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German Pages 242 Year 2022
Aufzeichnungen aus der Archivmappe Mp XVII Bl. 7v, 33v, 44r, 45v, 46rv, 47v, 48rv, 48arv, 48brv, 49r, 50r, 51r, 52r, 53r, 54rv, 55rv, 56rv, 57rv, 58rv, 59rv, 60rv, 61rv, 62rv, 63rv, 64rv, 65rv, 66rv, 67rv, 68rv, 69rv, 70rv, 71rv, 72rv, 73rv, 74rv, 75rv, 76rv, 77rv, 78rv, 79rv, 80rv, 81rv, 82rv, 83rv, 84rv, 85rv, 86rv, 87rv, 88rv, 89rv, 90rv, 91rv, 92rv, 93rv, 94rv, 95rv, 96rv, 97rv, 98rv, 100rv, 101rv, 102rv, 103rv, 104rv, 105rv, 106rv, 107rv, 108rv, 109rv, 110r, 111rv, 112rv, 113rv, 114rv, 115rv, 116rv, 117rv, 118r, 119rv, 120rv, 121r, 122r, 123r, 124rv, 125r, 126rv, 127r, 128rv, 129r, 130rv, 131rv, 132r, 133v, 134r, 135r
Mp XVII, 7v E
gleich
welche Das ist eine Wissenschaft, wie alle moral. Wissensch., welche noch
Ja die Philosophie des Rechts!
zb.
nicht einmal in den Windeln wohlwollenden frei sich dünkenden u werthvollste den unterrichtetsten
liegt!
2
Man verkenntAimmer noch, auch unter Juristen, die älteste Bedeutung der
4
Strafe;Au so lange die Rechtswissenschaft sich ausschließlich nicht aus der
– man kennt sie gar nicht:
stellt, nämlich auf
dem 6
der
auf einen neuen Boden
einem unnützen
Kampfe von lauter
AHistorien = u.AVölker = Vergleichung, abgiebt, wird es beiAjenen grundfalschen Abu deren verbleiben, welche heute sich als „Philos. des Rechts“ pr darst vorstellen u die sämmtlich
8
straktionen verbleiben, welcheAvom gegenwärtigen M. abgezogen sind. Dieser „gegen-
10
wärtige M. ist aber ein so verwickeltes Geflecht, auch in Bezug auf seine
12
rechtl. Werthschätzungen, daß er die verschiedensten Ausdeutungen erlaubt
KGW VII 8[13] und 42[8]
1: gleich] ? 2: unter] danach Einfügungszeichen verlängert
4: aus] ?, > mit 5: stellt] Vk 6: Historien=] ¿
7: Philos.] ¿ 7: vorstellen] ¿
Mp XVII, 33v
2
Der asketische Priester hat die seelische Gesundheit verdorben, wo er auch nur zur Herrschaft gekommen ist;
4
er hat folglich auchAin artibus et litteris den Geschmack verdorbenA, – ich hoffe, manAversteht dies
6
„Folglich“?… Noch inmitten der griechisch - römischen Herrlichkeit, Angesichts einer noch nicht verküm=
8
merten und zertrümmerten antiken Welt, wagte es die Einfalt und Eitelkeit christlicher Agi=
ohne zu markt giebt mir
„Folglich“? –
*
folglich den Geschmack verdorben, – er verdirbt ihnAimmer noch.
zu?… Zum Mindesten will ich es nicht erst beweisen. Ein einziger Fingerzeig: Hat der Der ask. Pr. versteht nichts von Litteratur.
ohne
– man heißt sie Kirchenväter –
10
tatorenAzu dekretieren: „auch wir haben unsre klassische Litteratur, wir brauchen die der Grie-
12
chen nicht“, – und dabei wies man stolz auf Legendenbücher, Apostelbriefe und apologetische
14
Traktätlein hin, ungefähr so, wie heute die englische „Heilsarmee“ mit einer verwandten Litte=
h
Ich liebe das Testament nicht: man erräth es.
16
ratur ihren Kampf gegen Shakespeare u andere „Heiden“ führt.AEs demüthigt mich}, mit meinem Ge=
18
schmack in Betreff des neuen TestamentsAallein zu stehn: aber{„Hier stehe ich“, kurz wie sich
20
LutherAausdrückte, als erAzu verstehnAgeben wollte, daß er{Recht hätte. habe. Alle Achtung
22
vor dem alten Testament! In ihm finde ich große Menschen, große Zustände und eine unvergleich-
24
liche Naivetät des starken Herzens; mehr noch, ich finde ein Volk. Im neuen dagegen lau-
26
ter kleine Sekten - Wirthschaft, lauter Rokoko der Seele, lauter Verschnörkeltes, Winkliges, Wunder-
28
liches, nicht zu vergessen eine degoutirende Süßlichkeit, die der Epoche (und der röm. Provinz)
30
angehört und nicht sowohl jüdisch als hellenistisch ist. Gewinsel und Wichtigthuerei dicht neben
32
einander; hier fehlt ersichtlich jede gute Erziehung.{Wie darf man von seinen kleinen Untu-
34
genden so viel Wesens machen,A! Kein Hahn kräht darnach; geschweige denn Gott. Zuletzt wol-
36
len sie gar noch „die Krone des ewigen Lebens“, alle diese kleinen LeuteA: wozu doch?
38
wofür doch? man kann die Unbescheidenheit nicht weiter treiben.ASie haben einen Ehrgeiz, der
40
lachen macht: das käutAseine Dummheiten undASorgen vor, wie als ob das An - sich - der-
42
Dinge sich darumAbewege, das wird nicht müde, GottAin allen kleinen Jammer, in dem sie{
44
stecken, einzuweihen. Und dieses „Auf - Du - und - Du“Ades schlechtesten Geschmacks!{Es giebt
46
kleine verachtete „Heidenvölker“ im Osten Asiens, von denen diese ersten Christen etwas Wesentliches
48
zu lernen hätten – etwas Takt der Ehrfurcht:Adiese erlauben sie nicht, den Namen ihres Gottes
der Geschm 2er Jhr ist gegen mich: aber was hilft es dieses verehrtesten aller Bücher dergestalt
ein wenig ich kann nicht anders“ so wie
ausgedrückt hat zu sagen „ich habe tro tzdem trotzdem allein in einem solchen Falle um zu recht!“
hat
gefehlt
wie es diese frommen Männlein thun!
der Provinz
Ein „unsterblicher“ Petrus: wer hielte den aus!
sein Persönlichstes,
Eckensteher=
drehn solle
) Mp XV, 113r,43
mit Gott
!
mehr
) Mp XV, 113r,2
selber
den kleinsten
drin
Diese jüdische Zudringlichkeit mit Maul
jene
1: Tinten- und Rotstiftspuren, von fremder Hand? 3: markt] ? 4: dies] Vk 5: Anschlußzeichen zu Mp XV, 113r,13 6: griechisch-] Vk 10: Grie-] nach Textverlust: Grie 12: apologetische] nach Textverlust: apologetisch 15: Testament] vgl. GM III 22, 411,18 > „neue Testament“
16: Kampf] Vk 17: in Ms nicht übereinander 17: aller] ¿ 17: Geschm] > Geschmack 17: Jhr] > Jahrtausende 19: in Ms nicht übereinander 19: „ich] Vk 20: Recht] davor Einfügungszeichen verlängert 22: unvergleich-] nach Textverlust: unverglei 30: angehört] Vk 32: Untu-] nach Textverlust: Untu
34: wol-] nach Textverlust: wo 37: unsterblicher] Vk 40: der-] nach Textverlust: de 41: drin] nach Textverlust: dri 42: sie] nach Textverlust: si 43: Maul] danach Textverlust, vgl. GM III 22, 412,16 > Maul und 44: Es] davor Einfügungszeichen verlängert 44: giebt] nach Textverlust: gie 46: Wesentliches] nach Textverlust: Wesentliche 48: sie] > sich
Mp XVII, 44r
2
s w .
– dies Wort widerspricht sich selber denn
S. 1. Es giebt kein Gemein - Gut:Awas gemein sein kann,
kann 4
von geringem
muß immer wenig
Werth, sein also
nicht gut sein.
1.
Dogmatiker. Plato u. der „reine Geist“. die prachtvolle Spannung durch die Dogmatiker. Skeptiker. jetzt die mittelmäßigen Geister wie Darwin
6
8
2
Die Befehlenden selten. Zuletzt regieren in der Philos. die
10
Mittelmäßigsten!
Wo ist Wille noch vorhanden?
12
3
14
aftl. Vergnügen“. „ohne ein leidensch
Die Kritiker:
Gehört die deutsche Phil. in die kritische oder skeptische Nein, es ist eine Gegenbewegung, im Grunde eine
Bewegung? Kant.
16
5 18
20
6
22
in
24
28
die Engländer in der Philos., gänzlich 4 ungeeignet Heerden M oral. Freidenker. die Franzosen. zur moral. das Christenthum verkleinernd A. Test. R. Wagner. Socialismus. Freidenker. „Aufklärung“ „Jagd“.
Der Philos. als Versucher neuer Möglichkeiten
der Werth der Unmoralität
seine Vereinsamung.
26
7
theologische.
für
der
seine Grausamkeit
Erzieher.
Teichm.
Meine Vorbereiter. Über meine „Unzeitg. Betr.“
30
ein Wort über Schopenh.
32
ein Wort über R. W.
34
Gestaltung der Seele Europas.
36
Bedeutung der Griechen, ihrer Entdeckung 8.
38
den Pessimism
die Künstler: das Dionysische.
der historische Sinn das Dionysische.
40
KGW VII 42[6]
15: Gegenbewegung] ¿ 19: A. Test.] > Altes Testament
24: der] nach Korrektur des Kontextes > den
27: Teichm.] ?, >? Teichmüller 27: seine] ¿
Mp XVII, 45v 2
4
6
einem Hirngespinste zum Verwechseln ähnlich
vor 50 tausend Jahren sahen die Bäume schon grün aus?
vor der Logik liegt der Zeit nach, die Herstellung identischer Fälle Assimilation
8
das Gedächtniß in der organ. Folge Regenbogen nach den Wagnerischen
10
12
14
100 Bleistift
Unwettern u Blitzen
„angeborene“ Ideen
die Heuchelei wäre nicht abzuschaffen, wenn es nicht lustig wäre, sie anzusehen. Nicht Götter nach Epicur, sondern nach Homer: oder wie Galiani
16
die Mathemat. die fortschließen, bis die Atome für sie brauchbar werden! Aber
18
so haben es, in gröberer Form, die M. immer gemacht. Was liegt an der Wirklich-
20
keit, bevor sie nicht für unser Haus brauchbar ist!
KGW VII 42[7] und KGW VII 4/2, 548
9: Wagnerischen] ¿
$
Mp XVII, 46r
x Bleistift
x Bleistift
$
2
Die Capitel.
4
Die klassische Prosa
6
Von der Auslegung.
der Franzosen von 1648
8
Von der Rangordnung.
: was zusammenkommen
10
Die Wege zum Heiligen.
muß.
12
Die ewige Wiederkunft.
14
Der Aberglaube der kritischen Philosophen.
$ Es ist nichts seit Pascal
16
Kritik Pascals: er hat bereits die christlich=
passirt, die deutschen
18
moral. Auslegungen in der Natur des M.
Philosophen kommen gegen
20
u meint den „Thatbestand“ zu fassen.
ihn nicht in Betracht.
22
Auch St. Beuve.
$
Jenseits Bleistift
24
Die Deutschen haben keine Prosa, welche klingt u. springt
2-22: KGW VII 44[1] 4-10: KGW VII 44[4] 14-20: KGW VII 44[2] 24: KGW VII 44[3]
Mp XVII, 46v viel oder wie wenig Gefährliches in in
2
in
ist die ursprüngliche u. nächsten
Wie weitAeine Meinung, ein Zustand,Aein WillenAgefährlich ist – das macht den ersten{ moral. Perspektive: die Furcht ist die Mutter der Moral.
4
liegt oder zu liegen scheint:
u. besten Trieben , welche den Einzelnen weit aus der mittleren
perspektiv. Schätzungskreis. An dem HöchstenAu. Besten geht fast Jeder zu Grunde:
Lage heraustreiben u. ihn den Zustand als Niederung verachten lassen, geht die Selbstzufriedenheit der Gemeinde zu Grunde 6
foglich muß es als das Gefährlichste auch am stärksten gebrandmarkt werden. Bisher
Insofern
überhaupt
8
hieß MoralA: der gute Wille, alles das, wodurch ein Mensch ungefährlich, unan= vor allem als „Seines = Gleichen“
10
stößig, aber nützlich u angenehm für seines Gleichen lebtA, als das Schätzungs- u. Aneig=
12
nungswertheste in den Vordergrund zu stellen, darauf hin zu erziehen u. zu predigen und
14
das Entgegengesetzte zu brandmarken. – So hat man zeitweilig dieAVernunft als
16
die große Gefahr empfunden; dann den Geschlechtstrieb; dann den Trieb zu
18
herrschen; dann das Verlangen nach Unabhängigkeit; oder überhaupt die Leiden=
20
schaften; oder gar das Selbst.
xxxxxxx die Triebe zu ordnen, ihm Grad u. Maß vorzuschreiben große
Jenseits Bleistift
$ solchen
22
Die Nützlichkeit, welche in den moral. Werthurtheilen dominirt hat, ist die
24
Heerden - Nützlichkeit;Ader Erhaltung der Gemeinde zugewendet: – also was dem
26
Gemeindebestand gefährlich war, war das Unmoralische. – Die RücksichtW„auf
28
den Nächsten“ ist eine spät hinzukommende{Moral, welche, nachdem das große Gefüge
30
von GesellschaftAfestgestellt u. gegen Gefahren gesichert erscheint, nun auch noch die
32
innere Gefährlichkeit meiden will; gewisse starke Affekte (eine Unternehmungslust
34
Wuth u Rachsucht), die bisher bis zu einem gewissen Grade gezüchtet werden mußten,
36
weil man ihrer in der Gefahr des Ganzen gegen die Feinde des Ganzen brauchte,
38
dürfen jetztAgebrandmarkt u. verleumdet werden. Der Heerden - Instinkt zieht
der Blick ist
schien galt als
sie : insofern sie eigentlich nur eine ergänzende Moral u. nicht eine sie ersetzende
im Ganzen
als unmoralisch
schrittweise seinen Gang: 40
42
u. m
geht
billige
Aseine Consequenz: eineAvertrauliche sanfte mildherzige Gesinnung wird immer mehr ge= schätzt: „der Bock“ wird als Ausnahme empfunden, „das Lamm“ gewinnt an Achtung. die Strenge selbst in der Gerechtigkeit, eine gewisse Härte u. Höhe selbst im Ideal wird berührt peinlich, erweckt Mißtrauen u. findet
44
Alle Tugend - Namen werden umgedeutet. Endlich ist „Strafe“ schon etwas zu
46
Hartes und Unbilliges. Ungefährlich machen: darauf beschränken sich die Maaß-
48
regeln solcher gesicherten Gemeinwesen.
5: heraustreiben] ¿
6: foglich] > folglich
27: in Ms nicht übereinander
Mp XVII, 47v
Modernität Bleistift
$
2
Die Abwesenheit der moral. Zucht; man hat die M. wachsen
4
lassen. Vielleicht sind die M. von Port - Royal wie künstliche Gärten.
6
Es fehlt Autorität.
8
Es fehlt die Mäßigung innerhalb ruhiger Horizonte; – man hat
10
aus der Unendlichkeit eine Art Betrunkenheit gemacht.
12
Es fehlt die Feinheit in der Beurtheilung.
14
Es herrscht ein Chaos von widersprechenden Werthschätzungen.
16
$ Was ist denn das, dieser Kampf des Christen „wider die Natur“? Wir werden uns
18
ja durch seine Worte u. Auslegungen nicht täuschen lassen! Es ist Natur
20
wider etwas, das auch Natur ist. Furcht bei Vielen, Ekel bei Manchem,
22
eine gewisse Geistigkeit bei Anderen, die Liebe zu einem Ideal ohne Fleisch
24
u Begierde, zu einem „Auszug der Natur“ bei den Höchsten – diese wollen
26
es ihrem Ideale gleich thun. Es versteht sich, daß Demüthigung an Stelle des
28
Selbstgefühls, ängstliche Vorsicht vor den Begierden, die Lostrennung vor den
30
gewöhnlichen Pflichten (wodurch wieder ein höheres Ranggefühl geschaffen wird)
32
die Aufregung eines beständigen Kampfes um ungeheure Dinge, die Gewohnheit
34
der Gefühls = Effusion – alles einen Typus zusammensetzt: in ihm überwiegt
36
die Reizbarkeit eines verkümmernden Leibes, aber die Nervosität u. ihre
38
Inspiration wird anders interpretirt. Der Geschmack dieser Art Naturen geht
40
einmal 1) auf das Spitzfindige 2) auf das Blumige 3) auf die extremen
42
Gefühle. – Die natürlichen Hänge befriedigen sich doch, aber unter einer
44
neuen Form der Interpretation zb als „Rechtfertigung vor Gott“, „Erlösungs=
)
46
gefühl in der Gnade“ (– jedes unabweisbare Wohlgefühl wird so interpretirt! –)
) 48r,2
48
der Stolz, die Wollust usw. – Allgemeines Problem: was wird aus dem
x Bleistift
2-14: KGW VII 44[5] 16-48: KGW VII 44[6] 446,8-29
2-48: Blaustiftanstreichung im Falz 20: Manchem] >? Manchen
28: Lostrennung vor] > Lostrennung von
Mp XVII, 48r
47v,48 )
.
x Bleistift
x Bleistift
.
x Bleistift
u.
x Bleistift
2
Menschen, der sich das Natürliche verlästert u. praktisch verleugnet u. ver=
4
kümmert? Thatsächlich erweist sich der Christ als eine übertreibende Form der
6
Selbstbeherrschung: um seine Begierden zu bändigen, scheint er nöthig zu haben
8
sie zu vernichten oder zu kreuzigen. –
10
Die epikureische Art des Christen u. die stoische Art: zur er-
12
steren gehört François de Sales, zur letzteren Pascal
14
$
Sieg Epicurs – aber gerade diese Art Mensch wird schlecht ver=
16
standen u. muß schlecht verstanden werden. Die heroische Art (welche es
18
sehr nöthig hat zu kämpfen u. folglich den Werth des Kämpfenden über
20
die Gebühr schätzt –) verleumdet immer den „Epicur“.
22
$
Das griech. römische Alterthum hatte eine tyrannische u. übertreibende
24
Anti - Natur = Moral nöthig; die Germanen ebenfalls, in anderer Hin=
26
sicht.
28
$
Unsere jetzige Art M. entbehrt eigentlich der Zucht u. der strengen
30
Disciplin; die Gefahr ist dabei nicht groß, weil die Art Mensch
32
schwächer ist als frühere u. andererseits, weil die unbewußten Zucht=
34
meister (wie Fleiß, der Ehrgeiz im Vorwärtskommen, die bürgerliche Achtbar-
36
keit) sehr hemmend wirken u. im Zaume halten. – Aber wie Menschen
38
aus der Zeit Pascals zusammengehalten werden mußten!
40
$ Das überflüssige Christenthum: dort, wo keine extremen Mittel
42
mehr nöthig sind! Da wird alles falsch, u. jedes Wort, jede christliche
44
Perspective eine Tartüfferie u. Schönrednerei.
2-20: KGW VII 44[6] 446,29-447,10 22-44: KGW VII 44[7]
2-44: Blaustiftanstreichung im Falz
Mp XVII, 48v
Das neue Japan.
2
Ich las mit vieler Bosheit der Hintergedanken, was ein deutscher Anarchist unter dem Begriff „f. G.“ sich
„Die freie Gesellschaft“ – alle Züge als groteske Wort- u Farben-
4
aufputzung einer kleinen Art von Heerdenthieren.
6
„Die Gerechtigkeit“ u. die Moral der gleichen Rechte – die Tartüfferie
8
der moral. Prädikate.
10
12
„die Presse“, ihre Idealisirung
14
„die Abschaffung des Arbeiters“
16
„es schlägt die vorarische Rasse durch“: und überhaupt die ältesten Arten von Gesellschaft
18
20
der Niedergang des Weibes
22
die Juden als herrschende Rasse.
24
Vornehme u gemeine Cultur.
26
der GelehrteAund eine triumphirende liebevollere u herrschaftliche Fülle des
überschätzt:
Herzens
28
acht
vielleicht, aber doch
was hiernach vielleicht Wunder mimmt –
30
– wie ich dies Alles gesehen habe, ohne LiebeA, auch ohne Hohn, und nicht ohne
32
die NeugierdeAvor dem buntesten u. zierlichsten aller Guckkästen. steht.
mit der
KGW VII 44[8]
eines Kindes das
29: mimmt] nach unvollständiger Korrektur > nimmt
30: Liebe] danach Einfügungszeichen verlängert
Mp XVII, 48ar $
W I, 2 Bleistift 1. Bleistift
.
$
2
Aber wenn du keine Moral mehr anerkennst, warum
4
suchst du nach der Wahrheit? Und wenn die
6
Moralität dich trieb, die Wahrheit zu suchen:
8
warum verneinst du die Moral, nachdem die
10
Moralität dich nicht mehr zwingt? Gerade jetzt
12
könntest du sie ja gelten lassen.: ein Vor-
14
recht des Unmoralischen Sceptikers!
16
Ich verstehe unter Moral ein System
18
von Werthschätzungen, welches mit den Lebensbedin-
20
gungen eines Wesens sich berührt
22
Liegen im Forschen moralische Kräfte u. Werthschätzungen? Das Kriterium der Wahrheit liegt in der Stei=
24
28-38: Streichung, blaue Tinte
40-44: Streichung, blaue Tinte
26
gerung des Machtgefühls.
28
„So und so soll es sein“ das steht am Anfang: Daraus
30
wird später, oft erst nach langen Geschlechter - folgen ein „
32
so ist es“. Es heißt später „Wahrheit“; zuerst war
34
es ein Wille, etwas so u so zu sehen, so und so
36
zu nennen, ein Ja sagen zu einer s eigenen
38
Werth - schaffung. –
40
Wir vergleichen etwas an dem, was wir für wahr halten,
42
nach den Methoden, an welche wir zu glauben gewöhnt
44
sind. 2-14: KGW VII 4/2, 71, 34[263] 16-44: KGW VII 4/2, 71-72, 34[264]
2: anerkennst] Vk
Mp XVII, 48a v $ Mein Problem: der Gesetzgeber.
2 Bleistift 40: Streichung, blaue Tinte
40
von Lust (Machtgefühl)?
38
mir“ (in der Lust), aber viell. in Einer Gattung
36
das Kriterium der Wahrheit nicht imA„es gefällt
34
Jedem
e j
Das Wesentliche am Schaffen ist das Befehlen
33-40: Streichung, blaue Tinte
32
zu seinem Kinde)
30
Werk (der Künstler zu seinem Werk, u das Weib
28
Freiheit im Verhältniß zur That so verschieden wie zum
26-32: Streichung, blaue Tinte
26
Quellen des Mitleids: Nachahmung u Grausamkeit.
24: Streichung, blaue Tinte
24
2-22: Streichung, blaue Tinte
Der
M. ist ein Denker, welcher die Moral als Prob-
2
Ein
4
lemAnimmt: um dies mit einiger ReinlichkeitAthun zu
6
können, muß er ohne moralische Neben- u. Hinterabsichten
8
denkenA: istAein
dh. als fragwürdig
, un
können aber
zu
außermoralisches
Denken möglich? –
10
Damit wir nicht in jene berühmte niaiserie
12
allemande verfallen, welche den Namen Kants un-
14
sterblich gemacht hat (er antwortete sich auf die
16
Frage –) man habe ein Vermögen dazu
18
20
noch lange nicht ein solches, welches nicht t. will: u
22
wer nicht täuschen will, läßt sich gemeinhin gerne betrügen.
Ein Wesen, das nicht getäuscht sein will, ist
2-22: KGW VII 4/2, 72, 34[265] 24: KGW VII 4/2, 72, 34[266] 26-32: KGW VII 4/2, 72, 34[267] 34-38: KGW VII 4/2, 72, 34[268] 40: KGW VII 4/2, 72, 34[269]
2: M.] > Moralist
Mp XVII, 48br
$
3 Bleistift 2-16: Streichung, blaue Tinte 3-25: Streichung, blaue Tinte
Overbeck.
2
Lama.
14
der Holländer Lanzky „Kampf um Gott“ Dührer Augen. Ries - Klavierauszug
16
Schmeitzner.
4
6
8
10
12
18-22: Streichung, blaue Tinte
18
20
22
24
Schuld an Naumann Schmeitzner Prachtexemplar – Gegenbitte Dürer. Geld in Basel. Lanzky
Augen. Der Streit auf dem Gersdorff Grunde von Befehlen u. Vormittags u. Nachmittags Gehorchen. kein Ort gefunden Der Wille zur Macht.
Erheiterung nöthig, K.
als Grundwille alles Lebendigen.
.
26
1
28
1. in der Erkenntniß u Philosophie. 2. in der Ethik. u Erziehung u. Politik.
.
30
3. in der Kunst und Religion.
32
die beiden extremsten Denkweisen, die mechanistische
34
u. die platonische kommen überein in der ewigen Die Schätzung des Anorganischen als
Wiederkunft: beide
38 40
niedriger ist eine Beschränktheit.
als Ideale
36
42
44-50: Streichung, blaue Tinte
ein Tölpel
44
schmerzlos.
Es fehlt der Schmerz, der Irrthum. Der Wille zur Macht ist da wahr u Das reine Denken könnte nicht denken: das Unbedingte kann nicht bedingen.
46 48
Die reine Erkenntniß ist wie das Ding an sich
50
eine contradictio
18-40: KGW VII 4/2, 70-71, 34[260] 38-42: KGW VII 4/2, 71, 34[261] 44-50: KGW VII 4/2, 71, 34[262]
25: K.] > Köselitz
Mp XVII, 48bv $
4 Bleistift
Der Gesetzgeber
(ähnlich oft) blaue Tinte 19-38: Streichung, blaue Tinte
2
Der Verehrende.
4
Der Verneinende.
6
Der Versuchende.
8
Der Befehlende.
10
Es ist auch die Moral des Gerechten noch möglich:
12
als „ich will Gerechtigkeit“ – aber um einen theuren
14
Preis. Ein solches Ideal lebt auf Unkosten anderer;
16
hat kein Recht an sich, keinen Gott für sich, lacht über
18
die Ja’ s u Nein’ s des Gewissens
20
$ von Man muß nicht zu laut reden, wenn man für{feine Ohren
22
gehört sein will; auch hasse ich den Lärm. Man muß
24
Vieles nicht sagen u Vieles anders sagen, als man denkt;
26
und beinahe glaube ich, daß man{immer das Gegentheil
28
von dem lehren muß, was man für wahr hält: als
30
Lehrer nämlich. Denkt man heute anders: was liegt
32
daran? Was liegt heute daran, daß manAPapier
34
bedruckt? „PapierAnutzt zu Besserem noch als zum
als Lehrer sogar
für Alle
für Alle“
Anderem
36
Bedrucktwerden. Gelesenwerden: darin hat es seine
38
Rechtfertigung.
1-8: KGW VII 4/2, 73, 34[270] 10-18: KGW VII 4/2, 73, 34[271] 20-38: KGW VII 4/2, 73, 34[272]
Mp XVII, 49r 7 Bleistift D 16a, 28r )
$
Ehen im bürgerlichen Sinne des Wortes, wohlverstanden im achtbarsten Sinne des Wortes „Ehe“, handelt es sich ganz und gar
2
– aus der Liebe läßt sich keine Institution machen –
$ nicht um Liebe, ebensowenig als es sich dabei um Geld handeltA: sondern um die gesellschaftliche Erlaubniß, die zwei Per=
4
Bei den Bleistift
m auf n
6
sonen zur Geschlechtsbefriedigung an einander ertheilt wird, unter Bedingungen, wie sich von selbst versteht, aber
8
solchen, welchen das Interesse der Gesellschaft im Auge haben. Daß einiges Wohlgefallen der Betheiligten und sehr
10
viel guter Wille – Wille zu Geduld, Verträglichkeit, Fürsorge für einander – zu den Voraussetzungen eines solchen Ver=
12
trags gehören wird, liegt auf der Hand; aber das Wort Liebe sollte man dafür nicht mißbrauchen! Für zwei
14
Liebende im G ganzen und starken Sinne des Wortes ist eben die Geschlechtsbefriedigung nichts Wesentliches und eigentlich
16
nur ein Symbol, für{den einen Theil, wie gesagt, Symbol der unbedingten Unterwerfung, für{dem andern Symbol der
18
Zustimmung zu ihr,A– Bei der Ehe im adeligen,ASinne des Wortes handelte es sich um Züchtung einer Rasse –A, um Auf=
20
rechterhaltung einesATypus herrschender Menschen:{Es versteht sich, daßAhierzu nicht Liebe noth that,Aund noch nicht ein=
bei für
n Q
.
bei für
Zeichen der Besitzergreifung.
e
(giebt es heute noch Adel? quaeritur.)
im altadeligen
also um festen, bestimmten diesem Gesichtspunkt wurde Mann und Weib geopfert. hierbei nicht Liebe das erste Erforderniß war, im Gegentheil!
eines – Das Interesse jenes Geschlechts zunächst entschied, und über ihmAnoch der Stand.
r er 22
mal jenes Maaß von gutem Willen für einander, welche die gute bürgerliche Ehe bedingt.AWir würden vor der Kälte,
24
Strenge und rechnenden Klarheit eines solchen vornehmen Ehe=A, wie sie
Begriffs er
r in
im alten Athen, wie noch im Europa des achtzehnten Jahrhunderts
jeder gesunden AristokratieAherrschte und
mit kitzlichem Herzen
als Passion, nach dem
geherrscht hatA, ein wenig frösteln, wir warmblütigen ThiereA, wir „Modernen“! Eben deshalb ist die Liebe,Aim großen Ver= und in ihr die Entbehrung eben stande des Wortes, für die aristokratischen Welt erfunden worden,A– da, wo der Zwang,Aam größten waren …
26
in er …
geherrscht hat,
bei
28
KGW VIII 4[6]
16: Symbol, für] danach Einfügungszeichen verlängert 16: Unterwerfung, für] danach Einfügungszeichen verlängert
Mp XVII, 50r
3.
2
22: welche] > welches 24: herrschte] Vk 28: am] davor Einfügungszeichen verlängert
16: dem] zu n korrigiert, Bleistift?, von fremder Hand 19: in Ms nicht übereinander 19: Mann] ¿
4
– „Die Krankheit macht den Menschen besser“: diese berühmte Behauptung, der man durch alle Jahrhunderte begegnet, u zwar
6
im Munde der Weisen ebenso als im Mund u Maule des Volks, giebt zu denken. Man möchte sich, auf sieAhin, einmal erlauben zu fragen:
8
giebt es vielleicht ein ursächliches Band zwischen Moral u Krankheit überhaupt? Die „Verbesserung des Menschen“, im Großen betrachtet, zum
ihre Gültigkeit
10
Beispiel, um enger zu reden, die unleugbare Milderung Vermenschlichung Vergutmüthigung des Europäers innerhalb des letzten Jahrtausends – ist sie vielleicht
12
die Folge einesAphysiologischen Mißrathens,A? hat ihn „die KrankheitA– „besser gemacht“? Oder anders gefragt: istAMoralität – unsere europäische
14
Moralität oder die chinesische Moralität des ChinesenA– der Ausdruck eines physiologischen Rückgangs?… Man möchteAnämlich nicht ableugnen können,
16
daß jedes MalA, wo „der Mensch“ sich in besonderer Pracht u Mächtigkeit des Typus gezeigt hat, die GeschichteAeinen schlimmen{, gefährlichen,
langen heimlich - unheimlichen Leidens,
u
Entbehrens, Verkümmerns?
in Europa , mit der man die
– „den Europäer –
unsere
vergleichen möge
umgekehrt
an jeder Stelle der Geschichte
t
18
sofort
bei dem die Menschlichkeit schlimm fährt
will
w
22
oder Feinheit
ein Mensch sich fühlt
Tiefe zu treiben u. den allgemeinen Satz auch da noch herauszuziehen: „je gesünder, je stärker, jeAfruchtbarer u. unternehmender{, um so durchaus nicht nachhängen soll! ugenblickchen vorwärts, wie v erwundert blickt man da in die Zukunft! Ein peinlicher den manAsich abgewöhnen muß! man läuft mit ihm ein kleines A Raum giebt u „unmoralischer“ wird auch .“ der Mensch. GedankeA! Gesetzt nämlich, daß man ihm vorläufig einmalAGlauben schenkt,{Was würde sich dann auf Erden das, was wir mit allen Kräften fordern –
we a
un plötzlichen
erruptiven Charakter annimmt;Aund vielleicht hat es in jenen Fällen, wo es anders scheinen{, eben nur an MuthAgefehlt, die Psychologie in die je reicher,
20
moderne zärtliche
aber
kurzes
Nichts wäre kostspieliger als Tugend: denn am Ende
24
theurer bezahlt machen als geradeAdie Vermenschlichung, die „Verbesserung“, die wachsende „Civilisirung“ des Menschen? Am SchlusseAhätte man viel=
26
leicht die Erde als Hospital: und „Jeder Jedermanns Krankenpfleger“ wäre „der erreichten Weisheit letzter Schluß“. Freilich:A„Frieden auf Erden!“
28
Aber auch so wenig „Wohlgefallen an einander“! So wenig „Werke“,AAch! und ganz u gar keine „Thaten“ mehr! Alle großen Werke u
30
Thaten, welche stehen geblieben sind u von den Wellen der Zeit nicht fortgespült wurden – waren sie nicht alle im tiefsten Verstande
32
große Unmoralitäten?… Aber man soll an dieser Stelle nicht stehen bleiben.
mit ihr man hätte dann auch jenen vielbegehrten
noch So wenig Schönheit, Übermuth, Wagniß, Gefahr! um derentwillen es sichAlohnte, auf Erden zu leben
groß auch
weiter träumen.
4.
34
Mappe XXXI. (Umwertung) Bleistift
$
4-32: KGW VIII 4[7]
2: teilweiser Schriftverlust 4: Jahrhunderte] ¿ 10: Vermenschlichung] ¿ 15: an] Durchstreichung? 16: jedes] ¿
16: besonderer] ¿ 16: einen] Vk 18: erruptiven] > eruptiven 21: in Ms nicht übereinander 22: wird] > wird er
22: dann] Vk 26: Einfügungszeichen verlängert 27: in Ms nicht übereinander
Mp XVII, 51r $
101 Bleistift 2
Grundsätzliches.
4
An die Logiker.
6
Zur Lehre vom Machtgefühl.
8
Gegen die Idealisten.
10
Gegen die Wirklichkeits = Gläubigen.
12
Aufklärung über das Genie
14
Das Fragwürdige an den Tugenden.
16
Zu Ehren des Bösen.
18
Das Problem des Künstlers.
20
Politika.
22
Weib und Liebe.
24
Völker und „Volk“.
26
Bücher und Menschen.
28
Von der Musik. u Musikanten
30
Zur Kritik der Religionen.
32
Zur Psychologie der vita contemplativa. Die geistigen Menschen Einsamkeit.
KGW VIII 6[6]
Mp XVII, 52r $
6. Bleistift 2
Kritik des bisherigen Pessimismus
an die Wahrheit
Abwehr der eudämonolog. Gesichtspunkte als letzte
4
Reduktion auf die Frage: welchen Sinn hat es? daß, wenn es etwas anzubeten giebt, es der Schein ist überhaupt der angebetet werden muß Reduktion der Verdüsterung. – Unser Pess.: die derA, daß die Lüge – göttlich ist.…? Welt ist nicht das werth, was wir glaubten, – unser u nicht die Wahrheit wenn überhaupt
6
wird
8
10 12
Linie, graue Tinte
14
16
18
20
22 24
26 28
30 32
34 36 38
40 42
44
Glaube selber hat unsere Triebe nach Erkenntniß so gesteigert, daß wir Kritik des Causalismus. $ Er ist eine Auslegung noch nicht einmal, nur eine Formulirung, Beschreibung; „das Nacheinander“ erwartet immer noch die Aus legung.
dies heute sagen müssen. Zunächst gilt sie damit als weniger werth: sie wird sie zunächst empfunden – nur in diesem Sinne sind wir Pessimisten, nämlich mit dem Willen, uns rückhaltlos diese Umwerthung einzugestehen u. uns nichts nach alter Weise vorzuleiern, vorzulügen … Gerade damit finden wir das Pathos, welches uns viell. treibt, neue
Werthe zu suchen. In summa: die Welt könnte viel Kritik des Begriffs „Erkenntniß.“ mehr werth sein, als wir glaubten, – wir müssen hinter Gegen „Erscheinung“. die Naivetät unserer Ideale kommen, u daß wir viel= das Unbekannte nicht vergöttern leicht im Bewußtsein, ihr die höchste Interpretation zu Unsere große Bescheidung: wir fangen eben an, wenig unserem menschl. Dasein geben, ihrAnicht einmal einen mäßig - billigen Werth gegeben haben. zu wissen. Die falschen u. verschwendeten Bemühungen.
was ist vergöttert worden? die Werthinstinkte innerhalb Unsere „neue Welt“: wir müssen erkennen, bis zu welchem der Gemeinde (das, was die Fortdauer Grade wir die Schöpfer unserer Werthgefühle ermöglichte) sind, – also „Sinn“ in die Geschichte legen können …
46
48
108 Bleistift
Dieser Glaube geht in uns zu seiner letzten Consequenz:
– ihr wißt doch, wie sie lautet: –
was ist verleumdet worden? das, was die höheren M. abtrennte von den niederen, die Klüfte - schaffenden Triebe.
50
KGW VIII 6[25]
6: anzubeten] Vk
15: wird sie] >? wird so
43: die] >? deren
$
Mp XVII, 53r in
2
4
Vorwort zur fröhl. Wissenschaft Bleistift
Unsere Stärke ist es, die unsAein solches Abseits u. Außer-
Aber von euch Wenigen, die ihr s begreift, weil ihr mich – von euch wie viel ihr mir u. meinen Büchern halb erlaubt zwingt begreift,Aweiß ich,Bdaß ihr diesen Büchern Einiges zu gute $ um so besser
t
6
halten werdet viel muthwillige Zärtlichkeit, selbst auf Probleme
8
verschwendet, die ein stachlichtes Fell haben u. nicht darnach angethan sind, geliebkost zu werden; viel Spiel
10
u
der
viel
viel Bosheit, Versteck, heimliches Lachen unter der heiligen
12
überhaupt,AVersteckenspielen,AMiene der Einfalt, wie billig
14
– : so gleich
einfältig der S verkappte Spötter treuherzig Eingangs= wo sich im ersten Paragrafen, der sich treuherzige auf
16
den Boden einerAjener teleolog. Naivetäten stellt, an denen
18
unsere heutige Naturforschung so reich
20
ihm eine giftige Frucht u. Folgerung zur Reife bringt.
einer
in den Mantel
versteckt ge
hinter einer
hüllt auftritt
gleic
35 ) besonnenheit
wer
Dies Schicksal liegt nunmehr über Europa, daßAseine spät u. selten zu
:
kommen
v
stärksten SöhneAihren Frühlinge spät u. selten haben müssen werden
giftigsten Früchte vom Baum der Erkenntniß
Wahrheit bricht
sich
s
be darin
h un
s
tü selbs
nde erwu
ber s
rt ha
greif
28
–, daß sie zumeist schon jung zerbrechen, als Menschen
30
des frühen Ekels werden zu Grunde gehen, gerade weil sie das – u das ist heute der Becher der Erkenntniß – ihrer Stärke
32
Gift der EnttäuschungAmit der ganzen Leidenschaft der Jugend
34
getrunken, ausgetrunken haben: – u sie würden nicht zu die
leic ich g
t.
Denn das
) 29 36
heute
gefährlich
:
38
unsere
40
uns
ird ift, w
icht
e begr icht n s ehr da ht m c n Wer i e n n ie sler nn s Jahre eifen e i , we t d begr m n iebe kom begr rsch end e g v u amit J r i d e r w s e keit des d, un Uns g Übermüthig t wir a e h M t : u nheit bens verm besonne s s Le e d Frühling n zeite erst
auch
die späte
alles, was heute ein M. lieben kann, wird ihn betrügen ihm
geliebt haben, als wir jung waren
, u die letzte Liebe, die uns übrig nicht
blieb, seine Liebe zur Wahrheit – sehen wir zu, daß ihnAauch diese falsch, – unsere letzte Liebe – die, welche uns dies gestehen macht – Liebe nicht n noch unsere Liebe zur Wahrheit – sehen wir zu, daß uns nicht auch diese Liebe noch betrügt! – betrügt! 22-42: KGW VIII 6[24]
12: Versteckenspielen] davor Einfügungszeichen zweimal verlängert 13: treuherzig] ¿ 14: treuherzige] ¿
ihr
die späte
Kennzeichen Abzeichen: fügen wir hinzuAdie späte Thorheit,ANarrheit die{Un=
betrogen
42
es n
müssen sie
hat uns
wären,! wenn Denn soAsteht es heute: alles, was wirWlieben, ist
h
gebrochen wird.
ten
herausAzu ihrer Gesundheit kommen. Der späte Frühling ist heute
auch
Stärksten sein, wenn sieAnichtAdie Enttäuschtesten gewesen
meis
Es{ist die Probe ihrer Kraft:Aaus der ganzen Krankheit der Zeit
en,
t am selbs
verekelt, verwintert, verdüstert
Becher
das
der Miene der Einfalt
Gl u alsbald eine artig unmoralische sich ist, u in Kürze auf der auf den Glauben an eine jener
gerade
wo
eine mit treuherziger Miene eine der
un Mag
26
: so gleich im Eingangsparagrafen,
auf den Boden einer
22
24
23 138 16 23 138 368 23 Bosheit, viel Spiel überhaupt, viel Versteck, heimliches Lachen
16: einer] danach Einfügungszeichen verlängert 16: denen] ¿ 17: unmoralische] ¿ 18-20: auf ihm] ?
20: Frucht u.] ? 26: haben] Vk
Mp XVII, 54r
2
Kritik der höchsten Werthgefühle
4
6
Ihr Ursprung 1) aus der Sphäre der Kranken u. Verunglückten 2) aus der Heerde u. deren Instinkten heitere u düstere
8
Ansätze entgegengesetzter Werthe: –
Religionen
weshalb unterlegen?
10
12
Kritik des „guten Menschen“ (Kritik Gottes)
14
Kritik der bisherigen Affekte = Beurtheilung (der Rangordnung)
16
Kritik der bisherigen Philosophien (als Consequenzen theils
18
krankhafter, theils heerdenhafter Wünschbarkeiten)
Der Wille zur Wahrheit
20
28
Furcht, Faulheit, Sinnlichkeit, Herrschsucht, Habsucht – und deren Metamorphosen.
30
Krankheit, Alter, Müdigkeit –
$
dazu gehört P II 12b, 37 Bleistifte
KGW VIII 6[26] 249,25-250,14
Mp XVII, 54v $
109 Bleistift
Zur Geschichte des europäischen Nihilismus
2
4
Die Lehre von der ewigen Wiederkunft.
6
Von der Rangordnung.
KGW VIII 6[26] 249,22-24
2: europäischen] ¿
Mp XVII, 55r 25. Bleistift
cho Phsy
$
logie des Irrthums
von Alters her
worden ist eines Charakters, eines Daseins gelegt Handlung, in die AbsichtA, in
um dessentwillen gethan, gehandelt, gelebt
2
Wir haben den Werth einer
den Zweck, gelegt: diese uralte Idio=
4
synkrasie des Geschmacks nimmt endlich eine gefährliche Wendung, – gesetzt nämlich, daß die
6
Absicht- u Zwecklosigkeit des Geschehens immer mehr in den Vordergrund des Bewußtseins tritt. Da=
8
mit scheint eine allgemeine Entwerthung sich vorzubereiten: „alles hat keinen Sinn“ – aller
10
gesetzt daß
ganz u gar
diese melancholische Sentenz heißt „der Sinn liegt in der Absicht, u woAdie AbsichtAfehlt, so
auch ganz u gar
12
fehltAder Sinn“. Man war, jener Schätzung gemäß, genöthigt gewesen, den Werth des
14
Lebens in ein „Leben nach dem Tode“ zu verlegen; oder in die fortschreitende Ent=
16
wicklungAder Menschheit oder des Volkes oder jedenfalls hinaus über den Menschen weg; aber
18
damit war man in den Zweck = progressus in infinitum gekommen, man hatte
20
endlich nöthig, sich einen Platz in dem „Welt = Prozeß“ auszumachen (mit der dysdä=
22
monistischen Perspektive vielleicht, daß es der Prozeß ins Nichts sei).
24
Dem gegenüber bedarf der „Zweck“ einer strengeren Kritik: man muß einsehen, daß
26
eine Handlung niemals verursacht wird durch einen Zweck; daß Zweck u. Mittel Aus=
28
legungen sind, wobei gewisse Punkte eines Geschehens unterstrichen u. herausgewählt werden,
30
auf Unkosten anderer u. zwar der meisten; daß jedes Mal, wenn etwas auf einen Zweck
32
hin gethan wird, etwas Grundverschiedenes und Anderes geschieht; daß in Bezug auf jede
34
Zweck = Handlung es so steht, wie mit der angeblichen Zweckmäßigkeit der Hitze, welche
36
die Sonne ausstrahlt: die übergroße Masse ist verschwendet; ein kaum in Rech-
38
nung kommender Theil hat „Zweck“, hat „Sinn“ – ; daß ein „Zweck“ mit seinen „Mitteln“
40
eine unbeschreiblich unbestimmte Zeichnung ist, welche als Vorschrift, als „Wille“ zwar kom=
42
mandiren kann, aber ein System von Gehorchenden u. Eingeschulten Werkzeugen voraus=
44
setzt, welche an Stelle des Unbestimmten lauter feste Größen setzen (d. h. wir imaginiren
46
ein System von zweck u. mittelsetzenden klügerenAIntellekten, um unserem einzig be=
48
kannten „Zwecke“ die Rolle der „Ursache einer Handlung“ zumessen zu können: wozu wir
der Ideen oder
aber engeren
) 56r,2
KGW VIII 7[1] 255,1-256,17
Mp XVII, 55v
$
*
Fröhl. W. p. 315. Bleistift
u sehr
zu
2
d
4
träglichkeit noth thut, liegt auf der Hand: aberAman sollAden Namen der Liebe nicht m
6
mißbrauchen!
Daß dabei einiges Wohlgefallen an einander,Aviel guter Wille, Geduld, Ver einbegriffen ist
das Wort Liebe für dies Alles dafür
an d
aber
# dasAliebt
8
10
ihrer
. . d
logenheit Schwärmerei Verträge u Gleichheits - Schwärmereien
sie folgt aus
deren der Definition der weibl Liebe leicht
entstehen, etwa
oder
natürlichen seiner Liebe : so wenig, daß man eher von einemAAntagonismus der Treue u. der Liebe beim Mann liche WesentAseiner Liebe: welche ein Haben - Wollen ist u nicht ein Verreden könnte: welche Liebe eben
gehört nicht ins
18
zichtleisten u. Weggeben – das Haben-Wollen ist aberBmit dem Haben zu Ende … That= jedes Mal
20
sächlich ist es der feinere u. argwöhnerischere Besitzdurst des Mannes, der dies „Haben“ sich
22
selten u. spät eingestehtA: insofern lebt seine Liebe fort u.Awächst sogar noch – er begreift leicht zu
24
26
,
28
30
32
.
en!
16
an
) 10
uch
AFolge seiner LiebeAsein,Aals Dankbarkeit, als Idiosynkrasie des Geschmacks, aber sie
was
= auf en
ßbra
Die Treue istAin die Liebe des Weibes eingeschlossenA,; bei dem Manne kann sieAeine Gefolge
14
t mi
denke, über diesenAGegensatz wird man durch keine socialenAWünschbarkeiten hinwegkommen. demgemäß
12
nich
wie ein Weib, wird damit ein vollkommenes Weib …
Natur=
34 )
afür
34
der seine Liebe fortbestehen macht – ist es sogar möglich daß sie noch nach der Hingebung giebt nicht
in wiefern daß
hinzugeben hätte. –
achtbaren
nicht leicht, wo ein Weib nichts mehr zu geben hat. – Bei den Ehen im bürgerlichen{Sinne im
des Wortes, wohlverstanden im achtbarsten Sinne des Wortes „Ehe“ (ebenso wenig als ebenso wenig dabei etwa ganz u. gar nicht (gesetzt, daß es sichAnicht um Geld handelt)
die zwei Personen
handelt es sich nicht eigentlich um diese „Liebe“: sondern um die gesellschaftliche Erlaubniß,{zur Genur unter gegeben wurde ertheilt wird – welche Erlaubniß an Bedingungen geknüpft,A die im Interesse der Gesellschlechts - Befriedigung an einander{. ohne daß darauf fürderhin ein Makel ruhen soll. schaft u. ihres Fortbestandes liegen.
nur nichts Wesentliches u eigentlich nur aber eben Für zwei Liebende istAdie Geschlechtsbefriedigung{ein Nebenbei, beinahe nur ein Symbol – Das Interesse zweier Liebender aber, im großen Sinne des Wortes,
im starken u. guten ganzen Sinne des Wortes Liebe unbedingten ein großes S für den einen Theil, wie gesagt, Symbol derAUnterwerfung, mit den Darbringungen alles ihres Willens für den anderen Symbol des Be sitzergreifens Weib bringt giebt. Das Weib giebt sich weg, der Mann nimmt hinzu – ich
ist dem Interesse der Gesellschaft entgegen gesetzt. –
den ihm das
2: Einfügungszeichen verlängert 4: soll] danach Einfügungszeichen verlängert 12: eingeschlossen] danach Einfügungszeichen verlängert 12: eine] nach Korrektur des Kontextes > im 20: argwöhnerischere] ¿ 21: Hingebung] ¿
22: eingesteht] danach Einfügungszeichen verlängert 22: wächst] davor Einfügungszeichen verlängert 25: im im] ¿ 26: handelt] davor Einfügungszeichen zweimal verlängert 29: aber] ¿ 33: großes] ¿
Mp XVII, 56r $
26. Bleistift
55r,48 )
e
.
2
eigentlich kein Recht haben (es hieße, um ein Problem zu lösen, die Lösung des Prob=
4
lems in eine unserer Beobachtung unzugängliche Welt hineinstellen –) Zuletzt: warum
6
könnte nicht „ein Zweck“ eine Begleiterscheinung sein, in der Reihe von Veränderungen
8
wirkender Kräfte, welche die zweckmäßige Handlung hervorrufen – ein in das Bewußt=
10
sein vorausgeworfenes blasses Zeichenbild, das uns zur Orientirung dient dessen, was ge-
12
schieht, als ein Symptom selbst vom Geschehen, nicht als dessen Ursache? – Aber
14
damit haben wir den Willen selbst kritisirt: ist es nicht eine Illusion, das,
16
was im Bewußtsein als Willens = Akt auftaucht, als Ursache zu nehmen? Sind nicht
18
alle Bewußtseins - Erscheinungen nur End - Erscheinungen, letzte Glieder einer Kette, aber
20
scheinbar in ihrem Hintereinander innerhalb Einer Bewußtseins = Fläche sich bedingend?
22
Dies könnte eine Illusion sein. –
24
Widerspruch gegen die angebl. „Thatsachen des Bewußtseins.“ Die Beobachtung ist tau-
26
sendfach schwieriger, der Irrthum vielleicht Bedingung der Beobachtung überhaupt.
28
Ich habe die Absicht, meinen Arm auszustrecken; angenommen, ich weiß so wenig von Physio-
30
logie des menschl. Leibes u. vonAmechanischen GesetzenAals ein Mann aus dem Volke, was
32
giebt es eigentlich Vageres, Blasseres, Ungewisseres als diese Absicht in Vergleich zu dem
34
was darauf geschieht? Und gesetzt, ich sei der scharfsinnigste Mechaniker u. speziell über die
36
Formeln unterrichtet, die hierbei angewendet werden, so würde ich um keinen Deut
38
besser oder schlechter meinen Arm ausstrecken. Unser „Wissen“ u unser „Thun“ in diesem
40
Falle liegen kalt auseinander: als wie in zwei verschiedenen Reichen. – Andererseits: Na
42
poleon führt den Plan eines Feldzugs durch – was heißt das? Hier ist alles gewußt, was
44
zur Durchführung des Plans gehört, weil Alles befohlen werden muß: aber auch hier sind Unter=
den
46
seiner Bewegung
Kraft gebene vorausgesetzt, welche das Allgemeine auslegen, anpassen an die Noth des Augenblicks, Maaß der usw KGW VIII 7[1] 256,17-257,19
28: angenommen] ¿ 30: mechanischen] ¿
34: scharfsinnigste] ¿ 36: keinen] ¿
Mp XVII, 56v $
vgl. M XXV, 3. Bleistift
heute heute der Bescheidenheit der
der
sich
2
Es macht mir wenig aus, obAEinerA, mitAphilosophischer Skepsis oderAreligiöser ErgebungAsagt „das Wesen der
4
Dinge ist mir unbekannt“ oder ein Andrer, der sich damit viell. wissenschaftlicher dünkt „das We=
Muthigerer, der noch nicht genug Mißtrauen u. Kritik gelernt hat
6
immer 8
sen der Dinge ist uns zu einem guten Theil bekannt: Beiden gegenüber halte ich meine Zwei-
daß sie
nicht
allen Umständen unterAnoch viel zu
viel wissen wollen, zu wissen vorgeben, zu wissen sich einbilden: nämlich als ob die
fel aufrecht, ob wir überhaupt ein Recht haben, ein „Wesen der Welt“ u eine Erscheinungswelt
zu Recht bestehe zu Recht bestehe: das Unterscheiden Unterscheidung, welche sie beide machen, von einem „Wesen der Dinge“ u einer Erscheinungs - Welt., einer Wahrheit, einer
10
zu trennen. Vielmehr scheint uns diese Trennung immer noch ein metaphys. Nachschlag
12
Um eine solche Unterscheidung machen zu können, müßten wir einen Intellekt mit einem widerspruchsvollen Cha=
14
rakter habenA: einen solchen, der auf das perspektiv. Sehen eingerichtet wäre, wie es noth thut,
16
damit wir unsAim Dasein erhaltenA, u. zugleichAdas perspekt. Sehen als perspekt. begreifen könnten.
unseren
ausgestattet denken: nämlich einmal eingerichtet auf das gerade Wesen unserer Art sich
können
dies
andererseits zugleich mit einem Vermögen, eben dieses
zu begreifen.
Das will sagen: ausgestattet mit einem Glauben an die Realität, wie als ob es die einzige wäre – u wiederum mit einer Einsicht über 18
Man sieht nicht ab, wozu in der Entwickl. der organ. WesenBsich solch ein „Sinn für das überhaupt
20
„An sich“ hätte entwickeln können: wozu? das heißt, man sieht die Nützlichkeit nicht
22
ab.
24
s
Die Welt ist nicht so u so: u die lebenden Wesen sehen sie, wie sie ihnen er=
26
scheint. Sondern: die Welt besteht aus solchen lebenden Wesen, und für jedes derselben
28
giebt es einen kleinen Winkel, von dem aus er mißt, gewahr wird, sieht u. nicht sieht. Das
30
„Wesen“ fehlt: das „Werdende“, „Phänomenale“ ist die einzige Art Sein.
?
mit ihm Schaffen wir das Ding an sich ab – u, folglich, Nicht die Frage „giebt es ein Wesen?“ Fort mit dem abscheulichen auch den Begriff unklarsten aller Begriffe, den der Erscheinung! Begriff – Erscheinung! Und „Ding an sich“
oder
32
„Es verändert sich“, keine Veränderung ohne Grund setzt immer schon ein Etwas voraus,
34
das hinter der Veränderung steht u bleibt.
36
„Ursache“ u. Wirkung“: psychologisch nachgerechnet ist es der Glaube, der sich im Verbum
38
ausdrückt, Activum u. Passivum, Thun u. Leiden. Das heißt: die Trennung
40
des Geschehens in ein Thun
42
Der Glaube an den Thäter steckt dahinter: wie als ob, wenn alles Thun eines „Thäters“
44
abgerechnet würde, er selbst noch übrig bliebe. Hier soufflirt immer die „Ich - Vorstellung“:
46
Alles Geschehen ist als Thun ausgelegt worden: mit der Mythologie, ein dem „Ich“ entsprechendes Wesen
und
Leiden, die Supposition eines Thuenden ist vorausgegangen. vom
24-46: KGW VIII 7[1] 257,20-258,6
6: uns] Vk 6: bekannt] > bekannt“ 7: unter] aus unvollständiger Korrektur
12: Um] ¿ 16: das] davor Einfügungszeichen verlängert 28: er] > es
31: mit ihm] ¿ 32: setzt] ¿ 36: Wirkung] > „Wirkung
Mp XVII, 57r $
2. Bleistift
Philosophie von Kant definirt als „Wissenschaft von den Grenzen der Vernunft“!
2
Daß es eine „Wahrheit“ gäbe, der man sich irgendwie nähern könne –
4
6
Wenn ich ein regelmäßiges Geschehen in eine Formel bringe, so habe ich mir die Be=
8
zeichnung des ganzen Phänomens erleichtert, abgekürzt usw Aber ich habe kein „Gesetz“ constatirt,
10
sondern die Frage aufgestellt, woher es kommt, daß hier Etwas sich wiederholt: es ist
12
eine Vermuthung, daß der Formel ein Complex von zunächst unbekannten Kräften u. Kraft=
14
Auslösungen entspricht: es ist Mythologie zu denken, daß hier Kräfte einem Gesetze ge-
16
horchen, so daß in Folge ihres Gehorsams wir jedes Mal das gleiche Phänomen haben. es soll anders werden
Ethik oder „Philosophie der Wünschbarkeit.“ „Es sollte anders sein“,:
18
20
die Unzufriedenheit wäre also der Keim der Ethik.
22
Man könnte sich retten, erstens indem man auswählt, wo man nicht das Gefühl hat;
24
zweitens, indem man die Anmaaßung u Albernheit begreift: denn verlangen, daß Etwas
26
anders ist als es ist, heißt: verlangen, daß Alles anders ist, – es enthält eine ver=
28
werfende Kritik des Ganzen – es ist insofern …
30
32
„so sollte es sein“: weil Letzteres, als menschliche Kritik u. Anmaaßung von vorn-
34
herein zur Lächerlichkeit verurtheilt erscheint. Es drückt sichAein Bedürfniß aus,
36
welches verlangt, daß unserem menschl. Wohlbefinden die Einrichtung der Welt entspricht;
38
auch der Wille, so viel als möglich auf diese Aufgabe hin zu thun. Andererseits hat nur dieses
langen! Aber Leben ist selbst ein solches Ver=
Feststellen, was ist, wie es ist, scheint etwas unsäglich Höheres, Ernsteres als jedes
darin
) 58r,2
$
Fortsetzung Seite 28. Bleistift
2-16: KGW VIII 7[14] 18-38: KGW VIII 7[15] 307,25-308,15
38: dieses] ¿
Mp XVII, 57v
2
rs 4
Fröhl. Wiss. § 355. rote Tinte
welches darnach drängt, irgendwie a ufgebraucht zu werden. der ungeheuren Stärke Quantum treibender Kraft,
6
des Stolzes
schönigender Vorwand, die Selbst = Verblendung der Strömung „Ich erkannte ihn“ darüber, daß das Schiff in Eine in die es gerathen ist Richtung{hin fortgerissen wird,{? Daß es dorthin „will weil es dorthin
8
as
$
folgt,
Erkenntniß: Zurückführung von etwas
der Flu es läuft, wohin esAmuß? –
10
Wes ist ein Philosophen = Glaube, daß
*
12
Fremdem auf Etwas Bekanntes.
was ist amor, was deus, wenn ihnen jeder Tropfen Blut fehlt? jeder Tropfen Blut fehlt
an dem nichts mehr lebendig ist, weder amor, noch deus
aber
: obwohl ich ja ich würde immer glauben,
14
: denn, man vergebe mir, amor int. dei ist ein Geklapper
*
par excellence (dem Volke der AnpassungskünsteAansich)
18
22
abzugeben
guter SchauspielerAzu werden. Und was die Juden betrifft: nun, welche guten Schau
jeder Art Schauspieler Menge wird durch Gebärden überzeugt: das ist die Macht der Schausp.Aüber jedes
spieler sind heute nicht – Juden? –
Zeitalter der Menge 24
26
zu strecken,
28
zu
Kunst des jenerAVersteck = Spiel, das man
)
34
gemäß hängte
bei Thieren mimicry nennt lernt
zeugt.
freilich
Aals Instinkt andere Instinkte commandiren{u den „Künstler“ erzeugt. ZumeistAsehen wir einen
32
sich
anpaßt,Aendlich dieses aufgespeicherte Vermögen herrisch, unbändig, unvernünftig wird, –
„Künstler wird“ 30
zu
gebend, stellen hatten jenem
$ sich nach dem UmstandeAeinrichtendA , mit einem Mantel, derAjedem Winde sich zu
hängen ließ, mit
einem
t
welche
daß unter M., deren Vorfahren lange unter Druck u. Zwang gelebt haben,Asich nach der Decke
gerade noch
diesen Instinkt durchAanderen InstinktAim Zaum gehalten, zb. bei dem Diplomaten, oder bei z. B. als Meister der Presse ist den Juden (der jüdische LitteratAistAwesentlich Schauspieler – er spielt den „Sachkundigen“ – mit Meisterschaft, wie * *
nd
nd
jeder Zeit noch
daß es einemADiplom.Afreistünde, auch ein
20
die
guten
*
16
gesagt)
9: will] > will“ 15: int.] > intellectualis 17: Hinzufügungszeichen zu Z. 33 18: Anpassungskünste] Vk 20: guten] Vk
26: dem Umstände] nach unvollständiger Korrektur > den Umständen 26: einrichtend] nach Korrektur des Kontextes > einrichten 33: Hinzufügungszeichen zu Z. 17
34: ist] danach Einfügungszeichen verlängert
Mp XVII, 58r 28. Bleistift Fortsetzung von Seite 2. Bleistift
57r,38 )
2
4
6
13-48: Zuordnungslinie, Bleistift 48 )
$
$
Werth v. Wahrheit u Irrthum
gen „so sollte es sein“ jenes andere Verlangen nach dem, was ist, hervorgerufen: issen nämlich darum, was ist, ist bereits eine Consequenz jenes Fragens: „wie? ist möglich? warum gerade so?“ Die Verwunderung über die Nicht - Übereinstimmung unserer
8
Wünsche u. des Weltlaufs hat dahin geführt, den Weltlauf kennen zu lernen. Vielleicht
10
steht es noch anders: vielleicht ist jenes „so sollte es sein“, unser Welt - Überwältigungs=
12
Wunsch, – – es muß der Untergang des organ. Lebens auf seiner höchsten
14
Form ebenso angelegt sein wie der Untergang des Einzelnen.
16
18
Der Ursprung unserer Werthschätzungen: aus unseren Bedürfnissen
20
Ob nicht der Ursprung unserer anscheinenden „Erkenntnisse“ auch nur in älteren
22
Werthschätzungen zu suchen ist, welche so fest einverleibt sind, daß sie
24
zu unserem Grundbestand gehören? So daß eigentlich nur jüngere Be=
26
dürfnisse mit dem Resultat der ältesten Bedürfnisse handgemein werden?
28
Die Welt, so und so gesehen, empfunden, ausgelegt, daß organisches
30
Leben bei dieser Perspektive von Auslegung sich erhält. Der Mensch ist
32
nicht nur ein Individuum, sondern das Fortlebende Gesammt - Organische
34
in Einer bestimmten Linie. Daß er besteht, damit ist bewiesen, daß eine
36
Gattung von Interpretation auch bestanden hat, daß das System der Interpre-
38
tation nicht gewechselt hat. „Anpassung“
40
Unser „Ungenügen“, unser „Ideal“ usw. ist viell. die Consequenz dieses ein-
42
verleibten Stücks Interpretation,A; viell. geht endlich das organ. Leben daran
44
zu Grunde – so wie das Arbeitstheilung von Organismen zugleich eine Verkümmerung
(wenn auch immer fortgebaut)
unseres perspekt. Gesichtspunkts
der Theile
46
) 14
48
u. SchwächungA, endlich den Tod für das Ganze mit sich bringt. Es muß der Untergang eben so angelegt sein 1,14-48: KGW VIII 7[2] 259,1-260,3 2-12: KGW VIII 7[15] 308,15-22
1: Wahrheit] ¿ 2: gen] davor Textverlust, > Verlangen 4: issen] davor Textverlust, > das Wissen
6: möglich] davor Textverlust, > es möglich 22: einverleibt] ¿ 32: das] ¿
36: Interpre-] ¿ 42: verleibten] ¿ 44: das] > die
Mp XVII, 58v $
Bd. V, § 379. Bleistift
Misanthrop
geschrieben hat
wirklich
Das ist keinAMenschenhasser, der dies BuchAschreibt, – um die Menschen{zu hass
2
Haß schließt zu viel Ehre in sich, auch einen guten Theil Furcht
6
habe ich weder Ehrfurcht noch Furcht genug vor ihnen gehabt. „Auch Liebe nicht“ – $ Es ist Chamfort hinzufügen, gesetzt daß er wüßte, ich sei über 40 Jahr alt. Wirkli
8
verstehe ich nicht, wie man die Menschen als Menschheit (populär geredet, als „Pak
4
M XIV, 123. Bleistift
gänzlich, wie man
dazu müßte man schon
10
lieben kann; man mußASaint - Simonist sein u Franzose, das heißt mit einem
12
kleinen Übermaß erotischer ReizbarkeitAbehaftet. sein, umAdie Mh.Ain einer amorösen
14
Affektion zu nehmen. Da giebt es viel zu viel zu verachten, als daß man
16
lieben oder hassen könnte. Erste Voraussetzung: der Philosoph hat kein Interesse
18
dran, die Kluft, welcheAdie Verachtung aufreißt, zu verringern oder auch nur wegzu-
20
wünschen. Wenn man die Klüfte wegwünschte, es scheint mir, der Mensch hörte selbst
22
auf interessant zu sein? – Überlassen wir es den Kirchen auf Erden, dahin zu
u. verliebter Ungeduld
ie
er
sogar noch als Ganzes erotischen
oder hinausläuft Alle Philos. welche auch Philanthropismus, auch ein gewisser Grad von Mitleid,A ist Nervenschwäche – um vieles daran zu xx
gerade
z
wirken, daß die Menge immer weniger interessant wird.
24
. die M aßt hat Ageh ls leisten a m ehe manmüßte man aufs Verachten Verzicht wie s – u viell. sind wir M. V.? heute die Menschen der Menschenhaß bezahlt sichAzu theuer. UmAzu hassen, dürfte man nicht verachten,
*
u 26
Das ist kein Misanthrop, der dies Buch geschrieben hat{;Ader Haß schließt zu viel Ehre in
28
sich,Aauch einen guten Theil Furcht, Grund zur Furcht, –Awir geistigeren M. dieser Zeit
30
kennen aber unseren Vortheil gut genug, um, als die „Geistigeren“, in Hinsicht auf diese Zeit,
32
ohne Furcht sein zu dürfen. Man hat uns nöthig, man glaubt an uns
34
Das Zeitalter liebt den Geist, es liebt unsA–, wir lebenAin dem ehrlosesten u. verächtlichsten Jhd, es ist kein
36
Zweifel, auch dem geistreichsten: was zu beweisen ist.
wir Furchtlosen aber,
Gleichsetzung beinahe
zu leben. Man wird uns schwerlich köpfen, einsperren, verbannen; man wird nicht einmal unsere Bücher verbieten u. verbrennen. – u. hat uns nöthig
ersichtlich
im
*
d
im Ganzen, ohne Abzug, aus vollem Herzen, aus der ganzen Liebe des Hasses –
2: hass] danach Textverlust 4: nicht“ –] danach Textverlust 5: ist] danach Textverlust 6: Wirkli] danach Textverlust
8: Pak] ?, danach Textverlust 9: schon] ¿ 13: welche auch] nach Korrektur des Kontextes > welche auf
13: auch ein] nach Korrektur des Kontextes > auf einen 20: Mensch] ¿ 31: verbieten] ¿
Mp XVII, 59r $
29. Bleistift
2
Die Werthschätzungen A) als Folge (Leben, oder Niedergang
4
B) als Ursache
6
mißverständliche Auslegung
8
Maskerade
10
19
rt We
hv
h Wa on
rhe
I it u
rr t
hu
m
als Kunst der Verleumdung, der Selbstverherrlichung
12
ständisch bedingt
14
rassemäßig bedingt
16
Sonntags- u Alltags - Werthe
18
in Krisen, in Kriegen u. Gefahren oder im Frieden
die Entstehung im Ruhm eines Ideals, in der Verurtheilung seines
20
Gegentheils.
22
Antagonism zwischen Verstärkung u. „Verbesserung“
24
zwischen Verstärkung des Individuums u. Verstärkung
26
einer Rasse
28
zwischen Verstärkung einer Rasse u. Verstärkung der
30
32
NB. Das „Schöpferische“ wie tief hinein? „Menschheit“.
34
warum alle Thätigkeit, auch die eines Sinns, mit Lust verknüpft? Weil vorher eine Hem=
36
mung, ein Druck bestand? Oder vielmehr weil alles Thun ein Überwinden, ein
38
Herrwerden ist u. Vermehrung des Machtgefühls giebt? – Die Lust im Denken. – Zu-
40
letzt ist es nicht nur das Gefühl der Machts, sondern die Lust an dem Schaffen u. am Geschaff=
42
nen: denn alle Thätigkeit kommt uns ins Bewußtsein als Bewußtsein eines „Werks“ KGW VIII 7[2] 260,4-261,3
24: zwischen] Vk
38: Herrwerden] ¿
42: als] ¿
Mp XVII, 59v $
Bd. III, S. 292 (§ 182) Bleistift
4
Unsre Abzeichen z. B. die kritische Stellung zum Christenthum MA 2, 182 Tafel der Abgrenzungen.
zb. gegen Idealisten u. Romantiker
6
als Schauspieler und Selbstbelügner
8
10
Zur Psychologie der Einsamkeit.
gegen den Nationalismus.
12
Brief vom 4. Juli 1887 an Taine mit Abgrenzungslinie, Bleistift
gegen die Beschaulichen.
14
Zu Ehren des Irrthums.
16
Antagonismus zwischen Vermenschlichung u. Vergrösserung des Menschen.
18
Die Vollen und Schenkenden im Gegensatz zu den Suchenden, Begehrenden.
20
Die aesthetischen Zustände zwiefach.
22
Bücher und Menschen.
24
Fragen der Gesundheit.
26
Moderne Musik.
28
Classische Erziehung.
$
40 ) verehrtesten
32
am meisten verehrten alten
Großstadt.
30
verehrtesten{Franzosen unter meinen Lesern hätte.
Laster des Intellects
wandelte dann jener vielver=
zb der alte
xxx istA Richard Wagner, derAalte He= mein hochvereinzige der jetzt lebt gelianer Bruno Bauer, der schon
34
36
(der erste deutsche D.
) 30
ebenfalls
und
der alte Schweizer Dichter G. Keller
ehrterAalter College J. Burckhardt{– ich
38
hätte eine große Freude daran, wenn ich auch den von mir
40
2-32: KGW VIII 7[16]
16: Vergrösserung] ¿
30: Einfügungszeichen verlängert
*
2
Mp XVII, 60r $
30. Bleistift
unserem
v
2
Den größten Ekel haben mir bisher die Schmarotzer des Geistes gemacht: man findet sie, inAdem ungesunden
4
Europa, überall{, undAmit dem besten Gewissen,{ den achtbarsten ManierenA, Vielleicht ein wenig trübe, ein wenig
6
air pessimiste, in der Hauptsache aber gefräßig, schmutzig,Asich einschleichend, einschmiegend, diebisch, krätzig,
8
– u unschuldig wie alle kleinen Sünder u. Sünderinnen Mikrobien. Sie leben davon, daß andere Leute
sitzen
zwar
von der Welt ausgestattet, unter
Namen
ausgestattet einhergehend;
beschmutzend
en
10
ben
12
selbst u ihn mit vollen Händen ausgeben: sie wissen, daß wie esAzum Wesen des reichen Geistes gehört
selbst
Geist haben, daß ein reicher GeistAunbekümmert, ohne kleinliche Vorsicht, auf den Tag hin u.Averschwenderisch auszugeben – s denn der Geist ist ein darauf wie Alles von ihm lebt u zehrt. sich sie sind schlechte Haushalter u. hat kein Augenmerk, auf die Langfinger u. zu leben liebt Irrthum ahrheit u Werth v. W
14
Ein Künstler hält keine Wirklichkeit aus, er blickt weg, zurück, seine ernsthafte Meinung
16
ist, daß was ein Ding werth ist, jener schattengleiche Rest ist, den man aus Farben, Ge=
18
stalt, Klang, Gedanken gewinnt, er glaubt daran, daß, je mehr subtilisirt verdünnt
20
verflüchtigt ein Ding, ein M. wird, um so mehr sein Werth zunimmt: je weniger
22
real, um so mehr Werth. Dies ist Platonismus: der aber noch eine Kühnheit mehr
24
besaß, im Umdrehen: – er maß den Grad Realität nach dem Werthgrade ab
26
u sagte: je mehr „Idee“, desto mehr Sein. Er drehte den Begriff „Wirklich=
28
keit“ herum u. sagte: „was ihr für wirklich haltet, ist ein Irrthum, u wir kom-
30
men, je näher wir der „Idee“ kommen, der „Wahrheit“. – Versteht man es? Das
32
war die größte Umtaufung: u weil sie vom Christenthum aufgenommen ist, so
34
sehen wir die erstaunliche Sache nicht. Plato halt im Grunde den Schein,
36
als Artist, der er war, dem Sein vorgezogen: also die Lüge u. Erdichtung der
38
Wahrheit, das Unwirkliche als dem Vorhandenen, – er war aber so sehr vom Wer-
40
the des Scheins überzeugt, daß er ihm die Attribute „Sein“ „Ursächlichkeit“ u „Gutheit“,
42
Wahrheit, kurz Alles Übrige beilegte, dem man Werth beilegt.
44
Der Werthbegriff selbst, als Ursache gedacht: erste Einsicht.
46
Das Ideal mit allen Attributen bedacht, die Ehre verleihen: zweite Einsicht
2-12: KGW VIII 7[17] 13-46: KGW VIII 7[2] 261,4-28
4: Gewissen] danach Einfügungszeichen verlängert 4: Manieren] danach Einfügungszeichen verlängert 8: Mikrobien] aus unvollständiger Korrektur
16: aus] Vk 30: Wahrheit“] >? Wahrheit“ um so näher“ 46: allen Attributen] ¿
Mp XVII, 60v einzureden,
2
ihr Glück nicht erst durch durch einen Blick auf ihre Feinde künstlich zu construiren, unter UmständenAeinzuglücklich
4
lügen (wie es alle M. des ressentiments zu thun pflegen): und ebenfalls wußten sie das „Sich gut Köselitz Fühlen
Glück des
volle, überladende als eigentlich handelnde folglich nothwendig aktive M. M.
von dem
6
Befinden“ von demAGut - Handeln nicht abzutrennen, als so daß das
8
Zeichen davon im eÔ prãttein des griech. Sprachgebrauchs übrig geblieben ist.: Das Thätigsein wird
10
bei ihnen mit Nothwendigkeit ins Glück hineingerechnet (eÔ prãttein) – Alles sehr im Gegensatz zu
12
dem „Glück“ auf der Stufe desAGedrückten, mit giftigen u. feindseligen Gefühlen Überladenen, bei denen
14
es wesentlich als Rausch{, Betäubung, Ruhe, Frieden, Gemüts = Ausspannung u. - Gliederstrecken, kurz passivisch
Ohnmächtigen,
Narkose
„edelbürtig“
16
18
an Friedr. Hegar. [Nizza, Ende Okt. 1886.] rote Tinte und Bleistift
der :
20
22
24 26 28 30 32
.
34
36
38
40
42
er
44 46 48 50
auftritt. Wenn der vornehme M. vor sich selbst mit Vertrauen u. Offenheit lebt (genna›ow unterstreicht die das oh mit der sie nötig haben n e d r e w e i S , h c a – n i e s Nuance „aufrichtig“ u. auch wohl besser gegangen u r e s s e b t i e h d n u s e G e r h I r ere „naiv“), so ist der M des ress. ritt für Schritt h c d n S , e f f e ho n h c g i wie a $ sa es el Inzwischen wird, u. n. eran m icht ie vi u sehr n w n u gen h t he n e e u weder aufrichtig h i u r , c z c e S a d o r r r a n e n o i f b u An m Ob it ge nn rfe sage eit, w oßen Arbe zu en gr er dü habe lbe bark k e e d e n i s g a noch naiv, noch ückt mit sein diene große i S b e ie di n. ur e i r mit D ürd ber das Lied habe ülf ßS tn ird se ü ich, w t a h r w h e s e h r i d c m h e mit sich selber Wint c , wa ni rag tneh as S ist Na ir be Der rd ,w ort er en m i e v n v t m e i n rp t e x e w S r ehrlich.xxxx u. s Bi Zeile it d ral ung usc wi t x x x arf u e m g e i s n e t n d n Ihren a e h i N e h be ver Rec Me sM geradezu. es sag orc da Wetter hell, frisch, ohne Wolken, Tag u. Nacht, Tag für Tag. Fremde sehr zahlreich. das Hier ist en weil alle Welt diese Saison als die langen er. ass l Op Fürstlichkeiten zumal; vielleichtAletzte ge Saison vor dem großen Kriege ansieht. r n e de eh ng bg u Schlupfwinkel a r üh se Seine Seele schielt: sein Geist liebt esASchleichwege uff ich res A t d e t z ie sit alles als die e A sch fd er n, dies ün au r e u Hinterthüren, das Versteckte muthet ihn an wie seine e w t g ab ch un an K. Er versteht das Schweigen, das Nichtvergessen, das nWarten. ssi n: tig f r e u r u ä n A n n; e He sch Welt, seine Sicherheit, sein Labsal. Er wird kö m Be d u. aube ohn durch einen Glauben an die u e z s Rasse solcher M. des ress. n Eine irgend eine Rasse r n i (durch einen Irrthum) gegen si th och die en gt nothwendigBklüger sein als der{vornehme M Von PersonAdisciplinirt än nlich Mu er n eld w m endlich es pei den imm gez sich selbst vertheidigt Maaße Gut ein ihm sie wird die Klugheit in einem ganz anderen werden müssen , n n e e hMitunter c Gesichtspunkt der Erziehung, Ihn n ehren: nämlich als eine Existenzbedingung Mü Vielleicht eine zarte Schonung der Jünger, welche oft in ersten Ranges, während die Klugheit bei vornehmen M. vor Allem ein Versteck, – selbst bei großen Geistern? Vielleicht ein Bewußtsein von der Ermüdung, dem Alter, von nahem Ende
manche
vor dem Tode
52
der Erkaltung, Verhärtung,A, eine Klugheit des Instinkts, den die ThiereAhaben – sie gehen, wenn sie krank sind
54
bei Seite, werden still, verkriechen sichA, wählen die Einsamkeit, – sie werden „weise“….
in Höhlen
leicht
56
feinen
u Raffinement
eben
Aeinen leisen{Beigeschmack von LuxusAhat: – sie istAhier lange nicht so alle
58 60
Ehrfurcht
wesentlich wie etwa das tapfere Drauflosgehen u. die Plötzlichkeit von ZornA Liebe Dankbarkeit u Rache. 4: und] ¿ 5: überladende] > überladene 6: Handeln] Vk 12: des] > der 12: Überladenen] ¿
21: Schritt für Schritt] ¿ 26: mit sich] ¿ 30: geradezu] ¿ 43: wünschte] ¿ 45: sitzt] Vk
46: Existenzbedingung] ¿ 47: Beschäftigungen] ¿ 52: Erkaltung] Vk 55: Raffinement] ¿ 56: Beigeschmack] Vk
Mp XVII, 61r $
Der Wille zur Wahrheit
32. Bleistift
2
Die „Agnostiker“, die Verehrer des Unbekannten u Geheimnißvollen an sich, woher
4
nehmen sie das Recht, ein Fragezeichen als Gott anzubeten? Ein Gott, der
6
sich dergestalt im Verborgenen hält, verdient vielleicht Furcht, aber gewiß nicht
8
Anbetung! „Es muß angebetet werden“ – so gebietet hier der InstinktA: das ist englisch.
Und warum könnte das Unbekannte nicht der Teufel sein? Aber
für den Anstand
ent
10
Die TranscendAalisten, welche finden, daß alle menschl. Erkenntniß nicht den
12
Wünschen ihres Herzens genugthut, vielmehr ihnen widerspricht u Schauder macht,
14
– sie setzen unschuldig eine Welt irgendwo an, welche dennoch ihren Wünschen
16
entspricht, u die eben nicht unserer Erkenntniß zugänglich zeigt: diese Welt,
18
meinen sie, sei die wahre Welt, im Verhältniß zu welcher unsere erkennbare
20
Welt nur Täuschung ist. So Kant, so schon die Vedanta - Philosophie, so
22
manche Amerikaner. – „Wahr“, das heißt für sie: was den Wünschen unseres Herzens
24
entspricht. Ehemals hieß wahr: was der Vernunft entspricht.
26
Das allgemeinste Zeichen der modernen Zeit: der Mensch hat in seinen eigenen Augen
28
unglaublich an Würde eingebüßt. Lange als Mittelpunkt u. Tragödie{des Daseins
30
überhaupt; dann wenigstens bemüht, sich verwandt mit der entscheidenden u. an sich
32
werthvollen Seite des Daseins zu beweisen – wie es alle Metaphysiker thun, die die
34
Würde des Menschen festhalten wollen, mit ihrem Glauben, daß die moral. Werthe cardinale
36
Werthe sind. Wer Gott fahren ließ, hält um so strenger am Glauben an die Moral fest.
=Held
KGW VIII 7[3] 262,1-263,7
12: Schauder] ¿ 16: unserer] ¿ 16: zugänglich] >? sich zugänglich
26: modernen] ¿ 28: unglaublich] ¿ 30: verwandt] > als verwandt
34: mit ihrem] ¿ 34: cardinale] ¿
Mp XVII, 61v aller Werthe.
2
Erstes Buch.
4
I. Jede rein mo= ralische Werth=
Der europäische Nihilismus.
6
setzung (wie zb. die buddhistische)
Zweites Buch.
8
endet mit Ni =
Kritik der höchsten Werthe.
10
hilismus: dies
für Europa zu erwarten!)
Drittes Buch.
12
Man glaubt
Princip einer neuen Werthsetzung.
14
mit einem Mo= ralism ohne 16
Viertes Buch.
18
Zucht und Züchtung.
relig. Hintergrund auszukommen: aber damit ist der Weg zum Nihilism noth= wendig. In der Relig. fehlt der Zwang, uns als werthsetzend zu b etrachte
In der Religion fehlt der Zwang, uns als werthsetzend zu betrachten. schwarze Tinte
20
entworfen den 17. März
$
1887, Nizza.
22
KGW VIII 7[64]
2: teilweiser Schriftverlust
n.
Mp XVII, 62r 33. Bleistift
NB.
der Schmerz ein Urtheil (verneinend) in seiner gröbsten Form.
die Lust eine Affirmation
Abschwächungen des Affekts.
2
Zur psychol. Genesis von „Ursache u Wirkung“.
A.
4
6
a
Wille, Absicht, vehemente Begierde in Eine Richtung
b
tritt. Zweck, weniger vehement, weil die Vorstellung des Mittels u. Wegs dazwischen
c
8
10
Begierde:
„Grund“, ohneA
Sicherheit in dem Glauben an Absicht als Ur-
Wille zur Wahrheit
12
der Satz vom Grunde hat seine psychologische
sache jedes Geschehens
B. unterscheidendes Denken als Folge der Furcht u. Vorsicht bei dem Willen zur Aneignung.
das richtige Vorstellen eines Objekts ist ursprünglich nur Mittel zum Zweck des
14
16
Ergreifens, des Fassens u. Sich - bemächtigen.
18
Später wird dieses richtige Vorstellen selbst schon als ein Ergreifen
20
empfunden, als ein Ziel, bei dem Befriedigung eintritt.
22
DenkenAals Überwältigung u. Ausübung von Macht: als ein Zusammen-
24
fügen, als Einordnen des Neuen unter alte Reihen usw
zuletzt
26
C. das
Neue macht Furcht: andererseits muß Furcht schon da sein, um Neues als das Erstaunen ist die abgeschwächte Furcht
28
neu zu fassen
das Bekannte erregt Vertrauen
30
„wahr“ ist etwas, das das Sicherheitsgefühl erweckt
32
34
die inertia versucht zunächst das Gleichsetzen bei jedem Eindruck: das heißt den
36
die Furcht lehrt Unterscheiden, Vergleichen Lust= Im Urtheil ein Rest Wille (es soll so u so sein) ein RestAGefühl (Lust der Bejahung:)
38
40
neuen Eindruck u.
NB. Das
Vergleichen ist keine ursprüngliche Thätigkeit, sondern
42 44 46
be cf o
n
das Gleichsetzen! Das Denken Urtheil ist ursprünglich nicht der Glaube, daß etwas so u so ist, sondern der Wille, daß etwas so u. so sein soll.
KGW VIII 7[3] 263,8-264,17
16: bemächtigen] > bemächtigens
22: Zusammen-] ¿
die Erinnerung gleichsetzen; sie will Wiederholung.
$
Mp XVII, 62v
2
„Jede Thätigkeit als solche macht Lust“ – sagen die Physiologen. Inwiefern?
4
Weil die aufgestaute Kraft eine Art von Drang u. Druck mit sich gebracht hat,
6
einen Zustand, dem gegenüber das Thun als Befreiung gefühlt wird? Oder insofern
8
jede Thätigkeit ein Überwinden von Schwierigkeiten u. Widerständen ist? Und viele
,
wieder leicht u. wie in einem rhythmischen Tanze
10
kleine Widerstände, immerAüberwunden,Aeine Art Kitzel des Machtgefühls mit sich bringen?
12
14
u. überwunden wird.
16
18
irgend welchen Hemmungserscheinungen, Auslegungen derselben
20
22
tung u. Absonderlichkeit nicht sofort gefährlich u. bedingt keine Ausmerzung aus dem
24
gesellschaftl. Körper; andererseits geht man nicht gleich zu Grunde, weil die mittlere
26
Quantität aller Kräfte selbst in sehrAwiderspruchsreichen Wesen nach außen zu
28
die aggressive u. herrschsüchtige Tendenz verhindert.
30
32
in starken Zeitaltern die Gefahr in den Unsicheren liegt.
Lust als Kitzel des Machtgefühls: immer etwas voraussetzend, was widersteht
Alle Lust- u. Unlusterscheinungen sind intellektuell, Gesammtbeurtheilungen von
In willensschwächeren u. vielfacheren Zeitaltern ist ein hoher Grad von Entar=
willkürlichen u. eigensüchtigen
Die Gefahren solcher Zeitalter sind die concentrirten Willensmächtigen; während
2-18: KGW VIII 7[18] 20-32: KGW VIII 7[19]
25: eigensüchtigen] Vk mit Tinte der letzten Korrektur 30: sind] ¿
Mp XVII, 63r $
4. Bleistift
In wiefern die Welt = Auslegungen Symptom eines herrschenden Triebes sind.
k
2
Die artistische Welt = Betrachtung: sich vor das Leben hinsetzen. Aber hier fehlt die
4
Analysis des aesthet. Anschauens, seine Reduktion auf Grausamkeit, Gefühl der Si=
6
cherheit, des Richter - seins u = Außerhalb - seins usw. Man muß den Künstler selbst
8
nehmen: und dessen Psychologie (die Kritik des Spieltriebs, als Auslassen von
10
Kraft, Lust am Wechsel, am Eindrücken der eigenen Seele, der absolute Egoism
12
des Künstlers usw.) Welche Triebe er sublimisirt.
14
Die wissenschaftliche Welt = Betrachtung: Kritik des psychol. Bedürfnisses nach
16
Wissenschaft. Das Begreiflich - machen - wollen; das praktisch-, nützlich, -ausbeutbar
18
ü
- machen - wollen
– : inwiefern antiaesthetisch. Der Werth allein, was gezählt u.
20
berechnet werden kann. Inwiefern eine durchschnittl. Art M. dabei zum Überge=
22
wicht kommen will. Furchtbar, wenn gar die Geschichte in dieser Weise in Besitz ge=
24
nommen wird – das Reich des Überlegenen, des Richtenden. Welche Triebe er sublimirt!
26
28
nothwendig der moralische, sondern der Mensch der starken Erhebungen u tiefen
30
Depressionen, der die ersteren mit DankbarkeitAinterpretirt u. nicht von sich her=
32
leitet (– die letzteren auch nicht –) Wesentlich der sich „unfrei“ fühlende Mensch, der
34
die Unterwerfungs - Instinkte sublimisirt.
36
Die moralische Welt - Betrachtung. Die socialen Rangordnungs = Gefühle werden ins
38
Universum verlegt: die Unverrückbarkeit, das Gesetz, die Einordnung u. Gleich=
40
ordnung werden, weil am höchsten geschätzt, auch an der höchsten Stelle gesucht,
42
über dem All, oder hinter dem All, ebenso
44
Was gemeinsam ist: die herrschenden Triebe wollen auch als höchste Werth=
46
Instanzen überhaupt, ja als schöpferische u. regierende Gewalten betrachtet werden.
48
Es versteht sich, daß diese Triebe sich gegenseitig entweder anfeinden oder unterwerfen (syn=
50
thetisch auch wohl binden)AIhr tiefer Antagonismus ist aber so groß, daß wo sie alle Befrie=
Die religiöse Welt - Betrachtung: Kritik des religiösen Menschen. Es ist nicht
oder Verdacht
seine Zustände
.
oder in der Herrschaft wechseln
) 64r,16
KGW VIII 7[3] 264,20-265,27
6: u =] ?
Mp XVII, 63v
jede Art von
2
Die Moral gebietet nicht nur überASchreck = Mitteln, um sich gegen die kritische Hände u
4
Blicke zu vertheidigen: ihre größere Macht liegtAin ihrer Kunst der VerführungA, – sie versteht
6
es durch Bezauberung zu lähmen,Aden kritischen Willen zu lähmenAin Dienste zu nehmen, sie
8
ist, wie alle feinen Verführerinnen die größte Meisterin u Circe. u. Circe.
vom Leibe zu halten
Sicherheit
den kritischen Willen
mit Bez
noch mehr
u. Bezauberung weiß
zu sich hinüber zu locken selbst, selbst gegen sich selbst zu kehren
oder
darin, wie mir scheint,
aller Verführerinnen
schlechten Ruf fürchte sie eine Polizei oder Hölle oder guten Namen
$
Band IV, Seite 5, Vorwort. Herbst 1886. Bleistift
Bezauberung u.
oder Gewissensbiß
10
Die Moral gebietet nicht nur über jede Art von Schreckmitteln, um sich
12
gegen kritische Hände u Blicke vom Leibe zu halten; ihre Sicherheit liegt
14
noch mehr in ihrer Kunst der BezauberungA, – sie weißAden kritischen WillenAzu läh=
Messer
der
wie
s
C
oder
über die sie gebietet
oft mit einem einzigen Blick
durch einen Blick
dann eigenen kehrt: so daß er sich wie ein Scorpion selbst den Stachel in locken,Aselbst gegen sich selbst zu kehrenB:ASie versteht sich den Leib weiß bohrt. h darf billig die Ehre in Anspruch nehmen ja es giebt Fälle, wo sie ihn
16
men, zu sich hinüber zu
18
auf jede Teufelei der Überredung u hat sich bisher als die größte Meisterin aller
20
der Verführung, uAals die Circe der Philosophen! bewiesen. Woran liegt es, daß, von
zu
bewiesen: und, was Ph. betrifft,
in Europa
22
24
selbst hielten? Daß Alles eingestürzt ist, was sieAfür aere perennius
Plato ab, kein alle philos. BaumeisterAumsonst gebaut haben? Eine Zeitlang hat man
Die Antwort, die heute noch auf aller Zunge ist – eine verhängnißvolle Antwort, wie mir scheint: – die Grundvoraussetzung vernachlässigt war, mit Kant geantwortet: weil von ihnenAdie Kritik des Erkenntnißvermögens. vernachlässigt
war.
als ein langes Verhängniß u. Unglück
26
Sollte es nicht an der Zeit sein, diese ganze Kantische Wendung als überlebt zu be=
28
zeichnen,? Die Kritik des Erkenntnißvermögens – das wäre die Kritik eines Werkzeugs über sich
30
selbst, an sich selbst, über sich selbst: das heißt etwas Widerspruchsvolles uAHoffnungsloses. Wir
32
können durch keine Art Kritik dahinter kommen, was Erkenntniß ist, was Grenzen der Erkenntniß
34
sind: wir haben keine Möglichkeit
durch
von vornherein
42 )
36
38
u. nächste gerade das mit aller Unschuld es als die neueAAufgabe hinstellt
der selber seine Aufgabe einmal so bezeichnete „den Boden zu solchen majestätischen sittlichen Gebäuden sicher u. baufest zu machen.“ Oh wie falsch es ist die welche man diese Frage bereit hält: Man weiß es die Antwort entgegen, dieAheute noch auf aller Zunge ist
s
40
) 36
42
Jedermann kennt die Antwort: weil von ihnen allen die Grundvoraussetzung des festen Bauens vernachlässigt war, die jene verhängnißvolle
Kritik des m. Erkvermögens“: dieAAntworts Kants
4: größere] ¿ 9: zu Zeile 12 20: Einfügungszeichen verlängert
24: von] ¿ 39: entgegen] >? hingegen 40: Antwort] ¿
40: weil] > „weil 42: Antworts] > Antwort
Mp XVII, 64r $
34. Bleistift
2
„Schönheit“ ist deshalb für den Künstler etwas außer aller Rangordnung, weil in der Schönheit
4
Gegensätze gebändigt sind, das höchste Zeichen von Macht, nämlich über Entgegengesetztes;
6
außerdem ohne Spannung: – daß keine Gewalt mehr noth thut, daß alles so leicht
8
folgt, gehorcht, u zum Gehorsam die liebenswürdigste Miene macht – das ergötzt den
10
Machtwillen des Künstlers.
Inte
rpre
tatio
n
e Will
$ 16
eit
und was ihnen gemein ist.
14
63r,50 )
rh Wah
Die Welt = Auslegungen
12
zu Seite 4. mit Abgrenzungslinie, Bleistift
zur
digung wollen, ein M. von tiefer Mittelmäßigkeit zu denken ist.
KGW VIII 7[3] 264,18-19, 265,28-266,9
Mp XVII, 64v
Man kennt die Art Mensch, welche sich in die Sentenz 2
ie t
Schwachen 4
verliebt hat.
Die Lieblings = Maxime der Schwachen tout comprendre c’ est tout pardonner.
vor Allem Es sind die Schwachen, es sind namentlich die Enttäuschten: denn giebt Aber wenn es an Allem etwas zu verzeihen giebt, so gäbe
es auch an Allem et=
6
was zu verachten? Es ist die Philosophie der Enttäuschung, die sich hier so human
8
in Mitleiden einwickelt u. süß blickt.
10
Das sind Romantiker, denen der Glaube flöten gieng: nun wollen sie wenigstens
12
noch zusehen, wie Alles läuft u. verläuft. Sie nennen’ s l’ art pour l’ art, Ob=
14
„ jektivität“
usw. einen Maulwurf u. Bergmann,
Vorwort „Morgenröthe“ Bleistift
16
$ Untergrabenden In diesem Buche findet man einen „Unterirdischen“ am Werke, einen Grabenden, Bohrenden, auch ohne Sonnenschein
18
vgl. W I, 137. Bleistift
ren
Unterminirenden, ohne viel Lärm, wie billig,: obwohl das, was er vorbereitet
20
Sind nicht aus dem Anschein des Leeren u. Vollen, des Festen u. Lockeren, des Ruhenden
22
u. Bewegten, des Gleichen u. Ungleichen – ist nicht der älteste Anschein zur Meta-
24
physik gemacht?
26
28
was ist erkennen? kann ich erkennen?
30
Die volksthümlichen Ideale, der gute Mensch, der Selbstlose, der Heilige, der Weise, der
32
Gerechte Oh Mark Aurel!
die
Das europäische Philosophien der letzten Jahrhunderte, das mit einer Würde u Biederkeit
NB 34
jedes Mal
– Wer weiß es gut genug, wie theuer sichAdie Aufrichtung eines Ideals bezahlt macht! Wie viel zu diesem Zwecke dazu
36
$
Menschen u.
jedes Mal
WirklichkeitAverleumdet u. verkannt, wie viel Lüge geheiligt, wie vielAGewissenAgeopfert werden müssen –! verstört,
38
1-14: KGW VIII 7[10] 20-28: KGW VIII 7[11] 30-32: KGW VIII 7[12]
12: Ob=] > „Ob 14: „jektivität] > jektivität 36: Wirklichkeit] danach Einfügungszeichen verlängert
Mp XVII, 65r $
11 75. Bleistifte
$ Die Naiven: Lammenais, Michelet, Victor Hugo
Die Metaphy
2
4
$ unbedingten Aus der Gewöhnung an unbedingte Autoritäten ist zuletzt ein tiefes Bedürfniß nachAAutoritäten
6
entstanden: – so stark, daß es selbst in einem kritischen Zeitalter, wie dem Kants, dem
8
Bedürfniß nach Kritik sich als überlegen bewies, und in einem gewissen Sinne, die ganze Arbeit
x Bleistift
x Bleistift
10
des kritischen Verstandes sich unterthänig u. zu Nutze machen wußte. – Es bewies, in der darauf
12
folgenden Generation, welche durch ihre historischen Instinkte nothwendig auf das Relative jeder
14
Autorität hingelenkt wurde, noch Ein Mal seine Überlegenheit, als es auch die Hegelsche
16
Entwicklungs = Philosophie, die als Philosophie umgetaufte Historie selbst sich dienstbar machte
18
und die Geschichte als dieASelbstoffenbarung,Ader moral. Ideen hinstellte. Seit Plato ist
20
die Philos. unter der Herrschaft der Moral: auch bei seinen Vorgängern spielen moral. Inter-
22
pretationen entscheidend hinein (bei Anaximander das Zu Grunde gehen aller Dinge als Strafe
24
für ihre EmancipationA, bei Heraklit die Regelmäßigkeit der Erscheinungen als Zeugniß für den
26
sittlichen - rechtlichen Charakter des Daseins)
in
fortschreitende
Selbstüberbietung
vom reinen Sein
gesammten Werdens
$
x Bleistift
ihre Allgemeingültigkeit
28
Was ist das Kriterium der moral. Handlung? 1) ihre Uneigennützigkeit 2) usw. Aber
30
das ist Stuben = Moralistik. Man muß die Völker studiren u. zusehen, was jedes Mal
32
das Kriterium ist, und was sich darin ausdrückt. Ein Glaube „ein solches Verhalten gehört
34
zu unserenAExistenz - Bedingungen. Unmoralisch heißt „untergang = bringend“. Nun sind alle
36
diese Gemeinschaften, in denen diese Sätze gefunden wurden, zu Grunde gegangen: einzelne
38
dieser Sätze sind immer von Neuem unterstrichen worden, weil jede neu sich bildende Ge=
40
meinschaft sie wieder nöthig hatte zb. „du sollst nicht stehlen“. Zu Zeiten, wo das Gemein=
42
gefühl für die Gesellschaft (z B. imp. rom.) nicht verlangt werden konnte, warf sich der Trieb
44
auf s ’ „Heil der Seele“, religiös gesprochen: oder „das größte Glück“ philosophisch geredet. Denn
46
auch die griech. Moral - Philos. empfanden nicht mehr mit ihrer pÒliw.
ersten
KGW VIII 7[4] 267,1-268,16
2: Lammenais] > Lamennais 10: machen] > zu machen 24: Regelmäßigkeit] ¿
26: sittlichen-] > sittlich27: Allgemeingültigkeit] ¿ 34: Bedingungen] > Bedingungen“
42: imp. rom.] > imperium romanum 44: auf s’] > auf’s
Mp XVII, 65v
2
4
es. unsere g lauben, daß g n e n n e k r e u z e i s
(wie z. B. E. Dühring)
6
sten
8
10
Man höre unsere Materialisten, etwa wenn sie zugleich Anarchisten u radikale
lscha
ft.
ng i Ordnu
vielmehr r der Moral; sie sind durchaus keine Gegne
m Ge
gerade
gens
atz
weil
rtheils or. Voru Bann des m m e d r e t n u r a g sie stehen ganz u. der Verneinung u. Auflösung demnach sind
Man höre selbst die Gegner unserer gesellsch. Ordnung: ihr Fanatismus bedient sichAder Worte
,
Gesel
ieser egner d sind sie G t, h e t s l a r o zur M
vielleicht umgekehrter Anwendung
12
„Recht, Unrecht“ genau im gleichen Sinne, wenn auch in anderer Nutzanwendung; wie sie
14
glauben etwasAgesagt zu haben, wenn sie sagen „das Capital ist Unrecht“ Vielleicht nennen sie
16
sich selbst „die Guten u. Gerechten“ sind u als solche das sich alle Freiheiten nehmen dürfen, zb. auch zu
18
einiger Gewaltsamkeit. Man erinnert sich, daß R.
Entscheidendes
geben sie sogar
zu verstehen, daß sie selber
oder
u Kritik sie über „du sollst“ u „du sollst nicht“ erung, z mit ihrem Hang zum Widerspruch, zu Neuwird aus ihnen, sobald die Moral nachdenken? wohin mit sie bisher mit der Moral gemacht? – u {ihre GewohnheitenAdes Zweifels – u. der Auflehnung – was haben allesammt w ollen sie chst sie hatten alle nöthig, sich mit ihr abzugeben. ä n alle zu Es giebt gar nichts Bescheideneres alsAdiese Moral = Philosophen: sie wollen ihr „du sollst“ u du sollst nicht mit Jedermann gemein haben: erstes
mit ,
20 22
Die Meisten wollen dies „du sollst“ u „du sollst nicht“ auf auf gute Füße stellen, „begründen“, wie
24
26
oder Grundsätzen
zu von ihnen wenden ihre beste Kraft an, die Moral u vereinbaren, womöglich bis zur Einheit
man sagt, etwa mit der Vernunft verschwistern oder gleichsetzen; die Feineren finden umgekehrt in der anders
dem
sie erklären die menschl. Handlungen, ohne vom Willen
28 30
Zeichen der preisgegebenen verlorenen Unab-
32
hängigkeit. Sie
34
36
zu
e Wiedervergeltung. hängigkeit nimmt sein
gehen so weit, diese Gemeingültigkeit zum Kriterium der mor. Vorschrift zu
38
machen. Man merkt: der Verlust der Unab-
40
10: die] danach Einfügungszeichen verlängert 18: R.] >? Rousseau
20: Auflehnung] danach Einfügungszeichen zweimal verlängert
23: erstes] ¿ 34: hängigkeit] ¿
Mp XVII, 66r $
43. Bleistift
im Vordergrund: 2
Spinoza’ s psycholog. Hintergrund. Spärlich!
1) Der hedonistische Gesichtspunkt
Worin besteht die beharrliche Freude oder wie kann der freudige Affekt
4
verewigt werden?
6
So lange die Freude sich auf etwas Einzelnes bezieht, ist sie beschränkt u. ver-
8
gänglich; sie
10
12
wird vollkommen, wenn sie nicht mehr mit den Dingen wechselt, sondern in deren
14
wandellosem Zusammenhange ruht; sie ist ewig, wenn ich das All in mein
16
Eigenthum, omnia in mea, verwandle u. von diesen omnia mea jeden
18
Augenblick sagen kann „mecum porto“
20
Im tract. de intell. emendatione Op. II p. 413. „Ich habe den Entschluß gefaßt zu unter-
22
suchen, ob sich etwas finden ließe, dessen Besitz mir den Genuß einer dauernden u. höchsten
24
Freude ewig gewährte. „Die Liebe zu einem ewigen u. unendlichen Wesen erfüllt das
26
Gemüth mit reiner Freude, die jede Art Trauer ausschließt“. „Das höchste Gut ist die
28
Erkenntniß der Einheit unseres Geistes mit dem Universum.
e
) 67v,30 (hierzu Blatt 39b) Bleistift
egoistische
30
2) der natürlich =AGesichtspunkt:
32
Tugend u. Macht identisch. Sie entsagt nicht, sie begehrt, sie kämpft nicht gegen,
34
sondern für die Natur; sie ist nicht die Vernichtung, sondern die Befriedigung des
38
mächtigsten Affekts. Gut ist, was unsere Macht fördert: böse das Gegentheil. Tugend folgt $ 3) der spezifische „Denker“ verräth sich.
40
Die Erkenntniß wird Herr über alleAAffekte; sie ist stärker. „Unsere wahre Thätigkeit
36
anderen
der Begierde
42
zu leben.
besteht in der denkenden Natur, in der vernünftigen Betrachtung. Die Begierde zur Thätigkeit =Avernunftgemäß{
44
46
eines Plato, Aristoteles u Sokrates.“; die Lehre von den „substantiellen Formen“ (Zweckbegriff in
48
der scholast. Ausdrucksweise) nennt er „eine Narrheit unter tausend anderen“ KGW VIII 7[4] 268,17-269,6, 269,11-19
„ich gebe nicht viel auf die Autorität
20: unter-] nach Textverlust: unter 22: höchsten] nach Textverlust: höchs 24: gewährte.] > gewährte.“ 26: ist die] nach Textverlust: ist d
26: Das] ¿ 28: Universum.] > Universum.“ 30: Gesichtspunkt:] nach Textverlust: Gesichtspunkt
32: gegen,] nach Textverlust: gegen 36: folgt] nach Textverlust: fol 38: sich.] nach Textverlust: si 41: leben.] nach Textverlust: leben
Mp XVII, 66v
$
Nizza, Febr. 1887. Bleistift
keine
für meine Person
2
– Ich hoffe nicht, daß Sie von mirANachrichten über das Erdbeben erwarten? IchAselbst bin dabei
4
nicht „umgefallen“, habe selbst an jenem Morgen des Schreckens, wo N. einem Tollhaus im Freien glich,
6
mit großer Gemüthsstille in meinem Zimmer gearbeitet (das Haus war sonst verlassen); auch ist es
8
mir passirt, daß ich in einem Brief, den ich an jenem Mor Tage abschr schrieb, das Ereigniß
u
10
des Tages zu vergessen.
12
Eben kommt ein langer Brief meiner Schwester an, der das ausführlichste Bild ihrer jetzigen
ühevollen, aber wohlgemuthen 14
.
AExistenz giebt, vor Allem die entscheidende Nachricht von einem glänzend gelungenen Ankauf
16
eines mächtigen Stücks Land, größer als manches deutsche Fürstenthum, voll des herrlichsten Hoch-
18
waldes; man will nämlich auch Holzhandel treiben, mit Argentinien, das keine Wälder hat.
20
Nun, mir steht immer noch bei solchen Unternehmungen etwas der Verstand stille:
22
richten aus der „neuen Welt“. Was machen denn alle die jungen u. weniger jungen Mädchen, mit denen bekannt zu sein ich Ihrer Freundschaft verdanke? „sehr verehrenden“
außer einem Empfangsanzeichen: ich hatte ihr nämlich mein letztes Buch geschickt u.
mit; dagegen keinen Br von Fl. Rohr: ich nehme an, daß ich sie hübsch durch das
26
übersendete Buch verschreckt habe. Von Fl. v Schirnhofer seit Jahren keine Nachricht; ein Versuch,
28
.
Daß ich einenBBrief von Frl. v. Salis aus Zürich erhalten habe, theilte ich Ihnen viell. schon
24
urch
. v
Es liegt mir ganz fern: Nach
30
32
in Schrecken gesetzt ist.
etwas durch deren Freundin, Fl. Wildenow in Zürich zu erfahren, mißrieth. Ein Fl. Druskowitz hat was Alles von unhalt Litteraten= sich neuerdings durch altklugesAGeschwätz an mir versündigt usw. usw. Der Himmel weiß, wie Vieles ren Bekanntschaften, Freundschaft en u. menschl. Beziehungen in den letzten Jahren bei mir umgefallen ist; unhaltbare Verhältnisse war wie ein Erdbeben
34
immer
A – im Grunde bin ich nun allein. Oder bin ichsAnoch nicht?
4: Schreckens] ¿ 4: N.] > Nizza 13: ühevollen] davor Textverlust, > mühevollen 14: gelungenen] ¿
20: Unternehmungen] ¿ 25: urch] davor Textverlust, > dadurch 28: erfahren] Vk 30: Himmel] ¿
31: ren] davor Textverlust, > baren 31: menschl.] ¿ 33: war] davor Textverlust, >? es war
Mp XVII, 67r $
39. Bleistift
) 68v,46
2
Wenn Alles im letzten Grunde vermöge der göttlichen Macht geschieht, so ist
4
Alles in seiner Art vollkommen, so giebt es kein Übel in der Natur der Dinge; ist
6
der Mensch durchgängig unfrei, so giebt es kein Böses in der Natur des menschl.
8
Willens; so sind die Übel u das Böse nicht in den Dingen, sondern nur in der
10
Einbildung des Menschen
12
In Gott fehlt Wille u. Verstand u Persönlichkeit. u Zweck.
14
Sp. wehrt sich gegen die, welche sagen, Gott wirke Alles sub ratione boni. Diese
16
scheinen etwas außerhalb G’ s anzunehmen, das von Gott nicht abhängig ist, worauf er sich
18
wie auf ein Musterbild in seinem Handeln richtet oder wohin er, wie nach einem
20
Ziele trachtet. Das heißt fürwahr Gott dem Schicksale unterwerfen: was die größte
22
Ungereimtheit ist. Eth I Prop. XXXIII Schol 2.
24
26
Der Wille Gottes aber ist dem M. undurchdringlich. Bei dieser Denkweise würde die
28
Wahrheit den M. in alle Ewigkeit verborgen geblieben sein, wenn nicht die Mathe-
30
matik (die sich nicht mit Zwecken, sondern lediglich mit der Natur u. den Eigenschaften
32
der Größen beschäftigt) den Menschen eine andere Richtschnur der Wahrheit vorgehalten
34
hätte.
36
38
einsehe.“ Spinoza „ich habe Vieles für Gut gehalten, von dem ich jetzt ein-
40
sehe, daß es eitel u werthlos ist.“ Wenn es ein ächtes u. unverlierbares Gut giebt, so
42
ist die Befriedigung daran ebenso dauernd u. unzerstörbar, so ist meine Freude ewig“
Der letzte Grund jeder Begebenheit „Gott hat sie gewollt“ Asylum ignorantiae.
Descartes sagt „ich habe Vieles für wahr gehalten, dessen Irrthum ich jetzt
$
Forts. S. 40b. unten. Bleistift
KGW VIII 7[4] 270,8-271,3
12: fehlt] ¿ 14: wirke] Vk 18: oder] ¿
24: ignorantiae.] nach Textverlust: ignorantiae 28: Mathe-] nach Textverlust: Mathe 40: Wenn] > „Wenn
Mp XVII, 67v $
Genealogie VII, S. 403 Bleistift
2
Feuerbach’ s „gesunde u frische Sinnlichkeit“ „Grundsätze einer der Philosophie der Zukunft“ 1843.
4
gegen „die abstrakte Philosophie“
6
8
10
Die antike Philosophie hatte den Menschen als Zweck der Natur im Auge
Die christliche Theologie dachte die Erlösung des Menschen als Zweck der göttlichen Vorsehung.
12
$
Genealogie VII, S. 377f. Bleistift
66r,36 )
Merkwürdig Spinoza „ich verstehe unter conscientiae morsus die Traurigkeit, be=
16
gleitet von der Vorstellung einer vergangenen Sache, die gegen alles Erwarten
18
ausgefallen ist“ Eth. III Prop. XVIII. Schol. I. II. p. 147. 48. Affect. Def. XVII
20
Als Gegensatz das gaudium, wenn der erwartete Ausgang nicht
22
eintrifft u. die Furcht plötzlich aufhört. Trotz K. Fischer wäre es möglich, daß
24
hier Sp. die Bezeichnung a potiori gewählt habe: u daß er als den objek=
26
tiven Kern jedes „Gewissensbisses“ das Bezeichnete ansah. Er mußte ja bei sich
28
die Schuld leugnen: was war also ihm die Thatsache „consc. morsus“, welche übrig blieb?
30
)
Anfang Seite 43a Bleistift
14
32
p. 188.
aus dem Streben nach Selbsterhaltung. „Was wir thun, thun wir, um unsere Macht zu $ erhalten u. zu vermehren“ „Unter Tugend u Macht verstehe ich dasselbe“
34
Finis = appetitus. Virtus = potentia.
36
Eth. IV Defin. VII. VIII.
38
KGW VIII 7[4] 269,6-10, 269,20-270,7
Mp XVII, 68r $
40. Bleistift
2
Leibniz: Man muß mit mir ab effectu urtheilen: weil Gott diese
4
Welt, so wie sie ist, gewählt hat, darum ist sie die beste“. Théod. p 506.
6
8
Das theologische Vorurtheil bei Kant, sein unbewußter Dogmatismus, seine mora=
10
listische Perspektive als herrschend, lenkend, befehlend
12
Das pr«ton ceËdow: wie ist die Thatsache der Erkenntniß möglich?
14
ist die Erkenntniß überhaupt eine Thatsache?
16
was ist Erkenntniß? Wenn wir nicht wissen, was Kant altes Spiel:
18
Erkenntniß ist, können wir un-
will das alte Ideal retten, auf die
20
Gefahr hin der Unbeweisbarkeit Erkenntniß giebt. Sehr schön! Aber
22
24
26
28
30
32
schon
wenn ich nichtA„weiß“, ob es Erkenntniß Skepsis als Schleichweg zum alten Ideal 1) dh. die Seins = Welt als die wahre Welt 2) die Welt essentiell Moralität
38
42 44
46
) 42
48
Frage „was ist Erkenntniß“ gar nicht vernünftigerweise stellen. Kant glaubt an die Thatsache der Erkenntniß: es ist eine NaivetätA: die Erkenntniß
der Erkenntniß! „Erkenntniß ist Urtheil!“ Aber Urtheil ist ein Glaube, daß etwas so u so ist! Und nicht Erkenntniß!
40
48 )
giebt, geben kann, kann ich die
was er will
Kant Pessimist:
34
36
möglich die Frage beantworten, ob es
– eine nothwendige u. allgemeingültige Verknüpfung verschiedener Urtheile Vorstellungen – „alle Erkenntniß besteht in synthetischen Urtheilen“
mit dem Charakter der Allgemeinheit (die Sache verhält sich in allen Fällen so und nicht anders) mit dem Charakter der Nothwendigkeit (das Gegentheil der Behauptung kann nie stattfinden)
KGW VIII 7[4] 272,7-32
2: Man] > „Man 12: pr«t ] ¿
31: essentiell] ? 44: synthetischen] Vk
Mp XVII, 68v (vollkommene Abwesenheit des „Künstlers“) Höchste u. komische Pedanterie eines Logikers, der seinen Trieb vergöttert
4
Dabei hat er das größte Gefühl von Macht.
6
Der Trieb dazu hat alle anderen Triebe überNichts hat Werth gegenüber dem
8
Werthe klaren Folgerns. Alle
Das Bewußtsein dieser „Erkenntniß“ hält bei
12
anderen Werthe sind nur Folge
ihm an: eine Art „Liebe zu Gott“ re=
14
unklaren Denkens. Schnöde Ver=
sultirt daraus, eine Freude am Dasein,
16
werfung aller Güter des Lebens;
wie es auch sonst ist, an allem Dasein.
18
beständige Verleumdung von Al=
20
lem, um Eins in die höchste
Woher kommen alle Verstimmungen, Trauer,
22
Höhe zu bringen, das klare Denken.
Furcht, Haß, Neid? Aus Einer Quelle: aus
„ Aller
unserer Liebe zu den vergänglichen Dingen. Mit
die Dinge ohne Ordnung untersucht
dieser Liebe verschwindet auch das ganze Ge=
28
werden.“!!!
schlecht jener Begierden
30
Wie bei Schopenhauer: die Begierden
32
schweigen unter der Gewalt der aesthet.
klar durchschaute, so konnte ich doch Habsucht,
34
Contemplation.
Sinneslust u Ehrgeiz nicht ganz ablegen. Eins
36
Eine psycholog. Erfahrung, falsch u.
aber erfuhr ich: so lange mein Geist in
38
generell ausgedeutet.
jener Betrachtung lebte, war er diesen Begierden
„ Obgleich
ich die Nichtigkeit der Güter der Welt
40
abgewendet – und dies gereichte mir zu großem
42
Troste. Denn daraus sah ich, daß jene Übel nicht unheilbar seien. Anfangs das neue Leben seltene, kurze Augenblicke – Psycholog. Fehlschluß: als ob die Dauerhaftigkeit eines Dings die Dauerhaftigkeit
46
48
Gehört zu S. 39a unten mit Abgrenzungslinie, Bleistift
Zweifel rührt davon her, daß
26
44
67r,42 )
wältigt u. ausgelöscht.
10
24
; auf .
Spinoza glaubt, Alles absolut erkannt zu haben.
2
der Affektion verbürgte, die ich zu ihm
$
habe!
50
KGW VIII 7[4] 271,4-272,6
32: Gewalt der] ¿
Mp XVII, 69r $
41. Bleistift
2
Diejenige Einsicht, die a priori stattfindet, also unabhängig von aller Erfahrung aus der
4
bloßen Vernunft, „eine reine Erkenntniß“.
6
Die Grundsätze der Logik, der Satz der Identität u des Widerspruchs, sind reine Erkennt=
8
nisse, weil sie aller Erfahrung vorausgehen. – Aber das sind gar keine Erkenntnisse! sondern regulative Glaubensartikel!
10
12
Um die Apriorität (die reine Vernunftmäßigkeit) der mathemat. Urtheile zu be-
14
gründen, muß der Raum begriffen werden als eine Form der reinen Vernunft.
16
Hume hatte erklärt: „es giebt gar keine synthet. Urtheile a priori“. Kant
18
sagt: doch! die mathematischen! Und wenn es also solche Urtheile giebt, giebt
20
es vielleicht auch Metaphysik, eine Erkenntniß der Dinge durch die reine Vernunft!
22
Quaeritur.
24
Mathematik ist nur möglich unter Bedingungen, unter denen Metaphysik nie möglich ist
26
alle menschliche Erkenntniß ist entweder Erfahrung od Mathematik
28
Ein Urtheil ist synthetisch: dh. es verknüpft verschiedene Vorstellungen
30
es ist a priori : dh. jene Verknüpfung ist eine allgemeine u nothwendige, die
32
nie durch sinnliche Wahrnehmung, sondern nur durch reine Vernunft
34
gegeben sein kann.
36
Soll es synth. Urtheile a priori geben, so wird die Vernunft
38
im Stande sein müssen, zu verknüpfen: das Verknüpfen ist eine Form.
40
Die Vernunft muß formgebende Vermögen besitzen. KGW VIII 7[4] 274,3-31
12: Um] Unterstreichung?
32: Wahrnehmung,] ¿
38: Form] Vk
Mp XVII, 69v Die Rechtmäßigkeit im Glauben an die Erkenntniß wird immer vorausgesetzt: so wie
2
4
die Rechtmäßigkeit im Gefühl des Gewissensurtheils vorausgesetzt wird. Hier ist die moralische
6
Ontologie das herrschende Vorurtheil. Also der Schluß ist: 1) es giebt Behauptungen, die
8
10
12
14
16
20
22
stammen
kenntnißquelle u eine andere Er haben!
die nur unter gewissen Bedingungen
3) folglich muß er ohne Erfahrung, anders=
gültig sind 2) diese Bedingung ist, daß es
woher sich
ohne Erfahrung überhaupt dasind?
begründen!
28 30
Problem: und eine sehr begrenzte u. enge
32
Erfahrung bringt oft einen solchen Glauben zu=
a posteriori“ giebt, sondern auch data
34
wege!
a priori, „vor der Erfahrung“. Nothwendigkeit
26
) 21
gültigkeit kann nicht aus der Erfahrung
nicht aus der Erfahrung stammt, aus der reinen Vernunft stammt starken Überzeugung ist ein psycholog.
24
28 ) ) 27
2) der Charakter der Nothwendigkeit u. All=
Kant schließt 1) es giebt Behauptungen
18
38 ) ohne
wir für allgemeingültig u. nothwendig halten
Also: die Frage ist, woher unser Glaube an die Wahrheit solcher Behauptungen seine Gründe Nein, woher er seine Ursache hat!
nimmt? Aber die Entstehung eines Glaubens, einer
Er setzt bereits voraus, daß es nicht nur „data
36
u. Allgemeinheit können nie durch Erfahrung gegeben
38
Es giebt keine einzelnen Urtheile!
werden: womit ist denn nun klar, daß sie
40
Ein einzelnes Urtheil ist niemals „wahr“, niemals Erkenntniß, erst im Zusammenhange, in der Beziehung von vielen Urtheilen ergiebt
42
sich eine Bürgschaft.
44
46
Was unterscheidet den wahren u. den falschen Glauben? Was ist Erkenntniß? Er „weiß“ es, das ist himmlisch!
48
50
Nothwendigkeit u. Allgemeinheit können nie durch Erfahrung gegeben werden. Also unabhängig von der Erfahrung, vor aller Erfahrung!
52
KGW VIII 7[4] 273,1-274,2
10: allgemeingültig] ¿ 12-14: Allgültigkeit] >? Allgemeingültigkeit
14: kann] ¿ 24: woher] Vk
28: einer] ¿ 34: Nothwendigkeit] Vk
Mp XVII, 70r $
42. Bleistift
$
an Frl. v. Meÿsenbug [Sils, 30. Juli 87.] gedruckt Brfbd. III, S. 628. Bleistift
Nein, meine verehrte Freundin, das lasse ich mir nicht gefallen, daß Sie mich
2
ve
4
mit dem schwachsinnigen u. eitlen Burschen Lanzky verwechseln, ein Litterat
6
zehnten Ranges, dem ich einen Fußtritt gegeben habe, als ich merkte, welchen
8
Mißbrauch er mit meinerALitteratur zu treiben anfieng. Halten Sie denn eine Seite
u meiner
süßlichen
10
s
dergleichen ein
von seinemAGewäsch aus? Für mich wäre das{Brechmittel. Es versteht sich von ein
seine
12
selbst, daß die „Abendröthe“, von der Sie schreiben, mir absolut unbekannt ist;
14
– es darf Nichts von ihmAüber meine Schwelle, so wenig als er selber. – Von
16
seiner „Litteratur“ abgesehen, ist es{einAgutmüthigerA, aber innerlichAcorrumpirter M.
18
(wenn ich die Wahrheit darüber vor Ihnen ausdrücken darf); wenn solche mißrathene
20
Creaturen gar noch sich den „Mantel der Weisheit“ umthun, so muß man
22
sie behandeln, wie die unverschämtesten Lügner u. ihnenAden Stuhl vor die
24
ThürAsetzen. – Daß Sie nie Mensch u. M. unterscheiden lernen, ver-
26
ehrte Freundin! – Nun, das ist kein Grund, Ihnen böse zu sein: im
28
Gegentheil!! Ich glaube, man hat Sie immer gerade deshalb geliebt, –
30
durch Ihr ganzes reiches an Liebe reiches Leben hindurch. –
mehr
anscheinend ziemlich
.
um xxx mehr
u. braver
ein für alle Mal
ein für alle Mal
.
Nun, Nichts für ungut! Ihnen, ernsthaft u
32
in
36
Liebe
scherzhaft, immer{gleicherAzugethan
34
Raum u Zeit als Bedingung der Erfahrung!
36: KGW VIII 7[4] 274,32
4: schwachsinnigen] ¿ 4: verwechseln] Vk 4: Litterat] ¿
6: merkte] ¿ 8: meiner] nach Korrektur des Kontextes > mir
8: Litteratur] ¿ 10: Gewäsch] Vk 26: böse] Vk
Mp XVII, 70v
2
Kant bezeichnet die französische Revolution als den Übergang aus dem mechan.
4
in das organische Staatswesen!
6
Die erfinderischen u. bahnbrechenden Geister in den Wissenschaften, die sog. „großen Köpfe“, ur-
8
theilt Kant, sind spezifisch vom Genie verschieden: was sie entdeckt u. erfunden
10
haben, hätte auch können gelernt werden u. ist vollständig begriffen u gelernt worden.
12
In Newton’ s Werken ist nichts Unlernbares; Homer ist nicht ebenso begreiflich als
14
Newton! „Im Wissenschaftlichen also ist der größte Erfinder vom mühseligsten Nach=
16
ahmer u Lehrlinge nur dem Grade nach verschieden.“
18
Anderer mit Einfügungszeichen, Bleistift
20
Urtheilskr. § 53 Bleistift
Antichrist No 11. Bleistift
Psychol. Idiotismus!!
„der Musik hängt ein gewisser Mangel an Urbanität an“,„sie drängt sich gleichsam $ auf“, sie thut der Freiheit Abbruch“ $
22
die Musik u die Farbenkunst bilden eine eigene Gattung unter dem Namen des
24
„schönen Spiels der Empfindungen“
26
28
Die Frage, ob die Menschheit eine Tendenz zum Guten hat, wird durch die Frage
30
vorbereitet, ob es eine Begebenheit giebt, die gar nicht anders erklärt werden kann als
32
durch jene moralische Anlage der Menschheit. Dies ist die Revolution. „Ein sol=
34
ches Phänomen in der Menschengeschichte vergißt sich nicht mehr, weil es eine An=
36
lage u ein Vermögen in der menschl. Natur zum Besseren aufgedeckt hat,
38
dergleichen kein Politiker aus dem bisherigen Lauf der Dinge herausgeklügelt
Malerei u. Gartenkunst zu einander gesellt.
$
40
KGW VIII 7[4] 274,33-275,26
16: Psychol. Idiotismus] ¿
hätte.“
20: sie] > „sie
Mp XVII, 71r $
104 Bleistift
Wenn sich die Mh. zunehmend verschlechtert, so ist ihr Ziel das absolut Schlechte
2
4
6
sie
8
10
ht
n
i
er nd
ts ich
an
e der
mo
12
Ge
ral
s
ch chi
ls sa
is
che
: die terroristische Vorstellungsart
te
ein
im Gegensatz zu der eudämonistischen Vor
e
w Be
stellungsart oder dem „Chiliasmus.“
egu
ng
Schwankt die Geschichte zwischen Fort u Rückschritt hin u her, ist ihr ganzes Treiben zweck- u ziellos,
14
nichts als eine geschäftige Thorheit, so daß sich
16
Gutes u Böses gegenseitig neutralisiren u. das
18
Ganze als ein Possenspiel erscheint: das nennt Kant die abderitische Vorstellungsart.
20
Psycholog. Idiotismus
„Ein
22
gewissenhafter Ketzerrichter ist eine contradictio in adjecto“
$
Die Religion innerh. der Gr. etc IV. Stück, II. Theil § 4. Bleistift
.
24
ohne die Wiedergeburt sind alle menschl. Tugenden nach Kant glänzende Arm-
26
seligkeiten. Diese Besserung ist möglich nur vermöge des intellegiblen Charakters;
28
ohne ihn giebt es keine Freiheit weder in der Welt, noch im Willen des Menschen,
30
noch zur Erlösung vom Bösen. Wenn die Erlösung nicht in der Besserung besteht,
32
kann sie nur in der Vernichtung bestehen. Der Ursprung des empirischen Charakters, der
34
Hang zum Bösen, die Wiedergeburt sind bei Kant Thaten des intelligiblen Charakters;
36
der empirische Charakter muß an seiner Wurzel eine Umkehr erfahren. der ganze Schopenhauer
$
Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft II. Stück Einleitung und I. allgem. Anmkg. Bleistift 104 Bleistift
$
KGW VIII 7[4] 275,27-276,22
21: Psycholog.] ¿
Mp XVII, 71v
2
Das Mitleid eine Verschwendung der Gefühle, ein der moral. Gesundheit schädlicher Parasit,
4
„es kann unmöglich Pflicht sein, die Übel in der Welt zu vermehren“. Wenn man
6
bloß aus Mitleid wohlthut, so thut man eigentlich sich selbst wohl u nicht dem An-
8
deren. M. beruht nicht auf Maximen, sondern auf Affekten; es ist pathologisch,
10
das fremde Leiden steckt uns an, Mitleid ist eine Ansteckung.
Schluß der Krit. d. prakt. Vern. Bleistift
Gebärden u. Worte der Unterwürfigkeit
12
die ganze Phraseologie der Höflichkeit,„als in welcher Pedanterie die Deutschen unter
14
allen Völkern der Erde am weitesten gebracht haben“ „sind das nicht Beweise eines
16
ausgebreiteten Hanges zur Kriecherei unter den Menschen?“ „Wer sich aber zum
18
Wurm macht, kann nachher nicht klagen, daß er mit Füßen getreten wird.“
20
„Zwei Dinge erfüllen das Gemüth mit immer neuer u zunehmender Bewunderung u
22
Ehrfurcht, je öfter u anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der ge-
24
stirnte Himmel über mir u. das moralische Gesetz in mir.
26
28
zahllosen Weltenmenge vernichtet gleichsam meine Wichtigkeit
30
als eines thierischen Geschöpfes, das die Materie, daraus es
32
ward, dem Planeten (einem bloßen Punkte im Weltall)
34
wieder zurückgeben muß, nachdem es eine kurze Zeit, man
36
weiß nicht wie, mit lebender Kraft versehen gewesen.
38
$
Er fährt fort: „der erstere Anblick vernichtet einer
Der zweite dagegen erhebt meinen Werth als einer Intelligenz unendlich
40
KGW VIII 7[4] 276,23-277,18
12: unter] > es unter
24: in mir] Vk
28: Wichtigkeit] Vk
Mp XVII, 72r $
36. Bleistift
2
Die Denkbarkeit der Freiheit beruht auf der transscendentalen Ästhetik.
Kommen Zeit u Raum den Dingen als solchen zu so 4
ASind die Dinge an sich in Raum u Zeit, so sind die Erscheinungen gleich den Dingen an sich,
6
so ist zwischen beiden keine Erscheinung möglich, so giebt es nichts von der Zeit unab-
8
hängiges, so ist die Freiheit schlechterdings unmöglich. Freiheit kann nur gedacht
10
werden als Eigenschaft eines Wesens, das den Bedingungen der Zeit nicht unterliegt, also
12
nicht Erscheinung, nicht Vorstellung, sondern Ding an sich ist.
14
Warum sind Erscheinungen nicht Dinge an sich? Weil sie in Raum u Zeit sind u.
16
Raum u Zeit reine Anschauungen sind.
18
Gegen die angebl. psycholog. Freiheit sagt Kant. Wenn unsere Freiheit
20
darin bestände, daß wir durch Vorstellungen getrieben werden, als ein auto-
22
maton spirituale“, so „würde sie im Grunde nicht besser als die Freiheit
24
eines Bratenwenders sein, der auch, wenn er einmal aufgezogen worden, von
26
selbst seine Bewegungen verrichtet.“
28
Die Freiheit ist undenkbar in der Erscheinungswelt, es sei die äußere oder die innere
30
32
34 36
38
Ich spreche vom größten Unglück der neueren Philosophie – von Kant …
Hegel: etwas vom schwäbischen
Gottvertrauen, vom kuh=
40
mäßigen Optimismus
Die Metaphysiker
Kant: Weg zum „alten Spiel“
42
das haben Alle verstanden
44
2-30: KGW VIII 7[4] 277,19-278,7 32-44: KGW VIII 18[14]
4: Sind] Vk 6: Erscheinung] > Unterscheidung
14: sich] ¿ 18: Gegen] Vk
18: psycholog. Freiheit] ¿ 18: Wenn] > „Wenn
Mp XVII, 72v dergestalt
2
setze ich voraus
Um zu verstehen, wie es möglich ist, daß der M.Amit sich selbst zwiespältiger gemacht werde, daß jene Veränderung eine plötzliche
4
Ich setze voraus, damit dergestalt der M. gegen sich selbst Partei ergreift
6
u eine unfreiwillige ist. – daß der Staat auf Erden durchschnittlich als Gewaltakt begann u. als
8
GewaltherrschaftAsich behauptet hat
als Druck
10
Die Voraussetzungen dieser H. sind erstens: daß jene Veränderung keine allmähliche, kein Hineinwachsen nicht als ein organisches Hineinwachsen
12
14
war keine freiwillige ist u. sich
als
Ain neue Bedingungen ist, sondernAein Bruch, ein Sprung, etwas ein Zwang, ein unabweisbares darstellte die Einordnung fügung ungehemmten feste Verhängniß. Zweitens: daß die staatliche einer bisher freienAu. ungestalteten Bevölkerung in eine{ heiße man sie
von Anfang an etwas Plötzliches plötzlich
u.
ihren Anfang nahm, auch nur
16
Form, von Staat einen Staat, wie sieAmit einem Gewaltakt begann, sich{mit lauter Gewalt=
18
akten sich durchsetzen ließ, u. daß demgemäß „der Staat“Aals eine furchtbare Tyrannei, als
20
eine zerdrückende u. rücksichtslose MaschinerieAeinen solchen Rohstoff vonAMenschAdurchknetete
zu Ende geführt wurde,
– daß
demgemäß
arbeitete, bis ein
.
Volk u. Halbthier rücksichtslos
22
durchge k u. nurAgefügig, snetet ht ondern auch geformt hatte war. ist bis erAniczurecht u sichAanformte , Ich gebrauche das Wort „Staat“:
24
hier um eine Eroberer- uAHerren = Rasse, welche, kriegerisch, organisirt,Aeine der Zahl nachAun=
26
geheuer überlegene, aberAvollkommen gestaltlose u. schweifende BevölkerungAihre furchtbare Hand legte. So
28
beginnt ja „der Staat“ auf Erden: ich denke, wir sind der Schwärmerei müde geworden, welche den
30
Staat mit einem „Vertrage“ beginnen läßt ließ. Wer befehlen kann, wer von Natur „Herr“ ist, wer ge-
32
waltthätig in Werk u. Aussehen auftritt – was hat der mit „Verträgen“ zu schaffen? Mit
war.
diesen
ist –
wer damit gemeint
es versteht sich von selbst, daß es sich
auf mit Einem Schlage auf vielleicht
Raubthier=
noch
gänzlich
mit einem Schlage
es ist nicht mehr nöthig jene
.
ist abgethan
Tatzen
Dergestalt
ihn
Gebärde
t . er
solchen Wesen 34
sie
ihm „rechnet“ man nicht, er kommen wie das Schicksal, ohne Grund, Vernunft, Rücksicht, Vorwand –
sind 36
en n 38
in
zu plötzlich, zu überzeugend, zu „anders“
sie
Sein instinktives
ist da wie der Blitz da ist, zu furchtbar,Aum selbst gehaßt zu werden. Ihr Werk ist einAForm= u. es sind die unfreiwilligsten unbewußtesten Künstler, die es giebt – schaffen, Form = aufdrücken,: in Kürze ist etwas Neues da, ein Herrschafts = Gebilde, in steht Theile u. abgegrenzt u. sind zuletzt haben darf dem sich erst
40
demAFunktionenAunterschieden u. isolirt werden, in dem Nichts{Platz hat, wasAnicht ein Sinn
42
in Hinsicht auf das Ganze aufdrücken läßt. Im gleichen Verhältnisse aber, in dem hier die Instinkte
44
der Macht Sie wissen nicht, was Schuld, was Verantwortlichkeit,Aist, diese geborenen Organisatoren:
46
sie in ihnenAist jener furchtbare Künstler = Egoismus, der wie Erz ist uAim „Werke“, wie
48
die Mutter im Kinde, sich inAalle Ewigkeit gerechtfertigt weiß. Sie sind es nicht, bei denen
50
„das schlechte Gewissen“ gewachsen ist: man begreift es wohl. Aber es würde nichtAgewachsen sein,– wenn
ischen
eingelegt ist.
Was in diesen geborenen Organisatoren fehlt, ist eine Rücksicht was Rücksicht
waltet
sich
seit für
ohne sie
1: setze] ¿ 7: als] Vk 10: H.] vgl. GM II 17, 340,6 > Hypothese 10: Veränderung] ¿ 11: organisches] ¿ 13: in Ms nicht übereinander 16: einen] Vk
22: anformte] danach Einfügungszeichen zweimal verlängert 24: eine der] davor Einfügungszeichen zweimal verlängert 35: instinktives] ¿ 36: um] davor Einfügungszeichen zweimal verlängert 40: was] danach Einfügungszeichen verlängert 42: hier] Vk 42: Instinkte] ¿
Mp XVII, 73r gegen Sie
44. Bleistift 2
m
Alles in Allem
Ihnen, nach wie vor sehr zugethan bin: wenn auch, im Einzelnen, sehr wüthend. wissen, daß ich gegen Sie in summa summarum dankbar gestimmt bin
4
Die Reformation: Eine der verlogensten Eruptionen von gemeinen Instinkten
6
8
freie Luft: es thut Nichts noth als für die moralistische Hypokrisie der
Eine Anzahl starker, unbändig gewordener u. gründlich gemeiner Triebe will in Namen u. Worte zu erfinden Verlogenheit u. Feigheit
unter denen diese wilden Thiere herausgelassen werden dürfen
10
damaligen Deutschen tugendhafte Namen u. Hüllen jene Instinkte unter
als Vorwände, namentlich großartige Worte zu
erfinden
Luther der psychologische
12
Typus: ein wüster u. uneigentlicher Bauer, der mit der „evange=
14
den
aufgehäuften gewaltthätigen Bedürfnissen
16
lischen Freiheit“ allen
18
Luft macht.
20
man will Macht Herr sein, rauben, niederwerfen, verfluchen,
22
eingerechnet daß die Sinne ihre Rechnung finden wollen: vor Allem,
24
man sieht lüstern nach dem ungeheuren Reichthum der Kirche. u. der
seinen
einmal wieder
von Anfang an von Anbeginn
26
Man muß die Augen auf haben: wenn irgend einAaltersschwacher Gesell nur seine Müdig als Weisheit, Anbeginn vonAvornherein altersschwacher
28 30
32
34
36
Pess. u. Verklärung zur Schau trägt. zur Schau trägt u. Wenn ein müder verunglückter, Gesell seine Müdigkeit als Weisheit, als
wie als Ergebniß eines tiefen kämpfenden, leidenden Innen- u Binnenleben
münzereien sind.
u. unruhige
philosophisches
oder eine vorlauteAGackergans ihren Ehrgeiz in bedrucktes Papier aushaucht von Anbeginn
38
40
was habe ich schon Alles in Hinsicht auf philos. Falschmünzerei erlebt: der müde alterschw Hier sehe Esel, se der seine Müdigkeit
hom
4-24,41: KGW VIII 7[5] 279,1-14 26-40: KGW VIII 7[13]
2: daß ich] ¿ 8: Hypokrisie] ¿
s ine
reli
gio
si
26: nur] ? 34: Binnenleben] > Binnenlebens
35: münzereien sind] ?
$
Mp XVII, 73v $
Biogr. II, S. 823 Bleistift [Nizza, 87.] Bleistift Overbeck Bleistift
es
$ $
NB
2
Lieber Fr., ich werde Dich bitten müssen, mir noch in diesem Monate 200 frs. zukommen zu lassen, es
4
hilft nichts. Nicht daß ich ein Verschwender wäre: im Gegentheil! Aber es ist hier theuer zu
6
leben; und, Dank meiner unheilbarenAUnerfahrenheit, der die schlechten Augen sekundiren, passiren mir{
8
Jahr um Jahr immerAkostspielige u. unangenehme Erlebnisse. Thatsächlich lebe ichAsogarBetwas ruppigAu.
Menschen=
irgend welche
a n 10 12
, m 14 : 16
zum Beispiel die trage meine ältesten
noch dazu
Malheurs.
hier
u. cynisch
, nach
der
Kleider sans gène inmitten dieser eleganten Kosmopoliten,
Urthe
um
em e
il u. d
– was liegt daran! Ich nehme nur Eine Mahlzeit außer meinem Zimmer, Abends welche diesen Ort bevölkern{. u mir u zwar in Gesellschaft 6 Uhr,; Mittags genügt
mein
em m
Mutt
mir etwas Brod mit ein paar Eidottern. Morgens der von mir (sie ist billiger)
igene
n
einer
er,
Man sagt mir, daß
selbst bereitete Thee. Auch wenn ich im Hôtel lebe, setze ich diese Lebensweise durch – AÜbrigens rühmt mein
besser sei als letztes Jahr – dasselbe sagt man mir jeden Winter sieben Jahre hintereinander,
18
man mein gutes AussehenA, meine HeiterkeitA; wirklich habe ich jetzt jedes Jahr, seit ich in
20
N. bin,,einenASchritt zur Gesundheit gemacht. Wenn ich trotzdem mich privatissimeA, so ist
22
auch jetzt noch jeder Tag eine Krankengeschichte. Das ganzeASystem bringt es im besten Falle zu
24
einem labilen Gleichgewichte für ein paar Stunden; hinterdrein leide ich. Vor Menschen
Es geht so langsam, weil – weil – ich zu viel leide (W
immer einen neuen
reden darf
nervöse cerebrale u. digestive u vorher bin ich krank.
nicht leicht
26
. 28
natürlich weiß ich mich zu halten; man hört mich niemals klagen. In der That habe ich hier auch werde ich den Ruf, immer heiter zu sein; u. mich – gelobt, weil ich mit M. jeder Art umzugehen verstünde. verstehe ich mich wirklich auf den Umgang mit M., mit jeder Art M. Nur – sich
30
t 32
Die Lage des Herrn K. der nach V. zurückgekehrt ist, magADir durch beiliegenden Brief bemißrathene
zeichnen. werden. EineAAufführung seines Septett in München, zu dem Levi den Kopf geschüttelt u. der
34
Stoß, den ihm
die Achseln gezuckt hat, war das letzte,. Sonderbar! Mitunter bilde ich mir ein, daß
Adressire, bitte, an das H. de G.
36
Ich habe noch kein Vertrauen zu dem Hause, in
38
dem ich lebe.
40
2: Fr.] > Freund 7: Malheurs] ¿ 20: N.] > Nizza 28: verstünde] ¿
30: K.] > Köselitz 30: V.] > Venedig 31: mißrathene] ¿ 32: Septett] ¿
33: den ihm] ? 36: H. de G.] > Hôtel de Genève
Mp XVII, 74r $
45. Bleistift
2
Der Priester zeitweilig der Gott selbst, mindestens sein Stellvertreter artung u. Krankheit Gesinnung zu verrathen: ebensowenig Ent= u. Übungen
4
An sich sich asket. GewohnheitenAnoch fern davon, eine widernatürliche u. daseinsfeindliche
6
die Selbstüberwindung, mit harten u. furchtbaren Erfindungen: ein Mittel Ehrfurcht vor sich zu
8
10
haben u. zu wecken – : Asketik als Mittel der Macht
Der Priester als Repräsentant eines übermenschl. Machtgefühls, selbst als guter Schau=
12
spieler eines Gottes, den darzustellen sein Beruf ist, wird instinktiv nach solchen Mit=
14
teln greifen, wodurchAeine gewisse Furchtbarkeit in der Gewalt über sich erlangt
er
Vorherwissen
16
Der Priester als Repräsentant von übermenschlichen Mächten, in Hinsicht auf Erkenntniß,
18
Fähigkeit zu schaden u. zu nützen, auch in Hinsicht auf übermenschl. Entzückungen u. Arten des
20
Glücks: –
22
– der Schauspieler von „Göttern“ vor Gesunden, Glücklichen, Hoffenden, Mächtigen
24
– der Schauspieler von „Heilanden“, wesentlich sich an KrankeAwendend, an M.
26
des ressentiments, an Unterdrückte u.
u. Entbehrende
Sinnfälligkeit zu geben haben irgend etwas Übermenschlichem, dem sie
sei es von
28
– die Priester sind die Schauspieler von Idealen, sei es von Göttern, oder von Heilanden
30
: darin finden sie ihren Beruf, dafür haben sie ihre Instinkte; um es so glaubwürdig
32
wie möglich zu machen, müssen sie in der Anähnlichung so weit wie möglich gehen; ihre
34
Schauspieler = Klugheit muß vor allem das gute Gewissen bei ihnen erzielen, mit Hülfe
36
dessen erst wahrhaft überredet werden kann.
KGW VIII 7[5] 279,15-280,22
4: sich sich] > sich sind 4: Gewohnheiten] ¿
8: Asketik] Vk 18: Arten] ¿
Mp XVII, 74v 2
offenbar aus dem gleichen
Der erkennende M. hat sich ungeheure Zeiträume hindurch
Grunde, aus dem sie bei
Athleten schweigt, die sich auf fruchtbringende
jede Art geistiger M.
die großen Kämpfe vorbereiten
Selbst der Gelehrte{, u zuletzt fast jederAGeist, die Stille, Vergessen, Sammlung,
4
In den Zuständen hoher geistiger Zeugung, auch in den Spannungen die den eigentlich
Geduld, Heimlichkeit.
6
seine fruchtbaren Zeiten eines schöpferischen M. vorangehen, schweigt die Sinnlichkeit;
Man erwäge, unter wie großen Schwierigkeiten
Es scheint mir sogar, daß{die befremdliche Daseinsform des contemplativen M. überhaupt
8
10
der Same transfundirt sich ins Blut,
sich hat durchsetzen können.
der höchste vigor der Muskeln in das otium
12
Und es ist mehr als ein bloßes Liebäugeln mit diesen Idealen nöthig gewesen, so lange
14
der philosophische GeistAnicht bis zu dem Grade von Unschuld u. freiem Gewissen gebracht
16
hatte, dessen er jetzt genießt.
es
eine verbotene Daseinsform („unaktiv“, „unkriegerisch“ „das Forschen“
18
20
der philos. Geist hat sich einen Halt geben müssen, damit er Ehrfurcht erweckt auch damit er Ehrfurcht vor sich hat
22
24
er hat die früher festgestellten Formen des contemplat. M. zunächst dar-
26
stellen müssen z. B. den Priester, überhaupt den religiösen M. oder den Dichter, den Wahrsager, den Astrologen
28
30
das asket. Ideal diente lange Zeit dem Philos. als Existenz = Bedingung:
32
er mußte es darstellen, um Ph. sein zu können. Und um
34
es darstellen zu können, mußte er daran glauben.
36
die eigenthümlich weltverneinende u. lebens- u sinnenfeindliche Haltung der alten Philo-
widrige
.
Philos.
38
40
einer solchen Tendenz lange Zeit möglich war (– u in vielen
42
44
46
sophie ist vor allem eine Consequenz davon, daßAsie nur mit
Theilen Europas bis heute)
Dies führt also zu der eigentl. Frage: was bedeutet es, wenn der Priester asket. Ideale darstellt? Und damit sind wir im Centrum des Problems. Diese machen Ernst damit.
5: Spannungen] ¿ 11: otium] ¿
24: festgestellten Formen] Vk 26: den Priester] Vk
36: sinnenfeindliche] ¿
Mp XVII, 75r $
46. Bleistift
rücksichtslose Rechtschaffenheit
2
9 Der Sieg eines moral. Ideals wird durch dieselben „unmoralischen“ Mittel errungen wie
4
jeder Sieg: Gewalt, Lüge, Verleumdung, Ungerechtigkeit Die Guten
(das - Sich - nicht - belügen - lassen)
6
„Du sollst nicht lügen“: man fordert Wahrhaftigkeit. Aber die Anerkennung des Thatsächlichen
8
ist gerade bei den Lügnern am größten gewesen: sie erkannten eben auch das Unthatsächliche
10
dieser populären „Wahrhaftigkeit“. Es wird beständig zu viel oder zu wenig gesagt: die Forde=
12
rung, sich zu entblößen mit jedem Worte, das man spricht, ist eine Naivetät.
14
Man sagt, was man denkt, man ist „wahrhaft“ nur unter Voraussetzungen: nämlich unter
16
der, verstanden zu werden (inter pares), u zwar wohlwollend verstanden zu werden (noch ein=
18
mal inter pares) Gegen das Fremde verbirgt man sich: u wer etwas erreichen will, sagt
20
was er über sich gedacht haben will, nicht aber was er denkt. („Der Mächtige lügt immer“)
22
24
eine angebliche Verwandtschaft mit schon bestehenden mächtigen Idealen c) durch die Schau=
26
der des Geheimnisses, wie als ob hier eine undiskutirbare Macht rede d) durch Verleum=
28
dung seiner gegnerischen Ideale e) durch eine lügnerische Lehre des Vortheils, den es mit sich
30
bringt zb. Glück, Seelenruhe, Frieden oder auch die Beihülfe eines mächtigen Gottes usw.
das sich durchsetzen oder noch behaupten will
Ein IdealAsucht sich zu stützen a) durch eine untergeschobene Herkunft b) durch
32
Zur Psychologie des Idealisten: Carlyle, Schiller, Michelet
34
Hat man die ganzen Defensiv- u. Schutz - Maßregeln aufgedeckt, mit denen ein Ideal
36
sich erhält: ist es damit widerlegt? Es hat die Mittel angewendet, durch die alles
38
Lebendige lebt u. wächst – sie sind allesammt „unmoralisch.“
40
42
sind mit dem Banne der Moral belegt: Moral als Instinkt der Verneinung des Lebens.
44
Man muß die Moral vernichten, um das Leben zu befreien.
Meine Einsicht: alle die Kräfte u. Triebe, vermöge deren es Leben u. Wachsthum giebt,
KGW VIII 7[6] 281,1-282,17
40: deren] ¿
42: Banne] ¿
Mp XVII, 75v
2
Die Philosophen - Moral von Sokrates ab eine Don - Quixoterie
4
ein gutes Stück Schauspielerei
6
ein Selbst - Mißdeuten
8
was sie eigentlich ist? idiosynkratisch: die Begeisterung für Dialektik, optimistisch –
10
12
die überreizbare Sinnlichkeit u. folglich
14
Furcht u. Selbstverlogenheit
16
die größte aller SchwindeleienA, zwischen gut, wahr u.
18
20
heit darzustellen
22
der Kampf gegen die Sophisten ist psychologisch schwer zu
24
fassen: es ist eine Abtrennung nöthig, um nicht mit
26
ihnen verwechselt zu werden (wozu Alles einlud)
weil sie innerlich sich verwandt fühlten.)
28
schön eine Identität zu setzen und diese Ein=
Wettbewerb um die Jünglinge –
30
Tugend u. Ironie u Scharfsinn bei Socrates –
32
bei Plato der Verliebte, der Künstler, der Oligarch –
34
Unabhängigkeits - Erklärung, Auswanderung aus der Polis, Ab=
Päderast
(?)
lösung von der Herkunft –
36
Kritik der Cultur vom Standpunkt der „Moral“ u. der
38
Dialektik!!! –
40
42
absoluter Mangel an „historischem Sinn“ –
44
Symptom der décadence – ob nicht alle spezifisch moralischen Bewegungen bisher Symptome der
46
decadence waren?
48
KGW VIII 7[20]
10: idiosynkratisch] ¿
38: Standpunkt] ¿
46: Symptome] Vk
Mp XVII, 76r $
46a Bleistift
2
Perspektivismus der Wünschbarkeit (des Ideals)
4
Einer kritisirt: sein Temperament sagt dazu Ja oft thut uns die Abwesenheit von Geist wohl
6
waagerechte Abgrenzungslinie, Bleistift
e
$ 8
Es ist heute der – Februar; und
10
Senden Sie unverzüglich dis Manuscripte zur fr. W. mir zurück; ich vergebe diesen Mißbrauch meines
12
Wohlwollens niemals, der hier mit mir getrieben worden ist, noch weniger den unqualifizirbaren Mangel an
14
Takt u. anständigen Sitten
16
In psycholog. Hinsicht habe ich zwei Sinne:
18
einmal: den Sinn für das Nackte
20
NB sodann: den Willen zum großen Stil
(wenige Hauptsätze, diese in strengstem
22
24 26 28
Zusammenhang; kein esprit.) keine Rhetorik.) Alle die Triebe u Mächte, welche von der Moral gelobt werden, ergeben sich mir als essentiell
30
gleich mit den von ihr verleumdeten u. abgelehnten zb. Gerechtigkeit als Wille zur Macht,
32
Wille zur Wahrheit als Wille Mittel des Willens zur Macht
2: KGW VIII 7[21] 4-6: KGW VIII 7[22] 16-26: KGW VIII 7[23] 28-32: KGW VIII 7[24]
10: dis] nach unvollständiger Korrektur > das 10: Manuscript] ¿ 12: weniger] ¿ 12: unqualifizirbaren] ¿
14: Sitten] ¿ 22: wenige] ¿
Mp XVII, 76v
2
sich dabei einen
xxxxxx – „das Andere“ machtAden Commentar, den eigentlichen „xxxxx“. genug
4
– Ich bin für diese ganze romant. Musik (Beethoven eingerechnet) nicht glücklich, nicht gesund
6
, 8
das Leiden
vielleicht gröber geredet: bei der man
malische Leben sich vergöttlicht fühlt u triumphirt; bei der man tanzen möchte. Die Erdes Lebens
. 10
12
14
gr
Agenug. Was ich nöthig habe, ist Musik, bei der manAvergißt; bei der das ani-
Die Er leichterungAdurch
kühne selbstgewisse ausgelassene
des Lebens
zärtliche gütige
cynisch gefragt:
leichteARhythmen, die VergoldungAdurch goldeneAHarmonien.
geworden Wagner, von Anfang bis – Der ganze W.Bist mir unmöglich, weil er zu En de
gut verdaut?
nicht gehen kann, geschweige denn
tanzen.
Kürzlich, hörte ich, mit Beklemmung, die Vorrede zu der flieg. Holl.
16
Nein! Wie viel Vulgariät! Wie
18
– das nehme ich mir aus der
viel Großthuerei! Und nichts,
20
ganzen Musik heraus. Im
22
nichts gebaut! (Trotzdem:
24
immer prachtvolle Farben im
26
Klang des Orchesters, xxxxxxxxxxxxxxxx)
Grunde sind mir wenige Takte genug.
Aber das sind physiolog. Urtheile, keine aesthetischen: nur – habe ich keine Aesthetik mehr!
28
30
Gestern Abend, am ital. Theater vorübergehend, hörte ich, daß
32
man Etwas probte, – ich erkannteAden Chor aus dem letzten Akte Akte von
34
Carmen. Man giebt Carmen für die Carneval - Zeit geben vorbereiten.
36
Heute singt Emma NevadaA, zu unverschämten Preisen, die Sonnambula
mit Entzücken
wird
ihre Sonnamb. aber bisher ihre
40
42
44 46
allein bisher nur unter allen
. Ich will nicht vergessen, daß bisher keine StimmeAals Stimme mich ent= mir kein Ohr dafür StimmenAinnerlich wohlgethan hat. zückt hat, außer der ihrigen. Das beweist aber gar nichts; ich habe nie
38
„ça derange“ – , unter Umständen, solch ein Buch wie d d nicht an, weil ich bei
4-14,19-25,28: KGW VIII 7[7] 293,1-14
u einen schlechten Geschmack.) man zahlte
Auch die Nilson sang diesen Tag: ein noch
Platz kostete 40 oder 50 Francs.
2: das] ? 2: Einfügungszeichen zweimal verlängert 4: glücklich] ¿ 6: vergißt] Vk 7: der man] ¿
9: ausgelassene] ¿ 10: leichte] danach Einfügungszeichen verlängert 12: geschweige] ¿ 16: zu] Vk
32: letzten Akte Akte] ¿, > letzten Akte 34: geben] ¿ 37: unter allen] ¿ 45: noch] ?
Mp XVII, 77r 47. Bleistift
$
Zur Kritik der Heerden - Tugenden.
Die inertia thätig 1) im Vertrauen, weil Mißtrauen Spannung, Beobachtung, Nach-
2
denken nöthig macht
4
2) in der Verehrung, wo der Abstand der Macht groß ist u.
6
8
Unterwerfung nothwendig: um nicht zu fürchten,
Die Guten 10
12
Machtverschiedenheit als Werthverschiedenheit auszu-
14
deuten: so daß das Verhältniß nicht mehr
16
revoltirt.
18
3) im Wahrheitssinn. Was ist wahr? Wo eine Erklärung
20
gegeben ist, die uns das minimum von geistiger Kraft=
22
anstrengung macht. Überdies ist Lügen sehr anstrengend.
24
4) in der Sympathie. Sich gleichsetzen, versuchen gleich
26
zu empfinden, ein vorhandenes Gefühl anzunehmen
ist eine Erleichterung. : es ist etwas Passives gegen
28
21)
30
das activum gehalten, welches die eigensten
32
Rechte des Werthurtheils sich wahrt u. beständig
34
bethätigt. Letzteres giebt keine Ruhe.
36
5) in der Unparteilichkeit u. Kühle des Urtheils: man
38
42
44
scheut die Anstrengung des Affekts u. stellt sich
lieber abseits, „objektiv“ einem vorhandenen 6) in der Rechtschaffenheit: man gehorcht lieberAals
40
.
wird versucht zu lieben, hochzuschätzen u. die
Gesetz als daß man sich ein Gesetz schafft, als daß
(18)
46
48
man sich u. Anderen befiehlt. Die Furcht vor dem
Befehlen – Lieber sich unterwerfen als reagiren. Ausüben des Rechts, 7) in der Toleranz: die Furcht vor dem des Richtens
50
KGW VIII 7[6] 282,18-283,13
Mp XVII, 77v
die maskirten Arten des Willens zur Macht
2
.
4
1) Verlangen nach Freiheit, Unabhängigkeit
6
8
10
12
14
2) die Einordnung, um im größeren Ganzen dessen
16
Willen zur Macht zu befriedigen: die Unter=
18
werfung, das Sich - Unentbehrlich - machen, Nützlich - ma=
20
chen bei dem, der die Gewalt hat
22
24
26
3) das Pflichtgefühl, das Gewissen, der imaginäre Trost,
28
zu einem höheren Rang zu gehören als die that=
30
sächlich Gewalthabenden; die Anerkennung einer Rang=
32
ordnung, die das Richten erlaubt, auch über die Mächti=
34
geren; die Selbstverurtheilung. Die Erfindung neuer
36
Werthtafeln (Juden klass. Beispiel)
KGW VIII 7[6] 283,14-30
auch nach Gleichgewicht, Frieden, Coordination. auch der Einsiedler, die „Geistesfreiheit“ in niedrigster Form: Wille überhaupt dazusein „Selbsterhaltungstrieb“
die Liebe, als ein Schleichweg zum Herzen des Mächtigeren, – um über ihn zu herrschen
Mp XVII, 78r $
3. Bleistift
2
4
6
8
A.
Moral als Werk der Unmoralität.
Damit moral. Werthe zur Herrschaft kommen, müssen lauter unmoral. Kräfte u
Affekte helfen. B. Die
Entstehung moral. Werthe selbst ist das Werk unmoral. Affekte u. Rück=
sichten.
10
Moral als Werk des Irrthums.
12
Moral mit sich selbst allgemach im Widerspruch.
14
Vergeltung.
16
Wahrhaftigkeit, Zweifel, Epoche, Richten.
18
„Unmoralität“ des Glaubens an die Moral.
Die Schritte: 1) absolute Herrschaft der Moral
20
alle biolog. Erscheinungen nach ihnen gemessen u.
22
gerichtet
24
26
2) Versuch einer Identifikation von Leben u. Moral (Symptom einer erwachten Scepsis: Moral soll nicht
28
mehr als Gegensatz gefühlt werden)
30
s
mehrere Mittel, selbst ein transscendenter Weg
32
34
3) Entgegengesetzung von Leben u. Moral: Moral vom Leben aus gerichtet u. verurtheilt.
36
KGW VIII 7[6] 284,1-23
22: ihnen] > ihr
Mp XVII, 78v
2
Inwiefern die Moral dem Leben schädlich war
4
6
b) der Verschönerung, Veredelung des Lebens
8
c) der Erkenntniß des Lebens
10
d) der Entfaltung des Lebens, insofern es die höchsten Erscheinungen
12
14
Gegenrechnung: seine Nützlichkeit für das Leben.
a) dem Genuß des Lebens, der Dankbarkeit gegen das Leben usw.
desselben mit sich selbst zu entzweien suchte
16
die Moral als Erhaltungsprincip von größeren Ganzen, als
18
20
die Moral als Erhaltungsprincip im Verhältniß zur inneren
22
24
die Moral als Erhaltungsprincip gegen die lebensvernichtenden
26
28
die Moral als Gegenprincip gegen die furchtbare Explosion
30
Einschränkung der Glieder: „das Werkzeug“
Gefährdung des M. durch Leidenschaften: „der Mittelmäßige“
Einwirkungen tiefer Noth u. Verkümmerung: der „Leidende“
der Mächtigen: „der Niedrige“
32
Bornirter Hochmuth einzelner Philosophen als Rein - Vernunftgemäßer
34
gegen das Gefühl überhaupt in der Moral (Kant)
36
gegen das Mitleid
38
gegen die Affekte
KGW VIII 7[6] 284,24-285,16
14: seine] > ihre
Mp XVII, 79r Die Tugenden sind so gefährlich als die Laster, insofern man sie von außen her +
2
48. Bleistift
zu früh
u Arbeits= an Aufgaben, Gesellschaften, AlltagsA= Ordnungen
Gefahr in der Bescheidenheit. – SichAanpassen an ein Metier milieu, zur Zeit, wo weder unsere
4
6
Kraft, noch unser Ziel unsAins Bewußtsein getreten ist; diese scheinbareASicherheit,
8
Erquicklichkeit, Gemeinsamkeit,Averwöhnt u. hältBnieder; das Achten - lernen nach Art
die
$
in welche
gesetzgeberisch
der Zufall uns setzt damit errungene allzufrühe Gewissens=
das sich als
dieses vorzeitige Sich - Bescheiden, u Loskommen von der inneren u. äußeren Unruhe – das Alles
in der gefährlichsten Weise wie als ob wir selbst in uns kein Maaß u. Recht hätten, Werthe anzusetzen wird
dem Gefühle ein= schmeichelt
10
von „Seinesgleichen“, die Bemühung, gleich zu schätzen, ist{eine furchtbare feine Fesselung:
12
wenn esAkeine Explosion giebt, mit Zersprengung aller Bande der Liebe, so verküm=
14
u verkleinlicht, verweiblicht u versachlicht sich mert, ein solcher Geist. – Das Entgegengesetzte
gegen die innere Stimme des Geschmacks, der auch ein Gewissen ist,
endlich
u Moral mit Einem Male immer
ist schlimm genug, aberAnoch besser:
sowohl
dabei
16
an seiner Umgebung leiden, an ihrem LobeAwie an ihrer Mißbilligung, verwundetAu.
18
ohne es zu verrathen unterschwürig werden,{;
20
Winkel und unerrathbare Einsamkeiten schaffenA– bis manBstark genug ist, um zu sagen:
durch Reden verbirgt das Schweigen lernen, vielleicht indem man es
unfreiwillig - mißtrauisch sich gegen ihre Liebe vertheidigen, sich für
die Augenblicke des Aufathmens, der Thränen, der sublimen Tröstung endlich
22
„was habe ich mit euch zu schaffen?“ u seines Weges geht. als Autorität u.
*
24
über sich herrschen läßt u.
26
28
s
sie nicht, wie es das Rechte,
um so mehr als die schlimmste
34
36
38
der Bescheidenheit
erzeugt, wie es das Rechte ist,
aus sich selbstA, als eine Bedinals B
32
erst
Die Moralität ist eine{Verweichlichung für solche Seelen,
30
.
wie ein{Gesetz
erkennen u. die wirAanerkennen, gleich=
eding
gerade
persönlichste Nothwehr u Nothdurft
gungAunseres Daseins u. Wachsthums,
Satz von der Gefährlichkeit der unpersönlich bei Zeiten bei denen es alle ser giltBvon der Bescheidenheit: in Sinn hat, daß sieAhart welche hart Die auch gültig, ob Andere mit uns unter der werden. an ihr gehen vieleAausgesuchten oder verschiedener gleicherABedingung wachsen. Geister zu Grunde. verstandenen, ob=
Die
(an Fuchs, Nov. 1885)? Bleistift
40
Gu
ten
Gruße Ihr ergebenster
2-39: KGW VIII 7[6] 285,17-286,23
jektiven Tugend
weiland Prof. in Basel $
5: in Ms nicht übereinander 5: welche] aus unvollständiger Korrektur 5: Metier] ? 8: verwöhnt] davor Einfügungszeichen zweimal verlängert 9: in Ms nicht übereinander
20: schaffen] danach Einfügungszeichen verlängert 30: selbst] danach Einfügungszeichen zweimal verlängert 35: welche hart] ¿ 35: sie hart] ¿
Mp XVII, 79v Gegen den Darwinismus.
2
sie Bleistift, s. Anm. zu Z. 4 4
– der Nutzen eines Organs erklärt nicht seine Entstehung, im Gegentheil! $ – die längste Zeit, während deren eine Eigenschaft sich bildet, erhält sich das Individuum nicht u. nützt ihm nicht, am wenigsten im Kampfe mit äußeren Umständen
6
u Feinden
8
10
– was ist zuletzt „nützlich“? Man muß fragen „in Bezug worauf nützlich? Z. B. was der
12
Dauer des Individuum nützt, könnte seiner Stärke u. Pracht ungünstig sein; was das Indiv.
14
erhält, könnte es zugleich festhalten und stille stellen in der Entwicklung. Andererseits kann ein
16
Mangel, eine Entartung vom höchsten Nutzen sein, insofern sie als stimulans anderer
18
Organe wirkt. Ebenso kann eine Nothlage Existenzbedingung sein, insofern sie ein Indiv.
20
auf das Maaß herunterschraubt, bei dem es zusammenhält u. sich nicht vergeudet.
22
– Das Individuum selbst als Kampf der Theile: seine Entwicklung geknüpft an ein{Vor=
24
herrschen einzelner Theile, an ein Verkümmern, „Organ - werden“ anderer Theile
26
– der Einfluß der „äußeren Umstände“ ist bei D. ins Unsinnige überschätzt; das Wesentliche
28
am Lebensprozeß ist gerade die ungeheure gestaltende, von Innen her formschaffende
30
Gewalt, welche die „äußeren Umstände“ ausnützt, ausbeutet …
32
– daß die von Innen her gebildeten neuen Formen nicht auf einen Zweck hin geformt sind,
34
aber daß im Kampf der Theile eine neue Form nicht lange ohne eine Beziehung zu einem
36
partiellen Nutzen stehen wird, u. dann dem Gebrauche nach sich immer vollkommener ausgestaltet
38
– wenn sich nur das erhalten hat, was sich dauernd als nützlich bewies, so in erster Reihe
40
die schädigenden zerstörenden auflösenden Fähigkeiten, das Sinnlose, Zufällige,
(um Nahrung, Raum usw)
KGW VIII 7[25]
4: erhält sich] mit Bleistift von fremder Hand gestrichen, > erhält sie 10: nützlich?] > nützlich?“
Siegen,
12: des] ¿ 16: als] ¿ 26: D.] > Darwin
26: Unsinnige] Vk 36: immer] Vk 36: vollkommener] ¿
Mp XVII, 80r $
84a Bleistift
die
84 Bleistift
$
KGW VIII 7[6] 286,24
Gut
en
Mp XVII, 80v
$
84b Bleistift
Die großen Probleme liegen auf der Gasse, auch heute des „guten Willens“, Es ist die Sache guter Augen, nichtAdas Problem zu sehn, das auf der Gasse liegt noch: man geht über sie hinweg,
) 81r,1
worin wir leben, woran wir von Alters gewohnt sind
2
Es gelingt den Wenigsten, in dem Nächsten, Gewohntesten ein Problem zu sehn: in Betreff
4
unserer Moral scheint es mir bis jetzt noch nicht geschehn.
eingestellt
6
Das Problem „jeder Mensch als Objekt für Andere ist Anlaß zu den höchsten Ehr=
8
verleihungen; für sich selbst – nein!
10
Das Problem „du sollst“: ein Hang, der sich nicht zu begründen weiß, ähnlich
12
wie der Geschlechtstrieb, soll nicht unter die Verurtheilung der Triebe fallen; umgekehrt,
14
er soll ihr Werthmesser u. Richter sein!
16
18
hier gerade sollen wir umgekehrt an uns genau die Anforderungen wie an Andere
20
stellen.
22
24
höheren Rangs empfunden, der Widerspruch gegen die Vernunft wird kaum gehört.
Das Problem der Gleichheit, während wir Alle nach Auszeichnung dürsten:
Das ist so abgeschmackt, sinnfällig verrückt: aber – es wird als heilig, als
) 81r,48
das Auge ist gerade dafür nicht
als auszeichnend
26
Aufopferung u. SelbstlosigkeitA, der unbedingte Gehorsam gegen die Moral, und
28
der Glaube, vor ihr mit Jedermann gleich zu stehn.
30
32
kommene Verzichtleistung auf eigne Werthesetzung, das strenge Verlangen, von Jedermann auf
34
dasselbe verzichtet zu sehn. „Der Werth der Handlungen ist bestimmt: jeder Einzelne ist die=
36
ser Werthung unterworfen.“
38
40
lichen Stolze nachsehn, wenn er diese Autorität so hoch als möglich suchte, um sich so
42
wenig als möglich unter ihr gedemüthigt zu finden. Also – Gott redet!
44
46
em: „wer redet?“ – Meine Antwort, nicht aus der Metaphysik, sondern der Thier = physio =
48
logie genommen: der Heerden = Instinkt redet. Er will Herr sein: daher sein „du sollst!“
Die Vernachlässigung u Preisgebung von Wohl u Leben als auszeichnend, die voll=
Wir sehn: eine Autorität redet – wer redet? – Man darf es dem mensch=
Gesetzt nun, der Glaube an Gott ist dahin: so stellt sich die Frage von Neu=
2-48: KGW VIII 7[6] 286,25-287,22, 287,28-32
1: Alters] > Alters her 1: gewohnt] Umlautstriche mit Bleistift, von fremder Hand
6: Andere] danach Abführungszeichen mit Bleistift, von fremder Hand
Mp XVII, 81r 85 a Bleistift
re ht. Unse man sieht sie nic
80v,1 )
Augen
Nächste Gewohnteste nicht eingestellt: wir lernen nicht fragen sind für das
Erwägen wir, wie theuer sich ein solcher moral. Kanon (ein „Ideal“) bezahlt
2
macht. Seine Feinde sind – nun, die Egoisten
4
der melancholische Scharfsinn der Selbstverkleinerung in Europa
6
(Pascal, Larochefoucauld)
8
die innere Schwächung, Entmuthigung, Selbstannagung der Nicht = Heerden =
10
thiere
12
die beständige Unterstreichung der Mittelmäßigkeits = Eigenschaften als der
14
werthvollsten (Bescheidenheit, in Reih u. Glied, die
16
Werkzeug = Natur)
18
20
das schlechte Gewissen eingemischt in alles Selbstherrliche, Originale:
22
die Unlust also: – also Verdüsterung der Welt der Stärker = Ge = rathenen
24
26
das Heerdenbewußtsein in die Philosophie u. Religion übertragen:
28
auch seine Ängstlichkeit, seine
30
lassen wir die psycholog. Mo Unmöglichkeit einer rein selbstlosen Hdl. außer Spiel
32
zu 84b Bleistift
$
34
36
Moral. Der Sinn der Heerde soll in der Heerde herrschen, – aber nicht über sie hinaus=
38
greifen: die Führer der Heerde bedürfen einer grundverschiedenen Werthung ihrer eigenen Handlungen, ins=
40
gleichen die Unabhängigen, oder die „Raubthiere“ usw.
42
44
$
Meine Philosophie ist auf Rangordnung gerichtet: nicht auf eine individualistische
Man bedurfte Gottes, als einer unbedingten Sanktion, welche keine Instanz über sich hat, als eines „kategorischen Imperators“ – : oder, sofern man an die Autorität der Vernunft glaubt, man Einheits=
46
80v,48 )
48 50
den Haß aller Einzelnen
brauchte einerAMetaphysik, vermöge deren es logisch war
gegen ihn
er will den Einzelnen nur im Sinne des Ganzen, zum Besten des Ganzen gelten lassen, er haßt die SichLoslösenden – er wendet 2-50: KGW VIII 7[6] 287,23-27, 287,32-288,24
34: individualistische] ¿ 38: grundverschiedenen] ¿
46: einer] > eine
Mp XVII, 81v $
85.b Bleistift
2
Forts. S. 86a Bleistift ) 82v,2
4
Moral
Abseits gestellt gegen die beiden Bewegungen, die individualistische u. die collektivistische{ denn auch die erste kennt die Rangordnung nicht u. will dem Einen die gleiche Freiheit
6
Daß man sich nicht über sich selbst vergreift! Wenn man in sich den mor. Im=
8
perativ so hört, wie der Altruism ihn versteht, so gehört man zur Heerde.
10
Hat man das umgekehrte Gefühl, fühlt man in seinen uneigennützigen u selb=
12
losen Handlungen seine Gefahr, seine Abirrung, so gehört man nicht zur Heerde.
$
dabei eine Hdl. gut heißen soll, weil Einer sie nicht sich selbst im Auge hat, sondern das Wohl des 14
Der anscheinend verrückte Gedanke, daß Einer die Handlung die er dem Anderen
16
erwiest, höher halten soll als die sich selbst erwiesene, dieser Andere ebenso wieder
18
usw. hat seinen Sinn: nämlich als Instinkt des Gemeinsinns, auf der Schät=
20
zung beruhend, daß am EinzelnenAwenig gelegen ist, aber sehr viel an allen zu=
22
sammen, vorausgesetzt, daß sie eben eine Gemeinschaft bilden, mit einem Gemeingefühl
überhaupt
24
u. Gemein - Gewissen.. Also eine Art Übung in einer bestimmten Richtung des Blicks, Wille zu einer Optik, welche sich selbst zu sehen unmöglich machen will.
26
Mein Gedanke: es fehlen die Ziele, und diese müssen Einzelne sein!
28
Wir sehen das allgemeine Treiben: Jeder Einzelne wird geopfert u. dient als Werkzeug.
30
Man gehe durch die Straße, ob man nicht lauter „Sklaven“ begegnet. Wohin? Wozu?
32
Die moral. Phänomene haben mich beschäftigt wie Räthsel. Heute würde ich
34
eine Antwort zu geben wissen. Was bedeutet es, daßAdas Wohl des Nächsten höheren
36
Werth haben soll als mein eigenes? Daß aber der NächsteAüberAsein Wohls anders denken sollA,
38
nämlichAmein Wohl demselben überordnen soll?
für mich
selbst
?
den Werth seines
schätzen
als ich
demselben gerade
KGW VIII 7[6] 288,25-28, 289,5-290,4
2: individualistische] ¿ 10: selb=] > selbst=
16: erwiest] nach unvollständiger Korrektur > erweist
22: mit einem] ¿ 32: würde] ¿
Mp XVII, 82r nämlich braucht man sehr viel Moralität, um in dieser feinen Weise unmoralisch zu sein
86.b Bleistift 2
Physiologe
4
EinAArzt ,{ der sich für eine Krankheit interessirt, u ein Kranker, der von ihr geheilt werden
6
will, haben nicht das gleiche Interesse. Nehmen wirAan, daß die Krankheit, um die es sich han-
8
delt, dieAMoral ist, und daß wir Europäer die Kranken sind: oh welche Schwierigkeit{
einmal
– denn sie ist auch eine Krankheit – unsere europäische ihre deren
wenn
10
deren
Beobachter
daß wir Europäer nun zugleich auchAneugierige Forscher u. „Physiologen“ sind! Werden wir Werden wir es wollen?
16
ganz
es
der FrageA, ob wir loskommen können? Ob wir „geheilt“ werden können? –
Die Bescheidung zb. für die Frage des Pessimism, ob Lust oder Unlust überwiegt
18
insgleichen für die Frage über den Werth unserer
20
Erkenntniß
22
24
– was war gehemmt bisher? Unser Trieb zum Versuchen, die Gefahr
26
war zu groß, „das Heil der Seele“
28
der Sieg über den alten Gott als über ein weltverleumderisches Princip – Sieg des Heidenthums
30
– aber die Welt zeigt sich in neuer Furchtbarkeit
32
34
36
Daß wir
Aernsthaft wünschen, können, von der Moral loszukommen? – Weshalb NochAabgesehen von absehen
14
jene
was für eine feine Qual u wird entstehen
auch nur 12
ten ten
$
Zuletzt sei man ohne Sorge: ich will ein Gleichniß gebrauchen.
– das „Eins thut noth“ u das „trachte nach dem Reiche Gottes: dann wird dir das Andere alles zufallen!“ (das Andere“ ist zb. auch die Liebe zum Nächsten die Moral im jetzigen Sinne)
38
KGW VIII 7[6] 290,11-291,7
7: in Ms nicht übereinander 9: wenn] ¿
16: oder] ¿ 36: das] > „das
Mp XVII, 82v $
86 a Bleistift
$
Anfang S. 85b (2 erste Zeilen) Bleistift
81v,4 )
2
geben wie allen. Meine Gedanken drehen sich nicht um den Grad von Freiheit
4
der dem Einen oder dem Anderen oder Allen zu gönnen ist, sondern um den
6
Grad von Macht, den Einer oder der Andere über Andere oder Alle
8
ausüben soll. resp. inwiefern eine Opferung von Freiheit, eine Ver=
10
sklavung selbst, zur Hervorbringung eines höheren Typus die Basis giebt. In
12
größter Form gedacht: wie konnte man die Entwicklung der Mh. opfern,
14
um einer höheren Art als der Mensch ist, zum Dasein zu helfen? –
16
Ob ein M. von Kindheit an gewöhnt wird
18
Vortheil eines Abseits von seiner Zeit.
20
Das gesammte Moralisiren als Phänomen ins Auge bekommen. Auch als Räthsel.
22
24
Was bedeutet das „du sollst“ u. selbst eine Philos. als „gegeben“ betrachtet?
KGW VIII 7[6] 288,28-289,4, 290,5-10
8: ausüben] ¿
12: konnte] > könnte
Mp XVII, 83r $
90. Bleistift
NB! Dem bösen Menschen das gute Gewissen zurückgeben – ist das mein
2
unwillkürliches Bemühen gewesen?
4
6
8
(8)
Und zwar dem bösen M., insofern er der starke Mensch ist? (Das Urtheil Dostoijewsky’ s über die Verbrecher der Gefängnisse ist hierbei anzuführen.)
$
vgl. Götzendämmerung Bleistift
10
, der das Achten nicht verlernt hat!
2-9: KGW VIII 7[6] 291,8-14
8: Dostoijewsky’s] Vk
Mp XVII, 83v
2
Was bedeutet das, daß wir die campagna Romana nachfühlen? Und das Hochgebirge?
4
Idealismus oder Selbstverlogenheit.
6
Kritik der Civilisation.
Was bedeutet unser Nationa= lismus?
8
Die Metamorphosen des Kreuzes.
seinen starke , mächtig inAden Instinkten DerAM einer
10
12
Die Verfeinerungen der Furcht
seine
ganz eben so
Eine{starke Gesundheit verdaut die ThatenA, wie sie die er wird mit schwerer Kost selbst fertig: in der
Mahlzeiten verdaut; daß sie nichts thut, was ihr wider-
Hauptsache aber führt ihn ein unversehrter u strenger Instinkt, daß er 14
der Wollüstigkeit.
steht, ist bei ihr ebenso sicher, wie daß sie sie nichts
der Verachtung
ißt, das ihr nicht schmeckt.
so wenig als er etwas ißt
as M
16
18
Der Gewissensbiß: Zeichen, daß der Charakter der That nicht gewachsen ist. Es giebt Ge
guten
20
wissensbisse auch nachAWerken: ihr Ungewöhnliches, das was aus dem alten
22
milieu heraushebt –
24
Die nächste Vorgeschichte einer Handlung bezieht sich auf diese: aber weiter zurück liegt
26
eine Vorgeschichte, die weiter hinaus deutet: die einzelne Hdl. ist zugleich ein
28
Glied einer viel umfänglicheren späteren Thatsache. Die kürzeren u. die längeren Prozesse
30
sind nicht getrennt –
32
Vollerer Begriff des Lebens
34
Die Arten des Rausches
36
Die moderne Schauspielerei (zb. „Vaterland“: inwiefern es uns wider das Gewissen geht,
Die Guten
Patrioten zu sein)
38 40
Die ganze Europäische Falschheit.
42
Die Kluft – 2-16: KGW VIII 7[26] 9-16: KGW VIII 7[28] 18-30: KGW VIII 7[6] 291,15-25 32-42: KGW VIII 7[27]
14: sie sie] > sie 16: das] ¿
Mp XVII, 84r $
49. Bleistift
An die Künstler.
2
Unterscheidung: solche, die von ihrer Kunst leben wollen u andere, wie Dante, Goethe 4
Aus welchem Bedürfniß? Rückschluß vom „Werk“ auf den Künstler.
Was „der Erfolg“ beweist: jedenfalls ein Miß=
6
verständniß des Künstlers, zumeist auch des
8
Werks.
10
12
Die anspruchsvollen Sinne – was bedeutet das?
14
Der Mangel an Logik –
16
der esprit, das sujet.
hys Zur P
an Probität der Bildung
iolog
r ie de
t Kuns 18
Der „Naturalismus“ – was bedeutet er?
Vor allem ein Reizmittel – das
Häßliche u. Ungeheure macht Emotion. 20
Die „Romantik“ – was bedeutet sie?
22
Stellung der Nationen zur Entwicklung der „europäischen Seele“.
24
Verhältniß der Kunst zur Kirche.
26
Der Pessimismus in der aesthet. Theorie („interesseloses Anschauen“ „les Parnassiens“).
KGW VIII 7[7] 292,1-20
26: Parnassiens“).] nach Textverlust: Parnassie
Mp XVII, 84v
Zur Geschichte des modernen Lasters.
2
Der Anarchismus.
4
5.
2-4: KGW VIII 7[29]
Mp XVII, 85r $
50. Bleistift
2
Kann er gehen?
4
Kann er tanzen?
– die entliehenen Formen zb Brahms, als typischer „Epigone“
6
Mendelssohns’ gebildeter Protestantismus ebenfalls
8
(eine frühere „Seele“ wird nachgedichtet ..)
10
– die moralischen u. poetischen Substitutionen bei W.
12
die eine Kunst als Nothbehelf für Mängel in den anderen.
14
– der „historische Sinn“, die Inspiration durch Dichten, Sagen
16
ist
das deutlichste Beispiel
$
85 Bleistift, radiert
jene typische Verwandlung, für die unter Franzosen G. Flaubert, unter D. R. W.
wie der romant. Glaube an die Liebe u. die Zukunft in das Verlangen zum Nichts
18
sich umwandelt, 1830 in 1850
20
s
22
wenn irgend Etwas erreicht ist, so ist es ein harmloseres Verhalten zu den Sinnen, eine
24
freudigere wohlwollendere Goetheschere D Stellung zur Sinnlichkeit insgleichen eine stolzere Empfindung in Betreff des
26
Erkennens: so daß der „reine Thor“ wenig Glauben findet
28
30 32
ohe
philosophischen
Naivetät desAAlterthums, psychologische Unschuld; ihre „Weisen“ waren langweilig. Gegen das Alterthum gehalten, das an die Vernunft (die göttliche Herkunft der Vernunft), an die Tugend (als höchste Vernünftigkeit)
34
u Unabhängigkeit des Geistes) 36
.
38
im Grunde
glaubte, lehrt das Christenthum den Verdacht, daß AllesAböse sei, daß seine
der Stolz des Geistes die größte Gefahr sei usw. Das tragische Zeitalter für Europa: bedingt durch den Kampf mit
2-28: KGW VIII 7[7] 293,15-32 30-36: KGW VIII 7[30] 38-39: KGW VIII 7[31]
dem Nihilismus.
17: D. R. W.] > Deutschen Richard Wagner 35: Unabhängigkeit] Vk 35: unverbesserlich] Vk
u unv
erbesse
rlich
Mp XVII, 85v
2
Der absolute Mangel an Vorbereitung für das Aufnehmen von Wahrheiten; keine
4
6
müthigkeit.“
8
Gegen die Theorie vom „milieu“. Die Rasse unsäglich wichtiger. Das milieu
10
12
Kraft.
14
Der Causalismus. Dieses „Aufeinander“ bedarf immer noch der Auslegung:
16
18
„Ursache u. Wirkung“ geht zurück auf den Begriff „Thun u. Thäter“. Diese
20
u
Gradation der Erziehung; blindes Zutrauen in den Geist; die moderne „Gut=
ergiebt nur „Anpassung“; innerhalb derselben spielt die ganze aufgespeicherte
„Naturgesetz“ ist eine Auslegung usw.
Scheidung woher?
22
Bewegung als Symptom eines nicht - mechanischen Geschehens. Bei der mechanist. Weltauf-
24
fassung stehen bleiben – das ist, wie als ob ein Tauber die Partitur eines Werks
26
als Ziel nimmt.
28
Logik – ihr Wesen nicht entdeckt. Kunst der eindeutigen Bezeichnung?
30
32
34
Kritik der menschlichen Ziele. Was wollte die antike Philosophie? Was das Christenthum? Was die Vedanta - Philosophie? Was Buddha? – Und hinter diesem Willen was Psycholog. Genesis der bisherigen Ideale: was sie eigentlich bedeuten?
36
es ß
steckt da?
38
Gesetzt, unsere übliche Auffassung der Welt wäre ein Mißverständniß: könnte eine Voll=
40
kommenheit concipirt werden, innerhalb derenAein solche Mißverständnisse sanktionirt wäre?
42
Conception einer neuen Vollkommenheit: das, was unserer Logik, unserem „Schönen“, unserem
44
„Guten“, unserem „Wahren“ nicht entspricht, könnte in einem höheren Sinne vollkommen sein, als es
selbst
unser Ideal selbst ist.
46
2-6: KGW VIII 7[32] 8-12: KGW VIII 7[33] 14-28: KGW VIII 7[34] 30-36: KGW VIII 7[35] 38-46: KGW VIII 7[36]
10: aufgespeicherte] Vk 24: das] aus unvollständiger Korrektur
Mp XVII, 86r $
60. Bleistift
2
Beethoven – un pauvre grand homme, sourd, amoureux, méconnu et
4
philosophe, dont la musique est pleine de rêves gigantesque ou douloureux.
6
Mozart – ganz deutsche Gefühle ausdrückend, la candeur naive, la tendresse mé-
8
lancholique, contemplative, les vagues sourires, les timidités de l’ amour.
10
Das Piano exalte et raffine. Mendelsohn les entoure de rêves ardents,
12
délicats, maladifs.
14
Les âpres désirs tourmentés, les cris brisés, révoltés, des passions modernes,
16
sortent de tous les accords de Meyerbeer.
18
In Hinsicht auf die Maler.
20
tous ces modernes sont des poètes, qui ont volu être peintres. L’ un a
22
cherchés des drames dans l’ histoire, l’ autre des scènes de moeurs, celui - ci
24
traduit des religions, celui - là une philosophie. Jener ahmt Raffael nach,
26
ein anderer die ersten ital. Meister; die Landschafter verwenden Bäume u Wolken,
o
28
um Oden u Elegien zu machen. Keiner ist einfach Maler; alle sind Archäo-
i
30
logen, Psychologen, In - Scene - Setzer irgendwelcher Erinnerung oder Theorie. Sie gefallen
32
sich an unserer Erudition, an unserer Philosophie. Sie sind, wie wir, voll u. übervoll
34
von allgemeinen Ideen. Sie lieben eine Form nicht um das, was sie ist, sondern
36
um das, was sie ausdrückt. Sie sind die Söhne einer gelehrten, gequälten u reflektirten
38
Generation – Tausend Meilen weit von den alten Meistern, welche nicht lasen, u.
40
nur dran dachten, ihren Augen ein Fest zu geben
l
Physiolo
gie der Kunst
KGW VIII 7[7] 294,1-27
28: Archäo-] ¿
32: Erudition] ¿
38: von den] ¿
Mp XVII, 86v $
an Overbeck? wohl Spätsomer 86. 12. Febr. 1887 Bleistifte
Im Grunde habe ich keinen Beweis dafür, daß irgend Jemand
2
Wenn ich den Muth hätte, Alles zu denken, was ich weiß!
4
sei u. auch mit den unmöglichsten M. umzu
gehen verstünde.
6
Im Grunde dürfte ich Niemandem rathen, es mir nachzumachen: denn ich bin wirklich auf
8
eine absurde u gefährliche Weise entwurzelt u. „a parte“. Die M. die ich kenne, er=
Man lobt mich hier, weil ich beständig heiter
10
reichen mich nicht mehr, weder mit ihrer Liebe, noch mit ihrer Abneigung (es giebt nämlich
12
Abneigung: ich kenne die Art M. gut genug, welche durch meinen Sohn Z. gegen mich
14
erbittert worden sind) Opfer zu bringen,
16
Wie muß man gewohnt sein, den Anschein u. die schönen Aspirationen zu verachten
18
Ich begreife allmählich, aus weiter Ferne, warum diese Bücher so fremd sind: selbst sehr
20
unterrichtete u. wohlgesinnte Leser vorausgesetzt. Sie fordern eine Gesinnung, die zu viel
22
kostet, die im höchsten Grade unbequem ist, dieAisolirt, die viell. den Andersge=
24
sinnten{erbittert, u.Aganz u. gar nicht etwa einen festen vernünftigen Glauben zum Gegengeschenk.
26
Wie dünn ist das Alles, was mich noch mit einigen M. zusammenhält! Wie viele viele
28
Jahre ist es her, daß ich nicht ein Wort an mich gehört habe, dasAmir wirklich ans ans
30
Herz gegangen wäre? Mache ich irgend JemandemAVorwürfe? Gewiß nicht! Alle Welt sagt
32
mir hier, daß ich beständig heiter sei; auch meine Mutter, bei unserem letzten Zusammensein,
34
drückte mir ihr freudiges Erstaunen darüber aus, wo ich so gar nicht „verbittert“ sei. DieseA
36
Einsamkeit, in der ich mich bei alledem fühle, ist Nichts, was man wählt oder abwehren
38
könnte; man hat sie, man ist sie.
gut
mit der man sich so gesellig einer auch sein mag
mit der man
sie geben so wenig einer auch der Liebe u. des Mitgefühls entlaufen möchte
welches
dafür
u. mit jeder Art M. umzugehen verstünde
wäre.
5: mit den] ¿ 24: Gegengeschenk] Vk 26: dünn] Vk
28: ans ans] > ans 32: letzten] ¿ 34: wo] >? wie
vollkommene
36: alledem] ¿ 36: man] Vk
Mp XVII, 87r $
61. Bleistift
2
Unser Zustand: der Wohlstand macht die Sensibilität wachsen; man leidet
4
an den kleinsten Leiden; unser Körper ist besser geschützt, unsere Seele krän-
6
ker. Die Gleichheit, das bequeme Leben, die Freiheit des Denkens, – aber zu
8
gleicher Zeit l’envie haineuse, la fureur de parvenir, l’ impatience du
10
présent, le bésoin du luxe, l’ instabilité des gouvernements, les souffrances
12
du doute et de la recherche.
14
man verliert ebenso viel als man gewinnt –
16
Ein Bürger von 1850, verglichen mit dem von 1750, glücklicher?.
18
moins opprimé, plus instruit, mieux fourni de bien - être, aber nicht plus gai – – –
20
22
Im 17 ten Jh war nichts häßlicher als ein Gebirge; man hatte tausend
24
Gedanken ans Unglück dabei. Man war müde der Barbarei, wie wir
26
heute müde der Civilisation sind. Die Straßen heute so reinlich, die
28
Gensdarmes in Überfluß, die Sitten so friedlich, die Ereignisse so klein, so
30
vorhergesehen, daß man aime la grandeur et l’ imprévu. Die Land-
32
schaft wechselt wie die Litteratur; damals bot sie lange zuckersüße Ro-
34
mane u. galante Abhandlungen: heute bietet sie la poésie violente
36
et des drames physiologistes.
38
Diese Wildniß, die allgemeine unversöhnliche Herrschaft der nackten Felsen
40
ennemi de la vie – nous délasse de nos trottoirs, de nos bureaux
42
et nos boutiques. Nur deshalb lieben wir sie
KGW VIII 7[7] 294,28-295,21
12: recherche] ¿
16: verglichen] ¿
38: unversöhnliche] Vk
Mp XVII, 87v
Zu Delacroix:
2
chanter avec la couleur
4
6
8
10
„das Echo der Stimme Victor Hugo’ s
während der Kriege hatten sich in die französische Seele eingeschlichen la melancholie poe= tique d’ Angleterre, le lyrisme philosophique d’ Allemagne l’ âme complémentaire de Victor Hugo
12
Wenn man begriffen hat,
in wie fern jede unserer Hdl.
14
nicht nur wieAnothwendig ist
erste wesentliche
Es ist ganz u. gar nicht dieAFrage
16
sondern auch wie sie unter einander
ob wir mit uns zufrieden sind, sondern ob
18
sich gegenseitig bedingen u. wie jede
überhaupt
wirAirgend womit zufrieden sind. Gesetzt, wir sagen
20
nuance des Gefühls
vis est vita, vides, quae nos facere omnia cogit
22
28
Ja zu einem einzigen Augenblick, so haben wir damit Lucilius nicht nur zu uns selbst, sondern zu allem Dasein Ja
30
gesagt. Denn es steht nichts für sichA: u wenn nur ein einziges Mal unsere Seele wie eine
24 26
weder in uns selbst, noch in den Dingen
ge
B€ow kale›tai dɢw b€a+ por€zetai.
32
waren
nöthig
38
so gehören alle Ewigkeiten dazu, um dies Eine Geschehen zu bedingen – u alle Ewigkeit war in diesem Eine volle u. mächtige Seele wird nicht nur mit schmerzhaften, selbst furchtbaren Verlusten, Entbehrungen, Berau=
40
bungen, Verachtungen fertig: sie kommt aus solchen Höllen mit größerer Fülle u. Mächtigkeit heraus: als deren stärkste
34
) 46
hat
Saite vor GlückAzittert u. getönt{,
36
und, um das Wesentlichste
zu sagen, mit einem neuen
in der Seligkeit der an Ich glaube, der wer etwas von
jedes
in der
errathen hat,
42
Symptome ein das{WachsthumAder Liebe. WerAdie untersten Bedingungen vom Wachsthum der Liebe begriffen
44
hat, denkt wie Dante, als er über die Pforte seines inferno schrieb: „auch mich schuf die ewige Liebe“
der tiefer wird
unseres Jasagens gutgeheißen
36 ) | Blaustift Genealogie S. 32 rote Tinte
46
$
einzigen AugenblickAerlöst, gerecht=
$
fertigt, gutgeheißen u. bejaht.
48
2-12: KGW VIII 7[7] 295,22-28 16-36,46-48: KGW VIII 7[38] 22,26,32: KGW VIII 7[37] 38-44: KGW VIII 7[39]
39: Wesentlichste] ¿ 40: Verachtungen] ? 42: das] danach Einfügungszeichen verlängert 45: unseres] ¿
45: gutgeheißen] nach Textverlust: gutgeheiß 46: einzigen] ¿ 48: bejaht] ¿
Mp XVII, 88r $
51. Bleistift
das Übergewicht der Musik in den Romantikern von 1830 u. 40
2
Delacroix
Ingres ein leidenschaftl. Musiker, Cultus für Gluck Haydn,
4
Beethoven Mozart
6
sagte seinen Schülern in Rom „si je pouvais vous rendre
8
tous musiciens, vous y gagneriez comme
10
peintres“ –)
12
insgleichen Horace Vernet, mit einer besonde ren Leidenschaft für den Don Juan
14
(von Mendelsohn bezeugt 1831)
16
insgleichen Stendhal, der von sich sagte:
18
$
88 Bleistift, radiert
Der Präsident De Brosses sagt von der campagna Romana: „il
20
fallait que Romulus fût ivre, quand il songea à bâtir une ville dans
22
s
un terrain si aussi laid“
24
Fénélon vergleicht den gothischen Stil mit einer schlechten Predigt.
26
4
Chateaubriand 1803 in einem Briefe an M. de Fontanes giebt den
28
ersten Eindruck der campagna Romana.
30
Lamartine hat für Sorrent u. den Posilipp die Sprache –
32
V. Hugo schwärmt für Spanien, parce que „aucune autre nation n’ a moins
34
36
imprunté à l’ antiquité, parce qu’ elle n’ a subi aucune influence classique“
38
Auch Delacroix wollte Rom nicht, es machte ihm Furcht. Er schwärmte für
40
Venedig, wie Shakespeare, wie Byron, wie G. Sand. Die Abneigung gegen Rom
42
auch bei Th. Gautier – u bei R. Wagner.
KGW VIII 7[7] 295,29-296,22
14: besonderen] ¿
Mp XVII, 88v
2
Was an unserer Democratie zum Lachen ist: der schwarze Rock …
4
l’ envie, la tristesse, le manque de mesure et de politesse, les héros de
6
George Sand, de Victor Hugo et de Balzac (et de R. Wagner)
8
10
le goût de la Renaissance
12
ein Ameublement darin, éclatant et sombre, d’ un style tourmenté et
14
magnifique
16
cet âge de force et d’ effort, d’ audace inventive, de plaisirs effrénés et
18
de labeur terrible, de sensualité et d’héroisme
20
Jeanne d’ Albret, die Mutter Heinrich IV, nach d’ Aubigné’ s Urtheil:
22
„princesse n’ ayant de la femme que le sexe, l’ âme entière aux choses viriles,
24
l’ esprit puissant aux grandes affaires, le coeur invincible aux adversités.“
26
Agir, oser, jouir, dépenser sa force et sa peine en prodigue, s’ abandonner
28
à la sensation présente, être toujours pressé de passions toujours vivantes, sup=
30
porter et rechercher les excès de tous les contrastes, voilà la vie du seixième
32
siècle.
34
Parmi ces violences et ces voluptés la dévotion était ardente. Die Religion
36
war damals nicht eine Tugend, sondern eine Passion. Man gieng zur Kirche wie
38
zur Schlacht oder zum Rendezvous
40
die Ritter in der Zeit der Kreuzzüge – enfants robustes. Im Tödten u Heulen wie Raub-
42
thiere. Ist die Wuth vorüber, dann kommen sie auf Thränen zurück u. werfen sich einander an
44
den Hals, zärtlich. KGW VIII 7[7] 296,23-297,19
30: seixième] > seizième
42: einander] ¿
Mp XVII, 89r 59. Bleistift
$
Fröhl. W. S. 342. Bleistift
$
endlich unsere Weisheit lerntA, von sich klein zu denken; wir Gelehrten sogar, u wächst fortwährend eben
2
Die Welt ist ins Ungeheure gewachsenA: wir fangenAan, wenig zu wissen …
4
Das Urtheil „angenehm“ „unangenehm“ vgl. Musik – wechselt u. formirt sich nach dem,
6
was wir als „Gesetzlich“, vernünftig, usw.Aempfinden.
8
Das Begierden - Erdreich, aus dem die Logik herausgewachsen ist: Heerden - Instinkt im
sinnvoll, bedeutsam
10
Hintergrunde, die Annahme der gleichen Fälle setzt die „gleiche Seele“ voraus.
Zum Zweck
der Verständigung u. Herrschaft. die eigentliche Modernität
12
Der Sinn u. die Lust an der Nüance,Aan dem, was nicht generell ist, läuft dem Triebe entgegen,
14
welcher seine Lust u. Kraft im Erfassen des Typischen hat: gleich dem griechischen Geschmacke
16
der besten Zeit. Ein Überwältigen der Fülle des Lebendigen ist darin, das Maaß wird Herr,
18
jene Ruhe der starken Seele liegt zu Grunde, welche sich langsam bewegt u einen Wider=
20
willen vor dem Allzu - Lebendigen hat. Der allgemeine Fall, das Gesetz wird verehrt u. heraus=
22
gehoben; die Ausnahme wird umgekehrt bei Seite gestellt, die Nuance weggewischt. Das
24
Feste, Mächtige, Solide, das Leben, das breit u. gewaltig ruht u. seine Kraft birgt – das
26
„gefällt“: dh. das correspondirt mit dem, was man von sich hält.
28
Der Antagonism zwischen der „wahren Welt“, wie sie der Pessimismus aufdeckt, u einer
30
lebensmöglichen Welt: – dazu muß man die Rechte der Wahrheit prüfen, es ist nöthig, den
32
Sinn aller dieser „Idealen Triebe“ am Leben zu messen, um zu begreifen, was eigentlich jener
34
Antagonism ist: der Kampf des krankhaften verzweifelnden, sich an Jenseitiges klammernden Lebens
36
mit dem gesünderen dümmeren verlogeneren reicheren unzersetzteren Leben. Also nicht „Wahrheit“
38
im Kampf mit Leben, sondern eine Art Leben mit einer anderen. – Aber es will die höhere
40
Art sein! – Hier muß die Beweisführung einsetzen, daß eine Rangordnung noth thut, – daß das
42
Phy
siol. st Kun der
erste Problem das der Rangordnung des Arten Leben ist. 1-2: KGW VIII 7[40] 4-6,12-26: KGW VIII 7[7] 297,20-298,9 8-11: KGW VIII 7[41] 28-42: KGW VIII 7[42]
11: Verständigung] ¿ 14: Geschmacke] ¿ 16: Maaß] ¿ 28: Pessimismus] ¿
34: Lebens] nach Textverlust: Leben 36: Wahrheit“] nach Textverlust: Wahrheit 42: des] > der
Mp XVII, 89v
u.
2
Umgekehrt also wie bei dem Vornehmen, der den Grundbegriff „gut“ concipirt u. von da aus erst
4
eine Vorstellung „von schlecht“ schafft. Dies „Gut“ des vornehmen Ursprungs u. jenes „gut“ aus der
6
Werkstätte des ungesättigten ressentiments – das erste eine Nachschöpfung,Adas zweite das Ori-
8
ginal, die eigentl. That in der Conception einer Sklaven - Moral – wie verschieden stehen die
ein Nebenher, eine Folge
beiden Begriffe „gut“ sich gegenüber! Ihr Widerspruch leuchtet sofort ein, wenn man als Gegensatz
10
„böse“ nimmt. Was ist „der vornehmen „gut“ sich das Wort „schlecht“, zum unvornehmen „Gut“ das Wort plötzlich, – die man man niemals anders beikommt als so so: sicherlich Wahrheiten blitzt wird? so giebt es genug Dinge, welchen man nur überrascht überraschen muß.
) 16
zum
12
14 11 )
16
) 23
18 20
22 19 )
24
In aller Strenge
Böse“ in der Conception des ressentiments! E Genau{gesprochen: eben der oder in lassen muß. eben t durch das Gift= b r ä f e g m u u t e t h c u e l e b e d n e h c s r r e H r e d , e g i t h c ä M r e d , e m h e n r o V ute“, denAder ist es die Sache des geistigen Geschmacks, der ein Geschm für Rangordnung ist „G auge des ressentiments. Die Grund= umgewerthet jener anderen Zu alledem muß man viele Dinge, nachdem man sie überhaupt erkannt hat, davor bewahren, daß man die seltenen u. schwer errungenen Einsichten nicht zu öffentlichen Weibern macht auf den Markt bringt Moral in schlechte Hände u. Köpfe zu kommen – man muß sie schützen, ehren, ver
muß man innerhalb solcher Fragen, wie sie michalsbeschäftigen, zu verhüten wissen, von den ist solange beiderlei Geschlechts lange ar erreicht, soDie w s e i D . n e d r e w Wissenschaften wachsen: u z n Eseln u. alten Jungfern{verstande in Hinsicht auf unser Wissen mit uns unzufrieden{: die Gelehrten von uns daran sieAglauben, mich zu verstehen: – Aber, wie mir scheinen will sind nahe daran zu entdecken, daß sie wenig wissen; und stünde es anders, so stünde es
der er
26 28
uns . .
Viel kurz sagen, damit es falsch verstanden wird
conception
30 32
v
als wir wissen noch schlimmer.
Das Wesentliche ist, daß wenn wir mehr „wüßten“A, wir im Handumdrehen aufhörten zu sein, was
34
erst mirAzufrieden, wenn
38
40
42
44
man muß sich sein Recht auf Unwissenheit nehmen
wir sind, Denker, – nicht nur Gedächtnisse. Ich bin mit
36
Wieviel
48
50
52
54 56
58 60
überhaupt zu seiner Ernährung u. zum
thum braucht, dafür giebt es keine Formel:
unabhängiger Geschmack vornehm geartet mehr noch, man hat sie zur Tugend anzuspornen ist aber sein Instinkt gesund genug, so lieber lebt erAmit Wenigem besser als mit Vielem. mit Wenigem freiAals mit Vielem nimmt er nur soviel u nur das an, die größte u Kraft
46
ein
Was der GeistAzur Nahrung u. zum Wachs=
unfrei u gestopft
Ich wüßte nichts auf Erden als was lustiger wäre als begeisterte alte Esel
Nicht
das Fett, sondern die{GeschmeidigkeitAist das, was er verdauen kann.
was ein guter Tänzer von seiner Nahrung will; u ich wüßte nicht, was ein guter Geist
u. Jungfrauen, welche durch die mehr zu sein wünschte als ein guter Tänzer noch süßen Gefühle der Tugend erregt werden. von dem aus er Und es stündeAschlimm, wie sich als N achbild mir scheint, wenn es anders u. Ge That u. g en s tück a einen stünde. wie ihn der M. des ressentiment concipirt – u hier gerade ist seine eigentliche{Schöpfung. uch deneinen Guten ausdenkt. Er hat den Bösen concipirt – u zwar als Grundbegriff 2: Vornehmen] ¿ 4: „von schlecht] > von „schlecht 6: Nachschöpfung] Vk 8: stehen] ¿
13: als so so] ¿, > als so 22: Köpfe] ¿ 26: in Ms nicht übereinander 30: mich] aus unvollständiger Korrektur
41: mehr … anzuspornen] zu Zeile 24-26 41: anzuspornen] Vk 45: ist] Vk 60: teilweiser Schriftverlust
Mp XVII, 90r $
65. Bleistift
2
Nihilismus als Folge der moralischen Welt = Auslegung.
4
Rangordnung.
6
Die ewige Wiederkunft.
Zur Vorrede
8
Nihilismus
10
Ich habe eine Tortur bisher ausgestanden: alle die Gesetze, auf denen
12
das Leben sich entwickelt, schienen mir im Gegensatz zu den Werthen zu
14
stehen, um derentwillen Unsereins zu leben aushält. Es scheint das nicht der
16
Zustand zu sein, an dem Viele bewußt leiden: trotzdem will ich
18
die Zeichen zusammenstellen, aus denen ich annehme, daß es der Grundcharakter,
20
das eigentlich tragische Problem unserer modernen Welt u. als geheime Noth
22
Ursache oder Auslegung aller ihrer Nöthe ist. Dies Problem ist in mir
24
bewußt geworden.
26
„Nützlich“ im Sinne der darwinist. Biologie. dh. im Kampf mit Anderen sich
28
als begünstigend erweisend. Aber mir scheint schon das Mehrgefühl, das Gefühl der
30
Stärker = Werdens, ganz abgesehen vom Nutzen im Kampf, der eigentliche Fortschritt: aus
32
diesem Gefühle entspringt erst der Wille zum Kampf, –
2-6: KGW VIII 7[43] 8-24: KGW VIII 7[8] 299,1-12 26-32: KGW VIII 7[44]
28: der] > des
Mp XVII, 90v
2 4
6
a
nämlich als eine Fülle von starken Schicksalen Begehrungen eigenen Erlebnissen{u. Überraschungen Ent = Erfahrungen u. Begehrungen zückungen
8
ausreichend bekannt gewesen sei
10
12
Wobei man zum Mindesten wünschen möchte, daß sie von sich aus auch
*
n
: Aber das Gegentheil
als eine Fülle eigener starker ihnen
„der Zuschauer“ so voll u ist der Fall: Der
alte Antagonism zwischen Kunst u. Philosophie
14
$
Band VII, S. 408f. Bleistift
freilich WennAunsere
das „desinteressement“
.
18
allein am aesthet. Zustande hervorhebt, Wer hat Recht, Kant oder Stendhal? – Aber unsere nicht müde werden zu , zu Gunsten Kants geltend machen, daß man sogar Aesthetiker sind nicht müde geworden, zu Gunsten Kants weibliche gewandlose Statuen unter
20
dem Zauber des Schönen vollkommen „ohne Interesse“ anschauen könne, so darf man wohl
22
ein wenig über sie lachen: – die Erfahrungen der Künstler sind inAdiesem heiklen Punkte „interessanter“
24
u Pygmalion warAnichtAein „unaesthetischer“ Mensch. Ehren wir „die Unschuld“ unserer
26
Aesthetiker in solchen welche sich in solchen Argumenten spiegelt; vergessen wir auch zum Beispiel
28
auch das in Betreff des TastsinnsAzu lehren weiß. Daß der aesthet. Zustand, etwas in geschlechtlicher
16
Bezug auf
auf ihre Unk
jedenfalls nothwendig
Halten wir
in Ehren
uns die
mit ehrwürdiger Naivetät uns
uns über das Eigenthümliche
der
z. B.
es Kanten an, was er z. b
„die Contemplation“, ein Element
*
e
rechnen
an sich trage, das gerade in Hinsicht auf{geschl. „Interessirtheit“ merkwürdig calmirend wirke u erlösend wirkt – das 30
Hinsicht Calmirendes an sich trage,Ascheint in Sonderheit die Erfahrung Sch’ s gewesen zu sein:
32
A der nicht aufhörte, das „Loskommen vom „Willen“, das man der{Contemplation verdanke, zu rühmen.
aufgehört hat dieses jenes
aesthet.
selbst
seine
36
u in den Vordergrund zu stellen: man möchteAfragen, ob nicht die Grundconception von „Wille einer Verallgemeinerung gerade ihre causa f iendi habe. Man höre eine seiner u Vorstellung“ inAdieser Personal = Erfahrung steckt.
38
ausdrücklichsten Stellen über{des aesthetischen Zustand W. a W u V. I, 231. … Welche Vehemenz
a r
40
der Worte! welche verrätherische{Dankbarkeit! in dem Gegensätze „jenes Augenblick“ u „das
ie r
42
34
n
zu Ehren
44
s
Welche fast pathologische
Gluth der
„Rads des Ixion“, der Zuchthausarbeit des Wollens“, „des schnöde Willensdrang“! – Aber was ist damit Beschreibung Einsicht in das Wesen u. der Kunst Man könnte Sch n sogar einwenden, daß aus seiner Verheimlichung der für die Erkenntniß des SchönenAgethan! Ein Künstler, der Schopenhauerisch das Dasein litte, nicht
im Grunde das GleicAnderes
auch Sch n selber
46
e – daß auch ihm von ihr Contemplation sich gerade das Umhegergäb ekehrte von dem ergiebt, was erAbehauptet, nämlich daß würde es nicht verheimlichen
48
sieAein „höchst interessanter“ Zustand sei – der Zustand eines{Torturirten, der von seiner Tortur
50
will … loskommt … …
gerade das ihm das Schöne gerade aus dem allerstärksten Interesse gefallen muß – aus dem Interesse des dem des
en auf
e Er e
wird
„aus einem Interesse gefalle sogar aus dem allerstärksten Interesse
die calmirende Sch. hat Eine Wirkung des Schönen beschriebenA– ist sie auch nur eine
wesentliche? St. wie gesagt, schreibt spricht von einer anderen W. „das Schöne verspricht Glück
15: desinteressement] Akzentzeichen mit Bleistift, von fremder Hand 16: hervorhebt] Vk 24: Pygmalion] ¿ 27: mit] aus unvollständiger Korrektur 28: Einfügungszeichen verlängert 28: geschlechtlicher] Vk 31: aesthet.] ¿
35: Verallgemeinerung] ¿ 38: W. a W u V.] > Welt als Wille und Vorstellung 39: pathologische] ¿, vgl. GM III 6, 366,27 > pathologische Zeit-Gegenüberstellung 40: das] nach Korrektur des Kontextes > des 42: Zuchthausarbeit] > „Zuchthausarbeit 43: Einfügungszeichen verlängert
45: nicht] > nichts 47: das] > daß 47: Interesse des] ¿ 48: eines] danach Einfügungszeichen verlängert 49: Interesse] > Interesse“ 51: Glück] > Glück“
Mp XVII, 91r $
64. Bleistift
Einleitung.
A.
Von einer vollen herzhaften Würdigung unserer jetzigen M. auszugehen:
2
4
sich nicht durch den Augenschein täuschen lassen (diese Menschheit ist
6
8
ihr tempo ist langsamer, aber der Takt selbst ist viel reicher
weniger „effektvoll“, aber sie giebt ganz andere Garantien der Dauer,
die Gesundheit nimmt zu, die wirklichen Bedingungen des starken Leibes
12
14
die Scheu vor Extremen, ein gewisses Zutrauen zum „rechten Weg“,
ilis
mu
s
10
werden erkannt u. allmählich geschaffen, der „Asketism“ ironice –
keine Schwärmerei; ein zeitweiliges Sich - Einleben in engere Wer=
18
the (wie „Vaterland“), an „Wissenschaft“ usw
20
dies ganze Bild wäre aber immer noch zweideutig:
22
– es könnte eine aufsteigende
24
– oder aber eine absteigende Bewegung des Lebens sein.
Nih
16
B.
26
28
Der Glaube an den „Fortschritt“ – in der niederen Sphäre der Intelligenz
30
erscheint es als aufsteigendes Leben: aber da ist Selbsttäuschung.
32
in der höheren Sphäre der Intelligenz als absteigendes
34
Schilderung der Symptome.
36
Einheit des Gesichtspunktes: Unsicherheit in Betreff der Werthmaaße.
38
Furcht vor einem allgemeinen „Umsonst“
40
Nihilismus.
KGW VIII 7[8] 299,13-300,17
6: Garantien] ¿ 8: tempo] Vk
18: an] ? 28: Intelligenz] Vk
30: es] > er
Mp XVII, 91v
C.
2
4
6
Die Abhängigkeit aller Werthmaaße von den moralischen der religiösen, ästhetischen, wirthschaftlichen, politischen, wissenschaftlichen
D.
8
10
II
Anzeichen eines Niedergangs im Glauben an die Moral.
1.
12
Kritik der Werthe, gemessen am Leben.
14
III
2.
16
Die Herkunft der Werthe
18
IV.
3.
20
Das Leben als Wille zur Macht
22
V.
4.
24
Die Umgekehrten
26
ihr Hammer „die Lehre von der Wiederkunft.
28
2-10: KGW VIII 7[8] 300,18-24 12-28: KGW VIII 7[45]
28: Wiederkunft] > Wiederkunft“
Mp XVII, 92r $
62. Bleistift 2
Nichts ist gefährlicher als eine dem Wesen des Lebens widerstreitende Wünsch=
4
barkeit. die nihilistische Consequenz (der Glaube an die Werthlosigkeit) als Folge der
6
moral. Werthschätzung
8
das Egoistische ist uns verleidet (selbst nach der Einsicht in die
10
Unmöglichkeit des Unegoistischen)
12
das Nothwendige ist uns verleidet (selbst nach Einsicht in die
14
16
Unmöglichkeit eines lib. arbitrium
18
u. einer „intellegiblen Freiheit“)
20
22
Werthe gelegt haben, nicht erreichen – damit hat die andere Sphäre, in der wir leben, noch keineswegs
24
26
wir sehen, daß wir die Sphäre, wohin wir unsere
Nih
ilis
m
us.
an Werth gewonnen: im Gegentheil, wir sind müde,
28
weil wir den Hauptantrieb verloren haben. „Umsonst
30
bisher!“
32
34
Hemmung der Erkenntniß durch die Moral. zb. Versuch, das Leben mit der Moral zu vereinbaren (zu identificiren) u. vor der Moral zu rechtfertigen
36
38
Altruismus uranfänglich
40
die selbstlose Denkweise möglich auch sans obligation
42
In wiefern die Moral die Erkenntniß gehemmt hat.
u. sanction
44
der Werth des Individuum, die „ewige Seele“, Fälschung der Psychologie
46
Widerstand gegen die Causalität
48
gegen die Entstehungsgeschichte überhaupt: Fälschung der Historie.
50
Fälschung der Erkenntnißtheorie
KGW VIII 7[8] 300,25-301,25
16: lib.] > liberum
: Fälschung der Physik
Mp XVII, 92v
2
,
Die Art Mensch, deren Mundstück ich bin:
an erfüllten! nämlich
4
nicht an unerfüllten Idealen leidend, sondern daranA, daß das Ideal,
6
welches wir darstellen, von uns mit einer leichten Geringschätzung be=
8
handelt wird –
u. von dem so viel Wesens gemacht wird
10
ein gefährliches Heimweh nach der ehemal. „Wildniß“ der Seele,
12
nach den Bedingungen der Größe, sogut als der Teufelei –
14
wir genießen unsere unordentlichen, wilderen, verrückteren Augen=
16
blicke, wir wären im Stande, ein Verbrechen zu begehen, nur
18
um zu sehen, was es mit einem Gewissensbiß auf sich hat –
20
wir sind blasirt gegen die alltäglichen Reize des „guten Menschen“,
22
der guten gesellsch. Ordnung, der braven Gelehrsamkeit –
24
wir leiden nicht an der „Verderbniß“, wir sind sehr verschieden von
26
Rousseau u sehnen uns nicht nach dem „guten Naturmenschen“ –
28
wir sind des Guten müde, nicht des Leidens: wir nehmen Krank= Unglück,
– 30
mehr ernst genug, am wenigsten
heit,AAlter, Tod nichtAmit dem Ernste der Buddhisten, als ob die Ein wände gegen das Leben gegeben seien.
32
s 34
Kritik der Vaterländerei: wer über sich Werthe fühlt, die er hundert Mal
höher nimmt als das Wohl des „Vaterlands“, der Gesellschaft, der Bluts- u Rassen
36
verwandtschaft, – Werthe, die jenseits der Vaterländer u. Rassen stehen, also inter=
38
nationale Werthe – der würde zum Heuchler, wenn er den „Patrioten“ spielen
40
wollte. Es ist eine Niederung von Mensch u. Seele, welche den nationalen Haß bei
42
sich aushält (oder gar bewundert u verherrlicht): die dynastischen Familien beuten
44
diese Art M. aus, – u. wiederum giebt es genug Handels u. Gesellschaftsklassen, die ihre
(auch natürlich die käuflichen
Hanswürste, die Künstler)
46
Förderung gewinnen, wenn diese nationalen Scheidewässer wieder die Macht haben. That=
48
sächlich ist eine niedrigere species zum Übergewicht gelangt – – 2-31: KGW VIII 7[46] 32-48: KGW VIII 7[47]
5: gemacht] ¿ 31: gegen] ¿
34: der] ¿
Mp XVII, 93r $
69. Bleistift
Methodisch: der Werth der inneren u. der äußeren Phänomenologie
2
A Das
Bewußtsein spät, kümmerlich entwickelt, zu äußeren Zwecken, den gröbsten
4
Irrthümern ausgesetzt, sogar essentiell etwas Fälschendes, Vergröberndes, Zusammen=
6
fassendes
8
B.
dagegen das Phänomen der sinnlichen Welt hundert Male vielfacher, feiner
10
u. genauer zu beobachten. Die äußere Phänomenologie giebt uns den bei
12
weitem reichsten Stoff u. erlaubt die größere Strenge der Beobachtung; während die
14
inneren Phänomene schlecht zu fassen sind u dem Irrthum verwandter (die
16
inneren Prozesse sind essentiell Irrthum = erzeugende, weil Leben nur möglich
18
ist unter der Führung solcher verengender perspektive - schaffender Kräfte) Alle Bewegung als Zeichen eines inneren Geschehens: – also der ungeheuer überwiegende Theil NB
alles inneren Geschehens ist ist uns nur als Zeichen gegeben.
20
Grundirrthümer der bisherigen Biologen: es handelt sich nicht um die Gattung, sondern um stärker auszuwirkende
22
(die Vielen sind nur Mittel)
24
26
Individuen
das Leben ist nicht Anpassung innerer Bedingungen an äußere,
Princip des 28
30
32
sondern Wille zur Macht, der von innen her
Lebens
immer mehr „Äußeres“ sich unterwirft u. einver-
leibt an sich
34
diese Biologen setzen die moral. Werthschätzungen fort (derAhöhere
36
Werth des Altruismus, die Feindschaft gegen die Herrschsucht)
38
gegen den Krieg, gegen die Unnützlich-
40
keit, gegen die Rang u Ständeordnung.
KGW VIII 7[9] 302,1-303,7
33: an sich] ¿
Mp XVII, 93v
augenblicklich
2
Intellektualität des Schmerzes: er bezeichnet nicht an sich, wasAgeschädigt ist, sondern welchen Werth die Schädigung hat in Hinsicht auf
4
das allgemeine Indiv.
6
ob es Schmerzen giebt, an denen „die Gattung“ u. nicht das Indiv.
8
leidet –
10
12
Was bedeutet activ u. passiv? ist es nicht herr=werden u. überwältigt werden
u Subject u. Object?
14
16
Gegen die Theorie, daß das einzelne Individuum den Vortheil der Gattung, seiner
18
Nachkommenschaft im Auge hat, auf Un=
20
kosten des eigenen Vortheils: das ist nur Schein
22
die ungeheure Wichtigkeit, mit der das Individuum den geschlechtl.
24
Instinkt nimmt, ist nicht eine Folge von dessen
26
Wichtigkeit für die Gattung: sondern das
28
Zeugen ist die eigentliche Leistung des Individuums
30
u. sein höchstes Interesse folglich, seine höchste
32
Machtäußerung (natürlich nicht vom Bewußtsein
34
aus beurtheilt, sondern von dem Centrum der
36
ganzen Individuation)
2-14: KGW VIII 7[48] 16-36: KGW VIII 7[9] 303,8-17
12: u.] ¿ 18: Nachkommenschaft] Vk
Mp XVII, 94r $
68. Bleistift
2
Das Bewußtsein, ganz äußerlich beginnend, als Coordination u. Bewußt=
4
werden der „Eindrücke“ – anfänglich am weitesten entfernt vom biologischen Cen=
6
trum des Individuums; aber ein Prozeß, der sich vertieft, verinnerlicht,
8
jenem Centrum beständig annähert.
10
Zur Entstehung der Logik. Der fundamentale Hang, Gleichzusetzen, Gleich=
12
zusehen wird modifizirt, im Zaum gehalten durch Nutzen u. Schaden, durch
14
den Erfolg: es bildet sich eine Anpassung aus, ein milderer Grad, in
16
dem er sich befriedigen kann, ohne zugleich das Leben zu verneinen u. in
18
Gefahr zu bringen. Dieser Prozeß ist ganz entsprechend jenem äußeren mechani-
20
schen (der sein Symbol ist), daß das Plasma fortwährend, was es sich aneignet,
22
sich gleich macht u. in seine Formen u. Reihen einordnet.
24
Die Individuation, vom Standpunkte der Abstammungstheorie beurtheilt,
26
zeigt das beständige Zerfallen von Eins in Zwei, u das ebenso beständige Ver=
28
gehen der Individuen auf den Gewinn von wenig Individuen, die die Entwick=
30
lung fortsetzen: die übergroße Masse stirbt jedes Mal ab („der Leib“)
32
Das Grundphänomen: unzählige Individuen geopfert um weniger willen, als
34
deren Ermöglichung. – Man muß sich nicht täuschen lassen: ganz so steht es mit
36
den Völkern u. Rassen: sie bilden den „Leib“ zur Erzeugung von einzelnen
38
werthvollen Individuen, die den großen Prozeß fortsetzen.
Princip des Lebens
KGW VIII 7[9] 303,18-304,13
6: vertieft] ¿ 18: entsprechend] ¿
26: Zerfallen] Vk 39: Lebens] ¿
Mp XVII, 94v
2
Die Frage der Werthe ist fundamentaler als die Frage der Gewißheit.: letztere erlangt ihren Ernst erst unter der Voraussetzung, daß die Werthfrage beantwortet ist.
4
Sein und Schein, psychologisch nachgerechnet, ergiebt kein „Sein an sich“, keine Kriterien für „Realität, sondern
6
8
nur für Grade der Scheinbarkeit
10
gemessen an der Stärke des Antheils
12
den wir einem Schein geben.
14
Das Problem der Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Gewißheit.
16
Das Problem der Guten
18
Das Problem der Gerechtigkeit.
Die Verletzung provocirt entweder die Reaktion oder
20
Das Problem des Maaßes.
22
Das Problem der Rangordnung.
die Unterwerfung
Es giebt im Geistigen keine Vernichtung …
Die christlichen Interpreten, wie Carlyle, heute als Form der Unredlich-
24
26
keit: ebenso die Bewunderung der Zeiten des Glaubens.
28
Nicht ein Kampf um Existenz wird zwischen den Vorstellungen u. Wahrnehmungen gekämpft,
30
sondern um Herrschaft: – vernichtet wird die überwundene V. nicht, nur zurückgedrängt
… oder subordinirt. Es giebt keine Vernichtung
32
2-12: KGW VIII 7[49] 14-22: KGW VIII 7[50] 19-21: KGW VIII 7[51] 22-23,28-32: KGW VIII 7[53] 24-26: KGW VIII 7[52]
6: Realität] > Realität“ 16: der] >? des 18: Gerechtigkeit] ¿
Mp XVII, 95r $
67. Bleistift
2
genstände u. Prozesse“ vielmehr Symbole für unsere Sinnesempfindungen sind?
2: für] ¿
Mp XVII, 95v
höchste
Dem Werden den Charakter des Seins aufzuprägen – das ist derAWille zur
2
Macht.
4
Zwiefache Fälschung, von den Sinnen her u vom Geiste her, um eine Welt des
6
.
Seienden zu erhalten, des
8
Verharrenden, Gleichwerthigen usw.
10
Daß Alles wiederkehrt, ist die extremste Annäherung einer Welt des Werdens
12
an die des Seins: Gipfel der Betrachtung.
14
Von den Werthen aus, die dem Seienden beigelegt werden, stammt die
16
Verurtheilung u. Unzufriedenheit im Werdenden: nachdem eine solche
18
Welt des Seins erst erfunden war.
20
22
Die Metamorphosen des Seienden (Körper, Gott, Ideen, Naturgesetze, Formeln usw)
24
26
„Das Seiende“ als Schein; Umkehrung der Werthe: der Schein war das Werth= verleihende –
28
.
30
Erkenntniß an sich im Werden unmöglich; wie ist also Erkenntniß möglich? Als
32
Irrthum über sich selbst, als Wille zur Macht, als
34
Wille zur Täuschung.
36
Werden als Erfinden Wollen Selbstverneinen, Sich - selbst - Überwinden: kein
38
40
42
Subjekt, sondern ein Thun, Setzen, schöpferisch, keine „Ursachen u. Wirkungen“.
Kunst als Wille zur Überwindung des Werdens, als „Verewigen“, aber kurzsichtig, je nach der Perspektive: gleichsam im Kleinen die Tendenz des Ganzen wiederholend
44
Was alles Leben zeigt, als verkleinerte Formel für die gesammte Tendenz zu betrach=
46
ten: deshalb eine neue Fixirung desALebens, als Wille zur Macht
48
Anstatt „Ursache u. Wirkung“ der Kampf des Werdenden mit einander, oft mit Ein=
50
schlürfung des Gegners; keine constante Zahl der Werdenden.
Begriffs „
KGW VIII 7[54] 320,11-321,15
10: usw.] ¿ 42: wiederholend] Vk
46: Leben] > Leben“ 48: des] >? der
Mp XVII, 96r
.
2
Gegen das physikalische Atom. Um die Welt zu begreifen, müssen wir sie
4
berechnen können; um sie berechnen zu können, müssen wir constante Ursachen
6
haben; weil wir in der Wirklichkeit keine solchen constanten Ursachen finden,
8
erdichten wir uns welche – die Atome. Dies ist die Herkunft der Atomistik.
10
Die Berechenbarkeit der Welt, die Ausdrückbarkeit alles Geschehens in Formeln
12
– ist das wirklich ein „Begreifen“? Was wäre wohl an einer Musik begriffen,
14
wenn alles, was an ihr berechenbar ist u. in Formeln abgekürzt werden kann, berechnet
16
wäre? – Sodann die „constanten Ursachen“, Dinge, Substanzen, etwas „Unbedingtes“ also;
18
erdichtet – was hat man erreicht? bens Princip des Le
20
Die Mächte in der Geschichte sind wohl zu erkennen, bei Abstreifung aller moralischen
22
u. religiösen Teleologie. Es müssen die Mächte sein, die auch im ganzen Phänomen des
24
organischen Daseins wirken. Die deutlichste Aussage im Pflanzenreich.
26
Die großen Siege über das Thier: das Thier als Sklave, oder als Feind.
28
neben den großen Schwankungen zb. zwischen den Gesunden u. Kranken.
30
32
des Mannes über das Weib: das Weib
Wohinein die Würde des M. gesetzt worden ist:
36
38
40
über den Stolz im M. Herr geworden zu sein
42
über den
34
über das Thier im M. Herr geworden zu sein über das Weib im M. Herr geworden zu sein dagegen die christliche Würde:
2-18: KGW VIII 7[56] 19-42: KGW VIII 7[9] 304,14-32
griechisches Ideal
Mp XVII, 96v
u
zur Interpretation des ganzen Geschehens
Unbrauchbarkeit der alten IdealeA, nachdem man deren thierische Herkunft u
2
Nützlichkeit erkannt hat; alle überdies
4
dem Leben widersprechend.
6
Unbrauchbarkeit der mechanistischen Theorie – giebt den Eindruck der Sinnlosig-
8
keit.
10
Der ganze Idealismus der bisher. Menschheit ist im Begriff, in Nihilism
12
umzuschlagen – in den Glauben an die absolute Werthlosigkeit
14
das heißt Sinnlosigkeit ..
16
Die Vernichtung der Ideale, die neue Oede, die neuen Künste, um es
18
20
auszuhalten, wir Amphibien.
22
Voraussetzung: Tapferkeit, Geduld, keine „Rückkehr“, keine Hitze nach vorwärts
24
NB. Zarathustra, sich beständig parodisch zu allen früheren Werthen verhaltend, aus der
26
Fülle heraus.
28
w
30
Wenn es „nur Ein Sein giebt, das Ich“ u. nach seinem Bilde alle anderen „Seienden“
32
gemacht sind, – wenn schließlich der Glaube an das „Ich“ mit dem Glauben an die Logik
34
dh. metaphysische Wahrheit der Vernunft - Kategorie steht u. fällt: wenn andererseits
36
das Ich sich alsAWerdendes erweist: so
etwas
2-28: KGW VIII 7[54] 321,16-31 30-36: KGW VIII 7[55]
12: im] > in
Mp XVII, 97r $
66. Bleistift
e
2
– die größere Complicirtheit, die scharfe Abscheidung, das Nebeneinander der ausgebildeten
4
Organe u Funktionen, mit Verschwinden der Mittelglieder – wenn das Vollkommenheit ist, so
6
ergiebt sich ein Wille zur Macht im organ. Prozeß, vermöge dem herrschaftliche
8
gestaltende befehlende Kräfte immer das Gebiet ihrer Macht mehren u. innerhalb desselben
10
immer wieder vereinfachen: der Imperativ wachsend.
12
– nützlich in Bezug auf die Beschleunigung des tempos der Entwicklung ist ein anderes
14
„Nützlich“ als das in Bezug auf möglichste Feststellung u Dauerhaftigkeit des Entwickelten.
16
18
der Erhöhung des Lebens: u was das Gute anbetrifft, so wie es Plato (u
20
nach ihm das Christenthum) verstand, so scheint es mir sogar ein lebensgefährliches, le-
22
benverleumdendes, lebenverneinendes Princip.
der Geist ist nur ein Mittel u Werkzeug im Dienste des höheren Lebens,
Pr
KGW VIII 7[9] 305,1-18
s p de inci
12: Beschleunigung] ¿
Leb
ens
23: Randanstreichung von N?
Mp XVII, 97v $
VII, S. 377 Bleistift
war
2
Es gab einen melancholischen Nachmittag, an dem Sp. mit sich unzufrieden{: ein kleines Erle Vorkommniß wollte ihm als er sich sprechen hörte er Aber sofort kam erAzum Bewußtsein u. xxxxxx xx
„ich verdiene Tadel, sagte er sich endlich.
4
nicht aus dem Sinn – er tadelte sich in Hinsicht auf dieses Vorkommniß. Mit Einem Male sagte er sich: das ist
6
der morsus conscientiae! Aber wie ist der mor. c. bei mir noch möglich? Habe
KGW VIII 7[57]
2: Sp.] > Spinoza
3: Tadel] > Tadel“
4: Vorkommniß] ¿
Mp XVII, 98r 105 Bleistift 58 Rotstift
$
$ ist jedes Mal
Wie plump wird hier der Erfolg u. sein erbärmlicher Ausgangspunkt in Eins gerech-
2
o
4
net! Selbst bei Künstlern: wie kann man vom Werk auf den Künstler
6
zurückschließen! Homer – fühlt ihr nicht den Pessimisten u. Überreizbaren, der
8
um seiner Leiden willen jene Fülle u. Vollendung der Olympier erdichtet! Die
10
Theorien des Philos. sind entweder die brutale Verallgemeinerung seiner Sensibilitäts = Er-
12
fahrung, oder das Mittel, wodurch er über diese Sensibilität Herr bleiben will, – Gei=
14
stigkeit usw.
Egoismus u. sein Problem! Die christl. Verdüsterung in Larochef., welcher ihn über=
18
as
Kalte, Formelhaft = Starre
4.
16
a a
Flucht vor ihr ins Geistige=
20
all herauszog u. damit den Werth der Dinge u. Tugenden vermindert glaubte! Dem
22
entgegen suchte ich zunächst zu beweisen, daß es gar nichts Anderes geben könn als
24
Egoismus, – daß den M., bei denen das ego schwach u. dünn wird, auch die Kraft der
26
großen Liebe schwach wird, – daß die Liebendsten vor allem es aus Stärke ihres ego
28
sind, – daß Liebe ein Ausdruck von Egoismus ist usw. Die falsche Werthschätzung
30
zielt in Wahrheit auf das Interesse 1) derer, denen genützt, geholfen wird, der Heerde
32
2) enthält einen pessimist. Argwohn gegen den Grund des Lebens 3) möchte die pracht-
34
vollsten u. wohlgerathensten Menschen verneinen; Furcht 4) will den Unterliegenden
36
zum Rechte verhelfen gegen die Sieger 5) bringt eine universale Verlogenheit
38
mit sich, u gerade bei den werthvollsten Menschen.
40
42
Musik u. ihre Gefährlichkeit, – ihre Schwelgerei, ihre Auferweckungskunst für christliche
44
Zustände, vor allem für jene Mischung vonASinnlichkeit u. Gebets = A(Franc. v. Assisi)
46
– geht Hand in Hand mit der Unsauberkeit des Kopfes, u der Schwärmerei des Herzens; zer=
48
bricht den Willen, überreizt die Sensibilität, die Musiker sind geil.
Unehrlichkeit
5.
versetzter
50
Brünstigkeit
NB. Ursachen (innere Zustände) aus denen die Kunst wächst: u, sehr verschieden davon, die Wirkungen KGW VIII 7[65]
1: jedes] ¿ 14: Geistige=] > Geistig= 15-19: Rotstift von N?
22: könn] nach unvollständiger Korrektur > könne 36: zum] ¿ 50: Wirkungen] nach Textverlust: Wirkung
Mp XVII, 98v $
(W I 4, 57) Blei- und Rotstift
t,
v
Von denen, wie billig
mag
2
Welche Art MenschenAsich beim Lesen meiner Schriften schlecht befinden? von denen{abgesehen, wel=
Pfeil zu Z. 20, Bleistift 4
die 6
solche Schriften überhaupt
wie die gebildeten
u. Gänse
$ Schweine, deutsche Jünglinge alte Pfarrer cheAsieA„nicht verstehen“ (Gänse, Idealisten, Zeitungsleser u Pastoren)
u. Politik macht u. Großstadt - Gänse, oder dieBdeutschen Jünglinge, oder alles, was Bier trinktA) Da sind zum Beispiel Pfarrer oder
ALitteraten, welche mit dem Geiste Schacher treiben u. von ihren Meinungen „leben“ wollen nämlich
8
Hinzugenommen
h 10
ei 12
14
16
18
(wenigstens an gewissen Meinungen)
– sie habenAentdeckt, daß etwas an einer MeinungAist, das Geldes Werth hat –
Insgleichen beglücke ich schwerlich gegen sie bläst aus meinen Schr. ein beständiger Hauch eisiger Verachtung. die Insgleichen fürchte ich die
ALitteratur - Weiberchen, wie sie zu sein pflegen, mit krankhaften Geschlechts - Werkzeugen
die
vielleicht weil ich zu hoch vom Weibe denke, als daß ich es zum Tintenfische herab Insgleichen spürt, gerade wer es versteht, etwas von jenem Hauch eisiger Ver
u Tintenklexen an den Fingern; insgleichen
insgleichen die Ageschwollene Insgleichen verstehe ich, warum alle
achtung, der
bringen möchte?
AAgitatoren,Awelche die großen Worte u. den Lärm tugendhafter Principien, brauchen
mir gram sind: denn sie brauchen gerade sobald sofort
u die, wenn sie einen Stich fühlen,Ain Gefahr sind zu platzen
welche ich
Welche $
Pfeil von Z. 3, Bleistift
(wie die gebildeten Schweine u Großstadt - Gänse, oder
20
22
die Pfarrer, oder die „deutschen Jünglinge“, oder Alles
24
was Bier trinkt u. nach Politik stinkt)
26
An all dieser Gegnerschaft ist mir wenig gelegen: aber es giebt eine andere, deren
28
Wehe mir selbst wehthut: – es sind die aus dem Pöbel Sich - mühsam =
30
Emporarbeitenden, die Menschen des sittlichen Durstes, der kämpfenden Spannung,
32
die nach dem Vornehmen leidenschaftlich Gedrängten. Ihnen muß es scheinen,
das
Verlangenden.
nichts von entgehen läßt – ein aus meinen Schriften sie ein ironisches Auge anblicke über ihr kleines Heldenthum 34
als ob ein Haß aus mir redet, der sich beständig über sie lustig macht u.
36
ihnen{all ihresBkleines Elend im kleinen Kriege u. Siege beständig zu kosten giebt
diesen Auge das dem auch ganzes
u was von
40
allen Müden Noth thut
ihre Ermüdungen, ihre EitelkeitA, ihr Ameisen = Klettern u. = Herab =
38
Purzeln xxxxxxx beständig gegenwärtig ist.
KGW VIII 7[66]
4: che] danach Einfügungszeichen verlängert 9: in Ms nicht übereinander 9: schwerlich] Vk 9: eisiger] ¿ 10: Einfügungszeichen zweimal verlängert 11: Insgleichen] ¿
14: Agitatoren] davor Einfügungszeichen verlängert 17: welche] Vk 18: Welche] ? 26: all] ¿ 30: sittlichen] Vk
30: Spannung] Vk 33: in Ms nicht übereinander 36: ihres] > ihr 37: allen] Vk
Mp XVII, 100r vgl. hierzu N XLII, 134. Bleistift 60 Rotstift (W I 4,60) Bleistift
$ $
$
2
Neulich hat ein Herr Theodor Fritsch aus Leipzig an mich geschrieben. Es giebt gar
4
keine unverschämtere{Bande in Deutschland als diese Antisemiten. Ich habe ihm
u. stupidere
zum Danke
6
8
!
10
brieflichAeinen ordentlichen Fußtritt versetzt. u. bedauere es nicht auf einem unlit= Dies Gesind el wagt es, den Namen Z. terarischen Wege thun zu können. in den Mund zu nehmen: Ekel! Ekel! Ekel! $
an Frl. v. Meysenbug Bleistift
12
Zuletzt selbst in Rom (obwohl mein Mißtrauen gegen römisches Clima u. gegen die
14
$ e überhaupt schwer auf guten schwer sich nicht leicht zu überwinden ist) Die Einsamkeit großen Stadt
16
mit der einsamen Natur war bisher mein Labsal:ANizza, jetzt wieder Zürich machen mich
solche moder Städte des modernen Treibens wie wie sogar
er auf die Dau
, mein Mittel der Genesung
.
verzagt,
krank
stillen
18
reizbar, traurig, ungewiß,Aunproduktiv,A. Von jenemAAufenthalte da unten habe ich eine
20
Art Sehnsucht u. Aberglauben zurückbehalten: wie als ob ich dort, wenn auch nur ein Paar
22
Augenblicke, tiefer aufgeathmet hätte als irgendwo sonst im Leben.
Wir Heim
24
e
46
59.
uns
26
Wir Heimatlosen. – Wie Wenige oder wie Viele es sein mögen, Es fehlt unter den Europäern
28
von Heute nicht an Solchen, die ein Recht darauf haben, sich in einem auszeichnenden Sinne als
30
Heimatlosen“ zu fühlen:Aihnen gerade{mag { alle meine Kunst der{gaya scienzaAam meisten noth
ehrenden u abhebenden
zu heißen
und
sei möchte
wohl sich
ihr Loos ist hart, ihre Hoffnung ungewiß, ihr Trost Glaube
en
32
34
geheime Weisheit u
wohl liebsten in’ s Ohr
ausdrücklich a
thun! Denn Heiterkeit heilt, Tapferkeit erwärmt, Wissen giebt Stolz. Denn ihr AUnser
„die
ns He
flöten! schleichen. rz gele g t!
ihnen e unsere Hoffnung ungewiß – es ist ein Kunststück, uns Trost zu schaffen: wir Kinder ihre ihnen
unser
Loos ist hart, u nsere Hoffnung ungewiß, es ist ein Kunststück, uns{einen Trost zu erfinden: aber was hilft es!
66
50 36
Wir Kinder der Zukunft, wie könnten wir
2-10: KGW VIII 7[67]
5: Danke] Vk 12: Mißtrauen] ¿ 14: großen] darunter Ansatz zu Unterstreichung? 16: Labsal] danach Einfügungszeichen verlängert
30: alle] davor Einfügungszeichen verlängert 30: am] davor Einfügungszeichen mit Tinte und Bleistift nach unten verlängert 34: einen] Vk
Mp XVII, 100v $
107 Bleistift
(W I 4,) Bleistift 59 Rotstift
#
$
NB!!
2
so daß man unter den Atheisten weniger Freisinnigkeit in moral. Dingen findet als unter
4
den Frommen u Gottgläubigen (zb. Pascal ist in moral. Fragen feiner u. freisinniger
6
als Schopenhauer)
8
.
$
eigentlichen
Pascal sah in zwei Gestalten, in Epictet u. Montaigne, seineAVersucher, gegen nöthig hatte
10
immer wieder
die erAsein ChristenthumAzu vertheidigen hatte u. sicher zu stellen. Es ist ein Trost zu wissen
nur
12
Es giebt über dem Dampf u. Schmutz der menschl. Niederungen eine höhere hellere
14
Menschheit, der Zahl nach eine sehr kleine, denn alles, was hervorragt, ist seinem We-
16
sen nach, selten – : man gehört dazu, nicht weil man begabter oder tugendhafter
18
oder heroischer oder liebevollerAist, als die Menge, sondern weil man kälter, heller,
20
weitsichtiger, einsamer ist,Aweil man unter Wolken u. Blitzen wie unter seines Gleichen
die der
sein wird – die kleine Zahl ist ein Ab
zu ihr
wäre
Menschen da unten
weil man die Einsamkeit erträgt wie sein Glück u. seine Ehre Vorrecht
als
vorzieht, fordert als Glück, 22
Bedingung des Daseins noth=
lebt, aber ebenso unter Sonnenstrahlen, Thautropfen, Schneeflocken u allem, was aus wendig
24
ja
VorRecht,{als
wenn es sich bewegt, sich ewig nur in der Richtung
Ader Höhe kommt u.Avon Oben sich ewig nach Unten bewegt. Die Asspirationen nach der
26
Höhe sind nicht die unsrigen. – Die Helden, Märtyrer, Genies u Begeisterten
28
sind uns nicht still, geduldig, seligAgenug.
fein, kalt, langsam
1-6: KGW VIII 7[68] 8-10: KGW VIII 7[69] 12-28: KGW VIII 7[70]
12: Niederungen] Vk 20: Einfügungszeichen verlängert 21: in Ms nicht übereinander
24: Asspirationen] ¿, > Aspirationen 26: sind] ¿
Mp XVII, 101r $
76 Bleistift
2
Kritik des christlichen Ideals: seine Voraussetzungen die Existenzbedingungen der
4
Seele – es handelt sich ums ewige Leben, u um Verdammniß oder Seligkeit
6
Der Determinism ist nur jener Moral schädlich, welche an’ s liberum arbitrium
8
als Criterium Voraussetzung der Moralität glaubt
10
an die „Verantwortlichkeit“
12
$ Gegen den Positivism, welcher bei dem Phänomen stehen bleibt „es giebt nur
14
Thatsachen“ würde ich sagen: nein, gerade Thatsachen giebt es nicht, nur Inter=
16
pretationen. Wir können kein Factum „an sich“ feststellen: vielleicht ist es
18
ein Unsinn, so etwas zu wollen. „Es ist alles subjektiv“ sagt ihr: aber schon das
20
ist Auslegung, das „Subjekt“ ist nichts Gegebenes, sondern etwas Erdichtetes,A– Ist es zuletzt
22
nöthig, den Interpreten noch hinter die Interpretation zu setzen? Schon das ist Dich-
24
tung, Hypothese.
26
28
sie ist anders deutbar, sie hat keinen Sinn hinter sich, sondern unzählige Sinne
30
„Perspektivismus“.
32
34
Für u Wider. Jeder Trieb ist eine Art Herrschsucht, jeder hat seine Perspektive.
+ Bleistift
a .
Dahinter = Gestecktes.
So weit überhaupt das Wort „Erkenntniß“ Sinn hat, ist die Welt erkennbar: aber
Unsere Bedürfnisse sind es, die die Welt auslegen; unsere Triebe u. deren
welche er als Norm allen übrigen Trieben aufzwingen möchte. 36
Hinzu =
In d
2-4: KGW VIII 7[58] 6-10: KGW VIII 7[59] 12-35: KGW VIII 7[60]
6: arbitrium] ¿
Mp XVII, 101v $
W I, 40. Bleistift
2
Wie Viele oder wie Wenige es immer sein mögen: es fehlt unter den Europäern von heu=
4
te nicht an Solchen, die ein Recht darauf haben, sich in einem auszeichnenden Sinne Hei=
6
matlose zu nennen – und diese gerade sind es, welcheAdas vorliegende Buch für sich in
8
Anspruch nimmt.
um deren Ohren u Aufmerksamkeit
bittet.
$
Jenseits Bleistift
jetzigen
10
demAChristenthum entwachsen, nicht weil wir ihm zu ferne, sondern weil wir ihm zu nahe
12
gewohnt haben, mehr noch, weil wir aus ihm gewachsen sind (es ist unsere strengere und
14
verwöhntereAFrömmigkeit selbst, welche es uns heute verbietet, noch Christen zu sein –)
16
– zu unbefangen,Aauch zu gut unterrichtet und „gereist“, um je die zeitgemäße Weise
18
„Deutschland, Deutschland über Alles“ mitsingen zu können – gerne abseitsAund, wenn es
20
sein muß, selbst dürftig, selbst unterirdisch, selbst krank lebend, um nur nicht an
22
der stillen Wuth zu leiden: wie sie bei Unser - EinemAerwachsen müßte, wenn er
24
sich zum beständigen Anblick dieser kleinen Politik von heute verurtheilte – eine Po=
26
litik, welche dieAKleinstaaterei Europas verewigen möchte und kein Mittel weiß ( da=
28
mit ihreASchöpfung nichtAauseinanderfällt,Aals sie zwischen zwei Todhasse zu pflanzen –)
30
– der Rasse nach überdies zu gemischt,Au folglich wenig versucht, an jener verlog=
32
nen = Selbstbewunderung uAUnzucht theilzunehmen, welche sich jetzt in Deutschland als
34
Zeichen deutscher Gesinnung zur Schau trägt (u die unsAbei dem Volke, des „historischen
36
Sinns“Adoppelt falsch, doppelt unglaubwürdig anmuthet.
Begriff von
der uns den Verkehr mit dem Chr von. heute zuwidermacht.
zu verwöhnt, nämlich
neigt
lebend
W
wenig gewillt
unwissend
ergreifen
abzugeben die Zuschauer der gegenwärtigen Politik zu machen: welche kleine Politik ist durch u durch, u an nichts Anderem arbeitet als an
nd
,
t
es
an der Verewigung der
eigene
arbeitend zu verewigen (– und die nöthig hat,
sofort wieder
– und
weiß sie ersichtlich keine anderen Mittel
zu vielfach und reich,
Rassen =
-Eckensteherei
nationale
gerade meinem
dem sein
zur Ehre gereicht
seine universale
38
$ wir Heimatlosen von Anbeginn, wir haben gar keine Wahl, – wir müssen
40
Eroberer und Entdecker sein: vielleicht daß wirA, w essen {wir selbst entbehrten,Aunseren Nach=
42
kommen hinterlassen, daß wir ihnen eine Heimat hinterlassen! – –
W I, 40, 41. Bleistift
as
dergestalt einmal
13: Chr von.] > Chr. von
16: Einfügungszeichen verlängert
25: und die] Vk
Mp XVII, 102r Vorläufige Überschriften von Capiteln.
Antagonismus von „Verbesserung“ und „Vergrößerung“ des Menschen
2
Ver=
(resp. Zähmung undAStärkung)
4
Kritik des christlichen Ideals
6
(Demuth, Keuschheit, Armut, Einfalt)
8
10
Kritik des stoischen Ideals (eingerechnet der „Fakir“)
12
Kritik des epikureischen Ideals (eingerechnet des „olympischen“) auch die „Beschaulichen“
14
16
Die Metamorphosen der Sklaverei.
18
Künstler und Eroberer. Was will Schönheit?
20
Gerechtigkeit, Schuld, Strafe, Verantwortlichkeit – der Gesetzgeber.
22
Kritik des romantischen Ideals, insgleichen jenes Ideals, das dem Pessimisten seine Kraft zu hassen u. zu verachten giebt
24
.
Der interpretative Charakter des Lebens (was bedeutet Nihilismus?)
26
„Ziellosigkeit“
28
30
Das nächste Jahrhundert und seine Vorgänger.
32
Kritik der Handlung (Ursache u. Wirkung, Thun, Zweck)
34
Rangordnung
KGW VIII 7[61]
Mp XVII, 102v $
1. Bleistift
der Standpunkt der Wünschbarkeit,
2
Die Wenigsten machen sich klar, wasAjedes „so sollte es sein, aber es ist nicht“ oder gar „so hätte es
4
sollen gewesen sein“ in sich schließt: eine Verurtheilung des gesammten Gangs der Dinge. Denn in auf deinem kleinen Unrechte steht der ganze Bau der Zukunft bei
6
ihm giebt es nichts Isolirtes: das Kleinste trägt das Ganze, das Ganze wird mit jeder Kritik, die
8
das Kleinste trifft, mit verurtheilt. Gesetzt nunA, daß die moralische Norm, wie es selbst Kant
gar
niemals
g
10
vermeinte, nie vollkommen erfüllt worden ist u als eine Art Jenseits über der Wirklichkeit
12
hängen bliebe, ohne jemals in sie hineinzufallen: so schlösse die Moral ein Urtheil über das
14
Ganze in sich, welches aber doch erlaubte zu fragen: woher nimmt sie das Recht dazu? Wie
16
kommt der Theil dazu, dem Ganzen gegenüber{den Richter zu machen? – Und wäre es in der That
18
ein unausrottbarer Instinkt, dieses Moral. Urtheilen u. Ungenügen am wirklichen, wie man behauptet
20
hat, gehörte dann dieser Instinkt nicht viell. mit zu den unausrottbaren Dummheiten, auch Un=
22
bescheidenheiten unserer Species? – Aber, indem wir dies sagen, thun wir das, was wir tadeln; der Stand=
24
punkt der Wünschbarkeit, des unbefugten Richterspielens gehört mit in den Charakter des Gangs der Dinge,
26
jede Ungerechtigkeit u. Unvollkommenheit ebenso, – es ist eben unser Begriff von „Vollkommenheit“, wel=
28
cher seine Rechnung nicht findet. Jeder Trieb, der befriedigt werden will, drückt seine Unzufriedenheit
30
mit der jetzigen Lage der Dinge aus: wie? ist viell. das Ganze aus lauter unzufriedenen Theilen zusammen=
32
gesetzt, die allesammt Wünschbarkeiten im Kopf haben? ist der „Gang der Dinge“ vielleicht eben das „Weg
34
von hier! Weg von der Wirklichkeit!, die ewige Unbefriedigung selbst? ist die Wünschbarkeit vielleicht
36
die treibende Kraft selbst? ist sie – deus?
38
Es scheint mir wichtig, daß man das All, die Einheit loswird, irgend eine Kraft, ein Unbedingtes,
40
man würde nicht umhin können, es als höchste Instanz zu nehmen u. Gott zu taufen. Man muß
42
das All zersplittern; den Respekt vor dem All verlernen; das, was wir dem Unbekannten
44
Ganzen gegeben haben, zurücknehmen für das Nächste, Unsere. Was Kant zb. sagt „Zwei Dinge
46
bleiben ewig verehrenswerth“ – heute würden wir eher sagen „die Verdauung ist ehrwürdiger.
48
Das All brächte immer die alten Probleme mit sich „wie Übel möglich sei? usw. Also: es giebt
50
kein All, es fehlt das große Sensorium oder Inventarium oder Kraft = Magazin: darin
hier
KGW VIII 7[62]
24: Richterspielens] Vk 30: unzufriedenen] ¿ 34: Wirklichkeit!] > Wirklichkeit!“ 38: Unbedingtes,] nach Textverlust: Unbedingtes
40: muß] nach Textverlust: mu 42: Unbekannten] danach Textverlust, > Unbekannten und 46: ehrwürdiger] > ehrwürdiger“ 48: Probleme] ¿
48: sei?] > sei?“ 48: giebt] nach Textverlust: gie 50: darin] danach Textverlust
Mp XVII, 103r $
70. Bleistift
Bewegung der
2
Muß nicht alle Philosophie endlich die Voraussetzungen, auf denen dieAVernunft ruht,
4
ans Licht bringen? Unseren Glauben an das Ich, als Substanz, als einzige
6
Realität, nach welcher wir überhaupt den Dingen Realität zusprechen? Der
8
älteste „Realismus“ kommt zuletzt ans Licht: zu gleicher Zeit, wo die ganze
an eine
an die einzige
10
religiöse Geschichte der Mh. sich wiedererkennt als Geschichte vom Seelen = Aber-
12
glauben. Hier ist eine Schranke: unser Denken selbst involvirt jenen Glau=
14
ben (mit seiner Unterscheidung von Substanz - Accidens, Thun, Thäter usw), ihn
16
fahren lassen heißt nicht - mehr - denken - dürfen.
18
Daß aber ein Glaube, so nothwendig er ist, zur Erhaltung von Wesen, nichts
20
mit der Wahrheit zu thun hat, erkennt man zb. selbst daran, daß wir an Zeit
22
Raum u. Bewegung glauben müssen, ohne uns gezwungen zu fühlen, hier absolute KGW VIII 7[63]
22: Bewegung] Vk
Mp XVII, 103v ausstrecken also als kein behagliches Sich gehen lassen u Faulwerden also
ausgesuchten
2
Die Erwartung{vonADingen, die wir ebenso lieben als scheuen, in Bezug auf welche uns eine plumpe Vertraulichkeit
4
eben so in gleicher Weise unmöglich ist wie ein mißtrauischer Verdacht u. Hintergedanke – diese Erwartung u. die
6
ihr entsprechende{Zurechtmachung unseres Seele zu einem Empfang solcher Gäste, ein guter Wille also zur
eigentliche
r s
8
was
10
als kann
von dem man nicht hoch genug
ein guter Wille also zur „ Empfängniß“, „Empfängniß“ – dies ist dasAWesen des contemplativen Zustands. – als welcher nur denken kann. etwas Unbekanntes die erreichte Vollkommenheit wird Denken wirA, wie sich umgekehrt Mensch u. Thie r g e g e n d a sAverhält, das Für gewöhnlich ist der M. gegen das, was kommt, in dem umgekehrten macht
:
gehört zum eigentlichen
mit Einem Fuß
t d
„Inneren“
zugehörige Haltung u. Zurechtrückung
Furcht voller
aus: – man
zur Flucht oder für gewöhnlich den Mitteln
12
kommt, voller Angst,{bereit zu allen Künsten der Verstellung, des Widerstandes, des Zurück-
14
oder aber spähend, hart auf sich zurückgezogen gewaffn et, sei es zum Zurü ck= weichens, oder auch zur Verstellung, zur Maske u. Unkenntlichkeit, bereit
16
weichen u. Widerstehen, sei es zur Verstellung, zur Maske, zur List: so begreifen wir, wie sehr der con-
18
templative Zustand ein Ausnahme = Zustand, ist, ja vielleichtAein Privilegium bleiben{. Daß Die ge=
20
meinen Naturen ihn weder kennen, noch
eine späte u seltene Frucht der
xx
für alle Zeiten wird
kennen ihn nicht u. errathen ihn
22
verstehen
Vermenschlichung ist
wiederzuerkennen, bei jenem „Freude der Seele“, einem
wiederzuerkennen; errathen auch nicht: sie meinen ihn bei einem gewissenAgenüßlichen Sich - Ausstrecken u Faulwerden bei sich a sogar 1: also ausgesuchten] ¿ 6: zur] ¿ 7: dem man] Durchstreichung? 11: in Ms nicht übereinander
12: Widerstandes] ¿ 17: Einfügungszeichen verlängert 18: vielleicht] danach Einfügungszeichen verlängert
22: Einfügungszeichen verlängert 23: Schriftreste am unteren Rand
Mp XVII, 104r $
8. Bleistift
jede Ungerechtigkeit etwas unfreiwilliges: folglich eine sumforå: so Plato im 9. u 11 B.
2
der Gesetze in Hinsicht auf Tempelraub u. Elternmord.
4
Die Entwicklung der persönl. Verantwortlichkeit zurückgehalten:
6
durch die straff gespannte Geschlechts - Organisation (die Folge traf nicht den
8
10
Thäter, u. jeder trug die Folgen Aller – am wunderlichsten
12
war es wohl mit dem „Gewissen“ des Oberhauptes bestellt, der
14
relativ Alles büßen mußte) Die großen Ereignisse: Sieg des Mannes über das Weib (kriegerisch, Herrenrecht $ Sieg des Friedens über den Krieg
16
Herrenrecht Bleistift 18
2-4: KGW VIII 8[5] 6-18: KGW VIII 8[6]
10: wunderlichsten] ¿ 16: Mannes] ¿
die Curve
Mp XVII, 104v außerordentlich u
zu sinken, sobald erst die oberen „Zehntausend“ der Übercultur hinter sich hat
schmerzhafte Nacht eines einzigen
Bildungs = Weibchens
gerechnet,
Schmerz einer einzelnen hysterischen Jungfrau in Einer Nacht möge Alles überbieten, was die Thiere
4
die
insgesammt
zum Zweck wissenschaftl. Erkenntniß mit dem Messer befragt worden sind
kommen alle Leiden aller ThiereA, welche bis jetzt auf dem Altar der Wissenschaft beunruhigt worden sind,
6
Antworten
kommen
einfach nicht in Betracht{)
8
$
Bd. VII, S. 357. Bleistift
105v,46 )
ich zweifle nicht
sinkt fast plötzlich, wenn man von den oberen „Zehntausend“ der Cultur : – u der Eine daß gegen die Schmerzfähigkeit geht erstaunlich zurück, je mehr man sich
2
,
scheint in der
That
für
10
Leiden eine ganze geheime Heilsvorrichtung hineininterpretirt hat, nochAden naiven M. älterer Zeiten,
12
der alles Leiden sich in Hinsicht auf Zuschauer auszulegen verstand, gab es einAsinnloses Leiden.
solches
h
oder Leidenmacher
das
14
Leiden aus der Welt geschafft würde
Damit es kein sinnloses Leiden gäbe, kein verborgenes unentdeckte, zeugenloses,Awar s man schon beinahe genöthigt, damals
1: teilweiser Schriftverlust 1-8: Anschluß zu 105v,37 5: wissenschaftl.] ¿ 5: Erkenntniß] ?
5: Messer] Vk 6: kommen] ¿ 6: bis jetzt] ¿ 6: beunruhigt] ?
6: sind,] ¿ 14: unentdeckte] > unentdecktes
Mp XVII, 105r $
31. Bleistift
Das Problem der Wahrheit
2
ist der größte Hemmschuh der
4
Wahrhaftigkeit.
6
8
r e zu Will Der
10
14
rh Wah
eit
Zweite Streitschrift zur Genealogie der Moral.
12
d
Grundgedanke: Die Falschheit erscheint so tief, so allseitig, der Wille
16
ist dergestalt gegen das direkte Sich - selbst - Erkennen u.
18
Bei - Namen - nennen gerichtet, daß die Vermuthung sehr große
20
Wahrscheinlichkeit hat: Wahrheit, Wille zur Wahrheit sei
22
eigentlich etwas ganz Anderes u. auch nur eine Ver= kleidung.
24
$
Fortsetzung von S. 6 Bleistift 106r,38 )
Das Bedürfniß nach Glauben
26
in der Gebärde, im Wort, im Affekt, das „gute Gewissen“ in der Falschheit,
28
die Sicherheit, mit der man den nach den größten u. prachtvollsten Worten u. Stel-
30
lungen faßt – Alles nothwendig zum Siege.
32
Im anderen Falle: bei extremer Hellsichtigkeit bedarf es Genie des Schau-
34
spielers u. ungeheurer Zucht in der Selbstbeherrschung, um zu siegen. Deshalb
36
Priester die geschicktesten bewußten Heuchler; sodann Fürsten, denen ihr Rang u. ihre
38
Abkunft eine Art von Schauspielerei großzüchtet. Drittens Gesellschafts - Menschen, Diplomaten.
40
Viertens Frauen. 2-6,9,14-40: KGW VIII 8[1] 333,1-4, 334,6-22
34: Deshalb] Vk
Mp XVII, 105v $
(VII, S. 356.) Bleistift
2
Mit diesen Gedanken, nebenbei gesagt, bin ich durchaus nicht Willens, unseren Pessim. zu neuem Wasser
4
für ihre mißtönigen u knarrenden Mühlen des Lebens = Überdrusses zu verhelfen; im Gegentheil will ich
6
ausdrücklich bezeugen, daß damals als die Menschheit sich ihrer Gr. noch nicht schämte, das Leben
8
heiterer auf Erden war als jetzt, wo es P. giebt. Die Verdüsterung des Himmels über dem Menschen
10
hat immer im Verhältniß dazu überhand genommen, als die Scham des M vor dem Menschen
12
gewachsen ist. Der müde pessim Blick, das Mißtrauen zum Räthsel des Lebens, das eisige
14
Nein des Ekels an ihm – das sind nicht die Abzeichen der bösesten Zeitalter des Menschengeschlechts:
16
sie treten vielmehr erst ans Tageslicht, wie{Sumpfblumen,Awenn der Sumpf erst daAist – ich
18
allgemeine Verzärtlichung u.AMoralisirung, vermöge deren das Thier M. sichAseiner Instinkte schämen{
20
Auf dem Wege zum „Engel“ hat sich der M. jenen verdorbenen Magen angezüchtet, der ihm
als die
t.
die sie sind,
geschaffen
Ver=
schließlich aller
lernt.
durch den
nicht nur 22
24
so daß er
Adie Freude u. Unschuld des Thiers, sondern das Leben selbst verleidet worden ist: denn wenn man mitunter vor sich nur mit zugehaltener Nase dasteht u mit Papst Innozenz dem Dritten
mißbilligend 26
Aden Katalog seiner Widerwärtigkeiten macht („unreine Erzeugung, ekelhafte Ernährung im Mut-
28
terleibe, Schlechtigkeit des Stoffs, aus dem der M. sich entwickelt, scheußlicher Gestank, Abson als erstes
30
32
34
unter den
derung von Speichel, Urin u Koth“) Jetzt, wo das Leiden bereits als{Argumenten gegen das Dasein u diesen wo man umgekehrt urtheilte, weil man als ein Zauber als dessen schlimmstes Fragezeichen jener umgekehrten Aaufmarschieren muß, thut man gut, sich derAZeiten zu erinnern, wo das Leiden - machen zu den u in ihm den Zauber diese nicht entbehren möchte sah. ersten Rangs, als ein{eigentliches V e r f ü h r ungs = Kunststück des LebensA. wirkte. Vielleicht that damals der Hauptzeugen d. Verführung
– d Z. z. T. g – + + den Zärtlichen zum Trost gesagt – bei Schmerz, Anoch nicht „so weh“B: wenigstens wird ein Arzt so schließen dürfen, der NegerAin schweren wie heute schweren welche einen Euro + –
36
38
inneren Krankheiten behandelt u. betrachtet hat, in solchen, die
pä e r z u r V erzweiflung bringen. Vielleicht ist
den Schluß zu ziehen Möglichkeit zuzulassen
40
42
ie
44
nur bedürfte sie,
einer Subli
46
die Gr. müßte mirung u Ra sublimirt u. raffinirt ffinirung und Übersetzung namentlich
AVerhältniß dazu, wie heute der Schmerz mehr weh thut, subtilisirt, sublimirt,Ain’ s Imaginative u.
lauter so uneigentlichen
sie auch
den unseren hypokritischen
mehr
Seelische übersetzt u. mitANamen geschmücktB, daßAzartenAGewissen keinen SkrupelAmachen („das tragische ist einer dieser Namen) eigentlich
) 104v,10
eigentlich nicht ausgestorben zu sein brauchte:
es sogar erlaubt zu vermuthen, daß auch jene Lust an der Grausamkeit noch fortbesteht, nur im
auftreten
esten
für
Mitleiden“ zum Beispiel) WasAempört, ist das sinnlose Leiden: aber wederAder Christ, der ins gegen das Leiden nicht das Leiden an sich, sond das
2: Pessim.] ¿ 4: Mühlen] ¿ 4: verhelfen] ¿ 6: ausdrücklich] ¿ 6: Gr.] vgl. GM II 7, 318,17 > Grausamkeit 8: heiterer] ¿ 8: Erden] ¿
8: P.] vgl. GM II 7, 318,18-19 > Pessimisten 16: Sumpfblumen] ¿ 16: ich] vgl. GM II 7, 318,27 > ich meine die 20: Auf] ¿ 20: verdorbenen] ¿ 30: Speichel] ¿ 31: Fragezeichen] ¿
33: diese] >? das 33: möchte] > mochte 35: Z.] ¿ 37: Anschlußzeichen zu 104v,1-8 44: daß] danach Einfügungszeichen verlängert 47: sond] > sondern
Mp XVII, 106r $
6. Bleistift
Die Falschheit.
2
4
Die unbewußte Falschheit.
Jeder souveräne Instinkt hat die anderen zu seinen Werkzeugen, Hofstaat, Schmeichlern : er läßt sich nie bei seinem häßlichen Namen nennen: u er
6
duldet keine anderen Lobsprüche, bei denen er nicht indirekt
8
10
mit gelobt wird.
12
Um jeden souveränen Instinkt herum krystallirt sich alles
14
Loben u. Tadeln überhaupt zu einer festen Ordnung u. Etiquette.
16
Dies die Eine Ursache der Falschheit.
18
Jeder nach Herrschaft strebende, aber unter einem Joch befindliche Instinkt, braucht
20
für sich, zur Unterstützung seines Selbstgefühls, zur Stärkung, alle
22
schönen Namen u. anerkannten Werthe: so daß er sich her=
24
vorwagt zumeist unter dem Namen des von ihm bekämpften
26
„Herren“, von dem er frei werden will. (Z. B. unter der Herrschaft christl. Werthe die fleischl. Begierde oder die Machtbe-
Dies die andere Ursache der Falschheit.
28
30
n
) 105r,26
gierde)
In beiden Fällen herrscht vollkommene Naivetät: die Falschheit tritt nicht
32
ins Bewußtsein. Es ist ein Zeichen von gebrochenem In=
34
stinkt, wenn der M. das Treibende u. dessen „Ausdruck“
36
(„die Maske“) zu getrennt sieht – ein Zeichen von Selbst= widerspruch, und viel weniger siegreich. Die absolute Unschuld $
38
folgt S. 31 unten Bleistifte
KGW VIII 8[1] 333,5-334,6
12: souveränen] ¿
12: krystallirt] > krystallisirt
Mp XVII, 106v
2
Die Sinnlichkeit in ihren Verkleidungen
als Idealismus („Plato“), der Jugend eigen, dieselbe Art
4
6
von Hohlspiegel - Bild schaffend, wie die Geliebte im
8
Speziellen erscheint, eine Inkrustation Vergrößerung Ver= klärung, Unendlichkeit um jedes Ding legend
10
in der Religion der Liebe: „ein schöner junger Mann, ein
12
der Seele
schönes Weib“, irgendwie göttlich, ein Bräutigam, eine BrautA
14
in der Kunst, als „schmückende“ Gewalt: wie der Mann
16
B
) 107r,2
18
das Weib sieht, indem er ihr gleichsam alles zum Prä=
20
sent macht, was es von Vorzügen giebt, so legt die
22
Sinnlichkeit des Künstlers in Ein Objekt, was er sonst
24
noch ehrt u. hochhält – dergestalt vollendet er ein
26
Objekt („idealisirt“ es)
28
Das Weib, unter dem Bewußtsein, was der Mann in
30
Bezug auf das Weib empfindet, kommt dessen Bemühen nach
32
Idealisirung entgegen, indem es sich schmückt, schön geht,
34
tanzt, zarte Gedanken äußert: insgleichen übt sie Scham,
36
Zurückhaltung, Distanz – mit dem Instinkte dafür, daß da=
38
mit das idealisirende Vermögen des M. wächst. (– Bei der
40
ungeheuren Feinheit des weibl. Instinkts bleibt die Scham
42
keineswegs bewußte Heuchelei: sie erräth, daß gerade die
KGW VIII 8[1] 334,23-335,12
Blaustift von N?
Mp XVII, 107r $
7 Bleistift
106v,42 )
d
2
naive wirkliche Schamhaftigkeit den Mann am meisten ver
4
führt u. zur Überschätzung drängt. Darum ist das Weib
6
naiv – aus Feinheit des Instinkts, welcher ihr die Nützlich-
8
keit des Unschuldig - seins anräth. Ein willentliches Die= Augen - über sich - Geschlossen - halten ….
10
Überall, wo die Verstellung stärker wirkt, wenn sie unbewußt ist,
12
wird sie unbewußt.
14
zur Genesis der Kunst. Jenes Vollkommen = Machen, Vollkommen - sehen, wel=
16
18
ches dem mit geschlechtl. Kräften überladenen cerebralen System
20
zu eigen ist (der Abend zusammen mit der Geliebten, die klein-
22
sten Zufälligkeiten verklärt, das Leben eine Abfolge subli=
24
mer Dinge, „das Unglück des Unglücklich - Liebenden mehr
26
Werth als irgend etwas“): andererseits wirkt jedes Voll=
28
physiologisch: der
kommene u. Schöne als unbewußte Erinnerung jenes verliebten
30
schaffende Instinkt des
Zustandes u. seiner Art zu sehen – jede Vollkommenheit,
32
Künstlers u. die Ver-
die ganze Schönheit der Dinge erweckt durch contiguity
34
theilung des semen ins
die aphrodische Seligkeit wieder. Das Verlangen nach
36
Blut …
Kunst u. Schönheit ist ein indirektes Verlangen nach den
38
Entzückungen des Geschlechtstriebes, welche er dem Cerebrum
40
mittheilt. Die vollkommen gewordene Welt, durch „Liebe“…
KGW VIII 8[1] 335,12-336,3
2: Schamhaftigkeit] Vk 18: überladenen] ¿
28: kommene] ¿ 30: des] ¿
30: Zustandes] ¿ 34: aphrodische] > aphrodisische
Mp XVII, 107v
2
Der Heerdentrieb in seiner Verkleidung
4
Der Lügen- u Verstellungstrieb
am Künstler hervorbrechend
6
8
10
Der contemplative Trieb in seiner Verkleidung.
Die Grausamkeit in ihrer Verkleidung
KGW VIII 8[1] 336,4-8
4: Verstellungstrieb] ¿
Mp XVII, 108r $
63. Bleistift
Krankheit u. Entartung in ihren Verkleidungen.
2
Das Alter in seiner Verkleidung
4
(als Nihilism
6
vererbter u. vererbter
8
(als Wiederkehr jugendlicherAWerthe
10
– die Spannkraft des Intellekts u. Charakters ist gebrochen
12
zb. R. W.
14
KGW VIII 8[1] 336,9-15
4: in seiner] ¿
Mp XVII, 108v
Die Verkleidung der vis inertiae
2
Was schleicht Zarathustra entlang dem Berge? –
4
6
8
ein
2.
Mißtrauisch, geschwürig, düster
Gieb acht! du brütest mir noch
eine Höhle:
12
ein Ei,
aber plötzlich ein Blitz,
14
ein Basilisken - Ei
hell, furchtbar
16
lange sitzest du noch auf deinem Mißgeschick?
ein langer Lauerer,
10
aus deinem langen Jammer aus …
ein Schlag gen Himmel
18
aus dem Abgrund, –
20
Was schleicht Z. entlang dem Berge
dem Berge selber schüttelt sich
22
sein Eingeweide …
24
Wo Haß u Blitzstrahl Eins ward
26
ein Fluch:
28
auf den Bergen haust nun Zarathustras Zorn
30
eine Wetterwolke schleicht er umher.
32
34
1 Wie
Nun zucken Blitze u. Verkrieche sich, wer eine letzte Decke hat
36
schwefelgelbe Wahrheiten
Ins Bett mit euch, ihr Zärtlinge!
38
40
Nun rollen Donner über die Gewölbe,
42
Nun zittert, was Gebälk u. Mauer hat
2: KGW VIII 8[1] 336,16
6: Wie lange] ¿ 6: du] Vk 10: brütest mir] ¿ 14: plötzlich] Vk 14: Basilisken-] ¿
Zarathustra flucht …
20: aus dem] ¿ 22: schüttelt] ¿ 26: Haß u] ¿ 26: ward] Vk 28: Fluch] ¿
32: Wetterwolke] ¿ 34: Blitze u.] ¿ 36: schwefelgelbe Wahrheiten] ¿ 42: Gebälk] ¿
Mp XVII, 109r
2
Zur Psychologie der Metaphysik. Der Einfluß der Furchtsamkeit.
(Herrschsucht, Wollust usw.)
4
Was am meisten gefürchtet worden ist, die Ursache der mächtigsten Leiden, ist
6
von den M. am feindseligsten behandelt worden u. aus der „wahren“ Welt
8
eliminirt. So haben sie die Affekte Schritt für Schritt weggestrichen, – Gott
10
als Gegensatz des Bösen dh. die Realität in die Negation der Begierden u.
12
Affekte angesetzt (das heißt gerade ins Nichts.)
14
Insgleichen ist die Unvernunft, das Willkürliche, Zufällige von ihnen gehaßt worden
16
(als Ursache zahlloser phys. Leiden) Folglich negirten sie dies Element im An=
18
sich - Seienden, faßten es als absolute „Vernünftigkeit“ u. „Zweckmäßigkeit“.
20
Insgleichen der Wechsel, die Vergänglichkeit gefürchtet: darin drückt sich
22
eine gedrückte Seele aus, voller Mißtrauen u. schlimmer Erfahrung (Fall Spinoza:
24
eine umgekehrte Art Mensch würde diesen Wechsel zum Reiz rechnen)
26
28
Affekte, die Unvernunft u. den Wechsel in eudämonist. Sinne gutheißen, sammt
30
ihren Consequenzen, Gefahr, Contrast, Zu Grunde gehen usw.
Eine mit Kraft überladene u. spielende Art Wesen würde gerade die
Zu:
die Metaphysiker.
93. Bleistift
$
KGW VIII 18[16]
Mp XVII, 109v $
zu Götzendämmerung Problem d Sokrates Bleistift
2.
bei S.
nicht bloß
2
Auf décadence deutet hier die Anarchie u. Wüstheit von Instinkten: aber eben-
4
falls deutet darauf die Superfötation des Logischen u jene Rhachitiker = Bosheit,
6
die ihn auszeichnet. Vergessen wir auch jene Gehör = Hallucination nicht, die als
8
„Dämonion des Sokrates“ ins Religiöse interpretirt worden ist. Alles ist übertrieben,
die
10
buffo, Carikatur an ihm, alles ist zugleich versteckt, hintergedanklich, unter-
12
irdisch … Ich suche zu begreifen, aus welcher Idiosynkrasie jene sokratische Gleich-
14
setzung von Vernunft = Tugend = Glück stammt – diese extrem = bizarrste Gleich-
16
setzung, die alle Instinkte des älteren Hellenen gegen sich hat.
18
3. griechische da Mit S. schlägt derAGeschmack zu Gunsten der Dialektik um: was geschah{
20
eigentlich? Vor allem wurde ein vornehmer Geschmack damit besiegt: Sokrat kam
22
der der Roturier der Pöbel kam mit der Dialektik über den guten Geschmack zum Sieg.
24
Vor Sokrates lehnte man in der guten Gesellschaft die dialek. Manieren als schlechte
26
Manieren ab; sie compromittirten; man warnte die Jugend vor ihnen. Auch mißtraute man
28
allem offenen Präsentiren seiner Gründe: Honnette Dinge tragen, wie honnette M. ihre Gründe
30
nicht in der Hand. Es ist unanständig, alle fünf Finger zu zeigen. Was sich beweisen läßt,
32
ist wenig werth. Überall, wo die Autorität zur guten Sitte gehört, ist der Dialektiker
:
34
eine Art Hanswurst … Man lacht xxxx über ihn, man nimmt ihn nicht ernst … Sokrates
.
36
war der Hanswurst, der sich ernst nehmen machte – was geschah eigentlich? –
e
die es giebt u. was in Sonderheit
4: falls] ¿ 4: Rhachitiker=] ¿ 8: Dämonion] ¿
12: Idiosynkrasie] ¿ 15: die es] ¿ 24: Manieren] ¿
26: Manieren] ¿ 30: unanständig] ¿ 34: ernst] Vk
Mp XVII, 110r $
37. Bleistift
Zur Psychologie der Metaphysik
2
4
Diese Welt ist scheinbar
6
Diese Welt ist unbedingt – folglich giebt es eine unbedingte Welt.
8
Diese Welt ist widerspruchsvoll – folglich giebt es eine widerspruchslose Welt.
Diese Welt ist werdend
10
– folglich giebt es eine wahre Welt.
– folglich giebt es eine seiende Welt.
lauter falsche Schlüsse (blindes Vertrauen in die Vernunft wenn A ist, so muß auch sein Gegensatz = Begriff B sein)
12
14
es möchte eine solche Welt geben; ebenfalls drückt sich der Haß gegen eine Welt,
16
die leiden macht, darin aus, daß eine andere imaginirt wird, eine werthvolle:
18
das Ressentiment der Metaphysiker gegen das Wirkliche ist hier schöpferisch.
20
22
Schluß auf das Verhältniß der wahren Welt zu unserer scheinbaren, wandelbaren,
24
leidenden u widerspruchsvollen.
26
28
Zu diesen Schlüssen inspirirt das Leiden: im Grunde sind es Wünsche,
Zweite Reihe von Fragen: wozu Leiden?.. und hier ergiebt sich ein
1) Leiden als Folge des Irrthums: wie ist Irr=
– lauter Erfahrungen aus der Natursphäre oder der Gesellschaft
thum möglich?
2) Leiden als Folge von Schuld: wie ist
universalisirt u. ins „An sich“ 30
projicirt)
Schuld möglich?
32
Wenn aber die bedingte Welt ursächlich von der unbedingten bedingt ist, so muß
34
die Freiheit zum Irrthum u. zur Schuld mit von ihm bedingt sein: u wieder
36
fragt man wozu?… Die Welt des Scheins, des Werdens, des Widerspruchs, des Leidens
38
ist also gewollt: wozu?
KGW VIII 8[2] 337,1-338,5
8: widerspruchslose] ¿
22: wandelbaren] ¿
34: ihm] > ihr
Mp XVII, 111r $
38. Bleistift
.
2
Der Fehler dieser Schlüsse: zwei gegensätzliche Begriffe sind gebildet, – weil
4
dem einen von ihnen eine Realität entspricht, „muß“ auch dem anderen eine
6
Realität entsprechen. „Woher sollte man sonst diesen Gegenbegriff haben?“ –
8
Vernunft somit als eine Offenbarungs = Quelle über An - sich - Seiendes.
10
Aber die Herkunft jener Gegensätze braucht nicht nothwendig auf eine
12
übernatürliche Quelle der Vernunft zurückzugehen: es genügt die wahre Ge=
14
nesis der Begriffe dagegen zu stellen: – diese stammt aus der praktischen
16
Sphäre, aus der Nützlichkeitssphäre u. hat eben daher ihren starken Glauben (man
18
geht daran zu Grunde, wenn man nicht gemäß dieser Vernunft schließt: aber
20
damit ist das nicht „bewiesen“, was sie behauptet)
22
Die Präokkupation durch das Leiden bei den Metaphysikern: ist
24
ganz naiv. „Ewige Seligkeit“: psycholog. Unsinn. Tapfere
26
u. schöpferische M. fassen Lust u. Leid nie als letzte
28
Werthfragen, – es sind Begleit = Zustände, man muß
30
Beides wollen, wenn man etwas erreichen will. – Darin drückt
32
sich etwas Müdes u. Krankes an den Metaphysikern u. Religiösen
34
aus, daß sie Lust u. Leidprobleme im Vordergrunde sehen.
36
Auch die Moral hat nur deshalb für sie solche Wichtigkeit,
38
weil sie als wesentliche Bedingung in Hinsicht auf Abschaffung
40
des Leidens gilt.
42
Insgleichen die Präokkupation durch Schein u. Irrthum: Ursache
44
von Leiden, Aberglaube, daß das Glück mit der Wahrheit
46
verbunden sei (Verwechslung: das Glück in der „Gewißheit“, im „Glauben“)
KGW VIII 8[2] 338,6-33
8: Vernunft] ¿
26: fassen] Vk
Mp XVII, 111v Sieht man vom ask. Ideal ab: so das Thier M. ngster Zeit In lä
o e
2
„Der M.“ hatte bisher keinen Sinn, sein Dasein auf Erden enthielt kein Ziel; wo=
4
zu Mensch überhaupt? – war eine Frage ohne Antwort; der Wille für Mensch u. Erde
6
fehlte; dasAgrößere „Umsonst!“ klang als Refrain hinter jedemAMenschen = Schicksale. Das
8
eben bedeutet das ask. Ideal: daß Etwas fehlte, daß eine ungeheure Lücke den
ein noch
großen
d
selbst
10
Menschen umstand – er wußte sichAnicht zu erklären, zu rechtfertigen, zu bejahen –
12
er litt am Probleme seines Sinns. Nicht das LeidenAwar das Problem: sondern
14
daß die Antwort fehlte für den SchreiA: „wozu leiden?“ Der M., das tapferste
16
u. leidgewohnteste Thier, verneint an sich nicht das Leiden: er will es,A, vorausge-
18
setzt, daß man{ihm sagtA: „dazu leiden!“ Die Sinnlosigkeit war der Fluch, bisher
20
über dem menschl. DaseinA, nicht die die Fülle der krankhaften Neigungen u der
22
erste beste Sinn – u der ask. Priester Ideal gab einen solchen Sinn! Es war
24
bisher der einzige Sinn.; „Irgend ein Sinn ist tausend Mal besser als k gar kein Sinn“
selbst
as
sein
der Frage
u. er sucht es auf
einen Sinn dafür aufzeigt ein
K
des Leidens
der
ausgebreitet
bot
i
g
besser
Das ask. I. ist das in ihm großartigste faute de mieux die ungeheuer Leere schien ausgefüllt;
liche 26
es
; das ask. Ideal als das großartige fdm
Das Leiden warAausgelegt; die Thür warvor dem selbstmörderischen Nihilism. zuge– es ist kein Zweifel – schloß sich vor allem
28
macht. Die AuslegungAbrachte neues Leiden mit sich, innerlicheres, giftigeres, am Leben
30
nagenderes – es brachte das Leiden unter die Perspektive der Schuld – : aber trotzalledem
32
– der Mensch war damit gerettet, er hatte einen Sinn, er konnte nunmehr etwas
34
Willen haben, er warAnichtAnur ein Blatt am Baume, ein Spielballs des Unsinns, des
36
Ohne = Sinns.)
sie
inen . wie s
wollen
38 40
Schluß der Genealogie Bleistift
fürderhin mehr
etwas
– u, wie ich es zu Anfang sagte: lieber will noch der Mensch das Nichts
wollen als nicht wollen
im Winde
In dubio pro reo.
$
12: Probleme] ¿ 14: leiden] Vk 18: dazu] Vk 19: ausgebreitet] vgl. GM III 28, 429,21 > ausgebreitet lag
20: die die] > die 25: ungeheuer] > nach unvollständiger Korrektur > ungeheure 28: innerlicheres] Vk 30: trotzalledem] ¿
34: Unsinns] ¿
Mp XVII, 112r $
77. Bleistift
zu „homines religiosi“
Was bedeuten asketische Ideale?
2
selbst Respekt zu machen
noch neuen
4
Vorform derAcontemplativen Lebensweise, extrem, um Respekt zu finden u. sich deren Bedingungen werden gesucht
6
(gegen das „schlechte Gewissen“ der
8
ein Sinn für Reinlichkeit der Seele, barock ausgedrückt
Inaktivität)
eine Menge Delikatessen sich vorbereitend 10
ein Zuchthäusler = Zustand, als Remedur für eine überwilde Begehrlichkeit (welche den „Verleitungen“ aus dem Wege geht) – als Haß
12
gegen Sinne, Leben sich äußernd.
14
16
eine Verarmung des Lebens, ein Bedürfniß nach Indolenz, Ruhe Kunstgriffe des Fakirs. „Alter“
18
20
eine krankhafte Verletzlichkeit, Empfindsamkeit, etwas Alt - Jüngferliches, das
22
dem Leben aus dem Wege geht: mitunter eine falsch geleitete
24
Erotik u Hysterie der „Liebe“
der Macht zu suchen oder als Mitunter der InstinktA, nach absoluten „Werkzeugen“
26
Kritik der Demuth („der absolute Gehorsam“) Die Klugheit daran, die Faulheit (ebenso wie in Armut u. Keuschheit)
28
30
Kritik der Armuth (die scheinbare Verzichtleistung u die Concurrenz, als Klugheitsmittel auf dem Wege zur Herrschaft.
32
34
zu erreichen Werkzeug am meisten
Kritik der Keuschheit
Nützlichkeit:
36
sie giebt Zeit, Unabhängigkeit – intellekt. Verwöhnung, die es
38
erhält Kraft, hält manche Krankheit fern
40
Freiheit von Weib u. Kind hält eine Menge Versuchung fern (Luxus, Servilität gegen Macht, Einordnung
42 44
KGW VIII 8[3] 339,1-340,9
4: Lebensweise] ¿
12: aus] ¿
unter Weibchen nicht aushält – Familien sind große Schwatznester
18: Fakirs.] ¿
Mp XVII, 112v
Lust an der
2
DieALüge als die Mutter der Kunst, Furcht u. Sinnlichkeit als Mutter der
4
Religion, das Nitimur in vetitumAals Mutter der Wissenschaft, die Grausamkeit
6
als Mutter der unegoist. Moral, die Reue als Ursprung des socialen Gleichheits=
8
Bewegung, der Wille zur Macht als Ursprung der Gerechtigkeit, der Krieg als der Vater
u. die Neugierde
10
(des guten Gewissens u. der Heiterkeit) der Ehrlichkeit, das Herrenrecht als der Ursprung der
12
Familie; das Mißtrauen als die Wurzel der Gerechtigkeit u. Contemplation
Zarathustra
14
16
An diesem Werk muß Einem jedes Wort einmal wehgethan
18
u. verwundet, u wieder einmal tief entzückt haben: – was
20
man nicht so „verstanden“ hat, hat man gar nicht verstanden.
Der grosse Mittag.
Warum „Zarathustra“?
Die große Selbstüberwindung der Moral
2-12: KGW VIII 8[7] 14-20: KGW VIII 8[8] 21: KGW VIII 18[15]
6: des] > der 6: Gleichheits=] ¿ 10: Ursprung] Vk
Mp XVII, 113r Die Wetterwolke $
Ruhm u Ewigkeit I. (Bd. VIII) Zarathustra flucht. Bleistift 89. Bleistift
$
2
Wo Haß u Blitzstrahl
4
Eins ward, ein Fluch:
6
eine Wetterwolke wandelt über mir –
8
zu schweren Wolken bildet sich jetzt Zarathustras Zorn …. Wettern
eine Wetterwolke wandelt er selbst umher.
10
12
14
16
Verkrieche sich, wer eine letzte Decke hat! 2 Ins Bett mit euch, ihr weibische Zärtlinge! 3 Nun rollen Donner über die Gewölbe, 1
ist
18
4
hat
20
,
seine
das Meer fletzscht die Zähne der Himmel zuckt vor
der Himmel vor
nun zuckt Blitze u schwefelgelbe Wahrheiten
5
nun zuckt der Himmel vor
der Himmel starrt, das Meer fletzscht seine Zähne
22
Zarathustra flucht …
schwefelgelben Wahrheiten –
24
vor schwefelgelber Luft zuckt die Tiefe vom Aufgang bis zum Niedergang
26
6
es zuckt die Tiefe vor schwefelgelber Wahrheit …
28
der Himmel starrt, das Meer fletzscht seine Zähne es riecht die Luft nach schwefelgelber Wahrheit
30
32
die Luft erglüht in
starrt
der Himmel zuckt, das Meerf fletzscht seine Zähne – es riecht die Luft nach schwefelgelber Wahrheit
…
das Meer
der Himmel zuckt in Flammen
nun zittert, was Gebälk u. Mauer hat ist,
en
der Himmel zuckt
34
7 Zarathustra
36
Wetterwolke
flucht zürnt ..
38
40 42
44
noch rauscht die
Zarathustra flucht …
aber schon hängt
glitzender Zauberschein
Zarathustras Reichthum über die ein Blitz wurde meine Weisheit
Den langen Lügen gram, einen Schlag gegen lange Lügen schleudert
Wälder hin
mit diamantnem Schwerte durchhaut sie mir diese
Finsterniß
wandelt mein Zorn durch die Nacht
8: Wolken] ¿ 13: Meer] ¿ 18: Gebälk u.] ¿ 18: Mauer] Vk 20: schwefelgelbe] Vk
21: fletzscht] ¿ 28: riecht die] ¿ 30: fletzscht] ¿ 30: seine] Vk 35: aber schon] ¿
37: Zauberschein] ? 37: Zarathustras] ¿ 38: Lügen gram] Vk
Mp XVII, 113v
2
$ geheimnißreiche Fülle auswirkt Ein M. in dem sich dieAVielheit u. Macht der Natur gleichsamAzur Erscheinung bringt, eine Syn-
) 114r,2
4
thesis des Furchtbaren u. des Entzückenden, etwas Versprechendes, etwas Mehr = Wissendes, etwas Mehr-
) 114r,4
6
Das asket. Ideal drückt immer ein Mißrathen aus, eine Entbehrung, einen physiolog.
8
Es macht nachdenklich, daß eigentlich nur dieseASpecies Priester den gegenwärtigen M.
x Bleistift
Asketen=
überhaupt.
) 114r,6
10
noch bekannt ist: es ist ein Ausdruck von Entartung u. Mißrathensein des M. daran,
12
daß – Und wie wir von romant. Künstlern reden, so dürfte man sagen, daß uns eigentlich nur
14
Stelle man sich zb. vor denA„Plato“ im museo Borbonico Neapels: die Archäo-
16
logen sind ungewiß, ob es nicht ein bärtiger Dionysos sei. Das soll uns gleichgültig sein: gewiß
18
ist, daß man hier immer eine andere Art Priester sehen voraussetzt, – keinen asketischen Typus …
mit dieser Möglichkeit einmal vor jenen – zuletzt wieder sehr
priesterlichen Typus
die Widernatur
Vgl. Antichrist Bleistift
die Weisheit
$
20
Der Priester des Christenthums repräsentirt die MachtAu. die Güte, aber die widernatürliche
22
Macht u.Adie widernatürliche Güte.: die Feindschaft gegen die Macht, die Erkenntniß u. die
24
die Macht als Wunderkraft - Macht
26
die Weisheit als Wider = Vernunft
28
die Liebe als Wider = Geschlechtlichkeit
die widernatürliche Weisheit
läßt ihnen den Leib – – man will die Seele, man versteckter
30
der Haß gegen die Mächtigen der Erde u. einAgrundsätzlicher Wettkampf u. Wettbewerb
32
der Haß gegen den Geist, den Stolz, den Muth, dieAAusgelassenheit des Geistes
34
der Haß gegen die Sinne, gegen die Freuden der Sinne, gegen die Freude überhaupt
Freiheit,
36
u. eine Todfeindschaft gegen die Sinnlichkeit u. Geschlechtlichkeit
KGW VIII 8[3] 340,10-20, 340,22-341,11
4: Versprechendes] ¿ 18: immer] nach Korrektur des Kontextes > einen 18: sehen] ?
18: voraussetzt] ¿ 20: widernatürliche] ¿ 22: Erkenntniß] ¿ 26: Vernunft] ¿
29: versteckter] Vk 32: Geistes] ¿ 36: Todfeindschaft] Vk
Mp XVII, 114r $
79. Bleistift
113v,4 )
113v,6 )
könnendes
2
min zu ho
Widerspruch.
4
gio es reli
si
$
vgl. Antichrist Bleistift
ist
113v,12 )
n
ist.
6
der romantische Priester bekannt sei – daß an sich der klassische Priester möglich sei
8
, daß er wahrsch. auch dagewesen ist.
10
Wir sind vielleicht xxxxxxxxxxxxxxxxxxx
12
die UnschuldAder Alten vorAden geschlechtlicher Symbolen – sie war{der Mittel
14
u. feierliche Haltung der ahnungsvollen Gegenwart
16
zb
punkt jener großen Mysterien, an denen die
Die Perversität, mit welcher
würdigsten FrauenBAthens u. Altbürgerinnen
verleumderische
e
Wille zum
20
das christl. Priesterthum hat es auf dem Gewissen – das gemeine u. schnödeAMißverständniß den Culten u. M ysterien von den Anfängen mit dem die der Geschlechtlichkeit in allen
22
der christl. Priester ist von Anfang an der Todfeind der Sinnlichkeit: man kann sich
24
keinen größeren Gegensatz denken, als die unschuldig = Au. feierliche Haltung, mit derAin den ehr-
26
würdigsten Frauenkulten Athens die Gegenwart der geschlechtl. Symbole. Der Akt der Zeugung
28
ist das Geheimniß an sich in allen nicht = asket. Religionen: eine ArtAVollendung u.
30
der geheimnißvollen Absichten, der Zukunft (Wiedergeburt, Unsterblichkeit
18
ahnungsvolle
zb.
Symbol der
2-8: KGW VIII 8[3] 340,13,15,20-22 18-30: KGW VIII 8[3] 341,12-23
18: das gemeine] ¿ 26: Symbole] >? Symbole empfunden wurde
Mp XVII, 114v älter, gütiger, mäßiger, müder Antichrist Bleistift
$
einer hundert Mal reiferen, Art M. entsprungen als 2
Der Buddhism; eine Religion ohne Götter, ohne Gebet, ohne asketische Folterung, ohne „Sünde“, von
4
vornherein den vornehmen u. reicheren Ständen zugewendet, vor allem den intellektuellen u. phi-
6
losophisch durchgebildeten; eine Religion, welche keine jener naiven SpitzfindigkeitenAhat wie das
8
Christenthum, sondern ein paar philos. Causalitäten, die von vornherein dem Volke nichts sind
auf dem Grunde
10
; keine Religion der Revolte, kein „Sklavenaufstand“, überhaupt keine Bewegung des ressen-
12
timent. – Auf dem Grunde die Müdigkeit, die raffinirteste Schmerzfähigkeit – und
14
eine hygienische Systematik von Mitteln, nichts mehr zu wollen u. dabei doch ohne
16
Schmerz u. Langeweile es auszuhalten. Die ganze „Moral“ ist nur da als Verbot von
18
Handlungen, welche Unruhe, Schmerz usw nach sich ziehen. Moral ist hier „Mittel“: der
20
Vollendete läßt Gut u. Böse hinter sich – „Beides sind Fesseln.“ –
22
Das Christenthum, alsbald auf Barbaren = Völker übergehend, hat nicht den müden M.
24
zur Voraussetzung, sondern den innerlich verwilderten u. sich zerreißenden M.A: einen starken
26
M. vor Allem, aber einen mißrathenen. Die „UnzufriedenheitAist hier nicht die übermäßige
28
Reizbarkeit in Hinsicht auf das Leid: sondern umgekehrt: ein übermächtigesAVerlangen nach
30
Wehethun, nach Auslassung der inneren Spannung in feindseligen Handl. u. Gedanken,
32
Die barbarischen Voraussetzungen des Chr., wodurch es eben im Stande war, Herr über das bar-
34
barische Europa zu werden: das Erstlingsopfer, das Bluttrinken im Abendmahle, die
36
Verachtung des GeistesA, die seelische Folterung, die es anbot; der große Pomp
38
Dort eine Religion für müde HausAthiere A: die passiven Mächte im Vordergrund
40
hier eine Religion für krankhafte Raubthiere: hier die aktiven.
42
Dort das Selbst - Mitleid, hier der Selbst - Haß
44
– dort war die Aufgabe des Instinkts, ein Leben auszudenken, bei dem der M. an sich
46
Freude hat
48
hier, ein Leben, bei dem er sich nicht verachtet, weil er in Allem „Wider = Natur“ “ ge
den krankhaften Barbaren mit sich“
u krankhaftes
.
nach quälenden Vorstellungen.
u. der Cultur
sich
.
u. Heerden , die zerdacht, müde zerdacht sind u zerdacht haben
4: intellektuellen] ¿ 5: auf dem] ¿ 6: losophisch] Vk 36: seelische] ¿ 36: es] Vk
37: müde zerdacht] nach Korrektur des Kontextes > müde gedacht 38: Hausthiere] danach Einfügungszeichen verlängert 44: Instinkts] ¿
48: weil] Vk 48: ge] danach Textverlust
Mp XVII, 115r $
83. Bleistift
Leiblich- u Seelisch
2
Der Haß gegen dieAPrivilegirten :
Aufstand der häßlichen mißrathenen Seelen gegen die schönen stolzen wohlgemuthen
4
ihr Mittel :
6
8
„es giebt kein Verdienst“ das Widernatürliche als das Höhere
10
Verdächtigung der Schönheit, des Stolzes, der Freude
„die Gefahr ist ungeheuer: man soll zittern u.
12
sich schlecht befinden
14
„die Natürlichkeit ist böse; der Natur wi=
16
derstreben ist das Rechte. Auch der „Vernunft“.
18
20
für sich gewinnen. „Der Sünder“, an dem Gott
22
mehr Freude hat als am Gerechten“
24
wieder sind es die Priester, die diesen Zustand ausbeuten u. das „Volk“
dies ist der Kampf gegen das „Heidenthum“ (der Gewissenbiß als Mittel, die seelische Harmonie zu zerstören)
26
28
Der Haß der Durchschnittlichen gegen die Ausnahmen, der Heerde gegen die Unabhängigen
30
Wendung gegen den „Egoismus“: Werth hat eigentliche die Sitte alsA„Sittlichkeit“
32
34
36
allein das „dem Anderen“ „wir sind alle gleich“ gegen die Herrschsucht, gegen „Herrschen“ überhaupt
Die Guten und 38
gegen das Vorrecht die Verbesserer.
40
gegen Sektirer, Freigeister, Skeptiker
42
gegen die Philosophie (als dem Werkzeug - u.
44
46
48
KGW VIII 8[4] 342,1-343,10
Ecken - Instinkt entgegen) bei Philosophen selbst „der kateg. Imperativ“, das Wesen des Moral. „allgemein u. überall“ 12: befinden] > befinden“ 22: Gerechten] > „Gerechten
24: Gewissenbiß] > Gewissensbiß 31: eigentliche] ¿
Mp XVII, 115v $
20 Bleistift
Die drei Behauptungen:
2
s
4
das Unvornehme ist das Höhere
(Protest des „gemeinen Mannes“)
6
das Widernatürliche ist das Höhere
(Protest der Schlecht - weggekommenen)
8
das Durchschnittliche ist das Höhere (Protest der Heerde)
10
12
14
bald die Sklaven u. Unterdrückten,
16
bald die Mißrathenen u. An - sich - Leidenden
18
bald die Mittelmäßigen
20
Insofern ist das Phänomen der Moral vom Standpunkt der Biologie aus höchst be-
22
In der Geschichte der Moral drückt sich also ein Wille zur Macht aus, durch den
den Versuch machen, die ihnen günstigsten Werth urtheile durchzusetzen.
denklich. Die Moral hat sich bisher entwickelt auf Unkosten:
24
der Herrschenden u. ihrer spezifischen Instinkte
26
der Wohlgerathenen u schönen Naturen
28
der Unabhängigen u. Privilegirten in irgend einem Sinne
30
32
Die Moral ist also eine Gegenbewegung gegen die Bemühungen der Natur, es zu einem höheren Typus zu bringen. Ihre Wirkung ist: Mißtrauen gegen das Leben überhaupt (insofern dessen Tendenzen als „unmoralisch“ em-
34
pfunden werden
36
Sinnlosigkeit, insofern die obersten Werthe als im Gegensatz zu den obersten Instinkten
38
empfunden werden – Widersinn.
40
83. Bleistift
der „Mittleren“
42
$
wird. Entartung u. Selbstzerstörung der „höheren Naturen“, weil gerade in ihnen der Conflikt bewußt
KGW VIII 8[4] 343,11-344,10
Mp XVII, 116r
Reaktion versagt ist.
2
tretenen, denen die eigentl.
Sklavenaufstand in der Moral: das Ressentiment schöpferisch. Die Zerdrückten, Niederge= Folglich: ein negativer Werth zuerst
4
8
Methode der Verleumdung der aristokrat. Werthe: renden Ja - sagens zu sich selbst entspringt. (Stolz, Schönheit, Glück, Heiterkeit, Sinnlichkeit, Reichthum
10
12
die aus dem Gefühl eines triumphi-
„der Böse“ (eig. der Starke)
6
h
(umgekehrt als bei der vornehmen Moral,
mit Hülfe des 1) Nicht - sehen - wollens
2),
des Falsch - sehen - wollens
3),
des Hinein - sehen - wollens.
14
16
Umkehrung: Versuch, das ressentiment selbst als Tugend auszulegen (Gerechtigkeits = Sinn)
18
20
die thatsächliche ängstliche Niedrigkeit als „Demuth“
22
das Inoffensive, die Feigheit, das Warten als „Geduld“
24
als „Güte“, als „Liebe der Feinde“, als „Menschenliebe“
26
auch als „Gehorsam gegen Gott“, der der „Obrigkeit“ zu gehorchen befiehlt
28
den Wunsch nach Rache als „Siege Gottes über seine Feinde“
30
Gottes Gerechtigkeit.
insgleichen die Grausamkeit beim Anblick einer Niederlage als „Triumph über
32
ihr Elend als Prüfung, Vorbereitung der „Auserwählten“, Auszeichnung
34
selbst als Klugheit („damit reichlicher einst vergolten wird)
36
38
das Leben in der „Hoffnung“, in der „Liebe“, im „Glauben“ (an einen Gott der
40
die Ehre der Armut als „Gottesdienst“
42
Versuch, in summa, mit sich zufrieden zu sein u. sich zu überreden, daß „man
Armen u. Gedrückten)
nicht nur besser sei“, sondern auch „es besser habe“. Die „Guten“, eig.
44
– Tiefste Unehrlichkeit u. Verlogenheit dabei. –
46
KGW VIII 8[4] 344,11-345,10
30: Gerechtigkeit] > Gerechtigkeit“
36: wird] > wird“
die Schwachen.
Mp XVII, 116v 19 Bleistift Genealogie VII, S. 379f. Bleistift
$
$
2
Die Verinnerlichung des Menschen (als Krankheit)
4
Die V. entsteht, daß mächtige Triebe, denen mit Einrichtung des Friedens u der Gesell=
6
schaft die Entladung nach außen versagt wird, sich nach innen zu schadlos zu halten suchen,
8
im Bunde mit der Imagination. Das Bedürfniß nach Feindschaft, Grausamkeit, Ra= Gewaltsamkeit
10
che,Awendet sich zurück, „tritt zurück“; im Erkennen - wollen ist Habsucht u. Erobern;
12
im Künstler tritt die zurückgetretene Verstellungs- u Lügenkraft auf; die Triebe werden
14
zu Dämonen umgeschaffen, mit denen es Kampf giebt usw.
16
18
Der M. sich immer wieder in Lagen versetzend, für die er noch keinen Instinkt
20
hat: also zeitweilig experimentirend u auf Grund von „Schlüssen“ handelnd, nicht
22
von Instinkten. „Rationalistische“ Ereignisse zb. die französ. Revolution.
24
26
zb. der Ehe
Die Bewußtheit als Krankheit
Das schlechte Gewissen dem Neuen anhaftend
den milden mitleidigen vergeberischen Gefühlen (lange mit Selbstverachtung ver-
28
knüpft)
30
32
dem Willen zur Forschung (als wider die Autorität gerichtet)
34
den großen Natur - Überwältigungen (als Gottlosigkeiten)
36
dem Frieden
38
dem Handelsmann, dem Zöllner
40
bei den vornehmen Geschlechtern, die auf Rache verzichten, der obersten Gewalt
42
78. Bleistift
44
$
KGW VIII 8[4] 345,11-346,7
gegenüber. also das „Rechtsbewußtsein“ mit dem schl. G. verschwistert
2: Menschen] ¿
4: entsteht] > entsteht dadurch
32: zur] ¿
Mp XVII, 117r
4
+ macht,
6
Priester ist die Richtungs= Veränderer des Ressent.
(des Geistes) einen Krieg der ListAmehr als der Gewalt, wie sich von selbst versteht
*
ung
2
Formel fassen wollten, so wäre zu sagen: der
Und in der That: wenn wir die ganze Thätigkeit, die oberste Nützlichkeit des P. s in die kürzeste
8
u in jed j
: eine ungeheure Aufgabe! Denn Jeder Jeder
nämlich
instinktiv
12
Der LeidendeAsuchtAzu allem Leid eine Ursache: genauer einen Thäter, noch bestimmter, irgend etwas Lebendiges gegen das er mit Haß seine Affekte thätlich oder in effigie Aentladen kann einen schuldigen Thäter: kurz, ein Objekt, an dem er sich schädigend,
14
– denn die Affekt - Entladung ist ein Erleichterungs- nämlich Betäubungs = Mittel des Leidenden,
16
seinANarcoticum gegen lange Qual. (Hier liegt,Adie physiologische MotivAjener Reaktion),
18
Rache u. ihrer Verwandten die u allem alles
20
10
das größte
as in r
unwillkürlich begehrtes
Qual,
Versuch
meiner Theorie gemäß,
irgend welcher Art
des Ressentiments, der
Ursächlichkeit dieselbe Defensiv=
einer Schutzmaßregel
dessen, was aus ihnen wächst): man verwechseltAsie meistens mit demAGegenschlag, eines Defensiv=
im Falle
irgendeiner
jeder einer
Angriff
22
Instinkts bei{plötzlichenBVerletzung.) Aber die Verschiedenheit ist fundamental: im Einen Fall will
24
man weiteres Beschädigtwerden hindern, dazu thut es noth, unter Umständen den Schädigenden, den
26
AngreifendenAzu vernichten; im anderen Falle will man einen Schmerz durch eine heftigere Emotion
Schädigung u. Gefährdung.
kann es nöthig sein
unter Umständen
irgend welcher Art
)
überwältigen –
28 30 32
(sehr gleichgültig, ob es woher die Gefahr kommt u. oft genug, ehe man zum Bewußtsein kommt,
hier handelt es sich um welcher Art deren Ursache ist) man braucht einen wilden Affekt u. zu dessen Erregung irgend einen Vorwand) 2: teilweiser Schriftverlust am oberen Rand 11: in Ms nicht übereinander 11/12: entladen] ¿ 14: Entladung] ¿
35. Bleistift
Gewissen in solchen DingenAhaben
2
Zu: der Wille zur Wahrheit
1. Satz. Die leichtere Denkweise siegt über die schwierigere
– als Dogma: simplex sigillum veri
6
Dico: daß die Deutlichkeit etwas für Wahrheit
8
ausweisen soll, ist eine vollkommene Kinderei …
10
12
2. Satz. Die Lehre vom Sein, vom Ding, von lauter
14
festen Einheiten ist hundert Mal leichter als die
16
Lehre vom Werden, von der Entwicklung
18
20
30: Ursache] Vk 32: irgend] ¿
Mp XVII, 117v haben $
4
15: Ressentiments] ¿ 20: wächst] ¿ 22: bei] danach Einfügungszeichen verlängert 28-30: (sehr … ist)] zu Zeile 22-24
3. Satz. Die Logik war als Erleichterung gemeint: als Aus wirkte sie als Wahrheit … drucksmittel, – nicht als Wahrheit … Später
3-21: KGW VIII 18[13]
1: Schriftreste und teilweiser Schriftverlust am oberen Rand
6: simplex] ¿ 8: Dico] ?
14: festen Einheiten] ¿
Mp XVII, 118r
115 Bleistift c) Rotstift
2
$
Wir Hyperboreer. – Grundsteinlegung des Problems
4
Erstes Buch: „was ist Wahrheit?“
6
Erstes Capitel. Psychologie des Irrthums.
8
Zweites Capitel. Werth von Wahrheit u. Irrthum.
Hauptstück
Drittes Capitel. Der Wille zur Wahrheit.
10
(erst gerechtfertigt im Ja = Werth des Lebens
.
12
Zweites Buch. Herkunft der Werthe.
14
Erstes Capitel. Die Metaphysiker
16
Zweites Capitel. Die homines religiosi.
18
Drittes Capitel. Die Guten u. die Moralisten Verbesserer.
20
22
Erstes Capitel. Gedanken über das Christenthum.
24
Zweites Capitel. Zur Physiologie der Kunst.
26
Drittes Capitel. Zur Geschichte des europ. Nihilismus.
Drittes Buch. Kampf der Werthe
Psychologen = Kurzweil
28
30
32
Erstes Capitel. Das Princip des Lebens.
34
Zweites Capitel. Die zwei Wege.
36
Drittes Capitel. Die ewige Wiederkunft.
KGW VIII 18[17] 337,19-338,11
Viertes Buch: der grosse Mittag.
22: das] ¿
„Rangordnung“
$
Mp XVII, 119r d Befehl.
2
A. Von der Verdorbenheit des Menschen
4
B. Kritik der obersten Werthe
6
8
C. Die Entstehungsheerde der
Was die bisherigen obersten Werthe bedeuten.
10
bisherigen Werthurtheile
12
14
Priester
16
Philosophen
18
D. Warum die Gegenwerthe unterlagen
20
E. Modernität als Zweideutigkeit der Werthe
22
F.
Woher die bisherigen obersten Werthe stammen.
24
Warum wodurch womit
Modernität Werthe
26
Warum wodurch womit
Zweideutigkeit
28
Jedoch jedoch warum
2-12,18-22: KGW VIII 17[2]
1: d] ? 1: Befehl.] >? Befehlenden
Werthe Werthe
12: bisherigen obersten] ¿ 16: Philosophen] ¿
20: Modernität] ¿
Mp XVII, 119v $
82. Bleistift
Erstes Capitel. Begriff der nihilist. Bewegung als Ausdruck der décadence.
2
– die décadence überall
4
Zweites Capitel. die typischen Ausdrucksformen der décadence
6
(vgl. Blatt 71.) Bleistift
1) man wählt, was die Erschöpfung beschleunigt
8
10
2) man weiß nicht zu widerstehen
12
3) man verwechselt Ursache u Wirkung
$
4) man ersehnt Schmerzlosigkeit $
14
ersehnt Schmerzlosigkeit. Bleistift
72 : inwiefern auch „Hedonism“ ein Degenerirender
16
Typus ist
18
Drittes Capitel.
20
22
46 erstes Heft
5) die „wahre Welt“: Begriff der Realität durch
Leidende 72
24
26
das tragische Zeitalter 72
28
30
32
die Gegensatz = Natur, die dionysischen Werthe:
6) die nihilist. Fälschung für alle guten Dinge
59 Liebe 108 109 der „willenlose Intellekt“
34
das Genie
36
Kunst des „willensfreien Subjekt“
38
40
98
KGW VIII 17[1]
7) das Unvermögen zur Macht, die Ohnmacht: ihre
2: Bewegung] ¿ 8: Erschöpfung] ¿
Toilettenkünste
18: Typus] ¿ 24: Werthe] ¿
38: Unvermögen] ¿
Mp XVII, 120r $
(vgl. Blatt 82) Bleistift 71. Bleistift
$
Allgemeinste Typen der décadence:
2
1) : man wählt, im Glauben, Heilmittel zu wählen, das, was die Er-
4
schöpfung beschleunigt
6
8
– dahin gehört das Christenthum – : um den größten Fall
10
des fehlgreifenden Instinkts zu nennen.
12
14
2) : man verliert die Widerstands = Kraft gegen die Reize, – man
16
wird bedingt durch die Zufälle: man vergröbert u. vergrößert
18
die Erlebnisse ins Ungeheure … eine „Entpersönlichung“, eine
20
Disgregation des Willens – Zur Geschichte des Nihilismus
22
24
26
– dahin gehört der „Fortschritt“– :
– dahin gehört eine ganze Art Moral, die altruistische
die, welche das Mitleiden im Munde führt: an der das Wesentliche die Schwäche der Persönlichkeit ist, so daß sie mitklingt u. wie eine überreizte Saite beständig zittert … eine extreme
28
Irritabilität …
30
3) : – man verwechselt Ursache u Wirkung: man versteht die dec.
32
34
nicht als physiologisch u. sieht in ihren Folgen die eigent. Ursache des
36
sich Schlecht - befindens
38
– dahin gehört die ganze relig. Moral
4) : man ersehnt einen Zustand, wo man nicht mehr leidet: das
40
42
Leben wird thatsächlich als Grund zu Übeln empfunden, – man ta=
44
xirt die bewußtlosen, gefühlslosen Zustände (Schlaf, Ohnmacht) unver-
46
gleichlich werthvoller als die bewußten: daraus eine Methodik … KGW VIII 17[6]
8: Fall] ¿ 16: vergröbert] ¿
18: Entpersönlichung] ¿ 34: Folgen] ¿
44: bewußtlosen] ¿ 46: daraus] ¿
Mp XVII, 120v Es handelt sich ganz u gar nicht um die besteste oder die schlechte Welt: Nein oder Ja, das ist hier die Frage. Der nilist. Instinkt sagt Nein; seine mildeste Behauptung ist 2
Daß Nicht - sein besser ist als Sein, daß der Wille zum Nichts mehr Werth hat als
4
der Wille zum Leben; daß, wenn das Nichts die oberste Wünschbarkeit ist, dieses Sein
6
als Gegensatz dazu, sogar das An sich – verwerflich wird …
8
Von einer solchen Werthschätzung inspirirt, wird ein Denker unwillkürlich suchen, all die
sogar
seine strengste
absolut werthlos ist
10
Dinge, die er instinktiv nach Werth beurtheilt, zur Rechtfertigung einer nihilist.
12
Tendenz einzubringen. Das ist die große Falschmünzerei Sch. s, der zu vielen
14
Dingen mit tiefem Interesse gestellt war: aber der Geist des Nihilis verbot ihm, dies
16
zum Willen zum Leben zu rechnen: u so sehen wir denn eine Reihe feiner
18
u beherzter Versuche, die Kunst, die Philosophie, die Religion, die Moral, das
20
Genie als wegen ihrer scheinb Lebensfeindlichkeit, als Verlangen ins Nichts zu Ehren
22
zu bringen
die Weisheit
die Schönheit in der Natur
$
vgl. Götzendämmerung Bleistift
neuerdings
viel
24
Man hatAmit einem zufälligen u. in jedem Betracht unzutreffenden Wort neuerdings Mißbrauch
26
getrieben: man redet überall von Pessimismus, man kämpft sonderlich, unter vernünftigen
28
für die die das eine beantwortet werden kann gleichsam
Leuten zuweilen, wie über eine Frage, die xxxxxxxx aufgeworfen lösbar sei, wer Recht auf die es Antworten gebe
doch
30
habe, die Pess. oder die Optimisten. Man hat nicht begriffen, was mit Händen
32
zu greifen: daß Pessimis kein Problem, sondern ein Symptom – daß der Name
34
ersetzt wurde durch Nihilismus, – daß die Frage, ob Nichtsein besser ist als
36
Sein als selbst schon eine Krankheit, ein Niedergangs = Instinkt, eine Idio-
38
synkrasie ist …
40
42
hat ihre zwei Centren an den Stellen, wo Himmel heute die Verfalls = Symptome am
ist,
schon
Anämie
Die pessimist. Bewegung ist nur der Ausdruck einer physiol. décadence; sie
1-22: KGW VIII 17[7] 24-42: KGW VIII 17[8]
1: besteste oder die schlechte] ?, > beste oder die schlechteste 1: nilist.] > nihilistische 4: oberste] Vk 8: Von einer] ¿ 10: beurtheilt] ¿
10: Rechtfertigung] ¿ 12: Sch. s] > Schopenhauers 18: beherzter] ¿ 20: scheinb] ?, > scheinbaren 26: sonderlich] ? 26-28: vernünftigen Leuten] ?
35: Anämie] ? 40: sie] nach Textverlust: si 42: zwei … am] ? 42: am] danach Textverlust?
Mp XVII, 121r $
96. Bleistift
Zur Physiologie der Kunst.
2
1.
der Rausch als Voraussetzung: Ursachen des Rausches.
4
2.
typische Symptome des Rausches
6
3.
das Kraft- u Füllegefühl im Rausche: seine idealisirende Wirkung
4
8
das Mehr von Kraft zb
das thatsächl. Mehr von Kraft: seine thatsächliche Verschönerung
beim Tanz der Geschlechter
10
Erwägung: in wiefern unser Werth „schön“ vollkommen anthropocentrisch ist
das Krankhafte am Rausche; die physiol. Gefährlichkeit der Kunst –
5.
12
6
Wachsthum u. Fortschritt
das Apollinische, das Dionysische …
14
auf biolog. Voraussetzungen über
Grundtypen: umfänglicher, vergl. mit unseren Sonder = Künsten
Frage: wohin die Architektur gehört
tonisch: 16
7
die Mitarbeit der künstl. Vermögen am normalen Leben, ihre ÜbungA: umgekehrt das Häßliche
18
8
die Frage der Epidemie u. der Contagiosität
20
9.
Problem der „Gesundheit“ u. der „Hysterie“ – Genie = Neurose
22
10 die Kunst als Suggestion, als Mittheilungs = Mittel, als Erfindungsbereich der induction-
24
psycho - motrice
26
11. Die unkünstlerischen Zustände: Objektivität, Spiegelwuth, Neutralität
der verarmte Wille; Verlust an Capital
12. Die unkünstlerischen Zustände: Abstraktivität.
28
die verarmten Sinne
13. Die unkünstlerischen Zustände: Auszehrung, Verarmung, Ausleerung, – Wille zum Nichts
30
Christ. Buddhist. Nihilist.
Mor
14. Die unkünstler. Zustände
32
: Moral - Idiosynkrasie. ( – die der Schwachen, Mittleren
die Furcht vor den Sinnen, vor der Macht, vor dem Rausch.
34
15. Wie ist tragische Kunst möglich?
36
16 Der Typus des Romantikers
40
42
44
Instinkt der Unterlegenen des Lebens
: zweideutig. Ihre Consequenz ist der „Naturalism“… Ein Künstler zweiten Ranges, der unter Umständen den Künstler spielt.
17. Problem des Schauspielers.
38
der verarmte Leben Leib.
Frage der Art Publikum, an die man sich wendet ..
die „Unehrlichkeit“, die typische Verwandlungskraft als Charakter = Fehler … 18. die Kunst als Rausch, Mangel an Scham die Würdelosigkeit, der Hanswurst, der Satyr, der Buffo, der Gil Blas medizinisch: Amnestie. der Schauspieler, der den Künstler spielt … tonicum, ganze u partielle Impotenz KGW VIII 17[9]
8: thatsächl.] darunter Bleistiftspur 8: Mehr] Vk 12: Dionysische] Vk mit brauner Tinte
32: Idiosynkrasie] ¿ 40: typische] ¿ 43: Amnestie] >? Amnesie
45: ganze u] ¿
Mp XVII, 122r $
Letzte Periode Ansatz zur Physiologie der Kunst. rote Tinte und Bleistift 112 Bleistift
$ $
vgl. W II 7, 132 (Vs zu W II 9, 10) Bleistifte
VIII 130f. Bleistift
$
2
Grundeinsicht: was ist schön und hässlich?
4
1.
6
8
Aesthetica.
Nichts ist bedingter, sagen wir bornirter als unser Gefühl des Schönen. Wer
10
es losgelöst von der Lust des Menschen am Menschen denken wollte, verlöre sofort
12
Grund und Boden unter den Füßen. Im Schönen bewundert sich der Mensch als Voll=
14
kommenheits = Typus; es giebt Fälle, wo er soweit geht, sich anzubeten. Es gehört zum
16
Wesen einer Gattung, daß sie nur am Typus der Gattung Freude hat: sie gienge sofort
18
zu Grunde, wenn sie „liberaler“ im Geschmack würde Nichts ist weniger liberal als der
20
Geschmack einer Gattung: er sagt „ich u noch einmal ich und hundert Mal „ich“..
2-4: KSA 14, 426, zu GD Streifzüge eines Unzeitgemässen
16: Typus] ¿
20: hundert] ¿
Mp XVII, 123r $
113 Bleistift 6 Bleistift
4
ich möchte die liebenswürdigen Tugenden nicht unterschätzen; aber die Größe der Seele verträgt sich nicht mit ihnen. Auch in den Künsten schließt der große Stil das Gefällige aus.
In Zeiten schmerzhafter Spannung u. Verwundungbarkeit wähle den Krieg: er härtet ab, er macht Muskeln.
10
Die tief Verwundeten haben das olympische Lachen; man hat nur, was man nöthig hat.
12
Es dauert zehn Jahre schon: kein Laut mehr erreichte mich –AMan muß viel Menschlich
ein Land ohne Regen:
14
keit übrig haben, um dergestalt in der Dürre nicht zu verschmachten.
Jeder Glaube hat den Instinkt der Lüge: er wehrt sich gegen jede Wahrheit, von der her
16
18
seinem Willen, die Wahrheit zu besitzen, Gefahr droht – er macht die Augen zu, er verleumdet …
Man hat einen Glauben, weil er „selig macht“: man hält nicht für wahr, was uns nicht „selig
20
22
m
$
Aus der Kriegsschule der Seele.
den Tapferen, den Frohgemuthen, den Enthaltsamen geweiht.
8
.
A
2
6
m
macht“. Ein pudendum.
24
was warfst du dich aus deiner Höhe?
26
was verführte dich?
28
Das Mitleiden mit allem Niedrigen verführte dich
30
nun liegst du da, zer krank, unnütz, xxxxxxx frivolen wirkungen mit xxxxx. xxxxxxx Schatten, mit ungeheuren Gegensätzen, mit xxxxx.
wirkt überredet
Unfähig, zu bauen, arbeitet er mit Masse,Amit aufdringlichen Widersprüchen der starken Schatten – die Lüge des
32
xxxxxx
34
großen Stils beherrscht seine ganze Kunst. Er willA, womit man heute als Künstler tyrannisirt
36
dazu
tyrannisiren: er wendet den ganzen Berninismus der Mittel heute
er wendet Mittel an, wie sieAZola, wie sie
38
$ in geistigerer Form, H Taine anwendet – die Vergröberung des „Princips“, die Überwältigung durch Wiederholung,
Violettstift
ü
40
42
die Vereinfachung bis zum Elementarischen
44
46
Anruf der verbotenen Instinkte. Was W unmöglich ist, das ist der Stil.
| // Blei- und Violettstift
48
Anruf
x Violettstift
50
s
Erregung der Furcht
Die Lüge
Lineal Linien („der Principien“)
W. ist unfähig jedes Stils $
$ Theorie vom Mißbrauch der Logik als einem Realitäts-
Kriterium. –
52
1-22: KGW VIII 18[1] 50-52: KGW VIII 18[2]
Blaustift von N? 6: Gefällige] ¿ 8: Verwundungbarkeit] > Verwundbarkeit 8: wähle] Vk 10: olympische] Vk
10: nur] Vk 24: warfst] ¿ 30: unnütz] ¿ 31: frivolen] ? 32: Widersprüchen] ?
34: beherrscht] ¿ 34: Künstler] ¿ 40: in geistigerer] ¿ 44: Erregung] ?
Mp XVII, 124r VIII, 92f. Bleistift
Langes Leben, eine reiche Nachkommenschaft beweisen nicht die sind nicht der Lohn der ein Wort für Tugend, sondern die Tugend ist jene Verlangsamung des Stoffwechsels +
$
ist
hinein
2
er trägt die Ordnung, die er physiologisch, in die Beziehungen zu Dingen u Menschen. In
4
Formel: die Tugend ist die Folge des Glücks … Die Kirche u die Moral sagt:
6
„ ein Geschlecht, ein Volk wird durch Laster u. Luxus zu Grunde gerichtet“: sagt dazu
8
sse
meine Wiederstellung der Vernunft: wenn ein Volk zu Grunde geht, physiologisch
10
degenerirt, so folgen daraus Laster u. Luxus (dh. die Bedürfniß nach immer
12
stärkeren u häufigeren Reizen, wie sie jede erschöpfte Natur nöthig hat) Der
14
Zeitungsleser sagt: diese Partei richtet sich mit diesem Fehler zu Grunde:
16
meine höhere Politik sagt: eine Partei, die solche Fehler macht ist
18
am Ende – sie hat die Instinkt - Sicherheit nicht mehr,“ Jeder
20
Fehler in jedem Sinne ist eine Folge eines Instinkt = Niedergangs: man
22
definirt damit den Fehler. Alles Gute ist le Instinkt – u folglich
24
leicht, nothwendig, frei. Die Mühsal ist ein Einwand, der Gott
26
ist typisch vom „Helden“ verschieden (in meiner Sprache: die leichten
28
Füße das erste Attribut der Göttlichkeit) – Und indem ich dies sage,
30
sehe ich über mir den ungeheuren Rattenschwanz von Irrthümern inmitten der
32
Sterne glänzen, der bisher als die höchste Inspiration der Menschheit galt aus
die
alle
Tüchtigkeit Folge
selbst ,
+
) 43
aus dem
„alles Glück Folge der Tugend, alle Tugend Folge des freien Willens“
34
36
Kehren wir die Werthe um: der Glückliche
(tüchtiger
38
.
u. eine reiche Nachkommen
alle Freiheit Folge der Tüchtigkeit
wird tugendhaft, der Tugendhafte wird frei Freiheit hier als
40
lange
schaft bedingt im Gefolge
der That
frei, insofern jede TüchtigkeitAeine große Freiheit u.
(– den Cornarism –)
hat.
35 )
42
die, unter anderem, auch welche ein langes Leben
Leichtigkeit in der Kunst u. Selbstbestimmung mit sich bringt. der Selbstdirektive verstanden. Jeder Künstler versteht mich …
1: ein Wort für] ? 1: Stoffwechsels] ¿ 2: Ordnung] ¿ 2: Beziehungen] ¿ 4: Kirche u] ¿ 4: sagt] ¿
einer glücklichen Organisation
8: Wiederstellung] ¿, > Wiederherstellung 12: erschöpfte] ¿ 14: Zeitungsleser] ¿ 16: eine] > „eine 28: dies] Vk 33: aus dem] ¿
37: Nachkommen] ¿ 39: Freiheit] ¿ 39: lange] ? 42: Kunst] ? 43: verstanden] ¿
Mp XVII, 124v $
114 Bleistift
$
b) Rotstift
Entwurf des
2
Plans zu:
4
6
Der Wille zur Macht.
8
Versuch
10
einer Umwerthung aller Werthe.
– Sils - Maria
12
am letzten Sonntag des
14
Monat August 1888
16
$
26. Aug. 88. Bleistift
KGW VIII 18[17] 337,11-18
Mp XVII, 125r
Umwerthung aller Werthe.
2
4
Der Antichrist. Versuch einer Kritik des Christenthums.
6
8
Erstes Buch.
Zweites Buch. Der freie Geist. Kritik der Philosophie als einer nihilistischen Bewegung.
10
12
Drittes Buch. verhängnissvollsten
von der
Der Immoralist. Kritik derAgefährlichsten ArtAvon Unwissenheit, der Moral.
14
16
Viertes Buch. Dionysos. Philosophie der ewigen Wiederkunft.
18
KGW VIII 19[8]
Mp XVII, 126r Wir Hyperboreer (Vorrede), Fortsetzung von W II 8, 9 Bleistift 117 Bleistift
.
2
$ cept in der Hand und mit Salbung im hieratischen Maule: „Aber was kümmert uns das Glück?“ – fragen wir
4
ganz erstaunt. „Hier ist der Weg zum Glück – fahren sie fort, diese heiligen Schreiteufel: und dies da ist die Tugend,
6
der neue Weg zum Glück!“… Aber wir bitten Sie, meine Herrn! was kümmert uns gar Ihre Tugend! Wozu
8
geht Unsereins denn abseits, wird Philosoph, wird Rhinozeros, wird Höhlenbär, wird Gespenst? Ist es nicht, um
10
die Tugend und das Glück loszusein? – Wir sind von Natur viel zu glücklich, viel zu tugendhaft, um nicht eine
12
kleine Versuchung darin zu finden, Philosophen zu werden: das heißt Immoralisten und Abenteurer … Wir
14
haben für das Labyrinth eine eigne Neugierde, wir bemühnAdarum, die Bekanntschaft des Herrn Minotaurus
16
zu machen, von dem man Gefährliches erzählt: was liegt uns an Ihrem Weg hinauf, an Ihrem Strick, der
18
hinaus führt? zu Glück und Tugend führt? zu Ihnen führt, ich fürchte es … Sie wollen uns mit Ihrem
$
uns
u
s
hängen Sie sich daran auf –!…
20
Stricke retten? – : Und wir, wir bitten Sie inständigst,Asich daran aufzuhängen – – –
22
2.
24
26
mußAdie MoralistenAaufhängen. So lange diese von Glück und Tugend reden, überreden sie nur die alten
28
Weiber zur Philosophie. Sehen Sie ihnen doch ins Gesicht, allen den berühmten Weisen seit Jahrtausenden:
30
lauter alte,AWeiber, lauter Mütter, mit Faust zu reden. „Die Mütter! Mütter! ’ s klingt so schau=
32
Wir Hyperboreer, wir machen aus ihr eine Gefahr, wir erlich.“ –ANeue Lesart der Goethe = Forschung: Großmütter. – verändern ihren Begriff, wir lehren Philosophie als lebens=
34
gefährlichen Begriff: wie könnten wir ihr besser zu Hülfe kommen? – Ein Begriff wird der Menschheit immer so viel
36
werth sein, als er ihr kostet. Wenn Niemand Bedenken trägt, sich für den Begriff „Gott“, „Vaterland“, „Frei=
38
heit“ Hekatomben zu opfern, wenn die Geschichte der große DampfAdieser Art Opfer ist –, womit kann sich
40
der Vorrang des Begriffs „Philosophie“ vor solchen Popular = Werthen, wie „Gott“, „Vaterland“, „Freiheit“, bewei=
42
sen, als dadurch, daßAsie mehr kostet – größere Hekatomben?… Umwerthung aller Werthe: das wird
44
kostspielig,A– –
46
3.
48
Zuletzt: was hilft es! Es bleibt kein andres Mittel, die Philosophie wieder zu Ehren zu bringen: man zuerst
,
zuerst
lauter ältliche
um
er
ich verspreche es
vor
zuerst von mir
50
52
erklärt, – und, in der That, die Moralisten insgesammt werdenAabgethan. Man weiß bereits, welches Wort ich mir zu diesem Kampfe zurecht gemacht habe, das Wort Immoralist; man kennt insgleichen meine Formel „Jenseits von Gut dieser die Leuchtkraft von GegenBegriffen,
b
) 129r,2
Dieser Anfang ist heiter genug: ich schicke ihm sofort meinen Ernst hinterdrein. Mit diesem Buche wird der Moral der Krieg
54
und Böse“. Ich habe diese starken Gegen = Begriffe,{nöthig{, um, in jenen Abgrund von Leichtfertigkeit und Lüge hinabzu
56
leuchten, der bisher Moral hieß. Die Jahrtausende, die Völker, die Ersten und die Letzten, die Philosophen und die
58
alten Weiber – in diesem Punkte sind sie alle einander würdig. Der Mensch war bisher das „moralische Wesen“, eine
KGW VIII 23[3] 411,32-413,20
1: Schriftreste am oberen Rand
50: Einfügungszeichen verlängert
54: Böse] Vk
Mp XVII, 126v
26
raffinirten
24
die ebenso brutalen wie
fröhlich geworden ist …
Anfang des Zarath. findet u. der zum Beispiel jene granitenen Sätze liest, mit denen sich ein Schicksal für alle Zeiten in Formeln faßt?
Die Morgenröthe ist ein Jasagendes Buch, tief, aber hell u gütig.
Dasselbe gilt noch einmal u. im höchsten Grade von der gaya scienza; fast in jedem Satz xx derselben Tiefsinn
halten sich xxx Tiefsinn u Muthwillen zärtlich an der Hand. Ein Vers, in dem die Dankbarkeit für den wunderbarsten Mt. Jan ausgedrückt wird, den ich erlebt habe – das ganze Buch ist xxxxxx sein Geschenk – nimmt hier das Wort vorweg für die Psychologie des Begriffs „gaya scienza“ Diese höchste Hoffnung – man wird nicht im Zweifel sein, wenn man erwägt, daß der Satz letzte Satz der gaya scienza der erste Satz des Zarathustra ist … Und mit welcher ehernen Wahrheit hallen folgende
Sätze in den Ohren! Die Lieder jubeln, irgend etwas Ungeheures kündigt sich an …
des Dithyrambikers verrathe, gehört zu von mir berge: W. war bloß eine zb. mir, – Wagner ist ein bloßer Vorwand. Was ich an Wagner bewunderte, war das, was ich später selber Projektion eines zukünftigen Nietzsche Fall Alles, was ich von der Psychologie
68 66
das sigillum veri bloße „Engel“… keine Geschlechtstheile haben – damit wird man gut …
die Engel darin keine Weibchen sind, –
64
Unangenehm vielleicht: Aber das Unangenehme ist
62
erst recht.“ –
60
das Weib hat Kinder nöthig, im anderen Fall entartet es („emancipirt sich“) DieALiebe ist bloß ein Mittel, der Mann – Mann
22
verräth zur Genüge, aus welcher die Tiefe hier diese „Wissenschaft“
Diese höchste Hoffnung – wer kann über sie im Zweifel, der als letzten Satz des Buchs den
die Mittel des
20
brutal
18
die Kunstmittel des barocco, die
16
zu allen Zeiten die große Begeisterung
14
die Massen - Begeisterung hervorgebracht haben
12
Und wer ist in Bayreuth nicht – Masse …
10
Das ist das Neue, das Entscheidende dieser Schrift: denn Wagner selbst als tragischen décadent
58
Liebe
uns gesagt, Wagner erkannte sich nicht darin wieder … Sie lieben mich Alle – eine alte Geschichte. selbst
56
hinweggetanzt wird
auf irgend eine Realität. Unter unbewußte Projektion meiner selber
54 52
in dem über die Moral
mmener Provencalismus … den Mistral ist ein proven vollko mein Bild W war nur die
50
Tanzlied mit
48
ein ausgelassenes
das allerletzte Lied zumal an von Sänger, Ritter u. Freigeist: gaya scienza, an jene Einheit
..
zu verstehen das sind die Leser meiner Schriften seit 10 Jahren gewöhnt. Schon in dem Buch, das
8
in Sorrent entstand, ist kurz nach den ersten Bayreuther Festspielen, wurde die engste Zu-
6
sammengehörigkeit der Namen W u Bernini bewiesen: in beiden Fällen die Freundschaft
4
von ganz E., der Glaube gar, die Größten aller Großen zu lieben, – in beiden Fällen
2
46
riff der n an den provenzalischen Beg ei, zum Theil in Sicilien, erinner Die Lieder des Prinzen Vogelfr
44 28
30
32
34
36
38
40
42
42 )
) 28
1: Schriftreste am oberen Rand 2: verräth] ¿ 2: welcher die] >? welcher 2: diese] ¿ 6: Hoffnung] ¿ 6: Zweifel] > Zweifel sein 6: Satz] ¿ 10: alle] ¿ 12: Jasagendes] ¿ 12: tief] ¿ 14: gaya scienza] ¿ 14: Satz] ¿ 16: in dem] ¿
18: Mt. Jan] vgl. EH Die fröhliche Wissenschaft, 331,7 > Monat Januar 20: vorweg] ¿ 20: Psychologie] ¿ 20: gaya scienza] ¿ 22: Satz der] ¿ 24: scienza] ¿ 24: ehernen Wahrheit] ? 26: Lieder jubeln] ? 26: irgend] ¿ 34: als] ¿ 36: Buch, das] ¿ 38: Bayreuther Festspielen] ¿
40: in beiden] ¿ 44: Theil] ¿ 44: Sicilien] vgl. EH Die fröhliche Wissenschaft, 331,25 > Sicilien gedichtet 44: provenzalischen Begriff der] ¿ 46: scienza] ¿ 46: Lied] ¿ 48: vollkommener] ¿ 58: bloß ein] ¿ 65: Psychologie] ¿ 66: bloß eine] ¿
von
Mp XVII, 127r $
Vorrede „Wir Hyperboreer” Schluß, Fassung a) Bleistift 118 Bleistift
$ wird
n
Dieser Anfang ist heiter genug: ich schicke ihm sofort meinen Ernst hinterdrein. Mit diesem Buche noch einmal der Moral der Krieg erklärt.
1.
2
Krieg.
insgleichen
4
Man kennt mein Wort „Immoralist“, man kenntAmeine Formel „Jenseits von Gut und Böse“: Wort und For=
6
mel wird von{mir zu Einem Zweck gebraucht, als Fackeln gleichsam, um in jenen Abgrund von Leichtfertigkeit und
8
Lüge hinabzuleuchten, der bisher Moral hieß. Die Jahrtausende, die Völker, die Ersten und die Letzten, die Phi =
dient
aufzuhellen
10
losophen und die alten Weiber – in diesem Punkte sind sie alle einander würdig … Der Mensch war bisher das
12
moralische Wesen, eine Spezialität ohne Gleichen unter allen Wesen – und als solches absurder, verlogner, eitler,
14
leichtfertiger, sich selber nachtheiliger, als auch der größte Verächter des Menschen esAauch von ferne errathen möchte.
16
Die Moral warAdie Circe der Menschheit: – ich habe früher schon gesagt, daß sie die Circe der Philosophen war …
18
Es ist nicht der Irrthum als Irrthum, was michAentsetzt, nicht der jahrtausendelange Mangel an Selbstbesinnung,{ver=
20
möge dessen auch heute noch etwas vollkommen Erstunkenes und Erlogenes in höchstem Ansehn steht: es ist der
22
Mangel an Natur, der Mangel an Selbst = Erhaltungs = Instinkt im Menschen, die Thatsache, daß die Menschheit
ahnen möchte
bisher
der
hier
an Selbst = Zucht
aus der Luft Gegriffenes u vom Monde Gefallenes
die Widernatur im Instinkt, der Verlust an Schwerg., an Selbstsucht, an
Herrschaft der Moral erschreckt
die verloren gegangene Menschen = Selbstsucht, was mich als Moral, als
u mich in dem Glauben an die Moral, an der Herrschaft der Moral erschreckt
24
nicht längst vor dieser unheimlichsten und gefährlichsten Form des Irrthums gewarnt worden ist …, daß sie
26
von mir erst gewarnt wird!… Nicht sich irren, sondern sich darüber vergreifen, wasAnützlich und schädlich ist,
Einem
das
das 28
e
32
e a
zu seinem Nachtheil irren – das kennzeichnet die kranke Natur, eine entnatürlichte, erschöpfte, instinkt = un =
30
das Greifen nach das Gelockt durch Selbstlose das Anti Egoistische als Werth empfinden
Vom Schädlich Schwergewicht u Selbstsucht, das Selbstlose, e gewordne n g elockt werden die Entselbstung das „Unegoistische“, das Anti - Egoistische: beredtestes
im Grunde nur
sichere Natur. Der Mangel an „Egoismus“: tiefstesBSymptome der décadence!… Wie ist es möglich, daß
es giebt keine beredteren es Wie? ist die Mh. selbst in decadence? war sie immer? – Zum Mindesten steht fest, daß nur verhängnißvollste ihr gerade nur ihren ihr von den Führern der Menschheit bisher bisher immer nur schädliche, WünschbarkeitenAals
oberste Wünschbarkeiten auf=
Hier bliebe die Möglichfrei frei, daß nicht die Mh. in decadence, sondern ihre Führer! – Und in That, das ist mein Satz
gelehrt
34
gestellt worden sind? – Die Eine Antwort wäre – in der That, es giebt nur die Eine – : Alle diese Füh=
36
rer der Menschheit, waren décadents …
diese Moralisten, bisher
waren auch Sie nannten sich Moralisten, was immer sie sonst sonst nannten waren
vielleicht
„die Guten und Gerechten“, Dichter Seher
38
Diese Führer, wie immer sie sich auchAnennen, Philosophen, Priester, Propheten, „Heilige“ – sie alle wa=
40
ren Moralisten, wollten Moralisten sein: sie glaubten an die Moral, sie hielten als oberstes Ziel fest, die
allesammt
waren Eins im obersten – sie wollten
Ziel waren Eins in Einem, Ziel –
42
Menschheit zu „verbessern“…
44
46
zur Aufgabe stellen? – Gleichfalls die Menschheit zu „verbessern“, nämlich sie von den Moralisten, zu
48
erlösen, von der Moral zu erlösen,A– ihre gefährlichste Art von Unwissenheit ihr in’ s Bewußtsein,Ain’ s
50
Gewissen zu schieben … Wiederherstellung des Menschheits = Egoismus! – –
dürfte
dagegen
Was wird umgekehrt ein Immoralist von sich verlangen? Was werde ich mir mit diesem Buche Vielleicht auch
nur anders, nur umgekehrt: nämlich
von den Moralisten zumal
ihr
2.
52
Man weiß bereits, welches Wort ich mir zu diesem Kriege zurechtgemacht habe
man erräth,
ich
54
56
Formel? Um zwei starke Gegen = Begriffe zu haben, mit ganzer Leuchtkraft, um jene
sowohl als
Das Wort „Immoralist“, die Formel „Jenseits v Gut u Böse:Azu welchem Zwecke erfand ich mirAWort u. nöthig habe
58
60
t
62
zum Kriege mit der Moral – aus zwei starken Gegenbegriffen das Wort I.; man kennt insgleichen meine Formel Jenseits von Gut u. Böse. Ich habe diese starken Gegen gen Begriffe nöthig, um mit ihnen, mie mit Fackeln,
44-50: KGW VIII 23[3] 414,19-26
18: was] Vk 21: Menschen=Selbstsucht] ¿ 21: Moral, als] ¿ 27: Gelockt] ?, >? Gelocktwerden 30: Egoismus“] danach Einfügungszeichen verlängert 31: in Ms nicht übereinander 31: daß] ¿
33: Möglichfrei] > Möglichkeit 33: in That] > in der That 37: in Ms nicht übereinander 38: auch] danach Einfügungszeichen verlängert 52: danach Tintenwechsel 53: weiß] ¿ 53: zu diesem] ¿
53: zurechtgemacht habe] ¿ 53: sowohl] ¿ 54: Böse] > Böse“ 60: Formel] ¿ 60-62: Gegengen] > Gegen62: mie] nach unvollständiger Korrektur > wie
Mp XVII, 128r
$
Antichrist Bleistift
zum Schluß
Habe ich noch zu sagen, daß nur Eine Figur im neuen Testament zum Vorschein hat
2
4
Vorschein kommt, die Würde hat? Pilatus, der römische Statthalter?
6
Einen Judenhandel ernst zu nehmen – dazu überredet er sich nicht. Ein Jude
8
mehr oder weniger – was liegt daran! „Der kühle Hohn eines Römers, vor
10
diesem unverschämten Mißbrauch des Wortes „Wahrheit“ im Munde von
12
Juden, hat das neue Testament mit dem einzigen Wort bereichert, das
14
seine Kritik ist, – seine Vernichtung … „Was ist Wahrheit!! “ – –
vornehme
dem
!
16
mit
getrieben wird,
das Werth hat, – das seine Kritik, seine Vernichtung selbst ist: „was ist Vernichtung
18
vor
Wahrheit!“… Woran ich meines Gleichen erkenne.
–
20
Randbemerkung zu einer niaiserie anglaise. –
22
Ob wir moralischer geworden sind.
24
Gegen die Herren Sociologen. –
26
Die Herren Sociologen alle décadent.
28
Woran ich meines Gleichen erkenne. –
2: Testament] ¿ 2: hat] >? kommt
10: Wortes] Vk 26: alle] Vk
14
.
16
6: anzuziehen] Vk 6: für] Vk 8: hatte] Vk mit Tinte und Bleistift 8: hierin] ? 8: über] Vk 8: damit] Vk
16: hinterdrein] Vk 20: an] ¿ 21: Herr zu sein] ¿ 24: als] davor Einfügungszeichen zweimal verlängert 32: Wagnersche] ¿ 32: zum] ¿
bloß nur es dominirte nicht, es kam erst hinterdrein . .. nur erst hinterdrein … herabgewerthet, – es dominirte nicht, es kam nur nebenbei … herabgewerthet
auf sich hatte, nicht hierin über sich Herr zu sein: sein „Genie““ war damit
10
gewerthet, abgewerthet, – als zweiten Ranges, als nichts, was dominirte … Herr
Wagner mit seiner kranken Sexualität, welche gegen seine Musik jede Art
4
Vorsicht gutheißen läßt – ich lese zum BeispielATristanAnicht, ohne Handschuh
6
anzuziehen – Wagner selbst wußte nur zu gut, was es gerade für ihn damit damit damit
die Partitur des die Tristan - Partitur
,
12 8 2
kranken
noch
u sei
Wagner mit seiner nervösen Sexualität, die selbst seine Musik schwül und
18
hat das Feuer der voll von den
giftig gemacht – hat – die Tristan - Musik zumal ist reich an unqualifizirbarsten ardeurs – damit
20
en
hatte, über sich nicht Herr zu sein.
wußte nur zu gut, was es gerade für ihn damit auf sich gehabt hätte, keusch zu sein. Sein damit hatte sich hier war für ihn selbst
22
dominirte nicht
schaffender Instinkt warAhier als zu schwach bewiesen; er befahl nicht, er kam erst als zweiter Instinkt zu Wort. Wagner endete damit, wie es die Logik „schöner Seelen“ ist: er verfluchte die Sinnlichkeit. –
die aus seiner Musik eine Tortur für deutsche
–
26
,
24
28
Ohren macht – ich be rühre selbst die Partitur des Tristan
30
seine Art welche gegen Wagnersche Musik jede{Vorsicht gutheißen läßt – die Partitur des Tristan zum Beispiel
d
32
an soll man nie ohne Handschuh anrühren – ich ziehe Handschuh, um die Partitur des Tristan zu
$
34
lesen – W.
36
119 Bleistift
Mp XVII, 128v
Mp XVII, 129r $
Vorrede „Wir Hyperboreer“ Schluß (Fassung b) Bleistift 121 Bleistift 19 ) ) 50
xxx
126r,58 )
untersten zum Gedeihen Daß man die tiefsten Instinkte des Lebens, verachten lehrt, daß man die Geschlechter als Etwas Unreines empfinden lehrt, daß man die tiefste Nothwendigkeit im Leben die Vora „moralisches Wesen“ ussetzung des Lebens
Curiosität ohne Gleichen unter allen Wesen – und als solche absurder, verlogner, eitler, leichtfertiger, sich selber nachtheiliger
4
als auch der größte Verächter des Menschen es ahnen{möchte. Moral die verhängnißvollste Form der Unwissenheit, dieACirce
6
der Menschheit; ich habe früher (im Vorwort zur Morgenröthe) erklärt, warum sie die Circe der Philosophen war. Es ist nicht
8
der Irrthum als Irrthum, was mich in diesem Fall entsetzt, nicht der jahrtausendelange Mangel an Selbstbesinnung, an
sich träumen lassen
bösartigste
Willens zur Lüge
eigentliche
: das was sie verdorben hat.
Blindhei Blindheit u Mangel , die
mir bei diesem Anblick Entsetzen macht
10
12
s m
Selbstigkeit die unbedingte Selbsterhaltung u Selbstwerdung
2
von Ferne sich
:
die Selbstsucht
1 Mangel an „gutem Willen“ an Zucht, an Ehrenhaftigkeit
2 an Anstand, an Muth des Geistes im Geistigen
an Muth, an anständigen
Selbst = Zucht,Ades Geistes, vermöge dessen auch heute noch etwas vollkommen aus der Luft Gegriffnes und vom Monde Gefallnes
die schauderhafte
die, als Moral,
selbst
worden ist u mit den höchsten Ehren geehrtA, als Gesetz über der Menschheit
in höchstem Ansehn steht: es ist der Mangel an Natur }, die WidernaturAzum Instinkt verkehrt, der Verlust an Schwerge=
es ist die schauderhafte Thatsächlichkeit, daß die Widernatur selbst
Vertheidigung
hängen geblieben ist
Unterwürfigkeit vor
hängen blieb –
aufgehängt wurde
14
wicht, an Selbst = Erhaltung, an Selbst = Sucht der Menschheit, was mich in ihrer Glauben an die Moral, an der Herrschaft
16
der Moral = Werthe über die Menschheit entsetzt. Wie ist esAmöglich, daß die Menschheit nicht längst vor dieser unheimlich=
nur
18
) 1 ….
sten und gefährlichsten Gestalt des Irrthums gewarnt worden ist? – daß sie von mir erst gewarnt wird?… Nicht über= In diesem Maaß sich vergreifen, – nicht als Einzelner, nicht als Volk, sondern als Menschheit ! Worauf weist das? –
20
haupt sich irren, sondern darüber sich vergreifen, was Einem nützlich, was schädlich ist, zu seinem Nachtheile irren, gelockt wer-
22
den vom Nachtheiligen – das kennzeichnet die kranke, Natur, eine{erschöpfte, entnatürlichte, Instinkt = unsicher gewordne Na=
24
tur, Aber was war bisher Nat Moral? Die Verachtung des Instinkts, der Haß gegen die „Selbstsucht“, der Werth nur
26
dem „Selbstlosen“, dem „Anti = Egoistischen“ zuerkannt: – es giebt gar keine beredteren Zeugnisse für décadence! Die ganze
28
war ist die typische Folge – sie enthält verrathen einen Entselbstungs = MoralAistAeiner Niedergangs = Moral, einen Wille zum Ende,
das Abzeichen
.
heißt Moral.
die
Daß man die
Daß man dem
die Instinkte
instinktunsicher gewordene Natur ist der Typus der Moral
verkehren lehrt, daß man in der
das böse Prinzip sieht
„Unegoistischen“ grundsätzlich einen Vorrang im Werth zuerkennt – worauf alle Merkmale der für Niedergang, für
Auflösung der Instinkte!
Die 30
sind das nicht die typischen Abzeichen der décadence, die Disgregation des
wäre Wie? wäre diese
als Ganzes
war sie immer gewesen? –
Was fest steht, ist,
Instinkts? Willens?
bisher
Wie? ist die Menschheit selber in décadence? war sie es immer? Zum Mindesten stünde fest, daß nur schädliche sind.
Was feststeht, ist daß ihr nur décadence = Werthe als oberste Werthe gelehrt worden. Die Entselbstungs Moral ist die t. Niedergangs Moral par excellence. alle
u 34
st
{Moral verneinteAdas Leben …
32
bisher im untersten Grunde das Leben
der Instinkt gegen das Leben gewendet!
nur verhängnißvolle Wünschbarkeiten ihr bisher als oberste Wünschbarkeiten gelehrt worden sind, – daß ihr „Ideale“ ein „Nihi=
einen sie verräth Instinkt Willen zum Ende, sie verneint im untersten Grunde das Leben. – jene listen - Ideale war. – Hier bliebe die MöglichfrkeitAfrei, daß nicht die Menschheit selber ein décadent sei, sondern{ in decadence sei eine parasitische Art M welche sich zu ihrer Werth = Bestimmern hinaufgelogen hat. eine
36
offen
38
ihre Lehrer!… Und in der That, das ist mein Satz: aller Lehrer, alle Führer der Menschheit waren bisher dé=
40
cadents …
Die Lehrer, die Führer der Mh. waren décadents: daher die Umwerthung aller Werthe ins Nihilistische („Jenseitige“…)
s
42
Sie nannten sich Moralisten, was immer sie sonst auch waren, Philosophen vielleicht, Priester, Propheten, Dichter,
44
Heilige: Sie glaubten allesammt an die Moral, sie sahen nur einen Sinn, eine Vernunft in der Moral, – sie
46
waren Eins in Einem, „die Menschheit zu verbessern“…
des
in der Moral
, Ziele für Mensch u Menschheit
Definition die Definition der Ml. Die Moral – eine von décadentsArt mit der Hinterabsicht, am Leben sich zu rächen. 48
1 ) daß
Moral: die Idiosynkrasie der gefährlichstenAvon décadents. Ich lege Werth auf diese Definition. 4.
50
52
daß man der tiefsten Nothwendigkeit zum Gedeihen des Lebens, in der Selbsts. das böse Prinzip sieht: daß man in den typischen Zeichen des
in
54
Widersprüchlichk Niedergangs, der Instinkt = Unsicherheit, im „Selbstlosen“ im
dem
56
im Verlust des Schwergewichtes „ Sich
60
62
in der „Entpersönlichung“
*
*
58
g
64
selbst = Schädlichen“ im Aufgeben grundsätzlich einen höheren
u „Nächstenliebe“
Vorrang im Werth, was sage ich! den Werth an Ich komme zur Entstehung des tiefsten Werks, das die Mh. besitzt, – eines vollkommen
sich zuerkennt! sieht!
unausschöpflichen Brunnens, in den kein Eimer hinabtaucht, ohne mit Gold u. Wahrheit gefüllt heraufzukommen
1-13,19,31-33,36-41,50-63: KGW VIII 23[3] 413,20414,18
1: in Ms nicht übereinander 1: Selbstigkeit … Selbstwerdung] ? 9: Mangel] ¿ 11: Menschheit] ¿ 13: in Ms nicht übereinander 13: Vertheidigung] ¿ 13: daß] ¿ 13: selbst] ¿ 13: aufgehängt] ¿ 25: Daß man] ¿ 27: verrathen] ? 28: das] Vk 29: Abzeichen] ¿
30: das] davor Einfügungszeichen verlängert 31: diese] ? 31: sie] > sie es 33: in Ms nicht übereinander 33: t.] > typische 35: in Ms nicht übereinander 35: verräth] Vk 36: Ideale] > Ideale“ 39: Werthe] ¿ 43: Menschheit] ¿ 50: daß man] ¿, > daß man in 50: zum Gedeihen] ¿ 50: in der] ¿
52: das böse] ¿ 52: daß man] ¿ 52: typischen] ¿ 54: Unsicherheit] ¿ 56: Schwergewichtes] ¿ 56: Schädlichen] ¿ 58: Entpersönlichung] ¿ 58: einen] Vk 62: vollkommen] ¿ 64: Gold u.] ¿ 64: heraufzukommen] ¿
$
Mp XVII, 130r 122 Bleistift Antichrist VIII p. 301ff Bleistifte
$
$ 2
das oberste Gesetz, ist nur die Sanktionirung eines Naturabstandes von entscheidender Wichtigkeit, über den keine Willkür,
4
keine „moderne Idee“ Macht hat: es treten drei physiologisch verschieden bedingte Typen auseinander, denen eine andere
6
Hygiene, eine andere Art Arbeit, eine andere Art Vollkommenheits = GefühlAeignet. Die Natur, nicht Manu, trennt die
8
vorwiegend Geistigen, die vorwiegendAmuskulären und die weder im Einen, noch im Andern ausgezeichneten Dritten,
40
und Meisterschaft
g
m t s
Muskel- und Temperament = Starken
10
die Mittelmäßigen von einander ab, – die letzteren als die große Zahl, die ersteren als die Auswahl=, die Vor==
12
rechts = Naturen. Die oberste Kaste,Ahat, als die vollkommne,Aauch das Glück, die Schönheit, die WürdeAdarzustel=
14
len. –Adie geistigsten Menschen allein habenAdas Vorrecht zur Schönheit, zum Schönen … { Nichts kann ihnenAwe=
16
niger zugestanden werden alsAein pessimistischer BlickAoder gar irgend eine Entrüstung über den Aspekt der Dinge. „Die
die Kaste der Wenigsten,
nur Nur
auch die Rechte der Wenigsten: dazu gehört es,
Pulchrum est paucorum hominum.
die Erlaubniß
häßliche Manieren oder
eine
–
diese
Form der Häßlichkeit –
Die Entrüstung gehört den Tschandala… dieser Satz ist hier Instinkt geworden; –
. 18
20
auf Erden
dagegen
– sie haben kein Recht darauf.
die Distanz, das Pathos der Distanz, Alles das
ADie Welt ist vollkommen –, – die Unvollkommenheit, das Unter - uns jeder Art,Agehört noch zu dieser Vollkommenheit“… sogar Die Welt ist vollkommen, sagt der Instinkt der Wenigsten, –
finden
Die geistigsten Menschen, als die Stärksten, haben{ihr Glück auch in der Härte, der Selbstbezwingung, der finden
er
des
22
Strenge gegen sich, – der Asketismus, eine hohe Form des Glücks,Ades Machtgefühls in Geist und Muskeln, ist
24
bei ihnen Natur, Bedürfniß, Instinkt …ASie sind die ehrwürdigste Art Mensch; dies schließt nicht aus, daß sie
26
die heiterste, A ist …ADie schweren Aufgaben sind ihr Vorrecht, mit Lasten zu spielen, die Andre erdrücken,
28
ihre Hygiene … Sie herrschen, nicht weil sie wollen, sondern weil sie sind, – es steht ihnen nicht frei, die Er=
30
sten zu sein … DerASoldat, der vornehme Krieger, der KönigAals der vollkommene und höchsteATypus von Krieger,
e
32
Richter und Aufrechthalter des Gesetzes, ist die Exekutive der Geistigsten, das Nächste, was an sie rührt, – ihr
n
34
Gefolge, ihre rechte Hand, ihre besten SchülerA… In dem Allem,Aist Nichts von Willkür:, nochmals gesagt:
36
das oberste Gesetz des Lebens,Adie Abscheidung von Typen zur Erhaltung der Gesellschaft, zur ErmöglichungAhöchster
38
höchster Typen, – die Ungleichheit der Rechte als Bedingung dafür, daß es undAvornehmster so gut wie zweiter und dritter Werth = Typen – das ist die Natur selbst
40
überhaupt Rechte, Vorrechte giebt … In seiner Art Sein hat
42
Eine hohe Cultur kann nur auf einem breiten Boden stehn, sie hatAeine stark und gesund consolidirte Mittelmäßigkeit zur
Erkenntniß – eine Form des Asketismus. –
Art d
die liebenswürdigste sind. –
ist bleibt
Die
Wächter des Rechts,
vor Allem
schaft
Ausdruck
nochmals gesagt
ist hier bloß formulirt,
.
höherer
en sein MittelmäßigAkeit haben Jeder{Vorrechte : .. auch dieAMediokrität hat
Vorrechte.
zuallererst
b
Voraussetzung.
Inbegriff
44
ABasis. Das Handwerk, der Handel, der Ackerbau, die Wissenschaft, der größte Theil der Kunst, der ganzeABegriff des
46
SudraAmit Einem Wort verträgt sich durchaus nur mit einem Mittelmaaß in Können und Begehren, – dergleichen ist
= Thätigkeit
a a
der dazu gehörige
als dem im widerspricht sowohl dem i findet weder im AristokratismusAnoch im
des Instinkts. Rechnung.
48
deplaçirt unter Ausnahmen,Asein Instinkt
50
Mittelmäßigen ist mittelmäßig sein ein Glück: es ist unwürdig jedes tieferen Geistes, in der Mittelmäßigkeit einen
52
Einwand zu sehn. SieAist eine derABedingungen dafür, daß es Ausnahmen geben darf,:Aes ist sein Selbsterhaltungs=
m
54
Interesse,{obersten Rangs, wenn man den Instinkt der MittelmäßigAkeit mit zarteAn FingerA...n schont. – Ich hasse unsre
e
56
Socialisten und Aufstands = Apostel, weil sie den Instinkt, dieALust, das Wohlgefühls des Arbeiters an seinem klei=
Mittelmäßigkeit
,
eine hohe Cultur ist damit bedingt. –
Instinkt,es ist einfach eine Pflicht, wenn gerade der Ausnahme = Mensch die
Tschandala=
58
…
Nothwendigkeiten
60
62
– weil sie neidisch machen,
Anarchismus. seine Genüge. Für den
en
n
n
Lust
weil sie Rache lehren …
nen Sein untergraben,A… Das Unrecht liegt nie in ungleichen Rechten, – es liegt immer im Anspruch auf „gleidas Christenthum sind Einer Herkunft … was aus dem Neide,, aus che Rechte“… Schlecht ist Alles, was aus der Schwäche,Awas aus der Rache stammt: die Tschandala = Apostel und 58. 4: physiologisch] ¿ 10: Mittelmäßigen] ¿ 14: die] davor Einfügungszeichen verlängert 15: diese] aus unvollständiger Korrektur 18: jeder] Vk
26: ist] davor Einfügungszeichen verlängert 30: vornehme Krieger] Vk 30: vollkommene] ¿ 32: Gesetzes] Vk 32: was] Vk
56: des Arbeiters] Vk 58: Einfügungszeichen zweimal verlängert 60: Schwäche,] danach Einfügungszeichen verlängert
Mp XVII, 130v
Moral will den Untergang, – man lese nur den heiligen Augustin
48
wenn die Physiologie nicht wichtiger nimmt als das „Heil der Seele“, geht der M zu Grunde. Die Priester-
46
tausend Mal
den Preis herrscht er
) 35
Wer über diesen Punkt mit mir uneins, den halte ich für inficirt … Aber alle Welt ist dann inficirt
44
ist
praxi das Recept zur décadence … Wer in
setzen, so entartet das Ganze. Aber der Moralist will die Entartung des Ganzen: um
als unter sich zu fühlen … Aber das ist
42
mit unbedingter Sicherheit seine Selbsterhaltung, seinen Kraftersatz, seinen „Egoismus“ durchzu-
erhaltung des Leibes abzulenken, u. gleichsam der Physiologie
Die Fikt „Seele“ „Geist“ „freier Wille“ „Gott“ der haben keinen anderen Sinn als den Ernst von SelbstLügen = Begriffe wie als ob
40
„Egoismus“ ist das Zeichen der decadence.
38
der Organismus selbst xxx eine Gesellschaft. Der Verlust an Schwergewicht, an
36
45 )
Dasselbe gilt noch einmal von dem Organismus einer Gesellschaft: anders ausgedrückt
34
so formulirt im Grunde der décadence Instinkt als Moral das physiol. „Geh zu Grunde
32
einer Stelle „unegoistisch“, so ist zu Ende. Denn wenn „Seele“ „Geist“ „freier Wille“ bloße Fiktionen sind
30
geht
ungeheure Zusammenspiel zum Eigenen Zweck, die Selbsterhaltung, der Selbstgenuß mit Vollkommenheit wenn, wenn er an irgend
28
Für einen Physiologen läßt ein solcher Werth - Gegensatz gar keinen Zweifel: wenn der Organismus im geringsten Grade aufhört, das innerhalb des
26
das kleinste Glied 2
Meine Aufgabe, einen Augenblick höchster Selbstbesinnung der Menschheit vorzubereiten, einen großen Mittag, wo sie zurückschaut u
4
hinausschaut – wo sie das warum?, das wozu? endlich zum ersten Male aus der Herrschaft eines Zufalls heraustritt u. die Frage des warum? wozu? sich als Ganzes
6
folgt mit Nothwendigkeit in aus
8
stellt: – diese Aufgabe ist bedingt in der Einsicht, daß die Menschheit nicht von selber auf dem
10
rechten Wege ist, daß sie durchaus nicht „göttlich“ regiert, daß vielmehr gerade unter den heiligsten Werthen
12
xxxxxxxxxx, die heimlichste Vergiftung u. Verleumdungs = Instinkt ihr Wesen haben.
waltet
Instinkt der Verneinung, der Verderbniß, der décadence = Instinkt war. Die Frage
14
16
nach der Herkunft der moral. Werthe ist für mich ersten Ranges, weil in ihr die Frage nach der Zukunft
18
der Mh. bedingt ist. Glauben wirA, daß Alles in den besten Händen ist, daß ein Buch, die Bibel,
20
eine endgültige Beruhigung über die göttliche Lenkung u Weisheit im Geschick giebt,, ist, in meiner Übersetzung,
wirklich noch
Der Glaube nicht aufkommen zu lassen –
22
der Wille, die Wahrheit über das erbarmungswürdige Gegentheil, daß die Mh. in den schlechtesten Händen
24
war, nämlich in denen jener Welt = Verleumder u. Heimlich - Rachsüchtigen, der Priester u. der Halbpriester 2: Menschheit] ¿ 4: wozu] ? 6: heraustritt u.] ¿ 7: in Ms nicht übereinander 7: folgt] ¿ 8: in der] ¿ 10: regiert] > regiert wird 10: Werthen] ¿
12: Wesen] ? 18: in den] ¿ 20: Beruhigung] ¿ 21: Der Glaube] zu Zeile 18 21: lassen] ¿ 24: Rachsüchtigen] ¿ 24: Schriftreste am unteren Rand 25: innerhalb des] ¿
28: Eigenen Zweck] ? 28: Selbstgenuß] ? 28: wenn, wenn] > , wenn 30: Ende] ? 32: zu Grunde] > zu Grunde“ 34: Organismus] ¿ 46: wenn] ?, >? wenn er
Mp XVII, 131r $
123 Bleistift
e
2
Man rechne den Geist u die Güte aller großen Männer
4
in Eins: alle zusammen sind nicht stark genug, Eine
6
Seite Zarathustra hervorzubringen. Hier ist jedes Wort
8
ein Wunder; hier ist jeder Gegensatz in eine un eine
10
neue Einheit ausgelöst; die höchsten Kräfte der menschl.
12
Natur, die süßesten, wie die furchtbarsten Innerlichkeiten
leichtfertigsten
unsterblichen Sicherheit z eigenen
14
strömen aus Einem Borne mit einer unaus eigenen Nothwendig
16
keit hervor. Es giebt gar keine Musik vor dieser
18
Musik; es ist kein Augenblick in dieser ganzen Musik, der
Man weiß nicht was
ist vor
Ewigkeit des Schönen
20
22
schon vorweggenommen,
worden
durch irgend einen der Größten gerathen wäre.
Und wenn der tiefste Geist aller Jahrtausende unter
24
Deutschen erschiene, irgend eine „Retterin des Capitols würde
26
glauben, ihre „schöne Seele“ käme zum Mindesten ebenso
28
in Betracht.
Weisheit
Es giebt keine Philosophie, keine
30
32
Seelen = Erforschung, keine Kunst zu
34
reden vor Zarathustra. Die mächtigste
36
38
Kraft des Gleichnisses
Ewigkeit schöner Augenblicke
die bisher da war, ist Rückkehr Umwerthung
40
42 44
arm u. Spielerei gegen diese Aufhebung der der große Stil, der Sprache in ihre Bildlichkeit; weitgespannteste Rhythmus der höchste ist hier das einzige Gesetz. 6: hervorzubringen] ¿ 12: Innerlichkeiten] ? 15: weiß nicht] ¿
18: in dieser ganzen Musik] ¿ 20: durch irgend] ¿ 37: zu Zeile 17
42: Stil] ?
Mp XVII, 131v 2
4
weiter gesehen, weiter gewollt, weiter gekonnt, als irgend ein
6
ein Mensch.
8
Die Leiter ist ungeheuer, auf der Z. auf u nieder steigt: er hat
Hier ist mit jedem Augenblick der Mensch überwunden; der Begriff
10
Übermensch ist hier höchste Realität; in einer unsäglichen Ferne
12
unten liegt, was bisher als „Größe“ am Menschen verehrt wurde
14
– das Halkyonische, die zarten Bewegungen, die Allgegenwärtigkeit
16
des Scherzes u. des Übermuthes ist nie geträumt worden als wesentlich
18
zum Begriff der Größe.
2: auf u] ¿
4-6: ein ein] > ein
Mp XVII, 132r $
16
18
20
22
24
26
28
30
32
34
36
einem
machen diesen
mehr als
ein Ende mit unseren verbrecherischen Idioten, die ein Jahrhundert das große Wort, das größte Wort geführt haben. Seit ihrem Genie, Dieb u.
Fr dem großen{Lügner, haben sie nichts gethan als gelogen habe Einen auszunehmen
u gestohlen; wenn ich einen Einzigen ausnehme, den unver
christlichen Husaren
14
diesen jungen Verbrecher
12
seiner Mißgeburt
10
will ich
Als der, der ich sein muß, kein Mensch, ein Schicksal mache ich
*
8
die Hände frei haben, als bis ich den jungen Idioten von Kaiser, sammt Zubehör in den Händen
6
habe – mit Vernichtung unserer der erbarmungswürdigsten Mißgeburt von Mensch, die bisher zur Macht gelangt ist
4
…
$ Todkrieg dem Hause Hohenzollern
2
eigentliche hat sie das Abzeichen
geßlichen Friedrich den Dritten, siegte nur immer eine
der verbrech. Rasse – die Unschuld zum Verbrechen
verbrecherisch geartete Rasse, xx mit der Unschuld
sie hat das Abzeichen der verbrech. Rasse
zum Verbrechen … Heute, wo ein scharlachner
Mucker obenauf, wo eine christliche Bande die fluchwürdige Drachensaat des Nationalismus zwischen den Völkern sät u. die schwarzen Hausknechte, aus Liebe zu den u Unschuld in der Lüge
Sklaven „befreien“ will, haben wir die Verlogenheit{ ein wahrhaft
bösen
dieser Rasse xxx vor ein welthistorisches Gericht zu bringen Die Hohenzollern sind gar keine Menschen – es sind bloß Schwaben … AIhr Werkzeug, Fürst Bismarck, der xxx
Idiot par excellence unter allen Staatsmännern, hat nie einen Gedanken über das Niveau Hohenzollern hinausgedacht
aber
*
Ecce homo? Bleistift 125 Bleistift
den bestgehaßten u bestverleumdeten der ganzen Rasse
38
Aber das hat seine Zeit gehabt:
40
ich will das Reich in ein ehernes Hemd einschnüren u
42
zu einem Verzweiflungs = Kampf auffordern. Ich werde nicht eher
heraus
44
46
KGW VIII 25[13]
4: mache ich] ¿ 9: Dieb u.] ¿ 10: haben] Vk 10: nichts] ¿ 10: als] ¿ 14: siegte … eine] ? 15: Unschuld zum Verbrechen] ? 16: verbrecherisch geartete] ¿
16-18: Unschuld zum Verbrechen] ? 24: schwarzen] ¿ 24: Hausknechte] ? 27: bösen] ? 27: ein wahrhaft] ? 28: Gericht zu] ? 37: aber] >? als
41: heraus] ¿ 42: Verzweiflungs=Kampf] ? 44: bis] ¿ 44: Idioten] Vk 44: Händen] ¿ 47: zu Zeile 43-44
Mp XVII, 133v $
124 Bleistift 2
Ich würde einen außerordentlichen Werth darauf legen, von Ihnen den Italiänern vorgestellt zu werden.
4
Ich habe jetzt meine Leser überall, lauter ausgesuchte Intelligenzen – Msr. Taine gehört zu ihnen, be-
6
währte, in hohen Stellen u Pflichten erprobte Charaktere – ich habe sie nicht in Deutschland:
in Wien in St Petersb in Stockholm in Paris in Newyork
Carducci? Bleistift
$
8
10
Wie kommt s, daß sie mir auch in Italien fehlen? – Wie kann ein Volk von ernsthaften xxxxxxxx u. Meistern sich mit mit dieser Hornvieh = Rasse par excellence einlassen?..
Mei
12
ster n, Intelligenzen u. Meistern
ja
Triple alliance – aber das ist{das Wort für mésalliance.
das erste Volk Europas
Ich sende Ihnen irgend ein Buch von mir – Jedes beweist darin dasselbe. Ich
14
16
bin bei weitem der stärkste Geist, der auf Erden das kann, – es steht mir nicht frei
18
etwas anderes zu sein. In zwei Jahren habe ich die höchste Gewalt in Händen, die je ein
20
$
an Ruggero Bonghi Bleistift 22
Brief an einen Italiener: ? soll die Götzendämmerung übersetzen rote Tinte
24
$
M. gehabt hat – ich will das „Reich“ in einen eisernen Gürtel einschließen … Frankreich (Ms. B.
Für die Übersetzung der Götzen Dämmerung sind eben die Unterhandl für eine französische u eine englische Übersetzung eingeleitet, – das Buch genügt, um auch für Italien die absurde
Chefredakt führt xxxxxxxxxxxxxxx
Frage, inzwischen die päpstliche, ad acta zu legen.
26
Ich wäre dankbar, wenn Sie meinen Brief seiner Majestät dem König Umberto uonapar te rde Victor B zeigten … Es giebt keinen besseren Freund Italiens als mich Ich denke, ich we als K. vorlegten .. v F. nöthig haben
28 30
KGB III 5, 568-569, Be Nr. 1230
5: Newyork] ¿ 10: mit mit] > mit 10: Rasse] ¿ 14: darin] ?
16: das kann] ? 18: anderes] ¿ 20: einschließen] Vk 21: Ms. B.] > Monsieur Bourdeau
22: Übersetzung] Vk 24: englische] ¿ 31: K. v F.] > Kaiser von Frankreich
Mp XVII, 134r $
126 Bleistift 16. Blaustift
$
2
Nur indem ich den Verbrecher Wahnsinn brandmarke, brandmarke ich
4
immer die zwei fluchwürdigsten Instinkte, an denen bisher die Mh. krank
6
ist, eigentlichen Todfeindschafts = Instinkte gegen das Leben: den
8
dynastischen Instinkt, der sich am Blute der Stärksten, Wohlgerathenen
die
10
u. Herrischen mästet u. den priesterlichen Instinkt, der mit einer
12
schauerlichen Arglist eben dieselben Männer, die Stärksten, Wohlgerathenen
14
Herrischen von vorn herein zu zerstören sucht. Ich fordere
16
Kaiser u Papst vor mich: ich will hier Richter sein u. Wahnsinn
dem
einem Verbrechen
20
für alle Jahrtausende mit einem Wahnsinns Verbrechen ein dem verbrech. Wahnsinn von Dynasten u. Päpsten gewöhnt an diesen Ende machen … Die Mh. hat sich dergestalt freiwillig
22
Wahnsinn, daß sie heute die Heere nöthig zu haben
24
glaubt zum Zweck der Kriege … Ich sagte, scheint es, eine
.
26
Absurdität? .. Niemand verlangt mehr als ich, daß Jedermann Soldat ist:
i
28
es giebt durchaus hier kein anderes Mittel, ein ganzes Volk zn den
18
beinahe eben
strenger
zu niedrigeren, wie denen 30
zu
Tugenden des Gehorchens u Befehlens, im Takt, in der Haltung u.
zu der Feinheit der
zu
32
Gebärden, in der fröhlichen u tapferen Art, mit xxxxxxxxxxxxxxx
34
xxxxxxxx zu erziehen – es ist bei weitem unsere erste Vernunft in der
36
Erziehung
daß
38
,
königl
Vernunft der Erziehung, das Jedermann Soldat – „Dienst = Pflicht“ – so redet nur die verfluchte Dynastie“
somit Hygiene, leibliche u. Sport, Spiel u. Arbeit , wenn sie M nöthig hat
40
es giebt auch kein anderes Mittel um
42
über jede Kluft von Rang Geschlecht Rang, Geist
44
Aufgabe hinweg ein natürliches hygienisches
46
Daß man eine solche Auslese Wohlwollen über ein ganzes Volk hinzubreiten
48
der Kraft u Jugend u. Macht nachher vor die Kanonen stellt, ist Wahnsinn KGW VIII 25[15]
4: fluchwürdigsten] ¿ 4: bisher] ¿ 6: gegen] ¿ 8: Instinkt] ¿ 12: Wohlgerathenen] ¿ 14: zerstören] ¿ 16: Kaiser u] ¿ 16: Richter] Vk 17: einem] ¿
19: Dynasten u. Päpsten] ? 20: dergestalt] ¿ 22: Wahnsinn] Vk 28: hier] ? 28: zn] nach unvollständiger Korrektur > zu 29: zu … denen] ? 30: Tugenden] Durchstreichung? 35: daß] ?
37: verfluchte Dynastie] ¿ 38: somit] ? 38: Spiel] ? 39: nöthig hat] ¿ 42: Geschlecht] ? 44: natürliches] ¿ 46: hinzubreiten] ? 48: Macht] ? 48: stellt] ¿
Mp XVII, 135r $
127 Bleistift
2
Ich werde nie zugeben, daß eine canaille von H
4
Jemandem befehlen kann, Verbrechen zu begehen … Es giebt ke
6
Recht auf Gehorsam, wenn der Befehlende bloß ein Hohen
8
zollern ist $
17. Blaustift
10
Meine Freunde, seht euch einmal einen Priester an. Das ist
12
etwas Blaßes, Gedrücktes, mit Feigheit im Auge, vor
14
allem im Heiligwerden eine rachsüchtige u.Afeine
Formloses
Formloses
u mit ganz langen blaßen Fingern
steckt ein
beachtenswerth
Unterschätzen wir den Pr nicht – er ist erleuchtet Thier, das man nicht genug 16
canaille … Er ist heilig … Wir, mit ein wenig
18
Blut u Neugierde, wieb es hin u. nie ohne eine
genug bewundern auch
so daß es uns nicht freisteht
ei d
zu viel 20
ene
ne
ine
kleine Teufelei im zum Glück gehört
Kopf zu haben
22
sind unheilig … Was wir
24
uns schämen!
26
2-8: KGW VIII 25[16] 10-26: KGW VIII 25[17]
2: H] danach Textverlust, > Hohenzollern
4: ke] danach Textverlust, > kein 15: in Ms nicht übereinander
17: freisteht] ¿ 22: zu haben] ¿
Aufzeichnungen aus der Archivmappe Mp XVIII Bl. 1rv, 2r, 3rv, 4rv, 5rv, 6rv, 7rv, 8rv, 9r, 10rv, 11rv, 12rv, 48r, 49r, 50r, 51v
Mp XVIII, 1r $
a 1 Bleistift
Von der Armut des Reichsten.
2
4
Zehn Jahre dahin –,
6
kein Tropfen erreichte mich,
8
kein feuchter Wind, kein Thau der Liebe,
10
– ein regenloses Land …
12
Nun bitte ich meine Weisheit,
14
nicht geizig zu werden in dieser Dürre:
16
ströme selber über, träufle selber Thau,
18
sei selber Regen der vergilbten Wildniß!
20
Einst hieß ich die Wolken
22
fortgehn von meinen Bergen, –
24
einst sprach ich „mehr Licht, ihr Dunklen!“
26
Heut locke ich sie, daß sie kommen:
28
macht dunkel um mich mit euren Eutern!
30
– ich will euch melken,
32
ihr Kühe der Höhe!
34
Milchwarme Weisheit, süßen Thau der Liebe
36
ströme ich über das Land. $
/ Bleistift
) 1v,2
38
Fort, fort, ihr Wahrheiten,
40
die ihr düster blickt!
42
Nicht will ich auf meinen Bergen
44
herbe ungeduldige Wahrheiten sehn.
46
Vom Lächeln vergüldet
48
nahe mir heut die Wahrheit,
50
von der Sonne gesüßt, von der Liebe gebräunt, –
52
eine reife Wahrheit breche ich allein vom Baum.
8: Markierung mit Blaustift, von fremder Hand
52: ich] darüber Bleistftspur
Mp XVIII, 1v $
2 Bleistift
1r,52 )
t
2
Heute strecke ich die Hand aus
4
nach den Locken des Zufalls, –
6
klug genug, den Zufall
8
einem Kind gleich zu führen, ... zu überlisten …
10
Heut will ich gastfreundlich sein
12
gegen Unwillkommnes,
14
gegen das Schicksal selbst will ich nicht stachlicht sein
16
– Zarathustra ist kein Igel!
18
Meine Seele,
20
unersättlich mit ihrer Zunge,
22
an alle guten und schlimmen Dinge hat sie schon geleckt,
24
in jede Tiefe tauchte sie hinein.
26
Aber immer gleich dem Korke,
28
immer schwimmt sie wieder obenauf,
30
sie gaukelt wie Oel überAschwarze Meere: –
32
dieser Seele halber heißt man mich den Glücklichen.
braune
$
/ Bleistift
,
.
) 2r,2
34
Wer sind mir Vater und Mutter? –
36
ist nicht mir Vater Prinz Überfluß
38
und Mutter dasALachen? das liebliche? –
40
Erzeugte nicht dieser Beiden Ehebund
42
mich Rätsel = Thier,
44
mich Licht = Unhold,
46
mich Verschwender aller Weisheit Zarathustra?
48
Krank heute vor Zärtlichkeit,
50
ein Thauwind,
52
sitzt Zarathustra wartend, wartend auf seinen Bergen –
54
im eignen Safte
56
süß geworden und gekocht,
58
unterhalb seines Gipfels,
liebliche stille Lachen?…
37-38: KSA 14, 517-518, zu DD Von der Armut des Reichsten
Markierungen mit Blaustift, von fremder Hand 38: Einfügungszeichen zweimal mit Tinte der letzten Korrektur verlängert
40: Beiden] Vk mit Tinte der letzten Korrektur 42: mich] ¿ 54: Safte] Vk
Mp XVIII, 2r $
3 Bleistift
1v,58 )
2
unterhalb seines Eises,
4
müde und selig,
6
ein Schaffender an seinem siebenten Tag.
8
– Still!
10
Eine Wahrheit wandelt über mir,
12
einer Wolke gleich, –
14
mit unsichtbaren Blitzen trifft sie mich.
16
Auf breiten langsamen Treppen
18
steigt ihr Glück zu mir,:
20
steigt ihr Blick zu mir –
22
komm, komm, geliebte Wahrheit! $
/ Bleistift
24
– Still!
26
Meine Wahrheits ist’ s! –
28
Aus zögernden Augen,
30
aus sammtenen Schaudern trifft mich
32
steigt{ihr Blick, zu mir,
34
lieblich, bös, ein Mädchen - Blick …
36
Sie errieth meines Glückes Grund,
38
sie errieth mich – ha! was sinnt sie aus? –
40
Purpurn lauert ein Drache
42
im Abgrunde ihres Mädchen = Blicks …
44
– Still! Meine Wahrheit redet! –
„ Wehe dir, Zarathustra!
46
) 3r,2
48
Du siehst aus, wie Einer,
50
der Gold verschluckt hat!
52
Man wird dir noch den Bauch aufschlitzen! –
20: KSA 14, 518, zu DD Von der Armut des Reichsten
Markierungen mit Blaustift, von fremder Hand
Mp XVIII, 3r $
4 Bleistift
2r,52 )
) 3v,2
2
Zu reich bist du,
4
du Verderber Vieler!
6
Zu Viele machst du neidisch,
8
zu Viele machst du arm …
10
Mir selber wirft dein Licht Schatten, –
12
es fröstelt mich: geh weg, du Reicher,
14
geh, Zarathustra, weg aus deiner Sonne!…
16
Du möchtest schenken, wegschenken deinen Überfluß,
18
aber du selber bist der Überflüssigste!
20
Sei klug, du Reicher!
22
Verschenke dich selber erst, oh Zarathustra!
24
Zehn Jahre dahin –,
26
und kein Tropfen erreichte dich?
28
kein feuchter Wind? kein Thau der Liebe? –
30
Aber wer sollte dich auch lieben,
32
du Überreicher!
34
Dein Glück macht rings trocken
36
macht arm an Liebe
38
– ein regenloses Land! –
40
Niemand dankt dir mehr,
42
du aber dankst Jedem,
44
der von dir nimmt:
46
daran erkenne ich dich,
48
du Überreicher,
50
du Ärmster aller Reichen …
52
Du opferst dich, dich quält dein Reichthum –,
54
du giebst dich ab,
56
du schonst dich nicht, du liebst dich nicht:
Markierungen mit Blaustift, von fremder Hand
12: weg] Vk mit Tinte der letzten Korrektur
Mp XVIII, 3v $
5 Bleistift
3r,56 )
2
die große Qual zwingt dich allezeit,
4
die Qual übervoller Scheuern, übervollen Herzens – aber Niemand dankt dir mehr …
6
$
/ Bleistift
Du mußt ärmer werden,
8
10
weiser Unweiser!
12
willst du geliebt sein.
14
Man liebt nur die Leidenden,
16
man giebt Liebe nur dem Hungernden:
18
verschenke dich selber erst, oh Zarathustra! –
20
– Ich bin deine Wahrheit …“ $
/ Bleistift
*
22
) 4r,2
*
*
Zwischen Raubvögeln
24
Wer hier hinabwill,
26
wie schnell
28
schluckt den die Tiefe!
30
– Aber du, Zarathustra,
32
liebst den Abgrund noch,
34
thust der Tanne es gleich? –
36
Die schlägt Wurzeln, wo
38
der Fels selbst schaudernd
40
zur Tiefe blickt, –
42
die zögert an Abgründen,
44
wo Alles rings
46
hinunter will:
48
zwischen der Ungeduld
50
wilden Gerölls, stürzenden Bachs
Markierungen mit Blaustift, von fremder Hand
4: Scheuern] ¿
Mp XVIII, 4r $
6 Bleistift
3v,50 )
2
geduldig duldend, hart, schweigsam,
4
einsam …
6
Einsam!
8
Wer wagte es auch,
10
hier Gast zu sein,
12
dir Gast zu sein?… $
14
Ein Raubvogel vielleicht:
16
der hängt sich wohl
18
dem standhaften Dulder
20
schadenfroh in’ s Haar,
22
mit irrem Gelächter,
24
einem Raubvogel = Gelächter …
26
) 4v,2
„ Wozu so standhaft?
28
– höhnt er grausam:
30
man muß Flügel haben, wenn man den Abgrund liebt …
32
man muß nicht hängen bleiben,
34
wie du, Gehängter! –
36
Oh Zarathustra,
38
grausamster Nimrod!
40
Jüngst Jäger noch Gottes,
42
das Fangnetz aller Tugend,
44
der Pfeil des Bösen! –
46
Jetzt –
48
von dir selber erjagt,
50
deine eigene Beute,
52
in dich selber eingebohrt …
54
Jetzt –
56
einsam mit dir,
Markierungen mit Blau- und Rotstift, von fremder Hand
Mp XVIII, 4v $
7 Bleistift
4r,56 )
) 5r,2
2
zwiesam im eignen Wissen,
4
zwischen hundert Spiegeln
6
vor dir selber falsch,
8
zwischen hundert Erinnerungen
10
ungewiß,
12
an jeder Wunde müd,
14
an jedem Froste kalt,
16
in eignen Stricken gewürgt,
18
Selbstkenner!
20
Selbsthenker!
22
Was bandest du dich
24
mit dem Strick deiner Weisheit?
26
Was locktest du dich
28
in’ s Paradies der alten Schlange?
30
Was schlichst du dich ein
32
in dich – in dich?…
34
Ein Kranker nun,
36
der an Schlangengift krank ist;
38
ein Gefangener nun,
40
der das härteste Loos zog:
42
im eignen Schachte
44
gebückt arbeitend,
46
in dich selber eingehöhlt,
48
dich selber angrabend,
50
unbehülflich,
52
steif,
54
ein Leichnam –,
56
von hundert Lasten überthürmt,
58
von dir überlastet,
28: alten] ¿
38: Markierung mit Blaustift, von fremder Hand
Mp XVIII, 5r $
8 Bleistift
4v,58 )
2
ein Wissender!
4
ein Selbsterkenner!
6
der weise Zarathustra!
8
Du suchtest die schwerste Last:
10
da fandest du dich –,
12
du wirfst dich nicht ab von dir …
14
Lauernd,
16
kauernd,
18
Einer, der schon nicht mehr aufrecht steht!
20
Du verwächst mir noch mit deinem Grabe,
22
verwachsener Geist!…
24
Und jüngst noch so stolz,
26
auf allen Stelzen deines Stolzes!
28
Jüngst noch der Einsiedler ohne Gott,
30
der Zweisiedler mit dem Teufel,
32
der scharlachne Prinz jedes Übermuths!…
34
Jetzt –
36
zwischen zwei Nichtse
38
eingekrümmt,
40
ein Fragezeichen,
42
ein müdes Räthsel –
44
ein Räthsel für Raubvögel … $
46
– sie werden dich schon „lösen“,
48
sie hungern schon nach deiner „Lösung“,
50
sie flattern schon um dich, ihr Räthsel,
52
um dich, Gehenkter!…
54
– Oh Zarathustra!
56
Selbstkenner! Selbsthenker! – –
Markierungen mit Blau- und Rotstift, von fremder Hand
Mp XVIII, 5v $
9 Bleistift
Die Sonne sinkt.
2
1.
4
6
Nicht lange durstest du noch,
8
verbranntes Herz!
10
Verheißung ist in der Luft,
12
aus unbekannten Mündern bläst mich’ s an
14
– die große Kühle kommt …
16
Meine Sonne stand heiß über mir im Mittage:
18
seid mir gegrüßt, daß ihr kommt,
20
ihr plötzlichen Winde,
22
ihr kühlen Geister des Nachmittags!
24
Die Luft geht fremd und rein.
26
Schielt nicht mit schiefem
28
30
die Nacht mich an?…
32
– Bleib stark, mein tapfres Herz!
34
frag nicht „warum?“ –
Verführerblick
2.
36
38
Tag meines Lebens!
40
die Sonne sinkt. –
42
Schon steht die glatte
44
46
Warm athmet der Fels:
48
50
das Glück auf ihm seinen Mittagsschlaf? –
52
54
spielt GlückAselbst derAAbgrund noch herauf.
Fluth vergüldet.
schlief wohl zu Mittag
In grünen Lichtern noch
) 6r,2
Markierungen mit Blaustift, von fremder Hand
braune
24: fremd] ¿
43: Bleistiftspur
Mp XVIII, 6r $
10 Bleistift
5v,54 )
2
Tag meines Lebens,
4
gen Abend geht’ s!
6
Schon glüht dein Auge
8
halbgebrochen,
10
schon quillt deines Thau’ s
12
Thränengeträufel,
14
schon läuft still über weiße Meere
16
deiner Liebe Purpur,
18
deine letzte zögernde Seligkeit …
3.
20
) 6v,2
22
Heiterkeit, güldene, komm!
24
26
heimlichster, süßester Vorgenuß!
28
– Lief ich zu rasch meines Wegs?
30
Jetzt erst, wo der Fuß müde ward,
32
holt dein Blick mich noch ein,
34
holt dein Glück mich noch ein.
36
Rings nur Welle und Spiel.
38
40
sank in blaue Vergessenheit, –
42
müßig steht nun mein Kahn.
44
Stürme und Fahrt – wie verlernt’ er das!
46
Wunsch und Hoffen ertrank,
48
glatt liegt Seele und Meer.
Du des Todes
Was je schwer war,
Markierungen mit Blaustift, von fremder Hand
Mp XVIII, 6v
$
11 Bleistift
6r,48 )
2
Siebente Einsamkeit!
4
6
näher mir süße Sicherheit,
8
wärmer der Sonne Blick.
Nie empfand ich
10
– Glüht nicht das Eis meiner Gipfel noch? –
12
Silbern, leicht, ein Fisch,
14
schwimmt nun mein NachenAin’ s Nichts – –
hinaus
Letzter Wille.
16
.
18
So sterben,
20
wie ich ihn einst sterben sah –,
22
den Freund, der Blitze und Blicke
24
göttlich in meine dunkle Jugend warf:
26
– muthwillig und tief,
28
in der Schlacht wie ein Tänzer –
30
unter Kriegern der Heiterste,
32
unter Siegern der Schwerste,
34
auf seinem Schicksal ein Schicksal stehend,
36
hart, nachdenklich, vordenklich – ;
38
erzitternd darob, daß er siegte,
40
jauchzend darüber, daß er sterbend siegte – :
42
befehlend, indem er starb – – und
44
er befahl, daß man vernichte …
46
So sterben,
48
wie ich ihn sterben sah –
50
siegend, vernichtend …
14: KSA 14, 517, zu DD Die Sonne sinkt
Markierungen mit Blaustift, von fremder Hand
Mp XVIII, 7r $
12 Bleistift (3) Bleistift
2
(2) Bleistift
4
(4) Bleistift
6
3. Zwischen Raubvögeln. $
(5) Bleistift
8
Hier, wo zwischen Meeren die Insel wuchs,
4. Die Sonne sinkt. $
(1) Bleistift
10
ein Opferstein jäh hinaufgethürmt,
5. Das Feuerzeichen. $
12
hier zündet sich unter schwarzem Himmel
14
Zarathustra seine Höhenfeuer an, –
16
Feuerzeichen für verschlagne Schiffer,
18
Fragezeichen für solche, die Antwort haben …
20
Diese Flamme mit weißgrauem Bauche,
22
– in kalte Fernen züngelt ihre Gier,
24
nach immer reineren Höhn biegt sie den Hals –
26
eine Schlange gerad aufgerichtet vor Ungeduld:
28
dieses Zeichen stellte ich vor mich hin.
30
Meine Seele selber ist diese Flamme:
32
unersättlich nach neuen Fernen
34
lodert aufwärts, aufwärts ihre stille Gluth.
36
Was floh Zarathustra vor Thier und Menschen?
38
was entlief er jäh allem festen Lande?
40
Sechs Einsamkeiten kennt er schon –
42
aber das Meer selbst war nicht genug ihm einsam,
44
die Insel ließ ihn steigen, auf dem Berg wurde er zur Flamme,
46
nach einer siebenten Einsamkeit
48
wirft er suchend jetzt die Angel über sein Haupt.
50
Verschlagne Schiffer! Trümmer alter Sterne!
52
Ihre Meere der Zukunft! Unausgeforschte Himmel!
54
nach allem Einsamen werfe ich jetzt die Angel,
56
gebt Antwort auf die Ungeduld der Flamme,
58
fangt mir, dem Fischer auf hohen Bergen,
60
meine siebente letzte Einsamkeit! –
Das Feuerzeichen.
Markierungen mit Blaustift, von fremder Hand
52: Ihre] > Ihr
1. Von der Armut des Reichsten. $ 2. Ruhm und Ewigkeit. $
58: fangt] Vk
Mp XVIII, 7v
$
13 Bleistift 2
Ruhm und Ewigkeit. 1.
4
) 8r,2
6
Wie lange sitzest du schon
8
auf deinem Mißgeschick?
10
Gieb Acht! du brütest mir noch
12
ein Ei,
14
ein Basilisken = Ei
16
aus deinem langen Jammer aus.
18
Was schleicht Zarathustra entlang dem Berge? –
20
Mißtrauisch, geschwürig, düster,
22
ein langer Lauerer –
24
aber plötzlich, ein Blitz,
26
hell, furchtbar, ein Schlag
28
gen Himmel aus dem Abgrund:
30
– dem Berge selber schüttelt sich
32
das Eingeweide …
34
Wo Haß und Blitzstrahl
36
38
auf den Bergen haust jetzt Zarathustra’ s Zorn,
40
eine Wetterwolke schleicht er seines Wegs.
42
Verkrieche sich, wer eine letzte Decke hat!
44
In’ s Bett mit euch, ihr Zärtlinge!
46
Nun rollen Donner über die Gewölbe,
48
nun zittert, was Gebälk und Mauer ist,
50
nun zucken Blitze und schwefelgelbe Wahrheiten –
52
Zarathustra flucht …
Eins ward, ein Fluch, –
Markierungen mit Blaustift, von fremder Hand
38: haust] ¿
Mp XVIII, 8r $
14 Bleistift
7v,52 )
4
) 8v,2
2.
2
„ Diese Münze, mit der
6
alle Welt bezahlt,
8
Ruhm –,
10
mit Handschuhen fasse ich diese Münze an,
12
mit Ekel trete ich sie unter mich.
14
Wer will bezahlt sein?
16
Die Käuflichen …
18
Wer feil steht, greift
20
mit fetten Händen
22
nach diesem Allerwelts = Blechklingklang Ruhm!
24
– Willst du sie kaufen?
26
sie sind alle käuflich:
28
aber biete viel!
30
klingle mit vollem Beutel!
32
– du stärkst sie sonst,
34
du stärkst sonst ihre Tugend …
36
Sie sind alle tugendhaft.
38
Ruhm und Tugend – das reimt sich.
40
So lange die Welt lebt,
42
zahlt sie Tugend = Geplapper
44
mit Ruhm = Geklapper –
46
die Welt lebt von diesem Lärm …
48
Vor allen Tugendhaften
50
52
schuldig heißen mit jeder großen Schuld!
54
Vor allen Ruhms = Schalltrichtern
will ich schuldig sein,
Markierungen mit Blaustift, von fremder Hand
42: Tugend=] Vk
Mp XVIII, 8v
$
15 Bleistift
8r,54 )
2
wird mein Ehrgeiz zum Wurm, –
4
unter solchen gelüstet’ s mich,
6
der Niedrigste zu sein …
8
Die Münze, mit der
10
alle Welt bezahlt,
12
Ruhm –,
14
mit Handschuhen fasse ich diese Münze an,
16
mit Ekel trete ich sie unter mich.
3.
18
) 9r,2
20
Still! –
22
Von großen Dingen – ich sehe Großes! –
24
soll man schweigen
26
oder groß reden:
28
rede groß, meine entzückte Weisheit!
30
Ich sehe hinauf –
32
dort rollen Lichtmeere:
34
– oh Nacht, oh Schweigen, oh todtenstiller Lärm!…
36
Ich sehe ein Zeichen –,
38
aus fernsten Fernen
40
sinkt langsam funkelnd ein Sternbild gegen mich.
Markierungen mit Blaustift, von fremder Hand
Mp XVIII, 9r $
16 Bleistift
8v,40 )
4.
2
4
Höchstes Gestirn des Sein’ s!
6
Ewiger Bildwerke Tafel!
8
Du kommst zu mir? –
10
Was Keiner erschaut hat,
12
deine stumme Schönheit, –
14
wie? sie flieht vor meinen Blicken nicht? –
16
Schild der Nothwendigkeit!
18
Ewiger Bildwerke Tafel!
20
– aber du weißt es ja,
22
was Alle hassen,
24
was allein ich liebe:
26
daß du ewig bist,
28
daß du nothwendig bist! –
30
Meine Liebe entzündet
32
sich ewig nur an der Nothwendigkeit.
34
Schild der Nothwendigkeit!
36
Höchstes Gestirn des Seins!
38
– das kein Wunsch erreicht,
40
das kein Nein befleckt:
42
ewiges Ja des Seins,
44
ewig bin ich dein Ja –
46
denn ich liebe dich, oh Ewigkeit! – –
Markierungen mit Blaustift, von fremder Hand
Mp XVIII, 10r
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
xx
24
26
28
30
32
34
36
38
vornehmste Natur, die es giebt und, im Verhältniß zu mir, habe ich ihre Ehe mit Wagner immer nur als Ehebruch interpretirt … der Fall Tristans
2
Ich berühre hier die Frage der Rasse. Ich bin ein polnischer Edelmann pur sang, dem auch nicht ein Tropfen schlechtes Blut beigemischt ist, am wenigsten deutsches. Wenn ich den tiefsten Gegensatz zu mir suche, die unausrechenbare Gewohnheit der Instinkte, so finde ich immer meine Mutter u Schwester: mit solcher deutschen canaille mich verwandt zu sehen wäre eine Lästerung auf meine Göttlichkeit. Die Behandlung die ich bis heutigen Tag von Seiten meiner Mutter u Schwester erfahre flößt mir ein ungeheures Grauen ein: – ich bekenne, daß der tiefste Einwand gegen meinen Gedanken der ewigen Wiederkunft das was ich einen abgründlichen Gedanken nenne, immer der Gedanke an meine Mutter u Schwester war … Aber auch als Pole bin ich ein ein ungeheurer Atavismus: man muß Jahrhunderte zurückgehen, um diese vornehmste Rasse Mensch, die es giebt, in dem Maße rein u. instinktrein zu finden, in dem ich sie darstelle. Ich habe gegen Alles was Mensch heißt, ein souveraines Gefühl von Distinktion, Adel
ich würde den jungen deutschen Kaiser nicht in meinem Wagen alsBKutscher vertragen Es giebt einen einzigen Fall, daß meinen
ich meines Gleichen gefunden habe – ich bekenne es mit
tiefer Dankbarkeit.
40
Frau Cosima Wagner ist bei weitem die
42
44
KSA 14, 473, zu EH Warum ich so weise bin 3
2: hier die] ¿ 6: suche] Vk 10: verwandt] ¿
14: bis] > bis zum 18: Einwand] ¿ 24: ein ein] > ein
30: zu] ¿ 34: würde] ? 44: interpretirt] ?
Mp XVIII, 11r/10v $
1 b Bleistift
Acht u
I ,
Sieben inedita und inaudita
meinem unbekannten seinem Freund u. Satyr
Zwei inedita, dem Dichter der Isoline mit hoher
2
überreicht: mag er mein Geschenk den Menschheit überreichen
en 4
Auszeichnung gewidmet. Ob, wie und wann
Nietzsche Caesar Dionysos.
6
8
Turin, am 1. Januar 1889. Die Wüste
..
Schluß „Unter Töchtern der Wüste.“ mit Hinweispfeil auf Z. 20, Bleistift
10
Stein knirscht an Stein, die Wüste schlingt u würgt
12
der ungeheure Tod sitzt glühend braun
14
und unersättlich ist sein
16
u kaut – un sein Leben ist sein Kaun …
18
Vergiß nicht, Mensch, den Wüste Wollust ausgeloht
20
du bist der Stein, die Wüste u der Tod …
$
1-8: KGB III 5, 570-571, Be Nr. 1234 9-20: KSA 14, 516, zu DD Unter Töchtern der Wüste (lemmatisch)
18: Vergiß] Vk
Mp XVIII, 11v
2
Alle ph herrschenden Begriffe über Verwandtschaftsgrade sind eine physiologische
4
Perversität, die nicht übertroffen werden kann. Man ist am wenigsten mit seinen
6
Eltern verwandt; die Geschwister = Ehe, wie sie zb. bei den aegyptischen
8
Königreichsfamilien Regel war, ist so wenig widernatürlich, daß im
Widersinn
10
Verhältniß dazu, jede Ehe beinahe Incest ist … Seinen Eltern ähnlich
12
sein ist das ächteste Zeichen von Gemeinheit: die höheren Naturen
14
haben ihren Ursprung unendlich weiter zurück, auf sie hin hat am längsten
16
gesammlet, gespart werden müssen, – das große Individuum ist das
18
älteste Individuum, – ein Atavismus
KSA 14, 473-474, zu EH Warum ich so weise bin 3
6: verwandt] ¿ 6: aegyptischen] ¿
8: Königreichsfamilien] ¿ 8: wenig] ¿
10: Verhältniß] ¿
Mp XVIII, 12r
2
1 Von der Armut des Reichsten.
4
2 Zwischen Raubvögeln.
6
3. Feuerzeichen.
8
4. Ruhm u. Ewigkeit.
5. Letzter Wille.
10
12
Von der Armut des Reichsten
14
Zwischen Raubvögeln.
16
Letzter Wille.
18
Das Feuerzeichen
20
Ruhm u. Ewigkeit
22
Die Sonne sinkt.
10: Wille] ¿
Mp XVIII, 12v
2
Nietzsche
4
jedoch
Mp XVIII, 48r $
„Zwischen Raubvögeln“ Erster Entwurf Bleistift
Am Abhang. Abgrunde.
2
4
Wer hier hinab will,
6
wie schnell
8
schluckt ihn die Tiefe! – – Aber du willst
10
Aber du, Zarathustra,
willst dem Abgrunde freund sein?
14
Zarathustra, du willst
willst der Tanne es gleich thun?
16
jedem Abgrund freund sein?
Die
Sie{schlägt Wurzeln, wo selbst der
zwischen hundert Erinnerungen
20
eingespannt
22
zur Tiefe
26
von jedem Froste kalt,
28
vom eignen Knoten gewürgt, u röchelnd
hinunter will,
Selbstkenner! Selbsthenker
röchelnd wie, ein Gehenkter! Was bandst ich{ans harte Wissen?
32
Was schlangst du um
um dich selbst
Wer schlang dirAdie Schlinge der Erkenntniß:
34
deine Schlinge der Erkenntniß?
Selbstkenner! Selbsthenker!
36
40
42
44
46
unbehülflich, wie ein Leichnam,
50
im Leben schon verzehrt,
56
58
x Violettstift 60
62
$
Und jagtest von dir weg
Der hängt sich wohl
die
dem standhaften Dulder schadenfroh ins Haar mit irrem Gelächter einem Raubvogel = gelächter: Wozu so standhaft,
der weise Zarathustra!
Zarathustra ….
du Verführer der Reinsten
deinem Räthsel Lösung
64 66
du Freund der Bösen
Du suchtest die schwerste Last
Wissen! )20
Ein Raubvogel vielleicht!…
höhnt er grausam: im Leben schon angewurmt Man muß Flügel haben, wenn man den Abgrund liebt … von hundert Lasten überthürmt von dir überlast selbst überlastet man muß nicht hängen bleiben, wie du, Gehenkter! ein Wissender! wie du, Gehenkter! sie wittern schon deine „Lösung“, o du Weiser! sie lieben solche Einsamen, $ Oh Zarathustra Räthsel – schon ein Selbsterkenner! du Gottesmörder sie hungern nach dir, o
54
…
einsam! wehe! wer wagte es auch, ihr Gast zu sein!
48
52
/ Violettstift
geduldig duldend, hart, schweigsam – hier
nun Ein Gefangner, der das härteste Loos zog gebückt arbeitend im dumpfen düstern Schachte gekrümmt eignen düstern Schacht arbeitend in dich selber eingehöhlt, eingesperrt dich selber vergrabend
38
$ zwischen der Ungeduld wilden Gerölls, stürzenden Bachs
dich
er
in die Tiefe
sie wo Alles rings zur Tiefe will
30
noch
der Fels selbst schaudernd hinunter blickt, sie zögert an Abgründen,
an jeder Wunde müd,
24
|| Violettstift
noch
der Tanne es gleich thun?
18
68 )
liebst
12
einsam nun!
da fandest du dich!
70
du wirfst dich nicht ab von dir!
72
74
76
eingekrümmt, zwischen
68
…
Zwischen zwei Nichts
zwiesam mit deinem Wissen!
– wer antwortet auf dich?
ein Fragezeichen, ein Räthsel für
Niemanden bloß ein Räthsel für Raubvögel du verwächst mit dem schon lauernd – sie werden dich „lösen“ verwachsener Geist! schon d Einer, derAnicht mehr aufrecht steht sie wittern schon deine Lösung Kauernd,
verwächsest
2,12,48-52: KSA 14, 516, zu DD Zwischen Raubvögeln
32: Was bandst] ¿, > Was bandst du 33: du um] ?, > du um dich 34: wer] ¿ 35: Erkenntniß] ¿ 37-39: Und … die] ? 42: gekrümmt] ?
44: arbeitend] ¿ 46: dich] Vk 50: verzehrt] ? 55: überlastet] ¿ 64: Zwischen] ¿ 67: nun] ?
Grabe
69: Räthsel] ¿ 70: wirfst] ? 73: Räthsel] ¿ 76: Lösung] Vk
Mp XVIII, 49r
Torino, via Carlo Alberto 6 III
2
4
den 27. Nov.
6
1888 Hochgeh
8
noch
10
ich komme aus hundert Abgründen, in die nicht Blick
12
kein Blick sich gewagt, ich kenne Höhen, in die kein
14
Vogel sich verflog. Ich habe mehr Eis, ich habe mehr
16
Gluth als daß für mich nicht warm u k kalt u.
18
warm andere Begriffe wären, wie für Jeden
20
ich habe am Eis gelebt, – ich bin verbrannt worden
22
von hundert Phänomenen: es scheint mir, daß ich
24
warm u kalt in meinem Munde andere Begriffe sind
wohin
am
gelebt
kenne
26
1. Ruhm und Ewigkeit.
28
2. Letzter Wille.
1 Ruhm und Ewigkeit.
30
3. Zwischen Raubvögeln
2 Letzter Wille.
32
4. Das Feuerzeichen
34
5. Die Sonne sinkt.
36
6. Von der Armut des
38
3 Zwischen Raubvögeln. 4 Von der Armut des Überreichsten.
KGB III 5, 495, Be Nr. 1162
Reichsten.
13: gelebt] ?
5. Das Feuerzeichen. 6. Die Sonne sinkt. 7. Von der Armut des Reichsten.
31: Zwischen] ¿
Mp XVIII, 50r
anden n
2
An der Brücke
4
stand ich jüngst in brauner Nacht.
6
Fernher kam Gesang,
8
goldener Tropfen quolls
10
über die zitternde Fläche weg,
12
Gondeln, Lichter, Gesang schwamm im trunkenen Nebel Zwischenlicht Wellenklang Dämmrung …
14
Ich wage zu sagen, daß ich Pascal als den verwandtesten
16
18
Geist empfinde, den es gegeben hat: es ist eine persönliche Nähe
20
die schätze ihn als den anständigsten M. einzigen anständigen M im ganzen Chr.
22
r
den einzigen logischen Christen, dessen Leben wurde
24
26
was jedes Chr Leben sein sollte – ein langwieriger Selbstmord …
28 30
Ein xxxxxxxxx $
wohl zu G III S. 169 gehörig? Bleistift
4: brauner] ¿
18: Geist empfinde] ¿
32
ein Spiel der Ewigkeit
2
Umsonst! liebliche Worte umsonst
eine ferne Ewigkeit
eine Unschuld des Glücks
An der Brücke jüngst
4
30
Sprach mein müdes Herz?
stand ich jüngst in brauner Nacht.
6
28
Willst du mitziehn
Fernher kam Gesang;
8
10
12
14
16
18
20
22
24
24: Seligkeit] ¿ 26: liebliche] ? 30: Unschuld] ?
17: mein Lied] ¿ 17-19: schmiegte … Bein] ? 18: unsichtbarer] ¿ 22: Gondellied] ¿ 24: leichter u. klarer] ?
2: jüngst] ¿ 3: müdes] ¿ 10: zitternde] ¿ 12: Lichter] ¿ 16: rührt] ?
goldener Tropfen quolls über die zitternde Fläche weg.
schwamm in trunkene Dämmrung hinaus …
Gondeln, Lichter, Gesang Meine Seele, ein Saitenspiel, sang
– Hörte Jemand mein Lied? –
zauberh
sich dem Singenden ans Bein …
Zitternd schmiegte ein Lied
xxxxx
rührt sich, unber unsichtbar berührt, unsichtbarer Hände Spiel ein heimlich ein Gondellied dazu,
zitternd vor leichter u. klarer bunter Seligkeit …
26
Mp XVIII, 51v
Verstreute Aufzeichnungen BW 109 Bl. 16r, 17v BW 115 Bl. 2v BW 177 Bl. 8v BW 213 Bl. 2v BW 272 Bl. 2v BW 317 Bl. 58r, 63rv D 10b Bl. 1r, 2r, 3r, 4r D 18 Bl. 8v, 58r, 71v, 85v, 99r D 21 Bl. 28v, 59v D 22 Bl. 51v D 25 Bl. 54rv, 56rv, 57rv, 58r K 12 S. 65 Aut. N-11.4 Bl. 1rv, 2rv Lübbert S. 14, 15, 16, 17
BW 109, 16r 2
Tiefe u ferne M. haben ihre Vordergründe: u zu
4
Zeiten haben sie nöthig, sich zu geben, als
6
ob sie nur Vordergrund wären.
vgl. KGB III 4, 28,1-10, Nr. 281
KGW VII 34[257]
BW 109, 17v
2
4
chelnd u. erstaunt
6
Einsam inmitten guter Freunde u getreuer Nachbarn, lä= über ihre „rasende Dummheit“, über das zudringliche Wohlwollen
vgl. KGB III 4, 29,25-35, Nr. 281
8
Tiefe u ausgelassene Geister!
2-6: KGW VII 34[258] 8: KGW VII 34[259]
2: lä=] ¿ 6: das] ¿
BW 115, 2v
Goldene Laute
6
Blaue Hand
8
an der Prom:
10
Hôtel Müller (Matthäi = Kirche
12
Wenn man eine tapfere u wohlgerathene Seele
14
im Leibe hat, kann man sich schon diesen
16
artigen Luxus von Immoralität erlauben!
18
20
1) Ach was seid
4
2) 600 Ex.
Merseburger Hof
3) Adresse
2
Nachspiel u. Abgesang
22
8: Prom] > Promenade
24
26
KGB III 7/2, 401, zu Nr. 383 12-20: KGW VIII 6[1]
in
2
BW 177, 8v alles Leiden den M. Man erwäge, wie tief persönlich u eng auf sich zurückdrängt, wie Schaden
4
gesetzt daß es klug macht (und in dem ei sicherlich in eben dem Grade
6
auch schlecht macht (eng, kleinlich, argwöhnisch, lieblos
8
Denn deren Zahl ist immer klein: die Anderen, die Leidenden aber
aber
10
haben nichts, was sie in dem Maaße von dem schlimmen Folgen
12
vielen Leidens heilt u.
KGW VII 44[9]
4: es] ?
4: ei] ?
10: von dem] > von den
BW 213, 2v
Sp i
2
Poètes et Mélodes. Étude sur les origines du
4
rhythme tonique dans l’ hymnographie de l’ église
6
grecque. Par le P. Edmond Bouvy
8
XVI, 384 p.
10
Nîmes, Maison de l’ Assomption
12
14
W. M
1886. Meyer
Anfang und Ursprung der lat. u. griech.
rhythm. Dichtung. Abhandl. der königl.} Ak. d. W.
16
bairischen
1884.
18
Barbey d’ Aurevilly
20
Oeuvres et hommes.
22
Sensations d’ histoire.
24
KGW VIII 6[5]
16: Ak. d. W.] > Akademie der Wissenschaften
BW 272, 2v Anzeic 2
hen
zeigen
Jenseits von Gut und Schlecht?
4
Eine
6
philosophische Streitschrift. Zur Ergänzung und Verdeutlichung des letzt= Buchs veröffentlichten „Jenseits v. G. u. B.“
8
Von
10
Friedrich Nietzsche.
KGW VIII 6[2]
1: Anzeichen zeigen] ?
BW 317, 58r $
Br. E 29,1 Bleistift
$
x Bleistift
2
Das „Reich“ selber ist ja eine Lüge: kein Hohenzollern
4
kein Bismarck hat je an Deutschland gedacht .. Daher
6
die Wuth gegen Prof. Geffken … Bismarck zöge
8
vor, wäre das Wort „deutsch“ im Munde eines Profs
10
polizeigefährlich … Ich denke, man lacht an den
12
Höfen von Wien, von St. Petersburg; man kennt eben
14
unsere Creatur vonAKretin, der noch noch nicht einmal
16
aus Versehen ein gescheidtes Wort geredet hat. Das
18
ist gar kein Mensch, das ist bloß ein Deutscher
20
sagt man in Rußland.
von parvenu
22
bisher
und
Vielleicht noch mehr die
24
KGW VIII 25[18]
Dummheit ! … von der Lüge!..
4: Deutschland] ¿ 6: Geffken] > Geffcken 6: Bismarck] ¿ 6-8: zöge … wäre] ?
8: Profs] > Professors 10: an den] ? 12-14: man … Kretin] ? 18: ist gar] ¿
20: sagt man] ¿ 22: noch mehr] ?
BW 317, 63r $
Br E 30,3 Bleistift 9 Blaustift
obenauf
2
Damit das Haus von Narren u Verbrechern sich wohl fühlt, zahlt
4
Europa jährlich 12 Milliarden, hat es Klüfte zwischen
s
6
den enger verbundenen Nationen aufreißen hat, – hat es jede
u.
8
$
jetzt
Form des xxxxxxxxxxx,
blödsinnigsten hirnverbranntesten
hat es die stupidesten Kriege
: Fürst Bismarck hat zu Gunsten seiner Hausgötzen
10
geführt, die je geführt wurden –Au alle Voraussetzungen
12
für große Aufgaben, für welthistorische Zwecke, für edlere
14
u. feinere Geistigkeit mit einer fluchwürdigen Energie ver-
eine
Sicherheit des Instinktes
zum Rechten Besten seiner HaHausgötzen 16
…
selber an heute
nichtet … Und seht euch doch die Deutschen, die ver
18
niedrigste, stumpfeste, gemeinste Rasse wohl, die jetzt
20
auf Erden da ist, verhohenzollert bis zum
22
Haß gegen Geist u. Feinheit. Der Idiot im Regieren
24
nennt die Franzosen „Barbaren“… Und als die Rasse
26
Genie hatte, hatte sie das Genie des Verbrechers … Letzte Erwägung
28
Zuletzt könnten wir vielleicht selbst der Kriege entrathen; eine
30
erste Neuerung genügte unter Umständen schon. Ein Wagen
32
mit Eisenstäben für Hohenzollern u. andere „Schwaben“… Wir
34
Anderen giengen unverdrossen an die herrliche u. große Aufgabe
36
des LebensA. Es giebt noch andere Mittel, die Physiologie zu
vielleicht
Arbeit
– wir haben Alles noch zu organisiren vielleicht
noch wirksamere
0
38
Ehren zu bringen als durch Lazarethe – ich wüßte einen besseren
40
Gebrauch von den 12 Milliarden zu machen, die der „bewaffnete
42
Friede“ heute Europa kostet Und kurz u. gut
44
„Genie“
Seht doch ihren Typus, den F. B, den Idioten unter allen aller Zeiten
46
Staatsmännern, der nie einen Gedanken über das Niveau H hinausgedacht hat
KGW VIII 25[14] 458,1-25
4: jährlich] ¿ 6: verbundenen] ? 6: aufreißen] >? aufgerissen 7: blödsinnigsten] ¿ 12: Zwecke] ?
15: HaHausgötzen] > Hausgötzen 18: niedrigste] ¿ 22: im Regieren] ? 26: sie] ¿ 42: Fortsetzung 63v,2?
44: F. B] > Fürsten Bismarck 46: Staatsmännern] ¿ 46: Niveau] ¿
BW 317, 63v
2
Aber das hat seine Zeit gehabt. Man möge mir diesen
4
jungen Verbrecher ausliefern; ich werde nicht zögern, ihn zu
6
exekutiren, – ich will selbst die Brandfackel
8
in seinen fluchwürdigen Verbrecher Horst Berlin werfen …
KGW VIII 25[14] 458,26-29
2: Fortsetzung von 63r,42?
D 10b, 1r $
DX b1 Bleistift
2 4
6-30: Streichung, rote Tinte
6
Bd II VI (Lesarten) rote Tinten
8
Menschliches I, Aph. 1 Umarbeitg rote Tinte
10
s. Gesamtausgabe Bd II. Lesarten S. VI rote Tinte
12
14
Menschl. Allzum. I. p. 3 Z. 4 Gegensatz gesperrt! p. 3
Z. 8 statt
1. Chemie der Begriffe u Werthgefühle. –
Egoismus: Selbstsucht
Z. 10 insofern sie einfach die
$
Z. 11 leugnete
$
Z. 12 einen eigenen Ursprung
$
Z. 13 unmittelbar aus dem An - sich der Dinge heraus.
16
Z. 14. Eine umgekehrte Philosophie dagegen, die allerjüngste und radikalste, die es
18
bisher gegeben hat, dieAPhilosophie des Werdens, welche an ein „An - sich“ überhaupt nicht
20
glaubt und folglichAsowohl dem Begriffe „Sein“ als dem Begriffe „Erscheinung“ das Bürger=
22
recht verweigert: eine solche antimetaphysische Philosophie hat mir in einzelnen Fällen
24
wahrscheinlich gemacht (– und vermuthlich wird dies in allen ihr Ergebniß sein), daß jene
26
Fragestellung falsch ist, daß es jene Gegensätze gar nicht giebt, von denen die bisherige
28
geglaubt hat, Philosophie,A(verführt
30
mie der Grundbegriffe nöthig hat, diese als geworden u. noch werdend vorausgesetzt. Um mit solchen
eine eigentliche
eben
an welche
) 2r,2
durch
der Vergröberungen Sprache u. die in ihr gebietende Nützlichkeit grober Fälschungen u. Vereinfachungen die Volks - Metaphysik der Sprache{,) – kurz, daß man vorerst eine
Che=
4-30: KGW IV 4, 164, zu MA 1
D 10b, 2r DX b2 Bleistift ganze Seite: Streichung, rote Tinte 1r,30)
2
u viereckigen Aufstellungen u. Gegenüberstellungen, wie „egoistisch u. unegoistisch“, Begierde u Geistigkeit groben{u bäurischenABegriffen, wie „unegoistische Handlung“, wie „interesselose Anschauung“, wie
4
„reine Vernunft“, wie „lebendig“ u „todt“, wie „Wahrheit“ und „Irrthum“, ein für alle Mal
6
fertig zu werden, bedarf es einer mikroskopischen Psychologie ebensosehr als einer Geübtheit in
8
aller Art historischer Perspektiven = Optik, wie eine solche bisher noch nicht da war u nicht einmal
10
erlaubt war. Philosophie, so wie ich sie will u. verstehe, hatte bisher das Gewissen gegen
12
sich: die moralischen u., religiösen{F Imperative sagten Nein zu einer Methodik der Forschung,
14
welche hier verlangt wird. Man muß sich vorerst von diesen Imperativen gelöst haben:
16
man muß, wider sein Gewissen, sein Gewissen secirt selbst secirt haben … Die Historie
18
der Begriffe u. der Begriffs - Verwandlung unter der Tyrannei der Werthgefühle – versteht ihr das?
$
u. ästhetischen
:
Jetzt, wo es vielleicht zur Höhe der seiner
20
Wer hat Lust u. Muth genug, solchen Untersuchungen zu folgen? Es gehört vielleicht zurAerreichten
22
Vermenschlichung selbstA, daß der M.Aeinen Widerstand fühlt gegen die Geschichte seiner Anfänge
24
daß er kein Auge haben will gegen alle Art pudenda origo: muß man nicht beinahe
26
unmenschlich sein, um gerade in der umgekehrten Richtung sehen, Augen haben zu wollen? –
gehört
jetzt
suchen, entdecken
$
s. Gesamtausgabe Bd II, Lesarten S. VI rote Tinte
$
Bd II. VI Menschliches I Aph 1. Umarbeitg (1888) rote Tinten
KGW IV 4, 164-165, zu MA 1
2: bäurischen] ¿ 4: Wahrheit“] Vk 6: Psychologie] Vk
11: ästhetischen] ¿ 14: gelöst] ¿ 19: in Ms nicht übereinander
22: Vermenschlichung] ¿
D 10b, 3r ganze Seite: Streichung, rote Tinte Gesamtausgabe Bd II, Lesarten S. VII (1888) rote Tinte Menschliches I Bd II. S. VII (Lesarten) Aph 2 (Umarbeitung) rote Tinten DX b3 Bleistift
s
$
$
$
Der Erbfehler der Philosophen. – Bisher litten die Philosophen allesammt an den gleichen Ge=
2
der Zufall
4
brechen, – sie dachten unhistorisch, widerhistorisch.; Sie giengen vom Menschen aus, den ihre Zeit u. u von sich allein am liebsten sogar selbst
schon
6
Umgebung ihnen darbot, vor allem von sichA; sie glaubtenAdurch eine Selbst = Analysis zum einem
8
Ziel zu kommen, zu einer Kenntniß „des Menschen“. Ihre eigenen Werthgefühle (oder die ihrer Kaste, Religion,
10
Rasse,AGesundheit) galten ihnen als unbedingtes Werthmaaß; nichts war ihnen fremder u. widerlicher
12
als jene Selbstentsagung desAwissenschaftl. Gewissens: als welches in einer wohlwollenden Verachtung
14
der Person, jeder Person, jeder Personal = Perspektive seine Freiheit genießt. Diese Philosophen waren
16
vorallererst Personen; jeder sogar empfand bei sich „ich bin die PersonA“, gleichsam die aeterna
18
veritas vom Menschen, „Mensch an sich“; was ich von mir weiß Aus dieser unhistorischen Optik, die
20
sie gegen sich selber übten, ist die größte Zahl ihrer Irrthümer abzuleiten, – vor allem der Grund=
eigentlich
selber
24
irrthum, überall das Seiende zu suchen, überall Seiendes vorauszusetzen, überall Wechsel, Selbst unter dem Druck einer eigentl. von der Historie beherrschten Cultur Widerspruch WerdenAmit Geringschätzung zu behandeln. Der Philosoph als Ziel der Dinge, die Teleologie
26
(– wie es die deutsche Cultur an der Wende des Jahrhunderts war) präsentirt sich der typische Philosoph min=
28
destens noch als Ziel des ganzen Werdens, auf welches alle Dinge von Anbeginn eine ihre Richtung nehmen
30
präsentiren: das ist das Schauspiel, welches seiner Zeit Hegel dem erstaunten Europa bot.
22
wird sich
war
KGW IV 4, 166-167, zu MA 2
5: in Ms nicht übereinander 6: sich] danach Einfügungszeichen verlängert
6: Analysis] Vk 10: unbedingtes] ¿
22: Seiendes] ¿ 23: eigentl.] mit Bleistift von fremder Hand gestrichen
D 10b, 4r DX b4 Bleistift ganze Seite: Streichung, rote Tinte
2
$
Es ist das Merkmal eines stärkeren u. stolzeren Geschmacks, so leicht es sich auch als dessen
in
weiten schwebenden umschleiernden Allgemeinheiten
nach
denen
Bedürfniß
6
Gegentheil ausnimmt, – als jene beglückenden u berauschenden Unsicherheiten, an welchen der Glaube Glück od die kleinen unscheinbaren vorsichtigen religiöser{künstlerischer Zeitalter seine Herzen
8
4
u. seine Räusche sucht
10
greift. Menschen,
oder, aus guten Gründen zurü ckgehal ten werden muß (– das der Fall der Frauen deren intellektuelle Zucht zurückgeblieben ist (wie f
Weiber
12
haben gegen jene kleinen Gewißheiten etwas wie Hohn auf den Lippen; einem Künstler zum Bei=
14
spiel sagt eine physiologische Entdeckung nichts: Grund genug für ihn, gering von ihr zu denken. Sol-
16
che Rückständige, welche die{wohl gern die Richter zu spielen sich beikommen lassen (– die drei
18
Künstler = Komödianten großen Stils, welche unsere Zeit aufzuweisen hat, haben es alle drei gethan:
20
Victor Hugo für Frankreich, Carlyle für England, Wagner für Deutschland) weisen mit IronieAhin
lassen es sich selbst
gelegentlich beikommen,
Rückständigsten
darauf
$
Menschliches I Bd II. S. VII Aph 3 Umarbeitg rote Tinten
$
Gesamtausgabe Bd II Lesarten, S. VII (1888) rote Tinte
KGW IV 4, 167-168, zu MA 3
8: Räusche] ¿ 10: intellektuelle] ¿
10: wie f] ? 14: denken] ¿
16: Einfügungszeichen verlängert 16: wohl gern] ?
D 18, 8v
22
wohl, es wärmt beinahe. Man istAzum Gegenstück derer geworden, welche sich um Dinge bekümmern, die sie
N
sich sieht. Ein „freier Geist“: dies kühle Wort thut in jenem Zustande lebt nicht mehr gebunden durch Liebe und Haß, dann freiwillig nahe, freiwillig ferne, am liebsten entschlüpfend, ausweichend, fortflatternd, wieder empor fliegend!
Man
betheiligt ein ungeheures VielerleiAunter einmal
gesehn hat.
zarter
und Vogel - Übermuth
’
18
aus Erfahrung Freiheit, und Vogel = Umblick,,A, etwas von Neugierde undAVerachtung zugleich, wie dergleichen ein JederAkennt, der un=
16
später nicht ohne Rührung eingedenk ist: ein blasses,AGlück und Sonnenlicht ist ihm zu eigen, ein Gefühl von Vogel= man erwäge den ganzen Werth der Unwissenheit im Verband der Mittel zur Erhaltung des Lebendigen,Aden Werth der perspektivischen
4
Vereinfachung, der regulativen Fiktionen, zum Beispiel der logischen, vor allem den Werth derAAusdeutung, – und man kommt zu der
6
Lösung: der Wille zur Wahrheit entwickelt sichAim Dienste des Willens zur Macht, er ist eine seinerAAusgestaltungen. Genauer
8
gesehen, ist seine Aufgabe, einer bestimmten Art von Unwahrheit zum Siege und zur Dauer zu verhelfen,Aeine zusammen=
der
20
insgleichen
2
aller
Interpretationen,
spät, gering und durchaus
aller
Illusionen unvermeidlichen
letzten
er eine bestimmte Art von Unwahrheit, welche sich zum Siege u zur Dauer zu bringen sucht, nachdem sie sich als Basis für die sich
und (dergestalt daß er
nimmt); bewiesen und bewährt hat
.
10
hängende Gruppe von Fälschungen als Basis für die Erhaltung einer bestimmten Art des LebendigenAzu nehmenA; an sich giebt es
ie
12
im Wesen der Dinge eine vollständige Gleichgültigkeit gegen die „Wahrheit“. Das zweite Problem ist: wie weit der Güte Wille zur
14
Güte in das Wesen der Dinge hinab reicht
nur Fragen der Macht und darum eine
weder Wahrheit, noch einen Sinn Willen zur Wahrheit.
Bleistiftstreichungen von N? 1: Schriftreste am oberen Rand
7: (dergestalt] ¿ 22: teilweiser Schriftverlust
D 18, 58r
zu JGB 205; vgl. KGW VI 2, 136,5-137,15
2
209. Ein Philosoph: was für eine bescheidene Creatur, wenn er wirklich seinem Namen treu bleibt! – als welcher nicht einen „Freund der Weis=
4
heit“ bezeichnet, Vergebung einem alten Philologen! sondern nur „einen, der weise Männer gern hat“.AGesetzt also, daß es Philosophen
6
geben soll, im griechischen Sinne und Wortverstande, heran zuerst mitAden „weisen Männern“! – Aber, es scheint mir, meine Freunde,
8
wir liebenAdie unweisen Männer mehr,A? Und vielleicht steckt darin, gerade darin mehr Weisheit?AWie? SolltenAdie Weisen
10
selbst –Akeine „Philosophen““ sein? Sondern „Philasophen“? FreundeAund gute Gesellschaft fürAnärrisches Volk?,Agleich uns.
Wollt ihr
euren
zuletzt
als die weisen, gesetzt selbst es gäbe Weise – ?
aus der Nähe gesehn, vielleicht
mindestens
der Narrheit,
unsere Art Weisheit? gar
Spielleute und
Und nicht für – sich? –
zu JGB 206; vgl. KGW VI 2, 137,16-138,26
2-10: KGW VIII 4[1]
8: Wie] davor Einfügungszeichen verlängert
10: Philasophen] mit Rotstift von fremder Hand unterstrichen
D 18, 71v
Nachspiel.
2
) Mp XV, 75v,2
–
4
– Aber hier unterbrecht ihr mich, ihr freien Geister. „Genug! Genug! höre ich euch schre in und lachen, – wir halten es nicht
KGW VIII 4[9] 184,28-31
5: Schriftreste am unteren Rand; vgl. Mp XV, 75v,1
D 18, 85v
werden : – Es mag sogar eine Kur gegen den Pessimismus sein, auf ihre Art eine gute Zeit krank zuAsein und gesund
e 2
4
nachschleppenden Saum zu hängen.A– Um diese Zeit geschieht es, daß der freie Geist „Stimme bekommt“, im die Gesundheit selber nd zu: zu werden. – „gesünder“ zu werden. Oder ist nicht Weisheit darin, sich dasALeben nur in kleinen Dosen zu verordnen? Etwas Gesundheit ab ukommen
AGleichniß zu reden – : auch daß er Stimmen hört! Und was für neue Stimmen! Welche BegegnungenAhat er ihm nun
–– 6
um eine feine Sache feiner und mit mehr Weisheit zu fassen. nicht
jetzt! Welche neuen Zärtlichkeiten! Was läuft ihmAAlles über den Weg!
1: Schriftreste und teilweiser Schriftverlust am oberen Rand
das scheint mir das beste Heilmittel. – gegen heute noch
6-7: teilweiser Schriftverlust
D 18, 99r
zu JGB 277; vgl. KGW VI 2, 238,25-239,2
274 305 2
Zum Problem der Maske. „Une croyance presque instinctive chez moi, c’ est que tout homme puissant ment, quand il parle,
4
et à plus forte raison, quand il écrit.“ Stendhal, vie de Napoléon, préface p. XV.
zu JGB 278; vgl. KGW VI 2, 239,3-16
zu JGB 279; vgl. KGW VI 2, 239,17-21
277 man möchte glauben, du wolltest
6
„Du scheinst mir Schlimmes im Schilde zu führen, nämlichAden Menschen zu Grunde zu richten?“ – sagte ich einmal zu dem
8
Gotte Dionysos. Vielleicht, antwortete der Gott, aber so, daß dabei Etwas für{mich heraus kommt.“ – „Was denn? fragte ich neugie=
10
rig. – Wer denn? solltest du fragen.“ Also sprach Dionysos und schwieg darauf, in der Art, die ihm eigen ist, nämlich versucherisch.
12
Ihr hättet ihn dabei sehen sollen! – Es war Frühling, und alles Holz stand in jungem Safte.
ihn
zu JGB 280; vgl. KGW VI 2, 239,22-25
zu JGB 281; vgl. KGW VI 2, 240,1-16
2-4: KGW VIII 4[2] 6-12: KGW VIII 4[4]
1: 305] mit Bleistift von fremder Hand gestrichen 5: Schriftreste am unteren Rand
D 21, 28v
28 Bleistift in’ s Vorwort zum „Antichrist“ übergegangen. Bleistift III Blaustift
4-34: Streichung, Blaustift
$
$
$
2
3.
4
6
sie sind nirgendswo. Man muß, umAmich zu verstehn, zuerstAguter Europäer sein – und dann noch Einiges
8
dazu!… Die Voraussetzungen, unter denen man meine Schriften – die ernsthafteste Litteratur, die es giebt – ver=
– Aber was gehen mich die Deutschen an! Ich schreibe, ich lebe für die Wenigsten. Sie sind überall, – Ohren für mich zu haben,
ein
10
steht und dann mit Nothwendigkeit versteht – ich kenne sie nur zu genau. Eine Instinkt und Leidenschaft ge=
12
wordne Rechtschaffenheit, welche bei dem erröthet, was heute moralisch heißt. Eine vollkommne Gleichgültigkeit, ja
14
Bosheit dafür, ob die Wahrheit dem, der sie sucht, nützlich oder unangenehm oder Verhängniß wird. Eine Vorliebe
16
der Stärke für Probleme, zu denen Niemand heute den Muth hat; der Muth zum Verbotenen; die Vorherbe=
18
stimmung zum Labyrinth. Die Gesundheits = Lehre der Tapferen, mit dem Wahlspruch: increscunt animi, vi=
20
rescit volnere virtus. Die Erfahrung aus sieben Einsamkeiten; neue Ohren für neue Musik; neue Augen
22
für das Fernste; ein neues Gewissen für bisher stumm gebliebene Wahrheiten. Der Wille zur Ökonomie
24
großen Stils; seine Kraft, seine Begeisterung beisammen behalten; die Ehrfurcht vor sich; die Liebe zu sich;
26
die unbedingte Freiheit gegen sich … Die Heiterkeit des an Krieg und Sieg Gewöhnten, – dessen, der
28
auch den Tod kennt!…
30
32
am Rest? – Der Rest ist bloß die Menschheit. – Man muß der Menschheit überlegen sein durch Kraft,
34-38: Streichung, Blaustift
34
durch Höhe der Seele – durch Verachtung …
36-38: Markierung, Rotstift
36
38
Wohlan! Das allein sind meine Leser, meine rechten, Leser, meine nothwendigen Leser: was liegt
Sils - Maria, Oberengadin
am 3. September 1888.
KSA 14, 436-437, zu AC Vorwort
20: Erfahrung] Vk
D 21, 59v
gewesen: Mp XVI, 95v,16 )
2
Aganz fremd geworden: er hatAso viel RaffinementAder Güte und Geistigkeit, daßAer mir beinahe der Einzige scheint, bei
4
Adem die „Tugend“ geistreich ist Was Goethe angeht: so war der erste Eindruck, ein sehr früher Eindruck, vollkommen
ein einziger Fall …
entscheidend: die Löwen = Novelle, seltsamer Weise das Erste, was ich von ihm kennen lernte, gab mir ein für alle Mal ei=
6
meinen 8
wird.
meinen
Mit ihm habe
selbst
Anen Begriff,Aeinen Geschmack „Goethe“.A, mit dem ich michAgegen die Vielheit u Widersprüchlichkeit des ganzen Goetheschen Seins und
–
Oktober = Sonne bis
im Warten;
süßendes aber hinauf; etwas Goldenes u Vergoldendes, etwas Mildes, nicht Warmes – Geistigsten, – A das nenne ich Goethisch. Ich habe später,
ins
tember - Sonne im
12
ts
,–
u Wollen selber gewehrt. habe. Eine verklärt = reine holde Herbstlichkeit im GenießenAund im Reifwerdenlassen{, , eine Sep=
10
um dieses Begriffs „Goethe“ halber, den „Nachsommer““
im Grunde
14
Adalbert Stifters mit tiefer Gewogenheit u Stille in mich aufgenommen:Adas einzige deutsche Buch nach Goethe, das
16
für mich ein Zauber hat. – Faust – das ist für den, der den Erdgeruch der deutschen Sprache zu riechen weiß,{ein Genuß
aus Instinkt kennt,
für den Dichter des Zarathustra in seinen Instinkten hat
der ich bin, dem mit dem Faust
in die Hand gegeben wurde
18
ohne Gleichen: er ist es nicht für den Artisten,Adem man hier Stückwerk über Stückwerk in die Hände giebt, – er ist es noch
20
weniger für den Philosophen, dem das vollkommen Arbiträre und Zufällige – nämlich durch Cultur = Zufälle Bedingte in den
22
Typen wie in den Problemen des Goetheschen Werks widerstrebt. Man studirt achtzehntes Jahrhundert, wenn man den „Faust“
24
liestA: man ist tausend Meilen weit vom Nothwendigen in Typus und Problem. –
allen
u
am Goetheschen Werk
man studirt Goethe
Was ich den Alten verdanke.
nur
antiker
1.
26
Es ist im GrundeAeine kleine Anzahl{Bücher, die in meinem Leben mitzählen; die berühmtesten sind nicht darunter. Mein Sinn
e
28
für Stil, für das Epigramm als Stil, erwachte fastAmit Einem Schlage bei der Berührung mit Sallust. Ich habe das Erstaunen
,
30
meines verehrten Lehrers Corssen nicht vergessen, als er seinem schlechtesten Lateiner die allererste Censur geben mußte: die
32
er vergeben konnte:Aer lud mich zu sich ein. Gedrängt, streng, mit so viel SubstanzAauf dem Grunde als möglich – eine kal=
34
te Bosheit gegen das „schöne Wort“ und das „schöne Gefühl“: daran errieth ich mich. Man wird, bis in meinen Zara-
36
thustra hinein, eine sehr ernsthafte Ambition nach römischem Stil, nach dem „multum in parvo“, nach dem „aere
38
perennius“ bei mir wiederkennen. – Nicht anders ergieng es mir bei der ersten Berührung mit Horaz. Bis heute habe
40
ich an keinem Dichter dasselbe artistische Entzücken erlebt, das mirAimmer noch eine Horazische OdeAmacht. In gewissen
42
Sprachen ist das, was hier erreicht ist, nicht einmal zu wollen. Dies Mosaik von Worten, wo jedes Wort als Klang, als
44
Ort, als Begriff nach rechts und links und über das Ganze hin seine Kraft ausströmt, dies Minimum in Umfang und Zahl
46
der Zeichen, dasAMaximumAvon Energie der Zeichen – das Alles ist römisch und, wenn man mir glauben will, vornehm
48
par excellence: – der ganze Rest von Poesie wird dagegenAeine Gefühls = Geschwätzigkeit. Ich möchte am wenigsten den Reiz unter-
50
schätzen, der mitunterAim Contrast dieser granitnen Form und der anmuthigsten libertinageAliegt: mein Ohr ist entzückt über
augenblicklich
– ich war mit Einem Schlage fertig.
als möglich
von Anfang an
m
ie m
gab.
damit bedingte in der
bloße
bei Horaz
des Gefühls
jeden solchen Widerspruch von Form und Sinn. – Der
52
4-24: KGW VIII 24[10]
1-2: Schriftreste und teilweiser Schriftverlust am oberen Rand; vgl. Mp XVI, 95v,17 10: Reifwerdenlassen,] danach Einfügungszeichen zweimal verlängert 11: ins] Vk 12: im] davor Einfügungszeichen verlängert
12: – das] davor Einfügungszeichen verlängert 12: nenne] Vk 12: dieses] Vk 12: Nachsommer] Vk 14: Stifters] Vk 14: Goethe, das] Vk
16: Einfügungszeichen verlängert 17: in seinen Instinkten] Vk 30: allererste] Vk 30: mußte: die] Vk 38: wiederkennen] >? wiedererkennen 40: das] Vk
e .
.
.
. : 20-22: Randanstreichung rechts, Blaustift
…
n
*
lein
bi –
r KSA 14, 503-505, zu EH Der Fall Wagner 4
1: großen Falschmünzern] ¿ 5: nic] nach unvollständiger Korrektur > nie 6: Die] davor Einfügungszeichen verlängert 6: ihmen] nach unvollständiger Korrektur > ihnen 17: schon] ? 19: tiefen] ¿ 20: Fast] Vk
23: Gründen] Vk 31: erzählte] > erzählen 35: Idealist] > „Idealist 43: oder Verwandtschaft] Rasur und Durchstreichung mit schwarzer Tinte, von fremder Hand 52: klein] nach Korrektur des Kontextes > kleine 53: in Ms nicht übereinander
57: kein] ¿ 60: bloß] ¿ 62: nur] ? 63: sichereren] Vk 65: überhaupt außer] ¿ 75: gesündeste] ¿ 75: hole der Teufel] ?
,
D 22, 51v undB„Reich“ dem – außer vor Falschmünzern – vor großen Falschmünzern –
– außer vor dem „Reich“ u, vielleicht
2
4.
4
Verhängnisse
in
Lebens
– Und von welcher Seite sind bisher alle großen Hemmungen, alleAIndispositionen meiner Kräfte ausgegangen? Im= nur
einem Ich habe Zeichen der délicatesse von Juden erlebt, – noch nicht von{Deutschen! – ihr Der Deutsche bekommt mir nicht.{Die absurde Respektlosigkeit, die ihmen eignet, sein dem Deutschen seine
6
merAvon deutscher Seite.
8
ner Mangel an Takt, an Unterscheidungsgabe für Höhe der Seele, für Distanz mit Einem Wort,Aihre Zudringlichkeit mit ihr sein
seine
vollkomm=
ihre
10
Blick und Wohlwollen,Asein Schritt ohne esprit – der Deutsche hat gar keine Füße, er hat bloß Beine –,Aseine psy=
12
chologische Gemeinheit, die für keineAnuances Finger hat, Alles das gehört in meinem Leben zum Lähmendsten und
14
Schädigendsten, was sich mir in den Weg gestellt hat. Man erniedrigt sich durch den Verkehr mit Deutschen: der Deut-
16
sche stellt gleich … Ich klettere bereits an allen Wänden, wenn Jemand mit „treuen“ Augen in meine Nähe
18
kommt; InAeiner großen Spannung wirkt sogar ein Brief aus Deutschland auf mich wie Scirocco,{; es gehörte zu
20
meinen Genueser Gewohnheiten, hinterdrein ein warmes Bad zu nehmen.A. Fast alle meine Winter in Nizza sind
22
mir verloren gegangen, nicht durch die Nähe von Montecarlo, sondernAdurch dieANähe von deutschem Hornvieh{.: das ver=
Art
Zeiten
ist
schon
für
– in Genua nahm ich sofort ein Bad darauf.
Von jeder Reise nach D. brachte ich einen tiefen Ekel mit zurück, immer irgendwie in meiner Ehre in Stich gelassen.
immer bloß
obstruktive
und andren Antisemiten
womit Jetzt weiß ich, womit man Deutsche widerlegt – mit Rhabarber nicht mit Gründen, mit Rhabarber …
24
zögert meinen Darm, – jetzt weiß ich, daß man Deutsche mit Rhabarber widerlegt … Geht es Andern auch so? Aber
26
es scheint mir, daß der Umgang mit Deutschen selbst den Charakter verdirbt? Ich verliere alles Mißtrauen, ich fühle,
28
wie der Pilz der Nächstenliebe in mir wuchert, – es ist vorgekommen, zu meiner tiefsten Beschämung, daß ich gutmüthig
30
geworden bin. Kann man noch tiefer sinken?… Denn bei mir gehört die Bosheit zum Glück{, ich finde keine
– ich tauge Nichts, wenn ich nicht boshaft bin –,
Ah wenn ich erzählte wollte! – – Huhuhuhuhu! –
32
zuletzt Man erräth
kleine Rechtfertigung des Daseins darin, ungeheure Dummheiten gegen mich zu provociren.AMan erräth, wer mei=
die wer in Sonderheit meine OpferBdie aufgeblasenen Gänse, die sog. „schönen Seelen“ , alle Idealisten mit Einem Wort sein werden 34
ne Opfer sind: die „schönen Seelen“, die „Idealisten“, mein Greuel und Scheuel, vor dem ich nicht einen Groschen auch und die daraufAnoch eitel ist
jene ganze Art Mensch, die sich Idealist“ nennt, –
36
Idealisten“
Respekt habe, die einzigeAMensch, die die Lüge als Existenzbedingung nöthig hat{… Ich bin unerbittlich mit „ Aschönen diese
38
Seelen“, sie sind meine Tanzbären, ich „begeistere“ sie in einer halben Stunde für zwei Gegensätze, ich winke beiderlei Geschlechts tugendhaftes Ungeheuer
40
ihnen, in mir einen „Heiligen“, einen „Märtyrer“, ein Moral = Ungeheuer zu entdecken. – Eine andre Bosheit,
42
eine andres RechtfertigungAdes Daseins: ich verstehe die Kunst,Agrobe Briefe an sogenannte „Freunde“ zu schreiben,
44
mit abführendem Erfolg: die vollkommne Falschheit dieser sogenannten Freundschaft{kommtBan einer ganz unerwarte=
Glück
meines
zur rechten Zeit
einer
– oder Verwandtschaft –
plötzlich wieder
(alle Jahre giebts drei –)
46
ten Stelle plötzlich heraus. Eben sitze ichAim Glück über einen solchen Streich{: eine sogenannte Freundin schrieb
48
mir, daß sie „trotzdem“ vor mir Achtung behalten werde, in Anbetracht der „heroischen Art“, mit der ich meine Lei=
50
den ertragen hätte … Also Nichts, Nichts, Nichts verstanden! Achtzehn Jahre lang Nichts von mir verstanden!{–
Meine „Nächsten“ sind immer meine Fernsten gewesen! –
wo eine unsägliche Verantwortlichkeit auf mir liegt,
52
54
56
58 60 62
eines Tags noch umbringen …
wo kein Wort zart genug,
70 72 74
sein müssen?…
wird Ein Weib ohne Kind ist ein Zwitter
für mich sein kann .. Eins kein Blick gütig genug gegen mich kann, – Eins thut noth, das Kind; die Liebe ist Es thut noth, das Kind: der Mann ist verehrungsvoll immer nur Mittel. Ohne Kind wird das Weib Zwitter. – wird jede giebt es keine Ehe, – bloß Concubinat!.. immer nur das Mittel. Ohne Kind ist die Ehe Ohne Kind istAdie Ehe nur Concubinat! – sichereren Griff bloß ein Concubinat. Das Weib entartet dabei – leichtere an sich
Auch wird man schwerlich einAundurchsichtiges Problem, eine feine Hand, eine überzeugendere Klarheit bei gar
68
auf meinen Schultern –
Gehört es zu meinem Fluch, daß die „Nächsten“ immer meine Fernsten
64
66
Denn ich habe keine ist
Und dies in einem Augenblick,{wo meine Furcht nicht kleinA, daß ich das Schicksal der MenschheitAin der Hand es Die Deutschen waren bisher der Schierlings = Becher meines Lebens, –– ich möchteAnicht verschw ören, darauf hin habe … Zum Mindesten sitze ich oft bekümmert da und sehe mir meine HändeAan … daß sie mich
:
ich erhalte von allen Seiten wahre Huldigungs = schreiben für ein psycholog. Meisterstück, dem Niemand überhaupt außer mir
einander finden: es gab vor mir{keine Psychologie des Musikers. –
für den „Fall Wagner“
als für einen Exceß p sycholo g
, – ich kenne das Glück des jungen Tigers, dem die List mit der Gewalt verbrüdert.
die Gewalt nur im Bunde mit der List bekannt ist
gewachsen ist ischer Sagacität, dem Niemand außer mir gewachsen sei ist.
Eins thut noth, das Kind: der Mann ist immer nur Mittel. nicht von der List zu trennen weiß – Sie lieben mich Alle : – eine bekannte Geschichte. Das Weib macht nicht Liebe nöthig, sondern ein Kind: der Mann ist immer bloß Mittel Die oberste Classe ist die gesündeste: hole der Teufel die „gute Gesellschaft!“
Ein Weib ohne Kind ist ein Zwitter.
D 25, 54r
2-6: KSA 14, 465, zu EH
8-40: Textverlust am linken Rand; vgl. Z II 1, 23-24
26: werde] Vk
D 25, 54v $
35 Bleistift
2
An diesem vollkommnen Tage, wo Alles reift und nicht nur die Traube braun wird, fiel mir eben ein Sonnenblick auf mein
4
Leben – ich sahe rückwärts, ich sah hinaus, ich sah nie so viel und so gute Dinge mit Einem Male. Nicht umsonst begrub ich
6
heute mein vierundvierzigstes Jahr, ich durfte es begraben: was in ihm Leben war, ist gerettet, – ist unsterblich. Das erste
8
Buch der Umwerthung aller Werthe, die ersten sieben Lieder Zarathustra’ s, die Götzen = Dämmerung, mein Versuch, mit dem
10
Hammer zu philosophiren – Alles Geschenke dieses Jahrs, sogar seines letzten Vierteljahrs!… Wie sollte ich nicht meinem
12
ganzen Leben dankbar sein? – Und so erzähle ichAjetzt mein Leben.
mir
2: vollkommnen] ¿
8: Lieder] Vk
28: heroischen] ¿
uß … 40
chem Hornvieh: das verzögert meinen Darm, 38
rloren gegangen, nicht durch die Nähe von 36
e. 34
genblick, wo ich das Schicksal der 32
, wegen der heroischen Art, mit der ich
Also Nichts, Nichts, Nichts von mir 30
26
24
xxxxxxxx
an meine Freunde.
28
xxxxxxxxxxxxx 22
Ein Geschenk
chrieb mir, sie werde
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx 20
n „Freunden“; ich xxxxxxxx 18
ge Existenzbedingung ist .. Aber 16
Achtung
or denen ich keinen Groschen 14
Ecce homo.
Achtung
8
d: jene Greuels u Scheuels, die
$
54 Bleistift
12
6
mich zu provoziren? Man kann
4
10
r zum Glück gehört? Daß ich eine Kunst
2
habe:
$
+ Bleistift, radiert
D 25, 56r a
2
Am
Schluß, nach der Kriegserklärung.
Letzte Erwägung.
4
6
Könnten wir der Kriege entrathen, um so besser. Ich wüßte einen nützlicheren Gebrauch von den zwölf
8
Milliarden zu machen, welche jährlich der bewaffnete Friede Europa kostet; es giebt noch andre Mittel, die
10
Physiologie zu Ehren zu bringen, als durch Lazarethe … Kurz und gut, sehr gut sogar: nachdem der alte
12
Gott abgeschafft ist, bin ich bereit, die Welt zu regieren …
Hierauf ein leeres Blatt, auf dem
14
nur die Worte stehn:
16
Ruhm und Ewigkeit.
18
4-12: KGW VIII 25[19]
D 25, 56v
2
Indem ich der Menschheit eine unbegrenzte
4
Ehre erweisen will, gebe ich Ihr ihr diese
6
Dithyramben: ich lege sie in die Hände des
8
Dichters der Isoline, des größten u ersten
Wohltat
Satyr, der heute lebt
10
Nietzsche – Dionys
12
$
22
in Brand zu stecken ..
20
nicht zögern, ihn zu exekut. u. seinen Verbrecher Horst Berlin
18
Man liefere mir den jungen Verbrecher in die Hand: ich werde
16
xxxxxx.
14
Auch mütterlicher Seits war einer meiner Urgroßväter in kg. Diensten, als xxxx= an Catulle Mendès Bleistift 18-22: KGW VIII 25[20]
2: unbegrenzte] ¿
6: Dithyramben] ¿
18: in die] ¿
D 25, 57r 2
4 6
2.
8
Zuletzt redet hier eine Rassenfrage mit. Die Deutschen sind mir nicht verwandt genug – ich drücke mich vorsichtig aus: *
gar
y
Im Capitel „warum ich so gute Bücher schreibe“ an Stelle des ganzen bisherigen Paragraph 2.
10
es steht ihnenAnicht frei, mich zu lesen … Mein Stolz ist, daß man mich überall liebt und auszeichnet, außer in Europa’ s
12
Flachland Deutschland. In Wien, in St. Petersburg, in StockholmA, in London, in Paris, in New-York – überall habe ich
14
Leser, ausgesuchte Intelligenzen, bewährte, in hohen Stellungen und Pflichten erzogene Charaktere. Ich habe wirkliche
16
Genies unter meinen Lesern. Und, daß ich es gestehe, ich freue mich noch mehr über meine Nicht = Leser, solche, die weder
18
meinen Namen, noch das Wort PhilosophieAkennen: aber wohin ich komme, hier zum Beispiel in Turin, erheitert und
20
vergütigt sich jedes Gesicht.ABMan nennt die Polen nicht umsonst die Franzosen unter den Slaven. Eine charmante Rus=
und Kopenhagen,
überhaupt
Meine alte Hökerin ruht nicht eher, als bis sie das Süßeste von ihren Trauben für mich zusammengesucht hat. – bei meinem Anblick.
22
sin wird sich nicht einen Augenblick darüber vergreifen, wohin ich gehöre. In der Fremdenliste Nizza’ s werde ich als
24
Polonais verzeichnet.AIch habe noch nie einen Satz deutsch gedacht,A– das geht vielleichtAüber meine Kräfte?… Mein
26
alter Lehrer Ritschl behauptete sogar, ich concipirte meine philologischen AbhandlungenAwie ein Pariser romancier: man
28
müsse vorwärts. In Paris selbst ist man erstaunt über toutes mes audaces et finesses{; und was den für Deutsche so
30
anstößigen Begriff esprit betrifft, so findet man noch in den höchsten FormenAdes DithyrambAus jedem Satze fast
32
von diesem „Salze“ beigemischt. – Ich kann nicht anders. Gott helfe mir! Amen. – Wir wissen Alle,{, was ein
Man findet meinen Kopf fast auf jedem Bilde Matejo’ s. – Seltsam! ich
geschweige gefühlt,
selbst
noch
– ein Ausdruck von Monsieur Taine –
meiner
en
Einige sogar aus Erfahrung,
daß ich
habe – absurd klein.
gar nicht wenig
es scheint mir,
34
Langohr ist: ich wage zu behaupten,Adie kleinsten Ohren zu haben. Dies interessirtAbesonders die Weiblein, –Asie glau=
36
ben sich von mir besser verstanden?… Ich bin der Antiesel par excellence, aufAlateinisch der Antichrist … A parte,
und damit ein welthistorisches Unthier griechisch,
zum
zu s
EtwasAzum Singen,
38
aber bloß für
Abloß für die durchlauchtigten Ohren des Fürsten Bismarck:
und damit ein welthistorisches Unthier, ich bin,
hinein in
b
Noch ist Polen nicht verloren, –
42
Denn es lebt Nietzky noch …
44
*
40
. 46
: man kennt meine Formel „gut deutsch sein heißt sich entdeutschen“
Wer mich heute in Deutschland liest, hat sich gründlich vorher, gleich mir selber, entdeutschtAoder ist – keine kleine Distinktion unter Die Juden unter bloßen Deutschen immer die höhere Rasse. – tiefer, geistiger,.. L’ adorable Heine sagt man in Paris. –
Deutschen – jüdischer Herkunft. –ADie Juden in Deutschland haben nicht nur den esprit, sie haben auch die délicatesse des Gefühls voraus. –
KSA 14, 482-483, zu EH Warum ich so gute Bücher schreibe 2
feiner,
14: erzogen] nach unvollständiger Korrektur > erzogne 16: Nicht=Leser] Vk
liebenswürdiger …
24: Ich] davor Einfügungszeichen verlängert 38: bloß] davor Einfügungszeichen zweimal verlängert
42: lebt] ¿ 46: Einfügungszeichen zweimal verlängert
D 25, 57v
$
N. contra Wagner S. 17 rote Tinte
Brief an ? Carducci? rote Tinte
2
Es war eine wirkliche Schlechtigkeit Wagners, Paris 1871 in seiner Agonie zu verhöhnen, es
4
war, leider, außerdem noch eine Klugheit!..
6
$
8
Ich weiß nur zu gut, wie gut sie Deutsch verstehen: erwägen Sie, ob m Sie wohl diese
Verehrter Herr,
10
C
uc ard
N. c W
ci
vorstellen wollen
SchriftAden Italiänern vorführen führen wollen? Man muß in Italien einen Anfang mit Europas – Monsieur Taine zum Beispiel –
12
mir machen: ich habe die ersten Intelligenzen{für michAu eine Bestimmung auf mir, die mein
14
großes Schicksal ist. Vorwort.
16
$
N. contra Wagner rote Tinte 18
Die folgende Schr Capitel sind sämmtlich aus meinen älteren Schriften nicht ohne Vorsicht ausgewählt – einige
20
gehen bis auf 1877 zurück –, verdeutlicht vielleicht hier u. da, vor Allem verkürzt. Sie
22
werden, hinter einander gelesen, weder über Rich W noch über mich einen Zweifel lassen –
24
wir sind Antipoden. Man wird auch noch Anderes dabei begreifen: zum Beispiel, daß
26
dies Psychologen = Buch kein Buch für Deutsche ist … Ich habe meine Leser überall, in Wien,
28
in St. Petersburg, in Kopenhagen u Stockholm, in Paris, in Newyork – ich habe sie nicht in
30
Europas Flachland Deutschland … Ich habe auch den Herren Italiänern ein Wort ins Ohr zu
32
sagen, die ich liebe, ebensosehr als ich … Quousque tandem, Crispi … Triple
34
alliance: mit dem „Reich“ macht ein intelligentes Volk immer nur eine
36
mésalliance …
Friedrich Nietzsche
38
Turin, Weihnachten 1888.
40
6-14: KGB III 7/3,1, 7, Be Nr. 1209a
8: nur] ? 10: vorführen führen] ?
28: Petersburg] ¿ 28: Newyork] ¿
D 25, 58r
4
A parte, bloß für die durchlauchtigen Ohren des Fürsten Bismarck: iv! curs Noch ist Polen nicht verloren, –
6
2
8
nicht
Denn es lebt Nietzky noch …
3.
2: teilweiser Schriftverlust
30: Italiänern] ¿
K 12, 65
er unterlag, er kam erst als zweiter Instinkt zu Wort.
2
schwül u giftig hat
W. mit seiner nervösen Sexualität noch ausathmet – welche sich selbst seine Musik ausathmet
4 6
zu GD Was den Deutschen abgeht 5; vgl. KGW VI 3, 101,30-102,18
zweiter Instinkt in Betracht
zumal
– die Tristan MusikAist voll der unqualificirbarsten ardeurs –
8
wußte nur zu gut, was es gerade für ihn damit auf sich
10
kam erst als hinterdrein … kam erst als zweiter
hier
12
gehabt, keusch zu sein. Sein schaffender Instinkt war als zu schwach bewiesen: er unterlag, er 14
1: hat] vgl. Mp XVII, 128v,18 > gemacht hat 2-10: danach Druckereistempel 2: mit seiner] ¿
2: Sexualität] ¿ 3: ausathmet] ¿ 3: Instinkt] ¿ 6: Musik] ¿
8: qualificirbarsten] ¿ 9: erst als zweiter] ¿ 10: gerade] ¿
Aut. N-11.4, 1r
$
G. 16. Bleistift
13.
ein Attentat auf alle unsre pudeurs?“ –
4
G. 11. Bleistift
e
6
Frauen.
/ Unter Weibern. – „Die Wahrheit? Oh Sie kennen die Wahrheit nicht! Ist sie nicht
2
$ / Kann ein PackEsel tragisch sein? – Daß man unter einer Last zu Grunde geht,
12.
die man weder tragen, noch abwerfen kann?… Der Fall Carlyle’ s. des Philosophen.
8
/ Den Gleichen Gleiches, den Ungleichen Ungleiches – so spricht zu uns die Gerechtigkeit. Und,
10
was daraus folgt, Ungleiches niemals gleich machen.
12
cf. G. 17 Bleistift 14
$ / Künstler, wie sie zu sein pflegen, wenn sie ächt sind, bescheiden in ihren Bedürfnissen:
sie wollen eigentlich nur Zweierlei, ihr Brod und ihre Kunst, – panem et Circen …
16
/
G. 4. Bleistift 18
5
zwiefach
$
„ Alle Wahrheit ist einfach.“ – Ist das nichtAeine zwiefache Lüge? –
$ / Wer seinen Willen nicht in die Dinge zu legen weiß, der legt wenigstens einen Sinn noch 6.
cf G. 18. Bleistift 20
hinein. Das heißt: er glaubt, daß ein Wille bereits drin sei.
22
G. 12. Bleistift
7/ Hat
24
$ man sein warum? des Lebens, so verträgt man sich fast mit jedem wie? –
26
Der Mensch strebt nicht nach „Glück“; nur der Engländer thut das. –
28
8.
$ / Ich will, ein für alle Mal, Vieles nicht wissen. – Der Geschmack zieht auch der Erkenntniß
cf G. 5. Bleistift
6
30
$ 9./ Posthume Menschen werden schlechter verstanden als zeitgemäße, aber besser gehört.
cf G. 15. Bleistift
7
Grenzen. –
32
34
Oder, strenger: sie werden nie verstanden – und daher ihre Autorität! –
36
Die Krankheit ist ein mächtiges stimulans. Nur muß man gesund genug für sie sein.
G. 19. Bleistift 38
10/ Wie?
$ ihr wähltet die Tugend und den gehobenen Busen und seht zugleich scheel nach Langfinger
40
den Vortheilen der Unbedenklichen? – Aber mit der Tugend verzichtet man auf „Vortheile“…
G. 20 14. Bleistift 42
44
11/ Was?
$ du suchst? du möchtest dich verzehnfachen, verhundertfachen? du suchst Anhänger? –
Suche Nullen …
8: KSA 14, 412, zu GD Sprüche und Pfeile 36: KGW VIII 18[11]
14-16: Randanstreichung von N? 28: Erkenntniß] ¿
36: genug] mit Rotstiftspur 42-44: Randanstreichung von N?
Aut. N-11.4, 1v
cf. G. 21. Bleistift
8/
2
$ Sich in lauter Lagen begeben, wo man keine Scheintugenden haben darf, wo man viel=
4
cf. G. 22 Bleistift 6
8
f
mehr, wie der Seiltänzer auf seinem Seile, entweder stürzt oder steht – oder geht …
$ / Die russische Musik bringt mit einer rührenden Einfalt die Seele des moujik, des
niedern Volks an’ s Licht. Nichts redet mehr zu Herzen als ihre heiteren Weisen, – die alle=
10
sammt traurige Weisen sind –. Ich würde das Glück des ganzen Westens eintauschen gegen die
12
russische Art, traurig zu sein. – Aber wie kommt es, daß die herrschenden Classen Rußlands
14
nicht in seiner Musik vertreten sind? Genügt es zu sagen „böse Menschen haben keine
16
Lieder?“ –
18
/ Wo ist heute der Tiefstand der europäischen Cultur, ihr Sumpf? – Bei den Salutisten,
20
bei den Antisemiten, bei den Anarchisten, bei den Spiritisten, bei den Engländern. Das heißt,
22
bei den fünf Spezialitäten des europäischen cant. Denn alle diese geben vor, sie allein
24
seien jetzt die „höheren Menschen“…
„Bayreuthern“
13. 26
s
v
/ Die werthvollsten Einsichten wurden am spätesten gefunden; aber die werthvollsten Einsichten
28
sind die Methoden. Alle Methoden, alle Voraussetzungen unsrer jetzigen Wissenschaftlichkeit, ha=
30
ben Jahrtausende lang die tiefste Verachtung gegen sich gehabt, auf sie hin war man aus dem
32
Verkehre mit honnetten Menschen ausgeschlossen, – man galt als „Feind Gottes“, als Verächter
34
der Wahrheit, als „Besessener“. Als wissenschaftlicher Charakter war man Tschandala … Wir
36
haben das ganze Pathos der Menschheit gegen uns gehabt – ihren Begriff von dem, was Wahr=
38
heit sein soll, was der Dienst der Wahrheit sein soll: unsere Objekte, unsere Praktiken, unsere stille
40
vorsichtige, mißtrauische ArtAschien ihr vollkommen unwürdig und verächtlich. – Es scheint, als ob da
42
ein Gegensatz erreicht, ein Sprung gemacht worden sei. AberAdas ist nur der Augenschein. In
44
Wahrheit hat jene Schulung durchAden Moral = Irrthum selbst Schritt für Schritt jenes Pathos
46
milderer Art vorbereitet, das als wissenschaftlicher Charakter heute leibhaft wirdA. Die Gewissen=
48
haftigkeit im Kleinen, die rigoröse Selbstcontrole des religiösen Menschen war eine Vorübung u
50
gleichsam Vorform des wissenschaftlichen Charakters: vor allem jene Gesinnung, welche Probleme
52
ernst nimmt, noch abgesehen davon, was persönlich dabei herauskommt. Zuletzt dürfte man noch
54
erwägen, ob es eigentlich nicht ein ästhetisches Bedürfniß war, was die Menschheit in so
56
langer Blindheit gehalten hat: sie verlangte von der Wahrheit einen pittoresken Effekt,
58
sie verlangte insgleichen vom Erkennenden, daß er stark auf die Phantasie wirke.ADie
60
Bescheidenheit giengAwider ihren{Geschmack. –
– Alles
so redet
Hyperbeln
und zu Ehren kommt.
Unsere
am längsten ihr
6-16: KGW VIII 18[9] 18-24: KGW VIII 18[10] 26-60: KSA 14, 438-439, zu AC 13
den
2: Sich in] ¿
Aut. N-11.4, 2r
$
cf G. 32. Bleistift
/ Es giebt einen Haß auf Lüge und Verstellung aus einem reizbaren Ehrbegriff; aber es giebt
2
4
einen eben solchen Haß aus Feigheit, insofern die Lüge verboten ist. Im einen wie im anderen
6
Falle ist man „wahr“ – und trotzdem versteht man sich nicht. $
cf Fall Wagner § 2 i. f pg 5 Bleistift
8
Die Menschen haben die Liebe immer mißverstanden: sie glauben in ihr selbstlos zu sein,
10
weil sie den Vortheil eines anderen Wesens wollen, oft wider ihren eigenen Vortheil. Aber dafür
12
wollen sie jenes andere Wesen besitzen … Auch Gott macht hier keine Ausnahme. Er ist fern
14
davon zu denken „was gehts dich an, wenn ich dich liebe?“ – er wird schrecklich, wenn man
16
ihn nicht wiederliebt. L’ amour – mit diesem Spruch behält man unter Göttern u Menschen Recht –
18
est de tous les sentiments le plus egoïste, et, par conséquent, lorsqu’ il est blessé, le moins gé=
20
néreux (B. Constant)
$
cf. Fall Wagner pg 8. Bleistift
22
In vielen Fällen, und in Sonderheit bei der Liebe des Weibes, ist Liebe ein feinerer Para-
24
sitismus, ein Sich - einnisten in eine fremde Seele, mitunter selbst in ein fremdes Fleisch –
26
ach! wie sehr immer auf „des Wirthes“ Unkosten! – $
cf G. 20. Bleistift
/ Das vollkommene Weib begeht Litteratur, wie es eine kleine Sünde begeht: zum Versuch,
28
.
30
im Vorübergehn, sich umblickend, ob es Jemand bemerkt und daß es Jemand bemerkt. Es weiß, wie
32
gut dem vollkommenen Weibe ein kleiner Fleck brauner Verdorbenheit steht –
brauner
$
cf G. Seite 76 No 27 Bleistift
/ Das Litteraturweib, unbefriedigt, aufgeregt, öde in Herz und Eingeweide, mit schmerzhafter
34
36
Neugierde jeder Zeit auf den Imperativ hinhorchend, der aus den Tiefen seiner Organisation „
38
aut liberi aut libri“ flüstert: das Litteraturweib, gebildet genug, die Sprache der Natur zu
40
verstehn, selbst wenn sie Latein redet und andrerseits ehrgeizig genug, um im Geheimen auch
42
noch französisch mit sich zu sprechen: „je me verrai, je me lirai, je m’ extasierai et je dirai:
44
Possible que j’ aie eu tant d’ esprit!“…
$
F. W. Bleistift
46
Der Mann ist feige vor allem Ewig - Weiblichen: das wissen die Weiblein. $
cf G. 31. Bleistift
/ Der getretene Wurm krümmt sich. So ist es klug. Er verringert damit die Wahrschein=
48
50
lichkeit, von Neuem getreten zu werden. – Wenn eine solche Selbstverkleinerung zur Gewohnheit
52
und zuletzt zum Charakter geworden ist, heißt sie sich Demuth. – $
G. 9. Bleistift
54
9./ Hilf
dir selber: dann hilft dir noch Jedermann. Princip der Nächstenliebe
30-32: KSA 14, 412, zu GD Sprüche und Pfeile
2: einen] ¿
8-20: Randanstreichung von N?
Aut. N-11.4, 2v G. 1. Bleistift
4
$ 1. Müßiggang ist aller Psychologie Anfang. – Wie? wäre Ps. – ein Laster?… $ Die Gefahr des Künstlers liegt im Weibe – die anbetenden Weiber sind ihr Verderb. Fast keiner
6
hat Charakter genug, um nicht verdorben zu werden, wenn er sich als Gott behandelt fühlt: – er con=
8
desscendirt alsbald zum Weibe.
2
F. W. Bleistift
Man weiß, was man nöthig hat, um seine Kraft zu verzehnfachen – Nullen …
10
12
12./
Große Dinge verlangen, daß man von ihnen schweigt oder groß redet: groß, das heißt
14
G. 2. Bleistift 16
G. 7. Bleistift 18
20
G. 13. Bleistift 22
24
G. 6. Bleistift 26
28
G. 3 Bleistift 30
…
32
cf. G. 27 Bleistift 34
mit Unschuld, – cynisch.
$ / Auch der Muthigste von uns hat nur selten den Muth zu dem, was er eigentlich weiß …
2
$ / Wie? ist der Mensch nur ein Fehlgriff Gottes? Oder Gott nur ein Fehlgriff des Men= schen?
$ / Der Mann hat das Weib geschaffen – woraus doch? Aus einer Rippe seines Got= tes, seines „Ideals“…
3. $ / Unter Weisen. – Man erholt sich in seiner wilden Natur am besten von seiner
Unnatur, von seiner Geistigkeit …
4. $ / Um allein zu leben, muß man ein Thier oder ein Gott sein – sagt Aristoteles.
Fehlt der dritte Fall: man muß Beides sein – Philosoph …
$ / Man hält das Weib für tief – warum? Weil man nie bei ihm auf den Grund
36
kommt. Aber das Weib hat gar keinen Grund, es ist das Faß der Danaiden. Das Weib
38
ist noch nicht einmal flach.
40
/ Müßiggang ist aller Philosophie Anfang. – Wie? wäre die Philosophie ein Laster?..
42
$ / Wie wenig gehört zum Glücke! Der Ton eines Dudelsacks. – Ohne Musik
cf G. 33. Bleistift
44
G. 10. Bleistift 46
48
G. 28. Bleistift 50
52
wäre das Leben ein Irrthum. –
Der Deutsche denkt sich selbst Gott im Himmel liedersingend. –
$ / Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! Daß man sie nicht hinter= drein im Stiche läßt! – Der Gewissensbiß ist unanständig. $ / Wenn das Weib männliche Tugenden hat, so ist es zum Davonlaufen; u wenn es keine männlichen Tugenden hat, so läuft es selbst davon –
12-14: KGW VIII 18[12] 36: KSA 14, 412, zu GD Sprüche und Pfeile
8: desscendirt] ¿, > descendirt
Lübbert, 14 $
14 schwarzer Stift
.
2
Nichts scheint mir heute seltener als die ächte Heuchelei. Mein Verdacht ist groß, daß diesem Ge=
4
wächs die sanfte Luft unserer Cultur nicht zuträglich ist. Die Heuchelei gehört in die Zeitalter des starken
6
Glaubens: wo man selbst nicht bei der Nöthigung, einen anderen Glauben zur Schau zu tragen, von dem
8
Glauben losAläßt, den man hatte. Heute läßt man ihn los; oder, was noch gewöhnlicher, man legt sich
ließ
10
noch einen zweiten Glauben zu, – ehrlich bleibt man in jedem Falle. Ohne Zweifel ist heute eine sehr
12
viel größere Zahl von Überzeugungen möglich als ehemals: möglich, das heißt erlaubt, das heißt
14
unschädlich. Daraus entsteht die Toleranz gegen sich selbst. Diese Toleranz gegen sich selbst gestattet mehre=
16
re Überzeugungen: diese selbst leben verträglich beisammen, – sie hüten sich, wie alle Welt heute, sich
18
zu compromittiren. Wo man compromittirt man sich heute? Wenn man Consequenz hat. Wenn
20
man in gerader Linie geht. Wenn man weniger als fünfdeutig ist. Wenn man ächt ist …
22
Meine Ver Furcht ist groß, daß der moderne Mensch für einige Laster einfach zu bequem: so daß
24
diese geradezu aussterben. Alles Böse, das vom starken Willen bedingt ist – u vielleicht giebt es
26
nichts Böses ohne Willensstärke – entartet, in unserer lauen Luft, zur Tugend … Die wenigen
28
Heuchler, die ich kennen lernte, machten die Heuchelei nach: sie waren, wie heutzutage fast
30
jeder zehnte Mensch, Schauspieler. –
32
bescheidener geworden. Nochmals gesagt: wir haben umgelernt. Wir leiten den M. nicht mehr vom „Geist“, von der „Gottheit“ ab. Wir sind in allen Stücken wir Wir
haben den Menschen unter die Thiere zurückgestellt.; wir sind bescheidener geworden. Er gilt uns als – eine Folge davon ist seine Geistigkeit.
) 15,2
34
das stärkste Thier, weil er das listigste istA. Wir wehren uns andererseits gegen die Eitelkeit, die auch hier
36
wieder laut werden möchte: wie als ob der Mensch die große Hinterabsicht der thierischen Entwicklung gewesen sei.
38
Er ist durchaus keine Krone der Schöpfung; jedes Wesen ist, neben ihm, auf einer gleichen Stufe der Voll-
40
kommenheit … Und indem wir das behaupten, behaupten wir noch zuviel: der Mensch ist, relativ genommen, das
42
mißrathenste Thier, das krankhafteste, das von seinen Instinkten am gefährlichsten abgeirrte … Was die Thiere
44
betrifft, so hat zuerst Descartes mit verehrungswürdiger Kühnheit den Gedanken gewagt, das Thier als
46
Mechanismus zu verstehen: unsere ganze Physiologie bemüht sich um den Beweis dieses Satzes. Auch stel=
48
len wir logischer Weise den Menschen selbst nicht bei Seite, wie Descartes noch that: was überhaupt
50
heute vom Menschen begriffen ist, geht genau so weit, als er machinal begriffen wird. Ehedem gab man
52
dem Menschen als seine Mitgift aus einer höheren Ordnung den „freien Willen“: heute haben wir ihm
54
selbst den Willen genommen, in dem Sinne, daß darunter kein Vermögen verstanden werden darf. Das
56
alte Wort „Wille“ dient nur dazu, eine Resultante zu bezeichnen, eine Art individueller Reaktion, die
58
nothwendig auf eine Menge theils widersprechender, theils zusammenstimmender Reize folgt: – der Wille „wirkt“
60
nicht mehr, „bewegt“ nicht mehr … Ehemals sah man im Bewußtsein des Menschen, im „Geiste“ den
62
Beweis seiner höheren Abkunft, seiner „Göttlichkeit“; um den Menschen zu vollenden, rieth man ihm an,
64
die Sinne, nach der Art der Schildkröte, in sich hineinzuziehen, den Verkehr mit dem Irdischen einzustel= len,
66
32-50: KSA 14, 440, zu AC 14 lemmatisch
Schreibmittel erschlossen
18: Wo man] vgl. GD Streifzüge 18, 116,27 > Womit
31: mehr] ¿
Lübbert, 15 $
15 schwarzer Stift
14,66 )
2
die sterbliche Hülle abzuthun: dann blieb die Hauptsache von ihm zurück, der „reine Geist“.
4
Wir haben uns auch hierüber anders besonnen: das Bewußtwerden, der „Geist“ gilt uns gerade als
6
Symptom einer relativen Unvollkommenheit d Organismus, ein Versuchen, Tasten, Fehlgreifen,
8
als Mühsal – wir leugnen, daß irgend etwas vollkommen gemacht werden kann, so lange es noch
10
bewußt gemacht wird. Der „reine Geist“ ist eine reine Dummheit: rechnen wir das Nerven=
12
system u. die Sinne weg, die „sterbliche Hülle“, so verrechnen wir uns – weiter nichts!
g
12.
14
Ich nehme ein Paar Skeptiker bei Seite – den anständigen Typus in der Geschichte der Philosophie:
16
aber der Rest kennt die ersten Forderungen der intellektuellen Rechtschaffenheit nicht. Sie machen es
18
allesammt, wie die Weiblein, alle diese großen Schwärmer u. Wunderthiere: sie halten die „schönen
20
Gefühle“ bereits für Argumente, den „gehobenen Busen“ für einen Blasebalg der Gottheit, die Überzeu=
22
gung für ein Kriterium der Wahrheit. Zuletzt hat noch Kant in aller Unschuld diese Form der Cor-
24
ruption, diesen Mangel an intellektuellem Gewissen unter dem Begriff „praktische Vernunft“ zu
26
verwissenschaftlichen gesucht: er erfand eigens eine Vernunft dafür, in welchem Falle man sich
28
nicht um die Vernunft zu kümmern habe, nämlich wenn die Moral, wenn die erhabene Forderung
30
„du sollst“ laut wird. Erwägt man, daß fast bei allen Völkern der Philosoph nur die Weiter=
32
entwicklung des priesterlichen Typus ist, so überrascht dieses Erbstück des Priesters, die Falsch=
34
münzerei vor sich selbst, nicht. Wenn man heilige Aufgaben hat, zum Beispiel die Menschen
36
zu bessern, zu retten, zu erlösen, wenn man die Gottheit im Busen trägt, Mundstück jenseitiger
38
Imperative ist, so ist man mit einer solchen Mission bereits jenseits aller bloß verstandesmäßigen
40
Werthungen, – selbst schon geheiligt durch eine solche Aufgabe, selbst schon der Typus einer höheren Ord-
42
nung!.. Was geht einen Priester die Wissenschaft an! Er steht zu hoch dafür!… Der Gegensatz zur
44
Herkunft der Philosophie ist interessant genug, nämlich die Herkunft der Wissenschaft. Wenn eine Fa=
46
milie lange bei Einer Art von Thätigkeit verbleibt u es in ihr zur Meisterschaft bringt, so kann es
48
vorkommen, daß die ganze einmagazinirte Tüchtigkeit, die Gewöhnung an Consequenz, an Feinheit, an Vor-
50
sicht, an Zähigkeit, endlich souverain wird u ins Geistige übergreift. Die formale Vorschulung des
52
Geistes löst sich gleichsam vom bisherigen Zweck dieser Vorschulung ab u wird ein Bedürfniß für sich,
54
ein Hunger nach Problemen, – das Mittel selbst wird Zweck. – Wissenschaftlichkeit ist der Aus-
56
druck altvererbter Solidität und Feinheit im Denken u Handeln. Man findet deshalb die Genies
58
der Wissenschaft fast ausschließlich unter den Nachkommen der Handwerker, der Handelsleute, der Ärzte,
60
der Advokaten: die Söhne von Juden hat eine große Wahrscheinlichkeit für sich, tüchtige Gelehrte zu
62
werden. Dagegen werden aus den Söhnen von Pfarrern – Philosophen …
virtù
ben
eines
keine kleine
ein
(xxxx jeder Jude xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx –)
J
4: KSA 14, 440, zu AC 14 22-38: KSA 14, 438, zu AC 12 lemmatisch 42-62: KSA 14, 438, zu AC 12
Schreibmittel erschlossen 6: d] > des 10: das] ¿
46: zur] ¿
Lübbert, 16 $
16 schwarzer Stift
17,62 )
2
und andererseits es so gut kennen, wie Einer, wie Viele, wie Alle, die es gelebt haben, um das
4
Problem vom Werth des Lebens überhaupt anrühren zu dürfen: Gründe genug, um zu begreifen, daß
6
das Problem ein uns ganz unzugängliches Problem ist. Wenn wir von Werthen reden, reden
8
wir unter der Inspiration des Lebens: das Leben selbst zwingt uns, Werthe anzusetzen, das Le=
10
ben selbst, werthet durch uns, wenn wir Werthe ansetzen. – Daraus folgt, daß auch jene
12
Unnatur von Moral, welche Gott als Gegenbegriff u Verurtheilung des Lebens faßt, nur ein
14
Werthurtheil des Lebens ist, – welches Lebens? welcher Art von Leben?… Ich habe die Ant=
16
wort schon gegeben: des niedergehenden, des geschwächten, des müden u verurtheilten Lebens. Moral,
18
wie sie bisher verstanden worden ist, ist ein Decadence - Instinkt, der sich in Imperativen for-
20
mulirt: sie sagt „geh zu Grunde!“ – sie ist das Urtheil Verurtheilter. –
S
i
die
5.
22
Erwägen wir endlich noch, welche Naivetät es überhaupt ist, zu sagen: „so u so sollte der
24
Mensch sein!“ Die Wirklichkeit zeigt uns einen entzückenden Reichthum der Typen, die Üppig=
26
keit eines verschwenderischen Formenspiels- u Wechsels: – und irgend ein armseliger Eckensteher sagt
28
dazu: „Nein! Der Mensch sollte anders sein“… Er weiß es sogar, wie er sein sollte, die
30
ser Schlucker, er malt ihn an die Wand und sagt dazu „ecce homo!“… Aber selbst
32
wenn der Moralist sich bloß an den Einzelnen wendet und zu ihm sagt „so u so solltest du
34
sein!“ hört er nicht auf, sich lächerlich zu machen. Der Einzelne ist ein Stück Fatum, von
36
Vorne u von Hinten, ein Gesetz mehr, eine Nothwendigkeit mehr für Alles, was kommt u
38
sein wird. Zu ihm sagen „ändern Sie dich“ heißt verlangen, daß Alles sich ändert, sogar
40
rückwärts noch … Und wirklich, es gab consequente Moralisten – sie wollten den Menschen an=
42
ders, nämlich tugendhaft, sie wollten ihn nach ihrem Bilde, nämlich als Mucker: dazu ver=
44
neinten sie die Welt! Keine kleine Tollheit! Keine bescheidene Art der Unbescheidenheit!…
46
Die Moral, insofern sie verurtheilt, an sich, nicht aus Hinsichten, Rücksichten, Absichten des Lebens,
48
ist ein spezifischer Irrsinn, mit dem man kein Mitleid haben soll, ein Degenerirten = Irr=
50
sinn, der unsäglich viel Schaden gestiftet hat .. Wir Anderen, wir Immoralisten, wir haben
52
umgekehrt unser Herz weit gemacht für alle Art Verstehen, Begreifen,AGutheißen;{ Immer
54
mehr ist uns das Auge für jene unendliche Ökonomie aufgegangen, welche Alles das noch braucht
56
u auszunützen weiß, was der FlachkopfAu Moralist verwirft, für jene Ökonomie{,
58
aus der widerlichen Species des Muckers,Ades TugendhaftenAihren Vortheil zieht – welchen Vor=
60
theil? – Aber wir selbst, wir Immoralisten sind hier die Antwort …
Wir verneinen nicht leicht, wir suchen unsere Ehre darin, Bejahende zu sein.
Mucker
der heilige Aberwitz des Priesters,
62
im Gesetz des Lebens welche
selbst
noch
– Und, wie Jeder, der zu viel Recht hat, mache ich mir nichts daraus, Recht zu behalten –
Schreibmittel erschlossen 26: Formenspiels- u Wechsels] >? Formenspiels u -wechsels
38: ändern] nach Korrektur des Kontextes > ändere
Lübbert, 17 $
17 schwarzer Stift 3 Bleistift
2
– „Wenn wir uns, aus dem Instinkt der Gemeinschaft heraus, Vorschriften machen und gewisse Handlungen
4
verbieten, so verbieten wir, wie es Vernunft hat, nicht eine Art zu „sein“, nicht eine „Ge=
6
sinnung“, sondern nur eine gewisse Richtung u Nutzanwendung dieses „Seins“, dieser „Gesinnung“. A=
8
ber da kommt der Ideologe der Tugend, der Moralist und sagt „Gott sieht das Herz an! Was
10
liegt daran, daß ihr euch bestimmter Handlungen enthaltet? Ihr seid darum nicht besser!“ –
12
Antwort: wir wollen auch gar nicht besser sein, mein Herr Langohr und Tugendsam, wir
14
sind sehr zufrieden mit uns, – wir wollen uns nur nicht unter einander Schaden thun,
16
und deshalb verbieten wir gewisse Handlungen in einer gewissen Rücksicht, nämlich auf uns, wäh=
18
rend wir dieselben Handlungen, vorausgesetzt, daß sie sich aufAGegner des Gemeinwesens – auf Sie
20
zum Beispiel – beziehen, nicht genug zu ehren wissen. Wir erziehen unsere Kinder auf sie hin, wir
22
züchten sie groß. Wären wir von jenem „gottwohlgefälligen“ Radikalismus, den uns ihr hei=
24
liger Aberwitz anempfiehlt, wären wir Mondkälber genug, nicht nur Handlungen, sondern die
unsere
Voraussetzung dazu, die unsere 26
sondernA„Gesinnungen“ uns zu verbieten, so beschnitten wir uns an unseren Tugenden, an dem,
28
was unsere Ehre, unseren Stolz ausmacht. Schafften wir diese „Gesinnung“ ab, würden wir „besser“,
30
wie Sie uns zumuthen, so wären wir gar nicht mehr vorhanden –, wir hätten uns selberAabge-
32
schafft … Sie sind bloß ein Nihilist…“
Und damit nicht genug. Zuletzt:
s
Indem wir
unsere
– wir würden
abschafften,
sein
durchaus nicht werden
damit
3.
34
Dies die Rede eines moralischen Naturalisten. Jeder Naturalismus der Moral, das heißt jede ge=
36
sunde Moral ist von einem Instinkte des Lebens beherrscht, – irgend ein Gebot des Lebens soll wird
38
mit einem bestimmten Kanon von „Soll“ und „Soll nicht“ erfüllt, irgend eine Hemmung u Feindseligkeit
40
auf dem Wege des Lebens wird damit inAdie Acht erklärt. Die unnatürliche Moral, das heißt fast
42
jede Moral, die bisher gelehrt, verehrt u gepredigt worden ist, wendet sich umgekehrt gerade gegen
44
die Instinkte des Lebens und ist eine bald heimliche, bald laute u freche Verurtheilung dieser
46
Instinkte. Indem sie sagt „Gott sieht das Herz an“, sagt sie Nein zu den untersten u. obersten
48
Begehrungen des Lebens u nimmt Gott als Feind des Lebens … Der Heilige, an dem Gott sein
50
Wohlgefallen hat, ist der ideale Castrat … Das Leben ist zu Ende, wo das „Reich Got=
52
tes“ anfängt …
bei Seite geschafft.
4.
welche in der christl. Moral sakrosankt geworden ist
54
Gesetzt, daß man das Frevelhafte einer solchen Auflehnung gegen das Leben begriffen hat, so ist
56
damit glücklicher Weise auch etwas Anderes begriffen: das Nutzlose, Absurde,ALügnerische ei=
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ner solchen Auflehnung. Eine Verurtheilung des Lebens von Seiten des Lebendigen bleibt zuletzt
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doch nur ein Symptom einer bestimmten Art von Leben: die Frage, ob mit Recht, ob mit
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Unrecht, ist gar nicht aufzuwerfen. Man müßte eine Stellung außerhalb des Lebens haben
Scheinbare,
das
damit aufgeworfen
) 16,2
2-32: KGW VIII 18[8] 34: KSA 14, 418, zu GD Moral als Widernatur
Schreibmittel erschlossen
$
Nietzsche • Werke
Nietzsche Werke Kritische Gesamtausgabe Begründet von Giorgio Colli und Mazzino Montinari Weitergeführt von Volker Gerhardt, Norbert Miller, Wolfgang Müller-Lauter und Karl Pestalozzi Neunte Abteilung Der handschriftliche Nachlaß ab Frühjahr 1885 in differenzierter Transkription Herausgegeben von Marie-Luise Haase und Hubert Thüring in Verbindung mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Dreizehnter Band
De Gruyter
Friedrich Nietzsche Dreizehnter Band Aufzeichnungen aus den Archivmappen Mp XVII und Mp XVIII sowie verstreute Aufzeichnungen Bearbeitet von Thomas Riebe, Beat Röllin und René Stockmar unter Mitarbeit von Marie-Luise Haase und Michael Kohlenbach
De Gruyter
Erarbeitet mit Unterstützung durch die Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur und den Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung
ISBN 978-3-11-077708-6 Library of Congress Control Number: 2022933737 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandgestaltung: +malsy, Bremen Satz: René Stockmar Druck: Buch- und Offsetdruckerei H. Heenemann GmbH & Co. KG, Berlin Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
IN MEMORIAM
MARIE-LUISE HAASE 3.3.1940 ‒ 26.3.2022
Vorwort der Herausgeber Am 26. März 2022, kurz vor der Drucklegung dieses letzten Bandes der IX. Abteilung der KGW, ist Marie-Luise Haase in Berlin gestorben. Eine schwere Erkrankung hat verhindert, dass sie sich an den letzten Redaktionsarbeiten noch aktiv beteiligen konnte. Aber sie hatte für diesen Band gekämpft, hat ihn mit Akribie betreut und ihn, so lange sie konnte, konzeptionell und material vorbereitet. Sie hat noch Anteil am Fortgang der letzten Arbeiten in Weimar genommen und konnte am Ende sicher sein, dass die Publikation dieses Bandes tatsächlich möglich wurde. Dem Andenken dieser großen Nietzsche-Editorin möchten wir diesen Band widmen. Marie-Luise Haase war seit dem Ende der sechziger Jahre mit der Nietzsche-Forschung verbunden. Als Mitwirkende im NietzscheKreis von Wolfgang Müller-Lauter war sie schon an der Entstehung der Nietzsche-Studien beteiligt. Und als sie in diesem Kontext mit Giorgio Colli und Mazzino Montinari in Verbindung kam, wurde sie von deren Begeisterung für eine verlässliche und umfassende Edition der Schriften Nietzsches mitgerissen. Sie verließ den Schuldienst und ging das Risiko ein, ihre weitere wissenschaftliche Tätigkeit ununterbrochen dem Gelingen des großen Vorhabens zu widmen. Das war ein Glücksfall für die Nietzsche-Forschung. Denn der Tod, zunächst von Mazzino Montinari, dann von Jörg Salaquarda und schließlich von Wolfgang Müller-Lauter hat wiederholt Lücken gerissen. Sie haben das Vorhaben insgesamt gefährdet und nur deshalb nicht zum Abbruch der Arbeiten geführt, weil Marie-Luise Haase durch ihre Kompetenz, ihre Verlässlichkeit, ihre europäische Präsenz und durch ihren bestimmenden Willen in allen Fragen der Edition für Kontinuität sorgte. Ohne sie wären die für die institutionelle Betreuung und die Sicherung der Finanzierung zuständigen Herausgeber rat- und hilflos gewesen. Der Sicherung und Kommentierung der Texte Friedrich Nietzsches galt Marie-Luise Haases ganze Aufmerksamkeit. Sie konnte wie niemand sonst Nietzsches Handschrift lesen und hat auch in Publikationen, etwa zum Zarathustra, unter Beweis gestellt, dass sie sich auf die philologische und philosophische Interpretation ihres Autors verstand. Im Jahre 2001 erhielt sie zusammen mit Michael Kohlenbach, der an der Konzeption der Edition mitgewirkt hatte und am Anfang wie auch gegen ihr Ende an ihr beteiligt war, den Nietzsche-Preis des Landes Sachsen-Anhalt. Wir hätten es als höchst verdient und erwünscht angesehen, wenn sie für ihre Leistungen mit dem Ehrendoktortitel für Philosophie ausgezeichnet worden wäre. Aber die nach wie vor an deutschen Universitäten gegenüber Nietzsche bestehenden Vorbehalte und die Geringschätzung der mit einer Edition verbundenen wissenschaftlichen Leistungen standen dem entgegen. An der Konzeption der vierzehn Bände dieser IX. Abteilung war Marie-Luise Haase so maßgeblich wie verlässlich beteiligt. An der Edition haben viele Personen, insbesondere die kundigen Editoren in Basel und Weimar mitgewirkt. Ihnen allen gilt unser herzlicher Dank! Doch so groß unsere Verpflichtung allen gegenüber auch ist: Wir sind überzeugt, ohne den unermüdlichen Einsatz von MarieLuise Haase für diese in Zielsetzung und Anlage singuläre Edition wäre deren Abschluss nicht gelungen. Wir werden ihr ein ehrendes Andenken bewahren. Volker Gerhardt
Karl Pestalozzi
Norbert Miller
Vorwort der Abteilungsherausgeber Auf die Veröffentlichung der ersten drei Bände der IX. Abteilung der Kritischen Gesamtausgabe von Nietzsches Werken (KGW) mit den späten Notizheften (N VII 1 bis N VII 4) folgten die Bände 4–11 mit den späten Arbeitsheften (W I 3 bis W I 8 und W II 1 bis W II 10) sowie in Band 11 den späten Aufzeichnungen aus diversen Heften, die Nietzsche bereits vor dem Frühjahr 1885 in Benutzung hatte. Mit dem bereits erschienenen Band 12 (2020) und dem vorliegenden Band 13 werden zum Abschluß von KGW IX diejenigen Aufzeichnungen ediert, die auf losen Blättern überliefert sind. Über die damit verbundenen Besonderheiten bei der Wiedergabe der Manuskriptseiten gibt die in Band 12 und 13 neu ergänzte Editorische Vorbemerkung Auskunft. Neben den zum Werknachlaß gehörenden Niederschriften wurden auch hier diejenigen „Briefentwürfe“ mit aufgenommen, die in der Briefausgabe (KGB III 7/3,1) mit Verweis auf KGW IX erwähnt werden. Der vorliegende Band 13 enthält die Transkription von Aufzeichnungen aus den Archivmappen Mp XVII und Mp XVIII sowie von verstreuten Aufzeichnungen; eine Faksimilierung der wiedergegebenen Manuskriptseiten liegt auf CD-ROM bei. Das Erscheinen des Bandes 13 der IX. Abteilung verdanken wir vielen Personen und Institutionen, von denen nur einige genannt werden können. Dem Direktor des Goethe- und Schiller-Archivs Weimar, Marcel Lepper, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Benutzerdienstes sind wir für das freundliche und kompetente Entgegenkommen bei der Bereitstellung der Archivalien zu großem Dank verpflichtet. Desgleichen danken wir dem Deutschen Seminar der Universität Basel für die in großzügiger Weise zur Verfügung gestellte Infrastruktur sowie der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, insbesondere Johannes Thomassen, für die administrative Betreuung der Arbeitsgruppe in Berlin und Weimar. Wir danken Eric Ehrhardt und Myriam Schmidt für die Mitarbeit bei der Erstellung der Errata und des Namenindexes, Magdalene Stoevesandt für altphilologische Unterstützung, Peter André Bloch und Joachim Jung für die zur Verfügung gestellten Materialien sowie Paolo D’Iorio und Armin Schwehr als auch Yoann Givry und der Fondation Martin Bodmer für die Bereitstellung von zusätzlichen Faksimiles.
Rückblick und Abschluß Mit Band 13 erscheint der letzte Textband der IX. Abteilung; der Nachbericht, KGW IX 14, wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeliefert. Damit findet das deutsch-schweizerische Editionsprojekt „Der späte Nietzsche. Manuskriptedition des Nachlasses 1885–1889“, das 1994 mit einem vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderten Pilotprojekt begann, seinen Abschluß. Es wurde von den erfahrenen Editorinnen und Editoren Marie-Luise Haase, Wolfram Groddeck und Michael Kohlenbach entworfen, die nach dem Tod des KGW-Begründers Mazzino Montinari 1986 als Abteilungsherausgeberin und -herausgeber der KGW tätig geworden waren. In einem Grundsatzpapier legten sie dar, daß und warum auch die KGW-Edition der „Nachgelassenen Fragmente“ – trotz der großen Verdienste um die Berichtigung der fälschenden oder verfälschenden früheren Editionen, insbesondere der von Elisabeth FörsterNietzsche und ihrem Archiv verantworteten Nachlaßkompilation Der Wille zur Macht – der besonderen Materialität der Dokumente und der eigentümlichen Arbeitsweise Nietzsches nicht gerecht wurde.1 Die chronologische Anordnung von bereinigten, quasi-geschlossenen Texteinheiten, deren handschriftlicher Befund dem Nachhinein eines Nachberichts vorbehalten war, sowie die Differenzierung in Vorstufen und Fragmente strukturieren den Nachlaß nach äußerlichen Kriterien, anstatt ihn zu dokumentieren. Die handschriftlichen Gebilde mit ihren Streichungen, Überschreibungen, Umstellungen, Abbrüchen und wiederholten Abschriften folgen bei weitem nicht immer einer teleologischen Werkmotivation, sie lassen sich auch vielfach nicht in lineare, eindeutige und abgeschlossene Textverläufe und -einheiten überführen. Zu den editionsphilologischen Erkenntnissen, die sich im Verlauf einer Langzeitunternehmung mit historisch-kritischem Anspruch natürlicherweise ergeben und in die Fortsetzung der Arbeit einbezogen werden müssen, wie schon Montinari selbst einräumte,2 kam die editionspraktische Erfahrung: Ein Nachbericht in der bisherigen Art – das zeigte sich bereits bei der Erarbeitung der ersten Nachberichtbände nach Montinaris Tod –
1 Michael Kohlenbach / Wolfram Groddeck: Zwischenüberlegungen zur Edition von Nietzsches Nachlaß, in: Text. Kritische Beiträge 1 (1995), S. 21–39; vgl. Beat Röllin / René Stockmar: „Aber ich notire mich, für mich.“ Die IX. Abteilung der Kritischen Gesamtausgabe von Nietzsches Werken, in: NietzscheStudien 36 (2007), S. 22–40. 2 Mazzino Montinari: Glanz und Elend der philologischen Arbeit. Dankrede, in: Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, Jahrbuch 1985, Heidelberg 1986, S. 56–57, S. 57.
könnte mit den herkömmlichen lemmatischen Mitteilungen „die Komplexität der tatsächlichen Manuskriptverhältnisse nur unzureichend aufklären“.3 Aus diesen Gründen entschloß sich die damalige Herausgeberschaft zur Neuedition des späten Nachlasses in topologischer Ordnung und in diplomatischer Umschrift, unter Einbeziehung der chronologischen Dimension durch den Nachweis der Abschreibprozesse (Querverweise). Die digitale Beigabe der Faksimiles aller transkribierten Manuskriptseiten erlaubt es, die dokumentarische Situation von Material und Zeichen, wie sie Nietzsche nach dem letzten Gebrauch hinterlassen hat, nachzuvollziehen. Zur weiteren Erschließung bietet der jeweils aktualisierte und digital mitgelieferte philologische Nachbericht Manuskriptbeschreibungen, Querverweise, Konkordanzen und auch einen Stellenkommentar zu Zitaten, Exzerpten, Referenzen etc. Mit den 13 Textbänden, den digitalen Faksimiles und dem Nachbericht können sich die Lesenden und Forschenden der komplexen Schreibsituation des späten Nietzsche, der in diesen Heften und auf diesen Blättern zunächst nur für sich selbst schrieb, größtmöglich nähern, ohne daß falsche Authentizitätserwartungen geweckt werden.4 Die Transkription betreibt keine abbildende Mimesis, sondern übersetzt die stark individualisierte Handschrift und die Schriftverteilung auf einer Seite in eine zwar typographisch hochgradig differenzierte, aber vor allem wesentlich standardisierte Umschrift und entsprechende räumliche Relationen. Sie verschafft einen ohne Spezialisierung nur schwer zu erreichenden Zugang zu einer Handschrift, deren „authentisch[e] Gestalt“ sich „strenggenommen allein im Weimarer Goetheund Schiller-Archiv“ befindet.5 Umso wichtiger ist, daß mit den Faksimiles6 und den Textbänden dieser bedeutende Teil von Nietzsches Nachlaß in einer dichten und differenzierten Vermittlung nun vielfach gesichert und zugänglich ist. Dies und der fruchtbare Gebrauch, den seit dem Erscheinen der ersten drei Bände 2001 Lesende, Studierende und Forschende von der IX. Abteilung machen können, mögen die Arbeit, die viele Gelehrte seit Beginn in diese Unternehmung gesteckt haben, rechtfertigen.
Die Beteiligten Zum Gelingen der Edition von Nietzsches spätem Nachlaß in der IX. Abteilung der KGW haben seit dem Pilotprojekt viele Fachleute in unterschiedlichen Funktionen beigetragen: Als Hauptherausgeber der KGW sind dies Volker Gerhardt, Norbert Miller, Wolfgang Müller-Lauter und Karl Pestalozzi, als Abteilungsherausgeberin und -herausgeber Marie-Luise Haase, Michael Kohlenbach, Martin Stingelin und Hubert Thüring, als Antragsteller Emil Angehrn und Wolfram Groddeck. Die eigentliche Arbeit aber haben die Editorinnen und Editoren geleistet: Nicolas Füzesi, Marie-Luise Haase, Michael Kohlenbach, Johannes Neininger, Wolfert von Rahden, Bettina Reimers, Thomas Riebe, Beat Röllin, René Stockmar, Jochen Strobel, Franziska Trenkle und Daniel Weißbrodt. Als Mitarbeitende beigetragen haben Ilona Hadasch, Falko Heimer, Constantin Rupf, Dirk Setton und Karoline Weber. Allen danken wir herzlich für ihr erfolgreiches Wirken und die gute Zusammenarbeit. Gefördert wurde die Projektarbeit durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, die Fritz Thyssen Stiftung, die Walter de Gruyter Stiftung, die Freiwillige Akademische Gesellschaft (FAG, Basel), den Daimler-Fonds, die Max Geldner-Stiftung (Basel) und Frau Maria de los Angeles Romero-Olveira. Ebenfalls erwähnt seien hier die in den einzelnen Bänden jeweils genannten Institutionen, die das Projekt infrastrukturell und administrativ unterstützt haben: das Goethe- und Schiller-Archiv (GSA) in Weimar, die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW), die Universität Basel. Für die teils jahre- und jahrzehntelangen Unterstützungen danken wir im Namen aller Beteiligten mit Nachdruck.
Marie-Luise Haase (1940–2022) und Michael Kohlenbach (1952–2020) Wir bedauern sehr, den Abschluß des deutsch-schweizerischen Projekts und das Erscheinen des letzten Bandes nicht mit Marie-Luise Haase und Michael Kohlenbach begehen zu können. Michael Kohlenbach ist am 26. September 2020 verstorben, Marie-Luise Haase am 26. März 2022, unmittelbar vor der Drucklegung. Als Mitbegründer:innen der IX. Abteilung, als Projektleiter:innen und Miteditor:innen haben sie konzeptionell und operativ den wichtigsten Beitrag zum Projekt geleistet: Ihnen beiden gebührt der größte und wärmste Dank.
Basel, Ende März 2022
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Vorwort der Abteilungsherausgeber, KGW IX 1 (2001), S. XI. Vgl. die Editorische Vorbemerkung, Eröffnungsband KGW IX 1, S. XV, und in diesem Band, S. XI. Röllin / Stockmar: „Aber ich notire mich, für mich“, S. 25. Die Faksimiles sind inzwischen über die Archivdatenbank des Goethe- und Schiller-Archivs frei zugänglich.
Im Namen des Projektteams Hubert Thüring
Editorische Vorbemerkung – Hinweise zur Benutzung Die Wiedergabe von Handschrift im typographischen Satz ist auch bei einer noch so differenzierten Druckgestaltung nicht als Abbildung (,mimesis‘), sondern eher als Resultat einer Übersetzung (,interpretatio‘) von einem polymorphen in ein stereotypes Schreibsystem zu verstehen. Das Schreiben und Lesen von Manuskripten toleriert Spielräume, die auch die Grenzen der genauesten Umschrift im Druck sprengen. Das betrifft sowohl ihre Gesamtkomposition als auch die Materialität schon jedes einzelnen Zeichens. Jede Handschrift besitzt neben generellen auch situative, dem Schreibprozeß unterliegende Merkmale, die in der drucktechnischen Reproduktion fortfallen müssen. Was an einem Manuskript individuell ist, wird im Druck ,typisiert‘. Die Einmaligkeit des handschriftlichen Schreibflusses widersetzt sich jeder Manuskriptdokumentation, die auf normierte Druckbuchstaben angewiesen ist. Zu solchen nicht quantifizierbaren Phänomenen eines Manuskripts gehören, zum Beispiel, die Verteilung des Schriftquantums in der Zeile und auf der Seite, der mal penible, mal fahrige Schriftduktus, die variierende Größe der Buchstaben, die Abhängigkeit der Schriftfigur vom jeweiligen Schreibgerät, von der jeweiligen Aufschreibefläche, die schwankende Tendenz zu kalligraphischer Realisation oder privater Stenographie. Bei den Nachlaßaufzeichnungen Nietzsches kommt hinzu, daß sie in ihrer überlieferten Gestalt keineswegs als Druckvorlage dienen sollten; ihr Schreiber konnte sich als ihr wahrscheinlich einziger Leser verstehen, das heißt er konnte private, für ihn selbstverständliche Weisen des Auf- und Nieder-, Ab-, Um-, Weiter- und Überschreibens realisieren. So sind Zeichen für Flüchtigkeit oder Insistenz, Binnen- und Endverschleifungen, private Abkürzungen und Kürzel, Sonder- und Privatzeichen zwar in Nietzsches Manuskripten, nicht aber im Setzkasten für den Buchdruck vorhanden. Sie erschweren der Transkription, Befund, Deutung und Darstellung in Einklang zu bringen. Die Forderung nach der authentischen Umschrift klingt wie ein unerfüllbarer Imperativ, wenn, auch nach Jahren der Entzifferungspraxis, kein schlüssiges Kriterium dafür gefunden werden kann, ob ein graphematisch keinesfalls korrumpierter Schriftzug nun durch „unseren“, „unsern“ oder „unsren“ wiedergegeben werden soll. Es ließen sich gewichtigere Beispiele zuhauf nennen. Nietzsches Handschrift der späten Jahre gilt als schwer lesbar; sie ist hochgradig individualisiert. Das Varianzspektrum einzelner Grapheme ist beträchtlich, ihre Differenzierbarkeit dagegen oft unzureichend. Polyvalente Einzelzeichen kommen ebenso vor wie nicht unterscheidbare Wortbilder mit offenkundig unterschiedlicher Bedeutung. Ein Wille zur Einheitlichkeit und Konformität ist kaum zu erkennen. Die nicht mundierten Aufzeichnungen sind zum Teil mehrfach, nicht selten unsystematisch und unvollständig überarbeitet. Die Niederschriften können als Material zur Relektüre für ihren Verfasser charakterisiert werden, der sein Schreiben offenbar als einen immer wieder neu nicht abschließbaren Prozeß empfand. Die in der neunten Abteilung der Kritischen Gesamtausgabe transkribierten Manuskripte aus Nietzsches Nachlaß werden auf der jeweils mitgelieferten CD-ROM in digitalisierter Faksimilierung präsentiert. Dadurch ist der Vergleich der Transkription mit den handschriftlichen Aufzeichnungen gewährleistet. Angesichts dieser direkten Anschaulichkeit erübrigen sich weitgehend umfängliche Erklärungen genereller Transkriptions- und Darstellungskriterien. Die Druckseite zeigt das farblich unterlegte Transkriptionsfeld (I) im jeweiligen Format des Manuskripts mit den von Nietzsches Hand stammenden Aufzeichnungen in differenzierter Umschrift. Die zum äußeren Seitenrand hin anschließende Spalte (II) bietet innenbündig Raum erstens für die Zeilenmarkierung, zweitens für die aus dem Transkriptionsfeld ausgegliederten, gleichfalls farblich unterlegten Manuskriptsegmente und drittens für Hinweise zu Anschlüssen bei nicht habituellem Schriftverlauf; außenbündig werden in dieser Spalte Notate und Markierungen fremder Hand verzeichnet. Am Fuß der Seite (III) werden die Druckorte aus KGW, KSA und KGB sowie kritische Anmerkungen zur Transkription lemmatisch mitgeteilt. Diejenigen Seiten, die in den Bänden 12 und 13 nicht im Format der Manuskripte präsentiert werden (etwa Mp XVII, 126r), sind erkennbar durch ein über der rechten oberen Ecke des verkleinerten Transkriptionsfeldes platziertes Minus-Symbol. Das Originalformat der jeweiligen Seite wird im Nachbericht in der Beschreibung der Manuskripte mitgeteilt. Manuskriptseiten, die nach Drehung des Heftes beschrieben sind, werden auch im Druck um 90°, 180° oder 270° gewendet; das dreigegliederte Layout ist entsprechend angepaßt. Die Seitenausrichtung der Manuskripte in den Bänden 12 und 13 beruht auf der Position der archivalisch vorgenommenen Foliierung. Wo in der editorischen Wiedergabe der Aufzeichnungen diese Ausrichtung im Uhrzeigersinn um 90°, 180° oder 270° gedreht erscheint (etwa Mp XVII, 45v), wird dies durch rechts über dem oberen Textfeldrand platzierte Dreh-Symbole angezeigt.
XII
Editorische Vorbemerkung – Hinweise zur Benutzung
Anders als bei Schriftzeichen läßt sich bei Seiten- und Passagenstreichungen, Randanstreichungen und Markierungen nicht immer entscheiden, ob diese von Nietzsche oder von späteren Bearbeitern herrühren. Für die Dokumentation solcher redaktioneller Spuren im Manuskript wurde folgende Differenzierung vorgenommen: stammen sie mit Sicherheit von Nietzsches Hand, werden sie im Transkriptionsfeld gezeigt; sind sie sicher oder mit großer Wahrscheinlichkeit einer fremden Hand zuzuordnen, werden sie in der Randspalte verzeichnet; bei unsicherer Herkunft werden sie zwar ins Transkriptionsfeld aufgenommen, ihre Zuschreibung in den Fußnoten jedoch in Frage gestellt. I Die Wiedergabe der Schriftverteilung auf den Manuskriptseiten (Ränder, Einzüge, Zeilenabstände etc.) ist nach Maßgaben des Drucks standardisiert; Aufzeichnungen mit Schriftzeilen, die im Transkriptionsfeld nicht Platz fänden, sind kondensiert, das heißt enger gesetzt. Die Transkription unternimmt es nicht, die in den Aufzeichnungen wechselnde Deutlichkeit der Schrift abzubilden. Abkürzungen werden als solche wiedergegeben, die zahlreichen Ligaturen und Verschleifungen aber aufgelöst. In deutscher Schreibschrift niedergeschriebene Passagen sind im Druck durch Antiquaschrift, in lateinischer Schreibschrift oder Druckschrift geschriebene Passagen sind in serifenloser Schrift gesetzt; wo diese Schriftarten in Nietzsches Handschrift in Abweichungen oder gemischt vorkommen, wird nur der jeweils vorherrschende Duktus berücksichtigt. Die Verwendung verschiedener Schreibmittel wird im Druck durch unterschiedliche Farben dargestellt; es wird zwischen schwarzen, braunen und violetten Tinten sowie zwischen Blei-, Rot- und Blaustiften unterschieden. Bei der Vielzahl verwendeter Tinten und Stifte identifizieren die Druckfarben nicht ein einzelnes Schreibgerät oder -mittel, sondern zeigen deren jeweilige Unterscheidbarkeit an. Eine zusätzliche Druckfarbe (,grün‘) signalisiert einen differenzierbaren Korrekturvorgang mit einer bereits verwendeten Tintenfarbe; diese wird kurz als „Tinte der letzten Korrektur“ bezeichnet. Um darüber hinaus einzelne Schreib- und Korrekturvorgänge zu unterscheiden, benutzt die Transkription verschiedene Schriftgrößen. Erste Niederschriften sind in normaler Größe wiedergegeben; als Einfügungen oder nicht selbständige Hinzufügungen gewertete Aufzeichnungen erscheinen in kleiner Schrift (petit); an diesen vorgenommene Änderungen oder Zusätze werden in einer noch kleineren Schrift gesetzt, falls dieser Vorgang nicht schon durch die Position der Aufzeichnung oder durch das differente Schreibmittel erkennbar ist. Aufzeichnungen, die nicht entziffert werden konnten, werden durch eine Reihe von Kreuzen „xxxxx“ dargestellt. Graphische Elemente im Manuskript (Streichungen, Abtrennungslinien, Anschlußstriche, Einfügungs- und Fortsetzungsschlaufen, Zeichnungen etc.) sind stilisiert; insbesondere gibt die Transkription nur über die Häufigkeit, nicht aber über unterschiedliche Weisen der Tilgung einzelner Wörter oder Zeilen Auskunft; diagonale Passagen- und Seitenstreichungen werden als solche wiedergegeben, andere Formen (Parallel- oder Mehrfachstreichungen, Schraffur- oder Kreuzstreichungen etc.) werden als X-förmige Tilgung gezeigt. Die Vielzahl der Manuskript-,Verschmutzungen‘ (Tintenflecke und -abdrücke, andere mit Sicherheit unabsichtliche ,Verunreinigungen‘, auch von fremder Hand, etc.) läßt eine systematische Dokumentation nicht zu; wo Tintenabdrücke bereits zu Fehlentzifferungen geführt haben, wird dies unter den Berichtigungen im Nachbericht mitgeteilt. II Zeilenmarkierung: Für eine differenzierte Umschrift, die auch die typographischen Aspekte des Manuskripts berücksichtigt, ist eine regelrechte Zeilenzählung bezüglich vieler Manuskriptseiten oft nicht praktikabel, bisweilen unmöglich. Bei der hier vorgenommenen Zeilenmarkierung, die ausschließlich der Funktion einer bequemeren Referenz dient, sind die indizierten Zeilen mit geraden Zahlen bezeichnet; die dadurch eingeschlossenen Zwischenräume werden durch die entsprechenden, in der Zeilenzahlleiste nicht ausgedruckten ungeraden Zahlen repräsentiert. Ausgegliederte Manuskriptsegmente: Die neben die Zeilenmarkierung plazierten, farblich unterlegten Segmente (etwa Mp XVII, 44r,24), die zum Transkriptionsfeld gehören, enthalten die im Manuskript durch Überschreibung getilgte Schrift (im Beispiel: „in“). Sie korrespondieren mit den auf gleicher Zeilenhöhe im Transkriptionsfeld hervorgehobenen Segmenten, in denen die überschreibende Schrift (im Beispiel: „für“) wiedergegeben ist. Befinden sich mehrere dieser Segmente auf einer Höhe (etwa Mp XVII, 44r,4), so folgen sie einander entsprechend der Leserichtung. Anschlußpfeile: Auf den unmittelbaren Fortgang des Schreibverlaufs, sofern dieser nicht offensichtlich ist, weisen als Lesehilfe Anschlußpfeile hin. Diese sind entweder optisch verfolgbar in den Seitenfalz gesetzt (etwa W II 10, 182,20 → 183,4 oder Z I 2, 12,46 → 13,30) oder außen an die Zeilenleiste mit entsprechender Zeilen- beziehungsweise Seiten- und Zeilenzahl (etwa Mp XVII, 55v,34 → 55v,10 beziehungsweise Mp XVII, 55r,48 → 56r,2); so bedeutet zum Beispiel Fortsetzung auf Zeile 10 derselben Seite → 10 Fortsetzung von Zeile 34 derselben Seite 34 → Fortsetzung auf Seite 56r, Zeile 2 → 56r,2 Fortsetzung von Seite 55r, Zeile 48. 55r,48 → Wenn der Fortgang der Aufzeichnung nicht vom unmittelbaren Zeilenende ausgeht oder nicht zum unmittelbaren Zeilenanfang führt, wird neben dem Lesepfeil der direkte Anschluß aus dem Transkriptionsfeld zitiert (etwa Mp XVII, 59v,40 → 59v,30). Bearbeitungsspuren fremder Hände: Randanstreichungen (etwa D 22, 51v,20-22) und (zumeist vertikal-zentrierte) Passagen- (etwa Mp XVII, 48ar,28-38) oder Seitenstreichungen (etwa D 10b, 2r,1) werden unter Angabe der in der Transkription betroffenen Zeilen in der Randspalte außenbündig mitgeteilt. Markierungen wie „+“ (etwa Mp XV, 78r,2), „ד (etwa Mp XVII, 101r,11), „/“ (etwa Mp XVIII, 1r,37)
Editorische Vorbemerkung – Hinweise zur Benutzung
XIII
oder „//“ (etwa W II 6, 138,3) und Kommentare oder andere Notizen (etwa Mp XVII, 47v,1 oder Mp XVII, 48ar,1) sind transkribiert; den (ungefähren) Ort dieser Aufzeichnungen im Manuskript signalisiert ein ins Transkriptionsfeld gesetzter Platzhalter „x“. Nicht unter die verzeichneten Spuren fremder Hand werden die stereotypen Prozeduren von Paginierung und Foliierung aufgenommen; sie sind in der Beschreibung der Manuskripte dokumentiert. III In den Fußnoten werden die Druckorte für solche Aufzeichnungen angegeben, die als Vorlage für die „Nachgelassenen Fragmente“ in KGW VII 3 und KGW VIII 1–3, für die „Vorstufen“ und „Fassungen“ in KGW VII 4/2 und KSA 14 und für die in die Briefwechselausgabe übernommenen „Briefentwürfe“ in KGB interpretiert werden konnten. Wichtige frühere Druckorte der Aufzeichnungen sowie ihre Eingliederung in die Kompilation „Der Wille zur Macht“ werden in der „Konkordanz der Druckorte“ im Nachbericht mitgeteilt. Ebenfalls in den Fußnoten werden kritische Anmerkungen zur Transkription mitgeteilt, deren Art und Anzahl sich auch subjektiver Entscheidung verdanken. Ist die vor dem Lemma stehende Zeilenzahl unterstrichen (Mp XVII, 7v, Anmerkung zu Zeile 1), so bezieht sich die Mitteilung auf die ausgegliederten Manuskriptsegmente der entsprechenden Zeile. Mit „?“ wird auf unsichere Entzifferungen hingewiesen, mit „¿“ auf Verschreibungen und stark verschliffene oder „atypische“ Schreibweisen (durch Fettdruck hervorgehoben) und mit „Vk“ auf nachträgliche Verdeutlichungskorrekturen im Manuskript (ebenfalls durch Fettdruck hervorgehoben). Schreibfehler werden nur dort nach „>“ von den Herausgebern korrigiert (beziehungsweise nach „>?“ bei einem aus mehreren möglichen Verbesserungen gewählten Vorschlag), wo sie als Lesehilfen nötig erscheinen; ebenso wird bei Auflösungen von Abkürzungen verfahren. Insbesondere die bei Änderungen im Manuskript nicht systematisch durchgeführten grammatikalischen Anpassungen sind in diesen Anmerkungen nicht ergänzt; der Ausdruck „nach Korrektur des Kontextes >“ macht aber (etwa Mp XVII, 44r, Anmerkung zu Zeile 24) auf den Umstand aufmerksam, daß ein im Manuskript nicht verbesserter Schriftzug dank seiner Gestalt schon als die von den Herausgebern mitgeteilte, dem korrigierten Kontext entsprechende Lesart interpretiert werden kann. Um nicht die Kohärenz von Aufzeichnungen zu konstituieren, werden allenfalls thematisch naheliegende, von der Manuskriptgestalt her aber nicht gesicherte oder lediglich vermutete Fortsetzungen (etwa BW 317, 63r, Anmerkung zu Zeile 42) nur in den Fußnoten mitgeteilt. IV Der auf der CD-ROM gegebene Nachbericht enthält die Beschreibung der Manuskripte, Querverweise zu den Abschreibprozessen, einen Stellenkommentar (inklusive eines Literaturverzeichnisses), Berichtigungen, eine Konkordanz der „Fragmente“ und „Briefentwürfe“, eine Konkordanz früherer Druckorte sowie einen Namenindex. Alle diese Mitteilungen entsprechen dem vorläufigen Erkenntnisstand und haben transitorische Gültigkeit. Sie sollen die Arbeit mit der Manuskriptdokumentation schon während des Zeitraums ihres Entstehens erleichtern. Der definitive Nachberichtband wird nach Abschluß der Manuskriptdokumentation publiziert. V Ab den „Aufzeichnungen aus diversen Heften“ in KGW IX 11 enthalten einige dokumentierte Seiten Niederschriften (und Bearbei tungsspuren), die der Gesamtarchitektur von KGW zufolge nicht in die Abteilung IX gehören: Es handelt sich dabei um vor dem Frühjahr 1885 verfaßte Aufzeichnungen Nietzsches, um Passagen seiner Druckmanuskripte oder um an ihn gerichtete Briefe. Diese daher nicht transkribierten Aufzeichnungen werden unter Weglassung der farblichen Unterlegung an entsprechender Stelle im Textfeld als Mitteilungen der Herausgeber angezeigt (etwa N VI 8, 61).
VI In der Transkription benutzte Schriften und Farben: Schrift (Weidemann) deutsche Schreibschrift Schrift (News Gothic) lateinische Schreibschrift oder Druckschrift Schrift (Bodoni) deutsche Schreibschrift (Diktat Ns) lateinische Schreibschrift oder Druckschrift (Diktat Ns) Schrift (Futura) normal erste Niederschriften petit Einfügungen und Zusätze petit spätere Einfügungen und Zusätze Schrift schwarze Tinte Schrift Bleistift braune Tinte Schrift Schrift Rotstift Schrift violette Tinte Schrift Blaustift Schrift „Tinte der letzten Korrektur“
XIV
Editorische Vorbemerkung – Hinweise zur Benutzung
In den Randspalten und Fußnoten benutzte Schriften: Schrift (Frutiger Light) Zitate aus dem Transkriptionsfeld sowie fremde Hand Schrift (Frutiger Light Italic) Mitteilungen der Herausgeber Zeichen und Abkürzungen: nicht entziffert unsichere Entzifferung ? ¿ „atypische“ Schreibweise > Korrektur >? Korrekturvorschlag Vk Verdeutlichungskorrektur im Manuskript Anm. Anmerkung Be Briefentwurf KGW Kritische Gesamtausgabe, Werke KSA Kritische Studienausgabe, Werke KGB Kritische Gesamtausgabe, Briefe KSB Kritische Studienausgabe, Briefe Ms Manuskript Nietzsche N
xxxxx
In KGW gebräuchliche Siglen für Nietzsches Werke und Schriften: GT Die Geburt der Tragödie UB Unzeitgemässe Betrachtungen DS David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller HL Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben SE Schopenhauer als Erzieher WB Richard Wagner in Bayreuth GMD Das griechische Musikdrama ST Socrates und die Tragoedie DW Die dionysische Weltanschauung GG Die Geburt des tragischen Gedankens Ursprung und Ziel der Tragoedie UZ SGT Sokrates und die griechische Tragoedie BA Ueber die Zukunft unserer Bildungsanstalten CV Fünf Vorreden zu fünf ungeschriebenen Büchern NJ Ein Neujahrswort an den Herausgeber der Wochenschrift „Im neuen Reich“ PHG Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen WL Ueber Wahrheit und Lüge im aussermoralischen Sinne MD Mahnruf an die Deutschen MA Menschliches, Allzumenschliches VM Vermischte Meinungen und Sprüche WS Der Wanderer und sein Schatten M Morgenröthe IM Idyllen aus Messina FW Die fröhliche Wissenschaft FWS „Scherz, List und Rache“ FWP Lieder des Prinzen Vogelfrei Za Also sprach Zarathustra Jenseits von Gut und Böse JGB Zur Genealogie der Moral GM WA Der Fall Wagner GD Götzen-Dämmerung NW Nietzsche contra Wagner EH Ecce homo AC Der Antichrist DD Dionysos-Dithyramben