform. Es wird ergänzt durch staatliches Leistungshandeln. In der Informationstechnologiegesellschaft tritt das Gewährleistungshandeln des Staats als weiteres Element hinzu. Diesem Wandel der staatlichen Handlungsformen hat ein Wandel des Rechts- und Freiheitsschutzes zu korrespondieren. Ebenso wie das Eingriffshandeln den Anforderungen nicht mehr genügt, die das Staatshandeln stellt, genügt das abwehrrechtliche Denken den Erfordernissen der Freiheitssicherung nicht mehr. Das abwehrrechtliche Verständnis der Grundrechte bedarf der Ergänzung. Dem Leistungs- und Gewährleistungshandeln entsprechen die teilhaberechtliche Dimension der Grundrechte sowie deren objektives Pendant. Bestätigt wird die reduzierte Bedeutung des Eingriffsdenkens durch den Wandel der Beziehung zwischen Staat und Bürger. Ihr Verhältnis ist kein ausschließliches Über-/Unterordnungsverhältnis. In der Informationstechnologiegesellschaft ist es zunehmend von der Vernetzung, der Einbeziehung Privater in die staatliche Gemeinwohldefinition und Aufgabenerfüllung geprägt. Staat und Gesellschaft stehen sich nicht mehr als auf unterschiedlichen Funktionslogiken beruhende Teilsysteme gegenüber. Eine grundrechtliche Konzeption, die Staat und Gesellschaft als Widersacher ansieht und den Einzelnen vor staatlichen Eingriffen zu schüt 690 Krebs, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 31 Rn. 74 zur Kongruenz des Inhalts der subjektiven und objektiven Dimension der Grundrechte. Da die objektive Pflicht meist nur auf ein gesetzgeberisches Tätigwerden unter Anerkennung eines gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums gerichtet ist, spricht Rüfner, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd.  II, § 40 Rn.  54 von „Maßgaberechten“. 691 Speziell für die Informationsfreiheit Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 97.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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zen sucht, übersieht diesen Wandel. Vielmehr hat der Staat die Voraussetzungen des Freiheitsschutzes zu schaffen. Neben das Ziel der Eingriffsabwehr tritt die Freiheits­sicherung durch staatliches Handeln. Die Grundrechte als Wertordnung konkretisieren das zur Freiheitssicherung Erforderliche.692 Die Freiheitssicherung durch staatliches Handeln gewinnt zusätzlich an Bedeutung, als die grundrechtlich zugewiesene Freiheit zugleich Grundlage der Beteiligung des Einzelnen am Staatshandeln ist. Dieses gewinnt in der Informationstechnologiegesellschaft nicht nur an Bedeutung. Die Einbeziehung Privater ist zugleich in wachsendem Maße Voraussetzung der staatlichen Aufgabenerfüllung. Denn ohne die Einbeziehung Privater kann der Staat die Aufgabenerfüllung in abnehmendem Maße sicherstellen. In der Informationstechnologiegesellschaft verliert der Staat nicht nur im Rahmen der Aufgabenerfüllung an Einfluss. Umgekehrt wächst der Einfluss Privater. Der Staat ist damit nicht mehr der einzige Akteur, der auf die Gesellschaft und den Einzelnen einwirkt. Der Schutz vor Eingriffen durch den Staat genügt nicht mehr. An die Stelle des bipolaren Staat-Bürger-Verhältnisses treten multipolare Konfliktlagen.693 Die Freiheit des Einzelnen bedarf nicht nur des Schutzes vor dem Staat, sondern auch vor Dritten. Auch insofern stellt sich das subjektiv ausgerichtete, abwehrrechtliche Verständnis der Grundrechte als ungenügend dar. Es bedarf der Ergänzung in Gestalt staatlicher Schutzpflichten im Besonderen und der objektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte im Allgemeinen.694 Die wachsende Bedeutung der objektiven Dimension der Grundrechte ist nicht mit einer Abkehr vom liberalen Grundverständnis der Grundrechte gleichzusetzen.695 Schließlich verfügt der Staat nach wie vor über ein Gewaltmonopol, das ihm einseitige Eingriffe in die Grundrechte ermöglicht. Zudem können Staat und Gesellschaft nach wie vor nicht identifiziert werden.696 Und schließlich ist das Eingriffshandeln nach wie vor bedeutsame Handlungsform des Staats. Die Grundrechte als Abwehrrechte sind weiterhin relevant. Doch gewinnt die objektiv-rechtliche Seite angesichts der neuen Herausforderungen neben dem abwehrrechtlichen Verständnis an Bedeutung.697

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Umfassend m. w. N. Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, S. 198 ff. Speziell im Kontext der Informationsfreiheit Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 102; Schoch, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 158, 189 f. 694 So auch Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, S. 198 m. w. N. 695 So jedoch Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, S. 198, die die Hinwendung zur institutionellen oder sozialstaatlichen Grundrechtstheorie fordert. 696 Hierzu auch s. o., 2. Teil, 3. Kap. A. III. 3., sowie speziell im Kontext der Auslegung der Grundrechte im Gewährleistungsstaat Martins, DÖV 2007, 456, 463. 697 Zum Bedeutungszuwachs der objektiv-rechtlichen Dimension im Gewährleistungsstaat Bumke, in: Hoffmann-Riem, Offene Rechtswissenschaft, S. 435, 442 f. 693

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

2. Umfang der organisatorischen Anforderungen Das Gebot zur organisatorischen Sicherstellung der Wirksamkeit eines Grundrechts richtet sich primär an den Gesetzgeber.698 Bei der Bestimmung seines Umfangs ist zwischen dem Ob und dem Wie der Umsetzung zu differenzieren.699 Im Falle der Informationsfreiheit kann der Gesetzgeber nicht über das Ob der Schaffung von Allgemeinzugänglichkeit disponieren. Er hat die organisatorischen Voraussetzungen allgemeiner Zugänglichkeit sicherzustellen. Nur so kann die Informationsfreiheit als organisationsabhängige Freiheit reale Freiheit werden.700 Die Grundrechtsbindung verpflichtet den Staat zum Tätigwerden, Art.  1 Abs.  3 GG.701 Seine Bindung gilt neben ausdrücklichen Gesetzgebungsaufträgen auch insoweit, als das Grundgesetz die Verwirklichung eines bestimmten Ziels gewährleistet, etwa die allgemeine Zugänglichkeit staatlicher Informationen, die Zielerreichung aber von gesetzgeberischem Tätigwerden abhängt.702 Bei der inhaltlichen Ausgestaltung ist der Staatsgewalt demgegenüber grundsätzlich ein Gestaltungsspielraum zuzugestehen.703 Ein Optimierungsgebot ist dem Erfordernis des Grundrechtsschutzes durch Organisation nicht zu entnehmen.704 Gebunden ist der Gesetzgeber lediglich durch Über- und Untermaßverbot.705 698

Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art.  5 Abs.  1, 2 Rn.  112, 115; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 1283 ff.; Ehmke, in: VVDStRL, Bd. 20 (1963), S. 53, 68. Rüfner, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 40 Rn.  54 begreift die Grundrechtseffektivierung als Staatsziel, dessen Realisierung nach Maßgabe der gesetzgeberischen Entscheidung erfolgt. 699 Differenzierend zwischen Ob und Wie, wenn auch im Rahmen von Schutzpflichten Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S. 129, 142. 700 Rüfner, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 40 Rn. 48; Jarass, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 38 Rn. 28; Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 115. Allgemein zur Ausgestaltungspflicht des Staats, wenn ein Lebensbereich bestimmter Organisationen oder Strukturen bedarf Lerche, AfP-Sonderheft 2007, 52, 53. Ebenso Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 43. Anders Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 331, der eine Pflicht des Gesetzgebers zum Tätigwerden ablehnt. 701 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 1283. 702 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd.  III/1, S.  726. Speziell für die Abhängigkeit von Organisation und Verfahren Kriele, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 188 Rn. 79. 703 Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 101; Degenhart, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 61 Rn. 50. 704 Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art.  1 Abs.  3 Rn.  203. Zum Kriterium der Angemessenheit Lerche, AfP-Sonderheft 2007, 52, 53. Ähnlich Ladeur/Gostomzyk, JuS 2002, 1145, 1146, die eine „grundrechtsgerechte Ordnung“ fordern. Ein Optimimierungsgebot für den parallel konstruierten Grundrechtsschutz durch Verfahren lehnt ab Pietzcker, in: VVDStRL, Bd. 41 (1983), S. 193, 209. 705 Denninger, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IX, § 193 Rn.  50; Ladeur/Gostomzyk, JuS 2002, 1145, 1152. Zum Untermaßverbot Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art.  1 Abs. 3 Rn. 195 f.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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Auch die den Grundrechten zu entnehmenden Gewährleistungspflichten zielen nur auf einen Mindestschutz.706 Dessen Grenzen werden durch den Zweck der verfassungsrechtlichen Vorgaben sowie die grundrechtsspezifischen Besonderheiten des Realbereichs bestimmt.707 Dementsprechend nimmt das Bundesverfassungsgericht im Wege einer Evidenzkontrolle einen Verstoß gegen die objektiv-rechtlichen Pflichten nur an, wenn die Gesetzgebung unterbleibt oder die durch das Untermaßverbot gezogenen Grenzen nicht gewahrt werden.708 Als Ausfluss der Pflicht zur Sicherstellung des Minimalstandards709 ist der Staat als verpflichtet anzusehen, die Allgemeinzugänglichkeit staatlicher Informationen tatsächlich zu gewährleisten. Der Grundsatzcharakter der Öffentlichkeit muss in Übereinstimmung mit dem Öffentlichkeitsgebot des demokratischen Rechtsstaats erkennbar werden. Die Zugänglichkeit ist auf die Allgemeinheit auszurichten, was im Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG Bestätigung findet. 3. Informationsfreiheit als Kristallisationspunkt des Öffentlichkeitsgrundsatzes Angesichts der Determinierung des Verfassungsbegriffs der Allgemeinzugänglichkeit durch die Staatsstrukturprinzipien wird teils nicht die Informationsfreiheit als sedes materiae der Pflicht zur Schaffung der Allgemeinzugänglichkeit angesehen, sondern die Staatsstrukturprinzipien selbst, insbesondere das demokratische Prinzip.710 Dem ist zuzugeben, dass das Demokratieprinzip Öffentlichkeit fordert und einer Gesamtschau aus Demokratie, Rechtsstaat und Republik ein umfassendes Öffentlichkeitsgebot entnommen werden kann.711 Nicht ersichtlich wird jedoch, wieso diese Wertung nicht im Rahmen eines integrierenden Verfassungsbegriffs wie dem der Allgemeinzugänglichkeit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG Berücksichtigung finden sollte. Schließlich ist das Grundgesetz in seiner Gesamtschau auf Öffentlichkeit angelegt. Öffentlichkeit entspricht dem Staatsverständnis unter dem Grundgesetz. Und es entspricht den Notwendigkeiten der Informations 706

Statt aller Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S. 129, 142. Degenhart, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 61 Rn. 49 f. 708 Jarass, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 38 Rn. 32; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 725 sowie ebd. S. 1283 ff. Speziell zum angemessenen Ausgleich als Leitlinie der Grundrechtsausgestaltung Degenhart, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 61 Rn. 51. 709 Vgl. auch Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 314; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 345 ff., 424. Zur Beschränkung verfassungsunmittelbarer Gewährleistungspflichten auf einen Minimalstandard Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S. 129, 142, wenn auch im Rahmen der IT-Sicherheit. 710 Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 101. 711 Zum Öffentlichkeitsgebot der Staatsstrukturprinzipien s. o., 4. Teil, 5. Kap. A. I. 707

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

technologiegesellschaft, vor allem der Angewiesenheit des Einzelnen auf staatliche Informationen zur Grundrechtsausübung. Gerade die Informationsabhängigkeit des Einzelnen bei der Grundrechtsausübung lässt es vor dem Hintergrund der objektiven Ausrichtung des Öffentlichkeitsgebots aus Demokratie und Rechtsstaat erforderlich erscheinen, die grundrechtliche Informationsfreiheit als Kristallisa­ tionspunkt der Öffentlichkeitsgewährleistung anzusehen.712 Die Verortung in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG und die Möglichkeit der Subjektivierung sind in der Lage, der Informationsabhängigkeit des Individuums in der Informationstechnologiegesellschaft Rechnung zu tragen, ohne den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu missachten. Die Interpretation des Art.  5 Abs.  1 Satz 1 HS 2 GG als Verfassungsbegriff ist dabei gerade keine bloße Subjektivierung objektiven Verfassungsrechts, der berechtigte Bedenken entgegengebracht werden könnten.713 Sie ist Ausdruck eines systematischen Verständnisses der Verfassung unter besonderer Berücksichtigung der Informationsabhängigkeit des Einzelnen und der staatlichen Gewährleistungspflicht. Zudem entspricht ein derartiges Verständnis der konstituierenden Bedeutung der Informationsfreiheit für den demokratischen Rechtsstaat. Schließlich ist allein die Verortung in der Informationsfreiheit in der Lage, der Gesamtschau der Staatsstrukturprinzipien Rechnung zu tragen und das integrative Verständnis des Öffentlichkeitsgebots des demokratischen Rechtsstaats in sich aufzunehmen und zu vereinen. Eine Verortung in Demokratie, Rechtsstaat oder gar Republik könnte diesem umfassenden, über die Summierung der einzelnen öffentlichkeitsspezifischen Gewährleistungsgehalte hinausgehenden Verständnis nicht genügen. Die Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertungen im Rahmen der objektiv-rechtlichen Dimension der Informationsfreiheit findet in der Literatur Bestätigung. Christian Starck spricht von der „Verantwortung [des Staats] für den Erhalt bzw. die Schaffung der Voraussetzungen freier Information“714. Christoph Degenhart nimmt eine „objektive Verpflichtung zur Herstellung von Öffentlichkeit“ sowie einen „Anspruch auf Sicherung eines Mindeststandards an Information im staatlichen Bereich […] bei ‚überragender Bedeutung einer Information für die Allgemeinheit‘“715 an. Insoweit vergleichbar entnimmt Wolfgang Hoffmann-Riem der Informationsfreiheit als objektiv-rechtlichem Prinzip den „programmatischen Auftrag […], die für einen demokratischen Rechtsstaat unabding 712

Im Ergebnis ebenso Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 233. Kritisch Badura, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 291 [Aussprache], der den Vorwurf der „Amalgamierung eines Staatsformprinzips auf der einen Seite und einer extensiv ausgelegten Grundrechtsnorm“ erhebt. 714 Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 54 (Wiedergabe ohne Hervorhebung). 715 Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn: 313. Kritisch Wendt, in: Münch/Kunig, GG, Art. 5 Rn. 28. 713

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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bare Zugänglichkeit zu sichern.“716 Rudolf Wendt und Herbert Bethge sehen den Staat angesichts der besonderen Bedeutung der Informationsfreiheit als gehalten, „die Offenheit des grundrechtlich geschützten Kommunikationsprozesses durch Offenhalten eines freien Informationsflusses sowie der Informationsmöglichkeiten der Bürger anzustreben.“717 Vor dem Hintergrund des Wandels im Realbereich betont auch Friedrich Schoch die objektiv-rechtliche Dimension der Informationsfreiheit: Eine „allgemeine staatliche Verantwortung für die Grundversorgung der Bevölkerung mit Informationen“718 besteht. II. Subjektiv-rechtlicher Gewährleistungsgehalt Die objektiv-rechtliche Dimension nimmt den Staat in die Pflicht. Ob dem subjektive Ansprüche korrespondieren, ist im Einzelfall zu untersuchen. Jedenfalls sind der Annahme verfassungsunmittelbarer Leistungspflichten Grenzen gezogen [4. Teil, 5. Kap. C. II. 1.]. Einen kategorischen Ausschluss originärer Leistungsrechte können die Vorbehalte jedoch nicht bewirken [4. Teil, 5. Kap. C. II. 2.]. 1. Grenzen verfassungsunmittelbarer Leistungsrechte Der Bejahung einer objektiv-rechtlichen Verpflichtung des Staats, die allgemeine Zugänglichkeit der Informationsquellen in staatlicher Verfügungsgewalt sicherzustellen, lässt sich keine unmittelbare Aussage zur Existenz eines korrespondierenden Leistungsanspruchs des Einzelnen auf Herstellung tatsächlicher Allgemeinzugänglichkeit entnehmen. Grundsätzlich steht der Annahme verfassungsunmittelbarer originärer Leistungspflichten die offene Formulierung des Grundgesetzes entgegen. Der Gesetzgeber ist demokratisch legitimiert, nicht verfassungsrechtlich determiniert.719 Auch hat sich der verfassungsgebende Gesetzgeber bewusst gegen die Normierung sozialer Grundrechte entschieden.720 Es sollten keine subjektiven Rechte geschaffen werden, die mangels staatlicher Leistungsfähigkeit potenziell unerfüllbar sind 716

Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 112. Wendt, in: Münch/Kunig, GG, Art. 5 Rn. 28. Bethge spricht von einer Verfassungsdirektive, wonach der Staat „für die Freiheit des Kommunikationsprozesses Sorge zu tragen“ hat, vgl. Bethge, in: Sachs, GG, Art. 5 Rn. 58. 718 Schoch, in: VVDStRL, Bd.  57 (1998), S.  158, 215. Allerdings lehnt Schoch die Existenz eines Öffentlichkeitsgrundsatzes im Exekutivbereich noch ab (S. 201). Die Kategorie der Grundversorgung insgesamt ablehnend Badura, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 290 f. [Aussprache]. 719 Zur „Konstitutionalisierung des einfachen Rechts“, Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 191 Rn. 168. 720 Umfassend s. o., 4. Teil, 1. Kap. B. II. 3. Zum Ausnahmecharakter von Leistungsgrundrechten Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, Vorb. v. Art. 1 Rn. 13. 717

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

oder deren Erfüllung in das Haushaltsrecht des Gesetzgebers eingreift. Diese Grundsatzentscheidung darf nicht im Wege der Auslegung umgangen werden. Daher kann staatliches Tätigwerden meist nur auf einfachgesetzlicher Grundlage begehrt werden. Auch geht mit der staatlichen Betätigung meist die Beschränkung der Freiheit eines Dritten als Kehrseite einher.721 Dies alles spricht gegen die grundsätzliche Anerkennung verfassungsunmittelbarer subjektiver Ansprüche auf staatliches Tätigwerden. Allerdings können sich die verfassungsunmittelbaren Vorgaben derart verdichten, dass dem Grundgesetz ausnahmsweise Leistungsansprüche entnommen werden können.722 Wenn sich die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers derart verengt, dass der Gesetzgeber nur eine Möglichkeit hat, sich verfassungskonform zu verhalten, schränkt die Annahme subjektiver Leistungspflichten die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers nicht ein. Im Kontext der Informationsfreiheit ist zudem dreierlei zu beachten: Erstens handelt es sich bei der Annahme eines der objektiv-rechtlichen Dimension korrespondierenden Rechts nicht um ein rein individualnütziges Leistungsrecht. Da auch die Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaats von der Öffentlichkeit des Staatshandelns abhängt und die Gewährleistung grundsätzlicher Öffentlichkeit jedermann zu Gute kommt, verliert das Argument der Benachteiligung Dritter durch die Gewährung individueller Leistungen an Gewicht. Vielmehr gestaltet ein derartiges Recht das Verhältnis zwischen Staat und Bürger aus. Es weist insofern Nähe zum status activus auf, der die Teilnahme des Einzelnen am Staatshandeln sicherstellt.723 Zweitens gestaltet sich die Trennung zwischen Abwehr- und Leistungsdimension dann als schwierig, wenn das Grundrecht zur Erlangung seiner Wirksamkeit auf organisatorische Voraussetzungen angewiesen ist, wenn die Geltendmachung des Grundrechts in seiner abwehrrechtlichen Dimension also von einer vorangegangenen staatlichen Aktivität abhängt. Denn die staatliche Passivität behindert, wenn nicht gar verhindert die Grundrechtsausübung.724 Für die Informationsfreiheit bedeutet dies Folgendes: Die ungehinderte Unterrichtung aus staatlichen Quellen setzt voraus, dass der Staat zuvor die organisatorisch-institutionellen Voraussetzungen allgemeiner Zugänglichkeit schafft. Die Übergänge zwischen Ein 721 Im Kontext staatlicher Schutzpflichten Stern, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 91. 722 Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, Vorb. v. Art.  1 Rn.  13. Zur Informationsfreiheit Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 64a, 314. Ebd., Rn. 312, jedoch zum Ausnahmecharakter des leistungsrechtlichen Gehalts der Informationsfreiheit. Einen Informationsanspruch „im Zusammenwirken mit anderen Vorgaben“ nimmt an Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 5 Rn. 20. 723 Hett, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, S. 218 f. mit umfassenden Verweisen auf die Statuslehre Jellineks. 724 So ausdrücklich zu Art.  5 Abs.  1  Satz  1  GG Degenhart, in: BK-GG, Art.  5 Abs.  1, 2 Rn. 64a.

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griffen in die ungehinderte Unterrichtung und Grundrechtsbeeinträchtigungen aufgrund der Nicht-Gewährleistung der organisatorisch-institutionellen Voraussetzungen des Grundrechts sind fließend, die Annahme umfassender Subjektivierung der organisatorischen Voraussetzungen notwendig.725 Dementsprechend ist in der Verfassungsrechtsprechung beinahe unterschiedslos vom passiven „Recht, sich ungehindert aus einer schon für die allgemeine Zugänglichkeit bestimmten Quelle zu unterrichten“ und dem aktiven „Recht auf Zugang“ die Rede.726 Eine strikte Trennung zwischen Abwehr- und Leistungsrecht ist nicht möglich. Drittens führt die Bejahung einer Pflicht des Staats zum Tätigwerden nicht zu einer Minderung des staatlichen Informationsbestands. Die staatliche Leistungsfähigkeit wird nicht wesentlich beeinträchtigt: Eine Minderung staatlicher Ressour­cen lässt sich einer Pflicht zum Tätigwerden zum einen nur insoweit entgegenhalten, als die alleinige Verfügungsgewalt über die staatlichen Informationen beeinträchtigt wird. Verfügungsgewalt und Verfügungsbefugnis auf Seiten des Staats bestehen auch nach Veröffentlichung unverändert fort. Der Staat geht des unmittelbaren Leistungsgegenstands nicht verlustig.727 Lediglich tritt die faktische Verfügungsgewalt Privater an ihre Seite. Dies mag den Wert staatlicher Informationen angesichts des Verlusts des Wissens als Macht- und Steuerungsfaktor schmälern. Infrastrukturkosten im eigentlichen Sinne entstehen nicht. Unmittelbar kann der Pflicht zum Aufbau einer entsprechenden Informationsinfrastruktur zum anderen der Einwand mangelnder staatlicher Leistungsfähigkeit entgegengehalten werden. Diese Infrastrukturkosten sind angesichts der Leistungsfähigkeit der Informations- und Kommunikationstechnologie jedoch vergleichsweise gering, der Einwand wenig tragfähig.728

725

Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  382 konstruiert diesen Sachverhalt als Folge davon, dass „das Abwehrrecht auch die Verletzung des grundrechtlichen Untermaßverbots umschließt.“ Instruktiv auch Hett, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, S. 217: „Der Freiheitsbereich des Grundrechts erschließt sich nicht durch negative Ausgrenzung, sondern durch positive Erfüllung.“ 726 BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 – juris Rn. 56 – BVerfGE 103, 44. Zur QuasiUntrennbarkeit von status negativus und status positivus Coelln, Zur Medienöffentlichkeit der Dritten Gewalt, S. 151; Nolte, DÖV 1999, 363, 369; abgeschwächt Kloepfer, DÖV 2003, 221, 223. Eine funktionale Äquivalenz deutet an Gostomzyk, JuS 2002, 228, 230. 727 Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 235 ff. (dort auch zur technischen Machbarkeit); Nolte, DÖV 1999, 363, 369. 728 Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S.  241 spricht von der Möglichkeit der Schaffung von Allgemeinzugänglichkeit „ohne nennenswerten ressourcenverzehrenden Aufwand“.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

2. Resubjektivierung objektiv-rechtlicher Gewährleistungsgehalte Die Ableitung originärer Leistungsrechte unmittelbar aus der Verfassung ist demnach gerade in Hinblick auf die Informationsfreiheit nicht kategorisch ausgeschlossen. Die gegen verfassungsunmittelbare Leistungsrechte vorgebrachten allgemeinen Bedenken können entkräftet werden. Zur Subjektivierung bzw. Resubjektivierung der objektiven Dimension der Informationsfreiheit bedarf es jedoch zusätzlicher Voraussetzungen. Doch sprechen für die Resubjektivierung der organisatorischen Pflichten aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG sowohl die mit der Organisationsabhängigkeit der Informationsfreiheit einhergehende Vermutung zugunsten subjektiver Rechte [4. Teil, 5. Kap. C. II. 2. a)] als auch die Anwendung der Schutznormtheorie [4. Teil, 5. Kap. C. II. 2. c)]. a) Vermutung der Resubjektivierung organisatorisch-institutioneller Voraussetzungen Die Grundrechte sind dem Einzelnen zur Ausübung und Durchsetzung zugewiesen. Im Verfassungstext kommt diese Absicht mitunter in Art.  1 Abs.  3 GG sowie Art. 19 Abs. 4 GG zum Ausdruck.729 Hängt die Ausübbarkeit von organisatorischen Voraussetzungen oder bestimmten Verfahren ab, sind diese als Ausübungs- bzw. Durchsetzungsvoraussetzungen ebenfalls sicherzustellen, wie schon die Nähe zwischen Abwehr- und Leistungsdimension gezeigt hat. Die Sicherstellung der notwendigen organisatorisch-institutionellen Anforderungen ist Voraussetzung eines ungehinderten Unterrichtungsvorgangs im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG und somit auch der Aktivierung des abwehrrechtlichen Schutzes der Informationsfreiheit. In den Fällen, in denen die Wirksamkeit eines Grundrechts zwingend von der Gewährleistung organisatorisch-institutioneller oder verfahrensrechtlicher Voraussetzungen abhängt, ist der subjektive Anspruch dementsprechend auf die Einrichtung der organisatorisch-institutionellen oder prozessualen Voraussetzungen zu erstrecken.730 Die Gewährleistung der organisatorisch-institutionellen Voraussetzungen der Informationsfreiheit ist dabei nicht als klassisches individualnütziges Leistungsrecht anzusehen.731 Die staatliche Leistung kommt vielmehr jedermann zugute. 729 Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 169; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 530 f. 730 Zur Herleitung von Verfassungsaufträgen aus notwendigen Organisationsregelungen Kriele, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd.  IX, § 188 Rn.  79. Zur Konstruktion, wonach „das Abwehrrecht auch die Verletzung des grundrechtlichen Untermaßverbots umschließt“, Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 382. 731 Ebenso Nolte, DÖV 1999, 363, 369 aufgrund der Besonderheiten der Informationsgewährleistung, insb. der fehlenden Bestandsminderung auf Seiten des Staats.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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b) Exkurs: Allgemeine Vermutung zugunsten subjektiv-rechtlicher Ansprüche Auch jenseits der Fälle, in denen die Wirksamkeit der Grundrechte von organisations- und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen des Staats abhängt, wird der subjektive Gehalt grundrechtlicher Gewährleistungen in der Literatur vielfach vermutet: Da der verfassungsgebende Gesetzgeber durchsetzbare Rechte schaffen wollte, seien die Grundrechte grundsätzlich als subjektiv durchsetzbar anzusehen.732 Ohne korrespondierenden Anspruch könne die Erfüllung der Pflichten nicht erzwungen werden.733 Die gegen verfassungsunmittelbare Leistungsrechte vorgebrachten Bedenken könnten der Vermutung der Kongruenz zwischen objektivem und subjektivem Gewährleistungsgehalt nicht wirksam entgegengehalten werden. Denn der subjektive Anspruch sei in seiner Reichweite auf die objektive Pflicht des Staats zu beschränken. Die Bejahung eines subjektiven Anspruchs greife dementsprechend nicht in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ein.734 Ein subjektiver Anspruch, gerichtet auf die Erfüllung der objektiven Pflichten, sei zu bejahen.735 Folgt man dem und betont die Notwendigkeit der Durchsetzbarkeit der Grundrechte auch in ihrer objektiven Dimension, bestätigt man die Existenz eines subjektiven Anspruchs auf Schaffung der Informationsinfrastruktur. Folgerungen, die über die Resubjektivierung im Falle der Organisationsabhängigkeit hinausgehen, ergeben sich nicht. c) Resubjektivierung auf Grundlage der Schutznormtheorie Zu keinem anderen Ergebnis gelangt man, wenn man der Vermutung des subjektiven Charakters grundrechtlicher Gewährleistungen, zumindest in Gestalt organisatorischer Gewährleistungsgehalte nicht folgt, sondern die Annahme subjektiver 732 Umfassend Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 40; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 169; Jarass, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 38 Rn. 36. Eine subjektive Vermutung bei allen objektiv-rechtlichen Gehalten mit Ausnahme der Einrichtungsgarantien nimmt an Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 28. Zum subjektiven Gehalt der Einrichtungsgarantien hingegen Stern, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 79; Morlok/Heinig, NVwZ 2001, 846, 849 ff. 733 Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, Vorb. v. Art. 1 Rn. 20. Im Kontext der Informationsfreiheit Scherzberg, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A I – Verfassungsrechtliche Grundlagen Rn. 103 sowie Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 379 f., jedoch mit dem Hinweis, dass die Vermutung nicht von der Prüfung etwaiger Ausnahmen entbindet. 734 Grundlegend zum Gleichlauf von objektiver und subjektiver Dimension Jarass, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 38 Rn. 37. 735 Allgemein zur grundsätzlichen Übereinstimmung von objektivem und subjektivem Normgehalt Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 544 f.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Rechte nur auf Grundlage der Schutznormtheorie zulässt.736 Der Schutznormtheorie zufolge kommt es darauf an, ob ein objektiver Rechtssatz nicht nur im öffentlichen Interesse besteht, sondern auch Individualinteressen zu dienen bestimmt ist.737 Darüber hinausgehend wird teils gefordert, dass der Rechtssatz seinem Träger auch ermöglichen muss, sich auf ihn zu berufen. Seinem Träger muss objektiv die Rechtsmacht zugewiesen sein, eigene Interessen rechtlich durchzusetzen.738 Im Rahmen der Grundrechte wird der Wille, derartige Begünstigungen durchsetzbar auszugestalten, auch im Rahmen der Schutznormtheorie vielfach unterstellt.739 Schließlich sind die Grundrechte grundsätzlich auf Wirksamkeit und damit auf Durchsetzbarkeit angelegt. Das Grundgesetz ist rechtsschutzfreundlich zu lesen.740 Aber auch jenseits pauschaler Vermutungen kann davon ausgegangen werden, dass die Herstellung der Allgemeinzugänglichkeit der Informationsquellen in staatlicher Verfügungsgewalt auch dazu bestimmt ist, Individualinteressen zu dienen. Dies scheitert nicht daran, dass daneben die Allgemeinheit begünstigt wird. Denn neben der Ausrichtung auf die Allgemeinheit ist der Informationsfreiheit eine individuelle Dimension immanent. Die Informationsfreiheit ist individualnütziges Recht, das nicht zuletzt Voraussetzung weiterer Grundrechtsausübung ist. Die Individualnützigkeit bezieht sich auf das Grundrecht in seiner Gesamtheit. Dementsprechend dient die Informationsfreiheit auch in ihrer objektiven Dimension, der die organisatorischen Anforderungen zu entnehmen sind, nicht nur faktisch individuellen Interessen. Sie ist gerade in ihrem Charakter, weitere Grundrechtsausübung zu ermöglichen, individuellen Interessen zu dienen bestimmt. Doch nicht nur der Zweck der Informationsfreiheit, personale Freiheit zu gewährleisten, spricht zugunsten des Schutzes individueller Interessen im Sinne der Schutznormtheorie. Auch die Ausrichtung der Informationsfreiheit auf den demokratischen Rechtsstaat ist angesichts der Rechtsentwicklung zunehmend eine subjektive. Der Rechtsstaat ist in seiner Dimension der Rechtsgewährleistung durch den Staat originär auf das Individuum bezogen. Das Demokratieprinzip nimmt zwar weniger das Individuum als das Volk als zur Einheit verbundene Summe von Individuen in den Blick. Dennoch ist die Demokratie auf demokratische Mitwirkung angewiesen. Diese Teilnahmerechte sind dem Einzelnen im status activus individuell zugewiesen. Dies gilt für die politischen Rechte im 736 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 541 m. w. N. Ebenso Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 40 f. Kritisch Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 381. Überblick über die Anwendbarkeit der Schutznormtheorie auf die Grundrechte Bauer, AöR 113 (1988), 582, 584, Fn. 7. 737 Allgemein Bauer, AöR 113 (1988), 582, 583 ff. 738 Scherzberg, DVBl. 1988, 129, 131 m. w. N. 739 Vgl. die Nachweise bei Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 42. 740 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 552. Zur Durchsetzbarkeit der Grundrechte oben, 4. Teil, 5. Kap. C. II. 2. a).

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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engeren Sinn, vor allem für Art. 33, 38 GG, aber auch für die kommunikativen Grundrechte, die Voraussetzung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung sind.741 Im europäischen Recht erreicht die Ausrichtung des demokratischen Rechtsstaats auf das Individuum eine neue Qualität. Neben die Kategorie derjenigen subjektiven Gewährleistungen, derer die Demokratie zur Wahrung ihrer Funktionsfähigkeit bedarf, die dem Einzelnen aber im eigenen Interesse eingeräumt werden, treten diejenigen Rechte, die dem Einzelnen im Interesse der Allgemeinheit zugewiesen sind.742 Die Idee einer derartigen Einbeziehung der Bürger, die der französischen und angelsächsischen Tradition entstammt, ist der deutschen Rechtsdogmatik zwar traditionell fremd. Doch im Wege der Umsetzung bereichsspezifischen Unionsrechts findet die Gewährleistung subjektiver Rechte im öffentlichen Interesse nach und nach Eingang in die nationale Rechtsordnung. Auf Bundesebene zeugt allen voran das Umweltinformationsgesetz von der Ausweitung der Schutznormtheorie als Ausfluss des Europarechts. Die Zuweisung eines Rechts als eigenes hat für die Annahme eines individualnützigen subjektiven Rechts im Sinne der Schutznormtheorie zu genügen.743 Auf das die Zuweisung als eigenes Recht begründende individuelle oder öffentliche Interesse kommt es nicht an. Die Einräumung subjektiver Rechte im öffentlichen Interesse ist jenseits bereichsspezifischer europarechtlicher Vorgaben nicht zwingend. Doch liegt einem derartigen Rechtsverständnis das Ideal einer Staat-Bürger-Beziehung zugrunde, das der Informationstechnologiegesellschaft und damit der zu beobachtenden Vernetzung und der Einbeziehung des Einzelnen in die staatliche Aufgabenwahrnehmung gerecht wird. Zudem kann die Entwicklung in Richtung Anerkennung subjektiver Rechte im allgemeinen Interesse durch die Rechtsordnung, wie sie im Erlass des Informationsfreiheitsgesetzes zum Ausdruck kommt, schon jetzt im Rahmen der Auslegung beachtlich sein. Die Anerkennung durch die nicht europarechtlich überformte Rechtsordnung verleiht der Existenz subjektiver Rechte zur Förderung von Demokratie und Rechtsstaat neues Gewicht. Dies verstärkt die Annahme, dass die Herstellung der Allgemeinzugänglichkeit der Informationsquellen als organisatorisch-institutionelle Voraussetzung der Informationsfreiheit auch dem Einzelnen zu dienen bestimmt ist.

741

Zur Kategorie der Teilnahmerechte als Oberbegriff für Bewirkungs- und Mitwirkungsrechte Stern, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 185 Rn. 64 ff. 742 Kritisch zur Unterscheidung öffentlicher und privater Interessen daher Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 381. 743 Zum Genügen der Zuweisung als eigenes Recht, unabhängig vom Zugrundeliegen eines privaten oder öffentlichen Interesses Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S.  382. Zum „subjektiv öffentlichen Recht“ zudem König, DÖV 2000, 45, 50. Zur Ausweitung des subjektiv-öffentlichen Rechts im Interesse einer effektiven Rechtsverteidigung Kahl/Ohlendorf, JA 2011, 41, 48.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

3. Umfang der subjektiv-rechtlichen Gewährleistung Die Subjektivierung des objektiv-rechtlichen Gehalts der Informationsfreiheit kann auf Grundlage des Gesagten inhaltlich nicht über die objektive Gewährleistung hinausgehen.744 Die Pflicht zur Schaffung von Allgemeinzugänglichkeit derjenigen Informationsquellen, die in staatlicher Verfügungsgewalt stehen, richtet sich vorrangig an den Gesetzgeber.745 Gleiches gilt für das subjektive Recht. Es ist auf die Schaffung geeigneter organisatorisch-institutioneller Voraussetzungen gerichtet, die der Informationsfreiheit zu ihrer Wirksamkeit verhelfen. Nur wenn der Staat seiner Pflicht zur Schaffung einer den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG genügenden Informationsinfrastruktur nicht gerecht wird, steht dem Einzelnen ein verfassungsunmittelbarer Informationsanspruch zu.746 Für den Zugang zu Gerichtsentscheidungen anerkannt die Rechtsprechung derartige Ansprüche bereits.747 Die Untätigkeit der Staatsgewalt kann im Wege der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden. Gleiches gilt, wenn die vom Gesetzgeber getroffenen Maßnahmen offensichtlich nicht genügen, um die Wirksamkeit der Grundrechte sicherzustellen, die Grenzen des Untermaßverbots also unterschritten werden.748 Auch kann eine derartige Verfassungsbeschwerde erfolgreich sein. Denn ihre Begründetheit setzt lediglich voraus, dass sich dem Grundgesetz ein ausdrücklicher, in Hinblick auf Inhalt und Umfang hinreichend bestimmter Auftrag entnehmen lässt.749 Dass der Inhalt auf ein Tätigwerden mit Wirkung für und gegen jedermann gerichtet ist, steht den Erfolgsaussichten nicht entgegen. Schließlich können die organisatorisch-institutionellen Voraussetzungen der Informationsfreiheit nicht anderweitig sichergestellt werden, wie Klaus Stern feststellt: „Sieht die Verfassung aber vor, daß die fragliche Begünstigung auf generelle Weise zu bewirken ist, erweist sich das Gesetz als die verfassungsmäßig vorgeschriebene, wenn auch den Individualanspruch überschreitende Erfüllungsweise.“750 744 Zur Kongruenz von objektivem Recht und subjektiver Pflicht Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 725. 745 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 724 f. 746 Umfassend Bröhmer, Transparenz als Verfassungsprinzip, S. 237 ff. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd.  III/1, S.  727: „Doch darf das Fehlen der gesetzlichen Bindung [der Exekutive] nicht als Freistellung von der verfassungsunmittelbaren Verpflichtung fehlgedeutet werden.“ Allgemein zum Bestehen unmittelbarer Pflichten von Exekutive und Judikative im Falle der Untätigkeit des Gesetzgebers Jarass, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 38 Rn. 28. 747 So im Kontext der Pressefreiheit BVerwG, Urt. v. 20.2.2013 – 6 A 2/12; sowie auf Grundlage des Gleichheitssatzes BVerwG, Urt. v. 26.2.1997 – 6 C 3/96 – BVerwGE 104, 105. 748 Murswiek, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 192 Rn. 122 f.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 1286. 749 BVerfG, Beschl. v. 14.1.1981 – 1 BvR 612/72 – juris Rn. 47 – BVerfGE 56, 54; BVerfG, Beschl. v. 5.7.1960 – 1 BvR 232/58 – juris Rn. 18 – BVerfGE 11, 255; BVerfG, Beschl. v. 11.6.1958 – 1 BvR 1/52 u. a. – LS 3 – BVerfGE 8, 1; BVerfG, Beschl. v. 20.2.1957 – 1 BvR 441/53 – juris Rn. 17 – BVerfGE 6, 257. 750 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, S. 726.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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III. Zusammenfassung Die objektiv-rechtliche Dimension der Grundrechte ist anerkannt. Der Wandel der Beziehung zwischen Staat und Bürger in der Informationstechnologiegesellschaft stärkt ihr Gewicht. Denn an die Stelle der Betrachtung von Staat und Bürger als Antagonisten, in deren Verhältnis die abwehrrechtliche Wirkung der Grundrechte dominiert, treten mehrpolige Rechtsverhältnisse, in denen die Beeinträchtigung der Grundrechte nicht mehr allein von Seiten des Staats ausgeht. Aber auch jenseits der Gefährdung seitens Privater bedarf es ergänzender Vorkehrungen des Staats, damit die Grundrechte nicht nur rechtliche, sondern reale Freiheit gewähren. Das Staatshandeln ist mehr als bloßes Eingriffshandeln, gerade in der von Leistungs- und Gewährleistungshandeln geprägten Informationstechnologiegesellschaft. Hinzu kommt, dass auch die Einbeziehung der Bürger in das Staatshandeln nur auf Grundlage realer Freiheit möglich ist. Versteht man die Allgemeinzugänglichkeit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG als Verfassungsbegriff und erachtet man Informationsquellen des Staats dementsprechend als allgemein zugänglich, bedarf dies organisatorisch-institutioneller Maßnahmen seitens des Staats. In die Pflicht genommen wird insbesondere der Gesetzgeber. Dabei ist dessen Gestaltungsspielraum zu berücksichtigen. Eine Pflicht trifft ihn nur dahingehend, dass er geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Allgemeinzugänglichkeit zu ergreifen hat. Grenzen sind dem Gesetzgeber durch Über- und Untermaßverbot gezogen. In ihrem Rahmen trägt der Staat jedoch die Infrastrukturverantwortung.751 Daneben ist der objektiv-rechtliche Gehalt der Informationsfreiheit sowohl bei der Abwägung der Informationsfreiheit mit entgegenstehenden Grundrechten zu berücksichtigen als auch bei der Auslegung der Rechtsordnung.752 Dementsprechend wird die Informationsfreiheit jenseits ihren organisatorisch-institutionellen Verpflichtungen als „auf tendenzielle Öffnung dieser Bereiche gerichtete[n] Verfassungsdirektive“ bezeichnet.753 Die Entwicklung der Bundesrepublik zum informatisierten Staat steht in Einklang mit der Verfassung. Der objektiven Verpflichtung des Staats zur Schaffung tatsächlicher Allgemeinzugänglichkeit entspricht ein subjektiver Anspruch des Einzelnen. Objektive Pflicht und subjektiver Anspruch sind dabei inhaltlich kongruent. Dementsprechend erfährt auch der subjektive Anspruch seine maßgebliche Begrenzung durch den Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber zuzugestehen ist. Nur im Falle der Untätigkeit oder eines offenkundigen Unterschreitens des Untermaßgebots durch den Gesetzgeber ist eine erfolgreiche Durchsetzung der subjektiven Rechtsposition möglich. 751

Zur Infrastrukturverantwortung Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 346. Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 162 Rn. 11; Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 114. 753 Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 313. 752

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Damit ist der Informationsfreiheit ein Leistungsrecht im weiteren Sinne immanent. Zwar lehnt die überwiegende Auffassung die leistungsrechtliche Seite der Informationsfreiheit ab.754 Doch ist ihre Anerkennung überzeugenderweise zwingende Folge der objektiv-rechtlichen Dimension der Informationsfreiheit.755 Der Anspruch ist auf Schaffung der organisatorisch-institutionellen Voraussetzungen der Herstellung tatsächlicher Allgemeinzugänglichkeit gerichtet. Er ist damit nicht ausschließlich individualnützig. Jedoch kann als Ausfluss des Art. 3 Abs. 1 GG ein Individualzugangsrecht geltend gemacht werden, um fehlende technische oder intellektuelle Möglichkeiten zur Kenntnisnahme von staatlichen Informationen zu kompensieren, sofern die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigungsfähig ist. Alternativen zum Individualanspruch sind jedoch denkbar, im Falle fehlender technischer Möglichkeiten etwa deren Zurverfügungstellung in öffentlichen Gebäuden.

D. Informationsfreiheit in der Informationstechnologiegesellschaft Stärker als die sonstigen Gewährleistungen der Verfassung sind Grundrechte auf die soziale Realität bezogen.756 Sie sind nicht nur in ihrer Schutzwirkung, sondern auch in ihrem Inhalt in die Zeit hinein offen.757 Gerade im Bereich der Information und Kommunikation ist die Wirklichkeit einem steten, technisch beding-

754 Vgl. nur Kannengießer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, Art.  5 Rn.  10; Fechner, in: Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar, Art. 5 Rn. 114; Schemmer, in: BeckOKGG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 32; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 88; Pieroth, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Planung, S. 195, 200, der in der Informationsfreiheit lediglich den „Maßstab der staatlichen Informationstätigkeit“ (S.  201) erblickt. Ablehnend auch Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S.  35; Kloepfer/Schärdel, JZ 2009, 453, 459; Schoch, DÖV 2006, 1, 3; Weber, RDV 2005, 243, 245; Kloepfer, DÖV 2003, 221, 227; Schmitt Glaeser, Jura 1987, 567, 572; Pieroth, JuS 1981, 625, 628. Jegliche „verfassungsverbindlichen Einschränkungen des Gesetzgebers“ aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG lehnt ab Roßnagel, MMR 2007, 16, 17. 755 Scherzberg, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A I  – Verfassungsrechtliche Grundlagen Rn. 104 spricht von einem „subjektive[n] Recht gegen die Exekutive auf Herstellung der ihr von der Verfassung abverlangten Publizität“. Zur ausnahmsweisen Anerkennung Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 64, 64a. Speziell für die Informationsfreiheit Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 113: „Die objektiv-rechtlichen Elemente, nicht aber subjektive Rechte des Rezipienten, schaffen den Ansatzpunkt, um dem Kommunikator bzw. dem Inhaber des Bestimmungsrechts über die Zugänglichkeit ggf. besondere Kommunikations- und Zugangspflichten aufzuerlegen.“ 756 Sachs, in: Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 61; Friauf, NJW 1986, 2595, 2599. Zur Notwendigkeit der Anpassung Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1385. 757 Friauf, NJW 1986, 2595, 2599. Zur Zulässigkeit der Konkretisierung der Grundrechte vor dem Hintergrund neuer Gefährdungslagen Hillgruber, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 200 Rn. 57, 59; speziell im Kontext der Informationsfreiheit Pfeifle, ZG 2010, 283, 293.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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ten Wandel unterworfen.758 Er fordert die Bestimmung des Gewährleistungsgehalts der Grundrechte in besonderem Maße heraus. Dies spiegelt sich in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wider. Schon 2001 wird der „Funktionswandel“ der Öffentlichkeit als Argumentationstopos herangezogen, die „Informationsgesellschaft“ als Summe nachhaltiger Veränderungen angesehen, die das Recht zu berücksichtigen hat.759 Ergebnis ist die Notwendigkeit der Gewährleistung umfassender Öffentlichkeit. In welcher Form die Staatsgewalt das Staatshandeln öffentlich zu machen hat, ist im Folgenden zu beleuchten. Die Allgemeinzugänglichkeit und die Möglichkeit des ungehinderten Unterrichtens sind vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgebots zu konkretisieren.760 Dem sind zwei allgemeine Hinweise voranzustellen. I. Technologische Vorbemerkung Die Konkretisierung der Informationsfreiheit hat entsprechend dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG technologieneutral zu erfolgen. Wie auch im Rahmen der Betrachtung der Öffentlichkeitsforderung von Demokratie, Rechtsstaat und Republik kann dem Internet zwar insofern Leitfunktion zugesprochen werden, als dass seine technische Funktionsweise die tatsächlichen Bedürfnisse determiniert. Die daraus fließenden verfassungsrechtlichen Anforderungen sind jedoch technologieneutral zu formulieren. Schließlich sind sie unmittelbare Folge des tatsächlichen Wandels, nicht der Technik. II. Inhaltliche Vorbemerkung Die Auslegung der objektiv-rechtlichen Dimension der Informationsfreiheit in Übereinstimmung mit der Verfassung führt zu einem gleichrangigen Nebeneinander von meinungsrelevanten Informationen, an denen im Interesse der individuellen Grundrechtsausübung ein Informationsinteresse besteht, und solchen, deren Veröffentlichung im Interesse der Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaats erfolgt. Daraus folgt, dass nicht nur die potenziell meinungsrelevanten Informationen der Veröffentlichung zugänglich sind. Auch sofern die informelle Legi 758

Pfeifle, ZG 2010, 283, 293 für die Entwicklung in Richtung mittelbare Öffentlichkeit und den damit einhergehenden „Wandel der Normsituation“. Ebenso Dieckmann, NJW 2001, 2451, 2452. 759 So die abweichende Meinung der n-tv-Entscheidung, BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 – juris Rn. 92 – BVerfGE 103, 44. Aus der Literatur statt aller Gostomzyk, JuS 2002, 228, 229. 760 Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 347 zur Verortung der Auswirkungen der Entwicklungen im Realbereich in der objektiv-rechtlichen Dimension der Informationsfreiheit.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

timation oder die Kontrollierbarkeit der Staatsgewalt verbessert werden, ist eine Veröffentlichung auf Grundlage des demokratisch-rechtsstaatlichen Öffentlichkeitsgrundsatzes geboten. Grundsätzlich werden sämtliche Informationen vom verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgrundsatz erfasst. Schon das zur Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaats gebotene Maß an Öffentlichkeit ist grundsätzlich umfassend. Eine Beschränkung der Informationsfreiheit auf meinungsrelevante Inhalte findet nicht statt. Die Meinungsrelevanz einzelner Informationen, d. h. das an ihnen bestehende öffentliche Interesse, ist nur insofern von Bedeutung, als die Veröffentlichungsfähigkeit einzelner Informationen von einer Abwägung mit entgegenstehenden Interessen abhängt. Sofern der Gesetzgeber keine absoluten Veröffentlichungsverbote für den Fall des Entgegenstehens eines konkreten Interesses anordnet, entscheidet der Grad des öffentlichen Interesses über die Veröffentlichungsfähigkeit der konkreten Information. Exemplarisch ist auf die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, zu verweisen. Dabei ist zu beachten, dass das Informationsinteresse in der Informationstechnologiegesellschaft von besonderer Bedeutung ist. Eine potenzielle Meinungsrelevanz kann nur selten ausgeschlossen werden. Als Grundsatz kann festgehalten werden, dass der verfassungsrechtliche Öffentlichkeitsgrundsatz, der aus einer Gesamtschau der Staatsstrukturprinzipien und der grundrechtlichen Informationsfreiheit folgt, umfassend und unabhängig von der Meinungsrelevanz der Inhalte ist. Dies gilt umso mehr, als Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG auch die Informationsauswahl schützt. III. Allgemein zugängliche Quellen Auch die Form, in der Allgemeinzugänglichkeit zu gewährleisten ist, ist in einer Gesamtschau der Öffentlichkeitsforderungen des Grundgesetzes unter be­ sonderer Berücksichtigung des dogmatischen Gehalts der Informationsfreiheit zu konkretisieren. Hinsichtlich der formalen Ausgestaltung der Allgemeinzugänglichkeit lassen sich dem Europarecht keine allgemeinen Vorgaben entnehmen. Zwar fordert das Europarecht zunehmend die Öffentlichkeit des Staatshandelns. Inbegriff ist Art. 15 Abs.  3 AEUV, der ein umfassendes Zugangsrecht zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union errichtet, das lediglich auf Grundlage öffentlicher und privater Interessen eingeschränkt werden kann.761 Jenseits bereichsspezifischer Vorgaben, etwa im Umweltrecht, sowie jenseits der zwin 761 Ebenfalls in Richtung umfassender Öffnung weisen Art. 1 Abs. 2, Art. 10 Abs. 3 EUV, Art. 42 EGC.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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genden Vorgaben zur Weiterverwendbarkeit der Informationen, die die PSI-Richtlinie errichtet und die den Grundsatz der Weiterverwendbarkeit etablieren, sind die europarechtlichen Öffentlichkeitsgebote jedoch für die Mitgliedsstaaten nicht einmal zwingend. Sie sind bloße Erkenntnisquelle, die im Wege der Rechtsvergleichung Berücksichtigung finden können, aber nicht müssen. Zudem enthalten sie nur wenige Vorgaben zur organisatorisch-institutionellen Ausgestaltung. Ebenfalls nicht zwingend ist die Ausrichtung an den Programmen, Initiativen und Strategien der Europäischen Union, auch wenn sie im Interesse einer europaweit einheitlichen Entwicklung rechtspolitisch als einzig sinnvolle Handlungsoption angesehen werden kann, so die Orientierung an dem europäischen Open Data-Portal open-data.europa.eu bei der technischen Ausgestaltung im Detail.762 Insofern kann das Europarecht als Wegweiser dienen. Die rechtlich gebotene und daher rechtlich zwingende Ausgestaltung ist jedoch allein den Vorgaben der Verfassung zu entnehmen. 1. Allgemeinzugänglichkeit als primäre Öffentlichkeit Grundlegend für die Ausdifferenzierung der staatlichen Informationstätigkeit ist das Ob der Aufbereitung der Information. Dem Demokratie- wie dem Rechtsstaatsprinzip konnte die Forderung entnommen werden, primäre, unaufbereitete Öffentlichkeit herzustellen.763 Der Wortlaut der Informationsfreiheit des Art.  5 Abs.  1 Satz 1 HS 2 GG scheint demgegenüber in Hinblick auf die Aufbereitung keine spezifischen Anforderungen an die allgemein zugänglichen Quelle zu stellen. Doch die kollektive Dimension der Informationsfreiheit verankert die demokratisch-rechtsstaatliche Notwendigkeit der Zugänglichmachung unaufbereiteter Informationen unmittelbar in den Grundrechten. Da die kommunikativen Grundrechte Voraussetzung der Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaats sind, ist die Forderung nach primärer Öffentlichkeit der Informationsfreiheit immanent. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass die Informationsfreiheit bereits die Freiheit der Informationsauswahl schützt. Dies führt nicht nur zur Notwendigkeit der umfassenden Herstellung der Allgemeinzugänglichkeit staatlicher Informationsbestände. Ebenso kann die inhaltliche Aufbereitung in Widerspruch treten zur Gewährleistung der freien Informationsauswahl. Denn die inhaltliche Aufbereitung führt zu einer Selektion, gegebenenfalls in Hinblick auf den Umfang der Informationsbestände, jedenfalls in Hinblick auf ihren Inhalt. Dem Staat würde die Möglichkeit eröffnet, die Informationsauswahl zu lenken. Er könnte im Wege der Aufbereitung den potenziellen Informationsempfängern Teilinhalte vorenthalten, deren Kenntnis von Bedeutung ist. 762 Zur Entwicklung des EU-Rechts, auch der Errichtung eines europäischen Datenportals s. o., 2. Teil, 2. Kap. A. IV. 763 s. o., 4. Teil, 2. Kap. C. II. 1. (Demokratie) und 4. Teil, 4. Kap. E. II. 1. a) (Rechtsstaat).

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

2. Allgemeine Zugänglichkeit als voraussetzungslose Zugänglichkeit Während es das abwehrrechtliche Verständnis im Interesse einer weiten Schutzbereichsdefinition genügen lässt, dass die in Rede stehende Informationsquelle für einen nicht individuell bestimmbaren Personenkreis zugänglich ist, ist der Gestaltungsspielraum des Staats im Rahmen der Schaffung der organisatorischinstitutionellen Voraussetzungen der Allgemeinzugänglichkeit eingeschränkt. Eine systematische Auslegung des Grundgesetzes, die durch die Berücksichtigung staatsstruktureller Anforderungen der Einheit der Verfassung Rechnung trägt, erfordert staatlicherseits die Schaffung einer Informationsinfrastruktur, die unabhängig von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten zugänglich ist. Eine entsprechende Forderung lässt sich Demokratie- wie Rechtsstaatsprinzip unmittelbar entnehmen.764 Sie erfordern wie auch das Republikprinzip schon aufgrund ihrer Bezugnahme auf das Kollektiv die Herstellung von Jedermann-Öffentlichkeit. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG bestätigt die Forderung nach voraussetzungsloser Öffentlichkeit. Die Informationsfreiheit als Jedermann-Grundrecht steht einer staatlichen Ausdifferenzierung des Adressatenkreises nach individuellen Merkmalen entgegen. Dies schließt nicht aus, dass im Falle individueller Betroffenheit auch aus anderen Freiheitsrechten, etwa der informationellen Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, oder der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, der Presse- und Rundfunkfreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, oder der Wissenschaftsfreiheit, Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, von individuellen Voraus­setzungen abhängige Informationsrechte abgeleitet werden können. Im Rahmen der objektiv-rechtlichen Dimension der jedermann gewährleisteten Informationsfreiheit des Art.  5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG ist eine derartige Differenzierung nach der persönlichen Betroffenheit oder nach persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten ausgeschlossen. Die Annahme, dass die staatlicherseits zu gewährleistende Informationsinfrastruktur für jedermann unabhängig von persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten zugänglich sein muss, steht nicht in Widerspruch zur Eröffnung der abwehrrechtlichen Dimension im Fall der Zugänglichkeit von Informationsquellen für eine Teilöffentlichkeit.765 Denn Private unterliegen bei der Herstellung der Zugänglichkeit keinen verfassungsrechtlichen Bindungen. Gerade diese Bindungen führen im Falle der staatlichen Verfügungsbefugnis aber dazu, die Allgemeinzugänglichkeit dahingehend zu verstehen, dass allgemeine Zugänglichkeit eine Zugänglichkeit für die Allgemeinheit, für jedermann ohne Ansehen individueller Eigenschaften und Fähigkeiten ist. Für die vom Staat zu gewährleistende Öffentlichkeit ist 764

s. o., 4. Teil, 2. Kap. C. II. 2. (Demokratie) und 4. Teil, 4. Kap. E. II. 1. b) (Rechtsstaat). BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/95 – juris Rn. 56 – BVerfGE 103, 44; BVerfG, Beschl. v. 9.2.1994 – 1 BvR 1687/92 – juris Rn. 13  – BVerfGE 90, 27; BVerfG, Beschl. v. 3.10.1969 – 1 BvR 46/45 – juris Rn. 35 – BVerfGE 27, 71. Aus der Literatur Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 285; Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 162 Rn. 38. 765

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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die Normierung als Jedermann-Grundrecht Leitlinie. Denn Informationen sind für jedermann Handlungsvoraussetzung. 3. Allgemeine Zugänglichkeit als antragsunabhängige Zugänglichkeit Eng verknüpft mit der Feststellung, dass die Allgemeinzugänglichkeit in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG die Unabhängigkeit des Informationszugangs von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten erfordert, ist die Betrachtung der antragsunabhängigen Ausgestaltung der Informationsinfrastruktur. Der systematischen Auslegung der Informationsfreiheit unter besonderer Berücksichtigung von Demokratie und Rechtsstaat lässt sich die Notwendigkeit staatlicher Aktivität entnehmen.766 Zwar lässt es das Demokratieprinzip lediglich als wünschenswert erscheinen, dass die Zugänglichkeit eine unmittelbare ist. Zwingend ist dies nicht, da auch das passive, d. h. antragsabhängige Informationshandeln des Staats einen Beitrag zur Steigerung des Legitimationsniveaus zu leisten vermag.767 Doch ist der dem Rechtsstaatsprinzip immanente Rechtsgedanke des Art. 82 GG dahingehend zu verallgemeinern, dass der Staat zur aktiven, antragsunabhängigen Veröffentlichung verpflichtet ist. In einer Gesamtschau ergibt sich, dass die Öffentlichkeit aktiv vom Staat zu gewährleisten ist. Der Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG ist derart offen, dass eine Auslegung als antragsunabhängige Öffentlichkeit mit ihm vereinbar ist. In diesem antragsunabhängigen Verständnis konkretisieren denn auch der einfache wie der europäische Gesetzgeber den Rechtsbegriff der allgemeinen bzw. synonym der öffentlichen Zugänglichkeit, so im Kontext des Urheberrechts. § 19a UrhG768 enthält in wortlautgetreuer Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie eine Legaldefinition des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung. Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Die Öffentlichkeit, im Kontext des Urheberrechts also jedermann, der nicht durch persönliche Beziehungen verbunden ist, § 15 Abs. 3 Satz 2 UrhG,769 muss ohne weiteres Zutun des Urhebers bzw. Verwerters vom Werk Kenntnis nehmen können. 766

s. o., 4. Teil, 2. Kap. C. II. 3. a) (Demokratie) und 4. Teil, 4. Kap. E. II. 2. a) (Rechtsstaat). s. o., 4. Teil, 2. Kap. C. I. 3. a). 768 § 19a UrhG wurde eingeführt durch BGBl. I 2003, 1774 (Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft v. 10.9.2003). Dieser sog. Erste Korb der Urheberrechtsreform beruht auf der Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, RL 2001/29/EG. 769 Zu den einzelnen Begriffsmerkmalen der Definition der Öffentlichkeit, die für jegliche unkörperliche Wiedergabe i. S. v. § 15 Abs. 2 UrhG und damit auch für die öffentliche Zugänglichmachung gem. § 19a UrhG gilt Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 15 Rn. 37 ff. 767

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Die Erfordernisse zur Gewährleistung realer Freiheit bestätigen die Notwendigkeit antragsunabhängiger Öffentlichkeit. Schon die räumlich-zeitliche Begrenztheit eines Zugangsrechts, das von einer Einzelfallentscheidung der zuständigen Stelle abhängt, schränkt die Wirksamkeit des Informationszugangs im Vergleich zu den Bedürfnissen der Informationstechnologiegesellschaft erheblich ein. Zeitlich unbegrenzter, dauerhafter und ortsunabhängiger Informationszugang kann im Falle der Antragsabhängigkeit nicht gewährleistet werden, obwohl er in der Informationstechnologiegesellschaft als öffentliches Gut anzusehen ist. Denn selbstbestimmte Entscheidungen in der Informationstechnologiegesellschaft bedürfen erstens der Möglichkeit, im Wege der Recherche Zugang zu Informationen zu erhalten, deren Existenz dem Rezipienten bislang unbekannt ist, zu denen er keinen Antrag auf Zugang hätte stellen können. Zweitens ist eine umfassende Information notwendig, die es erlaubt, einen Sachverhalt unter verschiedenen thematischen Gesichtspunkten zu betrachten. Zu denken ist etwa an die Grundlage der Entscheidung über einen Immobilienkauf. Nicht nur Flächennutzungs- und Bebauungsplan sind für den potenziellen Käufer von Bedeutung. Den individuellen Lebensumständen entsprechend können unterschiedlichste Daten und Datenprodukte kaufentscheidend sein. Die Skala reicht von Angaben zur Leistungsfähigkeit der angrenzenden Schulen über Kriminalstatistiken bis hin zu Umweltinformationen, etwa Daten zur Feinstaubbelastung oder Lärmbelästigung. Und auch die örtliche Praxis bei der Erteilung von Baugenehmigungen kann von Interesse sein. Die Abhängigkeit der Kenntnisnahmemöglichkeit von individuellen Anträgen wird diesem Bedürfnis nach umfassenden Informations- und Recherchemöglichkeiten nicht gerecht, zumal die Gefahr besteht, dass umfassende Informationsbegehren von der verfügungsberechtigten Stelle abgelehnt werden. Diese Gefahr führt zu einer reduzierten Wirksamkeit antragsabhängiger Öffentlichkeit gegenüber der öffentlichen Zugänglichkeit.

a) Umfassende Informationsbegehren Umfassende Informationsbegehren weisen bei antragsabhängiger Ausgestaltung eine reduzierte Erfolgsaussicht auf. Ihnen kann das Interesse an der Funktionsfähigkeit staatlicher Stellen ebenso entgegengehalten werden wie die Einwendung des Rechtsmissbrauchs. Der Schutz staatlicher Stellen vor umfassenden Anträgen ist im einfachen Recht ausdrücklich normiert. Der Informationszugangsanspruch ist in diesen Fällen zu verneinen. So schützt das Informationsfreiheitsgesetz die auskunftspflichtigen Stellen vor unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand, § 1 Abs.  2 Satz  3, § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG. Entsprechendes gilt für das Umweltinformationsgesetz, § 3 Abs. 2 Satz 3 UIG. Wo die Grenze der Unverhältnismäßigkeit zu ziehen ist, ohne dass die Gewährung von Informationszugang ihren Grundsatzcharakter verliert, ist im Einzelfall unter Wahrung der restriktiven Auslegung von Ausnahmetatbestän-

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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den zu entscheiden.770 Die Unverhältnismäßigkeit kann dabei nicht an Reichweite und Umfang, etwa der Zahl der Seiten festgemacht werden. Bislang wird neben dem erwarteten Erkenntnisgewinn entscheidend darauf abgestellt, ob die Stelle an ihrer eigentlichen Aufgabenwahrnehmung gehindert wird.771 Wenn von einem Recht unter Verkennung seines Sinns Gebrauch gemacht wird, kann der Informationszugang zudem als rechtsmissbräuchlich abgelehnt werden.772 § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG und § 4 Abs. 4 VIG sehen dies ausdrücklich vor. Fehlt eine entsprechende Normierung, ist der Rückgriff auf den allgemeinen Rechtsgedanken des § 242 BGB eröffnet. Zwar ist die Schwelle des Rechtsmissbrauchs hoch, da der Informationszugang voraussetzungslos gewährleistet ist und er keiner Begründung bedarf. Dies schließt einen Rückgriff auf § 242 BGB jedoch nicht aus. b) Ergebnis Die Konkretisierung der Allgemeinzugänglichkeit als Verfassungsbegriff sowie das grundrechtlich verbürgte Ziel, reale Freiheit zu gewährleisten, führen zur Notwendigkeit antragsunabhängiger Öffentlichkeit. Maßgeblich gestützt wird dieses Ergebnis auf die verfassungsstrukturellen Vorgaben des demokratischen Rechtsstaats, nicht auf im Rahmen von Art.  5 Abs.  1 Satz  1 HS  2 GG eigenständig anzustellende Erwägungen. Denn die verminderte Wirksamkeit der Informationsfreiheit im Falle des antragsabhängigen Zugangs lässt sich einer derartigen Ausgestaltung der Öffentlichkeit faktisch, nicht jedoch rechtlich entgegenhalten. 4. Zusammenfassung Die allgemein zugänglichen Quellen des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG sind Verfassungsbegriff. Als solche sind sie offen für systematische Erwägungen, nicht zuletzt für eine Ausgestaltung, die die Forderungen von Demokratie- und Rechts 770

Zur restriktiven Auslegung u. a. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 7.6.2012 – OVG 12 B 34.10 – juris Rn. 41. Aus der Literatur Schoch, VBlBW 2010, 333, 341 mit Verweis auf die BaFin-Fälle, u. a. VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 7.5.2009 – 7 L 676/09 (Unverhältnismäßigkeit bei Notwendigkeit der Durchsicht mehrerer tausend Seiten). Demgegenüber VG Frankfurt a. M., Urt. v. 23.1.2008 – 7 E 3280/06 (kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand bei der Durchsicht von 150–200 Aktenseiten). Daneben VGH Kassel, Beschl. v. 30.4.2010 – 6 A 1341/09 – juris Rn. 14 ff. (keine Unverhältnismäßigkeit bei ca. 5000 Seiten). 771 So auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 7.6.2012 – OVG 12 B 34.10 – juris Rn. 41, das Darlegungen dazu einfordert, dass die Gewährung des Informationszugangs die eigentliche Arbeit „völlig blockieren würde“. Ebenso VG Berlin, Urt. v. 1.6.2012 – 2 K 177.11 – juris Rn. 35. Eine „institutionelle Überforderung“ bei der Durchsicht von 1,2 Millionen Seiten nahm an VG Berlin, Urt. v. 12.10.2009 – 2 A 20.08 – juris Rn. 44 ff. Zudem die Erfolgsaussichten einbeziehend Debus, DVBl. 2013, 9, 16. 772 Statt aller Schoch, in: Schoch, IFG, § 9 Rn. 53.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

staatsprinzip in sich aufnimmt. Und sie sind offen in die Zeit. Die tatsächliche Entwicklung, die sich durch die Herausbildung des Internet im Besonderen und der Informations- und Kommunikationstechnologie im Allgemeinen fortwährend beschleunigt, und die den Stellenwert von Informationen stetig steigert, hat bei der Konkretisierung maßgebliche Berücksichtigung zu finden. Dies zugrunde gelegt, erfordert die allgemeine Zugänglichkeit die antragsunabhängige Zugänglichmachung in unaufbereiteter Form für jedermann, unabhängig von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten. Dies gilt grundsätzlich nicht nur dann, wenn sich den Staatsstrukturprinzipien bereits unmittelbar ein entsprechendes Gebot entnehmen lässt. Vielmehr werden die Anforderungen durch die Verankerung in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG in Allgemeingültigkeit überführt. Der Staat hat eine entsprechende umfassende Informationsinfrastruktur zu schaffen. IV. Ungehindertes Unterrichten Indem Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG die ungehinderte Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen schützt, der Modus des Unterrichtens mithin unmittelbar auf die Allgemeinzugänglichkeit bezogen ist, lassen sich der Informationsfreiheit zudem eigenständige Anhaltspunkte zur Konkretisierung der objektivrechtlichen Dimension entnehmen, so zur antragsunabhängigen Ausgestaltung.773 Der Schutz der ungehinderten Unterrichtung sichert in tatsächlicher Hinsicht die Allgemeinzugänglichkeit.774 Dem ist zweierlei zu entnehmen. Erstens ist das Verständnis des Unterrichtens weit gefasst. Erfasst wird nicht nur die passive Entgegennahme von Informationen, sondern auch deren aktive Beschaffung. Legt dies der reflexive Wortlaut nahe, ist es Ergebnis teleologischer Interpretation, daneben den Zustand des Informiertbleibens als vom Schutzbereich erfasst anzusehen. Dementsprechend ist die dauerhafte Verfügbarkeit der Informationen sicherzustellen. Ihre Speicherung ist zu gewährleisten.775 Zweitens gewährleistet die Informationsfreiheit einen ungehinderten Informationszugang und damit das Ausbleiben einer Behinderung. Die Eingriffsschwelle ist gering, jegliche tatsächliche oder rechtliche Erschwerung des Informationszugangs ein Eingriff. Dies schließt nicht aus, dass der Informationszugang von individuellen Voraussetzungen abhängig gemacht wird, die zwar auf Empfängerseite anzusiedeln sind, die anders als die individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten aber nicht unmittelbar in der Person des Rezipienten wurzeln.776 Dies 773 Zur Bezogenheit von „ungehindert“ auf die tatsächliche Allgemeinzugänglichkeit Bethge, in: Sachs, GG, Art. 5 Rn. 57b. 774 Bethge, in: Sachs, GG, Art. 5 Rn. 57b. 775 Grundlegend zum Schutzbereich bereits oben, 4. Teil, 5. Kap. B. vor I. 776 Zur voraussetzungslosen Öffentlichkeit im Sinne einer Unabhängigkeit von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten s. o., 4. Teil, 5. Kap. D. III. 2. 

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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können Voraussetzungen technischer Art sein, etwa die Verfügbarkeit einer entsprechenden Informationsinfrastruktur. Ein Eingriff ist jedoch anzunehmen, wenn die Allgemeinzugänglichkeit durch tatsächliche oder rechtliche Maßnahmen des Verfügungsberechtigten beeinträchtigt wird.777 Dies kann für Verzögerungen des Informationszugangs gelten [4. Teil, 5. Kap. D. IV. 1.].778 Zudem kann in jeglicher Beobachtung oder Registrierung eine derartige Beeinträchtigung erblickt werden [4. Teil, 5. Kap. D. IV. 2.]. Denn Be­ obachtung und Registrierung der Grundrechtsausübung durch den Staat können aufgrund ihrer abschreckenden Wirkung einem Verbot der Grundrechtsausübung gleichkommen. Was das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil feststellte, gilt auch für die Informationsfreiheit:779 „Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. Wer damit rechnet, daß etwa die Teilnahme an einer Versammlung oder einer Bürgerinitiative behördlich registriert wird und daß ihm dadurch Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte (Art. 8, 9 GG) verzichten. Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemein­ wesens ist.“780

Verzögerung wie die Gefahr der Beobachtung lassen die antragsunabhängige Ausgestaltung der Öffentlichkeit als notwendig erscheinen. 1. Verzögerung als Behinderung Die Verzögerung des Informationszugangs behindert den Unterrichtungsvorgang und stellt somit einen Eingriff in die Informationsfreiheit dar. Dies anerkennt auch das Bundesverfassungsgericht für den Fall einer unzumutbaren Verzögerung. Das Bundesverfassungsgericht konnte dabei dahinstehen lassen, wann eine Verzögerung als unzumutbar anzusehen ist.781

777 Zum Schutz der Allgemeinzugänglichkeit durch die Gewährleistung der ungehinderten Unterrichtung Bethge, in: Sachs, GG, Art. 5 Rn. 57b. 778 Grundlegend BVerfG, Beschl. v. 14.10.1969 – 1 BvR 30/66 – juris Rn. 29, 33 – BVerfGE 27, 88. 779 Hierzu instruktiv Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 308. Ebenso sieht SchmidtJortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 162 Rn. 42. 780 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a. – juris Rn. 148 – BVerfGE 65, 1.  781 BVerfG, Beschl. v. 14.10.1969 – 1 BvR 30/66 – juris Rn. 38 – BVerfGE 27, 88. Aufgegriffen wurde die Beeinträchtigung der Verzögerung im Kontext der öffentlichen Meinungsbildung anlässlich der Eilentscheidung über die verzögerte Ausstrahlung des Contergan-Films, BVerfG, Beschl. v. 29.8.2007 – 1 BvR 1225/07 u. a. – juris Rn. 40 – BVerfGK 12, 95.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Ausgehend vom Schutzzweck der Informationsfreiheit ist die Verzögerung zumindest dann als unzumutbar anzusehen, wenn die zugänglich gemachten Informationen aufgrund der späteren Veröffentlichung nicht mehr sinnvoll genutzt werden können.782 In Zeiten, in denen die zeitlich unbegrenzte Zugänglichkeit von Informationen aufgrund der technischen Möglichkeiten als Alltäglichkeit erlebt wird, und in denen sich die Entwicklung des Realbereichs stetig beschleunigt, kann die Verzögerung durch Antragsstellung und -bearbeitung bereits die Nutzbarkeit der Information erheblich beeinträchtigen und den Wert der Information mindern. Über den Wert einer Information entscheidet nicht allein deren Verfügbarkeit, sondern deren rechtzeitige Verfügbarkeit. So bedarf die demokratische wie die rechtsstaatliche Kontrolle der frühzeitigen Veröffentlichung, um wirksam zu sein. Gleiches gilt für die zukunftsgerichtete Legitimation. Und auch die Grundrechtsausübung ist auf zeitnahe Öffentlichkeit angewiesen, nicht zuletzt angesichts der in der Informationstechnologiegesellschaft wahrzunehmenden Beschleunigung. Obwohl die Schwelle zur Annahme der Unzumutbarkeit der Verzögerung sinkt, kann daraus kein Anspruch auf sofortige Herstellung abgeleitet werden. Schließlich fordert die Informationsfreiheit lediglich eine ungehinderte, nicht eine sofortige Unterrichtung. Behinderung und Verzögerung sind nicht gleichzusetzen. Um von Behinderung sprechen zu können, bedarf es einer qualifizierten Verzögerung. Qualifizierte Verstöße aber können auf Ebene der Ausgestaltung des Informationszugangsrechts ausgeschlossen werden. Entsprechende Regelungen, die eine unzumutbare Verzögerung des Informationszugangs auszuschließen suchen, finden sich bereits im nationalen Informationszugangsrecht. So normiert § 7 Abs. 5 Satz 1 IFG die Pflicht der Behörden zur unverzüglichen Zugänglichmachung. Satz 2 konkretisiert dies dahingehend, dass der Informationszugang innerhalb eines Monats erfolgen soll. Ebenso sehen Umweltinformationsgesetz und Verbraucherinformationsgesetz eine Monatsfrist zur Bescheidung des Antrags auf Informationszugang vor, § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UIG, § 5 Abs. 2 Satz 1 VIG. Ob die Monatsfrist als Regelfrist eine unzumutbare Verzögerung darstellt, mag dahinstehen. Denn jedenfalls hat der Gesetzgeber in Wahrnehmung seiner Gestaltungsbefugnis die Möglichkeit, die Frist auf ein zumutbares Maß zu verkürzen. Dass dieser Spielraum auf die unmittelbare, sofortige Zurverfügungstellung reduziert werden muss, kann trotz der Erfordernisse in der Informationstechnologiegesellschaft nicht angenommen werden. Die Notwendigkeit der antragsunabhängigen Ausgestaltung unter dem Gesichtspunkt der Verzögerung zu begründen, würde den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers missachten. Die Verzögerung ist vielmehr Konsequenz des staatlicherseits gewählten Verfahrens. Ist sie zumutbar, stellt sie keinen Eingriff in den ungehinderten Unterrichtungsvorgang dar.

782

Schmitt Glaeser, Jura 1987, 567, 572.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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2. Staatliche Beobachtung als Behinderung Anders als die durch die Antragsabhängigkeit ausgelöste Verzögerung fällt die Beurteilung der Grundrechtsrelevanz der faktisch möglichen staatlichen Beobachtung aus. a) Status Quo der Ausgestaltung der Antragsabhängigkeit Die antragsabhängige Ausgestaltung der Öffentlichkeit verpflichtet den späteren Informationsempfänger faktisch zur Offenlegung seiner Identität. Dies gilt nicht nur im Falle der persönlichen Antragsstellung. Auch bei postalischer Antragsstellung folgt die Preisgabe der eigenen Identität aus der Notwendigkeit einer Rückantwort. Gleiches gilt für die Nutzung personalisierter E-Mail-Adressen. Anonyme Anträge sind zwar denkbar, so bei der Nutzung von E-Mail-Adressen, die keine Rückschlüsse auf die Identität ihres Inhabers zulassen, oder bei anonymen Telefonaten. Allerdings sind telefonische Auskunftsbegehren auf Einzelauskünfte beschränkt. Antrag als Mittel der Identifizierung Dass die Antragsstellung auf die Offenlegung der Identität des Antragsstellers zielt, zeigt das einfache Informationszugangsrecht. § 4 Abs. 1 Satz 3 VIG fordert die Angabe von Namen und Anschrift als Soll-Vorgabe. Eine entsprechende ausdrückliche Normierung lässt sich Informationsfreiheitsgesetz wie Umweltinformationsgesetz zwar nicht entnehmen. Doch fordert das Informationsfreiheitsgesetz eine Begründung des Antragsstellers, sofern der Informationszugang private Interessen Dritter berühren würde, § 7 Abs.  1 Satz  3 IFG. Die Begründungspflicht kann Rückschlüsse auf die Identität des Antragsstellers zulassen. Vielfach wird die unmittelbare Offenlegung der Identität auch zwingend sein. Dass das Umweltinformationsgesetz von der Offenlegung der Identität des Antragsstellers ausgeht, zeigt § 4 Abs. 2 Satz 2 UIG. Behörden werden im Falle unbestimmter Anträge verpflichtet, dies der antragstellenden Person mitzuteilen. Die zugrunde liegenden Gesetzesbegründungen gehen sogar darüber hinaus. So heißt es in der Begründung des Informationsfreiheitsgesetzes, dass die öffentliche Stelle im Einzelfall einen schriftlichen Antrag verlangen kann. „Obwohl Schriftform nicht allgemein nötig ist, muss die Behörde die Identität des Antragsstellers feststellen können.“783 Für das Verbraucherinformationsgesetz heißt es, dass erst die Kenntnis der zuständigen Stelle von Namen und Anschrift des Antragsstellers 783 BT-Drs. 15/4493, S. 14. Die Literatur folgt dem überwiegend, vgl. nur Fluck, in: Fluck/ Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A II – § 7 IFG Bund Rn. 44 m. w. N. Kritisch jedoch Schoch, in: Schoch, IFG, § 7 Rn. 17.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

eine ordnungsgemäße Antragsbearbeitung ermöglicht.784 Führt das Informationsbegehr zur Beteiligung Dritter, wird die Offenlegung der Identität zudem als „sachund interessengerecht“ eingestuft. Nicht nur gegenüber den öffentlichen Stellen, auch gegenüber dem betroffenen Dritten „besteht kein schutzwürdiges Interesse des Antragsstellers an der Geheimhaltung seiner Identität, denn er begehrt Zugang zu Informationen eines Dritten, die an sich gesetzlich geschützt sind.“785 Ähnliche Erwägungen liegen dem Informationsfreiheitsgesetz zugrunde.786 b) Identifizierbarkeit als Behinderung der Unterrichtung Der Gesetzgeber und mit ihm ein Großteil der Literatur sehen die Preisgabe der Identität als unproblematisch an.787 Diese Ansicht übersieht jedoch, dass die mit der Antragsabhängigkeit einhergehende Preisgabe der Identität einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.788 aa) Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung Die Antragsabhängigkeit des Individualzugangs ermöglicht dem Staat, die grundrechtliche Betätigung des Einzelnen zu erfassen. Der Staat erlangt unmittelbare Kenntnis von der Grundrechtsausübung, kann diese also beobachten, gegebenenfalls auch speichern. Je mehr Anträge gestellt werden, desto mehr Rückschlüsse können die informationspflichtigen Stellen ziehen. Die Beobachtung der Grundrechtsausübung wird mit der Zahl der Anträge intensiver. Die Antragsabhängigkeit des Informationszugangs ist demnach ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art.  2 Abs.  1 i. V. m. Art.  1 784

BT-Drs. 17/7374, S. 17. BT-Drs. 17/7374, S. 27. 786 BT-Drs. 15/4493, S. 14: „Auch der Dritte muss über die Identität des Antragstellers unterrichtet werden, bevor er über seine Zustimmung zur Freigabe seiner personenbezogenen Daten oder seiner Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse entscheidet.“ Die Datenübermittlung an den Dritten nach BDSG beurteilt Fluck, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A II – § 7 IFG Bund Rn. 45. 787 So etwa für das IFG Fluck, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A II – § 7 IFG Bund Rn. 44; Rossi, in: IFG, § 7 Rn. 11; für das UIG Scherzberg, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, A III – § 4 UIG Bund Rn. 16. 788 Zur Angabe der Personalien als Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung BVerfG, Beschl. v. 7.3.1995 – 1 BvR 1564/92 – juris Rn. 21 – BVerfGE 92, 191. Zum Gebot, Verwaltungsleistungen im Rahmen des Möglichen anonym oder pseudonym anzubieten Roßnagel, MMR 2007, 16, 20.  Den Konnex zwischen Antragsabhängigkeit und Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stellt her Weber, RDV 2005, 243, 250. Kritisch zur Annahme, dass es im Verfahrensermessen der Behörde liegt, vom Antragssteller die Angabe der Personalien zu fordern Schoch, in: Schoch, IFG, § 7 Rn. 17. 785

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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Abs. 1 GG. Schließlich schützen die Grundrechte und mit ihnen die informationelle Selbstbestimmung nicht nur vor rechtlichem Zwang, sondern auch vor faktischen Maßnahmen des Staats, die den Einzelnen an der Grundrechtsausübung hindern oder die die Grundrechtsausübung erschweren.789 Die Beobachtung durch den Staat kann auf den Einzelnen einschüchternd, ja abschreckend wirken und ihn von der Grundrechtsausübung abhalten.790 Die hemmende Wirkung ist dabei unabhängig von der tatsächlichen Beobachtung und Registrierung seitens des Staats anzunehmen.791 Denn der Informationssuchende weiß nicht, ob und in welchem Umfang der Staat sein Verhalten registriert und archiviert. bb) Keine Einwilligung In der Antragstellung kann kein Verzicht auf den Schutz des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art.  1 Abs.  1 GG erblickt werden. Der Umfang des Grundrechtsschutzes wird nicht auf Grundlage einer rechtsverbindlichen Einwilligung des Grundrechtsträgers gemindert.792 Hätte der Einzelne die Wahl, einen personalisierten Antrag zu stellen oder sich anonym und unmittelbar zu informieren, könnte in der Antragsstellung unter Preisgabe der Identität ein selbstbestimmtes Verhalten erblickt werden, das der Annahme einer Beeinträchtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung entgegensteht. Die Erfüllung des Informationsbegehrs bei anonymer Antragsstellung ist jedoch in der Regel unmöglich.793 Der Einzelne hat jenseits der Nutzung anonymer E-Mail-Adressen keine Alternative zur Stellung eines personalisierten Antrags. Er verzichtet nicht freiwillig auf die Grundrechtsausübung, da die Existenz einer anonymen E-Mail-Adresse nicht vorausgesetzt werden kann. Eine wirksame Einwilligung liegt nicht vor. Der Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG stellt eine Behinderung des Unterrichtungsvorgangs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG dar. c) Keine Rechtfertigung Die Schaffung einer antragsunabhängigen Informationsinfrastruktur ist technisch möglich. Sie ist wie im Umweltrecht und im Kontext von Geodaten bereits 789

Krebs, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. V, § 108 Rn. 82; Schmitt Glaeser, Jura 1987, 567, 572. Allgemein zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Schutz vor staatlicher, insbesondere systematischer Beobachtung Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Rn. 173 ff. 791 Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 80 i. V. m. Rn. 99. 792 Grundlegend zur Rechtsfigur des Grundrechtsverzichts Bethge, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 203 Rn. 93 ff. 793 Schoch, in: Schoch, IFG, § 7 Rn. 17. 790

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

bereichsspezifische Realität. Mit der antragsabhängigen Ausgestaltung einhergehende Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung können nicht unter Verweis auf die technische Alternativlosigkeit gerechtfertigt werden. Die Antragsabhängigkeit ist nicht erforderlich. Auch soweit der Informationszugang berechtigte Interessen Dritter beeinträchtigt, ist die Kenntnis von der Identität des Antragsstellers für die Herstellung öffentlicher Zugänglichkeit nicht erforderlich. Denn die Informationsfreiheit gewährt voraussetzungslosen Schutz, unabhängig von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten. Eine Begründung des Informationsbegehrs ist demnach entbehrlich. Die Offenlegung der Identität des Antragsstellers lässt sich weder mit technischen noch mit inhaltlichen Gründen rechtfertigen. „Öffentliche Zugänglichkeit auf Antrag“ Die antragsunabhängige Ausgestaltung kann zwar nicht unmittelbar mit der Ausgestaltung öffentlicher Zugänglichkeit gleichgesetzt werden. Doch ist die Schaffung öffentlicher Zugänglichkeit faktisch die Folge einer antragsunabhängigen Ausgestaltung. Der „öffentlichen Zugänglichkeit auf Antrag“ ist jedenfalls die Grundrechtsrelevanz des Antrags entgegenzuhalten. Zudem ist der Mehrwert einer derartigen öffentlichen Zugänglichmachung auf Antrag nicht ersichtlich. Mag im Rahmen des Demokratieprinzips die Antragsstellung Indiz für das Informationsinteresse und damit für die Thematisierung im Rahmen des demokratischen Diskurses sein, kann ein Bedürfnis nach antragsunabhängiger Öffentlichkeit bereits dem Rechtsstaat und dessen Ziel nach Kontrolle der Staatsgewalt entnommen werden. Die Antragsabhängigkeit ist auch bei Schaffung öffentlicher Zugänglichkeit nicht gerechtfertigt. Der Staat hat die Informationsinfrastruktur aktiv öffentlich zugänglich zu machen. 3. Zusammenfassung und Ausblick Die antragsabhängige Ausgestaltung der Öffentlichkeit würde zu nicht rechtfertigungsfähigen Grundrechtseingriffen führen. Die Identifizierbarkeit des Antragsstellers auf Grundlage des Antrags kann einschüchternde Wirkung entfalten und den Einzelnen von der Grundrechtsausübung abhalten. Die staatlicherseits zu gewährleistende Informationsinfrastruktur hat angesichts des Schutzes der ungehinderten Unterrichtung antragsunabhängig zu sein. Die Gewährleistung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG bedarf in organisatorischer Hinsicht der aktiven Herstellung der öffentlichen Zugänglichkeit seitens des Staats.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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4. Exkurs: Sicherstellung der Auffindbarkeit Die bloße öffentliche Zugänglichkeit genügt nicht, um die Wirksamkeit der öffentlichen Zugänglichmachung zu gewährleisten. Die Gewährleistung der Auffindbarkeit der Informationen bedarf der aktiven Sicherstellung durch den Staat. Schon 2003 wies der Bundesgerichtshof auf die Notwendigkeit der Auffindbarkeit von Inhalten hin. Sie ist Ausfluss des „Allgemeininteresse[s] an der Funktionsfähigkeit des Internets“. Konkret heißt es zur Bedeutung von Suchmaschinen, dass ohne Suchmaschinen und den Einsatz von Hyperlinks „die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren Informationsfülle im World Wide Web praktisch ausgeschlossen“ ist.794 In Zeiten des Social und Semantic Web gilt dies unverändert fort. Lediglich die Modi der Sicherstellung der Auffindbarkeit unterliegen der ständigen Revision, wie schon die Betrachtung der demokratischen und rechtsstaatlichen Öffentlichkeitsgebote gezeigt hat. Unverändert erleichtert die Zugänglichmachung an einem leicht auffindbaren Ort die Auffindbarkeit. Daneben kann sie durch die Verschlagwortung mit Metadaten und die Suchmaschinenindexierung sichergestellt werden. Dies gilt in besonderem Maße, wenn die Metadaten die Standards erfüllen, die Linked Open Data stellt. Sie erleichtern die Verknüpfung mit Daten aus anderen Kontexten.795 V. Informationsfreiheit als Ausgangspunkt der rechtlichen und technischen Weiterverwendbarkeit Indem Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG den Vorgang der ungehinderten Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen schützt, scheinen sich der Informationsfreiheit keine Anforderungen an die Weiterverwendbarkeit entnehmen zu lassen. Allerdings ist anerkannt, dass die Informationsfreiheit neben dem Informationsvorgang auch den Zustand des Informiertseins schützt.796 Dies kann die Möglichkeit der Speicherung der Information auf Seiten des Rezipienten erforderlich machen. Die Speicherung der zugänglich gemachten Information wird selbst dann vom Schutz der Informationsfreiheit erfasst, wenn die Fähigkeit zur Speicherung dem Informationsträger nicht immanent ist. So kann es im Falle der Akteneinsicht notwendig werden, die Möglichkeit zur Herstellung einer Kopie zu eröffnen. Zudem ist neben dem technischen Unterrichtungsvorgang auch die Möglichkeit zur intellektuellen Verarbeitung als geschützt anzusehen. Die Informationsfreiheit schützt den Vorgang des sich Unterrichtens bzw. des sich Informierens. Infor 794

BGH, Urt. v. 17.7.2003 – I ZR 259/00 – juris Rn. 68 – BGHZ 156, 1. Zu Linked Open Data bereits oben, 2. Teil, 1. Kap. A. II. 796 s. o., 4. Teil, 5. Kap. B. vor I., sowie statt aller Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 51; Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 108. 795

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

mation bedeutet Zustandsänderung.797 Zur Änderung des intellektuellen Zustands bedarf es seinerseits der intellektuellen Verarbeitung. Die intellektuelle Verarbeitung unterfällt dem Schutzbereich der Informationsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG. Zudem lässt sie sich dem Telos der Informationsfreiheit entnehmen. Die Informationsfreiheit ist nicht Selbstzweck. Sie ist Voraussetzung der Meinungsfreiheit und der sonstigen Grundrechtsausübung. Dazu bedarf es der geistigen Verarbeitung der rezipierten Informationen.798 Eine Weiterverwendung im Sinne der Informationsöffentlichkeit kann in der intellektuellen Verarbeitung jedoch nicht gesehen werden. Die Weiterverwendung geht über die intellektuelle Wahrnehmung und auch über die Weiterverwendung des durch sie erlangten Wissens hinaus. Weiterverwendung im Sinne der Informationsöffentlichkeit ist die jenseits des eigentlichen Informationsvorgangs liegende Nutzung der Informationen in der zugänglich gemachten Gestalt, vor allem die Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung sowie die Vervielfältigung. Als interner, nicht nach außen tretender Vorgang greift die intellektuelle Verarbeitung rechtmäßig öffentlich zugänglich gemachter Informationen nicht in Rechte Dritter ein. Daher sind beide nicht der Weiterverwendung zuzuordnen. Bei der Weiterverwendung im Sinne der Informationsöffentlichkeit sind Rechte Dritter demgegenüber beachtlich. 1. Voraussetzungen des Unterrichtungsvorgangs Wenn auch nicht Teil  der Weiterverwendung, sondern dieser vorgelagert, ist die Möglichkeit zur intellektuellen Verarbeitung der zugänglich gemachten Informationen, d. h. des sich Informierens und der Nutzung des so gewonnenen Wissens. Herkömmlicherweise ist der Informationsvorgang individuell an die Person des Informationsempfängers gebunden. Die intellektuelle Verarbeitung ist vom Schutzbereich der Informationsfreiheit erfasst. Die Maschinenlesbarkeit würde die intellektuelle Verarbeitung um die Möglichkeit der automatisierten Auswertbarkeit ergänzen.799 Angesichts der Quantität der Daten und Datenprodukte ist dies von zunehmender Bedeutung. Die Vielzahl der vorhandenen Informationen erschwert die individuelle Auswertung. Dies gilt in besonderem Maße, wenn die Auffindbarkeit einzelner Informationsinhalte mittels Suchfunktion unterbunden wird.

797

Umfassend zum Informationsbegriff s. o., 3. Teil, 2. Kap. A. I. 1.  Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 162 Rn.  41; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 1413. Zum Verhältnis der Informationsfreiheit zum Schutz der Meinungs- und Willensbildung auch Schemmer, in: BeckOK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 23. 799 Zum Inhalt der Maschinenlesbarkeit s. o., 3. Teil, 2. Kap. A. II. 2. b). 798

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

487

Indem die Maschinenlesbarkeit die Auffindbarkeit einzelner Informationsinhalte mittels Suchfunktion im Besonderen wie die darüber hinausgehende automatische Auswertbarkeit im Allgemeinen sicherstellt, ist sie als rechtspolitische Zielvorstellung unbestritten. Angesichts der technologischen Entwicklung bedarf die intellektuelle Verarbeitung der vorgeschalteten automatisierten Auffindbarkeit und Auswertbarkeit. Die Maschinenlesbarkeit ist damit rechtspolitisch wünschenswert. Zudem sind entgegenstehende Interessen nicht ersichtlich, insbesondere für den Fall der Zugänglichmachung künftig anfallender Informationen. Denn die Verwendung maschinenlesbarer Formate kann frühzeitig sichergestellt werden. Dennoch handelt es sich grundsätzlich lediglich um die Optimierung des Unterrichtungsvorgangs und damit nicht um eine rechtlich durchsetzbare Gestaltungsvorgabe als Ausfluss des Mindestgewährleistungsgehalts der Informationsfreiheit. Denn unmöglich ist die individuell, nicht-automatisierte Informationsverarbeitung nicht. 2. Weiterverwendbarkeit in der Informationstechnologiegesellschaft Technische wie rechtliche Weiterverwendbarkeit sind nicht der Informationsfreiheit, sondern den sonstigen Freiheitsgrundrechten zuzuordnen. In Betracht kommen allen voran die Meinungs- und Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 GG, die Berufsfreiheit, Art. 12 GG, sowie die Wissenschaftsfreiheit, Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Im Interesse einer wirksamen Grundrechtsausübung ist die Weiterverwendbarkeit staatlicher Informationen rechtspolitisch als wünschenswert anzusehen. Die Weiterverwendbarkeit weitet den Handlungsspielraum des Individuums aus. Dies gilt nicht zuletzt angesichts des enormen wirtschaftlichen Potenzials von Informationen. a) Kein Optimierungsgebot Dem rechtspolitischen Wunsch ist jedoch wiederum der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers entgegen zu halten. Die Verfassung verpflichtet den Gesetzgeber nicht zur Ermöglichung optimaler Grundrechtsausübung, zumal es eine optimale Verwirklichung in multipolaren Interessenlagen nur im Einzelfall, nicht aber generalisiert geben kann. Die Optimierung eines Grundrechts ginge auf Kosten eines anderen. Dem mag man im Falle der öffentlichen Zugänglichkeit von Informationen zwar entgegenhalten, dass sämtliche Grundrechtsträger von der rechtlichen wie technischen Möglichkeit der Weiterverwendung staatlicher Informationen profitieren würden. Eine Bevorzugung einzelner Grundrechtsträger durch die Leistung findet nicht statt. Selbst dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass der Staat nur zur Sicherstellung der Grundrechtsausübung verpflichtet ist.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

Dem grundrechtlichen Mindestgewährleistungsgehalt kann die freie Weiter­ verwendbarkeit nicht zugeordnet werden. Die Weiterverwendbarkeit eröffnet zwar neue Handlungsfelder, etwa der wirtschaftlichen Betätigung, sie verbessert die Wirksamkeit der Grundrechtsausübung. Doch indem das aufgrund staatlicher Informationen erlangte Wissen nutzbar gemacht werden kann, hängt die Grundrechtsausübung nicht zwingend von der Weiterverwendbarkeit auch der Informationen ab. b) Vorrang der Weiterverwendbarkeit auf Abwägungsebene Auch wenn die Weiterverwendbarkeit weder zur Sicherstellung des Informationsvorgangs noch zur Ausübung der informationsabhängigen Freiheitsgrundrechte erforderlich ist und somit der Verfassung keine rechtlich durchsetzbare Verpflichtung entnommen werden kann, kann im Rahmen einer Abwägung eine Aussage zum grundsätzlichen Verhältnis der Ermöglichung der Weiterverwendung der zugänglich gemachten Informationen zu deren Ausschluss getroffen werden. Ausgangspunkt ist die Anerkennung der Verfügungsbefugnis des Staats. In den Grenzen der Rechtmäßigkeit und des Gemeinwohls verfügt die Staatsgewalt über einen Gestaltungsspielraum bei der Aufgabenerfüllung. Der staatlichen Verfügungsbefugnis ist die Bedeutung der Weiterverwendbarkeit von Informationen in der Informationstechnologiegesellschaft entgegenzuhalten. Ihr Gewicht stützt sich nicht nur auf die wachsende Informationsabhängigkeit der Individuen und den wachsenden wirtschaftlichen Wert von Informationen. Hinzu kommt, dass die möglichst weite Verbreitung staatlicher Informationen sowie die geistige Auseinandersetzung mit ihnen, etwa im Wege der Aufbereitung und anschließenden Nutzung, auch der Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaats zugutekommen. Auf Abwägungsebene überwiegt das inhaltliche Interesse grundsätzlich die freie Verfügungsbefugnis des Staats. Vergleichbare Erwägungen hat der Gesetzgeber schon früh angestellt. 1962 formulierte er im Interesse des demokratischen Rechtsstaats einen Vorrang der Weiterverbreitung und Weiterverwendung staatlicher Informationen vor dem staatlichen Urheberrecht. Im Interesse der möglichst umfassenden Verbreitung ist der Urheberrechtsschutz bestimmter amtlicher Werke, allen voran von Gesetzen, Verordnungen, amtlichen Erlassen oder Bekanntmachungen, ausgeschlossen, § 5 Abs. 1 UrhG. Im Falle amtlicher Werke, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht werden, ist der Schutz des Urhebers eingeschränkt, § 5 Abs. 2 UrhG.800 Denn „eine schutzwürdige persönliche Beziehung zwischen Urheber und Werk“ besteht im Regelfall nicht. Die Verfasser haben „entweder überhaupt kein Interesse an der Verwertung ihrer Leistungen“ oder 800 Umfassend zu § 5 UrhG bereits oben, 2. Teil, 2. Kap. A. I. 1. b), sowie 3. Teil, 2. Kap. A. II. 2. c).

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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„ihre Interessen [müssten] hinter denen der Allgemeinheit zurücktreten“. Gleichzeitig ist das öffentliche Interesse auf eine „möglichst weite Verbreitung solcher Werke“ gerichtet.801 Die Person des Urhebers tritt hinter das Amt zurück.802 Eine entsprechende Argumentation findet sich in jüngster Zeit auf europäischer Ebene in der Revision der PSI-Richtlinie. Sofern die Staatsgewalt Informationen zugänglich macht, ist die Weiterverwendbarkeit grundsätzlich sicherzustellen.803 Der europäische Gesetzgeber trägt damit ausweislich der Erwägungsgründe den Bedürfnissen der Informationstechnologiegesellschaft Rechnung.804 Der Weiterverwendbarkeit kommt damit schon jetzt der theoretische Vorrang zu. Eine Abwägung vermag jedoch nur rechtspolitische Ziele zu formulieren. Rechtliche Durchsetzbarkeit geht damit nicht zwingend einher. Rechtlich durchsetzbar ist ein Abwägungsergebnis nur, sofern die Verwirklichung verfassungsrechtlicher Ziele und Aufgaben andernfalls nicht möglich wäre. Selbst in der Informationstechnologiegesellschaft obliegt es damit der gesetzgeberischen Gestaltung, den Umfang der Weiterverwendbarkeit, d. h. der technischen und rechtlichen Möglichkeiten der Weiterverwendung der staatlichen Daten und ihrer Produkte zu bestimmen. VI. Zusammenfassung Die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG ist durch ihre Doppelnatur als Individualrecht und konstitutive Bedingung des demokratischen Rechtsstaats gekennzeichnet. Dementsprechend lassen sich ihr die Pflicht des Staats, die organisatorisch-institutionellen Voraussetzungen der Informationsfreiheit zu schaffen, ebenso entnehmen wie die Anforderungen, die an die inhaltliche Konkretisierung zu stellen sind. Die vom Staat zu schaffende Informationsinfrastruktur hat jedermann voraussetzungslos zugänglich zu sein. Die Zugangsgewährung darf nicht von persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten abhängig gemacht werden. Auch die Ausgestaltung als antragsabhängige Zugänglichkeit lässt sich nicht mit der Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG vereinbaren. Zwar kann ein Antrag im Einzelfall weitergehende Informationen auf Grundlage eines individuellen, von sonstigen Grundrechten geschützten Interesses erschließen. Die Schaffung der organisatorisch-institutionellen Voraussetzungen der Informationsfreiheit gilt hingegen gegenüber jedermann und bedarf keiner Aktivierung im Wege der Antragsstellung. Die Informationsfreiheit bedarf der Schaffung öffent 801

BT-Drs. IV/270, S. 39. Arnold, ZUM 1999, 283, 285. 803 Insbesondere zur Revision der PSI-Richtlinie, die einen Anspruch auf Weiterverwendbarkeit normiert s. o., 2. Teil, 2. Kap. A. IV. 2. b). 804 RL 2013/37/EU, insb. Erwägungsgrund 8. 802

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

licher Zugänglichkeit. Öffentlich zugänglich zu machen sind dabei die Primärquellen. Eine ergänzende Aufbereitung ist möglich, aber nicht zwingend. Die Ausgestaltung der öffentlichen Zugänglichkeit als Informationsöffentlichkeit, d. h. die Gewährleistung auch der technischen und rechtlichen Weiterverwendbarkeit, ist rechtspolitisch wünschenswert. Der rechtlichen wie technischen Weiterverwendungsmöglichkeit kann ein programmatischer Grundsatzcharakter eingeräumt werden. Doch kann die Staatsgewalt von diesem Programmgrundsatz abweichen und die Weiterverwendung nicht ermöglichen.805 Dies gilt auch für die Optimierung der Möglichkeiten zur intellektuellen Verarbeitung der staatlichen Informationen.

E. Ergebnis Die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG ist nicht auf ihren abwehrrechtlichen Gehalt beschränkt. Ein abwehrrechtliches Verständnis würde den Herausforderungen nicht gerecht, die die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie mit sich bringt. Angesichts des Wandels der Beziehung zwischen Staat und Bürger und den Bedürfnissen der Informationstechnologiegesellschaft gewinnt die objektiv-rechtliche Dimension an Bedeutung. Im Kontext der Informationsfreiheit ist dabei die Pflicht des Staats hervorzuheben, die organisatorisch-institutionellen Voraussetzungen sicherzustellen, die zur ungehinderten Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen erforderlich sind. Dies verpflichtet den Staat zum Tätigwerden. Da die grundrechtlichen Gewährleistungen jedoch nicht nur rechtliche Freiheit sichern, mithin nicht nur die Abwesenheit des Staats, sondern auch die reale Ausübbarkeit der Grundrechte durch den Staat, steht die Annahme organisatorisch-institutioneller Verpflichtungen nicht in Widerspruch zur grundsätzlichen Zurückhaltung gegenüber der Herleitung staatlicher Leistungspflichten unmittelbar aus der Verfassung. Dies gilt umso mehr, als die Wirksamkeit der Informationsfreiheit als Abwehrrecht maßgeblich von organisatorischen Voraussetzungen abhängt. Allerdings ist dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum einzuräumen. Der Inhalt der staatlichen Verpflichtung ergibt sich aus der Konkretisierung der allgemein zugänglichen Quellen. Diese sind im Falle staatlicher Verfügungsgewalt und -befugnis weder nach den objektiven Gegebenheiten zu bestimmen noch nach dem einfachen Recht. Es handelt sich um einen Verfassungsbegriff, der als Ausfluss der systematischen Auslegung in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Verfassung sowie unter Berücksichtigung der Erfordernisse, die der Wandel des Realbereichs mit sich bringt, zu konkretisieren ist. Dies führt zu dem Ergebnis, dass staatliche Informationen als allgemein zugängliche Quellen anzusehen sind. 805

Zur Begründung von Ausnahmen Schoch, NVwZ 2006, 872, 874 f.

5. Kap.: Öffentlichkeit und Informationsfreiheit

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Ausnahmen von dieser regelhaften Zuordnung sind möglich, aber rechtfertigungsbedürftig, Art. 5 Abs. 2 GG. In Hinblick auf die Ausgestaltung der umfassenden Öffentlichkeit des Staatshandelns erfordert die Herstellung von Allgemeinzugänglichkeit dreierlei: Erstens hat der Staat die Daten und Datenprodukte, die seiner Verfügungsbefugnis unterliegen, in unaufbereiteter Form zugänglich zu machen. Die zu schaffende Informationsinfrastruktur hat eine primäre zu sein, Roh- bzw. Basisdaten sind zu veröffentlichen. Eine ergänzende Aufbereitung ist jedoch nicht ausgeschlossen. Zweitens hat der Zugang jedermann voraussetzungslos offenzustehen. Die Zugänglichkeit darf nicht von persönlichen Eigenschaften oder Fähigkeiten abhängig gemacht werden. Drittens legt bereits der Wortlaut der „allgemein zugänglichen Quellen“ in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG nahe, dass die organisatorische Verpflichtung des Staats auf die Herstellung öffentlicher Zugänglichkeit gerichtet ist. Die Beschränkung der Informationsinfrastruktur auf individuelle, antragsabhängige Zugangsrechte würde den Anforderungen, die die Informationstechnologiegesellschaft stellt, nicht gerecht. Der antragsabhängige Zugang wäre keine ungehinderte Unterrichtung. Er griffe aufgrund der damit einhergehenden Identifizierbarkeit des Antragstellers in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, ein, was seinerseits eine mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG nicht zu vereinbarende, nicht rechtfertigungsfähige Behinderung wäre. Der Staat hat die seiner Verfügungsgewalt und -befugnis unterliegenden In­ formationen öffentlich zugänglich zu machen. In den Worten des § 19a UrhG hat der Staat die der Veröffentlichung unterliegenden Informationen derart zugänglich zu machen, dass sie den Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind. Die inhaltliche Bestimmung der Grenzen zwischen grundsätzlicher allgemeiner Zugänglichkeit und ausnahmsweiser Beschränkung der Öffentlichkeit obliegt dem Gesetzgeber.806 Bei der Austarierung ist der Grundsatzcharakter der öffentlichen Zugänglichkeit zu wahren. Die Zugänglichkeit von Informationen ist Existenz- und Funktionsbedingung des Einzelnen wie des Staats. Lediglich in dem Fall, in dem der Zugang zur staatlicherseits zu schaffenden Informationsinfrastruktur nicht gewährleistet werden kann, tritt ein individueller Zugangsanspruch neben die öffentlich zugänglichen Informationsquellen. Nur so kann vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung vermieden werden. Ebenso obliegt es dem Gesetzgeber, die technische und rechtliche Weiterverwendbarkeit der öffentlich zugänglich gemachten Informationen zu normieren. Denn die Ausübbarkeit der Grundrechte hängt nicht von der Möglichkeit zur Wei 806 Statt aller zur Einordnung der Bestimmung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses als politische Frage Kloepfer, K&R 2006, 19, 21.

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4. Teil: Verfassungsrechtliche Verankerung

terverwendung ab, zumal das aus den öffentlichen Informationen erlangte Wissen nutzbar gemacht werden kann. Dennoch ist die freie Weiterverwendbarkeit rechtspolitisch wünschenswert und rechtlich als programmatischer Grundsatz anzusehen. Denn die freie Weiterverwendbarkeit entfaltet im Rahmen der Abwägung grundsätzlich ein höheres Gewicht als die freie Verfügungsbefugnis der Staatsgewalt. Informationen sind zentrale Handlungsvoraussetzung des Individuums, die in der Informationstechnologiegesellschaft alle Lebensbereiche erfasst. Zur praktischen Wirksamkeit wird der staatlichen Verpflichtung durch ein korrespondierendes subjektives Recht verholfen. Angesichts des grundsätzlichen Gleichlaufs von objektiver Pflicht und subjektivem Recht im Allgemeinen sowie angesichts der individuellen Angewiesenheit auf die Sicherstellung der organisatorisch-institutionellen Voraussetzungen im Besonderen ist ein subjektives Recht auf Herstellung von Informationsöffentlichkeit zu bejahen. Die genaue Ausgestaltung obliegt dem Gesetzgeber. Kommt die Staatsgewalt ihren organisatorischen Pflichten nicht nach, ist der Informationszugang zumindest individuell zu gewährleisten. Gleiches gilt vor dem Hintergrund de Art. 3 Abs. 1 GG im Falle fehlender Möglichkeiten zum Zugriff auf die öffentlich zugängliche Informationsinfrastruktur. Indem der Öffentlichkeitsgrundsatz des Grundgesetzes auf Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip gründet, in der Informationsfreiheit jedoch seinen Kristallisationspunkt hat, lässt sich zusammenfassend zu seiner Reichweite feststellen, dass Informationen in der Verfügungsbefugnis des Staats und damit jedenfalls Daten und Datenprodukte, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen dienen, allgemein zugängliche Quellen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG sind. Sie sind öffentlich zugänglich zu machen. Auf die Bereitstellung der entsprechenden Informationsinfrastruktur hat der Einzelne einen Anspruch. Die Dimension der öffentlichen Zugänglichkeit der Informationsöffentlichkeit ist vom Öffentlichkeitsgrundsatz des Grundgesetzes erfasst. Weiter reicht der Programmauftrag des Grundgesetzes in der Informationstechnologiegesellschaft. Ihm lässt sich neben der öffentlichen Zugänglichmachung die Forderung entnehmen, die technische und rechtliche Weiterverwendung der zugänglich gemachten Informationen zu ermöglichen. Rechtlich zwingend ist die Gewährleistung der Weiterverwendbarkeit jedoch nicht. Die Informationsinfrastruktur des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG und damit die vom Öffentlichkeitsgrundsatz des Grundgesetzes geforderte Öffentlichkeit ist nicht zwingend Informationsöffentlichkeit. Doch sie sollte es sein.

5. Teil

Zusammenfassung und Ausblick Das Grundgesetz fordert die umfassende öffentliche Zugänglichmachung des Staatshandelns. Das Öffentlichkeitsgebot des Grundgesetzes, das als Grundlage eines auf öf­ fentliche Zugänglichmachung gerichteten Gesetzgebungsauftrags1 anzusehen ist, wird von den drei Säulen Demokratie, Rechtsstaat und Informationsfreiheit getragen und vom Republikprinzip zusätzlich gestützt. Kristallisationspunkt ist die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG. Sie vereint die Publizitätsund Transparenzgebote der Staatsstrukturprinzipien in Hinblick auf Inhalt und Form der Öffentlichkeit. Dabei ergänzen sich die einzelnen Öffentlichkeitsforderungen nicht nur. Sie verstärken sich. Gemeinsam geben sie dem verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgrundsatz Gestalt. In diesem integralen Verständnis lässt sich dem Grundgesetz eine gemeinsame, tragende Vorstellung von Öffentlichkeit entnehmen: Die Öffentlichkeit erfasst sämtliches Staatshandeln und damit auch den Inhalt der Informationsöffentlichkeit, mithin sämtliches Handeln staatlicher Stellen im öffentlichen Interesse. Die Informationen sind jedermann unabhängig von individuellen Eigenschaften oder Fähigkeiten zu eröffnen. Eine inhaltliche Aufbereitung ist ausgeschlossen. Und die Öffentlichkeit ist entsprechend der Gewährleistungspflicht des Staats von diesem aktiv herzustellen. Lediglich das Gebot der Weiterverwendbarkeit lässt sich dem Öffentlichkeitsgrundsatz nicht verfassungsunmittelbar entnehmen, was an dem rechtspolitischen Ziel ihrer Gewährleistung jedoch nichts zu ändern vermag. Nicht das Grundgesetz, sondern die politische Forderung nach Öffnung und die sie tragende gesellschaftliche Entwicklung sind Grundlage der Herleitung der Informationsöffentlichkeit aus dem Grundgesetz. Sie sind zugleich Ausgangspunkt der Zusammenfassung der Arbeit [5. Teil, 1. Kap.] und des Ausblicks auf die künftige Entwicklung [5. Teil, 2. Kap.].

1 In diese Richtung zu Art. 5 GG bereits Nolte, DÖV 1999, 363, 369 zum Akteneinsichtsrecht.

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

1. Kapitel

Zusammenfassung I. Ausgangspunkt Sowohl die reale Entwicklung als auch die Erkenntnisse fachfremder Wissenschaften wirken auf das System des Rechts zurück. Dies gilt in besonderem Maße für reale Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse, die wie die Öffnung des Staats im Recht angelegt sind. Sie können mit den Mitteln des Rechts in das System des Rechts integriert werden. Der Gesetzgeber kann dem Wandel der Realität und fachfremden Erkenntnissen in weitem Umfang Rechnung tragen. Im Rahmen seines Gestaltungsspielraums kann er rechtspolitische Erwägungen anstellen. Er kann rechtsvergleichende Betrachtungen ebenso zur Grundlage der Fortentwicklung der Rechtsordnung erheben wie außerrechtliche Erkenntnisse. Die Möglichkeiten der Rechtsanwendung zur Berücksichtigung des Wandels sind demgegenüber eingeschränkt. Der Wortlaut bildet eine nicht zu überwindende Grenze. Dennoch kann in seinem Rahmen eine Anpassung des Rechts geboten sein. Es ist Ausdruck teleologischer Auslegung, die Funktionsfähigkeit des Rechts in die Zeit hinein aufrechtzuerhalten. Sofern das Recht andernfalls seine Wirkung verliert und sofern der Wandel der Realität von Dauer ist, hat die Rechtsanwendung die Entwicklung im Wege der Auslegung zwingend zu berücksichtigen. Dies gilt in besonderem Maße für das Grundgesetz. Es ist auf Dauer angelegt und in seinen Formulierungen offen. II. Open Government als Demokratietheorie Die Idee der Öffnung des Staats für den Bürger lässt sich in Form der Herstellung von Öffentlichkeit und der Ermöglichung von Beteiligung bis zu den Demokratietheorien der Antike zurückverfolgen. Die Bedeutung, die die einzelnen Demokratietheorien den Dimensionen Öffentlichkeit und Beteiligung seither beimessen, variiert. Öffentlichkeit und Beteiligung sind jedoch stets unverzichtbar und gewinnen tendenziell an Gewicht, nicht zuletzt in der partizipativen und der komplexen Demokratietheorie. Die Forderung nach Open Government reiht sich in diese Entwicklung ein. Ihr Ziel ist die Verwirklichung von Transparenz, Partizipation und Kollaboration. Transparenz im Sinne des Open Government erfasst die Wahrnehmbarkeit von Verfahren, Vorgängen, Entscheidungen und Wirkungen für einen unbestimmten Personenkreis. Sie ist Grundlage von Partizipation, verstanden als Teilnahme des Bürgers an der Willensbildung und der Entscheidungsfindung jenseits des institu­ tionalisierten Beteiligungsminimums in einer Demokratie, namentlich jenseits

1. Kap.: Zusammenfassung

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konstitutiver Wahlen. Ähnlich der Partizipation ist Kollaboration das Zusammenwirken von Staat und Bürger, aber auch das Zusammenwirken staatlicher Stellen bei der Umsetzung von Entscheidungen. Indem sich Transparenz als Konkretisierung der demokratischen Öffentlichkeit darstellt und Partizipation und Kollaboration die Dimension der Beteiligung konkretisieren, griffe es zu kurz, Transparenz, Partizipation und Kollaboration auf die Verwaltungstätigkeit zu beschränken, auch wenn die Beschränkung der Idee des Open Government entspricht. Die Rückführbarkeit von Transparenz, Partizipation und Kollaboration auf die zentralen demokratietheoretischen Konzepte der Öffentlichkeit und der Beteiligung zeigt, dass alle drei Dimensionen der Verallgemeinerung zugänglich sind und für alle Staatsgewalt Geltung beanspruchen. Transparenz, Partizipation und Kollaboration sind als Fortentwicklung der Demokratietheorie auf das gesamte Staatshandeln zu beziehen. Fundament von Open Government als Demokratietheorie ist die Dimension der Transparenz, konkret die Forderung nach Open Government Data bzw. nach Zugänglichmachung von Daten und Informationen aus der Verwaltungstätigkeit. Dem umfassenden, alle Staatsgewalt erfassenden Verständnis von Open Government entsprechend ist Open Government Data zur Forderung nach Open Data der öffentlichen Hand zu erweitern. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Transparenzgedanken im Rahmen der Verwaltungstätigkeit die größte Bedeutung beizumessen ist. Ausgehend von der alltagssprachlich-politischen Verwendung von Open (Government) Data sind unter Open Data der öffentlichen Hand diejenigen Daten- und Informationsbestände der öffentlichen Hand zu fassen, die voraussetzungslos für jedermann allgemein zugänglich und nutzbar sind. III. Öffnung in der Gesetzgebung Die Öffnung des Staats gegenüber dem Bürger ist im Grundgesetz angelegt, wie die bereichsspezifischen Transparenzvorschriften zeigen, so Art. 42 Abs. 1 Satz 1, Art. 52 Abs. 3 Satz 3 oder Art. 82 GG. Dementsprechend fand die Offenlegung der Rechtsprechungs- und Gesetzgebungstätigkeit unter dem Grundgesetz schon früh Eingang in die Rechtswirklichkeit. 1. Die Verwaltungstätigkeit stand auch unter dem Grundgesetz lange Zeit der Arkantradition nahe. Die Geheimhaltung wurde mit der Funktionsfähigkeit des Systems begründet, insbesondere der Wahrung der beteiligten Interessen. Nur langsam und maßgeblich beeinflusst von der europäischen Entwicklung wandte sich die Bundesrepublik von der Arkantradition ab. Nachdem den Betroffenen in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erste Zugangsrechte eingeräumt wurden, wurden nach und nach voraussetzungslose Informationszugangsrechte geschaffen. Von richtungsweisender Bedeutung war das Umweltinformationsgesetz aus dem

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

Jahr 1994, das in Umsetzung europäischer Vorgaben erstmals ein umfassendes, wenn auch bereichsspezifisch beschränktes, voraussetzungsloses Recht auf Informationszugang schuf. 2006 folgte das Informationsfreiheitsgesetz, das den bis dato bereichsspezifisch beschränkten voraussetzungslosen Informationszugangsanpruch in Allgemeinheit überführte. Derzeit folgt der Schritt vom voraussetzungslosen Informationszugang zur Schaffung öffentlicher Zugänglichkeit staatlicher Daten und Informationen. Neben dem Gefahrenabwehrrecht wird die Entwicklung wiederum maßgeblich von bereichsspezifischen Normierungen geprägt, so dem Geodatenzugangsgesetz, das die INSPIRE-Richtlinie der Europäischen Union umsetzt. Mit der Schaffung öffentlicher Zugänglichkeit einher geht die Ermöglichung der Weiterverwendbarkeit staatlicher Daten und Informationen. Das Informa­ tionsweiterverwendungsgesetz, das in der PSI-Richtlinie der Europäischen Union seine Grundlage hat, schafft bislang jedoch keinen Anspruch auf Weiterverwendbarkeit, sondern allein auf Gleichbehandlung bei der Entscheidung über die­ Weiterverwendung. Erst die Revision der PSI-Richtlinie und ihre Umsetzung in nationales Recht, die bis zum 18.7.2015 zu erfolgen hat, gewährleisten künftig die Weiterverwendbarkeit. Die Bundesrepublik beschränkt sich auf ihrem Weg in Richtung Öffnung bislang meist auf eine Eins-zu-eins-Umsetzung europäischer Vorgaben. Die Länder schreiten teilweise schneller voran. Vor allem Bremen und Hamburg, aber auch Berlin nehmen eine Vorreiterrolle ein. Zahlreiche kommunale Open Data-Portale ergänzen die Entwicklung. Mit govdata.de stellt jedoch inzwischen auch der Bund ein zentrales Datenportal bereit. 2. Die Gründe, die für die Entwicklung auf Ebene der Rechtssetzung vorgetragen werden, entsprechen in weiten Teilen den politischen und demokratietheoretischen Erwägungen, die der Forderung nach Open Data der öffentlichen Hand zugrunde liegen. Zentrale Bedeutung kommt dem Ziel der Verwirklichung von Demokratie und Rechtsstaat zu. In Hinblick auf das Demokratieprinzip sollen die Legitimation auf Seiten des Input wie des Output befördert werden, indem die Meinungs- und Willensbildung verbessert, die Entscheidungsqualität erhöht und so die Akzeptanz staatlichen Handelns gesteigert wird. Im rechtsstaatlichen Fokus steht die Kontrolle des Staatshandelns. Als drittes Ziel tritt die Querschnittsfunktion der Verwirklichung des materiellen Rechts neben die demokratisch-rechtsstaatlichen Erwägungen. Mithilfe der Einbeziehung der Bürger soll die Umsetzung und Durchsetzung materiellen Rechts gewährleistet werden, gerade auf europäischer Ebene. Ergänzt wird die rechtliche Begründung durch tatsächliche Erwägungen. So wird die jüngste Entwicklung in Richtung öffentlicher Zugänglichkeit und Weiterverwendbarkeit im nationalen Kontext auf das Ziel der (Verwaltungs-)Modernisierung gestützt.

1. Kap.: Zusammenfassung

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An seine Seite tritt das Bedürfnis nach Adaption der tatsächlichen Notwendigkeiten. So dient die informationelle Öffnung in rechtsvergleichender Hinsicht der Anpassung an die internationale Entwicklung. In tatsächlicher Hinsicht trägt der Gesetzgeber den Bedürfnissen in der Informationsgesellschaft Rechnung, namentlich der wachsenden Informationsabhängigkeit des Individuums, die alle Lebensbereiche erfasst.

IV. Informationstechnologiegesellschaft als Grundlage der Entwicklung Der Verweis des Gesetzgebers auf die Informationsgesellschaft öffnet den Blick für die Ursache, die die Entwicklung in Richtung Öffnung zwar nicht rechtlich determiniert, der die Notwendigkeit der Öffnung des Staats jedoch geschuldet ist: Das Bedürfnis nach Öffnung des Staats gründet maßgeblich in der Entwicklung der Gesellschaft, der Summe der Individuen, in Richtung Informationsgesellschaft und deren Fortschreibung. Die Informationsgesellschaft kennzeichnet den zentralen Stellenwert von Informationen für die wirtschaftliche Entwicklung. Die Beschreibung der Gesellschaft als Informationsgesellschaft genügt jedoch nicht mehr, um den Status Quo der gesellschaftlichen Entwicklung zu adressieren. Eine Verkürzung auf Informationen bzw. Wissen als ausschließlichen Motor des Wandels würde schon den Rückwirkungen der Informations- und Kommunika­ tionstechnologie auf die Gesellschaft nicht gerecht. Umgekehrt würde die Fokussierung auf die Auswirkungen der Informations- und Kommunikationstechnologie, namentlich die Herausbildung von Netzwerken als gesamtgesellschaftlichem Phänomen, den Stellenwert von Informationen als ubiquitäre Handlungsvoraussetzung unberücksichtigt lassen. Um die wachsende Bedeutung von Daten, Informationen und Wissen auf der einen Seite, von der Informations- und Kommunikationstechnologie auf der anderen Seite sowie die wechselseitige Beeinflussung und Verstärkung beider Faktoren hervorzuheben, ist der Terminus der Informationstechnologiegesellschaft heranzuziehen. Die Zugänglichkeit von Informationen sowie der Informationsund Kommunikationstechnologie prägt die gesellschaftliche Entwicklung. Sie entscheidet zunehmend über die soziale Stellung des Einzelnen. Dementsprechend werden die Zugänglichkeit von Informationen wie die Zugänglichkeit des Internet in der Informationstechnologiegesellschaft als Wert erlebt. Aufgrund der maßgeblichen Bedeutung der Informations- und Kommunika­ tionstechnologie ist die Informationstechnologiegesellschaft von den Grundfunktionalitäten des Internet geprägt: Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung wirken auf das Individuum, den Staat und damit auf das Staat-Bürger-Verhältnis zurück, verstanden als das Verhältnis zwischen Staat und dem außerhalb der Sphäre des Staats stehenden Individuum, als Verhältnis zwischen Staat und Privat.

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

Unter dem Konstruktionsprinzip der Entgrenzung ist die Auflösung räumlichzeitlicher, aber auch sozialer Grenzen zu fassen. Vernetzung als wechselseitige Verknüpfung und Beeinflussung einzelner Elemente eines Systems, d. h. als technisches Konstruktionsprinzip, bedingt soziale Vernetzung. Dezentralität tritt an die Stelle zentraler Steuerung, Reziprozität als Ausdruck der Interaktion auf Augenhöhe an die Stelle des Ordnungsprinzips der Hierarchie. Die Immaterialisierung schließlich bringt die fehlende Bindung an körperliche, materielle Strukturen zum Ausdruck. 1. In Hinblick auf die Rolle des Individuums führt der Bedeutungszuwachs von Informationen und der Informations- und Kommunikationstechnologie samt ihrer Konstruktionsprinzipien Entgrenzung, Vernetzung und Immaterialisierung zu einer Stärkung des Einzelnen. Die zeitlich-räumliche Entgrenzung und die zunehmende Vernetzung, die an die Stelle von Hierarchien tritt, eröffnen dem Einzelnen neue Handlungsmöglichkeiten. Gerade im Zusammenschluss mit anderen kann er zur wirkmächtigen Einheit erstarken. Die Stärkung des Einzelnen als Individuum zeigt sich daran, dass die Bedürfnisse des Einzelnen an Bedeutung gewinnen. Zwei Grenzen sind der Stärkung des Individuums jedoch gezogen: Einerseits kann die Individualisierung in Desintegration umschlagen, was zur Vereinsamung und der sinkenden Teilhabe an der gesellschaftlichen Entwicklung führt. Andererseits ist die Lösung von Raum, Zeit und Hierarchien, zusammenfassend also vom Raum des Materiellen, nur begrenzt möglich. Denn trotz der Immaterialität des Internet ist es an die materielle Realität gekoppelt. 2. Mit der Stärkung der Stellung des Einzelnen geht die Schwächung des Nationalstaats einher. Das Kräfteverhältnis zwischen Individuum und Staat verschiebt sich zugunsten der Bedeutung des Individuums. Hinzu kommt die räumliche Entgrenzung, die zu einer Auflösung der Grenzen des Nationalstaats führt. Hierarchische Strukturen, die die Konstituierung und Ausübung von Herrschaft bislang prägten, werden durch Netzwerkstrukturen verdrängt. Dennoch ist der Nationalstaat auch weiterhin Größe, die aus dem Gemeinwesen nicht wegzudenken ist. Denn er ist die einzige demokratisch legitimierte Instanz, was insbesondere im Rahmen der Gewaltausübung von Bedeutung ist. Den Herausforderungen der Informationstechnologiegesellschaft kann der Staat zudem in begrenztem Maße Rechnung tragen. Das Recht kann sich die Technik zunutze machen, etwa im Rahmen von Rechtsgüterschutz und Rechtsdurchsetzung. Auch können Private in die staatliche Aufgabenwahrnehmung einbezogen werden, um der Vielzahl und der Ausdifferenzierung öffentlicher Aufgaben gerecht zu werden. 3. Die Stärkung des Einzelnen einerseits, die Schwächung des Staats andererseits wirken auf die Beziehung zwischen Staat und Bürger zurück. Da der Staat in der Informationstechnologiegesellschaft auf die Einbeziehung Privater angewiesen ist, kann die Vernetzung als Leitbild des Staat-Bürger-Verhältnisses angesehen werden. Entsprechende Konstruktionen sind keine Erfindung der Informations­ technologiegesellschaft. Rechts- wie Verwaltungswissenschaften kennen vergleich­

1. Kap.: Zusammenfassung

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bare Modelle. So erheben das Governance-Konzept und die Beschreibung des Staats als Gewährleistungsstaat die Einbeziehung Privater in die staatliche Gemeinwohldefinition und Aufgabenerfüllung zum tragenden Prinzip. Unabhängig von Begründung und wissenschaftlicher Verortung der Einbeziehung Privater, ist die Zugänglichkeit staatlicher Informationen für Private Grundlage ihrer Einbeziehung in das Staatshandeln. Denn Informationen sind nicht nur Grundrechtsausübungsvoraussetzung, sondern auch Grundlage des Staats­ handelns. Dieser Notwendigkeit entsprechend ist Informationszugänglichkeit bzw. Öffentlichkeit als Wert anzusehen. Die Informations- und Kommunikationstechnologie ist eine der treibenden Kräfte der Herausbildung der Informationstechnologiegesellschaft. Daher ist das Internet als derzeitiges Leitmedium in besonderem Maße Ort der Öffentlichkeit. Dies gilt primär für die Öffentlichkeit als Zugänglichkeit von Informationen, als Transparenz, aber auch für den Raum des Öffentlichen, der Beteiligung in Gestalt der Partizipation und Kollaboration ermöglicht.

V. Öffentlichkeit als Rechtsbegriff Die Charakterisierung von Informationszugänglichkeit bzw. Öffentlichkeit als Wert wirkt nicht unmittelbar auf das Recht zurück. Vielmehr ist die steigende Bedeutung von Öffentlichkeit im Tatsächlichen auf ihre Relevanz im System des Rechts zu überprüfen. 1. Im alltagssprachlichen Verständnis bezeichnet Öffentlichkeit ursprünglich die faktische Zugänglichkeit für einen unbestimmten Personenkreis. Daneben tritt das Verständnis der Öffentlichkeit als Publikum, als Adressat der Zugänglichkeit. Zudem nimmt Öffentlichkeit auf das Gemeinwesen bzw. den Kommunikationsraum der Allgemeinheit Bezug. In einem normativen Verständnis gilt Öffentlichkeit schließlich als Garant des Gemeinwohls. Der Öffentlichkeit als Rechtsbegriff liegt ein vergleichbares Verständnis zugrunde. Der Aspekt der Offenheit und Zugänglichkeit für einen unbestimmten Personenkreis ist in Tradition der historischen Entwicklung jedoch als zentral anzusehen. Diesem weiten Verständnis entsprechend kann Öffentlichkeit als Oberbegriff an­ gesehen werden, dem sämtliche Öffnungsgebote, die dem Grundgesetz wie dem sonstigen Recht zu entnehmen sind, zugeordnet werden können. Der Öffentlichkeit unterfällt damit zum einen die rechtliche Forderung nach Publizität. Sie ist als an die Allgemeinheit, d. h. an einen unbestimmten Personenkreis, ge­ richtete Öffnungsforderung zu verstehen. Ihre Wurzeln liegen im Demokratie- und Republikprinzip, aber auch in der kollektiven Dimension des Rechtsstaats. Zum an­ deren gründet im Rechtsstaatsprinzip in seiner individualbezogenen, aber für jedermann geltenden Ausrichtung die Forderung nach Öffnung gegenüber dem Einzelnen.

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

Der Terminus der Allgemeinheit adressiert demgegenüber das Publikum, den Adressaten der Öffnung. Die Allgemeinheit ist Summe eines nicht nach persönlichen Merkmalen bestimmten und bestimmbaren Personenkreises. 2. Indem die Transparenz-Forderung des Open Government auf die Zugänglich­ keit staatlicher Daten- und Informationsbestände gerichtet ist, ist der Öffentlichkeitsgrundsatz des Grundgesetzes Ansatzpunkt ihrer Überführung in das System des Rechts. Öffentlichkeit ist im Grundgesetz als Grundsatz angelegt und anerkannt. Entsprechend der Verortung von Publizität und Transparenz wurzelt er in den Staatsstrukturprinzipien, namentlich in Demokratie und Rechtsstaat, gestützt durch das republikanische Öffentlichkeitsgebot. An ihre Seite tritt die Informationsfreiheit als weitere Stütze. Nicht-Öffentlichkeit ist unter dem Grundgesetz als Ausnahme anzusehen, die der Rechtfertigung bedarf. Dies gilt grundsätzlich für das gesamte Staatshandeln.

VI. Informationsöffentlichkeit Betrachtet man die Transparenz-Forderung des Open Government vor dem Hintergrund des Öffentlichkeitsgrundsatzes des Grundgesetzes und überführt die alltagssprachlichen Begrifflichkeiten in die Terminologie des Rechts, sind unter Open Data der öffentlichen Hand die Daten und Datenprodukte zu fassen, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen dienen und die mit der rechtlichen und technischen Möglichkeit zur Weiterverwendung öffentlich zugänglich gemacht werden. Um zum Ausdruck zu bringen, dass die Definition Ergebnis der Überführung von Open Data in das System des Rechts ist, ist dies als „Informationsöffentlichkeit“ zu bezeichnen. „Öffentlichkeit“ bringt dabei die rechtliche Fundierung von Open Data in einer Gesamtschau des Grundgesetzes, namentlich in Demokratie, Rechtsstaat und Informationsfreiheit zum Ausdruck. „Informationen“ sind als Leitkategorie des Informationsrechts anzusehen, die auch in der Nomenklatur des „Informationsrechts“ ihren Niederschlag gefunden hat. Informationen erfassen Daten und ihre Produkte. 1. Bei der Auslegung der Informationsöffentlichkeit ist ein weites Verständnis zugrunde zu legen, um dem Grundsatzcharakter der Öffentlichkeit unter dem Grundgesetz und dem alltagssprachlichen Verständnis zu entsprechen. Den Daten und Datenprodukten unterfallen dementsprechend sämtliche codierte Zeichen, aber auch sämtliche Ergebnisse der Verarbeitung der Daten. Eine Beschränkung ergibt sich lediglich dahingehend, dass keine Informationsbeschaffungspflicht der staatlichen Stellen angenommen werden kann, die Schaffung von Informationsöffentlichkeit auf vorhandene Daten und Datenprodukte beschränkt ist.

1. Kap.: Zusammenfassung

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Die Bezugnahme auf öffentliche Aufgaben entspricht dem außerrechtlichen Verständnis, führt aber zu keiner wesentlichen Einschränkung der Öffnungspflicht. Ein mittelbarer Bezug zum Gemeinwohl genügt. Fiskalisches und erwerbswirtschaftliches Handeln kann erfasst sein. Ohne vollständige Kongruenz gewährleisten zu können, kommt in der Bezugnahme auf öffentliche Aufgaben der Bezug zum Demokratieprinzip zum Ausdruck. Denn die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ist legitimationsbedürftig. Und legitimationsbedürftiges Handeln bedarf der Öffentlichkeit. Die Forderung nach dem Tätigwerden staatlicher Stellen schließt privatisierte Tätigkeiten nicht grundsätzlich von der Veröffentlichungspflicht aus. Vielmehr ist entscheidend, ob eine staatliche Stelle für die Aufgabenerfüllung verantwortlich ist. Eine Flucht vor der Veröffentlichungspflicht durch Privatisierung ist damit jenseits der materiellen Privatisierung nicht möglich. Öffentliche Zugänglichmachung im Sinne der Informationsöffentlichkeit be­ deutet, die Möglichkeit des Zugangs für Mitglieder der Öffentlichkeit, der Allgemeinheit, von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zu ermöglichen. Die Weiterverwendbarkeit adressiert die technische Fähigkeit und rechtliche Zulässigkeit von Daten und ihren Produkten, automatisiert verarbeitbar zu sein. Informationsöffentlichkeit erfordert einerseits die grundsätzliche rechtliche Zulässigkeit der Weiterverwendbarkeit. Einschränkungen in Gestalt der Pflicht zur Quellenangabe und der Etablierung eines Änderungsverbots sind jedoch mit der Idee der Informationsöffentlichkeit vereinbar. Andererseits ist in technischer Hinsicht die automatisierte Auswertbarkeit sicherzustellen. Informationsöffentlichkeit bedarf maschinenlesbarer Formate. Nicht als Weiterverwendbarkeit anzusehen sind die intellektuelle Wahrnehmung der Informationen und die Nutzung des dadurch erlangten Wissens. 2. Die Forderung nach Informationsöffentlichkeit erfasst das gesamte Staatshandeln. Während die außerrechtliche Forderung auf eine möglichst vollständige, zeitnahe und unaufbereitete Öffnung gerichtet ist, sind entsprechend ihrer Einordnung als Optimierungsgebot in rechtlicher Hinsicht Differenzierungen nicht nur möglich, sondern zur Sicherstellung der rechtlichen Zulässigkeit geboten. Ausnahmen von der Herstellung von Informationsöffentlichkeit sind sowohl im privaten als auch im öffentlichen Interesse geboten. Zur Bestimmung ihrer Relevanz können grundsätzlich drei Formen der Öffentlichkeit unterschieden werden: Ergebnis-, Verfahrens- und Grundlagenöffentlichkeit. Die Veröffentlichung von Ergebnissen staatlicher Aufgabenwahrnehmung ist dabei regelmäßig sicherzustellen. Der zeitnahen Veröffentlichung des Verfahrensinhalts kann hingegen vielfach die Beeinträchtigung der staatlichen Entscheidungsfähigkeit entgegengehalten werden. Die Entscheidungsgrundlagen werden einer Veröffentlichung regelmäßig zugänglich sein, zumindest sofern dem Staat die Verfügungsbefugnis über die Informationen zusteht.

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

Doch gilt für alle drei Öffentlichkeitsformen, d. h. für Ergebnis-, Verfahrensund Grundlagenöffentlichkeit, dass gegebenenfalls eine Aufbereitung vor Veröffentlichung dahingehend stattzufinden hat, dass entgegenstehende private oder öffentliche Interessen nicht beeinträchtigt werden. Insbesondere eine Anonymisierung kommt in Betracht. Zur Wahrung der öffentlichen Interessen, insbesondere des ungehinderten Entscheidungsprozesses, kann zudem eine zeitversetzte Veröffentlichung geboten sein. VII. Informationsöffentlichkeit als Teil des Informationshandelns Die Herstellung von Informationsöffentlichkeit ist staatliche Informationstätigkeit. Als solche unterliegt sie den Anforderungen, die an potenziell grundrechtsrelevantes Verwaltungshandeln zu stellen sind. Die Grundsätze der Richtigkeit, Sachlichkeit und Vollständigkeit sind als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu wahren. 1. Die Herstellung von Informationsöffentlichkeit ist im Vergleich zur sonstigen aktiven Informationstätigkeit durch die fehlende Aufbereitung zu Veröffentlichungszwecken gekennzeichnet. Damit ähnelt sie dem individuellen Anspruch auf Informationszugang, der als Individualanspruch durch das Informationsfreiheitsgesetz allgemein und einfachgesetzlich anerkannt ist. Das Ob der Aufbereitung zu Veröffentlichungszwecken avanciert in der Informationstechnologiegesellschaft zum zentralen Kriterium zur Unterscheidung der staatlichen Informationstätigkeit und der Bestimmung der rechtlichen Anforderungen. Informationsöffentlichkeit und Informationszugang können insofern zur „Informationszugänglichkeit“ zusammengefasst werden. Der Informationszugänglichkeit gegenüber gestellt werden kann die „Informationsarbeit“ als Oberbegriff der Öffentlichkeitsarbeit und derjenigen Informations­ tätigkeit, die der materiellen Aufgabenerfüllung dient. Während Informationsarbeit einer inhaltlichen Aufbereitung der Informationen zur Erfüllung materieller Aufgaben bedarf, ist die Herstellung von Informationsöffentlichkeit auf die Veröffentlichung vorhandener Daten und Datenprodukte in der vorhandenen Form begrenzt. Die Herstellung von Informationsöffentlichkeit ist damit der materiellen Aufgabenwahrnehmung vor- bzw. nachgelagert. Sie ist Annex. Die Verfügungsbefugnis als Ausdruck des rechtlichen Dürfens, über das Schicksal von Informationen zu bestimmen, die der eigenen tatsächlichen Verfügungsgewalt unterliegen, ist Annexbefugnis. Sie steht grundsätzlich der zur Aufgabenerfüllung zuständigen Stelle zu. 2. Folge der notwendigen Beschränkung auf die Veröffentlichung unaufbereiteter Informationen ist, dass die veröffentlichende Stelle nicht zur Prüfung der objektiven Richtigkeit der Informationen verpflichtet ist, d. h. zur Prüfung der Überein-

1. Kap.: Zusammenfassung

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stimmung mit der Wirklichkeit. Dies ist dem Zweck der Informationsöffentlichkeit und damit der Aufgabe ihrer Schaffung immanent. Die eingeschränkte Prüfpflicht ändert jedoch nichts an den generellen Sorgfaltspflichten bei der Herstellung von Informationsöffentlichkeit. Die Übereinstimmung mit den vorhandenen Informationen, die subjektive Richtigkeit, ist sicherzustellen. Zudem sind die Grenzen zu wahren, die der Informationsöffentlichkeit im privaten und öffentlichen Interesse gezogen sind. Schließlich besteht die Pflicht zur Richtigstellung und zum Hinweis auf etwaige Unsicherheiten fort. Jenseits der in der Herstellung von Informationsöffentlichkeit selbst angelegten Beschränkung der Richtigkeitsprüfung können Haftungsausschlüsse und -beschränkungen die Haftung staatlicher Stellen für die Richtigkeit der Informationen umfassend modifizieren. Da andernfalls das Haftungsrisiko unüberschaubar wäre, dienen etwaige Ausschlüsse und Beschränkungen dem demokratisch-rechtsstaatlichen Interesse an der Herstellung von Informationsöffentlichkeit. Aus Gründen der Rechtssicherheit, der potenziellen Grundrechtsrelevanz der Herstellung von Informationsöffentlichkeit sowie in Hinblick auf die Anforderungen zur Beschränkung der Amtshaftung liegt es nahe, die Schaffung und Ausgestaltung von Informationsöffentlichkeit auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. VIII. Öffentlichkeitsgrundsatz in der Informationstechnologiegesellschaft Der Wandel der Realität wirkt auf das Grundgesetz und den ihm immanenten Öffentlichkeitsgrundsatz zurück. Er bedingt die Notwendigkeit, die Öffentlichkeit des Staatshandelns auszuweiten: Das Bedürfnis nach Öffentlichkeit und Informationszugänglichkeit seitens der Bürger wächst. Umgekehrt verlieren technische Hindernisse an Bedeutung. Die Möglichkeiten zur Herstellung von Informationsöffentlichkeit sind in der Informationstechnologiegesellschaft größer denn je. Die grundsätzliche Anerkennung dieser Notwendigkeit darf jedoch nicht mit einer Auslegung des Öffentlichkeitsgrundsatzes des Grundgesetzes im Sinne von Open Data der öffentlichen Hand bzw. einer Auslegung des Demokratieprinzips im Sinne der Demokratietheorie des Open Government gleichgesetzt werden. Denn während eine Anpassung der Verfassungsauslegung aufgrund des Wandels der Realität geboten sein kann, können fachfremde Erkenntnisse und politische Forde­rungen lediglich als Erkenntnisquelle zum Umgang mit dem Wandel herangezogen werden. Sie müssen nicht. Unmittelbare rechtliche Bedeutung kommt ihnen nicht zu. Ausgangspunkt der Auslegung des grundgesetzlichen Öffentlichkeitsgrundsatzes in der Informationstechnologiegesellschaft ist allein der Wortlaut der Verfassung. Demokratie, Rechtsstaat und Informationsfreiheit, unterstützt und bestätigt durch das Republikprinzip, sind dabei in einer Gesamtschau zu betrachten. Sie verstärken sich gegenseitig.

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

IX. Demokratie Die Demokratie des Grundgesetzes, Art. 20 Abs. 2 GG, fordert, dass die Staatsgewalt bzw. deren Ausübung vom Volke ausgeht. Dazu bedarf es der Öffentlichkeit des Staatshandelns. 1. Die Rückkopplung der Staatsgewalt an das Staatsvolk ist verfassungsunmittelbar input-orientiert ausgestaltet. Ausgangspunkt der Legitimation der Staatsgewalt sind „Wahlen und Abstimmungen“. Unmittelbar demokratisch legitimiert ist nur das Parlament. Die Legitimation der sonstigen Staatsgewalt lässt sich jedoch auf das Parlament zurückführen. Als Modi der Legitimationsvermittlung sind die sachlich-inhaltliche Legitimation, allen voran die Gesetzesbindung, und die personell-organisatorische Legitimation hervorzuheben, die insbesondere in der persönlichen Ernennung der Amtswalter und ihrer Verantwortlichkeit zum Ausdruck kommt. Das input-orientierte Legitimationsmodell des Grundgesetzes ist jedoch nicht auf eine derartige formale Legitimation begrenzt. Da die Demokratie des Grundgesetzes inhaltliches Prinzip ist und das Legitimationsniveau effektiv sein muss, bedarf es der dauerhaften Sicherstellung der Rückkopplung des Staatsvolks an die Staatsgewalt. Eine permanente kommunikative Rückkopplung zwischen Staatsvolk und Staatsgewalt, die informelle Legitimation, kann dies gewährleisten. Während formale und informelle Legitimation unmittelbar von verfassungsrechtlicher Relevanz sind, sind Faktoren wie Akzeptanz und Vertrauen, Integration und Homogenität lediglich von außerrechtlicher Bedeutung. Sie sind Verwirklichungsbedingungen der Demokratie. Ebenso lassen sich dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes keine outputorientierten Legitimationsmechanismen entnehmen, wie sie in den Demokratietheorien teils angelegt sind. Zwar kann das Demokratieprinzip nicht auf Wahlen und Abstimmungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 GG reduziert werden. Doch ist der Input-Legitimation aufgrund ihrer verfassungsunmittelbaren Anerkennung der Vorrang einzuräumen gegenüber der Legitimation durch Effizienz und Effektivität. 2. Zur formalen wie informellen Legitimation bedarf es der Öffentlichkeit der Ausübung der Staatsgewalt. Schon der Wahlakt als Ausgangspunkt der formalen Legitimation setzt eine freie Meinungs- und Willensbildung auf Seiten des Staatvolks voraus. Erfasst wird dem Grunde nach jegliche Ausübung der Staatsgewalt. Für die formale Legitimation wird zwar überwiegend davon ausgegangen, dass bloß vorbereitende und konsultative Tätigkeiten nicht der Legitimation und damit nicht der Öffentlichkeit bedürfen. Angesichts der Notwendigkeit auch der informellen Legitimation sind jedoch auch vorbereitende und konsultative Tätigkeiten in Öffentlichkeit zu überführen. Denn die kommunikative Rückkopplung zwischen Staat und Bürger muss auf den Prozess der Entscheidungsfindung einwirken können, mithin auf entsprechendes Handeln im Vorfeld, um effektiv zu sein.

1. Kap.: Zusammenfassung

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Bestätigung findet die Öffentlichkeitsforderung der Demokratie im tatsächlichen Bereich der vorverfassungsrechtlichen Voraussetzungen. Denn zur Integration in das Staatsvolk bedarf es gemeinsamer Themen und der Kommunikation hierüber. Derartige Themen werden durch die Öffentlichkeit des Staatshandelns geschaffen. Zudem trägt die Zugänglichmachung staatlicher Daten und Datenprodukte dazu bei, dass sich auf Seiten des Staatsvolks Akzeptanz und Vertrauen in die Ausübung der Staatsgewalt herausbilden können. Im Ergebnis bedarf Demokratie grundsätzlicher Öffentlichkeit. Die Staatsgewalt hat die objektive Pflicht, sie herzustellen. Ein korrespondierendes, aus dem Demokratieprinzip abzuleitendes subjektives Recht besteht nicht. 3. In der Informationstechnologiegesellschaft wächst das Bedürfnis nach Öffentlichkeit. Einerseits besteht die Notwendigkeit der Legitimation der Staatsgewalt unverändert fort. Der Nationalstaat ist weiterhin zentrale Instanz der Herrschaftsausübung, auch wenn die Gefahr der Zersplitterung des Staatsvolks in Teilöffentlichkeiten seine Homogenität herausfordert. Der Bestand öffentlicher, legitima­ tionsbedürftiger Aufgaben wächst. Andererseits sinkt das Niveau tatsächlicher Legitimation. In personell-organisatorischer Hinsicht steht die wahrzunehmende Herausbildung von Netzwerken in Widerspruch zu den Instrumenten hierarchischer Steuerung, gerade von Aufsichts- und Weisungsrechten. Die Vernetzung erschwert die klare Verantwortungszuweisung bzw. deren Erkennbarkeit für Außenstehende. Zudem verliert die sachlich-inhaltliche Legitimation an Stärke. Die Bindungskraft des Gesetzes sinkt. Der Gestaltungsspielraum im Rahmen der Rechtsanwendung wird größer, ebenso die Befugnisse zur exekutiven Rechtssetzung. Die informelle Legitimation vermag dies nicht per se zu kompensieren. Ihre legitimierende Kraft hängt von weiteren Faktoren ab, insbesondere der Öffentlichkeit der Ausübung der Staatsgewalt. Überhaupt ist dem Absinken des tatsächlichen Legitimationsniveaus mit einer Ausweitung der Öffentlichkeit zu begegnen. Die informelle Legitimation bedarf zwingend der Öffentlichkeit. Und auch die formale Legitimation kann durch Öffentlichkeit befördert werden. Unklare Verantwortlichkeiten können offengelegt, die tatsächliche Entscheidungspraxis aufgezeigt werden. 4. Die Ausweitung des demokratischen Öffentlichkeitsgebots in der Informationstechnologiegesellschaft ist dabei nicht auf den Umfang der Öffnung beschränkt. Denn Demokratie bedarf unabhängig von den wahrzunehmenden Tendenzen der grundsätzlichen Öffentlichkeit, auch wenn das Gewicht der Öffentlichkeitsforderung in der Informationstechnologiegesellschaft wächst. Größer sind die Möglichkeiten zur Steigerung von Qualität und Wirksamkeit demokratischer Öffentlichkeit durch die Anpassung der Form der herzustellenden Öffentlichkeit. Dies zugrunde gelegt, ergeben sich bei der Ausgestaltung demokratischer Öffentlichkeit weitreichende Übereinstimmungen mit der Forderung nach Informations­ öffentlichkeit. Demokratische Öffentlichkeit ist unaufbereitete, voraussetzungslose

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

Öffentlichkeit, die unabhängig von persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten zu gewährleisten ist. Abweichungen zur Informationsöffentlichkeit ergeben sich jedoch dahingehend, dass die antragsunabhängige, aktive Veröffentlichung nicht zwingend ist. Die an­ tragsabhängige Ausgestaltung ist grundsätzlich mit dem Demokratieprinzip verein­bar. Sie ist Ausdruck des öffentlichen Interesses, das an der entsprechenden Information besteht und das Grundlage der demokratischen Meinungs- und Willensbildung ist. Im Falle der Antragsabhängigkeit ist die tatsächliche Zugänglichkeit jedoch staatlicherseits durch ergänzende Maßnahmen sicherzustellen. Die Allgemeinheit muss von den staatlichen Daten und ihren Produkten Kenntnis nehmen können, die auf Antrag zugänglich gemacht werden. Der Staat hat dementsprechend zumindest (Meta-)Datenkataloge öffentlich zugänglich zu machen. Zudem ist zu gewährleisten, dass die zugänglich gemachten Informationen vom Informationsempfänger in allgemeine Öffentlichkeit überführt werden können. In diesem Umfang ist die Weiterverwendbarkeit der Informationen rechtlich wie technisch zu ermöglichen. Gleiches gilt für das Speichern der Information durch den Informationsempfänger. Weitergehende Nutzungs- und Verwendungsrechte sind nicht als verfassungsunmittelbar zwingend anzusehen. Eine verfassungsunmittelbare Pflicht zur Schaffung von Informationsöffentlichkeit besteht damit nicht. Doch sind die öffentliche Zugänglichmachung wie die Gewährleistung der Weiterverwendbarkeit rechtspolitisch wünschenswert.

X. Republik Das Republikprinzip des Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG bestätigt in seiner in­ haltlichen Ausrichtung das Öffentlichkeitsgebot der Demokratie des Grundgesetzes. 1. Das Republikprinzip ist im Grundgesetz kein rein formales Prinzip, das sich auf die Abkehr von der Monarchie beschränkt. Es ist zum einen Legitimationsprinzip, als es den Staat, die res publica, zur Angelegenheit aller erhebt. Der Staat ist selbst errichtete Ordnung, die der dauerhaften Anerkennung bedarf. Zum anderen ist die Republik Gestaltungsvorgabe. Sie bindet den Staat und ihre Amtswalter an das Gemeinwohl. Das Gemeinwohl ist dabei prozesshaft zu konkretisieren. Die Republik stimmt auf Prinzipienebene mit der Demokratie insoweit überein, als sie auf ein Kollektiv ausgerichtet ist, das durch einen Grundkonsens verbunden ist. Republik wie Demokratie bedürfen zudem der Anerkennung und Akzeptanz der Staatsgewalt und der Verfassung durch das Staatsvolk. Zudem ist die Konkretisierung des Gemeinwohls in Demokratie wie Republik als Prozess zu begreifen, der in der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung geformt wird.

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2. Der Nähe von Demokratie und Republik entsprechend ist das republikanische Öffentlichkeitsgebot dem demokratischen nachempfunden: Inhaltlich bedarf die Republik der grundsätzlichen Öffentlichkeit der Ausübung der Staatsgewalt. Dies gilt für alle drei Gewalten gleichermaßen. Bei der Ausgestaltung genügt wiederum die Herstellung voraussetzungsloser, d. h. von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten unabhängiger Öffentlichkeit. Die dauerhafte Verfügbarkeit für den Informationsempfänger ist sicherzustellen. Eine inhaltliche Aufbereitung der Informationen hat zu unterbleiben. Hingegen steht die Antragsabhängigkeit dem Öffentlichkeitsgebot der Republik nicht entgegen, sofern die Auffindbarkeit der Informationen sichergestellt wird, etwa durch (Meta-)­Datenkataloge, und die Überführbarkeit in Öffentlichkeit gewährleistet wird. Jenseits dessen ist die Weiterverwendbarkeit nicht als zwingend an­ zusehen, wenn auch als rechtspolitisch wünschenswert.

XI. Rechtsstaat Auch dem Rechtsstaat des Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG als integralem Prinzip ist das Gebot grundsätzlicher Öffentlichkeit zu entnehmen. Im Sinne der Informationsöffentlichkeit ist dabei die rechtsstaatliche Dimension der objektiv an die Allgemeinheit gerichteten Disziplinierung und Rationalisierung der Staatsgewalt von besonderer Bedeutung. Aber auch die subjektiv auf den Einzelnen bezogene Dimension der Rechtsgewährleistung durch den Staat bedarf der Gewährung von Informationszugang gegenüber jedermann. 1. Der Rechtsstaat ist schon aufgrund der tragenden Bedeutung, die der Gewährleistung der Grundrechte und der von ihnen errichteten objektiven Wertordnung zukommen, als Prinzip zu verstehen, das sich nicht im Formalen erschöpft, sondern inhaltliche Anforderungen errichtet. Die Dimension der Rechtsgewährleistung durch den Staat erschöpft sich dabei nicht in der Gewährleistung subjektiver Rechte. Der Staat hat auch die rechtlichen und tatsächlichen Grundrechtsausübungsvoraussetzungen sicherzustellen und für Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung Sorge zu tragen. Zwar ist der Einzelne als Individuum eigentlicher Adressat der genannten staatlichen Pflichten. Doch da die Grundrechte Jedermann-Rechte sind und indem die Grundrechte eine objektive, allgemeingültige Wertordnung errichten, wirkt die subjektive Dimension des Rechtsstaats zugleich gegenüber jedermann, gegenüber der Allgemeinheit. In seiner objektiven Ausrichtung lässt sich dem Rechtsstaat die Bindung der Staatsgewalt an Recht und Gesetz entnehmen, die durch die Grundsätze vom Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes sichergestellt wird. Daneben treten die Instru­mente der Kontrolle zur Disziplinierung sowie zur Optimierung und Rationalisierung der Staatsgewalt. Die Kontrolle wird staatsintern im Rahmen der Gewaltenteilung

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

sowie in Form öffentlicher Kontrolle durch die Allgemeinheit ausgeübt. Schließlich ist der Staat für die Fortentwicklung des Rechts verantwortlich. 2. Zur Rechtsgewährleistung wie zur Disziplinierung und Rationalisierung der Staatsgewalt bedarf es der Öffentlichkeit. Die Einräumung von Rechten gegenüber dem Einzelnen und die Konstituierung von Pflichten können nur Wirkung entfalten, wenn die Rechte und Pflichten für den Einzelnen vorhersehbar sind. An die Vorhersehbarkeit sind dabei hohe Anforderungen zu stellen. Es bedarf jenseits der Publikation der formellen Gewährleistungen des Außenrechts auch der Veröffentlichung von Binnenrecht und Einzelfallentscheidungen. Denn auch sie leiten das Staatshandeln. Von den rechtlichen Grundrechtsausübungsvoraussetzungen zu trennen sind die tatsächlichen Grundrechtsausübungsvoraussetzungen: Grundrechtsausübung ist informationsabhängig. Soweit nur der Staat über die entsprechenden Informationen verfügt und soweit die Informationen zur effektiven Grundrechtsausübung erforderlich sind, trifft den Staat ebenfalls eine Veröffentlichungspflicht. Schließlich können Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung nur gewährleistet werden, wenn das Staatshandeln der Öffentlichkeit zugänglich ist. Und auch öffentliche Kontrolle, die zur Disziplinierung der Staatsgewalt ebenso beiträgt wie zu deren Rationalisierung und Optimierung, bedarf zu ihrer Effektivität der Öffentlichkeit. Gleiches gilt für das der Rationalisierung und Optimierung nahestehende Ziel der Fortentwicklung des Rechts. 3. In der Informationstechnologiegesellschaft ist die Vorhersehbarkeit des Staats­ handelns im Allgemeinen sowie der Rechte und Pflichten im Besonderen als Grundlage der Rechtsgewährleistung nur mehr in eingeschränktem Maße gewährleistet. Die Komplexität des Rechts steigt aufgrund seiner inhaltlichen Ausdifferenzierung und der beschleunigten Rechtssetzung. Hinzu kommt, dass der Rechtsanwendung zunehmend Entscheidungsspielräume offenstehen. Eine Veröffentlichung nur der abstrakten Rechtsgrundlagen genügt daher nicht mehr, um die Vorhersehbarkeit des Staatshandelns sicherzustellen. Das Bedürfnis nach umfassender Öffentlichkeit steigt. Auch die Dimension der Disziplinierung und Rationalisierung der Staatsgewalt bedarf in zunehmendem Maße der Öffentlichkeit. Denn die Informationsabhängigkeit des Staats bei der Ausübung der Staatsgewalt wächst. Die öffentliche Kontrolle kann ihrerseits nur wirksam sein, wenn die Grundlagen des Staatshandelns, mithin die dem Staatshandeln zugrunde liegenden Informationen, in Öffentlichkeit überführt werden. Dies gilt umso mehr, als die Einbeziehung der Allgemeinheit in die Disziplinierung und Rationalisierung der Staatsgewalt von wachsender Bedeutung ist. Denn sie ist Pendant zur zunehmenden Einbeziehung Privater in die staatliche Aufgabenerfüllung. Zudem wirkt die öffentliche Kontrolle der sinkenden rechtsstaatlichen Bindung der Staatsgewalt entgegen, die mit den Entscheidungsspielräumen der Rechtsanwendung einhergeht.

1. Kap.: Zusammenfassung

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Betrachtet man die Ausgestaltung rechtsstaatlicher Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft und das wachsende Bedürfnis nach umfassender Öffentlichkeit im tatsächlichen Sinn, zeigt sich, dass die Eröffnung von Individualzugang aufgrund der Quantität der Informationen an Grenzen stößt. Es bedarf neuer Formen der Öffentlichkeit. Die Veröffentlichung im Internet kann dabei den Anforderungen gerecht werden, die die wahrzunehmende Beschleunigung der Rechtssetzung und die zunehmende Komplexität des Rechts stellen. 4. Die rechtsstaatliche Öffentlichkeit, die der Staat in der Informationstechnologiegesellschaft zu gewährleisten hat, entspricht in weiten Teilen der Forderung nach Informationsöffentlichkeit. In inhaltlicher Hinsicht bedarf es der grundsätzlichen Öffentlichkeit allen Staatshandelns. In formaler Hinsicht ist dem Rechtsstaat als Verfassungsprinzip lediglich die rechtliche und technische Möglichkeit zur Weiterverwendung fremd. Im Übrigen finden sich die Dimensionen der Informationsöffentlichkeit im Rechtsstaatsprinzip wieder: Die Öffentlichkeit hat unaufbereitet zu sein, da nur die unaufbereitete Öffentlichkeit Grundlage effektiver Kontrolle der Staatsgewalt durch die Allgemeinheit sein kann. Sie ist voraussetzungslos, ohne Ansehen individueller Eigenschaften und Fähigkeiten zu eröffnen. Alles andere würde den Bezug des Rechtsstaats zur Allgemeinheit als Summe der individuellen Rechtsträger unberücksichtigt lassen. Die Grundrechte sind in der Regel als Jedermann-Rechte ausgestaltet, unabhängig von konkreten Eigenschaften und Fähigkeiten. Die öffentliche Kontrolle ist eine Kontrolle durch die Allgemeinheit, nicht durch Individuen, die sich durch spezielle Eigenschaften und Fähigkeiten von der Allgemeinheit abheben. Rechtsstaatliche Öffentlichkeit in der Informationstechnologiegesellschaft ist zudem antragsunabhängig. Der Staat trägt die Verantwortung sowohl für die Kontrollierbarkeit der Staatsgewalt als auch für die Wirksamkeit der Rechtsgewährleistung. Hierzu bedarf es der Öffentlichkeit, die anders als im Demokratieprinzip zwingend von Handlungen des Einzelnen unabhängig zu sein hat. Der Rechtsgedanke des Art. 82 GG ist insofern der Verallgemeinerung zugänglich. Der Staat ist in der Informationstechnologiegesellschaft verpflichtet, staatliche Informationen öffentlich zugänglich zu machen.

XII. Informationsfreiheit Demokratie, Republik und Rechtsstaat ist der Grundsatz der Öffentlichkeit immanent. Ihr Gehalt erschöpft sich jedoch nicht in einer bloßen Summierung der einzelnen Öffentlichkeitsgebote. Vielmehr finden die Grundsätze in der Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG ihr gemeinsames, tragendes Fundament. Die Informationsfreiheit ist Kristallisationspunkt des Öffentlichkeitsgrundsatzes des Grundgesetzes.

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

1. Das Grundgesetz gewährleistet in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG jedermann das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Der Gewährleistungsgehalt ist im Interesse eines umfassenden Schutzes weit auszulegen. Von besonderer Bedeutung für die Bestimmung der Reichweite der Informationsfreiheit ist die Bestimmung der „allgemein zugänglichen Quellen“. Im Interesse einer einheitlichen Dogmatik ist die Allgemeinzugänglichkeit als Verfassungsbegriff zu verstehen, der in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Grundgesetzes auszulegen ist. Dementsprechend ist Privaten die freie Verfügungsbefugnis über Informationen in ihrer Verfügungsgewalt zuzuerkennen, sofern Rechte Dritter nicht entgegenstehen. Anders der Staat: Er kann sich nicht auf die freie Verfügungsbefugnis als Ausfluss grundrechtlicher Gewährleistungen berufen. Vielmehr ist er maßgeblich durch die Staatsstrukturprinzipien und seine Stellung als Grundrechtsverpflichteter, Art. 1 Abs. 3 GG, gebunden. Aus einer Gesamtschau von Grundrechtsverpflichtung und den Öffentlichkeitsgeboten von Demokratie, Republik und Rechtsstaat folgt dabei, dass staatliche Informationen grundsätzlich öffentlich zu sein haben. Die Allgemeinzugänglichkeit verwandelt die normativ zu gewährleistende grundsätzliche Öffentlichkeit des demokratischen Rechtsstaats in ein rechtstatsächlich zu gewährleistendes umfassendes Öffentlichkeitsgebot des Grundgesetzes. Staatliche Informationen sind allgemein zugängliche Quellen im Sinne der Informationsfreiheit. 2. Der Staat hat die Allgemeinzugänglichkeit zu gewährleisten. Art.  5 Abs.  1 Satz 1 HS 2 GG bedarf der organisatorisch-institutionellen Ausgestaltung durch den Staat, um wirksam zu sein. Die Organisationspflichten sind Ausfluss der objektiven Dimension der Grundrechte. Der objektive Gewährleistungsgehalt der Grundrechte gewinnt in der Informa­ tionstechnologiegesellschaft an Bedeutung. Grund ist das veränderte Staat-BürgerVerhältnis. Es lässt sich nicht auf den Dualismus zwischen Staat und Bürger reduzieren. Staat und Bürger sind nicht als Antagonisten anzusehen. Der Einzelne wird immer stärker in die staatliche Aufgabenerfüllung einbezogen. Umgekehrt werden die grundrechtlichen Freiheiten nicht nur durch staatliches Handeln bedroht. Wirtschaft und Politik als Teilsysteme des Gemeinwesens beeinflussen zunehmend das Schicksal des Gemeinwesens und des Einzelnen. Der Bejahung objektiver Organisationspflichten entspricht ein subjektives Recht. Der Einzelne hat einen Anspruch auf Schaffung der Informationsinfrastruktur. Einer weiteren Konkretisierung in inhaltlicher Hinsicht ist der Anspruch nicht zugänglich, da dies in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers eingriffe. Doch lässt sich der Bejahung eines subjektiven Anspruchs nicht entgegenhalten, dass sich dem Grundgesetz grundsätzlich keine Leistungsrechte entnehmen lassen. Abwehr- und Leistungsrecht lassen sich im Falle der Organisationsabhängigkeit eines Grundrechts schon nicht trennscharf differenzieren. Zudem kommt die Schaffung einer Informationsinfrastruktur der Allgemeinheit zugute, nicht bloß Einzelnen. Auch dem Argument der geminderten staatlichen Leistungsfähigkeit und der anfallenden Kosten

1. Kap.: Zusammenfassung

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kommt nur geringes Gewicht zu. Die allgemeinen Vorbehalte gegenüber verfassungsunmittelbaren Leistungsrechten greifen nicht. 3. Die Allgemeinzugänglichkeit erfasst alle staatlichen Informationen. Ausnahmen von der grundsätzlich umfassenden Zugänglichkeit staatlicher Informationen sind möglich, bedürfen jedoch der Rechtfertigung. Zudem ist der Ausnahme­ charakter der Nicht-Öffentlichkeit in einer Gesamtschau zu wahren. In Hinblick auf die Ausgestaltung finden sich im Schutz der ungehinderten Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen durch Art.  5 Abs.  1 Satz  1 HS 2 GG die Öffentlichkeitsgebote wieder, die sich den Staatsstrukturprinzipien entnehmen lassen. Die Notwendigkeit der unaufbereiteten, voraussetzungslosen und antragsunabhängigen Gewährleistung von Öffentlichkeit folgt zudem spezifisch aus der Informationsfreiheit: Indem die Informationsfreiheit auch die Informationsauswahl schützt, sind Vorselektion und Aufbereitung seitens des Staats nicht mit ihrem Gewährleistungsgehalt vereinbar. Die Ausgestaltung als Jedermann-Grundrecht bedingt die von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten unabhängige Öffentlichkeit. Und allein die antragsunabhängige Veröffentlichung stellt nicht nur die Wirksamkeit der grundrechtlichen Gewährleistung sicher, sondern wird zudem dem Schutz der ungehinderten Unterrichtung gerecht. Denn die Notwendigkeit der Antragsstellung würde in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG. Angesichts der technischen Möglichkeiten in der Informationstechnologiegesellschaft ist die antragsabhängige Ausgestaltung schon nicht erforderlich, um die Allgemeinzugänglichkeit staatlicher Informationen sicherzustellen. Eine Rechtfertigung des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung scheidet aus. Nicht der Informationsfreiheit entnehmen lässt sich allein die Pflicht, die rechtliche wie technische Möglichkeit zur Weiterverwendung zu gewährleisten. Sie ist nicht spezifisch dem von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG geschützten Unterrichtungsvorgang zuzuordnen. Vielmehr unterfällt die Weiterverwendbarkeit unmittelbar dem Schutzbereich der tätigkeitsspezifischen Freiheitsgrundrechte, d. h. derjenigen Grundrechte, deren Ausübung von der konkreten Information abhängt. Da zu deren Ausübung im Regelfall die Nutzung des durch die Informationen erlangten Wissens genügt, und die Nutzung des erlangten Wissens nicht der Weiter­ verwendbarkeit im Sinne der Informationsöffentlichkeit unterfällt, ist die rechtliche und technische Möglichkeit zur Weiterverwendung zwar rechtspolitisch wünschenswert, nicht jedoch zwingende, verfassungsunmittelbar zu gewährleistende Voraussetzung der Grundrechtsausübung. Indem die Informationsfreiheit den Unterrichtungsvorgang schützt, weist die öffentliche Zugänglichmachung in technisch weiterverwendbaren, maschinenlesbaren Formaten jedoch insofern einen mittelbaren Bezug zur Informationsfreiheit auf, als der Unterrichtungsvorgang, verstanden als Beschaffung der Informationen samt ihrer intellektuellen Verarbeitung, erleichtert wird. Die Maschinenlesbarkeit erhöht die Auffindbarkeit der Informationen und ermöglicht die automatische Ver-

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

arbeitung und Auswertung. Angesichts der Quantität der öffentlich zugänglich zu machenden Informationen ist dies gerade in der Informationstechnologiegesellschaft von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Da die Unterrichtung durch die Zugänglichmachung in nicht-maschinenlesbaren Formaten jedoch nur erschwert, nicht aber unterbunden wird, ist die Maschinenlesbarkeit rechtspolitisch wünschenswert, nicht aber verfassungsunmittelbar geboten. Der rechtlichen wie technischen Weiterverwendbarkeit öffentlich zugänglich gemachter Informationen kommt im Rahmen einer Abwägung allerdings Grundsatzcharakter zu. Denn dem faktisch festzustellenden Bedürfnis nach Weiterverwendbarkeit lassen sich keine gewichtigen Argumente entgegenhalten. Das Interesse des staatlichen Urhebers an einem Ausschluss der Weiterverwendbarkeit ist als ebenso gering einzustufen wie sein Interesse an der Nicht-Veröffentlichung. Ein Abweichen von diesem „Grundsatz der Weiterverwendbarkeit“ ist jedoch vom staatlichen Gestaltungsspielraum gedeckt. XIII. Informationsöffentlichkeit unter dem Grundgesetz Informationsöffentlichkeit, verstanden als diejenigen Daten und Datenprodukte, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen dienen und die mit der rechtlichen und technischen Möglichkeit zur Weiterverwendung öffentlich zugänglich werden, sind nicht nur politische Forderung, nicht nur Ausfluss der Umwälzung des Staat-Bürger-Verhältnisses in der Informationstechnologiegesellschaft. Informationsöffentlichkeit ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Verfassungsunmittelbar geboten ist sie allerdings nur in Gestalt der öffentlichen Zugänglichmachung. Die öffentliche Zugänglichmachung von Informationen, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen dienen, für jedermann und in unaufbereiteter Form ist Teil des Öffentlichkeitsgrundsatzes des Grundgesetzes in der Informationstechnologiegesellschaft. Die Ermöglichung der Weiterverwendbarkeit ist lediglich rechtspolitisch wünschenswert. Angesichts der internationalen Entwicklung und der wachsenden Bedeutung, die Informationen und der Informationstechnologie in der Informa­ tionstechnologiegesellschaft zukommt, auch und vor allem aufgrund europäischer Vorgaben, wird jedoch auch die Weiterverwendbarkeit Realität. Informationsöffentlichkeit ist im Grundgesetz in seiner Einbettung in den europäischen Kontext angelegt.

2. Kap.: Ausblick

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2. Kapitel

Ausblick Die Bundesrepublik befindet sich auf dem Weg in Richtung Informationsöffentlichkeit. Als Wegweiser dienen die gesellschaftliche Entwicklung in tatsächlicher Hinsicht und die europäische Entwicklung in rechtlicher Hinsicht. Weitere Schritte in Richtung Informationsöffentlichkeit werden folgen. Dies gilt für die Gewährleistung der Weiterverwendbarkeit wie der öffentlichen Zugänglichkeit gleichermaßen. Einige Wegmarken von rechtlicher Relevanz sollen im Folgenden skizziert werden, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen. I. Weiterverwendbarkeit Die Gewährleistung der technischen und rechtlichen Weiterverwendbarkeit ist nicht vom Gewährleistungsgehalt des Öffentlichkeitsgrundsatzes des Grundgesetzes erfasst. Umso weiter reichen die Vorgaben des Europarechts. Die Revision der PSI-Richtlinie verpflichtet den nationalen Gesetzgeber, bis 18.7.2015 sicherzustellen, dass die vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfassten Dokumente, die im Besitz öffentlicher Stellen der Mitgliedstaaten sind, „für gewerbliche und nichtge­ werbliche Zwecke weiterverwendet werden können“, Art. 3 Abs. 1 RL 2013/37/EU. Eine Gebührenerhebung für die Weiterverwendung ist grundsätzlich möglich, Art. 6 Abs. 1 RL 2013/37/EU. Nationales Verfassungsrecht steht dem nicht grundsätzlich entgegen. Es liegt kein Eingriff in das ungehinderte Unterrichten im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG vor. Denn die Weiterverwendung ist nicht vom Schutzbereich der Informationsfreiheit erfasst. Die Gebührenerhebung für die Weiterverwendung greift nicht in die Informationsfreiheit ein. In Hinblick auf die technische Weiterverwendbarkeit fordert die Richtlinie die Zugänglichmachung der Dokumente „in allen vorhandenen Formaten oder Sprachen und, soweit möglich und sinnvoll, in offenem und maschinenlesbarem Format zusammen mit den zugehörigen Metadaten“, Art. 5 Abs. 1 RL 2013/37/EU. „Sowohl die Formate als auch die Metadaten sollten so weit wie möglich formellen, offenen Standards entsprechen.“ Bei der Wahl der Formate, Schnittstellen und Portaltechnologien wird damit eine Orientierung an den Grundsätzen der Offenheit und Maschinenlesbarkeit gefordert. Vor dem Hintergrund des Ziels der Gewährleistung der Interoperabilität als Ausdruck der Vernetzung hat die europäische Entwicklung Vorbildcharakter. Das European Union Open Data Portal, abrufbar unter open-data.europa.eu, kann als Modell und Standard dienen, zumal es mittelfristig auch Zugriff auf die Daten und Datenprodukte der Mitgliedstaaten eröffnen soll.2 Zudem liegt eine Orientierung 2

s. o., 2. Teil, 2. Kap. A. IV. 3. 

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

an den SAGA-Standards nahe. 3 Für die Veröffentlichung von Daten und Dateien werden derzeit die Formate .xml und .rdf empfohlen.4 Jedoch ist die Kompatibilität mit möglichst vielen technischen Formaten sicherzustellen.5 II. Öffentliche Zugänglichkeit Die Vorgaben zur Ausgestaltung der öffentlichen Zugänglichkeit sind anders als die der Weiterverwendbarkeit primär am Verfassungsrecht zu messen. Innerhalb der verfassungsrechtlich gezogenen Grenzen kommt der europäischen Entwicklung jedoch richtungsweisender Charakter zu. Dies gilt weniger für den Umfang der öffentlich zugänglich zu machenden Inhalte als für die technische Ausgestaltung. Hier fehlt es an Vorgaben des Grundgesetzes, so dass Rechtssetzung wie Rechtsanwendung sich an der internationalen Entwicklung orientieren können. Ziel hat die Gewährleistung von Interoperabilität zu sein, zumal in Hinblick auf das European Union Open Data Portal. Eine Standardisierung zur Sicherstellung der Interoperabilität ist auch in tatsächlicher Hinsicht unentbehrlich. Denn die Nutzung zentraler, ebenenübergreifender Portale als Zugangssystem und Einstiegspunkt6 ist faktisch von Bedeutung, sowohl für die Auffindbarkeit der Daten als auch für deren Weiterverwendungsmöglichkeit. Dementsprechend sollen in der gebotenen Kürze die wesentlichen Vorgaben zur Standardisierung der öffentlichen Zugänglichkeit skizziert werden. Angesichts der Offenheit und Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung gehen die Aussagen jedoch nicht über bloße Momentaufnahmen hinaus. Die technologische Umsetzung bedarf der ständigen Revision und Fortentwicklung. Lediglich die verfassungsunmittelbar zu fordernden Eckpunkte und Eigenschaften wirken in die Zeit hinein. 1. Angesichts der rechtlich durchsetzbaren Pflicht, die Auffindbarkeit der Daten sicherzustellen, liegt eine zentrale Zugänglichmachung auf einem ebenenübergrei 3

Zur Maschinenlesbarkeit bereits oben, 3. Teil, 2.  Kap. A.  II.  2.  b). Zudem Kaltenböck/ Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 250. Zu SAGA vgl. oben, 3. Teil, 2. Kap. A. II. 2. b). 4 Grundlegend Lucke/Geiger, Open Government Data, S. 8 f. Hierauf aufbauend Kaltenböck/ Thurner, Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 211. Ebd., S. 210 f., zu weiteren Formaten, die einen hohen Grad an Maschinenlesbarkeit aufweisen, sowie im Einzelnen zu den Formaten (S. 243 ff.). Grundlegend auch BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 427 ff. 5 Ebenso BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 446. 6 Zum Begriff der Portals instruktiv Lucke, in: Wirtz, E-Government, S. 115, 117: „‚Portale‘ sollen im Sinne des Speyerer Ansatzes als leicht bedienbare, sichere und personalisierbare Zugangssysteme verstanden werden, über die Anwender mit Rücksicht auf ihre jeweiligen Zugriffsberechtigungen einen Zugang zu Informationen, Anwendungen, Prozessen und Personen erhalten, die auf den durch das Portal erschlossenen Systemen verfügbar sind.“

2. Kap.: Ausblick

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fenden Portal nahe. Das Datenportal kann in privater wie öffentlich-rechtlicher Organisationsform betrieben werden.7 Dennoch spricht bereits die Möglichkeit zur einseitigen Bestimmung der Nutzungsbedingungen im Rahmen der öffentlichen Organisations- und Handlungsform für eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung. Sofern die Entscheidung über Ob, Umfang und Zeitpunkt der Zugänglichmachung bei der verfügungsberechtigten öffentlichen Stellen verbleibt, ist es nicht als erforderlich anzusehen, das Datenportal als eigenständige Rechtspersönlichkeit zu konstruieren.8 Die Verantwortlichkeit liegt in diesem Fall allein bei den verfügungsberechtigten Stellen. Voraussetzung ist, dass die jeweilige Verantwortlichkeit für den Datennutzer erkennbar ist. Die Grundlage der Errichtung eines Datenportals kann gesetzlich normiert werden. Bleibt der Gesetzgeber untätig, kann Grundlage der Errichtung eines Datenportals jedoch auch eine Verwaltungsvorschrift, im Falle der verbindlichen, ebenen­ übergreifenden Zugänglichmachung ein Verwaltungsabkommen sein.9 Denn der Vorgang der öffentlichen Zugänglichmachung ist Verwaltungstätigkeit. Technisch hat sich die Entwicklung an den europäischen Initiativen und den SAGA-Empfehlungen zu orientieren. Demnach liegt derzeit auf Portalebene ein Rückgriff auf Drupal oder Java nahe.10 2. Grundsätzlich sind entsprechend dem Öffentlichkeitsgrundsatz der Verfassung sämtliche Informationen, d. h. sämtliche Daten und Datenprodukte, öffentlich zugänglich zu machen. Ausnahmen sind sowohl im öffentlichen wie im privaten Interesse möglich, bedürfen als Eingriff in die grundsätzlich zu gewährleistende öffentliche Zugänglichkeit jedoch der Rechtfertigung. In Hinblick auf Inhalt und dogmatische Konstruktion können sich die Ausnahmevorschriften an der bisherigen Ausgestaltung des Informationszugangsrechts orientieren.11 Es liegt die gleiche Interessenabwägung zugrunde. Nicht der Inhalt, sondern primär die Form der Öffentlichkeit ist eine andere. 7

Erst im Kernbereich der Staatlichkeit kann eine Organisationsprivatisierung ausscheiden, um die Staatlichkeit sicherzustellen. Indem die öffentliche Zugänglichmachung der materiellen Aufgabenwahrnehmung nachfolgt, ist ein Eingriff in den Kernbereich staatlicher Aufgabenwahrnehmung aber ausgeschlossen, so dass die privatrechtliche Organisation denkbar ist. Hierzu allgemein Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 86 Rn. 117. 8 Im Ergebnis ebenso BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 173 f. 9 Zum Genügen von Verwaltungsvorschriften im Falle der Akteneinsicht Nolte, DÖV 1999, 363, 373. Zum Verwaltungsabkommen BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 174 f. Dort auch zur Abgrenzung vom Staatsvertrag. Zu den Merkmalen des Verwaltungsabkommens, wonach die Verwaltungstätigkeit betroffen sein muss, ein konkretes Rechtsverhältnis begründet und gegenüber Dritten Rechte und Pflichten begründet werden, Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 54 Rn. 71. 10 BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 446. 11 Statt aller zum grundsätzlichen Gleichlauf zwischen Individualzugang und öffentlicher Zugänglichkeit Schoch, NJW 2012, 2844, 2847; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 330.

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

a) Bei der Bestimmung der Nicht-Öffentlichkeit ist deren Ausnahmecharakter zu wahren. Eine weite Bestimmung der entgegenstehenden privaten wie öffentlichen Interessen kehrte den Öffentlichkeitsgrundsatz in sein Gegenteil und widerspräche damit den verfassungsunmittelbaren Vorgaben. Bereichsspezifische Ausnahmen, wie sie auch die PSI-Richtlinie kennt, etwa für Rundfunk, für Bildungs- und Forschungseinrichtungen oder kulturelle Einrichtungen, sind zwar möglich. Sie sind jedoch auf im Einzelfall zu rechtfertigende Ausnahmen zu beschränken. Im Regelfall werden nicht institutionelle, sondern materielle Interessen einer Veröffentlichung im Einzelfall entgegenstehen. Hier steht es dem Gesetzgeber frei, die Ausnahmen als absolute oder relative Veröffentlichungsverbote zu konstruieren. Bei absoluter Konstruktion hat eine Veröffentlichung zu unterbleiben, sobald ein bestimmtes berechtigtes Interesse der Veröffentlichung entgegensteht. Demgegenüber hat die öffentliche Zugänglichmachung im Falle der relativen Konstruktion nur dann den Vorrang, wenn eine Abwägung zum Überwiegen des berechtigten Interesses führt. Das einfache Informationszugangsrecht kennt beide Regelungstechniken, vgl. nur §§ 3, 6 IFG zur absoluten Veröffentlichungsgrenze und § 5 IFG zur relativen. Während die Ausgestaltung als absolute Ausnahme den Verwaltungsaufwand reduziert und dem Umstand Rechnung trägt, dass die öffentliche Zugänglichmachung unabhängig von einem konkret darzulegenden Informationsinteresse im Einzelfall ist, entspricht die relative Ausgestaltung dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, das dem Grundgesetz immanent ist. Zudem wird die Notwendigkeit der Abwägung im Einzelfall dem verfassungsunmittelbar vorgegebenen Regel-Ausnahme-Verhältnis gerecht. Die relative Bestimmung ausnahmsweiser Nicht-Öffentlichkeit ist vorzugswürdig. b) Egal ob die Nicht-Öffentlichkeit relativ oder absolut ausgestaltet wird, sind die verfügungsberechtigten Stellen im Rahmen der materiellen Aufgabenerfüllung gehalten, die Veröffentlichungsfähigkeit einzelner Informationen zu beurteilen und den zu veröffentlichenden Bearbeitungsstand zu bestimmen. Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, nur das Ergebnis einer Maßnahme zu veröffentlichen, oder auch die Entscheidungsgrundlagen bzw. das Entscheidungsverfahren zugänglich zu machen. Die Informationen sind entsprechend ihrer Veröffentlichungsfähigkeit zu kategorisieren und so für die öffentliche Zugänglichmachung vorzubereiten. Gegebenenfalls ist eine teilweise öffentliche Zugänglichmachung zu ermöglichen, die entgegenstehenden berechtigten Interessen Rechnung trägt. Dem Grundsatz der Öffentlichkeit entsprechend ist teilweise Öffentlichkeit vorzugswürdig gegenüber vollständiger Nicht-Öffentlichkeit. Auch über den Zeitpunkt der Veröffentlichung ist bereits im Rahmen der materiellen Aufgabenerfüllung zu befinden. Im Interesse der Wirksamkeit ist die öffentliche Zugänglichmachung grundsätzlich möglichst frühzeitig herzustellen. Eine verzögerte Zugänglichmachung kann im Einzelfall jedoch ebenso gerechtfertigt sein wie inhaltliche Beschränkungen, so zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit

2. Kap.: Ausblick

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der staatlichen Aufgabenerfüllung. „Öffentlichkeit zur Unzeit“ ist nicht das Ziel des Öffentlichkeitsgrundsatzes des Grundgesetzes.12 Zusammenfassend ergibt sich, dass die organisatorischen Voraussetzungen der öffentlichen Zugänglichmachung im Rahmen der materiellen Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen sind. c) Im Interesse ihrer Auffindbarkeit sind die zugänglich zu machenden Informationen mit Metadaten zu versehen, die ihre Inhalte sowie Modus und Zeitpunkt ihrer Erhebung beschreiben. Es gilt das für das Datenportal Gesagte: Im Interesse der Interoperabilität ist eine Standardisierung von Nöten. Richtungsweisend ist die Standardisierung der Syntax und Semantik der Metadaten durch die Europäische Union sowie die SAGA-Vorgaben.13 Eine Orientierung am Europäischen Datenportal öffnet die Ausgestaltung zugleich in Richtung Linked Open Data, da der Metadatenkatalog auf deren Strukturvorgaben basiert. Die Interoperabilität wird dadurch weiter verbessert.14 Der ISO 19115-Standard, etwa für Geodaten, und der Semantic Web-Ansatz, den die CKAN (Comprehensive Knowledge Archive Network) verwendet und der für sonstige Daten und Dateien zur Anwendung kommt, sind weit verbreitete Metadatenstandards.15 Das Datenportal für Deutschland, govdata.de, verwaltet seine Metadaten via CKAN. Unabhängig davon, welchen Standard ein Portal verwendet, ist sicherzustellen, dass auch fremde Standards gelesen und so fremde Metadaten automatisiert importiert werden können.16 3. Die Zugänglichkeit ist von der verfügungsberechtigten Stelle in den Grenzen der Verfassung und des Rechts sicherzustellen. Dabei steht ihr ein gewisser Gestaltungsspielraum zu. a)  Im Falle der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung von Organisations- und Handlungsform kann die verfügungsberechtigte Stelle die Zugangsmodalitäten im Wege der einseitigen Nutzungsbestimmung determinieren.17 Grenzen sind der Ausgestaltungsbefugnis der verfügungsberechtigten Stelle durch eine etwaige einfachgesetzliche Regelung sowie die Vorgaben des grundgesetzlichen Öffentlichkeitsgrundsatzes gezogen. Indem das Grundgesetz vor staatlicher Beobachtung schützt, ist eine Registrierungspflicht abzulehnen. Dies gilt vor allem für die Etablierung eines Klarnamenzwangs. Denn schon die Registrierung würde in einer Zusammenschau von Verkehrs- und Bestandsdaten die Erfassung des individuellen Verhaltens ermög 12

Heckmann, in: Slapio/Habbel/Huber, Wertschöpfung für die Wirtschaft, S. 32, 35. Zur Standardisierung von Syntax und Semantik der Metadaten BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 424 ff. 14 Zu Linked Open Data bereits oben, 2. Teil, 1. Kap. A. II. 15 BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 425. 16 BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 426. 17 Zu den Nutzungsbestimmungen bereits oben, 3. Teil, 2. Kap. C. I. 4. 13

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

lichen, wenn auch nicht derart unmittelbar wie im Falle der Antragsabhängigkeit jedes einzelnen Informationsbegehrs. Doch die Gefahr staatlicher Beobachtung bestünde. Gründe für eine Registrierung sind nicht ersichtlich, da die öffentliche Zugänglichkeit voraussetzungslos, d. h. unabhängig von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten ist. b)  Eine Bepreisung gerade der kommerziellen Weiterverwendung oder die Sicherstellung eines bestimmten Qualitätslevels der Daten ist möglich und mit verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben vereinbar.18 Anders ist die Möglichkeit der Kostenerhebung für den Informationszugang zu beurteilen. Die kostenpflichtige Ausgestaltung des Informationszugangs ist dem Grunde nach abzulehnen. Gebühren für ein individualnütziges Amtshandeln fallen anders als im Rahmen der Gewährleistung individuellen Informationszugangs bei der öffentlichen Zugänglichmachung nicht an.19 Vor allem aber die Angewiesenheit des Individuums wie des demokratischen Rechtsstaats auf Informationen steht der kostenpflichtigen Ausgestaltung des Informationszugangs entgegen. Der Öffentlichkeitsgrundsatz des Grundgesetzes dient gerade dazu, die Grundrechtsausübungsvoraussetzungen und die Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaats sicherzustellen. Beide Ziele könnten im Falle der Kostenpflichtigkeit nicht wirksam erreicht werden. Der Gewährleistungsgehalt des Öffentlichkeitsgrundsatzes im Allgemeinen, die Informationsfreiheit im Besonderen ziehen der Möglichkeit der Kommerzialisierung staatlicher Informationen Grenzen.20 Die Kostenpflichtigkeit der Unterrichtung ist in Konsequenz der Charakterisierung der allgemeinen Zugänglichkeit als Verfassungsbegriff nach überzeugender Auffassung keine bloße Ausgestaltung des Schutzbereichs der Informationsfreiheit, die nicht an den Vorgaben der Verfassung zu messen ist. Sie ist Eingriff, der der Rechtfertigung bedarf. Andernfalls könnte der Staat als Verfügungsberechtigter umfassend über die wirksame Ausübbarkeit der Informationsfreiheit disponieren.21 18 Umfassend zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Nutzung staatlicher Informationen Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut. Zudem BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 292 ff., insbesondere auch zu den Vorgaben der PSI- und INSPIRE-Richtlinie. 19 Zur Gebührenerhebung im IFG Debus, DVBl. 2013, 9, 9. 20 Starck, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 45 zur Informationsfreiheit als Grenze der Kommerzialisierung. So im Ergebnis zwar auch Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S. 355 f., der die Kommerzialisierung im Falle staatlicher Publizitätspflicht zwar ausschließt, diesen Bereich jedoch als eng umgrenzt erachtet. Zudem verweist er auf das gesetzgeberische Ermessen in Hinblick auf die Ausgestaltung der Publizität. Die „Option einer wirtschaftlichen Verwertung“ bleibe dem Staat grundsätzlich erhalten. 21 Zum Eingriffscharakter jeglicher Beschränkung – im Gegensatz zur nicht rechtfertigungsbedürfigen Ausgestaltung – zumindest im Falle eines staatlichen Monopols Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 162 Rn. 43. Auf Grundlage der herrschenden Meinung erfasst das Bestimmungsrecht des Verfügungsberechtigten jedoch auch die Abhängigmachung des Informationszugangs von „einer Leistung des Interessierten“, so etwa Bethge, in: Sachs, GG, Art. 5 Rn. 57.

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Eine grundsätzliche Rechtfertigung der Kostenpflichtigkeit des Zugangs zur Informationsinfrastruktur ist nicht ersichtlich. Bloß haushaltsrechtliche Erwägungen sind nicht in der Lage, das Interesse an der Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaats einzuschränken. Das in § 7 BHO normierte, in § 63 Abs. 3 BHO konkretisierte Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit des Verwaltungshandelns ist bei der Ausgestaltung der Informationsinfrastruktur zu berücksichtigen, vermag angesichts des öffentlichen Interesses an ihrer Gewährleistung aber keine Kostenpflicht zu begründen.22 Gerade wenn das Informationszugangsrecht im öffentlichen Interesse ausgeübt wird, wie es das Europarecht zunehmend fordert, erscheint eine Kostenerhebung widersinnig und kontraproduktiv. Jedenfalls ist die Kostenpflicht schon nicht geeignet und damit erst recht nicht erforderlich, die Ziele des Öffentlichkeitsgrundsatzes zu verwirklichen.23 Angesichts des im Verhältnis von Schutzbereich und Eingriff angelegten Regel-Ausnahme-Verhältnisses ist vom Grundsatz der Kostenfreiheit des Informationszugangs auszugehen. Zu keinem anderen Ergebnis gelangt man, wenn dem Staat mit der herrschenden Konzeption ein grundsätzlich freies Bestimmungsrecht über die Informationsquellen eingeräumt wird, die seiner Verfügungsbefugnis unterliegen.24 Denn selbst das freie Bestimmungsrecht findet nach der überwiegenden Meinung, mitunter des Bundesverfassungsgerichts, in den Bestimmungen der Verfassung seine Grenze. Da die Kostenpflichtigkeit des Informationszugangs der Informationsabhängigkeit von Demokratie und Rechtsstaat diametral entgegensteht, hat die freie Ausübbarkeit des Bestimmungsrechts ihre Grenze jedenfalls in der grundsätzlichen Bepreisung des Zugangs. Der Informationszugang ist demnach unentgeltlich zu eröffnen. Die grundsätzliche Kostenpflicht wäre ein nicht der Rechtfertigung fähiger Eingriff in die Informationsfreiheit als sedes materiae des verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgrundsatzes. Sie stünde in Widerspruch zu dem öffentlichen Interesse an umfassender Öffentlichkeit im Interesse der Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaats.25 Im einfachen Recht, etwa dem Recht der Geodaten, wird der Grundsatz der kostenlosen Zurverfügungstellung bereits berücksichtigt.26 Berechtigte Ausnahmen, etwa für qualitätsgesicherte Daten oder Daten von hohem wirtschaftlichen Wert, etwa im Kontext der Kartografie, sind jedoch möglich. 4. Es gelten die allgemeinen Vorschriften, insbesondere des Verwaltungshandelns. Dementsprechend sind die Vorgaben zur IT- und Informationssicherheit ebenso zu 22

Ebenso BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 295. Zur Kostenerhebung vor dem Hintergrund der Ziele der Gewährleistung von Informations­ zugang Debus, DVBl. 2013, 9, 15. 24 So etwa Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S. 356. 25 Trute, in: VVDStRL, Bd. 57 (1998), S. 216, 254, Fn. 162 betont, dass die Informationsfreiheit keinen kostenlosen Zugang verlangt, dieser aber aus demokratischen Erwägungen sowie unter Berücksichtigung sozial- und kulturstaatlicher Aspekte vorzugswürdig ist. 26 Mit der Novellierung des GeoZG 2012 ist der bis dato geltende § 13 weggefallen, der Geldleistungspflichten vorsah. 23

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5. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

beachten wie die Rückwirkungen, die Art. 3 Abs. 1 GG auf die Ausgestaltung der Informationsinfrastruktur zeitigt. a) Als Ausfluss staatlicher Schutzpflichten ist die IT- und Informationssicherheit in rechtlicher und technischer Hinsicht zu gewährleisten. Der Staat ist verpflichtet, Beeinträchtigungen der IT- und Informationssicherheit präventiv zu unterbinden sowie repressiv zu verfolgen.27 Dies gilt auch für die öffentliche Zugänglichmachung staatlicher Daten und Datenprodukte. Bei der Errichtung der Informationsinfrastruktur sind demnach die allgemeinen Vorgaben zu berücksichtigen.28 In rechtlicher Hinsicht sind in Anlehnung an § 2 Abs. 2 BSIG die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit der Daten und der Dateninfrastruktur, darüber hinaus aber auch die Verbindlichkeit und Authentizität zu gewährleisten.29 Technisch kann die IT- und Informationssicherheit durch die Berücksichtigung der BSI-Standards sichergestellt werden. Eine Bezugnahme auf die BSI-Standards durch das Recht ist im Falle hinreichender Konkretisierung möglich, angesichts der Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung und der mit ihnen einhergehenden Bedrohungen sogar erforderlich.30 b) Trotz der Entwicklung in Richtung Informationstechnologiegesellschaft ist (noch) nicht gewährleistet, dass jedermann über die technischen und intellektuellen Voraussetzungen verfügt, um von den öffentlich zugänglich gemachten Daten und Datenprodukten Kenntnis zu nehmen. Um eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung, Art. 3 Abs. 1 GG, zu vermeiden, ist neben der öffentlich zugänglichen Informationsinfrastruktur ein individueller Zugangsanspruch zu gewährleisten, der jedermann im Falle einer derartigen Ungleichbehandlung auf Antrag den Zugang zu staatlichen Informationen ermöglicht. Dies gilt solange und soweit Ungleichgewichte in Hinblick auf die Nutzungsmöglichkeit der Informations- und Kommunikationstechnologie in der Gesellschaft bestehen und nicht durch anderweitige Maßnahmen kompensiert werden.31 Sofern die technischen wie intellektuellen Möglichkeiten zur Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologie bejaht werden, kann es jenseits von Manipulationen von außen nicht zu einer verfassungsrelevanten Ungleichbehand-

27 Grundlegend zur Gewährleistung von IT-Sicherheit Heckmann, in: Rüßmann, Festschrift für Gerhard Käfer, S.  129, 131. Allgemein zur Schutzpflichtendimension Müller-Terpitz/ Rauchhaus, JurPC Web-Dok. 96/2012, Abs. 1–54, Abs. 45. 28 Zur IT- und Informationssicherheit bereits 3. Teil, 2. Kap. C. III. 2. b) bb). 29 Allgemein BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S.  438 ff. Speziell zur Gewährleistung von Verbindlichkeit und Authentizität Heckmann, in: Hill/Schliesky, Herausforderung e-Government, S. 131, 134. 30 Speziell zum BSI-Standard 100–2, BMI (Hrsg.), Open Government Data Deutschland, S. 436. 31 So auch Schnapp, in: Hill, Verwaltungsmodernisierung 2012, S.  99, 119. Eine entsprechende Regelung enthält etwa § 15 Abs. 2 EGovG, wonach jede Person einen angemessenen Zugang zu elektronischen Mitteilungs- und Verkündungsblättern erhalten muss.

3. Kap.: Schlusswort

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lung bei der Nutzung der Informationsinfrastruktur kommen. Denn die antragsunabhängige Ausgestaltung schließt eine Ungleichbehandlung aus. Der Informationszugang hängt anders als im überkommenen Informationszugangsrecht nicht von einer Einzelfallentscheidung der verfügungsberechtigten staatlichen Stelle ab.32 Die Technik stellt insofern die Wahrung des Rechts sicher. Das Ideal „Rechts­ konforme Technik, technikkonformes Recht“33 wird in der Informationstechnologiegesellschaft Realität. c)  Die Pflicht zur öffentlichen Zugänglichmachung hat primär für künftige Daten und Datenprodukte zu gelten. Eine rückwirkende Zugänglichmachung, insbesondere in maschinenlesbaren Formaten, kann nach und nach sichergestellt werden. Doch ist der Fokus auf die künftige Sicherstellung der öffentlichen Zugänglichkeit zu legen.34 Entsprechende Übergangs- und Umsetzungsfristen sind der gesetzlichen Normierung zugänglich.

3. Kapitel

Schlusswort Die Gewährleistung der öffentlichen Zugänglichkeit und auch der Weiter­ verwendbarkeit der Daten und Datenprodukte, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch staatliche Stellen dienen, ist Prozess. Die Erfüllung des Öffentlichkeitsgebots der Verfassung ist dauerhafte Aufgabe der Staatsgewalt. Sie wirkt in die Zeit hinein. Sie ist dynamisch. Doch die öffentliche Zugänglichmachung ist Mindestgewährleistungsgehalt, hinter dem der Staat in der Informationstechnologiegesellschaft nicht zurückbleiben darf. „Das Internet verändert alles. Auch das Recht.“35 Die verfassungsrechtliche Betrachtung bestätigt dies. Denn der demokratische Rechtsstaat in der Informationstechnologiegesellschaft ist ein öffentlich zugänglicher – oder er ist nicht.36

32

So auch Martini/Damm, DVBl. 2013, 1, 7. Heckmann, in: Taeger/Wiebe, Mobilität, Telematik, Recht, S. 111, 118. 34 Ein entsprechender Umgang mit Altinformationen ist im Hamburger Transparenzgesetz vorgesehen, vgl. Jauch, DVBl. 2013, 16. 35 Heckmann, NJW 2012, 2631, 2631. Vgl. auch die Eingangsformel im 1. Teil. 36 Formulierung in Anlehnung an Jestaedt, AöR 126 (2001), 204, 215: „Die freiheitliche Demokratie ist eine öffentliche – oder sie ist nicht.“ Hierzu bereits oben, 3. Teil, 1. Kap. B. I. 3. a) (Fn. 62). 33

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Personen- und Sachverzeichnis Aarhus-Konvention 111 Aktenöffentlichkeit, beschränkte  96 Akzeptanz  348, 357 Alexy, Robert  321 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 109 Allgemeinzugänglichkeit 445 –– Bestimmungsrecht, staatliches  448 –– Bundesverfassungsgericht 446 –– Öffentlichkeit, antragsunabhängige  475 –– Öffentlichkeit, jedermann  474 –– Öffentlichkeit, primäre  473 –– Verfassungsbegriff  449, 451 –– Verfügungsbefugnis 446 Anonymität 170 Aquin, Thomas von  69 Aristoteles 69 Arkantradition 95 Aufgabe, öffentliche  233 Auslegung –– europarechtskonforme 303 –– Rechtsvergleichung 304 –– teleologische 300 Automatisierung 143 Barber, Benjamin  57, 72 Begründung der Öffnung –– inter- und supranational  132, 496 –– national  136, 496 Bell, Daniel  155 Berners-Lee, Tim  46, 144 Beteiligung 68 –– Definition 68 –– Entwicklung 69 –– Responsivität 78 Boehme-Neßler, Volker  181, 195 Brandt, Willy  97 Bröhmer, Jürgen  215 Bundesrecht –– Aktenöffentlichkeit, beschränkte  96 –– Arkantradition 95 –– Begründung der Öffnung  136

–– E-Government-Gesetz 103 –– Entwicklung siehe Gesetzgebungsentwick­ lung –– Informationsfreiheitsgesetz 98 –– Informationsweiterverwendungsgesetz 99 –– Informationszugang 95 –– Interesse, berechtigtes  96 –– Umweltinformationsgesetz 98 –– Verbraucherinformationsgesetz 98 –– Weiterverwendbarkeit von Informationen  99 –– Zugänglichkeit, öffentliche  100 Castells, Manuel  160 Datenportal 514 Datum –– allgemein 227 –– Rechtsbegriff 230 Definition –– Definitionslehre 207 –– Explikation 209 –– Öffentlichkeit 216 Deliberative Demokratie siehe  Demokratietheorie Demokratieprinzip  326, 504 –– Akzeptanz  348, 357 –– Homogenität  347, 356 –– Informationsöffentlichkeit 371 –– Informationstechnologiegesellschaft 360 –– Inhalt  327, 504 –– Integration  346, 356 –– Legitimation siehe Legitimation –– Legitimationsmodelle, pluralistische  338 –– Meinung, öffentliche  333 –– Öffentlichkeit 349 –– Öffentlichkeit, antragsunabhängige  375 –– Öffentlichkeit Ausgestaltung  371 –– Öffentlichkeit, jedermann  373 –– Öffentlichkeit Notwendigkeit  369 –– Öffentlichkeit, primäre  372

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Personen- und Sachverzeichnis

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Öffentlichkeitsgebot, objektives  358 Öffentlichkeitsgebot, subjektives  359 Partizipation 343 Prinzip 326 Rückkopplung der Staatsgewalt  328 Rückkopplung, kommunikative  332 Staatsgewalt  340, 361 Staatsvolk  342, 362, 363 Vertrauen  348, 357 Volkssouveränität 327 Weiterverwendbarkeit von Informationen  381 –– Zugänglichkeit, öffentliche  379 Demokratietheorie –– Beteiligung siehe Beteiligung –– deliberative 63 –– Inhalt 56 –– Input & Output  58 –– komplexe 76 –– kooperative 75 –– liquid democracy  80 –– Öffentlichkeit siehe Öffentlichkeit –– partizipative 71 –– responsive 77 –– starke & schwache  57 Dezentralität 183 digital divide  172 Digitalisierung 143 Dworkin, Ronald  321 E-Democracy 50 E-Governance 51 E-Government 47 E-Government-Gesetz 103 Entgrenzung 146 –– Anonymität 170 –– Anpassung des Rechts  181 –– digital divide  172 –– Individuum 169 –– Raum 146 –– Staat 179 –– Teilöffentlichkeit 171 –– Umfeld, soziales  170 –– Zeit 146 Europäische Menschenrechtskonvention  112 Europarecht 119 –– Begründung der Öffnung  132 –– Eigenverwaltungsrecht 119

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Gemeinschaftsverwaltungsrecht 124 Grundrechtecharta 121 Informationszugang  120, 124 INSPIRE-Richtlinie 127 Open Data-Paket  126 PSI-Richtlinie 125 Strategien & Programme  128 Transparenz-Verordnung 122 Umweltinformationsrichtlinie 125 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union  120 –– Vertrag über die Europäische Union  121 –– Weiterverwendbarkeit von Informationen  125 –– Zugänglichkeit, öffentliche  120 Fiktion 149 Forsthoff, Ernst  316 Geodatenzugangsgesetz 101 Gesellschaft 152 –– Abgrenzung Staat  166 –– Begriff 152 –– Informationsgesellschaft 154 –– Informationstechnologiegesellschaft siehe Informationstechnologiegesellschaft –– Netzwerkgesellschaft 159 –– Netzwerktheorie 159 –– Wissensgesellschaft 157 Gesetzgebungsentwicklung  94, 495 –– Aktenöffentlichkeit, beschränkte  96 –– Arkantradition 95 –– Begründung national  136, 496 –– Begründung supranational  132, 496 –– Bundesrecht 95 –– E-Government-Gesetz 103 –– Europarecht siehe Europarecht –– Geodatenzugangsgesetz 101 –– Großbritannien  116, 118 –– Informationsfreiheitsgesetz 98 –– Informationsweiterverwendungsgesetz 100 –– Interesse, berechtigtes  96 –– Landesrecht 106 –– Landesverfassungsrecht 106 –– Österreich  117, 118 –– Schweden 115 –– Transparenzgesetz, Hamburgisches  108 –– Umweltinformationsgesetz 98

Personen- und Sachverzeichnis –– Urheberrechtsgesetz 99 –– USA  116, 117 –– Verbraucherinformationsgesetz 98 –– Völkerrecht siehe Völkerrecht –– Zugänglichkeit, öffentliche  100 Gewährleistungsgehalt Grundrechte –– Leistungsrecht 461 –– objektiver 453 –– Organisationspflichten 455 –– Resubjektivierung 464 –– subjektiver 461 Governance 196 Gröschner, Rolf  216 Grundgesetz –– Demokratieprinzip siehe Demokratieprinzip –– Grundrechtstheorie, demokratisch-funktionale 312 –– Grundrechtstheorie, soziale  319 –– Informationsfreiheit siehe Informationsfreiheit –– Informationsöffentlichkeit siehe Informationsöffentlichkeit –– Öffentlichkeitsgrundsatz  310, 459, 490 –– Rechtsstaatsprinzip siehe Rechtsstaatsprinzip –– Republikprinzip siehe Republikprinzip –– Sozialstaatsprinzip 316 –– Wirkstufen des GG  320 Grundrecht auf IT-Abwehr  203 Grundrechtecharta 121 Grundversorgung, informationelle  215 Habermas, Jürgen  63 Heckmann, Dirk  165, 176, 294 Hobbes, Thomas  64 Homogenität  347, 356 Immaterialisierung 148 –– Anpassung des Rechts  189 –– Desintegration 176 –– Fiktion 149 –– Individualisierung 175 –– Individuum 174 –– Komplexität 149 –– Staat 187 –– Vertrauen 177 –– Virtualität 148

561

Individuum 169 –– Entgrenzung 169 –– Immaterialisierung 174 –– Vernetzung 172 Information –– allgemein 227 –– Rechtsbegriff 230 Informationsarbeit 269 Informationsfreiheit  438, 509 –– Gewährleistung, objektive  441, 453 –– Gewährleistung, subjektive  441, 442, 461 –– Informationsöffentlichkeit 490 –– Leistungsrecht 461 –– Öffentlichkeit, antragsunabhängige  475, 483 –– Öffentlichkeit, jedermann  474 –– Öffentlichkeit Notwendigkeit  459 –– Öffentlichkeit, primäre  473 –– Öffentlichkeitsgebot, objektives  469 –– Öffentlichkeitsgebot, subjektives  469 –– Organisationsabhängigkeit  455, 510 –– Schutzbereich 443 –– Schutznormtheorie 466 –– Schutzwirkung 441 –– Schutzzweck 440 –– Unterrichtung, ungehinderte siehe Unterrichtung, ungehinderte –– Weiterverwendbarkeit von Informationen  485 –– Zugänglichkeit, allgemeine siehe  Allgemeinzugänglichkeit Informationsfreiheitsgesetz 98 Informationsgesellschaft 154 Informationsöffentlichkeit 500 –– Akteure 249 –– Aufgabe, öffentliche  234 –– Basisdaten 251 –– Bearbeitungsstand 252 –– Beschränkung auf Vorhandenes  236 –– Datum allgemein  227 –– Datum als Rechtsbegriff  230 –– Definition  226, 500 –– Dimensionen 501 –– Grundgesetz 512 –– Information allgemein  227 –– Information als Rechtsbegriff  230 –– Informationstätigkeit siehe Informationstätigkeit

562 –– –– –– –– –– –– –– –– –– ––

Personen- und Sachverzeichnis

Maschinenlesbarkeit 243 Nutzungsbestimmungen 264 Primärdaten 251 Privatisierung 238 Produkt allgemein  228 Produkt als Rechtsbegriff  230 Rohdaten 251 Stelle, staatliche  236 Verwaltungstätigkeit 262 Weiterverwendbarkeit von Informationen siehe Weiterverwendbarkeit von Informationen –– Weiterverwendung, rechtlich  244 –– Weiterverwendung, technisch  243 –– Wissen allgemein  228 –– Wissen als Rechtsbegriff  232 –– Zeitpunkt der Veröffentlichung  254 –– Zugänglichkeit, öffentliche  240 –– Zuständigkeit 239 Informationsrichtigkeit 277 –– Anforderungen des GG  279 –– Beschränkungen, gesetzliche  277 –– Haftung siehe Staatshaftung Informationstätigkeit  256, 502 –– aktive 266 –– Charakteristika, rechtliche  256 –– Charakteristika, tatsächliche  258 –– Grundrechtseingriff 260 –– Grundrechtsrelevanz 259 –– individualbezogene 267 –– Informationsarbeit  269, 502 –– Informationsrichtigkeit siehe Informations­ richtigkeit –– Informationszugänglichkeit  268, 502 –– IT- und Informationssicherheit siehe  ITund Informationssicherheit –– öffentlichkeitsbezogene 267 –– passive 266 –– Sorgfaltspflichten 293 –– Verfügungsbefugnis 272 –– Verwaltungstätigkeit 262 Informationstechnologiegesellschaft 497 –– Begriff 164 –– Charakteristika 165 –– Demokratieprinzip Auswirkungen  360 –– Grundrechte Gewährleistungsgehalt  456 –– IKT-Abhängigkeit Individuum  177 –– IKT-Abhängigkeit Staat  192

–– Informationsfreiheit Auswirkungen  470 –– Legitimationsniveau 365 –– Leitbild Vernetzung  194, 498 –– Rechtsstaatsprinzip Auswirkungen  419 –– Republikprinzip Auswirkungen  390 –– Staat-Bürger-Verhältnis  194, 498 Informationsweiterverwendung siehe Weiter­ verwendbarkeit von Informationen Informationsweiterverwendungsgesetz 100 Informationszugang 95 –– Bundesrecht 95 –– Europarecht  120, 124 –– Großbritannien 116 –– Landesrecht 106 –– Landesverfassungsrecht 106 –– Österreich 117 –– Schweden 115 –– USA 116 –– Völkerrecht 109 Informationszugänglichkeit 268 Input 58 INSPIRE-Richtlinie 127 Integration  346, 356 Intelligenz, kollektive  174 Interdisziplinarität im Recht  88 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte  110 Internet 143 –– Automatisierung 143 –– Digitalisierung 143 –– Entgrenzung siehe Entgrenzung –– Funktionsweise 145 –– Immaterialisierung siehe Immaterialisierung –– Interdependenz Gesellschaft  150 –– Potenzial 315 –– Vernetzung siehe Vernetzung –– Virtualität 148 –– Web 1.0-3.0  144 IT- und Informationssicherheit  293 –– Ausblick 520 –– Definition IT-Sicherheit  294 Jellinek, Georg  179 Kant, Immanuel  61 Kollaboration –– allgemein 54 –– Open Government  85

Personen- und Sachverzeichnis Komplexe Demokratie siehe Demokratietheorie Kontrolle, öffentliche  401, 414, 427 Kooperative Demokratie siehe  Demokratietheorie Kosten 518 Landesrecht 106 Landesverfassungsrecht 106 Legitimation 327 –– formal 350 –– funktionell-institutionell 330 –– Informationstechnologiegesellschaft 361 –– informell  332, 353, 368 –– Legitimationsmodelle, pluralistische  334 –– Legitimationsniveau  330, 365 –– Öffentlichkeit 349 –– Partizipation 343 –– personell-organisatorisch  329, 365 –– sachlich-inhaltlich  329, 366 Leistungsrecht 461 Lincoln, Abraham  56 Linked Open Government Data  46 liquid democracy siehe Demokratietheorie Luhmann, Niklas  92, 176, 201 Maschinenlesbarkeit  104, 243 Maus, Ingeborg  72 Meinung, öffentliche  333 Metadaten 517 Netzwerkgesellschaft 159 Netzwerktheorie 159 New Public Management  196 n-tv-Entscheidung 446 Nutzungsbestimmungen Informationsöffentlichkeit  264, 296 Obama, Barack  33, 38, 117 Öffentlichkeit 210 –– antragsunabhängige  432, 475, 483 –– Definition 59 –– Demokratieprinzip siehe Demokratieprinzip –– Entwicklung 60 –– Exekutive Grundsatz  221 –– Gesetzgebung siehe Gesetzgebungsentwicklung –– Grundlage Staat-Bürger-Verhältnis  201

563

–– Grundsatz des GG  218, 309 –– Informationelle Grundversorgung als Rechtsbegriff 215 –– Informationsfreiheit siehe  Informationsfreiheit –– jedermann  373, 431, 474 –– Judikative Grundsatz  222 –– Legislative Grundsatz  223 –– Nicht-Öffentlichkeit 219 –– Offenheit als Rechtsbegriff  211 –– Ort 203 –– primäre  252, 372, 430, 473 –– Publizität als Rechtsbegriff  213, 216 –– Rechtsbegriff  212, 216, 499 –– Rechtsstaatsprinzip siehe Rechtsstaatsprinzip –– Republikprinzip siehe Republikprinzip –– Transparenz als Rechtsbegriff  214, 216 –– Transzendentale Formel  61 –– Wert 202 –– Zugang als Rechtsbegriff  211 –– Zugänglichkeit als Rechtsbegriff  212 –– Zugänglichkeit, öffentliche  240 Öffentlichkeitsgrundsatz  309, 503 –– Grundgesetz  490, 512 –– Informationsfreiheit als Kristallisationspunkt 459 Open Data  39 –– Gegenstand 226 –– Informationsöffentlichkeit siehe Informationsöffentlichkeit –– Prozess 226 –– weites Verständnis  85 Open Data-Paket  126 Open Data-Portal  130 Open Government  47, 56, 84 –– Demokratietheorie  83, 494 –– Dimensionen 53 –– Kollaboration 85 –– Partizipation 85 –– Transparenz 85 Open Government Data  39 –– Entwicklung 38 –– Fünf-Sterne-Modell 46 –– Inhalt 40 –– Prinzipien 43 –– weites Verständnis  85 Output 58

564

Personen- und Sachverzeichnis

Partizipation –– allgemein 54 –– Legitimationsfaktor 343 –– Open Government  85 Partizipative Demokratie siehe  Demokratietheorie Plug and Play-Falle  176 policy-cycle  203, 355 Positivismus 88 Prinzipien Open Government Data  43 Privatisierung 238 Produkt –– allgemein 228 –– Rechtsbegriff 230 Prosumer 147 PSI-Richtlinie 125 Publizität –– Demokratieprinzip  326, 382 –– Rechtsbegriff 216 –– Rechtsstaatsprinzip 416 –– Republikprinzip 390 Recht –– Anpassungsfähigkeit 299 –– Anpassungsnotwendigkeit 306 –– Auslegung, europarechtskonforme  303 –– Auslegung, teleologische  300 –– Herausforderungen Informationstechnolo­ giegesellschaft 306 –– politisches 140 –– Rechtsvergleichung 304 –– Wirklichkeitsbezug  89, 300, 494 Rechtsstaatsprinzip  391, 507 –– Disziplinierung Staatsgewalt  399, 414, 422, 426 –– Fortentwicklung des Rechts  405, 416, 424 –– Freiheitssicherung  395, 405, 419 –– Gewaltenteilung und -verschränkung  400 –– Grundrechte Verhältnis  411 –– Grundrechtsausübungsvoraussetzung, rechtliche  396, 406, 420, 425 –– Grundrechtsausübungsvoraussetzung, tatsächliche  397, 410, 421, 425 –– Informationsöffentlichkeit 429 –– Informationstechnologiegesellschaft 419, 508 –– Inhalt  394, 507

–– Kontrolle, öffentliche siehe Kontrolle, öffentliche –– Öffentlichkeit 508 –– Öffentlichkeit, antragsunabhängige  432 –– Öffentlichkeit Ausgestaltung  429 –– Öffentlichkeit, jedermann  431 –– Öffentlichkeit Notwendigkeit  424 –– Öffentlichkeit, primäre  430 –– Öffentlichkeitsgebot 417 –– Optimierung Staatsgewalt  403, 415, 423 –– Prinzip 392 –– Rechtsdurchsetzung  398, 412, 422 –– Rechtsgewährleistung  394, 405, 420, 425 –– Rechtsschutz  397, 412, 422 –– Veröffentlichung Binnenrecht  406 –– Veröffentlichung Einzelfallentscheidungen  408 –– Weiterverwendbarkeit von Informationen  435 –– Zugänglichkeit, öffentliche  434 Republikprinzip  383, 506 –– Demokratieprinzip Verhältnis  388 –– Entwicklung 384 –– Gestaltungsprinzip  387, 506 –– Informationsöffentlichkeit  389, 507 –– Informationstechnologiegesellschaft 390 –– Inhalt 383 –– Legitimationsprinzip  386, 506 –– Öffentlichkeit 389 –– Öffentlichkeit Ausgestaltung  390 –– Öffentlichkeit Notwendigkeit  390 Responsive Demokratie siehe  Demokratietheorie Responsivität  78, 332 Rousseau, Jean-Jacques  69 Sachenrecht, öffentliches  275 SAGA-Standards 244 Scharpf, Fritz  58, 76 Schutznormtheorie 466 Sozialstaatsprinzip 316 Staat 178 –– Entgrenzung 179 –– Immaterialisierung 187 –– informaler 307 –– informatisierter 307 –– Staatsgewalt 340

Personen- und Sachverzeichnis –– Staatsvolk 342 –– Vernetzung 183 Staat-Bürger-Verhältnis 194 –– Gewährleistungsstaat 198 –– Governance 196 –– Leitbild Vernetzung  194 Staatshaftung 283 –– Amtshaftungsanspruch 284 –– Benutzungsverhältnis, öffentlich-rechtliches  287 –– Folgenbeseitigungsanspruch 284 –– Haftungsbegrenzung 289 –– Vertrauensschutz, amtshaftungsrechtlicher  286 Staatsleitbilder –– Gewährleistungsstaat  167, 198 –– Governance 196 –– Staat, informaler  307 –– Staat, informatisierter  307 –– Wohlfahrtsstaat 167 Stein, Lorenz von  316 Stelle, staatliche  236 Systemtheorie 92 Technologie –– Automatisierung 143 –– Digitalisierung 143 –– Gestaltung des Immateriellen  189 –– Netzwerk 144 –– Rechtsdurchsetzung 191 –– Rechtsgüterschutz 190 Transparenz –– allgemein 53 –– Open Government  85 –– Rechtsbegriff 216 –– Rechtsstaatsprinzip 405 Transparenzgesetz, Hamburgisches  108 Transparenz-Verordnung 122 Umweltinformationsgesetz 98 Umweltinformationsrichtlinie 125 Unterrichtung, ungehinderte –– Beobachtung, staatliche  481 –– Selbstbestimmung, informationelle  482 –– Verzögerung 479 Urheberrechtsgesetz  99, 240, 245 Verbraucherinformationsgesetz 98

565

Verfügungsbefugnis  272, 446 Vernetzung 146 –– Anpassung des Rechts  185 –– Dezentralität 147 –– Hierarchie 173 –– Individuum 172 –– Integration 173 –– Intelligenz, kollektive  174 –– Reziprozität 147 –– Staat 183 –– Staat-Bürger-Verhältnis 194 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union  120 Vertrag über die Europäische Union  121 Vertrauen  177, 348, 357 Virtualität 148 Völkerrecht 109 –– Aarhus-Konvention 111 –– Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 109 –– Europäische Menschenrechtskonvention  112 –– Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte  110 –– Konventionen 114 Web 1.0-3.0  144 Weiterverwendbarkeit von Informationen –– Ausblick 513 –– Begriff 242 –– Bundesrecht 99 –– Europarecht 125 –– rechtlich 244 –– technisch 243 Welcker, Carl Theodor  62 Wirklichkeitsbezug des Rechts  89 Wissen –– allgemein 228 –– Rechtsbegriff 232 Wissensgesellschaft 157 Zimbardo, Philip  170 Zugänglichkeit, öffentliche –– Ausblick 514 –– Bundesrecht 100 –– Demokratieprinzip 379 –– Europarecht 120 –– Gesetzgebungsentwicklung 100

566 –– –– –– –– ––

Großbritannien 118 Informationsfreiheit 484 Landesrecht 107 Österreich 118 Rechtsbegriff 240

Personen- und Sachverzeichnis –– Rechtsstaatsprinzip 434 –– Republikprinzip 390 –– USA 117 –– Völkerrecht 111 Zuständigkeit Informationsöffentlichkeit  239