Aufzeichnungen über den Moskauer Staat [2., erw. Aufl.] 3110000067, 9783110000061

Nach der Handschrift des Preußischen Staatsarchivs in Hannover herausgegeben von Fritz T. Epstein. Heinrich von Staden

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German Pages 398 [402] Year 1964

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Table of contents :
Einleitung
I. Die Handschrift
1. Schicksale der Handschrift
2. Beschreibung der Handschrift
3. Die Anordnung der Handschrift
4. Der Schreiber
5. Die Abfassungszeit
II. Heinrich von Staden und sein Bericht über den Moskauer Staat
III. Staden im Dienste des Pfalzgrafen Georg Hans von Veldenz-Lützelstein
IV. Die vorliegende Ausgabe
Vorwort zur zweiten Auflage
V. Stammtafeln (Moskau, Schweden, Polen)
Text der Aufzeichnungen
I. Stück: 'Moscowiter Land und Regierung'
II. Stück: 'Anschlagk'
III. Stück: Supplication
IV. Stück: Selbstbiographie Stadens
Anlagen
1. Ein Projekt des Pfalzgrafen Georg Hans von Veldenz-Lützelstein zu einem Feldzug gegen Moskau
2. Zu Stadens Nachrichten über die Moskauer Zentral Verwaltung
3. Zum Moskauer Geldwesen im 16. Jahrhundert
4. Die Opričnina in der russischen historischen Literatur
5. Zur Beurteilung des Moskauer Anspruchs auf Livland
6. Zur Narvafahrt
7. Zur Kenntnis Sibiriens im Moskauer Staat vor dem Zuge Ermaks. — Der sibirische Zobelfang und Zolltribut
8. Beziehungen zwischen Sachsen und Moskau im 16. Jahrhundert
9. Johann Taube und Eilert Kruse
10. Eine unbekannte Version der Beschreibung Nordrußlands durch Heinrich von Staden
Siglen-Verzeichnis
Literaturverzeichnis
Personenregister
Geographisches Register
Sachregister
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Aufzeichnungen über den Moskauer Staat [2., erw. Aufl.]
 3110000067, 9783110000061

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UNIVERSITÄT HAMBURG Abhandlungen aus dem

Gebiet der Auslandskunde (Fortsetzung der Abhandlungen des Hamburgischen Kolonialinstituts)

Band 34 Reihe A. Rechts- und Staatswissenschaften Band 5

Heinrich von Staden Aufzeichnungen über den Moskauer Staat Herausgegeben von

F R I T Z T. E P S T E I N

CRAM, D E G R U Y T E R & CO · H A M B U R G 1964

Heinrich von Staden Aufzeichnungen über den Moskauer Staat

Nach der Handschrift des Preußischen Staatsarchivs in Hannover herausgegeben von

FRITZ T.EPSTEIN

2., erweiterte Auflage

CRAM, D E GRUYTER & CO · HAMBURG 1964

Der Abdruck der Anlage

10 „Eine unbekannte Version der Beschreibung Nordrußlands durch

Heinrich von Staden" erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Osteuropa-Instituts, München.

© Copyright 1964 b y Cram, de Gruyter & Co., Hamburg 13. Printed in Germany — Alle Rechte der Übersetzung, des Nachdruckes, der Anfertigung von Fotokopien und Mikrofilmen — auch auszugsweise — vorbehalten. Druck: Rotaprlntdruck W . Hildebrand, Berlin.

Inhalt Einleitung I. Die Handschrift 1. Schicksale der Handschrift 2. Beschreibung der Handschrift 3. Die Anordnung der Handschrift 4. Der Schreiber 5. Die Abfassungszeit II. Heinrich von Staden und sein Bericht über den Moskauer Staat III. Staden im Dienste des Pfalzgrafen Georg Hans von Veldenz-Lützelstein IV. Die vorliegende Ausgabe Vorwort zur zweiten Auflage V. Stammtafeln (Moskau, Schweden, Polen) Text I. II. III. IV.

der Aufzeichnungen Stück: „Moscowiter Land und Regierung" Stück: „Anschlagk" Stück: Supplication Stück: Selbstbiographie Stadens

Seit» 7* 7* 11* 14* 19* 20* 22* 31* 51* 62* 63* 1 120 164 167

Anlagen 1. Ein Projekt des Pfalzgrafen Georg Hans von Veldenz-Lützelstein zu einem Feldzug gegen Moskau 211 2. Zu Stadens Nachrichten über die Moskauer Zentralverwaltung . . . 2 1 7 3. Zum Moskauer Geldwesen im 16. Jahrhundert 239 4. Die Opricnina in der russischen historischen Literatur 241 5. Zur Beurteilung des Moskauer Anspruchs auf Livland 244 6. Zur Narvafahrt 250 7. Zur Kenntnis Sibiriens im Moskauer Staat vor dem Zuge Ermaks. — Der sibirische Zobelfang und Zolltribut 252 8. Beziehungen zwischen Sachsen und Moskau im 16. Jahrhundert. . . 255 9. Johann Taube und Ellert Kruse 257 10. Eine unbekannte Version der Beschreibung Nordrußlands durch Heinrich von Staden 261 Siglen-Verzeichnis 281 Literaturverzeichnis 285 Personenregister 309 Geographisches Register 312 Sachregister 316 Tafeln I. Handschriftenprobe (Staden Bl. 70) II. Plan des Moskauer Kreml (nach der „Geographia Blaviana" 1662). III. Karte des russischen Nordens.

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B U t t 10 «er S t a d o n - H i n d w h r i t t ( Z u 8. 107/168.)

Einleitung. I. Die Handschrift: Schicksale der Handschrift. — Beschreibung der Handschrift. — Die Anordnung der Handschrift. — Der Schreiber. — Die Abfassungszeit. II. Heinrich von Staden und sein Bericht über den Moskauer Staat. III. Staden im Dienste des Pfalzgrafen Georg Hans von Veldenz-Lützelstein. IV. Die vorliegende Ausgabe.

I. Die Handschrift. 1. Schicksale der Handschrift. Vor mehr als dreißig Jahren wurde im Preußischen Staatsarchiv in Hannover der Archivar Dr. M. B ä r , der spätere Archivdirektor in Koblenz, auf einen Faszikel Akten aus dem 16. Jahrhundert aufmerksam, der Aufzeichnungen eines Heinrich von Staden über Moskovien enthielt. Der Band gehörte zum ehemaligen sogenannten „Stader Reichsarchiv". In seiner „Geschichte des Staatsarchivs zu Hannover" hat Bär gezeigt, daß sich dieses in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus Stade nach Hannover überführte „Reichsarchiv", eine bunt zusammengewürfelte Archivaliengruppe, aus Briefschaften und Akten zusammensetzte, die als Kriegsbeute eines hohen Verwaltungsbeamten im schwedischen Heere, Alexander Erskein, während des dreißigjährigen Krieges in Privathand angesammelt worden waren1. Erskein, der überall, wohin ihn der Krieg in Deutschland verschlug, vornehmlich in Archiven und Klöstern, nach Handschriften fahndete, scheint ebensosehr aus einem politischen Motiv — um die ,,Arcana" der Feinde Schwedens zu erkunden — wie aus persönlicher Liebhaberei gehandelt zu haben2. Von der Aktengruppe ist heute im Staatsarchiv Hannover nach der Zerlegung in ihre Bestandteile, die an die zuständigen preußischen Staatsarchive und an 1 Über das „Stader Reichsarchiv" vgl. Max B ä r , Geschichte des Kgl. Staatsarchivs zu Hannover ( = Mitt. der Kgl. Preuß. Archiwerwaltung H. 2), Leipzig 1900, S. 44; ders., Eine bisher unbekannte Beschreibung Rußlands durch Heinrich von Staden: HZ 117 (1917), 234. Es ist ein Zufall, daß die Staden-Hs., bevor sie nach Hannover gelangte, nur in Stade nachweisbar ist; die Familie von Stade(n) in Stade — vgl. Joh. Henr. a Seelen, Memoria Stadeniana sive de vita, scriptis ac meritis Diederici a Stade commentarius (Hamburg 1725) — kann mit der Handschrift nicht irgendwie in Verbindung gebracht werden. 2 Über den Akten- und Bücherraub der Schweden im dreißigjährigen Krieg und über Alex. Erskein vgl. B ä r , Geschichte des Staatsarchivs zu Hannover 49—51; O. W a l d e , Storhetstidens litterära krigsbyten, en kulturhistorisk-bibliografisk Studie I (Uppsala und Stockholm 1916), 247f., 301, 323—329; II (1920), 457.



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Österreich abgegeben wurden, nur noch ein Bestbestand vorhanden, der als besondere Abteilung geführt wird1. Da die Staden-Papiere ζ. T. in der Form einer Eingabe an den Deutschen Kaiser gehalten sind, zweifelte Bär nicht daran, daß Erskein sie sich aus dem „Prager Archiv" angeeignet habe2; zu beweisen ist es nicht3. Fest steht nur1, daß die Handschrift in dem ältesten Repertorium des sogenannten „Reichsarchivs" schon als Ganzes verzeichnet ist. Sie war aber dort kein Stück für sich, sondern lag noch mit anderen Schriftstücken zusammen. Das Archiv war alphabetisch nach Schlagworten geordnet. Die Signatur, unter der die Handschrift lag, lautet: „M. 30. Legation in Mußcow Ao. 1576. Mußcowiter Land und Regierung durch Henrich von Staden beschrieben." Das Stück kam in Hannover zuerst in die Registratur der auswärtigen Angelegenheiten unter der Bezeichnung Cal. Br. Arch. Des. 24 Rußland Nr. 1. Nach einem Vermerk im alten Repertorium dieser Abteilung wurde es dann zum Teil als Msc. X 43 (der jetzigen Signatur) formiert; der heute unter der Signatur: „Cal. Br. Arch. Des. 32 VIII Rußland Nr. 2" befindliche Faszikel scheint der Rest jenes Faszikels zu sein, unter dessen Signatur die Handschrift Heinrichs von Staden ursprünglich mit einbegriffen war6. Im Jahre 1902 wurde der Direktor des Kaiserlichen Hausarchivs in St. Petersburg, Α. V. Polovcev, bei einem Besuch in Danzig von Dr. Bär auf die Beschreibung aufmerksam gemacht; Polovcev erbat und erhielt Bärs Abschrift nach 1

B ä r , Geschichte des Staatsarchivs zu Hannover 51. Eine unbekannte Beschreibung 235. — „Das Archiv Rudolphs II. ist bis auf die Reichstagsakten — vermutlich bei der Einnahme der Kleinseite Prags durch die Schweden im J a h r e 1648 — beinahe völlig vernichtet oder verschleppt worden": F. S t i e v e , Die Verhandlungen über die Nachfolge Kaiser Rudolphs I I . in den Jahren 1581—1602, in: Abhandlungen der kgl. bayr. Akad. d. Wiss., Hist. Cl., Bd. 15, I. Abt. (1880), S. 3 Anm. 1; ders., Rudolph II., deutscher Kaiser: Abhandlungen, Vorträge und Reden (Leipzig 1900), 104. 3 Herr Oberbibliothekax Dr. O. W a l d e (Uppsala) h a t t e die Freundlichkeit, mir folgendes mitzuteilen: „ E s gibt in Schweden keine spezifizierten Zusammenstellungen über in Prag erbeutete Archivalien, jedenfalls nicht über die Beute Alexander Erskeins. Die Kgl. Bibliothek zu Stockholm besitzt einen geschriebenen Katalog seiner Bibliothek, wo die Archivalien und Handschriften ganz summarisch verzeichnet sind und welchen ich seinerzeit leihweise von Stockholm bestellte, u m darin feststellen zu können, ob die fragliche Beschreibung Rußlands darin verzeichnet wäre. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein. Von Verzeichnissen in Prag erbeuteter Handschriften kenne ich übrigens nur einen kleinen Katalog aus der Kopenhagener Kgl. Bibliothek; dieser Katalog enthält aber nur alchemische Handschriften aus der Bibliothek Kaiser Rudolfs I I . " 4 Das folgende nach Auskunft der Direktion des Staatsarchivs zu Hannover. 6 Der Faszikel Cal. Br. Arch. Des. 32 V I I I Rußland Nr. 2 = Sammlung Erskein 1 enthält hundert Blätter „Acten betr. kaiserl. Gesandtschaft nach Moskau und russ. Gesandtschaft des Zaars Wassiliewitsch an den Kaiser 1576. 1582"; die Bl. 31 bis 95 stehende Relation Kobenzls vom März 1576 ist nach einer Vorlage im Wiener Haus-, Hof- und Staatearchiv (Rossica ad 1576) in der originalen deutschen Fassung gedruckt in einer Publikation von F . V e r z b o v s k i j (Wierzbowski): Materialy k istorii Mosk. gosudarstva ν X V I i X V I I stolötijach. Vyp. I V : Donesenie Ioanna Kobencelja ο Moekovii 1576 goda. Variava 1901; in Deutschland in der Univ.-Bibliothek Breslau vorhanden. Ein Vergleich ergab nur geringe Abweichungen der gedruckten Version von der Handschrift des Staatsarchivs in Hannover. 8



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Petersburg. Als er bald darauf starb, gelangte die Kopie durch Vermittlung des russischen Generalkonsuls in Danzig D. Ostrovskij an Dr. Bär zurück1. Ostrovskij ließ im Mai-Heft 1905 der Zeitschrift „Istoriöeskij Vöstnik" einen Aufsatz über die Aufzeichnungen Stadens erscheinen2. Sein Hinweis auf die neue Quelle zur russischen Geschichte veranlaßte die Kaiserliche Gesellschaft für Russische Geschichte und Altertümer bei der Moskauer Universität, durch ihren Vorsitzenden A. Stankevic mit Dr. Bär wegen einer Veröffentlichung in Verbindung zu treten3. Die Kopie wurde nach Moskau gesandt, als jedoch der Ankauf nicht zu Stande kam, schaffte sie Ostrovskij zum zweiten Male nach Deutschland zurück4. Erst im Jahre 1916 bewog das erhöhte Interesse für Ostfragen während des Krieges Dr. Bär, in der „HistorischenZeitschrift"6 mitseinem Fund als einem Beitrag zur Geschichte der deutsch-ruksischen Beziehungen in der Vergangenheit literarisch hervorzutreten®. Bär wies auf den Zusammenhang der Staden-Papiere mit Akten hin, die Th. Schiemann 7 und Konst. Höhlbaum 8 zur Geschichte des Pfalzgrafen Georg 1

Briefliche Mitteilung von Herrn Dr. Bär an Herrn Prof. R . Salomon (Hamburg) vom 17. April 1917. 8 Vnov otkrytoe opisanie Rossii X V I v6ka: Istor. V&tnik Bd. 100 (1905), 539—544; danach die Notiz von Fr. v. K e u ß l e r : Heinrich Stadens Nachrichten über die Livländer in Moskau zur Zeit Ioanns Grosnys, in den „Rigaer Sitzungsberichten" 1905 (Riga 1906), 97—99, danach L. A r b u s o w , Grundriß der Geschichte Liv-, Est- und Kurlands ('Riga 1918), 190 (Anm.). — Ostrovskijs Aufsatz und Keußlers Miszelle sind bei A. F e u e r e i s e n , Livländische Geschichtsliteratur 1905 (Riga 1908) Nr. 77 und L. G. 1900 (Riga 1909) Nr. 73 verzeichnet, fehlen jedoch im Artikel „ S t a d e n " von B. C o r d t s Bibliographie: Öuiozemni podoroini po schidnij Evropi do 1700 r. (Die ausländischen Reisenden in Osteuropa bis 1700) = Ukrains'ka Akademija Nauk, Zbirnik istoriino-filologißnogo viddilu Nr. 38 (Ki'iv 1926), 32. Die erste Erwähnung Stadens in der russischen historischen Literatur ist in Rußland nicht weiter beachtet worden; 8. auch ÖÖH 12 (1906), 124. 3 Vgl. den Auszug aus einem Brief von Bär v. 9. Nov. 1905 an Staatsrat v. Keußler in der Anm. 2 erwähnten Notiz Keußlers; ferner Ötenija Bd. 220 = 1907 Bd. I, Protok., S. 13. 4 S. oben Anm. 1. 6 Eine bisher unbekannte Beschreibung Rußlands durch Heinrich von Staden: HZ 117 (1917) = 3. Folge Bd. 21, S. 229—252. • I n Notizen der „Zeitschrift für Lübische Geschichte" Bd. 19(1918), 124f. und der „Zeitschrift des Vereins f ü r Hamburgische Geschichte" Bd. 22 (1918), 247f. und Bd. 23 (1919), 178 f. wurde auf den Aufsatz von Bär wegen seiner Berührung mit Gegenständen der hansischen Geschichtsforschung hingewiesen; für die livländische Geschichtsschreibung ist er von Th. S o m m e r l a d , Die geschichtliche Stellung der russischen Ostseeprovinzen ( = Auslandsstudien an der Universität Halle-Wittenberg H . 6), Halle 1918, S. 8f. herangezogen worden, für die russische durch K. S t ä h l i n , Geschichte Rußlands Bd. I, 273 und 308. — Über einen Vortrag von O. G r e i f f e n h a g e n , „Heinrich von Staden, ein livländischer Opritschnik": B K E XV, 1 (1929), 208. 7 Des Pfalzgrafen Georg H a n s Anschlag auf Livland. Actenstücke aus dem geheimen Staatsarchiv zu Berlin aus den Jahren 1578 und 1579. Mitt. aus der livl. Gesch. Bd. XV Η . 1 (1892), 117—159; die 1892 veröffentlichten Akten bildeten die Grundlage für Schiemanns bereits 1889 im ersten H e f t von Bd. 36 ( = N. F . 18) der „Baltischen Monatsschrift" (S. 21 bis 34) erschienenen Aufsatz: „Ein abenteuerlicher Anschlag". 8 Die Admiralsakten von Pfalzgraf Georg Hans, Graf zu Veldenz, im Stadtarchiv Köln: Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln H . 18 (1889), 1—55. Vgl. auch das Referat über einen von Höhlbaum bereits 1884 in Goslar auf der 14. Jahresversammlung



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Haue von Veldenz-Lützelstein publiziert hatten1. Die Einordnung der Handschrift in eine bestimmte Überlieferungsgruppe des ausgehenden 16. Jahrhunderts wies den Weg, auf dem sich ihrer Entstehung und ihrem Zweck weiter nachgehen ließ. Einige Textproben zeigten die Bedeutung der neuen Quelle für die Kenntnis der Epoche Ivans IV., des Gestrengen. Die Untersuchimg der Nachrichten Stadens über Rußland überließ Dr. Bär den Spezialisten. Auf ein Anerbieten Bars hin erbat sich 1917 Professor R. Salomon (Hamburg) die Abschrift zur Vorbereitimg einer Edition; es zeigte sich jedoch, daß in den Jahren nach dem Kriege die notwendige Spezialliteratur für eine Kommentierung der Handschrift nicht zu beschaffen war. Erst 1926 konnte das Osteuropäische Seminar der Hamburgischen Universität daran denken, unter nun gebesserten bibliothekarischen Verhältnissen die Aufgabe wiederum in Angriff zu nehmen. Bereits 1925/26 hatte ich mich, einer Anregung von Professor Salomon folgend, in Berlin mit der Staden-Handschrift beschäftigt; im Frühjahr 1926 wurde ich als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter des Hamburger Seminars mit der Durchführung der Edition beauftragt. Für die vorliegende Ausgabe bildet eine Abschrift, die ich dank dem Entgegenkommen der Direktion des Staatsarchivs Hannover in Berlin und Hamburg 1925/26 anfertigen konnte, die Grundlage. Nach dem Weltkriege war man auch in Rußland auf die Arbeit von Bär aufmerksam geworden3. Im Jahre 1923 trat er seine Abschrift der Historischen Gesellschaft an der Moskauer Universität ab, — zum dritten Male wanderte die Kopie nach Rußland und erschien 1925 in einer vom Sekretär der Gesellschaft, Professor 1.1. Polosin, besorgten Übersetzung unter dem Titel: OMoskve Ivana Groznogo. Zapiski nemca-opriönika (Über Moskau unter Ivan dem Gestrengen. Aufzeichnungen eines deutschen Opricnik)4. des Hansischen Geschichtsvereins gehaltenen, ungedruckt gebliebenen Vortrag über „Habsburg und die Hanse" (zwei Projekte einer Reichsadmiralschaft 1570—1582 und während des dreißigjährigen Krieges) in der „Deutschen Literatur-Zeitung" 5. Jg. (1884) Nr. 26 Sp. 954; in dem knappen Referat kommen die leitenden Gedanken von Höhlbaums Vortrag genügend klar zum Ausdruck, so daß es verdient, der Übersicht der Spezialliteratur über die maritime Politik der Habsburger in den zwanziger Jahren des 17. Jahrhunderts bei Joh. P a u l , Die nordische Politik der Habsburger vor dem dreißigjährigen Kriege: HZ 133 (1926), 433 hinzugefügt zu werden. 1 Lit. über Georg Hans s. S. 32*. 2 HZ 117 S. 247. 3 S. die Hinweise von C o r d t , Die ausländischen Reisenden in Osteuropa (S. 32) auf die Mitteilungen von V. P. Buzeskul in den Zeitschriften „Nauka na Ukraine" Nr. 3 (1922), 145 f. und „Annaly" 1 (1922), 206—210. 1 Die Veröffentlichung bildet das erste Heft einer Serie von Memoiren, Tagebüchern und Briefsammlungen: Zapisi proslogo. Vospominanija i pis'ma, — hrsg. von S. V. Bachrusin und Μ. A. C j a v l o v s k i j im Verlag Sabasnikov (Leningrad). Rez.: Sovremennyja Zapiski 24 (1925), 445—447; Na cuzoj storonS 12 (1925), 220—235; Zap. russk. istor. obäS. 1 (1927), 13f.: Α. A. K i e s e w e t t e r . — Kommunal'noe chozjajstvo 1925 Nr. 8 S. 124f.: P. N. M i l l e r . — Pe6at' i revoljucija 1925 Nr. 5—6 S. 402f.: I. S.Makarov. — Istorik-Marxist 1 (1926), 305f.: Α. N. Strauch. — Revue des questions historiques Bd. 105 ( = 3. Ser. Bd. 9), 1926, S. 445: J. P o r c h e r . — Historische Zeitschrift Bd. 135(1927), 332f.: F. E p s t e i n . — Revue historique Bd. 154 (1927), 179—183 und 157 (1928), 104: G. G a u t i e r (Ju. Got'e).



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Seiner Übertragung hat Polosin eine größere Einleitung: „Westeuropa und Moskovien im 16. Jahrhundert" vorangestellt. In gedrängter Form rekapituliert er die politischen und kriegerischen Verwicklungen im europäischen Osten und Nordosten im Kampf um das „Dominium maris Baltici" und schildert die wirtschaftliche und soziale Krise im Moskauer Staat in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Auf diesem zeitgeschichtlichen Hintergrund sucht er Stadens person liehe Schicksale chronologisch festzulegen und das Verhältnis von Stadens „Anschlag" zu dem bereits erwähnten Projekt des Pfalzgrafen zu bestimmen. Die beiden Entwürfe stehen, wie schon Bär gesehen hat, einander so nahe, daß auch hinter dem Projekt desPfalzgrafen Staden als Autor oder Inspirator vermutet werden muß1. 2. B e s c h r e i b u n g der H a n d s c h r i f t . Der Codex ist eine mit Bleistift foliierte Papierhandschrift von 97 Blättern in Folio in einem Steifkartoneinband des 19. Jahrhunderts mit Kalikorücken; auf der Rückseite des vorderen Einbanddeckels erinnert ein undatierter Zeitungsausschnitt an einen Vortrag, durch den Dr. Bär die erste Mitteilung von seinem Funde machte. Die Handschrift zerfällt in vier Teile: I. Bl. 1—50: eine Beschreibung des Moskauer Staats unter dem Titel „Moscowiter land und regierung"; II. Bl. 51—66r: das Projekt („Anschlag") zu einer Okkupation des Moskauer Staats; III. Bl. 66v—69: eine Eingabe („Supplication") an Kaiser Rudolf II.; IV. Bl. 70—97: eine Autobiographie Stadens. Im einzelnen ist die Zusammensetzung der Teile folgende: einem weißen Buchbinder-Vorsatzblatt folgt ein Titelbogen. Auf der vom Staatsarchiv gestempelten Seite l r befindet sich oben in schwarzer Tintenschrift der Vermerk „X 43 (früher Celle Ms. [Nr. ?] 180 M. 30), 1—97 Blätter", etwa in der Mitte der Seite mit Buchstaben, die von der — mit einziger Ausnahme von drei Worten2 — sonst allein vorkommenden Hand abweichen, die Aufschrift: „Moskowiter Land 1

P o l o s i n hielt am 11. November 1924 im Histor. Forschungsinstitut an der Moskauer Universität (Naucno-issledovatel'skij institut pri Mosk. universitete) und am 9. Dezember vor der Archäographischen Kommission der Russischen Akademie der Wissenschaften ein größeres Referat über die neue Quelle: „Opriinik Genrich Staden. Ego prikljuiSenija i zapiski"; vgl. LZAK za 1923—1925 gody. Vyp. 33 (Leningrad 1926), 41: Protokoll der 694. Sitzung. Der Vortrag ist nicht gedruckt. Durch das Entgegenkommen des Autors war mir ein ausführlicher Auszug zugänglich. Aufschlüsse, die ich der Mitteilung entnehmen durfte, werden im folgenden durch „Hs. Polosin" kenntlich gemacht. — Vgl. auch: I. P o l o s i n , Zapiski Genricha Stadena, starickogo pomesöika i oprienika carja Ivana: Materialy obSßestva izucenija Tverskogo kraja, vyp. 3 (1925), 24f.; ders., Novyj istoenik po istorii russkogo severa: Sever (Vologda) 7/8 (1928), 50—56. Die Archäographische Kommission hatte sich auf Anregung Α. I. Andreevs bereits früher für die nach Moskau gelangte Kopie der Staden-Handschrift interessiert und beschlossen, darüber mit Μ. M. Bogoslovskij, dem damaligen Vorsitzenden der Historischen Gesellschaft an der Moskauer Universität, in Verbindung zu treten; vgl. LZAK 33 S. 16: Punkt 11 des Prot, der 681. Sitzung vom 18. Dez. 1923. 2 Vgl. Einl. S. 19* Anm. 4.



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vnd Regierung. Beschriben durch Henrich(en) v. Stad(en)." Die Rückseite (lv) ist frei. Aul der dritten Seite des Bogens (Bl. 2r) steht der ausführliche Titel der Beschreibung des Moskauer Staats. Es ist möglich, daß ursprünglich der Bogen anders geknickt gewesen ist und der Blick des Beschauers zuerst auf die jetzige Seite 3 fiel, während die heutige erste und zweite Seite (Bl. 1 r und 1 v) unbeschrieben waren. Die Beschreibung des Großfürstentums Moskau, die die größere Hälfte der Handschrift ausmacht, besteht aus dem Titelbogen und vier Lagen zu je 6 Bogen, — nämlich Bl. 3—8 ~ 9—14, 15—20 ~ 21—26, 27—32 ^ 33—38, 39—44 ~ 45—50 —, und bildet ein abgeschlossenes Ganzes. Die beiden folgenden Teile, Anschlag und Supplikation, gehören, wie die Untersuchung der Handschrift zeigt, eng zusammen, indem die letzte Seite des Anschlags (Bl. 66 r) mit Bl. 69 der Supplikation zu demselben Bogen gehört. Im Einzelnen ist die Zusammensetzung der Stücke folgende: 1. Der Anschlag (Bl. 51—66r) besteht aus einer Lage zu sieben Bogen (Bl. 51—57 ~ 58—64) und einem eingelegten Blatt: 65. — 2. Die Supplikation (Bl. 66ν—69) wird gebildet durch zwei ineinandergelegte Bogen (Bl. 66 ro 69; Bl. 67 ~ 68). Der vierte Teil der Handschrift, die Selbstbiographie (Bl. 70—97) stellt sich — äußerlich betrachtet — selbständig dar und setzt sich aus zwei Lagen von je sieben Bogen zusammen: Bl. 70—76 ~ 77—83; 84—90 ~ 91—97. Alle vier Teile des Codex sind von derselben Hand in deutscher Schrift1 mit einer Tinte von dunkelbrauner Färbung geschrieben. Auf die Seite kommen durchschnittlich 24 bis 27 Zeilen. Die Schrift des vierten Stücks ist namentlich gegen Ende sehr flüchtig. Lateinische Buchstaben sind in der Hs. gewöhnlich für lateinische Worte, für die geographischen Bezeichnungen und für Personennamen, sowie für russische Worte und Redewendungen gebraucht. Einige äußere Besonderheiten heben das erste Stück der Handschrift deutlich von den übrigen drei Teilen des Faszikels ab: dasPapiervonBl. 3—50 unterscheidet sich in Wasserzeichen, Format und Farbton von dem Papier der Blätter 51—97; das Papier des Titelbogens zu I (Blatt 1—2) hat ebenso wie das des zweiten, dritten und vierten Stücks etwas größeres Format als das Papier von I (Blatt 3—50). Nach dem Vorkommen der Wasserzeichen in den verschiedenen Abteilungen der Handschrift wird der erste Teil deutlich von den übrigen abgegrenzt. Im ersten 1 Die von russischer Seite geäußerte Vermutung, daß die Vorlage für das Hannoversche Exemplar der Aufzeichnungen Stadens in lateinischer Sprache abgefaßt gewesen sei (Ms. P o l o s i n ) , ist imbegründet. E s handelt sich bei den in der Hs. vorkommenden lat. Ausdrücken nur um vereinzelte Worte und Wendungen. Auch für Stadens Schreibweise gilt, was K . D. H a s z l e r in Bezug auf H. U. Kraffts Aufzeichnungen sagt: „Wie viel verändert sich für den, welchem die theoretische Kenntnis einer Sprache fehlt, von der wahren Gestalt der Laute und Wörter schon in der Auffassung des Ohres, in der Wiedergabe durch das an jene Laute nicht gewöhnte Organ, in dem Ungenügen der Schrift und . . . durch die Unvollkommenheit auch des besten Gedächtnisses": B L V 61 (1861), 436. — Die russische Ortsnamenforschung wird daher das von Staden gebotene Material nur mit einer gewissen Reserve und nur in der Form der vorliegenden Ausgabe heranziehen dürfen. Mitunter bot die heutige Form einen Anhalt für die Aussprache des betr. Namens zu Stadens Zeit und vermochte den paläographischen Befund zu klären.

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Teil ist ausschließlich auf ein Papier mit einem Adlerzeichen geschrieben. Die Wasserzeichen in Teil II, III und IV konnte ich weder mit Hilfe von B r i q u e t 1 noch mit anderer einschlägiger Literatur über Wasserzeichen bestimmen; sie sind im Grunde herzförmig in zwei verschiedenen Ausführungen 2-3 . Das Wasserzeichen von Blatt 3—50,—ein einköpfiger Adler mit heraldisch links gewendetem Kopf, in der Mitte ein auf einem Strich aufsitzendes F 4 —, ist nach Briquet6 die Marke einer Frankfurter Papierfabrik. Briquet kennt für den Zeitraum von 1541—1600 nicht weniger als 81 Ausführungen dieser Marke, von denen er 25 reproduziert. Unser Zeichen gehört einem Typus an, der sich von 1571 ab findet; er steht am nächsten zwei von Briquet abgebildeten Mustern der Adlermarke, die in datierten Dokumenten aus den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts vorliegen®; demnach ergibt sich aus dem Wasserzeichen des ersten Stückes der Handschrift ein ungefährer Terminus post quem für den Zeitpunkt seiner Niederschrift. Aus inhaltlichen Merkmalen läßt sich, wie weiter unten im Einzelnen gezeigt wird, die Abfassung des Berichts über den Moskauer Staat ziemlich genau auf den Ausgang des Jahres 1578 datieren7. Die Wahrnehmungen am Papier, die dem ersten Stück der Handschrift eine Sonderstellung geben, lassen sich durch die Beobachtung ergänzen, daß nur im ersten Stück Lagen zu je sechs Bogen vorkommen (in den übrigen Teilen je sieben), und daß nur der erste Teil der Handschrift am Fuße jeder Seite Schnörkel aufweist, die gewöhnlich vom letzten Wort der untersten Zeile ausgehen. Nach den äußeren Merkmalen braucht die Abschrift des ersten Stückes nicht notwendig in unmittelbarem Zusammenhang mit II—IV erfolgt zu sein. Die Gleichheit des Formats von Blatt 1—2 und 51—97 läßt die Entstehung des Faszikels so denken, daß die aufeinandergelegten Teile I, II—III und IV durch nachträgliche Hinweise (Blatt 50 v, 69 v) auf das folgende Stück miteinander verklammert wurden. Und zwar befindet sich die Ankündigung des „Projekts" auf der Rückseite des letzten Blattes der Beschreibung Rußlands (50v)8, die der Autobiographie auf der Rückseite des letzten Blattes der Supplikation (69 v)9. Zu oberst wurde ein Bogen vom etwas größeren Format als Titelbogen zu I hinzugefügt. 1

C. M. B r i q u e t , Les filigranes. Dictionnaire histor. des marques du papier (1907). Bl. 1, 55, 60, 61, 63, 65, 67, 77, 79, 81, 91, 92, 93, 94, 95; 3 Bl. 51, 53, 57, 69, 71, 73, 75, 83, 84, 85. 1 Bl. 5, 7, 9, 11, 13, 14, 15, 17, 18, 19, 21, 25, 27, 28, 30, 31, 32, 36, 39, 47, 48, 49; umgekehrt: Bl. 46. 6 B r i q u e t I , 26: „Aigle". 9 Der untere Teil entspricht Briquet I Nr. 157 (von 1574), der obere Teil (Ausführung der Krone, Sehnabelhaltung) Nr. 156 (von 1571). ' Für die Lokalisierung der Handschrift gibt das Papier keinen Anhalt, da das Adlerpapier zu den verbreitetsten Papiersorten gehörte. Nach Briquet ist es im ganzen Rheingebiet, von Straßburg bis in die Niederlande, fast in ganz Deutschland, bis Wien und Posen nachweisbar. 8 Die Formulierung des Vorsatzblattes zum Projekt (Bl. 50 v) lehnt sich eng an Bl. 51 ν an. 9 Die Ankündigung der Supplikation auf der Rückseite des letzten Blattes des Projekts (66v) kann außer Betracht bleiben, nachdem die Zusammensetzung der Handschrift I I und III als eng zusammengehörig und zweifellos im Zusammenhang entstanden erwiesen hat; vgl. S. 12*. 2



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3. D i e Anordnung der H a n d s c h r i f t . Die rein äußerliche Verknüpfung der verschiedenen Stücke durch Hinweise auf den folgenden Teil läßt sich aus der Ordnung des Codex in der beschriebenen Weise erklären. Die äußere Beschaffenheit der Handschrift drängt die Fragen auf: 1. Wie verhält sich die Anordnung der vier Stücke in der Handschrift, die äußerlich verbunden erscheinen, zum Inhalt der einzelnen Teile, — erscheinen die vier Teile in der Handschrift durch ein inneres Band verknüpft oder ist die Ordnung, wie B a c h r u s i n vermutet hat1, ganz zufällig, vielleicht die Reihenfolge, in der die einzelnen Teile abgeschrieben wurden ? 2. Was kann der Zweck der verbundenen vier Stücke gewesen sein ? Über die Reihenfolge, in der die Stücke entstanden sind, ergibt sich aus ihrem Inhalt folgendes. Die Supplikation, die inhaltlich ein Begleitschreiben darstellt, bildet die Achse zum Verständnis des ganzen Komplexes: sie setzt sowohl die unpersönlich gehaltene Beschreibung des Moskauer Staatswesens (Bl. 67) wie Stadens Aufzeichnung über seine persönlichen Schicksale, seine Memoiren, als vorhanden voraus (Bl. 67 v); drittens nimmt Staden in der Supplikation auf den Anschlag Bezug (Bl. 68)2. Der russische Herausgeber stellt die Supplikation, das chronologisch zuletzt konzipierte Stück, in seiner logischen Anordnung der Stücke an die Spitze; dies ist als wohlüberlegt anzuerkennen. Ebenso ist mit Recht die Autobiographie an letzter Stelle belassen; sie ist nach dem Projekt geschrieben (vgl. Bl. 73 v) und ihr Inhalt ist nur dem verständlich, der die Beschreibung und den „Anschlag" gelesen hat3. 1

Rues. Ausg. S. 7. I n den folgenden beiden Absätzen geht die Supplikation ( = S) auf das Projekt ( = P) zurück: Ρ S Bl. 51v: Bl. 67v: Insonderheit, weil der türkische kaiser Den könig in Polen reche ich nicht, welcher den Stefan Potur in Polen zum könige gleich gleichermaßen von dem türkischen kaiser wie er dann ihn (den Krimkhan) auch in eingesetzet, als der krimmische kaiser keinen Krimmen eingesetzet h a t . . . . fortgangk haben mag. Bl. 52v/53: Bl. 67, 67v: Der krimmische kaiser h a t genungksam Darmit nun des krimmischen kaisers vorbeistandes an dem türkischen keiser, den nehmen durch beistant des türkischen nageischen Tattern, knese Michell aus Cir- keisers, der kasansken, astrokansken, cassenlant, den kasansken und astrokansken nageier T a t e m , knese Michael in ScircassenTateren und dem königk in Polen; bedarf land; den königk in Polen reche ich nicht seiner tiicht, wann er nicht will. (s. o.) . . . Die Vita und der „Anschlag" weisen inhaltlich sehr wenig direkte Berührungspunkte miteinander auf; am engsten ist die innere Zusammengehörigkeit der folgenden beiden Nachrichten: Bl. 58v/59 (Anschlag): Bl. 96 (Vita): Zu Scedam wohnet ein Schiffer, genant (Die Russen wollten Staden in die Kola J a c o p H e i n e ; der h a t an diesen ort etliche werfen): Das wollte J a c o p H e i n e , ein jähre gesigelt. Zu Antorf wohnet ein Schiffer bürger aus Scedam, und J o h a n n von Rohma, genant J o h a n J a c o p ; der h a t a n diesen J o h a n J a c o p , Bürger zue Antorff, S e v e ort auch lange zeit gesigelt. Zu Hamburgk r i n und M i c h a e l F a l c k , bürgere in Norwohnet einer, genant Simon von S a l i n g . . . wegen, nicht leiden. Zue Bergen in Norwegen wohnet S e v e r i n (und) M i c h a e l F a l c k e ; die haben diesen ort vor vier jähren, da ich da war, gefunden. Anm. 3 s. nächste Seite. 2



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Für eine Umstellung des ersten und zweiten Stücks, der Beschreibung des Moskauer Staates und des Projekts, die die russische Ausgabe nach der Supplikation in umgekehrter Reihenfolge bringt, sehe ich keinen Grund. Der Zusammenhang der beiden Stücke ist an manchen Stellen evident, wobei eher eine Abhängigkeit des Projekts von der Denkschrift als der umgekehrte Fall anzunehmen ist1. Lediglich praktische Erwägungen, die bei der eingehenden Kommentierung nicht immer vermeidbare Bezugnahme auf die Paginierung der Blätter der Handschrift, ließen es angezeigt erscheinen, in der Original-Ausgabe die Stücke in der Reihenfolge der Handschrift zu drucken. Parallelen in den geographischen Abschnitten der beiden Stücke2 möchte ich nicht als Entlehnungen des Anschlags aus der Denkschrift über den Moskauer Staat bezeichnen, da die unorganische Ein- und Anfügung der geographischen 3 Übereinstimmungen zwischen dem ersten und dem vierten Stück der Hs.: BI. 22 ν und Bl. 89v; Bl. 34/34v und Bl. 93v; Bl. 45v und Bl. 76v; Bl. 41 ν und Bl. 85v; BI. 44v/45 und Bl. 72 v/73. 1 Bl. 64: Bl. 37v: Darnach wurden den toten unden an den Darnach sollen den toten unden an den enckeln oder füssen die füsse zusammen- enckeln die füsse zusammengebunden wergebunden und darnach ein langer balke ge- den. Darnach soll man einen langen balken nohmen und den toten zwischen den beinen nehmen und den toten durch die beine hingesteckt. Darnach in die bach Wolga ge- zwischen stecken, dass an einem jeden balken worfen bei 20, 30, 40, 50 an einem balken; hängen können 30, 40 und auch 50, soviel also flössen die balken mit den toten den ein jeder balke auf dem wasser tragen kann, bach a p ; die toten hingen an den balken im daß er nicht mit den toten zu gründe gehet. wasser. Alsdann soll man die toten mit den balken ins wasser werfen und flissen lassen. Vgl. ferner Bl. 40 und Bl. 52 (über die Nogaier), Bl. 41 ν und Bl. 55 (überdie Samojeden), dazu auch Bl. 65 (Pustoozero). BI. 62v: »BI. 50: Swingorott, welches dem kasansken keiSwinnigorrott: Diese offene Stadt ist dem kasanschen keiser Corcigallea zum under- ser Corzigalea, naehdem Kasanen erobert,, halt nach der eroberung Kaeanen und Astro- zum underhalt gegeben wart. kan gegeben. Bl. 60: Bl. 55: Vor dem ström (Onega) in der sehe ligt . . . das eilant vor der revera Anega, Kie ein eilant, runt umbher beflossen, Kihe Ostrow genant, dar das erste kirchdorf Ostrow g e n a n t . . . Das erste kirchdorf auf Precieta. . . dieser rever wirt auf reussische spräche genennet Presista. Bl. 60v: Bl. 55: T u r s e s s a . . . Hie wirt zum ersten alle das Tursessa: Dar erstlich das salz, welches aus salz gewogen, das aus der sehe gesotten wird. der sehe kompt, gewogen wird. Bl. 61v: Bl. 55v: das jungkfrauwenkloster, dar des gros(bei Beloozero) ein jungfrauwenkloster, in welchem sind des grosfürsten und seines fürsten und seines sohns fürstinnen innen seind. sohnes fürstinnen. B. 61v: Bl. 56v: Ustia: Das ist das flecke, das in der spitzen Da dieser bach Soxna in die Wolga feit, ligt auf der spitze ein offen flecke, Ustia ligt, dar der bach Soxna in die Wolga feit. genant.



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Ausführungen im ersten Stück mit einer an Gewißheit grenzenden Wahrscheinlichkeit für ihre Herkunft aus einem anderen Zusammenhange spricht: löst man aus dem „Projekt" den Abschnitt „Eine unbekannte Pasasie oder Weg zu Wasser und zu Lande nach derMoscaw" (Bl. 53Zeile24 — 57vZ. 18) heraus,so wird damit der auffällige Dualismus im „Projekt" aufgehoben, daß zwei Seiten weiter (Bl. 59—61v, 62v—63) sich die geographische Darlegung — nur kürzer als zuvor — wiederholt. Die beiden vielfach parallel laufenden geographischen Abschnitte haben ursprünglich durchaus verschiedenen Zwecken gedient. Nur der zweite geographische Abschnitt fügt sich durch seine Betonung militärischer Gesichtspunkte völlig in die Tendenz des Schriftstücks ein, während die geographische Skizze Bl. 53—57 neutral, rein deskriptiv gehalten ist. Ich nehme an, daß es neben dem mixtum compositum, welches die Denkschrift Stadens über den inneren Zustand des Großfürstentums Moskau vorstellt, eine zusammenhängende geographische Beschreibung des Moskauer Territoriums gegeben hat, von der Spuren und Bruchstücke im ersten und zweiten Teil der Staden-Papiere enthalten sind: nicht nur weist die Überschrift des ersten Teils der Handschrift: „Des ganzen Landes Beschreibung...." auf vollständigeres hin als das, was Bl. 39v Z. 19 — 40 Z. 2 und 48v Z. 16—50 an geographischer Aufklärung über Moskau geboten wird 1 . Die Bemerkung: „In Norden (ligt) die b e s c h r i e b e n Westsehcant (Bl. 39v Z. 25) beweist, daß der Abschnitt einmal in einem anderen Zusammenhang gestanden hat; denn in dem Text, der ihm jetzt vorangeht, ist keine Beschreibung des russischen Nordens, der Küste des Weißen Meeres enthalten; dagegen befindet sie sich in Teil I I der Staden-Hs., dem Anschlag, doppelt. Der Umstand, daß der Abschnitt Bl. 39v Z. 19—40 Z. 2 („des grosfürsten land ligt also in diesen landen" . . . bis: „zu osten ligt Samaeden, Mungosia, Tachsea") in der Korrespondenz des Pfalzgrafen Georg Hans unter der Überschrift: „Ber i c h t , wie d e s M u s c o w i t e r s l a n d g e l e g e n " 2 , ferner der Abschnitt 49ν Ζ. 10 bis 50 Ζ. 22 unter der Überschrift: „ V e r s c h i e d e n e p a ß a t z i e auf die s t a t M u s c o w a u s S c h w e d e n , P o l e n u n d C r i m m e n " 3 vorkommen, scheint auf stärkere Zusammengehörigkeit dieser Stücke hinzudeuten. Ich nehme an, daß die im ersten und zweiten Teil zersplitterten Materialien nicht militär-geographischer Natur ursprünglich in einem einheitlichen Zusaminenhang gestanden haben. Er läßt sich mit Bestimmtheit aus dem unlogischen Aufbau der gegen1 Ich vermag also P o l o s i n (124 Anm. 1) nicht darin beizustimmen, daß der geographische Abschnitt Bl. 48v bis 50 einen organischen Teil des Projekts einer Okkupation Moskoviens bilde und nur zufällig in der Beschreibung Moskoviens erscheine. Es liegt hier vielmehr ein Bruchstück einer nicht von militärischen Gesichtspunkten — wie im „Anschlag" — diktierten allgemeinen geographischen Beschreibung des Landes vor, die einen besonderen Teil der allgemeinen Aufzeichnung Stadens über den Moskauer Staat gebildet haben kann. 8 So Hs. Dresden Bl. 49; Wien B1.281; Berlin (Bl. 102) hat: „Wie die Muscow gelegen". 3 Berlin Bl. 84 v/85. — Die Stücke der Korrespondenz des Pfalzgrafen, die mit Abschnitten der Hs. in Hannover wörtlich übereinstimmen, sind rein geographischen Inhalts. Sie stehen nicht in direkter Verbindung mit dem Projekt des Pfalzgrafen und zeigen schon durch die Art der Überlieferung als Anlagen zur Korrespondenz auf besonderen Blättern, daß sie aus anderem Zusammenhang stammen.



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wärtigen Überlieferung nicht erschließen1. Eine Verknüpfung der geographischen Mitteilungen, die sich auf den Moskauer Staat selbst beziehen, sodann für das geographische Material über die Anrainer des Großfürstentums erscheint etwa in folgender Weise möglich: Betrachtet man den Abschnitt des zweiten Teils: „eine unbekannte paßasie UBW." (Bl. 53 Z. 24—57v Z. 18) als Ergänzung und Fortsetzung der Partie über die bekannten „Paßasien" (Bl. 49 ν—50), nimmt man ferner einen Zusammenhang mit dem isolierten Bruchstück (Bl. 48v Z. 16—49v Z. 9) einer geographischen Aufzeichnung über den Moskauer Staat an, so wäre damit eine geschlossenere Gruppierung desjenigen geographischen Materials für den Moskauer Staat, das sich weder in den Rahmen der „AufZeichnung" noch in das „Projekt" organisch einfügt, rekonstruiert. Demgegenüber bildet die Aufzählung der Grenznachbarn des Moskauer Staates im Osten, Südosten, Süden, Westen und Norden (Bl. 39v Z. 19—40 Z. 2) gleichsam die Disposition für die nächstfolgenden Abschnitte, nur daß die ursprünglich zusammenhängende Darstellung durch Einschübe erweitert erscheint. Der Reihenfolge, in der die angrenzenden Staaten und benachbarten Völkerschaften: das Gebiet der Nogaier (I) im Osten, das Gebiet der Cerkessen (II), Persien, Buchara, Semacha (III) im Südosten, die Krim (IV) im Süden, Litauen (V) im Süd(west?)en, Polen (VI) im Westen, Schweden, Norwegen, die Küste des Weißen Meeres (VII) im Norden, das Gebiet der Samojeden (VIII), Mangazeja (IX) und Tachöeja (X) im Nordosten aufgeführt werden, entsprechen die Ausführungen über: I. Nogaier Bl. 40 Z. 2 bis Bl. 40 Z. 14 II. Cerkessen 40 15 bis Bl. 40 18 III. Persien, Buchara, Semacha 40 18 bis Bl. 40 23 IV. Krim2 40 24 bis Bl. 40v 3 V.Litauen ... 40v 4 bis Bl. 41 16 VI. Polen 41 17 bisBl. 41v 8 VII., Schweden, Norwegen und die Eismeerküete sind ausgelassen, was sich mit der eingehenden Betrachtung dieses Gebietes an anderer Stelle, in der „unbekannten Paßasie" (Bl. 53—55 Z. 20), erklären ließe. VIII. Samojeden 41v 9 bis Bl. 41v 23 I X . Mangazeja 41v 23 bis Bl. 41v 25 X. Tachöeja 42 1 bis Bl. 42 4 1 Bl. 49v heißt es: „Zeucht er (der Krimkhan) auf die rechte hand, so kompt er uf den bach Oka an die Stadt Starpuga (Serpuchov), ligt eine t a g e r e i s e von der Moscow"; der entsprechende Passus in der pfalzgräflichen Korrespondenz lautet (Berlin Bl. 85): „Zeucht er uf die rechte hand, so kompt er uf die bach Oka uf das Schloß Serpucha, ligt 70 v e r s t e von der Moscaw". Nimmt man an, daß es außer der Beschreibung der Moskauer Verhältnisse (I. Stück der Staden-Hs.) eine geographische Beschreibung des Landes gegeben hat, so läge nach dem vorstehend Gesagten in Bl. 49v und Berlin Bl. 85 ein Satz daraus in zwei Versionen vor. Anmerkung 2 s. nächste Seite.



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Die Einzelheiten über den russischen Feldzug gegen Polock 1563 (Bl. 40v Z. 7 bis 41 Z. 16) stellen vermutlich einen Einschub dar. Der Satz, der den Abschnitt über die Nachbarn des Moskauer Staats einleitet: „Des grosfürsten land ligt also in diesen landen" 1 setzt offenbar irgend eine vorhergehende Äußerung geographischer Natur (etwa derart, wie sie in der Überschrift des Passus in den pfalzgräflichen Korrespondenzen erscheint) voraus. Staden selbst resümiert in der Einleitung zur Supplikation (Bl. 67) die von ihm in seiner Beschreibung des Moskauer Staats behandelten Gegenstände etwa folgendermaßen: er habe geschrieben über das Regierungssystem des Moskauer Staats, das Lehn- und Erbgütersystem der Fürsten und Bojaren, die Kriegführung gegen die Krimtataren (wieweit das Moskauer Heer ihnen entgegenziehe; die Verwüstung des Landes und die Verbrennung Moskaus durch den Krimkhan; die Anstrengungen des Khans, den Moskauer Staat zu erobern, den Caren und seine beiden Söhne gefangen zu nehmen und sich den großfürstlichen Schatz anzueignen), das Wüten des Caren gegen die Zemsöina, die Hungersnot und das Wüten der Pest in Rußland. In dieser sehr summarischen Übersicht fehlen Hinweise auf die in der Beschreibung von Bl. 37 an behandelten sehr verschiedenartigen Themen: von Bl. 37 ab nimmt das erste Stück der Handschrift in Hannover den skizzenhaften Charakter einer ungeordneten Aneinanderreihung von Aufzeichnungen über verschiedene Gegenstände an, die ebensogut für eine andere Ausarbeitung bestimmt wie einem anderen Zusammenhang entnommen sein können2; die zweite Vermutung dürfte für die geographischen Abschnitte in diesem Teile der Handschrift, wie an anderer Stelle gezeigt wird, am ehesten zutreffen. Die kleinen Stücke berichten von der Eroberung der Khanate, die Kolonisationspolitik der Moskauer Regierung im unteren Wolgagebiet nach der Eroberung von Kazan und Astrachan, über den blutigen Konflikt zwischen Livländern und Schotten im schwedischen Belagerungsheer vor Wesenberg 1574, die Verwaltungswillkür des Statthalters von Kargopol, den Transport von Ausländern von der Grenze nach Moskau u. a. Diese Splitter lassen die Annahme zu, daß in der Überlieferung Lücken sind oder daß Stadens Vorhaben weiterging, als er in der Denkschrift ausführte. Ich betrachte Staden Bl. 49 ν mit der ganz allgemein gehaltenen Entfernungsangabe („tagereise") als die ursprüngliche, die Überlieferung in der pfalzgräflichen Korrespondenz als eine für ihre militärische Bestimmung — durch Einsetzen der Entferflungsangabe in Verst statt der Rechnung nach „Tagereisen" ·— abgeänderte Fassimg. Eine dritte Parallelstelle, die die zeitliche und räumliche Vorstellung der Entfernung vereinigt — Staden Bl. 34ν: (dem Krimkhan begegne das Heer des Großfürsten an dem Bach Oka) „70 Varste oder eine reussische tagereise von der Stadt Moskau" — dürfte jüngeren Datums als die beiden bereits angeführten Stellen sein. a Vor dem Abschnitt über die Krim ist offenbar eine Lücke in der Handschrift; vgl. S. 91 Anm. 3. 1 Bl. 3 9 ν (S. 87). 2 In Wiederholungen wird hier das Fehlen jeglicher Disposition deutlich; vgl. Bl. 45ν und Bl. 20; Bl. 49v und Bl. 40; Bl. 48v und Bl. 45v; ähnlich in der Vita: Bl. 81 und 78v; 85 und 81v/82; 87 und 82.



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4. Der Schreiber. Für die Bestimmung der vier im Faszikel in Hannover enthaltenen Stücke ist aus der Handschrift selbst kein Anhalt zu gewinnen. Es wird sich nicht um offiziell der kaiserlichen Kanzlei eingereichte Dokumente handeln, die dem Kaiser vorgelegt werden sollten; ebensowenig stellen die Stücke Konzepte vor; denn es steht fest, daß es sich um unkollationierte Abschriften nach verlorenen Vorlagen handelt. Der sichere Beweis für eine Abschrift liegt darin, daß Bl. 13v eine beim Abschreiben übersprungene Zeile der Vorlage am Rand nachgetragen ist. Dazu kommt, daß das zweite und dritte Stück zum Teil auf Seiten ein und desselben Bogens stehen, während das dritte Stück, die Supplikation, wie bereits gezeigt, logisch an die Spitze, chronologisch an die letzte Stelle gehört. Daß das Exemplar in Hannover nicht die Urfassung, sondern eine Kopie verlorener Originale der Aufzeichnungen Heinrichs von Staden ist, hat auch Polosin gesehen1. Der flüssige Duktus der Handschrift zeigt nirgends, auch nicht vor oder in einem der vielen russischen Worte, eine Stockung. Allein Fehler in den im Text vorkommenden russischen Einsprengseln2 und zahlreiche schwere Mängel und grobe Versehen im deutschen Text aus Unachtsamkeit des Abschreibers, von denen bei einer Durchsicht des Geschriebenen ein Teil hätte bemerkt werden müssen3, schließen Staden selbst als Schreiber mit Sicherheit aus. Das „manu propria" der Unterschrift in der Supplikation (Bl. 69) läßt sich keinesfalls zum Beweise dafür, daß der ganze Faszikel durch Staden geschrieben sei, verwerten; dagegen spricht der paläographische Befund4. Die Ich-Form der Hinweise auf das Folgende an den Anknüpfungspunkten von Stück I I zu I I I (Bl. 66 v) und I I I zu IV (Bl. 69 v) macht es indessen sehr wahrscheinlich, daß wenigstens die Anordnung der Stücke und die Überleitungen direkt auf Staden zurückgehen. Namentlich von der Nahtstelle von Stück I I I zu IV, wo der Hinweis auf die Autobiographie zweifellos bei der Formierung der Ms. Polosin. ζ. B. ruka ruka moit (Bl. 6); scabacka scabaka isiel (Bl. 42v). „Stredens Keuliza" statt Sretenskaja ulica (Bl. 77 v) kann nur jemand geschrieben haben, der kein Wort russisch verstand, also nicht Staden. 3 Typische Abschreibefehler: am Schluß der Blätter 3, lOv, 38 und 67v sind angefangene Worte oder Sätze auf der folgenden Seite nicht zu Ende geführt; mehrmals sind im g l e i c h e n Satz bereits geschriebene Worte an anderer Stelle wiederholt (ζ. B. Bl. 19v, 25, 39, 72v); Bl. 21 ν ist die Lücke für einen Personennamen nicht nachträglich ausgefüllt; Bl. 22 und 47 stehen aus anderen Zusammenhängen gerissene Absätze, die nur durch Gedankenlosigkeit des Abschreibers an diese Stellen gekommen sein können. — Schreibfehler sind in der Hs. sehr häufig, vgl. ζ. B. S. 13 Anm. 9, S. 48 Anm. 4, S. 58 Anm. 5, S. 60 Anm. 4 usw. Die unregelmäßige, mitunter verwirrend verschiedenartige Transkription ein und d e r s e l b e n Eigennamen (ζ. B . Douona-Dawuna-Datrona = Dowojna; WischlauchWischowchow = Vislouchij) ist sogar in zeitgenössischen Drucken keine seltene Erscheinung. 4 An drei Stellen der Handschrift glaube ich Stadens eigene Hand annehmen zu dürfen: bei dem Bl. 2 in die Lücke für den Namen des Kaisers eingesetzten Namen „Rudolpho", auf Bl. 50v in dem am Rand nachgetragenen Wort „Ruszlandtt" und in der Unterschrift des Blattes 69. Es fällt auf, daß, abweichend vom ganzen übrigen Text der Handschrift, die vorkommenden u in Rudolpho, manu, Ruszlandt als ü geschrieben sind. 1 2



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vier Stücke zu einem Faszikel n a c h t r ä g l i c h auf der letzten, freigebliebenen Seite der Supplikation eingefügt wurde, darf bestimmt angenommen werden, daß ein nicht von Staden dirigierter Abschreiber und Ordner der Schriftstücke für die Verbindung zweier Stücke durch eine Aufschrift auf einer leer gebliebenen Zwischenseite eine unpersönliche Fassung gebraucht hätte. Gründe, die auf einen Staden fremden Abschreiber schließen lassen könnten, um etwa ihm, nicht Staden, tatsächliche Irrtümer der Handschrift in Hannover als fremde Zusätze zur Last zu legen, sind nicht vorhanden. Wenn Staden entgegen den tatsächlichen Verhältnissen und im Widerspruch zu andern Stellen (Bl. 40 v, 51v) einmal den Moskauer Staat bis zum Schwarzen Meere reichen läßt (Bl. 55), wenn er erklärt, aus den Nachbargebieten des Großfürstentums Moskau könne man auch „bis und in Americkam" kommen, so bleibt er damit im Rahmen des geographischen Vorstellungen seiner Zeit. Staden gibt selbst an, daß er nicht nur aus eigener Wissenschaft schreibt1. 5. Die Abfassungszeit. Für die Bestimmung der Abfassungszeit ist entscheidend, daß die Autobiographie (Bl. 96v) auf das Jahr 1578, und zwar auf den Frühsommer dieses Jahres als dem Zeitpunkt führt, zu dem Staden mit dem Pfalzgrafen Georg Hans von Veldenz bekannt wurde: Staden war von Ostfriesland dem Herzog Carl von Södermanland nachgereist, der sich im Frühjahr 1578 in Lützelstein in Lothringen, der Residenz seines pfälzischen Schwagers, aufhielt2. Da Staden nach mehrmonatigem Aufenthalt am Hofe des Pfalzgrafen vor seiner Sendung an den kaiserlichen Hof nach Prag mit Aufträgen des Pfalzgrafen zu Stephan Bathory und zum Hoch- und Deutschmeister gesandt worden war (Bl. 96 v), ist als frühester Termin für die Abfassung der Denkschrift über Moskau auf Anregung des Kaisers (Bl. 67 v) der Ausgang des Jahres 1578 anzusehen, — die Zeit, in der Ivans Herrschaft in Livland eben ins Wanken geriet, sodaß ein entfernter Beobachter wie Staden es noch fest in der Hand des Caren wähnen und ein Projekt zur Wiedergewinnung zu unterbreiten sich erbieten konnte (Bl. 97)3. 1 Derartige Stellen sind: (B1.42) „man will sagen, daß zu der zeit Rom, welche ins elend geschickt sein, die sein in dies land (Tachseja) gesendet worden"; (55v) „man will sagen, daß in dieser Stadt und kloster (Beloozero) viel schätz des großfürsten liegen soll"; dazu die Erzählungen über Mißbräuche in der Verwaltung „bei allen vorgewesenen verstorbenen großfürsten" ( 9 v ) ; den aprisnischen Handel, den einige Großfürsten anfingen, aber nicht hätten durchführen können ( 9 v ) ; den jährlichen gebührlichen Tribut, den alle verstorbenen Großfürsten dem Kaiser in Krimmen gegeben hätten (51); den großen Schatz des Großfürsten, an dem viele hundert Jahre gesammelt worden sei (51 v). Ein unzweifelhaftes Bestreben, sich zu unterrichten, zeigen die Abschnitte über die Eroberung der Khanate und die Einnahme von Polock, — Ereignisse, die vor der Moskauer Zeit Stadens lagen. Direkte literarische Entlehnungen lassen sich an keiner Stelle nachweisen; auffallend ist das Loblied auf die Fruchtbarkeit des Rjazaner Gebiets (Bl. 65v), -— obwohl Staden an anderer Stelle sagt, in hundert Jahren ließe sich der Schaden, den die Verwüstungen durch den Krimkhan dort angerichtet hätten, nicht wieder gut machen (Bl. 51); vgl. dazu S. 162 Ar.m. 1 und 3. 2 Vgl. Staden S. 207 Anm. 5. 3 Unter den Beuteakten aus der Prager kaiserlichen Kanzlei, die in die Kgl. Bibliothek in Stockholm gelangt sind, befindet sich auch ein Projekt: „ W i e Lieff-Lannd wieder zu



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Es ist möglich, daß Staden in den Entwürfen zu Eingaben an den Kaiser ältere Papiere, seine Ausarbeitungen für den Pfalzgrafen, benutzt hat. Ein direkter Hinweis auf frühere Entstehung der geographischen Partien in der Beschreibung des Moskauer Staats steckt in dem Passus (Bl. 49): „Die livländischen Häuser und Schlösser, welche der Großfürst n e u l i c h eingenommen hat, — Kreuzburg, Dünaburg, Kokenhusen"; so konnte Staden, der im Dienste eines über die Vorgänge im Osten rasch und vortrefflich unterrichteten Fürsten stand 1 , im letzten Viertel des Jahres 1578 nicht über Vorgänge des August 1577 schreiben. Nach der Art, wie er vom Krimkhan Devlet-Girej spricht, wußte er vom Thronwechsel in der Krim im Juni 1577 offenbar nichts. Eine genauere Bestimmung ist auch bei Berücksichtigung aller weiteren Angaben Stadens, die für den Zeitpunkt der Abfassung indirekte Zeitmerkmale enthalten, nicht zu gewinnen. Während so vage Äußerungen wie (Bl. 71 v): „Johann, der jetzige König in Schweden" oder (Bl. 73 v): „der jetzige König Stephan (von Polen)" außer Betracht bleiben können, sind manche recht bestimmt klingende Mitteilungen nicht sicher datierbar: Trifon sei an diesen Ort (Peöenga) über Norwegen und Bordehaus (Vardöhus) in Lappland von Groß-Novgorod „binnen 23 Jahren" gekommen (Bl. 53v) 2 ; die Stroganovs hätteji in Kola „binnen drei Jahren" eine Salzsiederei gebaut (ebenda) 8 ; Severin und Michael Falcke aus Bergen hätten diesen Ort (die Murmanküste) vor vier Jahren gefunden (Bl. 59)4. Die Mitteilung in der Vita: „Itzunder zihen die grossen häns aus Liffland nach der Moscaw" kommt als Zeitmerkmal nicht in Betracht, da Staden zur Zeit der Abfassung schon lange Livland und Moskau den Rücken gekehrt hatte und schwerlich über derartige Vorgänge weiterhin unterrichtet blieb; mit der Einnahme von Polock durch Stephan Bathory, dem Beginn der Serie schwerer Niederlagen Ivans, die ihm Livland wieder entwanden, wird der freiwillige Zuzug aus Livland nach Moskau zum Stillstand gekommen sein. Andere Anhaltspunkte für die Datierung des Anschlags, die Nachricht über den Stand der polnischtatarischen Beziehungen (Bl. 51 v) und den Kriegszustand zwischen Moskau und Schweden (Bl. 52 v) sprechen nicht gegen den Ansatz Ende 1578/Anfang 1579. erobern" (in einem Einband mit dem kaiserlichen Adler der Zeit Rudolfs II.), das aber nicht von Staden herrührt; vgl. B. D u d i k , Forschungen in Schweden für Mährens Geschichte (Brünn 1852), 254f. 1 Es ist bekannt, wie rasch und zuverlässig man in jener Zeit in Deutschland durch „Zeitungen" über die Vorgänge in Livland und Polen unterrichtet war und daß sich der polnische König, der Schwager des Pfalzgrafen, außerdem gut darauf verstand, die öffentliche Meinung in Deutschland publizistisch zu bearbeiten, vgl. unten S. 54* Anm. 4. 2 Polosin (S. 63 und 163) faßt den Ausdruck „binnen 23 Jahren" als „vor 23 Jahren" auf und rechnet nicht von der Gründung des Pecenga-Klosters (1533) ab, sondern setzt als Ausgangspunkt für Stadens Rechnung die in ihrer Echtheit angezweifelte „zalovannaja gramota" Ivans für das Pecenga-Kloster von 1556 (vgl. S. 126 Anm. 1); Beweiskraft hat eine derartige Berechnung nicht. 3 Der Zeitpunkt von Trifons Eintreffen in Peöenga und der Beginn der industriellen Betätigung der Stroganov in Kola steht nicht genau fest. 4 Die Herkunft Severin und Michael Falckes aus Bergen ist nicht zweifelhaft; doch ist — nach freundlicher Auskunft des Staatsarchivs in Bergen — Näheres über die beiden Seefahrer nicht bekannt. Über die Fahrten der Bergener im Nordmeer weiß man nur wenig; vgl. Staden S. 152 Anm. 4.



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II. Heinrich von Staden und sein Bericht über den Moskauer Staat. Staden stammte aus Ahlen in Westfalen1. Für seinen Lebensgang sind wir bis zum Jahre 1578, dem Jahre seines Eintritts in den Dienst des Pfalzgrafen Georg Hans von Veldenz-Lützelstein, fast ausschließlich auf seine eigenen Angaben angewiesen. 1 Träger des Namens „von Staden" begegnen in Rußland wieder im 17., 18. und 19. Jahrhundert. Wahrscheinlich handelt es sich u m Nachkommen der Staden in Livland. Unter zahlreichen Alt-Rigaer Familien, die aus dem Stift Münster nach Riga eingewandert sind, kommt auch der Name Staden vor: E. S e r a p h i m , Aus Alt-Rigas Bürgertum (nach der Veröffentlichung von J . G. L. N a p i e r s k y , Die Erbebücher der Stadt Riga 1384—1579, Riga 1888): BM 36 (1889), 261, 264f. — H . S t r u n k f ü h r t in einer Zusammenstellung „Über den niederdeutschen Anteil an der Alt-Danziger Bevölkerung" (nach dem Bürgerbuch 1364—1434): Altpreußische Forschungen 4. J g . Η . 1 (1927), 82 eine ganze Reihe von Bürgern namens St. im 14. J h d t . auf; er läßt unentschieden, ob als ihre ursprüngliche Heimat Steide in der Provinz Hannover oder eines der drei Stade in Westfalen anzunehmen ist. Nachkommen des Danziger Ratsherrn Heinrich von Stade (Mitte d. 15. Jhdts.) kamen im Anfang des 16. Jahrhunderts nach Livland. Ein Hermann von Staden aus Riga war der Marschall der zweiten holsteinischen Gesandtschaft nach Moskau (1636): O l e a r i u s (Ausg. 1696), 30; über die Gesandtschaft zuletzt A. S. L a p p o - D a n i l e v s k i j , Rossija i Gol'Stinija, oierk iz istorii germano-russkich otnoäenij ν X V I I I vökö: Istoriöeskij Archiv 1 (1919), 257—259. — Hermann von Staden und sein Bruder Nikolaus dienten später im Moskauer Heere als Obersten; in den kirchlichen Streitigkeiten, von denen die Sloboda in den sechziger Jahren erfüllt war, spielten die beiden Staden eine gewisse Rolle ( F e c h n e r Bd. I : über Hermann v. St. S. 304f., 319, 324, 382; über Nik. S. 327f., 335, 365); Nik. v. St. gehörte zu den vornehmsten Einwohnern der Sloboda (vgl. Al'bom M e j e r b e r g a , St. Pbg. 1903, Tafel 75: Nova inasemska Sloboda; B. v. K o e h n e , Berlin, Moskau, St. Petersburg 1649—1763: Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins 20, Berlin 1892, S. 156) und wurde vom Caren wiederholt zur Anwerbung von Bergleuten und Künstlern nach Kurland, Schweden und Preußen gesandt: B r ü c k n e r , Geschichte Rußlands I (1896), 560; A. B u c h h o l t z , Instruction des zarischen Gesandten Nicolaus von Staden vom 30. Nov. 1670: SB Riga von 1884 (Riga 1885), 16f.; A. I . Z a o z e r s k i j , Car Aleksej Michajloviö ν svoem chozjajstvS = ZPU 135 (1917), 159. Als Nikolaus später in polnische Dienste trat, wurde Hermann v. St. in seinem siebzigsten Lebensjahre griechischorthodox, um keinem Zweifel an seiner unverbrüchlichen Ergebenheit R a u m zu lassen; er starb 1683: Eng. K ä m p f e r 370; F e c h n e r I, 382; B r ü c k n e r , Die Europäisierung Rußlands 293 Anm. 1. F ü r die Nachricht bei M. P o s s e l t (Der General und Admiral Franz Lefort Bd. 1,1866, S. 265) und beiD. C v ö t a e v (Obrusönie zapadnoevropejcev vMosk. gosudarstv®, Varäava 1903, S. 17), beide Brüder seien zur Orthodoxie übergetreten, finde ich keine Bestätigung. Georg A d e l h e i m bringt in seiner Veröffentlichung: „Die Genealogie der alten Familien Revals von Heinrich Laurenty, Küster an St. Olai (gest. 1692)", Reval 1925, S. 101—103 einige Nachrichten über die von Staden, die im Ausgang des 17. Jahrhunderts in Reval ansässig waren. Der Pastor Karl Gustav von Staden (1700—1750) — vgl. W i n k e l m a n n Nr. 8147; R B S (1911) — und drei weitere im „Russkij Biograf. Slovar" aufgeführte Staden, die im 19. Jahrhundert im russischen Heere zu hohen Würden aufstiegen: Reinhold Gustav ( = Evstafij Evstaf'eviö) von Staden (1774—1845) und seine Söhne J o h a n n (Ivan), 1803—1871, und Nikolaj (1815—1892) stammen von dem oben genannten Danziger Ratsherrn a b : Briefliche Mitteilungen (1912) von Herrn C. v. D e h n (Riga) aus dem Manuskript für das Handbuch des livländischen Adels an Herrn Senior von Staden in Stade; nach freundlicher Auskunft von F r a u Senior v o n S t a d e n .



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In den Akten und Urkunden der Stadt Ahlen, die im Preußischen Staatsarchiv in Münster in Westfalen deponiert sind, werden Mitglieder der Familie von Staden in Ahlen vom ersten Viertel des 15. Jahrhunderts an häufig genannt1. In einem Register der Löher- und Schuhmachergilde seit 1477, das Ende des 16. Jahrhunderts aus den alten Gildebüchern zusammengestellt wurde, werden als Gildemeister aufgeführt: Johann, Gerdt, Berndt, Requin, Berndt, Johann, Wolter. Lambert u. a. van Staden; jedoch sind in älterer Zeit die Jahre nicht vermerkt, in welchen die einzelnen Persönlichkeiten ihr Amt geführt haben. Der an erster Stelle genannte Johann ist wahrscheinlich identisch mit dem „Johann von Staden dem olden, borger to Alen", der in einer Urkunde von 1492 (Nov. 11) mit seiner Frau Else genannt wird. Staden war, wie er selbst in der Vita zweimal hervorhebt2, bürgerlicher Herkunft"; der Name „von Staden" ist also nur als Herkunftsname anzusehen. Das Wenige, was sich über die nächsten Angehörigen Stadens ermitteln ließ, ist im Kommentar zu Stadens Nachrichten über seine Herkunft und Jugend verwertet3. Nach der Beschreibung des Moskauer Staatswesens, die seine persönlichen Erlebnisse vielfach durchschimmern läßt, und der Vita gestaltete sich Stadens Lebensweg bis zur Mitte der siebziger Jahre folgendermaßen: Etwa als Fünfzehnjähriger kam Staden 1560 von Ahlen über Lübeck nach Riga. In Livland führte er ein unstetes Leben. Im Hause von Rigaer Verwandten und in Rigaer und Wolmarer Dienststellen war seines Bleibens nicht lange. Trotz seiner Jugend erhielt er einen Posten als „Amtmann" d. h. als Verwalter eines größeren Güterkomplexes; diese Stellung verlor er nach kurzer Zeit infolge einer Veränderung der Besitzverhältnisse. Vorübergehend versuchte er sich als Kaufmann. Auf polnischer Seite beteiligte er sich am Bandenkrieg gegen die Russen im Stift Dorpat. Es scheint, daß Staden im Dezember 1563 in Riga Augenzeuge der Hinrichtung des Grafen von Artz war4. Nach dem Mai 15646 schlug sich Staden auf die Seite des Großfürsten. Es begann für ihn jene eigentümliche, wechselvolle, erlebniserfüllte Existenz im Moskauer Lande — teils im Dienste des Großfürsten etwa bis 1573, teils als freier, wirtschaftlich tätiger Ausländer bis um die Mitte der siebziger Jahre —, die seinen Aufzeichnungen unter den Quellen zur Geschichte Ivans den einzigartigen Charakter gibt. Bei zahlreichen Einzelheiten, die Staden berichtet, und die sich mitunter genau datieren lassen, muß dahingestellt bleiben, wieweit der Autor unmittelbar an den erzählten Begebenheiten beteiligt war. Indessen liegt für die ersten Jahre seiner Moskauer Zeit der ausgesprochen memoirenhafte Charakter mehrerer sicher datierbarer Partien der Denkschrift, die ζ. T. in der Vita ihre Parallelen haben, 1 Die folgenden Mitteilungen nach einer Auskunft des Staatsarchivs in Münster an Dr. Bär v. 17. Okt. 1898; durch das Entgegenkommen der Ahlener Stadtverwaltung konnte ich außerdem ein 1875 von Wilhelm S o m m e r angefertigtes „Chronologisches UrkundenRegister zum Archive der Stadt Ahlen von 1281 bis 1798" und ein „Repertorium über die beim Staatsarchiv Münster beruhenden Akten der Stadt Ahlen" einsehen. "Vgl. S. 167 und 185. 3 Vgl. S. 167f. 4 Vgl. S. 173 Anm. 1. 5 Vgl. S. 175 Anm. ß.



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offen zutage: aus eigenem Erleben berichtet Staden über den Bau des Opricninahofes in Moskau (1566), die mündliche Verhandlung des Caren mit dem gefangenen Ordensmeister Fürstenberg (1567), den Zug des Großfürsten nach Novgorod (1570), die Verbrennung Moskaus durch die Krimtataren (1571), die Behauptung der Okalinie (1572) und die anschließende Liquidation der Opricnina. Da Staden jahrelang einer der wenigen Ausländer im Korps der Opriöniki gewesen ist, besitzt sein Zeugnis über die Opricnina besondere Bedeutung1. In Moskau hat Staden ein Vermögen gewonnen — und verloren. Sein Immobilienbesitz war in ständiger Fluktuation. Außer dem ihm durch den Großfürsten verliehenen Hof nannte er vorübergehend Höfe, die vorher Johann Söge, Fromhold Hahn, Katharina Schilling und Semen Kurcov gehört hatten, sein eigen2. An der Neglinnaja besaß er zwei weitere Grundstücke. In der Zeit der Opricnina besaß er im Zemscina- und im Opricnina-Stadtgebiet Höfe3. Im Bezirk von Starica gehörten ihm umfangreiche Liegenschaften; seine dortigen Güter setzten sich zusammen aus dem ehemaligen Grundbesitz eines Hofbeamten (kaznaöej) des Fürsten Vladimir von Starica Andrej Cholopov (?) 4 und aus Lehn- und Erbgütern nicht identifizierbarer Fürsten „Depelenskij"5. Es muß Zeiten gegeben haben, in denen Staden, ein rechter Glücksritter, wirtschaftlich glänzend dastand. In dem Bojaren und Stallmeister I. P. Celjadnin, in den Basmanovs, in Dmitrij Pivov und Grigorij Grjaznoj besaß Staden, der zur Erhaltung der Freundschaft „geld, ring, perlen und dergleichen" nicht sparte, hochmögende Gönner. Durch den Ausschank alkoholischer Getränke, ein Privileg der Ausländer, erwarb er „groß gelt" und häufte Kostbarkeiten auf. Er versuchte sich als Pelzhändler und Mühlenbesitzer, als großer Kaufmann und Makler6. Manche Quellen seines Reichtums waren trübe; mit naiver Offenheit rühmt er, daß er mit drei Pferden auszog und von einem Plünderungszug auf OpricnikiManier mit neunundvierzig Pferden und zahlreichen Schlitten mit geraubtem Gut heimkehrte7. Die Reduktion des Güterbesitzes der Opricniki nach dem Feldzug des Jahres 1572 erschütterte Stadens wirtschaftliche Existenz. Offenbar mit Berechnung verlegte er das Feld seiner Tätigkeit allmählich in den Norden des Landes, das Pomor'e-Gebiet, wo sich eher als an der scharf bewachten Westgrenze eine Gelegenheit bot, unbemerkt aus dem Großfürstentum herauszukommen. Für die letzten Jahre seines Aufenthalts im Moskauer Land berichtet Staden keine Begebenheit, die sich bestimmt datieren ließe. Indessen fallen in diese Jahre die entscheidenden Eindrücke über die wirtschaftliche Zerrüttung und die militärische Schwäche des Landes8. Vgl. Anlage 4. Vgl. Bl. 77v, 78, 78v und 82. 3 Vgl. Bl. 75, 82v, 83v. 4 Vgl. Bl. 73. 6 Vgl. Bl. 48v, 77. 6 Vgl. Bl. 86, 87v, 95. ' Vgl. Bl. 82, 87. 8 Die Annahme P o l o s i n s (S. 45 Anm. 1), Staden habe sich 1566 mit Waren des Caren über Narva vorübergehend ins Ausland begeben und bei dieser Gelegenheit auch Bergleute für den Caren angeworben (vgl. Staden Bl. 93) findet in der Staden-Überlieferung 1 2



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Nur für den geringeren Teil der Aufzeichnungen kommt ein Versuch, die durchweg undatierten Beziehungen und Anspielungen chronologisch festzulegen, in Frage. Für-die Gesamtbewertung der Aufzeichnungen fällt schwerer ins Gewicht die Schilderung des Zuständlichen, ihr Beitrag zur allgemeinen Erkenntnis der inneren Verhältnisse im Moskauer Staat in den sechziger und siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts. Daher prüft der Kommentar das Material der neuen Quelle insbesondere an den Ergebnissen der verwaltungs- und wirtschaftsgeschichtlichen Forschung, ohne dabei in den methodischen Fehler zu verfallen, Staden durch eine einseitige Interpretation zum Kronzeugen für die Richtigkeit der Theorie von der Hegemonie des Handelskapitals im Verlauf der historischen Entwicklung Rußlands zu stempeln1. In der Beschreibung der Stadt Moskau sind Stadens ausführliche Angaben über den 1571 beim Brande Moskaus vernichteten Opricnina-Hof die einzige Quelle, durch die Einzelheiten über dieses Gebäude überliefert sind. Wenig befriedigen Stadens geographische Ausführungen2: mag er auch der erste Deutsche gewesen sein, der aus eigener Anschauung nach Deutschland nähere Kunde über den Weg von der Küste des Weißen Meeres ins Landesinnere brachte, — seiner „Landeskunde Moskoviens" kommt im Vergleich mit den gleichzeitigen detaillierten englischen geographischen Aufzeichnungen über die Route nach Moskau und bei der Genauigkeit der ältesten holländischen Seekarten für die Fahrt von Norwegen nach Lappland und ins Weiße Meer, überhaupt bei dem Stande, den die westeuropäische Kartographie des Moskauer Staates damals bereits erlangt hatte3, ein besonderer Wert für die Geographie nicht zu. Mit zunehmender Entfernung von dem ausführlich beschriebenen Pomor'egebiet werden die Beschreibung des Weges, die Nennung von Orten und Entfernungen zwischen Vologda und Moskau, die Schilderung des zentralen Gebiets und der westlichen und südöstlichen Grenzgebiete flüchtiger und ungenauer. Um so mehr verdienen zahlreiche Beobachtungen und Bemerkungen Beachtung, die in den geographischen Abschnitten über das geographische Detail (Ortsangaben, Entfernungen) hinausgehen und die bisherige Kenntnis der sozialen, wirtschaftlichen und militärischen Verhältnisse des Moskauer Staats in den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts keine Stütze; ebenso geht Polosin (und ihm folgend G a u t i e r RH 154, [1927], 182) in der Auslegung zu weit, wenn er in Stadens Assistenz als Dolmetscher bei der mündlichen Verhandlung mit Fürstenberg den Beweis für ein festes Verhältnis Stadens zum Gesandtschafts prikaz als Dolmetscher sieht. 1 Vgl. die Rez. der russischen Staden-Ausgabe durch Α. N. S t r a u c h im „IstorikMarksist" 1 (1926), 305f. 2 In der Geschichte der Erdkunde hat der Name Staden einen guten Klang durch H a n s S t a d e n aus Homberg in Hessen, dessen Werk über seinen Aufenthalt im südlichen Brasilien als eine der besten deutschen Reisebeschreibungen des 16. Jahrhunderts gilt; vgl. F. R a t z e l : ADB 35 (1893), 364—366 und V. H a n t z s c h , Deutsche Reisende des 16. Jahrhunderts = Leipziger Studien aus dem Gebiet der Geschichte Bd. I, H. 4 (1895), 59. 3 Westeuropäische Karten des 14. bis 17. Jahrhunderts der Teile Nordasiens, die an das russische Gebiet im europäischen Norden grenzten, verzeichnet A. A n u ß i n , Κ ietorii oznakomlenija s Sibir'ju do Ermaka: Drevnosti 14 (1890), 296 Anm. 146. Vgl. auch L. S. B a g r o v , Karty Aziatskoj Rossii. Istor. zamötki (Petrograd 1914) und S t a d e n S. 27* Anm. 6.



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ergänzen. Dies gilt insbesondere für Stadens Angaben über den russischen hohen Norden, dessen Blütezeit im Ausgang des 16. Jahrhunderts1 durch zahlreiche, neuere russische Untersuchungen über den Umfang dee Nordhandels8 und die wirtschaftliche Entwicklung des Nordgebiets8 unter dem Einfluß der überseeischen Fremden, über die Kolonisation des russischen Nordens4 und die Tätigkeit der Stroganov5 erhellt worden ist. Bei den gelegentlich grotesken Schwierigkeiten, in Deutschland geeignete Übersetzer für russische Schriftstücke ausfindig zu machen®, oder etwa in Erinnerung an den völligen Stillstand der Verhandlungen mit der russischen Delegation in Regensburg 1576, der dadurch hervorgerufen wurde, daß keine Personen zur Stelle waren, „welche sowol um des H(eiligen) R(eichs) als auch des Teutschen Ordens und hinwiederum der Reussen praetendirte gerechtigkeit, herkommen, Verträge, bündnisse und andere dergleichen zur sache gehörige erfordernisse gute Wissenschaft hätten"7, durfte ein Kenner der russischen Sprache, Livlands und Moskoviens wie Staden einiger Aufmerksamkeit in Deutschland gewiß sein. Mit den ausgezeichneten Informationen über Moskovien, die die Englische Compagnie durch die Berichte ihrer Agenten empfing, konnte sich in anderen Ländern nichts messen8; dahinter stehen die Karte des Anton Wied, die Nach1

I n die Forschung über den russischen Norden in der Moskauer Periode führt ein S. F. P l a t o n o v , Problema russkogo severa ν novejSej istoriografii: LZAK 35 (1929), 105—114, — deutsch: Das Problem des russischen Nordens in der neueren Historiographie: „Aus der historischen Wissenschaft der Sovet-Union" ( = Osteurop. Forschungen N. F. 6), 1929, S. 189—199. 2 Die wichtigste Quelle zur Handelsgeschichte des russ. Nordens im letzten Viertel des 16. und im Beginn des 17. Jahrhunderts bildet die vollständige Aufzählung aller Ein- und Ausfuhrwaren unter Berücksichtigung der Preise im Binnenland und an der Murmanküste in dem „Handelsbuch" (Torgovaja kniga): Zap. otd. russk. i slavj. archeol. imp. archeol. obäß. I (St. Pbg. 1851), auch im: Sbomik M u c h a n o v a ('' St. Pbg. 1866), Nr. 202; dazu T i ä i e n k o 2MNPr N. S. 46 = 1913 Juli, 99; K u l i s e r , Istorija torgovli 134. — Vgl. ferner : Sbornik svödönij po istorii i statistikö vnSSnej torgovli Rossii; izd. depart. t a m o i . sborov (St. Pbg. 1902). Pod red. V. I. P o k r o v s k a g o . I. Ocerk istorii vnöänej torgovli Rossii, S. V I I I — X I I I Russk. vnSsnjaja torgovlja ν carstvovanie Ioanna IV Vasil'eviia; P. P. M e l ' g u n o v , OiSerki po istorii russkoj torgovli I X — X V I I I w . (Mosk. 1905), 166—132 Torgovlja ν Mosk. gosudarstvö X V — X V I I vv.; I. M. K u l i S e r , Istorija russkogo narodnogo chozjajstva I I (Mosk. 1925), 271—292. 3 V. O. K l j u ö e v s k i j , Skazanija inostrancev 273—283; Α. A. K i e s e w e t t e r , Russkij sever (Vologda 1919), 44—46; S. F. P l a t o n o v , ProSloe russkogo severa (Berlin 1924), 76—94: Inozemcy na Russkom Severe ν X V I — X V I I w . ; ders., Moskva i zapad (Berlin 1926), 12—15. — Vgl. auch S. 136 Anm. 2 über die Engländer und S. 130 Anm. 4 über die Holländer im russischen Norden. 4 Vgl. insbesondere Α. I. A n d r e e v , Ocerk kolonizacii severa ν X V I i X V I I vekach: Oöerki po istorii kolonizacii severa = Sbornik statej Komiteta Severa pri Russk. geograf. obSöestve, vyp. I (Pbg. 1922), 37—46; s. a u c h B r e i t f u ß , Verzeichnis Nr. 173 und P l a t o n o v , Das Problem des russ. Nordens in der neueren Historiographie 198. * Vgl. Staden S. 129 Anm. 1. β Über einen derartigen Fall im J a h r e 1560 vgl. R e i m a n n HZ 35 (1876), 362f. 7 H a e b e r l i n , Neueste teutsche Reichsgeschichte X, 192f. 8 Vgl. ζ. B. ein Verzeichnis von 1567: Distances of certaine places in Russia: H a k l u y t , The principal navigations. E x t r a Series I I I (Glasgow 1903), 68—71.



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richten bei Jo vi us 1 und Herberstein 2 , die Karte der nördlichen Gegenden des Gerhard Mercator 3 , auch ein anonymer „Ungeferlicher bericht, wie weit sich moscowitischer und ganz reuesischer lender in die lenge und breite . . . erstrecken thun"4, oder Guagninis Beschreibung des russischen Nordens in seinem Werke: „Sarmatiae Europeae descriptio" (Spirae 1581)5 weit zurück·. Wie gering die Kenntnis von Moskau am kaiserlichen Hofe war, zeigen auch die Anstrengungen, durch die man 1585 von dem Moskauer Gesandten Luk'jan N o v o s i l ' c o v während seines Aufenthalts in Prag möglichst viel zu erfahren suchte; er wurde mit Fragen bestürmt über die ehemaligen Tatarenreiche Kazan und Astrachan, über die nogaiischen Tataren, über Sibirien und den Fluß Ob, über das Verhältnis des Großfürstentums zu Persien7. Überhaupt fand im 16. Jahrhundert bei dem Verlangen nach zuverlässiger Kunde über den „Moskowiter" wohl jeder, der im Besitz authentischer Nachrichten über Moskau sein konnte, in den regierenden Kreisen des Westens Beachtung8. 1 Vgl. H . M i c h o w , Das erste J a h r h u n d e r t russ. Kartographie 1525—1631 und die Originalkarte des Anton Wied von 1542: MGGHbg 21 (1906), 49—61; ders., Anton Wied, ein Danziger Kartograph des 16. J a h r h u n d e r t s (Hamburg 1905). 1 A d e l u n g , Herberstein 203; Z a m y s l o v s k i j , Herberstein 82. »Vgl. M i c h o w MGGHbg 21 (1906), 26—28 und 22 (1907), 15f. * R . H a u s m a n n , Ein zeitgenössischer Bericht über die Grenzen des russischen Staates in der Mitte des 16. Jahrhunderts: R R 3 (1873), 270—279. Außer der von Hausmann veröffentlichten Vorlage aus dem Deutschordens-Zentralarchiv ist mir im Wiener Haus-, Hofund Staatsarchiv eine Abschrift im Fasz. „Deutscher Orden in Liefland 1547—1582" (früher: Reichsacten Miscell. 80) Bl. 367—370 bekannt. E s ist Hausmann entgangen, daß das Stück bereits nach einer bedeutend besseren Abschrift in Wolfenbüttel bei H ä b e r l i n , Neueste Teutsche Reichsgeschichte Bd. 10 (Halle 1781), S. L X — L X I V gedruckt steht. 6 Vgl. (M. P.), NaS söver ν opisanii inostranca X V I vöka: Izv. Archang. obäö. izuö. russk. sSvera 1911 Nr. 1, S. 2—7. • Das gleichzeitige kartographische Material liegt — mit vorzüglichen Erläuterungen versehen — in einer großen, noch nicht abgeschlossenen Publikation von Benj. C o r d t (V. Kordt) v o r : Materialy po istorii russkoj kartografii. I . K a r t y vsej Rossii i juinych eja oblastej do poloviny X V H vöka. Izd. Kievskoj komissii dl ja razbora drevnich aktov (Kiev 1899), — vgl. auch H . M i c h o w , Das erste Jahrhundert russischer Kartographie 1526—1631 und die Originalkarte des Anton Wied von 1542: MGGHbg 21 (1906), 6—41; Π , 1 K a r t y vsej Rossii, eja sövernych oblastej i Sibiri (Kiev (1906), — vgl. M i c h o w , Weitere Beiträge zur älteren Kartographie Rußlands: MGGHbg 22 (1907), 125—172 und I . I . L a p p o : AUD 16. Jg. (1908) Nr. 1 S. 1—22; Ι Π , 2 K a r t y vsej Rossii i zapadnych eja oblastej do konca X V I I I vöka (Kiev 1910). — Vgl. auch M i c h o w , D. ältesten K a r t e n von Rußland MGGHbg 1882—83; ders., „Ausstellung des 5. deutschen Geographentages zu Hamburg 1885: Russica. Geographische Literatur über Rußland von 1500—1550 und K a r t e n von Rußland aus dem 16. J h d t . " , dazu: Das Bekanntwerden Rußlands in vor-Herbersteinischer Zeit, ein Kampf zwischen Autorität und Wahrheit: Verhandlungen des 5. deutschen Geographentages zu Hamburg (Berlin 1885), 119—130; Ε. E. Z a m y s l o v s k i j , Herbersteini ego istorikogeografiöeskija izvöstija ο Rossii (St. Pbg. 1884), Kap. 27—46; E. F. S m u r l o , Russkaja istorija na Moskovskoj geograf. vystavkö 1892 goda: Istor. Obozrönie 5 (1892), 126—129; S e r e d o n i n , Fletcher 109—140; ders., Istoriö. geografija 17f.; Α. A. S p i c y n , Russkaja istoriieskaja geografija. Uöebnyj kurs (Imp. Petrogradskij Archeolog. Institut), Petrograd 1917, S. 41—64: Kap. V I I I : Moskovskoe gosudarstvo ν X V I — X V I I ν . — S. auch Staden S. 25» Anm. 3, 87ff., 125 Anm. 2, 235 Anm. 2.

' K o c h NLM 84 (1908), 84f.; vgl. P D S I (1851), Sp. 922f., 938—940. Anmerkung 8 s. nächste Seite.



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Staden zählt zu einer kleinen Gruppe diplomatischer Agenten und politischer Abenteurer 1 , die sich durch ihre Vertrautheit mit den Verhältnissen im europäischen Norden und Osten in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts deutlich abhebt und die einen im einzelnen schwer abwägbaren Einfluß auf die internationale Politik ausgeübt hat. Außer Staden kannten den Moskauer Staat durch ihre Dienstleistung beim Großfürsten, Johann T a u b e und Ellert K r u s e 2 , die zu den Polen übergegangen waren, und Jürgen F a r e n s b a c h 3 , der in den siebziger und achtziger Jahren nacheinander in Moskauer, in dänischen und zuletzt in polnischen Diensten stand. Sie alle waren schließlich dem Caren abtrünnig geworden4. Es scheint, daß Staden, um die Vita zu einem festgesetzten Zeitpunkte fertigzustellen, sich kürzer fassen mußte, als ihm lieb war; „der zeit halben ich nichts mehr können schreiben", sagt er an einer Stelle (Bl. 76 v). Zweimal (Bl. 62 und 67v) betont er, daß er sich in seinen Mitteilungen Beschränkung auferlegt habe; er erbietet sich zu ausführlicheren Darlegungen nicht nur über das Moskauer Staatswesen (Bl. 67v); auch zu historischen Deduktionen über Livland ist er bereit; für das Unglück des Landes macht er die letzten Ordensmeister verantwortlich, die das Land zugrunde regiert hätten (Bl. 97; s. auch Bl. 72). Er deutet an, eine Lösung zu wissen, wie Livland dem Reiche zurückgewonnen und künftig gegen den Großfürsten behauptet werden könne (Bl. 97). Sehr zurückhaltend hat B ä r die Tendenz von Stadens „Anschlag" als „anscheinend protestantisch" bezeichnet 5 . Die protestantische Färbung schrieb er dem Einfluß des Pfalzgrafen zu, — was bei einer Staatsschrift aus der Feder des Agenten eines fanatischen Protestanten unter den Reichsfürsten denkbar wäre. Trotzdem wird man die Frage nach Stadens eigener religiöser Überzeugung aufwerfen dürfen. Staden selbst wird katholischer Herkunft gewesen sein. Er stammte aus dem Höchstift Münster, aus dem geistlichen Territorium Westdeutschlands, das von der Reformation und der katholischen Gegenwelle stärker durchdrungen wurde als die Nachbargebiete 6 . Im Hochstift Münster setzte unter der Regierung Johann von Hoyas (1566—1574), eines strengen Anhängers des Tridentinums, die Rekatholisierung des Stifts scharf ein und erreichte im Laufe mehrerer Jahr8 A. R a m b a u d hat bereits — Recueil des instructions donnees aux ambassadeurs et ministres de France. Russie, I (Paris 1890), 12 Anm. 2 — darauf hingewiesen, daß fast alle bisher bekannt gewordenen bemerkenswerten Ausländerberichte über Moskau aus dem 16. Jhdt. Regenten zugeeignet sind. 1 Vgl. P o l o s i n , Einl. S. 61. 2 Über Taube und Kruse vgl. Anlage 9. 3 Über Farensbach vgl. S t a d e n S. 34* Anm. 2. 4 Vgl. v. B u s s e MLG 8 (1857), 277f.; ders., Herzog Magnus (1871), 77. ' S. 249. * A. H ü s i n g , Der Kampf um die katholische Religion im Bistum Münster nach Vertreibung der Wiedertäufer 1535—1585 (Münster 1883); H. K a m p s c h u l t e , Geschichte der Einführung des Protestantismus im Bereiche der jetzigen Provinz Westfalen (Paderborn 1866), 156—162; Η. E. E i c k h o f f , Der Protestantismus in der Diözese Münster am Ausgang des 17. Jahrhunderts: Jahrbuch des Vereins für die evangelische Kirchengeschichte Westfalens 9. Jg. (1907), 203.



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zehnte ihr Ziel beinahe völlig1. Die „Akten der Visitation des Bistums Münster 1571—15732" vermitteln eine intime Einsicht in die Auseinandersetzung der neuen Lehre mit dem erneuerten alten Glauben im Bistum Münster; der Protestantismus hielt sich im Bistum da, wo er einen Rückhalt an der angrenzenden protestantisch gewordenen Grafschaft Mark besaß, wie in Ahlen und Untrop, am besten 3 ; dort entwickelte er weiter eine gewisse werbende Kraft: einem Bruder Stadens namens Bernhard, „pastor in Untrop und vicarius in Alen" 4 , wurde 1597 die Vicarie in Ahlen entzogen, weil er sich verheiratet hatte 5 . Staden, der ebenfalls die geistliche Laufbahn hatte einschlagen wollen6, erscheint in seinen religiösen Äußerungen der Form nach als Protestant: gegen den Glauben an die Unverweslichkeit der Reliquien verhält er sich skeptisch 7 ; die Verehrung des hl. Nikolaus und anderer russischer Heiliger erwähnt er ironisch8 ; er verwirft ausdrücklich die Fürbitte der Heiligen und und setzt ihr den reinen Glauben an Gott Vater, Sohn und Heiligen Geist entgegen 9 ; in Moskau ließ er sich zur Besorgung einer Schrift im Geiste des Luthertums für Fromhold Hahn bereitfinden 10 . Die Zeugnisse genügen nicht, Staden in einem scharfen und betonten Gegensatz zur katholischen Kirche zu denken; er gehörte eher zur nicht geringen Zahl derer, die man als Protestanten katholischer Färbung bezeichnet hat 11 und die sich in das gewohnte Bild der konfessionellen Gegensätze im 16. Jahrhundert nicht recht einfügen lassen12. Sein Appell an den streng katholischen Herrscher und seine Auffassung des Kaisers als Haupt der Christenheit gegen die „Unchristen" 13 , wie er die Moskowiter nennt, widerspricht der Lehre Luthers, der die Funktion des Kaisers als Kriegsherr nur als rein weltliche Funktion gelten läßt 14 . Stadens Propagierung eines Kreuz- und Missionszugs der „Christenheit", d.h. des Abendlandes, gegen das orthodoxe Moskau mutet dadurch, daß das Projekt die konfessionelle Spaltung Deutschlands und Europas völlig außer Acht läßt, archaisch und utopisch an. 1 L. K e l l e r , Die Gegenreformation in Westfalen und am Niederrhein 1. Teil: 1555 bis 1585 = Publ. aus den kgl. preuß. Staatsarchiven 9 (Lpz. 1881), 2. Buch: Das Bistum Münster; L. v. P a s t o r , Geschichte der Päpste Bd. 9: Gregor Χ Ι Π (1572—1585), 1925, S. 608ff. 2 Vgl. S t a d e n S. 168 Anm. 3. 3 K a m p s c h u l t e 483; Akten der Visitation des Bistums Münster LXXX, L X X X I I und CXIV (Ahlen), L X X X I (Untrop). I Staden Bl. 70. 6 Vgl. Staden S. 168 Anm. 3. 6 „mir ein prister zu werden angemaßet": Bl. 70v. 10 ' Bl. 25v. « Bl. 64. · Bl. 64v. Bl. 81. II Vgl. K e l l e r , Die Gegenreformation in Westfalen 287—290. 12 Vgl. E. B r a n d e n b u r g , Zur Geschichte der deutschen Reformation und Gegenreformation: Neue Jahrbücher für das klass. Altertum, Geschichte und deutsche Literatur Bd. 5 = Abt. I. Jg. III (1900), 65. 13 Bl. 69v. 14 „Der Kaiser ist nicht das Haupt der Christenheit noch Beschirmer des Evangeliums oder Glaubens"; vgl. G. K a w e r a u , Luthers Gedanken über den Krieg: Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte (34. Jg. 1. Stück) Nr. 124 (Lpz. 1916), 51; H. B a r g e , Luthers Stellung zum Islam und seine Übersetzung der Confutatio des Ricoldus: Allg. Missionsztschr. 43. Jg. (1916), HOf.; Fr. M e i n e c k e , Corpus christianum. Luther über christliches Gemeinwesen und christlichen Staat: HZ 121 (1920), 15. — Siehe auch Einl. S. 38*.



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Wenn nicht Ausführungen, an denen der streng katholisch gesinnte Herrscher Anstoß nehmen konnte, ihm von seinen Räten vorenthalten wurden, so läßt eher noch die Verletzung der Form in der Eingabe an den Kaiser, deren sich Staden in den Schlußabsätzen des „Anschlags" schuldig macht1, vermuten, daß die Schriftstücke in der vorliegenden Fassung niemals bis zum Kaiser gelangt sein dürften. — Staden hatte die Lateinschule besucht und macht von seiner Kenntnis des Lateinischen reichlich und nicht ungeschickt Gebrauch. In Livland erlernte er auf den Gutshöfen die Sprache der eingeborenen „undeutschen" Bevölkerung, das Lettische2. Zahlreiche russische Ausdrücke und Wendungen, darunter mehrere Sprichworte, bezeugen nicht nur Stadens vollkommene Beherrschung der russischen Sprache, sondern sind Beweis für ein völliges Einleben in die russische Denk- und Sprechweise3. Armut an Ausdrucksmitteln tritt an zahlreichen Stellen hervor. Die Erzählung bestimmter Ereignisse wird häufig nicht geradlinig durchgeführt, sondern verliert sich in Einzelheiten, die zum Ausgangspunkt des Berichts nur in sehr entfernter oder gar keiner Beziehung mehr stehen. Überhaupt sind die Aufzeichnungen, wie bereits hervorgehoben wurde, ihrem Charakter nach mitunter so abrupt und sprunghaft, daß man eine unverarbeitete und unzusammenhängende Notizensammlung ohne einen bestimmten Plan vor sich zu haben glaubt. Den literarischen Wert der Aufzeichnungen vermag ich daher nicht so hoch zu veranschlagen wie F. Braun 4 , obgleich unter der gleichzeitigen deutschen autobiographischen Literatur5 einzelne Abschnitte von Stadens Memoiren durch die Ursprünglichkeit der Schilderung und plastische Anschaulichkeit sich auszeichnen. Für die Glaubwürdigkeit des Autors spricht, daß außer dem stark unterstrichenen Treuebekenntnis zum Kaiser nicht die geringste Berechnung wahrnehmbar ist, um den Leser für sich zu gewinnen. Ungeschminkt aufrichtig, unbekümmert, ja naiv offen kostet er, ohne abzuschwächen oder zu beschönigen, Triumphe der Raffgier, der Rachelust und Grausamkeit noch einmal aus. Es gibt blutrünstigere Schilderungen der Opriöniki, aber keinen Bericht, der eine echtere, realistischere Vorstellung von ihrer hemmungslosen Verruchtheit gibt. Man tut Staden nicht Unrecht, wenn man ihn in die Nähe eines Skuratov und Basmanov rückt®. Es fehlt der geringste Ansatz zu einer Charakteristik der von ihm genannten Personen7; höchst selten gibt er ein allgemeines Urteil8. » Bl. 65v—66. BI. 71v. 3 PyKa pyny MOHT (Bl. 6), Bor Hau (Bl· 9v); TocnoHapcKoe He yaropuT, Ha Mope He yTOHeT (Bl. 25); BenaeT Bor sa rocnoRap (ebda.); Coßaica co6any Cbena (Bl. 42v); 4 In seiner Übersetzung von S. F. P l a t o n o v s „Russischer Geschichte" S. 440 Anm. 19. 5 Vgl. A. R e i n , Über die Entwicklung der Selbstbiographie im ausgehenden deutschen Mittelalter: Archiv für Kulturgeschichte 14 (1919), 193—213; E. v. R a n k e , Der Interessenkreis des deutschen Bürgers im 16. Jahrhundert: VjSWG 20 (1928), 474—490. « P. B i c i l l i , Rez. zu G. P. F e d o t o v , Svjatoj Filipp: Sovrem. Zap. 36 (1928), 540. ' Die Art, wie er von „des Großfürsten grausamer und schrecklicher Tyranney" (Bl. 62) oder vom Großfürsten als „aller Christen Erbfeind und unaussprechlicher Tyrann" (Bl. 68v) spricht, ist durchaus schablonenhaft. » Vgl. Bl. 65 und 74 über Eigenschaften des Russen. — Zur Analysierung der großen Zahl sich widersprechender allgemeiner Urteile über das russische Volk in den Berichten der Ausländer vgl. S e r e d o n i n , Fletcher 6—9. a

III. Staden im Dienste des Pfalzgrafen Georg Hans von Veldenz-Lützelstein. Aus dem dritten Stück der Staden-Handschrift, der Supplikation, geht hervor, daß Staden seinen Bericht über Moskau auf Anregung des Kaisers Rudolf II. vetfaßt hat. Es ist nicht bekannt, ob seine Aufzeichnungen dem Kaiser jemals vorgelegen haben und ob Staden in Prag irgendwelchen Einfluß auf politische Entschließungen gehabt hat. Dagegen lassen sich die Angaben der Vita über Stadens Tätigkeit als diplomatischer Agent im Dienste des Pfalzgrafen Georg Hans von Veldenz1 durch andere Zeugnisse ergänzen, die bestätigen, daß Staden nach seiner Rückkehr aus Moskau gegen den Großfürsten gearbeitet hat. Sein Wirken hat in der noch wenig aufgehellten Geschichte westeuropäischer — deutscher, schwedischer, polnischer — Invasionspläne gegen Moskau am Ausgang der siebziger und im Beginn der achtziger Jahre des 16. Jahrhunderts Spuren hinterlassen. Pfalzgraf Georg H a n s v o n V e l d e n z - L ü t z e l s t e i n (1543—1592), mit dem ein Jahrhundert später Kurfürst Johann Wilhelm aus der gleichen Linie der Wittelsbacher im Charakter merkwürdig viel gemeinsam hatte2, versuchte wiederholt, in der „großen Politik" des ausgehenden 16. Jahrhunderts mitzuspielen. Ein Dynast von dem unerfreulichen Typus des im Sold des Auslandes stehenden deutschen Territorialfürsten3, erfüllt von unerschütterlichem Selbstbewußtsein, zeichnete er sich durch eine außergewöhnliche geistige Lebendigkeit und Beweglichkeit, durch Vielseitigkeit seiner politischen und wirtschaftlichen Interessen, 1 Der Ort Veldenz liegt etwa 4 k m südlich der Mosel im Kreise Bernkastel. Die Gebiete der Grafschaft Veldenz lagen hauptsächlich an der Mosel und am Glan, einem rechten Nebenfluß der Nahe: Konr. K r e t s c h m e r , Histor. Geographie von Mitteleuropa (im „Handbuch der mittelalterl. und neueren Geschichte"), München und Berlin 1904, S. 268, 460f., 568f.; L. H ä u s s e r , Geschichte der rheinischen Pfalz (Heidelberg 1845), 498ff.; J o h . Gg. L e h m a n n , Vollständ. Geschichte des Herzogthums Zweibrücken (München 1867): 505—516 Geschichtliche Skizze der besonderen veldenz-lützelsteiner Linie; Ludw. E i d , Der Hof- und Staatsdienst im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken von 1444—1604: Mitt. des histor. Vereins der Pfalz 21 (Speier 1897), 2; Max Jos. N e u d e g g e r , Geschichte der bayer. u n d pfalzbayer. Archive der Wittelsbacher vom 13. bis 19. J h d t . : IV. Das Kurarchiv der Pfalz zu Heidelberg und Mannheim (München 1890), 107f., 129—135; V. Das herzogliche Archiv zu Zweibrücken mit seinen Nebenarchiven Veldenz, Sponheim und Rappoltstein (München 1896), 46—49. 8

„Ein fürstlicher Projektenmacher, geleitet von religiös-mittelalterlichen und machtpolitisch-modernen Gedanken": G. W. S a n t e , Die kurpfälzische Politik des Kurfürsten J o h a n n Wilhelm, vornehmlich im spanischen Erbfolgekrieg 1690—1716: Histor. Jahrbuch 44 (1924), 21. 3 F. B a c k e , Die evängel. Kirche im Lande zwischen Rhein, Mosel, Nahe und Glan Bd. I I (Bonn J 873), 533—543; v. B e z o l d , Briefe des Pfalzgrafen Joh. Casimir Bd. I I I , 640 (Verzeichnis der französischen Pensionäre aus dem Jahre 1565/66); E . C l a s o n , Die Pensionsverhältnisse deutscher Fürsten mit fremden Mächten (Diss. Bonn 1905), 50; L. E p p e n s t e i n , Beiträge zur Geschichte des auswärt. Kriegsdienstes der Deutschen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts: Forsch, z. brandenb. und preuß. Geschichte 32 (1920), 286.



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durch eigenwillige Hartnäckigkeit und phantastischen Ehrgeiz aus1. In den Reichsangelegenheiten des 16. Jahrhunderts tritt die „wunderliche und halsstarrige", „bizarre und bewegliche" Erscheinung des Grafen2 vielfach stärker hervor, als der Bedeutung seines Ländchens für die Reichspolitik entsprach3. 1 „Das, was -wir einmal anfangen in einem guten proposito, da lassen wir nimmer ab, uns auch nit abschrecken": an den Administrator des Deutschen Ordens (18. Febr. 1582), vgl. S t a d e n S.40*; „Ich meins treuherzig und gut und getrau es auch, was ich for nutzbarkeiten proponir, zu beweisen": an den Kaiser (13. Sept. 1682), nach G. W o l f r a m , Ein Aktenstück des Pfalzgrafen Georg H a n s von Veldenz-Lützelstein: JElsL 26 (1910), 223f. 2 L. H ä u s s e r , Geschichte der rheinischen Pfalz 389; W. P l a t z h o f f , Das erste Auftauchen Rußlands und der russischen Gefahr in der europäischen Politik HZ 115 (1916), 91 Anm. 1. 3 Von zusammenfassenden Würdigungen wird der Persönlichkeit und der politischen Wirksamkeit des Pfalzgrafen am meisten gerecht ein kurzer anonymer Aufsatz in der „Allgemeinen Zeitung" (München) Nr. 77 v. 17. März 1892, Beil. Nr. 65: (L.), Pfalzgraf Georg Johann von Veldenz-Lützelstein. — Das archivalische Material zur Geschichte des Grafen ist weit verstreut; zum Lit.-Verzeichnis bei A. H o l l a e n d e r „Straßburg und die französische Politik 1574 und 1575": ZGOrh 50 = N. F. 11 (1896), 509 und „Ein Anschlag gegen die Unabhängigkeit Straßburgs im J a h r e 1579": ebda. Bd. 56 = N . F . 17 (1902), 311, ferner bei J . J . K u n z , Die Politik des Pfalzgrafen Georg H a n s von Veldenz (Phil. Diss. Bonn 1912) sind u. a. zu verbessern oder ergänzend hinzuzufügen: H ä b e r l i n , Neueste teutsche Reichsgeschichte Bd. 9 (Halle 1780), 394, 408: Der Pfalzgraf auf dem Kurfürstentag zu Regensburg 1575. Fragmente von dem Leben, Schicksalen, Abentheuren und Ende Herzog Georg Hansens, Pfaltzgrafens zu Veldenz etc. Mit Urkunden und Beylagen. Aus Hand- und Druckschriften: F. K. v. M o s e r , Patriot. Archiv für Deutschland Bd. 12 (1790), 3—172. N. v. S c h l i c h t e g r o l l , Herzog Wolfgang von Zweibrücken und Neuburg als staatsrechtlich und geschichtlich bedeutsamer Stammvater des bayerischen Königshauses (München 1850), 53, 142f. (Beil. 6: Hist. Notiz über Pfalzgraf Georg J o h a n n von Veldenz als Wasserbaumeister). O. W i n c k e l m a n n , Ein Förderer des Verkehrswesens in Elsaß-Lothringen im 16. J a h r hundert: J E l s L 7 (1891), 83—100. A. B e n o i t , Quelques lettres de Georges Jean, comte palatin de Veldenz et Lutzelstein: Jahrbuch der Gesellsch. f. lothr. Gesch. und Altertumskunde 3. Jg. (Metz 1891), 17—32. Fr. v. W e e c h , Ein Projekt zur Reform der Reichsjustiz aus dem 16. J a h r h u n d e r t : Neue Heidelberger Jahrbücher, 3 (1893), 17—70; vgl. dazu J G L G A 5. J g . (1. Hälfte), 1893, S. 257—259. Th. G ü m b e l , Geschichte des Fürstentums Pfalz-Veldenz (Kaiserslautern 1900), K a p . H I (S. 40—-102): Pfalz-Veldenz unter der Regierung des Pfalzgrafen Georg Hans. — F ü r die Beurteilung des Anteils des Grafen an der Reichspolitik unergiebig. Eingehende Darstellung der kirchlichen Verhältnisse des Territoriums. G. W o l f r a m , Ausgewählte Aktenstücke zur Geschichte der Gründung von Pfalzburg, mit einer Einleitung: Pfalzgraf Georg H a n s von Veldenz-Lützelstein und seine Lebenstragödie: J a h r b u c h d. Gesellsch. f. lothr. Gesch. und Altertumskunde 20 (1908), 177—260; 22(1910), 388—422; 23(1911), 633—704; ders., Georg Hans, Pfalzgraf von Veldenz, Gründer von Pfalzburg: Der Pfälzerwald 18. Jg. (1917) Nr. 3/4, S. 23. F ü r die äußere Politik des Pfalzgrafen sind außer der Diss, von Kunz (s. oben) und den S. 9* Anm. 7 und 8 genannten Publikationen vor allem heranzuziehen: v. B e z o l d , Briefe des Pfalzgrafen J o h a n n Casimir mit verwandten Schriftstücken Bd. I (1882): 1576—1582; I I (1884): 1582—1586; I I I (1903): 1587—1592; G. F o r s t e n , Baltijskij vopros ν X V I i X V I I stolStijach (1544—1648) Bd. I : Bor'ba iz-za Livonii = ZPU 33 (1893), 567—573.



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Am 12. Dezember 1562 heiratete er die siebzehnjährige schwedische Prinzessin Anna, nachdem er 1559 vergeblich ihre ältere Schwester Cecilia umworben hatte 1 . Gustaf Wasas Ehrgeiz war, seine Töchter auf mächtigen Thronen zu sehen; ein Beobachter schrieb 1558, der König würde sich lieber den Finger abgebissen haben, als seine Tochter einem halben Grafen zu geben2. Wenn aber D. S c h a f er 3 als Zeichen der geringen Einschätzung Schwedens in der öffentlichen Meinung Europas hervorhebt, daß Schwiegersöhne Gustaf Wasas der Pfalzgraf von Veldenz und ein Markgraf von Β aden4, die , .kleinsten der deutschen Kleinfürsten'', geworden seien5, so läßt das nicht ahnen, daß der Pfalzgraf durch eine über die Grenzen Deutschlands hinausschweifende und hinauswirkende politische Vielgeschäftigkeit seine fürstlichen Standesgenossen weit hinter sich ließ. Bei der Beurteilung dieses „diplomate-projeteur par excellence" 6 ist nicht immer genügend in Betracht gezogen worden, daß der Pfalzgraf der Schwager der Beherrscher Schwedens und Polens, Erichs X I V . und seines Bruders und Nachfolgers Johann I I I , sowie Stephan Bathorys gewesen ist. Seine Stellung zu den deutschen Fürsten wurde durch die Heirat mit der schwedischen Prinzessin, die ihm eine königliche, neiderregende Mitgift brachte7, erschwert, da man seitdem in ihm den Anwalt schwedischer Interessen vermutete8. Die schwedische Heirat hinderte aber Georg Hans nicht, im folgenden Jahre (1563) als Parteigänger der Feinde Schwedens: Polens, Dänemarks und Lübecks zu erscheinen9, während er 1565 wieder als „gut schwedisch" und „bös dänisch" charakterisiert wird10. Nichts kam dem Geltungsbedürfnis des diplomatisierenden Pfalzgrafen mehr entgegen, als daß er Mitglied des in der Stettiner Kongreß-Akte 1570 vorgesehenen Schiedsgerichts über den sogenannten „Dreikronenstreit" zwischen Schweden und Dänemark werden sollte11. 1 O. S. R y d b e r g , Sveriges traktater med främmande makter IV (Stockholm 1888), 367 (Freundschafts- und Allianzvertrag zwischen Erich X I V . und dem Pfalzgrafen); O. B l ü m c k e , Pommern während des nord. siebenjährigen Krieges: Bait. Studien 40 (1890), 183; F . Ö d b e r g Om princessan Cecilia Wasa, markgrefvinna af Baden-Rodemachern (Stockholm 1896), 13, 39; K . H i l d e b r a n d , Johan I I I och Europas katolska makter 1568—1580 (Uppsala 1898), 148f. * O. K l o p p , Geschichte Ostfrieslands von 1570—1751 (Hannover 1856), 2. 3 Geschichte von Dänemark Bd. V (Gotha 1902), 172f. 1 Markgraf Christoph von Baden-Rodemachern heiratete 1564 die Prinzessin Cecilia; vgl. oben Anm. 1. 'Ähnlich urteilt F r . v. B e z o l d , Das Bündnisrecht der deutschen Reichsfürsten bis zum Westfälischen Frieden. Bonner Rektoratsrede 1903 (Bonn 1904), 31—33. « F o r s t e n : ZPU 33 (1893), 562. 7 M u r b e r g , Berättelse om de tre äldsta Gustavianska prinsessornas utstyr och hemgift: Kongl. Vitterhets-, Historie och Antiquitets-Academiens Handlingar 5 (Stockholm 1796), 149—152. 8 Ö d b e r g , Om princessan Cecilia 47. 9 Ebenda. 10 Joh. P a u l , Lübeck und die Wasa 47. " D . S c h ä f e r , Geschichte vonDänemarkV (Gotha 1902), 195. Ebenso wardurch seine Verschwägerung mit den Wasas der Markgraf von Baden 1565 in die internationale Politik hineingezogen worden, indem Erich XIV. durch ihn Verhandlungen mit Polen anzuknüpfen •suchte: P. G. S c h w a r t z , Die Haltung Danzigs im Nordischen Kriege 1563—1570, in der Ztschr. d. Westpreuß. Geschichtsvereins 49 (1907), 38.



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Es ist erstaunlich, wie es der Pfalzgraf verstanden hat, mit solchen Persönlichkeiten in Berührung zu kommen, die aus eigener Erfahrimg die Verhältnisse im Norden und Osten Europas beurteilen konnten. Von zweien, Dr. Johann v o n R o s e n e c k gen. Zehender (oder Zehentherr) und S t a d e n , wissen wir, daß sie längere Zeit in seinem Dienst gestanden haben1. Daneben traten in seinen Gesichtskreis Jürgen Farensbach 2 , Simon van S a l i n g e n 3 und Zacharias Vheling 4 . 1 Rosenecks Kampf gegen ihm v o m livländischen Orden widerfahrene Unbill wirft ein Schlaglicht auf das Verhältnis Livlands zum deutschen Reich u n d zu Moskau in den letzten Zeiten der livländischen Selbständigkeit. I n der kaiserlichen Konzession, die 1548 H a n s Schütte Erlaubnis zu Anwerbungen gab, bildeten die „Doctores u n d Magister in allerlei freien k ü n s t e n " eine Kategorie f ü r sich. U n t e r den f ü r den Caren Verpflichteten befand sich auch der pfälzisch-veldenzische Kanzler Dr. utriusque iuris J o h a n n v o n Roseneck, der in Moskau „Cancellarius der deutschen u n d lateinischen Sprache" werden sollte. Trotz seines kaiserlichen Geleitsbriefes wurde er v o m livländischen Orden in Goldingen u n d auf Schloß Sonnenburg (Insel Ösel) über vier J a h r e u n d a c h t Monate in H a f t gehalten. E r s t 1553, nach Beschwörimg einer, wie Kaiser Ferdinand später erklärte, „ganz ungebräuchlichen, beschwerlichen u n d unbilligen urfehde", gelang es Roseneck wieder frei zu kommen. Der W o r t l a u t der Urfehde bringt das Bestreben des Ordens, die K o m m u n i k a t i o n des Westens m i t Moskau nach Möglichkeit zu unterbinden, drastisch zum Ausdruck. Roseneck m u ß t e versprechen und geloben: „ d a ß ich mich des Moskowiters dienst u n d darauf getanem eide u n d pflicht gänzlich entäußern u n d begeben will; t u e das auch gegenwärtig u n d will m i c h nimmer in R u ß l a n d oder in Moskow oder aber deren zugehörigen landen oder anderswohin außerhalb des Römischen Reiches verfügen, sondern, w a n n ich hinnen ziehe, wiederum in mein Vaterland u n d bei christlichen fürsten deutscher nation dienst suchen u n d h a b e n u n d mich d o r t und sonst anderswo des Moskowiters oder seines handels, gewerbes u n d geschäfts gänzlich entschlage"; vgl. G. v. H a n s e n , Des pfälzischen Kanzlers Dr. Roseneck Gefangenschaft in L i v l a n d : BM 38 (1891), 765.

Aus Akten des Revaler Stadtarchivs geht hervor, d a ß Rosenecks Entschädigungsklage wegen seiner ungerechten Behandlung in Livland t r o t z der Fürsprache des Kaisers u n d der 1559 auf d e m Reichstag zu Augsburg versammelten Reichsstände bei d e n livländischen Ständen u n d S t ä d t e nin den sechziger J a h r e n unentschieden schwebte. Auf Veranlassung des Pfalzgrafen Georg H a n s von Veldenz richtete Erich X I V . von Schweden im August 1562 ein geharnischtes Schreiben a n den Revaler R a t , „ f ü r die erlittene h a f t , den schaden u n d die iniurien" dem Roseneck Entschädigung zu gewähren u n d Genugtuung zu geben; vgl. G. v. H a n s e n , Publikationen aus d e m Revaler R a t s a r c h i v : B K E I I I , 2 (1884), 162; a u s d e m J a h r e 1563 ist ein Schreiben von Roseneck selbst a n den Revalschen R a t s m a n n E v e r t R o t e r t e r h a l t e n : BM 38, 768. Über den Ausgang der Angelegenheit ist nichts bekannt. Rosenecks N a m e fehlt in der „Zusammenstellung der fürstlichen B e a m t e n usw. (Räte, Hofmeister, Amtmänner, Landschreiber)" bei G ü m b e l 355ff.; L. E i d , Der Hof- u n d Staatsdienst im ehemaligen Herzogtum Pfalz-Zweibrücken v o n 1444—1604 (.= Mitt. des histor. Vereines der Pfalz Bd. 21, Speier 1897) teilt (S. 172) mit·: „1560 Aug. 20: Dr. J o h . von Roseneck genannt Zehender wird als rechtsgelehrter R a t u n d Diener f ü r Pfalzgraf Georg H a n s von Veldenz bestellt". •— S. auch M u r b e r g (oben S. 33* Anm. 7) 150. 2 Vgl. das P r o j e k t des Pfalzgrafen (Anl. 1), S. 216. — Über den Moskauer Dienst J ü r g e n Farensbachs, der 1572 wie Staden a n der Oka k ä m p f t e : H R M I , 171 f.; H i ä r n MLA I, 285; O d e r b o r n D d I I ; R e n n e r 365, 382 A n m . 3 u n d 4; K o c h I , 50; G e i j e r , Gesch. Schwedens I I , 305; v. B u s s e , Herzog Magnus u n d sein livl. K ö n i g t u m : MLG 8 (1857), 250; ders., Herzog Magnus (1871), 49, 70f.; Th. S c h i e m a n n , J ü r g e n Farensbach, in seinen „Characterköpfen u n d Sittenbildern aus der bait. Geschichte" (Mitau 1877), 49—76; ders.: A D B 6 (1877), 568f.; ders., E i n abenteuerlicher Anschlag BM 36 (1889), 26; G. M a n t e u f f e l , J e r z y F a r e n s b a c h : Wielka Encyklop. Powszechna 21 (1898); K a r a m z i n Anmerkungen 3 u . 4 s. nächste Seite.



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Aus der Vita ergibt sich mit ziemlicher Genauigkeit, daß Staden den Pfalzgrafen imFrühsommer 1578 kennen lernte1. Vergleicht man das Projekt zu einem Feldzug gegen den Moskowiter, das Georg Hans am 27. September 1578 dem Deutschmeister zusandte2, mit dem wenig später entstandenen „Anschlag" der Handschrift in Hannover, so ist einZweifel nicht möglich, daß für die Einzelheiten des pfalzgräflichen Entwurfs in der Hauptsache Staden die Verantwortung trägt; d. h.: Stadens Interventionsplan gegen Moskau ist in zwei Fassungen, der „Lützelsteiner Redaktion" vom Spätsommer 1578 und der „Prager Redaktion" von 1578—79, überliefert. Der Entwurf des Pfalzgrafen zu einem Zug gegen Moskau ist seit dem Jahre 1893 bekannt; Th. S c h i e m a n n veröffentlichte damals Korrespondenzen des Pfalzgrafen nach den Handschriften im Preußischen Geheimen Staatsarchiv3. Andere Abschriften des Projekts aus der Kanzlei des Pfalzgrafen befinden sich im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden4, im Haus-, Hof- und Staatsarchiv5 sowie im Central-Archiv des Deutschen Ritterordens in Wien®. Die bis jetzt bekannten vier Überlieferungen des Projekts weisen untereinander nur minimale Abweichungen auf7. Im Revaler Stadtarchiv8 fehlt das eigentliche ausI X , Anm. 3 8 8 ; B a r s u k o v , R o d Seremetevych 1 , 3 7 8 ; C v ö t a e v , Protestantstvo i protestanty: Ctenija Bd. 156 = 1891 Bd. 1,703; G. S o m m e r f e l d t , Dr. Tidemann GisesBerichte über die Kriegsvorgänge der J a h r e 1579—1582 in Polen und Livland: MLG 20 (1910), 480 Anm. 10; Α. V. B o r o d i n , Inozemcy-ratnye ljudi na sluäbö ν Moskovskom gosudarstvö (Petrograd 1916; aus d. VSstnik imp. obac. revnitelej istorii), 5. Vgl. auch S t a d e n S. 202 Anm. 6. 3 Über S a l i n g e n vgl. Staden S. 151 Anm. 7, 4 Zach. Vheling, der in den sechziger und siebziger Jahren wiederholt als dänischer Gesandter und im Dienst des Herzogs Christoph von Mecklenburg in das Land des Großfürsten gekommen war — vgl. außer B. C o r d t , Cuiozemni podoroini 35f. auch H . H j ä r n e Svensk-ryska förhandlingar 52—56; Ü b e r s b e r g e r , Österreich und Rußland 306; B e r g e n g r ü n , Herzog Christoph 270ff. — befand sich 1578 im Dienst Herzog Karls von Södermanland als sein „deutscher Sekretär" (tyske kansler): ö d b e r g , Om princessan Cecilia 183. 1 Vgl. S t a d e n S. 207 Anm. 5. 2 Des Pfalzgrafen Georg Hans Anschlag auf Livland: MLG 15 (1893), 120—129. 3 „Acta des Geh. Staats-Archivs betreffend den Krieg um Livland 1572—1581: Fol. 138. Rep. X I Rußland I f . " Vgl. oben S. 9* Anm. 7. 4 „Pfalzgraf George Hansen Schreiben an Churfürsten Augusten von Sachsen. Ao. 1562 bis 1586": Nr. 8518 fol. 6 „Deutscher Orden in Liefland 1547—1582"; fol. 119—393, — früher Reichsact. Miscell. 80: I I I . Kl. Reichsstände 393. 8 „Liefland. Recuperationsversuche 1578—1721". Die in diesem Faszikel enthaltene Korrespondenz des Pfalzgrafen wurde 1859 mit anderen Faszikeln von Württemberg an das Deutschordens-Centralarchiv in Wien ausgefolgt; in einem im Staatsfilialarchiv in Ludwigsburg aufbewahrten alten Repertorium des Deutschordens betr. Kur- und Livland (von 1760) als Faszikel 18 von Cist. 90 lat. 360 (später 388) folgendermaßen verzeichnet: „1 Fasz. in Fol. Fragmenta (-Stücke) von Pfalzgraf Georg Hans zu Lützelstein vorgeschlagene Werbung und Handlung, wie die Krön Polen und Schweden sich wider Moskau verbinden und des Rom. Reichs Stände, bevorab der Herr Hoch- und Deutschmeister, sich damit einlassen solle 1578—1582. Ν. B. ist nichts aus der Sach worden". Nach frdl. Auskunft der W ü r t t . Archivdirektion. — Der letzte Satz lautet nach der von mir eingesehenen Hs. hübscher: „Ist nichts aus der sach w o r d e n . . . , den orden vollend um sein übrige geldtmittel zu bringen". 7 Anlage 1. Anmerkung 8 s. nächste Seite.



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führliche Projekt, vorhanden ist dagegen das Blatt mit den Angaben über die geographische Lage des Moskauer Staates, das die Staden-Handschrift mit der Veröffentlichung Schiemanns gemeinsam hat 1 . In ihren Zielen sind die beiden Entwürfe völlig verschieden: das Projekt für den Kaiser geht über den Plan des Pfalzgrafen hinaus; Moskovien sollte eine habsburgische Kolonie werden. Staden schwebt die Okkupation und Annexion des ganzen Moskauer Staates vor, Kolonisationsaufgaben werden erkannt, bestimmte politische Kombinationen — ein Bündnis mit Persien gegen die Türkei — erwogen. Der ältere Plan zielte nur auf die Okkupation des Pomor'egebiets und die Öffnung des nördlichen, sibirischen Weges, um nach Amerika zu gelangen. Staden unterschätzte die Schwierigkeiten in grotesker Weise, als er den russischen Norden als Operationsbasis empfahl und einen Vorstoß in das Zentralgebiet des Großfürstentums vom Weißen Meere her als einen militärischen Spaziergang hinstellte. Keinen Augenblick dachte er daran, daß der Zug ins Innere des Landes sich totlaufen könne, obwohl er selbst einmal die Moskauer Abwehrtaktik des steten Ausweichens andeutet (Bl. 52). Der Stoß ins Herz des Moskauer Staates 2 schien den Triumph über die Person des Großfürsten und seine Dynastie und die Okkupation ganz Moskoviens zu garantieren. Die Kriegsgeschichte des russischen Nordens hat Stadens Idee als unrealisierbare strategische Phantasie erwiesen. Die natürlichen geographischen und klimatischen Bedingungen gestatten im Pomor'egebiet sogar noch in unserer Zeit keine Verwendung größerer Truppenmassen 3 . Wenn in diesen unwirtlichen entlegenen Grenzgebieten seit ihrer Aufsegelung gelegentlich maritime und militärische Diversionen unternommen wurden, so geschah es stets mehr als Demonstration. Seiner Natur nach bildete der russische Norden in der russischen Geschichte immer nur einen untergeordneten Nebenkriegsschauplatz 4 . β G. v. H a n s e n , Katalog des Revaler Stadtarchivs (Reval 1896), 209: Georg Hans, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Schreiben an Fürsten und Städte, einen Anschlag wider den Moskowiter betreffend 1578, 1579. — 2. Aufl. des Kat. von G. H a n s e n und O. G r e i f f e n h a g e n (Reval 1924-26), 173. 1 Nach frdl. Mitteilung von Herrn Stadtarchivar O. G r e i f f e n h a g e n . Vgl. oben S. 16*. 2 Vgl. V. I k o n n i k o v zu P l a t o n o v , Ocerkipo istorii smuty: 2MNPr 327 = 1900 Febr., 383 und K. T y s z k o w s k i , Poselstwo Lwa Sapiehy 8 — 11. 3 Vgl. Graf Rüdiger v. d. G o l t z , Meine Landung in Finnland und Im Baltikum (Lpz. 1920), 78f. Vgl. auch A. P e n c k , Die natürlichen Grenzen Rußlands: Meereskunde H. 133 (1917) = 12. Jg. Η. 1, S. 9: „Staatenbildende Kraft wohnt dem weiten armen Lande nicht inne. Leicht kann sich von Süden her mit geringem Aufgebot eine Herrschaft ausdehnen; aber nie hat sich eine solche von der Tundra aus in den Wald hinein erstreckt." 4 Wiederholt haben englische Expansionsträume an die Murmanküste angeknüpft. Am Ausgang der Zeit der Wirren tauchte der Plan auf, eine englische Souveränität über den Norden Rußlands zu begründen (I. L j u b i m e n k o , A project for the acquisition of Russia by James I: s. unten S. 136 Anm. 2); im Krimkrieg blockierte die englische Flotte die Murmanküste (vgl. G. Z. K u n c e v i c , Ο zasßitö goroda Koly ot neprijatelja ν 1854g.: Ctenija 219 = 1906 Bd. IV); 1918 wählten die Engländer die Kola- und Peßengabucht als Einfallstor und Hauptstützpunkt für ihre wenig erfolgreichen Operationen in Nordrußland: O. K o r f e s , Die russische Eismeerküste im Kriege: Archiv für Politik und Geschichte 5. (10.) Jahr, 1927 H. 6, S. 610 — 627; über den englischen Versuch, eine Konzession in Murmansk auf 99 Jahre zu erhalten, vgl. I. M i n e , Anglicane na severe (1918 — 1919 g. g.): Krasnyj Archiv 19 = 1926 H. 6 S. 3 9 - 5 2 .



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An sich war der Gedanke, auf der Linie des geringsten Widerstandes gegen den Großfürsten zu operieren und Moskovien in Moskau zu bezwingen, gut: in Kriegen von Mächten des Westens gegen Rußland in der Neuzeit ist der Plan, die Niederwerfung des Gegners durch den Marsch auf Moskau herbeizuführen, wiederholt der leitende Gedanke der militärischen Operationen gewesen, bei Gustaf Wasa1, bei Sigismund August 2 und Stephan Bathory 3 , Karl XII. 4 und Napoleon I. Auch war Stadens Urteil über den Verteidigungszustand Moskoviens im ganzen sicher richtig; es schmeichelte ihm, daß er dem Kaiser den schwächsten Punkt im Moskauer Verteidigungssystem entdecken konnte. Mit Stolz erklärte er, alle festen Plätze im Lande seien ihm wohlbekannt (Bl. 63), aber er übertrieb oder täuschte sich selbst, wenn er an späterer Stelle schrieb, kein anderer Ausländer, der in das Land des Großfürsten gekommen sei, habe die von ihm beschriebenen Orte gesehen oder nur von ihnen gehört (Bl. 63 v): wieder ist an den vorzüglich organisierten Nachrichtendienst der Englischen Compagnie zu erinnern. Den schwächsten Punkt in Stadens Projekt bilden seine Vorschläge, wie die Expedition technisch ins Werk zu setzen sei; in finanzieller (Bl. 58, 60v) wie in militärischer Hinsicht (ζ. B. der Heeresstärke = Bl. 57 ν; der Ausstattung mit Artillerie == Bl. 57, 58ν; der Organisation des Nachschubs = Bl. 60, 61) sind sie zu naiv, als daß sich lohnte, näher darauf einzugehen. Ebenso zeugt die Art, wie Staden bei dem Mangel einer kaiserlichen Seemacht sich die Lösung der schwierigen Aufgabe, das Expeditionskorps nach Rußland zu schaffen, vorstellte, vom Fehlen jeglicher politischen Berechnung (Bl. 58); nichts beleuchtet vielleicht schärfer seine Urteilslosigkeit, als daß er des niederländischen Freiheitskampfes ungeachtet den Prinzen von Oranien dem Kaiser ebenso angelegentlich wie Spanien als Lieferanten von Schiffen für ein Expeditionskorps nach dem Weißen Meer anempfahl. Seine Vorstellungen über die maritime Leistimgsfähigkeit der verschiedenen als Darleiher von Schiffen vorgeschlagenen Staaten (Bl. 57 v, 58) sind phantastisch; dagegen resultiert sein Rat, die kaiserlichen Kriegsleute auch als Reiter verwendbar zu machen (Bl. 58), aus seiner kriegerischen Erfahrung im Moskauer Dienst und rechnet mit der Weiträumigkeit des Landes und der Taktik des Moskauer Heeres. Nach dem Vorbild der Moskauer Provinzial·Verwaltung tritt Staden in seinem Projekt dafür ein, daß für den Unterhalt der in einem befestig1

F o r s t e n , Baltijskij vopros I, 18. K. P i w a r s k i , Niedoszla wyprawa t. zw. radoszkowicka Zygmunta-Augusta na Moskw ö tS :> ί ä

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Bei diesem türm stund die lifflendische arckelei1, welche der grosfürste in Velin2 überkam, sampt dem herrmeister3 Wilhelm Fürstenbergk, unverdeckt, bloß zum spectakel. Bei diesem turmb sitzen auch alle Schreiber, die einem jeden tegelich supplicationes, hantschriften oder quitirungen vor gelt schrieben4. Dieselbigen waren geschworen. Alle supplicationes im ganzen land werden in oder uf des grosfürachten namen geschrieben. Bei diesem türm oder kirchen | 28 werden auch alle gemeine6 schuldener gepravet® oder gerechtfertiget und es werden alle schuldener an allen orten gepravet, solange (bis)7 ein prister sacrificirt und diese glocken geleutet werden. 1

Artillerie. — I n Fellin erbeuteten die Russen 1561 auf d e m Schloß achtzehn K a r t a u n e n und in der S t a d t 450 Geschütze: K u r b s k i j R I B 3 1 S p . 2 5 8 f . — Am E n d e des d r i t t e n J a h r e s des livländischen Krieges h a t t e n die Russen fast die ganze Artillerie des Ordens in ihre H a n d gebracht. Die Ziffern der Geschützbeute, die f ü r D o r p a t auf 552 Geschütze, f ü r N a r v a auf 230 angegeben werden ( K a r a m z i n V I I , 414, 427; H . J . H a n s e n , Geschichte der Stadt Narva, D o r p a t 1858, S. 30; Lötopisec russkij: Ctenija 1895 Bd. I I I , 91) klingen unwahrscheinlich hoch; vielleicht wurden sog. Doppelhaken, eine Art schwerer Büchsen, ebenfalls als Geschütze gerechnet: A. v. L ö w i s MLG 1 (1840), 275 A n m . 57. Über alte in Reval u n d Riga gegossene Kanonen im Waffenmuseum der Eremitage — Revaler „Roter Löwe"'von 1559; Rigaer Geschütze: „Kätzlein" (1568), „Simeon der S t a r k e " — : B r o t z e und M. T h i e l , Inschriften Rigischer Geschütze, SB Riga von 1886 (1887), 124f.; C.v. L ö w i s of M e n a r , S B Riga von 1890 (1891), 82f. 2 Fellin: C. M e t t i g , Baltische Städte (Riga 1901), 108—123; K . v. L ö w i s of M e n a r , Burgenlexikon 57. Die Eroberung Fellins im letzten Drittel des August 1561 (vgl. F o r s t e n , Bait, vopros I, 111) bildete durch die Gefangennahme des ehemaligen Hochmeisters Fürstenberg und eine außerordentlich große Geschützbeute einen der größten Triumphe des Caren im livländischen Kriege: R e i m a n n HZ 35 (1876), 370; G. v. H a n s e n , Aus baltischer Vergangenheit (Reval 1894), 7; S e r a p h i m I, 458—460. Die Quellen zur Geschichte der Eroberung Fellins verzeichnen: K a r a m z i n I X , Anm. 46; H . v. B r a c k e l , Probe einer Übersetzung der Denkwürdigkeiten des F ü r s t e n Α. M. K u r b s k i j : MLG I (1840), 124—127; C. E . B-s., Materialien zur Geschichte der S t a d t Fellin: A G L I (1842), 142—145; R e n n e r 326—329. Als Reichsfürst suchte Fürstenberg sich vor Kaiser und Reich wegen des Falles von Fellin (und D o r p a t ) zu rechtfertigen: S c h i r r e η , Quellen zur Geschichte des Unterganges livländ. Selbständigkeit: V I = A G L N.F. 6 (1879) Nr. 926 (1561), S. 340; Apologia et contradictionsschrift herrn Wilhelms Fürstenberg in Moscow gefangenen Meisters in Lieffland 1561: W i η k e 1 m a η η Nr. 5442. 3 Vgl. S. 29 Anm. 1. 4 Über die „ploscadnye p o d ' j a c i e " : Μ. F. Z l o t n i k o v , Pod'jacie Ivanovskoj ploscadi (Κ istorii n o t a r i a t a Moskovskoj Rusi): Istor. Obozr. 21 = Sbornik statej, posvjasc. A. S. Lappo-Danilevskomu, Petrograd 1916, S. 82—130 (s. auch Istor. Izv. 1917 Η. 1 S. 151); seit den sechziger J a h r e n des 16. J a h r h u n d e r t s sind schreibkundige Leute, die an festen Standorten quasi Advokatendienste verrichteten, nicht nur f ü r Moskau, sondern auch für Novgorod (1567), Tver (1573), Perejaslavl' Zalesskij (1585—86), Pskov (1591—92), Ivangorod (1593) nachgewiesen: N. L i c h a ö e v , Ploscadnye pod'jacie X V I stoletija: Sbornik posvjasö. Platonovu 1922, S. 139—143. 6 Schuldner aus dem gewöhnlichen Volk. * Vom russ. ,pravit' (dopravit') = vzysk(iv)at': Schulden beitreiben; vgl. oben S. 13 Anm. 1 über den ,pravez'. ' Vgl. S. 74.



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Es hing auch zwischen dem türm und kirchen eine glocke, die war die allergröste im lande1. Und wann die glocke geleutet wart, so pflegte der grosfürschte auf grosse feste in seinem habitu2 mit den pristern, welche heilige creuz und fahnen vor ihm hertrugen, nach der kirchen sampt knesen und boiaren, zogen3 auf diesen platz. Pflag auch der grosfürste und pabst4 sambt den bischöfen und pristeren, knesen und boiaren mit ihren habiten auf den tagk Simonis Judae5 mit creuzen und fahnen den sommer zu beleitsagen oder vorlassen, und den winter uf- und anzunehmen. Dieser tagk ist der Reussen neuger jahrestagk®. Und welcher auslender kein lantgut überkommen hette, der muste ein ander neuge costgeltzettel forderen. Darnach ist die ander pforte7 aus dem Schloß in die stadt8. Der stadt und Schloß mauren seind gebauwet mit einer umbgehenden wehre, gedeckt alles von gebranten roten zigelsteinen. Hie ist die duppelte pforte9, und die löwin10 stunden | 28' hie im graben unter der mauren11; dieselbige hatte die königin aus Engelant dem grosfürschten geschicket. Bei dieser pforten pflegete der elephant zu stehen, der aus Arabia kommen war12. Darnach ist der gemeine richthof oder semskodvor13, (darnach) das zeugkhaus14, Nach demselbigen war der prem.. oder druckehof15. Darnach war ein türm oder 1

S. oben Seite 64 Anm. 16. Vgl. S. 63 Anm. 16. 3 A n s t a t t : zu ziehen. 4 Metropolit. 6 Oktober 28. SS. Simonis et Judae. Über Stadens I r r t u m vgl. Anm. 6. β Vor der Kalenderreform Peter d. Großen im J a h r e 1700 wurde in Moskau das neue J a h r vom 1. September an gerechnet, dem Tag des Simeon Stolpnik, daher dessen Beiname „LStoprovodec" („der das J a h r heraufführt"). 7 Die bereits S. 64 erwähnten Nikol'skie vorota. 8 K i t a j gorod. 8 Nikol'skie vorota. 10 Löwen. 11 Die Löwengrube in Moskau erwähnt auch P e t r e j u s 4. 12 Siehe oben S. 42. 13 Zemskij dvor; vgl. S. 11 Anm. 8. 14 Arsenal (Oruiejnyj dvor): R u m j a n c o v , Vid Mosk. Kremlja 62; B o g o j a v l e n s k i j , Vojsko ν MoskvS ν X V I i X V I I w . : Moskva IV, 81; P e t r e j u s 6. 16 prem sicher, danach ein oder zwei unlesbare Buchstaben. — Das Druckereigebäude in Moskau, der Peßatnyj dvor (Druckhof), befand sich in der Nikol'skaja ulica, an dem Pla'tze, auf dem später die Sinodal'naja tipografija errichtet wurde; vgl. V. E. R u m j a n c o v , Drevnija zdanija Moskovskago peiatnago dvora (Mosk. 1869); I l o v a j s k i j I I I (1890), 694; S. F. L i b r o v i ö , Istorija knigi ν Rossii (St. Pbg. 1913), 54; Α. A. P o k r . o v s k i j , Pecatnyj Moskovskij dvor ν pervoj polovinö X V I I v. (Mosk. 1913); A. S o l o v ' e v , Moskovskij P e i a t n y j Dvor. Istoric. zapiska ο Mosk. sinodal'noj tipografii (Mosk. 1917). Stadens Erwähnung einer Druckerei in Moskau ist nächst dem auf 1564 datierbaren Zeugnis Raph. B a r b e r i n i s — Rev. d'hist. dipl. 18 (1905), 267 — die älteste Nachricht eines Ausländers über den Buchdruck in Moskau; s. auch G r a f , Collins 73 Anm. 2. Die Zerstörung der ältesten Moskauer Presse und die Schicksale des ersten Druckers, des Diakons I v a n Feodorov, der nach seiner Vertreibung aus Moskau seine Tätigkeit im Auslande fortsetzte, sind häufig behandelt worden. Eine zweite Druckerei, die seit 1568 arbeitete, wurde 1571 bei der Verbrennung Moskaus durch die Tataren (vgl. S. 76) ein R a u b der Flam2



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zwinger vol krauts1. Darnach war eine nordenpforte2. Hie waren viel knesenund boiarenhöfe bis an die andere oder mittelste pforte3. Da waren grosse gefengknisse gebauet gleich als höfe; darinnen sassen, die in Lifflande aus dem schermützel gefangen waren4; die muste der tornwechter des tages loslassen gehen inwendigst und des nachts in eisen schlissen. Hirbei war auch die peinerei. Darnach waren allerlei häuser und höfe bis an die dritte pforte ins norden6. In dieser stresse war wieder ein großer hof gebauwet. Darinnen waren gefangen Douona® und etzliche andere Polen sambt dem frauenzimmer7, die nach der Muscau geführet worden8, da der grosfürste die stadt Polozka9 eroberte und einnahm. men: L i b r o v i c , Istorija knigi ν Rossii I (St. Pbg. 1913), 78; V. J . U l a n o v , Knigopeßatanie ν MoskvS ν X V I — X V I I v. v . : Moskva VI, 105—122; A. A. P o k r o v s k i j , Na&ilo knigopecatanija na Rusi i Moskovskaja sinodal'naja tipografija: Katalog russkago otdSla mezdunar. vystavki pefiatnago dSla i grafiki ν Lejpcigö 1914, S. 23—34; Α. I. N e k r a s o v , Knigopeiatanie ν Rossii ν X V I i X V I I vekach: Kniga ν Rossii I : Russkaja kniga ot naiala pis'mennosti do 1800 goda (pod red. V. J a . Adarjukova i Α. A. Sidorova), Mosk. 1926, S. 63—126 und die dort S. 105f. angegebene Literatur. Von nichtrussischen Veröffentlichungen über den frühesten russischen Buchdruck vgl.: A. T i b e r g h i e n , Quel est le second livre imprim6 k Moscou ? Rev. de l'Univ. de Bruxelles 8. J g . (1902—03), Nr. 6 S. 455—457; ders., Quelques mots Sur les commencements de la typographic russe. La seconde impression moscovite 1564—1565: Rev. des biblioth. et archives deBelgique 1 (1903), 143—150; K. B a e r e n t , Die Einführung der Buchdruckerkunst in R u ß land: Ztschr. f. Bücherfreunde N. F. I I , 1 (1910), 29—33; K u r t T a u t z , Zur Einführung der Buchdruckerkunst in Rußland: Zentralblatt für Bibliothekswesen 31 (1914), 113—125; Albert S c h r a m m , Feodorowsche Drucke: Ztschr. des deutschen Vereins f. Buchwesen und Schrifttum 1. J g . Nr. 3—4 (1918), 39—41; ders., Altslawische Drucke in der Bücherei der Moskauer Synodaldruckerei: ebda. 1. J g . Nr. 11—12 (1918), 128—132; ders., Vom russischen Buch: Ztschr. f. Buchkunde 1. J g . (1924), 160—172; Rieh. M e c k e l e i n , Der alte Moskauer „Druckhof" und die ersten russischen Drucker: Der Sammler 12. Jg. H . 38 (23. Sept. 1922), 602f.; Willy P i e t h , Lübeck als Pionier der Buchdruckerkunst: Geschichte der Freien und Hansestadt Lübeck, hrsg. von Fr. Endres (Lübeck 1926), 210—244; L. C. W h a r t o n , Une histoire de rimprimerie dans l'est et le sud-est de l'Europe: Conference des historiens des 6tats de l'Europe Orientale et du monde slave (Varsovie, le 26—29 juin 1927), Π - e partie: Compte rendu et communications (Varsovie 1928), 281—285. 1

Schießpulver: G r i m m V, Sp. 2110f. Vladimirskie vorota. 3 Il'inskie vorota. 4 Siehe unten Anm. 8. 6 Varvarskie vorota. β Stan. D o w o j n a geriet 1563 als Verteidiger von Polock in russische Gefangenschaft; über ihn s. S. 95 Anm. 2. ' = zusammen mit ihren Frauen; einige dieser Polinnen sind mit Namen bekannt, ζ. B. die Gattin Dowojnas Petronia Radziwill (vgl. S. 95 Anm. 2), eine „Golubickaja", „Esmanova", „Gornostaeva doc"': Sbornik 71 (1892), 414—417; 298. 8 Über das Los der Kriegsgefangenen im Moskauer S t a a t : N. D. C e c u l i n , Κ voprosu ο rasprostranenii ν Mosk. gosudarstvö inoz. vlijanij; K u n c e v i c , Ist. ο Kazanskom carstvö 267 Anm. 2; J . H e s s e n , Plönnye ν Rossii s drevnich vremen. I. Vykup plSnnych (Petrograd 1918), dazu G a u t i e r R H 157 (1928), 110; ders., 2ϊζή plennych ν Moskovskom gosudarstve. Gosudarstvennye plennye: Russkoe Proäloe 2 (1923), 55—73; hier f ü h r t Hessen in einer Aufzählung der wichtigsten Moskauer Gefängnisse ein Gefängnis für Polen („Pol'skaja t j u r m a " ) auf (S. 60). 2

Fortsetzung der Anmerkung 8 und Anm. 9 s. nächste Seite.



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Darnach wart der Engelischen hofe1, welche ihre fahrt auf Kolmagorrad2 haben, Darnach der münzhof3. Nach solchem allem | 29 waren alle kramstrassen4. Eine jeder kramstrasse hat einerlei war. Es waren alle kramstrasse lange dem platze vor dem schlosse. Auf dem platze hetten tegelich etliche jungen viele pferde, die einer umb gelt mieten kunte und in der eile etwas aus den umbligenden vorsteten holen konte als hantschriften, brife, quitanzien5 und alsobalde wieder uf das Schloß uf einige canzelei kommen konte. Mitten in der stat war ein hof neuglich gebauwet, darin geschütz solte gegossen werden8. Von der Behandlung der großen Masse der Verschleppten (vgl. S. 24 Anm. 4) unterschied sich die H a f t einzelner vornehmer Gefangener wie Dowojnas, des Ordensmeisters Fürstenberg (s. oben S. 29 Anm. 2), des Bischofs Herrmann von Dorpat (s. unten S. 114 Anm. 2). Ein Zusammentreffen mit etwa zwanzig in Livland gefangenen Adligen an der Tafel des Caren erwähnt Raphael Barberini: N. Tcharykow ( C a r y k o v ) , Le chevalier Raphael Barberini chez le tsar J e a n le Terrible (1564): Rev. d'hist. dipl. 18 (1906), 264; der Privatdruck Öarykovs über Barberini von 1910 (Livländ. Geschichtsliteratur 1910 S. 20 Nr. 166) war mir nicht zugänglich. — Vgl. auch Α. Ρ ο s s e ν i η u s, Livoniae Commentarius (Rigae 1852), 18; H ö h l b ä u m B K E I I (1876), 120ff.;A. B r ü c k n e r , Die Europäisierung Rußlands (Gotha 1888), 223ff. 6 Über die Eroberung von Polock 1563 s. unten S. 93 Anm. 4. 1 Auf der Varvarka: K a r a m z i n I X , Anm. 263; v. K e u s s l e r , Joh. Bochs Nachrichten über die Livländer in Moskau SB Riga von 1901 (1902), 5; M u l j u k i n , Ofierki po istorü jurid. polozenija inostrannych kupcov ν Mosk. gosudarstvg 114, 238, 241, 268. — Wie in älterer Zeit die Hanse ihre Kontore in Novgorod und Polock hatte, so konzentrierte sich der Handel der mit Moskau handeltreibenden Nationen in ihren privilegierten Verkaufsniederlagen, den sog. „ H ö f e n " : L a p p o - D a n i l e v s k i j , Inozemcy ν Rossii 2MNPr 241 = 1895 Sept., 96; F o r s t e n , Bait, vopros I, 291; F e c h n e r I, 43. 8 Cholmogory; vgl. S. 54 Anm. 6. 3 Russ.: deneänyj dvor; vgl. Anlage 3 über das Moskauer Münzwesen (S. 239). 4 Russ.: torgovye rjady (Handelsreihen); vgl. K u l i s c h e r , Russische Wirtschaftsgeschichte 337—340. 5 Quittungen: G r i m m VII, Sp. 2380. 6 „In Mosche e una tira de botoghe che lavorano d'arcobusi in estrema copia": Discorso della Moscovia ed. Wichmann, 393; P e t r e j u s 7 („Gießhaus"). Über Artilleriewesen und über Geschützgießerei in Rußland vgl.: v. S t e i n , Geschichte des russ. Heeres 22; B a r t e n e v I, 40; Ν. E. B r a n d e n b u r g , Artillerijskoe iskusstvo na Rusi ν period do-Petrovskij: „Voennyj Sbornik" 1874 Nr. 7—8; ders., 500-lStie russkoj artillerii: „Artillerijskij 2urnal" 1889 Nr. 5; K u r t z 465—468. Das älteste Zeugnis über das Bestehen einer Behörde für das Artilleriewesen (Puäecnyj oder Puskarskij prikaz) stammt aus dem Jahre 1577: S. B o g o j a v l e n s k i j , Ο Puäkarskom prikazS, im Sbornik statej ν ßest' Μ. K. Ljubavskago (Petrograd 1917), 361. Durch Gewinnung westeuropäischer Geschützmeister seit dem "Ende des 15. Jahrhunderts erreichte die Artilleriekunst in Moskau in wenigen Jahrzehnten einen hohen Stand: A d e l u n g , Herberstein 105; S o l o v ' e v I, Sp. 1681; B a r t e n e v , Mosk. Kreml' I, 40 (Anm.). 1552 ließ Ivan gegen Kazan bereits 150 Geschütze auffahren. Über den Artilleriepark des russischen Belagerungsheeres vor Reval 1577 vgl.: R u s s o w 101; K e l c h 333; C. R u ß w u r m , Die Belagerung von Reval 1577 = B K E I I , 3 (1878), 291—311. Im Jahre zuvor taxierte Cobenzl den Bestand der russischen Artillerie auf 2000 Geschütze; s. auch S e r e d o n i n , Fletcher 360. — Von manchen russischen Geschützen der Periode Ivans sind Namen überliefert, ζ. B. molodec (Bursche), pevec (Sänger), solovej (Nachtigall), lev (Löwe), zmija letucaja (fliegende Schlange) u. a.: F o r s t e n , Bait, vopros I, 664.

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6A. P. R u d a k o v , Tul'skij kreml' (Tula 1916); ders., Oöerki iz istorii Tuly i Tul'skogo kraja (Tula 1923). 2 BSlev. 3 Kaluga. Hs. Boluga; hier emendiert nach BD. 4 Aleksin. 5 Oka; s. S. 78 Anm. 3. * DR Serpucha, Β Serputtga; = Serpuchov; s. S. 78 Anm. 8. ' Zu dieser Entfernungsschätzung vgl. S. 104 Anm. 3. « Vgl. S. 78. 9 Β Schmalenßki, R Schmolenßko; = Smolensk. Über den Weg von Moskau nach Smolensk: Put' ot Moskvy k Smolensku, aot Smolenska do Rima (iz IStopisi), izd. I. B81jaev: Vremennik 15 (1852), 47f. 10 Dorogobuz. 11 Hs.: Welma; = Vjazma. 12 Räeva Volodimirova; s. S. 112 Anm. 10; in BDR folgt: „ligt 30 meil von Muscow (Moscow, Muschow)". 13 BDR haben darnach: vorhin. 14 bis an die kleine bach Botina ( = Bojna) fehlt in BDR. Über die Grenze zwischen Polen und Moskau im 16. Jahrhundert vgl.: Oskar H a l e c k i , Geografie poütyczna ziem ruskich Polski i Litwy 1340—1569: Comptes rendus des stances de la Soci£t0 des Sciences de Varsovie. X c ann6o (1917), fasc. 2 (f6vr.) CI. I et II, S. 5—24 = Sprawozdania ζ posiedzen Towarzystwa Naukowego Warszawskiego. Wydz. I i I I (Luty). R o k X , Zesz. 2 (Warszawa 1917); J . N a t a n s o n - L e s k i , Dzieje granicy wschodniej Rzeczypospolitej I. Granica moskiewska w epoce Jagielloiiskiej: Rozpr. hist. tow. nauk Warszawskiego I, 3 (1922), dazu (A. P-ska): Ateneum Wüeriakie I, 1 (1923), 102f. l s BDR Ersowa Wolodimera. Anmerkung 16 s. nächste Seite. 12 13



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sehen keiser Corcigallea1 zum underhalt nach der eroberung Kasanen und Astrokan2 gegeben3. Darnach seint noch acht meilen von der stadt Muscaw. Ein andere (paeasie). Von Porgeva4 uf Taropez5. Darnach uf Welikilucka6, darnach uf Stariz'. Darnach uf Wolock lamsky8 oder uf das closter Oscepowa9. Darnach uf den hof Iliensky10, ligt 10 meilen11 von der Moscaw. (Aus) Schweden (pasasie). Von12 Notebergk13, Wiburgk11 oder Karelen15 zeucht man nach dem closter Precista Tiffnia16. Das kloster pleibt auf der rechten hant weit ligen. Damach 16

Β Schwinegrod, D Schwingerodt, Β Schwingrodt; = Zvenigorod. Die Stadt wurde wiederholt tatarischen Carevicen, die sich unter den Schutz der Moskauer Caren gestellt hatten, eingeräumt, zuerst 1552 dem Kh^n von Astrachan Derbys-Ali, der wieder auf den Thron gelangte, aber bald nach Azov flüchten m u ß t e : K a r a m z i n V I I I , S. 136—138 u. Anm. 403. Später war Zvenigorod in der votcina des Caren Simeon von Kazad (gest. 26. Aug. 1565). Nachdem der Car 1566 von seinem Vetter Vladimir Starica und Zvenigorod erhalten hatte, gab er Zvenigorod als votcina an den Carevicen von Astrachari Murtozalgj Kajbulovic = „Michail". Vgl. S. 84 Anm. 1; K a r a m z i n I X , Anm. 849; G. I. C h o l m o g o r o v , Gorod Zvenigorod: Ötenija 1883 Bd. I I I S. 31. — Über Zvenigorod s. auch N. Ö e c u l i n , Einl. zum Reg.-Band I (1895) der Piscov. knigi, X X V I I . 1 Β Cerscisgallea, R Cercisgallea, D Cerlißgallea; Staden h a t S. 124 die Namensform: „Cercigalia"; = Sig-Alej; s. S. 84 Anm. 1. 2 I r r t u m Stadens; vgl. S. 84 Anm. 1. 3 ,und Astrokan' fehlt BDR. 4 B D Pergowolok; lok in beiden Hss. über der Zeile nachgetragen; = Porchov ( f) P o l o s i n 126. 5 Toropec; s. S. 112 Anm. 6. 6 I r r t u m in der Aufeinanderfolge der Orte; Velikie Luki liegt westlich von Toropec. 7 Starica; s. S. 112 Anm. 12. 8 Volokolamsk. 9 BDR closter Osepna Monistera; = Osipov monastyi (Josephs-Kloster); vgl. S. 157. 10 so BDR, Staden: Uiemsky; = Il'inskoe selo, der frühere Posthof ( J a m Il'inskoj) zwischen Starica und Moskau am Wege nach Volokolamsk. 11 B D R : 50 Werste. 12 B D R : die passatzie von . . . 13 Nöteburg; Nöteborg oder Nöteholm war schwedischer Name des 1702 russisch gewordenen Ortes an der Nevamündung = russ. OreSok = Schlüsselburg: M i c h o w MGGHbg 1882—83, S. 150. 14 Wiborg. 15 Karelien; s. S. 14 Anm. 5. 16 D Precista Tyffina, R Precista Tisfina; = Kloster Tichvin (Tichvinskij BogorodickoUspenskij Monastyi) an der Tichvinka. Das Kloster umschloß eines der verehrtesten Heiligenbilder des alten Rußland, die Ikone der Gottesmutter von Tichvin (Tichvinskaja ikona Boziej materi: I. K a l i n s k i j , Cerkovno-narodnyj mSsjaeeslov na Rusi ZGOetn 7 (1877), 416; K o s t o m a r o v , SSverorussk. narodopravstva ( = Istor. monogr. 8), 344; K a p t e r e v , Charakter otnosenij 13. — Als Marija Vladimirovna (s. S. 25 Anm. 3) nach Rußland zurückkehrte, wurde sie in das Kloster „Tifina" eingewiesen: P e t r e j u s (1620), 192. Zur Geschichte des Klosters vgl.: G. Z. K u n c e v i c , Opiä rukopisej Tichvinskago Uspenskago monastyrja: I z v R J X I I , 4 (1907), 346 Anm. 1; B. D. G r e k o v , Otcet ο komandirovkß ν Bol'Soj Tichvinskij monastyi: LZAK 26 (1914), 10—31. Verzeichnis der Arbeiten von Ε . V. S k o r o d u m o v zur Geschichte des Klosters Tichvin und seiner Umgebung: LZAK 33 (1926), 55.



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kompt man uf den grossen wegk, welchen man reiset von Grossen Neuggarten 1 nach der Moscaw 2 . Novgorod Velikij; s. S. 36 Anm. 2. In BDR lautet der Satz: „Darnach kompt man uf den großen weg, welchen die kaufleut faren von Calmagerodt nach Großen Neugarten; weiter kompt man uf einen großen offenen flecken Andoma, darnach uf Carkapola. Welche paseatzie her Herman Flemming von den Reußen gefangen kan erkundigen, da das gebiet Carkapola und Carolin strecken aneinander": Schiemann MLG 15 (1893), 129 f. 1

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II. S t ü c k .

150' Anschlagk, dieweile der krimmische keieer in willens, mit hülfe und beistand des türkischen keisers1, der Nageyer2 und knesen Michael in Scircassenlant3 Rußland4 einzunehmen, den grosfürschten sampt seinen beiden söhnen8 gefengklich nach Krimme(n) zu führen® und den grossen schätz7 zu überkommen. Wie deme vorzukommen. | 51 Allerdurchleuchtigster, grosmechtigster, unüberwintlichster Römischer Kaiser, auch zu Hungern undBeheimb konnigk, unser allergenedigster herreetc. Ewr. Rö. Kai. Mat. sehen aus diesem meinem schreiben8, wie hart und gewaltigk der krimmische keiser des grosfürsten land angreifet. Nicht ohne Ursache: alle verstorbene grosfürsten haben dem keiser in Krimmen seinen j ehrlichen tribut gegeben und der itzige grosfürste hat dem krimmischen keiser etliche vorgangene jähre seinen gebührlichen tribut nicht wollen geben9. 1 Über das Verhältnis der Krim zur Türkei s. S. 91 Anm. 3; von 1574—1595 war Großherr Murad I I I . 2 Nogaier; s. S. 54 Anm. 4. * Fürst Michajl Cerkasskij; Staden verwechselt an dieser Stelle den zur Zeit der Abfassung des Plans bereits hingerichteten Fürsten M. C. mit seinem Vater, dem Fürsten Temgrjuk Ajdarovic Cerkasskij; vgl. S. 49 Anm. 8 und S. 70 Anm. 3. 4 Hs.: R ü ß l a n d t t ; a m linken B a n d mit anderer Tinte hinzugefügt. Dieselbe lateinische Schrift wie S. 166: Henrich von Staden manü propria. Vgl. Einl. S. 19* Anm. 4. 5 I v a n (1554—1582) und Fedor (1557—1598). 6 Vgl. dazu S. 80 und 123. ' Vgl. Anlage 2 (S. 224). 8 der vorhergehenden Beschreibung. • Während Staden einmal in der durch die OpriSnina, Hungersnot und Pest zerrütteten inneren Lage des Großfürstentums den Anreiz für den Einfall des Khans in das Land sieht (S. 70), erklärt er hier die Einstellung der dem Khan aus Moskau zustehenden Jahreszahlungen sei der unmittelbare Anlaß für den Zug Devlet — Girejs gewesen. E s steht fest, daß der Moskauer Staat im 16. Jahrhundert gewisse Verpflichtungen gegenüber dem Krimkhan t r u g : M . D ' j a k o n o v , V l a s t ' m o s k o v s k i c h g o s u d a r e j (St. Pbg. 1889), 148. Durch Gesandte forderte der Krimkhan im J a h r e 1564 in Moskau den ihm gebührenden Tribut: Zach. Vheling an Friedrich I I . von Dänemark, 1564 Febr. 20, s. S c e r b a ö e v Ctenija 255 = 1915 Bd. IV, 222 Nr. 128; S e r e d o n i n , Fletcher 74, der die von P r i n t z 102 für 1575 berichtete Tributverweigerung auf das J a h r 1571 bezieht, sieht hierin wie Staden den Anlaß zum Feldzug des Krimkhans. Nach der Verbrennung Moskaus 1571 zahlte Moskau den Krimtataren eine jährliche Abgabe („tys"): H. Ü b e r s b e r g e r , Rußlands Orientpolitik I (1913), 10, nach V. D. S m i r n o v , Krymskoe chanstvo pod verchovenstvom Otomanskoj porty (St. Pbg. 1887), 427—430; s. auch I l o v a j s k i j , Istorija Rossii I I I (1890), 635. Der polnische Gesandte Marcin B r o n i o w s k i schrieb 1579 an seinen Herrscher, der K h a n empfange jahrlich Tribut vom polnischen König und Großfürsten von Litauen, dem Fürsten von Moskau, dem Hospodar der Moldau, den Cerkessen und den nogaiischen Tataren: Broniovii



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Ε . R ö . K a i . Mat. sehen auch, was vor grossen schaden der krimmische kaiser dem grosfürsten und seinem lande hat zugefüget. U n d wann er, der grosfürschte 100 jähr und mehr regiren würde, das doch nicht mugelich sein kann, so kunte er den schaden, den der krimmische keiser an der s t a d t Moscaw und Resanerland 1 begangen hat, nicht überwinden. U n d der grosfürschte mus alle jähr den ganzen sommer sein krigevolk an dem bache Ocka, vierzehen meilen von der s t a d t Moscaw 2 , halten; vorhin plegte des grosfürschten krigevolk dem krimmischen keiser über die kleine und grosse Dona 3 bis an das wilde feit zwischen K r i m m e n und Resanerlant 4 zu begegnen. Resanerlant hat der krimmische keiser vorwüstet. Der grosfürschte hat uf den hölzern heusere(n) oder schlossern ezliche hakenschützen 6 . Alle knesen, boiaren s a m p t allen bauren seint | 51' nach K r i m m e n gefengklich weggeführet aus Resanerlant®. de Biezdzfedea, Tartariae descriptio (im Anhang zum Elzevir-Druck „Russia seu Moscovia", 1630), 292f. — Zum Moskauer Tributversprechen an den Krimkhan s. auch S o l o v ' e v II, Sp. 100, 104; M. L a n d w e h r v. P r a g e n a u , Zur Geschichte Iwans III. Wassiljeviß: MIÖG 25 (1904), 656 Anm. 4; Ü b e r s b e r g e r , Österreich und Rußland 66, 125; S. V. F a r f o r o V s k i j , Istoßniki russkoj istorii I (1913), 381; S t ä h l i n , Kurbskij 168 Anm. 112; Graf, Collins 45. 1 Rjazanerland; über das Gebiet von Rjazan als dem Glacis des Moskauer Staats gegen die Krim vgl. S. 71 Anm. 12. 2 Vgl. S. 78 Anm. 3. 3 Donec und Don, vgl. S. 92. 1 Wildes Feld (dikoe pole); vgl. S. 54 Anm. 1. 5 Über die Strelitzen vgl. S. 20 Anm. 2. An seiner Südgrenze richtete der Moskauer Staat ein Verteidigungssystem durch befestigte Linien auf, eine Art Militärgrenze gegen die Völker der Steppe; zugleich rückte im Südosten die russische Kolonisation stetig vor. Durch den Ausbau des Verteidigungs- und Kolonisationswerks kommt nach P l a t o n o v s Urteil (Ivan Groznyj 126) der letzten Periode der Regierung Ivans nicht geringere historische Bedeutung zu als der Zeit der großen Reformen und der Epoche der Opricnina. Vgl.: I. D. B S l j a e v , Ο storoievoj, staniönoj i polevoj sluibS na pol'skoj ukrajnö Moskovskago gosudarstva do carja AleksSja Michajloviia: Ctenija 1846 Bd. IV; D. I. Bagalßj: Oöerki iz istorii kolonizacii i byta stepnoj okrajny Moskovsk. gosudarstva I (Mosk. 1887), dazu D. A. K o r s a k o v : Otcet ο 30-m prisuid. nagrad grafa Uvarova (St. Pbg. 1889), 69—96; I. N. M i k l a s e v s k i j , Κ istorii chozjajstvennago byta Moskovskago gosudarstva I : Zaselenie i sel'skoe chozjajstvo juinoj ukrajny XVII veka (Mosk. 1894), dazu D. I. B a g a l S j , Otcet ο 37-m prisuzd. nagrad grafa Uvarova (St. Pbg. 1897), 159—230; Α. N. J a s i n s k i j , Ob ochranö i zaselenii stepnoj okrainy Mosk. gosudarstva ν konce XVI i nacälö XVII vökov (Kiev 1900); V. I. P i c e t a , Obrazovanie territorii Moskovskago gosudarstva: DovnarZapol'skij II, 100—103; S. S a m b i n a g o , Zastava bogatyrskaja: Sbornik statej ν Sest' Μ. K. Ljubavskago (Petrograd 1917), 356—360; A. I. J a k o v l e v , Zasegnaja certa Moskovskago gosudarstva ν XVII vSkö. Ocerk iz istorii oborony juznoj okrajny Moskovsk. gosudarstva: Zap. otdel. russk. i slavj. archeol. imp. russk. archeol. obsc. 13 (Mosk. 1916) u. sep.,dazuLjubavskij Istor. Izv. 1917 Η. 1 S. 103—108 und P i c e t a , Disput Α. I. Jakovleva, ebda. 208—213; J u . Gautier (Got'e), Zamgtki po istorii zascity juznych granic Moskovsk. gosudarstva: ebda Η .2 S. 47—57; Μ. K. L j u b a v s k i j , Nastuplenie na step (Mosk. 1915); I. V a s e n k o , Zametki k istorii sluzilogo klassa ν Mosk. gosudarstve: Storozevye kazaki, in „Dela i dni" III (1922), 139f. — S. auch S t a d e n S. 3 Anm. 1. 6 Rußland hat im 16. Jhdt. in der Tat viel Bevölkerung in die Gefangenschaft abgeben müssen; vgl. ζ. B. die große Zahl der bei der Eroberung Kazahs aus der Gefangenschaft befreiten Russen (Ν. V. N i k o l ' s k i j IKO 28, 1—6 [1913], 30) oder die (freilich übertriebene) Ziffer P o r t i c o s (HRMI Nr. CLIV, S. 220) der im Jahre 1570 von den Tataren Verschleppten.



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Der krimmische keiser ist so euverigk1 Reusland einzunehmen, dass ich solches E . Rö. Kai. Mat. nicht genungksam schreiben oder sagen kann. Insonderheit, weil der türkische keiser den Steffan Potur 2 in Polen zum konnige, gleich wie er dan ihn auch inKrimmen eingesetzet hat 3 , also trachtet itzunder der krimmische eifrig. Stephan Bathory. 3 1551 oder Anfang 1552 stürzte Devlet-Girej den Khan Sahib-Girej im Einverständnis mit Sultan Suleiman als dem Oberherrn der Krim und trat an Sahibs Stelle: Ü b e r s b e r g e r , Österreich und Bußland 339; Zivier I, 539. Die Gleichsetzung des Abhängigkeitsverhältnisses der Krim von der Hohen Pforte (vgl. S. 91 Anm. 3) mit den Beziehungen Polens zur Türkei in der Periode Stephan Bathorys ist falsch, entspricht aber der Vorstellung im Westen, wo man nach der Kandidatur des siebenbürgischen Vasallen durch seinen Lehnsherrn, den Sultan, an Stephans fortdauernde Abhängigkeit von der Pforte auch als König von Polen glaubte. Schon zu Beginn der siebziger Jahre galt Bathory gleichsam als Vorposten der türkischen Armee: S m u r l o , Rossija i Italija I I I , 2 (1915), 303. Da Sultan Murad I I I . (1574—1595) für sich die Rechte eines Schutzherrn über Polen in Anspruch nahm (Schreiben an Kaiser Maximilian I I . v. 27. Juli 1576, s. Hubert N e u m a n n , Türkische Urkunden zur Geschichte Ungarns und Polens: Der Islam 8 [1918], 131),konnte der Kaiser dem Reichstag in Regensburg in einer Denkschrift über die polnischen Angelegenheiten ( H ä b e r l i n , Neueste teutsche Reichs-Geschichte X , 225f.) erklären: „So veroffenbare sich bereits, daß die Türken sich des Bathory als ihres Mancipiums angenommen, wie aus den beigefügten abschritten der von dem türkischen kayser und dessen obersten vezier, dem Mahomet Bassa, während dieser händel an ihn, den kayser, erlassenen schreiben zu ersehen wäre"; der Bassa (Pascha) von Ofen habe sogar in einem Schreiben vorgegeben, „daß das königreich Polen vor 130 jähren unter dem türkischen schütze gewesen und noch sei". Dasselbe Spiel wiederholte sich nach dem Tode Stephan Bathorys: Quellen und Forschungen aus d. Gebiete der Geschichte. Nuntiaturberichte aus Deutschland 1585 (1584)—1590, 2. Abt.: Die Nuntiatur am Kaiserhofe, 400. Ivan IV. sträubte sich aufs äußerste, Bathory, den kleinen siebenbürgischen Voevoden, der auf Befehl des Sultans und auf tumultuarische Weise zum König in Polen erhoben und ein „posaiennik", d. h. nur ein vom Sultan eingesetzter Befehlshaber sei, als ebenbürtig anzuerkennen: D ' j a k o n o v , Vlast' Mosk. gosudarej lßlf., 155 Anm. 1; 157f., 161; Ü b e r s b e r g e r , Österreich und Rußland 466, 476. Von Stephans Feinden wurde das Gerücht ausgesprengt, die Polen hätten in Wirklichkeit den Sultan zum König gewählt, der Bathory als seinen Statthalter nach Polen gesandt habe: „Nach dem haben sie den Bator aus Siebenburgen gesand zu einem gubernator wol in das Polner land": Joh. B o l t e , Ein Lied auf die Fehde Danzigs mit König Stephan von Polen (1576): Altpreuß. Monatsschrift 4. F. Bd. 25 (1888), 335; E. K o c h NLM 83 (1907), 49f. — Caspar Göbel, der Führer der Danziger Zünfte im Krieg mit Polen, schrieb an König Friedrich von Dänemark, viele Tausende in der Stadt wollten lieber ihn zum Schutzherrn, als diese Festung in die Hand des „Türken" kommen lassen; sie wollten „auch liebersterben denn türckisch werden": W. B e h r i n g , Danzig und Dänemark im Jahre 1577: Ztschr. des westpreuß. Geschichtsvereins 43 (1910), 174, 190. Über Stephan Bathorys berechnet undurchsichtige Politik gegenüber der Hohen Pforte vgl. L. B o r a t y n s k i , Stefan Batory i plan ligi przeciw Turkom (1576—1584): Rozpr. Akad. Umiej., Wydz. histor.-filoz. 44 = ser. H, t. X I X (Kraköw 1903), 197—347; dtsch. Resume im „Anzeiger der Akad. der Wissenschaften in Krakau" (Philol. Klasse. Histor.-philos. Kl.) 1902 (Nr. 5), S. 98—103. 1 2



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keiser mit beistande und hülfe des türkischen keisers, der ihme den beistand nicht apschlahen wirt, dass er magk Reusland einnehmen und den grosfürschten sambt seinen zweien söhnen 1 gebunden und gefengklich nach Krimmen wegkführen 2 und den grossen schätz, dar viel hundert jähr über gesamlet ist, überkomen und darvon dem türkischen kaiser eine sonderliche grosse summa geben wirt. Der türkische kaiser hat schon den pedigorsken Tateren 3 , welche Littauwen und Polen zue bekrigen pflegeten, im vorgangen jähr auch grossen schaden in Polen getan 4 , befehlen lassen, dass sie mit Polen einen stillestand halten solten, darmit der polnische kuhnig desto besser gelegenheit haben möchte, des grosfürsten krigsvolk anzugreifen. Solches alles kombt dem keiser in Krimmen zum besten. | 52 Dann der grosfürschte kann itzunder keinem herren im felde einige Schlacht lifferen5. Und alsobalt er sieht, dass des kuniges in Polen krigsvolk seinem krigsvolk zu stark ist, von stunden an lest der grosfürste alles uf ezliche meilen wegs apbrennen; darmit kann des kunigs krigsvolk keine proviant oder pferdefutter haben 6 . Also geschieht gegen des kunigs in Schweden krigsvolk auch. Und sobalde des königs in Polen und Schweden krigsvolk zurücke zeucht, so machet sich von stunden an fertigk des grosfürschten krigsvolk und zihen in Polen oder Schweden, brennen und rauben. Und ofte zeucht der grosfürschte, wann er sein vorteil sieht, in Polen, Leifflant 7 und auch in Schweden und erraffet also ein Schloß, zwei oder drei, auch wohl eine Stadt, und zeucht alsobalde wider nach der Moscaw. Itzunder pflegt er nicht nach der Moscaw, sondern nach der Slaboda Alexandri 8 zu zihen. Der krimmische keiser hat zum beistand die Nageyer 9 , welche keinen herren 1

Siehe oben S. 120 Anm. 5. Ein von P e t r e j u s (1620), 96 Sahib-Girej von Kazari (statt der Krim; er regierte 1532 bis 1552) zugeschriebener Brief stellt eine merkwürdige inhaltliche Parallele zu Staden vor: „Sapgeri von Kazan" an den Großfürsten Vasilij III: ,,nach der Muschkow zu reisen sein viel wege und Stege für mich offen, daß ich ziehen kan, wenn mirs gefellet und wenn ich darzu lust habe, kan mirs niemand wehren. Deine hochmut, große wort, drawungen, schreiben und kriegsmacht achte ich gar nichts, sondern wil meinen vortel suchen, wo ich kan und d i c h s a m p t d e i n e n g r o ß e n h e r r e n u n d e d e l l e u t e n g e b u n d e n n a c h Cazan f ü h r e n , wenn mirs gelegen ist." 3 Pjatigorsker (cerkessische) Tataren: S. 54 Anm. 3. 4 Über Einfalle der Tataren in Polen in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre vgl. J. v. H a m m e r , Gesch. des Osman. Reiches IV (1829), 34—38 und N. J o r g a , Gesch. des Osman. Reiches III (Gotha 1910), 256ff. 5 Über die Erschöpfung des Landes unter der Einwirkung des livländischen Krieges und der Opricnina: B. D. G r e k o v , Jur'ev den i zapovednye gody: Izv. Ak. Nauk SSSR ( = Bull, de l'Acad. des Sciences de 1' URSS. Ser. VI, Bd. X X , 1—2 (1926), 71ff. — Vgl. den Brief des Statthalters von Ösel K. v. U n g e r n an den dän. König Friedrich II, dat. Arensburg 1575 Juni 7: ,,E. Kön. M t . . . kann ich unvermeldet nicht lassen, dass iziger zeit des grosfürsten macht, dessen man gewisse ungezweifelte nachrichtung erlanget, so geringe ist, als bei menschengedenken und vielen langen jaren bei keinem grosfürsten gewesen ist." S c e r b a c e v : Ötenija 257 = 1916 Bd. II Nr. 246 (S. 135). — Vgl. auch Staden S. 157. 6 Vgl. H e i d e n s t e i n , De bello Moscovitico 173 über die Verteidigung des Moskauer Staats gegen feindliche Invasionen. 7 Livland. 8 Aleksandrova Sloboda; 8. S. 21 Anm. 9. • Nogaier; s. S. 54 Anm. 4. 2



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haben und pflegen dem grosfürschten vor einen freien raup zu dienen in Polen und Litauwen, Liffland und Schweden. Darzu hat er auch zum beistand des grosfürsten Schwager in Circassenlant1, | 52' darumb dass der grosfürschte bei seiner tochter ganz unbillich gehandelt hat2 und seinen söhn, knese Michaeil, hat totschlahen lassen3; und hat auch zum beistande die Tatern, die in den beiden keisertumen Kasanen und Astrockan und die "in den umbligenden ulussi oder lantschaften wohnen als Luguwa Nagorni und Seremissen4. Da der krimmische kaiser die Stadt Moscaw ausbrante5 und ganz Resanerland6 vorwüstete, do waren beim krimmischen keiser 30 000 pferde der Nageyer. Da war auch des grosfürsten schwager, knese Michaeil aus Circassenland7, bei dem krimmischen keiser, mit ezlich tausent pferden. Es macheten sich auch auf die Tateren aus den beiden keisertumben Kasanen undAstrokann, raubeten, branten, mordeten und führeten ezliche tausent Keusche gefangen mit sich wegk nach ihrer lantschaft8. Diese beide kaisertumbe Kasanen und Astrockann haben vorhin zugehöret des keisers in Krimmen vetter Cercigalia9. Dass der kuningk in Schweden sampt den Lifflendern mit dem grosfürsten krigen, das kummet auch dem krimmischen keiser zum besten10. Das rechene ich mit nichte Ursache; der krimmische kaiser hat genungksam beistandes an dem türkischen keiser, den | 53 nageyschen Tattern, knese Michell in Circassenlant, den kasansken und astrokansken Tateren und dem königk in Polen; bedarf seiner nicht, wann er nicht will. Was daraus entstehen wirt und was der gemeinen Christenheit daran gelegen ist, das gebe ich E. Rö. Kai. Mat., dieweile E. Rö. Kai. Mat. aller gemeinen Christenheit heupt ist11, zu bedenken. Solchem allem vorzukommen, dormit es nicht muge geraten Gott dem Almechtigen und seinem söhne Jesu Christo sambt dem Heiligen Geist zu Unehren und E . R ö . K a i . Mat. zu vorkleinerung und auch der gemeinen Christenheit zum eussersten vorterb, sondern dass es möchte vielGemeint ist der Schwiegervater Ivans, Fürst Temgrjyk Öerkasskij; vgl. S. 70 Anm. 3. Marija Temgrjukovna: S. 20 Anm. 1. 3 Fürst Michajl Öerkasskij: S. 49 Anm. 8. 4 Siehe oben S. 13 Anm. 10 (ulus) und 11 (lugovye i nagornye öeremisy). 5 Vgl. S. 76 Anm. 2. 6 Rjazanerland; vgl. S. 71 Anm. 12. 7 Verwechselung von Temgrjuk und Michajl Cerkasskij; vgl. S. 120 Anm. 3. 8 Zum Aufstand der Kazaner vgl. S. 86 Anm. 1. 9 Khan Sig-Alej von Kazaii; s. S. 84 Anm. 1. 10 Diese Äußerung über die Wechselwirkung des Moskauer Zweifrontenkriegs ist bemerkenswert, da in zeitgenössischen Zeugnissen sonst nur umgekehrt die Entlastung Livlands durch die drohende Haltung des Krimkhans zum Ausdruck kommt oder aus tatarischem Mund die Politik der Deutschen, denen die Moskoviter die Kriegskunst des Westens und dadurch die Bezwingung der Khanata verdankten, als selbstmörderisch hingestellt wird: Kruse, Gegenbericht 9; Henning SSrerLiv. I I (1848), 47; Russow 48v. 11 Mit der wiederholten Apostrophierung des Kaisers als Haupt der gemeinen, der ganzen Christenheit (s. auch S. 166) kommt bei Staden die mittelalterliche Auffassung des Herrschers als caput christianitatis zum Vorschein. Stadens Vorstellung des Kaisertums als Spitze des Corpus Christianum und die Propagierung des Kampfes gegen Moskau als eines Kreuzzugs, der in jener Zeit der Türkengefahr bei ihm gegen Moskau abgebogen erscheint, hängen eng zusammen; s. auch Ein], S. 29*. 1

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mehr geraten Got dem Almechtigen, seinem söhne Jesu Christo samt dem Heiligen Geiste zu lobe und ehren, E. Rö. Kai. Mat. zum allerhöchsten und grösten ehren und reichtumb; und dass es auch möge kommen der ganzen gemeinen Christenheit, welcher E. Rö. Kai. Mat. heupt ist, zu nutz (und) frommen, so gebe ichE. Rö. Kai. Mat. diesen folgenden rat und anschlagk: Eine unbekante p a s a s i e 1 oder wegk zu w a s s e r und zu l a n d e n a c h der Moscaw 2 . Pettsenia3. Ist ein kloster, gestiftet von einem munche | 53' genant Triffan4, welcher an diesen ort über Norwegen und Bordehaus5 in Laplande us Grossen 1

pasasie: vgl. S. 116 Anm. 11. Zur folgenden Beschreibung des russischen Nordens und der Wege vom Norden ins Innere des Moskauer Staates vgl. die Einl. S. 27* und A. T i s c e n k o , Κ istorii Koly i Pecengi: 2MNPr N. S. 46 = 1913 Juli, 107. Ein Gegenstück zur Beschreibung Stadens bilden die ersten kartographischen Fixierungen des russischen Nordens durch Engländer und Holländer in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die wichtigsten Karten, deren Nomenklatur im Hinblick auf Stadens Ortsnamenformen besonderes Interesse bietet, sind: Die K a r t e von William B u r r o u g h (nordliche Küsten von Lappland und Rußland von Drontheim bis Cholmogory, etwa 1558): W H S 73 (1886), 254; M i c h o w MGGHbg 21 (1906), 23; H a k l u y t , Navigations Π Ι (1903), 224; N a b e r WLV 8 (1914), L X X V I . — K a r t e von Anthony J e n k i n s o n : Russiae, Moscoviae et Tartariae descriptio auetore Antonio Jenkensono Anglo, edita Londini anno 1662 et dedicate D. Henrico Sydneo Wallie presidi (WHS 72 S. C X X ; M i c h o w MGGHbg 21 [1906], 25; H a k l u y t I I I S. 486), die durch ihre Wiedergabe im „Theatrum Orbis t e r r a r u m " von Abraham O r t e l i u s (Antwerpen 1570) große Verbreitung erlangt h a t ; dazu L. B a g r o w , A. Orteiii Catalogue cartographorum, Tl. I ( = Erg.-H. 199 zu PM), Gotha 1928, S. 120f. — H u y e n s K a r t e (1594/95) zieht O g o r o d n i k o v ZGOetn 7 (1877), 246ff. zum Vergleiche heran; s. auch N o r d e n s k i ö l d , Periplus 96. Das schwedische Reichsarchiv bewahrt Vinter den Akten über lappländische Händel unter Karl I X . zwei Kartenentwürfe auf: eine K a r t e von Nordfinnland vom J a h r e 1595 und eine um 1600 entstandene K a r t e der Halbinsel Kola: K. G r o t e n f e l t , Zwei K a r t e n vom 16. J h d t . : Fennia (Bull, de la soc. de göographie de Finlande) 5 (Helsingfors 1892) Nr. 9; die Pläne gehen vielleicht auf Gerdt J o e s t i n c k zurück, der 1595 im Auftrag Karls Lappland bereiste und in holländischer Sprache beschrieb. — Über die Karten des von Staden S. 151 genannten Simon v a n S a l i n g e n , der 1567/68 den Anfang mit der Kartierung der Küste des Weißen Meeres machte ( N a b e r WLV 8 S. LXXVI), s. unten S. 151 Anm. 7. — Vgl. auch H . M i c h o w , Weitere Beiträge zur älteren Kartographie Rußlands: MGGHbg 22 (1907), 133—152: Karten von Nord-Rußland; C. P. B u r g e r Jr., De Noordpoolstrecken op onze 16e eeuwsche kaarten: H e t Boek 4. J g . (1915), 209—216; 260—267; 319—325; 377—384. Über den russischen Norden in den Erläuterungen zum verlorengegangenen sog. „Großen R i ß " (Bol'soj certez), einer Marschroutenkarte, die unter Ivan IV. (vgl. L. S. B a g r o v , Certez ukrainskim i cerkaeskim gorodam XVII-go vSka: Trudy russkich ucenych za-granicej Bd. I I , Berlin 1923, S. 30) hauptsächlich für Zwecke des Razrjad und des Postprikaz hergestellt worden w a r : Ε. K. O g o r o d n i k o v , Murmansk! j i terskij berega po knigß Bol'sago certeza ZGOetn 2 (1869), 581—675; ders., Pribrei'ja LSdovitago i Bölago morej s ich pritokami po knigö Bol'sago certeza: ZGOetn 7 (1877), 1—265; ders., Volzskij Bassejn po knigf Bol'äago certeia: ZGOetn 9 (1882), 1—73. Die beste deutsche Spezialkarte Nordrußlands enthält das vom Reichsmarineamt 1915 herausgeg. „Handbuch der Nordküste Rußlands: I. Tl.: Murmanküste und Weißes Meer; 2. Aufl. Berlin 1922. Anmerkung 3, 4 u. 5 s. nächste Seite. a



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Nauwgarten gekohmen ist binnen 23 jähren1. Und ernehret sich mit seinen munnichen und dienern aus der sehe. Sie fangen stockfisch, lache und schlahen 3 Peßenga und das Peßenga-Kloster (Peßengskij Troickij Trifonov muiskij Monastyf), beinahe auf 70° nördl. Br. beim Einfluß der Peßenga in den gleichnamigen Fjord gelegen. Die Dänen nannten die Peßengabucht: Munkefjord (Mönchsbucht); S a l i n gen :Monkefort, — vgl. O g o r o d n i k o v ZGOetn I I (1869), 630; A. M. F i l i p p o v LV I, 3 (1901), 307 Anm. 6. Elisabeth von England spricht in einem Brief an Ivan 1582 von „Pechingham": Köln. Inventar I, 2 S. 229 (Nr. 1981); J e n k i n s o n WHS 72 S. 19: „Pechinchow". 4 T r i f o n (1495—1583) und Feodorit sind die beiden Führer der russischen Lappenmiesion an der Kola um die Mitte des 16. Jahrhunderts: L ü b e c k , Christianisierung Rußlands 17—25; Trifon soll das Troica-Kloster an der Peßenga im Jahre 1533 gegründet haben. Bei der endgültigen Auseinandersetzimg über die norwegisch-russische Grenze im hohen Norden in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts begründete Rußland seine territorialen Ansprüche teilweise mit dem Bekehrungswerk Trifons unter den Lappen und dem Wortlaut der ialovannaja gramota Ivans für Trifon vom 22. November 1556: N. und I. ö u l k o v , Κ istorii razgraniöenija Rossü s Norvegiej RA 1901 Bd. I S. 148. Über Trifon vgl. 2itie prepod. otca nasego Trifona, Pecengskogo cudotvorca, loparskij narod prosvStivSego svjatym kreSceniem: Pravoslavnyj Sobesßdmk 1859, ß. I I (Mai), 89—120; über die Handschriften der Vita: Α. M. F i l i p p o v , Russkie ν Laplandii LV I , 3 (1901), 314 Anm. 36; P. D. S e s t a k o v , Trifon i Feodorit, prosvötiteli Kol'skich Loparej 2MNPr 139 = 1868 Juli u. sep.: Prosvßtiteli Loparej archim. Feodorit i sv. Trifon; K l j u ß e v s k i j , Drevnerussk. iitija svjatych kak istoric. istoinik(Mosk. 1871), 337; I. J a c h o n t o v 2itija svjatych söverno-russkich podviinikov Pomorskago kraja kak istoriceskij istoßnik 127—135; A. G r e k o v , Trechsotlßtie prep. Trifonu Pecengskomu (St. Pbg. 1883); D.O., Prepod. Trifon, osnovatel' pecengskago monastyrja: V E (20. Jg.) 1885 Juli, 261—266; Graf Μ. V. T o l s t o j , Kniga glagolemaja opisanie ο rossijskich svjatych, gdß i ν kotorom gradö ili monastyrö i pustyni pozive i ßjudesa sotvori, vsjakago cina svjatych: Ctenija 1887 Bd. IV, 165f.; J a s i n s k i j II, 258f.; N. F. K o r o l ' k o v , Skazanie ο prepod. TrifonS Peßengskom CudotvorcS, prosvßtitelß Loparej (St. Pbg. 2 1899); Nikodim (Ieronomach): Trifon, prosvßtitel' Loparej, peßengskij ßudotvorec i cerkovno-istorißeskoe znaienie osnovannoj im obiteli (St. Pbg. 1900). N. (Archimandrit): Prepodobnyj Trifon, pecengskij cudotvorec i ego ußeniki. Istorißeskija svßdßnija ο cerkovnom ich pocitanii (St. Pbg. 1901) gibt den im Druck des 2itie im „Pravoslavnyj sobesödnik" fehlenden Text des „Skazanie ο ßudesach prep. Trifona".— A.M. F i l i p p o v , Russkie ν Laplandii LV I, 3(1901), 296; E. G o l u b i n s k i j , Istorija kanonizacü svjatych ν russkoj cerkvi (Mosk. 2 1903), 156f.; Friedr. R a e d e r , Die Missionstätigkeit der russischen orthodoxen Kirche: Allg. Missionsztschr. 32 (1905), 357, 365f.; A. A n d r e e v , Κ istorii kolonizacii zapadnoj ßasti Kol'skogo poluostrova ν X V I v.: Delai dni I (1920), 24—30; O.A. J o h n s e n ,Finmarkens politiske historie, Kristiania 1923,82f.; B. Cordt; Sbornik 116 (1902), X I X Anm. 2. 6 Vardö(hus): Stadt und Insel im Norden Norwegens, östlich vom Nordkap; in den Quellen: Vardehus, Wardhouse, Vardöhuus, Wardehuza, Barthus (russ.: Vargav, Vargaev) usw.: O g o r o d n i k o v ZGOetn. I I (1869), 615; Z a m y s l o v s k i j , Herberstein 108 Anm. 24; Szelqgo wski, Ζ dziejöw 308 Anm. 18; Tiäßenko 2MNPr N. S. 46 = 1913 Juli, 102. Über die Handelsfahrt nördlich von Bergen und „bawen Norwegen" nach dem Weißen Meer: L. B r i n n e r , Die Erschließung des Nordens für den Walfischfang ΗGbl 18 (1912), 332ff.; Ad. J ü r g e n s , Zur schleswig-holsteinischen Handelsgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts AVSG 8 (1914), 104, 240f. Vgl. auch S. 147 Anm. 16. 1 Über die Bewertimg der Angabe Stadens als Zeitmerkmal für die Abfassung der Hs. vgl. Einleitung S. 21·. Das Kloster wurde zwischen 1530 und 1540 als christlicher Vorposten im Wohngebiet der Lappen gegründet; vgl. R I B 16 (1897), S. 204 Nr. 49 (1582). Der Stifter des Klosters, Trifon, erbaute sich schon 1524 eine Zelle an der Pecenga. Die Echtheit eines großfürstlichen Gnadenbriefs (zalovartnaja gramota 1556 g. na morskie promysli), die zuerst Ε. E. G o l u b i n s k i j , Istorija russkoj cerkvi I I , 1 (1917), 859 Anm. 1



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fische, genant peluga1; darvon sieden sie tran und haben einen hof im flecke Kola2 und sieden salz aus der revera8 Kola. angezweifelt hatte, läßt sich nach der Untersuchung von Α. I. A n d r e e v , Ο podloinosti zalovannoj gramoty Peßengskomu monastyrju 1556 g.: R l 2 6 (1920), 132—157 (ders., Obzor russkich istor. rabot po izußeniju finno-ugorskich narodnostej SSSR: Finno-ugorskij sbornik, 1928, S. 294, 298f.) nicht mehr aufrecht erhalten. Andreev meint einmal, daß sich die Moskauer Diplomatie am Ausgang des 16. Jahrhunderts nicht durch Kenntnis des russischen Nordens ausgezeichnet habe, und f ü h r t als Beispiel eine gewisse Unbestimmtheit im Datum der Gründung des Pecengaklosters a n : Κ istorü kolonizacü zapadnoj casti Kol'skogo poluostrova ν X V I v . : Dela i dni 1 (1920), 33; in einem Schreiben Ivans an Friedrich I I . von Dänemark vom Juli 1582 heißt es ζ. B., das Kloster stehe seit über siebzig J a h r e n : S ö e r b a ß e v Ctenija Bd. 164 = 1893 Bd. I S. 121 Nr. 442 (397); wahrscheinlich hofften die Russen durch absichtlich irreführende Angaben ihre Position in den Grenzstreitigkeiten mit Dänemark zu stärken. Der dänische König k a m der Wahrheit näher, wenn er in einem Briefe an den Caren Fedor Ivanovic 1585 daran erinnerte, mit dem Bau des PeCenga-Klosters sei vor vierzig Jahren begonnen worden: Ctenija ebda. S. 129 Nr. 464. I m J a h r e 1589 wurde das Kloster von den Schweden zerstört: P S R L XIV, 1 S. 44; „Starinnyj datskij dokument ο razorenii Pecengskago monastyrja ν 1589 g o d u " : S b R J 51 (1890), Priloi. k protokolam Otdßlenija, S . X I V — X I X , wiederabgedruckt in: J a . K . G r o t , Trudy I V : Iz russkoj istorii; izslödovanija, ogerki, kritifieskija zamötki i materialy (St. Pbg. 1901 ),719f.;D.O.: VE 1885Aug., 617—622; A. C u m i k o v . O p o c h o d ö S v e d o v k B ö l o m u M o r j u ν 1590—91 g.g.:ÖtenijaBd. 170 = 1 8 9 4 B d . I I I ; A. A. S a v i c , SoloveckajavotginaXV—XVII v. (Perm 1927), 58f.; W. T a w a s t s t j e r n a , Der fünfundzwanzigjährige nordische Krieg in der Zeit von 1590—1595 (in finn. Spr.): Historiallisia Tutkimuksia X I (1929), K a p . 17 (dtsch. Auszug S. 12f.). Als Kol'skij-Pecengskij monastyr wurde das Kloster in Verbindung mit dem NikolajKloster auf der Halbinsel Kola bis zur Säkularisierung unter Katharina d. Gr. weitergeführt. E n neues Pecengakloster wurde 1885 als nördlichstes orthodoxes Zentrum errichtet. •—Zur Geschichte des Klosters: O g o r o d n i k o v ZGOetn I I (1869), 591, 630—635; J . A. F r i i s , Klosteret i Petschenga. Skildringer fra Russisk Lapland (Kristiania 2 1910): N. F. K o r o l ' k o v , Trifono-Peßengskij monastyr, osnovannyj prep. Trifonom, prosvötitelem Loparej, ego razorenie i vozobnovlenie (St. Pbg. 1908); Α. V. T i S ß e n k o , Κ istorii Koly i Peßengi ν X V I v. (s. S. 128 Anm. 4); K i e s e w e t t e r , Russkij sever (1919), 36—38; Α. A n d r e e v , Κ istorii kolonizacü (s. o., 1920), 34—36; Otto K o r f e s , Das Petsamogebiet (russ. Peßenga): Berichte des Instituts für Finnlandkunde der Universität Greifswald Nr. 5 (1925): FinnischLappland und Petsamo. Reiseberichte und Veröffentlichungen nach den Akten des Reichs archive von G. Braun und O. Korfes, S. 20—23. 1 Hausen, russ. beluga; vgl. S. 74 Anm. 7. Die Mönche von Peöenga brachten Fische, Tran usw. nach der dänischen Feste Vardöhus, wo die Waren von Kaufleuten aus Bergen und Drontheim übernommen wurden. Das erste Schiff aus Antwerpen, das 1564 sich bis Vardöhus vorwagte, sah sich wegen Verletzung des Privilegs der Bergener und Drontheimer den Schikanen des Vogts von Vardöhus ausgesetzt. Als die Mönche von Pecenga den Holländer aufforderten, die russische Nordküste direkt anzusteuern, kam Phil. Winterkönig 1565 bis Peßenga. Nach seiner Rückkehr bildete sich in Holland eine Compagnie zum Handel mit Rußland, die den unmittelbaren Verkehr mit den Mönchen des Pecengaklosters aufnahm; vgl. S. 130 Anm. 4. C o r d t : Sbornik 116 (1902), X V I I I ; L j u b i m e n k o T H S ser. IV Bd. 8 (1924), 28f. Das Kloster nahm einen starken wirtschaftlichen Aufschwung; während es 1565 zwanzig Mönche und dreißig Diener beherbergte, h a t t e sich nach Salingen 1572 die Zahl der Mönche mehr als verdoppelt; die Zahl des Gesindes war auf annähernd 200 gestiegen: C o r d t X X I V . 2 s. S. 128 Anm. 3. 3 Revera