Nutzen oder Glück: Möglichkeiten und Grenzen einer deontologisch-theoretischen Fundierung der economics of happiness 9783110507720, 9783828206083

Die Forschungsrichtung der economics of happiness hat in den letzten Jahren die Wirtschaftstheorie mit der Frage herausg

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German Pages 276 [288] Year 2014

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
1. Einleitung
2. Ein Forschungszweig im Fokus: economics of happiness
3. Wissenschaftstheoretische Grundlagen der ökonomischen Glücksforschung
4. Euthymia und eine Theorie des Guten
5. Euthymia: Bestimmung und Sinn
6. Euthymia: eine neue Theorie des Glücks
7. Glücksökonomische Konsequenzen
8. Schluss
9. Literatur
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Nutzen oder Glück: Möglichkeiten und Grenzen einer deontologisch-theoretischen Fundierung der economics of happiness
 9783110507720, 9783828206083

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Johannes Lis

Nutzen oder Glück Möglichkeiten und Grenzen einer deontologisch-theoretischen Fundierung der economics of happiness

Schriften zu Ordnungsfragen der Wirtschaft

Herausgegeben von Prof. Dr. Prof. Dr. Prof. Dr. Prof. Dr. Prof. Dr. Prof. Dr.

Thomas Apolte, Münster Martin Leschke, Bayreuth A. F. Michler, Düsseldorf Christian Müller, Münster Rahel Schomaker, Köln Dirk Wentzel, Pforzheim

Redaktion:

Dr. Hannelore Hamel

Band 101:

Nutzen oder Glück: Möglichkeiten und Grenzen einer deontologischtheoretischen Fundierung der economics of happiness

Lucius & Lucius · Stuttgart - 2 0 1 4

Nutzen oder Glück Möglichkeiten und Grenzen einer deontologischtheoretischen Fundierung der economics of happiness

Von

Johannes Lis

Lucius & Lucius • Stuttgart -2014

Anschrift des Autors: Dr. Johannes Lis Wiesenstr. 23 D-49832 Freren [email protected]

D6 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. (Schriften zu Ordnungsfragen der Wirtschaft; Bd. 101) ISBN 978-3-8282-0608-3

© Lucius & Lucius Verlags-GmbH · Stuttgart - 2 0 1 4 Gerokstraße 51 · D-70184 Stuttgart Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: www.devauxgrafik.de Druck und Einband: ROSCH-BUCH Druckerei GmbH, 96110 Scheßlitz Printed in Germany

ISBN 978-3-8282-0608-3 ISSN 1432-9220

ν

Vorwort Die glücksökonomische Reise von der ersten Themenskizze über die einführende Lektüre und die Abfassung erster Textpassagen bis hin zur druckfertigen Formatierung des Manuskriptes hat mich nicht nur zu vielen wissenschaftlichen Erkenntnissen gefuhrt, sondern immer wieder mit den unterschiedlichsten Menschen zusammengebracht. Sie haben das Glücken der Suche nach dem Glück überhaupt erst ermöglicht. Besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Christian Müller für seine inspirierende, loyale und hilfreiche Unterstützung. Er war Ideengeber und kritischer Begleiter, vor allem aber freundschaftlicher Lehrer in den vergangenen Jahren. Ohne die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen am Centrum für Interdisziplinäre Wirtschaftsforschung in Münster hätte die Arbeit nicht entstehen können. Mein besonderer Dank gilt allen, die durch ihre Ideen und ihre Hilfe zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben: Waeel Dohair, Oliver Jennissen, Christian Kroll, Sonja Rinne, Nathalie Schittenhelm, Fabian Schleithoff, Lisa Schlesewsky, Carsten Schwabe, Julia Sega und Michael Sendker. Für wertvolle Anmerkungen und Korrekturen in der Abschlussphase der Arbeit sage ich Johannes Elberskirch, Lisa Holzapfel, Benedikt Möllering, Tobias Pfaff Johannes Suttner sowie Elisabeth Wessels von Herzen Danke. Letztere hat mich über den wissenschaftlichen Rat hinaus auf bewundernswerte Weise in zweifelnden Zeiten ermutigt, in guten Zeiten weiter angespornt und mir gezeigt, wie glückliches Leben ganz praktisch aussehen kann. Die Möglichkeit der intensiven Arbeit am glücksökonomischen Sujet ist mir durch die finanzielle und ideelle Förderung der Hanns-Seidel-Stiftung (Begabtenstipendium aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung) eröffnet worden. Ihr gilt mein Dank genauso wie der Ludwig-Windhorst-Stiftung, die die Publikation der Dissertation großzügig unterstützt. Für die Drucklegung und wertvolle Hinweise danke ich Frau Dr. Hannelore Hamel und der Marburger Gesellschaft für Ordnungsfragen der Wirtschaft e. V. Was Lebenszufriedenheit und Glück bedeuten, kann man - so zeigen auch die Untersuchungen - an wenigen Orten so intensiv erfahren wie in der eigenen Familie und in der eigenen Heimat. Für die vielen guten Worte, für tatkräftige Hilfe und für nötige Abwechslung in der Zeit meiner Ausbildung danke ich meiner Familie und meinen Freunden. Ihre Prägung ist mindestens so wertvoll wie die des wissenschaftlichen Lernens. Johannes Lis

VI

VII

Inhalt 1. Einleitung 1.1. Methodologische Vorbemerkungen 1.2. Indizien für einen Abbruch des Verfahrens 1.3. Aufbau und Struktur der wissenschaftlichen Untersuchung 2. Ein Forschungszweig im Fokus: economics of happiness 2.1. 2.2. 2.3. 2.4.

1 2 4 5 10

Der Beginn der ökonomischen Glücksforschung mit Richard Easterlin Die aktuelle Forschungsdebatte Die begriffliche Vielfalt: Was ist Glück? Forschungsergebnisse im Detail: Glücksfaktoren 2.4.1. Übersicht und Clusterbildung von Glücksfaktoren 2.4.2. Acht Glücksfaktoren als Synthese der bisherigen Forschung 2.4.2.1. Familie 2.4.2.2. Finanzielle Situation 2.4.2.3. Arbeit 2.4.2.4. Soziales Umfeld und soziales Engagement 2.4.2.5. Gesundheit 2.4.2.6. Bildung 2.4.2.7. Der gesellschaftlich-institutionelle Rahmen 2.4.2.8. Lebensphilosophie 2.4.3.Kritische Würdigung Standardökonomische Erklärung der Paradoxa 2.5.1. Anspruchsniveau 2.5.2. Soziale Vergleiche und der relative-income-Eifekt 2.5.3. Der adaptation-Effekt Offene Fragen und die Notwendigkeit theoretischer Fundierung Zwei Fronten der Forschung: eudaimonia vs. hedone 2.7.1. Eine unscharfe Differenzierung 2.7.2. Eudaimonismus 2.7.3.Hedonismus 2.7.4. Das Fehlverständnis Eine Synthese und ein neuer Glücksbegriff: Euthymia 2.8.1 .Seneca und die Wurzeln eines vergessenen Begriffs: Euthymia 2.8.2.Drei Momente des Glücks

10 11 14 19 20 23 24 25 34 37 42 43 43 44 46 47 49 49 53 58 59 59 59 62 63 65 65 68

3. Wissenschaftstheoretische Grundlagen der ökonomischen Glücksforschung

70

2.5.

2.6. 2.7.

2.8.

3.1. Kritik der ökonomischen Wissenschaftstheorie 3.1.1. Der Homo oeconomicus

71 71

VIII

3.1.2. Die (neo-)klassische Nutzentheorie

73

3.1.3. Das Konzept der revealed preferences

77

3.1.4.Rationale Entscheidungstheorie 3.2. Kritik des Konsequentialismus 3.2.1. Kritische Bemerkungen eines ökonomischen Philosophen 3.2.2.Ein Problem der ökonomischen Theorie: Maximierung

81 82 82 85

3.3. Ergebnisse der kritischen Betrachtung

87

3.3.1. Nutzen ist ungleich Glück

87

3.3.2.Indoktrination: methodologischer Individualismus als Norm 3.4. Ökonomische Rettungsversuche

88 91

3.4.1.Integration von sozialen Präferenzen

91

3.4.2.Der ökonomische Ansatz Gary Becker?,

92

3.5. Ketzerische Gedanken 3.5.1. Tomäs Sedläcek und die Vertreter der „Postautistischen Ökonomie"

94 94

3.5.2.Relevanz statt formale Brillanz

96

3.5.3. Ökonomik und Metaphysik

99

3.5.4. Ökonomik und Wahrheit

101

3.5.5. Ökonomik und Letztbegründung

102

3.6. Wissenschaftstheorie als Schlüssel für ein deontologisches Glücksverständnis 3.6.1. Ökonomik ist nie wertfrei 3.6.2. Intersubjektivität, Subjektirrelatives und Objektivität 3.7. Status: objektive Fassung einer Glückstheorie 4. Euthymia und eine Theorie des Guten 4.1. Der innere Zusammenhang von Glück und Moral 4.2. Theorien praktischer Rationalität

104 104 106 107 111 111 115

4.2.1. Die nahe Verwandtschaft der Ökonomik: utilitaristische Ethik

115

4.2.2. Teleologie und Tugendethik

120

4.2.3. Deontologische Normbegründung

125

4.2.3.1. Thomas von Aquin

126

4.2.3.2. Das klassische Naturrecht

129

4.2.3.3. Immanuel Kant 4.3. Das Verhältnis von Deontologie und Teleologie

132 140

4.3.1.Kerngedanken der Deontologie

141

4.3.2.Eine aristotelische Klarstellung

144

4.3.3.Nida-Rümelin·, gute Gründe

149

4.3.4.Das kantische Glücksverständnis als Ansatz für eine Synthese

150

4.4. Drei Konsequenzen

154

4.4.1. Einspruch gegen eine Anreiz-Ökonomie/-Ökonomik

154

4.4.2.Den Menschen als Subjekt ernst nehmen

157

IX

4.4.3.Die objektiven Strukturen freilegen 4.5. Ökonomische Rückführung: the rational and the reasonable 5. Euthymia: Bestimmung und Sinn

157 159 165

5.1. Aristoteles: Übereinstimmung

165

5.2. Begegnung mit der Wirklichkeit

167

5.2.1. Die Theorie des evaluativ Guten

167

5.2.2. Anmutungsqualität der Wirklichkeit

169

5.2.3.Intentionalität und Gerichtetheit

172

5.3. Harry Frankfurt und die Wünsche zweiter Ordnung

174

5.3.1. Problemaufriss: Wollen und Wünschen

174

5.3.2. Wünsche erster Ordnung und Wünsche zweiter Ordnung

175

5.3.3. Wille, Freiheit, Glück

177

5.3.4. Wertung

179

5.3.5.Kritische Würdigung des Entwurfes

180

5.3.6. Liebe und Verantwortung

181

5.3.7.Der (ökonomische) Kontext

183

5.4. Viktor Frankl

189

5.4.1.Historische Wurzeln und gesellschaftlicher Kontext

189

5.4.2. Sinnfindung statt Sinnstiftung oder Sinngebung

190

5.4.3.Lust und Glück

192

5.4.4. Selbst-Transzendenz

193

5.4.5. Wirklichkeit und Möglichkeit

193

6. Euthymia: eine neue Theorie des Glücks

195

6.1. Grundgedanke der neuen Glückstheorie

197

6.2. Grundsätzliche Vorbemerkungen

200

6.3. Das hedonische Paradox (I)

201

6.4. Zufall und individuelle Disposition (II)

204

6.5. Kriterien von Euthymia

206

6.5.1.Das Gesetz verpflichtet (III)

206

6.5.2. Verantwortung übernehmen (IV)

209

6.5.3.Die eigenen Potenziale (V)

212

6.5.4. Handeln statt entscheiden (VI)

214

6.5.5. Die soziale Struktur (VII)

217

6.5.6. Reflexion und Spiritualität (VIII)

218

6.5.7. Materielle Ressourcen (IX)

221

6.5.8.Maß und Verzicht (X)

222

6.6. Ein hedonisches Plädoyer

224

6.7. Ansätze fur eine Modellierung des gewonnenen Glücksbegriffes

225

χ

7. Glücksökonomische Konsequenzen 7.1. Politische Konsequenzen

227 227

7.1.1. Das Poppersche Diktum, seine Folgen und seine Grenzen

227

7.1.2. Grundgüter und ihre Bereitstellung

230

7.1.3.Bildung, Erkenntnis und Reflexion

231

7.1.4. Wider die Work-Life-Balance

233

7.1.5.Förderung von Ehrenamt und Freiwilligenarbeit

235

7.1.6. Glücksökonomische Wachstumskritik 7.2. Konsequenzen für die Glücksforschung

236 239

8. Schluss

241

9. Literatur

247

Einleitung

1

1. Einleitung „Hänge Dein Herz an kein vergänglich Ding," schreibt der deutsche Dichter und Lyriker Matthias Claudius (1740-1815) (1799, S. 7) im Brief an seinen Sohn Johannes. Er entfaltet darin praktische Ratschläge und kluge Lebensweisheiten für den jungen Studenten, der das elterliche Haus verlassen hat. Offensichtlich gehört dazu auch, nicht so sehr an materiellen Dingen zu hängen und nicht auf „Gold und Silber" (Claudius 1799, S. 2) zu setzen, sondern nach Höherem zu streben: „Weisheit", „Tugend" und „Menschenglück" (Claudius 1799, S. 8) - daran möge der junge Mann sein Herz hängen. Dass in dieser Sache „guter Rath nicht überflüssig ist" (Claudius 1799, S. 4), wissen seit geraumer Zeit auch die Buchhandlungen und Verlage: Mit einer Fülle von Ratgebern zum Thema Glück füllen sie ihre Bücherregale. Doch Glück ist nicht nur in der Belletristik en vogue, Glück hat sich auch im wissenschaftlichen Diskurs einen Platz verschafft. Es hat ein „beachtliches Comeback" erfahren, wie Bayertz (2010a, S. 411) meint. Der Mensch ist ganz offensichtlich daran interessiert, was ihn glücklich macht, und was das überhaupt ist: Glück. Waren die alten Griechen (insbesondere Aristoteles) noch davon ausgegangen, das Glück finde derjenige, der seine eigenen Anlagen zur Entfaltung bringe, so schien mit dem Aufkommen des Christentums ein anderer Akzent an Bedeutung zu gewinnen: Glück verschwamm mehr und mehr mit einer Vorstellung von himmlischer Erfüllung. Erst die Moderne läutete die Wiederbelebung ein: Es waren unter anderem die Moralphilosophen und Ökonomen Bentham, Smith und Mill, die für ihre utilitaristische Gesellschaftskomposition eine Vorstellung vom Glück aller entwarfen. Die Ökonomik des 19. und insbesondere des 20. Jahrhunderts hat den Glücksbegriff der frühen Ökonomen mehr und mehr durch den Nutzenbegriff ersetzt. Seit einigen Jahrzehnten jedoch mehren sich aus verschiedenen Richtungen die Fragen an die Ausschließlichkeit einer solchen Konzeption. Warum, so fragt beispielsweise die ökonomische Glücksforschung, spielt das Glück der Menschen in der ökonomischen Betrachtung von individuellen sowie kollektiven Entscheidungen keine Rolle? In diesem Sinne ist Glücksökonomik „Reflex auf die blinden Flecken des Rationalmodells" (Weimann et al. 2012, S. 186). Dorthin zielt schließlich die kritische Anfrage: Worin unterscheiden sich Nutzen und Glück? Dazu ist Klärung angebracht: Was kann über das Glück ausgesagt werden? Zu welchen Ergebnissen kommen empirische Studien? Welche Impulse der philosophischen Geschichte können helfen, das Phänomen Glück zu verstehen? Wie erreicht der Mensch das Glück? Der Ratschlag des Dichters an seinen Sohn: „Lerne gerne von andern und wo von Weisheit, Menschenglück, Licht, Freyheit, Tugend etc. geredet wird; da höre fleißig zu. Doch traue nicht flugs [...]. Sie meinen auch, daß sie die Sache hätten, wenn sie davon reden können und davon reden. Das ist aber nicht, Sohn" (Claudius 1799, S. 8-9). In diesem Sinne ist die Arbeit ein „Lernen von den anderen": von der Psychologie und der Philosophie, von der Soziologie und auch von der Theologie. Um ökonomisch konsistent von Glück zu sprechen, braucht es meines Erachtens interdisziplinäre Ansät-

2

Nutzen oder Glück

ze. Diese Arbeit rezipiert verschiedene solcher Ansätze, aber sie „traut nicht flugs", sondern stellt die Erkenntnisse jeweils wieder in den Kontext der aktuellen Forschung und sucht nach adäquaten Formen der Rezeption. Genau darin hatte Wilhelm Röpke (1889-1966) die Aufgabe der Ökonomik gesehen: Die Volkswirtschaftslehre 1 hat die „glanzlose, aber desto nützlichere Mission, inmitten der Leidenschaften und Interessen des politischen Lebens die Logik der Dinge sprechen zu lassen, die unbequemen Tatsachen und Zusammenhänge ans Licht zu ziehen, alles mit abwägender Gerechtigkeit an seinen Platz zu stellen, Seifenblasen anzustechen, Illusionen und Konfusionen zu entlarven und dem politischen Enthusiasmus mitsamt seinen möglichen Irrwegen die wirtschaftliche Vernunft und der Demagogie die unbestechliche Wahrheit entgegenzustellen" CRöpke 1966, S. 214). Die Arbeit versucht sich auf diesem Weg der Suche nach Wahrheit, und sie stellt dabei Gewöhnliches, Vertrautes und Selbstverständliches infrage. Aus dieser kritischen Anfrage heraus gilt es, das Phänomen Glück inhaltlich zu verstehen. In dieser Arbeit wird die Auffassung vertreten, dass eine solche inhaltliche Füllung eine Theorie des Guten sein muss. Darüber hinaus kann, das ist die These, eine solche inhaltliche Füllung nur dann konsistent konzipiert werden, wenn die entworfene Theorie einen explizit deontologischen Charakter hat. Unter ökonomischem Fokus lege ich deshalb in und mit dieser Arbeit frei, was sich hinter dem Begriff „deontologisch" verbirgt. Wenn überhaupt, dann streift die ökonomische Diskussion diesen Begriff am Rande - vielleicht dann, wenn sie ordnungsökonomisch gefasst ist oder wenn sie sich als Wirtschaftsethik auf das Thema Werte, Prinzipien und Normen einlässt. Die Erkundungen dieser Arbeit taugen für mehr als einen Blick auf ein Randphänomen. Sie tragen so etwas wie ein Renaissance-Potenzial. Happiness economics, so haben es Frey und Stutzer (2013, S. ix) formuliert, kann die ökonomische Wissenschaft „wachrütteln".

1.1. Methodologische Vorbemerkungen Die Breite der modernen Glücksforschung setzt auf empirisch-analytische Arbeit. Auf diese Weise nähert sie sich dem Phänomen Glück (Hirata 2010, S. 127). Die Fülle der Ergebnisse aus dieser Unmenge von Studien hilft dabei unzweifelhaft, mehr und mehr vom Phänomen Glück zu verstehen. Fast allen Darstellungen gemeinsam ist ihr deskriptiver Charakter. Kaum eine Darstellung öffnet sich für die Frage, was eigentlich sein soll. Wie soll der Mensch leben? Was muss er tun? Wozu ist er vielleicht gar verpflichtet? Wie soll ein glückendes Leben gestaltet sein? Diese Fragen nenne ich normativ - und damit bewege ich mich in einer sehr engen Deutung des Begriffes normativ, die vor allem der englischen Nomenklatur zuwiderläuft. Normativ nenne ich Fragestellungen, Behauptungen, Theorien, die über das, was ist, hinausgehen und das, was soll, beschreiben. Selbst wenn die Volkswirtschaftslehre berechtigterweise darauf hinweisen wollte, dass die Frage nach dem Sollen von der Philosophie, vom demokratischen Konsens oder 1

In Röpkes Worten: die „Nationalökonomie" (Röpke 1966, S. 214).

Einleitung

3

gar von der Theologie 2 zu beantworten sei, so bliebe doch ein Lücke: Die Ökonomik enthält sich meines Erachtens einer kritischen Reflexion dieser Fragen. Es macht selbstverständlich auch für die Technologie einen Unterschied, ob sich eine Volkswirtschaft in der Theorie eher dem größeren Bruttoninlandsprodukt verpflichtet weiß oder ihre Aufgabe beispielsweise in der Verantwortung gegenüber künftigen Generationen sucht. Es macht für die Konstitution ökonomischer Wissenschaft selbstverständlich einen Unterschied, ob sie Freiheit oder Gleichheit als oberste Maxime volkswirtschaftlichen Handelns annimmt. Und es macht auch einen Unterschied, ob das Sujet Glück in der Ökonomik im Nutzenbegriff eingefangen ist oder einer weiteren Betrachtung bedürftig ist. Normatives Interesse, so hat Hirata (2010, S. 128) festgestellt, spielt in der Glücksforschung keine Rolle. Es tritt am Rande auf, wenn in Zusammenfassungen politische Implikationen formuliert werden. Die Frage nach dem Sollen scheint der Ökonomik weithin unbekannt oder zumindest nachrangig zu sein. Ich versuche, diesen Raum zu öffnen. Und dafür muss die Frage nach dem Sollen gestellt werden. Was soll der Mensch? Dazu werde ich alte philosophische Traditionen 3 befragen, lege logische Argumente vor und bringe diese mit der Glücksforschung ins Gespräch. Die Arbeitsweise dieser Ausführungen ist weder induktiv noch deduktiv, sie bewegt sich im Raum dazwischen, sozusagen als ein Kreisel, der sich mehr und mehr zwischen verschiedenen Fluchtpunkten einem Zentrum nähert. Vielleicht trifft es der Begriff iterativ am besten. Diese Arbeit ist kein Start-Ziel-Lauf. Immer wieder nähert sie sich einem Kern, immer wieder aber auch wird sie herausgetragen, weg vom Zentrum. Manchmal mag es scheinen, als haben die vorgetragenen Argumente einen sehr hypothetischer Charakter. Das wird besonders dem Standardökonomen so gehen. Dann ist ein Argument aus der Philosophie schnell trivial oder zu schlicht. Diese Einwände nehme ich ernst, weise sie aber auch zurück. Mein Argumentationsgang ist die Annäherung an etwas, was komplex ist: menschliches Dasein. Tatsächlich hat die Ökonomik dafür

2

Eine dezidiert christliche Glückstheorie, wie beispielsweise diejenige von Rohner (2004), ist ohne die transzendente Heilskonzeption nicht denkbar. Christliches Glück muss aus seinem Wesen heraus notwendig eschatologisch sein. Den ersten Aufschlag fur eine christliche Glückstheorie hatte Augustinus (1982 [o.J.]) mit seinem Werk De beata vita gemacht. Vgl. dazu Avramenko (2007). Selbst aus christlicher Perspektive ist aber der vordringlichste Fokus einer Glückstheorie nicht die Transzendenz, sondern das immanente Leben selbst, wie Greene (1956, S. 330) betont: "If Being itself is dynamic, if cosmic dynamism reaches its highest finite manifestation in human life, and if man truly lives only in and through a dynamic Deity whose very essence incorporates all the values we most prize in their ontological ultimacy and all the love we need really to live, it follows that Life itself, so conceived, is indeed the source and ground of all value and the final condition of all happiness."

3

Ich beschränke mich in dieser Arbeit im Bereich der Philosophie auf ihre europäischen Traditionen und die angelsächsischen Applikationen und Neuformulierungen. Den weiten Bereich der östlichen philosophischen Ansätze (nah wie fern) kann ich nicht aufgreifen. Vom jüdisch-rabbinisch-lyrischen bis zum chinesisch-praktischen Ratgeber findet sich indes eine Fülle von Literatur in den Buchhandlungen. Wissenschaftlich hat beispielsweise Jullien (2007) sich aus chinesisch-daoistischer Warte mit dem Glück beschäftigt.

4

Nutzen oder Glück

ein sehr einfaches Modell gefunden: den Homo oeconomicus. Diese Arbeit legt einen anderen Akzent: der Komplexität begegnen und sie entschlüsseln. Im großen Forschungskanon aus Psychologie, Philosophie, Ökonomik kommt es mitunter, wie Bruckner (2010, S. 4) es genannt hat, zu einem „advent of banality" 4 . Unter angeblich wissenschaftlich-fundierter Bezugnahme auf Traditionen aus Philosophie und Ökonomik werden Theorien präsentiert, die weder der Realität noch der Tradition gerecht werden. Dem ist entgegenzusteuern. Meines Erachtens gelingt das durch die gebotene Demut und Vorsicht in der Sache. Wer vorschnell Ergebnisse präsentiert, handelt unverantwortlich und unwissenschaftlich. Zum Zweiten gelingt es durch einen offenen Blick. Und dieser Blick nimmt auch unscheinbare Ansätze, Unorthodoxes und Kritisches wahr. Diese Arbeit ist Gesamtschau der aktuellen Forschungsdebatte, viel mehr allerdings ist sie Zusammentragung verschiedener interdisziplinärer Ergebnisse. In Summe wird dabei zwangsläufig auch ein Überblick erkennbar. Eine Arbeit dieses Formates kann die großen Linien darstellen, sie kann auf hervorstechende Exemplare einzelner Stoßrichtungen verweisen und diese detailgetreu darstellen. Eine Gesamtwürdigung aller Publikationen bliebe schematisch oder wäre aufgrund ihrer reinen Masse dem hier vorgetragenen Gegenstand nicht zuträglich. Es geht mir um anderes, um einen neuen Akzent. Eine Gesamtschau der bedeutendsten Publikationen findet sich bei Frey und Stutzer (2013). Weitere schlüssige Zusammenstellungen der ökonomischen Glücksforschung haben Hirata (2010), MacKerron (2012) und besonders umfassend Dolan et al. (2006) erstellt.

1.2. Indizien für einen Abbruch des Verfahrens Einer der wirkmächtigsten Vorwürfe an die Glücksforschung ist der: Wer das Phänomen Glück betrachtet, kann Allgemeines und Universalisierbares nicht finden. Eine Definition ist gar unmöglich. Wenn Glück ein vollkommen subjektiver Status oder treffender gesprochen - ein subjektives Phänomen ist, dann kann es objektiv und von außen kein sinnvolles Erörtern geben. Dann ist die Diskussion schon an dieser Stelle beendet. Was der eine vom Glück meint, kann nicht mit dem verglichen werden, was der andere für sich behauptet. Dieser Einwand ist nicht unberechtigt. Im Kapitel über die wissenschaftstheoretischen Grundlagen gehe ich genau diesem Vorwurf nach. Kann Allgemeingültiges formuliert werden? Gibt es Universalisierbares über das Glück? An dieser Stelle aber mache ich noch einen Schritt zurück: Die Philosophie war Zeit ihres Nachdenkens über das Phänomen Glück mit diesem Vorwurf konfrontiert. 5 Das 4

5

Wörtliche Zitate fasse ich im Text immer in Anfuhrungszeichen, längere Zitationen rücke ich ein. Sollte ich einen besonderen Begriff kennzeichnen, setze ich diesen in die kursive Textform. Aufgrund der Datenfülle, die Sozialwissenschaften und Ökonomik zur Zufriedenheit der Menschen zusammentragen, ist die Philosophie überdies zu einer weiteren Grundentscheidung genötigt, wie Bayertz (2010a, S. 413) treffend bemerkt: Verbleibt sie im Metaphysischen? Oder findet sie einen verantworteten Weg des angemessenen Umgangs mit der Empirie? Bayertz sieht deshalb folgende Funktionen: 1. Glücksforschung kann den philosophischen Horizont erweitern 2. Glücksforschung eignet sich als bestätigende oder widerlegende

Einleitung

5

hat sie indes nie davon abgehalten, über das Glück nachzudenken. Dieser Diskurs, so stellt Roth (2011, S. 13) fest, ist legitim, wenngleich am Ende keine Definition vorhanden ist. Wissenschaftstheoretisch gibt es den absolut neutralen Standpunkt nicht, aus dem sich die Welt beobachten ließe. Der Wissenschaft haftet ein Voreingenommensein an. Wissenschaft ist vom je unterschiedlichen Standpunkt und Erfahrungshorizont des Autors abhängig, mehr noch: Sie ist unabhängig davon nicht zu denken. Insofern ist Philosophieren „aus der Position eines bestimmten Jemand die Position eines beliebigen denken" (See/ 1998, S. 109). Selbst wenn das Glück ein ganz Subjektives ist, so lohnt doch das Nachdenken. Und auch jede negative Feststellung oder jeder Widerspruch ist wissenschaftlich wertvoll.

1.3. Aufbau und Struktur der wissenschaftlichen Untersuchung Weil ich an dieser Stelle nicht abbreche, sondern fortfahre, stelle ich den Verlauf der Untersuchung kurz dar: Zunächst wende ich mich in der Arbeit den empirischen Ergebnissen der Glücksökonomik zu (Kapitel 2). Sie sind der Angel- und Fluchtpunkt für die Untersuchung. Sie sind aber auch der Maßstab, ob und wie die aus Philosophie und Psychologie erarbeitete Theorie zu einem besseren Verständnis fuhrt. Die Theorie muss mindestens Heuristik fur die Empirie werden. Ich beginne die Arbeit in Kapitel 2 mit dem Ökonomen Richard Easterlin, der in seinem Beitrag von 1974 den Aufschlag für die Forschungsdisziplin der economics of happiness gemacht hatte. Von ihm ausgehend, stelle ich die Herausforderungen und Themen der heutigen Forschung dar (Kapitel 2.2). Ich gehe dann auf die begriffliche (und teils auch inhaltliche) Debatte ein, was überhaupt Glück sei (Kapitel 2.3): Hat es eher episodischen Charakter oder ist es eher Bewertung des Lebens? Hat es mit Aktivität oder eher mit Passivität zu tun? Im Anschluss präsentiere ich die empirischen Ergebnisse in einer eigenen Clusterung (Kapitel 2.4). Dabei hebe ich Schlaglichter hervor und zeige auf, wo die standardökomische Erwartung und die Empirie zuwiderlaufen. Was sind die Kernpunkte, durch die Lebenszufriedenheit erklärbar wird? Welche Variablen sind geeignet, um Glücksunterschiede zwischen Individuen oder Nationen zu verstehen? Einkommen (Kapitel 2.4.2.2), familiäre Beziehungen (Kapitel 2.4.2.1) und Gesundheit (Kapitel 2.4.2.5) erweisen sich hier als die stärksten Glücksfaktoren. Aber auch das soziale Netz insgesamt (Kapitel 2.4.2.4), die Lebensphilosophie (Kapitel 2.4.2.8) und die Bildung (Kapitel 2.4.2.6) haben einen Einfluss auf das Lebenszufriedenheitsniveau. Umgekehrt erweist sich besonders der Faktor Arbeitslosigkeit (Kapitel 2.4.2.3) als eine Determinante für Unzufriedenheit. Seit Easterlin sieht sich die ökonomische Wissenschaft mit verschiedenen Paradoxa konfrontiert, die in den Untersuchungen über das Glück zutage treten. Ich werte diese Paradoxa aus (Kapitel 2.5), um in einem weiteren Schritt die ökonomischen Antworten zu präsentieren. So hat es eine Reihe von Versuchen gegeben, den relativen Einkorn-

Instanz für philosophische Theorien. 3. Glücksforschung ist Grundanfrage an die Philosophie, worin denn das Geschäft noch bestehen kann, wenn Psychologie, Ökonomik und Sozialwissenschaften in der Empirie schon alle Fragen zu beantworten wissen.

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Nutzen oder Glück

menseffekt (Kapitel 2.5.2) nicht nur modellökonomisch zu illustrieren, sondern auch eine Erklärung zu liefern. Meines Erachtens sind die vorgetragenen Lösungsvorschläge weniger geeignet, um zu einem vollen Verständnis von Glück zu gelangen. So werden die Paradoxa gelegentlich in die Annahmen verschoben: Altruismus wird in die Präferenzen des Individuums gelegt. Im Anschluss lässt sich dann leicht erklären, warum altruistisches Handeln auftritt. Worauf es aber dem Einzelnen im sozialen Engagement wirklich ankommt, können ceteris-paribus-Armahmcn nicht klären. Es bleiben offene Fragen: Was motiviert den Menschen tatsächlich? Und in welchem Verhältnis stehen Glück und Moral? Zunächst aber gehe ich auf ein Problem ein, das innerhalb der Glücksforschung intensiv verhandelt wird: Den ökonomischen (wie psychologischen und soziologischen) Forschungsdiskurs bestimmt seit der Renaissance des aristotelischen eudaimoniaBegriffes in den letzten Jahren 6 ein Gegeneinander der Begrifflichkeiten hedone und eudaimonia (Kapitel 2.7). Lust und Vergnügen stehen dabei der Tugend und Lebenszufriedenheit gegenüber. Im Abschluss des Kapitels versuche ich, dieses plakative und unzutreffende Gegeneinander inklusiv aufzulösen (Kapitel 2.7.4) und eine Synthese mit einem eigenen Begriffherzustellen (Kapitel 2.8). Der antike Begriff der Euthymia ist geeignet, sowohl den Akzent der episodischen Freude als auch den Aspekt der Lebensbewertung aufzugreifen. Euthymia ist insofern Integral des vorangestellten Antagonismus'. Zudem ist es ein unbelegter Begriff, der sich für eine neue Theorie als tauglich erweist. Er bietet aus seiner Entstehung in der Antike dreierlei: Euthymia ist Gelingen des Lebens (1), und Euthymia ist Zufall (2) im Sinne eines vorher nicht kalkulierbaren Lebensverlaufes. Schließlich kristallisiert sich Euthymia in Momenten des Glücks (3) und ist also aus dieser Warte kein asketischer oder lustverneinender Begriff. Der Begriff der Euthymia bietet eine Offenheit und weist gleichzeitig in die richtige Richtung. Insofern greift er die empirischen Begriffe auf und muss philosophisch konsistent gefüllt werden. Das dritte Kapitel dient sodann der näheren Klärung des wissenschaftstheoretischen Kontextes: Kann Ökonomik für sich behaupten, wertfrei und rein technologisch zu arbeiten? Oder ist es nicht vielmehr so, dass auch eine technologisch-gefasste Ökonomik auf Grundannahmen rekurriert, die sie im Zweifel benennen können muss? Zunächst nehme ich dazu den Nutzenbegriff, seine historische Entstehung sowie seine moderne Erscheinung in den Blick. Auch das Modell des Homo oeconomicus unterziehe ich einer kritischen Analyse (Kapitel 3.1). A m Ende dieser Zusammenschau wird sich zeigen, dass Glück nur ganz unzureichend mit der Kategorie Nutzen beschrieben werden kann (Kapitel 3.3.1). Der Homo oeconomicus ist wie volkswirtschaftliches Denken insgesamt von der wissenschaftsphilosophischen Grundfigur des Konsequentia-

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Vgl. dazu beispielsweise Maclntyre (1981), Nussbaum (1998, 2011) oder im weiteren Sinne auch Sen (1985, 1995).

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lismus7 geprägt (Kapitel 3.2). Das gilt nicht nur für die Bereiche wirtschaftsethischer Forschung oder für etwaige Politikempfehlungen, die im Anschluss an ökonomische Erörterungen formuliert werden, sondern auch für die Ökonomik insgesamt: Sie ist in ihrem wissenschaftstheoretischen Zuschnitt weitestgehend konsequentialistisch gedacht und damit funktional gefasst. Ob diese Art des Zugangs indes in der Lage ist, das Phänomen Glück vollumfänglich zu verstehen, daran besteht Zweifel. Meines Erachtens ist es deshalb wertvoll, die Standardökonomik in ihrem Arbeiten kritisch anzufragen. Dazu nutze ich auch heterogene Ansätze, die sich innerhalb der Ökonomik finden (Kapitel 3.5). Eine konsistente Glückstheorie kommt dabei nicht ohne die Frage nach der Wahrheit aus. Ich schließe daraus, dass es in der Betrachtung des Glücks notwendig ist, metaphysische Grundannahmen zu treffen. Wer diese leugnet, behauptet, er könne standpunktneutral Wissenschaft betreiben. Meines Erachtens ist diese Position sehr angreifbar. Jedes Nachdenken lebt von Voraussetzungen (Kapitel 3.6.1). Es ist deshalb nicht nur legitim, sondern geradezu wissenschaftlich geboten (Kapitel 3.7), diese Voraussetzungen zu benennen: Was sind die Grundannahmen für eine Theorie? Genau dieser Frage gehe ich im vierten Kapitel nach. Und ich statuiere gleich zu Beginn, dass die metaphysischen Annahmen, die für die Glückstheorie von Bedeutung sind, aus dem Bereich einer Theorie praktischer Rationalität kommen (Kapitel 4.1). Ich behaupte einen Zusammenhang von Glück und Moral (Kapitel 4.2). Ein glückliches Leben, so versuche ich zu zeigen, ist ein gutes Leben. Und ein gutes Leben ist auch ein glückliches Leben. Für die Beantwortung der Frage nach dem konkreten Zusammenhang von Moral und Glück bieten sich historisch zwei Stränge an: Auf der einen Seite liegen konsequentialistische Ansätze, die den Wert von Handlungen ausschließlich an den Folgen der Handlung messen. Ein solcher Ansatz findet sich beispielsweise im Utilitarismus (Kapitel 4.2.1). Demnach ist gut, was die Güte der Folgen maximiert. Der utilitaristische Ansatz hat indes seine deutlichen Schwierigkeiten und versagt sowohl im ethischen Alltag als auch aufgrund seiner theoretischen Konstruktion. Als Alternative bietet sich - gemeinhin als eine Art schwacher Konsequentialismus verstanden - die Teleologie an (Kapitel 4.2.2), der es nicht um das Ergebnis, wohl aber um das Ziel geht. Vom angestrebten Ziel entwickelt sich modern meist in sehr individualistischer Perspektive8 eine Moralvorstellung, in der die Glückseligkeit als das angestrebte Ziel den Maßstab für moralisches Handeln bildet. Auch an der Durchführbarkeit dieses Programms melde ich Zweifel an.

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Wenn nicht explizit von ethischem Konsequentialismus gesprochen wird oder der Kontext dies unmittelbar nahe legt, verwende ich Konsequentialismus in dieser Arbeit auch als Form des Denkens insgesamt, das seinen Ausgangspunkt von den Folgen und vom Ergebnis her nimmt. McCain (1991, S. 179) hat für diese wissenschaftstheoretische Figur den Begriff „prudential consequentialism" gebraucht.

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Der Kommunitarismus stellt hier eine Ausnahme dar.

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Nutzen oder Glück

Nun hat es aber in der Philosophie immer eine Alternative zum konsequentialistischen Denken gegeben: Die Deontologie 9 ist diejenige Lehre, die den Wert einer Handlung nicht nur anhand der Konsequenzen ausmacht 10 (Kapitel 4.2.3); deontologische Ansätze finden den Grund für etwas unabhängig von den Folgen einer Handlung. Sie entdecken den Maßstab für das Handeln in einem wie auch immer gearteten Programm dessen, was nicht gewünscht oder gewollt, sondern gesollt wird. Der Begriff der Pflicht ist als charakteristisches Zeichen der kantisch-deontologischen Moralkonzeption programmatisch für deontologische Ethiken geworden. Ich bevorzuge den Begriff des „Erforderlichen", weil er sich von preußischer Gehorsamspflicht abhebt und die kategorische, unbedingte Notwendigkeit (das Erfordernis) deutlich zum Ausdruck bringt. Neben Kant (Kapitel 4.2.3.3) diskutiere ich hier Thomas von Aquin (Kapitel 4.2.3.1) sowie Formen des klassischen Naturrechts (Kapitel 4.2.3.2). Weil sowohl die teleologische als auch die konsequentialistische Normbegründung wertvolle Aspekte richtig darstellen und sich deshalb für eine Rezeption durch die Glücksökonomik anbieten, gehe ich im Folgenden näher auf den Antagonismus beider Formen ein. Ich nehme anhand der Literatur eine Neubewertung vor und ordne beide Formen integrativ aufeinander zu (Kapitel 4.3). Teleologie kommt ohne Prinzipien nicht aus. Deontologie ohne den Blick auf die Folgen wäre blind. Der kantische Ansatz, der Glück als Sinnhorizont des verpflichteten Lebens begreift, dient mir für eine Synthese beider Formen (Kapitel 4.3.4), bei der ich besonders den Beitrag von Nida-Rümelin (Kapitel 4.3.3) würdige. Aus der Untersuchung der Theorien praktischer Rationalität entwickle ich sodann zwei Konsequenzen für die Glücksökonomik (Kapitel 4.4). Weil Glück nicht konsequentialistisch darstellbar ist, muss der Anreiz-Mechanismus, der ökonomischem Denken häufig zugrunde liegt, auf seine Glücksrelevanz hin kritisch überprüft werden (Kapitel 4.4.1). Darüber hinaus gilt es, sowohl die subjektive Konstitution des Menschen ernst zu nehmen (Kapitel 4.4.2) als auch die objektiven Strukturen eines gelingenden Lebens freizulegen (Kapitel 4.4.3). Doch zunächst schlage ich einen anderen Weg ein: Dieser erwächst aus der Erkenntnis, dass sich eine Theorie praktischer Rationalität, wie Kant sie dargestellt hat, nur schwerlich individuell motivieren lässt. Ihr fehlen der Motor und der Horizont, in dem ein lohnendes Leben für den Menschen vorgestellt werden kann. Der Gesellschaftstheoretiker Nozick (Kapitel 5.2.3) hatte in einem Gedankenexperiment gefragt, warum der Mensch sich nicht für eine Glücksmaschine entscheiden würde. Diese könnte ihm Erfüllung all seiner Wünsche sowie Glück als mentale Zustände bereiten. Sie wäre nicht die Wirklichkeit, so antwortet Nozick. Es geht dem Menschen

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„Deontologie (bzw. deontologische Ethik: von griechisch το' δέον, das Erforderliche, die ). [...] diejenige Form normativer Ethik, dergemäß sich Verbindlichkeit und Qualität moralischer Handlungen und Urteile aus der Verpflichtung zu bestimmten Verhaltensweisen bzw. Handlungsmaximen herleiten - prinzipiell unabhängig von vorgängigen Zwecken und möglichen Konsequenzen des Handelns" (Fahrenbach 2010, S. 3863). Schroth (2009, S. 58) hatte dies sogar noch vorsichtiger gefasst: „Es sind Theorien, für die nicht gilt, dass die Richtigkeit von Handlungen nur von ihren Konsequenzen abhängt."

Einleitung

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im Leben um das Leben selbst, nicht um eine Illusion oder um fiktionale Idealwelten. Glück, so schließe ich aus Nozick und weiteren Erwägungen, ereignet sich nur in der Auseinandersetzung mit der je vorfindlichen Wirklichkeit. Und das bedeutet auch, dass Glück nur an dieser Realität gemessen werden kann. Für den Menschen, der glücklich werden will, kommt es darauf an, dass fur ihn Beste aus der ihm gegebenen Situation zu machen. In einer Radikalität hatte Viktor Frankl selbst diese Erfahrung im Konzentrationslager gemacht und sich gefragt, warum und in welcher Weise diesem objektiv nutzenlosen Leben Qualität abgerungen werden konnte (Kapitel 5.4). Zentrales Element seiner Konzeption ist die Kategorie des Sinns (Kapitel 5.4.2). Es kommt darauf an, so Frankl, in dem Gegebenen Sinn zu finden. Sinnfindung ist bei ihm aktiver Prozess (im Gegensatz zu Sinnstiftung) und als solcher entschiedenes und bewusstes Tun, das sich an einem Maßstab ausrichtet. In diese Richtung zielte auch die Theorie Harry Frankfurts (Kapitel 5.3). In konzeptioneller Nähe zu anderen dual-process-Theorien der Psychologie hatte er eine hierarchische Struktur des menschlichen Wollens entworfen (Kapitel 5.3.2). Was Menschen auf erster Ebene wählen oder wünschen, werten Sie auf höherer Ebene möglicherweise anders. So kann Menschen der Wunsch zweiter Ordnung leiten, einen konkreten Wunsch erster Ordnung nicht zu haben. Frankfurt modelliert hier intrapersonelle Dilemmata, wie es neben ihm auch in der ökonomischen Disziplin durch verschiedene Ansätze versucht worden ist. Dienlich ist der Hinweis, dass Glück nicht eindimensional gedacht werden kann. Auch hier zeigt sich, dass die funktionale Gleichsetzung von Nutzen und Glück scheitern muss, weil Glück eine Wertung des Lebens als Ganzes ist (Kapitel 5.3.4). Aus diesen psychologischen Erwägungen des Kapitels 5 sowie aus den wissenschaftstheoretischen und philosophischen Grundlagen heraus entwickle ich im Weiteren Kernpunkte eines neu akzentuierten Glücksverständnisses. Die neue Theorie mit dem Glücksbegriff Euthymia bezeichnet ein Glück, das - intrapersonell differenziert - das gute und sinnvolle Leben wertet (Kapitel 6.1). Die Implikationen dieser Theorie sowie ihre speziellen Kennzeichen erläutere ich im Folgenden. Zu diesen Kennzeichen gehört beispielsweise die Erkenntnis, dass Glück in der von mir vorgetragenen Form nicht unmittelbar anstrebbar ist (Kapitel 6.3). Glück im Sinne von Euthymia stellt sich ein, wenn Menschen ein gutes Leben fuhren und wenn Menschen Sinn in ihrem Handeln finden. Kapitel 7 bietet sodann einen Ausblick darauf, welche Konsequenzen sich aus diesen Erkenntnissen ergeben. Dabei zeige ich zunächst die Grenzen der staatlichen Glückspolitik auf, die sich meines Erachtens aus den Erwägungen Karl Poppers ergeben (Kapitel 7.1.1): Der Staat muss äußerste Vorsicht in der Frage der „Beglückung" seiner Mitbürger walten lassen. Und dennoch ergeben sich für mich Konsequenzen, die sich besonders in den Bereichen Einkommen (Kapitel 7.1.2), Bildung (Kapitel 7.1.3), Arbeit (Kapitel 7.1.4) und Ehrenamt (Kapitel 7.1.5) niederschlagen. Hier gibt die Glücksökonomik deutliche Impulse für eine kritische Betrachtung staatlichen Handelns. Gleiches gilt in eher grundsätzlicher Weise für die Frage des wirtschaftlichen Wachstums (Kapitel 7.1.6).

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In einem letzten Schritt (Kapitel 8) führe ich Erkenntnisse der Arbeit zusammen und zeige exemplarisch, worin einerseits der Mehrwert meiner Ausführungen für die ökonomische Disziplin und worin andererseits der Mehrwert im Speziellen für die economics of happiness bestehen kann.

2. Ein Forschungszweig im Fokus: economics of happiness 2.1. Der Beginn der ökonomischen Glücksforschung mit Richard Easterlin Die ökonomische Glücksforschung legt den Beginn ihrer eigenen Teildisziplin gemeinhin auf das Jahr 1974. Es war der britische Forscher Richard Easterlin, der mit seinem Beitrag „Does economic growth improve the human lot? Some empirical evidence" (1974) den standardökonomischen Konsens durchbrach. Worum ging es? Easterlin (1974, S. 91) nutzte Daten aus den Gallup-Studien sowie eine Untersuchung des Psychologen Cantril (1965). Beide Datensätze boten Easterlin Kennzahlen zur subjective happiness. In den Gallup-Studien beispielsweise lautete die Frage „In general, how happy would you say that you are - very happy, fairly happy, or not very happy?" {Easterlin 1974, S. 91). In verschiedenen Analysen stellte Easterlin nun diese Daten in einen Zusammenhang mit unterschiedlichen Einkommensvariablen. Dabei untersuchte er drei verschiedene Bereiche. Die „Within-Country Comparisons" (Easterlin 1974, S. 99) untersuchten, inwieweit einkommensstarke Bevölkerungsschichten glücklicher sind als einkommensschwache. Im Bereich der „International Comparisons" stellte Easterlin (1974, S. 108) reiche und arme Länder gegenüber. Schließlich untersuchte er den Zusammenhang von happiness und Bruttoinlandsprodukt im Zeitablauf: „National Time Series" (Easterlin 1974, S. 111). Die Ergebnisse von Easterlin werden gemeinhin als „Easterlin-Paradox" wiedergegeben. Damit wird jedoch die differenzierte Darstellung in seinem Beitrag verschleiert. In den „Within-Country-Comparisons" stellte Easterlin (1974, S. 99) einen signifikanten Zusammenhang fest: Reichere Menschen innerhalb eines Landes sind glücklicher als ärmere. Die Ergebnisse der „Within-Country Comparisons" sind ähnlich, wenn auch kaum so deutlich (Easterlin 1974, S. 99). Bis hierher findet sich also kein Paradox. Die Prognosen der Standardökonomik beschreiben zutreffend, was der Forscher ex post feststellt: Einkommen und Lebenszufriedenheit scheinen (in einem gewissen Rahmen) parallel zu laufen. Der dritte Bereich indes öffnet das, was heute in einer kaum beschreibbaren Bandbreite diskutiert wird: Einkommen und Lebenszufriedenheit divergieren. Diesen Effekt hatte Easterlin (1974, S. 111) in den „National Time Series" untersucht und bestätigt. Sein Fazit fiel bescheiden, aber doch deutlich aus: „in the one national time series studied, that for the United States since 1946, higher income was not systematically accompanied by greater happiness" (Easterlin 1974, S. 118). Der Befund klingt wenig revolutionär. Und tatsächlich geben sowohl die schmale Datenbasis als auch die schwache methodische Aufstellung 11 einigen Grund dazu, die

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Auf die Schwierigkeiten der Messung von happiness und den daraus erhobenen Vorwurf gegenüber Easterlin kann ich an dieser Stelle nicht eingehen. Kernpunkt der Anfrage ist die

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Ergebnisse zu verwerfen. Was allerdings die Dynamik betraf, so war mit dem Beitrag die Tür aufgestoßen: Kritik an der standardökonomischen Rechnung hatte mit einem Mal eine Legitimation erhalten. Die Ergebnisse der „National Time Series" durchbrachen, was in der ökonomischen Theorie zu erwarten war: Die Standardannahme „Wer mehr verdient, ist auch glücklicher" war nicht mehr zu halten. Zwei Dinge sind meiner Ansicht nach geblieben: Zum einen verdient der wissenschaftliche Aufschlag Easterlins Respekt, weil er das Nachdenken über das Modell der Standardökonomik angeregt und befruchtet hat und weil der Zusammenhang zwischen Einkommen und Lebenszufriedenheit problematisiert wurde. Die Glücksökonomik hat einen Forschungsbereich aus seinem angestammten Feld, der Psychologie, herausgelöst (Frey und Stutzer 2002b, S. 403) und die empirischen Ergebnisse in den Kontext von Wohlfahrt, ökonomischer Politikanalyse und behavioral economics gestellt. Ein zweiter Punkt ist meines Erachtens weder abgearbeitet noch zureichend erkannt und thematisiert worden: Was ist Glück? Worüber sprechen Forscher, wenn sie Lebenszufriedenheit untersuchen? In welchem Verhältnis steht dieser Glücksbegriff zu den Begriffen von Präferenz und Nutzen? Erst aus einer hinreichenden Klärung dieser drängenden Fragen kann die Dimension der Erkenntnis Easterlins adäquat eingeschätzt werden. Einen ersten Ordnungsversuch nehme ich dazu später vor (Kapitel 3.1 und 3.3). Vorher allerdings stelle ich die aktuelle Debatte der Disziplin kurz dar.

2.2. Die aktuelle Forschungsdebatte Die moderne Glücksforschung beschränkt sich keinesfalls auf die ökonomische Fachdisziplin. Sie wird in der Soziologie, der Psychologie 12 und der Philosophie ebenso intensiv vorangetrieben. Auch Biologie und Hirnforschung beschäftigen sich mit der Thematik. Alle Fachrichtungen drängen von verschiedenen Seiten an das Kernproblem und beleuchten es aus ihrer je eigenen Fachrichtung, eben auch mit ihrer je eigenen Methodik. In der Ökonomik beschäftigen sich MakroÖkonomik, behavioral economics sowie in Teilen die Umweltökonomik mit dem Sujet (MacKerron 2012, S. 717). Glücksforschung ist zu einer der am meisten florierenden Fragen der Ökonomik geworden (Frey und Stutzer 2013, S. ix). Den rasanten Anstieg im Forschungsfeld der Glücksökonomik haben Stutzer und Frey (2012, S. 2) in einer grafischen Darstellung deutlich gemacht:

Begrenzung der Skala nach oben. Diese führe dazu, dass eine parallele Entwicklung von happiness und Bruttoinlandsprodukt schon vom Ankreuzverhalten der Umfrageteilnehmer nicht möglich sei, wenn im Zeitraum t-1 schon der Maximalwert angegeben wurde. Zur Diskussion vgl. besonders der Beitrag von Stevenson und Wolfers (2008) sowie zur allgemeinen Frage der Datenauswertung in der Glücksökonomik den Beitrag von Ρ faff (2013). 12

Es ist eine bemerkenswert interessante Geschichte, dass die psychologische Disziplin sich im ersten Jahrhundert ihrer Forschung vornehmlich den Ängsten, den Krankheiten, den Störungen und Depressionen gewidmet hat. Erst die letzten dreißig Jahre haben die positive Perspektive (vor allem in Gestalt der Positiven Psychologie) und die Frage nach Sinn und Glück zurückgebracht (Bayertz 2010a, S. 411).

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Nutzen oder Glück

Abbildung 1: „Number of published articles on the economics of happiness referenced in EconLit between 1986 and 2011"

""••Happiness

· · · Life satisfaction

«"• *· Subjective well-being

Quelle: Stutzer und Frey (2012, S. 2) Abbildung 1 zeigt den Anstieg an Publikationen zum Thema happiness economics von Beginn der 1990er-Jahre bis ins Jahr 2011. Der Anstieg ist rasant - vor allem in diesem Jahrtausend hat sich die Anzahl an Publikationen noch einmal drastisch erhöht. Wurden in den Jahren 1986 bis 1990 noch jeweils drei Artikel pro Jahr mit den Schlagworten happiness, life satisfaction oder subjective well-being in den einschlägigen Journals veröffentlicht, so waren es 2011 schon 146 (Frey und Stutzer 2013, S. ix). Google Scholar verzeichnet 2011 etwa 20.000 Studien, in denen happiness und economics vorkommen (Frey und Stutzer 2013, S. ix).13 Dass es eine so immense Menge an Forschungspapieren gibt, hängt auch mit den technischen Entwicklungen in der Datenerhebung zusammen. War es vor vierzig Jahren noch sehr aufwendig, große Befragungen auszuwerten und technisch weiter zu verarbeiten, gehört dies heute zum Standard der psychologischen, volkswirtschaftlichen wie soziologischen Forschung. Die Datenbasis ist dank Langzeiterhebungen wie der des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP 2013) in Deutschland von hoher Qualität.

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Die Arbeitsweise empirischer Publikationen ist meist hoch spezialisiert, aus welcher Fachdisziplin auch immer. So werden die untersuchten Gruppen örtlich, zeitlich, nach Berufsgruppen oder anderen Merkmalen zugeschnitten. Im Journal of Happiness Studies findet sich eine Fülle solcher Untersuchungen. So wendeten sich beispielsweise Guzman et al. (2012) der „Ontology of Happiness Among Chronically 111 Filipino Elderly in a Penal Institution" zu. Erst aus der Gesamtschau dieser Vielzahl von Untersuchungen kann ein konsistentes Bild von Glück gewonnen werden.

Ein Forschungszweig im Fokus: economics of happiness

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Der Zugang der Ökonomik zum Sujet hat zwei Seiten: Zum einen ist Glück als Nutzenäquivalent Kernpunkt der ökonomischen Theorie und damit von Smith (1723-1790) und Bentham (1748-1832) bis heute Angelpunkt der Lehre. Zum anderen fragt sich die (Institutionen- und ordnungs-)ökonomische Theorie natürlich nach den Bedingungen gelingenden Lebens überhaupt. Welche ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen müssen fur Glück gegeben sein und im Zweifel konstruiert werden? Als zentrale Fragen der Glücksökonomik haben Frey und Stutzer (2013, S. ix) ausgemacht: Messmethoden, die Beziehung zwischen Glücksforschung und Wohlfahrtsökonomik, die Determinanten des Glücks (im wesentlichen Einkommen, Sozialkapital und Gesundheit), die konkreten Bedingungen eines hohen persönlichen, individuellen Wohlbefindens, das Verhältnis von Nutzen und Glück zueinander und schließlich die Frage nach politischen Konsequenzen, die sich aus der empirischen Datenfulle ergeben. Carabelli und Cedrini (2011) sehen als aktuelle Herausforderungen an: das Verhältnis von Einkommen und Glück (1), die Bewegung zurück zu Bentham (2), Messprobleme (oder gar eine Unmessbarkeit) (3) sowie schließlich die Heterogenität des Glücksbegriffes (4) und Herausforderungen fur Ökonomik und Politik (5).14 Für Dolan et al. (2006, S. 10) muss sich die Glücksökonomik um Untersuchungen zum Einkommensrang, zum Sozialkapital, zur Bildung sowie zu Umweltfaktoren kümmern. Bayertz (2010a) sieht aus philosophischer Warte vor allem drei Bereiche, die der weiteren Diskussion bedürfen: Zunächst fragt er sich, in welchem Maße Glückstheorien objektiv oder subjektiv zugeschnitten werden können beziehungsweise müssen (1). Dann gilt es (2), den Glücksbegriff näher zu fassen: Ist eher sein episodischer Charakter gemeint oder der nachhaltige Aspekt? Schließlich stellt er die Frage, ob Glück, verstanden aus eher metaphysischer Perspektive, als das „Summum bonum" (als das höchste Gut und letzte Ziel) begriffen werden könne (3). Heute funktioniert happiness-Research in der Ökonomik vor allem so: Die empirischen Studien befragen Individuen nach ihrem individuellen well-being oder nach ihrer life satisfaction. Dabei verwenden die Forscher entweder unmittelbare Fragen zum Glück beziehungsweise zur Zufriedenheit 15 , oder sie lassen Probanden Situationen des Tages mit entsprechenden Glücksstufen bewerten („Day Reconstruction Method" {Kahneman 2004)). Anhand von statistischen Modellen wie zum Beispiel orderedprobit- oder /ogi'i-Regressionen werden diese Daten dann mit weiteren Variablen wie Alter, Einkommen, Geschlecht oder Bildung in Zusammenhang gebracht (Praag et al. 2003, S. 30). MacKerron (2012, S. 705) hat in der Frage der Relation von der Glücksfrage zu den Ursprüngen und Begriffen der Ökonomik ein Defizit festgestellt. So liege bisher kein tragfahiges Konzept vor, das den Nutzenbegriff und seine nah verwandten

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Gute Zusammenstellungen und Übersichten zur Glücksökonomik finden sich bei Frey und Stutzer (2013), Layard (2006a), Praag und Ferrer-i-Carbonell (2010), Graham (2009), Diener et al. (2010), Bok (2010) oder aus philosophischer Warte bei Bayertz (2010a, 2010b). Im Gegensatz zu der oben zitierten Fragestellung von Easterlin gibt es auch Fragen mit eher wertendem Akzent: „How satisfied are you with your life as a whole? Please answer according to scale below: 0 (completely dissatisfied) - 1 (completely satisfied)" (Praag und Ferreri-Carbonell 2010, S. 7) - vgl. dazu auch die „Psychological-Well-Being-Scale" von Ryff und Keyes (1995) oder die „Satisfaction-with-Life-Scale" von Diener et al. (1985).

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Nutzen oder Glück

Konzeptionen der Präferenzen in einen stringenten Zusammenhang mit dem Glücksbegriff stellt. Neben den empirischen Arbeiten gibt es zwei weitere Typen von Arbeiten. Zum einen beschäftigen sich wissenschaftliche Papiere mit den politischen Implikationen der Glücksforschung. Zum anderen haben Teile der Autorenschaft eine Anlehnung an philosophische Traditionen, vornehmlich die des Aristoteles (384—322 v. Chr.), versucht. Die Faszination fur die neue Stoßrichtung und für die Interdisziplinarität teilen indes nicht alle Ökonomen. So hatte Hamermesh (2004, S. 3) die Glücksstudien als „rather silly" bezeichnet. 16 Glücksforschung werde oftmals als ein öffentlichkeitswirksamer Schauplatz von Banalitäten betrieben. Kern der Disziplin sei, Nutzenanalysen in der Begrifflichkeit Glück durchzuführen. Nutzen oder Glück seien aber schließlich dasselbe. Wer also Zeit damit verbringe, etwas zu beschreiben, dessen Konzept schon lange auf dem Tisch liegt, der vergeude Zeit. Dass das Phänomen Glück überhaupt zugänglich ist und nicht vollends in der Subjektivität verschwindet, haben Sandvik et al. (1993) gezeigt. Bei ihnen entsprachen objektive Messkriterien (Bewertungen von Freunden, Familienmitgliedern und Kollegen sowie physische Ausdrücke des Glücks) ausgesprochen genau den subjektiven Glückswertungen. Abgesehen von der Grundfrage, ob überhaupt Glück seinem Phänomen nach vergleichbar sein kann, gilt hier: Objektive Glücksbefragung und subjektive Glücksbefragung liegen nah zusammen. Menschen verstehen also unter Glück offenbar etwas sehr Ähnliches. 17 Gerade aus dieser Feststellung heraus muss der erste Schritt einer glücksökonomischen Arbeit eine Begriffsdiskussion und bestenfalls auch -definiton sein. Diese nehme ich nun vor. Was soll Glücksökonomik untersuchen?

2.3. Die begriffliche Vielfalt: Was ist Glück? Unzählige Begrifflichkeiten beschreiben das Phänomen Glück. Genauer gesagt: Sie nähern sich seinem Inneren von verschiedenen Seiten an. Sie beleuchten ganz unterschiedliche Aspekte und Facetten. Um den Forschungsgegenstand untersuchen zu können, ist zunächst eine genaue Klärung der Begrifflichkeit bedeutend. Mit Recht hat Popper (1902-1994) (2002, S. 28) auf folgendes hingewiesen: „Gewöhnlich versuche ich, ,Was ist'-Fragen zu vermeiden und noch mehr ,Was meinen Sie mit'-Fragen. Denn diese Fragen scheinen mir alle die Gefahr heraufzubeschwören, daß man sich statt mit wirklichen Problemen über Sachen mit verbalen Problemen, also mit Wortstreitigkeiten, befaßt." Eine sich ins Unendliche verlierende Diskussion über ein Benennungsproblem oder eine Nomenklatur ist weder zielführend noch hilfreich. Solange aber unterschiedliche

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Seine Begründung: Entweder nimmt die Glücksökonomik an, Zufriedenheit sei das gleiche wie Nutzen, dann aber beginge sie einen methodischen Fehler, oder aber sie trennt die Konzepte „satisfaction" und „utility": Dann kann sie in ihrer Forschung fortfahren und dabei zur Kenntnis nehmen, dass satisfaction grundsätzlich anders gelagert ist (Hamermesh 2004, S. 3). Ähnliche Ergebnisse erzielt Lepper (1998).

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Tendenzen in verschiedenen Begriffen gegeneinanderstehen, ist Klärung angebracht. Der höchst individuelle Gebrauch des Begriffes „subjektives Wohlbefinden" beschreibt beispielsweise ganz anderes als der gesamtgesellschaftliche Begriff „Wohlstand". Triumph und Erfolg gehören offenbar genauso in den Bereich des Glücks wie Akzeptanz und Bestätigung. Alle Begriffe beleuchten offenbar Aspekte des Glückes. Schon Aristoteles (1995 [o.J.], S. 4) hatte auf die begriffliche Vielfalt und die unterschiedlichen Interpretationen verwiesen: „Was aber die Glückseligkeit sein soll, darüber entzweit man sich, und die Menge erklärt sie ganz anders als die Weisen." 18 Hier sind nun zwei Schritte der Untersuchung zu unterscheiden: Zunächst stelle ich die Begriffsftille dar. Danach gehe ich auf vorliegende Systematisierungen ein, um schließlich meine eigene Systematik zu entwickeln, die bestimmte Akzente besonders betont. In der Diskussion sind von verschiedener Seite ganz unterschiedliche Akzente gesetzt worden: Rayo und Becker (2007, S. 303) hatten die Standardauffassung aus der ökonomischen Theorie vertreten: Sie setzen Nutzen und Glück gleich. Franklin (2009, S. 12) dagegen versteht unter Glück einen „way of living that enables us to fulfill potentials and move toward a good human life." Roth (2011, S. 26) hingegen benutzt Glück im Sinne von „Wohlergehen". Eine ähnliche Gleichsetzung nimmt auch Höffe (2007b, S. 9) vor. Für ihn sind die Begriffe Wohl und Glück identisch. Für Wallacher (2011, S. 73) ist Glück schließlich die umfassende Bewertung des Lebens. Für MacKerron (2012, S. 706) und Stoll et al. (2012, S. 8) sind die Begriffe „happiness" und „well-being" austauschbar. Silverstein (2000, S. 283) versuchte den Begriff des „well-being" neu zu fassen und nannte ihn „happiness". Zu diesem Begriff happiness wiederum gehörten für ihn „satisfaction" und „enjoyment". Für Easterlin (2005, S. 29) schließlich sind alle Begriffe austauschbar: „well-being", „utility", „happiness", „life satisfaction" und „welfare". Uyl und Machan (1983, S. 131) hatten schon in den achtziger Jahren aus glücksphilosophischer Warte einen breiten Trend ausgemacht: Von der Differenzierung des Glücksbegriff hin bewege sich die Forschung hin zu inklusiveren Konzepten, die verschiedene Aspekte des Glücksbegriffes zu fassen imstande sind. Ihre Stärke ist aber zweifelsfrei auch ihr Manko: Die Offenheit kann zur Beliebigkeit werden. Verschiedene Autoren haben sich gerade ob dieser Fülle der Begrifflichkeiten um eine Definition gewunden. 19 So betont Hirata (2011, S. 20), dass „Lebenszufriedenheit" 18

Bei Aristoteles (1995 [o.J.], S. 4) heißt es dann weiter: „Die einen erklären sie für etwas Greifbares und Sichtbares wie Lust, Reichtum und Ehre, andere für etwas anderes, mitunter auch dieselben Leute bald für dies bald für das: der Kranke für Gesundheit, der Notleidende für Reichtum, und wer seine Unwissenheit fühlt, bewundert solche, die große, seine Fassungskraft übersteigende Dinge vortragen. Einige dagegen meinten, daß neben den vielen sichtbaren Gütern ein Gut an sich bestehe, das auch für alle diesseitigen Güter die Ursache ihrer Güte sei." Und schließlich: „ Alle diese Meinungen zu prüfen dürfte der Mühe nicht verlohnen; es wird genügen, wenn wir uns auf die gangbarsten und diejenigen, die einigermaßen begründet erscheinen, beschränken."

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Dass eine philosophische oder theoretische Frage durch Setzung abgelöst und empirisch gefüllt wird, dagegen sei, so Bayertz (2010a, S. 415), grundsätzlich nichts einzuwenden.

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und „subjective well-being" oftmals synonym zum Wort Glück verwendet werden. Er selbst lehnt deshalb mit Verweis auf die subjektive Wertung eine Definition des Glücksbegriffes ab. Auch Frey und Stutzer (2009a, S. 4) haben einer solchen Sicht zugestimmt: Es gelte, die subjektive Sicht anzuerkennen. Es hat trotz dieser Zweifel aber auch Versuche einer Systematisierung gegeben: Dolan et al. (2006, S. 12) haben eine sehr eingängige Systematik der Glücks-Ansätze 20 vorgelegt. Danach unterscheiden sie fünf „broad accounts of wellbeing": Die „preference satisfaction" (1) steht fur Ansätze, in denen Glück sich durch Freiheit und Ressourcen ausdrückt. Des weiteren sehen die Autoren Ansätze, die den Glücksbegriff in objektive Listen fassen (2), in denen basale Bedürfnisbefriedigungen („material, psychological and social needs") objektiv identifiziert und abgefragt werden können. In einem dritten Sektor sehen Dolan et al. den Glücksbegriff mit den Begriffen „flourishing" und „eudaimonic" (3) gekennzeichnet: Glück ist demnach das, was die Potenziale, Möglichkeiten und Fähigkeiten des Menschen realisiert. Als „hedonic" (4) betrachten Dolan et al. die Ansätze, in denen Glück durch positive Gefühle und Stimmungen gekennzeichnet ist. Schließlich fasst der Begriff „evaluative" (5) diejenigen Konzepte zusammen, in denen sich Glück in der Reflexion anhand bestimmter Kriterien manifestiert. Ein Leben kann demnach als glücklich beschrieben werden, wenn und insofern es in seinem Gesamtentwurf den vorgelegten Kriterien (in reflexiver Schau) entspricht. Der Ansatz von Dolan et al. zeigt systematisch die Vielschichtigkeit des Begriffes auf: Glück ist kein eindimensionales Phänomen. Glück ist weder schlicht Nutzen, Glück ist aber auch als Gelingen allein unzutreffend beschrieben. Eudaimonistische Ansätze und evaluative Ansätze differenzieren Dolan et al. allerdings nur ungenügend. Auch den Ansatz der preference satisfaction unterscheiden sie unzureichend von den Ansätzen zwei (objective) und vier {hedonic). Sie liegen meines Erachtens sehr eng beieinander. Stevenson und Wolfers (2008, S. 6 - 7 ) haben vorgeschlagen, „life satisfaction" und „happiness" systematisch zu trennen. Ersteres habe einen evaluativen Charakter, zweiteres sei an Gefühle und Empfindungen gebunden. In der Ökonomik verwende man beide austauschbar, in der Psychologie sei die Trennung der beiden mit ihren unterschiedlichen Charakteren jedoch längst Usus (Stevenson und Wolfers 2008, S. 16). In eine ähnliche Richtung geht auch der Vorschlag von Deaton (2008, S. 55): „life satisfaction" und „happiness" haben unterschiedliche Bedeutungen. Es gibt das reflexive und das gefühlsmäßige Moment. Ähnlich zu dieser Unterscheidimg hat Roth (2011, S. 63)

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Dort, wo die Forschung empirisch zu guten Ergebnissen gelange, sei die Aktivität zu begrüßen. Dass aber jegliche kritische Reflexion des eigenen Glücksbegriffes ausbleiben könne, hält er für ausgeschlossen. Zu den einzelnen Ansätzen führen Dolan et al. (2006, S. 12) außerdem die prominenten Vertreter auf: 1. „Objective lists": Rawls (2001), Max-Neef (1992), Ryan und Deci (2000) 2. „Preference satisfaction": Parfit (1984), Harsanyi (1996), Dolan (2000) 3. „Flourishing accounts": Ryff und Keyes (1995) 4. „Hedonic accounts": Bentham (1907 [1789]), Feldman (2002), Kahneman et al. (2004) 5. „Evaluative accounts": Sumner (1995), Diener et al. (1999).

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Glück in die Aspekte episodisches Glück und übergreifendes Glück eingeteilt. Diese Unterscheidungen scheinen mir hilfreich zu sein. Glück hat eine episodische, vielleicht hedonische Seite, und Glück hat eine evaluative Seite. Helliwell und Putnam (2004, S. 1435) schlagen einen Dreischritt vor: Zunächst (1) ist „well-being" die letzte unabhängige Variable der Sozialwissenschaft. Auf der persönlichen Ebene sei das (2) „subjective well-being". Psychologisch könne man dies noch weiter aufteilen (3): „happiness" hat eher „short-term"-Charakter („situationdependent expressions of mood"), „life satisfaction" dagegen hat ,,long-term"-Charakter („self rating stable evaluation"). Schließlich haben Keyes et al. (2002) fur eine Trennung zweier Konzepte optiert: „Subjective well-being (SWB)" sei Lebensevaluation als Saldo von positiven und negativen Affekten, „psychological well-being (PWB)" sei die Wertung des eigenen Umgangs mit den Aufgaben, die sich dem Einzelnen stellen („challenges of life"). Glück, so hat sich Hirata (2010, S. 128) kritisch geäußert, ist „ein komplexer, weitgehend subjektiver und letztlich vager Begriff'. Haybron (2008a, S. 22) hat es noch spitzer auf den Punkt gebracht: „But not much hangs on the words: call it shmappiness if you like." In Haybrons Zitat sind zwei Akzente vorhanden: Zum einen besteht eine Notwendigkeit, den Forschungsgegenstand begrifflich zu fixieren. Zum anderen markiert der Neologismus „shmappiness" das folgende: Wenn ich vorher festlege, was das Wort χ umfassen soll, kann ich anschließend präzise untersuchen, ob es das erstens konsistent tut, und zweitens ob diese Zusammenstellung so sinnvoll gewählt und theorietauglich ist. Mein Zugang dazu ist der folgende: Mit Hilfe der Etymologie des Wortes Glück versuche ich eine erste Annäherung. Glück ist eine anthropologische Grundkonstante ( H ö f fe 2007b, S. 81). Das Streben nach Glück gehört offenbar zum Wesen des Menschseins (.Roth 2011, S. 30) und ist auch deshalb in allen Sprachen präsent. Die erste Spur der Klärung soll sich genau auf dieser Ebene der Sprache bewegen. Und dazu gehe ich wie bereits angedeutet - den Weg der Etymologie. Ich bleibe dabei im deutschen Sprachraum und schaue mir die Entstehung, die Begriffsgeschichte und die heutige Bedeutung des Wortes Glück an. Etymologie, so viel schicke ich voraus, ist keine reine Sprachwissenschaft, die sich im Raum der geschriebenen und gesprochenen Worte aufhält. Sie geht tiefer: Etymologie speist sich aus Anthropologie und Soziologie. Begriffe bilden Realitäten ab und Realitäten spiegeln sich in Begriffen. Einen stringenten, letztschlüssigen Herleitungsweg fur das Wort Glück hat es bisher noch nicht gegeben {Pfeifer 1997, S. 459; Duden 2007, S. 282; Sanders 1965, S. 1). So viel ist aber bisher wissenschaftlicher Konsens: Das deutsche Wort Glück hat seinen Ursprung im mittelhochdeutschen „g(e)lücke" (Kluge und Seebold 2011, S. 364). Einen althochdeutschen Vorgänger für diesen Wortstamm gibt es nicht (Sanders 1965, S. 1). Das erste Mal ist das Wort in der frühhöfischen Dichtung (etwa um 1160) zu finden (Pfeifer 1997, S. 458). In einem ersten Bedeutungsakzent heißt es so viel wie Festsetzung, Bestimmung, Beschluss (Kluge und Seebold 2011, S. 364; Sanders 1965, S. 261). Dieser Schritt lässt sich auch lautmalerisch aus dem altniederfränkischen „lükan" nachvollziehen, das mit „schließen" übersetzt werden kann. Damit ist „g(e)lücke" der „Aus-

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gang eines Geschehens oder einer Angelegenheit (sowohl zum Guten als auch zum Bösen)" 0 P f e i f e r 1997, S. 458). Glück ist also zunächst ein Schicksalsbegriff. Damit ist natürlich auch eine religiöstranszendente Komponente im Sinne von Segen oder Heil verbunden. Insgesamt bleibt der Begriff mittelalterlich vage und ungreifbar (Sanders 1965, S. 1). Er ist, wie Sanders (1965, S. 253) beschreibt, von einer „Ambivalenz zwischen bestimmender Macht und Bestimmtem, zwischen Ursache und Wirkung, zwischen Schicksalsmacht und konkreter Bedeutung" gekennzeichnet. Spätmittelalterlich spezialisiert sich die Bedeutung. Glück ist nunmehr Bezeichnung eines „Zustandes starker innerer Befriedigung und Freude" (Pfeifer 1997, S. 458). Im 14. Jahrhundert bekommt das Wort dann eine materiale Komponente. Unter Glück wird auch „Beruf' und „Lebensunterhalt" verstanden (Pfeifer 1997, S. 458). Das Wort glücken trägt heute außerdem folgende Bedeutungen: gelingen, nach Wunsch ablaufen oder glücklich machen, erfreuen ( P f e i f e r 1997, S. 459). In diesem kurzen Abriss der Begriffsgeschichte haben sich nun Aspekte des Glückes herauskristallisiert. Ich benenne sie wie folgt: günstiges Zufallen, gutes Gelingen und Momente der Freude. Zum ersten ist Glück der günstige Zufall: Glück haben fasse ich darunter; vielleicht auch den umgangssprachlichen Dusel. Im Französischen und Lateinischen drücken die Begriffe fortune beziehungsweise fortuna diesen Teil gut aus; für das Englische ist das Wort luck entsprechend. Griechisch ist dieser Teil mit dem Wort eutychia (ευτυχία, auch: tyche) treffend wieder gegeben. Es ist dasjenige, was dem Menschen unerwartet zustößt oder das er positiv für sich werten kann (Merker 2010, S. 930). Unter dem zweiten Aspekt des guten Gelingens fasse ich den Aspekt der dauerhaften Zufriedenheit: glücklich sein, happiness, bonheur, beatitude, Zufriedenheit bzw. Lebenszufriedenheit, gelingendes Leben, Lebensqualität, flow2'. Für Merker (2010, S. 930) steht der griechische Begriff eudaimonia (ευδαιμονία) für diesen Bereich. Der Begriff der life satisfaction passt auf der persönlichen Ebene in diese Kategorie. Im Dritten (Momente der Freude) ist Glück das Hochgefühl, die Emotion, die gute Stimmungslage, das Wohlgefühl, Lust, Spaß, Vergnügen oder Fröhlichkeit. In der englischen Literatur stoße ich hier auf die Begriffe pleasure und well-being, im Französischen und Lateinischen auf plaisir und felicitas. Hier liegt der Akzent auf dem Erleben von Glücksmomenten. Merker (2010, S. 930) hat dafür den griechischen Begriff der hedone (ηδονή) gewählt. Folgende grafische Darstellung veranschaulicht die Dreiteilung aus der Etymologie:

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Dieser Begriff geht zurück auf das Konzept von Mihäly Csikszentmihälyi (Csikszentmihälyi und Charpentier (2005), Csikszentmihälyi (1985), Csikszentmihälyi und Szöllösi (2006)). Kernpunkt ist die Idee des völligen Aufgehens in einer Tätigkeit.

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Abbildung 2: Drei Aspekte des Glücks

Quelle: Eigene Darstellung In einem seiner prominenten Werke Soziale Marktwirtschaft - Ordnung der Zukunft" (Erhard und Müller-Armack 1972, S. 148) hat Ludwig Erhard (1897-1997) die Begrifflichkeit „Vitalsituation des Menschen" verwendet. Er hat damit einen ganzheitlichen Blick auf den Menschen gemeint. Eine Begriffsbedeutung des Wortes Glück ist, wie Merker (2010, S. 930) deutlich gemacht hat, ohne die anderen leer. Die verschiedenen Bedeutungen hängen zusammen. In diese Richtung von Erhard (und Merker) zielt diese Arbeit: Vitalsituation - weil es um den ganzen Menschen geht. Wenn Glück das unüberbietbar Gute ist, dann ist es mehr als platte Lustgefühle. Die Frage könnte lauten: „Geht es Ihnen gut?" Im Grunde wissen Menschen, was diese Frage heißt. Man kann die Frage mit einem schlichten „Ja" oder detaillierter beantworten, sie umfangreich zurückgeben oder ihr ausweichen. Wer sie ernst beantwortet, der erzählt von seiner Vitalsituation - der erzählt, wie es ihm geht, wie es ihm ergangen ist, welche Perspektiven er hat, was ihm gut tut und was gut für ihn ist. Das ist mehr als ekstatische Lust. Das ist übergeordnete Lebenswertung und episodische Glücksmessung zugleich. Wie gelingt dieses Leben, wie glückt es? Mit meinem Schema fasse ich nicht alle Begriffe. Jeder Begriff mag auch Überschneidungen zu anderen Bereichen aufweisen, keiner ist absolut zweifelsfrei zuzuweisen. Eine objektive Begriffsbestimmung kann kaum gelingen. Dies gilt vor allem für den Grenzbereich zwischen Aspekt zwei und Aspekt drei: Wohlbefinden, Freude, Glückseligkeit. Oder für die ökonomischen Grenzbegriffe Nutzen und Wohlstand. Zunächst ist aber aus einer Ordnung und aus der anthropologischen Etymologie die dreiteilige Glücksbestimmung vorgelegt: Glück ist Zufallen, Glück ist Gelingen, und Glück kristallisiert sich in Momenten der Freude. 2.4. Forschungsergebnisse im Detail: Glücksfaktoren Die moderne Glücksforschung arbeitet im Wesentlichen empirisch. Welchen Wert man der empirischen Forschung beimisst, hängt fundamental von der eigenen wissenschaftstheoretischen Grundhaltung ab. Darauf gehe ich in Kapitel 3 genauer ein. Zwei-

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erlei Wert kann ich aber schon hier der empirischen Forschung zusprechen, ohne detailliert den wissenschaftstheoretischen Status zu diskutieren: Empirische Forschung sorgt für eine ausgedehnte Datenfülle von verschiedensten Glücksfaktoren. Diese Datenfülle lässt sich möglicherweise nicht immer kausal interpretieren, dennoch liefert sie Anhaltspunkte für das, was Menschen denken und fühlen, wie sie sich entscheiden und wie sie handeln. Das gilt gleichermaßen für psychologische, soziologische wie auch wirtschaftswissenschaftliche Studien, die sich in ihrem Instrumentarium sehr ähnlich sind. Zum anderen können erfasste Daten, Umfragen und quantitative Studien als eine Art Bestätigung für Theorien aufgefasst werde. Sie sind kritisches Korrektiv gegenüber einer formal-theoretischen Wissenschaft. Empirie erdet Spekulationen. In beiden Fällen wird deutlich, dass sich der empirische Forschungsteil einer gewichtigen Bedeutung gewiss sein darf. Tatsächlich hat sich gerade im letzten Jahrzehnt eine Fülle von verfeinerten Messmethoden neu entwickelt {Frey und Stutzer 2013, S. ix). Dem Bemühen, die individuellen Einschätzungen der Menschen so präzise wie möglich zu fassen, ist in den letzten Jahren ein deutlicher Erfolg beschieden gewesen. Empirische Ergebnisse öffnen einen Erwartungshorizont für das Themenfeld der ökonomischen Glücksforschung: Was sind Kriterien, Fragen, Aspekte, denen Wissenschaftler nachgehen? Welche zentralen Schlüsse ziehen die Ökonomen aus der Fülle ihrer bisherigen Fragen? Dabei bleibe ich zunächst sehr allgemein und deskriptiv, lenke dann aber den Blick auf einige Paradoxa. Analog zur oben geführten Diskussion sind beide Schritte notwendig. Ich sollte, so könnte jemand vorschlagen, gleich zum Kern vordringen: zur theoretischen Diskussion des Phänomens Glück. Aber ich versuche zum einen, den Anschluss an die Fülle der bisherigen Forschung zu schaffen (in Ab- wie Anlehnung), und ich versuche zum anderen, den theoretischen Erwägungen einen geerdeten Raum zu bieten. Die Ergebnisse der empirischen Forschung begründen meines Erachtens den Bedarf einer fundierten Theorie. Die Paradoxien und die grundsätzliche Richtung der empirischen Ergebnisse weisen auf eine (theoretische) Leerstelle hin. 2.4.1. Übersicht und Clusterbildung von Glücksfaktoren Aus der Fülle der untersuchten Kriterien haben sich einzelne Bereiche herauskristallisiert: Cluster, in denen Ergebnisse sortiert werden. Um die Art der Systematik deutlich zu machen, lege ich hier exemplarisch einige dieser Cluster vor. Die Ökonomen Stoll et al. (2012, S. 10) haben die Verbindung vieler Faktoren untereinander sowie ihre Abhängigkeit voneinander betont. Dennoch sind sie zu einer Kategorisierung gekommen, in der sie fünf Felder als für den Glücksdiskurs relevant beschreiben. Ihr Fokus ist dabei einer, der sich explizit auf politische Implikationen richtet. Aus diesem Blickwinkel heraus ist ihre Einteilung zu lesen. Sie beschreiben als glücksrelevante Felder die Ökonomie (1), soziale Beziehungen und die Gemeinschaft („community") (2), Gesundheit (3), Erziehung (4) sowie schließlich als fünften Aspekt die lokale Umwelt (5). Aus allen Feldern lassen sich schnell politische Forderungen ableiten. Insofern dient die Kategorisierung hier einem klaren Zweck. Dieser Zweck

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verhindert auch, dass andere Dimensionen zum Zuge kommen - wie beispielsweise persönliche Faktoren oder Spiritualität. Diese haben beispielsweise Frey und Stutzer (2009a, S. 8) aufgegriffen. Sie unterscheiden sechs Gruppen von Bestimmungsgründen. In einer ersten Gruppe nennen sie „Persönlichkeitsfaktoren wie Selbstwertgefuhl, Wahrnehmung persönlicher Kontrolle, Optimismus, Extraversion und neurotische Grundstimmung". Darauf folgt eine zweite Kategorie, die Frey und Stutzer „spirituelle Faktoren im Zusammenhang mit Glauben und Religion" nennen. Soziodemographische und wirtschaftliche Faktoren bilden die nächsten beiden Gruppen. Im ökonomischen Bereich zählen sie „individuelles oder aggregiertes Einkommen, Arbeitslosigkeit und Inflation" dazu. Unter „kontextabhängige und situative Faktoren" verstehen sie konkrete Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen im engeren oder weiteren Netz und Gesundheit. Schließlich benennen Frey und Stutzer (2009a, S. 8) institutionelle Faktoren, die sie im politischen Bereich ansiedeln. Die Kategorisierung von Frey und Stutzer (2009a) ist weiter gefasst als die von Stoll et al. (2012). Sie tragen individuellere Themen in die Liste bedeutsamer Glücksfaktoren ein. Diese Referenz ist richtig und konsequent. Insofern kann man den Kategorien von Frey und Stutzer eine gewisse Vollständigkeit bescheinigen. Warum indes Arbeitsbedingungen und soziale Beziehungen in einem Bereich zusammengefasst werden, erschließt sich aus zwei Gründen nur schwer: Zum einen liegt der Akzent bei sozialen Beziehungen nur zum Teil auf dem Feld Arbeit, zum anderen ist das Wort „kontextabhängig" in diesem Zusammenhang inhaltsleer. Welche Faktoren der Lebenszufriedenheit sind nicht in irgendeiner Art und Weise vom Kontext (der Entstehung, des Erlebens oder des Zieles) abhängig? Der deutsche Glücksforscher Ruckriegel (2012, S. 46) identifiziert die folgenden Glücksfaktoren und belegt sie bereits mit einer positiven Richtung: Als ersten Faktor führt er „gelingende/liebevolle soziale Beziehungen" (1) an, darauf folgt die „physische und psychische Gesundheit" (2). Entscheidenden Einfluss auf die Lebenszufriedenheit räumt er weiterhin der Erwerbs- oder Freiwilligenarbeit (3) ein. Persönliche Freiheit (4) und „innere Haltung f...] und Lebensphilosophie" (5) bilden weitere Kategorien. Dabei geht es ihm vor allem um die Einstellung, die der Mensch in Bezug auf andere relevante Lebensbereiche und Faktoren hat. Stellt er zum Beispiel soziale Vergleiche an, kennzeichnet dies seine innere Haltung in Bezug auf beispielsweise Einkommen. Als sechsten Faktor nennt Ruckriegel (2012, S. 46) „Mittel zur Befriedigung der materiellen (Grund-)Bedürfnisse und finanzielle Sicherheit". Ruckriegels Aufzählung deckt sich mit den Erkenntnissen und mit der Systematik von Frey und Stutzer im Wesentlichen. Im Punkt der inneren Haltung verlässt Ruckriegel selbst die logische Stringenz seiner Aufzählung, insofern er hier einen Faktor nennt, der alle anderen Faktoren wertet. Er kann darüber hinaus nicht genügend deutlich machen, warum diese innere Haltung nicht selbst schon das Glück darstellt. Kahneman und Krueger (2006, S. 9) haben in Anlehnung an Diener und Suh (1999), Layard (2006a) sowie Frey und Stutzer (2002a) folgende Einflussfaktoren identifiziert: „Correlates of High Life Satisfaction and happiness [/] Smiling frequency [/] Smiling with the eyes ('unfakeable smile') [/] Ratings of one's happiness made by friends [/] Fre-

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quent verbal expressions of positive emotions [/] Sociability and extraversion [/] Sleep quality [/] Happiness of close relatives [/] Self-reported health [/] High income [/] and high income rank in a reference group [/] Active involvement in religion [/] Recent positive changes of circumstances (increased income, marriage)". Hier tauchen meines Erachtens Symptome und Ursachen parallel auf. Die Kausalität hat hier verschiedene Richtungen. Zumindest klären Kahneman und Krueger nicht deutlich darüber auf, dass sich zwar das Glück des Individuums anhand dieser Kriterien gut bestimmen lässt, dass aber die Wirkungsrichtung der „Smiling frequency" doch ganz offensichtlich eine andere ist als die der „Active involvement in religion". Für empirische Settings empfiehlt sich deshalb die Liste Kahnemans und Kruegers, fiir eine theoretische Systematisierung ist sie wenig dienlich.22 Wallacher (2011, S. 79) hat darüber hinaus eine Aufteilung in äußere und innere Faktoren vorgeschlagen. Als äußere Faktoren bezeichnet er soziodemografische, politische und wirtschaftliche Umstände. Innere Faktoren nennt er Charakter, Anlagen und persönliche Bewertungsmaßstäbe. Ich halte diese Zuteilung für wenig hilfreich, denn sie verschleiert zweierlei: Das eine ist nicht ohne das andere wahrzunehmen. Die politischen Faktoren der nahen wie weiten Umwelt hängen immer auch notwendig von der eigenen persönlichen Anlage und von den individuellen Bewertungsmaßstäben ab. Zum zweiten ist die Kategorie der inneren Aspekte viel zu eng gefasst. Sie entsteht gerade erst aufgrund äußerer Kategorien. So ist doch aus psychologischer wie pädagogischer Sicht unzweifelhaft, dass sich Maßstäbe doch erst aufgrund unterschiedlicher äußerer Umstände bilden. Auch Charakter entsteht erst so. Das vernachlässigt der Vorschlag Wallachers. Aus psychologischer Warte werden die „Big Five" der Persönlichkeitspsychologie (McCrae und John 1992) als glücksrelevante Faktoren aufgeführt: „Extraversion", „Agreeableness", „Conscientiousness", „Neuroticism" und „Openness". Diese hätten eine Erklärungsleistung für happiness von etwa 46 % (Tkach und Lyubomirsky 2006, S. 202).23 Warner und Vroman (2011) haben darüber hinaus folgende Einteilung vorgeschlagen: „Positive/Proactive Behaviors", „Spiritual Behaviors" sowie „Physical Health Behaviors" - und wählen damit eine äußerst begrenzte persönlichkeitsfokussierte Differenzierung. „Happiness Inducing Behaviors" 24 , so die Autoren, tragen weitere 16 % Erklärungsleistung für happiness bei (Warner und Vroman 2011, S. 1065).

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Eine weitere ähnliche Kategorisierung fiir well-being findet sich in dem umfassenden Report von Dolan et al. (2006, S. 8): Income, „personal characteristics", „socially develloped characteristics", „character of spended time", „attitudes and beliefs", relationships, „wider economic, social, political and natural environment". In einer weiteren Untersuchung hat McCann (2011) „neuroticism" die größte Bedeutung unter den Faktoren zugewiesen. Joshanloo und Afshari (2011) fanden eine Erklärungsstärke von 26 % und wiesen Neurotizismus und Extraversion die größte Bedeutung zu. Für Keyes et al. (2002) sind „extraversion" sowie „conscientiousness" von besonderer Bedeutung. Hierzu zählen: „Nurturing relationships [/] Cultivating optimism [/] Acts of kindness [/] Savoring [/] Healthy eating [/] Exercise [/] Commit to goals [/] Flow [/] Gratitude [/] New coping methods [/] Forgiveness [/] Avoid worry [/] Spiritual activities [/] Meditation" (Warner und Vroman 2011, S. 1068-1069).

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Clark et al. (2008b, S. 137) haben als wichtigste Faktoren Arbeitsmarkt, Arbeitslosigkeit und Einkommen identifiziert. Praag et al. (2003, S. 44) halten folgende Faktoren in der Reihenfolge für die wichtigsten: finanzielle Situation, Gesundheit, Arbeitszufriedenheit, Freizeit, Wohnumwelt. Schließlich haben Raffelhüschen et al. (2011, S. 133) eine Unterscheidung in Glückshemmnisse und Glücksbringer gewählt. In der Systematik der Hemmnisse zählen sie auf: schlechte Gesundheit, Tod des Partners, Arbeitslosigkeit, soziale und kulturelle Isolation, Scheidung, Alter, Behinderung, Kaufkraftverlust, relativer Einkommensverlust, Pendeln. Auf der Gegenseite stehen: sehr gute Gesundheit, Ehe/Partnerschaft, Treffen mit Freunden und Bekannten, regelmäßiger Sport, ein Eigenheim, Autonomie am Arbeitsplatz, Gehaltserhöhung, Freizeitaktivität, klassische Kultur, Religiosität. Diese Aufzählung greift aus der Datenmenge sehr konkrete Ereignisse heraus, die in starker Abhängigkeit der konkreten Situation kaum einer allgemeinen (kulturübergreifenden) Systematik dienlich sind und diesen Anspruch auch nicht erheben. 2.4.2. Acht Glücksfaktoren als Synthese der bisherigen Forschung In Kenntnis der obigen Systematisierungen stelle ich nun meine Ordnung vor. Sie entspringt der theoretischen Begriffs-Diskussion wie gleichzeitig der Gewichtung der im Verlauf vorzutragenden Ergebnisse. Die acht Felder des Glücks sind Familie, die finanzielle Situation, die Arbeit, das soziale Umfeld und das soziale Engagement, Gesundheit, Bildung, der gesellschaftlich-institutionelle Rahmen und die Lebensphilosophie. Abbildung 3: Acht Glücksfaktoren als Synthese der bisherigen Forschung

Quelle: Eigene Darstellung

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2.4.2.1. Familie Die Aufzählung relevanter Glücksfaktoren beginnt fast bei jedem Autor nicht mit der Variable Einkommen. Tatsächlich stellt auch die Mehrheit der Ökonomen fest, dass zunächst nicht-materielle Faktoren das Glück der Menschen beeinflussen. Und deshalb steht auch an dieser Stelle zunächst der Faktor Familiäre Beziehungen. Ich trenne ihn an dieser Stelle noch bewusst von der Variable Soziales Umfeld. Die Gewichtung hier ist explizit auf das knappe Umfeld Familie bezogen. Ohne dabei intensiv die Frage nach traditioneller oder moderner Familienform stellen zu können, verweise ich auf die Mehrheit der Studien, die Familie in einem engen, eher traditionellen Wortsinn versteht. Familie hat einen starken Einfluss auf die Zufriedenheit von Menschen. Im Detail stellt sich der Befund wie folgt dar: Ehe und Partnerschaft, so Raffelhüschen et al. (2011, S. 70), sorgen für eine Steigerung der Lebenszufriedenheit um 0,4 Punkte auf einer Skala von 0 bis 10. Bei Männern liegt der Effekt leicht höher. Die Ehe macht glücklich, so konstatiert auch Seligman (2005, S. 296-298). 25 Ähnlich sehen auch Peterson et al. (2005), Dolan et al. (2006, S. 56-57) und Diener et al. (1999) sowohl positive Effekte als auch die Abwesenheit negativer Effekte bei Menschen in partnerschaftlichen Beziehungen. Verheiratete sind grundsätzlich glücklicher als Unverheiratete, wie Easterlin (2005, S. 38) zeigt. Ihr Zufriedenheitsniveau liegt etwa 8 Prozent höher. Familie und besonders Ehe haben einen sehr positiven Effekt. Dieser verstärkt sich, j e intensiver die Kontakte in der Familie sind {Helliwell und Putnam 2004, S. 1441). Insgesamt zeigt sich, dass lebenseinschneidende Ereignisse wie Heirat, Scheidung oder Tod des Partners das Zufriedenheitsniveau beeinflussen. Vor der Hochzeit, so Köcher und Raffelhüschen (2011, S. 12), steigt das Glücksniveau der Verlobten, danach sinkt es. Insgesamt bleibt aber eine Zugewinn, dann und insofern die Partnerschaft gelebt wird und intakt ist. Kurioserweise finden verschiedene Forscher bei Verwitweten, die in einer neuen Beziehung stehen, insgesamt die höchsten Glückswerte {Köcher und Raffelhüschen 2011, S. 12). Verheiratete Personen finden sich in höherer Anzahl unter den sehr zufriedenen Menschen, das haben auch Becchetti et al. (2008, S. 352) gezeigt. Der Anteil der Geschiedenen ist dagegen bei den Unzufriedenen höher. Personen mit kurzen Trennungsphasen im letzten Jahr finden sich ebenfalls verstärkt am unteren Ende der Zufriedenheitsskala. Helliwell (2006, S. 34) stellt fest, dass sich die Zufriedenheit von Menschen mit starken familiären Kontakten um fast einen Punkt auf einer 10Punkte-Skala über den von Menschen ohne diese Kontakte hebt (vgl. auch Stoll et al. 2012, S. 28). Nach Köcher und Raffelhüschen (2011, S. 13) haben Kinder keine Auswirkung auf die Lebenszufriedenheit der Eltern. Hier könnte es einen Ausgleich von Sorgen und guten Erlebnissen geben. Masuda und Sortheix (2012, S. 1131) fanden in einer Studie heraus, dass die Lebenszufriedenheit von Menschen, denen die Familie wichtig war, über derjenigen von Menschen lag, die beispielsweise Arbeit oder Freizeit höher bewerteten. Wem die Werte „to 25

Sexualität, so hat Blanchflower und Oswald (2004a) mit Blick auf eine Untersuchung von 16.000 Amerikanern festgestellt, findet in höherem Maße in festen Partnerschaften und vor allem Ehen statt und leistet dort einen deutlich positiven Beitrag zur Zufriedenheit.

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spend time with my family is important to my life'" oder „to be married is important to my life" wichtiger waren als „to have a job outside my family duties is important to my life" oder „to get ahead in my career is important to my life" (Masuda und Sortheix 2012, S. 1136), fur den war eine signifikant höhere Lebenszufriedenheit messbar. Grundsätzlich galt auch: Wer die Familienwerte hoch wertet, hat auch ein höheres Zufriedenheitsniveau. Die Wohngemeinschaft mit einem Partner hebt laut Binder und Broekel (2012) die Lebenszufriedenheit. Familie, so lässt sich summieren, hat einen deutlichen positiven Effekt. Wo diese familiären Beziehungen besonders intakt sind, ist der Effekt noch deutlicher. 2.4.2.2. Finanzielle Situation „If the problem of happiness were so solved by economic comfort, the classes who are now comfortable would be happy, which is absurd." Gilbert Keith Chesterton (1986 [1935], S. 255). Es braucht keinen besonderen ökonomischen Fokus: Einkommen hat Relevanz oder, um es mit den Worten von Frijters et al. (2004b) zu sagen: „Money does matter". Diese Erkenntnis zieht sich durch die Breite der Forschung - von der Psychologie bis zur Soziologie. Lebenszufriedenheit hängt mit dem individuellen Einkommen zusammen. Das hatte bereits Richard Easterlin in seinen ersten Studien fur die Querschnittsvergleiche (innerhalb von Nationen sowie zwischen Nationen) zeigen können. Die finanzielle Lage von Menschen beeinflusst ihr Glücksniveau (Frey 2009). So haben Köcher und Raffelhiischen (2011, S. 13) in einer Längsschnitt-Studie festgestellt, dass bei einem Ausgangsgehalt von 1.500 Euro eine Einkommenssteigerung um monatlich 250 Euro den Glückswert auf einer Skala von 0 bis 10 um 0,05 Punkte hebt. Bestätigende Ergebnisse finden sich auch bei Stoll et al. (2012, S. 12) sowie Clark et al. (2001). Im Querschnittsvergleich stellt Luttmer (2005, S. 976) einen leichten positiven Effekt des Haushaltseinkommens auf das Glücksniveau fest. Leu et al. (1997, S. 284) finden einen Lebenszufriedenheitsunterschied von 7,8 in der untersten Einkommensklasse, bis zu 8,6 in der höchsten Einkommensklasse (auf einer 10-er-Skala). Höheres Einkommen bedeutet demnach: Höhere Möglichkeiten, das zu erwerben, was man wünscht (Frey und Stutzer 2002b, S. 409). Stevenson und Wolfers (2008, S. 26) haben den Effekt auf Grundlage amerikanischer Daten untersucht und eine deutliche Korrelation von Einkommen und happiness festgestellt - wie die nachfolgende Grafik darstellt:

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Abbildung 4: „Assessing the Functional Form of the Happiness-Family Income Gradient: General Social Survey" Linear income stale

I-og income scale

l.o-l

ι o-j

0

40

80

120

160

200

240

1

2

4

8

16

32

64

128 25«

Annual family income (thousands of 2005 dollars) Quelle: Stevenson und Wolfers (2008, S. 26)26 Der Effekt des Einkommens allerdings verlangt in Kombination von Längs- und Querschnitt eine differenzierte Betrachtung. So stellt zum Beispiel Frey (2009) fest, dass ein steigendes Einkommen besonders die Zufriedenheit von Menschen mit geringerem Einkommen steigert. Der Effekt ist also nicht absolut, sondern relativ zum eigenen Einkommen zu sehen. Auch Stoll et al. (2012, S. 15) bestätigen diese Einschätzung. Wer den Glücksbegriff auf den Aspekt des emotionalen Wohlbefindens zuschneidet, wie das Kahneman und Deaton (2010) tun, der findet heraus, dass ab einem Jahresnettoeinkommen von etwa 75.000 Dollar keine positive Relation zwischen Einkommen und emotionalem Wohlbefinden mehr besteht. An diesem Punkt scheint also eine Sättigung erreicht zu sein. Raffelhüschen et al. (2011, S. 89) sehen diesen Gewöhnungsef-

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Subtext der Abbildung: „Source: General Social Survey (USA), 1972-2006; authors' regressions. a. Each circle aggregates income and happiness for one GSS income category in one year, and its diameter is proportional to the population of that income category in that year. The vertical axis in each panel plots the coefficients from an ordered probit regression of happiness on family income category χ year fixed effects; the horizontal axis plots real family income, deflated by the CPI-U-RS. In each panel the short- and long-dashed lines are fitted from regressions of happiness on family income and the log of family income, respectively, weighting by the number of respondents in each income category χ year. Survey question asks,,Taken all together, how would you say things are these days - would you say that you are very happy, pretty happy, or not too happy?'"

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fekt ab einem monatlichen Nettoeinkommen von 5.000 Euro. So ergebe sich aus den Daten des World Values Survey, dass zwar die Einkommenssteigerung, die durch einen Aufstieg vom vierten ins fünfte Dezil eine Steigerung des subjektiven Wohlbefindens um 0,11 (auf einer 10-er-Skala) mit sich bringe, der Wechsel vom neunten ins zehnte Dezil der Einkommensklassen indes erhöht das Zufriedenheitsniveau kaum noch merklich um 0,02 Punkte {Frey und Stutzer 2002b, S. 409). Eine Position, die über die These der Sättigung hinausgeht, hat Lane (2001) vertreten. Für ihn wird Einkommen dann zu einem negativen Glücksfaktor, wenn der Mensch die volle Aufmerksamkeit darauf richtet. Dann lenke Geld den Blick weg von den wichtigen Glücksthemen des Menschen wie Familie, Freunde und Gemeinschaft. Im Übrigen wird der Effekt des Einkommens auch umgekehrt gezeigt. Die Gesundheitsökonomen Leu et al. (1997, S. 286) haben hierzu einen Katalog von Besorgnissymptomen erarbeitet und dabei festgestellt, dass der Anteil von Personen mit kumulierten Besorgnissymptomen geringer wird, je höher die Ausstattung mit finanziellen Ressourcen ist. Geld macht insofern nicht notwendig glücklich, es nimmt dem Einzelnen aber Sorgen um seine Gegenwart und Zukunft. Pouwels et al. (2008) haben schließlich behauptet, der Effekt des Einkommens würde um etwa 25 Prozent unterschätzt. Arbeit habe immer auch eine Kostenseite, dies sei die Arbeitszeit. Hohe Investition in Form von Arbeitsstunden müsse bei der Messung des Einkommenseinflusses berücksichtigt werden. Äußerst prekäre Lebenssituationen und finanzielle Ausstattungen fuhren zu einem leicht geringeren Wert an Lebenszufriedenheit, wie Cox (2012) in einer Untersuchung nicaraguanischer Sex-Arbeiterinnen, Müllplatzbewohner und Besitzloser feststellt. Die Lebenszufriedenheit der Prostituierten war deutlich geringer als die der anderen Gruppen. Das Ergebnis der anderen Gruppen indes war eher ungewöhnlich: Hier scheinen tatsächlich von der Gesellschaft ausgeschlossene Randgruppen kein signifikant niedrigeres Zufriedenheitsniveau zu haben. Mit dieser Untersuchung bestätigten die Autoren Ergebnisse von Biswas-Diener und Diener (2001), die im Slum von Kalkutta kaum negativere Werte für subjective well-being hatten finden können als in Vergleichsgruppen. Sie hatten den Grund dafür in den starken Beziehungen dieser Menschen untereinander ausgemacht (Biswas-Diener vtndDiener 2001, S. 330).27 Eine interessante Differenzierung haben Hudders und Pandelaere (2012) vorgelegt: Danach steigt das Wohlbefinden von Menschen durch den Konsum von Luxusgütern (hier: besonders von Markenprodukten) dann besonders deutlich, wenn Menschen sich selbst als materialistisch einschätzen. Diejenigen, die sich selbst eher nicht als materialistisch einschätzen, erfahren auch nur eine geringe Steigerung ihrer Lebenszufriedenheit durch Luxuskonsum. Sie schränken die positive Wirkung indes in zwei Richtungen ein: Zum einen berichten die Befragten mit hohen materialistischen Werten deutlich mehr negative Stimmungen als der Durchschnitt der weniger materialistischen Befrag-

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Auch die Lebenszufriedenheit von gering entlohnten Taxifahrern in Peking lag trotz hoher Wochenarbeitsstunden nicht unter der von Vergleichsgruppen (Nielsen et al. 2010).

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Nutzen oder Glück

ten (Hudders und Pandelaere 2012, S. 428). 28 Zum anderen stellen die Autoren fest, dass der Luxuskonsum keinen nachhaltigen Effekt auf die Lebenszufriedenheit hat. Well-being steige in der iAort-toTw-Betrachtung, nicht aber darüber hinaus {Hudders und Pandelaere 2012, S. 429). Auf Makro-Ebene hat Richard Easterlin die Bedeutung des Volkseinkommens für die Lebenszufriedenheit infrage gestellt. Seine Ergebnisse habe ich oben (Kapitel 2.1) bereits referiert. Tatsächlich hat sich auch im Anschluss an Easterlin eine weite Diskussion entfaltet. Ohne auf alle Detailfragen des Streites eingehen zu können, folgen hier die wesentlichen Ergebnisse der aktuellen Forschung. So sehen Köcher und Raffelhüschen (2011, S. 13) den Einfluss des nationalen Einkommens eher auf indirekte Art. Sie vermuten eine weitgehende Unabhängigkeit der Faktoren Lebenszufriedenheit und Einkommen. Kurzfristige konjunkturelle Schwankungen hätten allerdings einen Einfluss auf das Glücksniveau. Weitere indirekte Korrelationen vermuten auch Abdallah et al. (2008) sowie Vemuri und Costanza (2006). Sie sehen in der professionellen Gesundheitsvorsorge, in der qualifizierten Regierungsarbeit und in der Sicherheit entscheidende Faktoren für Lebenszufriedenheit. Diese seien durch ein hohes Volkseinkommen gesichert. Insofern also das Bruttonationaleinkommen in der Verwendung entsprechend gesteuert sei, sei ein Einfluss auf die Lebenszufriedenheit zu erwarten. Ein höheres Volkseinkommen allein sei aber nicht ursächlich für steigende Lebenszufriedenheit. Andere sehen einen deutlicheren Zusammenhang. So stellen Stoll et al. (2012, S. 12) in Würdigung vieler Untersuchungen fest, dass reichere Nationen ein höheres Wohlbefinden der Menschen aufweisen als ärmere. Einen Zusammenhang makroökonomischer Variablen mit der Zufriedenheit sehen auch Di Telia et al. (2003, S. 809 und S. 817). Sowohl das Level als auch die Schwankungen des Bruttoinlandsproduktes haben Auswirkungen auf happiness. Deaton (2008, S. 56) hat den Zusammenhang zwischen life satisfaction und dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf wie in nachfolgender Grafik abgebildet, aufgewiesen:

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Ähnlich, aber allgemeiner Norris und Larsen (2011). Dieser Punkt weist auch deutlich darauf hin, dass für das Glück nicht nur der rein material fassbare Zustand von Bedeutung ist. Glück entsteht offenbar erst aus dem Zusammenspiel von eigener Persönlichkeit (inklusive persönlichen Wertvorstellungen) und dem Vorfindbaren.

Ein Forschungszweig im Fokus: economics of happiness

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Abbildung 5: „Life Satisfaction and Per Capita GDP around the World"

Per capita GDP in 2003 Quelle: Deaton (2008, S. 56)29 Deaton stellt fest, dass die Bevölkerungen in Nordamerika, Westeuropa, Japan und Australien sowohl reich als auch glücklich sind.30 Die Platzierung Costa Ricas und Venezuelas unter den glücklichsten zwanzig Nationen sei allerdings kaum erklärbar. Di Telia et al. (2003, S. 823) stellen fest, dass es bei einer typischen US-Rezession etwa 200 Dollar Jahreslohnsteigerung brauchte, um den Verlust an Lebenszufriedenheit a b zugleichen. Auch eine Inflation reduziert das Wohlbefinden (Di Telia und MacCulloch 2006, S. 37). Stevenson und Wolfers (2008, S. 60) stellen konträr zu Easterlin fest, dass steigende Niveaus im well-being mit einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes einhergingen.31 Als besonders prägnante Beispiele nennen sie Japan und Italien. Diener und Diener (1995), Inglehart und Klingemann (2000) sowie Inglehart (1990) hatten gezeigt: Menschen in reicheren Ländern sind glücklicher als Menschen in ärmeren Nationen. Ähnlich

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Subtext der Abbildung: „Source: Penn World Tables 6.2. Note: Each circle is a country, with diameter proportional to population. GDP per capita in 2003 is measured in purchasing power parity chained dollars at 2000 prices." Guriev und Zuravskaja (2009) haben fur die Transformationsländer ein deutliches Absinken der Lebenszufriedenheit nach dem Wechsel vom kommunistischen zum marktwirtschaftlichen System feststellen können. Seit diesem Absinken indes steigt die Lebenszufriedenheit dort aber weiter stetig an, wo auch das Einkommen steigt. Ähnlich auch Madden (2011) für die Zeit des wirtschaftlichen Booms in Irland (1994 bis 2001).

Nutzen oder Glück

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hatten das auch Stevenson und Wolfers (2008, S. 35) gesehen. Die beiden Forscher haben anhand empirischer Daten zeigen können, dass es einen Zusammenhang zwischen dem durchschnittlichen Lebenszufriedenheitsniveau und dem Pro-Kopf-Einkommen verschiedener Länder gibt. Sie sehen auch keinen Punkt, an dem ein höheres Einkommen nicht mehr mit höherer Zufriedenheit korreliert wäre (Stevenson und Wolfers 2008, S. 2). Reichere Länder weisen höhere Zufriedenheitswerte auf als ärmere.

Abbildung 6: „Life Satisfaction and Real GDP per Capita: Gallup World Poll"

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-3 592+ Ο Λ c > 0 Euthymia Ε ist abhängig von den Variablen χ, α und b. Eine Negativausstattung mit Gütern sehe ich in diesem Modell nicht vor, auch wenn sie theoretisch denkbar ist. Mit dem y-Achsenabstand c beschreibe ich den set-point des Einzelnen. Menschen haben unterschiedliche Startpunkte und Dispositionen in Bezug auf ihre Euthymia. c umfasst also sowohl die äußeren Umstände als auch die genetische Disposition. Ein weiterer Aspekt erscheint mir für die Formalisierbarkeit unerlässlich. Euthymia hat eine inklusive, keine additive Struktur. Das heißt: Die zweite Ebene darf nicht zur Ebene materieller Nutzen dazukommen, sondern muss sich als Wertung formulieren lassen. Euthymia ist Bewertung der ersten Ebene, nicht additives Extra. Die Faktoren α und b beschreiben Sinn und das Gute - und sind hier bewusst nicht über die Gleichung selbst zu maximieren. Sie beziehen sich auf deontologische Motive und folgen nicht der konsequentialistischen Gleichungsform der Wohlfahrtsökonomik.

Glücksökonomische Konsequenzen

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Die formale Darstellung findet in dem Punkt ihre Grenze, wo jemand annimmt, dass die schlichte Ziel-Mittel-Relation vorhanden ist und so Glück herstellbar im herkömmlichen Sinne wäre. Das ist aber nicht der Fall, denn Glück entzieht sich, wie ich oben (Kapitel 6.3) versucht habe zu zeigen, einer solchen Herstellbarkeit. Erst dort, wo Menschen das Gute direkt anstreben, stellt sich Glück ein. Insofern ist das Maximum der Glückskurve dort gegeben, wo Menschen unabhängig von der gerade vorgegebenen Güterausstattung das Gute wählen. Dass diese indes die Wirklichkeit abbildet und somit einen Einfluss auf Euthymia hat, kann kaum bestritten werden. Wenn der Mensch in hohem Maße autonom handelt und wenn er reflexiv Sinn in diesem Handeln findet, dann wird Euthymia maximal. Eine unmittelbare Darstellung, in der die deontologischen192 Elemente als unabhängige Variablen der abhängigen Variablen Euthymia einzusetzen sind halte ich deshalb für problematisch, weil Glück sich als Folge einstellt, aber nicht produzieren oder herstellen lässt.

7. Glücksökonomische Konsequenzen Im siebten Kapitel widme ich mich der Frage, welche Konsequenzen sich aus der vorliegenden Arbeit und ihren weitreichenden Schlussfolgerungen ableiten lassen. Diese Frage lässt sich in zwei Unterpunkte unterteilen. Zunächst geht es um die Relevanz der Untersuchung im Hinblick auf politische Schlussfolgerungen. Was kann und muss Politik tun, will sie die Ergebnisse ernst nehmen? Welche politischen Empfehlungen lassen sich aus der Perspektive des Glückskonzeptes Euthymia ableiten? Die zweite Frage ist eine Rückfrage. Sie geht an den Beginn der Untersuchung und fragt danach, wie sich die Glücksforschung künftig aufzustellen hat. Wenn und insofern Euthymia als ein neues Konzept Geltung finden kann, muss das Konsequenzen für die empirische (und normative) Glücksforschung haben. Im Laufe des zweiten Teiles gehe ich dabei besonders auf die bisherigen Initiativen der Glücksmessung ein.

7.1. Politische Konsequenzen 7.1.1. Das Poppers che Diktum, seine Folgen und seine Grenzen Das ist der übliche Weg, den der Glücksforscher wählt: Er zieht sich zurück auf sein empirisches Terrain und hält es mit Karl Popper (1974, S. IX), von dem der Satz stammt, der Mensch solle nicht auf dem Wege politischer Vorschreiberei die Beglückung seiner Bürger versuchen. 193 Ich stimme diesem Popperschen Vorbehalt ausdrück-

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Broome (1992) prognostiziert, dass deontologische Darstellungen möglich sind. Der Weg, der ihn zu dieser Erkenntnis fuhrt, ist indes ungewöhnlich: In einem ersten Schritt nimmt er an, dass deontologische Theorien besser als „nonteleological" beschrieben wären, bevor er im zweiten alles, was dann noch als deontologische Motive übrigbleibt, als unbedeutend deklariert: „If deontological moralities affect people' s behavior in important ways, then economics is in for a shock. But I doubt that its shocks will come from this direction. I think they are more likely to come from people's irrationality" (Broome 1992, S. 282).

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„Wenn wir die Welt nicht wieder ins Unglück stürzen wollen, müssen wir unsere Träume der Weltenbeglückung aufgeben. Dennoch können und sollen wir Weltverbesserer bleiben aber bescheidene Weltverbesserer" (Popper 1974, S. IX).

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lieh zu und gehe dennoch den Schritt darüber hinaus. Popper (1974, S. VIII-IX) hatte vor der „Idee einer utopischen sozialen Planung großen Stiles" gewarnt: „Die Hybris, die uns versuchen läßt, das Himmelreich auf Erden zu verwirklichen, verführt uns dazu, unsere gute Erde in eine Hölle zu verwandeln - eine Hölle, wie sie nur Menschen fur ihre Mitmenschen verwirklichen können" (Popper 1974, S. VIII-IX). Die Konsequenz daraus war eine deutliche Zurückhaltung in Sachen „Weltenbeglückung", wie Popper (1974, S. IX) schreibt. Um Unglück zu vermeiden, so meinte er, müsse man von dieser Idee Abstand nehmen. Nicht das Glück, sondern das Leid sei in den Fokus zu nehmen. Wo der Politiker wie der Wissenschaftler zur Besserung der Lage beitragen wolle, solle er das Leid der Menschen mindern und vermeidbares Übel verhindern {Popper 1974, S. IX). Popper spricht dabei bewusst von einem bescheidenen und realistischen Ziel. Er spricht sich gegen die großen Utopien aus, nationalsozialistischer wie kommunistischer Prägung. Nicht die großen Ideologien, die Popper in seinen beiden Bänden „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" scharf kritisiert, trügen zu einer Besserung der Lage der Menschen bei. Politik müsse Leid mindern und die Glücksfrage aussparen. Sie gehöre in den Bereich des Privaten (Popper 1974, S. IX). Jeder Einzelne selbst trage hier Verantwortung, nicht aber die gesellschaftlichen Institutionen. Die Fokussierung auf das Leid hat Popper so motiviert: Glück sei, weil theoretisch, fern und unerreichbar und vor allem schwer objektiv beurteilbar. Leid hingegen sei erfahrbar, real und nah. Die Bekämpfung der sozialen Missstände sei daher unmittelbar geboten. Der Poppersche Vorbehalt ist insofern auch eine Warnung an die Philosophen utilitaristischer Prägung. Popper (1980, S. 124) warnt, sie nähmen sich ihr „Prinzip des größten Glücks der größten Zahl leicht zum Vorwand für eine wohlmeinende Diktatur". Seine Kritik ist sicher auch historisch zu lesen aus den Erfahrungen seiner Lebenszeit. Und so schreibt er: „Es ist diese Deifikation der Geschichte, die ich bekämpfe" (Popper 1980, S. 125). Glück, ein besseres Leben, Frieden und Gerechtigkeit, das belegt Popper vor allem in seinem Kapitel gegen Piaton, sei in keiner Weise aus geschichtlicher Sukzession ableitbar. Historisch folgt nichts aus dem Vorangehenden. Es gibt keinen geschichtlichen Determinismus. Das Leid der Menschen könne die Politik durch aktives Handeln lindern. Ich halte mit Popper die politische Vorsicht für geboten. Wann immer Politiker sich erheben, das Glück des Einzelnen zu bestimmen oder gar vorzuschreiben, was er auf dem Weg dorthin zu tun habe, ist sicher Einhalt geboten. Wenn Glück „Sache der Regierungspolitik" (Saint-Paul 2012, S. 11) wird, ist ein Kern der Konzeption von Euthymia negiert: die Freiheit. Aber staatliche Eingriffe scheinen allerorten legitim zu sein. Paternalistische Konzeptionen stützen sich auf belegte verhaltensökonomische Untersuchungen (Saint-Paul 2012, S. 11) und erfreuen sich mithin großer Beliebtheit. „Natürlich geschehen all diese Eingriffe im Namen des Guten und Wahren. Sie müssen gut sein, denn sie zielen darauf, schädliche Folgen für mich und andere zu vermeiden. Sie müssen wahr sein, denn sie basieren auf der zunehmenden sozialwissenschaftlichen Forschung, wie etwa auf der immer populäreren Verhaltensökonomik, deren Vertreter 2002 schon einen Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielten" (Saint-Paul 2012, S. 11).

Glücksökonomische Konsequenzen

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Insofern ist auch den gesammelten Schlussfolgerungen der Glücksökonomik zur Steuergestaltung entgegenzuwirken. In genau diese Richtung geht auch der Impuls von Diener und Seligman (2004). Die beiden Vertreter der positiven Psychologie fordern, das well-being mehr für politische Entscheidungen in Betracht zu ziehen.194 Viele Autoren versuchen im Wesentlichen die Ergebnisse des relative-income-effects fur eine policy fruchtbar zu machen (Clark et al. 2008b, S. 128).195 Eine Konsequenz ist vor allem in Bezug auf relative income immer gezogen worden: Wenn die relativen Einkommensunterschiede für das sinkende Glück der Menschen verantwortlich sind, dann bietet sich eine progressive Besteuerung an. Diese eliminiert die Differenz Stück für Stück und trägt damit dem Glücksstreben der Menschen Rechnung. Diese politische Implikation ist aus meiner Warte in zweifacher Hinsicht illegitim: Erstens bildet die Glückssteigerung nicht alle Folgen ab, denn neben höheren Glückswerten, wenn sie denn überhaupt erreicht würden, resultieren aus höherer Besteuerung weitere Folgen wie möglicherweise niedrigere Investitionen und damit höhere Arbeitslosigkeit. Und zweitens bezweifle ich, dass die Gleichheit tatsächlich zu mehr Glück führt. Das mag manchmal der Fall sein. Die Drittvariable muss aber doch der Blick auf sich selbst und seine eigenen Potenziale sein. Dann wird auch der Vergleich irrelevanter. Der Weg der unmittelbaren Ableitung von Politikempfehlungen aus den reinen empirischen Ergebnissen führt in die Sackgasse. Vorsicht ist hier auch deshalb angebracht, weil die empirische Basis nach wie vor, trotz einer gefühlten Fülle von Informationen, schmal und widersprüchlich ist (Stutzer 2004, S. 105). Auch Frey und Stutzer (2012, S. 659) haben die Gefahr gesehen, dass „happinessresearch" dem „benevolent dictator approach" folgt. Kahneman und Thaler (2006, S. 231-232) erklären, dass gerade auch das Fehlermachen menschliche Existenz beschreibt. 196 Menschen lernen daraus und sind in ihren neuen Versuchen nach fehlerhaften Erstversuchen doch näher am Optimum als eine vorgeschriebene Politik sie dahin zu fuhren in der Lage wäre. Spieker (2010, S. 197) hat gar vor einer „Glücksdiktatur" im Sinne von Aldous Huxleys „Brave New World" (2004) gewarnt und Saint-Paul (2012, S. 11) von einer ,,schleichende[n] Tyrannei" gesprochen. 197 Barrotta (2008, S. 145) schließlich hatte betont, Glück sei ob seines diffusen Charakters und seiner Konzeptlosigkeit überhaupt nicht in der Lage, als Wohlfahrtsziel zu fungieren. Die Wohlfahrt müsse stattdessen die Autonomie als Ziel ins Auge fassen. Weimann et al. (2012, S. 194

Dabei argumentieren sie gleichsam auf der Grundlage der Mw/owschen Idee: Am Anfang der modernen Entwicklung sei das ökonomische Outcome von hoher Relevanz gewesen. Nun aber müsse sich Wohlfahrt auf andere Bereiche konzentrieren - vor allem auf das Wohlbefinden seiner Bürger (Diener und Seligman 2004, S. 1). 195 In ähnlicher Weise hatten auch Frijters et al. (2012) eine Optimalsituation steuerlicher Transfers aus den Daten für Lebenszufriedenheit in Australien berechnet. 196 Dennoch haben auch Kahneman und Thaler (2006, S. 232) sowie Thaler und Sunstein (2009) den libertären Paternalismus in gewissen Fällen als sinnvoll identifiziert. Schubert (2012, S. 17) sah seine Aufgabe gar darin, die „nudge-based policies of libertarian paternalism" mit einer normativen Fundierung aus der Glücksforschung heraus zu versehen. 197 Für eine detaillierte und programmatische Darstellung vgl. Johns und Ormerod (2007, S. 15). Glückspolitik ist danach undemokratisch und führt zu („unattractive[...]") Paternalismus.

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160) betrachten es gar als die Erkenntnis der neueren Glücksforschung, diese „als ein normatives Konzept zu verwenden, mit dessen Hilfe sich ableiten lässt, wie die Dinge zu sein haben". 198 Der freiheitliche Charakter von Euthymia weist die Verantwortung für das Glück genau dorthin, wo Popper sie sieht: zum Individuum. Und dennoch habe ich zweierlei Einschränkungen anzufügen. 199 Für den Hungernden mag es reichen, ihm in seinem Leid zu helfen und Nahrung zu geben, für den Suizidgefährdeten reicht diese Perspektive aber nicht mehr aus. Der braucht Sinn und Hoffnung. Es kann also nicht nur um die Verringerung der Leiden gehen, das wäre auch für Depressive und Suizidgefahrdete zu wenig. Die brauchen mehr, brauchen das Positive. Diese Menschen ringen um das Gute {Seligman 2005, S. 15). Viel wichtiger sei, ganz im Sinne der positiven Psychologie, „Gemütszustände auf- und auszubauen, die das Leben lebenswert machen" (Seligman 2005, S. 11). Diesen Ansatz hat Seligman (2005, S. 24) „happyiology" oder „Hedonik" genannt. Diesem Ansinnen ist zuzustimmen, wenn auch der Bandbreite und Radikalität der modernen positiven Psychologie ob ihres etwas einseitigen Weltbildes Skepsis entgegenzusetzen ist. Zum zweiten wende ich gegen den Popperschzn Vorbehalt ein: Politische Empfehlungen sind nicht unmittelbar Vorschriften für das Individuum. Tatsächlich kann die Frage die sein: Ist es unter den Bedingungen der aktuellen gesellschaftlichen Situation überhaupt möglich, ein Leben im Sinne von Euthymia zu führen? Wie steht es mit den Verwirklichungschancen (Sen 1985, 1995)? Welche Bedingungen müssten gegeben sein, um glücklich zu leben? Damit werden weder Anreize beschrieben, die menschliches Handeln leiten sollen, noch werden hier Vorschriften gemacht. Es geht um die Möglichkeiten, die der Mensch braucht, um sich und sein Handeln zu entfalten. Und da ist Raum für Ratschläge an die Politik. Eine erste politische Empfehlung ist dabei so banal wie treffend: Ohne eine Ausstattung mit dem Notwendigsten kann ein Euthymia-gevechtes Leben schwerlich gefuhrt werden. 7.1.2. Grundgüter und ihre Bereitstellung Die Ergebnisse der empirischen happiness-Forschung zeigen es deutlich, beispielsweise in Bezug auf Deutschland: Wer arm ist, ist unzufriedener. Gerade für die unteren Einkommensschichten sind Einkommenszuwächse von besonderer Glücksrelevanz. Politik muss die Verwirklichungschancen wahren. Insofern muss eine glücksforderliche Politik die Rahmenbedingungen materieller Art schaffen, damit Menschen sich frei entwickeln können. Nun kann eine glücksförderliche Politik zweifelsfrei keine Gehälter erhöhen. Aber sie muss dort, wo Grundgüter nicht zur Verfügung stehen, für eine Be-

198

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Tatsächlich fuhren Weimann et cd. (2012, S. 161) als Grund dafür neben der „Unvergleichbarkeit" des Glücks an erster Stelle die „Einmaligkeit jedes Einzelnen" an. „Freiheit" (Weimann et al., S. 160) sehen sie nur in nachgelagerter Weise als Grund, gegen Glücksvorschriften des Staates Einspruch einzulegen. Für eine philosophische Betrachtung vgl. Griffin (1979, S. 55). Er hält alle Formen der „negative doctrine" (von „string" über „weak" bis „very weak") für philosophisch unplausibel.

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reitstellung sorgen. Gerade für ein glückliches Leben im Sinne von Euthymia ist Bildung existenziell. Der freie Zugang dazu ist ein entscheidendes Element. Dort, wo dieser Zugang also aus materiellen Gründen versperrt ist, müsste eine glücksfördernde Politik den Zugang frei machen. Die Analyse philosophischer Traditionen hat deutlich gemacht, dass sich ein frei entfaltendes Leben auf Basis materieller Notlage nur sehr schwer entwickeln kann. Euthymia realisiert sich dann, wenn der Mensch frei wählt. Tatsächlich ist die eigene Bereitstellung von Grundgütern (Rawls 2006) der glücksförderlichste Weg. Deshalb ist die Perspektive, zu eigener Lohnarbeit zu ermutigen, immer die wertvollste. Wo Politik Rahmen schaffen kann, dass Menschen Arbeit finden, ist es ein erster Schritt getan. 7.1.3. Bildung, Erkenntnis und Reflexion In der Formulierung der Euthymia-relevanten Punkte habe ich einen Schwerpunkt auf das Thema Reflexion gelegt. Aus der Frankfurtschea Darstellung wie aus der Frankischen Betrachtung geht bereits hervor, dass die Fähigkeit, zu sich selbst noch einmal Stellung nehmen zu können, Kennzeichen des Personseins ist. Leben glückt, wenn Menschen zu dieser Stellungnahme ermutigt und befähigt werden. Wie weit darf das in der Pädagogik gehen? Wo muss der Staat Offenheit wahren? Wo kann, darf, soll, muss er konkreter werden? Darf er Linien, Leitlinien und Maßstäbe in der Erziehung an die Hand geben? Die heutige bildungspolitische Diskussion proklamiert hier oftmals ein maximales Maß an Freiheit. Ich dagegen behaupte, dass sich Freiheit erst in Kenntnis der Wurzeln und in Reflexion der eigenen Bindungen vollumfänglich realisieren lässt. Von einem solchen Verständnis, das die Wurzeln des gesellschaftlichen Miteinanders wieder freilegt, hat sich die moderne Gesellschaft indes weit entfernt. Im Angesicht der Katastrophen zweier Weltkriege hat vor sechzig Jahren der Freistaat Bayern in seiner Verfassung konsterniert festgestellt, dass eine Gesellschaft ohne Gewissen, ohne Achtung vor der Würde des Menschen geradewegs in ein „Trümmerfeld" geführt hat (Freistaat Bayern 2012, Präambel). Angesichts dieser Situation haben sich die Verfassungsväter und -mütter in Artikel 131 auf ein gemeinsames Bildungsziel verständigt. „(1) Die Schulen sollen nicht nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden. (2) Oberste Bildungsziele sind Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft, Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewußtsein für Natur und Umwelt" 200

(Freistaat Bayern 2012, Artikel 131).201

200

201

Dass Natur und Umwelt einen besonderen Einfluss auf die Lebenszufriedenheit haben, konnten Nisbet et al. (2011) zeigen: Kognitive, affektive oder erfahrungsbezogene Verbindimg der Individuen zur Natur sowie das Bewusstsein der Verbundenheit des Menschen mit seiner natürlichen Umwelt sind von positivem Einfluss auf die Lebenszufriedenheit. Den (aus der heutigen Perspektive vielleicht etwas amüsanten) Absatz 4 nehme ich hier aus der Diskussion aus: „Die Mädchen und Buben sind außerdem in der Säuglingspflege, Kindererziehung und Hauswirtschaft besonders zu unterweisen" (Freistaat Bayern 2012, Artikel 131.4).

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Ein solches Bildungsideal wirkt heute reaktionär. Ich halte es für unabdingbar und glaube, dass hier eine Re-Orientierung an vergangenen Idealen nötig ist. Zweifelsohne sind die Voraussetzungen, unter denen dieser Artikel entstand, andere, als wir sie heute vorfinden. Die Gesellschaft hat sich in den sechzig Jahren radikal gewandelt. Nichtsdestotrotz sind die Forderungen aktueller denn je. Die politische Klasse und der Mainstream der Bildungstheorie haben sich von solchen Forderungen längst verabschiedet. Ich abstrahiere auch an dieser Stelle von der religiösen Prägung. Dabei hat das Dokument wenig mehr als anekdotische Bedeutung, es kann kaum als Begründung dienen. Dennoch sind die Forderungen aktueller denn je und treffender als sie kaum ausgedrückt werden könnten. Und dieser Katalog an Anforderungen trifft sich erstaunlich gut mit dem, was ich im vorigen Kapitel für das Glücksverständnis im Sinne einer Euthymia herausgestellt habe. Folgende Aspekte scheinen mir aus der Diskussion dieser Untersuchung wertvoll: Bildung bildet „Herz und Charakter", beschränkt sich also nicht nur auf Informationsweitergabe, sondern hat einen ganzheitlichen Auftrag. Für den Fall mexikanischer Schulen hat Cubas Barragän (2008) tatsächlich einen positiven Effekt einer expliziten Werteerziehung auf das well-being von Kindern feststellen können. Der Bildungsbegriff aus der Verfassung bezieht sich explizit auf Schulen. Ich sehe den Prozess der Bildung als ein lebenslanges Lernen. Die Orte dieses Lernens sind deshalb näher zu identifizieren. Neben dem klassischen schulischen Lernort zählen die kindliche FrühfÖrderung, die universitären und berufsspezifischen Bildungsangebote, aber auch die Fülle der privaten Weiterbildungsanbieter und staatliche wie private Weiterbildungsakademien dazu. Schließlich ist ein originärer Ort der Bildung auch das persönliche Umfeld, im Besonderen die Familie. Für diese Orte der Bildung hat eine Euthymia-orientieTte Politik den Rahmen und die Bedingungen zu schaffen, sofern es in ihrer Macht steht. Gerade die Ausstattung der Schulen und eine Lehrplananpassung sind natürlich vordringliches Anliegen. Gelegentlich ist an dieser Stelle die Einfuhrung des Unterrichtsfaches Glück gefordert worden. Erste Gehversuche dazu hat es dazu gegeben.202 Ich halte diesen Zugang für wertvoll, aber der Kern wird ein allgemeines gesellschaftliches Umdenken sein müssen. Die Konsequenzen für die Bildung sind: Bildung ist wertvoll. Fortbildung, auch in Unternehmen, ist zu ermöglichen. Den Menschen müssen der

202

Vgl. dazu Fritz-Schubert

(2012). Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (2014) be-

schreibt das Fach wie folgt: „Die frühzeitige Stärkung der Persönlichkeit durch Zuversicht, Vertrauen und Selbstvertrauen soll Schüler/innen ermutigen, Chancen zu erkennen und schwierige Lebensphasen zu meistern. Um Jugendliche auf das Leben vorzubereiten, sollten wir ihnen ermöglichen, sich aktiv und sinnvoll zu betätigen. Dazu ist das Unterrichtsfach ,Glück' hervorragend geeignet. Mit der Einführung des Faches ,Glück' soll nicht nur dazu beigetragen werden, die Macht des Optimismus als Weg zum Glück und Erfolg zu begreifen, sondern auch die in den Bildungsplänen geforderte Lebenskompetenz und Lebensfreude im Schulalltag zu realisieren. Im Fach , Glück' soll sich einmal unabhängig von den sonst üblichen intellektuellen und anthropogenen Voraussetzungen der Fokus auf den ganzen Menschen richten und ihn bei seiner Entwicklung maßgeblich unterstützen."

Glücksökonomische Konsequenzen

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Raum und die Zeit eingeräumt werden, sie müssen mit den Voraussetzungen ausgestattet und methodisch begleitet werden, zu sich und ihrem Leben bewusst Stellung nehmen zu können. Der massenhafte Wunsch nach Coaching ist ein Symptom dieser Sehnsucht. Menschen brauchen Bildung als Maßstab und Raum für Reflexion. Beides gehört nicht nur irgendwie, nicht nur akzidentiell, sondern essentiell und existenziell zum Menschsein. Zum zweiten muss Bildung rückgebunden sein an die Wertfragen des Lebens. Was zählt? Was gibt Sinn? Was eröffnet den Raum für Glück? Darin gehört auch, wie die Verfassung Bayerns sagt, das Wahre. Und in diesem Sinne ist die Form eines deontologischen Norm- und Glücksverständnisses als Option zu artikulieren. Und drittens muss das, was heute als Tugend verstanden wird, im Sinne einer Verantwortung (vgl. Kapitel 6.6.2) ein vordringliches Anliegen lebenslanger Bildung sein. Das kann nicht angeordnet werden, dafür ist aber eine philosophische Reflexion unabdingbar. Und die muss in Schule und außerschulischer Bildung geleistet werden. Das Gute gibt dem Leben Richtung (Mertens 2006, S. 139). Junge Menschen müssen zu diesem Ziel des verantwortungsvollen Lebens und des verantwortungsvollen Umgangs mit sich selbst, ihren Mitmenschen und der Umwelt inspiriert und ermutigt werden. Dem Deontologischen haftest etwas Festes an. Das Deontologische ist sozusagen konservativ im Sinne von bewahrend, weil es sich nicht an je neuen Zielen ausrichtet, sondern zunächst auf feste Pflichten (und im Zweifel Gesetze) zurückgreift. Und es behält dieses konservative Element gegen vielfältige Angriffe. Nun lässt sich indes nicht verschweigen, dass sich unter dem Deckmantel dieser Bewahrung auch manch Falsches bewahren lässt: manches, für das es eben nicht gute Gründe im Sinne der oben geführten Diskussion (Kapitel 4.3.3) gibt. Dort, wo es diese guten Gründe nicht gibt, ist Kritik nötig. Und deshalb braucht eine gelingende Konzeption von Euthymia ein gewichtiges, schlagkräftiges Potenzial an Kritik. Bildung muss zu dieser kritischen Fähigkeit ermutigen. Kritische Menschen, nicht depressiv oder kritiksüchtige, aber positiv-kritische Menschen sind im Zweifel die glücklicheren, weil sie Versprechen, in welche Richtung auch immer, an sich selbst messen und daraufhin prüfen, ob sie ihnen entsprechen. In diesem Sinne hat Hirata (2011, S. 24) der Glücksforschung eine „aufklärende Funktion" zugeschrieben. 7.1.4. Wider die Work-Life-Balance Der Dualismus von beruflicher und glücklicher Welt ist aufzuheben. Arbeit ist nicht nur numerisch Lebensschwerpunkt, sondern auch in seinen vielfältigen Funktionen für den Menschen selbst höchst relevant. In der und durch die Arbeit findet der Mensch Identifikation, Sinn und Lebensgrundlage. Arbeit ist entscheidender Faktor für Euthymia. Und eine Arbeit, die ausschließlich als Belastung verstanden und durch Freizeit aufzuwiegen ist, kann kaum dem Anspruch gerecht werden, Euthymia-iördemd zu sein. Der Philosoph Thomas Vasek hat das provokativ formuliert:

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„Das Gerede von Work-Life-Balance ist Bullshit - eine leere Formel, die uns suggerieren soll, dass das wahre, das gute Leben erst nach Feierabend beginnt. Work-Life-Balance ist Opium fürs Arbeitsvolk" (Vasek 2013).203 Dass die Gesellschaft deshalb allerdings mehr davon braucht, wie Vasek fordert, halte ich für den falschen Schluss. Nicht mehr Arbeit, sondern die richtige Arbeit. Die Argumente dafür gibt er richtigerweise an: gute Arbeit, die den Fähigkeiten der Menschen entspricht, die Entfaltung von Potenzialen, Herausforderungen, die die Menschen fordern - schlicht: Arbeit, die dem Menschen Sinn gibt und Identität zu stiften imstande ist {Vasek 2013). Das heißt auch, dass Menschen optimalerweise Verantwortung übernehmen in dem Maß, wie es ihnen möglich ist. Dazu sind neue Management-Kulturen wie „authentic leadership" (Gardner et al. 2011 sowie Kets de Vries 2009) oder „servant leadership" (Greenleaf (2010) sowie Blanchard 2010, Kapitel 12) hilfreich, die genau so ein Verständnis mitbringen: Dass Arbeit nicht in erster Linie Broterwerb ist, sondern Lebensinhalt, der mit Sinn und Identität einhergeht und der Selbstwert schafft. Wenn Arbeit um ihrer selbst willen dem Grundsatz nach gewählt wird, dann kann gelingendes Leben im Sinne von Euthymia entstehen. Tatsächlich hat es in den vergangenen Jahren erste Anläufe gegeben, Kompetenz auf dem Gebiet der happiness-Forschung beruflich zu nutzen. So ist beispielsweise der „Happiness Manager" (Singhi 2008) 204 als Beruf entstanden, der für eine glücksförderliche Arbeitsumgebung und ein ebensolches Klima verantwortlich ist. Ähnliche Ausschreibungen suchen beispielsweise eine/n „Feelgood-Manager/in" (Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation 2013). 205 Da ist im Wesentlichen von der Ver-

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Vgl. hierzu das Buch „Work-Life-Bullshit - warum die Trennung von Arbeit und Leben in die Irre fuhrt" (Vaiek 2013). Singhi (2008) beschreibt diese Tätigkeit so: „The Happiness Manager [THM, JL] is an individual who works towards creating a healthy and work friendly environment by focusing on Employee's Happiness. The Happiness Manager (THM) understands that a happy employee in return would deliver his/her best for the organization." Aufgaben des Happiness Managers sind: „Where Employee Relation is a sole HR role, THM will be a person the employee can share their grievances with by maintaining confidentiality. / THM will focus on building trust amongst employees where the employees hesitate sharing with the Employee Relations HR, as it can have a negative effect on their performance evaluation. / THM will not wait for the employee to approach but in turn approach the employee personally. / THM will have a personality to match the designation that will help in positive approach to resolve problems. / THM will create a balance between the employer and the employee, by sharing the organisation's point of view about tackling every problematic situation. / THM will create a happy, positive and work friendly environment for the Employees, abiding the rules and regulations of the Organisation. / THM will also ensure that the employees are being heard, understood and listened to. / THM will help in Employee engagement and work on retention and happiness of the employees. / THM will also hold happiness sessions. / THM will deal with Employee's problems when they occur, and manage employee relationships to achieve a happy and productive growth across the organization. / THM will work with the HR team to review employee's feedback and implement any required change" (Singhi 2008). Als Aufgaben werden hier gesehen: "Systematisches Feelgood-Management aufbauen bzw. weiterentwickeln auf der Basis von Leitbildern, Werten und Unternehmenskultur / Offene und transparente Kommunikationskanäle schaffen bzw. weiterentwickeln / Feelgood-Kultur etablieren und weiterentwickeln: systematische Analyse von Mitarbeiterbedürfhissen, Feed-

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besserung der Arbeitsumstände die Rede. Wohin es meiner Ansicht nach gehen muss: ein Konzept, das die Menschen ernst- und wahrnimmt; Hierarchie, die Menschen bindet, aber gleichzeitig zur Entfaltung bringt; Führung, die den Menschen in seinen Kompetenzen, Stärken und Fähigkeiten unterstützt - eingebunden immer in eine Arbeitswelt, die zweifelsohne auch ihre eigenen Regeln hat und notwendigerweise einen Blick auf das Ergebnis haben muss. Wenn allerdings Menschen ihre Tätigkeit wählen, weil es ihre Tätigkeit ist, wenn sie wählen, um es etwas bedeutungsvoller zu sagen, was sie sind, dann wird Arbeit auf neue Weise glücksfordernd sein. 7.1.5. Förderung von Ehrenamt und Freiwilligenarbeit Wir sehen aus Empirie und theoretisch-philosophischer Fundierung, wie bedeutsam freiwilliges, ehrenamtliches und uneigennütziges Engagement für das Glück der Menschen ist. Gerade so freiwillig gewähltes Engagement ermöglicht es Individuen, noch mehr als in der beruflichen Tätigkeit, ein Feld zu wählen, das ihnen entspricht und in dem sie sich entfalten können. Binswanger (2009, S. 198 f.) hat eine ganze Reihe von Vorschlägen in diese Richtung gemacht, darunter Tätigkeiten in sozialen Organisationen, Engagement in Gruppen und Vereinen oder uneigennützige Einsätze für alte oder kranke Menschen. 206 Hier kann ehrenamtliches Engagement gestärkt werden. Die Vor-

back- und Fehlerkultur, etc. / Optimale, stressfreie Arbeitsumgebung schaffen: Treffpunkte und Austauschmöglichkeiten, störungsfreies Arbeitsumfeld etc. / Nachhaltige FeelgoodStrukturen etablieren: Freiwillige, selbstorganisierende Kümmerer-Teams aufbauen und weiterentwickeln / Lernangebote etablieren: Konfliktmanagement, Feedbackkultur, selbstorganisierende Teamstrukturen, Retrospektiven, Coaching u.ä." (Fraunhofer Institut flir Arbeitswirtschaft und Organisation 2013). 206

„Vormundschaftswesen / Fürsorge Unterstützungsleistungen für Menschen, welche im Sinne des Vormundschaftsrechts oder der Invalidenversicherung auf Hilfe angewiesen sind; Hilfsdienste zur Unterstützung von Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen; Kontaktpflege mit einsamen Menschen in Spitälern, in Heimen, am Wohnort; Mithilfe im Strafvollzug; Begleitung und Unterstützung von armutsbedrohten Menschen; Assistenzhilfen für Menschen mit Behinderungen. Familienbereich, pflegerischer Bereich, Altersbetreuung Hausdienste; Hilfsdienste in der Alters- und Krankenpflege; Transportdienste, Begleitdienste; Hilfsdienste für alleinstehende Menschen. Öffentliche Sicherheit Hilfsdienste bei der Sicherung von öffentlichen Plätzen, Bahnhöfen, Tiefgaragen, Schularealen, Sportplätzen, Museen, Ausstellungen etc. Umweltschutz Unterstützung der Tätigkeiten von Natur- und Umweltschutzorganisationen; Mithilfe bei Sanierungsaktionen, Arbeiten im Bereich Renaturierung; Behebung von Naturschäden; Hilfsarbeiten in der Forschung über ökologische Zusammenhänge. Landwirtschaft Allgemeine Landdienste; Berglandwirtschaft; Landfrauenhilfe; Hilfe im ökologischen Landbau. Sport Unterstützung von sportlichen Aktivitäten; Hilfseinsätze im Rahmen von Jugend und Sport; Hilfseinsätze im Seniorensport. Ausländerintegration Sprachkurse; Kurse über politische Institutionen und Geschichte; Begegnungszirkel; Unterstützung in der praktischen Lebensbewältigung. Bildungs- und Erziehungsbereich Unterstützung von Lehrkräften durch Assistenten und Assistentinnen; Hilfsdienste an Tagesschulen; Mithilfe bei der Betreuung von Kleinkindern in Kinderkrippen und Kinderhorten; Unterstützung von Lehrkräften und Erzieherinnen in heilpädagogischen Sonderschulen; Mithilfe bei der Ausbildung von Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten, welche, gestützt auf ein Berufsbildungsgesetz, einen Anspruch auf individuelle Unterstützung geltend machen können; Förderung jugendlicher Ausländer und Ausländerinnen mit mangelhaften Deutschkenntnissen; Integrationshilfe; Mithilfe bei der beruflichen Ausbildung jugendlicher Ausländer im Rahmen von Rückführungsprogrammen; Unterstützung von Spiel und Theater an Schulen und in Heimen; Erziehungshilfen und Unterstützungsdienste flir überforderte Eltern; Mithilfe bei der Moderation

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Schläge gehen in die richtige Richtung. Zweifellos könnte man - für den Fall, dass die Idee der Euthymia-Theorie getragen wird - auch im sozialen Engagement (in paternalistischer Linie) das Freiwillige Soziale Jahr verpflichten. Ein solcher Weg wäre indes kaum glücksförderlich, weil Engagement erst dann Euthymia-relevant sein kann, wenn Menschen sich frei dafür entscheiden. Darin aber dürfen sie nicht behindert werden. Erst wenn politisches, kirchliches, soziales Engagement möglich ist, ohne unmittelbare Repressalien des Arbeitgebers zu fürchten, stehen auch jedem diese Chancen wirklich offen. Wo eine Gesellschaft den Familien und der Gemeinschaft beispielsweise den freien Sonntag raubt, ist Einhalt geboten - im Sinne der Wohlfahrt und im Sinne von Euthymia. 7.1.6. Glücksökonomische Wachstumskritik "Schon der Titel dieses Buches ,Wohlstand für Alle' ist voller Problematik, denn es entspricht beileibe nicht meiner Überzeugung, daß selbst mit der Erreichung dieses Ziels dem deutschen Menschen auch schon Glück und Zufriedenheit beschert wären und Wohlstand für Alle ausreichen könnte, um die gesellschaftliche Harmonie zu verbürgen." Ludwig Erhard (1964, S. 330) Der letzte Schritt der Empfehlungen ist wirtschaftspolitischer Natur. Es geht um das Wachstum. Der amerikanische Politiker Kenneth Boulding hat es auf amüsante Weise ausgedrückt: „Anyone who believes exponential growth can go on forever in a finite world is either a madman or an economist" (zitiert nach United States Congress 1973, S. 248). Der Schritt dieses Kapitels will zweierlei: Zum einen ist er, gewachsen aus den wissenschaftstheoretischen Untersuchungen des Kapitels 3.2.2 kritische Rückfrage: Kann Ökonomie nur wachsend gedacht werden? Zum anderen ist er Warnung: Wirtschaftliches Wachstum erhöht vielleicht Wohlstand in einer sehr engen Definition, wirtschaftliches Wachstum führt aber nicht notwendig zu höherem Wohlbefinden im Sinne von Euthymia. Ludwig Erhard hat vor etwa fünfzig Jahren mit Recht auf die Frage des Wachstums hingewiesen und dabei das Thema Wohlstand angesprochen. Dieser hatte bei ihm eine wesentlich weitere Bedeutung, als das in der heutigen Wohlfahrtsökonomik und den dazugehörigen staatlichen Berechnungen der Fall ist. „Wir werden sogar mit Sicherheit dahin gelangen, daß zu Recht die Frage gestellt wird, ob es noch immer richtig und nützlich ist, mehr Güter, mehr materiellen Wohlstand zu erzeugen, oder ob es nicht sinnvoller ist, unter Verzichtleistung auf diesen ,Fortschritt' mehr Freizeit, mehr Besinnung, mehr Muße und mehr Erholung zu gewinnen. Hier ist dann aber nicht mehr nur der Wirtschaftsminister, sondern in gleicher Weise der Theologe, der Soziologe und der Politiker angesprochen" (Erhard 1964, S. 23 3).207

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von Selbsthilfegruppen. Jugendarbeit Unterstützungsdienste für Jugendtreffen, Jugendlager, Jugendprojekte, Jugendparlamente, Jugendzentren, für kulturelle Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen etc. Entwicklungszusammenarbeit Unterstützung der Einsätze im Rahmen bestehender staatlicher und privater Organisationen" (Binswanger 2009, S. 198-199). Eine besonders treffende Analyse der Qualität des öffentlich-rechtlichen Fernsehens hat Erhard schon damals geliefert: "Der Verkauf des zweiten oder dritten Fernsehers schlägt sich positiv in den Ziffern des Bruttosozialproduktes nieder. Aber verbessert sich beim zweiten

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Die Entwicklung seither hat eine grundsätzlich andere Richtung eingeschlagen. Und das obwohl es an mahnenden Stimmen, wie beispielsweise der des Club of Rome 208 nicht gefehlt hatte. Dieser hatte schon früh gemahnt, Konsum zu reduzieren. Zweifellos war diese Kritik aber auch deshalb gescheitert, weil ökonomische Zusammenhange oft mechanistisch verstanden wurden. Dass aber technologischer Fortschritt tatsächlich auch ein Mehr schaffen kann und nicht notwendig zu einem Weniger auf einer anderen Seite fuhren muss, haben viele Wachstumskritiker übersehen. Notwendig kann deshalb eine Glückstheorie, die sich an die Grundlagen wagt, nicht ohne einen Blick auf einen zentralen Gedanken der ökonomischen Theorie auskommen. In der Konjunktur- und Wirtschaftspolitik findet - grob gesagt - das Axiom der Maximierung seinen Widerhall im ungebremsten Rufen nach Wachstum. Politik aller Parteien rufen ohne Unterlass nach Wachstum (Miegel 2010, S. 12). Wachstum hat IdeologieStatus in einem metaphysisch-religiösen Sinne {Miegel 2010, S. 56). Die Frage nach dem Warum und nach dem Wozu wird dabei fahrlässig ausgeblendet. Wachstum ist Selbstzweck geworden (Miegel 2010, S. 56): Drei ist nicht nur mehr als zwei, sondern auch besser. Wachstum allein kann und darf meines Erachtens kein Ziel sein. Insofern muss Wachstum immer an einem übergeordneten Ziel geprüft werden. Euthymia ist ein solcher Maßstab. Was kann also Wachstum leisten, um die Chancen der Menschen auf Euthymia zu erhöhen? Gesehen hat diesen kritischen Punkt auch Wolfgang Schäuble, ohne dass eine Auswirkung dieser Einsicht auf sein Handeln unmittelbar auffallig wäre: „Das gegenwärtige Weltwirtschaftssystem ist an beiden Enden verbesserungsfähig: Es enthält zu vielen Menschen das vor, was sie wirklich brauchen, und gleichzeitig nährt es ein unbegrenztes und ungebremstes Begehren, das auch angesichts von Reichtum und Überfluss noch anhält. So sehr wir uns für die Beseitigung des Hungers überall in der Welt einsetzen müssen, so sehr sollten wir uns andererseits in unseren eigenen westlichen Ländern für eine Begrenzung des Wirtschaftswachstums einsetzen" (Schäuble 2011). Er konstatiert ein „gewisses Maß an Saturiertheit" und liegt damit vollkommen richtig. Die Glücksforschung kann hier weiterhelfen. Sie hat deutlich gesehen, dass ein Immer-Mehr nicht zu mehr Lebenszufriedenheit führt (Wallacher 2011, S. 179). Paech (2012) hat die heutige Situation als „Konsumverstopfung" bezeichnet und in seinem Buch „Befreiung vom Überfluss: Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie" vor einem Immer-Mehr und Immer-weiter eindringlich gewarnt. Die Wachstumskritik erreicht heute mehr als die klassischen Orte in Verbänden wie attac: Binswanger und Paech sind wissenschaftliche Beispiel dafür. Die Idee des Wachstums entstammt aus dem Bereich der Natur. Nun hat die Idee des Naturrechts nicht zum Inhalt, alle möglichen Prozesse an die Natur zu binden. Eines scheint mir aber doch hilfreich. Was ist der Kontext der Idee Wachstum? Welche Lehren gibt uns ihr natürlich-biologischer Umgebungsraum? Wachstum in biologischnaturwissenschaftlicher Sicht (bei Pflanzen und Tieren) hat immer etwas mit Reifen zu

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und dritten Kauf auch die Vitalsituation des Käufers, wenn er sich weiter darüber ärgert, die Alltagskost der öffentlichen Fernsehanstalten bundesrepublikanischer Provenienz konsumieren zu müssen" (Erhard und Muller-Armack 1972, S. 148). Vgl. dazu Meadows 1972.

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tun. Nach der Reife kommt Verfall. Ganz objektiv spricht der Pferdeliebhaber vom besten Lebensalter, von der Blüte, von der Reife. Diese Illustration kann zum Denken anregen, das Suchen nach Analogien befördern oder erzählerischer Kontext einer Botschaft sein. Im Kern ist der Mensch aber Teil dieser Natur, wenn er sich auch vielmals aus ihr abhebt und sich über sie hinaushebt. Er ist Teil dieser Natur und also solcher immer gut beraten, sie selbst als Lehrmeister ernst zu nehmen. Insofern trägt der Mensch die Beweislast: Warum, so muss er begründen, soll Wachstum im Gegensatz zum allgemeinen natürlichen Vorgang des Wachsens unbegrenzt sein? Ich hege Sympathien für einen Gegenentwurf. Es gibt ein gutes Maß - biologisch gesprochen: Wachstum kennt eine Reife. Und damit ist der Mensch je individuell wie gesamtgesellschaftlich aufgefordert, das Maß seines Wachsens, seine Reife zu bestimmen: „Wenn man aber einsieht, dass das Ziel eines unendlichen wirtschaftlichen Wachstums eine Illusion ist, weil die Welt endlich ist und daher die Gefährdungen zunehmen, je mehr man sich dieser Illusion ausliefert, dann muss die Mäßigung selbst zum Ziel werden. Vorwärts zur Mäßigung heißt dann mehr, als nur langsamer voranzuschreiten. Es heißt, Perspektiven zu gewinnen fur eine nachhaltige Wirtschaftsweise" (Binswanger 2009, S. 7-8). Mahnend hat sich in diesem Kontext auch John Maynard Keynes geäußert. In seinem weithin bekannten Werk „Economic possibilities for our Grandchildren" (1963) nimmt er eine kühne Zukunftsprophetie vor. Den ökonomischen Fortschritt nur im 19. Jahrhundert zu sehen, hält er für eine Fehleinschätzung: „We are suffering, not from the rheumatics of old age, but from the growing-pains of over-rapid changes, from the painfulness of readjustment between one economic period and another" (Keynes 1963 [1930], S. 358). Dabei schaut er auf die Entwicklungen in Großbritannien und fragt sich, was in hundert Jahren die Möglichkeiten der Jugend sein werden (Keynes 1963 [1930], S. 360). Von Beginn der Geschichte an (etwa 2000 v. Chr.) bis Anfang des 18. Jahrhunderts habe es keine großen Wechsel im Fortschritt gegeben. Wegen mangelnder Technik und mangelnder Kapital-Akkumulation sei es zu gelegentlichen Auf- und Abbewegungen, nicht aber zu radikalen Wechseln gekommen {Keynes 1963 [1930], S. 360). Keynes vermutet, dass das ökonomische Niveau in Ländern vielfach steigen wird, dennoch hält er menschliche Bedürfnisse für kaum zu befriedigen. Er wagt eine Zukunftsprognose, in der die Arbeit als Einkommenserwerb nicht mehr den Stellenwert haben wird, wie noch zu seiner Zeit. Ähnliches gelte für Geld: „The love of money as a possession - as distinguished from the love of money as a means to the enjoyments and realities of life - will be recognised for what it is, a somewhat disgusting morbidity, one of those semicriminal, semi-pathological propensities which one hands over with a shudder to the specialists in mental disease" (Keynes 1963 [1930], S. 369). Darauf formuliert er seine Zukunftsvision: „I see us free, therefore, to return to some of the most sure and certain principles of religion and traditional virtue-that avarice is a vice, that the exaction of usury is a misdemeanour, and the love of money is detestable, that those walk most truly in the paths of virtue and sane wisdom who take least thought for the morrow. We shall once more value ends above means and prefer the good to the useful. We shall honour those who can teach

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us how to pluck the hour and the day virtuously and well, the delightful people who are capable of taking direct enjoyment in things, the lilies of the field who toil not, neither do they spin" (Keynes 1963 [1930], S. 371-372). Eine glückliche Gesellschaft verwirklicht die Ideen von Freiheit, Maß und Mitte, wie Röpke (1979, S. 255) meint. Das Maß ist dabei keine abstrakte Idee, sondern lässt sich aus dem Wesen des Menschen und aus dem Wesen der Gesellschaft ableiten (Röpke 1979, S. 7).

7.2. Konsequenzen für die Glücksforschung Wenn das Konzept Euthymia tatsächlich neue Akzente in der Glücksforschung setzt, dann ist es notwendig, dass es auch eine Auswirkung auf die Struktur empirischer happwess-Forschung geben muss. Meines Erachtens sind die Folgen zweierlei: Zum einen muss ein Wandel eintreten in der Art der Forschung: Die Negierung metaphysischer Theorie ist abzulehnen. Zum zweiten ist in der Methodik der Messung eine breitere, ganzheitlichere Perspektive einzunehmen. Empirische Forschung schafft wirklichen Mehrwert, gibt der Forschung, wie Wallacher (2011, S. 32) meint, eine „neue Brille". Empirische Notiz der menschlichen Wahrnehmungen ist Ausgangs- Flucht,- und Orientierungspunkt der Forschung. Eine Theorie, die diese Praxis ignorierte, fiele in sich zusammen, wenn sie sich auch zweifelllos nicht an der Praxis ausrichten kann. Als weitere Herausforderungen haben Frey und Stutzer (2002b, S. 430) die Untersuchung der Effekte von Glück auf Verhalten sowie die Anwendung der Glücksforschung auf weitere Gebiete wie die Diskriminierung von Frauen oder Wachstum, die Entwicklung fortgeschrittener Methoden sowie die Verfeinerung der Messungen gesehen. Schon der Ökonom Pigou (1877-1959) hatte im Jahre 1920 auf ein Problem der Messung des Wohlstandes hingewiesen. Ökonomische Wohlfahrt sei nur ein Teil der Gesamtwohlfahrt. So führe eine Änderung der ökonomischen Wohlfahrt auch nicht notwendig zu einer Steigerung oder Senkung der allgemeinen Wohlfahrt. ,,[E]conomic welfare will not serve for a barometer or index of total welfare" (Pigou 1920, S. I.I.6). Pigou spricht hier erstmalig von „quality of life". So könne auch Einkommenserzielung durch Arbeit nicht einfach in der Höhe des erzielten Einkommens gewertet werden: Das Arbeitsumfeld (landwirtschaftlich, künstlerisch, unabhängig, ...) habe eine Auswirkung auf die Lebensqualität (Pigou 1920, S. I.I.9). Dieser frühe Einwand Pigous ist Ende des zwanzigsten Jahrhunderts verhallt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gilt unangefochten als Wohlfahrts- und Wohlstandsindikator (Frey und Stutzer 2009a, S. 2). Die Väter der Sozialen Marktwirtschaft indes hatten nie gewagt, so eingeengt zu denken, was sich beispielsweise in Erhards Aufsätzen deutlich wiederfindet: „Es ist ökonomisch höchst naiv, die Meßziffer für das Wirtschaftswachstum, die reale Veränderungsrate des Bruttosozialproduktes, in irgendeiner Weise mit der Vorstellung zusammenzubringen, daß die ,kollektive Wohlfahrt' gesteigert werde" (Erhard und Müller·Armack 1972, S. 147). Die Entwicklung der Ökonomik hat dennoch eine andere Richtung eingeschlagen. Das BIP selbst ist die Darstellung des Tauschverhaltens zwischen Bürgern. Es ist vor allem deshalb wertvoll, weil es die individuellen Wertungen der Menschen durch Preise

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zum Ausdruck bringt und relativ leicht ermittelbar ist. Die Glücksforschung hat dieser Fokussierung auf dieses alleinige Maß erstmalig einen herben Schlag versetzt. Das BIP, so muss man mit vielen konstatieren, erfasst das Wohlergehen der Menschen nur mangelhaft {Köcher und Raffelhüschen 2011, S. 9). Neue Initiativen hat es deshalb in verschiedenen Ländern gegeben: Paradigmatisch steht für eine neue Form der Wohlfahrtsmessung sicherlich Bhutan (Pfaff 2Q\\). Doch auch in Deutschland und Frankreich (Stiglitz et al. 2014) genauso wie in Großbritannien („securing the future") sind Initiativen entstanden (Dolan et al. 2006, S. 7). Frankreich hatte sich in einer Kommission unter Beteiligung von Stiglitz und Sen dem Indikator zugewandt (Stiglitz et al. 2014). Sie haben sich auf Kriterien geeinigt, die als Determinanten des Glücks der Menschen dienen können (Bernau 2011, S. 39). In Deutschland entstand die Enquete-Kommission des Bundetages „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" (Deutscher Bundestag 2013 sowie Kroll und Meditz 2009). In der Schweiz ist das Bruttoinlandsprodukt mit zusätzlichen Informationen aus den Bereichen Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft ergänzt worden. Auch in Kanada und Australien hat es Initiativen gegeben (Frey und Stutzer 2012, S. 666). Die Zielrichtung solcher Indices muss dennoch klar sein. Sind sie zu vage und weit formuliert, sind sie nicht messbar. Sind sie zu eng, liegen sie vermutlich nahe am BIP, dessen Präzision nicht unterschätzt werden darf. So hatte Bernau (2011, S. 39)vorgeschlagen, das BIP schlicht um Arbeitslosigkeit zu erweitern. In der Lebenszufriedenheitsforschung sowie im Bereich Quality of Life sind zudem weitere Indices auf wissenschaftlicher Seite entstanden. 209 Dazu zählt der International Wellbeing Index (International Wellbeing Group 2001). Diener und Seligman (2004, S. I)210 möchten Wohlfahrt an den Faktoren well-being, Sozialkapital, Qualität der demokratischen Regierung und Menschenrechte ausrichten.211 Zu einem ausgefeilten Projekt ist es auch bei der New Economic Foundation gekommen. Der „Happy Planet Index" (Murphy 2012) misst Glück, Lebenserwartung und ökologischen Fußabdruck der einzelnen Nationen. Costa Rica liegt dabei auf Platz 1, Deutschland nur auf Rang 46. Die Aussagekraft solcher Indices ist dennoch durchaus beschränkt. In ihrer Konstruktion liegt das Ergebnis präjudiziell. Verschiedentlich ist das Glücksmaß darüber hinaus vorgetragen worden, um Kollektivgüter zu bewerten oder externe Effekte monetär messbar zu machen. Dafür werden dann die Lebenszufriedenheitswerte im Umfeld beispielsweise eines Flughafenbaus mit oder ohne den Flughafen ex ante ermittelt (Praag und Baarsma 2005, S. 224 sowie Di Telia und MacCulloch 2006, S. 35). Die Differenz der Lebenszufriedenheit wäre auch 209 210

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Für eine tiefer gehende Diskussion vgl. Brülde 2010. Sie messen zwei Dimensionen des well-being. Die persönliche Seite ist abgebildet durch „standard of living, personal health, life achievement, personal relationships, personal safety, community connections, future security, spirituality, religion"; die nationale Seite wird durch Fragen nach der Zufriedenheit mit „economic situation, natural environment, social conditions, government, business, national security" abgebildet (Davey und Rato 2012, S. 335). Außerdem seien nachfolgende Punkte für die Wohlfahrt von hoher Relevanz und in einen vollständigen Index zu integrieren: „positive and negative emotions, engagement, purpose and meaning, optimism and trust" (Diener und Seligman 2004, S. 1).

Schluss

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in Einkommensgrößen analog ausdrückbar. Und so lassen sich negative externe Effekte im Umweltbereich und anderswo quantifizieren und taugen womöglich auch für juristische Bewertungen 212 , um Schadenersatz monetär ausdrücken zu können. Schattenpreise stehen dann für Kompensationen als Maß zur Verfugung. 213 Einen Versuch in diese Richtung haben Gandelman et al. (2012) vorgenommen und eine Wertung für beispielsweise Straßenbeleuchtung, Bürgersteige, Begrünung, Luftverschmutzung oder Geräuschemission für möglich gehalten. Vorsicht ist bei diesem Unterfangen vor allem deshalb geboten, weil die Verzerrungen in der Angabe der konkreten Werte (Lebenszufriedenheit, ...) kaum analytisch erfassbar sind und, weil infrastrukturelle Maßnahmen beispielsweise positive externe Effekte haben, die in einem viel größeren Rahmen abzubilden wären. Dass aber das Glücksmaß von Bedeutung ist, scheint mir unzweifelhaft. Und dennoch muss sich die Messung der nationalen Wohlfahrt in den vorgetragenen Weisen weiten. Leistungen privater Haushalte sowie Freiwilligenarbeit sind wichtige Indikatoren einer gesellschaftlichen Wohlfahrt im Sinne von Euthymia. Soziale Indikatoren wie Bildung und Gesundheit müssen einfließen wie auch die Umweltbedingungen. Schließlich aber müssen darüber hinaus auch die Euthymia-relevanten Faktoren Berücksichtigung finden. Dazu zählen, zusätzlich zu den vorgenannten Erweiterungen: Sinn und Gesetz. Diese sind auch in der aktuellen Betrachtung der Ökonomen weltweit unterrepräsentiert. Ein solches Unterfangen löst aber zweifelsfrei das BIP als Maß nicht ab.

8. Schluss „Daß ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält." Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), (1808, S. 34) Diese Arbeit ist in vier Schritten dem Glück nachgegangen: Zunächst galt es, die Ergebnisse der empirischen Forschung zur Kenntnis zu nehmen (Kapitel 2), sie zu problematisieren und systematisch einzuordnen (Kapitel 2.4.2). Dass hedonistische und eudaimonistische Aspekte sich in einer konsistenten Glückstheorie ergänzen, war bereits hier deutlich geworden (Kapitel 2.7). Euthymia ist daraus als integraler Glücksbegriff erwachsen: Glück ist Wertung des Lebens, Glück ist Zufall(en), und Glück kristallisiert sich in Momenten (Kapitel 2.8). Der zweite Schritt (Kapitel 3) untersuchte die wissenschaftstheoretischen Grundlagen der ökonomischen Glücksforschung. Kernpunkt dieses Kapitels (3.3.1) ist die Erkenntnis, dass Glück und Nutzen zwei unterschiedlich gelagerte Konzepte sind - dies gilt sowohl von ihrem Inhalt her als auch von ihrer inhärenten Struktur: Lässt sich Nutzen in konsequentialistischer Weise darstellen, so gelingt das meines Erachtens beim Glück nicht problemlos.

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Nach Berg und Ferrer-i-Carbonell (2007) könnten solche Bewertungen auch für Pflegeleistungen (innerhalb und außerhalb der Familie) angewandt werden. So gäbe es ein monetäres Äquivalent zu den erbrachten Leistungen. So haben beispielsweise Blanchflower und Oswald (2004b, S. 1359) eine Ehe (im Unterschied zum Witwendasein) mit etwa 100.000 $ pro Jahr bewertet.

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Aus der genannten Problematik erwuchs die Notwendigkeit, in einem dritten Schritt (Kapitel 4) die Grundannahmen deutlich zu formulieren: Für die Glückskonzeption mit dem Glücksbegriff Euthymia ist dies eine Theorie des Guten - und zwar in deontologischer Form (Kapitel 4.2.3). Glück hat gute Gründe, und diese liegen im guten Handeln. Die Theorie praktischer Rationalität füllte und ergänzte der vierte Schritt psychologisch (Kapitel 5): Glück ist Sinn und Wertung. Hier wurden zudem die Erkenntnisse aus den ökonomischen Theorien (Kapitel 5.3.7) aufgegriffen: Die Theorie multipler Präferenzen und die Ökonomik der Versuchung geben wertvolle Hinweise auf intrapersonelle Dilemmata. In analoger Form stellt sich das Glück dar: Es ergibt sich nicht aus dem heraus, wozu der Mensch unreflektiert neigt. Erst da, wo der Mensch seine eigenen Wünsche selbst noch einmal an einem Maßstab (der deontologischen Theorie des Guten) misst (Kapitel 5.3.4 sowie 5.4.4), ergibt sich Glück. Die Arbeit zeigt somit einen (möglichen) konsistenten Weg einer theoretischen Fundierung des Glücksbegriffes. Dabei ist ein Begriff nicht mehr als das, was man in ihn „hineinlegt". Begriffe und Definitionen erhöhen keine Erkenntnis. Insofern ist das, was ich in Kapitel 6 unter dem konzeptionellen Begriff der Euthymia subsumiere, zunächst nur ein heuristischer Ansatz, der aus einer stringenten Argumentation gewonnen wurde. Das aber ist neu: diesen Weg der Argumentation transparent und bewusst zu wählen und damit der Ökonomik die Moral vorzustellen: nicht als Anhängsel oder als im Rationalverhaltensmodell schon enthalten, sondern als explizite eigene Rationalität {reasonable) (Kapitel 4.5). Die These dieser Arbeit lautet daher: Nutzen ist ungleich Glück. Glück ist erst aus einer Kenntnis der normativen Lebensgrundlagen des Menschen erkennbar und erst aus einer bewussten Wahl dieser Regeln, Ansprüche und Pflichten erfahrbar (Kapitel 6.1). Wenn also die Volkswirtschaftslehre insgesamt sich dem Wohl der Menschen, ihrem Glück oder ihrer „Vitalsituation" (Erhard und MüllerArmack 1972, S. 148) verpflichtet wissen will, dann darf sie die Theorie des Guten nicht aus ihren Konzeptionen auslassen. Glücksökonomik ist an Prinzipien eines guten moralischen Lebens gebunden (Kapitel 6.5.1 sowie 6.5.2): „Glückseligkeit nennen es die Menge und die feineren Köpfe, und dabei gilt ihnen Gut-Leben und Sich-gut-Gehaben mit Glückselig-Sein als eins" (Aristoteles 1995 [o.J], S. 4). Neu zur Sprache zu bringen, was tatsächlich einen Einfluss auf das Glück hat, ist die Möglichkeit dieser Arbeit: freie und bewusste Wahl der moralischen Tat um ihrer selbst willen und nicht um eines anderen Zweckes willen. Darin aber liegt gleichzeitig auch die Grenze einer deontologisch-theoretischen Fundierung der economics of happiness : Eine funktionale Darstellung mit dem Glück als abhängiger Variable ist kaum zu konstruieren. Das Glück entzieht sich gleichsam seiner direkten und unmittelbaren formalen Bestimmung. Den Ausweg weist eine Darstellung, die deontologische Elemente in die Funktion einbaut - damit ist jedoch eine Maximierung der Funktion im Grunde ausgeschlossen. Das Glück lässt sich nicht in der aus der Standardökonomik bekannten Art maximieren (Kapitel 6.7). Das Glück lebt von Voraussetzungen, die um ihrer selbst willen in einem richtigen (und nicht maximalen) Maß gewählt werden müssen. Die konsequentialistische Fassung der Glücksökonomik scheitert aber an diesem Punkt gleichermaßen, weil sie Konsequenzen darstellt, die es faktisch (und glücksphilosophisch) nicht geben kann.

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Die Glücksfrage verbleibt damit nicht im subjektiven Erfiillungsgedanken einer individualistischen Aristoteles-Rezeption, sondern nimmt Aristoteles auf neue Art und Weise in Anspruch (4.3.2) und bringt den kategorischen Imperativ Kants ins Spiel (Kapitel 4.2.3.3). Glück hat so mit der unbedingten Verpflichtung zu gutem Handeln zu tun, die hier Verantwortung genannt wird. Um diesen Anspruch motivational zu sichern, gehört zum Konzept Euthymia das, was Frankl als Sinn bezeichnet hat. Glück ist nicht ohne meaning zu denken: Glück ist nicht Abfolge oder maximiertes Ergebnis, sondern übergeordnete Lebensperspektive, die Sinn macht (Kapitel 5.4.2). Schließlich hat dieser Ansatz Auswirkungen. Die empirische Forschung muss Ergebnisse viel stärker als bisher verorten: Dass Arbeitslosigkeit einen negativen Einfluss auf Glück hat, liegt nicht in der Arbeitslosigkeit selbst begründet. Die Gründe sind vielfaltiger Art: Menschen fühlen sich nicht mehr gebraucht, und sie können sich nicht entfalten. Menschen können nicht mehr ihrer Pflicht nachkommen: einen Beitrag fur die Gesellschaft und für ihre eigene Familie zu leisten (Kapitel 6.5.2). In aller Vorsicht gilt auch: Es kann in dieser Konzeption von Euthymia objektive Maßstäbe glücksforderlichen Verhaltens geben (Kapitel 4.4.3). Insofern darf die Gesellschaft wieder den Mut haben, einen Konsens darüber zu suchen. Dieser Konsens liegt nicht im Maximum des Konsums, sondern im Maß (Kapitel 6.5.8). Für die Gesellschaft heißt dies auch Pflicht, Mäßigung und Verzicht. Gewisse Handlungen sind ethisch gesehen schlecht. Und als schlechte Handlungen stehen sie dem Glück im Weg (Kapitel 6.5.1). Die Gesellschaft muss einen Zugang zu einem solch objektiven Verständnis dessen finden, was gut ist. Wer diesen Zugang als nur subjektiv möglich tabuisiert, vergreift sich am Glück der Gesellschaft, denn ein solcher Zugang ist möglich. Es gibt „gute Gründe" (Kapitel 4.3.3) für das Gute. Wer nun mit der Brille des Konzeptes Euthymia auf die Paradoxa der Glücksökonomik schaut, kann einen neuen Blick gewinnen. Dazu wurden hier drei Bereiche aufgegriffen: das Problem des relative income (Kapitel 2.4.2.2 sowie 2.5.2), der Zusammenhang von Einkommen und Glück (Kapitel 2.4.2.2) sowie das soziale Engagement (Kapitel 2.4.2.4). Kern der glücksökonomischen Paradoxie relative income ist, dass Menschen nicht wie es die neoklassische Theorie erwarten ließe - ihr absolutes Einkommen schätzen, sondern ihr Glück sich aus dem (vorwiegend nach oben gerichteten) Vergleich mit Referenzgruppen ergibt. Warum werden Menschen aus dem Vergleich mit anderen in großen Teilen unglücklich? Glücksrelevant sind in der Theorie der Euthymia in dieser Hinsicht drei Punkte: Eigene Potentiale (V), Maß (X) und soziale Struktur (VII). Glücklich wird in dieser Hinsicht, wer sein Handeln an seinen Möglichkeiten ausrichtet. Es geht um die Wertung der eigenen Chancen, nicht um die der Nachbarn. Wer in seiner Lebensbewertung (und -entwicklung) bei sich selbst bleibt, wird eher glücklicher. Das Charakteristikum des Maßes (X) weist Neid als Glückshindernis zurück. Wer maßvoll in der Wahl seiner Gütermengen bleibt und damit das Nötige (im Sinne des Richtigen) wählt, wahrt die Chance auf Glück. Schließlich haben Untersuchungen zeigen können, dass gute soziale Kontakte (Kapitel 2.5.1, dort besonders Luttmer 2005) das Maß deijenigen Zufriedenheitseinbußen, die durch relative Effekte entstehen, deut-

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lieh senken können. Wer also eher auf den Kontakt mit dem Nachbarn setzt, anstatt sein Einkommen mit diesem zu vergleichen, kann im Sinne von Euthymia glücklicher sein. Warum indes auch Phänomene (in weit geringerem Maße) bekannt sind, in denen die Relativität zu höherer Lebenszufriedenheit fuhrt, kann mit dem konzeptionellen Zugriff Euthymia nicht vollends erklärt werden. Hier lässt sich eventuell ein kurzfristiges Glücksgefühl vermuten. Tatsächlich klärt das Kriterium Zufall (II) zudem, dass jemand, der mit besseren Voraussetzungen versehen ist, höhere Chancen hat, aus seinem Leben etwas zu machen. Wem das Zufallsglück hold ist, der kann auch seine Potentiale besser leben - ist jedoch auch der Gefahr ausgesetzt, über das Maß (X) hinaus zu leben. Wer dauerhaft sein Glück aus der Relation seiner eigenen zur geringeren Position anderer zu ziehen versucht, müsste gemäß der hier vorgetragenen Theorie scheitern und somit langfristig ein niedrigeres Glücksniveau aufweisen. Aufgedeckt ist darüber hinaus nicht, warum sich Menschen überhaupt so stark vergleichen. Das hier vorgelegte Konzept liefert dafür keine Erklärung. Die Euthymia-relevanten Aspekte Maß (X), soziale Kontakte (VII) und Potentiale (V) helfen zu verstehen, warum das Vergleichen des Einkommens unglücklich macht. Sie weisen darüber hinaus auch einen Ausweg. Im Vergleich von Einkommen und Lebenszufriedenheit hat es nicht nur auf MakroEbene erstaunliche Ergebnisse gegeben (Easterlin 1974), sondern auch im individuellen Bereich: So konnten verschiedene Studien (Kapitel 2.4.2.2) nachweisen, dass ab einem gewissen Nettoeinkommen eine neuerliche Steigerung des Einkommens keinen zusätzlichen positiven Glückseffekt mehr erbringt. Genau das aber würde erwarten, wer der ökonomischen Theorie traut: Mehr Einkommen fuhrt zu mehr Wohlstand. Um dieses paradoxe Ergebnis lesen zu können, helfen die Euthymia-Aspekte Maß (X), Ressourcen (IX) und Reflexion (VIII). Unter dem Stichwort Ressourcen (IX) ist hier erläutert worden, dass ein glückliches Leben im Sinne von Euthymia ohne eine Grundausstattung mit lebensnotwendigen Gütern nicht auskommt. Auch darüber hinaus erweist sich das Leben dann als glücksoffen, wenn der Einzelne durch äußere Güter in die Lage versetzt wird, sich zu verwirklichen - wenn er also mit capabilities ausgestattet wird. Folgerichtig steigen Einkommen und Lebenszufriedenheit zunächst parallel an. Dieses Ansteigen ist jedoch nach der Konzeption von Euthymia nicht unbegrenzt. Euthymia wird dort optimal realisiert, wo sich ein Maß (X) ergibt. Dabei geht es nicht um einen Durchschnitt oder ein Mittelmaß, sondern um das maßvoll Richtige. Wer also die richtige (maßvolle, eben nicht maximierte) Güterausstattung fur sich wählen kann, der wahrt die Chance, ein glückliches Leben zu fuhren. Das individuelle Maß muss individuell bestimmt werden, und so kann es auch Einzelfalle geben, in denen Menschen mit besonders geringem Einkommen oder auch mit großer Güterausstattung Glück erlangen - das aber wird, gemessen an der hier formulierten Theorie, der seltenere Fall sein. In der (westlichen) Welt des mehr und mehr schrankenlosen Konsums trägt die Theorie Euthymia vor: Glück realisiert sich im Maß, nicht im Maximum. Dies sah Aristoteles ähnlich: „Indessen darf man, wenn man ohne die äußeren Güter nicht glückselig sein kann, darum nicht meinen, daß dazu viele und große Güter erforderlich wären. Denn daß einer ein volles Genüge und die Möglichkeit der Betätigung habe, liegt nicht an Reichtum und Überfluß: man kann, auch ohne über Land und Meer zu herrschen, sittlich handeln denn auch

Schluss

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mit mäßigen Mitteln läßt sich der Tugend gemäß handeln. Man kann das deutlich daran sehen, daß die Privatleute den Fürsten im rechten und tugendhaften Handeln nicht nachzustehen, sondern eher vorauszusein scheinen. Es genügt also, wenn die dazy nötigen Mittel vorhanden sind. Denn das Leben muß glückselig sein, wenn es in tugendgemäßer Tätigkeit verbracht wird" {Aristoteles 1995 [o.J.], S. 254). Da das individuell richtige Maß aber nicht allein objektiv bestimmt werden kann, kommt ein glückliches Leben ohne Reflexion des Einzelnen nicht aus: Wer das Glück erreichen will, ordnet in der Perspektive der Wünsche höherer Ordnung seine (Konsum-)Möglichkeiten und seine Wünsche erster Ordnung reflexiv ein. Erst durch dieses Abstandnehmen-von-sich-selbst realisiert der Mensch sein Person- und Menschsein. Er nimmt zu sich und seinen Wünschen Stellung. Deshalb ist es aus der Perspektive von Euthymia fahrlässig anzunehmen, dass diese Stellungnahme zu sich selbst mit der Entwicklung des Einkommens unterschiedslos ansteigt. Die Bewertung hat einen anderen Maßstab: den deontologischen Charakter des Guten. Insofern wird Glück (mit seiner reflexiven Struktur) eine deutlich andere Richtung einnehmen und sich im individuell Richtigen (und nicht maximalen) einfinden. Wer den Zusammenhang von Glück und Einkommen verstehen will, kann keine gesamtgesellschaftliche Funktion über die aggregierten Einkünfte legen. Wer den Zusammenhang von Einkommen und Euthymia verstehen will, kommt ohne weitere Variablen wie Wertung (VIII), Maß (X) und Potentiale (V) nicht aus. Schließlich stellt die Glücksforschung fest, dass sozial engagierte Menschen im Durchschnitt höhere Zufriedenheitswerte aufweisen. Paradox als Begriff ist hier vermutlich wenig zutreffend, weil die Erkenntnis eher intuitiv als kontraintuitiv ist: Glücklich ist, wer mit anderen zusammen ist. Aus der Fülle der Daten lässt sich aber erkennen, dass unter Umständen auch der glücklich ist, der seine eigenen Interessen selbstlos in den Hintergrund stellt. Verschiedene ökonomische Theorien, beispielsweise die Integration der Nutzenkurven anderer in die eigene (Kapitel 3.4.1) haben sich dieser Sache angenommen, aber keine überzeugenden Antworten geliefert, weil sie das deontologische Element unzureichend oder gar nicht zur Erklärung heranziehen. Aus der Perspektive von Euthymia sind dabei vier Aspekte von besonderer Bedeutung: das hedonische Paradox (I), Verantwortung (IV), das Handeln (VI) sowie die soziale Struktur (VII). Euthymia findet sich, wo Menschen starke soziale Bindungen eingehen. Das gilt für Familien ebenso wie für soziale Gruppen außerhalb des engsten familiären Kreises: die Nachbarschaft, Vereine und Gemeinschaften. Hier allerdings lässt sich noch gut erklären, dass diese sozialen Bindungen dem Einzelnen selbst zugutekommen und insofern kein besonderes ökonomisches Paradoxon darstellen. Gleiches gilt für den Aspekt des Handelns: Euthymia ist auf Aktivität angewiesen und stellt sich dort ein, wo Menschen Tätigkeiten tun ihrer selbst willen wählen. Konkreter wird der Punkt noch im Aspekt der Verantwortung: Euthymia realisiert sich, wenn Menschen dem moralischen Anspruch eines kategorialen Imperativs engagiert folgen, wenn sie also den Aspekt der Pflicht in Freiheit realisieren. Das bedeutet: Wer sich für andere einsetzt, wer seine Interessen im Zweifel gegenüber denen einer Gruppe oder gar von Benachteiligten zurückstellt, wahrt eine größere Chance auf Glück. Euthymia stellt sich ein, wenn Menschen uneigennützig Verantwortung übernehmen. Zweifellos gibt es hierbei Grenzen: Wer sich fur andere über das ihm mögliche (und das

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für ihn richtige) Maß hinaus „aufopfert", nimmt möglicherweise Glückseinbußen hin wie dies im Fall der Pflege Angehöriger deutlich geworden ist (Marks et al. 2002). In allen drei Bereichen, besonders aber im Aspekt des sozialen Engagements ist dies ein entscheidender Faktor: Glück erreicht, wer ein Gut, eine Handlung oder einen Menschen als Zweck, nicht aber als Mittel zum Glück wählt oder anstrebt. Euthymia stellt sich dann (und nur dann) als nicht-intendierte Nebenfolge dieser guten Handlung ein das prognostiziert die Theorie unter dem Stichwort des hedonischen Paradoxons (I). Was hier deutlich wird: Die Theorie mit dem konzeptionellen Begriff Euthymia als Mitte (Kapitel 6.1) erhellt die Empirie. Und sie lässt Facetten der Glücksforschung verständlicher werden - hilft also mithin zu verstehen, warum gewisse Resultate zustande kommen und warum sich andere erwartbare Ergebnisse faktisch nicht einstellen. Euthymia macht aufmerksam auf versteckte Seiten des Glücks. Und Euthymia rückt das Gute - womöglich gegen den gesellschaftlichen Trend - in den Mittelpunkt einer Glückstheorie. Die Komplexität einer konsistenten Glückstheorie liegt auch darin: Sie muss zum einen deutlich machen, warum Glück eben nicht mit Nutzen übereinstimmt und wie sich gewisse beobachtete Anomalien erklären lassen. Sie bewegt sich aber darüber hinaus in einem spekulativen Rahmen, weil sie in Kenntnis der empirischen Forschungsergebnisse prognostisch arbeitet: Philosophisch fundierte Glückstheorie muss entwerfen, was den Menschen tatsächlich zu seinem Glück fuhrt. Und an dieser Stelle muss eine Glücksökonomik die aktuellen empirischen Daten mit Vorsicht betrachten, weil diese Momentaufnahme, nicht jedoch hinreichende Bedingung eines letztlich glückenden und gelingenden Lebens sind. Der deontologische Ansatz steht in diesem Dilemma, weil er die Hoffnung hegt, dass ein gutes Leben dem Einzelnen langfristig das glücklichere Leben verheißt. Die konzeptionelle Fassung der Glückstheorie unter dem Begriff Euthymia rahmt die dem Deontologischen inhärente Erwartung: Euthymia ist die gelassene Wertung eines bewussten, sinnvollen und verantwortungsvollen Lebens. Als solches ist dieses Konzept anspruchsvolle Anforderung für Ökonomik und Gesellschaft, vor allem aber für jeden Einzelnen selbst. Der Brief des Dichters Matthias Claudius (1799, S. 11-15) an seinen Sohn Johannes endet in diesem Sinne: „Thue das Gute vor dich hin [...] Sey rechtschaffen gegen Jedermann [...] Hilf und gieb gerne [...] Thue was des Lohnes werth ist, und begehre keinen."

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