Nichtsteuerliche Abgaben im Steuerstaat: Ein Beitrag zur dogmatischen Bewältigung von Verleihungsabgaben [1 ed.] 9783428500222, 9783428100224

Seit jeher schöpft der Staat einzelnen zugewandte Sondervorteile durch die Erhebung von Abgaben ab. Während die finanzve

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Nichtsteuerliche Abgaben im Steuerstaat: Ein Beitrag zur dogmatischen Bewältigung von Verleihungsabgaben [1 ed.]
 9783428500222, 9783428100224

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DIETRICH DRÖMANN

Nichtsteuerliche Abgaben im Steuerstaat

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 810

Nichtsteuerliche Abgaben im Steuerstaat Ein Beitrag zur dogmatischen Bewältigung von Verleihungsabgaben

Von Dietrich Drömann

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Drömann, Dietrich: Nichtsteuerliche Abgaben im Steuerstaat : ein Beitrag zur dogmatischen Bewältigung von Verleihungsabgaben / von Dietrich Drömann. Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 810) Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1999 ISBN 3-428-10022-0

Alle Rechte vorbehalten © 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-10022-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Sommersemester 1999 als Dissertation an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg angenommen worden. Sie geht zurück auf den wissenschaftlichen Unterricht von Prof. Dr. Brodersen, dessen finanzverfassungsrechtliches Kolloquium mein Interesse an der Materie Steuerstaat geweckt hat. Herrn Prof. Dr. Brodersen habe ich es auch zu verdanken, die Arbeit nach Abschluß der juristischen Examina noch in Angriff genommen und neben meinem beruflichen Engagement vollendet zu haben. Für die wissenschaftliche Betreuung ebenfalls danken möchte ich Herrn Prof. Dr. Selmer, meinem Doktorvater. Die jederzeit anregende fachliche Auseinandersetzung mit Prof. Dr. Brodersen und Prof. Dr. Selmer hat die Arbeit entscheidend mitgeprägt. Den Mitarbeitern der Bibliothek am Seminar für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Hamburg habe ich für die liebenswürdige Art und Weise zu danken, mit der selbst ungewöhnliche Wünsche hinsichtlich der Bereitstellung von Literatur und sonstigem Material jederzeit ermöglicht wurden. Meiner Frau Susanne gilt der Dank für ihre vielfältige Unterstützung dieses Projektes und die von ihr aufgebrachte Geduld.

Hamburg, im November 1999

Dietrich Drömann

Inhalt Einleitung

13

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

17

I. Belastungsgründe der „Verleihungsgebühr"

21

1. Die Verleihungsgebühr als Abgabe auf die Einräumung von Rechten .

22

2. Die Verleihungsgebühr als Abgabe auf das Gebrauchmachen von Rechten

25

3. Insbesondere: Die sog. Ressourcennutzungsgebühr

26

II. Gang der Untersuchung

28

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren

31

1. Regulierungsannexe Verleihungsabgaben

32

2. Internalisierungsabgaben, insbesondere Wasserentnahmeentgelte

42

a) Anknüpfung an die Rechtsverleihung

47

b) Anknüpfungen an die Wasserentnahme

48

3. Zusammenfassung: Die Verleihungsidee als umfassendes Belastungskonzept

51

B. Die Verleihungsgebühr in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung . . 54 I. Die Behandlung der Verleihungsgebühr in der Literatur 1. Ablehnende Stimmen

54 55

a) Gebührenfeindlichkeit des Verleihungskonzepts

55

b) Kommerzialisierungsdebatte

57

c) Unvereinbarkeit mit der sog. Steuerstaatslehre

60

2. Befürwortende Ansichten

63

3. Anmerkungen zum gegenwärtig erreichten Diskussionsstand II. Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung

67 68

1. Verfassungsrechtsprechung

68

2. Verwaltungsrechtsprechung

80

3. Ergebnis

88

C. Ansätze zur verfassungsrechtlichen Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben im Steuerstaat I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen

93

1. Begriffsorientierte Beurteilungsansätze 2. Verdrängung wägungen?

begrifflicher

3. Weitere Beurteilungsansätze

Einordnungen durch

90 96

Rechtfertigungser100 105

Inhalt

8

a) Funktionalistische Gebührendogmatik

107

b) Ebenentrennung als heuristisches Prinzip

111

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

114

1. Der „Steuerstaat": Begriff und Bedeutungsebenen

114

2. Insbesondere: Der sog. Steuervorrang

118

a) Bedeutung der Art. 104 a ff. GG für die bundesstaatliche Finanzverfassung 119 b) Zur dogmatischen Einordnung des Steuervorrangs

120

c) Der Schutzumfang des Steuervorrangs: Die „drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung" 124 d) Zur Reichweite des Steuervorrangs als Finanzierungsregel

128

e) Gebühren im Lichte der „drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung" 132 3. Das Steuerstaatsprinzip

141

a) Die Rezeption des Steuerstaatsprinzips im Schrifttum

142

b) Indizien für eine eigenständige Schutzaussage des Steuerstaatsprinzips 145 c) Überlegungen zum Ausbau des Steuerstaatsprinzips zu einem eigenständigen Schutzkonzept 149 aa) Der Prinzipienbegriff in der Rechtswissenschaft

149

bb) Zur Rechtsverbindlichkeit des Steuerstaatsprinzips

152

(1) Das Steuerstaatsprinzip als Ausdruck gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung 154 (2) Bestehen einer Schutzlücke im positiven Verfassungsrecht 155 (3) Das Steuerstaatsprinzip als erweiterte Abgrenzung zum Steuervorrang

Schutzaussage: 160

cc) Überlegungen zur Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips . . 165 (1) Zur Eignung unterschiedlicher Konkretisierungsansätze

166

(2) Die Substantiierungslast des Haushaltsgesetzgebers gemäß § 18 Abs. 1 BHO als Vorbild für eine Bindung des Abgabengesetzgebers 169 (a) Sinn und Zweck der Darlegungslast (b) Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben als chung von der steuerstaatlichen Normalität

171 Abwei172

(c) Vereinbarkeit der Darlegungslast mit dem Regelungscharakter finanzverfassungsrechtlicher Normen 173 (3) Zu Inhalt und Umfang der Darlegungslast 4. Zusammenfassung

178 184

Inhalt

9

D. Das Verleihungskonzept im Lichte des verfassungsrechtlichen Gebührenbegriffs 188 I. Gebührenbegriffe

188

1. Gebührenbegriffe in Rechtsprechung und Schrifttum

189

2. Finanzwissenschaftliches Gebühren Verständnis

193

3. Verfassungsrechtliche Eckpunkte des Gebührenbegriffs

197

II. Zur Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes . . . . 200 1. Die staatliche Leistung

200

a) Mögliche Ausgangspositionen zur Konturierung des Leistungsbegriffs 202 aa) Offener bzw. weiter Gebührenbegriff

202

bb) Einschränkungen des Leistungsbegriffs durch Schutzzweckerwägungen 207 (1) Teleologische Reduktion des Leistungsbegriffs

208

(2) Bindung der Staatsleistung an die rechtfertigungsfähige causa 210 (3) Zur Leistungsfähigkeit von Begriffsreduktionen b) Die individuelle Zurechenbarkeit von Staatsleistungen

213 219

aa) Umschreibungen der individuellen Zurechenbarkeit im juristischen Schrifttum 219 bb) Zur Leistungsfähigkeit des herkömmlichen Zurechenbarkeitskonzepts 222 cc) Überlegungen zur Präzisierung der „individuellen Zurechenbarkeit" 225 (1) Teilbarkeit und Ausschließbarkeit im rechtswissenschaftlichen Schrifttum 227 (2) Finanzwissenschaftliche Bedingungen einer Finanzierung durch spezielle Entgelte 231 (a) Kollektive, private und Mischgüter

231

(b) Gemeinlast- und Äquivalenzfinanzierung

234

(c) Der „Effektvektor" gebührenfähiger Nutzeninternalisierung

Leistungen: 236

(d) Die Leistungsfähigkeit des Internalisierungskriteriums aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht 239 (3) Zur Kompatibilität des Internalisierungsmerkmals mit der finanzverfassungsrechtlichen Abgabensystematik . . . 242 (4) Das systematische Verhältnis zwischen Teilbarkeit, individueller Zurechenbarkeit und Internalisierung 249 (5) Zusammenfassung

252

dd) Ausgewählte Abgaben im Lichte des Zurechenbarkeitskonzepts

256

(1) Duldungsgebühren

256

(2) Umweltnutzungsabgaben

260

Inhalt (3) Das Verleihungskonzept im Lichte individueller Zurechenbarkeit 266 (a) Anknüpfung an die Rechtsverleihung

266

(b) Anknüpfung an das Gebrauchmachen und die Nutzung 268 (c) Insbesondere: Die Ressourcennutzungsgebühr (4) Ergebnis

271 275

2. Der Kostendeckungszweck von Gebühren

277

a) Zur Notwendigkeit der Kostendeckungsorientierung von Gebühren 280 b) Zur Unabhängigkeit des Gebührenbegriffs vom Kostendeckungszweck 282 c) Gebührenbegriff und Einnahmeüberschüsse 3. Ergebnis

287 292

Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

293

I. Rechtfertigungsbedarf der Verleihungsgebühr

294

1. Finanzverfassungsrechtliche ben

Kollisionspunkte von Verleihungsabga-

a) Steuervorrang b) Steuerstaatsprinzip 2. Freiheitsrechtliche Implikationen von Verleihungsabgaben II. Rechtfertigungsgründe

295 295 296 299 302

1. Die gebührenrechtlichen Rechtfertigungsgründe

302

2. Insbesondere: Verleihungsabgaben und Vorteilsabschöpfung

304

3. Zur Bedeutung einer sog. Zusatzrechtfertigung III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen 1. Ausnahmen vom repressiven Verbot a) Individualrechtlich induzierter Eingrenzungsbedarf

306 310 311 312

aa) Art. 3 Abs. 1 GG

312

bb) Freiheitsrechte

314

b) Steuerstaatsinduzierter Eingrenzungsbedarf 2. Wirtschaftliche Verwertbarkeit eingeräumter Rechte a) Individualrechtliche Erwägungen

319 321 322

b) Zur Ableitung aus steuerstaatlichen bzw. finanzverfassungsrechtlichen Schutzerwägungen 324 3. Abgabe wirtschaftlicher Werte und Entstehen von Kosten a) Individualrechtliche Belange

330 331

b) Steuerstaatliche und finanzverfassungsrechtliche Erwägungen . . . . 332 4. Lenkende oder lediglich abschöpfende Abgabebemessung?

336

a) Regulierungsannexe Verleihungsabgaben

337

b) Internalisierende Verleihungsabgaben

342

Inhalt 5. Ergebnis

11 345

IV. Überlegungen zur sachlichen Legitimation nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat 346 1. Sachkompetenzeröffnende Gesichtspunkte

349

2. „Steuerverdrängende" Sachgründe

349

a) Funktionen Verschiedenheit außersteuerlicher Abgaben aa) Ausgleichszwecke

351 352

(1) Aufwandsausgleich

352

(2) Vorteilsausgleich (Abschöpfung)

353

bb) Lenkungszweck

357

b) Zur Bedeutung der Steuerdistanz der Tatbestandsanknüpfung . . . . 361 3. Schluß

364

Zusammenfassung der Arbeit - Thesen

367

Literatur

388

Sachwortverzeichnis

404

Einleitung I m Spannungsfeld zwischen typischerweise knappen Staatskassen, i n d i v i duell als überhöht empfundenen Abgabelasten und konstant hohen Ansprüchen an den leistungsgewährenden

und umverteilenden

Staat steht das

Abgabenrecht seit jeher i m Zentrum von Staatspolitik und Staatswissenschaft. Seitdem die Staatspraxis abgabenrechtliche Instrumente über deren Einnahmeerzielungsfunktion

hinaus auch zur Erreichung

interventionisti-

scher Gestaltungs- bzw. Lenkungsziele einsetzt, hat das Abgabenrecht überdies auch i m allgemeinen Gestaltungsinstrumentarium

des Gesetzgebers

einen festen Platz und bleibt nicht auf die Erfüllung von Finanzierungszwecken beschränkt. D a m i t rückt es stets auch dort in den B l i c k p u n k t des Interesses, w o es u m die Umsetzung verschiedenster Reformanliegen geht. A l s Sachbereich m i t besonders zahlreichen Reformansätzen hat sich i n den letzten Jahren das Umweltrecht erwiesen. I n diesem Bereich ist nicht zuletzt unter Berufung auf die angeblichen Vorzüge einer indirekten Lenkung gegenüber der direkten, ordnungsrechtlichen Instrumentierung 1 häufig 1

Zu den Vorzügen des Abgabenrechts gegenüber ordnungsrechtlichen Instrumentierungen siehe etwa v. Arnim, Alternativen wirtschaftspolitischer Steuerung: Anreize und Gebote, in: Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, S. 725 (731 f., 742); Franke, Ökonomische und politische Beurteilung von Ökosteuern, StuW 1990, 217, (218 f.); Gösch, Juristische Beurteilung von Ökosteuern, StuW 1990, 201 (202); Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 42, 61, 86; Wilhelm, Ökosteuern, BB 1990, S. 751 ff.; Kluth, Verfassungs- und abgabenrechtliche Rahmenbedingungen der Ressourcenbewirtschaftung, NuR 1997, 105 (106, 111); OssenbühU Verkehr, Ökonomie und Ökologie im verfassungsrechtlichen Spannungsfeld, NuR 1996, 53 (58 f.). - Die angebliche Vorzugswürdigkeit abgabenrechtlicher Instrumentierungen ist freilich auch bezweifelt worden. Friauf etwa sprach schon frühzeitig von einer „strukturbedingten Unschärfe" des Eingriffs; vgl. ders., Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, S. 35; dagegen allerdings Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 212 f. Andere stellen darauf ab, das bloße „Influenzieren" des Normadressaten gewähre noch keinen Lenkungserfolg im Einzelfall, sondern akzeptiere Abgabevermeidung (Verhaltensänderung) und Abgabezahlung (Verhaltenskonstanz) als gleichwertige Arten der Erfüllung einer Wahlschuld und habe wegen der Abhängigkeit der individuellen Normbefolgungsbereitschaft von der finanziellen Ausstattung eine Affinität zur Ungleichbehandlung der Normadressaten; vgl. P. Kirchhof\ Rechtsmaßstäbe finanzstaatlichen Handelns, JZ 1979, 153 (157), ders., Verkehrspolitik im Lichte des deutschen Verfassungrechts, DRiZ 1995, 253 (256); ders., Die Sonderabgaben, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 669 (678 ff.); Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem,

14

Einleitung

die Forderung nach der Erhebung sog. „Umweltabgaben" 2 geäußert worden. Zur Begründung einer abgabenrechtlichen Belastung des Umgangs mit natürlichen Ressourcen haben sich zahlreiche Stimmen auf einen als Entgeltmodell bezeichneten Ansatz 3 sowie ferner auf das aus der ökonomischen

S. 81; in diesem Sinne jetzt auch der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung zur Verpackungsteuer der Stadt Kassel, Urteil vom 07.05.1998, 2 BvR 1991/95 und 2 BvR 2004/95, DÖV 1998, 642 (644, 646), dessen abgabenrechtliche Implikationen im Schrifttum indes kritisch aufgenommen worden sind, vgl. Bothe, Zulässigkeit landesrechtlicher Abfallabgaben, NJW 1998, 2333. Insgesamt kritisch zur Leistungsfähigkeit abgabenrechtlicher Instrumentierungen im Umweltrecht auch Hey, Rechtliche Zulässigkeit von Umweltabgaben unter dem Vorbehalt ihrer ökologischen und ökonomischen Wirksamkeit, StuW 1998, 32 (34 f.) m.w.N; Vogel/Waldhoff grenzen den Anwendungsbereich insbesondere von Umweltabgaben dementsprechend ein, vgl. dies., in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104 a - 115, Rdn. 470. Hier soll der im einzelnen sehr facettenreiche Instrumentalvergleich nicht weiter vertieft werden. Einen kompakten Überblick bietet etwa Rusch, Ordnungspolitik versus Abgabenpolitik im Umweltrecht, in: Jakob/ Zugmaier (Hrsg.), Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 3Iff. 2 Hinter dem Begriff Umweltabgabe verbergen sich recht unterschiedliche Vorstellungen: Osterloh hebt etwa den Lenkungsaspekt hervor und umschreibt Umweltabgaben als den Versuch der „Mobilisierung der marktwirtschaftlichen Mechanismen des Preises zum Zwecke der Verminderung verschwenderischen Konsums knapper Umweltressourcen und gerechter Verteilung der Kosten jedes Konsums dieser Ressourcen"; vgl. dies., „Öko-Steuern" und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff, N V w Z 1991, 823 (824). Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 19, spricht dagegen ohne ausdrücklichen Bezug zu Lenkungszwecken von „hoheitlichen Einnahmen der öffentlichen Hand, die an umweltrelevanten Tatbeständen anknüpfen" (Hervorhebung durch den Verfasser). Andere wiederum definieren neutral, Umweltabgaben seien „Geldleistungen, die von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen kraft seines Hoheitsrechts erhoben werden, um umweltpolitische Ziele zu verfolgen" (Donner/Fischer, Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/Magoulas/ Simon/Wolf, Hrsg., Umweltschutz zwischen Staat und Markt, S. 359, ähnlich Kluth, Voraussetzungen und Grenzen der Belastung von Unternehmen und Verbrauchern mit Umweltabgaben, WiB 1995, 318) oder qualifizieren Umweltabgaben schlicht als Abgaben „zur Erfüllung ökologischer Zwecke" (Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 317). Um Systematisierung der inzwischen umfangreichen Materie bemüht, differenzieren Vogel/Waldhoff unter den Umweltabgaben zwischen ausgleichenden und drosselnden Abgaben und deuten damit zugleich die Unterschiedlichkeit im jeweiligen Belastungskonzept an; vgl. dies., in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104 a - 115, Rdn. 469. 3

So etwa Kloepfer, Umweltschutz durch Abgaben, DÖV 1975, 593 (596); ders., Umweltschutz und Wettbewerb - Zu den Wettbewerbswirkungen von umweltrechtlichen Instrumenten, UPR 1981, 41 (47 f.); S. Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 25 f.; Wieland, Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (128f.); Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, S. 61, Rdn. 157, dort speziell die Erhebung von Verleihungsgebühren vorschlagend; Münch, Abfallabgaben als zulässiges Instrument der Abfallvermeidung, VB1BW 1995, 121 (122 f.); Benkert/Zimmermann, Abgabenlösungen in der Naturschutzpolitik; NuR 1979, 96 (98).

Einleitung Theorie rezipierte Internalisierungsargument 4 berufen und als geeignete Abgabe zur Umsetzung entsprechender Ansätze vor allem die Gebühr betrachtet. 5 In der Abgabenwirklichkeit haben diese Strömungen unter anderem zur Einführung der sog. Wassenentnahmeentgelte geführt, welche die gebührenrechtliche Diskussion der vergangenen Jahre entscheidend mitgeprägt haben. Der vor dem Hintergrund dieser Entwicklung erreichte Stand der gebührenrechtlichen Diskussion vermittelt sich heute manchem Betrachter geradezu als „Ökologisierung" 6 des Gebührenrechts und mündet in die Feststellung, daß die Gebühr sich zunehmend von ihrer klassischen Refinanzierungsfunktion als Entgeltabgabe gelöst habe und ihr Hauptcharakterzug inzwischen vor allem in ihrer Lenkungsoffenheit erblickt werde. 7 Hält man an dieser Zustandsbeschreibung für einen Moment fest, so lassen sich aus heutiger Sicht vor allem zwei Fragen ausmachen, deren gebührendogmatische Bewältigung von besonderem Interesse ist: Zum einen bietet sich eine Neuorientierung der Gebührenbemessung unter der Fragestellung an, auf welche Weise ökonomisch rationale Ressourcenpreise ermittelt werden können, die auch gesamtwirtschaftlichen Ansprüchen hinsichtlich der Allokation der Ressourcennutzung und des Ressourcenverbrauchs genügen können. Hier geht es im wesentlichen um die Gebührentarifgestaltung, d.h. eine tendenzielle Neubestimmung der Regeln zur Entgeltfindung insbesondere im Bereich der Benutzungsgebühren. 8 4 So etwa Arndt, Umweltrecht, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 875, Rdn. 96; Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, S. 56, Rdn. 147; Benkert/Zimmermann, Abgabenlösungen in der Naturschutzpolitik; NuR 1979, 96 (98); Kloepfer , Umweltschutz durch Abgaben, DÖV 1975, 593 (596); Münch, Abfallabgaben als zulässiges Instrument der Abfallvermeidung, VB1BW 1995, 121 (122f.); Morgenthaler, Umweltabgaben im Steuerstaat, SächsVBl. 1994, 97 (98); Ossenbühl Verkehr, Ökonomie und Ökologie im verfassungsrechtlichen Spannungsfeld, NuR 1996, 53 (58 f.). 5 Kloepfer, Umweltschutz durch Abgaben, DÖV 1975, 593 (596); Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, S. 61, Rdn. 157; Benkert/Zimmermann, Abgabenlösungen in der Naturschutzpolitik; NuR 1979, 96 (98); S. Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 27. 6 Begriff siehe etwa bei Gawel, Die Gebühren vor der ökologischen Herausforderung, KStZ 1996, 21; Höfling, Verfassungsfragen einer ökologischen Steuerreform, StuW 1992, 242 (251). 7 So etwa Gawel, Die Gebühren vor der ökologischen Herausforderung, KStZ 1996, 2Iff. 8 Gawel spricht insoweit von der Überwindung der bloßen „Aufwandsäquivalenz (Vollkostendeckung)" zugunsten der Umsetzung „pluraler Zielbündel" in der Entgeltgestaltung; vgl. ders., Die Gebühren vor der ökologischen Herausforderung, KStZ 1996, 21 (23). Weitere Ansätze zur ökologisch orientierten Gebührengestaltung finden sich etwa bei Friedl, Zielsetzungen und Wirkungen kommunaler Benutzungsgebühren, KStZ 1996, 181 (203 ff.).

16

Einleitung

Der Gebührenbemessung vorgelagert ergibt sich aber zum anderen die Frage nach dem Stand der Gebührendogmatik zum Gegenstand der causa: Welche Belastungsgründe kann der lenkende Staat außerhalb des Einzugsbereichs der klassischen Benutzungsgebühr aus gebührenrechtlicher Sicht noch in Anspruch nehmen, um bisher unentgeltliche Nutzungen der natürlichen Umwelt oder sonstiger Gemeinschaftsgüter mittels der Belegung mit Entgelten überhaupt erstmals einem vermeintlich rationaleren Verteilungsverfahren zu unterstellen, und zwar ohne insoweit an den verfassungsrechtlich gesicherten Tatbestand der Benutzung von Einrichtungen anzuknüpfen? In diesen Fragenkreis fällt neben der neuerdings diskutierten Ressourcennutzungsgebühr 9 insbesondere auch die noch immer unzureichend beantwortete Frage nach der verfassungsrechtlichen Anerkennung der sog. Verleihungsgebühr. Mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Verleihungsgebühr und ihrer Abgrenzung zu anderen verleihungsnahen Belastungskonzepten befaßt sich die vorliegende Arbeit. Dabei ist zu betonen, daß die Auseinandersetzung mit der Verleihungsgebühr wegen ihres über umweltrelevante Sachverhalte hinausgehenden Anwendungsbereichs den Weg weist auch in andere Bereiche der Sozialgestaltung. Dementsprechend versteht sich auch die vorliegende Untersuchung nicht als spezieller Beitrag zum Problemkreis der Umweltabgaben, sondern erhebt die gebührenrechtliche Belastungsfähigkeit der Rechtsverleihung sowie angrenzender Anknüpfungsformen als solche zum Betrachtungsgegenstand und versucht in diesem Sinne, vor allem die Frage nach dem „Ob" entsprechender Belastungstatbestände zu klären. Nachdem die Umweltabgabendiskussion allerdings einen wichtigen Anstoß für die erneute Auseinandersetzung mit der Verleihungsgebühr gegeben hat, wird eine Anwendung des Verleihungsgedankens auf umweltrelevante Fragestellungen gelegentlich unausweichlich sein. Der so umrissene Untersuchungsgegenstand wird schwerpunktartig zur Auseinandersetzung mit der Frage zwingen, welchen Spielraum der Steuerstaat des Grundgesetzes überhaupt zur Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben beläßt und wie sich insbesondere das Konzept von der Verleihungsgebühr aus steuerstaatlicher Sicht beurteilt. Bevor die insoweit prüfungsrelevanten Aspekte jedoch im einzelnen vorgestellt werden, ist das Konzept von der Verleihungsgebühr zunächst einmal darzustellen. 9

Soweit ersichtlich, hat den Begriff erstmals Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (175) geprägt, und zwar speziell mit Blick auf die abgabenrechtliche Belastung der Entnahme von Grundwasser. Wie die lange Tradition von Wasserentnahmeentgelten zeigt (siehe dazu im einzelnen Gliederungspunkt A III), ist der Gedanke aber schon älteren Ursprungs und klingt auch im Schrifttum schon seit längerem an. Auch Wilke etwa (Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 57 f.) sieht den Zugriff Privater auf Gewässer als potentiellen Belastungsgrund an, allerdings unter dem Gesichtspunkt der Duldung. Zu den konstruktiven Eigenschaften der Ressourcennutzungsgebühr siehe Gliederungspunkt A I 3 sowie D I I 1 b) dd) (3).

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr Der Abgabentypus der Verleihungsgebühr ist i n der Literatur bisher nur vereinzelt umfassend dargestellt worden. Die schon länger zurückliegende Diskussion u m die bergrechtlichen Feldes- und Förderabgaben sowie die aktuelle Auseinandersetzung m i t dem sog. Wasserpfennig haben die Verleihungsgebühr zwar wieder verstärkt i n das Bewußtsein des abgabenrechtlichen Schrifttums treten lassen. 1 Der i m Schrifttum nachgewiesenen Präsenz dieser Abgabeform i n vorkonstitutioneller Zeit scheint sich die heutige Auseinandersetzung m i t der Verleihungsgebühr ingesamt aber nur schrittweise anzunähern. 2 Insbesondere monographische Betrachtungen sind bis heute die Ausnahme geblieben. 1

Wi eland, Die Konzessionsabgaben, S. 298 f. spricht von einem zwischenzeitlichen „Schattendasein" der Verleihungsgebühr, nachdem diese Abgabe im älteren Schrifttum noch stärkere Beachtung erfahren habe und auf zahlreiche historische Vorbilder zurückschauen könne. Er selbst sieht den Grund für das allmähliche Zurücktreten der Verleihungsgebühr in der Zeit nach O. Mayer in der Entwicklung der Abgabendogmatik in der Weimarer Zeit: Da man unter zunehmender Betonung des status negativus der Grundrechte begann, auch für jede Gebührenerhebung eine besondere gesetzliche Ermächtigung zu verlangen, die einschlägigen Normen aber nur Verwaltungs- und Benutzungsgebühren erwähnten, habe sich eine Tendenz zur Einordnung jeglicher Gebühren unter diese beiden Typen ergeben. Ihm folgend: Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 67. 2 Nachweise zum vorkonstitutionellen Schrifttum finden sich unter anderem bei Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 298 f., Fn. 12 f., sowie Friauf, „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben?, Festschrift Universität Köln, 679 (684 f.), Fn. 30 ff. Besonders ausführlich sind historische Vorläufer der Verleihungsgebühr dargestellt bei Wieland (a.a.O., S. 54ff.) sowie Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 32 ff., 40, 53 ff. Letzterer stellt unter dem Begriff Dispensabgaben vorkonstitutionelle Abgaben auf das Recht zur Umgehung von Ehehindernissen (z.B. bei Vorliegen von Verwandtschaftsgraden) sowie Abgaben für Wehrplichtbefreiungen, Verkürzungen der Militärzeit und schließlich Bausdispensabgaben dar (a.a.O. S. 53f.). Des weiteren nennt Heimlich rechtskreiserweiternde Abgaben, erhoben z.B. als Konzessionsgebühren für die Erteilung von Gewerbeerlaubnissen, z.B. die preußische Apothekenkonzession (a.a.O. S. 54ff.) oder eine Fahrpostkonzessionsabgabe (a.a.O. S. 56f.). Als rechtskreiserweiternde Abgabe könnte auch das von Adams, Das „Verursacherprinzip" als Leerformel, JZ 1989, 787, erwähnte Beispiel der früheren spanischen „mesta" gezählt werden, einer Gebühr, die Eigentümer von Schafherden an die spanische Krone für das Recht abzuführen hatten, ihre Herden ungehindert über Land treiben zu dürfen. Neben weiteren Beispielen zählt Heimlich auch sog. Nobilitierungsgelder (a.a.O. S. 62f.) zum Kreis der rechtskreiserweiternden Abgaben, die aus Sicht der Kostentheorie ebenso wie Dispensabgaben zwar teilweise als Bearbeitungsgebühren, von den Anhängern 2 Drömann

18

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

Aus jüngerer Zeit etwa ist die Untersuchung S. Meyers hervorzuheben, die sich anläßlich der von ihr untersuchten Zulässigkeit von Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen unter anderem mit dem Institut der Verleihungsgebühr auseinandergesetzt hat. 3 Unter dem Gesichtspunkt der sog. Konzessionsabgaben hatte sich zuvor Wieland dem Themenbereich Abgabepflicht und Rechtseinräumungen bzw. -nutzungen gewidmet. 4 Heimlich hat sich zuletzt erstmals in monographischer Weise mit dem Rechtsinstitut der Verleihungsgebühr selbst auseinandergesetzt5 und aufgezeigt, daß angesichts der vorauseilenden Gesetzgebungspraxis zu dieser Abgabeform aus gebührendogmatischer Sicht noch einiger Präzisierungs- und Überprüfungsbedarf besteht. Zuvor jedoch stand die literarische Behandlung der Verleihungsgebühr überwiegend in Zusammenhang mit der Erörterung konkreter Einzelbeispiele aus der Abgabenwirklichkeit, wobei aus jüngerer Zeit neben den bergrechtlichen Feldes- und Förderabgaben sowie den Wasserentnahmeentgelten das sog. Lizenzmodell nach dem nordrheinwestfälischen Abfallgesetz zu nennen ist. 6 Der überwiegend an Fallbeipielen orientierten Behandlung der Abgabe entsprechend bietet die Erörterung der Verleihungsgebühr für manchen denn auch ein eher „diffuses Bild", 7 welches auch nach den zuletzt vorgenommenen Versuchen einer dogmatischen Bewältigung dieser Abgabe noch immer Unschärfen aufweist. Manche sprechen von der „überwiegend anerkannten" 8 Verleihungsgebühr, andere hingegen erwähnen die „Theorie" 9 oder auch „Konstruktion der Verleihungsgebühr" 10 und bringen dadurch ihr Unbehagen gegenüber dieser Abgabeform zum Ausdruck. Das in seinen der Nutzentheorie aber überwiegend als Abgaben auf die Verleihung der betreffenden Rechte angesehen worden sind; vgl. Heimlich, a.a.O., S. 53ff., 64. Heimlich kommt daher zu dem Schluß, daß das „Rechtsinstitut der Verleihungsgebühr ... hinsichtlich Begriff und Rechtscharakter seit jeher bekannt (war)"; a.a.O. S. 66. Inwieweit sich aus der Betrachtung historischer Vorbilder Rückschlüsse für die verfassungsrechtliche Bewältigung der Verleihungsgebühr in heutiger Zeit ziehen lassen, muß angesichts eines gewandelten Staatsverständnisses allerdings bezweifelt werden. Hierauf macht zu Recht Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (220 f.) aufmerksam. 3 Vgl. Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 125 ff. 4 Wieland, Die Konzessionsabgaben, insbesondere S. 294 ff. zur Verleihungsgebühr. 5 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe. 6 Vgl. Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 178 ff. speziell zur Einordnung des Lizenzentgelts als Verleihungsgebühr. 7 Friauf\ „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben, 1988, 679 (684). 8 So auch der Hamburger Gesetzgeber, vgl. Bürgerschafts-Drs. 13/2793, S. 1. 9 Sander, Der „Wasserpfennig" - eine Abgabe mit oder ohne staatliche Gegenleistung?, DVB1. 1990, 18 (22).

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

19

Einzelheiten noch darzustellende Meinungsspektrum reicht von ausdrücklicher Ablehnung über schlichte Nichterwähnung und geht weiter über die eher beiläufige Benennung im Rahmen abgabenrechtlicher Systematisierungsansätze bis hin zur Anerkennung als „drittem Gebührentypus" 11 neben der Verwaltungs- und Benutzungsgebühr. Bei diesem Befund liegt es nahe, den Begriff Verleihungsgebühr zunächst nur als „Namen" 1 2 bzw. Arbeitstitel anzusehen und eine gebührenrechtliche Auslegung dieses Begriffs vorerst noch aufzuschieben. Klare Konturen bilden sich nur allmählich heraus, und bis zuletzt wurde von den Rezipienten dieser Abgabeform noch ein hoher rechtsdogmatischer Präzisierungsbedarf gesehen.13 Auch nach den neueren Beiträgen zur Verleihungsgebühr bleiben zahlreiche Abgrenzungs- und Einordnungsfragen offen, wobei insbesondere Fragen der Abschichtung der von Verleihungsgebühren erfaßten bzw. erfaßbaren Anknüpfungspunkte, deren systematische Verortung im Recht der Vorzugslasten sowie ihre kritische Überprüfung anhand der Steuerstaatslehre zu nennen sind. In anderen Punkten der gebührenrechtlichen Diskussion deuten sich unterdessen Entwicklungen an, die den Spielraum für die Anerkennung der Verleihungsgebühr zwar zu erweitern scheinen, deren Verstetigung aber eine Absicherung des erreichten Meinungsstandes durch weitergehende Begründungsansätze verlangt. Hierzu gehört vor allem die Frage, ob die sog. Kostendeckungsorientierung einer Abgabe für den verfassungsrechtlichen Gebührenbegriff konstitutiv ist. 1 4 10

v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcen Wirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1062); Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (221). 11 So ausdrücklich F. Kirchhof\ Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (555); zuvor schon ders., Die Höhe der Gebühr, S. 34, Fn. 13. Im Anschluß an F. Kirchhof auch Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 382; Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 306, sowie zuletzt Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 303, 366. 12 So Wey reuther, Das Abgabenrecht als Mittel des Umweltschutzes, UPR 1988, 161 (164). 13 So ausdrücklich Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), 577 (603). Ebenso Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 313. 14 Der Begriff Kostendeckungsorientierung ist nicht zu verwechseln mit dem sog. Kostendeckungsprinzip: Während ersterer den Problemkreis von konstitutiven Merkmalen der gebührenfähigen Staatsleistungen betrifft und insoweit die Frage nach dem gebührenfähigen Belastungsgrund berührt, knüpft das Kostendeckungsprinzip an die Abgabebemessung an, trifft aber keine Aussage über den notwendigen Schuldgrund. Soweit ersichtlich, geht der Begriff der Kostendeckungsorientierung auf Friauf zurück, der mit diesem Begriff die in BVerfGE 50, 217 (226) geprägte und über lange Jahre als maßgeblich angesehene Begriffsvorstellung des Bundesverfassungsgerichts von der Gebühr in einer Formel zusammenzufassen suchte; vgl. ders., „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufga2*

20

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

Der kritischen Nachprüfung bedarf des weiteren der im Schrifttum zuletzt geäußerte Befund, die Anerkennung der Verleihungsgebühr sei „kein gebührendogmatisches" Problem, sondern ein „Problem juristischer Wertung" 1 5 , und die Verleihungsgebühr unterfalle überdies „ . . . dem tradierten und dogmatisch weitestgehend durchstrukturierten Anwendungsbereich des Gebührenrechts." 16 Die grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Gebührenbegriff, insbesondere dem Problem der individuellen Zurechenbarkeit gebührenfähiger Staatsleistungen wird dieses Bild allerdings relativieren. Dabei wird sich zeigen, daß die Verleihungsgebühr aus gebührendogmatischer Sicht zumindest insoweit eine Sonderstellung einnimmt, als sie geeignet ist, den herkömmlichen Rahmen gebührenfähiger Staatsleistungen entscheidend zu erweitern. An dieser Besonderheit der Abgabe wird sich auch ihr spezifischer Begründungsbedarf im Steuerstaat des Grundgesetzes zu orientieren haben. Fragen der Abgabebemessung schließlich können im Zusammenhang mit der Verleihungsgebühr zwar noch nicht unbedingt als geklärt betrachtet werden, stehen der Frage nach der Zulässigkeit des Belastungsgrundes und seiner Rechtfertigung jedoch als Folgeproblem nach. Denn soll die Verleihungsgebühr die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen und sich im Zuge der weiteren Entwicklung des Gebührenrechts einen eigenständigen Platz erstreiten neben Verwaltungs- und Benutzungsgebühren, Beiträgen, Steuern und Sonderabgaben, 17 so muß hierfür zunächst die dogmatische Bewältigung des ihr eigenen Belastungsgrundes gelingen. Zum Ende der Diskussion um die Wasserentnahmeentgelte hat sich die Verleihungsgebühr einen gesicherten Platz innerhalb der Abgabensystematik jedenfalls noch nicht erstreiten können. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum sog. baden-württembergischen Wasserpfennig hat für die systematische Verortung der Verleihungsgebühr selbst im Grunde nur wenig beigetragen 18 , scheint allerdings indirekte Hinweise auf die grundsätzliche Möglichkeit einer Ausgestaltung der Verleihungsidee als Gebühr ben?", Festschrift Universität Köln, 679 (695); unzutreffend insoweit Kloepfer/Follmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (581 f.), und zwar die Kostendeckungsorientierung (Einnahmeerzielungsfunktion) einer Gebühr aus dem Kostendeckungsprinzip ableitend. In seiner sog. „Wasserpfennigentscheidung" hat das Bundesverfassungsgericht die Vorstellung von der Gebühr als ausschließlich der Kostendeckung dienende Abgabe relativiert und damit offenbar den Spielraum für die verfassungsrechtliche Anerkennung der Verleihungsgebühr erweitert; vgl. BVerfGE 93, 319 (345). Gegenwärtig kann die Dogmatik zur kostenneutralen Gebühr indessen noch nicht als vorherrschend betrachtet werden. Ausführlich dazu Gliederungspunkt D I I 2. 15 16 17

Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 217. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 311. Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), 577 (603).

21

I. Belastungsgründe der „Verleihungsgebühr"

zu enthalten. 1 9 I m übrigen sind i m Rahmen der Debatte u m Wasserentnahmeentgelte

bzw. Entgelte

für

Umweltnutzungen

neue

Abgrenzungs-

probleme hinzugekommen, so etwa zur bereits erwähnten Ressourcennutzungsgebühr. E i n einheitliches B i l d von der Verleihungsgebühr ist nach alledem noch nicht zu erkennen. Deutlich w i r d dies insbesondere an den unterschiedlichen Belastungsgründen, die i n Schrifttum und Gesetzgebungspraxis Verleihungsgebühr vorzufinden

sind. Diese Anknüpfungsvielfalt

zur

ist nun-

mehr nachzuzeichnen und w i r d den Eindruck bestätigen, daß es sich bei der Verleihungsgebühr eher u m ein bestimmtes Belastungskonzept denn u m ein ausgereiftes Abgabeinstitut m i t wohldefiniertem Anknüpfungspunkt handelt. Die vorliegende Arbeit ist bemüht, dem zu entsprechen, indem sie die einzelnen Anknüpfungsvarianten des Verleihungskonzeptes zunächst getrennt erfaßt und sie anschließend eigenständig einzuordnen und zu beurteilen versucht.20

I. Belastungsgründe der „Verleihungsgebühr" Das Schrifttum nennt i m Zusammenhang m i t dem Begriff Verleihungsgebühr unterschiedliche Belastungsgründe.

18

Beschluß des Zweiten Senats vom 07. November 1995, 2 BvR 413/88, 1300/ 93, BVerfGE 93, 319 . - Im einzelnen hat das Gericht zahlreiche Fragen offengelassen. Die Diskussion um die in den meisten Bundesländern erhobenen Wasserentnahmeentgelte dürfte der Beschluß jedoch zumindest in der Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit dieser Abgaben vorangebracht haben. Was die gebührenrechtlichen Implikationen der Entscheidung anbetrifft, ist jedoch Zurückhaltung geboten. Im Schrifttum finden sich auf der einen Seite Aussagen, das Bundesverfassungsgericht habe mit dem Wasserpfennigbeschluß nunmehr auch die Verleihungsgebühr grundsätzlich anerkannt; so etwa Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 214. Ebenso wird jedoch vertreten, das Gericht habe sich unter Ablehnung der Verleihungsgebühr der Konzeption der sog. Ressourcennutzungsgebühr angeschlossen; so Murswiek, Ein Schritt in Richtung auf ein ökologisches Recht, N V w Z 1996, 417 (419 f.), ähnlich auch Sanden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „Wasserpfennig-Entscheidung" des Bundesverfassungsgerichtes, UPR 1996, 181 (182). Auf den Wasserpfennigbeschluß wird im Rahmen dieser Untersuchung wiederholt zurückzukommen sein. 19 So etwa in der Frage nach der Gebührenfähigkeit kostenneutraler Leistungen; vgl. Fn. 14. 20 Einen anderen Ansatz wählt Heimlich, der sich ausschließlich auf die Frage konzentriert, ob die Verleihungsgebühr „ . . . als Entgelt für die Verleihung eines Rechts durch den Staat ... anerkannt werden kann."; vgl. ders., Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 29 - Hervorhebung durch den Verfasser. In diesem Sinne auch ders. y a.a.O., S. 33.

22

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

1. Die Verleihungsgebühr als Abgabe auf die Einräumung von Rechten Der wohl größere Teil des Schrifttums definiert die Verleihungsgebühr als Abgabe bzw. Entgelt auf die „Einräumung" 21 , „Verschaffung" 22 , „Übertragung" 23 oder „Verleihung" 24 von (subjektiv-öffentlichen) 25 Rechten. Die Begriffe Einräumung, Verschaffung, Übertragung und Verleihung 21

Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (25f.); ders., Entwurf eines Bundesabfallabgabengesetzes und das Grundgesetz, BB 1992, 1 (3 f.); Vogel, Abgaben, öffentliche, in: Evangelisches Staatslexikon, Bd. I, Sp.lOf (11), Heun, Die Sonderabgaben als verfassungsrechtlicher Abgabetypus, DVB1. 1990, 666 (673); P. Kirchhof, Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen, S. 30; ders., Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 79; Jarass, Verfassungsrechtliche Grenzen für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben, DÖV 1989, 1013 (1016); Scholz/Aulehner, Verfassungsfragen zur Lenkungsabgabe am Beispiel der Automatenbesteuerung, BB 1991, 73 (74); Nico· lay sen, Bewilligung und Förderabgabe nach dem BBergG, S. 35; Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (777); Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 103; Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 382; Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 198; Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 22; Birk, in: HHSp, § 3 AO, Rdn. 148; Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991, 1 (2); Henneke, Finanzierungsformen im Abgabenstaat, Teil II, Jura 1990, 113 (114); Stober, Finanzierung der Wirtschaftsverwaltung durch Abgaben, JA 1988, 250 (254); F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 29f.: ders., Der Baden-Württembergische „Wasserpfennig", N V w Z 1987, 1031 (1034); Trzaskalik, Der instrumenteile Einsatz von Abgaben, Bemerkungen zum Entwurf eins Abfallabgabengesetzes, StuW 1992, 135 (144); Maunz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum GG, Art. 105 GG, Rdn. 15 (zur sog. Konzessionsabgabe); Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), 577 (602f.): „Rechtsgewährung"; ebenso ders., Zur rechtlichen Beurteilung von Umweltabgaben am Beispiel des „Wasserpfennigs", NuR 1989, 22 (24). 22 P. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 167, Rdn. 187; ders., Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1427); ders., Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 79; ders., Die Finanzierung des Leistungsstaates, Jura 1983, 505 (511); ders., Artikel Abgabe, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), Handwörterbuch des Umweltrechts, I. Band, Sp. 21 (23); ders., Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 17; Meßerschmidt, Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (932); S. Meyer, Gebühren auf die Nutzung von Umweltressourcen, S. 82f.; Reinhard, Die Zulässigkeit der Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Erhebung kommunaler Benutzungsgebühren, S. 20; Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individual verkehr, S. 24.

I. Belastungsgründe der „Verleihungsgebühr"

23

werden dabei offenbar als Synonyma v e r w e n d e t , 2 6 denn eine Abgrenzung findet sich n i c h t . 2 7 Gelegentlich w i r d dieser Belastungsgrund allerdings zu anderen Anknüpfungsvarianten abgegrenzt und darauf hingewiesen, daß es auf die Ausnutzung bzw. den Gebrauch von Rechten nicht ankommen solle, u m Rechtseinräumungen m i t einer Abgabe zu belasten. 2 8 M i t dem letztgenannten Hinweis auf die isolierte Anknüpfungsfähigkeit allein der Rechtsverleihung ist bereits eine Brücke geschlagen zu jenen Umschreibungen, welche zugleich die verfassungsrechtlich zulässige Ausgestaltung der Verleihungsgebühr i m Auge haben. Insofern werden der allgemeinen

Umschreibung

der

Abgabe

zulässigkeitsbegrenzende

Ausgestal-

tungsmerkmale hinzugefügt, und es heißt, die Verleihungsgebühr werde nur für die Einräumung eines solchen Rechts erhoben, dem ein gesetzliches Verbot vorausgeht 2 9 bzw. dessen Einräumung einen wirtschaftlichen Vorteil begründet, 3 0 23

welchen

die

Verleihungsgebühr

dann „ a b s c h ö p f t " . 3 1

Auch

F. Kirchhof,\ Umweltabgaben im Abfallwesen, DVB1. 1994, 1101 (1104); ders., Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (555); ders., Grundriß des Abgabenrechts, S. 8, Rdn. 13; Fleischer, McDonald's-Steuer, Bundesstraßenmaut und Wasserpfennig, SteuerStud 1997, 113 (116). 24 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 222ff., 228. 25 So etwa Vogel, Abgaben, öffentliche, in: Evangelisches Staatslexikon, Bd. I Sp.lOf. (11); P. Kirchhof, Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen, S. 30; ders., Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 79; Mußgnug, Das Recht des Landes BadenWürttemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grundund Oberflächenwasser, S. 22. 26 Vgl. etwa Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991, 1 f. für Rechtsverleihung und Verschaffung. 27 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 219, meint denn auch, daß „inhaltliche Differenzen" zwischen den einzelnen Begriffen nicht bestehen. 28 P. Kirchhof, Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 79; ders., Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 17; Henneke, Finanzierungsformen im Abgabenstaat, Teil II, Jura 1990, 113 (114); F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 29f.; ders., Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (555); Meßerschmidt, Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (932); Breuer, Umweltrechtliche und wirtschaftslenkende Abgaben im europäischen Binnenmarkt, DVB1. 1992, 485 (491): Anknüpfung an die „bloße Verleihung". 29 Arndt, Entwurf eines Bundesabfallabgabengesetzes und das Grundgesetz, BB 1992, 1 (3 f.); ähnlich Nicolaysen, Bewilligung und Förderabgabe nach dem BBergG, S. 35: „nicht allgemein eröffnete Benutzung"; F. Kirchhof, Grundriß des Abgabenrechts, S. 8, Rdn. 13; ders., Der Baden-Württembergische „Wasserpfennig", N V w Z 1987, 1031 (1035): Rechtsverleihung muß „konstitutiv" sein. 30 Die Vorteilseigenschaft des Rechts wird nahezu durchgängig hervorgehoben; vgl. etwa Arndt, Entwurf eines Bundesabfallabgabengesetzes und das Grundgesetz, BB 1992, 1 (3 f.); Heun, Die Sonderabgaben als verfassungsrechtlicher Abgabety-

24

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

findet sich der Hinweis, daß es sich bei dem eingeräumten Recht u m ein Recht an einer öffentlichen Sache handele. 3 2 Derart einschränkende Zusätze berühren die Frage der Zulässigkeit bzw. Rechtfertigung einer begrifflich bereits anerkannten Verleihungsgebühr und deuten den Rahmen an, i n dem die

Verleihungsabgabe

vor

den Grundrechten

der Betroffenen

Bestand

haben könnte. Entsprechende Aussagen gehören seit jeher z u m Kernbestand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung m i t der Verleihungsgebühr und werden auch i n den jüngeren Beiträgen bestätigt. 3 3 Weitere umschreibende Zusätze z u m Charakter der Verleihungsgebühr, etwa daß der Staat das Recht „ l e i s t e " 3 4 oder daß die Abgabe trotz der Anknüpfung an den einmaligen Vorgang der Rechtsverleihung als „laufendes E n t g e l t " 3 5 erhoben werde, sind demgegenüber zunächst schlicht zur Kenntnis zu nehmen und werden an anderer Stelle aufzugreifen sein. Ob pus, DVB1. 1990, 666 (673); Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (777); Hansjürgens y Umweltabgaben im Steuersystem, S. 103. 31 Auch auf die „Abschöpfungsfunktion" der Verleihungsgebühr wird häufig hingewiesen. Siehe etwa Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (777); Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 103; Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (25 f.); Birk, in: HHSp, § 3 AO, Rdn. 148. 32 So etwa Vogel, Abgaben, öffentliche, in: Evangelisches Staatslexikon, Bd. I Sp.lOf. (11); Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991, 1 (2). 33 Dies gilt insbesondere für die Frage, ob Verleihungsgebühren auf jedwede Rechtsverleihung erhoben werden dürfen oder ob insoweit zulässigkeitserhaltende Qualifikationsanforderungen zu stellen sind. Vgl. hierzu zunächst F. Kirchhof\ Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (559): Zugewinn an „Rechtsmacht". Ähnlich Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 24; Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 117ff., 295, 302; Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991, 1 (3). Heimlich hat diese im Schrifttum schon frühzeitig vorgesehene Eingrenzung der Verleihungsgebühr jüngst bestätigt; vgl. ders., Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 236ff., 264. - Pietzcker hingegen hält die Bändigung der Verleihungsgebühr durch Eingrenzung gebührenfähiger Rechte auf Befreiungen von repressiven Verboten für unbrauchbar und schlägt statt dessen vor, die „Übertragung wirtschaftlicher Werte aus dem staatlichen Vermögen" zu fordern; vgl. ders., Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (778 f.). 34 Jarass, Verfassungsrechtliche Grenzen für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben, DÖV 1989, 1013 (1016); Henneke, Finanzierungsformen im Abgabenstaat, Teil II, Jura 1990, 113 (114); F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 29f.: ders., Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (555); ders., Leistungsfähigkeit und Wirkungsweisen von Umweltabgaben an ausgewählten Beispielen, UTR 16 (1991), 101 (112).

25

I. Belastungsgründe der „Verleihungsgebühr" diese Merkmale aus verfassungsrechtlicher

Sicht zum Definitionsbestand

einer Verleihungsgebühr gehören und sich i n diesem Sinne auch gebührendogmatisch bestätigen lassen, wird, soweit es die Verleihungsgebühr verfassungsrechtlicher

aus

Sicht überhaupt geben kann, die spätere Untersu-

chung zeigen.

2. Die Verleihungsgebühr als Abgabe auf das Gebrauchmachen von Rechten Seltener w i r d als Belastungsgrund für die Erhebung v o n Verleihungsgebühren die M ö g l i c h k e i t des Abgabeschuldners angesehen, v o n einem erteilten Recht Gebrauch zu m a c h e n . 3 6 A u c h soweit an das Gebrauchmachen angeknüpft wird, heißt es m i t B l i c k auf eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Abgabenausgestaltung, die Verleihungsgebühr

setze die

Verleihung

gerade eines solchen Rechts voraus, auf das kein Anspruch besteht. 3 7 D e m Anknüpfungspunkt des Gebrauchmachens von einem Recht ähnlich, w i r d des weiteren v o n Verleihungsgebühren als Abgaben auf die „ N u t z u n g " von Erlaubnissen, 3 8 oder, i n der Sache ähnlich, der Verleihung eines N u t zungsrechts 3 9 gesprochen. Schließlich finden sich auch solche Stimmen, die 35

So von Arndt y Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (25 f.); Vogel, Abgaben, öffentliche, in: Evangelisches Staatslexikon, Bd. I, Sp.lOf. (11); Birk, in: HHSp, § 3 AO, Rdn. 148; Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991,

1 (2). 36

Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 297; der s., Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (133 f.); Wolff/ Bachof\ Verwaltungsrecht I, § 42 I I b, S. 312; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 273, Rdn. 28, allerdings den Terminus Verleihungsgebühr vermeidend und statt dessen von der Konzessionsabgabe sprechend; F. Mayer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 153; Uffhausen, Die Benutzungsgebühr, S. 21; ähnlich Fl· scher-Menshausen, in: v. Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, Rdn. 7 zu Art. 105, der mit Blick auf die bergrechtliche Feldes- und Förderabgabe von dem „Entgelt für die Ausbeutung von Bodenschätzen" spricht und damit für den Belastungsgrund (von „Konzessionsabgaben") ebenfalls auf das Gebrauchmachen von Berechtigungen abstellt. - Der Hamburger Gesetzgeber meint sogar, daß diese Anknüpfung der herrschenden Sichtweise von der Verleihungsgebühr entspreche: „Nach allgemeiner Meinung sind Verleihungsgebühren laufende Entgelte für die Möglichkeit, von einer erteilten Bewilligung oder Verleihung Gebrauch zu machen." Gegenleistung des Staates sei gleichwohl die Rechts Verleihung; vgl. BürgerschaftsDrs. 13/2793, S. l f . 37 Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 117 ff., 295, 302. 38 Friauf, „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben, Festschrift Universität Köln, 679 (685). 39 Breuer, Umweltrechtliche und wirtschaftslenkende Abgaben im europäischen Binnenmarkt, DVB1. 1992, 485 (491).

26

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

i n Verleihungsgebühren das Entgelt für die Erteilung v o n Verleihungen oder die Ausübung bzw. Ausnutzung von verliehenen Rechten sehen, d . h . beide Belastungsgründe

für

möglich

halten und j e

für

sich als

ausreichend

betrachten. 4 0 Ä h n l i c h w i e schon bei denjenigen Stimmen, die auf den Anknüpfungspunkt der Rechtseinräumung abstellen, w i r d die Verleihungsgebühr gelegentlich auch hier auf den Fall der Ausnahme von einem repressiven Verbot beschränkt. 4 1 Z u w e i l e n findet sich auch eine gegenständliche Eingrenzung dahin, daß Verleihungsgebühren für das Recht zur Nutzung bzw. zum Gebrauch von Gütern der A l l g e m e i n h e i t 4 2 und speziell für die Nutzung natürlicher Ressourcen 4 3 erhoben würden.

3. Insbesondere: Die sog. Ressourcennutzungsgebühr D i e umweltrechtliche Diskussion hatte an dem letztgenannten Gegenstand - der Nutzung

eines Rechtes - zuletzt verstärktes Interesse gezeigt

und seinen Anwendungsbereich entscheidend erweitert. Inzwischen

wird

von zahlreichen Stimmen die Ansicht vertreten, daß die Nutzung (Belastung/Verbrauch) der Umweltgüter L u f t , Wasser und Boden ebenso gebührenfähig sei w i e die sonstige Nutzung öffentlicher Sachen. 4 4 40

Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, Allgemeiner Teil, S. 41; ders., Steuerrecht I, Allgemeiner Teil, S. 23; Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Band I, Stand: 79. Lfrg., § 3, Tz. 20; Donner/Fischer, Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/Magoulas/Simon/Wolf (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Staat und Markt, S. 363. Wie die Vorgenannten für den Fall der Sondernutzungsgebühr: Meßerschmidt, Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (932). 41 Vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Band I, Stand: 79. Lfrg., § 3, Tz. 20. 42 Stabreit, Die Erhebung von Wassernutzungsentgelt in den neuen Bundesländern, L K V 1994, 350 (353). 43 Vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Band I, Stand: 79. Lfrg., § 3; Tz. 20. 44 Außer Tipke/Kruse (Fn. 43) etwa auch: Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (174f.); ders., Ein Schritt in Richtung auf ein ökologisches Recht, N V w Z 1996, 417 (419); Köck, Umweltabgaben Quo vadis?, JZ 1993, 59 (63); Hendler, Zur rechtlichen Beurteilung von Umweltabgaben am Beispiel des „Wasserpfennigs", NuR 1989, 22 (24 f.); Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, S. 59, Rdn. 152; Meßerschmidt, Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (932); Lang, Der Einbau umweltpolitischer Belange in das Steuerrecht, UTR 16 (1992), 55 (61), mit dem pointierten Hinweis, daß der gebührenrechtliche Einrichtungsbegriff im Hinblick auf die staatliche Verantwortung für Wasser und Luft nicht am Schwimmbad oder dem Flughafen haltmachen könne; vgl. auch Lorenz, Die öffentliche Sache als Instrument des Umweltschutzes, N V w Z 1989, 812 (815 ff.) sowie Hey, Rechtliche Zulässigkeit von Umweltabgaben unter dem Vorbehalt ihrer ökologischen und ökonomischen Wirksamkeit, StuW 1998, 32 (36). Das Beispiel der Erhebung von Abgaben auf den Verbrauch von Luft zeigt im übrigen,

I. Belastungsgründe der „Verleihungsgebühr"

27

Mit Blick auf den Tatbestand der Grundwasserentnahme hat Murswiek Abgaben auf die Nutzung von Umweltmedien als Ressourcennutzungsgebühren bezeichnet. 45 Von einigen Autoren offenbar mit einer umweltmedialen Verleihungsgebühr gleichgesetzt, 46 meint Murswiek, daß sich diese Abgabe in die klassischen Gebührenkategorien gerade nicht einordnen lasse, sondern ihre Daseinsberechtigung aus dem ihr eigenen Rechtfertigungstopos beziehe, der Vorteilsabschöpfungsfunktion: Die Nutzung bzw. der Verbrauch öffentlicher Umweltgüter stelle einen wirtschaftlichen Wert dar, den abzuschöpfen eine ausreichende verfassungsrechtliche Legitimation sei47 Mit dem Tatbestand der Ressourcennutzung ist nach diesem Ansatz somit ein Belastungsgrund gegeben, der schon aus sich heraus die Erhebung einer Abgabe ermöglicht. Insoweit unterscheidet sich die Ressourcennutzungsgebühr bereits auf den ersten Blick von der Verleihungsgebühr. Wie gezeigt, knüpfen die Rezipienten der Verleihungsgebühr überwiegend an die Erteilung des Rechts als Abgabetatbestand bzw. Belastungsgrund an. Auch soweit das Gebrauchmachen von einem Recht als Belastungsgrund angesehen wird, bleibt Bezugspunkt doch immer das erteilte Recht. Bei der Konzeption der Ressourcennutzungsgebühr hingegen kommt es auf die vorangehende Verleihung oder Einräumung eines Rechts nicht maßgeblich an. Die Überlassung von Umweltgütern zur Nutzung ist nach diesem Ansatz gebührenfähige Leistung, ohne daß das öffentliche Umweltgut zuvor durch Vergabe von Nutzungsrechten „privatisiert" werden muß. Dem Nutzer ein eigentumsähnliches Recht einzuräumen, wird von Vertretern dieses Ansatzes sogar als „konstruktiver Umweg" bezeichnet. 48 Die gebührenrechtliche wie sehr sich die Gebührendiskussion fortentwickelt hat. Körte hielt noch im Jahre 1980 bei seiner Untersuchung über die abgabenrechtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten einer Kraftfahrzeugabgasabgabe den Anknüpfungspunkt „Inanspruchnahme der Luft als Aufnahmemedium für Kraftfahrzeugabgase" gebührenrechtlich nicht für erfaßbar, zog insbesondere eine Ausgestaltung als Verleihungsgebühr überhaupt nicht in Betracht, sondern ordnete die Abgasabgabe als „Sonderabgabe mit gebühren- und beitragsähnlichen Zügen" ein; vgl. ders., Die Erhebung einer Abgabe auf die Luftverunreinigung durch Kraftfahrzeugabgase, S. 117 ff., 125 f., 129. Die zuletzt wieder verstärkte Rezeption der Verleihungsgebühr und das Konzept von der Ressourcennutzungsgebühr haben ein Ausweichen auf derartige Abgaben ,sui generis* aus heutiger Sicht offenbar entbehrlich gemacht. 45 Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (175). 46 Vgl. Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, S. 59, Rdn. 152. 47 Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (175); ders., Ein Schritt in Richtung auf ein ökologisches Recht, N V w Z 1996, 417 (419). 48 Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (176). Kritisch zu den grundrechtlichen Prämissen von Murswieks Ansatz allerdings Kluth, Verfassungs- und abgabenrechtliche Rahmenbedingungen der Ressourcenbewirtschaftung, NuR 1997, 105 (107), Fn. 25.

28

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

Erfassung der U m w e l t n u t z u n g folge schon daraus, daß m i t der Nutzung öffentlicher Umweltgüter ein wirtschaftliches Gut bzw. die D u l d u n g der Nutzung eines wirtschaftlichen Gutes „geleistet" w e r d e . 4 9 I n w i e w e i t die Verleihungsgebühr gegenüber dem Konzept der Ressourcennutzungsgebühr i n der Tat einen konstruktiven U m w e g darstellt und i n welchem Verhältnis beide Abgabenkonzepte stehen, werden die späteren Ausführungen zeigen. Vorerst ist allein der konstruktive Unterschied beider Konzepte zur Kenntnis zu nehmen.

II. Gang der Untersuchung D i e i m Schrifttum z u m B e g r i f f Verleihungsgebühr vorgefundenen Belastungsvarianten haben verdeutlicht, daß von einem einheitlichen Vorstellungsbild der Verleihungsgebühr

derzeit noch nicht gesprochen

kann. Sachgerechter erscheint es daher, statt von der

werden

Verleihungsgebühr

vorerst etwas neutraler v o n einem bloßen »Konzept* der Verleihungsgebühr zu sprechen, das zwar auf die Grundidee der Rechtsverleihung zurückgeht, aber

offenbar

unterschiedliche

Anknüpfungsmöglichkeiten

bietet

bzw.

zuläßt.50 49 Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (175); ders., Ein Schritt in Richtung auf ein ökologisches Recht, N V w Z 1996, 417 (419). Die Verschiebung der Gebührendogmatik von begrifflicher Abgrenzung und Subsumtion hin zu einer reinen Rechtfertigungsdogmatik wird nicht nur bei Murswieks Ressourcennutzungsgebühr deutlich, der nach dem Leistungsgegenstand der Gebühr im Grunde gar nicht mehr fragt, sondern nur noch mit dem Rechtfertigungstopos der Abschöpfung arbeitet. Eine vergleichbare dogmatische Orientierung läßt sich neuerdings auch im „klassischen Gebührenbereich", den Benutzungsgebühren, feststellen. Fechner etwa stellt zur Begründung der Belastungsfähigkeit des Innenstadtparkens nicht mehr auf die Bereitstellung von Parkraum als besondere öffentliche Leistung ab, sondern leitet den Gebührencharakter der Parkgebühr daraus ab, „ . . . daß der begehrte Parkraum im Zentrum der Innenstädte einen eigenen wirtschaftlichen Wert darstellt", dessen Nutzung einzelnen Autofahrern einen belastungsfähigen Vorteil gewähre; vgl. ders., Kommunale Parkgebühren zwischen öffentlichem Sachenrecht und Umweltpolitik, DVB1. 1997, 11 (12). Ob tatbestandlich überhaupt eine individuell zurechenbare Staatsleistung vorliegt, gelingt bei einem vorschnellen Blick auf die Rechtfertigungsebene nur allzu leicht aus dem Blickfeld. Ausführlich zum Verhältnis von Tatbestands- bzw. Begriffsebene zur Rechtfertigungsebene: Gliederungspunkt C I. 50

Einen anderen Ansatz wählt insoweit Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 218ff. Heimlich kommt es gerade auf den Nachweis der verfassungsrechtlichen Existenz der Verleihungsgebühr als drittem Gebührentyp an. Diesen Gebührentyp sieht er nur dann als verwirklicht an, wenn tatbestandlicher Anknüpfungspunkt einer Abgabepflicht die Rechtsverleihung ist (a.a.O., S. 218, 223f., 227), während die Ausübung von verliehenen Recht kein Anknüpfungspunkt der Verleihungsgebühr sein könne (a.a.O., S. 226f., 268f., 348).

II. Gang der Untersuchung

29

Ob das Konzept einer Verleihungsabgabe in einer der vorgenannten Belastungsvarianten als Gebühr Bestand hat, ist unter Betonung insbesondere finanzverfassungsrechtlicher Gesichtspunkte Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung. Dabei wird zunächst darzustellen sein, in welchen tatsächlichen Bereichen die Verleihungsgebühr ihr Anwendungsfeld findet und welche Beispiele für die verschiedenen Anknüpfungsvarianten in der Abgabenwirklichkeit bestehen. Nachdem die Untersuchung sich auf diese Weise dem Wesen der Verleihungsgebühr rein phänomenologisch genähert hat, soll sodann in Teil Β der Meinungsstand des Schrifttums zur sog. Zulässigkeit dieser Abgabeform nachgezeichnet werden. Die sich anschließende Analyse thematisch einschlägiger Gerichtsentscheidungen soll sodann Aufschluß darüber geben, inwieweit sich die Verleihungsabgabe einen Platz in der Abgabenpraxis erkämpfen konnte und ob insbesondere der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Anhaltspunkte sowohl zur Zulässigkeit der Verleihungsgebühr als auch zu ihrer verfassungsgemäßen Ausgestaltung entnommen werden können. In Teil C und D werden sodann eigene Überlegungen zur Zulässigkeit der Verleihungsgebühr entwickelt. Dabei werden in Teil C zunächst die möglichen Ansätze zur Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben im Steuerstaat des Grundgesetzes zu würdigen sein. Nicht zuletzt der Wasserpfennigbeschluß des Bundesverfassungsgerichts hat hier einigen Klarstellungsbedarf hervorgerufen. Auch die inhaltlichen Dimensionen des Steuerstaates, des sog. Steuervorrangs sowie des Steuerstaatsprinzips werden hier zu beleuchten sein, bevor in Teil D die Vereinbarkeit des Verleihungskonzeptes mit den Aussagen der Verfassung zum Gebührenbegiff erörtert werden kann. Überlegungen zur Rechtfertigung sowie zur Ausgestaltung der Abgabe schließen die Arbeit ab (Teil E). Terminologisch sollen im Rahmen dieser Arbeitsschritte unter Verleihungsabgaben bzw. Verleihungsgebühren durchweg nur öffentlich-rechtliche, hoheitlich auferlegte Abgaben verstanden werden. In dieser Begriffsfassung könnte die Verleihungsabgabe nach einigen Stimmen im Schrifttum grundsätzlich auch mit dem Begriff der „Konzessionsabgabe im weiteren Sinne" 51 oder auch der „Konzessionsgebühr" 52 gleichgesetzt werden. 53 51

Begriff bei Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (25), Fn. 121. Arndt unterscheidet zwischen „Konzessionsabgaben im weiteren Sinne", zu denen auch die Verleihungsgebühr zählen kann, und den sog. „eigentlichen Konzessionsabgaben", womit er vertraglich begründete, privatrechtliche Entgelte meint. Das Bundesverfassungsgericht hält Konzessionsabgaben als privatrechtliche Entgelte und als öffentlich-rechtliche Abgaben für möglich und dürfte daher dem Konzept von den „Konzessionsabgaben im weiteren Sinne" nahestehen; vgl. BVerfGE 86, 148 (226). 52 Von Konzessionsgebühren spricht Stober, Finanzierung der Wirtschaftsverwaltung durch Abgaben, JA 1988, 250 (254); dersHandbuch des Wirtschaftsverwal-

30

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

Soweit Konzessionsabgaben indessen als speziell privatrechtliche Entgelte ausgestaltet sind bzw. von anderen Stimmen als sog. „eigentliche Konzessionsabgaben" 5 4 schon terminologisch auf den Bereich privatrechtlicher Entgelte beschränkt w e r d e n 5 5 , sind Verleihungsgebühren von diesen dagegen verschieden. Diese eigentlichen Konzessionsabgaben sind nicht Gegenstand der Untersuchung. N i c h t zu den hier untersuchten Anknüpfungspunkten gehören ferner die anläßlich einer Rechtsverleihung

bzw.

-gewährung anfallenden

Verwal-

tungsleistungen, etwa die Prüfung von Versagungsvoraussetzungen als Vorstufe zur Rechtsverleihung. Soweit das Konzept von der Verleihungsgebühr nach den eingangs erwähnten Belastungsgründen auch oder gar ausschließl i c h an die Rechtsverleihung anknüpft, soll Belastungsgrund bzw. tatbestandlicher Anknüpfungspunkt nur der „Rechtstransfer" 5 6 selbst sein, damit

tungs- und Umweltrechts, S. 382. Für Stober sind Konzessionsgebühren allerdings ein Beispiel der Verleihungsgebühr. 53 Ausdrücklich öffentlich-rechtlicher Charakter wird der Konzessionsabgabe beigemessen von Uffhausen, Die Benutzungsgebühr, S. 21. In öffentlich-rechtlichem Kontext verwenden den Terminus Konzessionsabgabe ferner Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 273, und Fischer-Menshausen, in: v. Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 GG, Rdn. 7. Im übrigen werden die Begriffe Verleihungsgebühr und Konzessionsabgabe auch häufig synonym verwandt, so etwa bei Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band 1, Allgemeiner Teil, S. 41; ders., Steuerrecht I, Allgemeiner Teil, S. 23; Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Band I, Stand: 79. Lfrg., § 3, Tz. 20; Maunz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 GG, Rdn. 15. Hendler, Zur rechtlichen Beurteilung von Umweltabgaben am Beispiel des „Wasserpfennigs", NuR 1989, 22 (24), hält Konzessionsabgaben und Verleihungsgebühr für vergleichbar. Unklar bleibt das Verhältnis von Konzessionsabgabe und Verleihungsgebühr bei Nicolay sen, Bewilligung und Förderabgabe nach dem BBergG, S. 35. 54 Begriff bei Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (25), Fn. 121. 55 Als privatrechtliche Entgelte werden Konzessionsabgaben angesehen von Kühne, Die Verfassungswidrigkeit des Verbots der Neueinführung von Konzessionsabgaben, BB 1987, 2032 (2033); Friauf, „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben, Festschrift Universität Köln, 679 (691), Fn. 79.; Petersen, Die gemeindlichen Konzessionsabgaben, S. 18, 57, 82ff.; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 42 I I b, S. 312. 56 Der Belastungsgrund der an die Rechtseinräumung anknüpfenden Verleihungsgebühr hätte, nach juristischem Sprachgebrauch möglicherweise naheliegender, anstatt mit »Rechtstransfer 4 auch als »Verleihungsafo' bezeichnet werden können, um anzudeuten, daß die rein faktische Übertragung einer Rechtsposition als Belastungsgrund der Verleihungsgebühr angesehen werden soll, während die rechtlichen Vorarbeiten zu dieser Übertragung (Erlaubnisprüfungen) außer Betracht bleiben. Von F. Kirchhof wird jedoch gerade der der Rechtseinräumung zugrundeliegende Verwaltungsvorgang als Bestandteil des „Verleihungsaktes" bezeichnet, wobei er sich sprachlich wohl von der Parallele Verleihungsakt - Verwaltungsakt hat leiten lassen; vgl. F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 30. So wie Kirchhof im übrigen

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren

31

eine Abgrenzung zur Verwaltungsgebühr und der Auslagenerstattung möglich bleibt. Zu erwähnen bleibt schließlich, daß die vorliegende Untersuchung sich allein auf die Frage nach der Umsetzung der Verleihungsabgabe in der Form der Gebühr konzentriert. Eine alternative abgabenrechtliche Einbettung vorgenannter Anknüpfungspunkte tritt demgegenüber in den Hintergrund.

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren Die Vielgestaltigkeit der im Zusammenhang mit der Verleihungsgebühr genannten Anknüpfungs- und Belastungsvarianten zeigt sich auch in der Abgabenwirklichkeit. Wenngleich die Verschiedenartigkeit der in der Literatur genannten Beispiele eine Reduzierung praktisch möglicher Verleihungsabgaben auf einen einzigen Grundgedanken nicht zu erlauben scheint, lassen sich doch neben teilweisen Übereinstimmungen in der tatbestandlichen Ausgestaltung vor allem gewisse Gemeinsamkeiten in der vom Abgabengesetzgeber verfolgten Zielsetzung erkennen. Auf diese Weise geben die Beispiele der Abgabenwirklichkeit zugleich Auskunft darüber, in welchen Situationen der Gesetzgeber typischerweise auf die Verleihungsidee zurückgreift. Die damit verbundene Vorstellung, daß der Gesetzgeber regelmäßig nicht auf die Verleihungsgebühr als »fertiges 4 Belastungsinstrument mit bereits festgelegten Anknüpfungspunkten und Ausgestaltungsmerkmalen zugreift, sondern sich zunächst lediglich von einer grundsätzlichen Stoßrichtung leiten läßt, dürfte im übrigen auch dem parlamentarischen Entscheidungsprozeß näherkommen. Der zwecksetzungskompetente Gesetzgeber bestimmt zunächst sein jeweiliges Gestaltungs- bzw. Finanzierungsziel und leitet aus diesem Gesetzeszweck geeignete Gestaltungsmittel ab, die er sodann nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Sachbereichs und nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes näher ausgestaltet. Auf diese Weise konkretisiert er auch das Verleihungskonzept unter Einfluß insbesondere von Geeignetheitserwägungen zu sehr unterschiedlichen Anknüpfungsvarianten. Für den Versuch der dogmatischen Bewältigung der Verleihungsgebühr sollte dieses Anlaß geben, den Begriff der Verleihungsgebühr nicht vorschnell auf die Belastung von Rechtsverleihungen einzuengen, sondern grundsätzlich offen zu bleiben auch für verleihungsnahe Anknüpfungen wie etwa das Gebrauchmachen von eingeräumten Rechten. auch Arndt y WiVerw 1990, 1 (26), Fn. 124. - Um keine terminologischen Widersprüche zu erzeugen, wird hier deshalb vom „(isolierten) Rechtstransfer" als Anknüpfungspunkt gesprochen.

32

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

Worin liegen also die konzeptionellen Dimensionen der Verleihungsabgabe aus Sicht des Abgabengesetzgebers? Die bereits erwähnten Anknüpfungsvarianten liefern auf diese Frage nun naturgemäß selbst gewisse Rückschlüsse: Wenn der Gesetzgeber etwa eine Abgabepflicht an die Verschaffung eines Rechts knüpft, so hat er das der Abgabepflicht zugrundeliegende Recht dem Abgabeschuldner entweder bisher vorenthalten oder es ihm zuvor entzogen. Dies deutet darauf hin, daß der Staat den fraglichen Sozialbereich nicht vollends der privaten Initiative der Grundrechtsträger überlassen will, sondern aus einem bestimmten öffentlichen Interesse heraus regulierend wirkt. 5 7 Auf die Rechtseinräumung erhobene Abgaben können in diesem Sinne als regulierungsannexe Abgaben bezeichnet werden und sollen zunächst betrachtet werden. Gerade hier findet sich offenbar ein Schwerpunkt von Anwendungsbeispielen für die Verleihungsgebühr. Andere Beispiele lassen sich dem Regulierungsparadigma hingegen nicht friktionsfrei zuordnen, sondern scheinen auch anderen gesetzgeberischen Motiven zu folgen. Sie sollen anschließend erörtert werden.

1. Regulierungsannexe Verleihungsabgaben Die Gesetzgebungspraxis versteht unter dem Begriff Regulierung die Durchführung staatlicher Maßnahmen zur Erreichung bestimmter ordnungspolitischer Zielvorstellungen, von denen man meint, sie würden unter den Bedingungen einer spontanen, deregulierten Ordnung nicht realisiert werden können. 58 Dabei erweist sich als zentraler Bestandteil von Regulierungen häufig die Beschränkung von Marktzutrittsrechten Privater. 59 Wird 57 Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 125, spricht in diesem Zusammenhang vom sog. „regulierenden Verbot" anstelle der üblichen Formulierung vom „repressiven Verbot". Das in Rede stehende Handeln solle nicht regelmäßig unterdrückt werden, sondern nur in begrenztem Umfang und unter besonderen Bedingungen zugelassen werden. 58 Vgl. BT-Drs. 13/3609, S. 36. Für den Bereich der Telekommunikation ist der Regulierungsbegriff in § 3 Nr. 13 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 25. Juli 1996 (BGBl. I, S. 1120) legaldefiniert worden. Danach sind Regulierung „ . . . Maßnahmen, die zur Erreichung der in § 2 Abs. 2 (TKG) genannten (Regulierungs)Ziele ergriffen werden und durch die das Verhalten der Telekommunikationsunternehmen beim Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen, von Endeinrichtungen oder von Funkanlagen geregelt werden, sowie die Maßnahmen, die zur Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Nutzung von Frequenzen ergriffen werden." 59 Peine definiert Regulierung dementsprechend als „Einschränkung des Geltungsbereichs des Wettbewerbsrechts" und stellt dieser Regulierung im engeren Sinne die Regulierung im weiteren Sinne gegenüber, womit er das Zusammenspiel zwischen Staat und Wirtschaft zur Schaffung eines Nebeneinander von autonomen Marktprozessen und staatlichen Reglementierungen umschreibt; vgl. ders., Grenzen der Privatisierung - verwaltungsrechtliche Aspekte, DÖV 1997, 354 (355).

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren

33

einzelnen dann ein Marktzutrittsrecht eingeräumt und für die Einräumung dieses Rechts eine Abgabe erhoben, so kommt der Abgabenerhebung für die Erreichung der Regulierungszwecke kein eigenständig sachregelnder Charakter mehr zu. Im Vordergrund steht allein die Vorteilsabschöpfung. Verleihungsabgaben, die im Gefolge regulierender Staatstätigkeit an die Einräumung von Marktzutrittsrechten geknüpft werden, können daher als regulierungsannexe Abgaben bezeichnet werden. Im Schrifttum spricht man insoweit auch von Konzessionsabgaben. Für Wieland ist der Bereich regulierungsannexer Abgaben der zentrale Einsatzbereich für Verleihungsgebühren. 60 Denn wo der Staat regulierend in marktliche Prozesse eingreift, weil die Verteilungs- und Handlungsergebnisse des unregulierten Marktgeschehens in irgendeiner Weise gesellschaftlichen („öffentlichen") Interessen zu widersprechen scheinen, kommt als Regulierungsinstrument nach Ansicht von Wieland insbesondere die „Konzessionierung" bestimmter Tätigkeiten aufgrund der Einräumung von Bewirtschaftungsvorbehalten in Betracht, der sich die Erhebung abschöpfender Abgaben auf erteilte Konzessionen anschließt. 61 Die Bewirtschaftungsvorbehalte selbst können dabei mehrfachen Zwecken dienen: Sei es, daß sie eine gerechte, sparsame und wirtschaftliche Verteilung knapper Güter sicherstellen und den ungebundenen individuellen Zugriff auf diese Güter durch eine an Kollektivinteressen orientierte, planende Zukunftsvorsorge ersetzen sollen 62 , sei es, um zum Schutze bestimmter Gemeinschaftsinteressen künstliche Knappheiten zu erzeugen 63 , oder sei es schließlich auch deshalb, um die Erreichung gesellschaftlich erwünschter Marktergebnisse (bestimmte Versorgungs- und Verteilungsziele) durch die Schaffung von Marktstrukturen zu bewirken, welche ihrerseits ein den erwünschten Marktergebnissen entsprechendes Marktverhalten begünstigen. 64 Bezogen 60 Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 295 ff., 306. Wieland bezeichnet nichtsteuerliche Konzessionsabgaben sogar als „Untergruppe der Verleihungsgebühren." 61 In diesem Sinne versteht Wieland unter der Konzessionierung ein Optimierungsverfahren zur Lösung „natürlicher", „wirtschaftlicher" oder „politischer" Knappheits- bzw. Bewirtschaftungsprobleme: Die Konzessionierung sei das angemessene Mittel, knappe Güter oder Erwerbsmöglichkeiten gerecht zu verteilen; vgl. ders., Die Konzessionsabgaben, S. 132 f. 62 Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 133, vgl. auch ders., Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 f. 63 Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 127, 131 f. 64 Das aus der ökonomischen Markt- und Wettbewerbstheorie bekannte Paradigma »Struktur-Verhalten-Ergebnis 4 kommt besonders deutlich im Telekommunikationsgesetz vom 25.07.1996 (BGBl. I, S. 1120) zum Ausdruck (vgl. BT-Drs. 13/ 3609, S. 33 ff.): Ziel des Gesetzes ist die Versorgung der Bundesrepublik mit qualitativ hochwertigen und kostengünstigen Telekommunikationsleistungen (Marktergebnis) durch Sicherstellung eines funktionsfähigen Wettbewerbs (Marktverhalten), 3 Drömann

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

34

auf diese Regulierungszwecke k o m m t der Erhebung einer Abgabe auf die Rechtseinräumung kein Regulierungscharakter zu. D i e Abgabeerhebung ist lediglich regulierungsannexe Abschöpfung. D i e i m Schrifttum genannten Beispiele von Verleihungsgebühren i n der Abgabenwirklichkeit können ein solches Vorstellungsbild von der Verleihungsabgabe w e i t h i n bestätigen. Die von einigen S t i m m e n 6 5

beispielhaft

erwähnte bergrechtliche Förderabgabe gem. § 31 B B e r g G 6 6 etwa ist

im

Zusammenhang m i t dem bergrechtlichen Zulassungssystem der Erteilung von Erlaubnissen und B e w i l l i g u n g e n zu sehen. Dieses ersetzt den privaten Verwertungszugriff auf nicht beliebig erneuerbare Ressourcen durch ein an öffentlichen Interessen orientiertes Verteilungsverfahren und bringt konkurrierende

Verwendungsansprüche Privater untereinander sowie Vorsorgemo-

tive der Allgemeinheit z u m A u s g l e i c h . 6 7 Bezogen auf diesen Regelungs-

wozu ein bisher bestehendes Staatsmonopol aufgelöst und - im Wege der Lizenz ein Marktzutrittsrecht an eine Vielzahl von Anbietern vergeben wird (Veränderung der Marktstruktur). Um das angestrebte Marktergebnis i.S.v. § § 1 , 2 T K G zu erreichen, sieht das Gesetz flankierende Eingriffe in das Marktverhalten marktbeherrschender Unternehmen zum Schutze eines funktionsfähigen Wettbewerbs durch „Regulierung" (§ 3 Nr. 13 TKG) vor. 65 Siehe etwa F. Kirchhof\ Grundriß des Abgabenrechts, S. 8, Rdn. 13; Trzaskalik, Der instrumentelle Einsatz von Abgaben, StuW 1992, 135 (144); Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 23, Fischer-Menshausen, in: v. Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, Art. 105, Rdn. 7, und zwar als Beispiel für eine „Konzessionsabgabe"; Maunz, in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 107 GG, Rdn. 53 a.E., und zwar speziell hinsichtlich des Förderzinses des Landes Niedersachsen auf die Erdöl- und Erdgasgewinnung als „Konzessionsabgabe". Schon Wilke (Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 50) hielt die Überlassung von Bodenschätzen und anderer Vermögenswerte grundsätzlich für gebührenfähig. Ob die bergrechtliche Förderabgabe in ihrer Ausgestaltung gem. § 30 BBergG zu Recht als Beispiel für eine Verleihungsgebühr angesehen wird, ist allerdings umstritten. Zum Streitstand siehe im Zusammenhang mit der Erörterung des (ersten) bundesverfassungsgerichtlichen Urteils zum Finanzausgleich (BVerfGE 72, 330 ff.) in Gliederungspunkt Β I I 1. 66 In der Fassung der Bekanntmachung vom 13. August 1980, BGBl. I, S. 1310 (1320). Auch die bergrechtliche Förderabgabe kann sich auf geschichtliche Vorläufer berufen. Zur Geschichte des bergrechtlichen „Regaliensystems" siehe ausführlich Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 54ff.; P. Kirchhof\ Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 71 ff.; Kühne, Die Förderabgabe im Schnittpunkt von Bergrecht und Finanzverfassungsrecht, DB 1982, 1693 f.; Karpen, Die Förderabgaben nach dem Bundesberggesetz im bundesstaatlichen Finanzausgleich, AÖR 109 (1984), 417 (419 ff.). 67 Vgl. zur Gesetzesbegründung BT-Drs. 8/1315, S. 1, 67ff: Bodenschätze gehörten zu den „lebenswichtigen Grundlagen" einer Volkswirtschaft und seien als Rohstoffe und Betriebsmittel für weite Bereiche der volkswirtschaftlichen Produktion unentbehrlich. Weil Bodenschätze durch menschliche Maßnahmen nicht vermehrbar

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren

35

zweck ist die Abgabe, i n der Gesetzesbegründung ausdrücklich als „öffentlich-rechtliche Verleihungsgebühr" bezeichnet, 6 8 lediglich Folge der v o m Staat i n Ausübung seines Bewirtschaftungsermessens

gewährten Ausbeu-

tungsmöglichkeit und trägt insoweit den Charakter einer regulierungsannexen Abgabe. Die Abgabepflicht selbst w i r d nach dem Wortlaut der tatbestandlichen A n k n ü p f u n g ausgelöst durch die Gewinnung bzw. M i t g e w i n nung bergfreier Bodenschätze aus dem B e w i l l i g u n g s f e l d 6 9 und liefert daher ein Beispiel für die tatbestandliche Anknüpfung an die Ausübung eines eingeräumten R e c h t s . 7 0 A u c h die von weiteren Stimmen als Beispiele für Verleihungsgebühren genannten Sondernutzungsgebühren 7 1 für die besondere Inanspruchnahme seien, gewännen zunehmend staatliche Vorkehrungen zur Erzielung von „Versorgungssicherheit" Bedeutung. 68 BT-Drs. 8/1315, S. 95. 69 Vgl. § 31 Abs. 1 S. 1 BBergG, BGBl. I 1980, 1310 (1320). 70 Im Ganzen scheint das BBergG die Förderabgabge durch die Art ihrer tatbestandlichen Ausgestaltung konsequent an der Verleihungsgebühr als Abgabe auf das Gebrauchmachen von der Berechtigung auszugestalten, indem es das Gebrauchmachen eng als „wirtschaftliche Nutzung" definiert. Anders ist nicht zu erklären, daß gem. § 31 Abs. 1 S. 3 BBergG von der Verpflichtung zur Zahlung einer Förderabgabe abgesehen werden soll, „ . . . soweit die Bodenschätze ausschließlich aus gewinnungstechnischen Gründen gewonnen und nicht wirtschaftlich verwertet werden." Der Gesetzgeber hatte dabei u. a. das Beispiel der Erdölförderung im Blick, bei der zwangsläufig Gase mitgefördert, abgefackelt oder der Lagerstätte wieder zugeführt, nicht aber selbst verwertet werden; vgl. BT-Drs. 8/1315, S. 96. Diese Ausgestaltung zeigt, daß der Gesetzgeber nur tatsächlich gezogene Nutzungen bzw. verwertete Vorteile abschöpfen, d. h. letztlich nur die Ausübung der verliehenen Befugnis belasten will. Ursprünglich war in dem Regierungsentwurf daher auch vorgesehen worden, daß die Freistellung von der Abgabepflicht auch beim Herstellen von Untergrund- bzw. Kavernenspeichern in Salzstöcken erfolgen solle, wenn diese bspw. zu der im öffentlichen Interesse liegenden Bevorratung von Mineralöl und Mineralölerzeugnissen angelegt werden und das bei ihrer Errichtung anfallende Salz nicht verwertet, sondern bspw. dem Meer zugeleitet werde; vgl. BT-Drs. 8/1315, S. 96. Der Bundesrat widersetzte sich diesem Vorschlag mit dem Hinweis, schon aus Gründen der Gleichbehandlung müsse für ausgesoltes Salz in jedem Falle ein Förderzins gezahlt werden, und zwar unabhängig davon, ob es verwertet werde oder nicht. Der Betroffene müsse sich darüber im klaren sein, daß er einen nutzbaren Bodenschatz gewinnt, den er in der Regel grundsätzlich auch verwerten solle (BT-Drs. 8/1315, Anlage 2, S. 177). Diese Position des Bundesrates steht der Abgabeerhebung auf die bloße Rechtseinräumung ungeachtet späterer Verwertungshandlungen näher und scheint der Abgabe zumindest ansatzweise auch eine bestimmte Lenkungsfunktion zuzuschreiben. Wie § 31 Abs. 1 S. 4 BBergG zeigt, ist die vom Bundesrat angeregte Fassung Gesetz geworden, wonach der Verwertungsgrundsatz des S. 3 (nur) im Falle der Errichtung von Untergrundspeichern durchbrochen wird. 71 F. Kirchhof,\ Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (556) sieht im Recht der Sondemutzungen „die Domäne" von Verleihungsgebühren. Zur Begründung führt er an anderer Stelle aus, die Einräumung eines Nutzungsrechts an der Straße sei eine individuell zurechenbare Leistung des Staates, welches



36

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

des knappen Verkehrsraums Straße stehen i m Zusammenhang m i t einem staatlich regulierten Verteilungsverfahren, und zwar demjenigen nach dem Bundesfernstraßengesetz sowie den Landesstraßen- bzw. -wegegesetzen. A n die Verteilung knapper Verkehrsflächen anküpfend, könnte ein potentielles Anwendungsgebiet der Verleihungsgebühr des weiteren i n den zuletzt verstärkt diskutierten abgabenrechtlichen M o d e l l e n zur Eindämmung des Individualverkehrs

gesehen werden. E i n v o m Rat der Sachverständigen

Umweltfragen

vorgeschlagenes

Abgabenkonzept

für

den

für

Straßenverkehr

etwa sah vor geraumer Zeit vor, die Verteilung knapper Verkehrswege

-

z . B . Innenstadtbereiche oder hochbelastete Autobahnabschnitte - m i t sog. Rationierungsabgaben

bzw.

Knappheitsabgaben

zu l e n k e n . 7 2

Schon

der

B e g r i f f Rationierungsabgabe bewirkt Assoziationen dahingehend, daß es auch hier u m die Zuteilung knapper Güter (Verkehrsflächen) auf

rivalisie-

rende Nutzungsansprüche geht und daß demjenigen, dem ein Nutzungsrecht unter Ausschluß von Mitbewerbern eingeräumt wird, hierfür grundsätzlich auch eine Verleihungsabgabe w i r d auferlegt werden k ö n n e n . 7 3 dem Antragsteller nach den geltenden Straßengesetzen durch die zuständige Behörde in Form einer Sondernutzungserlaubnis gesondert gewährt werden müsse; vgl. ders., Die Höhe der Gebühr, S. 34. Daß Kirchhof die Sondernutzungsgebühr dennoch als „Benutzungsgebühr" einordnet, begründet er mit dem Fehlen der Verleihungsgebühr in den einfachgesetzlichen Gebührenregelungen. Würde die Verleihungsgebühr in den einfachen kommunalen Abgabegesetzen berücksichtigt, läge eine solche vor, vgl. a.a.O., S. 34, Fn. 13. Wie F. Kirchhof: Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 22 (zu § 8 Abs. 3 BdFernStrG), Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 202, die Einräumung eines Nutzungsrechts als „causa" bezeichnend, sowie Uffhausen, Die Benutzungsgebühr, S. 21 f., den klassischen Anwendungsbereich der Verleihungsgebühr bzw. Konzessionsabgabe dort sehend, wo Monopolrechte oder besondere Nutzungsrechte an unter öffentlicher Sachherrschaft stehenden Sachen vergeben werden. Gegen die Annahme einer Verleihungsgebühr im Falle von Sondernutzungen jedoch Friauf\ Verleihungsgebühren als Finanzierungsinstrumente für öffentliche Aufgaben?, Festschrift Universität Köln, 679 (691). 72 Vgl. dazu Selmer/Brodersen, Rechtliche Probleme der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren, S. 1 f. 73 Damit befinden sich entsprechende Ausgestaltungen des „electronic road pricing" - Begriff bei Selmer/Brodersen, Rechtliche Probleme der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren, S. 2 - durchaus im Anwendungsbereich auch der Verleihungsgebühr, soweit die Verleihungsgebühr - wie von einigen Stimmen vertreten - auch mit der Anknüpfung an die Nutzung von Rechten Bestand hat. Unter diesem Blickwinkel nicht ohne weiteres nachvollziehbar bleibt daher die Feststellung, daß das Institut der Verleihungsgebühr im Zusammenhang mit Abgaben auf die Nutzung von Straßen „ . . . schon von seinen tatsächlichen Voraussetzungen her ausgeschieden werden kann", so Selmer/Brodersen, Rechtliche Probleme der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren, S. 13 f. - Inwieweit die Verleihungsgebühr, sollte man sie entgegen dieser Auffassung sehr wohl als potentielles Instrument zur Lenkung der Straßenbenutzung in Beträcht ziehen, an der finanzverfassungsrechtlichen Unbe-

37

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren

Andere Stimmen übertragen den Gedanken der Knappheitsbewältigung durch staatliche Verteilungsarrangements bzw. Regulierung von den bereits genannten Bodenschätzen auf natürliche Umweltressourcen

wie

Wasser,

L u f t , Boden oder unverbrauchte L a n d s c h a f t 7 4 und sehen hier - eine entsprechende Ausgestaltung des bereichsspezifischen

Rechtsregimes

vorausge-

setzt 7 5 - ebenfalls einen Anwendungsfall der Verleihungs- 7 6 bzw. der Ressourcennutzungsgebühr. 7 7 Was speziell die Nutzung von L u f t als Aufnahmemedium für Schadstoffe anbetrifft, w i r d ein weiterer Anwendungsfall für Verleihungsgebühren ferner i m Zusammenhang m i t der Vergabe von Verschmutzungsrechten

im

Rahmen

sog. Z e r t i f i k a t m o d e l l e 7 8

genannt.79

In

Gestalt der m i t der Vergabe von Belastungszertifikaten verbundenen Festledenklichkeit von „Straßenbenutzungsgebühren" teilnehmen würde, ob insbesondere Art. 74 Nr. 22 GG („Erhebung und Verteilung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen") auch Verleihungsgebühren in seine „eigene Abgabenerhebungskompetenz" (so Selmer/Brodersen, Rechtliche Probleme der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren, S. 17) mit einbezieht, bedürfte vertiefter Untersuchung; vgl. hierzu auch Selmer/Brodersen, a.a.O., S. 19ff. 74 Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 127 f.; der s., Konzessionen und Konzessionsabgaben, WUR 1991, S. 128 f. 75 Zu Recht machen Bender/Sparwasser/Engel (Umweltrecht, S. 59, Rdn. 152) darauf aufmerksam, daß die Erhebung von Gebühren auf die Nutzung von Luft zunächst eine Ergänzung des immissionsschutzrechtlichen Zulassungsanspruchs um ein Versagungsermessen bzw. eine der Vorschrift des § 1 WHG entsprechende Regelung voraussetzen würde. In der Sache ebenso Sanden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „Wasserpfennig-Entscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (184), sowie v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1064 f.). 76 So Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, S. 59, Rdn. 152, und zwar von der Möglichkeit einer Verleihungsgebühr auf die „Nutzung" von Boden, Luft oder Grundwasser sprechend und die Verleihungsgebühr auf Nutzungen offenbar mit der „Ressourcennutzungsgebühr" gleichstellend. 77 Murswiek, Ein Schritt in Richtung auf ein ökologisches Recht, N V w Z 1996, 417 (421). 78 Sog. Zertifikatmodelle streben Umweltschutz durch die Steuerung von Belastungshöchstmengen an: Eine staatliche Behörde legt die Gesamtbelastungsfähigkeit eines Ökosystems (z.B. eines Flusses) fest und stückelt die Gesamtbelastungsmenge in Teilmengen auf, die sie, in Belastungszertifikaten verbrieft, an einzelne Verschmutzer ausgibt. Die Zertifikatinhaber können ihre Verschmutzungsrechte an einer imaginären „Umweltbörse" handeln und bei freier Kursbildung veräußern; vgl. Kloepfer, Zu den neuen umweltrechtlichen Handlungsformen des Staates, JZ 1991, 737 (742); ders., Umweltschutz und Wettbewerb, UPR 1981, 41 (48); Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, S. 154; zu den Zertifikatmodellen siehe auch Feldhaus, Marktwirtschaft und Luftreinhaltung, DVB1. 1984, 552 (553 f.); Schachel, Instrumente des Umweltschutzes, NuR 1982, 206 (208); Rusch, Ordnungspolitik versus Abgabenpolitik im Umweltrecht, in: Jakob/Zugmaier (Hrsg.), Umweltabgaben als Rechtsproblem, 31 (47 ff.). Zu den mit den Zertifkatmodellen für die Nutzung von Luft im Zusammenhang stehenden „bubble-Ansätzen" siehe Böhm, Das Abgabenrecht als

38

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

gung limitierender Gesamtbelastungsmengen durch die zuständige Behörde kommt auch hier der Bezug der Verleihungsgebühr zu regulierender Staatstätigkeit deutlich zum Ausdruck. Die häufig als Beispiel für Verleihungsgebühren erwähnte Spielbankabgabe 80 sowie die Schankerlaubnissteuer 81 fügen sich ebenfalls in das Bild Mittel des Umweltschutzes, IUR 1991, 177 (180), sowie Benken, Neue Strategien der Umweltpolitik in den USA, NuR 1983, 295 (297). 79 So Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 382. Ob sich die unter dem Schlagwort Zertifikatmodell verbergenden Verwaltungsvorgänge in der Tat als Anwendungsfall der Verleihungsgebühr darstellen, bedarf freilich differenzierter Betrachtung. Stellt man auf den Handel der Verschmutzungszertifikate unter den Marktteilnehmern an der „Umweltbörse" ab, so dürften sich eher Ansatzpunkte für eine steuerliche Belastung dieses Zertifikathandels ergeben; so wohl auch P. Kirchhof, Artikel Abgabe, in: HdUR, I. Band, Sp.21 (29); ders., Verkehrspolitik im Lichte des deutschen Verfassungrechts, DRiZ 1995, 253 (256), hier mit grundsätzlicher Kritik an einer Abgabeerhebung auf Belastungszertifikate (Verdrängung von weniger finanzstarken Kleinproduzenten); sowie Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 19. Zur Anwendbarkeit des Verleihungskonzepts auf Zertifikatmodelle ist anzumerken, daß zumindest die Erstausstattung des Marktes mit Belastungszertifikaten als Anknüpfungspunkt für die Erhebung einer Verleihungsgebühr in Betracht zu kommen scheint. Dem entspricht es, wenn Zertifikatmodelle in der Literatur auch dahin umschrieben werden, daß sie die „Schaffung privater Rechte an öffentlichen Umweltgütern" bewirkten, so Kloepfer, Umweltschutz und Wettbewerb, UPR 1981, 41 (45). Mit dieser Rechtsverleihung wäre ein von der Verleihungsgebühr erfaßbarer Belastungsgrund im Ansatz gegeben. Gegen die Erhebung einer Verleihungsgebühr anläßlich der Erstausstattung des Marktes mit Verschmutzungsrechten allerdings Manssen, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einer ökologischen Steuerreform, UTR 36 (1996), 137 (144ff.). Da Manssen auch die Erhebung von Benutzungs-, Verwaltungsgebühren und Steuern ausschließt, kommt seiner Ansicht nach allenfalls die Erhebung einer Sonderabgabe in Betracht. 80 So etwa bei Wolff/Bachof\ Verwaltungsrecht I, § 42 I I b, S. 312; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 273; F. KirchhofGrundriß des Abgabenrechts, S. 8, Rdn. 13; Trzaskalik, Der instrumenteile Einsatz von Abgaben, StuW 1992, 135 (144). Friauf bezweifelt allerdings den „Kronzeugencharakter" der Spielbankabgabe für die Existenz einer Verleihungsgebühr und neigt mit Blick auf die Benennung der Abgabe in der Steuerverteilungsnorm des Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG („Abgaben von Spielbanken") zur Annahme einer Steuer; vgl. ders., Verleihungsgebühren als Finanzierungsinstrumente für öffentliche Aufgaben?, Festschrift Universität Köln, 679 (689 f.); ähnlich Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 273 f. In der Rechtsprechung wird die Einordnung von Spielbankabgaben als Steuer nicht mehr in Zweifel gezogen; vgl. Selmer, Rechtsnatur der Spielbankabgabe und der Troncabgabe, JuS 1996, 166 f., zu einem Urteil des BFH vom 08.03.1995 betreffend die Troncabgabe nach dem niedersächsischen Gesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken. - Gleiches gilt für Abgaben auf das Aufstellen von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit; vgl. Fleischer, Verfassungsmäßigkeit der Spielgerätesteuer, Besprechung von BFH vom 26.06.1996 (II R 47/95) betreffend das hamburgische Spielgerätesteuergesetz, SteuerStud 1997, 171. 81 Zum Meinungsstand über die Rechtsnatur der Schankerlaubnissteuer siehe Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 270ff. Im Gegensatz zur überwiegenden Ein-

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren der Verleihungsgebühr

als Regulierungsannex

39

ein. I m Veranstalten

von

Glücksspielen sowie i m Ausschank v o n A l k o h o l werden tendenziell sozialschädliche Betätigungen e r b l i c k t , 8 2 deren ausschließlich marktvermitteltes Aktivitätsniveau dem öffentlichen

Interesse zuwiderliefe

und daher

zur

Erzeugung künstlicher Knappheiten z w i n g t . 8 3 A u c h hier ist die Erhebung der Abgabe nicht eigentliches Sachziel, sondern folgt aus der ausnahmsweisen Gewährung einer Sonderstellung. Wendet man den B l i c k schließlich auf staatliche Eingriffe, die der Schaffung oder Erhaltung bestimmter Marktstrukturen dienen, so gelangt man zu jenen Abgaben, die v o n den Abgabepflichtigen für die Gewährung einer marktbeherrschenden

oder zumindest geschützten Marktstellung

erhoben

w e r d e n . 8 4 I n diesem Bereich kann das sog. Lizenzentgelt nach dem Landesabfallgesetz Nordrhein-Westfalens ( L A b f G N W ) 8 5 angesiedelt werden, das von einigen Stimmen ebenfalls als praktischer Anwendungsfall der Verleihungsgebühr bezeichnet w i r d . 8 6 V o m Oberverwaltungsgericht Münster gem. Ordnung der Abgabe als Steuer betrachtet Wieland die Abgabe unter Berufung auf das zur Schankerlaubnissteuer ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 13, 181) als Vorzugslast, vgl. ders.y a.a.O., S. 201. Zu BVerfGE 13, 181 siehe auch Gliederungspunkt Β I I 1. 82 So ausdrücklich das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der öffentlichen Aufgabe der Eindämmung des illegalen Glücksspiels; vgl. BVerfGE 28, 119 (148). 83 Wieland y Die Konzessionsabgaben, S. 127, 131 f. 84 Hiervon zu unterscheiden ist die Situation, die Wieland mit dem Begriff der sog. natürlichen Monopole im Auge hat; vgl. ders. y Die Konzessionsabgaben, S. 127, 129 ff. Wieland siedelt derartige Monopole vor allem im Bereich der Versorgung mit Leistungen der Daseinsvorsorge an (Wasser, Abwasser, leitungsgebundene Energien wie Erdgas, Fernwärme und Strom, Telekommunikation, schienengebundene Verkehrsnetze). In diesen Bereichen fördern die tatsächlichen Produktionsgegebenheiten die Bildung monopolistischer Marktstrukturen. Entsprechende Bereiche seien regulierungsbedürftig, damit der Inhaber eines natürlichen Monopols dieses nicht zur Durchsetzung von Monopolpreisen ausnutzen kann. Im Sinne einer Optimalversorgung der Bevölkerung regulierten die Gebietskörperschaften daher den Zugang zu natürlichen Monopolen und schöpften den mit der Zulassung verbundenen Vorteil durch Konzessionsabgaben ab. Als privatrechtliche Entgelte verlassen derartige Konzessionsabgaben den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit zwar. Betrachtet man allerdings die typischen Gegenleistungen für privatrechtlich gezahlte Konzessionsabgaben, nämlich die Einräumung von Wegerechten sowie den Verzicht der Gebietskörperschaft auf eine anderweitige, unter Umständen eigene Versorgung des Gemeindegebiets, dann wird deutlich, daß auch hier die Einräumung einer geschützten Marktposition entgolten wird. In dieser Weise werden Konzessionsabgaben bspw. definiert von BVerfGE 86, 148 (226); Kühney Die Verfassungswidrigkeit des Verbots der Neueinführung von Konzessionsabgaben, BB 1987, 2032 (2033); sowie Petersen, Die gemeindlichen Konzessionsabgaben, S. 18, 57. 85 Zu Charakterisierung und Entstehungsgeschichte des Lizenzentgeltmodells nach dem LAbfG NW siehe Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 19 ff., sowie Wielandy Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (129 f.).

40

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

Art. 100 G G wegen Überschreitung von Landesgesetzgebungskompetenzen (Art. 72 Abs. 1 G G ) dem Bundesverfassungsgericht v o r g e l e g t , 8 7 bestimmt das L A b f G N W i n § 10 Abs. 1 Satz 1, daß der Einräumung einer Lizenz bedarf, wer Abfälle behandeln oder ablagern möchte, welche die entsorgungspflichtigen Körperschaften nach § 3 Abs. 3 A b f G (Bd.) von ihrer Entsorgungspflicht

ausgeschlossen haben. 8 8 Für die Nutzung dieser

Lizenz

w i r d gem. § 11 Abs. 1 L A b f G N W beim Lizenznehmer ein sog. Lizenzentgelt erhoben, dessen Höhe sich nach einer auf der Grundlage von § 11 Abs. 2 L A b f G

N W erlassenen LizenzentgeltVO

richtet.89

Obgleich das

Lizenzentgelt des § 11 Abs. 1 L A b f G N W i m Gesetzesentwurf der Landesregierung damit begründet wird, daß das Entgelt für die Erteilung

der

Lizenz erhoben w e r d e 9 0 und i n diesem Sinne als „Gegenleistung" ausdrückl i c h die Zulassung z u m staatlichen Monopolbereich bezeichnet wird, knüpft der gesetzliche Tatbestand unzweideutig an die Nutzung

86

der Lizenz an und

So etwa bei Friauf\ „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben? Festschrift Universität Köln, 679 (681), der selbst allerdings der Einordnung des Lizenzentgelts als Sonderabgabe zuneigt; vgl. a.a.O., 679 (696 ff.). Auch Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 178 ff. prüft das Vorliegen einer Verleihungsgebühr, verneint diese aber im Falle des Lizenzentgelts und nimmt statt dessen eine (unzulässige) Sonderabgabe an; vgl. a.a.O., S. 198ff.; ebenso Breuer, Umweltschutzrecht, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 489, Rdn. 97. Wieland hält das Lizenzentgelt nach § 11 LAbfG N W dagegen für eine Verleihungsgebühr; vgl. ders. y Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (129f., 133f.). Ebenso Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 346ff., 348. 87 OVG Münster, Beschluß vom 23. Januar 1996, Az. 20 A 2865/94, abgedruckt in ZUR 1996, 208 ff. Das OVG vertritt die Ansicht, daß die Lizenzpflicht nach § 10 Abs. 1 S. 1 LAbfG N W gegen Art. 72 Abs. 1 i.V.m Art. 74 Nr. 24 GG verstößt, weil der Bundesgesetzgeber mit dem Abfallgesetz 1986 den von § 10 LAbfG N W erfaßten Regelungsbereich lückenlos geregelt und eine durch den Landesgesetzgeber auszufüllende Regelungslücke nicht hinterlassen habe. Zur Frage nach der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Lizenzpflicht hat das Gericht dagegen ebensowenig Stellung genommen wie zu Fragen der Zulässigkeit und Einordnung des Lizenzentgelts. - Die Gegenposition zum OVG Münster nimmt Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 35Iff. ein, allerdings ohne Auseinandersetzung mit dem obengenannten Beschluß. 88 Vgl. § 10 Abs. 1 S. 1 LAbfG NW vom 21. Juni 1988 (GV S. 250), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.12.1993 (GV S. 987). Hiervon zu unterscheiden ist der von F. Kirchhof unterbreitete Vorschlag, im Bereich des Abfallrechts auch die sog. Eigenentsorger zu belasten. Da die Verleihung des Rechts, den Abfall selbst zu entsorgen, zugleich die Befreiung von der Pflicht beinhalte, den Abfall im Sinne von § 3 Abs. 1 AbfG einem kommunalen Entsorger zu überlassen, liege eine Rechtsübertragung vor, die durch Erhebung einer Verleihungsgebühr erfaßbar sei; vgl. F. Kirchhof Umweltabgaben im Abfallwesen, DVB1. 1994, 1101 (1104). 89 Verordnung über die Festsetzung der Lizenzentgelte nach dem Landesabfallgesetz (Lizenzentgeltverordnung) vom 8. Juni 1989, GV S. 334. 90 LT-Drs. 10/2613, S. 42.

41

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren kennzeichnet

der

Regierungsentwurf

„Nutzungsgebühr".

die

Abgabe

dementsprechend

als

91

A u c h das Lizenzentgelt kann von der Gesamtkonzeption des Gesetzes her als regulierungsannex insofern bezeichnet werden, als das L A b f G

NW

m i t der Einführung des Lizenzsystems vorrangig die langfristige Gewährleistung von Entsorgungssicherheit

bezweckt und eben dazu den m i t

der

Lizensierung verbundenen „ K o n k u r r e n t e n s c h u t z " 9 2 einrichtet. D i e m i t dem Regulierungsziel Entsorgungssicherheit einhergehende Festigung der M a r k t stellung zugelassener Entsorgungsbetriebe

bezeichnet der

Regierungsent-

w u r f dagegen ausdrücklich als „ N e b e n w i r k u n g " , welche durch die Erhebung der Abgabe wieder ausgeglichen werden s o l l . 9 3 Insoweit unterscheidet sich das L A b f G N W auch maßgeblich v o m Telekommunikationsgesetz, das zwar m i t der Lizenzerteilung (§ 6 T K G ) sowie der Frequenzzuteilung (§ 47 TKG)

ebenfalls

potentiell knappe Marktzutrittsrechte

verteilt,

auf

eine

Abschöpfung von Vorteilen aber verzichtet. 9 4 91

LT-Drs. 10/2613, S. 42. - Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 347 f., spricht dieser tatbestandlichen Fassung typenprägenden Einfluß ab und betrachtet als tatbestandlichen Anknüpfungspunkt des Lizenzentgelts die Erteilung der Lizenz. Die Ausübung des erteilten Entsorgungsrechts schließt er als zulässigen Anknüpfungspunkt aus; vgl. a.a.O. S. 226f., 348. Ob diese Reduktion des möglichen Anknüpfungspunktes von Verleihungsgebühren auf die Rechtsverleihung zwingend ist, erscheint allerdings fraglich. 92 LT-Drs. 10/2613, S. 2. 93 LT-Drs. 10/2613, S. 43. 94 Im einzelnen sind die einschlägigen Bestimmungen des T K G durchweg als verleihungsfeindlich zu bezeichnen: § 16 Abs. 1 T K G („Lizenzgebühr") regelt, daß Lizenzen „gegen Gebühr" erteilt werden und verweist insoweit auf das Verwaltungskostengesetz des Bundes, nach dessen Bestimmungen der Bundesminister für Post und Telekommunikation im Verordnungswege gebührenpflichtige Tatbestände, die Höhe der Gebühr und die Erstattung von Auslagen regeln kann. Eine Ermächtigung zur Erhebung von Verleihungsgebühren wird man hierin nicht sehen können, was schon am Gesetzeswortlaut dadurch deutlich wird, daß die Lizenzgebühr nicht für die Erteilung der Lizenz, sondern umgekehrt die Lizenz „gegen Gebühr" vergeben wird. Die Gesetzesbegründung zum entsprechenden § 15 des Regierungsentwurfs verweist insoweit ausschließlich auf die Erhebung von Verwaltungsgebühren; vgl. BT-Drs. 13/3609, S. 40. Die von Schacke/Rosin geäußerte Sorge, daß der Bund sich „Milliardeneinnahmen aus Telefonlizenzen" verschaffen wird, erscheint daher jedenfalls als Sorge vor der Erhebung einer abschöpfenden Vefleihungsgebühr als unbegründet; vgl. dies., Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung der unentgeltlichen Benutzung öffentlicher Verkehrswege für Telekommunikationslinien, DVB1. 1997, 471 (478), Fn. 63. Die Erhebung von Verleihungsgebühren auf der Grundlage von § 16 Abs. 1 TGK dürfte im übrigen nicht zuletzt auch daran scheitern, daß das Anbieten von Telekommunikationsleistungen durch die Neuregelung des T K G vom staatlichen Monopolbereich in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG überführt wurde, dem Lizenzerwerber also nunmehr ein gebundener Anspruch auf Lizenzerteilung zusteht; vgl. hierzu Spoerr/Deutsch, Das Wirtschaftsverwaltungsrecht der Telekommunikation - Regulierung und Lizenzen als neue Schlüssel-

42

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr Weitere i n der Literatur genannte Abgabenbeispiele indessen fügen sich

nicht friktionsfrei i n die Vorstellung der Verleihungsgebühr als spezielles Regulierungsannex ein, sondern zeigen, daß hier allenfalls ein Schwerpunkt für den Einsatz der Verleihungsgebühr auszumachen ist, die Verleihungsgebühr i n der Gesetzgebungspraxis i m übrigen aber auch anderen Z w e c k e n dienen s o l l . 9 5 Dies w i r d besonders deutlich an den nachfolgend zu erörternden Wasserentnahmeentgelten.

2. Internalisierungsabgaben, insbesondere Wasserentnahmeentgelte I n den letzten Jahren besonders i m B l i c k p u n k t standen die sog. Wasserzinsen bzw.

Wasserentnahmeentgelte, 9 6

die

im

Anschluß

an den

sog.

begriffe des Verwaltungsrechts?, DVB1. 1997, 300 (307). - Eine Ermächtigung zur Erhebung von Verleihungsgebühren wird man im Ergebnis schließlich auch nicht dem Wortlaut des § 48 TKG betreffend die Erhebung von Frequenzgebühren entnehmen können. Da die Benutzung öffentlicher Verkehrswege für Telekommunikationslinien nach der umstrittenen Regelung des § 50 Abs. 1, 2 T K G unentgeltlich ist (siehe dazu etwa die Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drs. 13/4438, S. 15f.) und auch insoweit ein Anknüpfungspunkt für Verleihungsabgaben fehlt, verbleibt als finanzverfassungsrechtlich eigentlich interessante Norm des T K G lediglich die Bestimmung des § 21 betreffend die Erhebung einer sog. Universaldienstleistungsabgabe, die der Gesetzgeber als „Sonderabgabe" ausgestaltet hat (siehe BT-Drs. 13/ 3609, S. 41). 95 Meßerschmidt etwa betrachtet als möglichen Anwendungsfall der Verleihungsgebühr auch die sog. naturschutzrechtliche Ausgleichsabgabe nach dem BadenWürttembergischen Naturschutzgesetz; vgl. ders., Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (932). Zu den hierzu ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts siehe in diesem Abschnitt unter I I 2. - Andere nennen Abgaben im Bereich des Fernmelde- und Rundfunkrechts. Friauf etwa nennt sog. Veranstalterabgaben sowie Anbieterabgaben nach den Landesrundfunkgesetzen und bezieht sich dabei unter anderem auf § 51 des niedersächsischen Landesrundfunkgesetzes a.F., heute geregelt in § 64 Abs. 3 des Niedersächsischen Landesrundfunkgesetzes (LRG) vom 9. November 1993 (GVB1. S. 523); vgl. ders., Verleihungsgebühren als Finanzierungsinstrumente für öffentliche Aufgaben?, Festschrift Universität Köln, 679 (692). - Schließlich ist hier die Rundfunkgebühr zu nennen, die das OVG Hamburg früher bereits als Konzessionsabgabe bezeichnet hatte - Urteil vom 10.07.1956 (Az.III 11/56), DVB1. 1957, 87 (68) - und die teilweise auch im neueren Schrifftum noch als Verleihungsgebühr bzw. Konzessionsabgabe bezeichnet wird; so etwa bei Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, Allgemeiner Teil, S. 41. Andere meinen dagegen, dieser Einordnung der Rundfunkgebühr sei die Basis zwischenzeitlich entzogen und verweisen insoweit auf BVerwGE 29, 214 (215 f.), so etwa Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 212f., und Friauf\ Verleihungsgebühren als Finanzierungsinstrumente für öffentliche Aufgaben?, Festschrift Universität Köln, 679 (692). 96 Die Terminologie ist uneinheitlich. Der Bundesgesetzgeber vertrat zwar bereits frühzeitig die Ansicht, daß es sich bei dem „Wasserzins" seit seiner Erwähnung im Staatsvertrag betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich vom 29. Juli 1921 (RGBl. S. 961) um einen feststehenden Rechtsbegriff han-

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren

43

baden-württembergischen Wasserpfennig 97 inzwischen in der Mehrheit der Länder eingeführt sind 9 8 und die gebührenrechtliche Diskussion bis zuletzt entscheidend bestimmt haben. In der Gesetzgebungspraxis werden Wasserentnahmeentgelte häufig mit der zunehmenden Notwendigkeit eines schonenden und sparsamen Umgangs mit der Ressource Wasser sowie mit dem Auftreten sog. externer Effekte begründet: 99 In Gestalt der dem Gemeinwesen obliegenden Erhaldele und der Wasserzins den sonstigen Abgaben gleichzustellen sei; vgl. BT-Drs. I I / 2072, S. 29. Daß es sich tatsächlich um einen feststehenden Rechtsbegriff handele, läßt sich im literarischen Befund allerdings nicht bestätigen: Brösse etwa bezeichnet Entgelte für die Entnahme von sauberem Wasser aus der Umwelt als „Wasserzins" und grenzt hiervon den „Wasserpreis" als Entgelt für die Entnahme von Wasser aus dem Leitungsnetz ab; vgl. Brösse, Abgaben im Bereich des Wassers und zum Schutze der Umwelt, S. 135 f. Hansmeyer/Ewringmann benutzen „Wasserzins" und „Wasserentnahmeentgelt" synonym, sehen eine Differenzierung nach Herkunft des Wassers aber nicht vor; vgl. dies., Der Wasserpfennig, S. 22. Des weiteren wird der Begriff „Wasserzins" auch als Oberbegriff für jegliche Gewässerbenutzungen durch ganz unterschiedliche Tätigkeiten benutzt. Entgelte für das Einleiten von Abwasser oder die Entnahme von Grundwasser sind nach diesem Begriffsverständnis besondere Formen eines Wasserzinses; vgl. P. Kirchhof, Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 6. Hier soll neutral von Wasserentnahmeentgelt gesprochen werden. 97 Einen Überblick über den Meinungsstand speziell zum baden-württembergischen Wasserpfennig bieten etwa Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 320f.; Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 104ff., sowie Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 32f. Wieland selbst schließt das Vorliegen einer „Erlaubnisabgabe" im Falle des Wasserpfennigs nach § 17 a des BadenWürttembergischen Wassergesetzes aus, weil der Abgabetatbestand nicht an die Erlaubnis, sondern an die Entnahme anknüpfe (a.a.O. S. 33); ebenso Meyer, a.a.O., S. 109, sowie Heimlich, a.a.O. S. 321 ff. Dagegen hält Mußgnug den baden-württembergischen Wasserpfennig trotz dieser Anknüpfung für eine Verleihungsgebühr; vgl. Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 23. Andere hingegen sehen im baden-württembergischen Wasserpfennig eine Sonderabgabe, so etwa Breuer, Umweltschutzrecht, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 488, Rdn. 95, sowie Köck, Der „Wasserpfennig" und das Abgabenrecht, UPR 1991, 7 (11): Sonderabgabe vom Typ „Umweltnutzungsabgabe." 98 Einen Überblick zum Gesetzgebungsstand hinsichtlich der Wasserentnahmeentgelte in den einzelnen Bundesländern geben v. Mutius/Lünenbürger, Öffentliche Abgaben für Wasserentnahmen kraft Landesrechts, DVB1. 1995, 1205 ff., Sanden, Die Abgaben für die Wasserentnahme in den neuen Bundesländern, UPR 1994, 424 ff., sowie ders., Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „Wasserpfennig-Entscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (183 f.). 99 Als externe Effekte bezeichnet man unmittelbare Auswirkungen der ökonomischen Aktivitäten eines Wirtschaftssubjektes auf die Produktions- oder Konsumtionsmöglichkeiten anderer Wirtschaftssubjekte, die vom „Verursacher" nicht berücksichtigt werden und zwischen den Beteiligten keine Rechte auf Entgelt oder Kompensation begründen; vgl. Β rossmann, Der Wasserpfennig, Finanzwissenschaftliche

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Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

tungsaufwendungen für Gewässer lägen soziale Kosten vor, die in den privaten Wirtschaftsrechnungen der Wassernutzer nicht enthalten sind. 1 0 0 Da Wasserentnahmeentgelte diese sozialen Kosten nicht nur decken, sondern durch Internalisierung auch verringern und zu diesem Zwecke Substitutionsprozesse bei (industriellen) Wasserverwendern initiieren sollen, gehen sie mit ihrer Gestaltungswirkung über rein regulierungsannexe Abgaben offenbar hinaus. Daher sollen sie hier unter dem Begriff Internalisierungsabgaben als eigenständige Erscheinungsform des Verleihungskonzeptes behandelt werden. Wasserentnahmeentgelte haben vor allem im vergangenen Jahrzehnt die abgabenrechtliche Diskussion geprägt, · können jedoch auf eine erheblich längere, wenngleich in den einzelnen Ländern unterschiedlich ausgeprägte Rechtstradition zurückblicken. Während § 54 des Preußischen Wassergesetzes vom 07. April 1913 1 0 1 vorsah, daß ein Entgelt für die Benutzung des Wasserlaufs nicht erhoben werden darf, ordneten die §§46 Abs. 1 Nr. 1, 40 Abs. 2 Nr. 1 dieses Gesetzes an, daß für die Verleihung des Rechts, einen Wasserlauf etwa durch die Ableitung von Wasser zu gebrauchen, eine sog. Stempelabgabe zu entrichten ist, deren Höhe sich nach dem Wert des verliehenen Rechts bestimmte und zu deren Berechnung die Bestimmungen des Stempelsteuergesetzes entsprechend heranzuziehen waren. 1 0 2

Überlegungen zu einem neuen umweltpolitischen Konzept, NuR 1988, 121 (122), Fn. 10; Bössmann, Externe Effekte, WISU 1979, 95; ähnlich auch Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 24. Erst die Einbeziehung dieser externen Effekte in das individuelle Kostenkalkül = Internalisierung führt zu einer adäquaten Berücksichtigung der Knappheitsrelationen und damit zur allokativen Effizienz im Sinne der neoklassischen Modellanalyse. 100 Sehr anschaulich wird dieser externe Effekt umschrieben im Gesetzesentwurf der schleswig-holsteinischen Landesregierung zur Einführung des Gesetzes über die Erhebung einer Grundwasserentnahmeabgabe. Hier ist die Rede von „nachhaltigen Beeinträchtigungen der Umweltmedien Luft, Wasser und Boden" infolge privater Nutzungsansprüche, während die „Folgenbeseitigung" in einer Vielzahl von Fällen der öffentlichen Hand obliege; vgl. LT-Drs. 13/1395, S. 11. Ähnlich die Gesetzesbegründung zum Hamburgischen Grundwassergebührengesetz, und zwar die Kosteninternalisierung bewußt auch mit dem Ziel der Auslösung von Substitutionsprozessen bei den Wasserentnehmern einsetzend; vgl. Bürgerschafts-Drs. 13/2793, S. 4. Auf das Auseinanderfallen privater und sozialer Kosten der Wasserversorgung stellt der Sache nach schließlich auch der Regierungsentwurf der Niedersächsischen Landesregierung zum Achten Änderungsgesetz des Niedersächsischen Wassergesetzes ab; siehe LT-Drs. 12/2960, S. 10, 13. 101 GS 1913, S. 53. Zur Entstehungsgeschichte der Norm siehe Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 28. 102 Vgl. § 80 Abs. 1 und 5 PrWassG, GS 1913, S. 53 (75 f.). Mit Blick auf diese Rechtslage nach dem Preußischen Wassergesetz spricht der Hessische Staatsgerichtshof ausdrücklich auch von der „Verleihungsgebühr"; vgl. HessStGH, Urteil vom 12.06.1991 (Az. P.St.1106), N V w Z RR 1992, 597 (599). Zu den Stempelabga-

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren

45

Des weiteren sahen § 41 Abs. 2 Ziff. 1 des Badischen Wassergesetzes von 1 8 9 9 1 0 3 sowie § 39 Abs. 1 dieses Gesetzes i n der Fassung v o m 12. A p r i l 1 9 1 9 1 0 4 ein angemessenes Entgelt für die „Verleihung" von Wasserbenutzungsrechten vor, das von der älteren Literatur dementsprechend als Verleihungsgebühr qualifiziert worden i s t . 1 0 5 Die Erhebung einer „ G e b ü h r " für die Gewährung besonderer Nutzungen an öffentlichen Gewässern regelte ferner Art. 73 Wassergesetz für das Königreich B a y e r n . 1 0 6 E i n „Wasserz i n s " 1 0 7 war schließlich auch i m ersten E n t w u r f des Wasserhaushaltsgesetzes ( W H G ) aus dem Jahre 1956 vorgesehen, u m einen wirtschaftlichen und sparsamen U m g a n g m i t der Ressource Wasser zu b e z w e c k e n . 1 0 8

Dieser

Wasserzins wurde i n der Gesetzesbegründung ausdrücklich als Gebühr eing e s t u f t , 1 0 9 ist i n der weiteren Beratung zum W H G dann aber entfallen m i t der Begründung, daß die Regelung von Wasserentnahmeentgelten, w i e sie in § 19 des Entwurfs z u m W H G vorgesehen waren, den Ländern überlassen ben nach Preußischem Recht siehe auch Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 38 f. 103 „Bei Ertheilung einer Genehmigung in bezug auf ein öffentliches Gewässer kann vorbehalten werden: 1. daß als Gegenleistung ein angemessenes einmaliges oder periodisches Entgelt zu entrichten sei ..."; zitiert nach Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 71. 104 § 39 Abs. 1 S. 1 in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 1913, GVB1. S. 233 (238), lautete sodann: „Bei Verleihung von Wasserbenutzungsrechten und bei Erweiterung von solchen kann bestimmt werden, daß von dem Unternehmer ein angemessenes - sowohl einmaliges als auch wiederkehrendes - Entgelt zu leisten ist." 105 Vgl. von Bayer-Ehrenberg, Das badische Wasserrecht, 1951, S. 42, zitiert bei Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 71. Zu § 43 Abs. 1 des Badischen Wassergesetzes siehe auch Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 28. 106 Vom 23. März 1907, GVB1. S. 157. Begründet wurde diese Vorschrift mit dem Hinweis, daß der Staat Dritten durch die von ihm erteilte Erlaubnis die Erzielung eines Gewinns ermögliche, so daß die Erhebung einer Erlaubnisgebühr als Gegenleistung für die Gewährung dieses Vorteils angemessen erscheine; vgl. zur Entstehungsgeschichte der Norm Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 28. 107 BT-Drs. 11/2072, S. 29. 108 § 19 Abs. 1 des Entwurfs lautete: „Wenn ein Gewässer aufgrund einer Erlaubnis oder einer Bewilligung benutzt werden darf, ist hierfür ein Wasserzins zu erheben, der im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit den in der Benutzung liegenden Vorteil angemessen berücksichtigt." (BT-Drs. 11/2072, S. 8.). Die Vorschrift erlangte noch einmal Bedeutung im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Wasserpfennigen Hessens und Baden-Württembergs, und zwar hinsichtlich der Frage, ob der Bund von seiner in Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GG enthaltenen Rahmengesetzgebungskompetenz bereits Gebrauch gemacht habe; vgl. BVerfGE 93, 319 (341). 109

BT-Drs. 11/2072, S. 29. Als Gegenleistung des Wasserzinses wurde „die pflegliche Tätigkeit der öffentlichen Hand auf dem Gebiete der Wasserwirtschaft" betrachtet.

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

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bleiben sollte. 1 1 0 Bis auf Hamburg, Bayern und Baden-Württemberg 111 hatten sich die Länder in der Folgezeit jedoch zunächst gegen die Erhebung von Wasserzinsen entschieden, bis dann die Novellierung des WHG des Bundes den Anstoß für die Einführung der heutigen Wasserentnahmeentgelte, insbesondere des sog. baden-württembergischen Wasserpfennigs gab, den die übrigen Bundesländer bei Abweichungen im einzelnen schrittweise übernommen haben. 112

110

BT-Drs. 11/2072, S. 41; vgl. auch BT-Drs. 11/3536, S. 28. Aus heutiger Sicht ist bemerkenswert, daß die im Zuge der aktuellen Debatte vorgebrachten Argumente dem Wassenzins schon in der damaligen Diskussion entgegengehalten worden sind: „Verquickung von öffentlich-rechtlichen und fiskalischen Interessen" sowie „Fehlen einer erkennbaren Gegenleistung", vgl. BT-Drs. 11/3536, S. 7; siehe auch Habel, Zur rechtlichen Problematik eines Entschädigungsausgleichs für die Landwirtschaft wegen Nutzungsbeschränkungen im Interesse des Gewässerschutzes, VB1BW 1986, 10 (13 f.). Die gegen den Wasserpfennig seinerzeit des weiteren vorgebrachten allgemeinen preispolitischen Bedenken, daß nämlich „steigende Wasserpreise im Interesse der Allgemeinheit vermieden werden (sollten)", deuten im übrigen auf den zwischenzeitigen Bewußtseinswandel hin: Im heutigen Paradigma des Internalisierungsmodells werden steigende Wasserpreise geradezu als Ausdruck eines wohlverstandenen Gemeinwohlinteresses betrachtet. 1,1 Zu den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen (§ 20 Hamburgisches Wassergesetz; Art. 4 Abs. 5 Bayerisches Wassergesetz sowie § 17 Wassergesetz Baden-Württemberg) siehe Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 31 f. Zu § 17 Wassergesetz Baden-Württemberg und den Vorgängern dieser Norm siehe des weiteren LT-Drs. 9/4237, S. 14. 112 Hintergrund der WHG-Novellierung war, daß die moderne Land- und Forstwirtschaft über lange Zeit bedenkenlos Dünge- und Pflanzenschutzmittel verwendet hatte und sich allmählich die Einsicht durchsetzte, daß der mit dieser Bewirtschaftungspraxis einhergehende Eintrag von Nitraten in das Grundwasser in bedenklichem Maße Einfluß auf die Trinkwasserversorgung nahm; vgl. Donner/Fischer, Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/Magoulas/Simon/Wolf (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Staat und Markt, S. 359 ff. Der Bundesgesetzgeber hat zur Verringerung der Grundwasserbelastung durch eingebrachte chemische Substanzen den Ländern durch die Novellierung des W H G Mitte der achtziger Jahre die Möglichkeit eröffnet, unter bestimmten Voraussetzungen Wasserschutzgebiete einzurichten, in denen der Gebrauch wassergefährdender Substanzen, insbesondere auch von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, ganz oder teilweise untersagt werden kann (§ 19 Abs. 1 Nr. 3 W H G i.d.F. der Bekanntmachung vom 25.07.1986, BGBl. I S. 1165). Der betroffenen Land- und Forstwirtschaft, welcher hierdurch der Sache nach eine Beschränkung der Nutzungsintensität bei der Flächenbewirtschaftung auferlegt werden konnte, ist in § 19 Abs. 4 W H G im Gegenzug ein Ausgleichsanspruch „nach Maßgabe des Landesrechts" eingeräumt worden. Die Länder, auf diese Art in die Pflicht genommen, hatten somit über die Finanzierung von Ausgleichsansprüchen nachzudenken und entschieden sich im Anschluß an das zunächst von Baden-Württemberg verfolgte Modell, die Ausgleichsmittel über eine gesonderte Abgabe einzunehmen, welche anläßlich der Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser von den Wassernutzern erhoben werden sollte. Zahlreiche Bundesländer sind diesem Beispiel im Ansatz gefolgt. Ergebnis sind die sog. Wasserentnahmeentgelte.

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren

47

Ebenso wie ihre historischen Vorläufer liegen grundsätzlich auch diese neueren Wasserentnahmeentgelte im Einzugsgebiet des Verleihungskonzeptes. Nach der Einschätzung mancher bedürfen die Wasserentnahmeentgelte geradezu der verfassungsrechtlichen Anerkennung der Verleihungsgebühr, um überhaupt als Gegenleistungsabgabe erfaßt bzw. umgesetzt werden zu können. 113 Dementsprechend gehen einige Landesgesetzgeber in der Tat entweder ausdrücklich von einer Verleihungsgebühr aus oder legen, die Festlegung auf einen bestimmten Abgabetypus scheuend, das Vorliegen dieser Abgabeform zumindest durch entsprechende Formulierungen in der jeweiligen Gesetzesbegründung nahe. 1 1 4 Unverkennbar ist jedoch, daß sich die Vielgestaltigkeit der im Schrifttum mit der Verleihungsgebühr in Verbindung gebrachten Anknüpfungspunkte auch in der Ausgestaltung der einzelnen Wasserentnahmeentgelte der Länder widerspiegelt und die Vorstellung von einem einheitlichen Wasserentnahmeentgelt enttäuscht. Ein Vergleich der tatbestandsmäßigen Anknüpfungspunkte von einigen ausgewählten Wasserentnahmeentgelten verdeutlicht diesen Befund. 1 1 5

a) Anknüpfung an die Rechtsverleihung Der Hamburgische Gesetzgeber knüpft für die Erhebung der „Gebühr" an die „Einräumung der Befugnis" a n . 1 1 6 Dieser Ausgestaltung des Abgabetatbestandes entsprechend, erteilt er der Einordnung der Grundwassergebühr als Verwaltungs- oder Benutzungsgebühr eine Absage und qualifiziert sie ausdrücklich als Verleihungsgebühr, worunter er das „laufende Entgelt für die Möglichkeit" versteht, „ . . . von einer erteilten Verleihung oder Bewilligung Gebrauch zu machen." 1 1 7 Daß Anknüpfungspunkt der Abgabe indes 113 In diesem Sinne vertreten Donner/Fischer die Ansicht, der Wasserpfennig. nach dem baden-württembergischen Modell lasse sich gebührenrechtlich überhaupt nur als Verleihungsgebühr „konstruieren"; vgl. dies., Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/Magoulas/Simon/Wolf (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Staat und Markt, S. 375. 114 Siehe dazu im einzelnen die nachfolgenden Nachweise. 115 Dies ist nicht der Ort, an dem eine abgabenrechtliche Einordnung der Wasserentnahmeentgelte der Länder vorgenommen werden soll. Siehe hierzu etwa Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 319ff.; Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 101 ff. 116 § 1 Abs. 1 des „Gesetz(es) über die Erhebung einer Gebühr für Grundwasserentnahmen (Grundwassergebührengesetz - GruwaG)" in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.06.1989 (GVB1. S. 115) enthält unter der Überschrift „Grundwassergebühr" folgenden Wortlaut: „Für die Einräumung der Befugnis zum Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser (Grundwasserförderung) wird, soweit die Grundwasserförderung der Wasserversorgung dient, eine Gebühr erhoben." - Zu Ausgestaltung und Qualifizierung der Abgabe siehe Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 329 ff.

48

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

die Rechtsverleihung sein soll, wird auch daran deutlich, daß sich die Abgabebemessung grundsätzlich nach der Entnahmemenge im Zulassungsbescheid richtet 1 1 8 und die Gebührenpflicht des weiteren nicht den tatsächlichen Wasserentnehmer trifft, sondern vorrangig den Inhaber der Befugnis zur Grundwasserförderung. 119 b) Anknüpfungen an die Wasserentnahme Überwiegend jedoch knüpfen die Wasserentnahmeentgelte der Länder an die tatsächliche Wasserentnahme bzw. „Benutzung" der Gewässer an. Darin folgen die betreffenden landesrechtlichen Bestimmungen offenbar der Ausgestaltung der Abgabe nach dem baden-württembergischen Wassergesetz. 1 2 0 Diese zeichnet sich hinsichtlich der Ausgestaltungsvariablen Abgabetatbestand, Abgabebemessung und Abgabepflichtiger durch eine besondere Konsistenz aus, indem sie mit dem gesetzlichen Abgabetatbestand an die „Benutzung" bzw. „Entnahme" anknüpft, 121 die Bemessung der Abgabe nach der tatsächlichen Entnahmemenge richtet122 und als Abgabepflichtigen ausschließlich den Gewässerbenutzer ansieht. 123 Auf die Verleihung von Nutzungsrechten kommt es nach der Vorstellung des baden-württembergischen Gesetzgebers für den gesetzlichen Abgabetatbestand dementsprechend überhaupt nicht an, wie auch im Gesetzentwurf der Landesregierung ausdrücklich bestätigt w i r d . 1 2 4 117

Bürgerschafts-Drs. 13/2793, S. l f . § 1 Abs. 3 GruwaG stellt insoweit auf die in dem Zulassungsbescheid angegebene, insgesamt zulässige Jahresfördermenge ab. Auf die tatsächliche Fördermenge kommt es nach der Bestimmung des § 1 Abs. 4 GruwaG nur an, wenn kein die Grundwasserförderung zulassender Bescheid vorhanden ist oder die zugelassene Jahresfördermenge überschritten ist. 1.9 § 2 Abs. 1 GruwaG. 1.8

120 Vgl. §§ 17 a bis 17 f des Baden-Württembergischen Wassergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.07.1987, GVB1. S. 224. 121 § 17 a Abs. 1 spricht von einem „Entgelt für Benutzungen", die Überschrift zu der Vorschrift vom „Entgelt für Wasserentnahmen". 122 § 17 a Abs. 3. 123 So ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung; vgl. LT-Drs. 9/4237, S. 15. 124 Vgl. LT-Drs. 9/4237, S. 15. Anders noch der Referentenentwurf vom 25.08.1986, S. 18 f., der die Abgabe mit dem Sondervorteil begründete, ein Gewässer durch die Entnahme von Wasser aufgrund der Einräumung eines Rechtes oder einer Befugnis nutzen zu können. Dementsprechend wurde das Entgelt im Referentenentwurf noch als Sondernutzungsgebühr in Form einer Verleihungsgebühr qualifiziert; vgl. bei Hansmeyer/Ewringmanriy Der Wasserpfennig, S. 31. Im offiziellen Regierungsentwurf ist dann nurmehr von einer Gebühr die Rede gewesen, während die Begriffe Sondernutzungsgebühr oder gar Verleihungsgebühr nicht mehr fielen; vgl. LT-Drs. 9/4237 vom 18.03.1987, S. 13 f. Instruktiv zur Entstehungsgeschichte des Baden-Württembergischen Wasserpfennigs, insbesondere zu der auf die wissen-

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren

49

Andere Bundesländer haben diese Regelungsstruktur i m Ansatz übernommen, knüpfen also nicht wie Hamburg an die Einräumung eines Benutzungsrechts, sondern schlicht an die „ B e n u t z u n g " eines Gewässers 1 2 5 oder aber die „Entnahme v o n Grundwasser" a n . 1 2 6 Teilweise unterscheiden sich die

entsprechenden

Länderregelungen

aber

im

Vergleich

zur

baden-

württembergischen Regelung dadurch, daß trotz einer A n k n ü p f u n g an die Benutzung bzw. Entnahme i m gesetzlichen Tatbestand der Abgabe gerade auch die Rechtsverleihung für die Abgabeerhebung maßgeblich sein und der Abgabe schließlich auch ihre Rechtsnatur geben s o l l . 1 2 7 A u c h tatbestandliche Verschiebungen lassen sich beobachten. So knüpft das brandenburgische Wasserentnahmeentgelt

an die „ B e n u t z u n g "

an,128

bemißt die Höhe der Abgabe aber auf Antrag nach dem wasserrechtlichen

schaftliche Kritik an dem geplanten Abgabenkonzept hin erfolgten Neuausgestaltung vor allem der abgabespezifischen Belastungsbegründung, siehe Hansmeyer/ Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 16ff. 125 So z.B. § 31 Abs. 1 des Thüringer Wassergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.05.1994, GVB1. I, S. 445 (451), und zwar die „Benutzung" im wesentlichen wie § 17 a des Baden-Württembergischen Wassergesetzes definierend. Sanden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „WasserpfennigEntscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (183) hält die Abgabe dementsprechend für eine Benutzungsgebühr. Zur Entstehungsgeschichte siehe auch Feustel, Das Thüringer Wassergesetz, L K V 1995, 282 (283). Der baden-württembergischen Regelung ebenfalls nachgebildet sind die Umschreibungen des Belastungsgrundes in § 40 Abs. 1 des Brandenburgischen Wassergesetzes vom 15.04.1994 (GVB1. S. 301 ff., 315) sowie in §§ 47 Abs. 1 i.V.m. 4 Abs. 1 Ziff. 1 und 7 des Niedersächsischen Wassergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.08.1990 (GVB1. S. 371). 126 So zum Beispiel § 13 a Abs. 1 S. 1 des Berliner Wassergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.10.1989 (GVB1. S. 102), wonach „das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser" belastet wird. 127 Obgleich beispielsweise der Tatbestand des Berliner Wassergesetzes an die tatsächliche Entnahme anknüpft (§ 13 a Abs. 1) und sich, insoweit folgerichtig, auch die Bemessung der Abgabe an der tatsächlichen Entnahmemenge orientiert (§ 13 a Abs. 2), wird das Berliner Wasserentnahmeentgelt damit begründet, daß der Staat als „Gegenleistung" für die Abgabe die nach den wasserrechtlichen Bestimmungen notwendige Zulassung, d.h. die Einräumung eines wirtschaftliche Vorteile begründenden Rechts gewähre. Demzufolge qualifiziert der Regierungsentwurf die Abgabe ausdrücklich als „Verleihungsgebühr" (vgl. Drs. 11/373 des Abgeordnetenhauses, S. 3). - Ähnlich der Gesetzentwurf der Niedersächsischen Landesregierung: Zwar knüpft die Abgabe an die Benutzung der Gewässer an (§ 47 Abs. 1; vgl. auch LTDrs. 12/2960, S. 17), richtet sich die Höhe der Gebühr nach der tatsächlichen Entnahmemenge (§ 47a Abs. 1 S. 1; vgl. auch LT-Drs. 12/2960, S. 14) und ist Abgabeschuldner unter ausdrücklicher Ablehnung der sog. Bescheidlösung der „Benutzer" (§ 47 b Abs. 1; siehe LT-Drs. 12/2960, S. 24), jedoch stellt die Gesetzesbegründung im Zusammenhang mit der abgabenrechtlichen Qualifikation des Entgelts als „Gebühr" maßgeblich auf die „Verleihung" einer Rechtsposition ab, ohne freilich explizit von einer Verleihungsgebühr zu sprechen; vgl. LT-Drs. 12/2960, S. 11. 4 Drömann

50

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

Bescheid, d.h. nach der zugelassenen F ö r d e r m e n g e , 1 2 9 und bedient sich damit einer Ausgestaltungsvariante, die ebensogut an eine A n k n ü p f u n g an die Rechtsverleihung denken l ä ß t . 1 3 0 Der Regierungsentwurf z u m schleswig-holsteinischen

Grundwasserabgabengesetz

schließlich

belastet

vom

Gesetzeswortlaut her „ . . . die Entnahme von Grundwasser aufgrund eines R e c h t s " 1 3 1 und bemißt die Abgabe auf der Grundlage der tatsächlich entnommenen W a s s e r m e n g e , 1 3 2 unterwirft der Abgabepflicht aber nicht den Benutzer bzw. Entnehmer, sondern den Rechtsinhaber 1 3 3 und führt überdies i n der Einzelbegründung z u m Abgabetatbestand aus, daß

Anknüpfungs-

punkt nicht die Entnahme sei, sondern „ . . . die Einräumung einer Rechtsposition i n Gestalt einer B e w i l l i g u n g , Erlaubnis oder eines alten R e c h t s . " 1 3 4 128

§ 40 Abs. 1 S. 1 des brdbg. Wassergesetzes vom 15.04.1994, GVB1. S. 301

(315). 129

§ 40 Abs. 1 S. 4. Im Schrifttum heißt es dementsprechend, daß das Gesetz vom Wortlaut her nicht hinreichend zum Ausdruck bringe, ob es eine Verleihungsgebühr oder eine Benutzungsgebühr normiere; vgl. Pencereci, Das Brandenburgische Wassergesetz, L K V 1995, 418 (420). Im Regierungsentwurf zum Brandenburgischen Wassergesetz wurde das Entgelt indessen ausdrücklich als Verleihungsgebühr qualifiziert und darauf hingewiesen, daß dem Gewässerbenutzer „als Gegenleistung" ein Recht oder eine Befugnis auf die Inanspruchnahme eines Gewässers eingeräumt werde (LTDrs. 1/2769, S. 19); vgl. zur Gesetzesbegründung auch Sanden, Die Abgaben für die Wasserentnahme in den neuen Bundesländern, UPR 1994, 424 (425), auf den sich insoweit auch Heimlich beruft; vgl. ders, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 324. Sanden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „Wasserpfennig-Entscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (183), bezeichnet das Wasserentnahmeentgelt Brandenburgs trotz der insoweit anderslautenden Ausführungen im Regierungsentwurf als Benutzungsgebühr. 131 § 2 Abs. 1 S. 1; vgl. LT-Drs. 13/1395, S. 3. 132 § 3 Abs. 1. 133 § 5 Abs. 1 S. 1. 134 LT-Drs. 13/1395, S. 12; vgl. in diesem Sinne ferner a.a.O. S. 13. Diese eindeutige Aussage der Gestzesbegründung zugunsten der Verleihungsgebühr übersieht Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 326 f., weshalb seine Ansicht, es handele sich bei der Abgabe nicht um eine Verleihungsgebühr, von der Begründung her zumindest ergänzungsbedürftig ist. Unzutreffend erscheint auch Heimlich'* Würdigung von § 2 Abs. 1 S. 2 GruwAG SH, wonach die Abgabepflicht auch für Zeiträume bestehen soll, in denen vor der Erteilung oder nach dem Erlöschen eines Rechts oder einer Befugnis Grundwasser entnommen wird. Heimlich entnimmt dieser Bestimmung, daß der Gesetzgeber die Abgabepflicht insgesamt an die tatsächliche Benutzung der Gewässer habe knüpfen wollen, eine Verleihungsgebühr also nicht vorliege; vgl. a.a.O. S. 326f. Die Gesetzesbegründung verrät hingegen anderes: In der Einzelbegründung des Regierungsentwurfs findet sich zu dieser Bestimmung der Hinweis, sie solle „Übergangszeiträume" erfassen, „ . . . in denen Grundwasserbenutzungen zumeist nur vorübergehend ohne Rechtstitel ausgeübt werden, weil die Erteilung bzw. Wiedererteilung in Folge der Dauer der Verwaltungsverfahren bzw. des Verhaltens der Antragsteller nicht zeitgerecht möglich ist. In diesen Fällen fehlt es zwar vorübergehend am abgabebegründenden Tatbestand. Die 130

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren

51

3. Zusammenfassung: Die Verleihungsidee als umfassendes Belastungskonzept Die genannten Beispiele zeigen, daß die Vorstellungen von der Verleihungsgebühr auch i n der Gesetzgebungspraxis keinesfalls einheitlich sind. Hinsichtlich Abgabetatbestand, Bemessungsgrundlage und Abgabgepflichtiger tauchen Kombinationen auf, die nach der literarischen Darstellung möglicher Belastungsgründe i n dieser Form nicht zu erwarten sind und welche daher die Frage nach der Offenheit der einzelnen Anknüpfungsformen

für

an sich anknüpfungsfremde Ausgestaltungsvarianten nahelegen. Aus Sicht der Gesetzgebungspraxis

verkörpert

die Verleihungsgebühr

heute

somit

offenbar ein Belastungskonzept, das j e nach Sachbereich und Zwecksetzung ganz unterschiedliche Anknüpfungsvarianten umfaßt und dazu dient, faktische oder rechtliche Sonderstellungen einzelner zu erfassen und i n einer Abgabenpflicht

umzusetzen. Welche Anknüpfungen

der Gesetzgeber

im

Rahmen dieses Belastungsansatzes wählt, ist Gegenstand seines insoweit bestehenden Tatbestandswahlrechts. 1 3 5

Erhebung der Abgabe ist aber gerechtfertigt, weil die Grundwasserbenutzung bereits bzw. weiter ausgeübt wird ... ." Weiter heißt es, „Grundwassernutzungen ohne Rechtstitel" seien nach den einschlägigen wasserrechtlichen Regelungen der §§ 110, 111 Abs. 2 L W G SH „ . . . unverzüglich zu legalisieren ..., sofern sie nicht zu untersagen sind..." (LT-Drs. 13/1395, S. 12). A l l dieses spricht deutlich für die Ausgestaltung der Abgabe als Verleihungsgebühr. Der Gesetzgeber hat die Vorschrift des § 2 Abs. 1 S. 2 ersichtlich nur aus Praktikabilitätsgründen aufgenommen, um im Falle langwieriger Widerspruchs- und Klageverfahren die Vereinnahmung der Abgabe nicht aussetzen und nachträglich Entgelte für während des Verwaltungsverfahrens getätigte Benutzungen festsetzen zu müssen (Verwaltungsvereinfachung). Eine Verschiebung des Abgabetatbestandes geht damit nicht einher. Die Rechtsprechung betrachtet das schleswig-holsteinische Wasserentnahmeentgelt dementsprechend als Verleihungsgebühr; vgl. Verwaltungsgericht Schleswig, un veröffentliches Urteil vom 12.06.1995, Az.4 A 42/95. Abzuwarten bleibt jedoch insoweit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum schleswig-holsteinischen Wasserentnahmeentgelt im Verfahren 2 BvR 591/95. Bei Abschluß dieser Arbeit war das Verfahren noch nicht beendet. 135 Begriff bei Osterloh/Brodersen, Öffentliches Recht: Eine neue Steuer auf Getränkeverpackungen, JuS 1986, 53 (54), Fn. 10. - Dieses Wahlrecht ist nicht zu verwechseln mit der - fehlenden - Qualifikationskompetenz des Gesetzgebers. Dem einfachen Gesetzgeber ist es verwehrt, durch bloße äußerliche Benennung einer Abgabe deren verfassungsrechtliche Qualifikation zu bestimmen; ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfGE 55, 274 (304f.) unter Berufung auf Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 184; BVerfGE 57, 139 (166); 67, 256 (276); 92, 91 (114). Die fehlende Qualifikationskompetenz des einfachen Gesetzgebers bedeutet allerdings nur den Ausschluß eines konstitutiven Deklarationsrechts, nicht aber, wie Selmer im Sinne eines grundsätzlich bestehenden Tatbestandswahlrechts hervorhebt, eine „apriorische" Verengung der grundsätzlich ihm obliegenden Aufgabenerfüllungsentscheidung; vgl. ders., Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 24f. Mit seiner konkreten Aufgabenerfüllungsentscheidung bestimmt der einfache Ge4*

52

Α. Das „Konzept" von der Verleihungsgebühr

In der Staatspraxis besteht ein Anwendungsschwerpunkt für den Einsatz des Verleihungskonzeptes einerseits im Zusammenhang mit regulierenden Maßnahmen. Der Staat räumt einzelnen im Zusammenhang mit (markt-)strukturgestaltenden Maßnahmen rechtliche Sonderstellungen ein und schöpft damit verbundene Vorteile durch die Erhebung einer regulierungsannexen Verleihungsabgabe ab. Wenngleich die Vorteilsabschöpfung aus rechtlichen Sonderstellungen tatbestandlich die Belastung der Rechtsver/e/hung nahelegt, läßt sich ein Vorrang dieses Anknüpfungsmusters in der Abgabenwirklichkeit nicht nachweisen. Vielmehr finden sich unter Bezugnahme auf den Verleihungsgedanken ganz im Sinne eines Tatbestandswahlrechts auch tatbestandsmäßige Anknüpfungen an die Ausübung eines Rechts (Bergrechtliche Förderabgabe) sowie an die Nutzung eines Rechts (Lizenzentgelt nach dem LAbfG NW). Ein weiterer Anwendungsschwerpunkt des Verleihungskonzeptes liegt ausweislich der sog. Wasserentnahmeentgelte in der Übertragung des Verleihungsgedankens auf das Internalisierungskonzept. In diesem Anwendungsfeld dominiert nicht die Anknüpfung an die Gewährung rechtlicher Sonderstellungen, vielmehr wird mit der Anknüpfung an die Vorgänge der Benutzung oder Entnahme zumindest auf Tatbestandsebene eher auf das Vorliegen einer tatsächlichen Sonderstellung abgestellt. 136 Mit dem Einsatz des Verleihungskonzeptes im Bereich der Internalisierungsabgaben hat sich sein herkömmlicher Anwendungsbereich indessen erweitert bzw. verschoben. Der Begriff Verleihungsgebühr hat sich von seinem klassischen Anwendungsbereich gelöst und umfaßt in der Abgabenwirklichkeit auch lenkende (Internalisierungs-) Abgaben, die tatbestandsmäßig nicht mehr primär an die Rechtsverleihung, sondern an die bloße Nutzung, Benutzung oder Entnahme anknüpfen und die vom Gesetzgeber dennoch in Zusammenhang mit dem Verleihungskonzept gestellt werden. 137 Rein terminologisch bildet der Begriff der Verleihungsgebühr die in der Abgabenpraxis zu beobachtenden Dimensionen des Verleihungskonzeptes daher nicht mehr zureichend ab. 1 3 8 Die Verleihungsgebühr steht heute setzgeber somit den für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgeblichen materiellen Kern der Abgabe selbst. Anderer Ansicht wohl Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 3. 136 Eine Ausnahme bilden das Hamburgische Grundwassergebührengesetz sowie, allerdings weniger eindeutig, die Regelung in Schleswig-Holstein; siehe im einzelnen die vorherigen Nachweise. Im übrigen aber knüpfen die Wasserentnahmeentgelte überwiegend an die „Benutzung" bzw. die „Entnahme" an, so etwa § 17 a Abs. 1 WG BW, § 3 1 Abs. 1 ThürWG, § 4 0 Abs. 1 Brdbg.WG, § 4 7 Abs. 1 Nds.WG, § 13 a Abs. 1 WG Bln. Einzelnachweise siehe jeweils oben. 137 So ausdrücklich die Gesetzesbegründungen in Berlin, Niedersachsen, Brandenburg und Schleswig-Holstein. Einzelnachweise siehe in Fn. 127 ff.

III. Anwendungsbereiche und Beispiele für Verleihungsgebühren

53

sowohl i n der Rechtswissenschaft als auch i n der Abgabenpraxis vielmehr stellvertretend für unterschiedliche Anknüpfungsvarianten, die sich nur i n „Idee und F u n k t i o n " gleichen. Dieser Rechtstatsache hat sich auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung m i t dieser Abgabeform zu stellen.

138

Zu Recht hat der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst beim Niedersächsischen Landtag in seinem Gutachen zur Zulässigkeit der Einführung eines Wasserpfennigs durch Landesgesetz in diesem Sinne darauf hingewiesen, daß die Bezeichnung „Verleihungsgebühr" unglücklich gewählt sei, weil sie nur den Akt der Verleihung ins Bickfeld rücke, nicht aber den Inhalt oder die Nutzung der verliehenen Rechtsposition. Die Gutachtenverfasser selbst regten daher die Verwendung der Begriffe „Vorrechtsgebühr" oder „Sondernutzungsgebühr" an. Vgl. o.V., Kann durch Landesgesetz eine Abgabe auf das Fördern von Wasser (sog. Wasserpfennig) eingeführt werden?, NdsVBl.1995, 85 ff.

Β. Die Verleihungsgebühr in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung Bevor die Frage nach der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Verleihungsgebühr im Rahmen eines eigenen Ansatzes erörtert wird, soll nunmehr der Diskussionsstand in Schrifttum und Rechtsprechung nachgezeichnet werden. Hieraus ergeben sich zugleich Hinweise auf den anschließenden Darstellungsbedarf.

I. Die Behandlung der Verleihungsgebühr in der Literatur Wie bereits einleitend angemerkt, besteht um die Anerkennung der Verleihungsgebühr eine lebhafte Kontroverse. Die Diskussion richtet sich dabei ganz generell auf die Verleihungsgebühr, während eine differenzierte Betrachtung der unterschiedlichen Anknüpfungsmöglichkeiten ausbleibt. Anzunehmen ist aber, daß sich die jeweiligen Ansichten nicht nur auf den Belastungsgrund der Rechtsverleihung beziehen, sondern entsprechend gelten sollen hinsichtlich des Ausübens bzw. Gebrauchmachens von Berechtigungen sowie der Nutzung bestimmter Rechtspositionen. Die Gegnerschaft der Abgabe, ursprünglich wohl in der Mehrheit, scheint inzwischen unter dem Eindruck neuerer Entwicklungen der Abgabenwirklichkeit aufzuweichen. Daß sich die zunehmende Akzeptanz der Verleihungsgebühr auf eine entsprechende Weiterentwicklung der Gebührendogmatik zurückführen ließe, welche Klarheit geschaffen habe hinsichtlich der wesentlichen Merkmale des verfassungsrechtlichen Gebührenbegriffs, erscheint derzeit allerdings noch als zu weitgegriffen. Zutreffender dürfte die Beobachtung sein, daß lediglich die Befangenheit gegenüber der Verleihungsgebühr geringer geworden ist in einer Knappheitswelt, die sich Stück um Stück mehr annähert an die dem Verleihungskonzept innewohnenden Abschöpfungs- und Gerechtigkeitsvorstellungen, nachdem die Verleihungsgebühr jüngst noch als „finanz-(verfassungs-) geschichtlicher Anachronismus" 1 empfunden und als „abgabenrechtliches Fossil" 2 bezeichnet wurde, 1 Friauf; „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben?, Festschrift Universität Köln, 679 (682); ihm folgend Manssen, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen für eine ökologische Steuerreform, UTR 36 (1996), 137 (141). - Kritisch insoweit Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 180 ff. Mit Blick auf noch heute bestehende Erlaubnis- und Bewilligungspflichten, z.B. im

I. Die Behandlung der Verleihungsgebühr in der Literatur das nunmehr i m Zusammenhang m i t einer „konstruierten"

55

Verwaltungs-

leistung „ r e a n i m i e r t " 3 werde. Derartige Äußerungen zeigen, w i e inzwischen zu Recht Heimlich

betont hat, daß die Frage nach der Anerkennung der

Verleihungsgebühr auch ein Wertungsproblem darstellt. 4 D i e nachfolgend i n ihren Grundzügen nachgezeichnete wissenschaftliche Diskussion bestätigt diesen Befund.

1. Ablehnende Stimmen D i e kritischen Stimmen gegenüber der Verleihungsgebühr lassen sich i m wesentlichen i n drei Gruppen aufteilen:

a) Gebührenfeindlichkeit

des Verleihungskonzepts

Zahlreiche Stimmen halten die Verleihungsgebühr schon für unvereinbar m i t dem verfassungsrechtlichen Gtb\äixenbe griff.

A u f die bloße Rechtsver-

leihung als Gegenleistung abzustellen, stehe i n der Gefahr einer finanzverfassungsrechtlich bedenklichen A u f w e i c h u n g der Grenze zwischen Steuer und Gebühr und trage letztlich zur Konturenlosigkeit des Gebührenbegriffs gegenüber der Steuer bei. 5 A u c h bei der Ressourcennutzungsgebühr

sei

Bergrecht, könne das dem Gedanken der Verleihungsgebühr zugrundeliegende Regaliensystem nicht als völlig überholte Regelungsstruktur betrachtet werden, die mit Einführung der Gewerbefreiheit abgeschafft worden sei. Nur als Finanzierungsinstrument könne das Regaliensystem als überwunden betrachtet werden (a.a.O. S. 182). 2 Isensee, Die Ambivalenz des Eigentumsgrundrechts, in: Ossenbühl (Hrsg.), Eigentumsgarantie und Umweltschutz, S. 16f., Fn. 32. 3 Isensee, Die Ambivalenz des Eigentumsgrundrechts, in: Ossenbühl (Hrsg.), Eigentumsgarantie und Umweltschutz, S. 16f., Fn. 32. 4 Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 217. Zu betonen ist allerdings, daß der weiteren Einschätzung Heimlichs entgegenzutreten ist, die Verleihungsgebühr stelle „kein gebührendogmatisches Problem" dar. Eine dogmatische Auseinandersetzung mit der Verleihungsgebühr ist gerade deshalb vonnöten, um vor dem Hintergrund ihrer Vereinbarkeit mit dem verfassungsrechtlichen Leitbild der Gebühr auszuloten, ob und in welchem Zusammenhang überhaupt Raum für „Wertungen" besteht. Denn sollte die Verleihungsgebühr diesem Leitbild in wesentlichen Zügen widersprechen, könnten auch wertende Betrachtungen prinzipiell nicht darüber hinweghelfen. 5 Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, in: Umweltschutz durch Abgaben und Steuern, UTR (16) 1992, 15 (43 f.), insbesondere Fn. 145. Auch Hansjürgens meint, die Verleihung eines Rechts stelle keine „echte" staatliche Leistung im Sinne angebotener Güter und Dienstleistungen dar; vgl. ders., Sonderabgaben aus finanzwissenschaftlicher Sicht - am Beispiel der Umweltpolitik, StuW 1993, 20 (32 f.). Den Gegenleistungscharakter von Rechtsverleihungen verneinen bzw. bezweifeln ferner: Schulte, Das Bundesberggesetz, NJW 1981, 88 (91); Stabreit, Die Erhebung von Wassernutzungsentgelt in den neuen Bundesländern,

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

56 eine

individuell

zurechenbare

Leistung

nicht

erkennbar. 6

Die

aus

der

A n w e n d u n g eines verblaßten Gegenleistungsbegriffs folgende „Distanzverwischung" z u m Steuerregime des Grundgesetzes sei jedoch verfassungswidrig, da die begriffliche Ausgrenzung der Gebühr aus dem Steuerbegriff verfassungsrechtlich

vorgegeben

und

eben

dazu

am

Gebührentatbestand

„Gegenleistung für eine besondere Leistung" festzuhalten sei, ohne daß insoweit der H i n w e i s auf die Vorteilsabschöpfung genüge. D i e Verleihungsgebühr müsse daher, w o l l e man sie überhaupt akzeptieren, auf konstitutiv besondere

und

wirtschaftlich

potentiell

nutzbare

Rechtsverleihungen

beschränkt bleiben. 7 Des weiteren heißt es, Verleihungsgebühren scheiterten am Kostendekkungs- und Äquivalenzprinzip, w e i l sie keinen zurechenbaren öffentlichen A u f w a n d verursachten. 8 Das Erfordernis der Kostendeckungsorientierung 9 L K V 1994, 350 (354); Pencereci, Das Brandenburgische Wassergesetz, L K V 1995, 418 (420); v. Mutius/Lünenbürger, Öffentliche Abgaben für Wasserentnahmen kraft Landesrechts, DVB1. 1995, 1205 (1207 f.): das Gegenleistungskriterium werde bei der Anerkennung der Verleihungsgebühr „völlig konturenlos und unbrauchbar"; ähnlich dieselben, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063); Kluth, Voraussetzungen und Grenzen der Belastung von Unternehmen und Verbrauchern mit Umweltabgaben, W i B 1995, 318 (322 f.), sowie Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (221). Kluth sieht sich daher zu der Fragestellung veranlaßt, ob das Grundgesetz die Erhebung von Gebühren ohne das Vorliegen einer Gegenleistung erlaube. Nur in diesem Fall könne die Verleihungsabgabe Gebühr sein. Vgl. ders., Verfassungs- und abgabenrechtliche Rahmenbedingungen der Ressourcenbewirtschaftung, NuR 1997, 105 (108 f.). 6 Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (222). 7 Vgl. Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, in: Umweltschutz durch Abgaben und Steuern, UTR (16) 1992, 15 (43 f.), insbesondere Fn. 145. 8 Morgenthaler, Resümee, in: Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V., Bd. 15, S. 197 (206); ders., Umweltabgaben im Steuerstaat, SächsVBl. 1994, 97 (98 f.); Kober, Öffentliche Abgabenpolitk für eine bessere Umwelt, BWVP 1991, 73 (76 f.); Heun, Die Sonderabgaben als verfassungsrechtlicher Abgabentypus, DVB1. 1990, 666 (673); Stabreit, Die Erhebung von Wassernutzungsentgelt in den neuen Bundesländern, L K V 1994, 350 (354): kein „zurechenbarer Aufwand"; Kluth, Voraussetzungen und Grenzen der Belastung von Unternehmen und Verbrauchern mit Umweltabgaben, W i B 1995, 318 (322f.). Soweit die vorgenannten Stimmen die Verleihungsgebühr wegen Fehlens eines zurechenbaren öffentlichen Aufwands am Kostendeckungsprinzip sowie am Äquivalenzprinzip scheitern lassen (so ausdrücklich Morgenthaler und Kober a.a.O.), ist dies dogmatisch zweifelhaft. Beide Prinzipien beziehen sich auf die Abgabenbemessung und sagen über die Notwendigkeit eines staatlichen Aufwands als Schuldgrund strenggenommen nichts aus. Dogmatisch überzeugender ist es, der Verleihungsgebühr aufgrund fehlender „Kostendeckungsorientierung" die Gebühreneigenschaft abzusprechen; so Friauf\ „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben?, Festschrift Universi-

I. Die Behandlung der Verleihungsgebühr in der Literatur

57

bzw. eines begriffsnotwendigen „Kostenbezugs" 10 habe das Bundesverfassungsgericht für Gebühren aber stets herausgestellt. Bei der Verleihungsgebühr fehle es hingegen an diesem konstitutiven Element. Finanzielle Aufwendungen, die mittels der Gebühr auf die Pflichtigen umgelegt werden sollen, seien im Falle der Rechtsverleihung nicht ersichtlich. 11

b) Kommerzialisierungsdebatte Einen weiteren Schwerpunkt der Kritik an der Verleihungsgebühr bildet die Kommerzialisierungsdebatte. Sie mündet in die These, daß die Verleihungsgebühr im Grundrechtsstaat des Grundgesetzes ein Fremdkörper ist. Daß der Staat moderner Prägung nicht nur Rechtsfrieden durch die Regelung und Ordnung menschlichen Zusammenlebens gewährt, sondern der Bevölkerung in erheblichem Umfang auch Güter und Dienstleistungen anbietet und als „Finanzstaat" für diese Leistungen ein Entgelt verlangen darf, entspricht im Grundsatz allgemeiner Ansicht. 12 Daß der Staat aber auch für die Vergabe von Rechten ein Entgelt soll erheben können im Rahmen einer Verfassung, die den Bürger bereits kraft verfassungsrechtlich gewährleisteter Grund- und Freiheitsrechte mit Rechten ausstattet, gilt zahlreichen Stimmen als Anlaß für den Vorwurf einer „Kommerzialisierung" der öffentlichen Verwaltung. 13, 1 4 Unter der Meinungsführerschaft von P. tät Köln, 679 (693, 695). Zur Abgrenzung der Kostendeckungsorientierung vom Kostendeckungsprinzip siehe bereits oben, Teil A, Fn. 14. 9 Friauf,\ „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben?, Festschrift Universität Köln, 679 (695). 10 Jarass, Verfassungsrechtliche Grenzen für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben, DÖV 1989, 1013 (1016); ähnlich Arndt, Umweltrecht, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 879, Rdn. 107. In diesem Sinne des weiteren Steiner, Umweltabgaben im Spannungsfeld von Politik, Wissenschaft und Verfassungsrecht, StVj 1992, 205 (212 f.): die Entstehung „individualisierbarer Einzelkosten" sei stets erforderlich, um begrifflich von einer Gebühr sprechen zu können. 11 Jarass, Verfassungsrechtliche Grenzen für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben, DÖV 1989, 1013 (1016); Kober, Öffentliche Abgabenpolitk für eine bessere Umwelt, BWVP 1991, 73 (76 f.). 12 F. Kirchhof Die Höhe der Gebühren, S. 11. 13 Begriff wohl zunächst bei Krüger, Die Auflage als Instrument der Wirtschaftsverwaltung, DVB1. 1955, 518 (520). Ihm folgend P. Kirchhof Die Finanzierung des Leistungsstaates, Jura 1983, 505 (512); ders., Verwalten durch mittelbares Einwirken, S. 115; ders., Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 79; ders., Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1427); v. Mutius/Lünenbürger, Öffentliche Abgaben für Wasserentnahmen kraft Landesrechts, DVB1. 1995, 1205 (1207 f.); Murswiek, Die Ressourcennutzungs-

58 Kirchhof

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung heißt es i m einzelnen, die Gewährung von Rechten i m Rahmen

fachbereichsspezifischer

Erlaubnisvorbehalte dürfe ausschließlich v o n der

subjektiven Berechtigung, der Eignung oder Bedürftigkeit des Antragstellers abhängen, 1 5 sei nach dem Rechtsstaatsprinzip aber weder entgeltbedürftig noch entgeltfähig, da die Grund- und Freiheitsrechte zur Rechtsgewährung „umsonst", „ohne Fiskalvorbehalt" z w ä n g e n 1 6 und die Rechtsgewährung von der individuellen Zahlungsfähigkeit unabhängig s e i . 1 7 I m Falle der Verleihungsgebühr

würden staatsbürgerliche

Rechte dagegen gerade

nicht nach Berechtigung, sondern nach Zahlungsbereitschaft z u g e t e i l t 1 8 , die Gebühr i n gleichheitswidriger Weise als Zugangsbarriere für das Recht eingesetzt. 1 9 Eine derartige „Verquickung hoheitlicher und fiskalischer Interessen"20

gäbe ferner

mit

der Unbefangenheit

des

Verwaltungsentscheids

gegenüber fiskalischen Ertragsanliegen eine Errungenschaft des Steuerstaa-

gebühr, NuR 1994, 170 (172), Breuer, Umweltrechtliche und wirtschaftslenkende Abgaben im europäischen Binnenmarkt, DVB1. 1992, 485 (491). 14 Die Kommerzialisierungsdebattte beschränkt sich freilich nicht auf die Kritik am Institut der Verleihungsgebühr, sondern bezieht sich generell auf die Gefahren einer Substitution ordnungsrechtlicher Steuerungsinstrumente durch abgabenrechtliche Lösungen und hat gerade im Umweltrecht besondere Gefolgschaft gefunden. Zu diesen allgemeinen Implikationen der Kommerzialisierungsdebatte siehe etwa Höfling, Verfassungsfragen einer ökologischen Steuerreform, StuW 1992, 242 (251), P. Kirchhof Verkehrspolitik im Lichte des deutschen Verfassungsrechts, DRiZ 1995, 253 (256); Kloepfer, Zu den neuen umweltrechtlichen Handlungsformen des Staates, JZ 1991, 737 (741). - Kritisch zum Kommerzialisierungsvorwurf dagegen Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 200 f. 15 P. Kirchhof Die Finanzierung des Leistungsstaates, Jura 1983, 505 (511 f.); ders., Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 79. 16 P. Kirchhof Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 168, Rdn. 187 und S. 176f., Rdn. 204; ders., Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 77ff., 79; ders., Verfassungsrechtliche Grenzen von Umweltabgaben, S. 13 f. Zurückhaltender, in der Sache aber ähnlich: Gösch, Juristische Beurteilung von Ökosteuern, StuW 1990, 201 (208), Fn. 80. 17 P. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 176f., Rdn. 204; ders., Die Finanzierung des Leistungsstaates, Jura 1983, 505 (511 f.). 18 P. Kirchhof, Verfassungsrechtliche Grenzen von Umweltabgaben, S. 13f.; ähnlich ders., Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen, S. 31 f. 19 P. Kirchhof, Verfassungsrechtliche Grenzen von Umweltabgaben, S. 13 f. 20 Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (778); ähnlich Sachs-Siekmann, vor Art. 104 a GG, Rdn. 66; besonders wortreich auch hier P. Kirchhof Verwalten durch mittelbares Einwirken, S. 115 f: Die Sach- und Gesetzestreue des Beamten weiche einer kaufmännisch-fiskalischen Geschicklichkeit. Statt rechtsstaatlicher Qualität dominiere ertragswirtschaftliche Quantität und lasse das Regelungsinstru-

I. Die Behandlung der Verleihungsgebühr in der Literatur

59

tes preis 21 . Pointierter ist insoweit auch die Rede vom „Verkauf von Hoheitsakten", 22 dem „Preis für Freiheit" 23 oder der „verkauften Freiheit", soweit nicht ausnahmsweise die Abgeltung eines besonderen Aufwands in Frage steht. 24 Daß die im Rahmen der Kommerzialisierungsdebatte ins Feld geführten Gesichtspunkte teilweise auch gebührenimmanente Probleme betreffen und sich nicht nur auf die Verleihungsgebühr beziehen lassen, gehört dagegen zu den eher überhörten Randbemerkungen der Diskussion. 25 Bemerkensmentarium der Verwaltung zu Austauschverhältnissen verkümmern, es komme zum „Zwei-Klassen-Recht." 21 P. Kirchhof, Die Finanzierung des Leistungsstaates, Jura 1983, 505 (512) und durchgängig auch in dessen weiteren Beiträgen, vgl. ders., Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 167f., Rdn. 187; ders., Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 79; ders., Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 17; ders., Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen, S. 31; ders., Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1427). 22 P. Kirchhof, Verwalten durch mittelbares Einwirken, S. 115; Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (778); Donner/Fischer, Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/Magoulas/Simon/Wolf (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Staat und Markt, S. 366 (372). 23 Soweit ersichtlich zunächst bei Friauf, „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben?, Festschrift Universität Köln, 679 (683); ihm folgend etwa Birk, in: HHSp, § 3 AO, Rdn. 150; Sachs-Siekmann, vor Art. 104 a GG, Rdn. 66. Kluth meint sogar, der Vorwurf des Verkaufs von Freiheit gelte nicht nur für Verleihungsgebühren, sondern für jedwede Lenkungsabgabe, da auch Lenkungsabgaben den Gebrauch einer (unerwünschten) Freiheit von der Zahlung eines „Preises" abhängig" machten; vgl. ders., Verfassungs- und abgabenrechtliche Rahmenbedingungen der Ressourcenbewirtschaftung, NuR 1997, 105 (110). 24 Friauf, „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben?, Festschrift Universität Köln, 679 (683 f.). 25 Dies gilt insbesondere für den Vorwurf der Zuteilung von Rechten nach individueller Zahlungsbereitschaft. Unterschiedliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen und ggf. Umverteilungen zu ermöglichen, darauf macht Vogel zu Recht aufmerksam, ist Sache der „voraussetzungslos" geschuldeten Abgaben und damit vorrangig Sache des Steuerrechts, nicht aber der speziellen Finanzierungsabgaben, deren Qualität als Gegenleistungs- oder Entgeltabgabe die Einhaltung eines bestimmten Äquivalenzverhältnisses zwischen Entgelthöhe und zugewendetem Vorteil gerade hervorruft; vgl. Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 87, Rdn. 100; ihm folgend Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individual verkehr, S. 115 ff. Insoweit geht es bei der Kontroverse um die Verleihungsgebühr eher um die Grenzen des Gebührenrechts schlechthin. Denn daß einzelne Gebührenschuldner von dem grundsätzlich einzuhaltenden Äquivalenzverhältnis zwischen angebotener Leistung und einzufordernder Gegenleistung in ihren Dispositionsmöglichkeiten härter betroffen werden

60

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

wert ist allerdings, daß gerade P. Kirchhof die unübersehbare Skepsis gegenüber der Verleihungsgebühr mit dem Hinweis relativiert, die öffentliche Hand dürfe „bei der Rechtsverleihung" allenfalls ein pauschaliertes Entgelt „für die erwartete Nutzung" im Sinne einer „typisierenden Vorauszahlung" verlangen, so etwa für den vermuteten Empfang von Rundfunksendungen oder für die vom Antragsteller angekündigte Sondernutzung. 26 Unter Kommerzialisierungserwägungen scheint die Anknüpfung an die Nutzung eines eingeräumten Rechts somit offenbar weniger problematisch zu sein als die Belastung der Rechtsverleihung. 27

c) Unvereinbarkeit

mit der sog. Steuerstaatslehre

Aus steuerstaatlicher Sicht wird der Verleihungsgebühr schließlich entgegengehalten, daß ihre Anerkennung Störungen der grundgesetzlichen Finanzverfassung und des darin festgelegten Erhebungs- und Verteilungssystems mit sich bringe bzw. gar dessen gezielte Umgehung ermögliche. Der Gesetzgeber könne sich infolge der Konturenlosigkeit der Abgabe nahezu grenzenlos Einnahmequellen verschaffen, indem er beliebige Tätigkeiten unter Erlaubnisvorbehalt verbiete und sich die Verleihung der Erlaubnis jeweils als (scheinbare) 28 „Leistung" entgelten lasse, ohne sich dabei eigene Aufwendungen vergüten zu lassen. 29 Auf diese Weise könne er auch solche als andere, ist kein Spezifikum der Verleihungsgebühr, sondern ein allgemeines Problem des Gebührenrechts. Die unter dem Kommerzialisierungsaspekt eigentlich zu diskutierende Frage müßte daher lauten, ob das Gebührenrecht auf Rechtseinräumungen überhaupt anwendbar ist und unter welchen Voraussetzungen es der Staat zulassen kann, daß einzelne wegen fehlender Zahlungsfähigkeit bestimmte Rechte nicht in Anspruch nehmen können. Ob es eine Verleihungsgebühr gibt bzw. aus welchen Gründen eine Verleihungsgebühr abzulehnen ist, ist insoweit zweitrangig. Zum anderen ist auch die Beeinflussung des Verwaltungshandelns durch fiskalische Interessen keinesfalls ein Spezifikum der Verleihungsgebühr. Hierauf macht zu Recht Stallknecht aufmerksam; vgl. ders., Lizenz und Lizenzentgelt, S. 194f. 26 P. Kirchhof Die Finanzierung des Leistungsstaates, Jura 1983, 505 (512), ders., Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 168, Rdn. 187 - Hervorhebung durch den Verfasser. 27 Die Gebührenforderung für eine derart vermutete, nicht notwendig aber tatsächliche Inanspruchnahme nähert sich nach Ansicht P. Kirchhofs tatbestandlich dann aber dem Beitrag an; vgl. ders., Die Finanzierung des Leistungsstaates, Jura 1983, 505 (512), ders., Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 168, Rdn. 187. 28 Weyreuther, Das Abgabenrecht als Mittel des Umweltschutzes, UPR 1988, 161 (165). 29 Kloepfer/Follmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (581); Arndt, Entwurf eines Bundesabfallabgabengesetzes und das Grundgesetz, BB 1992, 1 (4); ders., Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (29); ders., Umweltrecht, in:

I. Die Behandlung der Verleihungsgebühr in der Literatur

61

Abschöpfungen an sich reißen, um die bei wirtschaftlicher Betrachtung ein konkurrierender Zugriff der Steuer bestehe. Denn in der Sache werde durch die Verleihungsgebühr der vermutete wirtschaftliche Vorteil aus der Rechtseinräumung abgeschöpft, welcher nach seiner Realisierung auch Gegenstand des steuerlichen Zugriffs sein könne. 30 In der Sache ähnlich, wird insoweit auch von einer unzulässigen Nähe der Verleihungsgebühr zur Steuer 31 bzw. von ihrer ausgeprägten Konkurrenz zur Steuer gesprochen und die Abgabe aufgrund dieses Konkurrenzverhältnisses gelegentlich als Spielart der Sonderabgabe mit dem spezifischen Belastungsgrund „Verleihung einer Erlaubnis" qualifiziert. 32 Nach Ansicht mancher können mit der Verleihungsgebühr somit auch die durch das Bundesverfassungsgericht zum Schutz der Finanzverfassung entwickelten Zulässigkeitsanforderungen an Sonderabgaben unterlaufen werden, würde sie ohne weiteres anerkannt. 33 Im übrigen gilt die Verleihungsgebühr als unvereinbar mit der „Staatsform" Steuerstaat. 34 Der moderne Staat sei seinem Wesen nach Steuerstaat und habe sich als solcher auf die Erfüllung gewisser öffentlicher Versorgungsaufgaben beschränkt, während er das Wirtschaften Privaten überlasse. Deren wirtschaftliche Leistung sei ausschließlich der Steuer unterworfen; daneben werde lediglich der besondere Aufwand für individuell zurechenbare Staatsleistungen durch spezielle Entgeltabgaben (Gebühren, Beiträge) einer Abgabe unterworfen. Ein Entgelt für die wirtschaftliche Nutzung einer staatlich verliehenen Befugnis sei diesem System fremd. 35 Neben den Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 878 f., Rdn. 106; Birk, in HHSp, § 3 AO, Rdn. 150; Sachs-Siekntiinn, vor Art. 104 a GG, Rdn. 66; Donner/Fischer, Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/Magoulas/Simon/Wolf (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Staat und Markt, 366 (372); Hofmann, Der baden-württembergische Wasserpfennig, VB1BW 1988, 426 (427 f.). 30 Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (778). 31 Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, in: Umweltschutz durch Abgaben und Steuern, UTR 16 (1992), S. 15 (43 f.), Fn. 145; Friauf, „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben, Festschrift Universität Köln, 679 (696); Birk, in HHSp, § 3 AO, Rdn. 150; Arndt, Umweltrecht, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 879, Rdn. 107. 32 Friauf, „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben, Festschrift Universität Köln, 679 (696). 33 Jarass, Verfassungsrechtliche Grenzen für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben, DÖV 1989, 1013 (1016); v. Mutius/Lünenbürger, Öffentliche Abgaben für Wasserentnahmen kraft Landesrechts, DVB1. 1995, 1205 (1207 f.); Donner/Fischer, Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/Magoulas/Simon/Wolf (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Staat und Markt, 366 (372). 34 Zum sog. Wesen des Steuerstaats ausführlich unter Gliederungspunkt C H I .

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

62

bei kostenlosen Rechtsverleihungen des weiteren k a u m zu überwindenden Problemen bei der Gebührenbemessung 3 6 fehle es der Verleihungsgebühr schließlich an einer hinreichenden Rechtfertigung. 3 7 Formelartig hat die vorgenannten Bedenken Pietzcker

zusammengefaßt,

für den die Verleihungsgebühr eine konturenlose Abgabeform ohne hinreichende L e g i t i m a t i o n darstellt, welche die Bemühungen des Bundesverfassungsgerichts u m eine Sicherung der Finanzverfassung von der Gebührenseite her durchkreuzt. 3 8 D e m entspricht es, daß weite Teile des Schrifttums dieser Abgabe bis heute die Anerkennung versagt haben und die Verleihungsgebühr auch i n thematisch einschlägigen Zusammenhängen entweder unerwähnt lassen 3 9 oder als eigenständigen Gebührentypus

ableh-

35

Friauf\ „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben, Festschrift Universität Köln, 679, (682 f.). Gegen den von Friauf in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwurf des Anachronismus der Verleihungsgebühr mit beachtlichen Gründen Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AöR 115 (1990), 577 (604). Die Abschöpfung hoheitlich veranlaßter Sondervorteile im Rahmen des Abgabenrechts sei ganz und gar nicht anachronistisch in einem System, das auf der anderen Seite unbestritten die Entschädigung hoheitlich auferlegter Sonderopfer im Rahmen des Staatshaftungsrechts billige. Auch Weyreuther, Das Abgabenrecht als Mittel des Umweltschutzes, UPR 1988, 161 (165) sieht in der Abschöpfung das Gegenstück zur Sonderopferentschädigung und scheint Hendler damit, wenn auch nicht ausdrücklich, beizupflichten. Ähnlich auch Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 233, hier die Vorzugslasten als das „spiegelbildliche Gegenstück" zur Enteignungsentschädigung betrachtend, die „durch eine Geldzahlung des Staates den mit der Enteignung verbundenen Vermögensnachteil des Enteigneten ausgleicht und so bewirkt, daß sich dessen Gesamtvermögen nicht verringert." Diese Umschreibung trifft spiegelbildlich auf die abschöpfende Verleihungsgebühr zu. 36 Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (779); Donner/Fischer, Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/Magoulas/Simon/Wolf (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Staat und Markt, 366 (371 f.). Zu spezifischen Problemen der Bemessung von Verleihungsgebühren jetzt ausführlich Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 274 ff. 37 Friauf „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben, Festschrift Universität Köln, 679, (688, 696); Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (172). 38 Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (779, 781); ihm folgend: Raber, Wassemutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (221). Beachtlich ist allerdings, daß Pietzcker selbst die Verleihungsgebühr unter bestimmen Voraussetzungen für zulässig hält; vgl. a.a.O., S. 779. 39 Obgleich etwa Tipke/Lang in der neuesten Auflage ihres Steuerrechtslehrbuchs mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Wasserpfennig sowie der Erhebung von Ressourcennutzungsgebühren einen für die Verleihungsgebühr an sich einschlägigen Themenbereich erörtern, bleibt die Verleihungsgebühr unerwähnt; vgl.

I. Die Behandlung der Verleihungsgebühr in der Literatur

63

2. Befürwortende Ansichten Vor allem die Hinweise auf die angebliche Gebührenfeindlichkeit

der

Verleihungsgebühr haben gezeigt, daß die Diskussion i n nicht unbedeutender Weise durch die Frage mitbestimmt wird, welchen Einfluß die M e r k male der allgemein anerkannten Verwaltungs- und Benutzungsgebühren auf den Gebührenbegrijf

haben. Insoweit w i r d teilweise die Ansicht vertreten,

daß die auf der Ebene des einfachen Gesetzesrechts vorgenommene Normierung

von Abgabearten

sowie die traditionelle

Systematisierung

Abgabearten i n der wissenschaftlichen Literatur lediglich typische setzungen sowie typische

Rechtfertigungsanforderungen

der

Zweck-

erfaßten, für eine

verfassungsrechtliche Betrachtung der Gebühr aber keine normative Bedeutung hätten. 4 1 Welche Anforderungen an eine bestimmte Abgabe v o n Verfassungs wegen zu stellen seien, ergebe sich somit nicht aus tradierten Bezeichnungen und Begriffen,

sondern allein aus den v o m Grundgesetz

dieselben, Steuerrecht, S. 48f., Rdn. 18 f. Trotz Erörterung an sich einschlägiger Abgabenbeispiele wird die Verleihungsgebühr ebenso außer acht gelassen von AK-GG-Birk, Art. 105 GG, Rdn. 11: zum Wasserpfennig; Müggenborg, Gewässerschutzrecht im Überblick und Anmerkungen zum DDR-Wassernutzungsentgelt, L K V 1993, 353 (358): zum „Wasserdargebot" als gebührenfähige Leistung; Boreil/ Schemmel/Stern, Sonderabgaben für den Umweltschutz? Sieben Vorschläge auf dem Prüf stand, S. 108 f.: zum Wasserpfennig („Verleihungssonderabgabe"); Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, S. 151 ff.; Arndt, Grundzüge des Allgemeinen Steuerrechts, S. 10f.: zur Abschöpfung individuell unterschiedlicher Nutzeffekte einheitlich bemessener Verwaltungsgebühren; Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 83: zur bergrechtlichen Förderabgabe und zur Spielbankabgabe; Körte, Die Erhebung einer Abgabe auf die Luftverunreinigung durch Kraftfahrzeugabgase, S. 117 ff., 125 f.: zur abgabenrechtlichen Belastung der Inanspruchnahme von Luft als Aufnahmemedium für Kraftfahrzeugabgase. Unerwähnt bleibt die Verleihungsgebühr auch in zahlreichen allgemeinen gebührenrechtlichen Darstellungen, so etwa bei Mohl/Wegener, Ökologisierung kommunaler Gebühren?, KStZ 1996, 87 (89); dieselben, Marktwirtschaftliche Instrumente in der Ab Wasserwirtschaft und im Gewässerschutz - Gebühren, Abgaben oder Steuern und das Problem der Gestaltung der Preise, KStZ 1996, 106; Birk, Steuerrecht I, S. 31 f., Rdn. 13ff.; Klein, Grundlagen des staatlichen Finanzrechts, S. 52f., Rdn. 133 ff.; Dahmen, Zur Förderung der Abfallvermeidung und Abfallverwertung durch Maßnahmen des kommunalen Abgabenrechts, KStZ 1988, 132 ff. 40

Außer den in diesem Abschnitt bisher genannten Stimmen wird die Verleihungsgebühr des weiteren ausdrücklich abgelehnt von Manssen, Finanzverfassungsrechtliche Aspekte der Einführung einer sog. Nahverkehrsabgabe, DÖV 1996, 12 (16): „kein allgemein zulässiger Abgabentyp", sowie wohl auch von Fechner, Kommunale Parkgebühren zwischen öffentlichem Sachenrecht und Umweltpolitik, DVB1. 1997, 11 (16), Fn. 68. 41 Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individual verkehr, S. 17 - Hervorhebung durch den Verfasser. Ähnlich Meßerschmidt, Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (932).

64

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

gegebenen Maßstäben, wobei „reine" Ausformungen nichtsteuerlicher Abgabetypen vom Grundgesetz ohnehin nicht gefordert würden. 42 Die verfassungsrechtliche Haltbarkeit einer solchen Ausgangsposition vorausgesetzt, 43 verwundert es nicht, daß sich zahlreiche Stimmen für die Anerkennung der Verleihungsgebühr aussprechen, obgleich diese Abgabe in zentralen Punkten den gängigen Gebührenmerkmalen zu widersprechen scheint 4 4 Mußgnug etwa meint, daß der gängige Gebührenbegriff mit dem 42

Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individual verkehr, S. 17. Zur Auseinandersetzung mit dem verfassungsrechtlichen Gebührenbegriff siehe ausführlich Gliederungspunkt D II. 44 Neben den in den nachfolgenden Nachweisen genannten Autoren äußern sich zur Verleihungsgebühr im Grundsatz bejahend: Kloepfer, Grundrechtsfragen der Umweltabgaben, in: Mackscheidt (Hrsg.), 161 (177); Kühne, Die Förderabgabe im Schnittpunkt von Bergrecht und Finanzverfassungsrecht, DB 1982, 1693 (1696); Wieland, Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (133 f.); Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 65 f.; Mußgnug, Der Bemessungsmaßstab der Förderabgabe auf Erdgas nach der Niedersächsischen Verordnung über Feldes- und Förderabgabe(n), Zeitschrift für Bergrecht 1993, 168 (172); Köck, Indirekte Steuerung im Umweltrecht; Abgabenerhebung, Umweltschutzbeauftragte und „Öko-Auditing", DVB1. 1994, 27 (30), allerdings nicht explizit von Verleihungsgebühren, sondern von „wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Konzessionsentgelten" sprechend; ders., Der „Wasserpfennig" und das Abgabenrecht, UPR 1991, 7 (8); ders., Umweltabgaben Quo vadis?, JZ 1993, 59 (64), hier jedoch auch mit grundsätzlichen Bedenken; Meßerschmidt, Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (926f.); ders., Umweltabgaben im Gefüge der Finanzverfassung, UTR 3 (1987), 83 (97f.); ders., Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 198, 202; Breuer, Rechtsprobleme der Altlasten, N V w Z 1987, 751 (761); F. Kirchhof, Grundriß des Abgabenrechts, S. 8, Rdn. 13; S. 93, Rdn. 174.; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, S. 41; Schneider, Abgabenarten und deutsches Abgabensystem, VB1BW 1988, 161 (163); Sanden, Die Abgaben für die Wasserentnahme in den neuen Bundesländern, UPR 1994, 424 (427, 429); ders., Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „Wasserpfennig-Entscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (183); ders., Das Wassernutzungsentgelt der ehemaligen DDR, DStZ 1995, 192 (193); Balmes, Der baden-württembergische Wasserpfennig aus verfassungsrechtlicher Sicht, DStZ 1990, 198 (199); Maunz, in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 105 GG, Rdn. 15, allerdings von „Konzessionsabgabe" sprechend; ebenso Fischer-Menshausen, in: v. Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, Rdn. 7 zu Art. 105; Scholz/Aulehner, Verfassungsfragen zur Lenkungsabgabe am Beispiel der Automatenbesteuerung, BB 1991, 73 (74), allerdings mit der überraschenden Einschränkung, daß die Anerkennung der Verleihungsgebühr im konkreten Fall stets das Entstehen eines staatlichen Aufwandes anläßlich der Rechtsverleihung voraussetze; Matthiesen, Das Nordrhein-Westfalen-Modell für Sonderabfallentsorgung und Altlastensanierung, NWVB1. 1987, 74 (76 f.); Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, S. 58 f., Rdn. 152; Karpen, Die Förderabgaben nach dem Bundesberggesetz im bundesstaatlichen Finanzausgleich, AÖR 109 (1984), 417 (425 ff.); Henneke, Finanzierungsformen im Abgabenstaat, Jura 1990, 113 (114); Vogel/Walter, Bonner Kommentar zum GG, Art. 105, Rdn. 40; Breuer, Umweltschutzrecht, in: SchmidtAßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 488, Rdn. 95; Brandt, Artikel Ge43

65

I. Die Behandlung der Verleihungsgebühr in der Literatur Erhebungszweck einen

der Kostendeckung für die zugewendete Leistung

nur

möglichen „Gebührengrund" darstelle und nur den Typus Verwal-

tungsgebühr

erfasse,

während

daneben

noch

weitere

Gebührengründe

bestünden, namentlich der Ausgleich von wirtschaftlichen Vorteilen, w i e sie bspw. auch den Entnehmern von Grund- oder Oberflächenwasser sen.

45

zuflös-

Demzufolge betrachtet er die Verleihungsgebühr als prinzipiell zuläs-

sigen Gebührentypus, den zu regeln sich der Gesetzgeber allerdings nur von Fall zu Fall entschließe, anstatt, wie i m Falle der Verwaltungs- oder der Benutzungsgebühr,

die Exekutive

generell

zu seiner

Erhebung

zu

ermächtigen. 4 6 Andere weichen dadurch von einem durch Verwaltungs- und Benutzungsgebühren geprägten Vorstellungsbild ab, indem sie in der Erteilung einer B e w i l l i g u n g durch den Staat ohne weiteres auch eine Sachleistung sehen, obgleich diese keinen substanzbezogenen Leistungsgegenstand nach angebotener Güter oder Dienstleistungen darstellt. 4 7 F. Kirchhof dem „sonderabgabeähnlichen" zwar

die

Gefahr

einer

Art

sieht i n

Kern der Verleihungsgebühr des weiteren finanzverfassungsrechtlich

problematischen

„Gewinnerzielung" begründet, hält jedoch die einfache und klare Konzepbühr, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), Handwörterbuch des Umweltsrechts, I. Band, Sp.799 (802); Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 382; Kloepfer/Schulte, Zuständigkeitsgrenzen bei der Einführung landesrechtlicher Abfall(Sonder-)abgaben, UPR 1992, S. 201, Fn. 12; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 273, Rdn. 28; Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, Heidelberg 1990, § 87, Rdn. 46, S. 33 f. und S. 35, Fn. 189; de Buhr, Anmerkung zum Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 27.02.1992 (Hamburgischer Wasserpfennig), IUR 1992, S. 236f.; Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991, 1 (2); Nicolay sen, Bewilligung und Förderabgabe nach dem BBergG, S. 34f.; Lerche/Pestalozza, Die bergrechtliche Förderabgabe im System des horizontalen Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen nach Art. 107 I I GG, S. 67, 72; Kretz, Umweltabgaben am Beispiel der Abfallabgabe und Altlastenfinanzierung, BWVP 1994, 29 (30); Friauf, Zur Zulässigkeit von aussersteuerlichen Sonderabgaben, Festschrift für Willy Haubrichs, 103 (105) zu „Konzessionsabgaben"; Fleischer, McDonald's-Steuer, Bundesstraßenmaut und Wasserpfennig, SteuerStud 1997, 113 (114, 121); Jakob /Zugmaie r, Grundfragen von Umweltabgaben - zugleich ein Beitrag zur finanzverfassungsrechtlichen Abgabentypologie, in: dies. (Hrsg.), Umweltabgaben als Rechtsproblem, 11 (27); im Grundsatz bejahend zur Verleihungsgebühr wohl auch Jachmann, Sonderabgaben als staatliche Einnahmequelle im Steuerstaat, StUW 1997, 299 (307). 45 Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 21 f. 46 Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 22. 47 So etwa F. Kirchhof, Grundriß des Abgabenrechts, S. 93, Rdn. 174; ebenso Lerche/Pestalozza, Die bergrechtliche Förderabgabe im System des horizontalen Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen nach Art. 107 I I GG, S. 64 ff. 5 Drömann

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

66

tion der Verleihungsgebühr gegenüber alternativen Abgabenlösungen für überlegen. 48 Denn bei der Sonderabgabe etwa belaste der Gesetzgeber zur Stillung seines Finanzhungers nicht die realiter vorgefundenen Gruppen, sondern suche sich aus den unzähligen Möglichkeiten gedanklicher Homogenisierung die zu seinen Aufkommensvorstellungen passende Gruppenkonfiguration selbst heraus. Demgegenüber sei bei der Verleihungsgebühr gesichert, daß nur der Rechtsinhaber Abgabeschuldner wird. Für F. Kirchhof ist die Verleihungsgebühr damit zugleich ein geeignetes Instrument, die finanzverfassungsrechtlich noch bedenklicheren Sonderabgaben zurückzudrän49

gen. Befürchtungen einer Kommerzialisierung der Verwaltung durch Erhebung von Verleihungsgebühren schließlich werden von den Anhängern dieses Abgabentyps ebenfalls zerstreut. Statt des behaupteten gleichheitswidrigen Effektes von Verleihungsgebühren betont Wieland im Gegenteil deren gleichheitsstiftende Wirkung. Denn der Erteilung von Konzessionen bzw. Sonderrechten an einzelne stünden infolge der Privilegierung von Einzelpersonen an sich Gesichtspunkte des Gleichheitssatzes entgegen, welche erst durch die Vorteilsabschöpfung mittels Verleihungsgebühren beseitigt würden. 50 Hierauf aufbauend hat Heimlich die Legitimation des Gesetzgebers zur Auferlegung von Verleihungsgebühren mit der Verpflichtung des gemeinwohlverpflichteten Staates zur Wiederherstellung von Gleichheit bzw. zur Einebnung jenes Gerechtigkeitsgefälles begründet, das durch die Rechtsverleihung an einzelne erst entstanden ist. 5 1 48

F. Kirchhof Umweltabgaben im Abfallwesen, DVB1. 1994, 1101 (1104). F. Kirchhof Leistungsfähigkeit und Wirkungsweisen von Umweltabgaben an ausgewählten Beispielen, in: Umweltschutz durch Abgaben und Steuern, UTR 16 (1992), S. 101 (115). Ähnlich ders., Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (558) mit weiteren angeblichen Vorzügen der Verleihungsgebühr gegenüber der Sonderabgabe, z.B. gesicherten Bemessungsprinzipien und Begriffsmerkmalen. In seiner Monographie zur Höhe der Gebühren hatte F. Kirchhof die mangelnde Aufnahme von Verleihungsgebühren in die allgemeinen Gebührengesetze noch mit dem alleinigen Hinweis begründet, daß die Gebührenpraxis Abgabepflichten häufig an Rechtseinräumungen knüpfe, die Behandlung entsprechender Abgabepflichten als Verwaltungsgebühr aber regelmäßig zu Bemessungsschwierigkeiten führe; vgl. ders., Die Höhe der Gebühr, S. 30. 50 Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 237 f. Für Wieland teilen Verleihungsgebühren daher nicht staatliche Erlaubnisse nach Vermögen zu, sondern sie verhindern, daß zu der auf der Verleihung beruhenden Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten einzelner Bürger eine Mehrung ihres Vermögens tritt, sich das befürchtete „Zwei-Klassenrecht" also erst herausbildet; vgl. ders., a.a.O., S. 302ff. 51 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 141 ff. Soweit ersichtlich, hat erstmals Weyreuther die „Einebnung" von Sondervorteilen als Rechtfertigungsgrund für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben bezeichnet. In diesem Sinne definiert er Abschöpfung als „Einebnung eines Gefälles um der Angleichung willen"; vgl. ders., Das Abgabenrecht als Mittel des Umweltschutzes, UPR 1988, 49

I. Die Behandlung der Verleihungsgebühr in der Literatur

67

3. Anmerkungen zum gegenwärtig erreichten Diskussionsstand Obgleich die jüngeren Stellungnahmen zur Verleihungsgebühr die Skepsis gegenüber dieser Abgabeform aus gleichheits- und grundrechtlicher Sicht abgebaut haben mögen, bleibt der Begründungsaufwand zur Integration des Verleihungskonzepts in das Gebührenregime nach wie vor hoch. Unterscheidet man insoweit zwischen zulässigkeitsschaffenden und zulässigkeitserhaltenden Eckpunkten, so dürfte sich das Schwergewicht der zu bewältigenden Probleme nach dem heutigen Stand der Diskussion gleichwohl in Richtung auf erstere verschoben haben. Niemand bezweifelt heute, daß sich das Verleihungskonzept vor den grundrechtsschützenden Aussagen der Finanzverfassung nur insoweit in das Gebührenregime integrieren läßt, als daß ausschließlich solche Rechte mit einer Abgabepflicht belegt werden können, auf deren Gewährung der Abgabeschuldner nicht schon kraft seiner Grund- und Freiheitsrechte Anspruch hat. Die Einbettung des Verleihungskonzeptes in die gebührenrechtliche causa hingegen offenbart weitergehenden Begründungsbedarf, um den Befund einer konturenlosen Abgabe und die Gefahr einer Bedrohung für die auf Formenstrenge angewiesene Finanzverfassung zu überwinden. Der vertiefenden Klärung bedarf jedoch vor allem, wie der Zugriff des Gesetzgebers auf die Idee des Verleihungskonzeptes aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht zu beurteilen ist. Dabei darf der Blick nicht nur auf die Bewältigung des Belastungsgrundes Rechtsverleihung verengt werden, sondern hat sich auch auf die systematische Einordnung der verleihungsnahen Anknüpfungsvarianten zu richten. Hieran mangelt es der bisherigen Diskussion jedoch, die sich unter Vernachlässigung verleihungsnaher Anknüpfungen wie etwa der Ressourcennutzungsgebühr nahezu ausschließlich der Rechtsverleihung zugewandt hat und dadurch auch eine differenzierende Betrachtung von Regulierungsabgaben und Internalisierungsabgaben vermissen läßt. Daß sich unter dem Dach der Verleihungsgebühr in der Abgabenpraxis ganz unterschiedliche, hier als Verleihungskonzept bezeichnete Anknüpfungsvarianten verbergen, droht dabei allerdings übersehen zu werden. Obgleich sich die einzelnen Anknüpfungsvarianten nach „Idee und Funktion" 5 2 gleichen, beinhalten sie doch voneinander verschiedene Belastungsentscheidungen, die jeweils auch eigenständiger verfassungsrechtlicher Beurteilung bedürfen. 161 (162). Ähnlich auch P. Kirchhof Die Sonderabgaben, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 669 (678). 52 Begriff in BVerfGE 55, 274 (298) zum Verhältnis von Steuer und Sonderabgabe.



68

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

Bevor jedoch die im Steuerstaat geltenden Maßstäbe für eine Beurteilung dieser nichtsteuerlichen Belastungsformen im einzelnen herausgearbeitet werden, soll zum Abschluß dieses Abschnitts ein Blick auf die Präsenz des Verleihungskonzeptes innerhalb der Rechtsprechung geworfen werden. Dabei wird sich zeigen, daß die Rechtsprechung bereits wichtige Hinweise zur Konturierung von Verleihungsabgaben gegeben hat.

I I . Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung Die Rechtsprechung hatte sich bisher vergleichsweise selten mit der Frage zu befassen, ob und in welcher Form Abgaben auf die Verleihung von Rechten erhoben werden dürfen. Erst die in den letzten Jahren aufkommenden Wasserentnahmeentgelte haben den Problembereich „Verleihungsgebühr" aufgrund zahlreich angefochtener Vorauszahlungsbescheide zum Gegenstand streitiger Verfahren gemacht und neben den Verwaltungsgerichten bekanntermaßen auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigt. Zuvor jedoch sahen sich die Gerichte nur selten zu Stellungnahmen veranlaßt.

1. Verfassungsrechtsprechung Das Bundesverfassungsgericht hatte sich in nur wenigen Entscheidungen mit Rechtsfragen zu befassen, welche den Zusammenhang zwischen Rechtseinräumung und Abgabeerhebung betreffen. Den Begriff Verleihungsgebühr benutzte das Gericht dabei, soweit ersichtlich, nicht, hat aber in einer mehr oder minder unbeachtet gebliebenen Entscheidung den Begriff der Verleihung definiert und in diesem Zusammenhang auch Aussagen von abgabenrechtlicher Relevanz getroffen. So führte der Zweite Senat 53 im Verfahren über die Bestimmtheit des inzwischen weggefallenen § 15 Abs. 2 lit. a) des Fernmeldeanlagengesetzes 54 zum Verleihungsbegriff aus, daß es sich hierbei um einen aus Sicht von Rechtsprechung und Literatur an sich überholten Rechtsbegriff handele, der nach heutiger Terminologie im Begriff der Genehmigung aufgegangen sei. 55 Im Regelungsbereich des § 15 Abs. lit. a) FAG etwa habe demgemäß Übereinstimmung darin bestanden, daß es sich bei Verleihungsbedingungen um Auflagen im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG handele, d.h. um Bestimmungen, durch die 53

Beschluß vom 22. Juni 1988, 2 BvR 234/87, 1154/86; BVerfGE 78, 374ff. In der Fassung der Bekanntmachung vom 17. März 1977 (BGBl. I S. 459, berichtigt S. 573). Die Vorschrift drohte Freiheitsstrafe demjenigen an, der „ . . . genehmigungspflichtige Fernmeldeanlagen unter Verletzung von Verleihungsbedingungen errichtet, ändert oder betreibt." 55 BVerfGE 78, 374 (384). 54

II. Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen werde. 56

69 vorgeschrieben

Was die Regelungsbefugnis der ehemaligen Bundespost als Urheberin dieser Verleihungsbedingungen anbetrifft, so stellte das Gericht insoweit auf Inhalt und Umfang der dem Bund zugewiesenen Gesetzgebungskompetenz für das Post- und Fernmeldewesen 57 als „äußerste Grenze für die Verwaltungsbefugnisse" ab. 5 8 Unter Berufung auf Entscheidungen des Reichsgerichts sowie des Bundesgerichtshofs hielt das Gericht es für selbstverständlich, daß Inhalt von „Verleihungsbedingungen" auch Bestimmungen sein könnten, welche die Erwirtschaftung von Geldmitteln zur Erhaltung und Förderung einer flächendeckenden und leistungsfähigen Fernmeldeinfrastruktur bezwecken. 59 Ohne die insoweit bestehende Regelungsbefugnis auf bestimmte Einnahmearten einzuengen, hat das Bundesverfassungsgericht der Kompetenz zum Erlaß von Verleihungsbedingungen damit zugleich auch die Befugnis entnommen, Abgaben für die Erlaubnis zur Nutzung genehmigungspflichtiger Fernmeldeanlagen zu erheben. Der Sache nach leitete das Bundesverfassungsgericht somit aus Art. 73 Nr. 7 GG eine Kompetenz zur Erhebung sog. sachkompetenzimpliziter Verleihungsabgaben ab, hat aber, soweit ersichtlich, diesen Gedanken seither nicht weiter verfolgt. 60 Den aus Sicht des Abgabenrechts bekannteren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts lassen sich weitere Hinweise zur grundsätzlichen 56

BVerfGE 78, 374 (384) m.w.N. Heute: „Telekommunikation"; vgl. Art. 73 Nr. 7 GG. 58 BVerfGE 78, 374 (386); 12, 205 (229). 59 BVerfGE 78, 374 (387). 60 Begriff von Selmer für solche Abgaben, bei denen die Sachzuständigkeit „ . . . aus sich heraus, ihrer Art nach bzw. nach ihrem unmittelbaren Sachgehalt" (auch) auf die Erhebung bestimmter öffentlicher Abgaben gerichtet ist, wie dies das Bundesverfassungsgericht etwa für Sozialversicherungsabgaben i.S.d. Art. 74 Nr. 12 GG festgestellt hat; vgl. ders., Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 26f.; ders., Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, in: Umweltschutz durch Abgaben und Steuern, UTR 16 (1992), S. 15 (40). - Das Bundesverfassungsgericht bezeichnet derartige sachkompetenzimplizite Abgaben im Lichte der Schutzund Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung als „unbedenklich"; vgl. BVerfGE 93, 319 (344); vgl. auch BVerfGE 75, 108 (148). Auch den sog. Kabelgroschen einen Teil der Rundfunkgebühren, den die Veranstalter von öffentlich-rechtlichem Fernsehen für die Erforschung und Weiterentwicklung des Kabelfernsehens eingesetzt haben - hat das Bundesverfassungsgericht als sachkompetenzimplizite Abgabe für unproblematisch gehalten, weil die Sachkompetenz aus Art. 70 Abs. 1 GG die Kompetenz zur Regelung der Rundfunkfinanzierung einschließe; vgl. Urteil vom 22.02.1994, 1 B v L 30/88; BVerfGE 90, 60 (105 f.); dazu Dörr, Urteilsbesprechung, JuS 1995, 69 (71). Zur finanzverfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit sachkompetenzimpliziter Abgaben siehe auch BVerwG, Urteil vom 03.03.1994, 4 C 1.93, BVerwGE 95, 188 (192) - Luftsicherheitsgebühr; siehe hierzu auch Selmer, Urteilsbesprechung, JuS 1995, 465 ff. 57

70

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

Position des Gerichts gegenüber der Verleihungsidee entnehmen. Im Beschluß über Verfassungsmäßigkeit und Fortgeltung von § 7 der Verordnung über öffentliche Spielbanken 61 ist das Gericht ausdrücklich auch auf den der Verleihungsgebühr zugrundeliegenden Belastungsgedanken eingegangen. 62 Den Zweck der Spielbankabgabe63 als Abschöpfung des Spielbankaufkommens 64 und die Zulassung von Privaten zum Betrieb von Spielbanken als „Konzessionierung" 65 bezeichnend, ließ das Gericht die abgabenrechtliche Qualifizierung der Spielbankabgabe zwar ausdrücklich offen, 66 äußerte sich aber im Zusammenhang mit der Verwendung des Troncaufkommens grundsätzlich positiv zur Vorteilsabschöpfung aus Konzessionsgewinnen. In diesem Sinne führte das Gericht aus, die Abschöpfung eines Teils des Tronc werde als Abgabe besonderer Art zu verstehen sein, die „ . . . in untrennbarem Zusammenhang mit der Konzessionierung der Spielbank steht, und zwar insofern, als das Aufkommen, von dem ein Teil für gemeinnützige Zwecke abgeschöpft wird, durch die Konzessionierung überhaupt erst möglich gemacht wird. " 67 Wie sich zeigt, hält das Bundesverfassungsgericht die Abschöpfung von Vorteilen aus Rechtsverleihungen mittels Abgaben somit für möglich. Daß dieser Belastungsgrund eine Affinität zu Vorzugslasten habe, wird man dem Beschluß allerdings nicht entnehmen können. Obgleich die Vorteilsabschöpfung heute überwiegend als Rechtfertigungsgrund für Vorzugslasten genannt wird, dürfte der Hinweis auf die „Abschöpfung" des Aufkommens doch eher als abgabenindifferenter Hinweis auf die grundsätzliche Rechtfertigungsfähigkeit einer solchen Belastung zu verstehen sein oder sich gar auf eine Rechtfertigung der Abgabe als Steuer beziehen. Von grundsätzlicher Bedeutung für die vorliegende Untersuchung ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gleichwohl. Sie erkennt die Abschöpfung von Vorteilen aus einer besonderen Rechtsstellung („Konzessionierung") 68 grundsätzlich an und gibt zudem den Rahmen vor, in wel61

Vom 27. Juli 1938 (RGBl. I S. 955) in der Fassung der Verordnung vom 31. Januar 1944 (RGBl. I S. 60). 62 Beschluß des Zweiten Senats vom 18. März 1970 in dem Vorlageverfahren 2 BvO 1/65; BVerfGE 28, 119ff. Entscheidungsgegenstand war die Frage, ob § 7 Abs. 2 der Verordnung, der die Verwendung des durch Spenden und Zuwendungen von Spielgästen gespeisten sog. Spielbanktroncs regelt, als Bundesrecht fortgilt. 63 Nach § 5 der Verordnung über öffentliche Spielbanken waren Empfänger einer Berechtigung zum Betriebe von Spielbanken zur Abführung einer Abgabe an das Reich verpflichtet, dafür aber nach § 6 der Verordnung von den laufenden Steuern auf das Einkommen, das Vermögen und den Umsatz befreit. 64 BVerfGE 28, 119 (146). 65 BVerfGE 28, 119 (148, 150). 66 BVerfGE 28, 119 (150f.). 67 BVerfGE 28, 119 (150).

71

II. Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung

chem sich eine solche Abgabe überhaupt nur legitimieren läßt: Indem das Gericht die Abschöpfung auf Vorteile bezieht, welche durch die Rechtsverleihung „ . . . überhaupt

erst möglich

gemacht

(werden)"?

9

n i m m t es bereits

jene Grenzziehung vorweg, welche i m Zusammenhang m i t der Erörterung zulässigkeitserhaltender

Eckpunkte einer Verleihungsgebühr

später

durch

die Beschränkung der Abgabebelastung auf „Ausnahmen von repressiven Verboten",70

„konstitutive

„Rechtsmacht"

72

Rechtsverleihungen" 7 1 ,

einen

Zugewinn

an

oder eine „Erweiterung der Rechtssphäre" 7 3 umschrieben

worden i s t . 7 4 Ähnliche Hinweise auf den Mindestgehalt belastungsfähiger

Rechtsge-

währungen hatte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts bereits i m Beschluß über die Verfassungsbeschwerde eines Gastwirts gegen seine Heranziehung zur Zahlung einer Schankerlaubnissteuer 7 5 anklingen lassen. 7 6

68

BVerfGE 28, 119 (148, 150). BVerfGE 28, 119 (150). 70 Arndt, Entwurf eines Bundesabfallabgabengesetzes und das Grundgesetz, BB 1992, 1 (3 f.); ähnlich Nicolay sen, Bewilligung und Förderabgabe nach dem BBergG, S. 35: „nicht allgemein eröffnete Benutzung"; F. Kirchhof, Grundriß des Abgabenrechts, S. 8, Rdn. 13. 71 F. Kirchhof, Der Baden-Württembergische „Wasserpfennig", N V w Z 1987, 1031 (1035). 72 F. Kirchhof, Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (559); ähnlich Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 24; Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 117 ff., 295, 302; Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991, 1 (3); Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 236ff., 264. 73 HessStGH, N V w Z RR 1992, 597 (599). 74 So für die Erhebung von Gebühren auf die Nutzung von Umweltgütern auch Kluth, Verfassungs- und abgabenrechtliche Rahmenbedingungen der Ressourcenbewirtschaftung, NuR 1997, 105 (110); v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1064 f.). Der Gemeingebrauch von Umweltgütern kann nach Kluth zwar nicht mit Gebühren, dafür aber mit öffentlichen Preisen belastet werden; vgl. a.a.O., S. 112. Öffentliche Preise von Abgaben zu scheiden und dem Geltungsbereich der Finanzverfassung zu entziehen, dürfte sich aus Sicht der Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes jedoch als problematisch erweisen. 75 Die dem Verfahren zugrundeliegende Abgabe war in § 1 der Steuerordnung des Kreises Bergheim vom 14. März 1932 wie folgt umschrieben: „Die Erlangung der Erlaubnis zum ständigen Betriebe einer Gastwirtschaft, einer Schankwirtschaft, eines Kleinhandels mit Branntwein oder Spirituosen unterliegt nach näherer Vorschrift der §§ 2 bis 4 einer Steuer. Für die Steuer haftet derjenige, dem die Erlaubnis erteilt worden ist"; vgl. BVerfGE 13, 181 (182). 76 1 BvR 833/59, Beschluß vom 30.10.1961, BVerfGE 13, 181 ff. - Neuerdings hatte sich das Bundesverwaltungsgericht mit einer Schankerlaubnissteuer zu befassen, hat sich in seinem Urteil vom 08.12.1995 (Az. 8 C 36.93) aber vor allem mit 69

72

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

Hier meint das Gericht, daß die Schankerlaubnis erst die „ . . . Möglichkeit eröffnet..., das Bedürfnis von Gästen nach ... (dem) Genuß alkoholischer Getränke zur Erwerbsquelle zu machen" 11 Diese Formulierung, welche in ähnlicher Form auch in der Wasserpfennigentscheidung eine Rolle spielen wird, trägt eine Einschränkung des Kreises abschöpfungsfähiger Rechte ebenso in sich wie der im Spielbankbeschluß verwendete Ausdruck, daß die Konzession ein Spielaufkommen „überhaupt erst ermöglicht". Auch der Entscheidung zur Schankerlaubnissteuer lassen sich im übrigen Hinweise darauf entnehmen, daß das Gericht die Einräumung von Rechten grundsätzlich als abschöpfungsfähig anerkennt. Das Gericht ordnete die Erhebung der Schankerlaubnissteuer als Ausschöpfen einer Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ein und betrachtet als deren „Gegenstand ... die Erlangung einer wirtschaftlich relevanten Erwerbsposition, die einer Person gestattet, das Bedürfnis der Bevölkerung nach Geselligkeit und Entspannung und Genuß alkoholischer Getränke zur Erwerbsquelle zu machen" 1* Um dies zu unterstreichen, spricht das Gericht des weiteren von einer „Erlaubnissteuer". 79 Aussagen zur Gebührenfähigkeit der Gewährung wirtschaftlich relevanter Erwerbspositionen lassen sich dem Beschluß jedoch nicht entnehmen. Da das Gericht als Gegenstand der Abgabe jedoch ausdrücklich die Erlangung einer Vermögenswerten Rechtsposition bezeichnet hat und ein Eingehen auf das Verhältnis dieses Gegenstandes zu gebührenrechtlichen Belastungsgründen deswegen durchaus nahegelegen hätte, 80 stellt sich die Frage, ob dem Beschluß implizit auch eine Absage an das Rechtsinstitut der Verleihungsgebühr zu entnehmen ist. Ein solcher Schluß dürfte hingegen die Bedeutung der Entscheidung für die Frage nach der Zulässigkeit nichtsteuerlicher Abgaben überbewerten, denn das Bundesverfassungsgericht setzte sich in seiner Entscheidung vor allem mit der Frage nach der Gleichartigkeit der Schankerlaubnisabgabe mit bundesgesetzlich geregelten Steuern sowie mit ihrer Auswirkung auf das Grundrecht der Berufsfreiheit der Betroffenen auseinander. Dagegen stellte es die Einordnung der Abgabe als Steuer nicht ernstlich in Frage und hatte hierzu auch keinen Anlaß. Fragen der Gleichartigkeit und der Ausgestaltung der Abgabe auseinandergesetzt; vgl. Z K F 1996, 206. 77 BVerfGE 13, 181 (190). 78 BVerfGE 13, 181 (193). 79 BVerfGE 13, 181 (186). 80 Ähnlich Lerche/Pestalozza, Die bergrechtliche Förderabgabe im System des horizontalen Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen nach Art. 107 I I GG, S. 68.

II. Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung

73

Gegen eine Überbewertung der Entscheidung spricht ferner, daß das Gericht von der Ausschöpfung einer durch die Erlaubnis entstandenen Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit spricht, gleichzeitig aber meint, die Allgemeinheit sei an dieser Erwerbsquelle durch eine „besondere, einmalige Steuer" zu beteiligen. 81 Einer solchen Sichtweise der Abgabeausgestaltung hätte es entsprochen, auch hinsichtlich des Belastungsgrundes auf einen einmaligen Vorgang, nämlich die Konzessionseinräumung, abzustellen und dementsprechend auch Überlegungen zur Einbettung dieses Belastungsgrundes in Vorzugslasten anzustellen. Das Schweigen des Gerichts zu dieser an sich naheliegenden Frage unterstreicht die nur untergeordnete Bedeutung der Entscheidung für den Bereich nichtsteuerlicher Abgaben 82 und hinterläßt im übrigen den Eindruck einer gewissen Widersprüchlichkeit: Während die Erhebung einer einmaligen Abgabe zu Zwecken der Abschöpfung gewährter Rechtspositionen bzw. Vorteile nahezuliegen scheint, dürfte mit der Ausschöpfung einer Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit prima facie die Erhebung wiederkehrender Abgabepflichten korrelieren. Hinsichtlich der verschiedenen Ausgestaltungsformen des Verleihungskonzeptes ließe sich daraus ableiten, daß die Ausübung verliehener Rechte in Verbindung mit der Erhebung laufender Entgelte dem Gedanken des Entstehens einer ausschöpfungsrelevanten Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit näher steht als die Einräumung bzw. Verleihung einer Rechtsposition bei einmaliger Abschöpfung. Denn eine Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit liegt schon im Wortsinne insbesondere dort vor, wo der Tatbestand der Leistungsfähigkeit durch die laufende Ausübung von Berechtigungen ständig neu gespeist wird. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung des Belastungsgrundes „Ausübung von Berechtigungen" im Steuerstaat kann diese Nähe zur steuerlichen Ausschöpfung durchaus von Bedeutung sein. Eine Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit der Verleihungsgebühr hatte das Bundesverfassungsgericht sodann im Verfahren über die Vereinbarkeit der Bestimmungen des Zerlegungsgesetzes 83 sowie des Finanzaus81

BVerfGE 13, 181 (190) - Hervorhebung durch den Verfasser. Dieser Befund bestätigt sich indirekt auch darin, daß das Gericht gegen Ende seiner Ausführungen auf die besondere Nähe des Gaststättengewerbes zur Verwirklichung polizeilicher Gefahren eingeht und in der besonderen Überwachungsbedürftigkeit des Gewerbes (das Gericht spricht insoweit von der Überwachung der Einhaltung der Polizeistunde, des Schutzes der Jugendlichen oder des Verbots bestimmter Veranstaltungen) eine Art Rechtfertigung der steuerlichen Zusatzbelastung sieht; vgl. BVerfGE 13, 181 (203 f.). Dieser Gedanke hätte dem Gericht an sich auch Anlaß zu vorzugslasten- bzw. beitragsorientierten Gedanken geben können oder, bei entsprechender Regelung zur Aufkommensverwendung, aus heutiger Sicht sogar zur Auseinandersetzung mit der gruppennützigen Sonderabgabe. Daß das Gericht derartige Gedanken nicht aufgenommen hat, unterstreicht die untergeordnete Bedeutung des Beschlusses für den Problemkreis „nichtsteuerliche Abgaben" umso mehr. 82

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

74

gleichsgesetzes 8 4 m i t Art. 107 Abs. 1 und Abs. 2 G G , i n dem das Gericht Gelegenheit erhielt, sich m i t der Rechtsnatur der bergrechtlichen Förderabgabe gem. § 31 B B e r g G zu befassen. 8 5 Vor allem die Regierungen v o n Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie die Stadtstaaten hatten i n dem Verfahren die Ansicht vertreten, daß die bergrechtliche Förderabgabe als ausgleichsrelevante

Einnahme

entgegen der

vom

Bundesverfassungsgericht

letztlich für nichtig erklärten Bestimmung des § 7 Abs. 2 F A G i n ihrer vollen Höhe i n den Finanzausgleich habe einbezogen werden müssen. 8 6 Niedersachsen dagegen vertrat i n dem Verfahren die Ansicht, der Verteilungsregelung des Art. 107 Abs. 2 G G liege lediglich die Vorstellung eines bloßen Stewerkraftausgleichs zugrunde und bewertete die Förderabgabe als nichtsteuerliche Konzessionsabgabe. 8 7 Obgleich gerade aufgrund der Einschätzung Niedersachsens naheliegend, legte sich das Bundesverfassungsgericht zur Rechtsnatur der Förderabgabe allerdings nicht f e s t , 8 8 sondern entschärfte die u m die Einordnung der Förderabgabe entstandene D i s k u s s i o n , 8 9 83

Zerlegungsgesetz vom 25. Februar 1971 (BGBl. I S . 145) in der Fassung vom 8. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1331). 84 Vom 28. August 1969 (BGBl. I, S. 1432) in der durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl. I, S. 1857) geregelten Fassung. 85 Urteil des Zweiten Senats vom 24. Juni 1986, 2 BvF 1, 5, 6/83, 1/84 und 1,2/ 85; BVerfGE 72, 330ff. 86 Vgl. BVerfGE 72, 330 (349 ff.). Dagegen setzte § 7 Abs. 2 FAG das Aufkommen aus der Abgabe nur zu 33 1/3 v.H. (ab Ausgleichsjahr 1983) bzw. 50 v.H. an. 87 BVerfGE 72, 330 (357). 88 In der Literatur wird daher zu Recht die Meinung vertreten, das Bundesverfassungsgericht habe die Rechtsnatur der Förderabgabe letztlich offengelassen; vgl. Köck, Umweltabgaben Quo vadis?, JZ 1993, 59 (64). - Abweichend insoweit allerdings das Sondervotum Niebiers, der die Abgabe als Verleihungsgebühr qualifiziert; vgl. BVerfGE 72, 330 (433 ff.). 89 Im einzelnen findet sich zur Rechtsnatur der bergrechtlichen Förderabgabe ein recht breites Meinungsspektrum: Henseler (Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 83) hält die Abgabe für eine „vorzugslastenähnliche Sonderabgabe", während Nicolaysen (Bewilligung und Förderabgabe nach dem BBergG, S. 34ff.) die Abgabe als „ . . . in den wesentlichen Grundzügen mit der Rechtsfigur der Gebühr übereinstimmend" betrachtet. Lerche /Pestalozza (Die bergrechtliche Förderabgabe im System des horizontalen Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen nach Art. 107 I I GG, S. 66ff.) meinen, daß die Förderabgabe noch am ehesten mit dem Typus der Verleihungsgebühr bzw. der Konzessionsabgabe erfaßt werden könne, da die Abgabe mit den von der Rechtsprechung als Steuern betrachteten Spielabankabgaben und Schankerlaubnissteuern letztlich nicht zu vergleichen sei. Für eine Verleihungsgebühr spricht sich auch Mußgnug aus; vgl. ders., Der Bemessungsmaßstab der Förderabgabe auf Erdgas nach der Niedersächsischen Verordnung über Feldes- und Förderabgabe(n), Zeitschrift für Bergrecht 1993, 168 (171 f.); ders., Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 23. Kritisch zur Annahme einer Verleihungsgebühr dagegen Friauf\ „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrumente für öffentliche Aufgaben?, Festschrift Universität

II. Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung

75

indem es den Begriff Finanzkraft i.S.d. Art. 107 Abs. 2 Satz 1 GG umfassend auslegte und einer Reduzierung dieses Begriffs auf die Steuerkraft entgegentrat. 90 Zur Charakterisierung der bergrechtlichen Förderabgabe führte das Gericht unterdessen aus, daß die Abgabe „ . . . nicht Ausdruck einer Vermögensumschichtung im Sinne eines Entgelts für die Aufgabe einer eigentumsartigen Sachherrschaft des jeweiligen Landes an seinen Bodenschätzen (ist). Sie stellt eine nicht nur einmalige Einnahme des betreffenden Landes dar, die diesem eine Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg der Förderunternehmen verschafft, die ein Gut der Allgemeinheit nach Maßgabe einer ihnen nach öffentlichem Recht verliehenen Befugnis wirtschaftlich verwerten dürfen." 91 Auch diese Passage wird man nicht als Totalabsage an die gebührenrechtliche Umsetzung der Verleihungsidee verstehen müssen, denn immerhin deutet das Gericht an, daß für die Übertragung der Sachherrschaft an Bodenschätzen durchaus auch die Erhebung eines Entgelts in Betracht kommen könnte. Bemerkenswert ist zudem, daß das Bundesverfassungsgericht mit der zitierten Passage die bereits angedeutete Parallelität zwischen Belastungsgrund und Abgabemaß bestätigt. Das Gericht begründet die mangelnde Entgeltqualität der Abgabe in der dem gerichtlichen Urteilsstil eigenen Verknüpfungslogik damit, daß die Abgabe, wie es einem Entgelt für die Rechtseinräumung seiner Ansicht nach entsprochen hätte, gerade keine einmalige Einnahme darstellt, sondern als wiederkehrende Einnahme ausgeKöln, 679 (690 f.), sowie Piens/Schulte/Vitzthum, (Bundesberggesetz, § 31, Rdn. 2) mit dem Hinweis, daß die Abgabe nach dem Bundesberggesetz - entgegen der Gebührendefinition aus BVerfGE 50, 217 (226) - nicht dazu diene, die Kosten einer Leistung zu decken. So auch Boldt/Weller, die in der behördlichen Entscheidung über die Erteilung der Bergbauberechtigung zwar eine zum Erlaß von Verwaltungsgebühren berechtigtende, individuell zurechenbare Leistung erkennen, jedoch i m Falle einer Abgabe auf die Verleihung einer Rechtsposition das aus ihrer Sicht für die Annahme einer Gebühr konstitutive Merkmal der Kostendeckungsorientierung vermissen und deshalb wohl zur Annahme einer Steuer neigen; vgl. dies., Bundesberggesetz, vor § 30, Rdn. 6. In diesem Sinne spricht Kisker von einer „Gebührensteuer", die als „Gegenleistung" für die staatliche Rechtseinräumung erhoben wird und insoweit Gebühr ist, die aber wegen der Kostenneutralität des Rechtstransfers zu einem fungiblen Aufkommen führt und insoweit gleichzeitig „steuerähnliche Abgabe" ist; vgl. ders., Erforderlichkeit und Auswirkung einer Einbeziehung bergrechtlicher Abgaben, Rechtsgutachten, S. 38 f. Einen Überblick über den Meinungsstand bietet ferner Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 26 f. und 274 ff., der die bergrechtliche Förderabgabe selbst für eine „gegenleistungsabhängige Verleihungsgebühr" hält; vgl. ders., a.a.O., S. 276. 90 BVerfGE 72, 330 (397). In seiner zweiten großen Entscheidung zum Länderfinanzausgleich - 2 BvF 1,2/88, 1/89 und 1/90 - hat der Zweite Senat diese Rechtsprechung durch Urteil vom 27. Mai 1992 bestätigt; vgl. BVerfGE 86, 148 (216). 91 BVerfGE 72, 330 (410). Vgl. auch Friauf, Der bundesstaatliche Finanzausgleich, JA 1984, 618 (626 f.).

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Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

staltet ist, die dem Staat eine Teilhabe am Erfolg der wirtschaftlichen Rechts Verwertung durch die Förderunternehmen verschafft. Die Nähe der Rechtsverleihung zur einmaligen Belastung einerseits sowie der Rechtsausübung (-nutzung, -Verwertung) zu wiederkehrenden Belastungen andererseits kommt hier deutlich zum Ausdruck. Nachdem das Gericht in einer weiteren Entscheidung die abgabenrechtliche Belastungsfähigkeit von Rechtsverleihungen im Grundsatz bestätigt hat, 9 2 hatte es anläßlich der „Wasserpfennigentscheidung" erstmals Gelegenheit, sich nicht nur in einem obiter dictum, sondern im Rahmen der tragenden Entscheidungsgründe mit dem Problemkreis Verleihungsgebühr auseinanderzusetzen. Das Gericht erteilte den durch die kontroverse Diskussion geschürten Klarstellungserwartungen des Schrifttums allerdings eine klare Absage und betonte, daß es für die Zulässigkeit einer nichtsteuerlichen Abgabe wie auch der Wasserentnahmeentgelte auf deren begriffliche Zuordnung gerade nicht ankomme. 93 Mit diesem Hinweis, dessen kritische Würdigung dem nächsten Kapitel vorbehalten ist, hat sich das Gericht im Falle der verfahrensgegenständlichen Wasserentnahmeentgelte dem Bekenntnis zu einem ganz bestimmten Gebührentypus entzogen. Es verwundert daher nicht, daß das Schrifttum die maßgeblichen Passagen der Wasserpfennigentscheidung aus gebührenrecht92 In der zweiten Entscheidung zum Länderfinanzausgleich - 2 BvF 1,2/88, 1/89 und 1/90 - hat der Zweite Senat durch Urteil vom 27. Mai 1992 zu den sog. Konzessionsabgaben Stellung genommen; vgl. BVerfGE 86, 148 (225 ff.). Er hat unter Konzessionsabgaben Zahlungen verstanden, „ . . . die Versorgungsunternehmen ... an Gemeinden oder Gemeindeverbände dafür entrichten, daß diese ihnen die Benutzung der öffentlichen Verkehrsräume über den Gemeingebrauch hinaus gestatten und ihnen ein Ausschließlichkeitsrecht der wirtschaftlichen Betätigung in dem betreffenden Gebiet einräumen", und ließ durchblicken, daß derartige Abgaben auch als öffentlich-rechtliche Abgaben ausgestaltet werden können; vgl. BVerfGE 86, 148 (226). Dies zeigt, daß das Gericht die der Verleihungsabgabe zugrundeliegende Idee im Grundsatz nicht zurückweist und eine Verknüpfung von Rechtsverleihungen und Entgeltpflichten an sich für möglich hält. - Im Verfahren 1 B v L 89/78 betreffend die Verfassungsmäßigkeit des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Veranstaltung von Rundfunksendungen im Saarland (GVRS) vom 07. Juni 1967 (Amtsbl. S. 478) sah der Erste Senat leider keinen Anlaß mehr, zur Zulässigkeit des Konzessionsentgeltes gem. § 43 GVRS Stellung zu nehmen, nachdem das Gericht bereits die in dem Gesetz vorgesehene Rechtsgrundlage für die Konzessionserteilung (§ 39 GVRS) als mit dem Grundgesetz unvereinbar betrachtet hatte, weil diese nicht den Bestimmtheitsanforderungen der Wesentlichkeitstheorie genügte; vgl. BVerfGE 57, 295 (328 f.). Da das Gericht nach Wegfall der von ihm beanstandeten Regelungen den übrigen Gesetzesbestimmungen keine eigenständige Bedeutung mehr beimaß, hat es mit Urteil vom 16. Juni 1981 auf Gesamtnichtigkeit des GVRS erkannt; vgl. BVerfGE 57, 295 (334 f.). 93 BVerfGE 93, 319 (345). Kritisch dazu Sauden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „Wasserpfennig-Entscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (182); Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 49, Rdn. 19.

II. Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung

77

licher Sicht recht unterschiedlich aufgenommen hat. Heimlich etwa behauptet, daß das Bundesverfassungsgericht die Verleihungsgebühr mit der Wasserpfennigentscheidung „nunmehr anerkannt" habe. 94 In der Tat gebraucht das Gericht in den Entscheidungsgründen Formulierungen, die einen verleihungsnahen Anknüpfungspunkt nahezulegen scheinen. Wenn das Gericht etwa ausführt, daß Wasserentnahmeentgelte „ . . . für eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung, die Eröffnung der Möglichkeit der Wasserentnahme, erhoben (werden)", 95 ist eine Auslegung im Sinne der Anknüpfung an eine Rechtsverleihung („Eröffnung") zumindest nicht abwegig. 96 Daß eine solche Auslegung zwingend ist, kann jedoch ebensogut bezweifelt werden. Eher vordergründig mag insoweit die Beobachtung sein, daß das Gericht eine Identifizierung des dem Wasserpfennig zugrundeliegenden Belastungskonzeptes mit einem bestimmten Gebührentypus vermeidet und insbesondere auch die Termini Verleihungsgebühr und Verleihung in dem in der amtlichen Sammlung veröffentlichten Beschluß nicht ein einziges mal verwendet. Die der Beschlußfassung unmittelbar nachfolgende Pressemitteilung des Gerichts hingegen erwähnte den Begriff „Verleihungsgebühr" noch ausdrücklich. 97 Hätte das Gericht die Verleihungsgebühr in der Tat „anerkennen" und sie als Vorzugslast auf die Verleihung von Rechten definiert wissen wollen, 9 8 so hätte es diesem Ansinnen sicherlich zunächst auch durch eine entsprechende Abfassung der Entscheidungsgründe Ausdruck 94 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 214; ders., Die Anerkennung der Verleihungsgebühr durch den „Wasserpfennig-Beschluß" des Bundesverfassungsgerichts, DOV 1997, 996 (999). Ihm folgend Kloepfer, Abfallverbringungsabgabe und Verfassungsrecht, UPR 1997, 81 (84), Fn. 30. 95 BVerfGE 93, 319 (346) - Hervorhebung durch den Verfasser. 96 So ν. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcen Wirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1062), sowie Sanden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „Wasserpfennig-Entscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (183). Sanden sieht in der hier aufgegriffenen Formulierung das versteckte Eingeständnis des Gerichts, daß es sich bei dem Wasserpfennig typologisch um eine Verleihungsgebühr handele, denn die „Eröffnung der Möglichkeit der Wasserentnahme" bedeute in der Sache „nichts anderes als die Verleihung des Rechts zur Wasserentnahme" selbst. Dem Bundesverfassungsgericht wirft er methodische Unschärfe vor, wenn es von diesem Belastungsgrund ausgehend keine Bedenken habe, für die Abgabeerhebung an die tatsächliche Wasserentnahme anzuknüpfen. Insgesamt wirft Sanden dem Urteil vor, die Gelegenheit einer sauberen Abgrenzung zwischen Verleihungs- und Benutzungsgebühr versäumt zu haben. 97 In der Mitteilung der Pressestelle des Bundesverfassungsgerichts Nr. 9/96 vom 15. Februar 1996 wird der Zweite Senat wie folgt zitiert: „ A u f weitere begriffliche Zuordnungen und Abgrenzungen, auch auf die rechtstechnische Ausgestaltung der Abgabe etwa als Nutzungsentgelt oder als Verleihungsgebühr, komme es verfassungsrechtlich nicht an." - Hervorhebung durch den Verfasser. 98 So Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 214.

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Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

geben können. Entscheidend kommt jedoch hinzu, daß das Gericht zur Legitimation der Erhebung von Wasserentnahmeentgelten ausführt, knappe natürliche Ressourcen wie etwa Wasser seien Güter der Allgemeinheit und es erhalte einen Sondervorteil, wer diese Güter nutzen dürfe." Murswiek entnimmt dieser Passage, daß das Gericht als sachlich legitimierenden Grund der Abgabebelastung nicht die Rechtsverleihung im Blick gehabt habe, sondern daß es in seiner verfassungsrechtlichen Beurteilung des Wasserentnahmeentgeltes der Konzeption der Ressourcennutzungsgebühr gefolgt sei. 1 0 0 Im Hinblick auf die dogmatische Einordnung der Wasserentnahmeentgelte wird dem Beschluß daher zu Recht eine gewisse Unschärfe vorgeworfen. 101 Soweit man indessen die hier vertretene Sichtweise teilt, daß Belastungen von Rechtsverleihungen sowie von (Umwelt-) Nutzungen Abgabenkonzepte sind, die sich als Spielarten des Verleihungskonzeptes in Idee und Funktion ähneln, kommt es auf eine Auslegung des Wasserpfennigbeschlusses in die eine oder die andere Richtung vorerst gar nicht an. Denn insoweit maßgeblich ist zunächst allein die Frage, ob das Bundesverfassungsgericht die dem Verleihungskonzept zugrundeliegende Belastungsidee überhaupt anerkennt und dabei insbesondere auch deren Umsetzung als Vorzugslast für zulässig hält. Insofern konnte der Beschluß auf der einen Seite lediglich das bestätigen, was das Gericht schon in den Entscheidungen zur Schankerlaubnissteuer und zur Spielbankabgabe geäußert hat, nämlich daß die „Eröffn u n g " 1 0 2 eines bestimmten Rechtskreises verfassungsrechtlich belastungsfä99

BVerfGE 93, 319 (345 f.). Murswiek, Ein Schritt in Richtung auf ein ökologisches Recht, N V w Z 1996, 417 (419 f.); ihm folgend Jachmann, Sonderabgaben als staatliche Einnahmequelle im Steuerstaat, StuW 1997, 299 (307). 101 Sanden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „WasserpfennigEntscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (183) wirft dem Bundesverfassungsgericht denn auch vor, die Gelegenheit einer sauberen Abgrenzung zwischen Verleihungs- und Benutzungsgebühr versäumt zu haben. Wohl unter anderem aus diesem Grund meinen Tipke/Lang, das Bundesverfassungsgericht habe es „ . . . dem Staat leicht (gemacht), im Bereich der Gebühren seine Fiskalgier zu befriedigen, ohne auf die strengen finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen für Steuern und Sonderabgaben Rücksicht nehmen zu müssen"; vgl. dies., Steuerrecht, S. 49, Rdn. 19. Kritisch auch: Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (220, 223); v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063). Grundsätzlich positiv zur Wasserpfennig-Entscheidung dagegen Kluth, Verfassungs- und abgabenrechtliche Rahmenbedingungen der Ressourcenbewirtschaftung, NuR 1997, 105 (109). 102 Daß dem Abgabepflichtigen im Anwendungsbereich der Verleihungsidee „ . . . eine Möglichkeit eröffnet" wird, hatte das Bundesverfassungsgericht bereits in der Entscheidung zur Schankerlaubnissteuer formuliert. Schon deshalb sollte die lediglich wiederholende Formulierung im Wasserpfennigbeschluß - BVerfGE 93, 319 100

II. Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung

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hig ist und zur „Abschöpfung" 1 0 3 berechtigt. Neuland betrat der Wasserpfennigbeschluß erstmals insoweit, als das Gericht nunmehr auch zur Umsetzung dieser Abschöpfungsmöglichkeit durch die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben bzw. Gebühren Stellung genommen hatte und im Ergebnis deren grundsätzliche Zulässigkeit bejaht. 1 0 4 Ob der dogmatische Ansatz des Bundesverfassungsgerichts überzeugen kann und insbesondere die Subsumtion der streitgegenständlichen Wasserentnahmeentgelte unter den Gegenleistungsbegriff als geglückt bezeichnet werden darf, 1 0 5 ist an anderer Stelle ausführlicher zu erörtern. Hier mag allein der Hinweis genügen, daß das Verleihungskonzept aus der Sicht das Bundesverfassungsgerichts erstens als Belastungsidee Bestand hat und zweitens die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben in Form von Gebühren erlaubt. Indem das Gericht es jedoch unterläßt, auf der Grundlage dieser Einsicht fortzufahren und anhand der rechtlichen Ausgestaltung der streitgegenständlichen Abgaben deren konkreten Gebührentyp zu bestimmen, offenbart der Wasserpfennigbeschluß zugleich, daß die Zusammenfassung der abgabenrechtlichen Belastung von Verleihungen, Vorrechten, (Sonder)Nutzungen oder sonstigen Privilegien zu einem einheitlichen Verleihungskonzept dem Abgabenverständnis des Bundesverfassungsgerichts tendenziell näher kommt als die Atomisierung der Verleihungsidee in bestimmte Gebührentypen, deren einer das Institut der Verleihungsgebühr ist. In diesem Sinne hat das Gericht weitergehend ausgeführt, daß Fragen der Systematisierung und Katalogbildung keine Verfassungsfragen seien, 106 so daß es auf dieser Ebene in der Tat zweitrangig sein mag, ob die Bejahung einer gebührenrechtlichen Umsetzung des Ver(346) - nicht zum Anlaß genommen werden, dem Gericht die erstmalige Anerkennung der Verleihungsgebühr zu entnehmen. 103 BVerfGE 28, 119 (150) - Spielbankabgabe; BVerfGE 93, 319 (346). 104 Vor dem Bundesverfassungsgericht hatte sich bereits der Hessische Staatsgerichtshof zu Wasserentnahmeentgelten zu äußern; vgl. Urteil vom 12.06.1991 (Az.: P.St.l 106), N V w Z RR 1992, 597 ff. Entscheidungsgegenstand war die Rechtmäßigkeit der Bemessung einer Gebühr, die von der Klägerin für die ihr erteilte Bewilligung einer Entnahme von Kühl- und Fabrikationswasser abverlangt wurde. In diesem Zusammenhang ging das Gericht auf die historischen Vorläufer der heutigen Wasserentnahmeentgelte nach preußischem Recht ein und bezeichnete diese ausdrücklich als Verleihungsgebühren; vgl. N V w Z RR 1992, 597 (599). 105 Das Gericht nimmt eine nähere Prüfung im Grunde gar nicht vor, sondern stellt schlicht fest, daß Wasserentnahmeentgelte im Gegensatz zur Steuer gegenleistungsabhängig seien. Individuell zurechenbare Leistung sei die „Eröffnung der Möglichkeit der Wasserentnahme"; vgl. BVerfGE 93, 219 (346). Ungenau insoweit Heimlich, Die Anerkennung der Verleihungsgebühr durch den „Wasserpfennig-Beschluß" des Bundesverfassungsgerichts, DOV 1997, 996 (997), nach dessen Einschätzung das Gericht sämtliche verfassungsrechtlich relevanten Aspekte der streitgegenständlichen Wasserentnahmeentgelte nicht nur geprüft, sondern auch einer Lösung zugeführt hat. 106 BVerfGE 93, 319 (345).

80

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

leihungskonzeptes je nach Ausgestaltung des Tatbestandes zu einer Verleihungsgebühr, Vorrechtsgebühr, Ressourcennutzungsgebühr oder zu sonstigen Begriffsschöpfungen führt. Da sich die insoweit denkbaren Gebührentypen in Idee und Funktion gleichen, hat das Gericht auf ihre spezifische Abgrenzung verzichtet und sie unter dem Abschöpfungsgedanken zusammengefaßt, wie das hier durch die Annahme eines Verleihungskonzeptes geschehen ist. Ob das Gericht an dieser Stelle zu Recht stehengeblieben ist oder ob statt dessen für die Zulässigkeit einer Umsetzung des Verleihungskonzeptes auch auf die rechtstechnische Ausgestaltung der Abgabe bzw. Anknüpfung abzustellen ist, soll an späterer Stelle geklärt werden.

2. Verwaltungsrechtsprechung Im Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kennt das Bundesverwaltungsgericht den Begriff der Verleihungsgebühr sehr wohl. Dies darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß das Bundesverwaltungsgericht das Verleihungskonzept und speziell die Verleihungsgebühr insgesamt nur sehr zögerlich in seine Gedanken zur Rechtfertigung von Abgabelasten einbezieht. Im Verfahren über die Rechtsnatur der bayerischen Rundfunkgebühr 107 hatte der Siebte Senat die Zulässigkeit der Erhebung einer Gebühr auf die Verleihung von Rechten grundsätzlich bejaht. Die Rundfunkgebühr selbst hat er zwar nicht als Verleihungsgebühr eingeordnet, weil die Abgabe nicht für die Verleihung der Befugnis zur Errichtung und zum Betrieb einer Fernmeldeanlage erhoben werde. 1 0 8 Ohne den Tatbestand der Abgabe zu definieren, hat das Gericht in seiner Entscheidung gleichwohl ausdrücklich den Terminus Verleihungsgebühr bemüht und überdies Ansätze zur Eingrenzung und Konturierung der Abgabe aufgezeigt. In diesem Sinne stellte das Gericht mit Blick auf das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG die Frage, ob 107

Urteil vom 15. März 1968 ( V I I C 189.66). Streitgegenständlich war die Bayerische Rundfunkgebühr gem. Art. 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 des Gesetzes über die Errichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts „Der Bayerische Rundfunk 44 in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Dezember 1959 (GVB1. S. 314) - BayRuFuG. 108 Vgl. BVerwGE 29, 214 (215). - Anders noch das OVG Hamburg, Urteil vom 10.07.1956 ( Az. I I I 11/56), DVB1. 1957, 67 ff. zu den Rundfunkgebühren nach § § 1 , 2 FernmG i. V.m. Art. 3 Nr. 5 M R V O 118, welche die Post damals von Rundfunkhörern im Gebiet des Norddeutschen Rundfunks erheben durfte. Das Gericht betrachtete die Rundfunkgebühr a.a.O., S. 68, als „ ... eine Abgabe, die für die Ausübung von Rechten aus einer Verleihung geschuldet wird, d.h. Konzessionsabgabe: Der Rundfunkhörer entrichtet sie dafür, daß ihm der Staat die Erlaubnis verliehen hat, ein Recht auszuüben, das seiner Substanz nach dem Staate gehört, und nur ihm allein. 44

II. Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung

81

Errichtung und Betrieb von Rundfunkempfangsanlagen überhaupt noch einer Verleihung gem. § 2 Fernmeldeanlagengesetz bedürften und gab in diesem Zusammenhang zu erkennen, daß Verleihungsgebühren aus seiner Sicht nur für „echte" Rechtsverleihungen in Betracht kommen, welche dem Empfänger nicht schon qua Freiheitsrecht zustehen. 109 Wie bereits dargestellt, hat das Bundesverfassungsgericht diesen Gedanken im Spielbankbeschluß fortgeführt. Des weiteren betonte das Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung zur Rundfunkgebühr, daß die Erhebung einer Verleihungsgebühr „ . . . bestenfalls eine einmalige Zahlung" als Gegenwert für die erteilte Befugnis gestatte, während die streitgegenständliche Gebühr monatlich erhoben wurde. 1 1 0 Hiermit bestätigt das Gericht die im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Schankerlaubnissteuer angestellten Überlegungen zur Parallelität von tatbestandlicher Anknüpfung (Rechtsverleihung/Ausübung) und Abgabemaß (einmaliges/laufendes Entgelt), welche auch das Bundesverfassungsgericht in der ersten Entscheidung zum Finanzausgleichsgesetz angedeutet hatte. 111 Für die vorliegende Untersuchung von weiterem Interesse ist die Rechtsprechung zur Ausgleichsabgabe nach § 11 Abs. 3 Satz 4, Abs. 5 des Baden-Württembergischen Naturschutzgesetzes. 112 Das Schrifttum hatte 109

Vgl. BVerwGE 29, 214 (215). BVerwGE 29, 214 (216). - Zuvor hatte der Siebte Senat des Bundesverwaltungsgerichts sich schon einmal mit der Rundfunkgebühr gem. Art. 14 des Bayerischen Rundfunkgesetzes befaßt und im Anschluß an Literaturstimmen die Einordnung als „Anstaltsbenutzungsgebühr in der Form einer Konzessionsabgabe" erwogen, die Rechtsnatur der Abgabe aber ausdrücklich offengelassen; vgl. Urteil vom 05. November 1965, V I I C 119.64, BVerwGE 22, 299 (304f.). - Im Verfahren 2 BvF 1/68, 2 BvR 702/68 hatte sich dagegen der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts zum Gebührenbegriff nach § 1 Abs. 2 des Staatsvertrages über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens zu äußern, vermied jedoch eine abschließende abgabenrechtliche Einordnung. Allerdings stellte es den Gebührencharakter des Entgelts deshalb in Frage, weil das vom Schuldner gezahlte Entgelt für das Bereithalten von Empfangsgeräten ausschließlich der Anstalt eines Landes zufließe, während der Gebührenschuldner andererseits Programme über die entsprechenden Landesgrenzen hinaus und insbesondere von solchen Landesrundfunkanstalten empfangen könne, an die er die „Gebühr" nicht entrichtet. Das Bundesverfassungsgericht apostrophierte die Fernsehgebühr daher als „das von den Ländern eingeführte Mittel zur Finanzierung der Gesamtveranstaltung"; siehe BVerfGE 31, 314 (330). Zu den heutigen Finanzierungsgrundlagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks siehe Selmer/Gersdorf\ Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, S. 17 f. 111 BVerfGE 72, 330 (410). Siehe dazu bereits oben unter Β I I 1. 1,2 Gesetz zum Schutze der Natur, zur Pflege der Landschaft und über die Erholungsvorsorge in der freien Landschaft (Naturschutzgesetz) vom 21. Oktober 1975 (GBl. S. 654) in der Fassung vom 29. März 1995 (GBl. S. 386). Nach § 11 Abs. 5 110

6 Drömann

82

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

auch diese Abgabe bracht.113

Das

i n Zusammenhang

mit

der Verleihungsgebühr

Bundesverwaltungsgericht 1 1 4

indessen

betrachtete

Abgabe wegen der ihr innewohnenden Wiedergutmachungsfunktion

gedie

sowie

ihres Entschädigungscharakters als „Sonderabgabe eigener A r t " , die wegen ihres

nur

zweitrangigen

Anforderungen

des

Einnahmeerzielungszwecks

Bundesverfassungsgerichts

nicht

für

den

strengen

Sonderabgaben

mit

Finanzierungsfunktion unterworfen werden m ü s s e . 1 1 5 Einer gebührenrechtlichen Einordnung der Abgabe erteilte das Gericht hingegen eine Absage, da die z u m E i n g r i f f zur Verfügung gestellte Natur keine Leistung der öffentlichen Hand i m Sinne des Gebühren- und Beitragsrechts d a r s t e l l e . 1 1 6 Demgegenüber wurde i n der Literatur die „deutliche A f f i n i t ä t " der baden-württembergischen

Ausgleichsabgabe

zur

Verleihungsgebühr

mit

dem

Hinweis

betont, daß der an sich untersagungsfähige E i n g r i f f i n Natur und Landschaft bei Abgabezahlung gestattet werde und daher eine das M e r k m a l „Gegenleistung"

ausfüllende

„Rechtsverschaffung"

vorliege.117

Obgleich

des Gesetzes hat der Verursacher eines zugelassenen, aber nicht ausgleichsfähigen Eingriffs in die Natur eine Entschädigung für den Natur und Landschaft zugefügten Schaden in Form einer Ausgleichsabgabe an einen Naturschutzfonds zu entrichten. 113 Meßerschmidt, Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (932). Zur volkswirtschaftlichen Beurteilung naturschutzrechtlicher Ausgleichsabgaben siehe Benkert/Zimmermann, Abgabenlösungen in der Naturschutzpolitik, NuR 1979, 96 (98 f.), die der Abgabe vor allem die Funktion einer Zuteilung von Nutzungsrechten an knappen natürlichen Ressourcen („Marktzugang") zuschreiben, welche die Nutzungsberechtigten zu einer volkswirtschaftlich adäquaten Nutzung anhalte. Zur Ausgestaltung der Abgabe in einzelnen Bundesländern siehe Hartje, Naturschutzabgaben, in: Mackscheidt/Ewringmann/Gawel (Hrsg.), Umweltpolitik mit hoheitlichen Zwangsabgaben, 331 (340 ff.). Fragen der Bewertung von Natureingriffen zur Bemessung der Ausgleichsabgaben erörtert Marticke, Zur Methodik einer naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe, NuR 1996, 387 (391 ff.). 114 Vierter Senat, 4 C 50.83, Urteil vom 4. Juli 1986. 115 BVerwGE 74, 308 (309 ff.). 116 BVerwGE 74, 308 (309). 117 Meßerschmidt, Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (932): Für die Einordnung der Abgabe als Verleihungsgebühr spreche ferner, daß sie gemäß § 11 Abs. 5 Satz 2 NatSchG zumindest dem Grunde nach mit der Gestattung des Eingriffs festzusetzen sei. Die Abgabeleistung beseitige ein sonst existierendes Zulassungshindernis und stehe damit in einem „do-ut-des-Verhältnis" zu einer staatlichen Vorteilsgewährung. Die im Rahmen des jeweiligen Genehmigungsverfahrens erfolgende Zulassung habe überdies konstitutive und nicht bloß deklaratorische Wirkung, da das hierdurch freigegebene Verhalten sich nicht als Ausübung eines ohnehin bestehenden Rechts darstelle, sondern einem grundsätzlichen materiellen Verbot unterliege und von Verfasungs wegen auch verboten werden dürfe. - Gegen die Argumentation Meßerschmidts könnte man allerdings einwenden, daß „ausgleichspflichtige" Vorhaben, um zugelassen werden zu können, nicht nur nach dem fachlichen Zulassungsverfahren, sondern auch nach der naturschutzrechtlichen Interessenabwägung des § 8 Abs. 3 BNatSchG genehmigungsfähig sein müssen. Bei den Ausgleichszahlungen nach den Landesgesetzen kann es nach Meinung

II. Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung

83

hiernach Anlaß zur Auseinandersetzung mit der Verleihungsgebühr bestanden hätte, hat das Gericht die Einordnung der Abgabe als Verleihungsgebühr jedoch überhaupt nicht erwogen, sondern mit dem kurzen Satz, die zum Eingriff zur Verfügung gestellte Natur sei keine Leistung der öffentlichen Hand, jegliche gebührenrechtliche Einordnung ausgeschlossen.118 In seiner zweiten Entscheidung zur naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe 1 1 9 hat das Gericht die Einordnung dieser Abgabe als Ausgleichsabgabe eigener Art bestätigt und der Abgabe mit Blick auf die inzwischen ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Fehlbelegungsabgabe überdies auch instrumentellen Charakter zur Regelung der Sachmaterie „Naturschutz" gem. Art. 75 Nr. 3 GG zugebilligt. 1 2 0 Auch in dieser Entscheidung widmet das Gericht einer gebührenrechtlichen Einordnung der naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe indes keinen Raum. Die Zurückhaltung des Bundesverwaltungsgerichts gegenüber der Verleihungsgebühr kommt schließlich auch anläßlich der Qualifikation der in einigen Landesbauordnungen vorgesehenen Ablösungs- bzw. Ausgleichsbeträge für nicht erfüllte Stellplatzpflichten zum Ausdruck. 121 Auch diese Abgaben wurden im Schrifttum als Bestandteil eines „vorzugslasten-typischen Leistungs-Gegenleistungsverhältnisses" betrachtet: Der Bauherr entledige sich durch Zahlung der Abgabe der Verpflichtung, selbst Stellplätze zu errichten, und eben das beschere ihm einen rechtlichen und wirtschaftlichen Vorteil, den der Ausgleichsbetrag als Gebühr abschöpfe. 122 Wenngleich von Kuschnerus somit nur noch darum gehen, dem Vorhabensträger im Interesse der Sicherung des status quo solche Verpflichtungen aufzuerlegen, die die Realisierbarkeit des bereits in jeder Hinsicht zulässigen Vorhabens nicht mehr in Frage stellen; vgl. Kuschnerus, Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, N V w Z 1996, 235 (241). Danach würde die Abgabepflicht nicht mehr zur Beseitigung eines sonst bestehenden Zulassungshindernisses dienen können, sich also einer Einbettung in das gebührenrechtliche Gegenleistungsverhältnis insoweit entziehen. Dementsprechend betrachtet Selmer die naturschutzrechtliche Ausgleichsabgabe als „(reaktive) Sonderabgabe, weil sie erhoben wird als Reaktion auf die staatlich zugelassene Verursachung eines Umweltschadens"; vgl. ders., Finanzierung des Umweltschutzes und Umweltschutz durch Finanzierung, in: Thieme, (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, 25 (42 f.). 118 BVerwGE 74, 308 (309). 119 Urteil des Vierten Senats vom 20. Januar 1989 - 4 C 15.87; BVerwGE 81,

220.

120

BVerwGE 81, 220 (225 f.). Siehe etwa § 49 HBauO vom 01.07.1986 (GVB1. S. 183); § 37 Abs. 5 L B O BW vom 08.08.1995 (GBl. S. 617); § 51 Abs. 6 BauO NW vom 07.03.1995 (GV S. 218). 122 Meßerschmidt, Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (926). Mit Meßerschmidt könnte auch ein weiterer Aspekt Anlaß für gebührenrechtliche Überlegungen geben: die Einräumung der Baubefugnis trotz Nichterfüllung der Stellplatzpflicht; vgl. ders., a.a.O., S. 927. 121

6*

84

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

insoweit Überlegungen zur Verleihungsgebühr nahegelegen hätten, beschränkte das Gericht im Verfahren zur Hamburgischen Regelung nach § 65 Abs. 4 HBauO 1 2 3 seine gebührenrechtlichen Erwägungen auf den Typus einer Verwaltungsgebühr und stellte fest, daß in den vom Bauherren geforderten Ausgleichsbeträgen ein Entgelt für die Inanspruchnahme der öffentlichen Verwaltung nicht zu sehen sei und die Einordnung als Gebühr daher ausscheide. 124 Statt dessen sah das Gericht die Ausgleichsbeträge nach § 65 Abs. 4 HBauO als Sonderabgaben an und hat die Abgabepflicht als „Surrogat" für die den Abgabeschuldnern obliegende besondere Aufgabe der Entlastung der Straßen vom ruhenden Verkehr interpretiert, welche nunmehr - nach Abgabezahlung - durch die Schaffung verkehrsgünstig gelegener Stellplätze aus dem Abgabeaufkommen erfüllt werde. 1 2 5 Die somit insgesamt erkennbare Verschlossenheit des Bundesverwaltungsgerichts gegenüber dem Verleihungskonzept spiegelt sich im übrigen seit jeher auch in der Einordung der Sondernutzungsgebühr wieder, welche von Teilen des Schrifttums ebenfalls als Verleihungsgebühr eingeordnet w i r d . 1 2 6 Das Bundesverwaltungsgericht sieht als Leistung der öffentlichen Hand bei diesem Gebührentyp nicht etwa die Einräumung einer Befugnis zur Sondernutzung an, sondern „ . . . die mit der Duldung der Sondernutzung in Kauf genommene Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs." 127 Diese Leistung werde im Falle der Sondernutzungsgebühr selbst dann erbracht, wenn es an einer Erlaubnis fehle, die Nutzung aber dennoch geduldet werde. Die Erlaubniserteilung hingegen habe allein die Bedeutung, ein ansonsten zulässiges Beseitigungsverlangen auszuschließen.128 Sieht man die bei ausbleibendem Beseitigungsverlangen erfolgende Sicherung der Nutzungsposition nicht selbst als Vorteil an, so bleibt bei diesem Ansatz kein Raum mehr, die Abgabebelastung mit dem Hinweis auf die Abschöpfung von Vorteilen aus der Rechtsverleihung zu legitimieren. Die Instanzgerichte haben sich demgegenüber häufiger mit der Verleihungsgebühr auseinandergesetzt und sich dabei tendenziell auch verlei123

Urteil vom 30.08.1985 im Verfahren 4 C 10/81. Heute ist die Ablösungsverpflichtung für Stellplätze in § 49 HBauO geregelt. 124 BVerwG NJW 1986, 600; kritisch hierzu Meßerschmidt, Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (926). Zur vertraglich begründeten Ablösungsverpflichtung nach § 39 Abs. 5 der Baden Württembergischen Bauordnung siehe jetzt V G H Mannheim, N V w Z 1997, 204 f. 125 BVerwG NJW 1986, 600 f. 126 Siehe oben, Gliederungspunkt A I I I 1. 127 Urteil vom 21.10.1970, Az. IV C 137.68, DÖV 1971, 102; ihm folgend OVG Lüneburg, Urteil vom 05.03.1971, Az.III OVG A 104/69, OVGE 27, 390 (394). 128 Urteil vom 21.10.1970, Az. IV C 38.69, DÖV 1971, 103. Im Anschluß an diese Rechtsprechung auch Stuchlik, Der Gebührenschuldner straßenrechtlicher Sondernutzungsgebühren, KStZ 1998, 141 (143 f.).

II. Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung

85

hungsfreundlicher gezeigt, wie gerade die Rechtsprechung zu den Wasserentnahmeentgelten zeigt. 1 2 9 Obgleich diese Abgaben in der Gesetzgebungspraxis recht häufig mit dem Verleihungsgedanken begründet worden sind, 1 3 0 finden sich eindeutige Aussagen zugunsten der Verleihungsgebühr jedoch im wesentlichen nur zur Hamburgischen Grundwasserabgabe. 131 Im übrigen wird die Verleihungsgebühr zwar gesehen, häufig aber nicht ernsthaft als zutreffende Abgabeform in Erwägung gezogen. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg 1 3 2 etwa hatte in einem Eil verfahren über die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs zu entscheiden, der gegen einen Vorauszahlungsbescheid nach dem Hamburgischen Grundwassergebührengesetz erhoben worden war. Das Gericht teilte die vom Antragsteller vorgebrachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Abgabe nicht, sondern hielt den Gesetzgeber wegen des ihm zustehenden Entscheidungs- und Gestaltungsspielraums ohne weiteres für befugt, „ ... eine Verleihungsgebühr einzuführen, die an die Einräumung der Befugnis zum Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser anknüpft. " 1 3 3 Die für die Erhebung einer Gebühr erforderliche Gegenleistung des Staates sah das Gericht darin, daß dem Gebührenpflichtigen mit der Befugnis, Grundwasser zu fördern, eine subjektiv-rechtliche Posi129

Auch jenseits der heutigen Wasserentnahmeentgelte finden sich in der verwaltungsgerichtlichen Instanzrechtsprechung im übrigen Hinweise auf die Verleihungsgebühr. Der V G H Baden Württemberg etwa hatte über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides zu befinden, mit dem die Klägerin gem. § 43 WG BW für die erteilte Genehmigung zum Bau einer Kiesverladestelle am Rhein zur Zahlung einer Gebühr herangezogen wurde (Urteil vom 20.09.1965, Az. I V 607/63, VB1BW 1966, 107 ff.) und hielt es für selbstverständlich, daß „ . . . für das verliehene Recht ein Entgelt zu zahlen ist" bzw. „ . . . für die Verleihung ein Entgelt" zu zahlen ist (a.a.O., S. 109). Auch der HessVGH deutet in einer Entscheidung zur Abwasserabgabe an, daß er den gebührenrechtlichen Anknüpfungspunkt „ . . . Erteilung des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheides" grundsätzlich für möglich hält; siehe Beschluß vom 28.06.1983 (5 T H 20/83), DVB1. 1983, 949 (950). Da das Abwasserabgabengesetz an das Einleiten von Abwasser als solches anknüpft, hat das Gericht die Rechtsfigur der Verleihungsgebühr jedoch nicht weiter verfolgt und auch den Begriff Verleihungsgebühr nicht gebraucht. Aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung hält das Gericht die Abwasserabgabe im Ergebnis für eine lenkende Sonderabgabe. - Ausdrücklich von Verleihungsgebühren spricht schließlich auch der BGH im Urteil vom 30.11.1959 (Az.III ZR 143/58), DÖV 1960, 550 (552), rückt die streitgegenständliche Abgabe a. a. O. jedoch in die Nähe eines „ . . . pauschalierten (Schadenersatzes". 130

Siehe dazu oben, Gliederungspunkt A I I I 2 b). Mit Blick auf die Gesetzeslage in Schleswig-Holstein hat sich das Verwaltungsgericht Schleswig in einem unveröffentlicht gebliebenen Urteil (Az. 4 A 42/95 vom 12.06.1995) ebenfalls für das Vorliegen einer Verleihungsgebühr ausgesprochen. 132 Beschluß vom 20.03.1990 (Bs V I 15/90), N V w Z 1990, 1003. 133 OVG Hamburg, N V w Z 1990, 1003. 131

86

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

tion verliehen werde. 1 3 4 Das im Hauptsacheverfahren ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg 1 3 5 bestätigte diese Einordnung und rechtfertigte die Erhebung der Abgabe mit dem Hinweis, aufgrund der verliehenen Befugnis dürfe eine Tätigkeit in Anspruch genommen werden, auf die der Nutzende grundsätzlich keinen Anspruch habe und die ihm wirtschaftliche Vorteile einbrächte, zu deren Abschöpfung das Wasserentnahmeentgelt erhoben werden dürfe. 1 3 6 Insoweit folgte das Gericht somit in wesentlichen Zügen der in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung vorgezeichneten Linie zur notwendigen Qualität belastungsfähiger Rechte. 137 Im übrigen aber scheinen die landesrechtlichen Wasserentnahmeentgelte den Gerichten größere Schwierigkeiten zu bereiten, was seinen Grund insbesondere in den tatbestandlichen Anknüpfungen an die Benutzung haben mag. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg etwa hatte hinsichtlich der niedersächsischen Wasserentnahmeabgabe eine vorteilsabschöpfende Benutzungs- bzw. Duldungsgebühr im Auge, als es die gebührenpflichtige staatliche Leistung in der „Zurverfügungstellung der Ressource Wasser und der Duldung der Gewässerbenutzung" erblickte. 138 Das Verwaltungsgericht Stade stellte im Zusammenhang mit § 47 L W G Niedersachsen später nur noch auf die staatliche „Duldung der Nutzung der Ressource Wasser" ab, um eine gebührenrechtliche Einordnung dieser Regelung zu begründen. Darüber gelangte das Gericht zur Annahme einer Benutzungsgebühr, räumte aber unter Berufung auf Motive des Gesetzgebers ein, daß diesem auch eine Verleihungsgebühr vorgeschwebt haben mag. 1 3 9 Eines Rückgriffs auf den „umstrittenen Gebührentypus" der Verleihungsgebühr bedürfe es allerdings nicht, denn, so das Gericht weiter, schon das Bereitstellen des öffentlicher Bewirtschaftung unterliegenden Wassers zur Nutzung durch den Staat sei eine Leistung im Sinne des Gebührenbegriffs. 140 Unter ausdrücklicher Berufung auf Murswiek steht das Gericht mit dieser Argumentation der Annahme einer Ressourcennutzungsgebühr nahe. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hingegen hatte über den ebenfalls an die Gewässerbenutzung anknüpfenden baden-württembergischen Wasserpfennig zu entscheiden. Dieses Gericht stellte für das Vorliegen einer Leistung gerade nicht auf die Nutzung, sondern auf die Unterhaltung und Bewirtschaftung des Grund- und Oberflächenwassers durch das Land ab 134

OVG Hamburg, N V w Z 1990, 1003. Urteil vom 27.2.1992, Az. 18 V G 2001/90, IUR 1992, 235 f. 136 Verwaltungsgericht Hamburg, IUR 1992, 235 f. 137 Siehe dazu bereits oben, Β I I 1, sowie zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in diesem Gliederungspunkt. 138 Beschluß vom 06.12.1994, Az. 9 M 4687/94, N V w Z RR 1995, 442. 139 Urteil vom 12.09.1994, 6 A 70/93, NdsVBl. 1995, 82. 140 Verwaltungsgericht Stade, Nds.VBl 1995, 82 (84). 135

II. Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung

87

und meinte, das L a n d erbringe hierdurch eine i n d i v i d u e l l zurechenbare L e i stung an den Gewässerbenutzer. Das Gericht ließ jedoch offen, ob es sich bei der Abgabe u m eine Verleihungsgebühr oder eine Benutzungsgebühr h a n d e l t . 1 4 1 A u f die Pflege, Unterhaltung und Reinhaltung des Wassers als staatliche Gegenleistung stellte i m Anschluß an das

Verwaltungsgericht

Karlsruhe auch das Kreisgericht Cottbus-Stadt a b . 1 4 2 Das Verwaltungsgericht

Schwerin hingegen trat dieser Ansicht entgegen und versagte den i n

Mecklenburg-Vorpommern geregelten Wassernutzungsentgelten letztlich die Einordnung als G e b ü h r . 1 4 3

141

Beschluß vom 24.07.1989 (Az.6 Κ 157/89), VB1BW 1990, 69f. Nur am Rande hat sich der V G H Mannheim mit der Rechtsnatur des Baden-Württembergischen Wasserpfennigs befaßt und sich einer Einordnung der Abgabe dementsprechend enthalten; vgl. Beschluß vom 12.01.1989 (Az.5 S 1383/88) über die Wirksamkeit der baden-württembergischen Verordnung über die Erfassung der Wasserentnahmen (WMeßVO) vom 17.12.1987 (GBl. S.754), deren Gültigkeit das Gericht unabhängig vom kompetenzrechtlichen Schicksal des Wasserpfennigs nach § 17, 17 a BaWüWG bestätigte; vgl. V G H Mannheim, NuR 1990, 172f. 142 Urteil vom 10.09.1992 (Az. 104 Κ 165/91), L K V 1993, 67 (68). Das Gericht hatte über Wasserentnahmeentgelte aufgrund der §§ 20, 47 des Wassergesetzes der ehemaligen DDR vom 02.07.1982 (GBl. DDR I, S. 467) zu entscheiden und ordnete sie als Gebühr ein, ließ aber wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe offen, ob es sich um eine Verleihungsgebühr oder um eine Benutzungsgebühr handelt; vgl. KreisG Cottbus-Stadt, L K V 1993, 67 (68); ähnlich Verwaltungsgericht Dessau, Urteil vom 16.05.1994 (Az. 2 A 229/93), DtZ 1995, 214 (215). Kritisch zum Urteil des KreisG Cottbus-Stadt: Siebelt, Erhebung von Wassernutzungsentgelt, L K V 1993, 50 (51). Im übrigen hatten die Gerichte in den zahlreich ergangenen Entscheidungen zu den Wasserentnahmeentgelten nach DDR-Recht häufig gar nicht zur Rechtsnatur der Entgelte Stellung zu nehmen, weil die angegriffenen Leistungsbescheide schon wegen fehlender Veröffentlichung der ihnen zugrundeliegenden Entgelt- bzw. Preislisten für Wasserentnahmen rechtswidrig waren; vgl. OVG Frankfurt/Oder, Urteil vom 09.02.1994 (Az. 2 A 82/92), L K V 1994, S. 260ff.; Verwaltungsgericht Gera, Urteil vom 01.06.1995 (Az.4 Κ 228/91.Ge), ThürVBl. 1996, 16ff.; KreisG Dresden, Urteil vom 24.06.1992 (Az. I I I Κ 400/91), L K V 1993, 143. Mit den Wasserentnahmeentgelten hat sich schließlich auch das Bundesverwaltungsgericht befaßt, die Revision gegen das vorgenannte Urteil des OVG Frankfurt/Oder jedoch mangels grundsätzlicher Bedeutung nicht zur Entscheidung angenommen. Die daraufhin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde sodann mit Beschluß vom 20.07.1994 (Az.8 Β 92/94) zurückgewiesen, in dem das Gericht zur Rechtsnatur der Wasserentnahmeentgelte nach § 20 W G DDR allerdings nicht mehr Stellung nahm; vgl. L K V 1995, 369 (370). 143 Urteil vom 23.03.1995 (Az.4 A 1266/94), L K V 1997, 32 (33). Bemerkenswerterweise spricht sich das Gericht ferner gegen das Vorliegen einer Steuer sowie einer besonderen Abschöpfungsabgabe aus, sondern hält das Wasserentnahmeentgelt für eine unzulässige Sonderabgabe, weil es an der gruppennützigen Verwendung des Abgabeaufkommens fehle.

Β. Wissenschaftliche Auseinandersetzung

88

3. Ergebnis Die Analyse thematisch einschlägiger Gerichtsentscheidungen hat gezeigt, daß die Rechtsprechung das hinter der Verleihungsgebühr stehende Belastungskonzept grundsätzlich billigt. Daß Vorteile aus der Gewährung besonderer Rechtsstellungen mittels Abgabebelastung abgeschöpft werden können, hat das Bundesverfassungsgericht sowohl in seinen Beschlüssen zur Spielbankabgabe und zur Schankerlaubnissteuer als auch in seinen Urteilen zum Länderfinanzausgleich der Sache nach durchgängig bestätigt. In der Wasserpfennigentscheidung hat das Gericht nunmehr erstmals festgestellt, daß diese Belastungsidee auch durch Vorzugslasten, insbesondere Gebühren, umgesetzt werden kann. Mit Ausnahme des Bundesverwaltungsgerichts hatte die Verwaltungsgerichtsbarkeit dieses zuvor schon anläßlich der Beurteilung von Wasserentnahmeentgelten der Länder entschieden. In welchen Anknüpfungen sich das Verleihungskonzept gebührenrechtlich umsetzen läßt, ist der bisherigen Rechtsprechung noch nicht in der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen. Die Wasserpfennigentscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat zur Abgrenzung einer Gebühr für die Verleihung von Rechten von einer Gebühr auf die Ausübung bzw. Nutzung eingeräumter bzw. auch nur geduldeter Vorrechtsstellungen wenig beigetragen. Auch wenn insoweit aus der noch zu würdigenden Sicht des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich unbeachtliche Katalogisierungsfragen angesprochen sein sollten, bleibt somit nach wie vor offen, an welche Leistung eine Verleihungsabgabe anknüpfen darf, um verfassungsrechtlich Bestand zu haben. Daß insoweit weiterer Abgrenzungsbedarf besteht, haben die nicht selten zwischen Verleihungsgebühr und Benutzungsgebühr schwankenden Instanzgerichte gezeigt. Auf relativ sicherem Boden steht hingegen die Dogmatik zur Eingrenzung jener Rechte, deren Einräumung, Innehaben, Ausübung oder Nutzung überhaupt zu einer abgabenrechtlichen Sanktion führen kann. Sowohl Bundesverfassungsgericht als auch Bundesverwaltungsgericht haben der Sache nach schon frühzeitig das Vorliegen „echter" 1 4 4 Rechts Verleihungen gefordert, deren Einräumung die Realisierung bestimmter Vorteile „überhaupt erst" 1 4 5 ermöglicht, weil sie den Rechtskreis des Abgabepflichtigen im Vergleich zu dessen grundrechtlicher Rechtsausstattung entscheidend erweitern. Diese Einschränkung des Verleihungskonzeptes wurde vom Schrifttum übernommen und weiter ausgebaut. Auch die Instanzgerichte sehen in der Beschränkung der Abgabelast auf die Verleihung besonders qualifizierter 144 145

BVerwGE 29, 214 (215). BVerfGE 28, 119 (150).

II. Das Verleihungskonzept in der Rechtsprechung

89

Rechte seit geraumer Zeit einen zulässigkeitserhaltenden Eckpunkt der Verleihungsgebühr. 146 Insgesamt ergibt sich nach Maßgabe der in Rechtsprechung und Schrifttum zu findenden Aussagen somit folgender Darstellungsbedarf für die weitergehende Untersuchung: Wesentlichen Raum wird die Frage einnehmen, wie sich das Verleihungskonzept in Gestalt von Gebühren umsetzen läßt, d. h. für welche Anknüpfungsmöglichkeiten der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff überhaupt zugänglich ist und wie sich die einzelnen Anknüpfungsformen aus verfassungsrechtlicher Sicht darstellen. Dies zwingt jedoch zunächst zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit dem Problem der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben im sog. Steuerstaat, um das verfassungsrechtliche Prüfungsprogramm für die spätere Beurteilung des Verleihungskonzepts zu entwickeln. Fragen nach Umfang und Qualität anknüpfungsfähiger Rechte hingegen können nach dem inzwischen erreichten Meinungsstand als weitgehend geklärt angesehen werden.

146

So etwa das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 27.02.1992, IUR 1992, 235 f. Zu widersprechen ist insoweit Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 213 f., nach dessen Ansicht auch dieses Urteil nichts dazu beiträgt, der Verleihungsgebühr „dogmatische Konturen zu geben." Zum einen hatte das Gericht einen unter den Verfahrensbeteiligten streitigen Verfahrensgegenstand zu entscheiden und nicht primär dogmatische Konturen für die Verleihungsgebühr hervorzubringen, zum anderen hat sich das Gericht durch die Beschränkung der Verleihungsgebühr auf konstitutive Rechtsverleihungen immerhin auf den wenigen gesicherten Spuren zu dieser Abgabe bewegt und diese damit auch weiterhin vertieft.

C. Ansätze zur verfassungsrechtlichen Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben im Steuerstaat Für die anschließende Beurteilung der Verleihungsgebühr aus verfassungsrechtlicher Sicht bedarf es nun zunächst einiger Vorüberlegungen zur Stellung nichtsteuerlicher Abgaben im Steuerstaat. Denn das jeweilige Vorverständnis, welches der Betrachter nichtsteuerlichen Abgaben im sog. Steuerstaat generell entgegenbringt, entscheidet naturgemäß auch darüber, welchen finanzverfassungsrechtlichen Problemgehalt er einer konkreten Abgabe beimißt. Im Falle der Verleihungsgebühr hatte sich dieser Zusammenhang bereits bei der Analyse des Schrifttums und der thematisch einschlägigen Rechtsprechung angedeutet. Wie sich zeigte, war die Verortung des verfassungsrechtlichen Problemgehalts der Verleihungsgebühr insbesondere auch von Beurteilungsmethode und -ansatz der einzelnen Diskussionsteilnehmer abhängig. Die befürwortenden Stimmen zur Verleihungsgebühr etwa lassen sich einem Ansatz zuordnen, den man begriffsorientiert nennen könnte. Macht man die verfassungsrechtliche Beurteilung der Verleihungsgebühr in diesem Sinne davon abhängig, ob die verschiedenen Anknüpfungsmöglichkeiten des Verleihungskonzeptes mit dem gebührenrechtlichen Gegenleistungsèegrijf vereinbar sind, so erscheint die verfassungsrechtliche Existenz einer Verleihungsgebühr als „drittem Gebührentypus" ohne weiteres denkbar. Entscheidend ist dann lediglich, ob die dogmatische Bewältigung scheinbar gebührenfeindlicher Eigenschaften der Verleihungsgebühr gelingt, insbesondere also eine überzeugende Begründung dafür gefunden wird, ob bzw. warum die kostenneutrale Rechtsverleihung aus verfassungsrechtlicher Sicht eine gebührenfähige Leistung sein kann. Nachdem in die Frage über die Bedeutung der Kostendeckungsorientierung von Abgaben für ihre Gebührenqualität in jüngster Zeit Bewegung gekommen ist und die kostenneutrale Staatsleistung demzufolge zunehmend als gebührenfähig anerkannt wird, 1 könnte sich ein wesentliches Argument gegen die Ausgestaltung von Verleihungsabgaben als Gebühr aus heutiger Sicht erübrigt und die Diskussion um die Verleihungsgebühr aus begrifflicher Sicht möglicherweise sogar schon erschöpft haben. Eine Abgabe, die an eine Rechtsverleihung als Leistung anknüpft, wäre daher - obschon kostenneutral - aus gebührenbe grifflicher Sicht in der Tat ,Verleihungsgebühr 4 zu nennen. Sie bliebe dies auch 1

Vgl. dazu unten, Gliederungspunkt D II 2.

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben dann, wenn sie sich nicht rechtfertigen ließe, etwa weil sie an ein Recht anknüpfte, das bereits zum grundrechtlich gewährten Rechtsbestand des Abgabeschuldners gehört. In diesem Fall läge schlicht eine verfassungswidrige Verleihungsgebühr vor. Rechtfertigungsorientierte Ansätze hingegen werden einer solchen Abgabe schon von vornherein ihre verfassungsrechtliche Existenzberechtigung streitig machen. Diese Ansätze messen der begrifflichen Einordnung einer nichtsteuerlichen Abgabe in das vorgefundene System außersteuerlicher Abgaben grundsätzlich nur geringe Bedeutung bei und stellen vor allem darauf ab, ob die Abgabe mit der sog. Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung vereinbar ist und den sonstigen Verfassungsbindungen des Gesetzgebers entspricht. Soweit sich eine Abgabe auf Rechtsverleihungen aus dieser Sicht als problematisch darstellte, gäbe es bei rechtfertigungsorientierter Betrachtung auch keine Verleihungsgebühr. Dieses Ergebnis liegt ebenso nahe aus Sicht von schutzzweckorientierten Begriffsansätzen. Diese messen dem Vorliegen verfassungskräftig festgelegter Begriffsmerkmale zwar bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben grundsätzlich Bedeutung bei, legen diese Begriffsmerkmale aber teleologisch einschränkend im Lichte der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung aus. Aus Sicht dieser Ansätze mag eine kostenneutrale Leistung somit aufgrund eines weiten Gebührenbegriffs zwar an sich denkbar, der Leistungsgegenstand Rechtsverleihung insgesamt aber mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung unvereinbar und damit auch die Verleihungsgebühr als Rechtsinstitut gescheitert sein. Diese Vorüberlegungen zeigen, daß es im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht vorrangig darum gehen kann, mit einem mehr oder weniger beliebigen Instrumentarium die Existenz oder Nichtexistenz von Verleihungsgebühren nachzuweisen. Die Methode bestimmt vielmehr selbst das Ergebnis. Erforderlich ist deshalb, der eigentlichen Rechtmäßigkeitsprüfung Überlegungen zur Dogmatik der Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben im Steuerstaat voranzustellen. Zwei Fragen drängen sich dabei in den Vordergrund: Zunächst ist fraglich, auf welchen rechtlichen Beurteilungsebenen sich nichtsteuerliche Abgaben überhaupt bewähren müssen, um im Steuerstaat des Grundgesetzes bestehen zu können. Insoweit sind insbesondere Fragen zum systematischen Verhältnis der Tatbestands- bzw. Begriffsebene zur Rechtfertigungsebene bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung nichtsteuerlicher Abgaben angesprochen. Mit diesem Fragenkreis verbunden ist die Frage, wie sich der Steuerstaat unter den außersteuerlichen Abgaben speziell gegenüber der Vorzugslast verhält. Insoweit ist in Erinnerung zu rufen, daß sich die sog. Steuerstaats-

92

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

doktrin 2 in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich als Schutzkonzept gegenüber Sonderabgaben herausgebildet hat, nachdem die Staatspraxis zunehmend auf Finanzierungsabgaben außerhalb des Steuerregimes zurückgegriffen hatte. In der durch Sonderabgaben bestimmten Steuerstaatsdiskussion ist jedoch nur zwischen den Zeilen erörtert worden, inwieweit der vertretene Geltungsanspruch des Steuerstaats auch gegenüber Vorzugslasten berechtigt ist, ob von diesen also ein ähnliches Bedrohungspotential für die Schutzgüter der Finanzverfassung ausgeht wie von Sonderabgaben. Ob der Steuerstaat sog. klassischen Vorzugslasten gegenüber Sonderabgaben ein Rechtfertigungsprivileg einräumt, ist somit ebenfalls zu erörtern, wenn die notwendige Verortung von Verleihungsabgaben im Eigenschaftsraum nichtsteuerlicher Abgaben zu weiterführenden Ergebnissen führen soll. Dabei werden insbesondere auch Inhalt und Umfang des sog. Steuervorrangs zu bestimmen und von den Aussagen des sog. Steuerstaatsprinzips abzugrenzen sein. Auf der Grundlage der Sonderabgabenrechtsprechung wird sich dabei herausstellen, daß sich der Steuerstaat des Grundgesetzes nach dem Maßstab des Steuervorrangs gegenüber Vorzugslasten in der Tat weniger restriktiv gibt als gegenüber Sonderabgaben. Soweit die sog. Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung in Rede steht, spricht für Vorzugslasten vielmehr eine widerlegliche Vermutung ihrer finanzverfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit. Diese reicht allerdings nur soweit, wie die betreffende Abgabe den später herauszuarbeitenden Wesenszügen bspw. der Gebühr oder des Beitrags entspricht. Je mehr die betreffende Abgabe dagegen vom verfassungsrechtlichen Leitbild der ihr zugrundeliegenden Vorzugslast abweicht, desto weniger kann sie als schutzgutneutral gelten und desto umfassender hat sie sich demzufolge für ihren Bruch mit den Maßgaben der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung zu verantworten. Hinzu tritt des weiteren ihre sachliche Rechtfertigung vor dem Steuerstaatsprinzip, welches, wie im einzelnen aufzuzeigen sein wird, in seiner Schutzaussage über den Steuervorrang hinausgeht und das deshalb selbst für schutzgutneutrale Abgaben maßgeblich bleibt. Vor dem Hintergrund dieses nachfolgend im einzelnen zu entwickelnden Beurteilungsansatzes wird sich zeigen, daß die einzelnen Erscheinungsformen des Verleihungskonzeptes nicht durchweg jenen Belastungsvorstellungen entsprechen, welche den rezipierten Gebührenbegriff des Grundgesetzes auszeichnen. Soweit die Verleihungsgebühr als regulierungsannexe Abgabe an die Verleihung exklusiver und wirtschaftlich nutzbarer Rechtsstellungen anknüpft und die bei Verleihung oder ihrem Gebrauchmachen entstandenen 2 Begriff etwa bei Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdokrtrin, AÖR 115 (1990), 577 (595 ff.).

I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen

93

Vorteile abschöpft, kann sie als gebührennah bzw. schutzgutneutral bezeichnet werden und genießt sie nach dem Maßstab des Steuervorrangs die widerlegliche Vermutung verfassungsrechtlicher Unbedenklichkeit. Dieses wird sich letztlich auch für die internalisierende Verleihungsabgabe, insbesondere Wasserentnahmeentgelte bestätigen lassen. Soweit das Verleihungskonzept indessen in Gestalt der Ressourcennutzungsgebühr als Internalisierungsinstrument auf die bloße Nutzung von öffentlichen Sachen, insbesondere Umweltgütern angewandt wird, liegt dagegen eine Abweichung von den Belastungsvorstellungen des grundgesetzlichen Gebührenbegriffs vor. Insoweit sind Zweifel an der Ressourcennutzungsgebühr bereits aus Sicht des Steuervorrangs angebracht. In sämtlichen nichtsteuerlichen Anknüpfungsformen begründet der Zugriff des Gesetzgebers auf das Verleihungskonzept überdies eine spezifische Substantiierungslast. In diesem Sinne hat der Gesetzgeber darzulegen, aus welchem besonderen Sachgrund er im Steuerstaat des Grundgesetzes überhaupt nichtsteuerliche Verleihungsabgaben in Form von Vorzugslasten glaubt erheben zu können. Um dieses Ergebnis im einzelnen abzuleiten, sind nunmehr jedoch zunächst die hierzu erforderlichen Vorarbeiten zu leisten. Dabei sollen zunächst die maßgeblichen Beurteilungsebenen für nichtsteuerliche Abgaben im Steuerstaat ermittelt werden. Anschließend ist zu untersuchen, welcher Raum nichtsteuerlichen Abgaben nach Steuervorrang und Steuerstaatsprinzip überhaupt verbleibt.

I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen Wer sich mit der Verfassungsmäßigkeit nichtsteuerlicher Abgaben im Steuerstaat befaßt, hat sich vorweg mit der Frage nach dem dabei anzuwendenden Beurteilungsmaßstab auseinanderzusetzen: Muß eine Verleihungsgebühr oder sonstige nichtsteuerliche Abgabe zulässig sein, um verfassungsrechtlich in unbedenklicher Weise erhoben werden zu können? Oder genügt statt dessen, daß die konkrete Abgabe die typischen Merkmale beispielsweise einer Vorzugslast aufweist? Wäre die Zulässigkeit einer Verleihungsgebühr in diesem Sinne also etwa bereits dadurch präjudiziell, daß Rechtsverleihungen gegebenenfalls gebührenbegrifflich eine Leistung sein können, Verleihungsabgaben grundsätzlich also teilhaben könnten an einem Tatbestand, den die Verfassung in Art. 74 Nr. 22 GG und in Art. 80 Abs. 2 GG immerhin ausdrücklich benennt? Oder müßte diese Abgabe, begrifflich bereits als Gebühr oder Beitrag qualifiziert, dann zusätzlich noch gerechtfertigt werden, und in welchem Verhältnis stünden abgabenrechtliche Einordnung und Rechtfertigung zueinander? Und schließlich: Würde die Verleihungsgebühr, ihre Formentreue unterstellt, als Vorzugslast ein Rechtfertigungsprivileg genießen und aus Sicht des Steuerstaates mit geringeren

9 4 C .

Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Legitimationsanforderungen bedacht werden können als bspw. Sonderabgaben? Derartige Fragen tauchen nicht von ungefähr auf, sondern offenbaren grundsätzlichen Klarstellungsbedarf in der Dogmatik zur Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben im Steuerstaat. Diese Dogmatik geht maßgeblich zurück auf die Sonderabgabenrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, von der es nicht selten heißt, sie enthalte eine „merkwürdige Verklammerung von Begriffs- und Zulässigkeitskriterien" 3 oder eine „Verquickung von Begrifflichkeit und Legalität". 4 Entsprechende Vermischungsgefahren ergeben sich umso mehr, wenn die Rezeption der im Hinblick auf Sonderabgaben entwickelten Rechtfertigungsdogmatik auf Vorzugslasten in Rede steht. Diese sind zwar ebenfalls nichtsteuerliche Abgaben und werfen als solche die Frage nach ihrer Rechtfertigung im Steuerstaat auf. Sie verfügen aber, anders als Sonderabgaben, um einen noch im einzelnen herauszuarbeitenden, gesetzlichen Begrijfskem. W i l l man diesen Begriffskern, etwa weil er sogar verfassungsrechtlich festgelegt ist, nicht vernachlässigen, stellt sich zwangsläufig auch die Frage nach einer Abschichtung von Begriffsebene und Rechtfertigungsebene. Im Schrifttum geschieht die erforderliche Abschichtung allerdings nicht immer deutlich genug. Anlaß für Mißverständnisse bieten Formulierungen wie etwa diejenige, daß Abgaben, die keine Steuern sind, zugleich auch gegenüber dem verfassungsrechtlichen Grundsatz „gerechtfertigt" werden müßten, wonach Einnahmen außerhalb des von der Finänzverfassung erfaßten Bereichs nur ausnahmsweise, d.h. „unter besonderen Voraussetzungen" erschlossen werden dürfen. 5 Das Verhältnis dieser „besonderen Vörausset3

Selmer, Finanzierung des Umweltschutzes und Umweltschutz durch Finanzierung, in: Thieme (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, S. 25 (38). 4 Henseler, Das Urteil zur Investitionshilfeabgabe in seiner Bedeutung für die Dogmatik des Abgabenrechts, N V w Z 1985, 398 (399). So auch Köck, Wasserschutz und Landwirtschaft, Rechtliche Überlegungen zur Einführung einer Stickstoffabgabe, IUR 1991, 8 (12): „begriffliche Arbeit mit Zulässigkeitsgesichtspunkten"; kritisch auch ders.. Der „Wasserpfennig und das Abgabenrecht, UPR 1991, 7 (9); Kloepfer/Schulte, Zuständigkeitsgrenzen bei der Einführung landesrechtlicher Abfall(Sonder-)abgaben, UPR 1992, 201 (204): „Vermischung von Begriffsmerkmalen und Zulässigkeitsvoraussetzungen". In diesem Sinne ferner Osterlohy Zur Zulässigkeit von Sonderabgaben, JuS 1982, 421 (424); Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer DVB1. 1987, 774 (780); Jakob, Sonderabgaben - Ein Fremdkörper im Steuerstaat?, in: Kirchhof/Offerhaus/Schöberle (Hrsg.), Festschrift für Franz Klein, S. 663 (667, 670); Meßerschmidty Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 f. (928); ders., Umweltabgaben im Gefüge der Finanzverfassung, UTR 3 (1987), 83 (104). 5 Vogely Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, Heidelberg 1990, § 87, Rdn. 45, S. 32.

I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen

95

zungen" zur Begriffsebene bspw. von Vorzugslasten bleibt hier indes offen: Genügt bereits das Vorliegen einer individuell zurechenbaren Leistung, um die „besonderen Voraussetzungen" zu erfüllen, oder gehen diese über die Verwirklichung von gegebenenfalls sogar verfassungskräftig festgelegten Tatbestandsmerkmalen hinaus? Das Verhältnis von Begriffs- und Rechtfertigungsebene, im Hinblick auf Sonderabgaben häufig als unscharf kritisiert, droht somit auch im Recht der Vorzugslasten zu wenig Beachtung zu finden. 6 Neben der völligen Vernachlässigung der Begriffsebene 7 finden sich dabei auch Ebenenvermischungen, bei denen die Rechtfertigungsfähigkeit von nichtsteuerlichen Abgaben anhand von Begriffsmerkmalen geprüft und die Dogmatik der verfassungsrechtlichen Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben dadurch mit weiteren Unschärfen belastet wird, solange man nicht herausstellt, in welchem Verhältnis Begriffs- und Rechtfertigungsebene zueinander stehen und welche Konsequenzen sich daraus für die verfassungsrechtliche Beurteilung der konkreten Abgabe ergeben. 8 Für Unklarheiten hat nicht zuletzt auch das Bundesverfassungsgericht gesorgt, indem es im Wasserpfennigbeschluß ausführte, auf die Einordnung von nichtsteuerlichen Abgaben in die Begriffswelt etwa der Gebühr oder des Beitrags komme es aus verfassungsrechtlicher Sicht überhaupt nicht an. 9 Das Schrifttum bemerkt hierzu, das Bundesverfassungsgericht prüfe anläßlich der verfassungsrechtlichen Beurteilung von nichtsteuerlichen Abgaben nunmehr die einzelnen Schutzgüter der Finanzverfassung „wie 6

Ein weiteres Beispiel hierfür liefert Jachmann, Die Einführung einer Nahverkehrsabgabe durch Landesgesetz, N V w Z 1992, 932 (934), nach der die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben „ . . . nur insoweit gestattet ist, als hierfür vorrangige Belange sprechen, d. h. wenn ein besonderer Rechtfertigungsgrund besteht." Auch hier bleibt offen, ob diese „vorrangigen Belange" im Falle von Vorzugslasten bereits. durch deren begriffliche Verwirklichung gewahrt sind oder ob weitere qualifizierende Umstände hinzukommen müssen. 7 Die Vernachlässigung der Begriffsebene wird nach dem Wasserpfennigbeschluß gerade auch dem Bundesverfassungsgericht vorgeworfen; vgl. etwa Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (222f.); siehe dazu auch die folgenden Ausführungen. 8 So etwa bei Donner/Fischer, Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/Magoulas/Simon/Wolf (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Staat und Markt, S. 363: „Die Rechtfertigung der Abgabenbelastung liegt bei Vorzugslasten in der Tatsache, daß der Abgabenpflichtige Begünstigter einer individualnützigen Staatsleistung ist und ihm damit auch die Kosten der Staatsaktion zugewiesen werden können." - Hervorhebung durch den Verfasser. Ähnlich F.. Kirchhof, Grundriß des Abgabenrechts, S. 13, Rdn. 22, die Rechtfertigung von Vorzugslasten in deren Eigenschaft erblikkend, „Verwaltungspreis" für einen „individuellen Vorteil" zu sein. Derartige Aussagen wirken mit Blick auf das Verhältnis von Begriffs- und Rechtfertigungsebene eher verunsichernd. 9 BVerfGE 93, 319 (1. Leitsatz).

96

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

selbstverständlich" als Tatbestandsmerkmale durch, vernachlässige dadurch aber

die

abgabespezifischen

Begriffsmerkmale.

Durch

dieses

Vorgehen

scheine das Gericht i n der Sache sogar eine neue „ L i n i e " von Abgaben zu eröffnen, ohne dabei indes klare Konturen zu schaffen. 1 0 Insgesamt besteht somit

sicherlich Anlaß genug, das Verhältnis

von

Begriffs- und Rechtfertigungsebene sowie deren Bedeutung für die verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben genauer zu betrachten. Dies soll i m folgenden geschehen.

1. Begriffsorientierte Beurteilungsansätze Gerade wenn es u m die Beurteilung von Vorzugslasten geht, arbeiten zahlreiche Stimmen bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung nichtsteuerlicher Abgaben m i t vorrangig begriffsorientierten Ansätzen. Für die Gebühr etwa liegt dies schon deshalb nahe, w e i l sie m i t dem M e r k m a l , Gegenleistung für eine besondere Leistung zu sein, über einen i m m e r h i n „verfassungsschweren

Kern"11

bzw.

„verfassungsinkorporiertes" 10

13

über ein „verfassungsfestes" 1 2

oder

auch

M e r k m a l v e r f ü g t . 1 4 I m Rahmen einer finanz-

Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (220). Ähnlich Klüppel, Umweltschutzfinanzierung im Bundesstaat, S. 188: Das Bundesverfassungsgericht bestätige in der Wasserpfennigentscheidung eine neu erschlossene Finanzierungsquelle und damit zugleich eine „ . . . neue Abgabenvariante im Bereich des Umweltschutzes." Diese Abgabeform zeichne sich zum einen durch strikte Umsetzung des Verursacherprinzips und zum anderen dadurch aus, daß sie von den Ländern eigenständig genutzt werden könne. Der bundesstaatliche Problemgehalt von Wasserentnahme- bzw. Ressourcennutzungsentgelten kommt hier kaum noch zum Ausdruck. 11 Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 55, vgl. auch S. 70; Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, UTR 16 (1992), S. 15 (22). 12 F. Kirchhof, Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (555); ders., Der Baden-Württembergische „Wasserpfennig", N V w Z 1987, 1031 (1034); Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (775). Ähnlich bereits Brodersen, Nichtfiskalische Abgaben und Finanzverfassung, in: Vogel/Tipke (Hrsg.), Festschrift Wacke, S. 103 (107): „Festlegung kraft Verfassungsrechts". 13 Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben - ein weißer Fleck in der Finanzverfassung, in: Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, S. 435 (439 f.). 14 Von einer verfassungsrechtlichen Vorgabe gehen insoweit auch aus F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 16f.; ders., Grundriß des Abgabenrechts, S. 7, Rdn. 11 ; Hofmann, Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Investitionshilfegesetz (InvHG), DVB1. 1986, 537 (539 f.); Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 30; Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individual verkehr, S. 23 und 33; Ubber, Der Beitrag als Institut der Finanzverfassung, S. 26f.; Sander, Der „Wasserpfennig" - eine Abgabe mit oder ohne staatliche Gegenleistung?, DVB1. 1990, 18 (19); Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 83 ff.,

I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen

97

verfassungsrechtlichen Überprüfung der Gebühr sollten deren verfassungsfeste Merkmale dann auch ohne weiteres der Ausgangspunkt für weitere Überlegungen sein. Im Schrifttum hat sich namentlich Selmer für die begriffliche Abgrenzung nichtsteuerlicher Abgaben ausgesprochen und diese Forderung vor allem mit dem Hinweis auf die vom Grundgesetz vorgesehene, strikte kompetenzrechtliche Trennungslinie zwischen Steuern und nichtsteuerlichen Abgaben begründet. Die Grenze zwischen letzteren und den Steuern zu beachten, d.h. zwischen ihnen begrifflich zu unterscheiden, sei damit ausnahmslos „ . . . eine (auch) verfassungskräftige Forderung". 15 Nur durch eine „klare, mißbrauchsresistente" Begrifflichkeit 16 mit eindeutigen Abgrenzungskriterien zwischen der Steuer und nichtsteuerlichen Abgaben seien die besonderen Bestimmungen, die in der föderativen Finanzverfassung für Steuern und die Verteilung ihres Aufkommens getroffen sind, vor Aushöhlungen und Störungen durch den einfachen Gesetzgeber geschützt und auf diese Weise zugleich auch die Belange des Individualschutzes der lastentragenden Bürger gewahrt. 17 Je blasser dagegen der Gegenleistungsbegriff angewandt wird, desto größer sei umgekehrt die Gefahr, in kompetenzwidriger Weise in den Bereich des auch individualschützenden Steuerregimes einzubrechen. 18 86, 114 f. Insgesamt kritisch zur Annahme verfassungsschwerer Begriffsmerkmale dagegen Kloepfer, Die lenkende Gebühr, AÖR 97 (1972), 232 (240 f.): Die Hilfestellung des Rezeptionsargumentes dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, daß das GG die Gebühr nur punktuell ausgestalte und daß auch die Anwendung allgemeiner verfassungsrechlicher Grundsätze auf die Gebührengewalt kein „Gebühren-Staatsrecht" mache. Weder der klassische Gebührenbegriff noch einzelne Gebührengrundsätze als solche seien unmittelbare Verfassungsinhalte. F. Kirchhof Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (555), spricht denn auch davon, daß die Begriffselemente der Gebühr mit Ausnahme der Gegenleistungsfunktion „Kinder des einfachen Gesetzes und der Praxis" seien. 15 Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 24; ders., Finanzierung des Umweltschutzes und Umweltschutz durch Finanzierung, in: Thieme (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, S. 25 (35); ders. Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 184; Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 48. Ähnlich: Brodersen, Nichtfiskalische Abgaben und Finanzverfassung, in: Vogel/Tipke (Hrsg.), Festschrift Wacke, S. 103 (107); Osterloh, Zur Zulässigkeit von Sonderabgaben, JuS 1982, 421 (424); Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (21 f.); Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 107, Fn. 422. 16 Selmer, Finanzierung des Umweltschutzes und Umweltschutz durch Finanzierung, in: Thieme (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, S. 25 (35). 17 Selmer y Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 24. 18 Selmer y Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, UTR 16 (1992), S. 15 (23). Die kompetenzrechtliche Bedeutung klarer Abgrenzungskriterien betonen auch: Arndty Entwurf eines Bundesabfallabgabengesetzes und das 7 Drömann

98

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben I n der Sache ähnlich, sprechen andere insoweit v o n der

„Formengesetzlichkeit" Abgrenzung

der

Geldlasten 1 9

nichtsteuerlicher

unterschiedlichen

Abgabearten

oder

nach

besonderen von

einer

„definitorischen

M e r k m a l e n " 2 0 und fordern daher eine „präzise Bestimmung des Gebührenb e g r i f f s " , 2 1 der dann i n F o r m bestimmter Tatbestandsmerkmale auch bei der

gebührenrechtlichen

Beurteilung

konkreter

Abgabenbeispiele

zur

A n w e n d u n g g e l a n g t . 2 2 Eindeutige Begriffsabgrenzungen werden i m übrigen nicht nur zur Abgrenzung v o n Gebühren gefordert, sondern gelten generell als unverzichtbar,

insbesondere

auch

im

Falle

der

nicht

kodifizierten

Sonderabgabe. 2 3 Über diese Forderungen

nach einer begrifflichen

Abgrenzung

hinaus

haben sich einige Stimmen auch zu dem Verhältnis geäußert, i n dem eine begriffsorientierte

Beurteilung

nichtsteuerlicher

Rechtfertigung steht. Zunächst forderte Hemeler,

Abgaben zu Fragen die begriffliche

der

Einord-

nung einer Abgabe i n die „Kategorien" Steuer, Vorzugslast oder Sonderabgabe24

und die

Kontrolle

ihrer

verfassungsrechtlichen

Zulässigkeit

als

Grundgesetz, BB 1992, 1 (3); Kloepfer/Thull, Rechtsprobleme einer C02-Abgabe, DVB1. 1992, 195 (198); Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (220). 19 Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: Stödter/Thieme (Hrsg.), Festschrift für Hans Peter Ipsen, S. 409 (429). 20 Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 100 - Hervorhebung im Original. Etwas provokant betont Hansjürgens mit Blick auf die Umweltabgabendebatte zugleich, daß es aus ökonomischer Sicht „belanglos" sei, ob es sich im Falle einer einzelnen Abgabe um eine Steuer, Gebühr, einen Beitrag oder eine Sonderabgabe handelt. Aus umweltökonomischer Perspektive sei allein maßgeblich, daß das öffentliche Gut Umwelt überhaupt mit einem Preis belegt werde; vgl. ders., a.a.O. S. 106 21 Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 4, 18. 22 Siehe etwa Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 174ff., sowie Sander, Der „Wasserpfennig" - eine Abgabe mit oder ohne staatliche Gegenleistung?, DVB1. 1990, 18 (19), letzterer den „Nachweis" einer individuell zurechenbaren Leistung fordernd, die dem Zweck dienen müsse, die Kosten ihrer Erstellung ganz oder teilweise zu decken. In gleicher Weise begriffsorientiert arbeiten jene Stimmen, die eine gebührenrechtliche Umsetzung des Verleihungskonzeptes deshalb für unmöglich halten, weil die Verleihung von Rechten kostenneutral sei. Siehe dazu bereits oben unter Gliederungspunkt Β I 1 a) sowie später unter D I I 2. 23 Köck, Das geplante Abfallabgabengesetz des Bundes, IUR 1991, 186 (190); ders., Wasserschutz und Landwirtschaft, Rechtliche Überlegungen zur Einführung einer Stickstoffabgabe, IUR 1991, 8 (12): „eindeutige Abgrenzungen in technischformaler Hinsicht". Speziell zum Verhältnis der Sonderabgabe zu den „klassischen" Abgaben Meßerschmidt, Umweltabgaben im Gefüge der Finanzverfassung, UTR 3 (1987), 83 (103); ders., Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 116f., 217; Hansjürgens, Sonderabgaben aus finanzwissenschaftlicher Sicht - am Beispiel der Umweltpolitik, StuW 1993, 20 (21).

I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen

99

getrennte, aufeinander aufbauende Prüfungsstufen voneinander abzuschichten.25

D e m entspricht die von anderer Seite erhobene Forderung, jede

Abgabe müsse zuerst begrifflich und systematisch qualifiziert bestimmten

Abgabenkategorie

zugeordnet

werden,

bevor

und einer

anschließend

anhand der spezifischen Merkmale ihrer Kategorie beurteilt werden könne, ob die betreffende Abgabe auch gerechtfertigt i s t . 2 6 Andere Stimmen sind dem g e f o l g t . 2 7 Zuletzt hat Heimlich Trennung von Tatbestands ebene i m Anschluß an Murswiek

diesen Ansatz einer grundsätzlichen

bzw. Begriffsebene 28

sowie

Rechtfertigungs-

auf das Gebührenrecht übertragen. 2 9

Abgesehen von diesen eher prüfungstechnischen Hinweisen zu Bearbeitungsreihenfolge und Ebenentrennung sind jedoch i m Rahmen der vorliegenden Untersuchung vor allem Aussagen z u m systematischen Verhältnis von Begriffs- zur Rechtfertigungsebene von Interesse. I n dieser Hinsicht stellte Henseler

für Vorzugslasten der Sache nach eine Identitätsthese auf.

Danach k o m m t der Qualifikation einer Abgabe als Gebühr oder Beitrag auf der Begriffsebene

einem „prinzipiellen Unbedenklichkeitsattest"

auf der

Rechtfertigungsebene g l e i c h . 3 0 I n ähnlicher Weise hat Vogel diesen Zusam24 Die klassische Formentrias des deutschen Abgabenrechts umfaßt Steuern, Gebühren und Beiträge (Vorzugslasten); vgl. etwa F. Kirchhof, Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554; Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 19. Neben den drei klassischen Abgabeformen hat sich die Sonderabgabe entwickelt. Wenn von den „Abgabekategorien" gesprochen wird, meint man hiermit überlicherweise Steuern, Vorzugslasten und Sonderabgaben. 25 Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 25. Ähnlich ders., Das Urteil zur Investitionshilfeabgabe in seiner Bedeutung für die Dogmatik des Abgabenrechts, N V w Z 1985, 398 (399, 401), die Prüfung von Art und Zulässigkeit einer Abgabe als „wesensverschiedene Arbeitsschritte" bezeichnend. 26 Breuer, Rechtsprobleme der Altlasten, N V w Z 1987, 751 (759). - Ähnlich Wegmann, Naturschutzlasten und Transferverfassung, NuR 1988, 361 (362): „Ausgangspunkt der Diskussion um die Rechtfertigung einer Last ist die Zuordnung der Last zu den bestehenden Abgabekategorien." 27 Gösch, Juristische Beurteilung von Ökosteuern, StuW 1990, 201 (207); Köck, Das geplante Abfallabgabengesetz des Bundes, IUR 1991, 186 (190); Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (21 f.); Jakob, Sonderabgaben - Ein Fremdkörper im Steuerstaat?, in: Kirchhof/Offerhaus/Schöberle (Hrsg.), Festschrift für Franz Klein, S. 663 (676); Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (220). Weitere Nachweise bei Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 73 f. 28 Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 23, 39. 29 Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 74 ff. 30 Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 18. Umgekehrt ist es aber nicht möglich, von der Rechtfertigung einer Abgabe auf deren begriffliche Identität zu schließen, eine Abgabe also beispielsweise mit dem Hinweis auf ihre Vorteilsabschöpfungsfunktion zu rechtfertigen und die Vorteilsabschöpfung als Indiz für die Einordnung der Abgabe als Vorzugslast bzw. Gebühr zu

7*

100

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

menhang mit dem Hinweis zum Ausdruck gebracht, daß eine Gefährdung der Steuerstaatlichkeit durch spezielle Finanzierungsabgaben dort nicht zu befürchten sei, wo immer individuell zurechenbare Leistungen an den einzelnen vorliegen, 31 d.h. die begriffstypischen Merkmale von Vorzugslasten bzw. Gebühren gegeben sind. Nach diesen Stimmen wirkt die geglückte Einordnung einer nichtsteuerlichen Abgabe als Vorzugslast somit zugleich auch als Rechtfertigungsprivileg gegenüber der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung. Demnach sollen der besonderen Rechtfertigung nur jene nichtsteuerlichen Abgaben bedürfen, die sich nicht als Vorzugslast begründen lassen. 32 Es liegt auf der Hand, daß die begriffliche Einordnung und Abgrenzung einer Abgabe bei diesen Ansätzen im Vordergrund steht.

2. Verdrängung begrifflicher Einordnungen durch Rechtfertigungserwägungen? Angesichts der möglicherweise privilegierenden Wirkung bestimmter Tatbestandsmerkmale erscheint es umso erstaunlicher, wenn das Bundesverfassungsgericht der begrifflichen Einordnung nichtsteuerlicher Abgaben in das System öffentlicher Abgaben neuerdings offenbar eine deutliche Absage erteilen will. Im ersten Leitsatz zur Wasserpfennigentscheidung sprach das Gericht nämlich aus, daß es „ . . . für die kompetenzrechtliche Zulässigkeit einer nicht steuerlichen Abgabe ... nicht darauf an(komme), ob sie sich den gebräuchlichen Begriffen etwa der Gebühr oder des Beitrages einfügt." Maßgeblich sei allein, „ . . . ob sie den Anforderungen standhält, die sich aus der Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung ergeben/' 33 Später formuliert das Gericht sodann mit werten. Die verfassungsrechtlich geforderte Abgrenzung zur Steuer wäre hierbei nicht möglich; vgl. dazu auch Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (221 f.). - Im übrigen ist anzumerken, daß sich die zugleich abgrenzende wie auch rechtfertigende Kraft begriffsorientierter Abgabenqualifikationen bei den „Zulässigkeitskriterien" für Sonderabgaben fortsetzt. Im Beschluß zum Absatzfondsgesetz (2 B v L 12, 13/88 vom 31.05.1990) hat das Bundesverfassungsgericht die typenprägenden Merkmale der Sonderabgabe - Homogenität und Sachverantwortung der belasteten Gruppe, gruppennützige Verwendung des Abgabeaufkommens - zugleich als Rechtfertigungsgründe bezeichnet; vgl. BVerfGE 82, 159 (181). 31 Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 87, S. 35, Rdn. 48. 32 Vgl. Schmidt, Sonderabgaben in der neueren Rechtsprechung des BVerfG, N V w Z 1991, 36 (38). Auch Henseler will die Zulässigkeits- bzw. Rechtfertigungskriterien nur auf solche nichtsteuerliche Abgaben anwenden, die ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung erhoben werden. Vgl. ders., Die Künstlersozialabgabe im System der öffentlichen Abgaben, NJW 1987, 3103 (3103 f.). 33 BVerfGE 93, 319.

I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen

101

spürbarem Unterton, Fragen der Systematisierung und Katalogbildung aufgrund bestehender Gesetze seien keine Verfassungsfragen. 34 Die Interpretation dieser Passage läßt Zweifel kaum zu: Nimmt man das Gericht beim Wort, so wird es für die Beurteilung von Verleihungsgebühren als nichtsteuerliche Abgaben letztlich nicht mehr darauf ankommen können, ob die vom Abgabeschuldner verlangte Geldleistungspflicht Gegenleistung für eine individuell zurechenbare Staatsleistung in Gestalt der Rechtsverleihung ist. Denn zu den nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts offenbar unbeachtlichen, „gebräuchlichen" Begriffen der Gebühr oder des Beitrags wird man a priori mit der Gegenleistungsabhängigkeit auch jenen Begriffskern zu zählen haben, von dem andere sagen, daß er verfassungskräftig festgelegt ist. 3 5 Maßgeblich wäre somit allein, ob sich Verleihungsabgaben mit ihren möglichen Tatbestandsanknüpfungen vor der Schutzund Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung rechtfertigen lassen bzw. ob sie den vom Bundesverfassungsgericht neuerdings zitierten „drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung" 36 entsprechen. Mit den begriffsorientierten Ansätzen, welche zunächst auf die begriffliche Einordnung einer (nichtsteuerlichen) Abgabe in das System der öffentlichen Abgaben abstellen und sogar ein Rechtfertigungsprivileg von Vorzugslasten in den Raum stellen, ist dieser Ansatz aber offenbar nicht vereinbar. Die ersten Stellungnahmen des Schrifttums deuten insoweit teils Zustimmung, überwiegend aber wohl Ablehnung an. Das Gericht habe „vor Begrifflichkeiten kapituliert", 37 sich mißverständlich geäußert und damit „mehr Verwirrung als Klarheit" geschaffen. 38 In der Sache habe es den 34

BVerfGE 93, 319 (345). Statt vieler: Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 55. 36 Diese Formulierung taucht erstmals in der Kohlepfennigentscheidung (Beschluß des Zweiten Senats vom 11.10.1994, 2 BvR 633/86) auf, vgl. BVerfGE 91, 186 (202). 37 Sanden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „WasserpfennigEntscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (182). Sanden bedauert den dogmatischen Ansatz des Bundesverfassungsgerichts und spricht davon, daß das Gericht mit seinem Ansatz zu Unrecht die Bemühungen des Schrifttums abwerte, durch Herausarbeitung klarer Begrifflichkeiten „Licht in das Dunkel des Umweltabgabenrechts" zu bringen. 38 Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (220, 223). Das Bundesverfassungsgericht umgehe das Problem der Einordnung von Wasserentnahmeentgelten „ . . . in die dogmatische Struktur der Finanzverfassung" und lasse entscheidende Definitions- und Abgrenzungsfragen unbeantwortet. Bei wörtlicher Auslegung führe der Wasserpfennigbeschluß zu einer zumindest partiellen Auflösung der Finanzverfassung und überlasse den Rechtsschutz des Bürgers der „Beliebigkeit". Kritisch auch Vogel/Waldhoff\ in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104 a - 115, Rdn. 343. 35

102

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

gebührenrechtlichen Leistungsbegriff so stark erweitert, daß er zur Abgrenzung von der Steuer nicht mehr t a u g e . 3 9 A u f der anderen Seite wurde der Beschluß aber auch begrüßt, w e i l er die abgabenrechtliche Diskussion auf ihre verfassungsrechtlichen Grundlagen zurückgeführt habe, nämlich die i n der Finanzverfassung enthaltenen Prinzipien für die Behandlung nichtsteuerlicher Abgaben. Von daher sei es auch nur konsequent, die begriffliche Zuordnung von Abgaben als verfassungsrechtlich unbeachtlich anzusehen. 4 0 Unübersehbar ist indessen bereits jetzt, daß die Übernahme dieses Ansatzes i n nicht unerhebliche Folgeprobleme f ü h r t . 4 1 Eine überraschende Kehrtwende i n der Diskussion u m die verfassungsrechtliche

Beurteilung nichtsteuerlicher

Abgaben markiert

der

Beschluß

gleichwohl nicht. I m Schrifttum war schon zuvor vorgeschlagen worden, die

verfassungsrechtliche

Überprüfung

außersteuerlicher

Abgaben

mehr nach Abgabetypen differenziert, sondern an den allgemeinen

nicht Verfas-

sungsanforderungen an nichtsteuerliche Abgaben auszurichten. Die Klassifikation einer Abgabe als Gebühr oder sonstige Abgabe hingegen habe letztl i c h nur systematisierenden Charakter. 4 2 39 v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063). 40 v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063), sich mit dieser Stellungnahme allerdings in einen gewissen Widerspruch zu ihrer über Fn. 39 wiedergegebenen Kritik begebend, das Gericht habe in untauglicher Weise den Leistungsbegriff erweitert. - Koch/Reese, Zur Verfassungsmäßigkeit des „Solidarfonds Abfallrückführung", DVB1. 1997, 85 (87), geben zum Wasserpfennigbeschluß lediglich den unkritischen Hinweis, die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Unbeachtlichkeit begrifflicher Einordnungen seien schlicht „zu beachten". 41 Zu welchen Unsicherheiten der Ausspruch des Bundesverfassungsgerichts im Schrifttum geführt hat, zeigt Fechner, Kommunale Parkgebühren zwischen öffentlichem Sachenrecht und Umweltpolitik, DVB1. 1997, 11 (16). Fechner untersucht die Zulässigkeit von insbesondere umweltpolitisch motivierten Erhebungszwecken der Parkgebühr und stellt fest, daß der Gebührengesetzgeber seine formelle Kompetenz zum Erlaß von Parkgebühren gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG jedenfalls dann überschritten habe, wenn nicht mehr von einer „Gebühr" gesprochen werden könne. Unter Bezugnahme auf die Wasserpfennig-Entscheidung führt er allerdings weiter aus, daß der Gebührenbegriff wiederum auch nicht zu eng gesehen werden dürfe und insbesondere „ . . . Inhalte außerhalb des herkömmlichen Begriffsverständnisses nicht aus formalistischen Gründen ausgeschlossen werden (dürften)", nachdem das Bundesverfassungsgericht nicht mehr auf die Zuordnung zu gebräuchlichen Begriffen, sondern auf die Rechtfertigungsfähigkeit einer Abgabe abstelle. Die Verleihungsgebühr siedelt Fechner jedoch nicht mehr im Bereich des unkritischen Gebührenbegriffs an, weshalb dem Gesetzgeber insoweit eine Berufung auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG versperrt bleibe; vgl. ders., a.a.O., Fn. 68. Wenn es, wie das Beispiel Fechners nahelegt, nunmehr um die Abgrenzung eines kritischen von einem unkritischen Gebührenbereich geht, sollte man wohl besser bei der Abgrenzung anhand verfassungskräftig festgelegter Begriffsmerkmale bleiben.

I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen

103

Besteht im Bereich nichtsteuerlicher Abgaben damit nur noch Raum für bedenkliche und unbedenkliche bzw. verfassungsmäßige und verfassungswidrige Geldleistungspflichten, während deren Rechtsnatur im übrigen verfassungsrechtlich unerheblich sein soll? Auf den ersten Blick scheint das Bundesverfassungsgericht den für Sonderabgaben inzwischen akzeptierten Verzicht auf subsumtionsfähige Begriffe 43 in der Tat auch auf die übrigen nichtsteuerlichen Abgaben und insbesondere Vorzugslasten übertragen zu wollen. Wie die Wasserpfennigentscheidung jedoch bei genauerem Hinsehen zeigt, ist ein völliger Verzicht auf die begriffliche Bewältigung nichtsteuerlicher Abgaben auch aus Sicht der neueren Verfassungsrechtsprechung nicht bezweckt. Folgende Anhaltspunkte sprechen dafür: Zunächst legt das Gericht dar, daß es seit jeher verschiedene Formen nichtsteuerlicher Abgaben für verfassungsrechtlich zulässig gehalten habe, sofern diese sich von der Steuer als voraussetzungslos geschuldeter Abgabe hinreichend deutlich unterscheiden und auf einer besonderen sachlichen Rechtfertigung beruhten. 44 Schon zu Abgrenzungszwecken gegenüber der Steuer kommt der begrifflichen Bewältigung von Abgaben daher auch nach dem Ansatz des Bundesverfassungsgerichts entscheidende Bedeutung zu. Wie die Entscheidung des weiteren zeigt, spielen Begriffsmerkmale aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts aber auch auf Rechtfertigungsebene eine Rolle. Das Gericht erhebt nämlich gegenüber herkömmlichen nichtsteuerlichen Abgaben, zu denen es Gebühren und Beiträge zählt, keine grundsätzlichen Bedenken. Die Erhebung dieser Vorzugslasten werde durch ihre Ausgleichs- und Abschöpfungsfunktion legitimiert, 45 denn wer eine „öffentliche Leistung" in Anspruch nehme, empfange einen besonderen Vorteil, der es rechtfertige, ihn zur Tragung der Kosten dieser öffentlichen Leistung heranzuziehen oder die durch die öffentliche Leistung gewährten Vorteile ganz oder teilweise abzuschöpfen. 46 Wenn das Gericht dennoch meint, für die kompetenzrechtliche Zulässigkeit einer nichtsteuerlichen Abgabe komme es auf deren begriffliche Zuordnung gerade nicht an, 4 7 begibt es sich somit offensichtlich in Widerspruch zu seiner eigentlichen Gedankenführung. Ein gewisser Widerspruch tritt auch zutage, wenn das Gericht die streitgegenständlichen Wasserentnahmeentgelte später als „gegenleistungsab42

Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 119f.; ähnlich ders., Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (174). 43 So in der Tat mit Blick auf Sonderabgaben: Trzaszalik, Der instrumenteile Einsatz von Abgaben, StuW 1992, 135 (145). 44 Vgl. BVerfGE 93, 319 (343). 45 BVerfGE 93, 319 (343 f.). 46 BVerfGE 93, 319 (344). 47 BVerfGE 93, 319 (345).

104

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

hängige Abgaben" qualifiziert, die für eine „individuell zurechenbare öffentliche Leistung": die Eröffnung der Möglichkeit der Wasserentnahme erhoben würden. 48 Wie sich zeigt, arbeitet das Gericht auch hier mit Begriffsmerkmalen und stellt die hinreichende Steuerdistanz der Wasserentnahmeentgelte nur deshalb fest, weil es mit dem Vorliegen einer individuell zurechenbaren Leistung das entscheidende Begriffsmerkmal der Gebühr meint erkennen zu können. 49 Bei diesem Vorgehen hätte sich das Gericht eines Hinweises auf die angebliche Unbeachtlichkeit begrifflicher Einordnungen besser enthalten. Zumindest hätte es klarstellen sollen, daß lediglich die Zuordnung von Abgaben zu den einfachgesetzlichen Gattungsbezeichnungen der Verwaltungs- und Benutzungsgebühr sowie der Verleihungsgebühr unbeachtlich ist, während der verfassungsrechtliche Begriffskern von Gegenleistungsabgaben selbstverständlich auch deren verfassungsrechtliche Beurteilung dominiert. Die Befürchtung von Sanden, das Gericht habe vor Begrifflichkeiten kapituliert, 50 ist daher auch nur insoweit zutreffend, als das Gericht trotz begriffsbezogener Ausgangsposition 51 eine Konturierung des Leistungsbegriffs gescheut und statt dessen das Vorliegen einer Leistung schlicht unterstellt hat. Der Sache nach liegt freilich auch beim Wasserpfennigbeschluß eine gerade für Vorzugslasten fragliche Vermischung von Begriffs- und Rechtfertigungsebene vor. 5 2 Bei zutreffender Auslegung liegt der Wasserpfennigbeschluß indes ganz auf der Linie der bisherigen Verfassungsrechtsprechung. Bereits im Urteil zur Ausbildungsplatzförderungsabgabe 53 hatte der Zweite Senat betont, daß die Bewahrung der bundesstaatlichen Ordnungs- und Ausgleichsfunktion gem. Art. 104a bis 108 GG es unverzichtbar mache, „ ... Steuern und 48

BVerfGE 93, 319 (346). Vgl. BVerfGE 93, 319 (346 f.). 50 Sanden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „WasserpfennigEntscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (182). 51 Eine begriffsbezogene Ausgangsposition hat letztlich auch Murswiek, dessen Ansatz mit dem Bundesverfassungsgericht im wesentlichen übereinstimmt. Murswiek hält zwar von der gängigen Klassifikation von Abgaben wenig und schlägt statt dessen eine Einteilung von Abgaben anhand ihrer „typischen Rechtfertigungskriterien" vor, hält eine begriffliche Abgrenzung nichtsteuerlicher Abgaben von Steuern aber dennoch für notwendig und verfassungsfest; vgl. ders., Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (174). 52 Ein weiteres Beispiel hierfür liefert Wilms , Die abgabenrechtliche Qualifizierung des „Kohlepfennigs", N V w Z 1995, 550 (551). Auch Wilms erweckt den Eindruck, daß es für die Zulässigkeit von nichtsteuerlichen Abgaben allein auf das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes ankommt, zieht als Rechtfertigungsgründe aber letztlich Begriffsmerkmale heran, indem er Vorzugslasten etwa nur dann für gerechtfertigt hält, wenn „durch die Staatsleistung" Sondervorteile an einzelne gewährt werden. Die maßgebliche Frage ist doch zunächst, ob diese Staatsleistung individuell zurechenbare Leistung im gebührenrechtlichen Sinne ist. 53 Urteil des Zweiten Senats vom 10.12.1980, 2 BvF 3/77, BVerfGE 55, 274ff. 49

I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen

105

außersteuerliche Abgaben eindeutig voneinander abzugrenzen." 54 Andernfalls könne nicht vermieden werden, daß der Gesetzgeber unter Inanspruchnahme von Sachgesetzgebungskompetenzen auch solche Abgaben einführe, die „in Wahrheit" Steuercharakter hätten und für die nach dem Willen des Grundgesetzes damit die Regelungs-, Ertrags- und Verwaltungszuständigkeiten der Finanzverfassung zu gelten haben. 55 Im Urteil zur Investitionshilfeabgabe 56 spricht der Zweite Senat insoweit von der „ordnenden Funktion des Steuerte griffs" 57 und betont, daß sich die Finanzverfassung des Grundgesetzes gerade durch ihre Formenklarheit und Formenbindung auszeichne. Das Gericht sieht in der abgabenrechtlichen Formenbindung nicht nur einen Selbstzweck, sondern behandelt sie selbst als integralen Bestandteil einer funktionsgerechten Finanzordnung. 58 Auch in vorangehenden Entscheidungen hatte sich das Gericht in diesem Sinne geäußert. 59 Insgesamt ist somit festzuhalten, daß die begriffliche Einordnung von Abgaben als Vorzugslasten oder sonstige nichtsteuerliche Abgaben auch nach neuester Verfassungsrechtsprechung Ausgangspunkt jeglicher Beurteilung außersteuerlicher Abgaben ist. Hätte der Zweite Senat sich von der bisherigen Rechtsprechung distanzieren wollen, nach der das Gericht der begrifflichen Bewältigung von Abgaben seit jeher einen hohen Stellenwert eingeräumt hat, so ist anzunehmen, daß er dies in noch größerer Deutlichkeit getan hätte. Vorerst vertan ist allerdings die Gelegenheit, daß sich das Gericht klarstellend zur Rezeption seiner auf Sonderabgaben zugeschnittenen Rechtfertigungslehre auf Vorzugslasten äußert. Angesichts der eingangs aufgeworfenen Fragen, welche die ungeprüfte Übertragung der Rechtfertigungsdoktrin auf Vorzugslasten mit sich bringt, wären klarstellende Worte allerdings wünschenswert gewesen.

3. Weitere Beurteilungsansätze Eine grundsätzliche Stellungnahme zur verfassungsrechtlichen Beurteilung gerade von Vorzugslasten hätte auch Aufschluß darüber geben können, inwieweit die Begriffsmerkmale von Vorzugslasten, zumindest soweit sie verfassungsfest sind, für Schutzzwecküberlegungen und in diesem Sinne für 54

BVerfGE 55, 274 (304). BVerfGE 55, 274 (304). 56 Urteil des Zweiten Senats vom 06.11.1984, 2 B v L 19, 20/83, 2 BvR 363, 41/83, BVerfGE 67, 256ff. 57 BVerfGE 67, 256 (286) - Hervorhebung durch den Verfasser. 58 BVerfGE 67, 256 (288). Vom „Gebot der Formenklarheit im Abgabenwesen" spricht im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch P. Kirchhof\ Die Sonderabgaben, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 669 (674). 59 BVerfGE 7, 244 (251 f.); 42, 223 (227 f.). 55

106

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

eine sog. teleologische Reduktion offen sind, welche Rechtfertigungselemente sogleich auf Tatbestandsebene einbezieht. In der Tat stehen sich die begriffsorientierte Beurteilung von Vorzugslasten einerseits und eine an Rechtfertigungskriterien ausgerichtete Zulässigkeitsprüfung andererseits nicht unvereinbar gegenüber. Wenn auf der einen Seite die verfassungsrechtlich vorgegebenen Abgrenzungsmerkmale zum Steuerregime zu beachten sind, eine Vorzugslast auf der anderen Seite aber auch vor den systemund individualschützenden Aussagen dieses Steuerregimes zu rechtfertigen ist, dann liegt es nahe, die Begriffsmerkmale von Vorzugslasten im Wege teleologischer Reduktion derart zu verengen, daß bei ihrer tatbestandsmäßigen Verwirklichung eine Gefährdung steuerstaatlicher Schutzgüter als ausgeschlossen gelten kann. Im Schrifttum ist in diesem Sinne mehrfach vorgeschlagen worden, Fragen der Rechtfertigung von Abgaben bereits auf begrifflicher Ebene durch eine entsprechend restriktive Auslegung des Gegenleistungsbegriffs zu berücksichtigen. Ein solcher Ansatz führt zu der später ausführlicher darzustellenden Verengung des verfassungsrechtlichen Gegenleistungsbegriffs auf bestimmte Leistungsgegenstände und zur Ausgrenzung angeblich vorzugslastenferner Gegenleistungsfiktionen aus dem Gebührenregime. 60 Besonders deutlich kommt die dogmatische Nähe von Begriff und Rechtfertigung bei Vogel zum Ausdruck, nach dessen Ansicht die Rechtfertigungsfähigkeit der Gebühr zugleich auch die Grenzen des verfassungsrechtlichen Gcbührenbe griffs dominiert. 61 Zuvor schon hatte Henseler festgestellt, daß die Gegenleistungsabhängigkeit einer Vorzugslast diese nicht nur begrifflich als Nichtsteuer kennzeichnet und von der Steuer abgrenzt, sondern zugleich auch ihre Erhebung legitimiert. 62 Auch hier klingt an, daß die begriffliche Einordnung von nichtsteuerlichen Abgaben und deren Rechtfertigung zwar „wesensverschiedene Arbeitsschritte" 63 sein mögen, beide aber im Falle von Vorzugslasten untrennbar miteinander verknüpft sind. 64 Diese Nähe von Begriffs- und Rechtfertigungsebene hatte jüngst auch das Bun60 So etwa bei Pietzcker, der sich zur Gewährleistung einer hinreichenden Steuerdistanz von nichtsteuerlichen Abgaben für den Einbau materieller Bestimmungselemente in die klassischen Vorzugslasten nach dem Beispiel der Sonderabgabenrechtsprechung ausspricht; vgl. ders., Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (777, 781). Stallknecht hat diesen Ansatz fortgeführt; vgl. ders., Lizenz und Lizenzentgelt, S. 176 ff. Zu Stallknechts Ansatz siehe ausführlich Gliederungspunkt D i a ) bb). 61 Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger, Festschrift für W i l l i Geiger, 518 (532); siehe auch Vogel/Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104a - 115, Rdn. 406, 413. 62 Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 80f.,

110.

63 Henseler, Das Urteil zur Investitionshilfeabgabe in seiner Bedeutung für die Dogmatik des Abgabenrechts, N V w Z 1985, 398 (401).

I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen

107

desVerfassungsgericht mit Blick auf Sonderabgaben bestätigt und ausgeführt, daß es sich bei der Sonderabgabe um einen Tatbestand mit Warnfunktion handele, dem bei Vorliegen seiner (begrifflichen) Voraussetzungen zugleich auch rechtfertigende Kraft zukomme. 65 Die Konsequenzen der unterschiedlichen Beurteilungsansätze für Verleihungsgebühren liegen nun auf der Hand: Folgt man einer vorrangig begriffsorientierten Vorgehensweise, ist die verfassungsrechtliche Anerkennung von Verleihungsgebühren als drittem Gebührentyp durchaus denkbar, sofern nur die dogmatische Bewältigung ihrer scheinbar gebührenfeindlichen Eigenschaften gelingt. Die Existenz der Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp kann anhand begriffsorientierter Ansätze somit bewiesen werden, selbst wenn Abgaben im Einzelfall verfassungswidrig sind, etwa weil ihre konkrete Tatbestandsgestaltung nicht rechtfertigungsfähig sein mag. Wie gezeigt, kommen die alternativen Beurteilungsansätze hier durch Betonung des Rechtfertigungsgedankens zu anderen Ergebnissen, so daß die Kontroverse um die Verleihungsgebühr letztlich auch einen Streit um alternative Beurteilungsmethoden repräsentiert. Befürworter der Verleihungsgebühr waren in diesem Diskussionsumfeld gehalten, sich zum Zwecke eines endgültigen Nachweises dieses Gebührentypus in grundsätzlicher Art mit den Möglichkeiten einer verfassungsrechtlichen Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben auseinanderzusetzen. Auf diese neueren Entwicklungen ist anschließend einzugehen.

a) Funktionalistische

Gebiihrendogmatik

Nachdem sich die potentiell verleihungsfeindlichen Rechtfertigungsansätze im Gefolge der Sonderabgabendebatte auch im Bereich der klassischen Vorzugslasten mehr und mehr Raum verschafft hatten, waren die Befürworter der Verleihungsgebühr zuletzt aufgerufen, sich verstärkt für eine Abgrenzung und Verteidigung begriffsorientierter Ansätze auszusprechen. In der Sache führten diese Bemühungen zu einer sog. funktionalistischen Gebührendogmatik, welche die bereits erwähnte Forderung nach einer Trennung von Begriffs- und Rechtfertigungsebene nunmehr durch den Hinweis auf die jeweils eigenständigen Funktionen dieser Beurteilungsebenen stützt. 64 Nicht zu übersehen ist jedoch, daß Vogel und Henseler sich ansonsten diametral gegenüberstehen: Vogel geht vom Primat der Rechtfertigung aus und erkennt nichtsteuerliche Abgaben nur insoweit begrifflich als Gebühr an, wie diese in ihrer konkreten Erscheinungsform gerechtfertigt sind. Henseler hingegen geht vom Gegenleistungsbegriff aus, der einem verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeitattest gleichkommt und damit zugleich auch die Legitimation der Abgabe sichert. 65 BVerfG, Kammerbeschiuß vom 09.01.1996, 2 BvL 12/95, NJW 1997, 573.

108

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Zunächst hatte S. Meyer sich dafür ausgesprochen, Fragen der „Begrifflichkeit" strikt von solchen der verfassungsrechtlichen „Rechtmäßigkeit" zu unterscheiden. 66 Zur Begründung beruft sie sich auf die letztlich erkenntnishemmende Auswirkung einer Ebenenvermischung: Schon der mittlerweile klassische Streit des Gebührenrechts - die Konkurrenz zwischen dem „formalen" und dem „materiellen" Gebührenbegriff - beruhe auf der häufigen „Vermischung von Begriff und Rechtmäßigkeit" 67 Ob eine kostenüberschreitende Gebühr verfassungsrechtlich zulässig ist, sei aber nicht, wie dieses der materielle Gebührenbegriff impliziere, eine Frage der Begrifflichkeit, sondern ausschließlich eine Frage der Rechtmäßigkeit. Heimlich schließt sich der Unterscheidung von Begriff, Rechtfertigung und Bemessung von Gebühren an und versucht, diese Ebenentrennung dogmatisch tiefer zu verwurzeln. 68 Ebenso wie Meyer hält Heimlich diese Ebenentrennung insbesondere für die Bewältigung der kostenüberschreitenden Gebühr für notwendig. 69 Bereits deshalb steht das Konzept der Ebenentrennung allerdings auch in der Gefahr, als abgabendogmatischer Kunstgriff oder auch Selbstzweck angesehen zu werden, sofern es sich nicht auf zwingende Sachgründe zurückführen läßt. Denn es ist offensichtlich, daß die dogmatische Bewältigung kostenneutraler (Verleihungs-)Gebühren auf andere Weise als durch eine isolierte Begriffsbetrachtung kaum gelingen kann. Insoweit hatte die zunehmende Präsenz des Verleihungskonzeptes in der Abgabenpraxis eine vertiefte Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Ansätzen einer verfassungsrechtlichen Beurteilung von Abgaben geradezu herausgefordert. Heimlich sieht den dogmatischen Ansatz der Ebenentrennung in deren unterschiedlichen Funktionen und kreiert darüber den Begriff der sog. funktionalistischen Gebührendogmatik. 70 In diesem funktionalistischen Verständnis kommt dem Gebührenfegnjff Abgrenzungsfunktion zu. 7 1 Bei der Rechtfertigung von Gebühren werde dann nach der Zulässigkeit von Eingriffen in geschützte Rechtspositionen gefragt. Die Rechtfertigungsebene ist damit Trägerin einer Schutzfunktion. 72 Die Gebührenbemessung schließlich diene der Überprüfung, ob die im Einzelfall dem Grunde 66 67

Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 57, 64f., 69. Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 63; vgl. auch

S. 64. 68

Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 72 ff. Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 74, 81 f. 70 Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 74ff. 71 Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 75. 72 Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 75 f. Zur Gleichsetzung von Zulässigkeitsvoraussetzungen und Rechtfertigungskriterien siehe bereits Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individual verkehr, S. 29. 69

I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen nach rechtmäßig worden ist. 7 3

erhobene

Gebühr

in rechtmäßiger

109 Weise bemessen

Aus dieser Funktionenverschiedenheit der Ebenen folgt für Heimlich nun deren Trennung. 74 Da die Ebenen zueinander in „hierarchischem Verhältnis" stünden, sei es „nicht zulässig", Fragen der einen Ebene auf einer anderen Ebene abzuhandeln. Aufgrund des Hierarchieverhältnisses könne eine nachfolgende Ebene die vorangehende ohnehin nicht beeinflussen. Der Gebührenfognjff etwa dürfe nicht dazu „mißbraucht" werden, den Schutz der durch die Abgabe betroffenen Rechtsgüter sicherzustellen. Er solle nur abgrenzen, sei aber prinzipiell nicht „wertungsoffen". 75 Wertungs- und Abwägungsfragen seien allein der Rechtfertigungsebene vorbehalten, welche für die Aufnahme von Gerechtigkeitsvorstellungen und Wertungsfragen geradezu prädestiniert sei. 76 Die von Heimlich behauptete Wertungsresistenz der Begriffsebene muß nun allerdings überraschen angesichts der Tatsache, daß teleologische Auslegungsmethoden - den Schutz bestimmter Rechtsgüter bezweckend - bei der Anwendung von Tatbestandsmerkmalen zum Kernbestand der rechtswissenschaftlichen Methodenlehre gehören und in Gestalt schutzzweckorientierter Ansätze gerade auch im Gebührenrecht ihren Niederschlag gefunden haben. 77 Darüber hinaus begegnet der funktionalistische Ansatz weiteren Bedenken. Wie die an anderer Stelle anzustellenden Überlegungen zum Gebührenbegriff zeigen werden, ist dieser nicht nur wertungsoffen und damit geeigneter Standort für Schutzzweckerwägungen, vielmehr enthält der Gebührenbegriff aus verfassungsrechtlicher Sicht selbst ein bestimmtes Wertungs- bzw. Gerechtigkeitsmodell, und zwar angelegt im Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit. 78 Den aus § 1 RAO rezipierten Gegenleistungsbegriff 79 dagegen für Wertungsfragen zu verschließen, widerspräche darüber hinaus sowohl den tatsächlichen Umständen der vorkonstitutionellen Staatspraxis als auch der heutigen Staatswirklichkeit. Waren Verteilungskonflikte zwischen Einzelstaaten und Reich schon zur Geltungszeit der Reichsabgabenordnung bekannt, 80 so gehören finanzverfassungsrechtli73

Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 76. Vgl. zum folgenden Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 76 ff. 75 Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 80, 82. 76 Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 80f. In eingeschränktem Rahmen könnten sich Wertungsfragen jedoch auch auf der Bemessungsebene ergeben, etwa in Zusammenhang mit der Frage nach der „Angemessenheit" einer bestimmten Gebührenhöhe. 77 Siehe im einzelnen zu diesen Ansätzen Gliederungspunkt D I I 1 a) bb). 78 Ausführlich hierzu Gliederungspunkt D I I 1 b). 79 Ausführlich zum sog. Rezeptionsargument: Gliederungspunkt D I 3. 74

110

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

che Kompetenzkonflikte zwischen Bund und Gliedstaaten zumindest heute zu den zentralen Erscheinungen der Verfassungswirklichkeit. Aus diesem Grunde könnten sie Auslegung und Anwendung von rezipierten (Verfassungs-)Normen selbst dann beeinflussen, wenn diese noch relativ unbeeinflußt von bundesstaatlichen Verteilungskonflikten zustandegekommen wären. 81 Auch die Sachkompetenzvorschriften mit den in ihnen enthaltenen Abgabeerhebungskompetenzen bilden in diesem Sinne keine normative Exklave, welche für Wertungen aus dem zehnten Abschnitt des Grundgesetzes unerreichbar wäre. Von daher liegt es auch nur nahe, wenn die Auslegung des Gegenleistungsmerkmals heute maßgeblich im Lichte einer funktionierenden und ausgleichenden Bundesstaatlichkeit erfolgt und in diesem Sinne konturenarme Gegenleistungsbegriffe abgelehnt werden, welche ihrerseits Tor und Tür für eine Umgehung der Finanzverfassung öffnen würden. 82 Abgesehen von der daher insgesamt als willkürlich erscheinenden Abschottung des Gebührenbegriffs vor Schutzzweckerwägungen muß im übrigen davor gewarnt werden, der ohnehin schon an Begriffszementierungen leidenden Gebührendebatte ein zusätzliches Starrheitsmoment dadurch zu verleihen, daß dem „weiten", „engen", „materiellen", „formellen", „doppelgliedrigen", „monopolistischen" und schließlich „streng formalen" Gebührenbegriff 83 nunmehr ein „funktionalistischer" Begriff hinzugefügt wird. Derartige Begriffsbildungen mögen ihre Berechtigung haben, soweit es um die Bildung homogener Meinungscluster in einem schwer überschaubar gewordenen Schrifttum geht. Der Weiterentwicklung der Gebührendogmatik sind sie aber nicht zuträglich. Die verdichtende Zusammenfassung gebührenrechtlicher Erwägungen in Schlagworte von angeblich allgemeinem Geltungsanspruch verleiht der Gebührendebatte einen Variantenreichtum, der den Blick auf die verfassungsrechtliche Herkunft und Ausgestaltung dieser Abgabe trüben kann. Wenn man sich mit der Methode der Auseinandersetzung mit Gebühren befaßt, so sollte es bei richtiger Betrachtungsweise somit nicht um die Herausarbeitung eines Ansatzes gehen, welcher selbst normprägenden Anspruch erhebt und dann bspw. als „funktionalistischer Ansatz" zur - immerhin begrifflichen - Anerkennung 80 Vgl. Klüppel, Umweltschutzfinanzierung im Bundesstaat, S. 56 m.w.N.; anderer Ansicht wohl Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 57. 81 Vgl. Maunz/Zippelius, Deutsches Staatsrecht, § 8 I I 3, S. 53. 82 Entsprechendes gilt für Auslegung und Anwendung des Steuerbegriffs. In diesem Sinne hat das Bundesverfassungsgericht betont, daß der verfassungsrechtliche Begriff über den rezipierten Begriff des einfachen Rechts hinausgehe, indem er im Funktionszusammenhang der bundesstaatlichen Finanzverfassung stehe, vgl. BVerfGE 55, 274 (299); 67, 256 (282). 83 Vgl. dazu jeweils Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 86 ff.

I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen

111

der Verleihungsgebühr führt, während dieselbe nach einem materiellen oder auch schutzzweckorientierten Ansatz möglicherweise nicht bestehen kann. Mit einer solchen Atomisierung in einzelne Unterabteilungen mit je eigenen Formgesetzlichkeiten ist dem Gebührenrecht nicht gedient, zumal die entsprechenden Gebührenbegriffe stets auch in der Gefahr stehen, eigens für die verfassungsrechtliche Anerkennung eines bestimmten Gebührentypus konfektioniert zu werden, indem je nach Problemschwerpunkt die gebührenfeindlichen Aspekte des konkreten Abgabetypus auf eine der Tatbestandsebene verschiedene Beurteilungsebene ausgelagert werden. 84 Überdies stehen Begriffsschöpfungen in der Gefahr, von der Staatspraxis überholt zu werden, wie sich eindrucksvoll an dem früheren Problem der lenkenden Gebühr oder dem derzeitigen Abschied von der kostendeckenden Gebühr zeigt. 85 Zurückbleibende Begriffsruinen verstellen dann den Blick auf das verfassungsrechtlich Mögliche. b) Ebenentrennung als heuristisches Prinzip Vorzugswürdig scheint es daher nach hier vertretener Ansicht, sich bei der Suche nach einem angemessenen Beurteilungsansatz für nichtsteuerliche Abgaben im Steuerstaat mit der vorherigen Festlegung einer bestimmten Leitlinie zu bescheiden und diese im Sinne eines heuristischen Prinzips anzuwenden, nicht aber selbst als normprägend zu verstehen. Geht es damit also letztlich um ein Beurteilungsverfahren, das die verfassungsrechtliche Problemlage der Verleihungsgebühr möglichst umfassend abbildet, so ist der einzuschlagende Weg indes bereits vorgezeichnet: Indem die Gebühr mit ihrer Gegenleistungsabhängigkeit über ein verfassungskräftiges Tatbestandsmerkmal verfügt, gibt bereits die Verfassung selbst einen Teil des wissenschaftlichen Erkenntnisprogramms vor und verpflichtet damit zunächst zu einer begrifflichen Auseinandersetzung mit der Gebühr. Auf der anderen Seite sind bundesstaatliche Finanzverfassung und Steuerstaat in noch darzulegender Weise auf den vorrangigen Einsatz von Steuern ausgerichtet, so daß der Einsatz von Gebühren zumindest jenseits ihres klassischen Anwendungsbereichs ebenfalls erörterungsbedürftig ist. Danach bietet sich folgendes Vorgehen an: Unter Beschränkung auf den verfassungsschweren Kern der Gebühr ist in einem ersten Schritt das im Gebührentatbestand enthaltene Leitbild der Gebühr zu ermitteln. Wie sich zeigen wird, ist dieses Leitbild insbesondere von einer bestimmten Vorstellung über eine belastungsgerechte Gebührener84 Dies trifft nachgerade auf Heimlichs „streng formalen" Gebührenbegriff zu, welcher Fragen der individuellen Zurechenbarkeit gebührenfähiger Staatsleistungen nicht die verfassungsrechtlich gebotene Aufmerksamkeit widmet. 85 Dazu unter Gliederungspunkt D I I 2.

112

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

hebung geprägt. Danach kann ermittelt werden, ob Abgaben auf die Verleihung von Rechten überhaupt als Gebühren erhoben werden können und inwieweit sie ferner mit dem Leitbild von einer belastungsgerechten Gebührenerhebung übereinstimmen. Insoweit werden die einzelnen Anknüpfungsformen des Verleihungskonzeptes insbesondere im Lichte der sog. individuellen Zurechenbarkeit zu beleuchten sein, um auf diese Weise die „Typik" oder „Atypik" von Verleihungsabgaben im Vergleich zum Zurechenbarkeitskonzept herkömmlicher Gebühren zu bestimmen. Die schließlich erfolgende Rechtfertigung von Verleihungsgebühren geht sodann mit einigen Stimmen des Schrifttums davon aus, daß Vorzugslasten in der Tat ein Rechtfertigungsprivileg zuteil werden kann, sofern diese formengetreu erhoben werden. 86 Daher werden sich Verleihungsgebühren auf dieser Ebene nicht schwerpunktartig vor der sog. Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung, sondern insbesondere vor dem noch genauer zu betrachtenden Steuerstaatsprinzip zu bewähren haben. Mit dem Ansatz des Bundesverfassungsgerichts in der Wasserpfennigentscheidung verbindet diesen Ansatz eine Ähnlichkeit insoweit, als in beiden Fällen eine vergleichende Analyse der konkreten Abgabeform mit einem Leitbild geschieht. Im maßgeblichen Bezugspunkt liegt allerdings der Unterschied: Das Bundesverfassungsgericht stellt seiner Prüfung nicht das verfassungsrechtliche Leitbild der Gebühr voran, sondern die „drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung". 87 Hieran mißt es die verfahrensgegenständlichen Wasserentnahmeentgelte 88 und hält diese für unbedenklich, ohne sich tiefer mit dem Gebührenmerkmal der individuell zurechenbaren Leistung zu befassen. Bei diesem Vorgehen ist es ohne weiteres möglich, daß am Ende eine „sonstige" nichtsteuerliche Abgabe vorliegt, die zwar einerseits mit den Prinzipien der Finanzverfassung vereinbar, bei genauerem Hinsehen aber andererseits weder Gebühr, noch Beitrag oder Sonderabgabe ist. 8 9 Der hier gewählte Ansatz bezieht sich dagegen nicht vorrangig auf den Maßstab der drei Grundprinzipien der Finanzverfassung, sondern überprüft die Verleihungsgebühr maßgeblich anhand der verfassungsrechtlichen Aussagen zum Gebührentatbestand. Daß auch das Bundesverfassungsgericht letztlich nicht ohne die Arbeit an den gebührenrechtlichen Begriffsmerkmalen auskommt, wurde bereits aufgezeigt. Bemerkenswert daran ist vor 86

Vgl. Gliederungspunkt C I L BVerfGE 93, 319 (342 ff.). 88 BVerfGE 93, 319 (345 f.). 89 Insoweit ist Raber zuzustimmen, nach dem das Bundesverfassungsgericht mit der Wasserpfennigentscheidung offenbar „ . . . eine neue Linie von Abgaben" eröffnet hat; vgl. ders., Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 87

(220).

I. Verfassungsrechtliche Beurteilungsebenen

113

allem, daß das Gericht den Gegenleistungsbegriff gerade dort gebraucht, wo es unter das zweite der grundlegenden Prinzipien subsumiert, die Unterscheidbarkeit nichtsteuerlicher Abgaben von der Steuer zur Wahrung der in Art. 105 und 106 GG enthaltenen Erhebungs- und Verteilungsregeln. 90 Die objektive Unterscheidbarkeit der Abgabeform hält es zu Recht für notwendig, damit die Regelungen der Art. 105ff. GG „ . . . nicht durch ein Wahlrecht' zwischen der Einführung von Steuern und nichtsteuerlichen Abgaben zur Disposition des Gesetzgebers gestellt werden." 91 Dieses Ziel kann jedoch nur dann erreicht werden, wenn Bezugspunkt nicht der abstrakte Maßstab »Unterscheidbarkeit 4 ist, sondern der vorzugslastentypische Gegenleistungsbegriff. Denn je blasser die Rechtspraxis den Gegenleistungsbegriff anwendet, desto größer ist die Gefahr, daß der Abgabengesetzgeber erfolgreich in den Bereich des Steuerregimes einbricht. 92 Der hier bevorzugte Beurteilungsmaßstab mit dem Bezugspunkt »Gegenleistung4 versucht dieses zu berücksichtigen. Bevor dieser Ansatz für Verleihungsabgaben umgesetzt werden soll, bedarf er zunächst jedoch etwas eingehenderer Betrachtung. Denn die Bindung der abgabespezifischen Rechtfertigungslast an die Abweichung einer Abgabe vom Leitbild der ihr zugrundeliegenden Abgabekategorie unterstellt, daß Abgaben ein Rechtfertigungsprivileg bzw. Unbedenklichkeitsattest erhalten können, sofern die tatbestandliche Umsetzung der ihnen zugrundeliegenden Abgabekategorie (Gebühr/Beitrag) besonders gut, d.h. in Reinform gelungen ist. Wie bereits dargestellt, gehen einige Stimmen von der Richtigkeit dieser Annahme aus, ohne sie indessen in ausreichender Weise überprüft zu haben. 93 Ob sich der Steuerstaat gegenüber den unterschiedlichen Arten nichtsteuerlicher Abgaben in der Tat unterschiedlich reserviert zeigt, ist nachfolgend jedoch zunächst eingehender zu untersuchen. Dabei geht es im Kern um den Geltungsanspruch der Steuerstaatsdoktrin gegenüber Vorzugslasten. Näherer Betrachtung bedürfen dabei insbesondere das Wesen des Steuerstaates und die Bedeutung des sog. Steuervorrangs. Wie der Versuch einer Rückführung des Steuervorrangs auf seine dogmatische Herkunft ergeben wird, zeigt sich der Steuerstaat nach Maßgabe des Steuervorrangs gegenüber bestimmten nichtsteuerlichen Abgaben in der Tat liberal. Voraussetzung ist insoweit, daß von diesen Abgaben keine Gefahren für die in der Schutz- und Begrenzungsfunktion enthaltenen Schutzgüter der Finanzverfassung ausgehen, die betreffenden Abgaben sich insofern 90

Vgl. BVerfGE 93, 319 (346). BVerfGE 93, 319 (346). 92 Vgl. Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, UTR 16 (1992), S. 15 (23). 93 Vgl. Gliederungspunkt C I L 91

8 Drömann

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

also als schutzgutneutral darstellen. Die Erkenntnis der Zurückhaltung des Steuerstaates gegenüber derart schutzgutneutralen Abgaben wird anschließend Anlaß geben für weitergehende Fragen nach den besonderen Implikationen des Steuerstaatsprinzips.

I I . Vorzugslasten im Steuerstaat Ob nichtsteuerliche Abgaben im Steuerstaat unterschiedslos zu beurteilen sind oder aber der Geltungsanspruch der Steuerstaatsdoktrin beispielsweise gegenüber Vorzugslasten zurücksteckt, hängt naturgemäß vom Wesen des Steuerstaates, seinen Schutzzwecken, dem Schutzbedürfnis der in ihm verkörperten Schutzgüter gegenüber nichtsteuerlichen Abgaben sowie schließlich auch dem spezifischen Gefährdungspotential einzelner Arten außersteuerlicher Abgaben für diese Schutzgüter ab. Das Wesen des Steuerstaates, seine Schutzaussagen sowie weitere Steuerstaatsimplikationen sind daher zunächst zu beleuchten.

1. Der „Steuerstaat": Begriff und Bedeutungsebenen Der dogmengeschichtliche Ursprung des Erkenntnisobjektes Steuerstaat wird im Schrifttum mit den Arbeiten Lorenz von Steins in Verbindung gebracht, 94 die Begriffsschöpfung vom Steuerstaat selbst aber dem Nationalökonomen J. A. Schumpeter zugeschrieben. 95 Zuweilen hält man den Steuerstaat demzufolge auch nicht für eine eigenständige Kategorie der Staats- und Verwaltungslehre, sondern für eine Entlehnung aus der Finanzwissenschaft. 96 In der heutigen Rechtswissenschaft hat der Begriff Steuerstaat gleichwohl auch als Rechtsbegriff seinen festen Platz gefunden. Einheitlicher Auslegung erfreut er sich deshalb jedoch nicht. Wenn heute vom Steuerstaat als Rechtsbegriff die Rede ist, so verbergen sich dahinter vielmehr unterschied94

Vgl. Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof, (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, § 27, S. 1174, Rdn. 54; Vogel/Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104a - 115, Rdn. 328. 95 Köck, Umweltsteuern als Verfassungsproblem, JZ 1991, 692 (693 f.); vgl. auch Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 30. Das Schrifttum verweist insofern auf das 1918 erschienene Werk Schumpeters mit dem Titel „Die Krise des Steuerstaates", vgl. Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof, (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, § 27, S. 1174, Rdn. 54. Anders jetzt Vogel/Waldhoff\ in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104a- 115, Rdn. 328, wonach zunächst Goldscheid vom Steuerstaat gesprochen und Schumpeter in einer Erwiderung diesen Terminus aufgenommen habe. 96 Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: Stödter/Thieme (Hrsg.), Festschrift für Hans Peter Ipsen, S. 409 (412).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

115

liehe, im einzelnen umstrittene und in Teilbereichen noch präzisierungsbedürftige Bedeutungsebenen. Während Hendler dem „Steuerstaatsmodell" jede normative Verbindlichkeit abspricht und dieses nur als deskriptive Kategorie begreift, 97 sehen andere im Steuerstaat nicht nur einen Realbefund, sondern ein verfassungsrechtliches Grundpostulat und rücken den Steuerstaatsgedanken damit in die Nähe einer normativ verbindlichen Verfassungsaussage. 98 Nicht übersehen werden sollte bei diesen ersten Überlegungen zu Wesen und Wirkkraft des Steuerstaates jedoch, daß das Grundgesetz den Steuerstaat nicht selbst zum Regelungsthema macht, sondern ihn allenfalls andeutet oder „voraussetzt". 99 Diesem verfassungsrechtlichen Wortlautbefund entspricht es daher am ehesten, im Steuerstaat zunächst lediglich den ungeschriebenen „Horizont" zu sehen, in dem das geschriebene Recht der Finanzverfassung auszulegen i s t . 1 0 0 Welche Verfassungswerte diesen Horizont im einzelnen ausfüllen und wieviel Raum danach für nichtsteuerliche Abgaben bleibt, bedarf indessen weiterer Prüfung. Soweit dem Begriff Steuerstaat beschreibende Funktion zukommt, steht er als Inbegriff für eine bestimmte Staatsform bzw. einen Staatstypus. Ähnlich wie der Bundesstaat, Rechtsstaat oder Sozialstaat liefert der Begriff Steuerstaat ein komprimiertes Abbild einer komplexen Realität, ohne dabei vom Grundgesetz in idealtypischer Gestalt ausgeformt zu sein. 1 0 1 Als Typusbegriff läßt der Steuerstaat des Grundgesetzes Ausnahmen zu, duldet aber nicht die Antastung seiner Identität. 102 Die konstituierenden Prinzipien des Steuerstaates, welche sein Wesen als Steuerstaat ausmachen, sind somit einer beliebigen Handhabe durch den einfachen Gesetzgeber entzogen. Die Konfiskation wirtschaftlicher Werte von Privaten hat danach ebenso außer Betracht zu bleiben wie die unternehmerische Tätigkeit bzw. Gewinnerzielungsabsicht des Staates selbst. Der Steuerstaat als Staatsform verzichtet darauf, durch eigene ökonomische Betätigung Finanzquellen zu erschließen. 97 Begriff etwa bei Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdokrtrin, AÖR 115 (1990), 577 (597 ff., 600). 98 Vgl. etwa Zitzelsperger, Umwelt und Besteuerung, BB 1995, 1769 (1773); ders., Umwelt und Besteuerung, in: Zimmermann (Hrsg.), Gedächtnisschrift Soell, S. 47 (50). Vogel/Waldhoff sprechen demgemäß nunmehr von einem „Mischbegriff mit empirischen, deskriptiven und normativen (Teil-) Elementen"; vgl. dies., in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104 a - 115, Rdn. 337. 99 Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben - ein weißer Fleck in der Finanzverfassung, in: Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, S. 435 (437); Vogel/Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104a - 115, Rdn. 332. 100 So Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben - ein weißer Fleck in der Finanzverfassung, in: Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, S. 435 (437). 101 Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: Stödter/Thieme (Hrsg.), Festschrift für Hans Peter Ipsen, S. 409 (411). 102 Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: Stödter/Thieme (Hrsg.), Festschrift für Hans Peter Ipsen, S. 409 (436).

8"

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Durch das Postulat der grundsätzlichen Trennung von Staat und Wirtschaft verkörpert er den Gegensatz zum historischen System der Eigenwirtschaft, 103 er schafft lediglich die Voraussetzungen, unter denen Private autonome Produktions- und Verwendungsentscheidungen treffen. Der Steuerstaat beschränkt sich darauf, an der Wertschöpfung Privater zu partizipieren und deren Leistungsfähigkeit als Reproduktionsquelle zu nutzen, im übrigen aber begnügt er sich mit der Ausübung einer Kontrollfunktion und greift, seiner Idee nach, allenfalls korrigierend in Wirtschaftsprozesse ein, um bestimmte Verteilungs- oder Gerechtigkeitsvorstellungen zu verteidigen. 104 Vor diesem Hintergrund hat der Steuerstaat die Leistungsmotivation privater Wirtschaftssubjekte und deren Leistungskraft um der Erhaltung seiner selbst willen zu schützen und seinen steuerlichen Zugriff maßvoll zu begrenzen, 105 eine Forderung, die im Gefolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Vereinbarkeit der unterschiedlichen Vermögenbesteuerung des Grundbesitzes und sonstigen Vermögens mit dem Gleichheitssatz 106 unter dem Schlagwort des sog. Halbteilungsgrundsatzes in jüngster Zeit wieder verstärktes Interesse hervorgerufen hat. 1 0 7 Daß nichtsteuerliche Abgaben dem Steuerstaat als Staatsform zuwiderliefen, kann nach diesen Umschreibungen seiner vermeintlichen Wesenszüge nicht ohne weiteres behauptet werden. Solange der Gesetzgeber ein nicht zu überschreitendes Belastungshöchstmaß der steuerlichen und nichtsteuerlichen Gesamtbelastung wahrt, bringt er seine Reproduktionsquelle, den privaten Leistungswillen, durch nichtsteuerliche Abgaben ebensowenig zum Versiegen wie durch eine ausschließlich steuerliche Belastung. Bei Vorzugslasten tritt hinzu, daß der Staat in ihrem Fall nicht lediglich an fremder Wertschöpfung partizipiert, sondern selbst ein Vermögensopfer erbringt und dadurch die Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen fördert, seine Repro103

Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: Stödter/Thieme (Hrsg.), Festschrift für Hans Peter Ipsen, S. 409 (416); Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/ Kirchhof, (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, § 27, S. 1173ff., Rdn. 52ff.; vgl. auch Friauf\ Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Gesetzgebung über die Steuern vom Einkommen und vom Ertrag, DSUG 12 (1989), S. 3. 104 Vgl. Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof, (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, § 27, S. 1173, Rdn. 52; S. 1176, Rdn. 59; S. 1177, Rdn. 60; ders., Rechtfertigung von Steuern, Eine vergessene Vorfrage, Der Staat 1986, S. 481 (526 f.); Vogel/Waldhoff y in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104a - 115, Rdn. 331; Köck, Umweltsteuern als Verfassungsproblem, JZ 1991, 692 (693 f.). 105 Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: Stödter/Thieme (Hrsg.), Festschrift für Hans Peter Ipsen, S. 409 (413, 418, 434f.); Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof, (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, § 27, S. 1177, Rdn. 61. 106 Beschluß vom 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 ff. 107 Zum Meinungsstand siehe etwa Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (222 f.).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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duktionsquelle also erhält und wie im Falle der Verleihung rechtsmachterweiternder und wirtschaftlich verwertbarer Rechte sogar stärkt. Weshalb dieser Steuerstaat unterschiedslos als Schutzschild gegen sämtliche außersteuerliche Abgaben erhoben werden soll, bleibt daher insgesamt noch diskussionswürdig. Plastisch wird die aus Sicht der Steuerstaatsdoktrin gegenüber nichtsteuerlichen Abgaben bestehende Skepsis jedoch, wenn man die Bedeutungsebene des Steuerstaates als Finanzierungsimperativ an den einfachen Abgabengesetzgeber ins Blickfeld rückt. In dieser Hinsicht wird der Steuerstaat umschrieben als Staat, der seinen Finanzbedarf „im wesentlichen" durch Steuern deckt 1 0 8 bzw. seine Aufgaben über Steuern zu finanzieren habe. 1 0 9 Nach diesem sog. Steuervorrang, dessen Aussage und Bedeutung im Schrifttum allerdings recht unterschiedlich wiedergegeben werden, soll eine nichtsteuerliche Abgabe nur dann erhoben werden können, wenn dieselbe Einnahme und derselbe Finanzierungszweck nicht auch im Wege einer Steuer hätten erreicht werden können. 1 1 0 Dieser Finanzierungsvorbehalt zugunsten der Steuer, zuweilen auch als Steuerprimat bezeichnet, ist die am häufigsten in Bezug genommene Bedeutungsdimension des Begriffs Steuerstaat und bildet die Schwerpunktaussage der Steuerstaatsdoktrin. 111 Er ist los vbgW, Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, § 27, S. 1151 (1173), Rdn. 51; Vogel/Waldhoff,\ in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104 a - 115, Rdn. 327; Zitzelsberger, Umwelt und Besteuerung, BB 1995, 1769 (1773). Dagegen wendet sich Isensee, nach dem eine solche Definition des Steuerstaates nur geringfügig über eine Tautologie hinausreicht. Der Steuerstaat entziehe sich einer schulmäßigen Definition und lasse sich nur als Gesamtbild erschließen; vgl. ders., Steuerstaat als Staatsform, in: Stödter/Thieme (Hrsg.), Festschrift für Hans Peter Ipsen, S. 409 (414). 109 Köck, Umweltsteuern als Verfassungsproblem, JZ 1991, 692 (693 f.); Isensee, Steuerstaat als Staatsform, Festschrift für Hans Peter Ipsen, S. 409 (416). 110 So die Umschreibung von Wilms , Die Entlastung der Innenstädte vom Individual verkehr durch Abgaben und andere Geldleistungspflichten, S. 24. 111 Vgl. Krause, Die Nahverkehrsabgabe, S. 92, und zwar das Prinzip des Steuerstaates mit dem Vorrang der Steuer gleichsetzend; P. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, 1973, S. 3 ff.; Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 232; Münch, Abfallabgaben als zulässiges Instrument der Abfallvermeidung, VB1BW 1995, 121 (124 f.); Osterloh, „Öko-Steuern" und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff, N V w Z 1991, 823 (826); Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 47; Kloepfer/ Föllmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 581 (584); Franke, Umweltabgaben und Finanzverfassung, StuW 1994, 26 (32); Arndt, Entwurf eines Bundesabfallabgabengesetzes und das Grundgesetz, BB 1992, 1 (4); Jachmann, Die Einführung einer Nahverkehrsabgabe durch Landesgesetz, N V w Z 1992, 932 (934); Breuer, Umweltrechtliche und wirtschaftslenkende Abgaben im europäischen Binnenmarkt, DVB1. 1992, 485 (488); Stober, Rein gewerbliche Betätigung der öffentlichen Hand und Verfassung, ZHR 145 (1981), 565 (587); Höfling, Verfassungsfragen einer ökologischen Steuerreform, StuW 1992, 242 (243); Kloepfer, Grundrechtsfragen der Umweltabgaben, in: Mackscheidt (Hrsg.),

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

der eigentliche Engpaß für die Anerkennung nichtsteuerlicher Abgaben. Reichweite und dogmatische Bedeutung des Steuervorrangs sind daher nachfolgend eingehender zu betrachten.

2. Insbesondere: Der sog. Steuervorrang Eine dogmatische Einordnung des Steuervorrangs findet sich in der Literatur nicht. Die Selbstverständlichkeit, mit der vom Steuervorrang als Finanzierungsimperativ an den einfachen Gesetzgeber gesprochen wird, läßt daher vermuten, daß Klarstellungsbedarf insoweit auch gar nicht besteht. Ebenso wie das Steuerprimat wird der Steuervorrang allgemein als verdichtende Formel für die soeben zitierte Aussage gebraucht, wonach das Grundgesetz einen Finanzierungs- bzw. Funktionenvorbehalt zugunsten der Steuer geregelt habe und der Staat verpflichtet sei, seinen Finanzbedarf im wesentlichen durch Steuern zu decken. 112 Wie weit der Verdrängungsanspruch dieses Steuervorrangs im einzelnen reicht, wird jedoch unterschiedlich beurteilt. Im einzelnen waren die Aussagen zur Reichweite des Steuervorbehalts gegenüber nichtsteuerlichen Abgaben in der jüngeren Staatspraxis einem kontinuierlichen Wandel unterworfen. Noch in den siebziger Jahren formulierte Kloepfer, daß die Einnahmefunktion der Steuer zur Deckung des allgemeinen Staatsbedarfs zwar Verfassungsaussage sei, ihr aber wegen des nur partiellen Charakters der Art. 105 ff. GG kein Funktionenvorbehalt zugunsten der Steuer entnommen werden könne. Grundlegende Bedenken gegen die Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs durch Gebühren bestünden somit nicht, 1 1 3 was der Sache nach für alle von der Verfassung ausdrücklich benannten nichtsteuerlichen Abgaben angenommen wurde. Wenn diese Abgaben nicht im Verfassungstext selbst in Schranken gewiesen würden, darauf machte Brodersen aufmerksam, dann müsse sie der Gesetzgeber auch ohne weiteres im Rahmen seines sachregelnden Gestaltungsspielraums erheben dürfen. 1 1 4 Die Dominanz des Steuerprimats erschöpfe sich damit in der Einnahmeerzielungsfunktion von Steuern und stehe nur solchen nichtsteuerlichen Abgaben entgegen, die mißbräuchlich zur Dekkung des Finanzbedarfs eingesetzt werden. Wolle der Gesetzgeber jedoch Festschrift Hansmeyer, S. 161 (162 f.); F. Kirchhof\ Grundsätze der Finanzverfassung des vereinten Deutschlands, VVDStRL 52 (1993), 71 (78 f.). 1.2 Vgl. die Nachweise in Fn. 108 ff. 1.3 Kloepfer, Die lenkende Gebühr, AÖR 97 (1972), 232 (242 f.). 1.4 Brodersen y Nichtfiskalische Abgaben und Finanzverfassung, in: Vogel/Tipke (Hrsg.), Festschrift für Gerhard Wacke, S. 103 (112 f.); vgl. auch P. Kirchhof\ Die Sonderabgaben, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 669 (672).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

119

lenkend oder sozialgestaltend tätig werden, so stehe ihm auch im Steuerstaat prinzipiell ein Wahlrecht zu, ob er dazu Steuern oder außersteuerliche Abgaben einsetze. 115 In den späten siebziger und achtziger Jahren indessen haben sich die verfassungsrechtlichen Vorbehalte gegenüber außersteuerlichen Abgaben nach einer Phase relativ häufigen Zugriffs des Gesetzgebers auf parafiskalische Sonderabgaben nachhaltig verstärkt. Rechtswissenschaft und Rechtsprechung haben die in Art. 104 a bis 108 GG enthaltenen Verfassungsaussagen nunmehr schrittweise zu einem Steuer regime mit weitreichendem Verdrängungsanspruch gegenüber Sachkompetenzabgaben ausgebaut. Als verfassungsrechtliche Grundlage für die überragende Stellung der Steuer und ihren Herrschaftsanspruch gegenüber anderen Abgaben haben die Rezipienten der Steuerstaatsdoktrin dabei vor allem die zentrale Stellung der Art. 104 a ff. GG innerhalb der Finanzverfassung betont. Aus ihnen müßten sich dann auch Hinweise für eine dogmatische Präzisierung des Steuervorrangs ergeben können.

a) Bedeutung der Art. 104aff. GG für die bundesstaatliche Finanzverfassung Nach den bildreichen und vielzitierten Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts bilden die in den Art. 104 a bis 108 GG enthaltenen finanzverfassungsrechtlichen Regelungen den tragenden „Eckpfeiler" der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes 116 und stellen „ . . . einen der am sorgfältigsten behauenen ... Ecksteine aus dem Gefüge der bundesstaatlichen Verfassung" dar. 1 1 7 Sie sicherten eine Finanzordnung, die den Gesamtstaat und die Gliedstaaten sachgerecht am Gesamtertrag der Volkswirtschaft beteiligt und dadurch sowohl Bund als auch Länder finanziell in die Lage versetzt, die ihnen verfassungsrechtlich zukommenden Aufgaben, in der Regel zugleich Staatsausgaben (Art. 104a Abs. 1 GG), wahrzunehmen. 118 Aus dieser bundesstaatlichen Dimension der Finanzverfassung und ihrer Bedeutung für die Stabilität des gesamten Bundesstaats leitete das Gericht 115

Brodersen, Nichtfiskalische Abgaben und Finanzverfassung, in: Vogel/Tipke (Hrsg.), Festschrift für Gerhard Wacke, S. 103 (112f.). 116 BVerfGE 55, 274 (300); 72, 330 (388); 78, 249 (266); 86, 148 (264). Ebenso Selmer, Sonderbedarfe und Bedarfe aus Sonderlasten der Länder im bundesstaatlichen Finanzausgleich, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 683. 1.7 BVerfGE 55, 274 (302). 1.8 BVerfGE 55, 274 (300); 93, 319 (342). Ebenso Selmer, Sonderbedarfe und Bedarfe aus Sonderlasten der Länder im bundesstaatlichen Finanzausgleich, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 683.

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

unter Berufung auf Selmer 119 die Notwendigkeit ab, daß die jeweiligen finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeitsbereiche strikt einzuhalten sind. Die Finanzverfassung verkörpere eine „objektive Ordnungsfunktion" 120 und erhebe „Ausschließlichkeitsanspruch". 121 Dagegen laufe es „Sinn und Funktion" der Art. 104 a ff. GG zuwider, wenn neben den steuerlichen Erhebungskompetenzen beliebig nichtsteuerliche Abgaben unter Rückgriff auf die Sachgesetzgebungskompetenzen erhoben werden könnten. 1 2 2 Diese bedürften daher stets einer besonderen Legitimation. 1 2 3 Das Schrifttum hat diese Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Bedeutung des in Art. 105 bis 108 GG normierten Finanzierungssystems allgemein geteilt. Aus ihnen ergeben sich nun auch Hinweise darauf, welche Bedeutung dem Steuervorrang aus verfassungsdogmatischer Sicht bei genauerem Hinsehen zukommt.

b) Zur dogmatischen Einordnung des Steuervorrangs Schon durch die Betonung der Sicherungsfunklion der Art. 104 a bis 108 GG macht das Bundesverfassungsgericht deutlich, daß die strikte Einhaltung der grundgesetzlichen Finanzverfassung vor allem zu bestimmten Schutzzwecken zu erfolgen hat. Zugleich legt das Gericht den Schluß nahe, daß nur die Steuer von sich aus diesen Schutzzwecken entspricht, während andere Abgaben diese Schutzgutkonformität offenbar grundsätzlich nicht für sich in Anspruch nehmen können. Es liegt auf der Hand, daß Sicherungs- und Schutzfunktion von Finanzverfassung und Steuerlast nicht ohne Einfluß auf Bedeutung und Reichweite des Steuervorrangs bleiben können. In diesem Sinne kennzeichnet dieser nicht nur einen Instrumental- bzw. Funktionen^orbehalt zugunsten der Steuer, wie dies üblicherweise mit dem Vorrang der Steuer gemeint ist, sondern er verkörpert in erster Linie zunächst einen Wertvorbehalt zugunsten der in der Finanzverfassung geschützten Rechtsgüter. So wie sich der sog. Gesetzesvorrang als Schutzaussage zugunsten höherrangiger Rechtsgüter in dem Sinne begreifen läßt, daß beispielsweise einfaches Recht nicht gegen Schutzgüter des Verfassungsrechts verstoßen darf, so enthält der Steuervorrang eine Schutzaussage zugunsten der Rechts- bzw. Schutzgüter der bundesstaatlichen Finanzverfassung und stellt insoweit eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gesetzesvorrangs dar. 1,9 120 121 122 123

Selmer, Finanzordnung und Grundgesetz, AÖR 101 (1976), S. 238 (240f.). BVerfGE 55, 274 (301). BVerfGE 55, 274 (304); 67, 256 (275). BVerfGE 78, 249 (266). BVerfGE 78, 249 (269).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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Nachrangige, d. h. nichtsteuerliche Abgabearten kommen demnach nur dann in Betracht, wenn sie mit den Schutzaussagen des Steuervorrangs vereinbar sind. In diesem Sinne füllt der Steuervorrang eine Schutzlücke, die nach positivem Verfassungsrecht deshalb besteht, weil der Gesetzgeber vom Verfassungswortlaut her gerade nicht auf die Erhebung von Steuern beschränkt ist, sondern auch Vorzugslasten, Sonderabgaben und sonstige Sachkompetenzabgaben erheben kann. Für die steuerlichen Erhebungs- und Verteilungsregeln der Art. 105 bis 108 GG besteht nach positivem Verfassungsrecht somit eine Anwendungslücke, welche sich aus Sicht der bundesstaatlichen Finanzordnung als Schutzlücke darstellt, da das Grundgesetz nur die Steuer als geborene Abgabe zur Umsetzung des in der bundesstaatlichen Finanzverfassung angelegten Regelungs- bzw. Schutzprogramms betrachtet. In die gegebene Schutzlücke stößt nun der Steuervorrang, der, wie sich damit erhellt, zwei Bedeutungsebenen hat: Für den vornehmlich an der Erzielung von Einnahmen interessierten Abgaben- und Haushaltsgesetzgeber stellt der Steuervorrang eine Finanzierungsregel dar. In diesem Sinne hat der Steuervorrang lediglich Instrumentalcharakter, d.h. er gibt an, daß sich der Einnahmen erzielende Staat um eine Finanzierung des Staatshaushalts vorrangig durch Erhebung von Steuern zu bemühen hat. Jenseits von Finanzierungsregel und Funktionenvorbehalt drängt sich bei der Betrachtung der Verfassungsrechtsprechung jedoch die Einsicht auf, daß der Steuervorrang in seiner eigentlichen Bedeutung eher den Rang einer Schutzaussage denn Instrumentalcharakter hat. In diesem Sinne als Wertvorbehalt umschreibbar, gibt der Steuervorrang dem Gesetzgeber auf, unter alternativen Einnahmeerzielungsinstrumenten nur auf solche zurückzugreifen, welche der in Art. 104 a ff. GG enthaltenen Wertordnung entsprechen. Bedenkt man, daß das Bundesverfassungsgericht den in Art. 104äff. GG enthaltenen Verfassungsaussagen ähnlich den Grundrechten objektiv-rechtlichen Gehalt beimißt, 1 2 4 das Grundgesetz andererseits aber neben der Steuer auch Sachkompetenzabgaben zuläßt, so ergibt sich zudem, daß es strenggenommen nicht die Art. 104äff. GG selbst sind, welche die vom Bundesverfassungsgericht zitierte objektive Ordnungsfunktion 125 ausüben, sondern daß die damit im Kern angesprochene Ordnungs- bzw. Bewahrungsaufgabe an sich Sache des ungeschriebenen Steuervorrangs ist. Die Art. 104äff. GG enthalten dagegen die Ordnung selbst, d. h. die zu schützenden Verfassungswerte, deren Schutz das Rechtsinstitut des Steuervorrangs bezweckt. Vergleicht man nun beide Bedeutungsebenen des Steuervorrangs, so scheint ein Widerspruch allerdings unausweichlich: Denn sollten außersteuerliche Abgaben nicht gegen den Steuervorrang als Schutzaussage zugun124 125

Vgl. BVerfGE 55, 274 (300f.). BVerfGE 55, 274 (301) - Hervorhebung durch den Verfasser.

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

sten der Finanzverfassung verstoßen, so müßten sie nach dem Wertvorbehalt an sich ohne weiteres erhoben werden dürfen. In seiner Bedeutung als Finanzierungsregel bzw. Funktionenvorbehalt würde der Steuervorrang gleichwohl unverändert daran festhalten, daß sich der Staat ,im wesentlichen' durch Steuern zu finanzieren habe. Steuervorrang als Funktionenvorbehalt und Steuervorrang als Schutzkonzept wären nur dann deckungsgleich, wenn sich in umgekehrter Richtung herausstellen sollte, daß die Schutzgüter der bundesstaatlichen Finanzverfassung durch sämtliche nichtsteuerliche Abgaben in gleicher Weise verletzt werden. In diesem Falle zöge der Funktionenvorbehalt nur die logische Konsequenz aus der Schutzaussage: Wenn nichtsteuerliche Abgaben die Schutzgüter der Finanzverfassung durchweg und ohne Abstufungen verletzen, ist es folgerichtig, daß sich der Verfassungsstaat des Grundgesetzes im wesentlichen durch Steuern zu finanzieren hat, während schutzgutgefährdende Abgaben tendenziell außer Betracht zu bleiben haben. Wie sich zeigt, korreliert die Reichweite des Funktionenvorbehalts somit offenbar mit der jeweiligen Gefährdungslage für die finanzverfassungsrechtlichen Schutzgüter. Denn als Schutzkonzept verstanden, kann der Steuervorrang vernünftigerweise nur soweit reichen, wie er tatsächlich Schutzfunktion ausübt bzw. die geschützten Verfassungsgüter durch eine nichtsteuerliche Abgabe auch tatsächlich bedroht sind. Daraus folgt, daß auch der Instrumentalcharakter des Steuervorrangs an sich nur soweit reichen dürfte, wie die Schutzbedürftigkeit der in den Art. 104äff. GG geschützten Rechtsgüter eine vorrangige Steuerfinanzierung auch tatsächlich erfordert. Sieht man die tiefere Bedeutung des Steuervorrangs mit der hier vertretenen Ansicht somit als Rechtsinstitut zur Absicherung der in Art. 104 a ff. GG enthaltenen Verfassungswerte bzw. als Schutzinstitut zur Erhaltung von „Sinn und Funktion" der Finanzverfassung, 126 so ist zugleich ein Ansatz gefunden, Geltungsanspruch und Reichweite der Steuerstaatsdoktrin einer genaueren Überprüfung zu unterziehen. Erörterungsbedarf besteht insoweit zum einen wegen der angeblichen Steuerstaatsfeindlichkeit der Verleihungsgebühr. Zum anderen gibt der Stand der Steuerstaatsdiskussion aber auch unabhängig von der Frage nach der Zulässigkeit einzelner Abgabearten Anlaß zu Überlegungen hinsichtlich des allgemeinen Geltungsanspruchs der Steuerstaatsdoktrin. Hendler etwa hatte zuletzt im Zuge der Umweltabgabendiskussion die „rasante normative Dynamik" der Steuerstaatsdoktrin beklagt und befürchtet, daß die Steuerstaatslehre wichtige konkurrierende Verfassungswerte, insbesondere die Eigenstaatlichkeit der Länder, zu überspielen drohe. 1 2 7 Diese Dynamik wird auch sichtbar, wenn im Zusammenhang mit der Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit des Stromeinspei126

Vgl. BVerfGE 78, 249 (266).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

123

sungsgesetzes128 in jüngster Zeit darüber gestritten wird, ob die Wertungen der bundesstaatlichen Finanzverfassung, insbesondere die „Regeln für Sonderabgaben", aufgrund einer insoweit anzustellenden materiellen Betrachtungsweise nicht „ianalog ... auf privatrechtliche, sonderabgabenähnliche Abgaben zu übertragen..." seien. 129 Das Bundesverfassungsgericht hat sich insoweit jedoch zwischenzeitlich einer formalen Betrachtungsweise angeschlossen und ist einer Übertragung der Steuerstaatslehre auf privatrechtliche Entgelte der Sache nach entgegengetreten. Privatrechtliche Preissetzungen könnten eine entsprechende Anwendung der Art. 104 a ff. GG nicht rechtfertigen, selbst wenn sie im Einzelfall die gleichen Wirkungen erzielten wie eine Sonderabgabe. 130 Der Bundesgerichtshof ist dem gefolgt. 131 Während der Geltungsanspruch der Steuerstaatslehre gegenüber nichtöffentlichen Abgaben damit vorerst geklärt ist, besteht für den Kreis der öffentlich-rechtlichen Abgaben jedoch nach wie vor Klärungsbedarf. Mit dem Steuervorrang als Schutzkonzept unvereinbar ist auf den ersten Blick zumindest eine solche Steuerstaatslehre, welche nichtsteuerliche Abgaben generell d.h. unabhängig vom abgabespezifischen Gefährdungspotential mit der Vermutung finanzverfassungsrechtlicher Unzulässigkeit belastet. Denn wenn sich nicht-steuerliche Abgaben im Steuerstaat zu rechtfertigen haben, so kann sich deren Rechtfertigungslast vernünftigerweise auch nur nach der Intensität des abgabespezfischen Eingriffs in die von der Finanzverfassung geschützten Rechtsgüter richten. Unter Verwendung des Steuervorrangs lassen sich auch Geltungsanspruch und Verdrängungskraft der 127 Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdokrtrin, AÖR 115 (1990), S. 577 (609). Diese Dynamik mache sich gerade im Gebührenrecht bemerkbar, indem an die Erfüllung gebührenbegrifflicher Merkmale inzwischen nahezu prohibitive Anforderungen gestellt würden, um das Gebührenregime im Sinne einer Ausweitung des Steuerstaates zu begrenzen; vgl. ders., a.a.O., S. 577 (600ff.); ihm folgend Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 151 ff. 128 Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz vom 07.12.1990, BGBl. I, 2633. 129 So etwa Pohlmann, Der Streit um das Stromeinspeisungsgesetz vor dem Grundgesetz, NJW 1997, 545 (548) mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes - Hervorhebung durch den Verfasser. Die Gegenansicht wird vertreten von Theobald, Verfassungsmäßigkeit des Stromeinspeisungsgesetzes, NJW 1997, 550 (551 f.). 130 BVerfG, Kammerbeschiuß vom 09.01.1996, 2 BvL 12/95, NJW 1997, 573 (574) - Hervorhebung durch den Verfasser. Das AG Plön hatte in einem - dem Verfahren 2 BvL 12/95 nicht zugrundeliegenden - Vorlagebeschluß vom 13.06.1996 - 2 C 350/96 - die Ansicht vertreten, daß § 3 StromEG an den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen zur Zulässigkeit von Sonderabgaben zu messen sei. Für die betroffenen Unternehmen mache es sachlich keinen Unterschied, ob sie zur Förderung der Stromerzeugung aus regenerativen Energien durch eine (öffentlich-rechtliche) Fondsabgabe oder aber durch eine der Höhe nach festgeschriebene Einspeisungsvergütung beizutragen haben; siehe NJW 1997, 591 (594). 131 Urteil vom 22.10.1996 (KZR 19/95), NJW 1997, 574 (580).

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Steuerstaatsdoktrin somit offenbar nur nach Maßgabe der jeweiligen Betroffenheit der finanzverfassungsrechtlichen Schutzgüter bestimmen. Insoweit bedarf es mithin zunächst genauerer Betrachtung, worum es sich bei diesen Schutzgütern im einzelnen handelt.

c) Der Schutzumfang des Steuervorrangs: Die „drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung

"

Legt man die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde, so liegt der materielle Hintergrund für die Reserviertheit des in Art. 104 a ff. GG verfaßten Steuerstaates gegenüber nichtsteuerlichen Abgaben wie gezeigt maßgeblich in der besonderen Nähe der Steuerfinanzierung zu den im zehnten Abschnitt des Grundgesetzes enthaltenen Verfassungswerten. Diese in der Staatspraxis umzusetzen, hält das Grundgesetz die Steuer offenbar in besonderer Weise für geeignet. Umgekehrt beginnt dann die Ausgrenzungskraft von Steuerregime bzw. Steuervorrang erst dort, wo nichtsteuerliche Abgaben ein bestimmtes Bedrohungspotential für diese Schutzgüter entfalten. Worin bestehen diese Schutzgüter nun im einzelnen? Während das Bundesverfassungsgericht zum Schutzumfang der Art. 104 a ff. GG neuerdings die Formulierung von den „drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung" zu etablieren beginnt, 1 3 2 werden die Schutzrichtungen der Finanzverfassung bisher überwiegend unter dem Stichwort der sog. Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung rezipiert. Das Bundesverfassungsgericht hatte schon früh betont, daß es die wesentliche Funktion des in den Art. 104 a ff. GG geregelten Steuerbegriffs darin sieht, die bundesstaatliche Finanzverfassung vor Aushöhlungen durch eine apokryphe Finanzverfassung 133 zu sichern und zugleich die Rechte der Bürger zu schützen. 134 Damit waren die zwei wesentlichen Schutzaussagen der Finanzverfassung umrissen: Auf der einen Seite steht der Schutz der Bundesstaatlichkeit des Gesamtstaates sowie der Eigenstaatlichkeit der Länder durch Einhaltung des im Hinblick auf das Bund-Länder-Verhältnis wohl ausgewogenen Systems einer Verteilung von Gesetzgebungs- und 132 Soweit ersichtlich, spricht das Gericht erstmals in der Kohlepfennigentscheidung - Beschluß des Zweiten Senats vom 11.10.1994, 2 BvR 633/86 - von den „drei grundlegenden Prinizipien der Finanzverfassung", vgl. BVerfGE 91, 186 (202). Der Sache nach beruft sich das Gericht auch in der Entscheidung zur Feuerwehrabgabe - Beschluß des Ersten Senats vom 24.01.1995, 1 BvR 403, 569/94 auf diese Prinzipien, siehe BVerfGE 92, 91 (113). Ausdrücklich spricht das Gericht dann wieder im Wasserpfennigbeschluß von den „drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung": BVerfGE 93, 319 (342). 133 Selmer sprach ursprünglich von der apokryphen Steuerverfassung; vgl. ders., Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 183. 134 BVerfGE 67, 256 (285 f.)

125

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

Ertragskompetenzen für die Steuer. A u f der anderen Seite steht der Schutz des Bürgers vor einem ungezügelten Z u g r i f f auf seine keineswegs unerschöpflichen finanziellen Ressourcen. 1 3 5 I m Schrifttum war diese zugleich fiskal- als auch individualschützende Funktion der Steuerverfassung m i t dem Hinweis begründet worden, daß der Grundrechtsschutz i m Abgabenrecht zum einen aus strukturellen Gründen, zum anderen aber insbesondere infolge einer zu engherzigen A n w e n d u n g des Art. 14 G G durch die Rechtsprechung zu kurz k o m m e und, gewissermaßen als Ausgleich, auf die institutionelle Sicherungswirkung der K o m p e tenzregeln der Finanzverfassung daher u m so weniger verzichtet werden k ö n n e . 1 3 6 Friauf erfinanzierung

hatte ferner auf die gleichheitsstiftende Funktion der Steu-

hingewiesen,137

während P. Kirchhof

die

Vorzugswürdigkeit der Steuer als Finanzierungsinstrument 135

fiskalpolitische herausgehoben

Vgl. BVerfGE 55, 274 (302); 67, 256 (285 f.); 78, 249 (266), 93, 319 (342ff.). So grundlegend Friauf Öffentliche Sonderlasten und Gleichheit der Steuerbürger, in: Festschrift für Hermann Jahrreiß, S. 45 (54); vgl. auch ders., Zur Zulässigkeit von aussersteuerlichen Sonderabgaben, Festschrift Haubrichs, S. 103 (107 f.); ders., Zur Zulässigkeit von Sonderabgaben, JA 1981, 261 (263). Zur grundrechtsschützenden Funktion von Kompetenznormen bereits Ossenbühl, Probleme und Wege der Verfassungsauslegung, DÖV 1965, 649 (657): „Grundrechts-Kompetenz-Zusammenhang", sowie speziell zur freiheitsverbürgenden Funktion von wirtschaftspolitisch einschlägigen Kompetenztiteln Kirchhof/Walter, Die verfassungsrechtliche Problematik des rückzahlbaren Konjunkturzuschlags, NJW 1970, 1575 (1580f.), ferner Starck, Überlegungen zum verfassungsrechtlichen Steuerbegriff, in: Tipke/Vogel (Hrsg.), Festschrift für Gerhard Wacke, S. 193 (194). Heute gilt die Auferlegung von (nichtsteuerlichen) Abgaben dementsprechend allgemein als „zweidimensionales Problem"; so Osterloh, „Öko-Steuern" und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff, N V w Z 1991, 823 (825). In diesem Sinne zur Schutzwirkung der finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzbestimmungen auch: Höfling, Verfassungsfragen einer ökologischen Steuerreform, StuW 1992, 242 (243); Stober, Finanzierung der Wirtschaftsverwaltung durch Abgaben, JA 1988, 250 (251); Schröder, Lenkungsabgaben im Umweltschutzrecht am Beispiel der Abwasserabgabe, DÖV 1983, 667 (668); Osterloh/Brodersen, Eine neue Steuer auf Getränkeverpackungen, JuS 1986, S. 53; P. Kirchhof Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1426, 1428), in den finanzverfassungsrechtlichen Kompetenznormen zugleich „materielle Belastungsverbote" sehend; Osterloh, Zur Zulässigkeit von Sonderabgaben, JuS 1982, 421 (424); Hofmann, Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Investitionshilfegesetz (InvHG), DVB1. 1986, 537 (544 f.); einschränkend allerdings Hey, Rechtliche Zulässigkeit von Umweltabgaben unter dem Vorbehalt ihrer ökologischen und ökonomischen Wirksamkeit, StuW 1998, 32 (36). Kritisch zu den aus den finanzverfassungsrechtlichen Schutzrichtungen abgeleiteten Kriterien für die Zulässigkeit von Sonderabgaben Meßerschmidt, Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (928), sowie ders., Umweltabgaben im Gefüge der Finanz Verfassung, UTR 3 (1987), 83 (104 ff.). Das Bundesverfassungsgericht setze dem „Sonderabgaben(un)wesen" keine Begrenzungskriterien aus dem Bund-Länder-Verhältnis entgegen, sondern habe auf die primär kompetenzrechtliche Problematik eine einseitig grundrechtlich orientierte Antwort erteilt. Ähnlich ders., Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 223. 136

126

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

hatte und betonte, daß die vom Steuerstaat vorausgesetzte Distanz des Finanzstaates gegenüber seinem Financier nur bei Finanzierung der Staatsaufgaben mittels Steuern gewährleistet und die Unbefangenheit des Staates in seiner Ausgabenpolitik nur bei dieser Finanzierungsform gegeben sei. Bei Abwesenheit einer Gegenleistung erhalte der Staat im Falle der Steuerfinanzierung überdies eine „Blankettbefähigung" zu ungebundenen Ausgabeentscheidungen, da eingenommene Steuermittel nicht schon durch den Aufwandsausgleich im Gefolge eigener Leistungserbringung absorbiert würden. 1 3 8 Das Bundesverfassungsgericht hat die hiermit angesprochene Vorzugswürdigkeit einer steuerfinanzierten Ausgabenpolitik aufgegriffen und als weiteres Schutzgut des finanzverfassungsrechtlichen Steuerregimes erstmals in seinem Beschluß zum Absatzfondsgesetz die parlamentarischen Kontroll- und Bewilligungsrechte im Zusammenhang mit der Gestaltung und Verabschiedung des Haushaltsplans hervorgehoben. Insoweit komme dem Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans Schutzwirkung zu. Dieser Grundsatz zielt darauf ab, das gesamte staatliche Finanzvolumen der Budgetplanung und -entscheidung von Parlament und Regierung zu unterstellen, während Einnahme- und Ausgabekreisläufe außerhalb des Budgets infolge außersteuerlicher Einnahmen das Haushaltsbewilligungsrecht des Parlaments aushöhlten. 139 Der Grundsatz habe seinen Sinn aber nicht nur in der Sicherung des Haushaltsbewilligungsrechts als eines der wesentlichen Instrumente der parlamentarischen Regierungskontrolle, sondern bezwecke auch die Beachtung der Gleichheit der Bürger bei der Auferlegung öffentlicher Lasten. 1 4 0 In der Kohlepfennigentscheidung hat das Gericht die Bedeutung eines strikten Steuerregimes für den Schutz der parlamentarischen Budgetkon137 Friauf\ Öffentliche Sonderlasten und Gleichheit der Steuerbürger, in: Festschrift für Hermann Jahrreiß, S. 45 (48 f.): Je mehr der Staat bestimmte öffentliche Aufgaben nicht aus Steuergeldern finanziere, hebe er der Sache nach die Lastengleichheit wieder auf. So auch Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässernutzungsabgabe, S. 8 f. 138 Ygi ρ Kirchhof, Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, S. 1423f.; ders., Die Steuer als Ausdruck der Staatsverfassung, in: Festschrift für Horst Sendler, S. 65 (66); ders., Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichs^Verpflichtungen, S. 16; ders., Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, S. 225 (228). S. Meyer weist zu Recht darauf hin, daß diese Blankettbefähigung des Finanzstaates im Falle der Erhebung von Verleihungsgebühren aufgrund der regelmäßigen Kostenlosigkeit der Rechtsverleihung grundsätzlich erhalten bleibt; vgl. dies., Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 166. 139

Vgl. BVerfGE 82, 159 (178 f.). Kritisch insoweit Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 36 ff. 140

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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trolle sodann vertieft 1 4 1 und in dieser Entscheidung erstmals auch von den „drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung" gesprochen. 142 Mit dieser Formulierung hat das Gericht die in seiner bisherigen Rechtsprechung erwähnten Schutzzwecke zusammengefaßt, nämlich die Wahrung der Finanzverfassung als tragenden Eckpfeiler der bundesstaatlichen (Verteilungs-) Ordnung, die Verteidigung des Budgetrechts des Parlaments sowie den Individualschutz der Bürger. 1 4 3 Diese Prinzipien bzw. Schutzzwecke würden berührt, wenn der Gesetzgeber sich entschließe, Finanzierungsmittel für öffentlichen Aufgaben durch Sonderabgaben zu beschaffen. 144 In seiner vorläufig letzten Entscheidung zu diesem Fragenkreis, dem Beschluß zu den Wasserentnahmeentgelten in Baden-Württemberg und Hessen, 145 spricht das Bundesverfassungsgericht wiederum von den „drei grundlegenden Prinzipien" und erweitert deren normativen Geltungsanspruch scheinbar, indem es die Vereinbarkeit mit diesen Prinzipien zur Zulässigkeitsvoraussetzung einer jedweden nichtsteuerlichen Abgabe erhebt. 146 Mit dieser vom Schrifttum weitgehend bestätigten Verfassungsrechtsprechung sind die in den Art. 104 a bis 108 GG enthaltenen und vom Abgabengesetzgeber zu beachtenden Schutzzwecke der Finanzverfassung relativ eindeutig umrissen. Wie bereits angedeutet, bestehen in der Rechtswissenschaft jedoch nach wie vor unterschiedliche Ansichten darüber, welche Aussagen dem sog. Steuervorbehalt in seiner eingangs zitierten Bedeutung als Finanzierungsregel zu entnehmen sind bzw. wie weit der Funktionenvorbehalt der Steuer in den Anwendungsbereich nichtsteuerlicher Abgaben hineinreicht. Ausgehend von der dem Steuervorrang immanenten Schutzaussage ist insoweit eigentlich zu erwarten, daß der Steuervorrang auch als Finanzierungsregel nur soweit reichen kann, wie der Rechtsgüterschutz dieses erfordert. Die vertretenen Ansichten vermitteln insoweit allerdings ein zwiegespaltenes Bild: 141

BVerfGE 91, 186 (201 f.). Zum Haushaltsbewilligungsrecht des Parlaments als Schutzgut der Finanzverfassung siehe jetzt ausführlich P. Kirchhof \ Die Sonderabgaben, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 669 (673 ff.). 142 BVerfGE 91, 186 (202). Das Schrifttum nimmt diesen Begriff inzwischen auf, vgl. etwa Hidien, Bundesstaatlicher Finanzausgleich und Sonderabgaben, DÖV 1997, 990 (991). 143 Vgl. BVerfGE 91, 186 (202 f.). 144 BVerfGE 91, 186 (202). 145 Das Verfahren 2 BvR 591/95 betreffend die Grundwasserentnahmeabgabe in Schleswig-Holstein war bei Abschluß dieser Arbeit noch nicht beendet. In seiner Entscheidung zur Vereinbarkeit der Verpackungsteuer mit dem Grundgesetz - Urteil vom 7.5.1998, 2 BvR 1991/95 u. 2004/95; DÖV 1998, 642ff. - sah das Gericht keinen Anlaß, auf die drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung einzugehen. 146 BVerfGE 93, 319 (342).

12

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben d) Zur Reichweite des Steuervorrangs

als Finanzierungsregel

Während das Wesen des Steuerstaates für zahlreiche Stimmen gerade darin besteht, daß dieser seinen Finanzbedarf im wesentlichen durch Steuern deckt, 1 4 7 faßt das Bundesverfassungsgericht den Funktionenvorbehalt zugunsten der Steuer wesentlich enger. Nach seiner Ansicht geht die Finanzverfassung des Grundgesetzes lediglich davon aus, daß Gemeinlasten aus Steuern finanziert werden. 148 Sofern nur die Finanzierung von Vorzugs- oder Sonderlasten in Rede steht, müßte die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts somit ohne weiteres möglich sein. Dem kann man zum einen die späterhin genauer zu überprüfende These entnehmen, daß das Bundesverfassungsgericht nichtsteuerliche Abgaben zumindest in Gestalt von Vorzugslasten als schutzgutneutral betrachtet. Anderenfalls würde es die Reichweite des Funktionenvorbehaltes sicher nicht auf die Gemeinlastfinanzierung beschränken. Zum anderen kann der Verdacht geäußert werden, daß die häufig zitierte Wendung, nach der der Staat seinen gesamten Finanzbedarf im wesentlichen durch Steuern bestreitet, mit dem Steuervorrang bei näherem Hinsehen im Grunde wenig zu tun hat. Denn wenn Vorzugslasten, soweit schutzgutneutral, ohne weiteres neben Steuern erhoben werden dürfen, könnte ein wesentlicher Teil des Staatsbedarfs somit grundsätzlich auch auf nichtsteuerlichem Wege finanziert werden. Die Annahme, daß der staatliche Finanzbedarf als solcher im wesentlichen durch Steuern zu decken ist, wäre daher zur Vermeidung des vorgenannten Widerspruchs zumindest dahin zu präzisieren, daß der Steuervorrang dem Staat lediglich vorschreibt, seinen allgemeinen Finanzbedarf durch Steuereinnahmen zu decken und nur insoweit ein Finanzierungsverbot für nichtsteuerliche Abgaben bzw. Vorzugslasten statuiert. 149 Bei dieser Lesart des Steuervorrangs finanzierte sich der Steuerstaat dann nur insoweit durch Steuern, als er Leistungen an die Allgemeinheit erbringt. Zur Finanzierung besonderer Aufgaben indessen könnte selbst der Steuerstaat grundsätzlich unbeschränkt auf Sonder- und Vorzugslasten zurückgreifen, denn der steuerstaatstypische Staatsbedarf wäre in diesem Sinne bereits per definitionem auf die Finanzierung nicht individuell zurechenbarer Staatsleistungen beschränkt. 147

Siehe die Nachweise in Gliederungspunkt C I I 1 a. E. Inzwischen ständige Rechtsprechung: BVerfGE 82, 159 (178); 91, 186 (201); 92, 91 (113); 93, 121 (134). In diesem Sinne auch />. Kirchhof Die Sonderabgaben, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 669 (672). 149 So Birk, in HHSp, § 3 AO, Rdn. 138; Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219. 148

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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Eine mehrheitsfähige Begrenzung des Funktionenvorbehalts der Steuer scheint mit diesen Überlegungen nun allerdings noch nicht gefunden zu sein. Verglichen mit dem auf die Gemeinlastfinanzierung abstellenden Bundesverfassungsgericht überraschen insbesondere jene Stimmen, die den Geltungsanspruch des Steuervorbehalts über den Bereich der Gemeinlastfinanzierung ausdehnen und unverändert daran festhalten, daß die staatlichen Einnahmen insgesamt im wesentlichen aus Steuern zu bestehen hätten. Für Vogel folgt dies aus dem Regelungszweck der in Art. 105 ff. GG normierten Gesetzgebungs- und Ertragszuständigkeiten: Wenn die Art. 105 ff. GG der zentrale Eckstein der Bundesstaatlichkeit sind und dem Bund wie den Ländern eine in bezug auf ihre Sachaufgaben angemessene Finanzausstattung sicherstellen sollen, dann müssen die staatlichen Einnahmen auch überwiegend aus dem bestehen, was die Art. 105 ff. GG verteilen. Andernfalls könne die Staatspraxis dieses Verteilungssystem meiden, zumindest aber in seiner von der Verfassung gewollten, zentralen Bedeutung mindern. Was das Bundesverfassungsgericht für Sonderabgaben ausgesprochen habe: daß ihre Erhebung nur in engen Grenzen zulässig sei, müsse daher ebenso für alle anderen nichtsteuerliche Abgaben gelten. 1 5 0 Die Finanzierung des (gesamten) Staatsbedarfs habe deshalb „zum allergrößten Teil" auf Steuern zu beruhen, während andere Einnahmen - unter ihnen auch Gebühren und Beiträge - nicht mehr als „nur marginale" Bedeutung erlangen 151 und nur dann erhoben werden dürften, wenn ihre Erhebung vor dem Steuerstaatsprinzip gerechtfertigt ist. 1 5 2 Während die Verdrängungskraft der Steuerstaatsdoktrin nach diesen Ansichten somit unverkennbar auf alle nichtsteuerlichen Abgaben in gleicher Weise wirkt und insbesondere ein Rechtfertigungsprivileg von Vorzugslasten nicht in Frage kommt, beurteilen andere Stimmen die Geltungskraft des Steuervorrangs zurückhaltender. Vereinzelt ist freilich jene Extremposition geblieben, nach der die Verfassung einen Funktionenvorbehalt zugunsten der Steuer auch bezüglich der Aufbringung des allgemeinen Finanzbedarfs überhaupt nicht kenne. 1 5 3 Überwiegend erkennt man einen 150

Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I, § 27, S. 1181, Rdn. 70; Vogel/Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104 a - 115, Rdn. 334; in diesem Sinne auch Gramm, Vom Steuerstaat zum gebührenfinanzierten Dienstleistungsstaat, Der Staat 1997, 267 (276). 151 Vögel, Das ungeschriebene Finanzrecht des Grundgesetzes, in: Selmer/v. Münch (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 265 f. 152 Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 16, 21; Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 128; Ubber\ Der Beitrag als Institut der Finanzverfassung, S. 238. 153 Feigenbutz, Die Bindungen des Post- und Fernmeldewesens an und durch das Rechtsinstitut der Gebühr, S. 163; ähnlich zuvor bereits F. Kirchhof\ Die Höhe der Gebühr, S. 127. 9 Drömann

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Steuervorrang zwar grundsätzlich an, spricht aber i m Zusammenhang m i t dessen Geltungsanspruch zurückhaltender von einem „ M o d e l l der Steuero r i e n t i e r t h e i t " 1 5 4 oder dem „ B a s i s m o d e l l " Steuerstaat 1 5 5 und bezieht die Ausschlußwirkung dieses Modells ausschließlich auf finanzierende

nicht-

steuerliche A b g a b e n 1 5 6 sowie auf Sonderabgaben, 1 5 7 n i m m t Abgaben i m Rahmen gebühren- oder beitragsrechtlicher Gegenleistungsverhältnisse aber ausdrücklich aus dem Einflußbereich des Steuervorrangs a u s 1 5 8 bzw. geht i n diesem Bereich von der Subsidiarität der Steuerfinanzierung a u s . 1 5 9 D o g matisch verbirgt sich hinter diesen Stimmen die Vorstellung, daß die verfassungsrechtliche W i r k k r a f t des Steuerstaatsprinzips m i t zunehmendem Sachregelungsgehalt v o n Abgaben a b n i m m t . 1 6 0 Nach Maßgabe der j e w e i l i g e n Verankerungstiefe einer Abgabe i m Sachregelungsprogramm der Art. 70 ff.

154 Sanden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „WasserpfennigEntscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (184). 155 Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässernutzungsabgabe, S. 8. 156 So im Anschluß an Brodersen, Nichtfiskalische Abgaben und Finanzverfassung, in: Vogel/Tipke (Hrsg.), Festschrift für Gerhard Wacke, S. 103 (112) heute etwa auch Köck, Umweltsteuern als Verfassungsproblem, JZ 1991, 692 (698), sowie Gösch, Juristische Beurteilung von Öko-Steuern, StuW 1990, 210 (206 f.), der insoweit von einer nur begrenzten Reichweite der „steuerstaatstypischen Restriktionswirkung" spricht. In diesem Sinne auch Gramm, Vom Steuerstaat zum gebührenfinanzierten Dienstleistungsstaat, Der Staat 1997, 267 (273). 157 So etwa Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässernutzungsabgabe, S. 8 f.: Franke, Hindernisse im Verfassungsrecht für Öko-Abgaben, ZRP 1991, 24 (26); Pohlmann, Der Streit um das Stromeinspeisungsgesetz vor dem Grundgesetz, NJW 1997, 545. 158 So P. Kirchhof\ Die Sonderabgaben, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 669 (673, 682); Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (6); Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 174. Auch Isensee hält die Erhebung von Vorzugslasten im Steuerstaat dort für unproblematisch, wo sie sich durch Formentreue auszeichnen und die Höhe ihres Aufkommens „eng determiniert" ist; vgl. ders., Nichtsteuerliche Abgaben ein weißer Fleck in der Finanzverfassung, in: Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, S. 435 (437). 159 So Jakob, Sonderabgaben - Ein Fremdkörper im Steuerstaat?, in: Kirchhof/ Offerhaus/Schöberle (Hrsg.), Steuerrecht, Verfassungsrecht, Finanzpolitik, Festschrift für Franz Klein, S. 663 (679). 160 Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 25; ähnlich Wieland, Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (133). Selmer weist im übrigen zu Recht darauf hin, daß die Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes die Steuer nicht per se zu einem schlechthin unbedenklichen Finanzierungsinstrument macht, sondern daß es insoweit noch immer eines Leistungs- und Zahlungsfähigkeit signalisierenden Sachverhalts bedarf und die Verfolgung reiner Lenkungszwecke auch im Steuerstaat des Grundgesetzes nicht zur Erhebung einer Steuer berechtigt; vgl. a.a.O., S. 76.

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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GG führt dieser Ansatz dann grundsätzlich auch zur Annahme unterschiedlicher Rechtfertigungsanforderungen je nachdem, ob eine sachkompetenzimplizite, -explizite oder -annexe Abgabe vorliegt. 1 6 1 Mit Blick auf die in der Verfassung an anderen Stellen vorgesehenen Finanzierungsformen, etwa die Billigung von Finanzmonopolen in Art. 105 und Art. 106 GG oder die Nennung von Gebühren in Art. 80 Abs. 2 und 74 Nr. 22 GG, meint F. Kirchhof dementsprechend, ein striktes Rechtsgebot zum Steuerstaat sei dem Grundgesetz nicht zu entnehmen. Realiter habe die Bundesrepublik Deutschland vielmehr einen „Abgabenstaat" verwirklicht, der sich über eine Vielzahl verschiedenartiger hoheitlicher Geldleistungspflichten finanziert. 162 Wie aber läßt sich nun der Widerspruch auflösen, daß Wirkkraft und Geltungsanspruch des Steuervorrangs einerseits mit zunehmendem Sachregelungsgehalt von Abgaben abnehmen sollen, während auf der anderen Seite unvermindert daran festgehalten wird, daß der Steuerstaat seine Gesamteinnahmen im wesentlichen durch Steuern zu finanzieren habe, und zwar unabhängig vom Sachregelungsgehalt einer nichtsteuerlichen Abgabe? Daß der Steuerstaat sich im wesentlichen durch die Erhebung von Steuern finanziere, scheint - abgesehen von der wissenschaftlichen Unbrauchbarkeit eines materielle Kriterien entbehrenden Proportionsbegriffs - in dieser Pauschalst zumindest zweifelhaft. Der literarische Meinungsbefund und die Verkürzung des Steuervorrangs auf die Gemeinlastfinanzierung durch das Bundesverfassungsgericht lassen eher vermuten, daß die steuerstaatstypische Restriktionswirkung sich nicht auf alle nichtsteuerlichen Abgaben in gleicher Weise erstreckt. Während noch unbestritten ist, daß Sonderabgaben im Steuerstaat stets auf die widerlegliche Vermutung verfassungsrechtlicher Bedenklichkeit 163 treffen, scheint sich der durch die Sonderabgabenrechtsprechung in Gang gesetzte Ausbau des Steuerregimes im Bereich der Vorzugslasten gerade noch nicht so entscheidend ausgedehnt zu haben, wie dies unter Berufung auf eine undifferenzierte Steuerstaatsdoktrin häufig nahegelegt wird. Bei genauerem Hinsehen liegt für manchen Teilnehmer an der Steuerstaatsdebatte vielmehr der Schluß nahe, daß für Vorzugslasten 161 Begriffe bei Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, 1996, S. 26f.; ders.. Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, UTR 16 (1992), S. 15 (40, 42). Ähnlich Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 11 f. 162 F. Kirchhof Vom Steuerstaat zum Abgabenstaat, Die Verwaltung 1988, 137 (139 ff., 142). Den Begriff vom Abgabenstaat aufgreifend: Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (6). In diesem Sinne auch Gramm, Vom Steuerstaat zum gebührenfinanzierten Dienstleistungsstaat, Der Staat 1997, 267 (269 ff.). 163 So die Formulierung von P. Kirchhof Die Sonderabgaben, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 669 (682).

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

sogar die widerlegliche Vermutung ihrer finanzverfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit streitet. Überwunden werden kann diese offensichtliche Widersprüchlichkeit der Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben in Schrifttum und Rechtsprechung jedoch, wenn man innerhalb der Steuerstaatslehre zwischen verschiedenen Schutzaussagen unterscheidet. Mit der Charakterisierung des Steuervorrangs als Schutzaussage zugunsten der in den Art. 104 a bis 108 GG enthaltenen Rechtsgüter ist insoweit bereits ein erster Schritt getan, dem anläßlich einiger Überlegungen zur Bedeutung des Steuerstaatsprinzips im Rahmen des nächsten Gliederungspunktes weitere Anregungen folgen werden. Die Charakterisierung des Steuervorrangs als Schutzkonzept indessen eignet sich insbesondere zur Überprüfung der These von der Unbedenklichkeit (klassischer) Vorzugslasten bzw. Sachkompetenzabgaben und trägt insoweit schon für sich gesehen dazu bei, der häufig undifferenzierten Steuerstaatsdoktrin Konturen zu verleihen. Denn sollte sich ergeben, daß Vorzugslasten aus Sicht des Schutzprogramms der Finanzverfassung tatsächlich eine gesonderte Behandlung erfahren können, so dürfte die Annahme eines entsprechend verkürzten Funktionenvorbehalts in der Tat schlüssig sein. Dieses ergibt sich jedenfalls aufgrund der hier vertretenen These, daß der Funktionenvorbehalt des Steuervorrangs von dessen Wertvorbehalt akzessorisch ist. Nachfolgend ist das Gefährdungspotential von Vorzugslasten für die finanzverfassungsrechtlichen Schutzgüter somit im einzelnen zu untersuchen. Mit Blick auf die hier vorrangig interessierende Problematik der verfassungsrechtlichen Anerkennung der Verleihungsgebühr wird die Perspektive dabei auf die spezielle Situation einer Gebührenbelastung verengt.

e) Gebühren im Lichte der „drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung" Welches Störungspotential den Schutzgütern der Finanzverfassung von Vorzugslasten droht, kann nun am Beispiel der Gebühr relativ kurz beantwortet werden. Dabei ist maßgeblich auf die oben erwähnten Schutzaussagen abzustellen, welche das Bundesverfassungsgericht als die drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung bezeichnet: (1) Das Haushaltsbewilligungs- und Budgetrecht des Parlaments wird als Organrecht nicht berührt, wenn der Gesetzgeber Einnahmen aus der Erhebung von Gebühren und Beiträgen erzielt. Selbst bei aufwandsabhängigen, kostendeckenden Gebühren besteht keine haushaltsrechtliche Bindung in der Weise, daß das Gebührenaufkommen ausschließlich zur Finanzierung der jeweiligen gebührenpflichtigen Leistung verwendet werden dürfte. Vielmehr unterliegen auch Einnahmen aus Gegenleistungsabgaben dem Prinzip

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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der Nonaffektation, nach dem alle Einnahmen als Deckungsmittel für alle Ausgaben dienen. 164 Daß das Budgetrecht des Bundesgesetzgebers verkürzt wird, wenn der Landesgesetzgeber Einnahmen aufgrund von Vorzugslasten erzielt, beeinträchtigt das parlamentarische Budgetrecht als Organrecht nicht. Insoweit liegt gegebenenfalls eine Verletzung der Verbandskompetenz des Bundes vor. Verbandsrechte indessen sind nicht angesprochen, wenn das Bundesverfassungsgericht vom Haushaltsbewilligungsrecht des Parlaments spricht. Sie werden durch mißbrauchsresistente Anwendung und Auslegung des Steuerbzw. Gegenleistungsbegriffs geschützt. (2) Der Schutz des Bürgers vor gleichheitswidriger Zusatzbelastung sowie vor einem ungezügelten Zugriff auf seine nicht unerschöpflichen finanziellen Ressourcen ist Vorzugslasten, anders als voraussetzungslos geschuldeten Abgaben, bereits tatbestandlich zueigen. Die häufig als „synallagmatisch" 165 bezeichnete Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung erlaubt grundsätzlich eine Abgabebelastung nur bei Leistungserbringung, während der Gebührenanspruch des Staates bei Leistungsstörungen bzw. im Falle einer Nichtleistung grundsätzlich nicht besteht. 166, 1 6 7 Sofern der belastungsauslösende Sachverhalt aus gebührenrechtlicher Sicht zulässiger Leistungsgegenstand ist und dem Gebührenschuldner einen nach den gebührenrechtlichen Grundsätzen beachtlichen Nutzenzuwachs beschert, 168 ist seine 164 P. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 178, Rdn. 208. 165 So etwa Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 198; ders., Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (932): „do-ut-des Verhältnis 44; Mußgnug, Der Bemessungsmaßstab der Förderabgabe auf Erdgas nach der Niedersächsischen Verordnung über Feldes und Förderabgaben, Zeitschrift für Bergrecht 1993, 168 (173); Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 81; Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 30; ähnlich auch F. Kirchhof, Vom Steuerstaat zum Abgabenstaat, Die Verwaltung 1988, 137 (142): „privatrechtliches Vertragsmodell 44. 166 Vgl. etwa § 6 Abs. 1 des Nds.Verwaltungskostengesetzes (NVwKostG) vom 07.05.1962 (Nds.GVBl. S. 43), geändert durch Art. I I I des Gesetzes vom 07.11.1991 (Nds.GVBl. S. 295): „Die Gebührenschuld entsteht mit der Beendigung der Amtshandlung . . D e r Schutz des Gebührenschuldners vor einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme kommt auch in § 11 Abs. 1 NVwKostG zum Ausdruck: „Kosten, die dadurch entstanden sind, daß die Behörde die Sache unrichtig behandelt hat, sind zu erlassen.44 167 Aufgrund der bei Vorzugslasten typischen Vermögenskompensation wird denn auch zumindest für leistungsäquivalente Gebühren bezweifelt, ob diese überhaupt einen Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG darstellen können. Vgl. zu diesem Aspekt F. Kirchhof, Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (560); ders., Die Höhe der Gebühr, S. 48; Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individual verkehr, S. 87; Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 227. 168 Dazu ausführlich Gliederungspunkt D I I 1 b).

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Belastung durch den Gedanken des Vorteilsausgleichs bzw. der Abschöpfung gerechtfertigt und damit auch nicht gleichheitswidrig. (3) Somit bleibt schließlich der Schutz der Art. 104 äff. GG als „tragender Eckpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes" 169 vor Aushöhlungen bzw. der Schutz der Art. 104 a bis 108 GG vor Verlust von deren „Sinn und Funktion" 1 7 0 fraglich. Das Bundesverfassungsgericht erkennt eine Bedrohung der bundesstaatsschützenden und -bewahrenden Funktion der Art. 104 a ff. GG nur dann, wenn neben der Steuerverfassung des Grundgesetzes beliebig Abgaben unter Rückgriff auf die Sachgesetzgebungskompetenzen erhoben werden, welche sich nicht hinreichend deutlich von der Steuer unterscheiden. 171 Soweit sich Vorzugslasten an die für sie geltende Formengesetzlichkeit halten, bestehen für diese Abgabekategorie somit auch aus Sicht dieses dritten „grundlegenden Prinzips der Finanzverfassung" keine Probleme. Denn daß sich Vorzugslasten, die sich nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung tatsächlich als Gegenleistungsabgabe darstellen, von den voraussetzungslos geschuldeten Steuern hinreichend deutlich unterscheiden, wird in dieser Form von niemandem in Frage gestellt. Zudem ist die Vereinnahmung von Finanzmitteln durch Vorzugslasten nicht bereits deshalb finanzverfassungswidrig, weil sie allein faktisch private Finanzmittel absorbiert, welche andernfalls dem fiskalischen Zugriff des Steuergesetzgebers zustehen und damit dem Verteilungssystem der Art. 105 ff. GG zugeführt werden könnten. Solange diese Finanzmittelabsorbtion durch Erhebung von Vorzugslasten im verfassungsrechtlichen Sinne geschieht, nimmt sie an der finanzverfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Erhebung von Vorzugslasten ohne weiteres teil. Daß die allein faktische Entzugs Wirkung einer Finanzlast das Aufleben der steuerstaatstypischen Restriktionswirkungen nicht begründen kann, hat das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit der umstrittenen Anwendung der Art. 104 a ff. GG auf die Einspeisungsvergütungen nach dem Stromeinspeisungsgesetz jüngst bestätigt. 172 Insgesamt erweist es sich unter Anwendung des Steuervorrangs als Schutzkonzept damit als zutreffend, daß der nach den Art. 104 a ff. GG verfaßte Steuerstaat gegen die Erhebung von Vorzugslasten in der Tat keine Bedenken erhebt. Dementsprechend verkürzt sich insoweit auch der Funktionenvorbehalt zugunsten der Steuer auf die vom Bundesverfassungsgericht vertretene Aussage, daß der Steuervorrang sich nur auf die Gemeinlastfinanzierung erstreckt. Durch eine häufig zu undifferenzierte Übertra169 170 171 172

So die Umschreibung für das dritte „Prinzip" in BVerfGE 91, 186 (202). So die Umschreibung in BVerfGE 93, 319 (342). BVerfGE 93, 319 (342 f.). Vgl. BVerfG (Kammerbeschluß), NJW 1997, 573 f.

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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gung der Steuerstaatsdoktrin auf sämtliche nichtsteuerliche Abgaben, welche letztlich auf einer unzureichenden Abgrenzung unterschiedlicher Schutzaussagen des Steuerstaatskonzeptes beruht, droht diese Einsicht allerdings nicht selten übersehen zu werden. Der im Grundgesetz verfaßte Steuerstaat erkennt im Falle der Erhebung von Vorzugslasten eine spezifische Gefährdungslage für seine Schutzgüter gerade nicht, was dann auch die „Beiläufigkeit" erklärt, mit der das Grundgesetz Vorzugslasten mit einem Wort von Isensee „... als Zubehör der Sachkompetenzen" behandelt. 173 Im Verfassungswortlaut äußert sich diese Beiläufigkeit durch einen Verzicht des Grundgesetzes auf restringierende Zusätze. Diesen Vertrauensvorschuß kann die Vorzugslast prinzipiell aber nur dann rechtfertigen, wenn sie sich ihrerseits an die in der Beiläufigkeit der einschlägigen Verfassungsregelung vorausgesetzte Formentreue hält. Nur in diesem Fall läßt sich die Vorzugslast im Grundsatz unproblematisch in den Sachgebietskompetenzen verankern und mit dem Hinweis rechtfertigen, daß es „naturgemäß" auch zur Kompetenz des ein bestimmtes Leistungsangebot ausformenden Sachgesetzgebers gehöre, zu entscheiden, ob und inwieweit staatliche Leistungen entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden sollen. 1 7 4 Und auch nur bei formengetreuer Umsetzung der Vorzugslast bietet diese aus Schutzzweckerwägungen ebenfalls keinen Anlaß, ihren Anwendungsbereich weiter zurückzudrängen, als es ihre uneingeschränkte Duldung etwa in Art. 74 Nr. 22 und 80 Abs. 2 GG erlaubt. Das nach dem Maßstab des Steuervorrangs der Sache nach gegebene Rechtfertigungsprivileg (auch sachkompetenzannexer) Vorzugslasten besteht damit allerdings nur insoweit, wie es dem Gesetzgeber bei der Regelung der betreffenden Abgabe auch tatsächlich gelingt, die spezifischen Wesensmerkmale der gewählten Kategorie (Gebühr, Beitrag) und ihre Distanzwahrung zur Steuer tatbestandlich in materiell hinreichender Weise abzubilden, 175 d.h. die Abgabepflicht auch verìassungsbegrifflich an eine Gegenleistung zu knüpfen. 1 7 6 Dies wird im Rahmen der späteren Untersuchung dazu zwingen, die Lage von Verleihungsabgaben im gebührenbegrifflichen Eigenschaftsraum möglichst präzise zu orten. 173 Isensee y Nichtsteuerliche Abgaben - ein weißer Heck in der Finanzverfassung, in: Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, S. 435 (437) - Hervorhebung durch den Verfasser. 174 Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 29. 175 Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 25 f., 32. 176 Widersprüchlich insoweit Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 21, der auf der einen Seite betont, bei Vorzugslasten verhindere schon die Abhängigkeit der Abgabepflicht von der Gegenleistung, daß die Anforderungen des Finanzverfassungsrechts durch parafiskalische Sonderabgaben unterlaufen würden, klassischen Vorzugslasten ein Rechtfertigungsprivileg aber nicht einräumt. Vielmehr würden die Anforderungen des Grundgesetzes für alle nichtsteuerlichen Abgaben gleich gelten; vgl. ders., a.a.O., 119f.

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Daß die Reichweite des Steuervorrangs schließlich auch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nur soweit reicht, wie die Schutzgüter des Steuerstaates von einer konkreten Abgabe bedroht sind, soll am Ende dieses Gliederungspunktes wiederum anhand der Sonderabgabenrechtsprechung gezeigt werden. In dieser Rechtsprechung hat sich das Gericht nicht nur um die Konturierung der Sonderabgabe bemüht, sondern zugleich die Grundsätze zur Bewahrung der bundesstaatlichen Finanzverfassung vor einer Aushöhlung durch jegliche nichtsteuerlichen Abgaben entwickelt. In diesem Sinne hat das Gericht jeweils zusammenfassend von „außersteuerlichen Abgaben" 1 7 7 , „nichtsteuerlichen" 178 und „nicht-steuerlichen Abgab e n " 1 7 9 gesprochen, Aushöhlungsgefahren für die Finanzverfassung aber durchweg nur beim Einsatz von (parafiskalischen) Sonderabgaben erkannt: Besonders deutlich wird dies in der Entscheidung zur Arbeitsmarktförderungsabgabe, 180 in der sich der Erste Senat veranlaßt sah, den Tatbestand der Sonderabgabe von anderen nichtsteuerlichen Abgaben abzugrenzen und dazu eigens auch die Rechtsansicht des Zweiten Senats einholte. 181 In übereinstimmender Ansicht beider Senate bezeichnete das Gericht als das wesentliche Merkmal von Sonderabgaben anschließend den Umstand, daß Sonderabgaben Geldleistungspflichten begründeten, denen keine Gegenleistung der öffentlichen Hand gegenübersteht. 182 Dieses treffe jedoch nur auf einen näher einzugrenzenden Teil der nichtsteuerlichen Abgaben zu, nämlich auf Geldleistungen, die wegen Fehlens einer Gegenleistung in eine Konkurrenzsituation mit der Steuer gerieten und durch die deshalb typischerweise auch ein Konflikt mit den Regelungen der Finanzverfassung drohe. 1 8 3 Unmittelbare Konsequenz dieser Sichtweise ist unter Schutzzweckgesichtspunkten die hier dargestellte Sonderstellung von Vorzugslasten. Als voraussetzungsgebundene Abgaben stehen sie nicht typischerweise in Konkurrenz zur Steuer, sondern sind von Idee und Funktion ein aliud, das einzusetzen die Verfassung dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Sachgesetzgebungskompetenzen ausdrücklich erlaubt. Folglich bezeichnet das Gericht in der Wasserpfennigentscheidung sachkompetenzimplizite Abgaben, die auf der Inanspruchnahme eines Kompetenztitels beruhen, der bereits aus sich 177

(180). 178

Zweiter Senat: BVerfGE 55, 274 (298 ff., 304); 67, 256 (274 f.), 82, 159

Erster Senat: BVerfGE 57, 139 (166); 81, 156 (187). Zweiter Senat: BVerfGE 93, 319 (342 ff.). 180 Urteil des Ersten Senats vom 23.01.1990, 1 BvL 44/86 und 48/87. 181 Vgl. BVerfGE 81, 156 (187). 182 BVerfGE 81, 156 (186). Zuvor in diesem Sinne bereits BVerfGE 78, 249 (267); 67, 256 (274 f.); 55, 274 (298). 183 BVerfGE 81, 156 (187). 179

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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heraus - wie etwa Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG - auch auf die Regelung der Finanzierung der in ihm bezeichneten Sachaufgaben bezogen ist, als „unbedenklich". 184 Damit deutet das Gericht zugleich nochmals an, daß die begriffliche Abschichtung gegenleistungsbezogener Abgaben von voraussetzungslos geschuldeten Abgaben allein schon wegen der Sonderstellung von Vorzugslasten unverzichtbar ist, eine Einordnung von Abgaben in die Begriffswelt der Gebühr oder des Beitrags entgegen anderslautenden Formulierungen in demselben Beschluß also gerade nicht dahinstehen kann. Zuvor schon hatte der Zweite Senat im Urteil zur Ausbildungsplatzförderungsabgabe 185 die besondere Problematik von Sonderabgaben in deren zwangsläufigem Konkurrenzverhältnis zur Steuer erkannt und hatte unter dem Gesichtspunkt der Voraussetzungslosigkeit nichtsteuerlicher Abgaben keinen Anlaß, insoweit auch auf die gegenleistungsabhängigen Vorzugslasten einzugehen. 186 Dementsprechend betont das Gericht, daß die wahlweise Einführung von Sonderabgaben anstelle von Steuern mit der Ordnungsfunktion der Finanzverfassung unvereinbar ist. Vorzugslasten ließ es insoweit noch unerwähnt, 187 deutete allerdings auch an, daß die bundesstaatliche Finanzverfassung von den übrigen außersteuerlichen Abgaben ebenso wie vor einer Aushöhlung durch Sonderabgaben geschützt werden müsse und spricht damit scheinbar auch das Störungspotential von Vorzugslasten an. 1 8 8 Im übrigen lohnt sich ein Blick auf diese erste ,große 4 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur finanzverfassungsrechtlichen Problematik von Sonderabgaben deshalb, weil die Entscheidung Rückschlüsse auf die dogmatische Verortung von Zulässigkeitsgesichtspunkten für nichtsteuerliche Abgaben erlaubt. Der Zweite Senat spricht von Zulässigkeitskriterien ausschließlich mit Blick auf Sonderabgaben und schreibt diesen Kriterien zugleich abgrenzende als auch rechtfertigende Funktion gegenüber dem. Ausschließlichkeitsanspruch der Art. 104 a ff. GG z u . 1 8 9 Danach hat das 184

BVerfGE 93, 319 (344). Auch das Bundesverwaltungsgericht hatte daher im Falle der aufwandsausgleichenden Luftsicherheitsgebühr überhaupt keine Schwierigkeiten, ohne weitere Rechtfertigungsprüfung von der Vereinbarkeit der Abgabe mit dem Steuerstaat auszugehen; vgl. Urteil vom 03.03.1994, 4 C 1.93, BVerwGE 95, 188 (193 f.). 185 Urteil des Zweiten Senats vom 10.12.1980, 2 BvF 3/77 auf Antrag der Bayerischen Staatsregierung. 186 Vgl. BVerfGE 55, 274 (298); ebenso BVerfGE 78, 249 (267). 187 BVerfGE 55, 274 (301 f.). 188 BVerfGE 55, 274 (299 f.). 189 BVerfGE 55, 274 (304). - In zwei späteren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wird diese Doppelnatur der Zulässigkeitskriterien (Tatbestandsmerkmal und Rechtfertigungsgrund) ausdrücklich bestätigt, vgl. BVerfGE 82, 159 (181); BVerfG NJW 1997, 573. Ähnlich Friauf nach dem die „Unterscheidungskriterien"

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Beurteilungsprädikat „zulässig" seinen originären Anwendungsbereich strenggenommen nur bei Sonderabgaben, während andere nichtsteuerliche Abgaben, die wie Vorzugslasten verfassungskräftig als Gegenleistungsabgaben ausgestaltet sind, schlicht tatbestandlich vorliegen müssen. 190 Die nachfolgenden Entscheidungen bis zur Wasserpfennigentscheidung bestätigen das gewonnene Bild. Während die Entscheidung zur Schwerbehindertenabgabe 191 noch keine weiterführenden Schlüsse zum finanzverfassungsrechtlichen Problemgehalt von Vorzugslasten erlaubt, 192 setzte das Gericht in der Entscheidung zur Investitionshilfeabgabe 193 seine frühere Rechtsprechung fort. Auch hier hält der Zweite Senat unter den „außersteuerlichen Abgaben" 1 9 4 nur die Sonderabgabe für problematisch, nicht aber Vorzugslasten. 195 Eigennützigen Abgaben räumt das Gericht dementsprechend auch in der Entscheidung zur Künstlersozialversicherung 196 eine Sonderstellung ein, indem es unter dem Blickwinkel der individualschützenden Aussagen der Finanzverfassung nur fremdnützige nichtsteuerliche Abgaben für rechtfertigungsbedürftig hält. 1 9 7 In der Sache bestätigt das Gericht damit das hier gewonnene Ergebnis. 198 für Sonderabgaben „zugleich Zurechnungs- und Rechtfertigungskriterien" sind; vgl. ders., Zur Zulässigkeit von außersteuerlichen Abgaben, Festschrift Haubrichs, S. 103 (116). Auch für Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 27, tragen die Tatbestands Voraussetzungen der Sonderabgabe zugleich deren Rechtfertigung in sich. 190 Auch Verleihungsabgaben liegen demnach als Gebühren zunächst einmal schlicht tatbestandlich vor. Wenn man gleichwohl von der »Zulässigkeit4 von Verleihungsgebühren spricht, so kann dies strenggenommen nur vor einem erweiterten Prüfungsrahmen Sinn machen, der die Rechtfertigung der Verleihungsgebühr als außersteuerliche Abgabe im Steuerstaat betrifft. 191 Urteil des Ersten Senats vom 26.05.1981, 1 B v L 56, 57, 58/78 auf Vorlage des Verwaltungsgerichts Aachen. 192 Im Zusammenhang mit der Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben spricht das Gericht hier nicht von Zulässigkeitskriterien, sondern, scheinbar neutraler, von „verfassungsrechtlichen Anforderungen"; vgl. BVerfGE 57, 139 (167). 193 Urteil des Zweiten Senats vom 06.11.1984, 2 B v L 19, 20/83, 2 BvR 363, 491/83 in einem verbundenen Vorlage- und Verfassungsbeschwerdeverfahren. 194 BVerfGE 67, 256 (274 f.). 195 BVerfGE 67, 256 (274 f.). Auch hier bezieht das Gericht die „Zulässigkeitsmerkmale" nicht auf alle außersteuerlichen Abgaben, sondern nur auf Sonderabgaben. Dem kann man entnehmen, daß es sich bei den Zulässigkeitskriterien für Sonderabgaben um einen - durch Anstöße des Schrifttums entwickelten - richterrechtlichen „Ersatztatbestand" für eine im übrigen nicht kodifizierte Abgabeform handelt. Für die in ihrem Begriffskern verfassungskräftig festgelegten Vorzugslasten kann der Prüfungsmaßstab „Zulässigkeit" daher schon deshalb keine Geltung beanspruchen, weil hier ein Tatbestand des Gesetz- bzw. Verfassungsgebers vorliegt. 196 Beschluß des Zweiten Senats vom 08.04.1987, 2 BvR 909 pp. 947/82, 64/83, 142/84 in mehreren verbundenen Verfassungsbeschwerde verfahren. 197 BVerfGE 75, 108 (157 f.).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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Als Zwischenergebnis kann damit festgehalten werden, daß die besondere Rechtfertigungsbedürftigkeit nichtsteuerlicher Abgaben bis zur Wasserpfennigentscheidung ausschließlich für Sonderabgaben galt. Im Hinblick auf Vorzugslasten sind den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts dagegen deutliche Hinweise auf eine weniger restriktive Haltung des Steuerstaates, in der Sache also auf ein Rechtfertigungsprivileg zu entnehmen. Umso deutlicher sticht deshalb ins Auge, wenn das Gericht in der Wasserpfennigentscheidung eine „besondere sachliche Rechtfertigung" nunmehr für jegliche „nichtsteuerliche Abgabe", insbesondere auch für Gebühren und Beiträge als „herkömmliche nichtsteuerliche Abgaben" fordert, und zudem noch betont, daß dieses schon „seit jeher" so gewesen sei. 1 9 9 Damit scheint der Beschluß auf den ersten Blick gegen ein Rechtfertigungsprivileg für Vorzugslasten zu sprechen. 200 Bei näherer Betrachtung erweist sich auch dieser Schluß indessen als voreilig. Indem das Gericht hinsichtlich der Vereinbarkeit der „herkömmlichen nichtsteuerlichen Abgaben" mit den drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung „keine grundsätzlichen Bedenken" erkennen kann, 2 0 1 sagt es im Kern dieser Aussage zugleich, daß die begriffliche Verwirklichung des Gegenleistungstatbestandes gleichzeitig auch die Verfassungsmäßigkeit der Abgabe unter Rechtfertigungsgesichtspunkten bedeutet. Nur weil für Vorzugslasten in diesem Sinne gilt, daß ihre Tatbestandsmäßigkeit auch ihre Rechtfertigungsfähigkeit indiziert, hat das Gericht anschließend dann auch keine Schwierigkeiten, vom Vorliegen der „öffentlichen Leistung" (Begriffsebene) ohne weiteres auf das Vorliegen eines Ausgleichs- bzw. Abschöpfungsvorgangs (Rechtfertigungsebene) zu schließen. 202 Weil die Vorzugslast ihre „belastungslegitimierende causa" 2 0 3 in diesem Sinne bereits in sich trägt, rechtfertigt sie sich vor dem Maßstab des Steuervorrangs somit von selbst. 2 0 4 In formengetreuer Weise erhoben, ist sie damit an sich nicht »zulässig4, sondern liegt schlicht vor. Soweit der Steuervor198

So wohl auch Henseler, Die Künstlersozialabgabe im System der öffentlichen Abgaben, NJW 1987, 3103 (3104). Unter Hinweis auf die fehlende Konkurrenz von Gegenleistungsabgaben zur Steuer deuten auch Selmer/Brodersen an, daß aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht insbesondere bei Gebühren Raum für eine privilegierte Beurteilung besteht; vgl. dies., Rechtliche Probleme der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren, S. 15 f. 199 BVerfGE 93, 319 (343). 200 So die Interpretation des Beschlusses durch Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 128. 201 BVerfGE 93, 319 (343 f.). 202 Vgl. BVerfGE 93, 319 (344). 203 Begriff bei Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, UTR 16 (1992), S. 15 (46f.); ders., Finanzierung des Umweltschutzes und Umweltschutz durch Finanzierung, in: Thieme (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, S. 25 (41).

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

rang in Rede steht, wird sie vom Steuerstaat daher auch ohne weiteres geduldet. An voraussetzungslos erhobene Abgaben hingegen stellt das Bundesverfassungsgericht im Wasserpfennigbeschluß unvermindert „strenge" Rechtfertigungsanforderungen. 205 Damit bringt es nochmals zum Ausdruck, daß die Finanzverfassung außersteuerliche Abgaben nicht über einen Kamm schert, sondern zwischen bedenklichen und „unbedenklichen", weil gegenleistungsabhängigen Abgaben unterscheidet. 2 0 6 , 2 0 7 Damit geht die Einsicht einher, daß Ausgangspunkt einer verfassungsrechtlichen Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben stets deren begriffliche Einordnung unter die Tatbestandsmerkmale der Vorzugslast bzw. unter die Zulässigkeitskriterien von Sonderabgaben sein muß. Andernfalls wäre eine Zuordnung zu bedenklichen und unbedenklichen bzw. privilegierten Abgaben nicht möglich. Fraglich ist nun allerdings, wie sich das hier gewonnene Zwischenergebnis eines Rechtfertigungsprivilegs für klassische Vorzugslasten nach dem Steuervorrang mit jenen Ansichten vereinbaren läßt, nach denen die Bundesrepublik ihren gesamten Staatsbedarf - ungeachtet eines Rechtfertigungsprivilegs für schutzgutneutrale Abgaben - überwiegend durch Steuern zu finanzieren hat. Bislang konnte anhand des Steuervorrangs lediglich nachgewiesen werden, daß für bestimmte nichtsteuerliche Abgaben in der Tat ein verfassungsrechtliches Unbedenklichkeitsattest besteht, weil diese Abgaben aus Sicht des Steuervorrangs schutzgutneutral sind. Noch nicht einsichtig ist vor diesem Hintergrund jedoch, weshalb andere Teile der Literatur selbst die Schutzgutneutralität einzelner Abgaben für unbeachtlich halten und damit tendenziell jegliche nichtsteuerliche Abgabe für steuerstaatswidrig erklären. Wie die nachfolgenden Ausführungen verdeutlichen sollen, ist eine unterschiedslose Abwehr jeglicher nichtsteuerlichen Abgaben aus verfassungsrechtlicher Sicht allerdings nur bei gänzlich verändertem Bezugspunkt 204 Ungenau insoweit Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 21. 205 BVerfGE 93, 319 (344) - Hervorhebung durch den Verfasser. 206 BVerfGE 93, 319 (344). Zu den „unbedenklichen" nichtsteuerlichen Abgaben zählt das Gericht a.a.O. neben den Vorzugslasten der Sache nach auch die sog. sachkompetenzimpliziten Abgaben. 207 Ungenau insoweit Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 128, der dem Wasserpfennigbeschluß die Aussage entnimmt, das Bundesverfassungsgericht unterwerfe durch die Anwendung der drei grundlegenden Prinzipien alle nichtsteuerlichen Abgaben identischem Rechtfertigungsdruck. Was die bloße Anwendung dieser Prinzipien anbetrifft, mag dies zutreffen. Unübersehbar ist jedoch, daß das Gericht herkömmlichen Vorzugslasten aufgrund deren angeblicher Prinzipientreue einen erheblichen Rechtfertigungsvorsprung bzw. einen Unbedenklichkeitsattest gewährt.

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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begründbar. Denn nach dem bisherigen Untersuchungsstand kann die Ursache einer etwaigen Zurückweisung sämtlicher außersteuerlicher Abgaben ungeachet ihrer jeweiligen Schutzgutvereinbarkeit keinesfalls im Steuervorrang gesehen werden. Wenn sich der im Grundgesetz verfaßte Steuerstaat tatsächlich generell gegen nichtsteuerliche Abgaben aussprechen sollte, so kann ein rechtlicher Grund dafür nur im sog. Steuerstaatsprinzip liegen. Daß der zwischen Steuervorrang und Steuerstaatsprinzip stattfindende Perspektivenwechsel im Schrifttum jedoch in aller Regel weder gewärtigt noch zum Ausdruck gebracht wird, ist nach hier vertretener Ansicht auch die Ursache für die widersprüchlichen Aussagen zur Reichweite des Steuervorbehalts. Mit der Erwähnung des Steuerstaats/?rwz/p$ hat das Bundesverfassungsgericht die finanzverfassungsrechtliche Problematik nichtsteuerlicher Abgaben indessen um einen entscheidenden Schutzaspekt erweitert, welcher bisher weder in den drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung noch in der (kongruenten) Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung ausreichende Berücksichtigung gefunden hat. Aus dem Blickwinkel dieses Schutzaspektes erscheint nun auch die formengetreue Erhebung von Vorzugslasten bzw. die Belastung mit schutzgutneutralen Abgaben in einem anderen Licht.

3. Das Steuerstaatsprinzip Vom Prinzip des Steuerstaates hat das Bundesverfassungsgericht unter Berufung auf Vogel 208 erstmals in seiner Entscheidung über die Ausgleichsabgabe zum Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen gesprochen. 2 0 9 In dieser Entscheidung umschrieb das Gericht das Steuerstaatsprinzip in einer Klammerdefinition als die Vorstellung der Finanzverfassung, daß die Finanzierung der staatlichen Aufgaben in Bund und Ländern grundsätzlich aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmequellen erfolge und Einnahmen außerhalb der Finanzverfassung nur unter besonderen Voraussetzungen erschlossen werden dürften. 2 1 0 Legt man dieses Steuerstaatsprinzip nach seinem Wortlaut aus, so begegnete der Steuerstaat, anders als bisher angenommen, sehr wohl sämtlichen nichtsteuerlichen Abgaben mit der gleichen Reserviertheit wie Sonderabgaben. Dem Steuerstaat wäre es nach Maßgabe dieses Steuerstaatsprinzips insbesondere auch gleichgültig, ob etwa Vorzugslasten weniger intensiv in die Schutzgüter der Finanzverfassung eingreifen bzw. diese bei formengetreuer 208 y 0 gei y D e r Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I, § 27, S. 1181, Rdn. 69 f. 209 Beschluß des Zweiten Senats vom 08.06.1988, 2 BvL 9/95 und 3/83, BVerfGE 78, 249 (266 f.). 2,0 BVerfGE 78, 249 (266f.).

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Tatbestandsausgestaltung überhaupt nicht verletzen. Kann diese Auslegung überzeugen, obschon sich auf der Grundlage der Sonderabgabenrechtsprechung sowie weiter Teile des Schrifttums ergeben hatte, daß die Finanzverfassung gegen die Erhebung schutzgutneutraler Abgaben gerade keine Bedenken erhebt? Oder bedeutet die Berufung auf ein Prinzip des Steuerstaates einen Perspektivenwechsel, nach dem selbst schutzgutneutrale Abgaben bedenklich werden? Um diese Fragen zu beantworten, soll die Bedeutung des Steuerstaatsprinzips nachfolgend genauer untersucht werden. Ausgangspunkt ist dabei die Rezeption des Steuerstaatsprinzips durch das Schrifttum. a) Die Rezeption des Steuerstaatsprinzips

im Schrifttum

Das Schrifttum rezipiert das Prinzip des Steuerstaates uneinheitlich. Die Übernahme der vom Bundesverfassungsgericht gewählten Formulierung ist dabei die Ausnahme. 211 Im übrigen wird das Steuerstaatsprinzip, soweit es im Schrifttum neben dem Steuervorrang, der „Steuerstaatlichkeit" 212 oder dem „Steuerprimat" 213 überhaupt zu eigenständigen Betrachtungen Anlaß gibt, überwiegend mit den Aussagen des Steuervorrangs als Finanzierungsregel bzw. als Funktionenvorbehalt gleichgesetzt. Insoweit heißt es dann, nach dem Steuerstaatsprinzip habe die Finanzierung staatlicher Aufgaben „grundsätzlich" 2 1 4 oder „vornehmlich" 2 1 5 aus Steuern zu erfolgen bzw. sei es „ . . . der Steuer vorbehalten, Mittel für den allgemeinen Finanzbedarf zu gewinnen." 2 1 6 Insoweit ähnlich, wird dem Steuerstaatsprinzip auch entnommen, daß es die Steuer zur „ . . . typischen Einnahmequelle des Gemeinwesens" erhebe. 217 211 Vgl. etwa Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 25; Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 16. 212 Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben - ein weißer Fleck in der Finanz Verfassung, in: Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, S. 435 (437); Jachmann, Sonderabgaben als staatliche Einnahmequelle im Steuerstaat, StuW 1997, 299 (300). 213 Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), 577 (599). 214 So Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 156. Ebenso die Formulierung bei Vogel/Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 1 0 4 a - 115, Rdn. 404. 215 So Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, S. 57, Rdn. 149. 216 So Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 120, 149, 157 Hervorhebung durch den Verfasser. Ähnlich ders., Die Anerkennung der Verleihungsgebühr durch den „Wasserpfennig-Beschluß" des Bundesverfassungsgerichts, DÖV 1997, 996 (1000). 217 Manssen, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einer ökologischen Steuerreform, UTR 36 (1996), S. 137 (141) - Hervorhebung durch den Verfasser. Ähn-

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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Schon diese Umschreibungen weisen darauf hin, daß das Steuerstaatsprinzip seinem Inhalt und seiner dogmatischen Natur nach zum Teil ausdrücklich, 2 1 8 überwiegend aber der Sache nach mit dem Steuervorrang gleichgesetzt wird. In diesem Sinne heißt es, das Steuerstaatsprinzip diene dem Schutz des „bundesstaatlichen Aspektes" der Finanzverfassung, 219 womit zugleich impliziert wird, daß ihm im Hinblick auf die in Art. 105 bis 108 GG enthaltenen Schutzgüter allenfalls zusammenfassende, keineswegs aber eigenständige Bedeutung zukommt. Dementsprechend wird zum Teil auch ausdrücklich erklärt, das Prinzip des Steuerstaates fasse den Regelungsgehalt der Art. 104 a bis 108 GG lediglich schlagwortartig zusammen.

220

Seiner rechtsdogmatischen Natur nach soll es sich beim Steuerstaatsprinzip des weiteren nicht um ein striktes Rechtsgebot handeln, sondern um ein bloßes „Regel-Ausnahme-Verhältnis", in dem die Steuerfinanzierung die Regel, sonstige Einnahmen die Ausnahme darstellten. 221 Die Maßgaben der Finanzverfassung hätten „lediglich prinzipielle Bedeutung", 222 beinhalteten deshalb „einen gewissen Grad an Offenheit" und schlössen Abweichungen nicht von vornherein aus, wie dies auch beim Gewaltenteilungsprinzip der Fall sei. 2 2 3 Insgesamt könne das für Durchbrechungen ebenfalls offene Steuerstaatsprinzip daher auch nicht als „Mittel zur generellen Unterdrükkung außersteuerlicher Finanzierungsformen" verstanden werden. 2 2 4 Es zwinge lediglich dazu, sich mit den jeweiligen Eigenheiten einer neuen lieh Beushausen, Kommunale Beiträge - Rechtfertigung und Tatbestand, KStZ 1998, 41 (47): Nach dem Prinzip des Steuerstaates haben staatliche Einnahmen „grundsätzlich" in Steuern zu bestehen. In diesem Sinne ferner Hartmann, Umweltabgaben und Finanzverfassung - Schwerpunkt Sonderabgaben, in: Jakob/Zugmaier (Hrsg.), Umweltabgaben als Rechtsproblem, 126 (139). 218 So Krause, Die Nahverkehrsabgabe, S. 92 f. m.w.N.; Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, S. 57, Rdn. 149. 219 Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 158. 220 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 154. Ähnlich Kluth, Verfassungs- und abgabenrechtliche Rahmenbedingungen der Ressourcenbewirtschaftung, N V w Z 1997, 105 (112), das Steuerstaatsprinzip offenbar als Synonym für die „elementaren Grundsätze der Finanzverfassung" begreifend. 221 So Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 160f. m.w.N., 159, 164; ähnlich Gramm, Vom Steuerstaat zum gebührenfinanzierten Dienstleistungsstaat, Der Staat 1997, 267 (274 f.). 222 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 154, 157 - Hervorhebung durch den Verfasser. 223 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 154f. Zur dogmatischen Einordnung von Gewaltenverschiebungen siehe Barth, Richterliche Rechtsfortbildung im Steuerrecht, S. 202f.: Durchbrechungen der Gewaltenteilung stellen die normative Verbindlichkeit des Gewaltenteilungspr/ra/w gerade nicht in Frage. 224 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 155. Für Durchbrechungen des Steuerstaatsprinzips speziell im Hinblick auf kommunale Einnahmen

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Abgabeform auseinanderzusetzen und anhand dessen zu bewerten, ob bzw. inwieweit die Finanzverfassung ihrer Erhebung entgegensteht. 225 Seine eigentliche Bedeutung erlange das Prinzip schließlich vornehmlich im Zusammenhang mit der Erhebung von Sonderabgaben und werde vom Bundesverfassungsgericht auch gerade in diesem Bereich zur Überprüfung von Abgaben herangezogen. 226 Zwar ist zuzugeben, daß die nahezu einhellige Identifizierung des Steuerstaatsprinzips mit den schutzgutbezogenen Aussagen der Finanzverfassung bzw. mit dem Steuervorrang insoweit naheliegen mag, als man angesichts der Verschiedenartigkeit der Schutzgüter, welche dem zehnten Abschnitt des Grundgesetzes in Schrifttum und Verfassungsgerichtsbarkeit entnommen worden sind, in der Tat annehmen könnte, die Schutzaussagen der Finanzverfassung seien relativ engmaschig und offenbarten insoweit zugleich den Charakter einer „prinzipiellen" Grundausrichtung der Verfassung. Trifft die Gleichsetzung von Steuerstaatsprinzip und Steuervorrang in diesem Sinne zu, so käme dem Steuerstaatsprinzip eigenständige Bedeutung nicht zu, stünde es insbesondere auch nicht dem Rechtfertigungsprivileg von Vorzugslasten entgegen. Das Steuerstaatsprinzip wäre dann gleichbedeutend mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion bzw. - nach neuerer Terminologie - mit den drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung und ginge nach hier vertretener Ansicht vollständig im Steuervorrang als institutioneller Ausprägung der objektiven Ordnungsfunktion 227 der Finanzverfassung auf. Die vom Bundesverfassungsgericht gewählte Umschreibung des Steuerstaatsprinzips scheint nun aber mit einer solchen Auslegung seines Bedeutungsgehalts nahezu sinnentlehrt. Nur vordergründig mag dabei die Beobachtung sein, daß das Bundesverfassungsgericht den Begriff Steuerstaatsprinzip erstmals in seiner Entscheidung zur Fehlbelegungsabgabe gebraucht. 228 Dieser Entscheidung sind bekanntlich allein in den achtziger Jahren vier weitere Entscheidungen zur Problematik nichtsteuerlicher Abgaben im Steuerstaat vorausgegangen, ohne daß das Gericht darin jemals vom Prinzip des Steuerstaates gesprochen hätte. 2 2 9 Allein der Verdacht, daß das Gericht seine Betrachtungen zum Steuerstaat dadurch um eine bestimmte Nuance erweitert haben könnte, gibt damit Anlaß zu differenzierteren Überlegungen. Diese Überlegungen werden zeigen, daß sich das Steuerstaatssiehe Beushausen, Kommunale Beiträge - Rechtfertigung und Tatbestand, KStZ 1998,41 (48 f.). 225 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 156. 226 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 150. 227 Vgl. BVerfGE 55, 274 (301). 228 BVerfGE 78, 249 (267). 229 BVerfGE 55, 274ff.; 57, 139ff.; 67, 256ff.; 75, 108ff.

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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prinzip entgegen der im Schrifttum offenbar vorherrschenden Ansicht sehr wohl als eigenständige Schutzaussage begreifen und in diesem Sinne insbesondere auch zu einem weiteren Schutzinstitut neben dem Steuervorrang ausbauen läßt. In der einschlägigen Verfassungsrechtsprechung ist ein Ausbau des Steuerstaatsprinzips zu einem eigenen Schutzinstitut bereits angelegt. Bevor jedoch in diesem Sinne erörtert werden kann, welche Bedeutung dem Steuerstaatsprinzip als eigenständige Schutzaussage zukommen kann, sind zunächst einige dogmatische Vorüberlegungen anzustellen. Diese ranken sich maßgeblich um die Frage, ob sich das Steuerstaatsprinzip auf der Grundlage von Finanzverfassung und Verfassungsrechtsprechung nach allgemeinen Regeln überhaupt zu einer eigenständigen Schutzaussage ausbauen läßt. Ausgangspunkt entsprechender Überlegungen ist zunächst die Suche nach dem Ursprung der Wendung vom Steuerstaatsprinzip. Sie führt zu der Frage, in welcher Weise Vogel das Steuerstaatsprinzip verstanden hat. Auf ihn hat sich das Bundesverfassungsgericht bei der erstmaligen Erwähnung dieses Prinzips berufen. Die insoweit naheliegende Quellenforschung wird bereits erste Anhaltspunkte für einen eigenständigen Bedeutungsgehalt des Steuerstaatsprinzips ergeben. Auch weitere Indizien innerhalb der Sonderabgabenrechtsprechung deuten an, daß das Steuerstaatsprinzip Träger einer eigenständigen Schutzaussage sein kann.

b) Indizien für eine eigenständige Schutzaussage des Steuerstaatsprinzips Wie bereits erwähnt, hat das Bundesverfassungsgericht bei der erstmaligen Erwähnung des Steuerstaatsprinzips auf einen Beitrag von Vogel Bezug genommen, welcher im Rahmen der vorliegenden Bearbeitung bereits an anderer Stelle Bedeutung erlangte, als es um die Reichweite des Steuervorrangs als Finanzierungsregel ging. 2 3 0 Einnahmen neben der Steuer, so führte Vogel aus, seien nach den Vorschriften der Art. 105 ff. GG über die Verteilung der Finanzzuständigkeiten und -mittel zwar nicht ausgeschlossen, von Verfassungs wegen aber auf eine unbedeutende Nebenrolle reduziert. Würde der Staatsbedarf nicht mehr überwiegend durch Steuern, sondern statt dessen durch andere Einnahmen finanziert, so würde dadurch die sorgfältig ausgewogene Regelung des Finanzausgleichs im Grundgesetz und damit zugleich eine wesentliche Voraussetzung einer funktionierenden Bundesstaatlichkeit unterlaufen. Solle diese Regelung ihren Zweck erfüllen, so müsse nicht nur die Ertragskongruenz des Steuersystems gewahrt sein, weit wichtiger sei noch, daß die staatlichen Einnahmen insgesamt überwiegend 230

Siehe oben, Gliederungspunkt C I I 2 d).

10 Drömann

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

in dem bestehen, was die Art. 105 ff. GG verteilen, nämlich in Steuern. 231 Die Bundesrepublik ist für Vogel damit nicht nur faktisch Steuerstaat, sondern durch Verfassungsrecht zugleich auf Steuerstaatlichkeit festgelegt, sei es verfassungsunmittelbar oder durch den Steuerstaat als Verfassungsvoraussetzung. 232 Daraus erhellt, daß für Vogel aus Sicht des Steuerstaates nicht nur die Erhebung von Sonderabgaben, sondern auch die Erhebung aller anderen nichtsteuerlichen Einnahmen von Verfassungs wegen in engen Grenzen zu halten ist. 2 3 3 Entgegen dem im Schrifttum üblichen Sprachgebrauch scheint die von Vogel mit dem Begriff der Steuerstaatlichkeit umschriebene Charakterisierung des Grundgesetzes nun allerdings erheblich weitreichendere Implikationen zu enthalten als etwa die Begriffe vom Steuervorrang oder Steuerprimat. Während jene neben ihrer Funktion als Wertvorbehalt instrumenteilen Charakter haben und auf die vorrangige bzw. primäre Bedeutung der Steuer bei der Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben (Gemeinlastfinanzierung) abstellen, bezieht sich die Steuerstaatlichkeit auf das Wesen des Steuerstaates und hat insoweit typenbeschreibenden Charakter. 234 Wenn die Bundesrepublik kraft Verfassungsrechts auf die Einhaltung dieses Staatstypus bzw. auf die Wahrung ihrer steuerstaatlichen Identität festgelegt ist, so könnte man daraus ableiten, daß dem so verstandenen Begriff der Steuerstaatlichkeit dann auch ein Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber zu entnehmen sei, daß dieser die Identität der Bundesrepublik als Steuerstaat bei der Umsetzung seiner Finanzierungs- und Lenkungsziele selbst dort im Auge zu behalten habe, wo nach dem Steuervorrang ohne weiteres auch die Erhebung von Vorzugslasten in Betracht kommt. Dem Bundesverfassungsgericht indessen dürfte die Verwendung der Vokabel Steuerstaatlichkeit in diesem Zusammenhang insgesamt noch als zu blaß erschienen sein, denn es ersetzte den Begriff der Steuerstaatlichkeit durch das „Prinzip des Steuerstaates" 235 und gebrauchte damit ein Wort, 231

Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I, § 27, S. 1181, Rdn. 70. Siehe in diesem Sinne auch Vogel/ Waldhoff\ in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104a - 115, Rdn. 333. 232 Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I, § 27, S. 1183, Rdn. 72 - Hervorhebung durch den Verfasser. Vogel/Waldhoff sprechen in diesem Sinne nunmehr von einer „Staatsstrukturentscheidung des Grundgesetzes" und begründen diese unter anderem mit der Angewiesenheit des Sozialstaats auf den Steuerstaat; vgl. dies., in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104 a - 115, Rdn. 338. 233 v g l . Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I, § 27, S. 1181, Rdn. 70. 234 Zu den Bedeutungsdimensionen des Steuerstaatsbegriffs siehe bereits Gliederungspunkt C H I . 235 BVerfGE 78, 249 (267).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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das in der vom Gericht zitierten Textstelle selbst nicht verwendet w i r d . 2 3 6 Bereits diesem Umstand mag man entnehmen können, daß das Gericht mit dem Steuerstaats/?rmz//? mehr meinte als lediglich die formelhafte Zusammenfassung der ebenso unpräzisen wie ohnehin steuerstaatsimmanenten Finanzierungsregel, daß allgemeine Staatsaufgaben im wesentlichen durch Steuern zu finanzieren seien. 237 Aber auch im übrigen enthält die Verfassungsrechtsprechung Indizien für die hier vertretene These, daß dem SteuerstaatspnTzzzp eine eigenständige Bedeutung zukommt. Es wurde bereits angemerkt, daß das Gericht erstmals im 78. Band vom Steuerstaatsprinzip gesprochen 238 und sich in zahlreichen Entscheidungen zuvor ebenfalls mit nichtsteuerlichen Abgaben im SteuerStaat auseinandergesetzt hatte, ohne vom Prinzip des Steuerstaates zu sprechen. Hätte das Gericht, wie im Schrifttum behauptet wird, das Steuerstaatsprinzip mit dem Regelungsgehalt der Art. 105 ff. GG gleichsetzen wollen, so hätte es wie bisher deren „Ausschließlichkeitsanspruch" 239 und deren „objektive" Ordnungsfunktion 240 betonen und auf die Schutzund Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung hinweisen können, insoweit aber nicht eigens noch von einem Prinzip sprechen müssen. In seinen darauf folgenden Entscheidungen zur Verfassungsmäßigkeit des § 128 Arbeitsförderungsgesetz, 241 zur Absatzfondsabgabe, 242 zum Kohle236 Ygi y 0 g e i Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I, § 27, S. 1181, Rdn. 70. In der überarbeiteten Kommentierung der Art. 104 a ff. GG greifen Vogel/Waldhoff ihrerseits den Begriff des Steuerstaatsprinzips nun zwar auf, entwickeln ihn aber nicht zu einem eigenständigen Topos weiter, sondern sprechen nach wie vor von der „Steuerstaatlichkeit" des Grundgesetzes, vgl. dies., in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104a 115, Rdn. 327 ff., 329. 237

Den Verfechtern dieser Auslegung des Steuerstaatsprinzips ist allerdings einzuräumen, daß Vogel an anderer Stelle selbst Anlaß gibt, das „Prinzip des Steuerstaates" als bloße Finanzierungsregel mißzuverstehen. Mit Blick auf Ausgleichsabgaben wie die Feuerwehrabgabe oder die Fehlbelegungsabgabe formuliert er: „Schon weil diese Abgaben nicht um ihres Aufkommens willen erhoben werden, widersprechen sie nicht dem Grundsatz, daß Staatsausgaben durch Steuern zu finanzieren sind (dem »Prinzip des Steuerstaates*)"; vgl. ders., Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, S. 36, Rdn. 49. In dieser Umschreibung - jetzt ähnlich zu finden bei Vogel/ Waldhoff\ in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104a - 115, Rdn. 404 a.E. - käme dem Steuerstaatsprinzip gegenüber dem Steuervorrang in der Tat keine eigenständige Bedeutung zu. 238 Ungenau daher Krause, Die Nahverkehrsabgabe, S. 92, Fn. 356; Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 120 (Fn. 211), S. 149 (Fn. 345), S. 150 (Fn. 347). 239 Vgl. BVerfGE 55, 274 (304); 67, 256 (275). 240 BVerfGE 55, 274 (301). 241 BVerfGE 81, 156 ff. 10

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

pfennig 2 4 3 sowie zur Feuerschutzabgabe 244 hat das Gericht dementsprechend den Terminus vom Prinzip des Steuerstaates nicht verwendet, obgleich es sich auch in diesen Entscheidungen mit dem Schutz der bundesstaatlichen Finanzverfassung vor außersteuerlichen (Sonder-)Abgaben auseinandergesetzt hat und bei Zutreffen der Identitätsthese somit allen Anlaß gehabt hätte, den Hinweis auf das Steuerstaatsprinzip zu wiederholen. Das Gericht hat das Prinzip des Steuerstaates dagegen erst wieder in der Wasserpfennigentscheidung 245 bemüht und das Prinzip in dieser Entscheidung sogar ausdrücklich neben die drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung 246 sowie die inhaltsgleiche „Schutz- und Begrenzungsfunktion über der Finanzverfassung" 247 gestellt, ihm also nach außen einen eigenständigen und nicht nur paraphrasierenden Charakter beigemessen. Dies wird schließlich auch daran deutlich, daß das Gericht für die Umschreibung des Steuerstaatsprinzips einerseits und den Steuervorrang andererseits in auffälliger Weise die Bezugsgröße wechselt: Spricht es im Zusammenhang mit dem Steuerstaatsprinzip von der Vorstellung des Grundgesetzes, daß die Finanzierung sämtlicher staatlicher Aufgaben in erster Linie aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmequellen erfolgt, 2 4 8 so umschreibt es den Steuervorrang als Finanzierungsregel in ständiger Rechtsprechung lediglich dahin, daß die Finanzierung von Gemeinlasten, d. h. allgemeinen Staatsaufgaben mittels der Steuer zu geschehen habe. 2 4 9 Insgesamt finden sich somit sowohl in der Ausgangsformulierung Vogels (Steuerstaatlichkeit) als auch innerhalb der Verfassungsrechtsprechung selbst ausreichend Hinweise für eine eigenständige Bedeutung des Steuerstaatsprinzips. Daher soll im folgenden der Frage nachgegangen werden, worin denn nun die besonderen Implikationen des Steuerstaatsprinzips liegen könnten. In diesem Sinne gilt es aufzuzeigen, daß das Bundesverfassungsgericht der abgabenrechtlichen Diskussion mit dem Prinzip des Steuerstaates einen wichtigen Baustein hinzugefügt hat, der zumindest von seinem dogmatischen Fundament her die Perspektive für eine maßvolle Erweiterung und Präzisierung der Steuerstaatsdoktrin bietet.

242 243 244 245 246 247 248 249

(299).

BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE

82, 91, 92, 93, 93, 93, 93, 93,

159 ff. 186 ff. 91 ff. 319 (342, 345). 319 (342). 319 (343). 319 (342); 78, 249 (266 f.). 319 (347); 92, 91 (113); 91, 186 (201); 82, 159 (178); 55, 274

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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c) Überlegungen zum Ausbau des Steuerstaatsprinzips zu einem eigenständigen Schutzkonzept Um die inhaltlichen und dogmatischen Implikationen des Steuerstaatsprinzips genauer herauszuarbeiten, ergeben sich nun im wesentlichen zwei Ansatzpunkte: Zunächst bietet sich an, den Bedeutungsgehalt eines Prinzips als Rechtsbegriff zu beleuchten. Hierzu gibt vor allem Anlaß, daß das Gericht den Prinzipienbegriff selbst einführte und sich insoweit nicht auf Vorarbeiten des Schrifttums berief. Im einzelnen wird in diesem Zusammenhang zu prüfen sein, ob im Falle des Steuerstaatsprinzips die dogmatischen Voraussetzungen für seine Anerkennung als eigenständiges Rechtsprinzip gegeben sind, das Steuerstaatsprinzip also überhaupt Bestandteil der Rechts- bzw. Finanzverfassungsordnung geworden ist bzw. sein kann. Dabei stellt sich vorrangig die Frage, ob nach herkömmlicher Steuerstaatslehre etwaige Schutzlücken für die Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes bestehen, welche gegebenenfalls durch das Steuerstaatsprinzip geschlossen werden müßten. Eine in diesem Sinne erfolgende Einordnung des Steuerstaatsprinzips nach seinem Schutzzweck erscheint auch deshalb aufschlußreich, weil vorliegend bereits der Steuervorrang als Schutzaussage verstanden wurde und es sich daher anbietet, beide Rechtsinstitute nach ihrem Schutzumfang abzugrenzen. Als Kontrollüberlegung für die Erschließung des Steuerstaatsprinzips im Sinne eines derartigen Schutzlückenkonzepts bietet sich anschließend die Fragestellung an, warum das Steuerstaatsprinzip seine ausdrückliche Erwähnung bisher nur in der Entscheidung zur Fehlsubventionierung im Wohnungsbau sowie im Wasserpfennigbeschluß erfahren hat. Die Betrachtung der einschlägigen Verfassungsrechtsprechung wird dabei zeigen, daß der Auslegung des Steuerstaatsprinzips als Schutzlückenkonzept in der Tat einiger Plausibilitätsgehalt zukommt. Überlegungen zu einer möglichen Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips werden diesen Teil sodann abschließen.

aa) Der Prinzipienbegriff in der Rechtswissenschaft Die Methodenlehre unterscheidet zwischen rechtsethischen und rechtstechnischen Prinzipien. Rechtsethische Prinzipien sind nach einer Definition von Larenz richtunggebende Maßstäbe rechtlicher Normierung, die vermöge ihrer eigenen Überzeugungskraft rechtliche Entscheidungen zu „rechtfertigen" vermögen. 250 Sie unterscheiden sich von den auf Zweckmäßigkeitsgründen beruhenden rechtstechnischen Prinzipien durch ihren mate250

Larenz^ Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 421.

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

rialen Gerechtigkeitsgehalt 251 und sind Ausprägungen einer Rechtsidee. Als Prinzipien sind sie keine unmittelbar auf Einzelfälle anwendbare Regeln, sondern Leitgedanken, die unmittelbar oder durch Ausbildung speziellerer Grundsätze oder Fallgruppen in den rechtlichen Entscheidungsprozeß hineinwirken. 2 5 2 Soweit das Steuerstaatsprinzip als Rechtsprinzip Eingang in die Rechtsordnung gefunden hat, geht es über reine Zweckmäßigkeitserwägungen ersichtlich hinaus. Anders als etwa das sachenrechtliche Abstraktionsprinzip, das Eintragungsprinzip im Liegenschaftsrecht oder das formelle Konsensprinzip im Grundbuchrecht 253 diente es, seine Rechtsverbindlichkeit zunächst einmal unterstellt, nicht nur der Herstellung von Rechts- und Verkehrssicherheit, sondern es wäre als Ausprägung der Rechtsidee Steuerstaat Ausdruck materieller Gerechtigkeits- und Ordnungsvorstellungen in individualrechtlicher sowie staatsorganisatorischer Hinsicht. Sofern es in die Rechtsordnung Eingang gefunden hat, hat das Steuerstaatsprinzip somit rechtsethischen Gehalt im Sinne der vorstehend dargestellten Terminologie und damit zugleich den Charakter eines verbindlichen Leitgedankens. Es hat mit anderen Worten nicht „lediglich", 254 sondern sogar prinzipielle Bedeutung. Insbesondere ist das Steuerstaatsprinzip als Rechtsprinzip nicht schon von sich aus ohne weiteres auf Ausnahmen und Durchbrechungen angelegt. Auf ein bloßes Regel-Ausnahme-Verhältnis 255 läßt sich nicht einmal ein Grundsatz, d.h. das sog. rechtssatzförmige Prinz i p 2 5 6 reduzieren. Hierunter versteht man solche Prinzipien, die sich derart zu einer unmittelbar anwendbaren Regel verdichtet haben, daß sie im Gegensatz zum offenen Prinzip nicht nur konkretisierungsbedürftige ratio legis, sondern selbst lex sind. 2 5 7 Der Grundsatz des schonendsten Mittels etwa, der unmittelbar und ohne Konkretisierung auf den Einzelfall anwend-

251 Insoweit abweichend Canaris , Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 95. Entgegen seiner in der Erstauflage vertretenen Ansicht können nach Canaris auch rechtstechnische Prinzipien materiale Wertentscheidungen enthalten, auch wenn sie in der Regel mehr dem Gesichtspunkt der Rechts- und Verkehrssicherheit als einem bestimmten Gerechtigkeitspostulat dienten. 252 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 421, 474. 253 Canaris nennt diese Prinzipien als Beispiele für rechtstechnische Prinzipien. Vgl. ders., Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 95. 254 So aber Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 154, 157. 255 Vgl. Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 160f., 164. 256 Rechtssatzförmige Prinzipien werden auch als Grundsätze bezeichnet. Siehe Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 479, Fn. 95; Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 94, über Fn. 124 m.w.N. 257 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 479 - Hervorhebung durch den Verfasser.

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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bar ist und daher als Beispiel eines rechtssatzförmigen Prinzips gilt, läßt im Ergebnis nur eine geringstmögliche Einschränkung von Grundrechten zu und ist nicht etwa offen für Durchbrechungen. 258 Prinzipien gebieten somit, so kann man zusammenfassend feststellen, daß etwas - bezogen auf die gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten - „ . . . in einem ... möglichst hohen Maße realisiert w i r d . " 2 5 9 Sie umschreiben ein „ . . . Optimum, das tunlichst zu verwirklichen i s t . " 2 6 0 Wie sich zeigt, liegt diese Bedeutungsdimension eines Rechtsprinzips offenbar auch dem Begriff der Steuerstaatlichkeit Vogels zugrunde: Nichtsteuerliche Abgaben jeglicher Art sollen allenfalls marginale Bedeutung haben, während der Steuerstaat in möglichst hohem Maße verwirklicht werden solle. 2 6 1 Es ist bereits angedeutet worden, daß einer so verstandenen Steuerstaatlichkeit durchaus die Bedeutung zukommen kann, staatliches Handeln in eine bestimmte Richtung zu weisen und in diesem Sinne auch verbindliche Verhaltensmaxime für den Gesetzgeber zu sein, die Identität des Staates als Steuerstaat zu wahren. 262 In diesem Sinne beinhaltet der Begriff Steuerstaatlichkeit dann zugleich auch den Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber, den Steuerstaat in der Verfassungswirklichkeit möglichst weitreichend umzusetzen. Wie sich damit zeigt, sind die Steuerstaatlichkeit als Gestaltungsauftrag und das Rechtsprinzip als auf die Verwirklichung eines Optimums gerichtete Entscheidungs- bzw. Verhaltensregel bedeutungsverwandt. Hierin mag denn auch der eigentliche Grund dafür gefunden sein, warum das Bundesverfassungsgericht die Aussage Vogels zur Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes zu einem Prinzip des Steuerstaates verdichtet hat. Für eine Reduktion des als Gestaltungsauftrag verstandenen Steuerstaatsprinzips auf einen Regel-Ausnahme-Mechanismus bleibt nach alledem jedoch kein Raum mehr. Auch die Auslegung, das Prinzip des Steuerstaates fasse den in Art. 104 a bis 108 GG enthaltenen Regelungsgehalt lediglich schlagwortartig zusammen, 263 erweist sich als zu kurzgegriffen. Selbst die strikteste 258

Vgl. Lorenz^ Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 480. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 475 m.w.N. - Hervorhebung durch den Verfasser. 260 Isensee, Schuldenbarriere für Legislative und Exekutive, in: Wendt/Höfling/ Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 705 (707) - Hervorhebung durch den Verfasser. 261 y g ] y 0 gei t Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I, § 27, S. 1181, Rdn. 70 ff. 262 In diesem Sinne legt Vogel den Begriff der „offenen Staatlichkeit" aus: In der Präambel zum Grundgesetz sowie den Art. 23 bis 26 GG komme das Bekenntnis der Verfassung zur „offenen Staatlichkeit" zum Ausdruck, die als Verfassungsentscheidung für internationale Zusammenarbeit staatlichem Handeln eine bestimmte Richtung vorgebe. Vgl. ders., Wortbruch im Verfassungsrecht, JZ 1997, 161 (163). 259

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Verwirklichung des positivrechtlichen Gehaltes der Art. 104 a ff. GG könnte den Vorbehalt zugunsten der Steuer nur im Bereich der Gemeinlastfinanzierung absichern. Eine Maximalverwirklichung des Steuerstaates über die Finanzierung des allgemeinen Staatsbedarfs hinaus, wie sie vom Prinzip des Steuerstaates offenbar gefordert wird, ließe sich mit dem Verweis auf den bloßen Wortlaut der Art. 105 ff. GG aber ersichtlich nicht begründen. Liegt mit dem Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber, den Steuerstaat möglichst umfassend zu verwirklichen, somit ein erster Anhaltspunkt für die Bedeutung des Steuerstaatsprinzips vor, so ist anschließend nach der Rechtsverbindlichkeit eines so verstandenen Steuerstaatsprinzips zu fragen.

bb) Zur Rechtsverbindlichkeit des Steuerstaatsprinzips Für die Bedeutung des Steuerstaatsprinzips im Sinne eines rechtsverbindlichen Leitgedankens ist es erforderlich, daß das Prinzip als ungeschriebener Rechtssatz überhaupt Eingang in die Rechtsordnung gefunden hat und in diesem Sinne als Bestandteil der grundgesetzlichen Finanzverfassung gelten kann, obgleich es in dieser Ordnung nicht ausdrücklich enthalten ist. Denn auch materiale bzw. rechtsethische Prinzipien sind nicht schon von sich aus Bestandteil der Rechtsordnung. Ebensowenig genügt, daß sie dem geltenden Recht nicht widersprechen und sich insoweit lediglich einfügen264 Da Rechtsprinzipien als solche nicht den Rang einer durch verfassungsrechtlich legitimierte Organe geschaffenen Rechtsquelle besitzen, bedarf es zur Ableitung ihres Geltungsanspruchs eines bestimmten Geltungsgrundes. Nach Canaris kommen insoweit im wesentlichen drei Möglichkeiten in Betracht: Erstens der Schluß, daß ein Prinzip als Bewertungs- oder Ordnungsgedanke dem positiven Recht immanent, in diesem aber nur unvollkommen verwirklicht ist, zweitens die Rückführung auf eine Rechtsidee, und drittens die Ableitung aus der Natur der Sache. 265 Das Bundesverfassungsgericht hat das Steuerstaatsprinzip den Bestimmungen der Art. 104 a bis 108 GG entnommen. Es hat darauf hingewiesen, daß der grundgesetzlichen Finanzverfassung die Vorstellung zugrundeliege, daß die Finanzierung der staatlichen Aufgaben in Bund und Ländern einschließlich der Gemeinden grundsätzlich aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. 263 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 154. Ähnlich Kluth, Verfassungs- und abgabenrechtliche Rahmenbedingungen der Ressourcenbewirtschaftung, N V w Z 1997, 105 (112), das Steuerstaatsprinzip offenbar als Synonym für die „elementaren Grundsätze der Finanzverfassung" begreifend. 264 Vgl. Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 95 f. 265 Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 96.

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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GG geregelten Einnahmequellen erfolgt. 2 6 6 In methodologischer Hinsicht hat das Gericht den Art. 105 ff. GG damit einen gemeinsamen Grundgedanken entnommen und diesem Gedanken im Wege der Induktion den Charakter eines Rechtsprinzips verliehen, den besonderen Vorschriften der Finanzverfassung also eine allgemeine Aussage entnommen. 267 Was seine Rechtsverbindlichkeit anbetrifft, beansprucht das Steuerstaatsprinzip somit Geltung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen und gilt insoweit als „offen". Diese Offenheit unterscheidet das Prinzip von der Rechtsanalogie, sie ist Folge der Allgemeinheit eines Prinzips. 268 Ist der allgemeine Geltungsanspruch des Steuerstaatsprinzips somit relativ schnell ausgemacht, so bedarf es genauerer Überlegung, ob sich das Steuerstaatsprinzip mit diesem Geltungsanspruch auch auf einen entsprechenden Geltungsgrund stützen kann. Insoweit ist vor allem maßgeblich, daß der dem Steuerstaatsprinzip zugrundeliegende Rechtsgedanke im positiven Recht (Art. 105 ff. GG) nur unvollkommen als Ordnungsgedanke verwirklicht ist. Ein entsprechender Begründungszwang des Steuerstaatsprinzips leitet sich besonders plastisch aus der Erkenntnis ab, daß dieses Prinzip, soll es gegenüber dem Steuervorrang bzw. den Schutzgütern der sog. Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung eine eigenständige Bedeutung erlangen, über deren Schutzaussage zwangsläufig hinausreichen muß. Während der Steuervorrang, so könnte ein erster Abgrenzungsversuch insoweit lauten, die Erhebung schutzgutkonformer Abgaben für finanzverfassungsrechtlich unbedenklich hält, geht das Steuerstaatsprinzip von deren Steuerstaatsfeindlichkeit aus und macht Vorzugslasten zu einem finanzverfassungsrechtlichen Problemfall, obschon diese bei formengetreuer Ausgestaltung die Schutzgüter des Steuerstaates ebensowenig verletzen wie die Schutzgüter der Finanzverfassung. Gemessen an der zuvor nachgewiesenen, liberalen Haltung des positiven Verfassungsrechts (Art. 105 ff. GG) gegenüber diesen Sachkompetenzabgaben kommt die Ableitung des Steuerstaatsprinzips aus den Art. 105 ff. GG somit in die Nähe einer sog. Rechtsanwendung praeter legem, welche, zuweilen auch als Gesetzesergänzung bezeichnet, in der Sache richterliche Rechtsfortbildung darstellt. 269 Die Begrün266

BVerfGE 78, 249 (267) - Hervorhebung durch den Verfasser. Ein solches Vorgehen wird teilweise auch ungenau als „Rechtsanalogie" bezeichnet. Canaris spricht sich dagegen mit guten Gründen für das Vorliegen eines Induktionsschlusses aus; vgl. ders., Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 97 f. 268 Vgl. Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 98 f. 269 Vgl. Barth, Richterliche Rechtsfortbildung im Steuerrecht, S. 44f. Eine Rechtsanwendung praeter legem (= „neben dem Gesetz, aber ohne Widerspruch zum Gesetz") liegt nach Barth a. a. O. vor, wenn dem Wortlaut des Gesetzes unmittelbar keine Entscheidung entnommen werden kann. Gusy bezeichnet die Rechtsan267

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

dungslast des Steuerstaatsprinzips liegt damit auf der Hand: Als Ausfluß richterlicher Rechtsfortbildung bzw. einer Rechtsanwendung praeter legem kann es sich vor dem Hintergrund des Gewaltenteilungsprinzips nur dann auf einen wirksamen Geltungsgrund stützen, wenn das Regelungsprogramm der Finanzverfassung im Normbereich des Steuerstaatsprinzips unvollständig ist und diese Unvollständigkeit nicht auf einer bewußten Entscheidung des Verfassungsgebers beruht, sondern planwidrig i s t . 2 7 0 Insoweit spricht man heute allgemein von „Gesetzeslücke". 271 Ob die Voraussetzungen für einen wirksamen Geltungsgrund des Steuerstaatsprinzips im einzelnen gegeben sind, ist im folgenden zu prüfen.

(1) Das Steuerstaatsprinzip als Ausdruck gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung Wie inzwischen mehrfach erwähnt, hat das Bundesverfassungsgericht das Steuerstaatsprinzip aus Sinn und Funktion der Art. 105 ff. GG bzw. aus deren „Vorstellung" abgeleitet. 272 Da diese Vorschriften vom Wortlaut her keinen Anlaß geben, die in den Sachgesetzgebungskompetenzen erwähnten Gebühren und Beiträge als steuerstaatsfeindlich zu betrachten, handelt es sich bei der oben angedeuteten Auslegung des Steuerstaatsprinzips methodologisch um eine sog. gesetzesimmanente Rechtsfortbildung. Bei dieser geht die Rechtsanwendung über den Wortlaut des positiven Rechts hinaus, die Lückenfüllung selbst bewegt sich aber noch im Rahmen der ursprünglichen Gesetzesteleologie.273 Typische Methoden der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung sind das „argumentum a maiore ad minus", der Umkehrschluß („argumentum e contrario") sowie die Mittel der teleologischen Reduktion und Extension. 274 Betrachtet man insoweit die Entscheidung zur Fehlbelegungsabgabe, so liegt auf Seiten des Bundesverfassungsgerichts der Sache nach eine teleologische Extension vor. Das Gericht hat mit der „Vorstellung" der Art. 105 ff. GG deren Teleologie umschrieben 275 und den normativen Einflußbereich wendung praeter legem dementsprechend als „richterliche Abweichung von der gesetzlichen Tatbestandfassung"; vgl. ders., Richterrecht und Grundgesetz, DÖV 1992, 461 (463). Diese Rechtsanwendung ist nur zulässig, wenn das Schweigen des Gesetzes zu einer bestimmten Frage nicht auf einer bewußten Entscheidung des Gesetzgebers beruht (planwidrige Lücke). 270 Barth, Richterliche Rechtsfortbildung im Steuerrecht, S. 45 f. 271 Barth, Richterliche Rechtsfortbildung im Steuerrecht, S. 46 m.w.N. 272 Vgl. BVerfGE 78, 249 (267). 273 Barth, Richterliche Rechtsfortbildung im Steuerrecht, S. 48 f. 274 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 426; Barth, Richterliche Rechtsfortbildung im Steuerrecht, S. 49.

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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dieses Telos durch Begründung des Steuerstaatsprinzips auf nichtfiskalische Ausgleichsabgaben erweitert, eine insoweit bestehende Gesetzes- bzw. Schutzlücke in den Entscheidungsgründen allerdings nicht nachgewiesen. Soll das Steuerstaatsprinzip mit der hier vertretenen Ansicht als eigenständige Schutzaussage Bestand haben, so ist der Nachweis einer planwidrigen Gesetzeslücke somit nachzuholen.

(2) Bestehen einer Schutzlücke im positiven Verfassungsrecht Allgemeine Rechtsprinzipien sind nicht nur Mittel der Lückenausfüllung, sondern bereits Maßstab der Lückenfeststellung. 276 Das Prinzip der Waffengleichheit im Zivilprozeß etwa begründet angesichts der Zulässigkeit der objektiven Klaghäufung gemäß § 260 ZPO nicht nur die Forderung nach der Zulässigkeit einer nicht konnexen Widerklage, sondern deckt zugleich das Bedürfnis nach einer derartigen, vom Gesetzeswortlaut (§ 33 Abs. 1 ZPO) allerdings nicht vorgesehenen Regelung auf. 2 7 7 Ähnlich verhält es sich mit dem Steuerstaatsprinzip. Seine Erwähnung macht deutlich, daß die steuerstaatliche Finanzverfassung des Grundgesetzes ohne seine Existenz nur unzureichend geschützt ist, weil das positive Recht (Art. 105 ff. GG) und die ihm immanente Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung bestimmte Arten nichtsteuerlicher Abgaben schlicht als finanzverfassungsrechtlich unbedenklich dulden. Die insoweit bestehende Schutzlücke bestimmt zugleich Inhalt und Reichweite des Steuerstaatsprinzips. Nachfolgend soll dieser Zusammenhang verdeutlicht werden: Einzuräumen ist zunächst, daß auf den ersten Blick nicht so recht einleuchten will, warum die bundesstaatliche Finanzverfassung ohne das Steuerstaatsprinzip nicht ausreichend geschützt sein soll. Immerhin spricht das Bundesverfassungsgericht von der „Schutz- und Begrenzungsfunktion über der Finanzverfassung" und mißt daran „seit jeher" die finanzverfassungsrechtliche Zulässigkeit nichtsteuerlicher Abgaben. 278 Der Gedanke an einen Vollschutz der Finanzverfassung liegt daher zwar nahe, verflüchtigt sich 275 In BVerfGE 78, 249 (266 f.) heißt es insoweit sinngemäß: Da die Finanzierung der staatlichen Aufgaben grundsätzlich nur aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmequellen erfolgt, dürfen nur ausnahmsweise Einnahmen außerhalb des von der Finanzverfassung erfaßten Bereichs erschlossen werden, damit durch jederzeitige Sicherstellung eines hinreichenden Steuer- bzw. Finanzausgleichsvolumens die Voraussetzungen für eine dauerhafte Staatlichkeit von Bund und Ländern erhalten bleiben. 276 Canaris , Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 93 f. 277 Vgl. Canaris , Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 108 f. 278 BVerfGE 93, 319 (343) - Hervorhebung durch den Verfasser.

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

aber wieder, wenn man in Betracht zieht, daß nach demselben Prüfungsmaßstab (Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung bzw. deren drei grundlegende Prinzipien) herkömmliche nichtsteuerliche Abgaben ohne weiteres erhoben werden können, nach den Worten des Bundesverfassungsgerichts sogar unbedenklich sind. 2 7 9 Denn wie gezeigt wurde, verstoßen gerade Vorzugslasten weder gegen den Steuervorrang als Schutzaussage zugunsten der finanzverfassungsrechtlichen Rechtsgüter noch gegen den daraus abgeleiteten Steuervorrang als Finanzierungsregel (Funktionenvorbehalt) und können insoweit als schutzgutneutral gelten. Gegenleistungsabhängige Abgaben genießen somit in der Sache ein Rechtfertigungsprivileg und decken damit offenbar zugleich auch eine Schutzlücke auf. Wie noch zu zeigen sein wird, bezieht sich diese Schutzlücke jedoch nicht auf die Rechtsgüter des Steuerstaates bzw. der Finanzverfassung, sondern auf den Steuerstaat als Verfassungsvoraussetzung selbst. Bezweifeln mag man nun allerdings zunächst, ob es sich insoweit um eine planwidrige Schutzlücke handelt. Immerhin sieht das Grundgesetz Vorzugslasten in den Sachkompetenzen ausdrücklich vor und läßt sogar deren beiläufige Benennung genügen, weil es in ihnen offenbar keine Gefahr für die bundesstaatliche Finanzverfassung erkennt. Diese „Beiläufigkeit", 2 8 0 hierauf wurde bereits hingewiesen, bezieht sich nun aber ausschließlich auf Vorzugslasten in einer formgetreuen Tatbestandsgestaltung. Nur sie rechtfertigen aus Sicht der Finanzverfassung eine Behandlung als „Zubehör" 2 8 1 oder „ A n n e x " , 2 8 2 stellen sie doch - betrachtet man etwa die Verwaltungsgebühr oder die Benutzungsgebühr für gemeindliche Einrichtungen - keine erhebliche Gefährdung des Steuerstaates dar. Die hier behauptete Schutzlücke könnte damit gerade nicht planwidrig, sondern vom Grundgesetz sogar billigend in Kauf genommen sein. Die Perspektive ändert sich jedoch, wenn man mit dem technologischen Fortschritt eine modellexogene Variable in das Steuerstaatsmodell einführt und es dadurch zugleich den Bedingungen der Verfassungswirklichkeit unterwirft. Da der Kreis jener Leistungen, an die der Gesetzgeber in formgetreuer Weise zur Begründung von Beitrags- oder Gebührenpflichten anknüpfen kann, allein infolge technologischen Fortschritts tendenziell zunimmt, erhält das mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion bzw. dem Steuervorrang an sich kompatible Vörzugslastenregime ein Entwicklungspotential, welches die an sich schutzgutneutralen Vorzugslasten aus Sicht 279

Vgl. BVerfGE 93, 319 (343 f.). Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben - ein weißer Fleck in der Finanzverfassung, in: Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, S. 435 (437). 281 Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben - ein weißer Fleck in der Finanzverfassung, in: Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, S. 435 (437). 282 Vgl. Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 26 f. 280

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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des Steuerstaates gefährlich macht. Ein Steuerstaat, der sich gegenüber einem solchen Vorzugslastenregime liberal zeigt, trägt dann bei langfristiger Betrachtung gleichsam die Anlage zur Selbstauflösung in sich. In diese Schutzlücke betreffend den Steuerstaat selbst stößt nun das Steuerstaatsprinzip. Ein Beispiel mag dieses verdeutlichen. Während Zu- und Abstrom von Frisch- und Brauchwasser zu früheren Zeiten in Ermangelung geeigneter Meßvorrichtungen gar nicht oder nur unter prohibitiven Bedingungen gemessen werden konnten, stehen heute Wasseruhren sowie diverse technische Weiterentwicklungen zur Verfügung. Anhand dieser Meßeinrichtungen können ohne weiteres Verbrauchsmenge, Art und Menge gebrauchsabhängiger Schadstoffe sowie diverse weitere Nutzungsparameter gemessen, d.h. zugleich potentielle Leistungseinheiten erfaßt werden. Aus Sicht des Abgabengesetzgebers bieten sich dementsprechende „Gebührenchancen", die er - noch dazu als in seinen Steuererhebungskompetenzen eingeengter Landesgesetzgeber (Art. 105 Abs. 2 a GG) - bereitwillig wahrnehmen wird, sofern ihm die Bewältigung sonstiger gebührenrechtlicher Voraussetzungen gelingt. Folglich greift er auch auf jene Teilmenge des Kreises gebührenfähiger Leistungen zu, die ihm die Entwicklung einer technischen Meß- und Ausschließungseinrichtung erst beschert hat und überführt sie in das Gebührenregime, während er sie gleichzeitig dem steuerlichen Zugriff - eventuell sogar einer anderen Gebietskörperschaft - entzieht. Die Abwasserabgabe des Bundes etwa, erhoben auf das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer, kann in diesem Sinne durchaus als technologisch induzierte Verschiebung des potentiellen Gebührenregimes verstanden werden. Obgleich das Intemalisierungs- und Lenkungsziel der Abgabe ebensogut mittels einer Steuer erreichbar ist, wird allein wegen der rein tatsächlichen Möglichkeit, als Belastungsgrund an abgrenzbare Leistungseinheiten anzuküpfen, auch die Ausgestaltung der Abgabe als Gebühr erwogen. 2 8 3 Daß sich der Kreis potentiell gebührenfähiger Leistungen allein durch technologischen Fortschritt tendziell erweitert, zeigt des weiteren das Beispiel der Decoder-Technik und die technische Möglichkeit des sog. payTV. Wie diese und andere Beispiele verdeutlichen, entfernt sich die Abgabenwirklichkeit somit schrittweise vom verfassungsrechtlich vorgefundenen Paradigma der bekannten Verwaltungs- und Benutzungsgebühren. Je mehr die Entwicklung von technischen Meßgeräten oder Anschlußmodulen gelingt, mit deren Hilfe sich individueller Nutzen aus einem an sich perso283 Zur Abwasserabgabe des Bundes, ihren Zielsetzungen sowie ihrer abgabenrechtlichen Einordnung siehe ausführlich Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 114 ff. Die Autorin selbst gelangt zur Annahme einer Duldungsgebühr, vgl. a.a.O., S. 121 ff.

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

nenindifferent erbrachten Leistungsbündel messen und erfassen läßt, und je mehr es gelingt, die Bedingungen technischer Ausschließbarkeit herzustellen, desto mehr Leistungsgegenstände werden in das Gebührenregime überführt, ohne zugleich gegen das konstitutive Gebührenmerkmal der individuellen Zurechenbarkeit verstoßen zu müssen. Gerade die Umweltabgabendebatte zeigt, daß der Steuerstaat Gefahr läuft, auf nachgerade steuerstaatskonformem Wege ausgehöhlt zu werden, und zwar in langfristiger Sicht maßgeblich infolge technologischen und sozioökonomischen Fortschritts. Es hieße, sich vor der allseits anerkannten Geschwindigkeit technologischer Entwicklungen zu verschließen, wollte man aus heutiger Sicht etwa behaupten, der individuelle Luft- bzw. Sauerstoffkonsum oder die Nutzung des Aufnahmemediums Luft zur Abgabe von Giftstoffen durch Private und Unternehmen bleibe dem gebührenrechtlichen Zugriff in Zukunft allein schon wegen fehlender tatsächlicher Voraussetzungen entzogen. Wie die neuerdings diskutierte Ressourcennutzungsgebühr zeigt, kann darüber hinaus auch ein sozioökonomischer Bewußtseinswandel zur Ausweitung des Kreises potentiell gebührenfähiger Leistungen führen. Zu denken ist hier zuvörderst an das allgemeine Vordringen des Knappheitsparadigmas, das letztlich auch dem Gedanken einer Ressourcennutzungsgebühr zugrundeliegt. Deren Befürworter gehen von der Knappheit der Umweltmedien aus und betrachten die Nutzung von Wasser und Luft demzufolge nurmehr als angeblich gebührenfähige Teilhabe. 284 In der Finanzwissenschaft spricht man im Zusammenhang mit entsprechenden Entwicklungstendenzen auch von der fortschreitenden Ausweitung besonderer Finanzierungsformen aufgrund des allgemeinen Vordringens sog. gemischtöffentlicher Güter. 2 8 5 Aus Sicht eines statischen Steuervorrangs stellt der Zugriff des Gebührengesetzgebers auf individuell zurechenbare Leistungen nun allerdings einen völlig unproblematischen Vorgang dar. Ob es sich dabei um eine neuartige oder herkömmlich gebührenfähige Leistung handelt, ist für die Vereinbarkeit einer Gebühr mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung hingegen unerheblich. Was für herkömmliche Gebühren gilt - ihre Vereinbarkeit mit den grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung - gilt von der inneren Logik des Steuervorrangs auch für alle neuartigen Gebührenanknüpfungen, sofern sie sich nur als Gegenleistung für eine individuell zurechenbare Staatsleistung darstellen. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses im Hinblick auf Wasserentnahmeentgelte jüngst bestätigt. 286 Wenn der Finanzverfassungsstaat des Grundgesetzes die Erhe284

Vgl. Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (175 f.). Vgl. GaweU Die kommunalen Gebühren, S. 106 f. Zur volkswirtschaftlichen Güterlehre und ihrem Beitrag zur Identifizierung gebührentauglicher Leistungen siehe ausführlich Gliederungspunkt D I I 1 b) cc) (2). 285

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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bung von Vorzugslasten in diesem Sinne aus einer reinen Schutzgutbetrachtung heraus als unbedenklich betrachtet, gefährdet er sich aufgrund der vorstehend erörterten Zusammenhänge bei dynamischer Betrachtung allerdings selbst, indem er duldend hinnimmt, daß Vorzugslasten unter anderem aufgrund technologischen Fortschritts in tendenziell immer umfangreicherer Form an dem bundesstaatlichen Verteilungssystem vorbeigeschleust werden können. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang des weiteren auf den Umstand, daß technischer Fortschritt und die damit einhergehende Ausweitung des Kreises potentiell gebühren- und beitragsfähiger Leistungen nicht einmal notwendige Bedingung für einen schleichenden Identitätsverlust des Steuerstaates bzw. seine langfristige Selbstauflösung sind. Der Kreis von nichtsteuerlichen Abgaben, die sich nach Maßgabe der Schutzund Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung an sich als unproblematisch erweisen, kann sich vielmehr auch neben dem klassischen Gebührenrecht ausweiten. Beispielhaft sind insoweit die Sozialversicherungsbeiträge nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die Fehlbelegungsabgabe. Obgleich es sich bei diesen Abgaben nicht um Vorzugslasten handelt, hat das Bundesverfassungsgericht auch diese außersteuerlichen Abgaben der Sache nach ohne größere Probleme als finanzverfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft. Im Falle der Fehlbelegungsabgabe hat das Gericht insoweit darauf abgestellt, sie diene der Rückabwicklung staatlich gewährter Subventionsvorteile und stelle ein bloßes Instrument der Subventionsregulierung dar, in welchem weder eine Gefährdung der bundesstaatlichen Finanzverfassung noch eine Umgehung ihrer Verteilungsregeln gesehen werden könne. 2 8 7 Neben derartige Sonderfälle tritt des weiteren die Ausweitung des Gebührenregimes durch die zunehmende Akzeptanz von Zurechnungsfiktionen. Hiermit seien Abgabenbeispiele angesprochen, bei denen, wie etwa im Falle der Duldungsgebühr, letztlich im Unklaren bleibt, ob bzw. in Gestalt welcher Zurechnungskriterien überhaupt noch gebührenfähige Austauschbeziehungen vorliegen. Wie sich im Rahmen der weiteren Untersuchung anläßlich von Überlegungen zur individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen zeigen w i r d , 2 8 8 erweisen sich die gebührenrechtlichen Begriffs286

Vgl. BVerfGE 93, 319 (346 f.). BVerfGE 78, 248 (266, 269). - Ähnlich bei den Sozial Versicherungsbeiträgen: Anders als Sonderabgaben betrachtet das Bundesverfassungsgericht Sozialversicherungsbeiträge letztlich nur unter dem Gesichtspunkt der Belastungsgleichheit für rechtfertigungsbedürftig, hat insoweit aber keine Probleme, die an sich gleichheitswidrige Belastung der Arbeitgeber mit der „ . . . spezifischen Solidaritäts- und Verantwortungsbeziehung ... gleichsam symbiotischer Art" zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in einer modernen Industriegesellschaft zu rechtfertigen; vgl. BVerfGE 75, 108 (158 f.). 287

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

merkmale somit schon unter Vernachlässigung von technologischem Fortschritt als unzureichend, den Kreis gebührenfähiger Leistungen durch Errichtung selbst mißbrauchsresistenter Begriffsabgrenzungen unverrückbar zu limitieren. Von daher kann es dann allerdings auch nicht mehr genügen, die verfassungsrechtliche Überprüfung neuerer Entwicklungen etwa des Gebührenrechts allein auf die vermeintliche Abgrenzungskraft von Begriffsmerkmalen wie die individuelle Zurechenbarkeit zu stützen. Insoweit ist es nur folgerichtig, die Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes nicht mehr ausschließlich durch eine möglichst präzise Begriffsabgrenzung zwischen steuerlichen und nichtsteuerlichen Abgaben zu schützen, sondern diesem Institutionenschutz mit dem Steuerstaatsprinzip ein zusätzliches Wertungsmodell hinzuzufügen. Welchen Inhalts dieses Modell sein könnte, ist im folgenden zu erörtern. Hier ist zunächst festzuhalten, daß die Voraussetzungen für einen Ausbau des Steuerstaatsprinzips zu einer eigenständigen Schutzaussage jenseits des positiven Finanzverfassungsrechts offenbar gegeben sind. Wie sich zeigte, ist die Verpflichtung des Gesetzgebers, den Steuerstaat möglichst umfassend zu verwirklichen, im positiven Verfassungsrecht nur soweit enthalten, wie eine nichtsteuerliche Abgabe mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung kollidiert. Da die Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung sich gegenüber schutzgutneutralen Abgaben liberal zeigt, besteht zugleich Raum und Bedarf für eine Ausfüllung der bestehenden Schutzlücke durch das Steuerstaatsprinzip. Dieses kann nun vom Steuervorrang wie folgt abgegrenzt werden:

(3) Das Steuerstaatsprinzip als erweiterte Abgrenzung zum Steuervorrang

Schutzaussage:

Nach den bisherigen Überlegungen grenzen sich Steuervorrang und Steuerstaatsprinzip wie folgt ab: Dem Steuervorrang ist eine statische Betrachtungsweise zueigen, während das Steuerstaatsprinzip als Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber in die Zukunft wirkt. Beide, Steuervorrang und Steuerstaatsprinzip, sind schutzgutbezogen, allerdings mit unterschiedlichem Bezugpunkt: Der Steuervorrang schützt ausschließlich Drittgüter, nicht aber den Steuerstaat selbst bzw. die Wahrung seiner Identität. Sofern diese Drittgüter (Individualrechte, parlamentarisches Haushalts- und Budgetrecht, bundesstaatliche Verteilungsregeln) nicht verletzt sind, führt der Steuervorrang nicht zu einer entsprechenden Zurückweisung nichtsteuerlicher Abgaben. Diese Zurückhaltung des Steuervorrangs gegenüber schutzgutneutralen Abgaben eröffnet damit, ihre potentielle Ausweitung infolge technologi288

Siehe dazu Gliederungspunkt D I I 1 b).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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sehen Fortschritts unterstellt, die Möglichkeit zu einer sukzessiven Ausweitung vor allem des Vorzugslastenregimes mit tendenziell einschränkender Wirkung für den Kreis der Steuer vorbehaltener Sachverhalte. Nach dem Steuervorrang als Schutzkonzept neigt der Steuerstaat somit überspitzt gesagt zur Selbstauflösung. Das Steuerstaatsprinzip dagegen enthält eine Schutzaussage zugunsten des Steuerstaates selbst und füllt dadurch die verbleibende Schutzlücke des Steuervorrangs aus. Es kommt inhaltlich einer Fortsetzungsgarantie für den Steuerstaat selbst gleich, ohne dessen Existenz das finanzverfassungsrechtliche Verteilungssystem auf Dauer nicht funktionieren könnte und die Bundesstaatlichkeit des Verfassungsstaates langfristig gefährdet wäre. In diesem Sinne enthält das Steuerstaatsprinzip den Auftrag an den Gesetzgeber, den Steuerstaat als Verfassungsvoraussetzung so umfassend wie möglich zu erhalten. Steuervorrang und Steuerstaatsprinzip unterscheiden sich nicht nur von ihrem Bezugspunkt, sondern auch in ihrer Schutzaussage sowie in ihrer Bedeutung als Finanzierungsregel. Wo aus Sicht des Steuervorrangs noch die Vermutung der finanzverfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit einer Vorzugslast begründet ist, bewirkt das Steuerstaatsprinzip eine Beweislastumkehr. In diesem Sinne unterstellt es, daß selbst schutzgutneutrale Abgaben aus steuerstaatlicher Sicht bedenklich sind. Während nach Maßgabe des Steuervorrangs somit lediglich Gemeinlasten bzw. allgemeine Staatsaufgaben vorrangig durch Steuern zu finanzieren sind 2 8 9 und die Erhebung von schutzgutneutralen Vorzugslasten zur Finanzierung von Sonderlasten damit unbedenklicherweise möglich ist, sind außersteuerliche Abgaben nach dem Steuerstaatsprinzip selbst dann nur unter besonderen Voraussetzungen möglich, wenn sie der Erschließung von Einnahmen für die Finanzierung von Sonderlasten dienen und mit der Steuer zumindest tatbestandlich überhaupt nicht konkurrieren. Denn während dem Steuervorrang nur eine statische Ordnungsiunktion zukommt (die Beachtung der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung), erfüllt das Steuerstaatsprinzip eine dynamische Erhaltungsfunktion und will bewirken, daß der Steuerstaat, gegenüber schutzgutneutralen Abgaben an sich liberal, in seiner Identität auch „in die Zeit hinein" 2 9 0 unangetastet bleibt. Verstanden als über den Steuervorrang hinausreichende Schutzaussage hält das Steuerstaatsprinzip schließlich auch einer Plausibilitätskontrolle anhand der einschlägigen Verfassungsrechtsprechung stand. Insbesondere erschließt sich, warum das Bundesverfassungsgericht gerade in der Ent289

Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfGE 93, 319 (347); 92, 91 (113); 91, 186 (201); 82, 159 (178); 55, 274 (299), ähnlich auch BVerfGE 93, 121 (134) - Beschluß des Zweiten Senats vom 22.06.1995 zu § 10 des Vermögensteuergesetzes. 290 Formulierung bei Bäumlin, Staat, Recht und Geschichte, S. 15. 11 Drömann

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Scheidung zur Fehlbelegungsabgabe erstmals vom Steuerstaatsprinzip gesprochen hat. In dieser Entscheidung trat die Schutzbedürftigkeit des Steuerstaates vor schutzgutneutralen Abgaben besonders offen zutage. Hatte das Gericht zuvor im Bereich außerhalb des Anwendungsbereichs klassischer Vorzugslasten hauptsächlich über Abgaben zu entscheiden, welche mit der Steuer unmittelbar konkurrieren (Sonderabgaben), so war mit der Fehlbelegungsabgabe eine Abgabe Verfahrensgegenstand, die den Charakter eines „ . . . bloßen Instrumentes der Subventionsregulierung" innehat und die deshalb nach der Ansicht des Zweiten Senats „ . . . weder eine Gefährdung der bundesstaatlichen Finanzverfassung noch eine Umgehung ihrer Verteilungsregeln" bedeutete. 291 Obgleich nach diesem Maßstab des Steuervorrangs an sich unbedenklich, hat das Gericht die Abgabe dennoch einer besonderen Legitimation unterworfen, was man durchaus als Hinweis auf einen über den Steuervorrang hinausreichenden Rechtfertigungsmaßstab deuten kann. Es spricht vieles dafür, daß das Bundesverfassungsgericht selbst einen derartigen Maßstab in dem von ihm erstmals benannten Steuerstaatsprinzip erkannt hat, nach welchem Einnahmen außerhalb der Finanzverfassung „nur ausnahmsweise" erschlossen werden dürfen, 2 9 2 und zwar ungeachtet ihrer etwaigen Schutzgutneutralität. Zuzugeben ist zwar, daß das Gericht die Ausnahmen, unter denen das Steuerstaatsprinzip seiner Ansicht nach eine Erhebung von Abgaben außerhalb der Finanzverfassung erlaubt, offenbar gleichsetzte mit der Schutzund Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung bzw. mit dem Steuervorrang. Anders ist nicht zu erklären, daß das Gericht die Fehlbelegungsabgabe in der Sache nur noch vor der Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung rechtfertigte, darüber hinausreichende Anforderungen für Ausnahmen vom Steuerstaatsprinzip aber nicht statuierte. 2 9 3 Festzuhalten bleibt gleichwohl, daß das Gericht mit der Entscheidung zu erkennen gab, daß es neben den ohnehin privilegierten (formgetreuen) Vorzugslasten durchaus noch weitere schutzgutneutrale nichtsteuerliche Abgaben geben kann, welche mit der Begrenzungs- und Schutzfunktion ebenfalls nicht kollidieren. Da der vor allem mit Blick auf Sonderabgaben entwickelte Prüfungsmaßstab, die Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung, gegenüber der schutzgutneutralen Fehlbelegungsabgabe notwendigerweise ohne Filterwirkung blieb, war es nur folgerichtig, wenn das Gericht erstmals in dieser Entscheidung vom Prinzip des Steuerstaates sprach. Insgesamt wird man dem Beschluß zur Fehlbelegungsabgabe damit zumindest entnehmen können, daß das Steuerstaatsprinzip, seine Fortentwicklung als eigenständige Schutzaussage vorausgesetzt, seinen Hauptan291 292 293

BVerfGE 78, 249 (269). BVerfGE 78, 249 (266 f.). Vgl. BVerfGE 78, 249 (269).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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wendungsbereich gerade nicht, wie Heimlich behauptet, 294 im Bereich herkömmlicher Sonderabgaben hat, sondern im Gegenteil gerade im Bereich der nach dem Steuervorrang an sich unproblematischen Abgaben. Denn während die Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung und die daraus abgeleiteten Zulässigkeitskriterien bei herkömmlichen Sonderabgaben noch eine ausreichende Filterfunktion erfüllen, versagt diese Filterwirkung bei schutzgutneutralen Abgaben geradezu programmgemäß. Wenn der Steuerstaat jedoch Verfassungsvoraussetzung und deshalb in seiner Identität zu wahren ist, muß für derartige Abgaben ein weiterreichender Prüfungsmaßstab gefordert werden. Gerade in dieser Erkenntnis liegt die besondere Bedeutung des Beschlusses zur Fehlbelegungsabgabe. In diesem Beschluß hat das Gericht mit dem Steuerstaatsprinzip einen derartigen Maßstab erstmals erwähnt. In diese Interpretation des Beschlusses fügt sich im übrigen auch der Wasserpfennigbeschluß ein, die seither einzige Entscheidung, in der das Gericht wiederum vom Prinzip des Steuerstaates gesprochen hat. Auch hier ging es mit den Wasserentnahmeentgelten um Abgaben, die nach Ansicht des Gerichts wegen ihres Gegenleistungscharakters keinen Anlaß zu grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion über der Finanzverfassung gegeben haben. 295 Blieb der Steuervorrang gegenüber diesen Vorzugslasten somit sowohl in seiner Funktion als Wertvorbehalt als auch in seiner Bedeutung als Funktionenvorbehalt stumpf, so war es nur folgerichtig, daß das Gericht im Wasserpfennigbeschluß mit dem Steuerstaatsprinzip abermals einen über den Steuervorrang hinausreichenden Prüfungsmaßstab benannte. 296 In den vier vorangehenden Entscheidungen seit dem Beschluß zur Fehlbelegungsabgabe hatte das Gericht unter Schutzzweckgesichtspunkten dagegen keinen Anlaß, das Prinzip vom Steuerstaat zu bemühen. In diesen Entscheidungen waren jeweils Sonderabgaben Verfahrensgegenstand, Abgaben also, deren finanzverfassungsrechtlicher Problemgehalt in ausreichender Weise anhand der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung (Steuervorrang) überprüft werden konnte. 2 9 7 Der Wasserpfennigbeschluß und seine Vorgänger verdeutlichen somit nochmals, daß vorrangiger Anwendungsbereich des Steuerstaatsprinzips gerade die nach dem Steuervorrang eher unproblematischen, nämlich tendenziell schutzgutneutralen Abgaben sind. 294

Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 150. Vgl. BVerfGE 93, 319 (343 f.). 296 BVerfGE 93, 319 (342). 297 Vgl. BVerfGE 81, 156ff. - Arbeitsmarktförderungsabgabe gem. § 128 AFG; 82, 159ff. - Absatzfondsabgabe; 91, 186ff. - Kohlepfennig; 92, 9 I f f . - Feuerwehrabgabe. 295

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Auch im Wasserpfennigbeschluß freilich hat das Gericht dann unter dem Begriff Steuerstaatsprinzip keine eigenständigen Zulässigkeitskriterien für nichtsteuerliche Abgaben entwickelt. Die Entscheidungsgründe erwecken eher den Eindruck, als messe das Gericht der Vereinbarkeit nichtsteuerlicher Abgaben mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung (den „drei grundlegenden Prinzipien") zugleich auch rechtfertigende Kraft vor dem Steuerstaatsprinzip zu. In der Sache läge hierin dann in der Tat eine Gleichstellung von Steuervorrang und Steuerstaatsprinzip. Dennoch zeigt die Entscheidung, daß dem Steuerstaatsprinzip auch in seiner Anwendung durch das Bundesverfassungsgericht eine eigenständige Bedeutung gerade als Korrektiv für eine gegenüber schutzgutneutralen Abgaben ansonsten bestehende Schutzlücke beigemessen werden kann. Daß das Gericht das so verstandene Steuerstaatsprinzip in den betreffenden Entscheidungen nicht weiter ausgebaut hat, steht dem nicht entgegen. Wesentlich ist zunächst allein die Feststellung, daß das Steuerstaatsprinzip als eigenständige Schutzaussage überhaupt erst „entdeckt" worden ist. Sein Ausbau zu einer Lehre, die den Steuerstaat auch gegenüber schutzgutneutralen Abgaben schützt, ohne allerdings deren verfassungsrechtlichen Stellenwert per se zu negieren, hat erst noch zu erfolgen. 298 Im folgenden soll nun versucht werden, erste Anregungen für die Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips als Schutzaussage gegenüber schutzgutneutralen Abgaben zu entwickeln und darüber hinaus bereits einen zweckmäßigen Konkretisierungsansatz herauszuarbeiten. Zuvor jedoch sind zunächst noch einmal die grundlegenden Koordinaten in Erinnerung zu rufen, an welchen sich ein entsprechender Konkretisierungsansatz aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht zu orientieren haben wird. Denn wenn es im folgenden um den Schutz der Steuerstaatlichkeit vor schutzgutneutralen 298 Die Entwicklung eines Prinzips durchläuft idealtypisch folgende Stadien: Zunächst wird ein bestimmter Rechtsgedanke erstmals erkannt und ausgesprochen, d.h. „entdeckt 44 . Sodann wird er anhand einer Reihe von Beispielen in seiner Typizität erkannt und zum Prinzip verfestigt. Es folgt der Nachweis seiner Vereinbarkeit mit bereits anerkannten Prinzipien, insbesondere solchen von Verfassungsrang. Hier geschieht die Abgrenzung seiner Reichweite gegenüber anderen Prinzipien, einer positiven Regelung sowie seine Konkretisierung im Hinblick auf bestimmte Fallgruppen. Am Ende steht der Ausbau zu einer festgefügten „Lehre"; vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 422; ähnlich Canaris , Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 106 f. - So gesehen bleibt die sog. „Steuerstaatsdoktrin", ihrem Namen nach bereits den Charakter einer Lehre suggerierend, weit hinter ihrer Bezeichnung zurück. Bedenkt man, daß das Steuerstaatsprinzip in der Literatur weitgehend als Synonym für den Steuervorrang verwendet wird und man seinen Anwendungsbereich des weiteren bei parafiskalischen Sonderabgaben wähnt, befindet sich die Diskussion am ehesten noch in der Entdeckungsphase, die sie freilich auch nur dann zu überschreiten haben wird, wenn man dem hier entwickelten Gedanken einer Schutzlücke gegenüber schutzgutneutralen Abgaben folgt.

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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Abgaben geht, so kann es offenbar nicht darum gehen, schutzgutneutrale Abgaben per se in den Bereich finanzverfassungsrechtlicher Unzulässigkeit zu verweisen. Gerade ihre Vereinbarkeit mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion zeigt, daß ihnen die Verfassung einen eigenen Stellenwert eingeräumt hat, der durch das Steuerstaatsprinzip nicht einseitig negiert werden kann. Auf der anderen Seite steht fest, daß die Identität des Steuerstaates nicht nur vor solchen Abgaben geschützt werden muß, die - wie die parafiskalische Sonderabgabe - mit der Steuer konkurrieren. Wegen der zentralen Bedeutung der Art. 104 a bis 108 GG für die Bundesstaatlichkeit des Verfassungsstaates ist das Schutzbedürfnis der Finanzverfassung vielmehr auch gegenüber schutzgutneutralen Abgaben anzuerkennen. Denn wenn sich der Steuerstaat nicht mehr ,im wesentlichen4 über Steuern finanziert, wird auch das Verteilungssystem der Art. 104 a bis 108 GG partiell außer Kraft gesetzt. Damit liegt zwischen bundesstaatlicher Finanzverfassung und den Sachkompetenzvorschriften offenbar ein innerer Widerspruch vor, den zu lösen gerade ein Rechtsprinzip, hier das Steuerstaatsprinzip, berufen sein kann. Denn die „Entdeckung" 2 9 9 von Rechtsprinzipien beruht ihrerseits nicht selten auf der Einsicht, daß die Rechtsordnung sich nicht mit sich selbst in Widerspruch setzen darf. 3 0 0 Ein derartiger Widerspruch läge aber vor, wenn schutzgutneutrale Abgaben außerhalb der Finanzverfassung grenzenlos erhoben werden dürften. Welcher Art die möglichen Restriktionswirkungen des Steuerstaatsprinzips gegenüber nichtsteuerlichen Abgaben im einzelnen sein können, ist daher im folgenden zu untersuchen. Denn bisher konnte lediglich festgestellt werden, daß das Steuerstaatsprinzip als Rechtsprinzip überhaupt Bestand hat und aufgrund seiner Eigenständigkeit zugleich auch die dogmatische Perspektive für eine differenziertere, d.h. vom Steuervorrang verschiedene Behandlung nichtsteuerlicher Abgaben bietet. Daß diese Perspektive wahrgenommen wird, hängt letztlich davon ab, ob das Prinzip von Lehre und Rechtsprechung durch Ableitung weiterführender Grundsätze oder Fallgruppenbildungen konkretisiert wird. Nachfolgend sollen hierzu erste Anregungen gegeben werden. cc) Überlegungen zur Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips Da Rechtsprinzipien nicht den Charakter von unmittelbar anwendungsund subsumtionsfähigen Rechtsregeln haben, bedürfen sie nach allgemeiner Lehre der Konkretisierung. Wie dargelegt, hat das Bundesverfassungsgericht das Steuerstaatsprinzip seit seiner Erwähnung in den Beschlüssen zur 299

Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 422; ebenso Canaris , Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 107. 300 Ygi Canaris , Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 113.

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Fehlbelegungsabgabe und zum Wasserpfennig allerdings noch nicht weiterentwickelt. In seiner derzeitigen Bedeutung besagt das Steuerstaatsprinzip somit lediglich, daß der Finanzverfassung die Vorstellung zugrunde liegt, daß die Finanzierung staatlicher Aufgaben „in erster L i n i e " 3 0 1 bzw. „grundsätzlich" 302 aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmequellen erfolgt, während nichtsteuerliche Abgaben verschiedener Art zwar nicht ausgeschlossen sind, allerdings nur unter besonderen Voraussetzungen erschlossen werden dürften. 303 Das Bundesverfassungsgericht selbst hat für das Vorliegen dieser „besonderen Voraussetzungen" nun offenbar die Vereinbarkeit nichtsteuerlicher Abgaben mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung bzw. deren drei grundlegenden Prinzipien ausreichen lassen. 304 Dadurch hat das Gericht das Steuerstaatsprinzip letztlich mit dem Steuervorrang konkretisiert. 305 Soll die hier angenommene Schutzlücke gegenüber schutzgutneutralen nichtsteuerlichen Abgaben jedoch wirksam geschlossen werden, muß das Steuerstaatsprinzip notwendigerweise über den Steuervorrang hinausgehen. Dies führte nach hier vertretener Ansicht zu der Unterscheidung, daß der Steuervorrang eine auf Drittgüter bezogene Ordnungsbzw. Schutzfunktion verwirklicht, während das Steuerstaatsprinzip eine zukunftsgerichtete Erhaltungsfunktion bezüglich des Steuerstaates selbst erfüllt. Wie kann diese Erhaltungsfunktion nun konkretisiert werden, ohne wiederum auf die Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung zurückzugreifen, welche sich gegenüber schutzgutneutralen Abgaben als wirkungslos bzw. liberal erwiesen hatte? Nach einer Abwägung verfassungsrechtlicher Vorgaben für einen zweckmäßigen Konkretisierungsansatz wird im folgenden die Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips durch formellverfahrensmäßige Bindungen des Gesetzgebers vorgeschlagen. (1) Zur Eignung unterschiedlicher

Konkretisierungsansätze

In methodologischer Hinsicht ist dem Versuch einer eigenen Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips voranzustellen, daß sich bei der Konkretisierung von Rechtsprinzipien unterschiedliche Stufen unterscheiden lassen. Auf der höchsten, abstraktesten Stufe steht der allgemeine Rechtsgedanke, der - ohne Sonderung in Tatbestand und Rechtsfolge - als Leitfaden für die weitere Konkretisierung des Prinzips dient. 3 0 6 Diese Stufe läßt sich 301

BVerfGE 93, 319 (342). BVerfGE 78, 249 (266 f.). 303 Vgl. BVerfGE 93, 319 (342); 78, 249 (266 f.). 304 Vgl. BVerfGE 93, 319 (342 f.). 305 Siehe dazu bereits oben, Gliederungspunkt C II 3 c) bb) (3). 306 y g i Laren z% Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 474. 302

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II. Vorzugslasten im Steuerstaat

für das Steuerstaatsprinzip wie folgt fassen: Einnahmen außerhalb der Finanzverfassung haben die Ausnahme zu bleiben, selbst wenn sie der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung entsprechen. Damit sich dieser allgemeine Leitgedanke auf den Einzelfall, die einzelne Abgabe, anwenden läßt, bedarf es jedoch noch der Ableitung von Unterprinzipien und Regeln, welche die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit einer nichtsteuerlichen Abgabe im Steuerstaat unmittelbar bestimmen können. 3 0 7 Es versteht sich von selbst, daß dieses Unterfangen in der vorliegenden Arbeit nicht abschließend geleistet werden kann. Sollte sich in der Abgabenpraxis zeigen, daß das Steuerstaatsprinzip aufgrund einer entsprechenden Schutzlücke von Finanzverfassung und Steuervorrang in der Tat zu einer eigenständigen Schutzaussage zugunsten der Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes ausgebaut werden muß, so wären Rechtsprechung und Lehre aufgerufen, dem Prinzip vom Steuerstaat praktisch brauchbare Konturen zu verleihen. Hier dagegen kann zunächst lediglich herausgearbeitet werden, welche grundlegenden Implikationen und Wertungen einem Steuerstaatsprinzip überhaupt zueigen sein könnten außer der Feststellung, daß sich der inn

Ι Λ Λ

Steuerstaat „im wesentlichen", „in erster Linie" oder „grundsätzl i c h " 3 1 0 durch Steuern zu finanzieren habe. Denn die hiermit verbundenen Hinweise auf eine überwiegende Steuerfinanzierung des gesamten Staatshaushalts helfen als reine Proportionsbegriffe nicht weiter. Sie entbehren materieller Kriterien, welche aufzeigen könnten, welche konkreten Eigenschaften eine außersteuerliche Abgabe mit dem Steuerstaatsprinzip unvereinbar machen oder aber sie als steuerstaatsneutral gelten lassen. Als Konkretisierungen im Sinne einer Hilfestellung zur Entscheidungsfindung sind sie somit unbrauchbar. Auf der Suche nach geeigneten Konkretisierungsansätzen bieten sich nun grundsätzlich zwei Möglichkeiten an: Wie soeben angedeutet, könnte man sich zur Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips auf der einen Seite materieller Kriterien bedienen. Zu ermitteln wären dann Abgabeeigenschaften, bei deren Vorliegen Einnahmen außerhalb der Finanzverfassung ausnahmsweise als unproblematisch gelten könnten. Alternativ bietet es sich dagegen an, auf materielle Kriterien zu verzichten und statt dessen formellverfahrensmäßige Bindungen des Gesetzgebers ins Auge zu fassen. In diesem Fall wären nicht die besonderen Eigenschaften und Strukturmerkmale einer steuerstaatskonformen Abgabe Konkretisierungsgegenstand, sondern das Ent307

Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 474. 308 y 0 g e i $ D e r Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, § 27, S. 1151 (1173), Rdn. 51. 309 BVerfGE 93, 319 (342). 3,0 BVerfGE 78, 249 (266f.).

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

scheidungsverfahren des zur Normierung von Abgabepflichten berufenen Gesetzgebers. Wendet man den Blick nunmehr zunächst auf Möglichkeiten einer materiellen Konkretisierung, so scheinen die Grenzen dieses Ansatzes indessen schnell erreicht. Zunächst lassen sich materielle Kriterien zur Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips überhaupt nur schwer ausmachen. Grundsätzlich böte es sich zwar an, als Ausnahmen von der steuerlichen Staatsfinanzierung nur klassische Vorzugslasten nach dem Vorbild herkömmlicher Benutzungs- und Verwaltungsgebühren anzuerkennen, um auf diese Weise neuartige Gebührenphänomene als steuerstaatswidrig auszugrenzen. Mit der Traditionalität des gebührenpflichtigen Leistungsgegenstandes läge dann aber letztlich ein sehr unscharfes und sachfremdes Ausgrenzungskriterium vor, dessen Unbrauchbarkeit selbst durch Heranziehen abgabenspezifischer Sachargumente nicht getarnt werden könnte. Im Gebührenrecht etwa äußert sich ein derartiges Ausgrenzungsverfahren nach Ansicht von Hendler dadurch, daß an die Erfüllung gebührenbegrifflicher Merkmale gerade im Bereich von Umweltabgaben inzwischen nahezu prohibitive Anforderungen gestellt würden, welche selbst bei den klassischen Gebührenvorbildern in dieser Reinform nicht verwirklicht seien. 311 Diese Anmerkung trifft insoweit den richtigen Kern, als bei einer Begrenzung des Gebührenregimes kraft Tradition letztlich nur noch klassische Vorzugslasten als steuerstaatskonform gelten könnten. Neuartige Gebühren hingegen hätten - obgleich unter Umständen nicht minder formgetreu umsetzbar - tendenziell als steuerstaatswidrig zu gelten, selbst wenn sie sich in ihren tatbestandlichen Struktureigenschaften gar nicht entscheidend von den herkömmlichen Gebühren unterschieden. Es ist schon zweifelhaft, ob die Reichweite des verfassungsrechtlich immerhin ausdrücklich gebilligten Abgabeinstitutes der Gebühr letztlich durch den Zeitfaktor bestimmt werden kann, indem der Steuerstaat ab Erreichen eines nicht mehr tolerierbaren Identitätsverlustes bestehende Gebühren, da herkömmlich, akzeptiert, neu hinzukommende Gebühren aber der Sache nach negiert, weil sie ihrem Charakter nach nicht mehr den in der Steuerstaatspraxis etablierten Gebührenarten entsprechen. Eine Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips anhand materieller Kriterien stünde jedoch vor allem in Widerspruch zu der Einsicht, daß die Finanzverfassung des Grundgesetzes keinen abschließenden Kanon zulässiger Abgabetypen enthält 3 1 2 und das Grundgesetz insbesondere auch keinen abschlie311 Vgl. Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), S. 577 (600ff.). 312 Aus der Rechtsprechung etwa BVerfGE 93, 319 (342); 82, 159 (181); in diesem Sinne bereits BVerfGE 13, 167 (170). Aus dem Schrifttum: F. Kirchhof,\ Vom Steuerstaat zum Abgabenstaat, Die Verwaltung 1988, S. 137 (143); ders., Grundriß des Abgabenrechts, S. 6, Rdn. 8; Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 30f. m.w.N.; anderer Ansicht wohl noch Götz, Wirtschaftsverwaltungsrecht-

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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ßenden Gebührenbegriff kennt. 3 1 3 Aus diesem Grunde ist einer Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips mittels materieller Kriterien insgesamt mit großer Zurückhaltung zu begegnen. Erweisen sich materiell orientierte Konkretisierungsbemühungen somit als untauglich, so rückt unwillkürlich die bereits erwähnte Alternative einer formellverfahrensmäßigen Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips ins Blickfeld. In diesem Sinne ist konkretisierungsbedürftiger »Tatbestand' des Steuerstaatsprinzips dann nicht mehr das aus dem Bedrohungspotential nichtsteuerlicher Abgaben folgende Eigenschaftsprofil ausnahmefähiger Abgaben, sondern - dem Ursprung des Steuerstaatsprinzips in der Rechtswissenschaft entsprechend 314 - der Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber, den Steuerstaat möglichst umfassend zu verwirklichen. Es liegt auf der Hand, daß materielle Kriteren insoweit offenbar ohnehin nicht konkretisierungstauglich sind. Soweit nämlich der Gesetzgebungsauftrag zur Wahrung der Steuerstaatlichkeit in Rede steht, scheinen sich schon kraft Natur der Sache formelle, d.h. verfahrensmäßige Aspekte anzubieten. Insoweit stehen Bindungen des Gesetzgebers im Gesetzgebungsverfahren im Raum, welche diesen gerade in der Gesetzgebungspraxis auf die Einhaltung des Steuerstaatsprinzips verpflichten. Wie im folgenden zu zeigen sein wird, sind dem X. Abschnitt des Grundgesetzes Bindungen des Gesetzgebers durch formelle Vorgaben nicht fremd. Der in der finanzverfassungsrechtlichen Diskussion bekannteste Fall einer formellen Bindung des Gesetzgebers dürfte freilich die Darlegungslast des Haushaltsgesetzgebers bei einer Neuverschuldung des Staatshaushalts in einem Volumen über den Ausgaben für geplante Investitionen sein. Die hierzu entwickelte Dogmatik ist auf die vorliegende Situation einer Bindung des Gesetzgebers an das Steuerstaatsprinzip übertragbar.

(2) Die Substantiierungslast des Haushaltsgesetzgebers gemäß § 18 Abs. 1 BHO als Vorbild für eine Bindung des Abgabengesetzgebers Nimmt der Haushaltsgesetzgeber die Befugnis zur Kreditaufnahme gemäß Art. 115 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GG in Anspruch, so trifft ihn im liehe Ausgleichsabgaben, AÖR 85 (1960), 200 (202), diese Abgaben als „Geldzahlungspflichten nicht-abgabenrechtlicher Natur" bezeichnend. Auch neuerdings werden wieder Stimmen laut, die mit Blick auf die notwendige Begrenzung des abgabenrechtlichen Wildwuches die Aufnahme eines abgabenrechtlichen numerus clauses in die Finanzverfassung geradezu anregen; so F. Kirchhof Grundsätze der Finanzverfassung des vereinten Deutschlands, VVDStRL 52 (1993), 71 (97). 3,3 So ausdrücklich BVerfGE 93, 319 (345). 314 Siehe dazu oben unter Gliederungspunkt C I I 3 b).

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Anschluß an eine Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts zum Haushaltsgesetz 1981 eine im Gesetzgebungsverfahren zu beachtende Darlegungslast für die Erfüllung der Voraussetzungen dieser Vorschrift. 315 In diesem Sinne hat der Gesetzgeber darzutun, daß, wie und warum er von der Ausnahmebefugnis des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GG Gebrauch macht. Er muß plausibel machen, daß hinsichtlich des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ein Störungsfall eingetreten ist, die Krediteinnahmen dazu dienen sollen, das gestörte Gleichgewicht der Gesamtwirtschaft wiederherzustellen, und daß die Überschreitung der Regelgrenze den Rationalitätskriterien der Verfassung entspricht. 316 Diese Darlegung muß ex ante erfolgen, der Haushaltsgesetzgeber kann also nicht darauf bauen, daß das zur Entscheidung berufene Bundesverfassungsgericht sein ursprüngliches Kalkül in einem späteren Konfliktfall ex post mit kreditpolitischen Rechtfertigungsgründen versieht. 317 Nachdem der Bundesgesetzgeber den Gesetzgebungsauftrag des Verfassungsgerichts 318 inzwischen erfüllt hat, sind die Anforderungen an die Darlegungspflicht nunmehr in § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BHO niedergelegt. Genügt der Haushaltsgesetzgeber seiner Darlegungslast nicht, ist die Kreditermächtigung schon aus formellem Grunde verfassungswidrig, selbst wenn sie inhaltlich den Anforderungen des Art. 115 Abs. 1 S. 2 GG entsprechen mag. Ein formeller Verfassungsverstoß ist auch gegeben, wenn der Gesetzgeber eine Darlegung überhaupt unterläßt. 319 Daraus wird ersichtlich, warum das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Darlegungslast lediglich von einer Obliegenheit, nicht jedoch von einer Darlegungspflicht spricht. 3 2 0 Von einer Darlegungs#/7/c/tf des Haushaltsgesetzgebers hatte zunächst Birk gesprochen und gefordert, es müßten sich aus dem Inhalt des Haushaltsplans sowie den Materialien der Haushaltsberatungen jene Gründe ergeben, warum gerade das Mittel einer überhöhten Kreditaufnahme geeignet, 315 Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18.04.1989, 2 BvF 1/82, im Verfahren über die Vereinbarkeit des Haushaltsgesetzes 1981 mit dem Grundgesetz, BVerfGE 79, 311, 5. Leitsatz. 3.6 Isensee, Schuldenbarriere für Legislative und Exekutive, in: Wendt/Höfling/ Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 705 (716 f.). 3.7 Vgl. Isensee, Schuldenbarriere für Legislative und Exekutive, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 705 (717 f.). 3.8 Siehe BVerfGE 79, 311 (352ff.). 319 Isensee, Schuldenbarriere für Legislative und Exekutive, in: Wendt/Höfling/ Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 705 (717 f.). 320 BVerfGE 79, 311 (344).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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erforderlich und angemessen sei, um eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abzuwehren. Entsprechende Umstände darzulegen, sei Sache der an der Haushaltsgesetzgebung Beteiligten. 321 Das Bundesverfassungsgericht ist dieser Ableitung der parlamentarischen Darlegungslast aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip jedoch mit dem Hinweis entgegengetreten, die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die Situation des Art. 115 GG würde die Befugnis des Haushaltsgesetzgebers auf die Ermessensausübung einer Verwaltungsbehörde reduzieren. 322 Aus diesem Grunde hat das Gericht für die Herleitung der Darlegungslast einen anderen Weg gewählt. Obgleich nicht unumstritten, 323 läßt sich der Begründungsansatz des Gerichts zum Nachweis einer Bindung des Haushaltsgesetzgebers durch eine formelle Darlegungslast auf den dem Steuerstaatsprinzip verpflichteten Abgabengesetzgeber übertragen. Dies gilt sowohl für Sinn und Zweck der Substantiierungslast als auch für ihre dogmatische Herleitung. Wie nachfolgend zu zeigen ist, kann die Darlegungslast des Hauhaltsgesetzgebers im Rahmen von Art. 115 GG hiernach durchaus eine Perspektive zur Konkretisierung des als Gesetzgebungsauftrag verstandenen Steuerstaatsprinzips durch formellverfahrensmäßige Kriterien darstellen. (a) Sinn und Zweck der Darlegungslast Das Bundesverfassungsgericht hat Sinn und Zweck der Darlegungslast in einer formellen Bindung des Haushaltsgesetzgebers im Gesetzgebungsverfahren gesehen. Die Substantiierungslast trage dazu bei, die Inanspruchnahme der Ausnahmebefugnis zu erhöhter Kreditaufnahme auf Ausnahmefälle zu beschränken und so deren Ausnahmecharakter zu sichern. 324 Bemerkenswerterweise hat das Gericht in diesem Zusammenhang betont, daß die Darlegungslast als formellverfahrensmäßige Anforderung an den Gesetzgeber „ein Stück weit" einen Ausgleich für die notwendigerweise bestehende Unbestimmtheit eines materiellen Maßstabs darstellt. 325 Der Ausgangsbefund einer nur begrenzt operationablen Entscheidungssituation trifft nun auch für den dem Steuerstaatsprinzip verpflichteten Abgabengesetzgeber zu. Die Aussage, Einnahmen außerhalb der Finanzver321

Birk, Die finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben und Begrenzungen der Staatsverschuldung, DVB1. 1984, 745 (748 f.). 322 BVerfGE 79, 311 (342). 323 Kritisch zur Annahme einer Darlegungslast etwa Höfling, Bundesverfassungsgerichtliche Direktiven für die Staatsschuldenpolitik, Der Staat 1990, S. 254 (267 f.) m.w.N., befürwortend dagegen Isensee, Schuldenbarriere für Legislative und Exekutive, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 705 (717). 324 BVerfGE 79, 311 (344). 325 BVerfGE 79, 311 (344 f.).

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fassung seien „nur ausnahmsweise" 326 zulässig, entzieht sich ebenso einer materiellen Konkretisierung wie die Feststellung, der Steuerstaat finanziere sich „im wesentlichen", 327 „in erster L i n i e " 3 2 8 oder „grundsätzlich" 329 durch Steuern. Diese Erkenntnisse mögen den Steuerstaat in typologisch zutreffender Weise charakterisieren, bieten aber keine Entscheidungshilfe. Eine überzeugende Auflösung des Spannungsverhältnisses, welches sich zwischen der Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes und seiner gleichzeitigen Duldung bestimmter Sachkompetenzabgaben auftut, wird sich, wie aufgezeigt, anhand materieller Kriterien auch kaum finden lassen. Umso mehr wird man sich daher zur Wahrung des Steuerstaatsprinzips auf formellverfahrensmäßige Bindungen des Gesetzgebers zubewegen müssen. Die „Vagheit materieller Vorgaben" 330 ist somit auch hier ausgleichsbedürftig, eine Darlegungslast des Abgabengesetzgebers von ihrem Sinn und Zweck her also auch hier angebracht.

(b) Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben als Abweichung von der steuerstaatlichen Normalität Das Bundesverfassungsgericht leitet die Darlegungslast des Haushaltsgesetzgebers des weiteren aus dem Ausnahmecharakter der Befugnis aus Art. 115 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GG ab. 3 3 1 So wie die Aufnahme eines Staatskredites eine „Abweichung von der finanzverfassungsrechtlichen Normalität" 3 3 2 darstellt, trifft dieses nach dem Steuerstaatsprinzip auch auf die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe zu. Nimmt der Haushaltsgesetzgeber einen Staatskredit auf, so durchbricht er die steuerstaatliche Regel, daß der Staat seinen Finanzbedarf grundsätzlich über die Steuer sättigt. Zugleich durchbricht er die sog. Regel vom substantiellen Haushaltsausgleich, wonach Staatsausgaben durch Steuereinnahmen derselben Haushaltsperiode gedeckt werden, Kosten und Nutzen der Staatstätigkeit also zeitidentisch sind. 3 3 3 Diese Synchronisierung von Einnahmen 326

BVerfGE 78, 249 (267). Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, § 27, S. 1151 (1173), Rdn. 51. 328 BVerfGE 93, 319 (342). 329 BVerfGE 78, 249 (266 f.). 330 Isensee, Schuldenbarriere für Legislative und Exekutive, in: Wendt/Höfling/ Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 705 (717). 331 BVerfGE 79, 311 (344). 332 Isensee, Schuldenbarriere für Legislative und Exekutive, in: Wendt/Höfling/ Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 705 (715). 327

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und Ausgaben bezeichnet Isensee als Prinzip und erkennt in ihm ein „Optimum", das tunlichst zu verwirklichen i s t . 3 3 4 Wie sich damit zeigt, weicht der Staat sowohl bei der Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe als auch bei der Erhebung eines Staatskredites von einem Prinzip ab. In beiden Fällen verläßt er die Vorstellung, welche sich die Verfassung von seinem Optimalverhalten gemacht hat. Wird nun aber dem Haushaltsgesetzgeber im Rahmen von Art. 115 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GG der Ausnahmecharakter seines Handelns deutlich gemacht, so spricht im Grundsatz nichts dagegen, auch den Abgabengesetzgeber vermittels einer entsprechenden Darlegungslast an die Einhaltung eines finanzverfassungsrechtlichen Optimums zu erinnern. Daß die Aufnahme eines Staatskredites in einem Volumen über den investiven Ausgaben infolge der belastenden Wirkung für spätere Haushalte qualifizierteren Tatbestandsvoraussetzungen unterliegt als die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe, kann die wertungsmäßige Gleichstellung beider Sachverhalte dagegen nicht erschüttern. In beiden Fällen löst sich der Gesetzgeber von einer verfassungsrechtlich verbindlichen Idealvorstellung. In beiden Fällen hat er sich demnach auch des Ausnahmecharakters seiner Maßnahme bewußt zu sein.

(c) Vereinbarkeit der Darlegungslast mit dem Regelungscharakter finanzverfassungsrechtlicher Normen Der dritte Begründungsansatz des Bundesverfassungsgerichts zur Herleitung der haushaltsrechtlichen Darlegungslast, die Publizitätspflicht des Haushaltsgesetzgebers, findet nun allerdings in den für das Steuerstaatsprinzip einschlägigen Bestimmungen der Art. 105 a bis 108 GG auf den ersten Blick keine unmittelbare Entsprechung. Dennoch ist der Begründungsansatz des Gerichts auch insoweit auf den Abgabengesetzgeber übertragbar. Zu Art. 115 GG hatte das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, daß die Obliegenheit des Gesetzgebers zur Darlegung der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GG ihre normative Grundlage in der Publizitätspflicht des Haushaltsgesetzgebers finde. Diese sei verfassungsrechtlich gewährleistet und mache die Kontroll- und Legitimationsfunktion von Haushaltsberatung und Haushaltsverabschiedung in der Verfassungswirklichkeit erst erfüllbar. 335 Betrachtet man insoweit die Bestim333 Ygi j s e n s e e y Schuldenbarriere für Legislative und Exekutive, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 705 (706 f.). 334 Isensee, Schuldenbarriere für Legislative und Exekutive, in: Wendt/Höfling/ Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 705 (707). 335 BVerfGE 79, 311 (344).

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

mungen der grundgesetzlichen Steuerverfassung genauer, so lassen sich in ihnen durchaus vergleichbare Bindungen des Abgabengesetzgebers erkennen. Diese ergeben sich zwar nicht aus positivrechtlicher Normierung, wohl aber aus dem Gesamtcharakter des in den Art. 105 bis 108 GG enthaltenen Regelungssystems: Insoweit ist zunächst in Erinnerung zu rufen, daß zu den grundlegenden Prinzipien der bundesstaatlichen Finanzverfassung nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung auch die Beachtung der parlamentarischen Budgetund Kontrollrechte gehört. 3 3 6 Wenn das Bundesverfassungsgericht dabei auf die Einhaltung der haushaltsrechtlichen Planungs-, Kontroll- und Rechenschaftsverfahren durch Vermeidung von. Einnahme- und Ausnahmekreisläufen außerhalb des Budgets hinweist, so zeigt sich deutlich, daß eine Trennung von Haushaltsverfassungs- und Steuerverfassungsrecht den aktuellen Problemlagen nicht gerecht werden könnte und in diesem Sinne von einem Gesamtregelungskomplex Finanzverfassung auszugehen ist. Schon insoweit bedeutet die Übertragung eines Rechtsgedankens, welcher der Publizitätspflicht des Haushaltsgesetzgebers zugrundeliegt, auf den Steuer- bzw. Abgabengesetzgeber keinen Systembruch. Überdies sind auch den finanzverfassungsrechtlichen Regelungen im engeren Sinne Aussagen in Richtung auf eine Wohlverhaltens- und Offenlegungsverpflichtung des Abgabengesetzgebers zueigen. So wie der Haushaltsentwurf vorzulegen ist, damit Organkompetenzen in Gestalt der parlamentarischen Budgetkontrolle durch Haushaltsberatung und Haushaltsverabschiedung erst wirksam wahrgenommen werden können, so hat der Abgabengesetzgeber schon im Vorfeld seiner Belastungsentscheidung eventuell betroffene Verbandskompetenzen anderer Gebietskörperschaften zu beachten. Bereits im Urteil zur Investitionshilfeabgabe hat das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, daß die Formenklarheit und Formenbindung der Finanzverfassung ein Stück Gemeinwohlverträglichkeit verwirkliche und nicht nur Schutzfunktion für den Bürger entfalte, sondern auch den politischen Prozeß entlaste, indem sie diesem einen festen Rahmen vorgebe, innerhalb dessen für Analogieschlüsse kein Raum sei. 3 3 7 In seinen Entscheidungen zum bundesstaatlichen Finanzausgleich hat das Gericht diesen Aspekt anschließend vertieft. Die Ordnungsfunktion der Finanzverfassung schließe es aus, sie - vergleichbar mit minder verbindlichen Regelungen („soft law") im Bereich des Völkerrechts - als Recht von minderer Geltungskraft anzusehen, das bis zur Willkürgrenze abweichenden Kompromissen und Handhabungen zugänglich sei. 3 3 8 Das Grundgesetz habe gerade in Bereichen, welche nicht nur das Verhältnis des Bürgers zum 336 337

Vgl. BVerfGE 82, 159 (178 f.); 91, 186 (201 f.); 92, 91 (113); 93, 319 (343). BVerfGE 67, 256 (288 f.).

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Staat, sondern das Verhältnis zwischen Bund und Ländern sowie der Länder untereinander betrifft, rechtliche Positionen, Verfahrensregeln und Handlungsrahmen festgelegt, die Verbindlichkeit beanspruchen. Durch sie erst erhielten die politische Kooperation sowie die Auseinandersetzung der Glieder des föderativen Staatsverbandes Regeln und Form. 3 3 9 Das Ziel eines leistungsfähigen Konfliktlösungssystems habe gerade auch der Finanzverfassungsreform 1969 zugrundegelegen. Weil die normativen Festlegungen der Finanzverfassung zum Teil nicht das Maß an Bestimmtheit aufwiesen, das für Regelungen im Staat-Bürger-Verhältnis charakteristisch ist, sondern unbestimmte Rechtsbegriffe enthielten und damit Beurteilungsspielräume schafften, seien staatliche Maßnahmen in diesem Bereich des Verfassungslebens grundsätzlich auch nur auf die Einhaltung des verbindlich gesetzten Rahmens überprüfbar. 340 Aufgrund einer planwidrigen Gesetzeslücke des positiven Finanzverfassungsrechts ist das Steuerstaatsprinzip als Gesetzgebungsauftrag nach hier vertretener Ansicht Teil dieses Rahmens. Als solcher bestimmt es den politischen und parlamentarischen Willensbildungsprozeß grundsätzlich mit. In diesem Sinne stellt das Steuerstaatsprinzip eine Leitlinie für die politische und parlamentarische Entscheidungskultur gerade dort dar, wo der jeweilige 338

Urteil des Zweiten Senats vom 24.06.1986, 2 BvF 1, 5, 6/83, 1/84 und 1,2/ 85, im Verfahren über die Vereinbarkeit der Bestimmungen des Zerlegungsgesetzes vom 25. Februar 1971 (BGBl. I S. 145) in der Fassung vom 8. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1331), und des Finanzausgleichsgesetzes vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1432) in der durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl. 1857) geregelten Fassung mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 107 Abs. 1 und Abs. 2 GG; vgl. BVerfGE 72, 330 (388). 339 BVerfGE 72, 330 (389). Ähnlich äußerte sich der Zweite Senat in seinem zweiten Finanzausgleichs-Urteil vom 27.05.1992 (2 BvF 1,2/88, 1/89, 1/90), bezog sich dabei aber mehr auf Stil und Procedere der Finanzausgleichs Verhandlungen, vgl. BVerfGE 86, 148 (211 f.). In der Sache ebenso nunmehr Vogel/Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104 a - 115, Rdn. 67 ff. Eine gewisse Disziplinierungswirkung entnimmt das Bundesverfassungsgericht der bundesstaatlichen Ordnung auch im Hinblick auf das vom Steuergesetzgeber zu beachtende Regelungsprogramm des Sachgesetzgebers. Der Steuergesetzgeber dürfe die vom Sachgesetzgeber getroffenen Entscheidungen nicht durch Lenkungsregelungen verfälschen, deren verhaltensbestimmende Wirkungen dem Regelungskonzept des Sachgesetzgebers zuwiderlaufen; vgl. BVerfG, Urteil vom 7.5.1998, 2 BvR 1991/95 und 2 BvR 2004/95, DÖV 1998, 642 (643, 645 ff.). Im Grundsatz zustimmend Bothe, Zulässigkeit landesrechtlicher Abfallabgaben, NJW 1998, 2333. 340 BVerfGE 72, 330 (390). Selmer unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen der „Geltungskraft" der Finanzverfassung und ihrer „Anwendungskraft". Die Anwendungskraft finanzverfassungsrechtlicher Normen sei infolge unbestimmter Rechtsbegriffe lediglich einer Vertretbarkeitskontrolle unterworfen, während die Geltungskraft dieser Normen unbeschränkt sei. Vgl. ders., Das BVerfG an der Schwelle des finanzwirtschaftlichen Einigungsprozesses - BVerfGE 86, 148, JuS 1995, 978 (979).

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Gesetzgeber durch Einführung einer nichtsteuerlichen Abgabe von seinem Gesetzgebungsauftrag abzuweichen droht, den Steuerstaat so weit wie möglich zu verwirklichen. Die hier vorgeschlagene Darlegungslast des Abgabengesetzgebers könnte insoweit einen ersten Richtpunkt zur Konkretisierung der dabei zu stellenden Verfahrensanforderungen darstellen. Wie wichtig eine Zügelung des parlamentarischen Entscheidungsprozesses auch im Abgabenrecht ist, zeigt seit jeher die Tatsache, daß das Bundesverfassungsgericht unter ungeteiltem Beifall des Schrifttums kaum eine Gelegenheit ausläßt, die fehlende Qualifikationskompetenz 341 des einfachen Gesetzgebers herauszustellen. 342 Eine disziplinierende Funktion hinsichtlich des parlamentarischen Willensbildungsprozesses hatte den finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen im übrigen auch der Verfassungsrichter Niebier in einem Sondervotum zum Urteil über die Ausbildungsplatzförderungsabgabe entnommen. So treffe den Bundesgesetzgeber, der die Einführung einer Sonderabgabe plane, die Pflicht, vor Erhebung dieser außersteuerlichen Abgabe zu überprüfen, ob durch sie oder durch ihr Hinzutreten zu anderen nichtsteuerlichen Abgaben eine Beeinträchtigung der wesentlichen Finanzinteressen der Länder gegeben sei. 3 4 3 Treffe dieses zu, so habe er in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Grundsatz der Bundestreue gegebenenfalls sogar von der Erhebung der zusätzlichen Sonderabgabe Abstand zu nehmen. 344 Auch 341

Im Schrifttum wird zuweilen auch von der fehlenden „Etikettierungskompetenz" des einfachen Gesetzgebers gesprochen; vgl. Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 103. Schon sprachlich suggeriert dieser Ausdruck eine gewisse Disziplinierungsbedürftigkeit der Gesetzgebungspraxis, welche Abgaben mit Blick auf bestimmte Aufkommenserwartungen und/oder finanzverfassungsrechtliche Problemlagen (Art. 105 Abs. 2 a GG) nicht selten wider besseres Wissen umzudeklarieren schien. 342 BVerfGE 7, 244 (252); 55, 274 (304f.); 57, 139 (166); 67, 256 (276), seither ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BVerfGE 92, 91 (114). Aus dem Schrifttum siehe etwa: Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 184; Arndt, Entwurf eines Bundesabfallabgabengesetzes und das Grundgesetz, Betriebsberater 1992, 1 (3); ders., Allgemeines Steuerrecht, 1988, S. 5 - Osterloh/Brodersen weisen im Zusammenhang mit dem fehlenden Qualifikationswahlrecht des einfachen Gesetzgebers im übrigen zu Recht darauf hin, daß es dem einfachen Gesetzgeber unbenommen ist, durch eine entsprechende Ausgestaltung des jeweiligen Abgabetatbestandes den verfassungsrechtlich maßgeblichen „materiellen Gehalt" selbst zu bestimmen (Tatbestandswahlrecht); -vgl. dies., Eine neue Steuer auf Getränkeverpackungen, JuS 1986, 53 (54), Fn. 10. In diesem Sinne auch Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 24 f.: Die mangelnde abgabenrechtliche Qualifikationskompetenz des einfachen Gesetzgebers bedeute letztlich nur den Ausschluß eines konstitutiven Deklarationsrechts, nicht aber eine „apriorische" Verengung der grundsätzlich ihm obliegenden „Aufgabenerfüllungsentscheidung". Anderer Ansicht insoweit Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 3. 343 BVerfGE 55, 274 (347) - Hervorhebung durch den Verfasser.

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die hiermit geforderte ex ante Abschätzung mittelbarer Fiskalwirkungen einer nichtsteuerlichen Abgabe beinhaltet letztlich eine Einflußnahme auf die parlamentarische Willensbildung des Abgabegesetzgebers und zeigt damit zugleich, daß die hier angestellten Überlegungen zur Darlegungslast des vom Steuerstaatsprinzip abweichenden Gesetzgebers dem Wesensgehalt der grundgesetzlichen Steuerverfassung durchaus nicht fremd sind. Im übrigen sind entsprechende Ansätze zur Disziplinierung des Gesetzgebungsverfahrens der Sache nach auch im Schrifttum zu finden. Salzwedel etwa hält sogar die Ableitung eines finanzverfassungsrechtlichen Gebotes für möglich, daß eine Abgabe, die nur als Steuer zu rechtfertigen ist, im Gesetzgebungsverfahren auch nur mit dieser Qualifikation und Bezeichnung solle durchgesetzt werden dürfen. Durch ein solches Gebot solle der Gesetzgeber gezwungen werden, den politischen Durchsetzungsschwierigkeiten gerade einer Erhebung von Steuern offen ins Auge zu sehen, sich aber einer politisch motivierten Fehlqualifizierung seiner Abgabe zu enthalten. 345 Insgesamt fügt sich die Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips durch Annahme einer Darlegungslast für den einfachen Gesetzgeber nach alledem relativ nahtlos in das Regelungsprogamm der bundesstaatlichen Steuerverfassung ein. Insoweit ist nochmals zu betonen, daß es nicht um die Frage geht, ob dem positiven Verfassungsrecht unmittelbar Aussagen in Richtung auf eine Darlegungslast des nichtsteuerlichen Abgabegesetzgebers entnommen werden können. Entscheidend war vielmehr der Nachweis, daß der Teleologie des einschlägigen Normenkomplexes eine gewisse Bindung des parlamentarischen Willensbildungsprozesses an das bündische Miteinander durchaus nicht fremd ist und sich die Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips durch eine Substantiierungslast des Gesetzgebers somit noch im Rahmen gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung bewegen würde. Die hier vorgeschlagene Darlegungslast stellt keinen normativen Fremdkörper dar, sondern baut ein in der Finanz- und Steuerverfassung angelegtes und vom Bundesverfassungsgericht bereits auch hervorgehobenes Motiv lediglich weiter aus. Fraglich ist daher schließlich, wie die Darlegungslast des einfachen Gesetzgebers inhaltlich ausgestaltet werden könnte bzw. müßte, um der finanzverfassungsrechtlichen Ausgangslage angemessen Rechnung zu tragen.

344

BVerfGE 55, 274 (347). Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 117; ähnlich Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 32. 345

12 Drömann

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

(3) Zu Inhalt und Umfang der Darlegungslast Welchen Inhalts und Umfangs die nach hier vertretener Ansicht zu fordernden Darlegungen des Gesetzgebers anläßlich der Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe zu sein haben, hängt nun - dem Rechtscharakter der Darlegungslast als Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips entsprechend wiederum entscheidend von den Direktiven dieses Prinzips ab. Es besteht somit Anlaß, sich die Aussagen des fortentwickelten Steuerstaatsprinzips noch einmal in Erinnerung zu rufen: Nach der hier entwickelten These enthält das Steuerstaatsprinzip im Gegensatz zum inhaltlich andersgelagerten Steuervorrang den Auftrag an den Gesetzgeber, den Steuerstaat im Rahmen der gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten in einem möglichst hohen Maße zu realisieren. 346 Den hiermit eröffneten Handlungsrahmen des Gesetzgebers bestimmen nicht nur die vom Steuervorrang geschützten Rechtsgüter, sondern auf der anderen Seite auch konfligierende Verfassungswerte, insonderheit die verfassungsrechtliche Duldung von Sachkompetenzabgaben sowie das Tatbestandswahlrecht des Gesetzgebers, im Rahmen der grundsätzlich ihm obliegenden Aufgabenerfüllungsentscheidung selbstverständlich auch auf diese Abgaben zugreifen zu können. 347 Richtet man verfahrensrechtliche oder sonstige Konkretisierungen des Steuerstaatsprinzips in dieser Konfliktlage einseitig am steuerstaatsmotivierten Ziel einer schlichten Zurückdrängung oder gar Negierung nichtsteuerlicher Abgaben aus, so geht damit zwangsläufig auch eine Verletzung des gesetzgeberischen Tatbestandswahlrechts einher. Diese Verdrängungswirkung würde sich zumal im Bereich schutzgutneutraler Sachkompetenzabgaben ergeben. Als Rechtsprinzip könnte das Steuerstaatsprinzip einen solchen Eingriff zwar rechtfertigen, 348 befriedigen könnte eine derartig einseitige Auflösung widerstreitender Interessen allerdings nicht. Den Erfordernissen praktischer Konkordanz entspricht vielmehr ein Weg, der den Gesetzgeber einerseits an die Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes bindet, ihm andererseits aber zu besonderen Zwecken auch die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben gestattet. Eine Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips durch formellverfahrensmäßige Anforderungen in Gestalt der Auferlegung einer Darlegungslast im Gesetzgebungsverfahren kann diese Zielpluralität erfüllen. Die Darlegungslast verpflichtet den Gesetzgeber, dem Steuerstaatsprinzip als Gestaltungsauftrag entsprechend, auf die strikte Einhaltung der Steuerstaatsidee. Entscheidet er sich im Einzelfall für eine nichtsteuerliche Abgabe, so hat er in 346 347 348

Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 475 m.w.N. Vgl. Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 24 f. Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 421.

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diesem Sinne darzulegen, warum eine steuerliche Anknüpfung nicht in Betracht kommt. Dadurch ist zum einen dem Steuerstaatsprinzip entsprochen, weil sich der Gesetzgeber vor dem Zugriff auf die nichtsteuerliche Belastungsalternative mit einer steuerlichen Anknüpfung ernsthaft auseinandergesetzt hat. Zum anderen bleibt das Tatbestandswahlrecht des Gesetzgebers gewahrt, zur Erfüllung seiner Aufgaben selbstverständlich auch Sachkompetenzabgaben einzuführen. Durch Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips in Gestalt der Darlegungslast läßt sich somit auch der Widerspruch auflösen, der im Schrifttum zu Bedeutung und normativer Reichweite eines Rechtsprinzips besteht: Für das Entscheidungsprocedere des einfachen Gesetzgebers ist das Steuerstaatsprinzip strikte Handlungsmaxime. Insoweit ist es Leitgedanke, 3 4 9 das Durchbrechungen nicht zugänglich ist, sondern stets auf die Verwirklichung des Optimums 3 5 0 ausgerichtet bleibt. An diese Dimension der Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes wird der Gesetzgeber durch die hier vorgeschlagene Darlegungslast erinnert. Sie läßt ihn im Falle der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben in der Erkenntnis handeln, daß er an sich eine Steuer zu erheben berufen ist. Im jeweiligen Entscheidungsergebnis jedoch bleibt der dem Steuerstaatsprinzip verpflichtete Gesetzgeber bei einer lediglich formellverfahrensmäßigen Konkretisierung dieses Prinzips weitgehend unbeeinflußt. Wollte man dem Steuerstaatsprinzip dagegen, etwa durch eine Konkretisierung anhand materieller Kriterien, unmittelbaren Einfluß auf das Entscheidungsergebnis des Gesetzgebers sichern, so bedeutete das angesichts der grundgesetzlichen Duldung von Sachkompetenzabgaben letztlich eine Rechtsfortbildung contra legem, für die weder ein Anlaß noch ein sachlicher Grund besteht. Kann der zwecksetzungskompetente Gesetzgeber seine konkreten Belastungsziele mittels einer Steuer somit nicht erreichen, bleibt ihm der Zugriff auf eine nichtsteuerliche Abgabe ohne weiteres erhalten. Nur insoweit ist das Steuerstaatsprinzip ein bloßer Regel-Ausnahme-Mechanismus 351 und für Durchbrechungen offen, 3 5 2 nicht aber hinsichtlich des zu beachtenden parlamentarischen Entscheidungsverhaltens. In diesem Sinne schließt es unter Wahrung des gesetzgeberischen Tatbestandswahlrechts den Zugriff auf außersteuerliche Abgaben nicht per se aus, sondern rationalisiert lediglich die dahinterstehende Zugriffsentscheidung. 349

So LarenZy Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 421. So Isensee, Schuldenbarriere für Legislative und Exekutive, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 705 (707). 351 So Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 160 f. m.w.N., 164. 352 So Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 154f. 350

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C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Insgesamt hat sich die Auferlegung einer Darlegungslast somit als durchaus geeignetes Mittel zur Lösung der bestehenden Konfliktlage erwiesen. Damit bleibt schließlich zu fragen, wie diese Darlegungslast im einzelnen aussehen kann. Die grundsätzliche Richtung gibt auch insoweit wiederum das Steuerstaatsprinzip selbst vor, welches die Unbedenklichkeit schutzgutneutraler Abgaben im Sinne des Steuervorrangs umkehrt in die widerlegliche Vermutung ihrer steuerstaatlichen Bedenklichkeit. Begreift man die Aussage des Steuerstaatsprinzips in diesem Sinne als eine - untechnische - Art der Beweislastumkehr, so hat der Gesetzgeber wegen der Beschränkung des Steuerstaatsprinzips auf eine formellverfahrensmäßige Aussage lediglich darzulegen, daß er sich seiner Verpflichtung zur Verwirklichung des Steuerstaates bewußt ist, Erhebungszweck und Belastungskonzept seiner Abgabe aber nur durch den Zugriff auf eine nichtsteuerliche Abgabe umgesetzt werden können. Insoweit muß er einen Sachgrund benennen, wobei es im günstigsten Fall etwa mit dem Hinweis auf eine abschöpfungsfähige Staatsleistung im gebührenrechtlichen Sinne sein Bewenden haben mag. Da der Einsatz von Steuern zur Finanzierung und/oder Lenkung verfassungsrechtlicher Normalfall ist, muß der Gesetzgeber bei Vorliegen eines Leistungsfähigkeit signalisierenden Sachverhalts jedoch darüber hinaus dartun, warum er sich dennoch nicht der Steuererhebung als der Regelform bedienen will, sondern unter Anknüpfung auf einen alternativen Belastungsgrund (bspw. die Abschöpfung) eine nichtsteuerliche Abgabe meint regeln zu können. In der Sache entspricht die Substantiierungslast damit einer vorweggenommenen Rechtfertigung einer nichtsteuerlichen Abgabe vor dem Steuerstaat. Welche Darlegungsanforderungen im einzelnen bestehen, hängt letztlich von Idee und Funktion der außersteuerlichen Abgabe ab. Könnte der Gesetzgeber also seine Abgabe beispielsweise sowohl als Steuer als auch als Vorzugslast ausgestalten, entscheidet er sich aber durch Auswahl und Ausgestaltung des gesetzlichen Abgabetatbestandes letztlich für eine Vorzugslast, so hat er darzulegen, warum er gerade in seinem Fall eine nichtsteuerliche Abgabe glaubt erheben zu können. Daß es in der Tat Abgaben auf der Schnittstelle zwischen Steuer und nichtsteuerlicher Abgabe gibt, zeigt sich insbesondere am Beispiel der Verleihungsgebühr. Pietzcker sieht im Belastungskonzept dieser Abgabe die Vorwegnahme einer steuerlichen Belastung auf gebührenrechtlichem Wege. Die Verleihungsgebühr schöpfe den vermuteten wirtschaftlichen Vorteil aus der Rechtseinräumung ab, welcher nach seiner Realisierung als tatsächlicher Vorteil ebenso Gegenstand des steuerlichen Zugriffs sein könne. 3 5 3 Letztlich folgt die hiermit angesprochene Beliebigkeit der tatbestandlichen Anknüpfung aus dem Tatbestandswahlrecht des Gesetzgebers. Dieser legt selbst fest, welcher tatbe353 Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (778).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

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standliche Belastungsgrund für die Erschließung einer Finanzquelle zugrundegelegt wird, ob er die Abgabelast also bspw. „voraussetzungslos' 4 an die Ausschöpfung einer Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit knüpft oder aber - verbunden mit dem Zugeständnis einer gruppennützigen Verwendung des Abgabeaufkommens - auf die Verantwortung einer Gruppe für eine besondere Sachaufgabe abstellt. Wie eng die möglichen Anknüpfungs- und Belastungsgründe im Einzelfall beieinander liegen können, zeigte sich eindrucksvoll bereits an dem vieldiskutierten Beispiel der Schankerlaubnissteuer. 354 Das Bundesverfassungsgericht jedenfalls hat das Belastungskonzept dieser Abgabe am Ende seines Schankerlaubnisbeschlusses in die Nähe von Gegenleistungsabgaben gestellt, indem es auf die besondere Affinität des Gaststättengewerbes zur Verwirklichung polizeilicher Gefahren und die besondere Überwachungsbedürftigkeit des Gewerbes einging. 3 5 5 Um zu verhindern, daß der Gesetzgeber sich auf der Schnittstelle zwischen steuerlicher und außersteuerlicher Belastung ohne Sachgrund auf sein Tatbestandswahlrecht beruft und sich dadurch über die ihm aus dem Steuerstaatsprinzip obliegenden Bindungen hinwegsetzt, kann eine entsprechende Darlegungslast wertvolle Dienste leisten. Gerade die spätere Diskussion der Verleihungsgebühr als Internalisierungsabgabe wird die Nähe steuerlicher und nichtsteuerlicher Belastung aufzeigen und im Zusammenhang mit dem Tatbestandswahlrecht des Gesetzgebers das Bedürfnis nach einer Willkürbegrenzung offenbaren. Denn bei der internalisierenden Abgabe spricht auf den ersten Blick nichts für die Erhebung einer Gebühr, außer daß diese Abgabeform sich zur Internalisierung externer Kosten eignet und sich in diesem Sinne als zwecktauglich anbietet. Als Internalisierungsinstrument taugt die Steuer aber a priori ebensogut, während sich im Bereich regulierungsannexer Verleihungsabgaben ein anderes Bild ergeben mag. Ob aus der Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips in Form einer Substantiierungslast sogar der Verzicht des Gesetzgebers auf eine nichtsteuerliche Belastungsalternative in Zweifelsfällen abgeleitet werden kann, bleibt indessen fraglich. Diese Frage stellt sich insoweit, als ein wirksamer Schutz des Steuerstaates in der Tat den Gedanken nahezulegen scheint, den Gesetzgeber im Falle einer Tatbestandskonkurrenz nicht nur auf die Darlegung von bestimmten Sachgründen, sondern bei Fehlen zwingender Sachgründe für eine nichtsteuerliche Belastung zugleich auch auf die Verwirklichung der steuerlichen Belastungsvariante zu verpflichten. In diesem Sinne hätte der Gesetzgeber eine bestimmte Belastungsvorstellung zunächst stets auf ihre steuerliche Umsetzbarkeit zu überprüfen, um bei Bejahung dieser 354 355

Siehe hierzu im einzelnen Gliederungspunkt Β I I 1. Vgl. BVerfGE 13, 181 (203 f.).

12

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Option jede nichtsteuerliche Belastungsalternative auszuscheiden. Im Falle der abgabenrechtlichen Belastung von Vorteilen aus Rechtsgewährungen etwa könnte der Gesetzgeber dann beispielsweise gehalten sein, statt auf die Zuwendung lediglich vermuteter Vorteile als Staatsleistung auf die Realisierung von wirtschaftlichen Vorteilen durch den Abgabeschuldner als Belastungsgrund abzustellen und in diesem Sinne dann den laufenden Vermögenszuwachs zu besteuern. Den Ansatz einer formellverfahrensmäßigen Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips scheint ein solcher Verzicht jedoch zu sprengen. Denn der dem Steuerstaatsprinzip innewohnende Gesetzgebungsauftrag, den Steuerstaat so weit wie möglich zu verwirklichen, darf nicht verwechselt werden mit einer verfassungsrechtlich letztlich nicht belegbaren Zweifelsregelung zugunsten der Steuer. Die Annahme einer solchen Zweifelsregelung geriete bereits in Konflikt mit der Erkenntnis, daß auch der Steuertatbestand verfassungskräftig festgelegt ist und sich auf einen „dem Grunde nach steuerbaren Sachverhalt" zurückführen lassen muß, welcher Leistungs- und Zahlungsfähigkeit indiziert. 3 5 6 Sie kollidierte des weiteren mit dem grundsätzlich anerkennenswerten Wahlrecht des Gesetzgebers, sich zur Erfüllung von Sachaufgaben insbesondere auch schutzgutneutraler nichtsteuerlicher Abgaben zu bedienen. Ferner ließe sich das Vorliegen eines entsprechenden Zweifelsfalles wiederum nur anhand materieller Kriterien konkretisieren, welche sich ihrerseits jedoch als nur bedingt tauglich erwiesen haben. 357 Betont man die besondere Bedeutung des Steuerstaatsprinzips gerade für das Gesetzgebungsve rfahren, so erweisen sich materielle Konkretisierungskriterien zudem als sachfremd. Die Auslegung des Steuerstaatsprinzips im Sinne eines obligatorischen Verzichts auf zweckäquivalente Belastungsalternativen aus dem nichtsteuerlichen Bereich dürfte nicht zuletzt auch mit dem Gesamtcharakter der finanzverfassungsrechtlichen Regelungen in Widerspruch stehen. Gerade in materieller Hinsicht sind die Bestimmungen des X. Abschnitts häufig unbestimmt und lassen Beurteilungsspielräume zu, während sie in verfahrensmäßiger Hinsicht einen festen, indisponiblen Rahmen darstellen. 358 Dieser Regelungscharakter ginge verloren, wenn der Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers dem Mechanismus einer Zweifelsregelung zu weichen hätte. Die formellverfahrensmäßige Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips durch Übertragung der an sich für den Haushaltsgesetzgeber entwickelten Darlegungslast auf den Abgabengesetzgeber entspricht dagegen diesem Regelungsprogramm der Finanzverfassung. Sie gibt in Gestalt der Substantiierungslast zwar einen 356 357 358

Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 75 f. Siehe Gliederungspunkt C I I 3 c) cc) (1). Vgl. BVerfGE 72, 330 (390).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

1

festen Rahmen vor, läßt anläßlich der Erhebung außersteuerlicher Abgaben jedoch die Darlegung eines Sachgrundes genügen und verzichtet auf den Ersatz legislativer Entscheidungen durch die Vorgabe materieller Steuerstaatskonkretisierungen. Für weitergehende Ableitungen im Sinne vorgegebener Entscheidungsmuster bietet das Steuerstaatsprinzip nach hier vertretener Ansicht indessen keinen Raum. Demzufolge dürfte die Erfüllung der dem Gesetzgeber obliegenden Darlegungslast regelmäßig auch nur daraufhin überprüfbar sein, ob dieser einen einleuchtenden Sachgrund für die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe benannt hat oder aber jede Auseinandersetzung mit dem Steuerstaatsprinzip vermissen ließ. Zu einer parlamentarischen Pflichtübung routinemäßiger Hinweise etwa auf steuerlich nicht erfaßbare Vorteile oder Gegenleistungen muß die so verstandene Darlegungslast deswegen nicht verkommen. Wenn der Gesetzgeber einer weitestgehenden Verwirklichung des Steuerstaates verpflichtet ist, so muß er darlegen, daß ein nichtsteuerlicher Belastungsgrund in nachvollziehbarer und vertretbarer Form gegeben ist, sich insbesondere des Hinweises auf bloße Zurechnungsfiktionen enthalten, um beispielsweise eine Gebühr begründen zu können. Auch könnte man daran denken, vom Gesetzgeber die Darlegung von Geeignetheitserwägungen zu verlangen, warum er den mit der Abgabe zu erreichenden Gestaltungszweck mittels einer nichtsteuerlichen Abgabe eher fördern zu können glaubt als im Wege einer steuerlichen Belastung. Würde der Gesetzgeber etwa eine Abgabe auf den Ausstoß bestimmter Industrieschadstoffe in die Medien Wasser oder Luft als Vorzugslast ausgestalten wollen, so hätte er neben dem Vorliegen einer Gegenleistung im Rechtssinne darzutun, daß die Lenkungseffizienz einer Gegenleistungsabgabe erwartungsgemäß höher ist als die einer Steuer. Allein die Verpflichtung zu einer derart vergleichenden Analyse kann eine Disziplinierungswirkung freisetzen, die ohne eine formelle Darlegungslast nicht besteht. Ein Gesetzgeber, der sich ernsthaft mit der Nähe einer nichtsteuerlichen Abgabe zu einer unter Umständen ebenso zwecktauglichen Steuer auseinanderzusetzen verpflichtet ist, wird sich mit dem Zugriff auf die außersteuerliche Abgabe schwerer tun. Diese Disziplinierungswirkung der Darlegungslast könnte noch verstärkt werden, wenn der Gesetzgeber anläßlich einer gerichtlichen Überprüfung seiner Gesetzgebungskompetenz an seinen Darlegungen im Gesetzgebungsverfahren festgehalten würde, während das überprüfende Gericht selbst weitere Sachgründe nicht beiziehen und die Abgabe bei Fehlen jeglicher Darlegung überdies als formell verfassungswidrig beurteilen dürfte. 3 5 9 An welcher Stelle schließlich die 359

Das Bundesverfassungsgericht sprach in diesem Zusammenhang davon, daß der Haushaltsgesetzgeber sich seine eigene Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Lage im Falle der erhöhten Kreditaufnahme „als Grundlage seines Handelns zurechnen lassen muß"; vgl. BVerfGE 79, 311 (344).

1

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

Darlegung entsprechender Sachgründe im Gesetzgebungsverfahren zu erfolgen hat, sei es im Gesetz selbst oder in der Gesetzesbegründung, wäre hingegen eine reine Zweckmäßigkeitsfrage, die hier keiner abschließenden Erörterung bedarf. Eine über die Entscheidungsdisziplinierung hinausgehende Restriktionswirkung kann dem Steuerstaatsprinzip nach hier vertretener Ansicht jedoch nicht entnommen werden, es sei denn, man konkretisierte es unter Vernachlässigung widerstreitender Verfassungsaussagen durch bindende materielle Kriterien.

4. Zusammenfassung Um im Steuerstaat des Grundgesetzes als nichtsteuerliche Abgaben erhoben werden zu können, haben sich Sachkompetenzabgaben vor zwei unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäben zu bewähren. Diese sind der Steuervorrang und das Steuerstaatsprinzip. Der Steuervorrang umfaßt die Prüfung, ob eine nichtsteuerliche Abgabe mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung bzw. mit den sog. drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung vereinbar ist. Nach diesem Schutzprogramm streitet für Vorzugslasten die widerlegliche Vermutung ihrer finanzverfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit mit der Folge, daß ihnen im Vergleich zu Sonderabgaben und sonstigen außersteuerlichen Abgaben aus Sicht des Steuervorrangs ein Rechtfertigungsprivileg zuteil wird. Daß die Verfassung Vorzugslasten nur punktuell und beiläufig erwähnt, ist somit, anders als bei Sonderabgaben, nicht Ausdruck eines beredten Schweigens, 360 sondern entspringt dem grundsätzlichen Vertrauen der finanzverfassungsrechtlichen Schutzgüter in die Unbedenklichkeit von Vorzugslasten. In seiner instrumenteilen Bedeutung verkürzt sich der Steuervorrang somit zu der Aussage, daß der Funktionenvorbehalt der Steuer nur im Bereich der Gemeinlastfinanzierung gilt. Die Unbedenklichkeitsvermutung von Vorzugslasten besteht aus Sicht des Steuervorrangs nur bei deren formengetreuer Umsetzung. Je weiter eine Sachkompetenzabgabe von ihrem verfassungsrechtlichen Leitbild abweicht, desto stärker ist regelmäßig ihr Eingriff in die vom Steuervorrang geschützten Rechtsgüter und umso größer wird demzufolge auch ihre insoweit bestehende Rechtfertigungslast. Für die Anknüpfungsvarianten der Verleihungsgebühr folgt daraus, daß zunächst deren Abweichung vom verfassungsrechtlichen Leitbild der Gebühr festzustellen ist, bevor darauffolgend Überlegungen zu ihrer Rechtfertigung vor der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung angestellt werden können. 360 Zu dieser Wendung siehe Friauf\ Zur Zulässigkeit von aussersteuerlichen Sonderabgaben, Festschrift Haubrichs, S. 103 (108 f.).

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

15

Entscheidet die Formentreue einer als Vorzugslast verabschiedeten Abgabe somit über deren Rechtfertigungslast vor dem Steuervorrang, so kommt der gebührenbegrifflichen Abgrenzungsarbeit aus verfassungsrechtlicher Sicht nach wie vor zentrale Bedeutung zu. Die spezifische Lage des Verleihungskonzeptes im gebührenbegrifflichen Eigenschaftsraum wurde bisher jedoch noch nicht ausreichend geortet, zumal die Abgabe unter Berufung auf einen sog. streng formalen Gebührenbegriff in der wissenschaftlichen Diskussion zuletzt nur mit einem eher verblaßten Referenzmaßstab konfrontiert wurde, welcher insbesondere Fragen der individuellen Zurechenbarkeit vernachlässigt. 361 Ein materiell reduzierter Gebührenbegriff indessen taugt wenig als verfassungsrechtlicher Bezugspunkt für die Verortung der Verleihungsgebühr, sondern trägt Unschärfen sowohl in ihre Beurteilung nach dem Steuervorrang als auch in ihre Rechtfertigung vor dem Steuerstaatsprinzip. So wird die im nächsten Abschnitt erfolgende Analyse der Verleihungsgebühr auf gebührenbegrifflicher Ebene insbesondere offenbaren, daß das Verleihungskonzept, soweit es als Mittel zur Zwangsinternalisierung unteilbarer Leistungen eingesetzt wird, sich nicht mehr durchgehend mit dem verfassungsrechtlichen Ursprungskonzept der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen vereinbaren läßt. In entsprechenden Ausgestaltungen ruft die Abgabe daher kritische Zurückhaltung sowohl von Seiten des Steuervorrangs als auch aus Sicht des Steuerstaatsprinzips hervor. Das Steuerstaatsprinzip enthält eine vom Steuervorrang verschiedene Schutzaussage und bezieht diese nicht auf die Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung, sondern schützt den Steuerstaat selbst. Die Deutung des Steuerstaatsprinzips als Träger einer eigenständigen Schutzaussage ist notwendig aufgrund einer entsprechenden Schutzlücke des Steuervorrangs. Da sich nichtsteuerliche Abgaben bei formengetreuer Ausgestaltung gemessen an der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung als schutzgutneutral erweisen können, dürften sie nach dem Steuervorrang unbegrenzt erhoben werden, wenn nicht durch eine Schutzaussage zugunsten des Steuerstaates selbst ihr Anwendungsbereich begrenzt, zumindest ihre Ausweitung kontrolliert wird. Eine Kontrolle schutzgutneutraler Abgaben ist schon deshalb geboten, weil sich ihr Anwendungsbereich bei dynamischer Betrachtung tendenziell erweitert. Ursache hierfür ist vor allem die Ausweitung des Vorzugslastenregimes infolge technologischen Fortschritts, d. h. die Gewinnung zusätzlicher Möglichkeiten zur Erfassung individueller Leistungs- bzw. Verbrauchseinheiten (Ressourcennutzung) in Verbindung mit fortschreitenden Techniken zum Ausschluß von Nichtzahlern. Da sich die Verfassungswirklichkeit somit schrittweise von der verfassungsrechtlichen Ausgangsposition entfernt - der 361

Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 113 ff., 125 f.

16

C. Verfassungsrechtliche Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben

beiläufigen Duldung ausschließlich vorgefundener, insbesondere „klassischer" Vorzugslasten, muß sich die mit der Ausweitung des Vorzugslastenregimes einhergehende Erhöhung des Konfliktpotentials für das bündische Miteinander notgedrungen auch im Handlungsrahmen von Bund und Ländern abbilden. In diesem Sinne läßt sich das Steuerstaatsprinzip als Gesetzgebungsauftrag verstehen, den Steuerstaat in möglichst umfassender Weise zu verwirklichen. Das Steuerstaatsprinzip soll daran erinnern, daß nichtsteuerliche Abgaben, vom Grundgesetz nur mit Beiläufigkeit bedacht, auch in der Verfassungswirklichkeit nur die Ausnahme sein sollen. Mit dieser Bedeutung vom Prinzip des Steuerstaates korrespondiert die Aussage, daß der Steuerstaat des Grundgesetzes seine Gesamteinnahmen im wesentlichen durch Steuern zu erzielen hat. 3 6 2 Wo die Tatbestandsmäßigkeit schutzgutneutraler Abgaben deren Rechfertigung vor dem Steuervorrang indiziert, begründet das Steuerstaatsprinzip somit die widerlegliche Vermutung von deren steuerstaatlicher Bedenklichkeit. Gegenüber schutzgutneutralen Abgaben findet das so verstandene Steuerstaatsprinzip somit seinen eigentlichen Anwendungsbereich. Eine Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips erfolgt zweckmäßigerweise anhand von formellverfahrensmäßigen Bindungen des Gesetzgebers und unter Vernachlässigung von materiellen Kriterien, die sich insoweit als untauglich erweisen. Der Gesetzgeber, der eine nichtsteuerliche Abgabe einführt, muß die Vermutung von deren steuerstaatlicher Bedenklichkeit widerlegen und unterliegt insoweit einer formellen Darlegungslast. Sachlich stellt diese Darlegungslast eine vorverlegte Rechtfertigung nichtsteuerlicher Abgaben vor dem Steuerstaatsprinzip durch Angabe entsprechender Sachgründe im Gesetzgebungsverfahren dar. Eine formelle Substantiierungslast des Gesetzgebers ist der Finanzverfassung aus dem Haushaltsrecht bekannt und läßt sich von ihrem Sinn und Zweck auf den Abgabengesetzgeber übertragen. Sie kann abgeleitet werden aus dem konfliktregelnden Charakter der finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen, deren Gesamtregelungsprogramm ebenfalls eine disziplinierende Einflußnahme auf den politischen und parlamentarischen Willensbildungsprozeß zu entnehmen ist. Als formelle Obliegenheit des Abgabengesetzgebers gleicht sie zudem, ähnlich wie die Darlegungslast des Haushaltsgesetzgebers bei der Inanspruchnahme der Ausnahmebefugnis aus Art. 115 GG, die nur begrenzte Justitiabilität der grundgesetzlichen Steuerstaatlichkeit anhand materieller Kriterien aus. 362 Unzutreffend insoweit Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 120: Das Steuerstaatsprinzip behalte es der Steuer vor, Mittel für den allgemeinen Finanzbedarf zu gewinnen. In dieser - sinnentleerten - Fassung ist das Steuerstaatsprinzip weder von Vogel noch vom Bundesverfassungsgericht jemals verstanden worden.

II. Vorzugslasten im Steuerstaat

1

Die Bedeutung von Steuervorrang und Steuerstaatsprinzip sowie die maßgeblichen Beurteilungsebenen bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung nichtsteuerlicher Abgaben sind somit geklärt. Um die Idee von der Verleihungsgebühr in diesen Rahmen zu stellen, ist sie nach den zuvor entwikkelten Überlegungen nunmehr zunächst mit dem vom Grundgesetz verwendeten Gebührenbegriff zu konfrontieren.

D. Das Verleihungskonzept im Lichte des verfassungsrechtlichen Gebührenbegriffs Der Gebührenbegriff in Staatswissenschaft und Grundgesetz ist seit jeher schillernd. Schon frühzeitig wurde eine uneinheitliche Verwendung von Begrifflichkeiten bemängelt,1 und noch heute sorgt die Verwendung des Rechtsbegriffs Gebühr in heterogenen Sachbereichen für ein recht uneinheitliches Erscheinungsbild. 2 Die Frage nach ihrem Wesen oder ihrem konstitutiven Begriffskern führt demnach noch immer in Widersprüche/ Diese werden durch terminologische Uneinheitlichkeiten noch verstärkt und gestalten den Zugang zu diesem Abgabeinstitut insgesamt als schwierig. 4 Vor diesem Hintergrund ist es hilfreich, sich zunächst einen Überblick über die in Rechtsprechung und Schrifttum vorzufindenden Gebührenbegriffe bzw. Gebührenumschreibungen zu verschaffen.

L Gebührenbegriffe Sog. Gebührenbegriffe bestehen in zahlreicher Form. Ein Grund dafür mag darin gesehen werden, daß die Gebühr nicht nur ein verfassungsrechtlich abgrenzungsbedürftiges Rechtsinstitut ist, sondern überdies Instrumen1 Siehe bspw. die Zusammenstellung entsprechender Unmutsbekundungen bei Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 1: „zwielichtiger Begriff von chamäleonhaftem Charakter", „saloppe Namensgebung", „babylonische Sprachverwirrung". 2 In der Gesetzessprache werden Vergütungen privatrechtlich organisierter Berufszweige (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte) ebenso als „Gebühren" bezeichnet wie die im öffentlichen Recht verankerten Benutzungs- oder Verwaltungsgebühren nach den kommunalen Abgabengesetzen; vgl. z.B. § 1 Abs. 1 BRAGO sowie §§ 4, 5 Nds.KAG. Umfangreiche Nachweise zum Gebrauch des Gebührenbegriffs in der Gesetzessprache finden sich bei Wilke y Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 10 f., sowie F. Kirchhof Die Höhe der Gebühr, S. 13. 3 Vom „Wesen" der Gebühr ist häufig die Rede. Schon frühzeitig wurde jedoch darauf aufmerksam gemacht, daß von dem Wesen der Gebühr wegen ihrer Vielgestaltigkeit gerade nicht gesprochen werden könne; vgl. Ganter, Theorie und Politik staatlicher Gebühren, insbesondere der Verwaltungsgebühren, S. 212 f. Auch F. Kirchhof meint, daß sich die Wissenschaft auf ein angebliches Wesen der Gebühr nicht beziehen kann; vgl. ders., Der Baden-Württembergische „Wasserpfennig", N V w Z 1987, 1031 (1033 f.). 4 Noch immer instruktiv zu dem teilweise widersprüchlichen Sprachgebrauch des gebührenrechtlichen Schrifttums: Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 16ff., insbesondere S. 21 f.

I. Gebührenbegriffe

189

talcharakter hat und insoweit auch von ganz bestimmten Funktionsvorstellungen geprägt wird. Neben der Rechtswissenschaft hat bei der Beschreibung der Gebühr daher auch die Finanzwissenschaft zu Wort zu kommen, bevor anschließend nach den verfassungsrechtlichen Eckpunkten der Gebühr gefragt und damit der Referenzmaßstab für die finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Verleihungskonzeptes ermittelt werden kann.

1. Gebührenbegriffe in Rechtsprechung und Schrifttum Die zentrale Gebührendefinition innerhalb der Rechtswissenschaft geht auf eine vielbeachtete Entscheidung5 des Bundesverfassungsgerichts zurück. Im Anschluß an Wilke 6 hatte das Gericht Gebühren definiert als „ . . . öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlaß individuell zurechenbarer, öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken." 7 Das Schrifttum hatte eine klarstellende Entscheidung des Gerichts zum verfassungsrechtlichen Umfang der staatlichen Gebührengewalt zuvor als dringlich erachtet, 8 ist der verfassungsgerichtlichen Begriffsfassung sodann überwiegend gefolgt 9 und hat sie zuweilen sogar als vorgegeben und allgemeingültig betrachtet. 10 5

Beschluß des Zweiten Senats vom 06.02.1979, 2 BvL 5/76, im Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit von § 15 Abs. 4 S. 2 des nordrhein-westfälischen Gebührengesetzes vom 23.11.1971, BVerfGE 50, 217 ff. 6 Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 55 ff., 90ff. 7 BVerfGE 50, 217 (226), siehe auch die Anmerkung von Busch, DVB1. 1979, 774 ff. Ebenso das Bundesverwaltungsgericht, siehe etwa BVerwGE 95, 188 (200). Einen dezidierten Überblick über die Entwicklung des verfassungsgerichtlichen Gebührenbegriffs geben etwa Ubber, Der Beitrag als Institut der Finanzverfassung, S. 27 ff., sowie, auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts, Reinhard, Die Zulässigkeit der Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Erhebung kommunaler Benutzungsgebühren, S. 17 ff. 8 So Friauf\ Die Finanzverfassung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: Starck (Hrsg.), Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Bd. II, S. 300 (312). 9 Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (21), Fn. 97; ders., Umweltrecht, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 877, Rdn. 104; ders., Grundzüge des Allgemeinen Steuerrechts, S. 10; ders., Entwurf eines Bundesabfallabgabengesetzes und das Grundgesetz, BB 1992, 1 (3); Brandt, Artikel Gebühr, in HdUR, I. Band, Spalte 799, Donner/Fischer, Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/Magoulas/ Simon/Wolf (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Staat und Markt, S. 371; Friauf, Zur Zulässigkeit von Sonderabgaben, JA 1981, 261; Gawel, Gebührenrecht und betriebswirtschaftliche Grundsätze, VerwArch 86 (1995), 69, (71); Hofmann, Der badenwürttembergische Wasserpfennig, VB1BW 1988, 426; Hendler, Umweltabgaben und

190

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Z w e i f e l an der Allgemeingültigkeit des vorgenannten Gebührenbegriffs sind allerdings angebracht. Zuletzt sah sich das Bundesverfassungsgericht selbst zu dem H i n w e i s veranlaßt, daß die i m Beschluß v o m 06.02.1979 gewählte Umschreibung des Gebührbegriffs auf den zu entscheidenden Fall der Verwaltungsgebühr zugeschnitten war, nicht aber als abschließende verfassungsrechtliche

Definition

zu verstehen

sei.11

Teile

des

hatten sich zuvor schon ohnehin anderen Begriffsfassungen

Schrifttums zugewandt.

Diese wichen nicht nur sprachlich von der Begriffsvorstellung des Gerichts ab, sondern decken darüber hinaus auch Abweichungen i n der Sache auf. Deren auffälligste ist, daß zahlreiche Definitionsversuche auf den Zusatz

Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), 577 (602); ders., Zur rechtlichen Beurteilung von Umweltabgaben am Beispiel des „Wasserpfennigs", NUR 1989, 22 (24, 26); Henneke, Finanzierungsformen im Abgabenstaat, Jura 1990, 113; Heun, Die Sonderabgaben als verfassungsrechtlicher Abgabentypus, DVB1. 1990, 673 f.; Jachmann, Die Einführung einer Nahverkehrsabgabe durch Landesgesetz, N V w Z 1992, 932 (934, 936); Jarass, Verfassungsrechtliche Grenzen für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben, DÖV 1989, 1013 (1016); P. Kirchhof, Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen, S. 23; Köck, Der „Wasserpfennig" und das Abgabenrecht, UPR 1991, 7 (8); Krause, Die Nahverkehrsabgabe, S. 35; Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 198; v. Mutius/Lünenbürger, Öffentliche Abgaben für Wasserentnahmen kraft Landesrechts, DVB1. 1995, 1205; Osterloh, Zur Zulässigkeit von Sonderabgaben, JuS 1982, 421; Puwalla, Qualifikation von Abgaben, S. 46f.; Sachs-Siekmann, vor Art. 104 a GG, Rdn. 61; Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, S. 31; ders., Der verfassungsrechtliche Rang des gebührenrechtlichen Kostendeckungsprinzips, KStZ 1988, 1 (2); Sanden, Das Wassernutzungsentgelt der ehemaligen DDR, DStZ 1995, 192 (193, Fn. 11); Sander, Der „Wasserpfennig" - eine Abgabe mit oder ohne staatliche Gegenleistung?, DVB1. 1990, 18 (19); Selmer/Brodersen, Rechtliche Probleme der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren, S. 10 f.; Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 56f.; Schneider, Abgabenarten und deutsches Abgabensystem, VB1BW 1988, 161 (162); Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991, 1; Stober, Finanzierung der Wirtschaftsverwaltung durch Abgaben, JA 1988, 250 (253); Wilke, Gebühren, in: Püttner (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 6, S. 246 f. In der Sache ebenso: Franke, Umweltabgaben und Finanzverfassung, StuW 1994, 26 (33); Morgenthaler, Umweltabgaben im Steuerstaat, SächsVBl.1994, 97 (98 f.); Patzig, Steuern - Gebühren - Beiträge und „Sonderabgaben", DÖV 1981, 729 (734): Zahlungen „zur Erstattung der Kosten einzelner Leistungen"; Pietzcker, Abrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (777); Steiner, Umweltabgaben im Spannungsfeld von Politik, Wissenschaft und Verfassungsrecht, StVj 1992, 205 (213); Tipke/Kruse, AO - FGO, Bd. I, §§ 1 - 54 AO, Tz. 15 zu § 3; Trzaskalik, Der instrumentale Einsatz von Abgaben, StuW 1992, 135 (142). 10

So ausdrücklich Kloepfer/ F ollmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (580). 11 BVerfGE 93, 319 (345).

I. Gebührenbegriffe

191

der Kostendeckungsorientierung verzichten und schlicht meinen, die Gebühr entgelte eine individuell zurechenbare Staatsleistung,12 sei Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme der Verwaltung 13 oder aber auch Geldleistung zum Ausgleich für einen durch die öffentliche Hand vermittelten Vorteil. 14 Weiter heißt es, ihr Wesensmerkmal sei das Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit, 15 weshalb die Gebühr des weiteren als Verwaltungspreis 16 bzw. Entgelt 17 bezeichnet wird und als solches in die Nähe des 12

F. Kirchhof,\

Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554

(555). 13

So Kloepfer, Die lenkende Gebühr, AÖR 97 (1972), 232 (238); Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 15; Uffhausen, Die Benutzungsgebühr, S. 6 mit zahlreichen Nachweisen aus dem älteren Schrifttum; ähnlich Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 38; Wieland, t Die Konzessionsabgaben, S. 297; F. Kirchhof Die Höhe der Gebühr, S. 16. Kirchhof weist a. a. O. allerdings zu Recht darauf hin, daß die erforderliche Qualität der besonderen Inanspruchnahme nicht bis ins Letzte geklärt ist. 14 So Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 22, m.w.N aus der Rechtsprechung, allerdings im Anschluß von individuell zurechenbarer „Kostenverantwortlichkeit" sprechend; P. Kirchhof Verfassungsrechtliche Grenzen von Umweltabgaben, in: ders., (Hrsg.), Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, DStG 15 (1993), S. 3, (12); ders., Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 166, Rdn. 185; Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518, auf S. 521 f. auch zu älteren Gebührendefinitionen aus dem 19. Jhdt. von Rau (1864), Lorenz v. Stein (1885) und F. J. Neumann (1887). 15 Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 22; Pietzcker, Abrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (775). Gerade an diesem Merkmal wird die Vielsprachigkeit der Gebührendiskussion sichtbar: Ubber z.B. betrachtet das „Entgeltlichkeitsmerkmal" als inhaltsgleich mit dem „Gegenleistungsbegriff 4 ; vgl. ders., Der Beitrag als Institut der Finanzverfassung, S. 212. Pietzcker hingegen umschreibt die spezielle Entgeltlichkeit a.a.O. der Sache nach mit der individuellen Zurechenbarkeit von Leistungen. Rogosch wiederum spricht der speziellen Entgeltlichkeit in der heutigen Gebührendogmatik jede eigenständige Bedeutung ab und meint, daß dieses Prinzip vollständig im Äquivalenzprinzip aufgehe; vgl. ders., Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten, S. 87 ff. Weitere zum Teil widersprüchliche Auffassungen zur speziellen Entgeltlichkeit finden sich bei Reinhard, Die Zulässigkeit der Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Erhebung kommunaler Benutzungsgebühren, S. 122 f. 16 Leisner, Verwaltungspreis - Verwaltungssteuer, in Conrad/Jahrreiß et al. (Hrsg.), Gedächtnisschrift Peters, S. 730 (730f., 747); P. Kirchhof, Die Finanzierung des Leistungsstaates, Jura 1983, 505 (511); ders., Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 16 f. 17 So etwa Gösch, Juristische Beurteilung von Ökosteuern, StuW 1990, 201 (208); P. Kirchhof, Die Finanzierung des Leistungsstaates, Jura 1983, 505 (511); ders., Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 16f.; ders., Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1427); Krönes, Nahverkehrsabgabe - Ein Ausweg aus der

192

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

privatrechtlichen

Vertragsmodells 1 8

sowie

eines

(öffentlich-rechtlichen)

Synallagma gestellt w i r d . 1 9 Neben diesen Umschreibungsversuchen ist die wissenschaftliche Diskussion des weiteren reich an Ansätzen, welche über die Benennung v o n Definitionsbestandteilen hinausgehen und vor allem Aussagen zu Inhalt und Grenzen der einzelnen Gebührenmerkmale

abzuleiten versuchen.

Unter

diesen Ansätzen fand zuletzt etwa der sog. doppelgliedrige Gebührenbegriff von Vogel Beachtung, demzufolge Gebühren „ . . . einseitig auferlegte Abgaben (sind), die entweder an einen dem einzelnen als Folge des Verhaltens eines Hoheitsträgers

. . . zugeflossenen individuellen Vorteil oder an von

dem einzelnen i n d i v i d u e l l zu verantwortende

Kosten des Hoheitsträgers

anknüpfen und die diesen Vorteil ganz oder teilweise abschöpfen

bzw.

diese Kosten ganz oder teilweise ausgleichen s o l l e n . " 2 0 Dieserart Gebührenbegriffe, zu denen beispielsweise auch der sog. weite oder der sog. materielle

Gebührenbegriff gezählt werden könnten, dienen i n erster L i n i e nicht

einer phänomenologischen Umschreibung der Gebühr, sondern

erlangen

Finanzierungsproblematik im öffentlichen Nahverkehr?, ZögU 1991, 142 (143); Tip ke/Kruse y Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Band I, § § 1 - 5 4 AO, 79. Lfrg., § 3, Tz. 17; Birk, in: HHSp, § 3 AO, Rdn. 139; Wegmann, Naturschutzlasten und Transferverfassung, NuR 1988, 361 (362): Entgelt für einen „Transfer" des Staates gegenüber dem Bürger; Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 296, 304. 18 F. Kirchhof y Vom Steuerstaat zum Abgabenstaat, Die Verwaltung 1988, 137 (142); ähnlich KröneSy Nahverkehrsabgabe - Ein Ausweg aus der Finanzierungsproblematik im öffentlichen Nahverkehr?, ZögU 1991, 142 (143). 19 So Salzwedel y Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 15; Meßerschmidty Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 198; ders. Sonderabgaben und Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1987, 925 (932); Mußgnugy Der Bemessungsmaßstab der Förderabgabe auf Erdgas nach der Niedersächsischen Verordnung über Feldes- und Förderabgaben, Zeitschrift für Bergrecht 1993, 168 (173); ähnlich Selmer y Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 30; Henseler y Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 81; v. Mutius/Lünenbürger y Öffentliche Abgaben für Wasserentnahmen kraft Landesrechts, DVB1. 1995, 1205. 20 Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (536); ähnlich ders., Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, Heidelberg 1990, § 87, Rdn. 46, S. 33. In der Sache ähnlich F. Kirchhof y Vom Steuerstaat zum Abgabenstaat?, Die Verwaltung 1988, 137 (152); kritisch dagegen bspw. Birk, in: HHSp, § 3 AO, Rdn. 141, 144. Inhaltlich vereinbart Vogels doppelgliedriger Gebührenbegriff die klassischen Gebührentheorien zur Rechtfertigung der Gebühr, welche einerseits auf den Ausgleich einer besonderen „Kostenprovokation" (kostenbezogener Gebührenbegriff), andererseits auf die Vergeltung von gewährten besonderen Vorteilen (nutzenbezogener Gebührenbegriff) abgestellt hatten. Zu diesen Ansätzen der früheren Literatur siehe ausführlich Ganter, Theorie und Politik staatlicher Gebühren, insbesondere der Verwaltungsgebühren, S. 35 ff., sowie Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 42 ff.

I. Gebührenbegriffe

193

ihre eigentliche Bedeutung dort, wo es um die Abgrenzung der Reichweite einzelner Gebührenmerkmale, insbesondere gebührenfähiger Staatsleistungen geht. In diesem Sinne bilden diese Gebührenbegriffe lediglich eine bestimmte Betrachtungsperspektive ab, in der Gesetzessprache einen Allgemeinen Teil also, in dessen Lichte die einzelnen Gebührenmerkmale betrachtet und abgegrenzt werden, ohne daß die dahinter stehenden Gebührenbegriffe Verbindlichkeit beanspruchen, geschweige denn ein eigenes Gebührenrecht begründen könnten. Ob gebührenfähige Staatsleistungen eng oder weit, formal oder materiell abzugrenzen sind oder ob es genügt, daß sie sich auf einen von zwei alternativen Zurechnungsgründen stützen lassen, soll daher, soweit notwendig, an späterer Stelle erörtert werden. Hier genügt vorerst die Feststellung, daß ein einheitlicher Gebührenbegriff innerhalb der Rechtswissenschaft nicht besteht.

2. Finanzwissenschaftliches Gebührenverständnis Der finanzwissenschaftliche Gebührenbegriff war zunächst eng an den rechtswissenschaftlichen Gebührenbegriff angelehnt, hat sich im Zeitablauf jedoch zusehends vom rechtswissenschaftlichen Institutionendenken entfernt und die Gebühr vor allem in ihrer wirtschaftspolitischen Funktion und in ihrer Eigenschaft als pretiales Steuerungsinstrument zu erfassen versucht. 21 Unverkennbar schimmern Definitionsmerkmale des rechtswissenschaftlichen Gebührenbegriffs jedoch noch immer durch, wie man umgekehrt aber auch Einflußnahmen des finanzwissenschaftlichen Gebührenverständnisses auf den Rechtsbegriff der Gebühr feststellen kann. So gehören Gebühren aus finanzwissenschaftlicher Sicht neben Beiträgen und Erwerbseinkünften des Staates zu den sog. Entgeltabgaben. Diese beruhen auf dem (finanzwissenschaftlichen) Äquivalenzprinzip, weshalb ihnen wegen des ihnen innewohnenden Prinzips »Leistung und Gegenleistung4 eine gewisse Nähe zu marktlichen Zahlungen nachgesagt wird. 2 2 In diesem Sinne liegt der „klassischen" ökonomischen Definition, nach der Gebühren Gegenleistungen für die unmittelbare Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung sind, 23 die Vorstellung von einem marktanalogen Tauschvorgang zugrunde: Der öffentliche Anbieter produziert in einer öffentlichen Einrichtung Güter und (Dienst-) Leistungen, die einzeln veräußert und dem Ausschlußprinzip unterworfen werden können. Über eine Gebühr lastet er 21

Vgl. Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 7 f., der hier für den finanzwissenschaftlichen Gebührenbegriff sogar die „Eliminierung" aus der Rechtswissenschaft entlehnter Begriffsbestandteile fordert. 22 Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 103. 23 So Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 22. 13 Drömann

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

sodann dem Nachfrager den zurechenbaren Teil seiner Produktionskosten an bzw. schöpft unmittelbar den aus der Leistungsinanspruchnahme erwachsenden individuellen Nutzen ab. 2 4 In diesem äquivalenztheoretischen Sinne hat die Gebühr Preisfunktion und soll aus ökonomischer Sicht den Mitteleinsatz im öffentlichen Sektor an den individuellen Präferenzen orientieren sowie allokationseffizient steuern. 25 In den heutigen finanzwissenschaftlichen Gebührendefinitionen indessen kommt die Preisfunktion der Gebühr nur noch verdeckt zum Vorschein und offenbart damit zugleich den Wandel im funktionellen Verständnis von der Gebühr. Vor Jahren bereits hatten Hansmeyer/Fürst darauf hingewiesen, daß die Gebühr eine echte Preisfunktion in der Gebührenpraxis nur eingeschränkt übernehmen dürfe, da sie in aller Regel für Staatsleistungen gefordert werde, deren Leistungserstellung dem Marktprozeß entrückt und in mehr oder weniger starkem Maße der politischen Entscheidung des zur Daseinsvorsorge verpflichteten Staates vorbehalten sei. Die Gebührenhöhe bilde sich daher nicht aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, sondern richte sich maßgeblich nach dem politischen Ziel, das mit dem Angebot der jeweiligen öffentlichen Leistung verfolgt werden solle. 26 Dementsprechend wurde die Gebühr bis zuletzt auch vorwiegend als Abgabe definiert, die für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen zu entrichten ist und deren Höhe sich nach politischen Zielen unter Berücksichtigung der Nachfragestruktur richtet.27 Im modernen Gebührenbegriff der Finanzwissenschaft ist der klassische Entgeltcharakter der Gebühr mittlerweile kaum noch wiederzufinden. Dieser definiert die Gebühr nicht mehr als Preis oder Entgelt, sondern spricht neutral von einer Kaufkraftübertragung an den öffentlichen Sektor, deren Höhe und Struktur unter Berücksichtigung von erwünschten Verhaltensweisen, Verteilungsaspekten, Kosten und Nachfrageelastizitäten politisch festgelegt wird. 2 8 Ein solcher Gebührenbegriff offenbart zugleich auch den Wandel im funktionellen Verständnis von der Gebühr: Die Gebühr hat in der modernen Finanzwissenschaft nicht mehr die Aufgabe, öffentliche Leistungsangebote über monetäre Äquivalente an die individuellen Präferenzen anzupassen, sondern soll umgekehrt private Präferenzen bewußt an politische Prioritäten heranführen, d.h. die Nachfrage nach den betreffen24

Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 22; ebenso Gawel, Die kommunalen Gebühren, S. 102. 25 Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 22. 26 Hansmeyer/Fürst, Die Gebühren, S. 31. 27 Hansmeyer/Fürst, Die Gebühren, S. 34; Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 103; Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 23. 28 Gawel, Die Gebühren vor der ökologischen Herausforderung, KStZ 1996, 21 (22); ders., Die kommunalen Gebühren, S. 19.

I. Gebührenbegriffe

195

den Staatsleistungen abweichend von den erkennbaren Präferenzen erhöhen oder verringern. 29 Es versteht sich von selbst, daß ein sich wandelndes Verständnis von der finanzwissenschaftlichen Funktion der Gebühr über kurz oder lang auch zu Anfragen an das rechtswissenschaftliche Gebührenverständnis führt. Nicht zuletzt die Wasserentnahmeentgelte bezeugen, daß die Gesetzgebungspraxis sich auf der Suche nach einem geeigneten Belastungskonzept zur Lösung anstehender Gestaltungsfragen zunächst von den finanzwissenschaftlichen Funktionsvorstellungen leiten läßt. Die Frage nach der abgabenrechtlichen, d. h. institutionellen Realisierbarkeit einer bestimmten Belastungsvorstellung stellt sich außerhalb von Evidenzfällen insoweit nur nachrangig, trifft also naturgemäß auf vollendete Tatsachen, die dann anschließend zu bewältigen sind. Bereits die dogmengeschichtliche Betrachtung des Gebührenbegriffs 30 lehrt in diesem Zusammenhang, daß man stets vorsichtig sein sollte mit einer zu selbstverständlichen Einengung des Rechtsinstituts Gebühr auf die zu gegebener Zeit anerkannten Arten und Funktionen dieser Abgabe. Die in der Literatur zahlreich vertretenen Aufrisse der Gebührengeschichte vom Kameralismus bis zur Gegenwart zeigen, wie unterschiedlich die gebührenfähigen Tatbestände und Anknüpfungspunkte von den einzelnen Teilnehmern der wissenschaftlichen Diskussion seit jeher gefaßt und beschrieben worden sind. Nicht selten ist eine neue, herrschende Gebührenlehre von rein tatsächlichen Entwicklungen in der Staatswirklichkeit beeinflußt bzw. sogar ausgelöst worden. 31 Insofern ist auch heute Zurückhaltung geboten, wenn die zulässigen Anwendungsfelder der Gebühr anläßlich der Auseinandersetzung mit aktuellen Abgabebeispielen ausschließlich im Lichte eines herrschenden, zeitgenössischen Gebührenbegriffs gesehen werden, ein darüber hinaus gehender Anwendungsbereich jedoch schon vom Ansatz her ausgeschlossen wird. Gerade in einer Zeit, in welcher der Staat die 29

Gawel, Die kommunalen Gebühren, S. 105. Aufrisse zur historischen Entwicklung des Gebührenbegriffs und zur Herausbildung der Hauptbegründungsstränge, der Nutzentheorie bzw. dem Vorteilsprinzip (W. Jellinek, Neumann) einerseits, der Kostentheorie (O. Mayer, A. Wagner) andererseits sowie einer Vereinigungslehre finden sich in zahlreicher Form; siehe etwa Puwalla, Qualifikation von Abgaben, S. 42f.; Ubber, Der Beitrag als Institut der Finanzverfassung, S. 32ff.; Reinhard, Die Zulässigkeit der Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Erhebung kommunaler Benutzungsgebühren, S. 3 I f f . ; Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 42 ff. 31 Instruktiv insoweit Hansmeyer/Fürst, Die Gebühren, S. 9 ff. 32 Anlaß zu kritischer Erörterung gibt insoweit beispielsweise eine Äußerung von Salzwedel, nach dessen Ansicht der Begriff der Gebühr in der heutigen Gesetzessprache festgelegt ist und für wissenschaftliche Deutungen grundsätzlicher Art keinen Raum mehr läßt; vgl. ders., Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 52. Mit der Staatspraxis ist ein solches Vorverständnis von der Gebühr nur unter Einschränkungen vereinbar. 30

13*

196

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Gebühr zur Bewältigung von Knappheitsproblemen nicht mehr nur als Refinanzierungs-, sondern zusehends auch als Lenkungsinstrument einsetzt, zeigt sich der Einfluß tatsächlicher Umstände und Problemlösungsbedürfnisse auf die Gebührendogmatik erneut. Daß die Gebührenpraxis in diesem Sinne vorweg läuft und die Wissenschaft reale Abgabenphänome häufig erst ex post bewältigen kann, sollte daher auch das Grundverständnis für die nun folgende Auseinandersetzung mit der Verleihungsgebühr sein. In diesem Sinne gebietet auch die weitverbreitete Einsicht von der Zwekkoffenheit der Gebühr 33 eine in der Grundtendenz aufgeschlossene und unbefangene Beurteilung selbst unkonventioneller gebührenrechtlicher Phänomene. Den im einzelnen vertretenen Gebührenbegriffen kann daher jenseits unmittelbarer Verfassungsaussagen auch nur der Charakter eines Anhaltspunktes zukommen. Vor diesem Hintergrund wird man auch der Idee von einer Verleihungsgebühr nicht gerecht, wenn man sie schon vorweg als neue juristische Kreation 34 bzw. als abgabenrechtliches Fossil 35 qualifiziert. Daß der Staat sich heute wieder vermehrt darauf besinnt, an Rechtsverleihungen oder auch nur rein tatsächliche Vorrechtsstellungen die Pflicht zur Zahlung öffentlicher Abgaben in Form von Gebühren zu knüpfen, ist nach alledem zunächst einmal schlicht zur Kenntnis zu nehmen. 36 Jenseits festgefügter Gebührenbegriffe ist für die Anerkennung der Verleihungsgebühr sowie auch anderer nicht herkömmlicher Belastungskonzepte allein maßgeblich, inwieweit diese mit dem verfassungsrechtlichen Gebührentatbestand zu vereinbaren sind. 37 Die Aussagen der Verfassung zum Gebührentatbestand bilden somit den eigentlichen Prüfungsmaßstab und sind im folgenden zu beleuchten.

33 Selmer/Brodersen, Rechtliche Probleme der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren, S. 11; Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 59 („multifunktionales Instrument"); F. Kirchhof\ Die Höhe der Gebühr, S. 56, die Gebühr von Verfassungs wegen als „zweckneutral" bezeichnend. In diesem Sinne auch P. Kirchhof Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 169 f., Rdn. 190. 34 Hendler, Zur rechtlichen Beurteilung von Umweltabgaben am Beispiel des „Wasserpfennigs", NUR 1989, 22 (24). 35 Isensee, Die Ambivalenz des Eigentumsgrundrechts, in: Ossenbühl (Hrsg.), Eigentumsgarantie und Umweltschutz, S. 16f., Fn. 32. 36 Ähnlich Kloepfer/ Follmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (581). 37 Insoweit nur scheinbar abweichend BVerfGE 93, 319 (345), und zwar für die Verfassungsmäßigkeit einer Gebühr auf ihre Vereinbarkeit mit den Anforderungen der bundesstaatlichen Finanzverfassung abstellend. Wie jedoch gezeigt wurde, beurteilt das Gericht die verfahrensgegenständlichen Wasserentnahmeentgelte a.a.O. im Kern begriffsorientiert und prüft insbesondere das Vorliegen einer öffentlichen Leistung, d. h. den Gebührentatbestand. Siehe im einzelnen Gliederungspunkt C I 2.

I. Gebührenbegriffe

197

3. Verfassungsrechtliche Eckpunkte des Gebiihrenbegriffs Die verfassungsrechtlichen Aussagen zur Gebühr sind indessen spärlich. Das Verfassungsrecht nennt, so wird häufig geschrieben, die Gebühr nur beiläufig (Art.74 Nr. 22 GG, Art. 80 Abs. 2 GG), kennt einen kodifizierten Gebührentatbestand jedoch nicht. 3 8 Völlig aussagelos ist das Grundgesetz gegenüber der Gebühr auf der anderen Seite jedoch nicht. Geht man davon aus, daß qua Rezeption von § 1 RAO ein verfassungsrechtlicher Steuerbegriff existiert, 39 so liegt es in der Tat nahe anzunehmen, daß das Grundgesetz auch einen vorkonstitutio38

Zuletzt BVerfGE 93, 319 (345). Aus dem Schrifttum: F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 14; P. Kirchhof Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 169, Rdn. 190; Kloepfer, Die lenkende Gebühr, AÖR 97 (1972), 232 (239); Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 54f.; Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 25, mit dem klarstellenden Hinweis allerdings, daß das Fehlen eines ausdrücklichen Verfassungsbegriffs der Gebühr nicht dahin verstanden werden dürfe, die Verfassung habe die Gebühr überhaupt nicht ausgestaltet; Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 150 ff. Vogel geht davon aus, aus dem Funktionszusammenhang der Finanzverfassung ergebe sich ein ungeschriebener verfassungsrechtlicher Gebührenbegriff, der ebenso wie die Steuer zum ungeschriebenen Finanzrecht des Grundgesetzes gehöre; vgl. ders., Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (519ff.). Ähnlich ders., Das ungeschriebene Finanzrecht des Grundgesetzes, in: Selmer/v. Münch (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 265 ff. 39 Zum steuerlichen Rezeptionsargument siehe grundlegend BVerfGE 55, 274 (299), mit dem Zusatz freilich, daß der verfassungsrechtliche Steuerbegriff über ein Konzentrat einfach-gesetzlicher Normen hinausreiche. Der verfassungsrechtliche Steuerbegriff müsse darüber hinaus dem Funktionszusammenhang der bundesstaatlichen Finanzverfassung Rechnung tragen. Ebenso BVerfGE 67, 256 (282), zur Rezeption des Steuerbegriffs gem. § 1 RAO zuvor bereits BVerfGE 3, 407 (435); 4, 7 (13); 7, 244 (251); 29, 402 (408 f.); 36, 66 (70); 38, 61 (79 f.); 42, 223 (228); 49, 343 (353). Das Schrifttum ist dem gefolgt, \g\.Fischer-Menshausen, in: v. Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. III, Art. 105, Rdn. 2; Hofmann, Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Investitionshilfegesetz (InvHG), DVB1. 1986, 537 (539); Jakob, Sonderabgaben - Ein Fremdkörper im Steuerstaat?, in: Kirchhof/ Offerhaus/Schöberle (Hrsg.), Festschrift für Franz Klein, S. 663 (666), allerdings ein modifiziertes Rezeptionsargument vertretend; Kloepfer/Thull, Rechtsprobleme einer C02-Abgabe, DVB1. 1992, 195 (198); Osterloh/Brodersen, Eine neuer Steuer auf Getränkeverpackungen, JuS 1986, 53 (54); Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individual verkehr, S. 17 ff.; Selmer, Steuer und parafiskalische Sonderabgabe, GewArch 1981, 41; Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 51 f.; Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 39f.; Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, Heidelberg 1990, § 87, Rdn. 44, S. 31; ders., Das ungeschriebene Finanzrecht des Grundgesetzes, in: Selmer/v. Münch (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 265 (266); Vogel/Walter, Bonner Kommentar (Zweitbearbeitung), Art. 105, Rdn. 26 ff.

198

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

nellen Gebührenbegriff vorgefunden und übernommen h a b e . 4 0 Wenngleich der Geltungsanspruch eines indirekt rezipierten Gebührenbegriffs m i t guten Gründen i n Frage gestellt werden kann 4 1 liegt i n i h m doch zumindest ein Ausgangspunkt

für

die

weitere

Identifizierung

verfassungsrechtlicher

Gebührenmerkmale v o r . 4 2 Akzeptiert man das Rezeptionsargument i n diesem Sinne zumindest als verfassungsrechtliche Ausgangsposition, so kann der verfassungsrechtliche Kern des Gebührenbegriffs nun ohne weiteres abgeleitet werden. Überwiegend legt das Schrifttum den rezipierten Steuerbegriff zugrunde und gelangt i n Abgrenzung der Gebühr zur Steuer zu der Annahme, daß „verfassungsschwerer K e r n " der Gebühr ihre Gegenleistungsfunktion i s t . 4 3 A u f diese Weise erhält die Gebühr das verfassungsrechtliche

Tatbestandsmerkmal,

40 So Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 42ff.; Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 83 f.; Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 48 f.; Vogel/Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104a- 115, Rdn. 410. 41 Vogel betont etwa, daß sich der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff über das Rezeptionsargument nur unvollständig erschließen lasse. Sowohl Steuer als auch Gebühr ließen sich letztlich nur aus dem (finanz-)verfassungsrechtlichen Funktionszusammenhang erfassen, wobei verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten im Zweifelsfall höheres Gewicht beizumessen sei als einem vorgefundenen Abgabenbegriff; vgl. ders., Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (520f.). Ebenfalls einschränkend Kloepfer/ Foil· mann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (581) Fn. 68: Aus dem an § 1 RAO angelehnten Steuerbegriff sei lediglich zu entnehmen, daß Vorzugslasten in Abgrenzung zur Steuer nur als Gegenleistungen für eine besondere Leistung erhoben werden dürften. Eine Differenzierung zwischen den einzelnen nichtsteuerlichen Abgabenarten ergebe sich daraus nicht. Zunächst hatte sich Kloepfer gegen die Ableitung von Begriffsmerkmalen aus § 1 RAO gewandt und darauf hingewiesen, daß die Hilfestellung des Rezeptionsargumentes nicht darüber hinwegtäuschen dürfe, daß das Grundgesetz die Gebühr nur punktuell ausgestalte und daß auch die Anwendung allgemeiner verfassungsrechlicher Grundsätze auf die Gebührengewalt kein „Gebühren-Staatsrecht" mache. Weder der klassische Gebührenbegriff noch einzelne Gebührengrundsätze als solche seien unmittelbare Verfassungsinhalte. Das Festhalten an einem angeblich herkömmlichen Gebührenbegriff offenbare ein Denken einer „Verfassung nach Gesetz", nach welchem der unterverfassungsrechtliche Gebührenbegriff in das Grundgesetz hineingehoben werde, obgleich die Verfassung einen allgemeinverbindlichen Gebührenbegriff gerade nicht kenne; vgl. ders., Die lenkende Gebühr, AÖR 97 (1972), 232 (239 ff.). Die Gefahr einer Übertragung einfachgesetzlicher Merkmale auf die Verfassungsebene gehört seit jeher zu den Hauptproblemen des Gebührenrechts, vgl. dazu etwa Wieland, Die Konzessionsabgaben S. 260 f. 42 So im Ergebnis auch Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (521). 43 So etwa Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 55, 70, sowie die eingangs zu Gliederungspunkt C I 1 zitierte Literatur.

I. Gebührenbegriffe

199

Gegenleistung für eine besondere Leistung zu sein. 44 Ebenso möglich ist indessen, am Wortlaut des § 1 RAO selbst anzusetzen. Dann ist die Gebühr in ihrer verfassungsrechtlichen Ausgestaltung eine Abgabe „für eine besondere Inanspruchnahme der Verwaltung" und zugleich „Vorzugslast". 45 Um diesen sowohl durch den verfassungsgebenden als auch durch den verfassungsändernden Gesetzgeber übernommenen Begriffskern der Gebühr hat sich in Jahren der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dieser Abgabe eine Fülle begrifflicher Ausschmückungen und Konturierungsversuche entwickelt. Wilke hat bereits im Jahre 1973 einen umfassenden Überblick erarbeitet und dabei eine „gewisse Beliebigkeit oder gar Willkür" in der Formulierung einzelner Definitionsbestandteile festgestellt. 46 Wie bereits eingangs bei der Darstellung rechtswissenschaftlicher Gebührenbeschreibungen aufgezeigt, vermittelt sich ein einheitliches Bild bis heute nicht. Bei einigen der angebotenen Begriffsumschreibungen, etwa dem sog. Synallagma, dürfte sich zumindest bei ihrer formelhaften Verwendung im Sinne eines verfassungsrechtlich festgelegten Tatbestandsmerkmals überdies die Frage nach ihrer verfassungsrechtlichen Authentizität stellen. Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung soll die verfassungsrechtliche Charakteristik der Gebühr nunmehr anhand eines relativ einfachen Dreiklangs beschrieben werden, der nach Maßgabe des Rezeptionsargumentes als weitgehend gesichert angesehen werden kann. Danach handelt es sich bei einer Gebühr zunächst um eine Leistung des einzelnen an den Staat. Ferner gewährt der Staat dem einzelnen seinerseits eine Leistung. Und schließlich sind beide Leistungen nicht voneinander isoliert, sondern miteinander verknüpft. 47 Ob sich das Konzept der Verleihungsgebühr in diese Eckpunkte des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes einfügt, ist im folgenden zu untersuchen. 44

Auch die Rechtsprechung sieht die Gebühr durchgängig als Gegenleistung für eine individuell zurechenbare Leistung an, wählt dabei allerdings zum Teil unterschiedliche Formulierungen; vgl. etwa BVerfGE 49, 343 (352 f.): „konkreter Bezug"; 50, 217 (226): „individuell zurechenbar". 45 § 1 Abs. 1 RAO in der Fassung vom 13. Dezember 1919, RGBl. S. 1993, lautet: „Steuern sind im Sinne der Reichsabgabenordnung einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Zölle fallen darunter; nicht darunter fallen Gebühren für (eine) besondere Inanspruchnahme der Verwaltung und Beiträge (Vorzugslasten)." 46 Vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 16ff., 21. 47 Vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 19f.; Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 20; Reinhard, Die Zulässigkeit der Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Erhebung kommunaler Benutzungsgebühren, S. 18.

200

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

II. Zur Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes Wenn es nunmehr um die Konturierung der Verfassungsaussagen zur Gebühr geht, so hat sich der Blick im Zusammenhang mit der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit einer Verleihungsgebühr schwerpunktartig auf das Wesen von gebührenfähigen Staatsleistungen zu richten. Die Leistung des einzelnen an den Staat indessen braucht einer näheren Untersuchung insoweit nicht unterzogen zu werden, wird die Leistung des Bürgers doch generell in einer an sich unproblematischen Geldleistung erblickt, welche der Abgabeschuldner auch im Falle der Verleihungsgebühr zu erbringen hätte. Wie bereits die gegen die Verleihungsgebühr erhobenen Bedenken des Schrifttums gezeigt haben, 48 sind die verfassungsrechtlichen Zweifel an dieser Abgabe eher auf Verfassungsaussagen zum notwendigen Charakter der entgeltpflichtigen Leistung oder ihrer Verknüpfung mit der vom Abgabeschuldner zu erbringenden Gegenleistung zurückzuführen. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gebührenfähigkeit von Staatsleistungen sind daher nachfolgend im einzelnen nachzuzeichnen.

1. Die staatliche Leistung Aussagen zum Wesen der staatlichen Leistung sind zahlreich. Nicht immer handelt es sich dabei um Versuche, den verfassungsrechtlichen Kern der Gebühr systematisch zu beschreiben und abzugrenzen, um auf diese Weise zumindest den Kernbestand notwendiger Eigenschaften einer gebührenfähigen Staatsleistung zu erhellen. Vor allem auch Einzelaussagen, entstanden mit Blick auf ganz bestimmte Abgabephänomene oder Gebührentypen und ohne Anspruch auf ihre systematische Einordnung, prägen die Diskussion. Im Jahre 1987 hatte Puwalla diesen Diskussionsstand bereits dahingehend umschrieben, daß „eine Definition der Gegenleistung" nur von wenigen Autoren versucht worden sei, während die Literatur im übrigen das Vorliegen oder NichtVorliegen einer Gegenleistung ohne nähere Begründungen einfach „behaupte". 49 Zehn Jahre später scheint dieser Befund noch immer zuzutreffen, zumal die Diskussion um die verfassungsrechtlichen Eigenschaften gebührenfähiger Leistungen durch Wasserentnahmeentgelte und Umweltabgabendebatte erheblich an Nuancierungen gewonnen und den Kreis potentiell gebührenfähiger Leistungen mit der Einbeziehung der Umweltnutzung um einen entscheidenden Schritt erweitert hat. Insgesamt bieten Rechtsprechung und Literatur zu den verfassungsrechtlichen Merk48 49

Siehe dazu oben, Gliederungspunkt Β I 1 a). Puwalla, Qualifikation von Abgaben, S. 89.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

201

malen einer gebührenfähigen Staatsleistung daher auch heute demjenigen wenig, der einen wohldefinierten Kreis gebührenfähiger Leistungen mit je eigenen, subsumtionsfähigen Leistungsmerkmalen sucht und sich vor allem eine genaue Bestimmung jener Grenzlinie erhofft, jenseits derer von einer gebührenfähigen Leistung schlechthin nicht mehr gesprochen werden kann. 50 Die aktuelle Diskussion scheint sich in diesem Sinne eher noch weiter von der begrifflichen Bewältigung konstitutiver Leistungsmerkmale loszulösen, wie sich sowohl am Wasserpfennigbeschluß des Bundesverfassungsgerichts als auch am Aufkommen eines sog. streng formalen Gebührenbegriffs zeigt. Dieser enthält sich einer inhaltlichen Konturierung der Staatsleistung weitestgehend und stellt ausschließlich darauf ab, ob die Gebührenpflicht tatbestandlich durch eine staatliche Aktivität ausgelöst wird. 5 1 Diesen Zustand als Literaturversagen abzutun, wäre sicherlich ein vorschneller Schluß. Schon die Frage nach einem definierbaren Verfassungstatbestand »Gebühr4 könnte a priori ebensogut Ausdruck unsachgerechten Umgangs mit der Materie des verfassungsrechtlichen Gebührenrechts sein. Denn gerade die Offenheit des verfassungsrechtlichen Gebührenbegriffs für einen unbestimmten Kreis möglicher Leistungsinhalte, welcher sich nicht schon begrifflich auf bestimmte Leistungsarten reduzieren läßt, könnte durchaus eine Erkenntnis von eigenem Wert sein in einer Diskussion, in der die Rechtsverleihung nicht selten als schlechthin untauglicher Leistungsinhalt dargestellt wird. 5 2 In diesem Sinne wäre die beklagte Untätigkeit der Literatur, den Leistungsbegriff zu definieren und dadurch gewissermaßen abzuschließen, dann allerdings kein Ausdruck des Unvermögens, sondern Ausdruck eines wohlbegründeten Zugeständnisses an die sich wandelnde Funktion der Gebühr, verbunden mit der Einsicht, daß diese sich begrifflich ohnehin nicht zuverlässig bewältigen, sondern als nichtsteuerliche. Abgabe lediglich rechtfertigen lasse. Angesichts der verfassungsrechtlich vorgegebenen Abgrenzung von Gebühren gegenüber Steuern anhand mißbrauchsresistenter Unterscheidungsmerkmale könnte jedoch selbst eine an sich nachvollziehbare Zurückhaltung der gebührenrechtlichen Diskussion insgesamt nicht überzeugen. Denn wie gezeigt wurde, kommt eine Anwendung des Steuervorrangs eben50

Ähnlich bereits Trzaskalik zum Stand der Sonderabgabenrechtsprechung, vgl. ders. y Der instrumentale Einsatz von Abgaben, StuW 1992, 135 (145). 51 Vgl. Heimlichy Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 113 ff. 52 So etwa v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063); P. Kirchhof, Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen, S. 31 f.; Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 108.

202

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

sowenig ohne Begriffskonturierungen aus wie die Anwendung der sog. drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung. Bei beiden steht mit der Gegenleistungsqualität einer nichtsteuerlichen Abgabe ein Begriffsmerkmal im Vordergrund. Welche Merkmale bzw. Grundeigenschaften eine Leistung aus verfassungsrechtlicher Sicht überhaupt zu erfüllen hat, um gebührenfähige Staatsleistung sein zu können, bleibt daher nach wie vor zentrale Verfassungsfrage. Wie im folgenden gezeigt werden soll, besteht in Gestalt der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen ein Maßstab, der hinsichtlich der Unterscheidung der Gebühr von der Steuer hinreichende Abgrenzungskraft besitzt und überdies die Grundlage für eine Beurteilung der jeweiligen Formentreue einer als Gebühr verabschiedeten Abgabe enthält. Bevor auf Einzelaspekte der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen einzugehen ist, ist jedoch zuvor die verfassungsrechtliche Ausgangsposition zu klären und insoweit zu fragen, ob der verfassungsrechtlichen Vorstellung von der Gebühr ein eher offener oder ein geschlossener bzw. enger Leistungsbegriff zugrundeliegt.

a) Mögliche Ausgangspositionen zur Konturierung des Leistungsbegriffs Welchen Umfang an möglichen Leistungsinhalten die Verfassung als unbedenklich toleriert, ist zunächst eine Frage der grundsätzlichen Ausgestaltung der Gebühr durch das Grundgesetz: Hat das Grundgesetz die Gebühr offen ausgestaltet oder begrenzt, indem es der Gebührengewalt bezüglich der Auswahl gebührenfähiger Leistungsobjekte ausdrückliche oder stillschweigende Schranken auferlegt hat? Schon in dieser Frage bezieht das Schrifttum unterschiedliche Positionen: aa) Offener bzw. weiter Gebührenbegriff Teile der Literatur sprechen der Sache nach von einem offenen Gebührenbegriff. Feigenbutz etwa weist darauf hin, daß die Verfassung die Gebühr durch deren Benennung in Art. 74 Nr. 22, 80 Abs. 2 GG lediglich normativ-systematisch voraussetze, der Begriff der Gebühr im übrigen aber offen und damit als zu bestimmende und bestimmbare Systemkategorie des Abgabenrechts fungibel sei. 53 Im übrigen Schrifttum wird die Einteilung der Gebührenwelt in Benutzungs- und Verwaltungsgebühren dementsprechend auch als einschränkende Klassifizierung empfunden, die den grund53 FeigenbutZy Die Bindungen des Post- und Fernmeldewesens an und durch das Rechtsinstitut der Gebühr, S. 160 - Hervorhebung durch den Verfasser.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes203 sätzlich weitgespannten Gebührenbegriff des Grundgesetzes einzuengen drohe und nicht als abschließend verstanden werden dürfe. 54 In der Literatur werden derartige Aussagen gelegentlich auch als „weiter Gebührenbegriff 4 bezeichnet. 55 In dogmatischer Hinsicht scheinen sich unter dem weiten Gebührenbegriff indessen unterschiedliche Ansätze zusammenzufinden. Naheliegend ist es unter der Herrschaft eines weiten Gebührenverständnisses zunächst, den Begriff der Leistung selbst weit zu fassen und in diesen etwa auch ein staatliches Dulden oder Unterlassen einzubeziehen 56 bzw. den Leistungsbegriff von gegenständlichen, substanzhaften Vorstellungen zu lösen und auch auf immaterielle Leistungsgegenstände zu erstrecken. 57 Zur möglichen Bandbreite des Gebührenwesens heißt es allerdings auch, daß sich die Gebühr verfassungsrechtlich nicht auf den Typus des Leistungsentgelts reduzieren lasse, sondern daß die Gestattung oder die Duldung der Benutzung öffentlicher Einrichtungen und Güter eigenständige Belastungsgründe sein könnten. 58 Daß den gebührenpflichtigen Staatsakten in diesem Sinne kein „enger Leistungsbegriff' 59 zugrundeliege, hatte zunächst Wilke herausgestellt, 60 dessen Arbeit vom Schrifttum insoweit auch als bahnbrechend bezeichnet 54

Vgl. Nicolaysen, Bewilligung und Förderabgabe nach dem BBergG, S. 35; ähnlich Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 21 f.; Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 112. 55 Vgl. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (525, 528). Ähnlich v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063): „weiter Leistungsbegriff \ 56 So z.B. F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 18; Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, N V w Z 1994, 170 (173). . 57 F. Kirchhof Der Baden-Württembergische „Wasserpfennig", N V w Z 1987, 1031 (1034); Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 39. 58 Vgl. Meßerschmidt, Umweltabgaben im Gefüge der Finanzverfassung, UTR 3 (1987), 83, (98 f.). Gegenüber solchen Aussagen ist aus verfassungsrechtlicher Sicht Zurückhaltung geboten. Wenn verfassungskräftiges Merkmal der Gebühr gerade deren Gegenleistungsabhängigkeit ist, dürften außerhalb dieses Gegenleistungsbezuges stehende Anknüpfungen vom verfassungsrechtlichen Tatbestand der Gebühr nicht mehr gedeckt sein. Richtigerweise ist daher zu fragen, ob und unter welchen Voraussetzungen auch Duldungen oder Unterlassungen eine Gegenleistung sein können. 59 Von einem solchen gehen z.B. v. Mutius/Lünenbürger aus; vgl. dies., Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063). 60 Vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 67ff. Wilke, a.a.O. S. 85, spricht von dem häufigen „Irrtum", anzunehmen, daß sich das Gebührenrecht auf einen einzigen Grundgedanken zurückführen lasse.

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

wird. 6 1 Nach Wilke gewähren Staatsleistungen zwar Vorteile, mitunter könne eine ökonomische Begünstigung aber auch entfallen und vollständig einem ideellen Nutzen weichen. 62 Gegenstand der gebührenfähigen staatlichen Leistung könnten demnach nicht nur Güter und Dienstleistungen bzw. Sachleistungen sein, sondern auch weniger greifbare Nutzentransfers. 63 Sogar vorteilsneutrale oder nachteilige Staatsleistungen berechtigten zur Gebührenerhebung, auch wenn sie dem Gebührenschuldner keinerlei Nutzen vermittelten 64 und sich aus seiner Sicht nachgerade als Eingriff darstellten. 65 Wenngleich Wilke hiermit von der Vorstellung einer zwingend vorteilhaften Staatsleistung abrückt, gesteht er doch zu, daß dem Gebührenschuldner jedenfalls eine kostenverursachende Leistung gewährt werden müsse und damit eine Gebührenpraxis ausscheide, bei der „für nichts" bezahlt werde, die öffentliche Leistung allein in der Auslösung der Gebührenpflicht bestehe und die Gebühr letztlich die Gegenleistung für die Verhängung ihrer selbst werde. 66 Wilke selbst sieht die Grenze gebührenfähiger Leistungen daher bei ihrer „Bedeutungslosigkeit". Nur wenn die Leistung für den Schuldner ohne Bedeutung, d. h. eine Leistung schlechthin nicht ersichtlich sei, komme eine gebührenfähige Staatsleistung nicht in Betracht. Wilke betont allerdings, daß auf diese Bedeutungslosigkeit nicht schon von einer etwaigen Wertlosigkeit einer Leistung geschlossen werden dürfe, wie das Beispiel der dem Verurteilten auferlegten Strafprozeßgebühren zeige. 67 Wer schließlich Auslöser der staatlichen Tätigkeit ist, der Gebührenschuldner selbst oder die staatliche Organisationseinheit, sei für den Leistungsbegriff ebenfalls unerheblich. Insoweit wird heute im Anschluß an Wilke häufig auch von provozierten im Gegensatz zu oktroyierten Leistungen gesprochen. 68 F. Kirchhof hat diese Vielfalt gebührenfähiger Leistungsobjekte später dahin umschrieben, daß deren notwendiger Inhalt nicht definiert, sondern allenfalls typisiert werden kann. 69 In dieser Erkenntnis liegt die grundsätzliche Bedeutung eines weiten Gebührenverständnisses gegenüber jenen 61 So ausdrücklich Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (527). 62 Vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 67. 63 Vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 68. 64 Vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 69 f. 65 Vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 74. 66 Vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 74f. 67 Vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 75. 68 Vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 78f. 69 So die Formulierung bei F. Kirchhof Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (559). Auch aus finanzwissenschaftlicher Sicht ist das Spektrum möglicher gebührenfähiger Leistungen weitgespannt und reicht von der „Produktion physisch tangibler Güter" bis hin zu vergeistigten Leistungen wie

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes205 Stimmen, die der Verleihung von Rechten schon auf begrifflicher Ebene kurzerhand die Leistungstauglichkeit absprechen. Benutzungs- und Verwaltungsgebühr werden von diesen Vertretern nicht lediglich als institutionelle Ausprägungen bestimmter Typen gebührenfähiger Staatsleistungen verstanden, sondern - systematisch fragwürdig - als verfassungsrechtliches Leitbild konstitutiver Gebühreneigenschaften. Bei dieser Sichtweise bleibt für weitere Leistungstypen neben der Bereitstellung öffentlicher Einrichtungen zur tatsächlichen oder potentiellen Nutzung sowie der Erbringung von Verwaltungstätigkeiten kein Raum. Die Vertreter eines weiten oder offenen Gebührenbegriffs können sich demgegenüber auf den für das Gebührenrecht maßgeblichen und im Zusammhang mit der Umschreibung der Gebühr bereits angesprochenen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 06.02.1979 70 berufen. Das Gericht hatte in diesem Beschluß festgestellt, daß der Gebührengesetzgeber innerhalb seiner jeweiligen Regelungskompetenzen aus Sicht des Grundgesetzes über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum in der Frage verfüge, welche öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfe. 71 Dem ist zu entnehmen, daß das Bundesverfassungsgericht als begrenzenden Faktor staatlicher Gebührengewalt nicht schon Leistungsinhalt und Leistungsobjekt heranzieht, sondern daß es statt dessen auf andere Gesichtspunkte abstellt. 72 Im Wasserpfennigbeschluß hat das Gericht diese These von einem grundsätzlich offenen Leistungsbegriff der Sache nach bestärkt, indem es ausführte, daß die Finanzverfassung auch im Bereich außersteuerlicher Abgaben keinen abschließenden Kanon von Abgabetypen enthalte. 73 Weite Teile der Literatur haben die Vorstellung von einem grundsätzlich weiten Kreis gebührenfähiger Leistungsgegenstände übernommen bzw. hatten diesen Standpunkt schon zuvor eingenommen. 74 In diesem Sinne ist bspw. der „Erbringung von Dienstleistungen wie Informationen"; vgl. Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 26. 70 BVerfGE 50, 217. Dieser Beschluß spielt auch im Zusammenhang mit der von weiten Teilen des Schrifttums vertretenen Einengung der Gebühr auf den Zweck der Kostendeckung eine maßgebliche Rolle. Siehe hierzu Gliederungspunkt D I I 2. 71 Vgl. BVerfGE 50, 217 (226). 72 Das Bundesverfassungsgericht stellt a.a.O. auf die individuelle Zurechenbarkeit der staatlichen Leistung ab. Zu diesem Merkmal ausführlich Gliederungspunkt D I I 1 b). 73 BVerfGE 93, 319 (342). Zuvor etwa BVerfGE 82, 159 (181). 74 So etwa Sander, Der „Wasserpfennig" - eine Abgabe mit oder ohne staatliche Gegenleistung?, DVB1. 1990, 18 (19); P. Kirchhof Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof, (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 171, Rdn. 195; ders.. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 18, der hier vom „Gebührenerfindungsrecht" des Gesetzgebers spricht, das erst dort ende,

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

gerade auch für das Gebührenrecht die Ansicht vertreten worden, daß das Verfassungsrecht einen numerus clausus von Gebührenarten nicht kennt. 75 Einschränkende Hinweise, daß gebührenfähige Staatsleistungen für den einfachen Gesetzgeber ebensowenig „erfindbar" seien wie besteuerungsfähige Sachverhalte 76, und daß zumindest das Vorliegen eines „staatlichen Tuns" zu fordern sei, 77 sind denn auch die Ausnahme geblieben. Nimmt man in der Frage nach der Gebührenfähigkeit bestimmter Leistungsinhalte hiernach die Grundposition eines an sich offenen oder weiten Gebührentatbestandes ein, so wird sich zusammenfassend nicht leugnen lassen, daß auch die Verleihung von Rechten begrifflich gebührenfähige Staatsleistung sein kann. Lediglich klarstellend ist in diesem Zusammenhang hinzuzufügen, daß die Grundposition eines offenen bzw. weiten Gebührentatbestandes nichts mit einem formalen oder gar streng formalen Gebührenbegriff zu tun hat. Die Offenheit des Gebührentatbestandes bezieht sich lediglich auf die Frage nach zulässigen Leistungsgegenständen bzw. - inhalten und schließt nicht aus, daß Staatsleistungen anhand anderer Kriterien als gebührenuntauglich identifiziert werden, obgleich sie als Leistungsobjekt an sich zum Kreise potentiell gebührenfähiger Staatsleistungen gehören. In diesem Sinne mag auch die Rechtsverleihung nach einem weiten Gebührenverständnis zwar zum Kreise gebührenfähiger Leistungsoèjekte zählen, muß deshalb aber nicht zwangsläufig gebührenfähig im engeren Sinne sein, sondern hat sich hierfür zusätzlich als individuell zurechenbar zu erweisen. Nach streng formalem Gebührenverständnis indessen würde sich diese Frage erübrigen, da hiernach staatliche Leistung schlicht dasjenige ist, was im gesetzlichen Tatbestand als Auslöser der Gebührenpflicht steht. 78

wo Staatsleistungen weder entgeltbedürftig noch entgeltfähig seien; Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 6, 21 f.; Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 70 („großer Kreis gebührenfähiger Leistungen"); Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 50, zum Merkmal der „Inanspruchnahme der Verwaltung" im Sinne von § 1 RAO; Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 82, der ein Recht des Gebührengesetzgebers annimmt, auszuwählen, welche Leistung er als zur Begründung von Gebührenpflichten „geeignet" ansieht. 75 Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 87, Rdn. 46, S. 33f.; Selmer/Brodersen, Rechtliche Probleme der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren, S. 11; Kloepfer/Follmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (581). 76 Trzaskalik, Der instrumenteile Einsatz von Abgaben, StuW 1992, 135 (141 f.). 77 v. Mutius/Lünenbürger, Öffentliche Abgaben für Wasserentnahmen kraft Landesrechts, DVB1. 1995, 1205 (1208f.); ähnlich dies., Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063).

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

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bb) Einschränkungen des Leistungsbegriffs durch Schutzzweckerwägungen Der Standpunkt eines offenen Leistungsbegriffs ist indessen nicht zwingend. Die Sonderabgabenrechtsprechung mit ihren grundlegenden Aussagen zur Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes sowie zu einer entsprechend restriktiven Behandlung nichtsteuerlicher Abgaben bietet im Gegenteil hinreichenden Anlaß, im Wege einer teleologischen Reduktion des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes nur solche Leistungen bzw. Leistungsinhalte als gebührenfähig anzuerkennen, die aufgrund ihrer „Steuerdistanz" 79 keine Gefahr einer Aushöhlung der bundesstaatlichen Finanzverfassung begründen. Der Kreis der potentiell gebührenfähigen Leistungen wäre damit schon auf Begriffsebene erheblichen Einschränkungen unterworfen. Auch die Anerkennung einer Verleihung von Rechten als Leistungsgegenstand müßte nach diesem Ansatz in einem neuen Licht erscheinen. Die kritischen Stimmen zur fehlenden Steuerdistanz der Verleihungsgebühr hatten dies bereits angedeutet.80 In der Diskussion sind Ansätze einer schutzzweckorientierten Reduktion des Gebühren- bzw. LeistungsfcegnjQfr nicht ausgeblieben.81 Schon der sog. materielle Gebührenbegriff, nach dem Einnahmen aus Gegenleistungsabga78

So der streng formale Gebührenbegriff von Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 113 ff., 126. Nach diesem Gebührenverständnis müssen über das formale Vorliegen einer Leistungs-Gegenleistungs-Beziehung hinausgehende Begriffsmerkmale nicht gegeben sein, bleibt insbesondere die Frage der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen letztlich irrelevant. Hierzu ist anzumerken, daß das sog. formale Gebührenverständnis, jedenfalls soweit sich seine Rezipienten auf Wilke berufen, offenbar zu den großen Mißverständnissen der Gebührendebatte gehört. Einen von materiellen Kriterien völlig entkleideten Gebührenbegriff hat Wilke nicht begründet, sondern mit der Teilbarkeit von Leistungen gerade ein materielles Abgrenzungskriterium geliefert, das gebührenfähige von nicht gebührentauglichen Staatsleistungen abgrenzt; vgl. ders., Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 86ff. Wenn heute unter Berufung auf Wilke von einem formalen oder streng formalen Gebührenbegriff im Sinne eines materiell entleerten Begriffs gesprochen wird, entbehrt dieses im Grunde genommen jeder Grundlage. Ausführlicher zum formalen bzw. materiellen Gebühren Verständnis: Gliederungspunkt D I I 2. 79 Begriff bei Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, UTR 16 (1992), 15 (27). 80 Siehe oben, Gliederungspunkt Β I 1. 81 So etwa Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 171 ff. - dazu sogleich; Sander, Der „Wasserpfennig" - eine Abgabe mit oder ohne Gegenleistung?, DVB1. 1990, 18 (19f.); im Ansatz auch Meßerschmidt, Umweltabgaben im Gefüge der Finanzverfassung, UTR 3 (1987), 83 (98). Auch Vogel hat eine gewisse Nähe zu den hier genannten Ansätzen, indem er zur Abschichtung des Gebührenbegriffs „verfassungssystematische und verfassungsinhaltliche" Gesichtspunkte heranzieht und dabei auch auf die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die Zulässigkeit und Rechtfertigung von Sonderabgaben zurückgreift; vgl. ders., Vorteil und

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

ben nur soweit Gebühren sein können, wie diese Einnahmen effektiv zum Ausgleich der mit der Staatsleistung verbundenen Kosten benötigt werden, 82 ist in seiner Intention, den Ausbau der Gebührengewalt zu einer nicht limitierten Finanzierungskompetenz zu verhüten, Ausfluß einer schutzzweckorientierten Begriffsfassung, erlangt seine eigentliche Bedeutung jedoch erst im Zusammenhang mit der Frage nach der zulässigen Gebührenhöhe. Anders verhält es sich dagegen mit jenen Anätzen, die schon den Gegenleistungsbegriff selbst reduzieren wollen. Zwei trotz gleicher Zielsetzung und Intention in ihrem dogmatischen Ansatz verschiedene Beispiele sollen nachfolgend betrachtet werden: Zum einen der Vorschlag einer teleologischen Reduktion des Leistungsbegriffs, zum anderen der Vorschlag, die Grenzen des Leistungsbegriffs bereits mit Blick auf die Rechtfertigungsfähigkeit des jeweiligen Belastungsgrundes zu bestimmen. (1) Teleologische Reduktion des Leistungsbegriffs Auf eine teleologische Reduktion des Leistungsbegriffs läuft der Ansatz von Stallknecht hinaus, 83 dessen dogmatische Eigenart sich am besten ausgehend von § 1 RAO erschließen läßt. Dieser Vorschrift haben weite Teile der Literatur in Verbindung mit dem sog. Rezeptionsargument die Entscheidung des Grundgesetzes entnommen, daß die Gegenleistungsabhängigkeit der Gebühr bzw. Vorzugslast deren verfassungsschwerer Kern sein soll. 8 4 Markieren die Gegenleistungsabhängigkeit der Vorzugslast und die Gegenleistungsunabhängigkeit der Steuer somit zugleich auch ein verfassungskräftiges Abgrenzungsmerkmal, so liegt es in der Logik dieses Ansatzes, daß beide Merkmalsausprägungen einander komplementär sind: Liegen Zuwendungsmerkmale vor, die den vorzugslasttypischen Gegenleistungscharakter ausfüllen, bedeutet dies zugleich auch das Fehlen der Voraussetzungslosigkeit im Sinne der Steuer. Vogel hat diesen Zusammenhang zutreffend mit den Worten umschrieben, daß bei Steuer und Gebühr ein gemeinsames Begriffsmerkmal vorliege, nur von zwei entgegengesetzten Seiten: Was für den einen Begriff positiv Voraussetzung sei, müsse für den anderen gerade nicht vorhanden sein. 85 Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (528 f.). 82 Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 54ff., 58 f. 83 Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 17Iff. 84 Vgl. die eingangs zu Gliederungspunkt C I 1 zitierten Stimmen. 85 Für Vogel folgt daraus, daß für die Grundsätze, nach denen der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff bestimmt wird, schon wegen dieser „Wechselbezüglichkeit" dasselbe gelten müsse wie für den Steuerbegriff; vgl. ders., Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (520).

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

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Stallknecht hingegen leugnet ein derartiges Symmetrieverhältnis 86 und meint, daß Begriff und notwendiger Inhalt der Gegenleistung unterschiedlich zu fassen seien je nachdem, ob der steuerliche Blickwinkel des § 3 AO eingenommen oder ob die konkrete Leistung auf ihre Vorzugslastentauglichkeit hin betrachtet wird. Räume der Gesetzgeber dem Pflichtigen wie z.B. im Falle der Erteilung einer Abfallentsorgungslizenz gem. § 10 LAbfG NW das Recht zum Tätigwerden in einem potentiell monopolisierten Bereich ein, dann werde dem Pflichtigen hierdurch ein Vorteil zugewandt, der durch die Möglichkeit der Erzielung von Monopol- bzw. Oligopolrenten zweifellos wirtschaftlich wertvoll sei. 87 Diese Vorteilszuwendung reiche aus dem steuerlichen Blickwinkel betrachtet bereits aus, um das Vorliegen einer Gegenleistung zu bejahen, die Steuer als vorteilsausgleichende Abgabe also auszuscheiden. Daß diese steuerschädliche, weil deren Voraussetzungslosigkeit zerstörende Leistung auch Gegenleistung einer Entgeltabgabe sein kann, ist damit für Stallknecht aber noch nicht gesagt. 88 Für die Vorzugslast sei der Begriff der Gegenleistung vielmehr anhand seiner spezifischen Funktion zu bestimmen, und zwar in der Weise, daß als Vorzugslasten nur noch solche Abgaben in Betracht kämen, die der Steuer so unähnlich sind, daß ein Unterlaufen der Finanzverfassung durch diese Abgaben als ausgeschlossen gelten könne. 89 Anhaltspunkte sollen insofern die „anerkannten Arten der Vorzugslasten" liefern, namentlich die Verwaltungsgebühr und die Benutzungsgebühr. 90 Im Ergebnis fordert Stallknecht somit für die begriffliche Anerkennung einer vorzugslastfähigen Leistung unter Betonung insbesondere finanzverfassungsrechtlicher Überlegungen das Entstehen von Kosten 91 auf Seiten des 86

Stallknecht selbst gesteht ein, daß dieser Ansatz zweifelhaft ist, sofern man in der individuell zurechenbaren Gegenleistung ein verfassungskräftiges Abgrenzungsmerkmal der Gebühr zur Steuer erblickt; vgl. Stallknecht a.a.O., S. 176, Fn. 94. 87 Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 171. 88 Vgl. Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 171 f., 176f. 89 Vgl. Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 176f. 90 Vgl. Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 177. 91 Ähnlich Sander, Der „Wasserpfennig" - eine Abgabe mit oder ohne staatliche Gegenleistung?, DVB1. 1990, 18 (19), der zwar ebenfalls von einem weiten Dispositionsrecht des Gebührengesetzgebers hinsichtlich der Auswahl der staatlichen Leistung ausgeht, der Gebührengewalt aber Grenzen durch das „Verfassungsprinzip des Steuerstaates" gesetzt sieht und meint, daß die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Sonderabgabenrechtsprechung entwickelten Grundsätze auch die Abgrenzung zwischen Gebühren und Steuern bestimmten. Im Anschluß an BVerfGE 50, 217 (226) müßten daher für das Vorliegen einer gebührenfähigen Leistung im Ergebnis jedenfalls Kosten der Leistungserstellung „nachgewiesen werden". Bei kostenneutralen Aktivitäten, zu denen - sieht man von der durch Verwaltungsgebühren abgegoltenen Verwaltungsdienstleistung ab - auch die Verleihung von Rechten gezählt werden kann, könnte mit Sander von einem gebührenfähigen Leistungsgegenstand be14 Drömann

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Gebührengläubigers oder aber zumindest die Abgabe von wirtschaftlichen Werten. 92 Im Ergebnis entspricht dies der Annahme eines in der Literatur ebenfalls vertretenen, sog. engen Leistungsbegriffs. 93 Bei dieser Betrachtungsweise kann eine Rechtsverleihung nicht ohne weiteres Staatsleistung sein. Da abgesehen vom Verwaltungsaufwand kostenlos erstellt, 94 kann sie dieses nach einem engen bzw. reduzierten Leistungsbegriff nur dann sein, wenn mit der Rechtsverleihung wirtschaftliche Werte abgegeben werden, auf deren Realisierung der Staat dann seinerseits verzichtet. 95 Im Falle der Lizenzerteilung nach dem nordrhein-westfälischen Abfallgesetz verneint Stallknecht das Vorliegen eines insoweit ausreichenden Wertetransfers. Er geht dabei offenbar von substanzhaften Vorstellungen aus und hält die Übertragung eines im Staatsvermögen befindlichen Wertes, etwa vergleichbar mit Bodenschätzen oder Gewässern, für erforderlich, die er bei der Einräumung der Entsorgungslizenz nicht erkennen kann. 96 (2) Bindung der Staatsleistung an die rechtfertigungsfähige

causa

Als Alternative zur Integration der Steuerstaatsimplikationen in die Begriffsmerkmale von Vorzugslasten könnte man auch daran denken, die Vielzahl möglicher Leistungsgegenstände nicht mehr zu beschreiben, songrifflich schon nicht mehr gesprochen werden. Zur stark umstrittenen Frage der „Kostendeckungsorientierung" einer Gebühr siehe unten, Gliederungspunkt D I I 2. 92 Vgl. Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 193. 93 Von einem solchen gehen v. Mutius/Lünenbürger aus und fordern daher stets das Vorliegen eines Aufwandes bzw. von Kosten aufgrund eines beim Staat aufgetretenen Werteverzehrs; vgl. dies., Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063). 94 Diese in der Rechtswissenschaft häufig vertretene These - Nachweise siehe oben, Gliederungspunkt Β I 1 a) - ist schon von der Verwendung des Kostenbegriffs her sehr fragwürdig, da sie sog. Opportunitätskosten unberücksichtigt läßt. Vgl. auch nachfolgende Fn. 95 Bei Abgabe wirtschaftlicher Werte lägen auf Seiten des Staates damit zugleich auch sog. Opportunitätskosten vor, und zwar ohne daß es insoweit auf die Aufwandsneutralität des Rechtstransfers ankommt. Unter Opportunitätskosten (Alternativkosten) versteht man entgangene Erträge oder Nutzen, die sich bei jeder alternativen Verwendung eines Gutes oder Produtkionsfaktors ergeben würden; vgl. etwa Dichtl/lssing, Vahlens Großes Wirtschaftslexikon, Band 2, unter Stichwort Opportunitätskosten. Hier werden die entstehenden Opportunitätskosten durch den Nutzenentgang repräsentiert, den der Staat erleidet, indem er die Nutzung und Ausübung von Rechten unter Verzicht auf eigene Vorteilsrealisierung Privaten überläßt. Besonders hoch dürfte der Nutzenentgang z.B. im Falle der Verleihung von Förderrechten nach dem BBergG oder auch bei der Vergabe von Lizenzen nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG) sein. 96 Vgl. Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 193.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

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dem nur noch »causal1 zu erfassen und demenstprechend die gebührenfähigen Belastungsgründe mit Blick auf die Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung zu bestimmen. Diesen Weg hat Vogel zur Herleitung des doppelgliedrigen Gebührenbegriffs gewählt. Vogels Ausgangspunkt ist die Feststellung, daß die bundesstaatliche Finanzverfassung vor einer Aushöhlung durch Gebühren in gleicher Weise geschützt werden müsse wie vor einer Aushöhlung durch Sonderabgaben. 97 Ein weiter Gebührenbegriff, der dem finanzverfassungsrechtlichen Funktionszusammenhang unter den einzelnen Abgabeformen nicht Rechnung trägt, könne hingegen nicht verhindern, daß das Ertragsverteilungssystem der Art. 106 und 107 GG unterlaufen werde. 98 Zur Ableitung eines Gebührenbegriffs, der einer Unterwanderung der Finanzverfassung vorbeugt, seien daher verfassungssystematische und verfassungsinhaltliche Gesichtspunkte heranzuziehen, welche Vogel selbst in der Rechtfertigungsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts zur Beurteilung von Sonderabgaben findet. 99 Das vom Bundesverfassungsgericht gegenüber Sonderabgaben angelegte Prüfungsschema läßt sich nach Vogel nun verallgemeinern und auf alle nichtsteuerlichen Abgaben übertragen. Die systematische Besonderheit dieses Ansatzes liegt darin, daß er den begrifflichen Verfassungstatbestand Gebühr bzw. Leistung auf einen finanzverfassungsrechtlich gerechtfertigten bzw. rechtfertigungsfähigen Gebührentatbestand reduziert, d.h. zu einem einheitlichen Prüfungsmaßstab zusammenführt. Denn der verfassungsrechtliche Begriff einer Abgabe umfasse stets nur deren verfassungsrechtlich zulässige Gestaltungsform, und zulässig sei eine Abgabe nur, soweit sie sich auch rechtfertigen lasse. 100 Damit dominiert die Rechtfertigungsfähigkeit der Gebühr auch deren begriffliche Grenzen, oder, wie Vogel formuliert: „Aus (der) ... Rechtfertigung der Gebühr ergeben sich die verfassungsrechtlichen Grenzen des Gcbiihrenbegrijfs." 101 Von dieser Feststellung ausgehend bedarf es für Vogel dann nur noch der Frage nach den Rechtfertigungsgründen der Gebühr, um damit zugleich 97 Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (519). 98 Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (528). 99 Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (528 f.). 100 y 0 gei % Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (530). Für Vogel wird der verfassungsrechtliche Begriff einer Abgabe daher nicht nur durch deren formale Abgrenzung gegenüber anderen Abgabearten bestimmt, sondern in gleicher Weise durch das Ausmaß ihrer Rechtfertigung. 101 Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (532) - Hervorhebung im Original.

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(Hrsg.),

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

auch deren begriffliche Grenzen abzustecken: Der Ausgleich von Vorteilen oder die Verantwortlichkeit für veranlaßte Kosten - dies sind die beiden Rechtfertigungsgründe, welche die Belastung mit Gebührenpflichten seit jeher rechtfertigten und auf die sich qua Rezeption auch das Grundgesetz berufe. 102 Damit sind für Vogel zugleich auch die begrifflichen Grenzen der verfassungsrechtlich zulässigen „Falltypen" der Gebühr gefunden, die er in folgendem doppelgliedrigen Gebührenbegriff ausdrückt: Die Gebühr sei entweder Ausgleich für einen Vorteil. Oder die Gebühr sei Auferlegung von Kosten, die der Pflichtige verursacht hat und für die er eine Verantwortung trägt. 1 0 3 Mit dieser Begriffsprägung ist für Vogel eine Auseinandersetzung mit dem Leistungs- bzw. Gegenleistungsbegriff im Grunde überflüssig geworden: Wo die begriffliche Gestalt der Gegenleistung durch die Beschreibung zulässiger bzw. gerechtfertigter Belastungsgründe, der causa, ersetzt wird, ist für die Betrachtung von verfassungsrechtlich notwendigen Eigenschaften bzw. Merkmalen für gebührenfähige Leistungen kein Raum mehr. Vogel selbst legt denn auch nahe, auf die Verwendung des Begriffs Leistung besser ganz zu „verzichten". 1 0 4 Was die zu Ausgrenzungszwecken dennoch notwendige Charakterisierung der Belastungsgründe Vorteil und Verantwortlichkeit anbetrifft, vertritt Vogel sodann eine weite Auslegung: 105 Für das Vorliegen eines Vorteils sei nicht notwendig, daß dieser sich quantifizieren lasse. Notwendig sei aber 102 Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (532). Diese Rechtfertigungsgründe leitet Vogel a.a.O., S. 519ff. und 530ff., aus einer dogmengeschichtlichen Betrachtung der Gebühr ab. Das Grundgesetz habe die Belastungsgründe „Vorteilsausgleich" und „Kostenprovocation" vorgefunden und rezipiert. Zu betonen ist aber, daß zur Ermittlung des verfassungsrechtlichen Gebührenbegriffs nach Vogel nicht etwa bei der Übernahme der vorgefundenen Rechtfertigungsgründe Stehengeblieben werden darf, sondern daß der heutige Verfassungsbegriff „Gebühr" auch aus dem Funktionszusammenhang der Finanzverfassung abzuleiten sei, sich also im Ergebnis nach seiner finanzverfassungsrechtlichen Rechtfertigungsfähigkeit richte. 103 yogei Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (533) - Hervorhebungen im Original. Zur daraus folgenden Gebührendefinition nach dem doppelgliedrigen Gebührenbegriff siehe bereits über Fn. 20. 104 Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (533). Aus diesem Grunde wohl meint Krause, Die Nahverkehrsabgabe, S. 33, daß der Ansatz vom doppelgliedrigen Gebührenbegriff „losgelöst" sei vom Tatbestandsmerkmal der „besonderen Leistung". Kritisch zu Vogels doppelgliedrigem Gebührenbegriff auch Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, UTR 16 (1992), 15 (43 f.), sowie Osterloh, „Öko-Steuern" und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff, N V w Z 1991, 823 (827). 105 Für die nachstehende Passage siehe Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (533).

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

213

eine geldwerte Auswirkung auf das Vermögen des Pflichtigen, da der Vorteil nur in diesem Fall durch die Abgabe von Geld ausgeglichen werden könne. Ein rein ideeller Vorteil reiche daher nicht aus. Wie der Vorteil dem Pflichtigen zufließe, sei dagegen wieder unerheblich, sofern dafür nur in irgendeiner Weise ein Verhalten des Staates - Tun, Dulden oder Unterlassen - ursächlich sei. 1 0 6 Soweit es sich nur in geldwerter Weise vorteilhaft auswirkt, kann hiernach ohne weiteres auch ein Recht vorteilsfähiger Zuwendungsgegenstand sein.

(3) Zur Leistungsfähigkeit

von Begriffsreduktionen

Die Betrachtung von Ansätzen zur Reduktion des weiten Gebührenbegriffs hat ergeben, daß die Verleihung von Rechten zwar auch bei restriktiveren Anforderungen an die gebührenfähige Staatsleistung Leistungsgegenstand sein kann, mit der geforderten Übertragung bestimmter Werte aus dem staatlichen Vermögen jedoch in gewisse Grenzen gewiesen w i r d . 1 0 7 Anlaß zu einer weitergehenden Auseinandersetzung mit diesen Ansätzen besteht gleichwohl. Denn beide Ansätze stellen ein durchaus schlüssiges und auf den ersten Blick einleuchtendes Konzept zur Umsetzung der Steuerstaatsdoktrin in der Gebührendogmatik dar und fordern daher zu der grundlegenden Überlegung auf, ob sie insoweit erstens zieltauglich und zweitens mit den wenigen Aussagen der Verfassung zum Wesen der Gebühr vereinbar sind. Der von Stallknecht vorgeschlagenen Verengung des Gebührentatbestandes schon auf der Ebene des Leistungsbegriffs bzw. -gegenständes stehen gewichtige Gründe entgegen. Ausgangspunkt kritischer Überlegungen ist zunächst, daß sich ausgehend vom sog. Rezeptionsargument 108 nur zögernd 106 Die möglichen Anlässe für das Entstehen von Kostenverantwortlichkeit umschreibt Vogel ähnlich umfassend; vgl. ders., Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (533). Auch nach Vogel bedarf es allerdings für die Gebührenfähigkeit eines Vorteils bestimmter Mindestbedingungen hinsichtlich der Individualisierung dieses Vorteils; vgl. a.a.O., S. 533 f. Ausführlich zu diesem Problemkreis unter Gliederungspunkt D I I 1 b). 107 Die Übertragung von Vermögenswerten fordern auch F. Kirchhof Die Höhe der Gebühr, S. 18; Kloepfer/ Follmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (582); Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (779 f.); Lerche/Pestalozza, Die bergrechtliche Förderabgabe im System des horizontalen Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen nach Art. 107 I I GG, S. 66ff., 70, 72. Ob die Forderung nach einer Übertragung von Vermögenswerten auf einer Begriffsreduktion beruht oder mit Blick auf die Rechtfertigungsfähigkeit der Abgabe erhoben wird, bleibt allerdings häufig unklar.

214

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

die Einsicht durchsetzen will, das Grundgesetz habe zwei inhaltlich verschiedene Gegenleistungsbegriffe im Auge, wenn es auf der einen Seite von der Gegenleistungseigenschaft einer Vorzugslast und auf der anderen Seite von der Gegenleistungsunabhängigkeit der Steuer spricht. Was Selmer für das Verhältnis von Sonderabgabe zu Steuer zu Recht in Abrede stellt, nämlich einen lücken- und fugenlosen Übergang zwischen den einzelnen Abgabearten derart, daß bei Nichtanerkennung einer Abgabe als zulässige Sonderabgabe sie nur als Steuer erlassen werden könne, 1 0 9 wird sich im Verhältnis der Tatbestandsmerkmale Gegenleistungsabhängigkeit und Gegenleistungswnabhängigkeit zueinander im Ergebnis nicht leugnen lassen: Beide schließen einander aus und dulden keinen nichterfaßten Zwischenraum; aus der Bejahung des einen folgt die Verneinung des anderen und umgekehrt. 110 Denn das Vorliegen einer Gegenleistung ist von Verfassungs wegen einheitlich zu beurteilen, und zwar unabhängig davon, ob der konkrete Belastungsgrund aus steuerlicher Sicht oder aus Sicht von Vorzugslasten betrachtet w i r d . 1 1 1 Der vom Grundgesetz nach überwiegender Ansicht rezipierte § 1 RAO nennt Steuer und Vorzugslast in einer Vorschrift und erweckt, da der Begriff Leistung in der vom Gesetzgeber gewählten Formulierung in der Mitte zwischen Steuer und Vorzugslast steht, schon bei grammatikalischer Auslegung den Eindruck eines Symmetrieverhältnisses. Der Gesetzgeber hätte sich dieser Ausdrucksform wohl nicht bedient, wenn er die Gegenleistung einer Vorzugslast anders hätte definiert wissen wollen als die Gegenleistung einer (Nicht-)Steuer. Diese Symmetrie bzw. Identität beider Begriffe hindert des weiteren auch nicht daran, den von Stallknecht intendierten Schutz der Finanzverfassung über eine strikte Begriffsfassung 108

Nachweise siehe oben, Fn. 39 f. Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 75. 110 Eine andere Frage ist hingegen, ob bei Vorliegen steuerschädlicher Zuwendungen aufgrund des konkreten Zurechnungsmodus eine Gegenleistung im Sinne des Gebühren- oder Beitragsrechts (spezielle Äquivalenz) oder eine gruppenbezogene Gegenleistung im Sinne der Sonderabgaben (kollektive Äquivalenz) vorliegt. 111 Dies bedeutet freilich nicht, daß bei Fehlen einer vorzugslastenfähigen Gegenleistung die Erhebung einer Steuer zwingend ist. Für die Steuer muß der fragliche Belastungsgrund, wie Selmer zutreffend hervorhebt, zugleich einen bestimmte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Zahlungsfähigkeit indizieren; vgl. Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 75 f. Umgekehrt hat Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 88 f., darauf hingewiesen, daß es bei Vorliegen einer Gegenleistung nicht immer zugleich auch zulässig ist, für diese Gegenleistung Gebühren zu erheben. Vogel nimmt sogar ein Wahlrecht des Gesetzgebers an, individuell gewährte Vorteile oder individuell veranlaßte Kosten statt durch Gebühren durch Steuern zu finanzieren; vgl. ders., Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/ Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (534). In diesem Sinne auch: Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 109; Hansmeyer/Fürst, Die Gebüren, S. 43. - Die Identität der jeweiligen Gegenleistungsbegriffe wird damit jedoch nicht in Frage gestellt. 109

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes215 gleichwohl umzusetzen. Auch bei einem hinsichtlich möglicher Leistungsgegenstände weiten bzw. offenen Gebührenbegriff verbleibt noch immer die Mahnung an den Gebührengesetzgeber, die tatbestandliche Ausgestaltung der Gebühr um ihrer Distanzwahrung zur Steuer willen an ihren spezifischen Wesensmerkmalen zu orientieren, 112 d.h. die Gebühr in materiell hinreichender Weise als Gegenleistung des Schuldners für eine besondere Leistung des Staates auszugestalten. Insoweit entscheidend ist weniger die Auswahl bestimmter Leistungsgegenstände als vielmehr die Gewährleistung einer wirklich individuellen Zurechnung an den Schuldner. So ist dem vorstehend skizzierten Ansatz das zwar an sich zutreffende Grundansinnen zuzugeben, der im Rahmen der Sonderabgabendiskussion stets betonten Zurückhaltung des Steuerstaates gegenüber nichtsteuerlichen Abgaben auch gegenüber Vorzugslasten Geltung zu verschaffen. Eine teleologische Reduktion des Leistungsbegriffs bzw. des verfassungskräftigen Gegenleistungsmerkmals schon auf Begriffsebene sollte sich aber nicht von einfachgesetzlichen Begriffsvorstellungen leiten lassen und auf diese Weise die verfassungsrechtlich möglichen Erscheinungsformen der Gebühr einengen. In dieser Gefahr stand die Suche nach dem Wesen der Gebühr immer wieder. Wenn die Verfassung jedoch darauf verzichtet, die Gebühr über das Erfordernis einer individuell zurechenbaren Staatsleistung hinausgehend festzulegen, so sollten weitergehende Begriffsmerkmale auch nicht dem einfachen Recht entnommen werden, selbst wenn dieses aus Schutzguterwägungen geschieht und damit einer verfassungsimmanenten Intention gefolgt wird. Überdies ist eine Verengung des gebührenrechtlichen Leistungsbegriffs aus Schutzzweckgesichtspunkten auch gar nicht angezeigt. Wie gezeigt, ist dem Maßstab des Steuervorrangs bereits durch das Vorliegen einer individuell zurechenbaren Leistung genügt, ohne daß es insoweit auf Kosten der staatlichen Leistungserstellung bzw. auf wirtschaftliche Werte ankommt. Während das parlamentarische Budgetrecht bei der Erhebung von Vorzugslasten ohnehin nicht verletzt ist, indiziert die individuelle Zurechenbarkeit einer Leistung die Vereinbarkeit der betreffenden Abgabe sowohl mit den Grundrechten als auch mit der Finanzverfassung. Liegt nämlich eine individuell zurechenbare Leistung vor, so trägt erstens der Abgabeschuldner nicht in überproportionaler und damit gleichheitswidriger Weise zur Gemeinlastfinanzierung bei, sondern trägt eine Sonderlast zur Abgeltung des nur ihn erreichenden Vorteils, und ist zweitens eine hinreichende Steuerdistanz der Abgabe gegeben. 113 Wegen dieser schutzgutwahrenden Wirkung der indivi112 Vgl. Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, UTR 16 (1992), 15 (27). 1,3 In diesem Sinne betont F. Kirchhof daher zu Recht, daß das entscheidende Gebührenmerkmal mit Verfassungsrang nicht das Vorliegen einer Leistung ist, son-

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

duellen Zurechenbarkeit konnte das Bundesverfassungsgericht im Wasserpfennigbeschluß überhaupt nur klarstellen, daß die klassische Gebührendefinition des Gerichts 1 1 4 nur der Verwaltungsgebühr galt, woraus zugleich zu folgern ist, daß deren Kostendeckungsorientierung für den verfassungsrechtlichen Gebührentatbestand eben nicht konstitutiv ist. 1 1 5 Kommt es für die Vereinbarkeit einer Gebühr mit dem Schutzprogramm des Steuervorrangs auf überschießende Merkmale aus dem einfachen Recht somit gar nicht maßgeblich an, so können Merkmale wie die vorgeschlagene Entstehung von Kosten oder die Abgabe von Werten somit allenfalls als abgabenbegriffliche Konkretisierungen des Steuerstaatsprinzips verstanden werden. Insoweit widerspricht der Vorschlag einer steuerstaatsmotivierten Einengung des Leistungsbegriffs jedoch zum einen der Einsicht, daß sich materielle Konkretisierungskriterien im Spannungsfeld zwischen der verfassungsrechtlichen Duldung von Sachkompetenzabgaben einerseits und dem Schutzbedürfnis des Steuerstaates andererseits als untauglich erwiesen haben. 116 Zum anderen erscheint es nicht minder fragwürdig, die zahlreichen Implikationen des Steuerstaatsprinzips, insbesondere soweit sie die Disziplinierung des parlamentarischen Entscheidungsprozesses betreffen, in einem einzigen Begriffskriterium abbilden zu wollen. Soweit es um die Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben vor dem Steuerstaatsprinzip geht, ist die Leistungsfähigkeit gebührenbegrifflicher Eingrenzungskriterien in der Tat deutlich überschritten. Die vom Gesetzgeber dargelegten Sachgründe, warum er von seinem Auftrag, soweit wie möglich den Steuerstaat zu verwirklichen, abweicht, können letztlich nur durch Einzelfallabwägung sowie durch Herausarbeitung typischer Fallgruppen beurteilt werden, vertragen aber keine einengende Einbettung in ungeschriebene Tatbestandsmerkmale. 1 1 7 dem die individuelle Zurechenbarkeit einer irgendwie gearteten Leistung; vgl. ders., Die Höhe der Gebühr, S. 23. 114 BVerfGE 50, 217 (226). 1,5 Vgl. BVerfGE 93, 319 (345). Zum Problem der kostenneutralen Gebühr siehe unten, Gliederungspunkt D I I 2. 116 Siehe dazu oben, Gliederungspunkt C I I 3 c) cc) (1). 117 Die Frage nach der Rechtfertigung von nichtsteuerlichen Abgaben würde nach Stallknechts Ansatz letztlich vollständig in Begriffskriterien untergehen. Stallknecht selbst deutet dies mit der Formulierung an, daß bei Vorliegen der von ihm geforderten qualifizierten Vorzugslastkriterien für die Legitimation von Vorzugslasten „ . . . keine zusätzlichen finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen (mehr) gestellt werden (müßten)"; vgl. ders., Lizenz und Lizenzentgelt, S. 184. Bei dem von Stallknecht gewählten Ansatz ist dies freilich auch folgerichtig: Nach seiner Ansicht müssen für die Abgrenzung der Gebühr „ . . . materielle Kriterien verlangt werden, die es berechtigt erscheinen lassen, an Vorzugslasten keine zusätzlichen Legitimationserfordernisse zu stellen, weil sie dann aus finanzverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bereits aus sich selbst heraus gerechtfertigt sind", die Zulässigkeit der Ab-

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

217

Daß sich ohne Anreicherung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes durch zusätzliche materielle Kriterien letztlich auch alle gegenleistungsabhängigen Sonderabgaben als Vorzugslasten darstellten, 118 stellt endlich eine sachlich unbegründete Befürchtung dar. Insoweit steht mit der Unterscheidung zwischen kollektiver (Sonderabgabe) und individueller (Vorzugslast) Zurechenbarkeit von Leistungen ein hinreichendes Abgrenzungskriterium zur Verfügung. 119 Kommt eine steuerstaatsmotivierte Einführung zusätzlicher Gebührenmerkmale sonach nicht in Betracht, so bleibt des weiteren noch die Überzeugungskraft des doppelgliedrigen Gebührenbegriffs zu überprüfen, nach dem schon der Gebührenbegriff nur soweit reicht, wie die Gebühr gerechtfertigt sein kann. Infolge einer grundsätzlich weiten Auslegung der beiden Belastungs- bzw. Rechtfertigungsgründe 120 steht dieser Ansatz zwar nicht so sehr in der Gefahr einer Verengung verfassungsrechtlich möglicher Leistungsinhalte auf einen durch einfachgesetzliche Tradition bewährten Bestand. Aber auch diesem Ansatz gegenüber sind Zweifel geboten, da die Reduktion des Gebührenbegriffs auf steuerferne Belastungsgründe sehr weit weg führt von dem in § 1 RAO implizit enthaltenen Verfassungsauftrag, den verfassungsfesten Kern der Gegenleistung begrifflich zu konturieren. Das Schrifttum weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, daß die begriffliche Ausgrenzung von Gebühr und Beitrag aus dem Steuertatbestand nicht etwa auf »Vorteil und Verantwortlichkeit 4 abstellt, sondern auf den Tatbestand Gegenleistung für eine besondere Leistung/ 1 2 1 Ausgehend von § 1 RAO und dem Rezeptionsansatz wird es daher unverzichtbar sein, der Charakterisierung der Vorzugslast als Gegenleistungsabgabe auch im wissenschaftlichen Erkenntnisprogramm Rechnung zu tragen und die Umstände oder Merkmale einer gebührenfähigen Leistung somit umschreibend zu ermitteln. Die Betrachtung gebührenfähiger Belastungsgründe kann dabei allerdings an anderer Stelle wertvolle Hilfserwägungen hervorbringen und wird daher, soweit in bezug auf die Verleihungsgebühr notwendig, in anderem Zusammenhang eine Rolle spielen. gäbe also schon durch Anwendung der verschärften Begriffskriterien gewährleistet sei; vgl. a.a.O., S. 184. 118 Diese Befürchtung äußert Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 184, Fn. 152. 119 Siehe dazu unten, Gliederungspunkt D I I 1 b) cc) (2) (b). 120 Vogel stellt keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines Vorteils sowie an das Entstehen von Kostenverantwortlichkeit, vgl. ders., Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (533). 121 Osterloh, „Öko-Steuern" und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff, N V w Z 1991, 823 (827).

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Hier wird somit der These gefolgt, daß die Verfassung die Gebühr zwar als Gegenleistungsabgabe ausgestaltet, eine gegenständliche Eingrenzung möglicher Leistungsinhalte aber nicht vorgesehen hat. Aus verfassungssystematischer Sicht fehlt es schon deshalb an einem entsprechenden Reduktionsgrund, weil bereits die individuelle Zurechenbarkeit einer Leistung für die Vereinbarkeit der betreffenden Abgabe mit dem Schutzprogramm des Steuervorrangs sorgt und eine weitere Eingrenzung, abgesehen von dem Fall, daß der Abgabepflichtige „für nichts" bezahlt, zumindest auf Ebene des Leistungsobjekts nicht notwendig ist. Insoweit, nicht aber in bezug auf den Zurechnungsmodus, ist der verfassungsrechtliche Gebührentatbestand offen. Entgegen mancher Ansicht im Schrifttum 1 2 2 bestehen insoweit grundsätzlich auch keine Bedenken, die Rechtsverleihung als gebührenfähigen Leistungsgegenstand anzuerkennen. 123 Zum entscheidenden Maßstab sowohl für die Abgrenzung von Steuern und Vorzugslasten als auch für die Beurteilung des Verleihungskonzeptes wird damit die sog. individuelle Zurechenbarkeit von Staatsleistungen. Des weiteren wird die Kostenrelevanz von Staatsleistungen eine entscheidende Rolle spielen. Verfassungsrechtliche Bedeutung und Inhalt dieser Merkmale sind daher im folgenden genauer zu untersuchen.

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So etwa v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063); Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 108; Heun, Die Sonderabgaben als verfassungsrechtlicher Abgabetypus, DVB1. 1990, 666 (673 f.); P. Kirchhof, Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen, S. 31f: Nicht die Verleihung von Rechten, sondern nur die in Ausübung eines Rechts vollzogene Nutzung sei abgabenrechtlich belastbar. 123 So im Ergebnis auch F. Kirchhof Die Höhe der Gebühr, S. 32; ders., Grundriß des Abgabenrechts, S. 93, Rdn. 174; ders., Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (555 f.); Köck, Umweltabgaben Quo Vadis? JZ 1993, 59 (64); Matthiesen, Das Nordrhein-Westfalen-Modell für Sonderabfallentsorgung und Altlastensanierung, NWVB1. 1987, 74 (76); Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 46, Rdn. 18; Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 297 f., 238; Nicolaysen, Bewilligung und Förderabgabe nach dem BBergG, S. 35: „Gewährung einer Aneignungsbefugnis unter dem absoluten Ausschluß Dritter"; Lerche/Pestalozza, Die bergrechtliche Förderabgabe im System des horizontalen Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen nach Art. 107 I I GG, S. 66 ff., 72; Kloepfer/ Foilmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (581); Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 21 f.; Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 65f.; Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 90ff: Rechtsverleihung als „Leistung mit Einkommenseffekt"; Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 30.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

b) Die individuelle

Zurechenbarkeit

219

von Staatsleistungen

Dem Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit staatlicher Leistungen kommt für den verfassungsrechtlichen Gebührenbegriff zentrale Bedeutung zu. Wenngleich Inhalt und Funktion dieses Merkmals nicht immer in der gebotenen Deutlichkeit herausgearbeitet werden, ist es doch das im Zusammenhang mit den notwendigen Eigenschaften einer gebührenfähigen Staatsleistung am häufigsten genannte Merkmal. 1 2 4 Wie sich zeigen wird, bietet das Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit mit dem Ausschluß- bzw. Internalisierungskriterium einen durchaus leistungsfähigen Ansatzpunkt zur Identifizierung gebührenfähiger Staatsleistungen. Im juristischen Schrifttum ist dieses Kriterum infolge der Vernachlässigung finanzwissenschaftlicher Erkenntnisse allerdings nicht immer deutlich genug herausgehoben bzw. erkannt worden. Nachfolgend sollen die im Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit angelegten Abgrenzungskriterien und Belastungsvorstellungen daher im einzelnen herausgearbeitet werden. Auszugehen ist dabei von den im rechtswissenschaftlichen Schrifttum vertretenen Merkmalsdefinitionen.

aa) Umschreibungen der individuellen Zurechenbarkeit im juristischen Schrifttum Von zahlreichen Stimmen ausdrücklich oder doch der Sache nach mit der speziellen Entgeltlichkeit der Gebühr gleichgesetzt, 125 entnimmt man dem Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit, daß der Gebührenschuldner durch seine Zahlung einen Anspruch auf konkrete, gerade an ihn gerichtete Maßnahmen des Staates erhalten müsse 126 bzw. daß ein spezifischer Bezug 124

Siehe etwa BVerfGE 50, 217 (226) sowie das nachfolgende Schrifttum. So etwa bei Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), 577 (601); Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 34; Wilms , Die Entlastung der Städte vom Individualverkehr durch Abgaben und andere Geldleistungspflichten, S. 28f.; Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 53; Kloepfer/ F ollmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (582); unklar insoweit Reinhard, Die Zulässigkeit der Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Erhebung kommunaler Benutzungsgebühren, S. 124f. Zu beachten ist allerdings, daß andere Stimmen dem Grundsatz der speziellen Entgeltlichkeit eine hiervon verschiedene Bedeutung beimessen; siehe hierzu bereits D i l . 125

126 Kloepfer, Zur aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen Abwasserabgabenbescheide, JZ 1983, 742 (745); Hervorhebung durch den Verfasser. Weil ein derartiger Anspruch dem Abgabeschuldner nach dem Abwasserabgabengesetz des Bundes nicht zustehe, kam Kloepfer a.a.O. in der Diskussion um die Rechtsnatur der Abwasserabgabe des Bundes zu dem Ergebnis, daß diese nicht als Gebühr für die Inanspruchnahme staatlicher Gewässerschutzmaßnahmen angesehen werden

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

gerade zwischen dem Gebührenpflichtigen und dem Träger der öffentlichen Verwaltung in der Weise zu bestehen habe, daß die staatliche oder kommunale Leistung gerade dem Gebührenpflichtigen zugute kommen 127 oder doch, im Gegensatz zu allgemeinen Staatsaufgaben, im individuellen Inter 1^Ä

1OQ

esse des Abgabeschuldners liegen oder aber individualdienlich sein müsse. Andererseits genüge es für das Vorliegen einer individuell zurechenbaren Leistung nicht, wenn dem Gebührenpflichtigen allgemein und vielleicht nur mittelbar ein Vorteil daraus erwachse, daß die öffentliche Verwaltung überhaupt, d.h. im Allgemeininteresse tätig w i r d . 1 3 0 Weiterhin wird die individuelle Zurechenbarkeit auch ohne nähere Umschreibungen gleichgesetzt mit der besonderen Inanspruchnahme der Verwaltung 131 oder als konkrete, an Individuen erbrachte Einzelleistung 132 umschrieben, was wiederum dahin ergänzt wird, daß die Gebühr nur für diejenige Leistung der öffentlichen Hand erhoben wird, die ausschließlich einer bestimmten Person in der Weise zuzurechnen ist, daß andere Personen vom Effekt der Leistung ausgeschlossen sind. 1 3 3 Es gibt aber auch andere Stimmen. Die Tragweite des Merkmals der individuellen Zurechenbarkeit dürfe nicht überschätzt werden, denn Voraussetzung für dieses Merkmal sei nur, daß eine personelle Differenzierung könne. Zur individuellen Zurechenbarkeit ähnlich: Wilms, Die Entlastung der Städte vom Individualverkehr durch Abgaben und andere Geldleistungspflichten, S. 28 f. 127 Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 53 - Hervorhebung durch den Verfasser. 128 Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 47 - Hervorhebung durch den Verfasser; ähnlich v. Mutius/Lünenbürger, Öffentliche Abgaben für Wasserentnahmen kraft Landesrechts, DVB1. 1995, 1205 (1206f.); Sander, Der „Wasserpfennig" eine Abgabe mit oder ohne Gegenleistung"; DVB1. 1990, 18 (20). 129 P. Kirchhof, Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1426). 130 Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 53; v. Mutius/Lünenbürger, Öffentliche Abgaben für Wasserentnahmen kraft Landesrechts, DVB1. 1995, 1205 (1206f.); ähnlich Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 55 f., welche die individuelle Zurechenbarkeit in dem Zusatz „besondere" Leistung angelegt zu sehen scheinen. So ebenfalls Ubber, Der Beitrag als Institut der Finanzverfassung, S. 27, und Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 170f.: Um von einer „individuellen Gegenleistung" sprechen zu können, müsse die dem Abgabeschuldner erbrachte Leistung über denjenigen Vorteil hinausgehen, den die Allgemeinheit erfährt. 131 Kloepfer/Follmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (582); vgl. auch Franke, Umweltabgaben und Finanzverfassung, StuW 1994, 26 (29). 132 F. Kirchhof, Der Baden-Württembergische „Wasserpfennig", N V w Z 1987, 1031 (1035) - Hervorhebung durch den Verfasser. 133 F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 18. In diesem Sinne weist F. Kirchhof der individuellen Zurechenbarkeit Verfassungsrang zu; vgl. a.a.O., S. 23.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes221 innerhalb des Kreises der Leistungsempfänger überhaupt möglich i s t . 1 3 4 Daß jeder einzelne Abgabeschuldner von einer gerade und ausschließlich ihm geltenden Handlung des Staates betroffen werde, sei für die individuelle Zurechenbarkeit dagegen nicht erforderlich. 135 Um unter dem Gesichtspunkt der individuellen Zurechenbarkeit gebührenfähig zu sein, reiche es aus, wenn die betreffende Leistung zunächst für einen anonymen, hinsichtlich der potentiellen Abgabeschuldner unüberschaubaren Adressatenkreis erbracht und erst durch tatsächliche Inanspruchnahme im Einzelfall individualisiert bzw. individuell zugerechnet werde. Daß der Staat eine Leistung gleichzeitig der Allgemeinheit erbringe, stehe der Begründung einer derart individualisierenden Beziehung nicht entgegen. 136 Vereinzelt wird daher auch für ausreichend gehalten, daß dem Abgabeschuldner aus einer vornehmlich im Sinne der Allgemeinheit erbrachten Leistung lediglich mittelbar, d.h. als Nebeneffekt ein bestimmter individueller Nutzen zugute kommt. 1 3 7 Diese Uneinheitlichkeit in der Charakterisierung individuell zurechenbarer Leistungen gibt Anlaß, nach der Leistungsfähigkeit dieses Merkmals in seiner rechtswissenschaftlichen Rezeption zu fragen. Dies soll im folgenden geschehen.

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Selmer/Broder sen/ Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 70. 135 Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 70. 136 Selmer/Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 70f.; Selmer/Brodersen, Rechtliche Probleme der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren, S. 5; P. Kirchhof, Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen, S. 44 f. Nach Kirchhofs Ansicht geschieht die Individualisierung im Falle der Gewässernutzung, indem ein Benutzer Wasser aufgrund technischer Entnahmeund Ableitungsvorrichtungen stetig aus dem öffentlichen Gewässer in seinen privaten Verfügungsbereich überführt." Schon früher hatte Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 88, darauf hingewiesen, daß individuelle Zurechenbarkeit auch dann vorliegen könne, wenn eine Leistung zwar speziell an einen bestimmten Abgabepflichtigen erbracht wird, der Empfänger im Prozeß der Leistungserstellung aber noch nicht individualisiert bzw. bestimmt sei und in diesem Sinne eine „anonyme" Staatsleistung vorliege. Im Falle solch anonymer Staatsleistungen ergebe sich die individuelle Zurechenbarkeit dann aus den tatsächlichen Umständen. 137 Soweit ersichtlich, vertritt nur Hendler, Zur rechtlichen Beurteilung von Umweltabgaben am Beispiel des „Wasserpfennigs", NuR 1989, 22 (27), diese Auffassung.

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff bb) Zur Leistungsfähigkeit des herkömmlichen Zurechenbarkeitskonzeptes

Abgesehen von den erkennbaren Abweichungen im einzelnen ist die Leistungsfähigkeit des Merkmals der individuellen Zurechenbarkeit in seinem üblichen Gebrauch durch die Rechtswissenschaft zunächst mit Vorsicht zu beurteilen. Zweifel an der Abgrenzungskraft vorgenannter Umschreibungen bestehen jedenfalls solange, wie nicht geklärt ist, welche weiteren Merkmale darüber entscheiden, ob eine Maßnahme »gerade an den Schuldner 4 gerichtet ist, »einen spezifischen Bezug4 zu ihm herstellt oder nur seinem »individuellen Interesse dient 4 . Denn wer wollte etwa bestreiten, daß der Staat, um das Beispiel der umstrittenen Verleihungsgebühr im Blick zu behalten, das verliehene Recht unter Übergehung eventueller Mitbewerber gerade dem Antragsteller und späteren Gebührenpflichtigen zuwendet, dieses in seinem individuellen Interesse tut und dem Abgabeschuldner damit mehr gibt, als es der Allgemeinheit zuteil wird? Aufgrund fehlender individueller Zurechenbarkeit müßte es einer staatlichen Rechtsverleihung nach den bisherigen Umschreibungen jedenfalls nicht an der erforderlichen Leistungsqualität ermangeln, und zwar selbst dann nicht, wenn man die strengeren unter den obengenannten Umschreibungen anwendet. Einer gewissen Beliebigkeit in der Argumentation scheint nach den bisherigen Überlegungen daher durchaus noch ein beträchtlicher Spielraum offenzustehen. Dementsprechend spiegeln sich die zu Teilen schon in ihrem Bezugspunkt unterschiedlichen Vorstellungen über die individuelle Zurechenbarkeit einer gebührenfähigen Leistung auch in der jeweiligen Diskussion über aktuelle Beispiele aus der Abgabenwirklichkeit wider. Etwas ausführlicher sei insoweit auf die Diskussion zum baden-württembergischen Wasserpfennig eingegangen, in der es unter anderem um die Anerkennung von Wasserbewirtschaftungsmaßnahmen durch das Land Baden-Württemberg als Gegenleistung für den Wasserpfennig ging. 1 3 8 Hendler etwa vertrat die Ansicht, der Staat erbringe durch die Verwendung des Abgabeaufkommens für Wasserbewirtschaftungsmaßnahmen insofern eine individuell zurechenbare Leistung, als er dem einzelnen die unter Aufwendung öffentlicher Mittel hergestellten bzw. unterhaltenen und gepflegten Gewässer als öffentliche Sache zur besonderen Benutzung überlasse. Auf die individuelle Zurechnung der Kosten für die Herstellung bzw. Unterhaltung und Pflege 138

M i t der Vornahme von Reinhaltungs- und Pflegemaßnahmen an Gewässern hatte der Regierungsentwurf zum Baden-Württembergischen Wassergesetz die Einführung des Wasserentnahmeentgelts begründet, vgl. LT-Drs. 9/4237, S. 13 f. Ob an die Allgemeinheit, d.h. zumindest teilweise in Erfüllung wasserhaushaltsrechtlicher Ziele erbrachte Leistungen des Staates als individuell zurechenbare „Gegenleistungen" des Wasserentnahmeentgelts angesehen werden können, bildete sodann einen Schwerpunkt im Rahmen der wissenschaftlichen Diskussion.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes223 der betreffenden Sache komme es dabei nicht an; auch den Inhabern straßenrechtlicher Sondernutzungserlaubnisse könnten die Kosten für den Bau und die Unterhaltung öffentlicher Straßen nicht individuell zugerechnet werden. 139 Wenn dagegen im Bereich der Benutzungsgebühren "neuerdings" auch eine präzise individuelle Zurechenbarkeit der staatlichen Kosten für die Herstellung und Unterhaltung einer öffentliche Sache gefordert würde, laufe dieses auf eine steuerstaatsmotivierte Überhöhung gebührenbegrifflicher Anforderungen hinaus. 140 Für die individuelle Zurechenbarkeit von Wasserwirtschaftsmaßnahmen etwa genüge es daher, daß die Mehrzahl der Wasserentnehmer aus den hoheitlichen Aufwendungen für die Gewässerpflege einen Nutzen in der Weise ziehe, daß mit Hilfe der wasserwirtschaftlichen Maßnahmen entnahmefähiges Wasser nicht nur in der erforderlichen Güte, sondern auch in der benötigten Menge zur Verfügung steht. 141 Zumindest der kostenträchtige administrative Überwachungsapparat, den der Staat zur Früherkennung und Bekämpfung von quantitativen oder qualitativen Störungen des Wasserhaushalts bereithalte, komme allen Wasserentnehmern zugute. Daß der administrative Überwachungsapparat nicht nur im Individualinteresse der Gewässerbenutzer, sondern vornehmlich im Allgemeininteresse bestehe, erweise sich schließlich als unschädlich. 142 Mehrheitlich wurde die individuelle Zurechenbarkeit von Erhaltungsaufwendungen der Wasserbehörden auf Entnehmer von Oberflächenwasser bzw. Grundwasser hingegen verneint. 143 Hauptargument war dabei, daß die individuelle Zurechenbarkeit bei im Interesse der Allgemeinheit erfolgenden Maßnahmen letztlich nur Fiktion sei. Staatliche Wasserbewirtschaftungsmaßnahmen erfolgten generell im Interesse der Allgemeinheit und stellten demnach keine individuell zurechenbare und gebührenfähige Leistung dar, zu der sie auch nicht im Falle eines gelegentlich vermittelten Individualnutzens würden. 1 4 4 139

Hendler, Zur rechtlichen Beurteilung von Umweltabgaben am Beispiel des „Wasserpfennigs", NuR 1989, 22 (27). 140 Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), 577

(601).

141 Hendler, Zur rechtlichen Beurteilung von Umweltabgaben am Beispiel des „Wasserpfennigs", NuR 1989, 22 (27). 142 Hendler, Zur rechtlichen Beurteilung von Umweltabgaben am Beispiel des „Wasserpfennigs", NuR 1989, 22 (27). 143 Vgl. etwa BalmeSy Der baden-württembergische Wasserpfennig aus verfassungsrechtlicher Sicht, DStZ 1990, 198 (199); Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 53 ff.; Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 27; Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (776) sowie die Nachweise in der folgenden Fußnote.

224

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Ohne zu der Kontroverse bereits an dieser Stelle Position beziehen zu können, lassen die ausgetauschten Ansichten doch vermuten, daß hinter dem M e r k m a l der individuellen Zurechenbarkeit und den mehr oder weniger bildreichen Umschreibungen, welche i m Schrifttum dafür

angeboten

werden, ein weiteres M e r k m a l verborgen sein muß, welches über die i n d i v i duelle Zurechenbarkeit der j e w e i l i g e n Leistung eigentlich entscheidet. Es wäre i m Zusammenhang m i t der Auslotung der Grenzen des i m m e r h i n verfassungskräftig festgelegten Gegenleistungsmerkmals der Gebühr auch nicht zufriedenstellend, wenn man sich m i t dem einer Finanzierung durch Vorzugslasten offenbar entgegenstehenden H i n w e i s auf die Allgemeinheit einer Leistung zufrieden geben müßte, ohne zu wissen, welche Umstände eine Leistung erbracht

im

einzelnen

als

allgemein

ausweisen. Wäre eine auch

oder

im

individuellen

allgemeine L e i s t u n g 1 4 5

Interesse keinesfalls

gebührenfähig? Oder umgekehrt: W a r u m soll einer allgemeinen Leistung neben ihrer Finanzierung aus allgemeinen Steuermitteln die Einbettung i n ein zweipoliges

Gebührenschuldverhältnis

zu einem einzelnen

Abgabe-

schuldner versagt bleiben, selbst wenn sie i m Einzelfall unverkennbar auch private Nutzeffekte stiftet, die über den Allgemeinnutzen hinausgehen? 1 4 6

144 v. Mutius/Lünenbürger, Öffentliche Abgaben für Wasserentnahmen kraft Landesrechts, DVB1. 1995, 1205 (1206f.); ähnlich F. Kirchhof\ Leistungsfähigkeit und Wirkungsweisen von Umweltabgaben an ausgewählten Beispielen, UTR 16 (1991), 101 (111); ders., Der Baden-Württembergische „Wasserpfennig", N V w Z 1987, 1031 (1035); Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (220); Jachmann, Sonderabgaben als staatliche Einnahmequelle im Steuerstaat, StuW 1997, 299 (307); Sander, Der „Wasserpfennig" - eine Abgabe mit oder ohne Gegenleistung?, DVB1. 1990, 18 (20 f.), und zwar aufgrund einer Unterscheidung zwischen gebührenfähigen „besonderen" Leistungen sowie hiervon abzugrenzenden „allgemeinen Staatsleistungen", zu denen er Unterhaltungsmaßnahmen an Gewässern zählt; vgl. a.a.O. S. 21 f. - Ähnlich mit Blick auf die Fehlbelegungsabgabe: Fricke, Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf der Schnittstelle zwischen Abschöpfungsabgabe und Steuer, DÖV 1991, 688 (691). 145 Auf die Gebührenfähigkeit derart „auch allgemeiner" Leistungen deuten Aussagen im Schrifttum hin, nach denen die Begründung einer individualisierenden Beziehung auch bei solchen Leistungen möglich sein soll, die der Staat vorrangig an die Allgemeinheit erbringt; vgl. Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 70f.; Selmer/Brodersen, Rechtliche Probleme der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren, S. 5; P. Kirchhof, Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichs^Verpflichtungen, S. 44 f. 146 Um bei dem Beispiel der staatlichen Reinhaltungs- und Pflegemaßnahmen an Gewässern zu bleiben, wäre insoweit etwa hinzuweisen auf den Hersteller von Getränken oder anderen frisch- bzw. quellwasserbedürftigen Produkten, der aus der Überwachungstätigkeit staatlicher Wasseraufsichtsämter einen besonderen Nutzen dadurch zieht, daß in „seinem" Einzugsbereich eine mit Ausnahme von Störfällen gleichbleibende Wassergüte gewährleistet ist, die ihrerseits wieder eine stabile Grundlage für betriebliche Dispositionen des Herstellers darstellt.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

225

Um wirklich leistungsfähig zu sein, müßte das Konzept der individuellen Zurechenbarkeit fraglos auch eine Antwort auf diese Fragen ermöglichen. Dieses scheint angesichts eines offenen Leistungsbegriffs auch notwendig, denn wenn der Kreis potentiell gebührenfähiger Leistungsgegenstände weit ist, kommt der Ermittlung eines gebührentypischen Zurechnungsmodus entscheidende Bedeutung für die Abgrenzung gebührenfähiger Staatsleistungen von solchen Leistungen zu, die der Steuerfinanzierung vorbehalten sind. Um das Konzept der individuellen Zurechenbarkeit in diesem Sinne zu präzisieren, bedarf es somit weiterführender Überlegungen. cc) Überlegungen zur Präzisierung der „individuellen Zurechenbarkeit" Ausgangspunkt der notwendigen Präzisierung von Rahmenbedingungen für die individuelle Zurechenbarkeit von Staatsleistungen ist zunächst die Erkenntnis, daß es aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht offenbar nicht genügen kann, dem Staat und Abgabegläubiger bezüglich der individuellen Zurechnung von Leistungen auf einzelne Gebührenschuldner ein unbeschränktes und nicht nachprüfbares Dispositionsrecht einzuräumen. 147 Derartigen Vorstellungen von einem subjektiven oder finalen Charakter der individuellen Zurechenbarkeit mag zwar eine gewisse Übereinstimmung mit dem finanzwissenschaftlichen Funktionenverständnis der Gebühr zuzugestehen sein. 1 4 8 Mit dem Institutionenverständnis der Gebühr und ihrer verfas147 In diesem Sinne formuliert Wilke wie folgt: „Diejenigen Leistungen sind individuell zurechenbar, die (der Staat) individuell zurechnet"; vgl. ders., Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 88. - Ubber, Der Beitrag als Institut der Finanzverfassung, S. 226, muß übrigens einräumen, daß dieser Befund Wilkes auch aus der Sicht der sog. materiellen Abgrenzungslehre zutrifft, welche die Gebührengewalt des Staates im Gegensatz zu der durch Wilke (mit-)geprägten formalen Abgrenzungslehre durch materielle Kriterien gerade begrenzen will. Wilke vertritt a.a.O. dagegen die Ansicht, dem Gesetzgeber stehe eine weitgehende Dispositionsfreiheit über die individuelle Zurechenbarkeit zu. Die Grenze seines Ermessens liege dort, wo „keine spezifische Beziehung zwischen Leistung und Gebührenschuldner mehr erkennbar, die Abgabenpflicht somit nicht mehr durch die Gewährung einer besonderen Staatsleistung bedingt" sei. - Auch Puwalla (Qualifikation von Abgaben, S. 105 f.) vertritt die Ansicht, daß der Staat selbst die Entscheidung über die individuelle Zurechenbarkeit seiner Leistungen treffe, indem er festlege, was er im Interesse der Allgemeinheit und was er demgegenüber im Interesse des einzelnen erbringe. Für Puwalla (a.a.O., S. 106ff.) entscheidend sind daher die Regeln, nach denen der Staat seine Zurechnungsentscheidung trifft. Er erkennt eine Parallele zum zivilrechtlichen Bereicherungsrecht und gibt danach auch dem abgabenrechtlichen (Gegen-)Leistungsbegriff finalen Charakter. Die Abgabe selbst verfolgt dann ihrerseits den Zweck, eine Güterverschiebung auszugleichen, die zwischen Allgemeinheit und Abgabeschuldner stattgefunden hat (vgl. a.a.O., S. 138.). 148 In der finanzwissenschaftlichen Literatur haben Hansmeyer/Fürst zur „Gebührenpolitik" des Staates neben der Steuerung des Nachfrageverhaltens zur Erreichung bestimmter Zwecke auch die Frage der Zurechenbarkeit sowie die Auswahl

1 Drömann

226

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

sungsrechtlichen Ausgestaltung scheinen sie aber unvereinbar. Soll der verfassungsschwere Kern dieses Instituts, der Gegenleistungscharakter, seine typenprägende und gegenüber der Steuer distanzschaffende Abgrenzungsfunktion erfüllen, so muß er einer beliebigen Handhabe und Auslegung durch den einfachen Gesetzgeber entzogen sein. Einer so verstandenen Abgrenzungsfunktion entsprechend dürften dann eher schon objektive Bedingungen der Leistungserbringung zu fordern sein, welche über die individuelle Zurechenbarkeit des Leistungsgegenstandes entscheiden. Würde der Staat hingegen kraft nicht nachprüfbaren Beurteilungsspielraums entscheiden, wo Leistungen individuell zurechenbar sind und wo nicht, so erhielte er damit gleichzeitig ein Dispositionsrecht über die im Gebührenbegriff zugleich enthaltene Verfassungsentscheidung für eine gerechte Gebührenbelastung. Denn der Gegenüberstellung der voraussetzungslos geschuldeten Steuer mit der für die Inanspruchnahme der Verwaltung geschuldeten Vorzugslast (§ 1 RAO) ist über die begriffliche Beschreibung zweier Abgabegattungen und deren Binnenabgrenzung hinaus ferner die Grundentscheidung zu entnehmen, daß nur mit einer Vorzugslast soll belastet werden können, wer die Verwaltung in besonderer Weise für sich beansprucht und dadurch in gewisser Weise fordernd oder „provozierend" 149 aus der Masse der anonymen Allgemeinheit heraustritt. Der stille Nutznießer als Teilnehmer der Allgemeinheit hingegen soll nur mit solchen Lasten belegt werden können, die jedermann kraft seiner individuellen Leistungsfähigkeit treffen. So gesehen verkörpert die Gebühr bzw. Vorzugslast ebenso wie die Steuer ein belastungspolitisches Leitbild, das sich der Abgabengesetzgeber nicht durch verwässernde Auslegung der ihr zugrundeliegenden Belastungsvorstellungen zueigen machen darf, sondern dem er sich bei Tatbestandsgestaltung und -auswahl zu unterwerfen hat. Auch damit diese Gerechtigkeitsvorstellung vor abweichenden Zurechnungswertungen des einfachen Gesetzgebers geschützt ist, wäre es somit hilfreich, wenn es ein objektives Eigenschaftsbündel von Leistungen gibt, bei dessen Vorliegen verläßliche Rückschlüsse darüber möglich sind, ob sich Wert-, Vermögens-, Sach- oder sonstige Zuwendungen auf einzelne beziehen oder nicht. Zusammenfassend sind es somit zwei Aspekte, aus denen sich die Vorzugswürdigkeit eines dem gesetzgeberischen Ermessen möglichst entzogenen Zurechenbarkeitskriteriums ergibt: Die zur Abgrenzung von Steuer und Vorzugslast notwendige Mißbrauchsresistenz des Gegenleistungsbegriffs des gebührenfähigen Objekts gezählt und die Frage der Zurechenbarkeit dabei ausdrücklich als „politischen A k t " bezeichnet; vgl. dies., Die Gebühren, S. 43. 149 Vgl. schon den Begriff der Kostenprovocation bei A.Wagner, Finanzwissenschaft, Zweiter Theil: Theorie der Besteuerung, Gebührenlehre und allgemeine Steuerlehre, 2. Auflage 1890, S. 36, 38, zitiert bei Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (524), über Fn. 39.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

227

einerseits, und der Schutz des Abgabeschuldners vor einer willkürlichen Durchbrechung des in der rezipierten Vorzugslast enthaltenen Gerechtigkeitsaspekts andererseits. Beide führen in der Sache zur Forderung nach einem möglichst unverfälschbaren und in diesem Sinne »objektiven1 Prüfkriterium. Als solches bietet sich die sog. Teilbarkeit von Leistungen an.

(1) Teilbarkeit und Ausschließbarkeit im rechtswissenschaftlichen Schrifttum Einen Ansatz zur Grenzziehung zwischen gebührenfähigen und zwingend steuerfinanzierten Staatsleistungen hatte zunächst Wilke durch seine Unterscheidung von teilbaren und nicht teilbaren Staatsleistungen vorgeschlagen. 1 5 0 Wilke erwähnt das Beispiel einer Abgabe, deren Aufkommen der Landesverteidigung zugute kommen soll. Obwohl die militärische Aktivität des Staates eine Leistung sei, die er seinen Angehörigen erbringt, könne eine derartige Leistung doch keine Gebührenpflichten begründen, da die Zahl der Empfänger dieser Leistung der Zahl der Staatsbürger entspreche und es damit an Anknüpfungspunkten für eine personelle Differenzierung innerhalb der mit der Leistung Bedachten fehle. Als Abgabe, die ohne Ansehen der Person alle treffe, könne die „Verteidigungsabgabe" dann aber nur Steuer sein. 1 5 1 In der juristischen Literatur ist der mögliche Beitrag des Teilbarkeitskriteriums zur Identifizierung gebührenfähiger Leistungen seither allerdings nur gering veranschlagt bzw. verkannt worden. Ubber etwa definiert, „teilbar oder individuell zurechenbar" seien diejenigen staatlichen Leistungen, die sich nicht auf die Allgemeinheit, sondern auf Individuen „beziehen." 152 Abgesehen von der inhaltlichen Unschärfe des Sichbeziehens verdeutlichen derartige Gleichsetzungen von Teilbarkeit und individueller Zurechenbarkeit, daß man sich insgesamt nicht viel von dem möglichen Erkenntniswert des Teilbarkeitskriteriums verspricht. Weiterführend wäre hingegen die Frage, in welchem Verhältnis Teilbarkeit und individuelle Zurechenbarkeit zueinander stehen, ob sie sich also beispielsweise gegenseitig bedingen oder ob sie nur einseitig im Verhältnis von Voraussetzung und Folge zueinander stehen. 150

Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 86ff. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 86. 152 Ubber, Der Beitrag als Institut der Finanzverfassung, S. 39 - Hervorhebung durch den Verfasser. Ähnlich Puwalla, Qualifikation von Abgaben, S. 46: „Teilbar sind alle Leistungen, die sich nicht auf das Gesamtkollektiv, sondern auf die Individuen beziehen." Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 70, benennen das Teilbarkeitskriterium ebenfalls, ohne allerdings eine begriffliche Präzisierung zu versuchen. 151

1*

228

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Anhaltspunkte zur Unterscheidung von Teilbarkeit und individueller Zurechenbarkeit scheinen sich unterdessen unschwer auszumachen. Die Teilbarkeit einer Leistung deutet schon sprachlich auf einen anderen Bezugspunkt hin als deren Zurechenbarkeit: Während die Teilbarkeit von Leistungen von objektiven bzw. axiomatischen, jedenfalls physischen Bedingungen abhängt, kann man sich bei der individuellen Zurechenbarkeit, wie gerade die Diskussion um die Reinhaltungsmaßnahmen an Gewässern zeigt, nie ganz von dem Eindruck freimachen, daß dieses Kriterium im Gegensatz zur Teilbarkeit eher im Sinne einer vergeistigten Güterdimension mit Raum für wertende Betrachtungen und Zurechnungsakte verstanden wird. Nur selten wird die Teilbarkeit einer Leistung dagegen als Voraussetzung der individuellen Zurechenbarkeit angesehen.153 Sollte dieses zutreffen, so wäre damit jedoch zugleich auch angedeutet, daß die individuelle Zurechenbarkeit eben keinen Raum für wertende Zurechnungsakte eines unbeschränkt zurechnungskompetenten Gesetzgebers repräsentieren kann, sondern im Gegenteil weitgehend von objektiven Leistungseigenschaften bestimmt wird. Auch aus systematischen Erwägungen besteht im übrigen Anlaß zu der Vermutung, daß ein Verhältnis von Voraussetzung und Folge geradezu erforderlich sein muß. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man wie hier von einem gegenständlich offenen Leistungsbegriff ausgeht und den verfassungsrechtlichen Gebührenbegriff in diesem Sinne vor finanzverfassungsrechtlich induzierten Einschränkungen auf der Ebene des zulässigen Leistungsgegenstandes abschirmt. Vor allem aber verlangt die mißbrauchsresistente Abgrenzung der Gebührengewalt vom Steuerregime nach weiterführenden Abgrenzungsmerkmalen, die im Begriff der individuellen Zurechenbarkeit zwar angelegt sind, insgesamt aber doch häufig überlesen zu werden drohen. So liefert Wilke selbst im Anschluß an sein Beispiel von der Verteidigungsabgabe zwar den Versuch einer begrifflichen Abschichtung von teilbaren und unteilbaren Leistungen, läßt das systematische Verhältnis der Teilbarkeit von Leistungen zu ihrer individuellen Zurechenbarkeit dabei aber letztlich unerläutert, indem er beide Begriffe im Ansatz synonym behandelt. Deutlich wird dies an der Umschreibung unteilbarer Leistungen. Deren Wesen umschreibt er im Anschluß an älteres finanzwissenschaftliches Schrifttum dahin, daß die ihnen zugrundeliegenden Gemeinschaftsausgaben von der Gesamtheit der Staatsangehörigen veranlaßt seien und ihrer Natur nach nicht auf einzelne verteilt bzw. diesen nicht zugerechnet werden könnten. 1 5 4 Derartige Leistungen, zu denen etwa auch die Unterhaltung eines Auswärtigem Amtes mitsamt seinen Botschaften zur Pflege auswärtiger 153 So ausdrücklich Selmer/Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 70. 154 Vgi.Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 87f.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes229 Beziehungen gezählt werden könnte, kommen zwar dem einzelnen in irgendeiner Weise mittelbar zugute, sind aber nach wohl allgemeiner Ansicht in keiner Weise auf ein Einzelrechtsverhältnis zu einem bestimmten Gebührenschuldner zu beziehen bzw. gestatten von vornherein keinen gebührenmäßigen Individualbezug. Puwalla definiert diese unteilbaren Leistungen dahin, daß sie „ ... allen Staatsbürgern ausnahmslos zugute kommen, ohne daß ein Individuum oder ein bestimmter Kreis von Bürgern mit ihnen in engeren Kontakt treten kann als andere." 155 Hier, so könnte man folgern, setze sich die in § 1 RAO angelegte Vorstellung des Grundgesetzes von einer gerechten Gebührenbelastung voll durch und entwickele eine Sperrwirkung zulasten der Gebühr. Eine unteilbare Leistung könnte nach der verfassungsrechtlichen Belastungsregel des § 1 RAO niemals gebührenfähige Leistung sein. Die für unteilbare Leistungen erhobene Gebühr verstieße überdies gegen die Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung (Steuervorrang). Aus Sicht des Gebührenschuldners führte sie nämlich einerseits zur gleichheitswidrigen Zusatzbelastung mit Gemeinlasten, und sie wäre andererseits nicht mehr hinreichend von der Steuer unterscheidbar. Was den Gegenpart der sog. teilbaren Leistung anbetrifft, so liefert Wilke keine griffige Definition. Aufgrund eines rechtstatsächlichen Befundes gelangt er statt dessen zu der Beobachtung, daß die in den bestehenden Gebührennormen vorgesehenen Leistungen nur bestimmte Personen betreffen, die durch Inanspruchnahme einer Leistung in engeren Kontakt zur öffentlichen Hand treten als andere. 156 Eben dieser Umstand mache auch das „Besondere", „Bestimmte", „Spezielle" oder „Konkrete" an der Leistung aus, 1 5 7 allesamt Eigenschaften also, welche stets das Vorliegen einer teilbaren Leistung voraussetzten. 158 Ob die betreffende Leistung teilbar bzw. individuell zurechenbar sei, hänge häufig von den rein tatsächlichen Umständen ab. 1 5 9 Ein insoweit instruktives, wenngleich infolge technologischen Fortschritts inzwischen veraltetes Beispiel liefert F. Kirchhof im Zusammenhang mit der Betrachtung des gemeinhin als Rundfunkgebühr bezeichneten Entgeltes für das Empfangen von Rundfunksendungen öffentlich-rechtlicher Anbieter. 155

Puwalla, Qualifikation von Abgaben, S. 46; Hervorhebung im Original. Vgl .Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 86. 157 Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 86 f., mit jeweiligen Nachweisen. 158 Vgl .Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 87. 159 Vgl .Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 88. Wilke macht hier an sich die „individuelle Zurechenbarkeit" von den Umständen abhängig, läßt aber deutlich erkennen, daß er der Teilbarkeit inhaltlich wie systematisch die gleiche Bedeutung zumißt wie der individuellen Zurechenbarkeit. Dies wird auch an anderen Stellen deutlich, vgl. etwa a.a.O., S. 87. 156

230

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Zutreffend macht F. Kirchhof die Gebühreneigenschaft dieses Entgelts davon abhängig, ob die Sendungen der Rundfunkanstalten als entgeltauslösende Leistungen dem einzelnen Hörer individuell zurechenbar sind oder nicht. Er verneint diese Frage, weil die Sendeanstalten ihre Leistungen nicht in bezug auf bestimmte einzelne Empfänger erstellten. 160 Zwar könnten die Rundfunksendungen - ähnlich wie anonyme Staatsleistungen - noch bei ihrer Entgegennahme durch den Teilnehmer individualisiert werden, hierzu fehle es ihnen aber an den notwendigen tatsächlichen Eigenschaften. Denn individualisierbar seien Leistungen stets nur dann, wenn der Abgabegläubiger die Leistungsentgegennahme in der Weise steuern könne, daß er die Leistung nur ausgewählten Personen zukommen lasse und andere von ihr ausschließe. 161 Bei Funkwellen sei dieses aber nicht der Fall} 62 Hansmeyer/Fürst haben diesen Zusammenhang dahin umschrieben, daß für individuell zurechenbare Leistungen ein Anspruch auf die Gegenleistung technisch überhaupt erst realisierbar sein muß. 1 6 3 Mit dem Merkmal der technischen Realisierbarkeit eines Ausschlusses einzelner von der Leistungsentgegennahme scheint nun ein objektives, d. h. in der unverfälschbaren Natur der Leistung begründetes Merkmal gefunden zu sein, das die Abhängigkeit der individuellen Zurechenbarkeit von wertenden Betrachtungen befreien und nachprüfbar machen könnte. Im juristischen Schrifttum wird die Bedeutung dieses Merkmals allerdings auffällig selten zur Kenntnis genommen. 164 In den zur staatlichen Leistung rezipierten Attributen („besondere" 165 , „bestimmte", „spezielle" oder „konkrete" 1 6 6 Leistung) ist es kaum noch enthalten, sondern scheint bei weiten Teilen des Schrifttums durch die traditionelle Fortschreibung des Merkmals der 160

F. Kirchhol\ Die Höhe der Gebühr, S. 35. F. Kirchhol; Die Höhe der Gebühr, S. 35. 162 F. Kirchhol ordnet die „Rundfunkgebühr" a.a.O. daher im Ergebnis als Beitrag ein. 163 Hansmeyer/Fürst, Die Gebühren, S. 34 f. 164 Das Ausschlußprinzip wird genannt bei Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (533 f.); ders., Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 87, S. 38, Rdn. 48; Vogel/Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104a - 115, Rdn. 414; F. Kirchhol, Die Höhe der Gebühr, S. 18, 35; Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (776) und andeutungsweise auch bei Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 70 („personelle Differenzierung innerhalb der Leistungsempfänger"). 165 So wohl bei Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 39; ders., Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (174), freilich jeweils ohne ausdrücklichen Bezug zum Ausschließlichkeitsprinzip. 166 So wohl jeweils P. Kirchhol, Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen, S. 32. 161

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

231

„besonderen" Leistung aus dem Blickfeld geraten, 167 wie dies auch die vorstehend skizzierte Auseinandersetzung um die individuelle Zurechenbarkeit der Reinhaltungsmaßnahmen für Gewässer gezeigt hat. Die Bedeutung des Ausschlußprinzips ist in dieser Diskussion weitgehend unberücksichtigt geblieben. 168 Die Finanzwissenschaft hat sich demgegenüber intensiver um die Bestimmung der an gebührenfähige Leistungen zu stellenden Anforderungen bemüht und dabei im Zusammenhang mit der individuellen Zurechenbarkeit trotz im Zeitablauf revidierter bzw. veränderter Gebührenvorstellungen stets auch das Ausschließlichkeitskriterium im Auge behalten. Ein Blick auf finanzwissenschaftliche Aussagen scheint daher an dieser Stelle angebracht. (2) Finanzwissenschaftliche Bedingungen einer Finanzierung durch spezielle Entgelte Den finanzwissenschaftlichen Aussagen zu den Eigenschaften gebührenfähiger Leistungen nähert man sich zweckmäßigerweise von der volkswirtschaftlichen Güterlehre her. Ihr können Aussagen sowohl zum Wesen des Ausschlußprinzips als auch zu den Bedingungen einer Finanzierung durch spezielle Entgelte (Gebühren) entnommen werden. (a) Kollektive, private und Mischgüter Die volkswirtschaftliche Güterlehre kennt im Anschluß an Musgrave 1 6 9 bei terminologischen Abweichungen im einzelnen - sog. öffentliche 170 bzw. kollektive 1 7 1 Güter sowie ferner private Güter 1 7 2 und Mischgüter. 173 167 Vgl. etwa Ubber, Der Beitrag als Institut der Finanzverfassung, S. 27, der hier die „Besonderheit" der staatlichen Leistung schlicht mit dem Hinweis auf ihre individuelle Zurechenbarkeit umschreibt. 168 Eine Ausnahme bilden insoweit Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (776) mit ausdrücklichem Bezug auf das Ausschlußprinzip, sowie Hansmeyer/ Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 34. Letztere weisen darauf hin, daß im Falle der Gewässerbewirtschaftung und Reinhaltung das „ökonomische Kriterium der Nutzenäquivalenz" nicht eingehalten sei. Implizit sprechen sie damit die mangelnde Internalisierungsfähigkeit der aus den Reinhaltungsmaßnahmen fließenden Nutzenströme infolge Nichtgeltung des Ausschlußprinzips an. Ähnlich Gawel, Die kommunalen Gebühren, S. 105. 169 Musgrave, Finanztheorie, S. 9 ff., schließt von bestimmten Bedürfniskategorien auf Eigenschaftsbündel der zu ihrer Befriedigung geeigneten Güter. Entsprechend den Bedürfniskategorien social wants (= von Individuen empfundene Bedürfnisse, die nur durch in einem technischen Sinne unteilbare und insoweit zwingend dem Kollektiv gewidmete Güter befriedigt werden können) und merit wants (= Individualbedürfnisse, die individuell durch teilbare Güter befriedigt werden können)

232

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Diese unterscheiden sich i m wesentlichen anhand ihrer güterspezifischen, und zwar entweder kollektiven und/oder privaten N u t z e f f e k t e : 1 7 4 Bei

zahlreichen

Gütern,

die

für

die

Allgemeinheit

erwünscht und deshalb an diese adressiert

notwendig

sind, k o m m t

deren

oder

Nutzen

zwangsläufig allen M i t g l i e d e r n der Gemeinschaft zugute. Niemand kann v o n i h m ausgeschlossen werden, der Nutzen des einen schmälert nicht den Nutzen des a n d e r e n . 1 7 5 M a n spricht hier v o m Nichtfunktionieren des Ausschlußprinzips: die einzelnen M i t g l i e d e r der Gemeinschaft

rivalisieren

nicht

u m den K o n s u m der betreffenden Güter (sog. Güter m i t nichtrivalisierendem Konsum), der Nutzen dieser Güterkategorie ist vollständig externali•

.

176

sieri. Das Externalitätenkriterium,

welches für

sich gesehen nichts

anderes

besagt als das Vorliegen nicht marktvermittelter E f f e k t e , 1 7 7 sorgt bei diesen Gütern dafür, daß selbst ein zahlendes Wirtschaftssubjekt niemals mehr Nutzeffekte aus der Leistung ziehen kann als ein nichtzahlender Nutznießer. Umgekehrt kann der Leistende bei dieser Konstellation nicht garantie-

unterscheidet er zwischen social goods und merit goods. Nur bei letzteren funktioniert das Ausschlußprinzip („exclusion principle"). 170 So Hansjürgens, Sonderabgaben aus finanzwissenschaftlicher Sicht - am Beispiel der Umweltpolitik, StuW 1993, 20 (32); ders., Umweltabgaben im Steuersystem, S. 104f.; Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger, Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (534), Fn. 90, m.w.N. für das englischsprachige Schrifttum. 171 So Hansmeyer/Fürst, Die Gebühren, S. 44; Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 42. Andere sprechen von „spezifisch öffentlichen" oder „rein öffentlichen" Gütern; so etwa Gawel, Die Gebühren vor der ökologischen Herausforderung, KStZ 1996, 21 (23); Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 26. 172 Gawel, Die Gebühren vor der ökologischen Herausforderung, KStZ 1996, 21 (23). Vereinzelt wird auch von „spezifischen Privatgütern" - so Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sach- und Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902) - sowie von „Individualgütern" gesprochen, so Hansjürgens, Sonderabgaben aus finanzwissenschaftlicher Sicht am Beispiel der Umweltpolitik, StuW 1993, 20 (32); Hansmeyer/Fürst, Die Gebühren, S. 44. 173 Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 29, sprechen von „öffentlichen Mischgütern" und „öffentlichen Kuppelproduktionen". 174 Einen Überblick verschaffen etwa Musgrave, Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, S. 54ff.; Zimmermann/Henke, Finanzwissenschaft, S. 45 ff. 175 Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sachund Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (901 f.). 176 Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 26f.; Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sach- und Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902). 177 Vgl. Hopp, Ursachen und Ursachenmehrheiten im Umwelthaftungsrecht, S. 88 m.w.N.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes233 ren, daß der Nutzen seiner Leistung nur beim Zahlenden verbleibt und er dem Nichtzahlenden versagt bleibt. Bohley hat hierfür das Bild des in der Wirtschaftstheorie bekannten Schwarzfahrers („free-rider") aufgegriffen und deutlich gemacht, daß es bei Vorliegen externer Effekte nicht einmal des Willens bedürfe, den Leistungsnutzen auf Umwegen zu internalisieren, weil in einer solchen Situation schlichtweg niemand vom Konsum der Nutzeffekte ausgeschlossen werden könne. 1 7 8 Diese Bedingung ist z.B. gegeben bei Leistungen der inneren und äußeren Sicherheit oder nach Ansicht einiger Autoren auch bei der Luftreinhaltung. 179 Sie kann ferner zutreffen bei Gütern, bei denen der Ausschluß einzelner zwar technisch möglich ist, aber unverhältnismäßig aufwendig, ineffizient oder gesellschaftlich unerwünscht. 1 8 0 Weil die ökonomische Theorie davon ausgeht, daß der Marktmechanismus auf das Funktionieren des Ausschlußprinzips und die Rivalität von Marktteilnehmern angewiesen ist, meint man, daß diese Güter nicht durch den Markt bereitgestellt werden können. Im idealtypisch mit privatrechtlichen Organisationsformen identifizierten Paradigma Markt werden diese Güter daher, um den Gegensatz zu den markttypischen Privatgütern herauszustellen, als kollektive oder (spezifisch) öffentliche Güter bezeichnet. 1 8 1 Diesen Gütern stehen solche gegenüber, die an einzelne adressiert sind und deren Konsumenten sich durch Zahlung eines Preises für den Empfang dieser Güter qualifiziert haben. Diejenigen dagegen, die nicht gewillt sind, den dafür geforderten Preis zu zahlen, können vom Genuß (Nutzen) dieser Güter ausgeschlossen werden. 182 Der Nutzen dieser Güter ist deshalb voll internalisiert. 183 Der Nutzenstrom erreicht nur den Zahlenden, dem wiederum die für Externalitäten typische Erfahrung erspart bleibt, daß sein Nachbar, ohne dafür zahlen zu müssen, den gleichen Nutzenstrom internalisieren kann wie er selbst. Da vollständige Internalisierung stattfindet, entsteht rivalisierende Nachfrage, die durch das Ausschlußprinzip gelöst wird. Diese Bedingung trifft zu auf sog. (spezische) Privatgüter 178

Vgl. Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 26f. Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 26f.; Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sach- und Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902). 180 Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sachund Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902) nennt hier beispielsweise das Ortsstraßennetz. 181 Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sachund Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902); vgl. auch Röck y Naturtaxe - Ein sinnvolles Instrument der Umweltpolitik? KStZ 1997, 41 f. 182 Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 27. 183 Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sachund Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902). 179

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

wie z.B. auf Nahrungs- und Genußmittel, Automobile, Grundstücke oder Wohnungen. 184 Bei Mischgütern schließlich verbinden sich die sog. Privatguts- und die Kollektivgutskomponente miteinander - hier liegt nur Rivalität bezüglich einzelner privater bzw. internalisierungsfähiger Effekte vor. Sofern technisch möglich, kann bei diesem Gütertypus eine Bepreisung der Privatgutkomponente und der Ausschluß bei Nichtentrichtung der Gebühr erfolgen. 1 8 5 Typischerweise werden hier Beispiele aus dem Gesundheits- und Bildungssektor genannt, etwa Schutzimpfungen und Ausbildungsangebote. 1 8 6 Auch die Wasserversorgung wird als typisches Beispiel öffentlicher Mischgüter oder „Kuppelproduktionen" bezeichnet. 187 Diesen Gütern werden in der Finanzwissenschaft nun bestimmte Finanzierungsregeln zugeordnet; das Gemeinlastprinzip sowie zwei Spielarten des finanzwissenschaftlichen Äquivalenzprinzips. Die Gegenüberstellung dieser Finanzierungsgrundsätze mit den Güterkategorien wird anschließend die Identifizierung von Kernmerkmalen gebührenfähiger Leistungen erlauben. (b) Gemeinlast- und Äquivalenzfinanzierung Das finanzwissenschaftliche Gemeinlastprinzip enthält den Finanzierungsgrundsatz, daß die Kosten für allgemeine Staatsleistungen durch Steuern zu finanzieren sind. 1 8 8 Allgemeine Staatsleistungen im Sinne des Gemeinlastprinzips haben dabei die gleichen Eigenschaften wie öffentliche Güter im Sinne der volkswirtschaftlichen Güterlehre (Nichtfunktionieren des Ausschlußprinzips, vollständige Nutzenexternalisierung). 189 Daß rein öffentliche Güter steuerfinanziert werden, entspricht auch der Belastungsregel des § 1 RAO. Das Schrifttum spricht insoweit zutreffend von der „verfassungsgerec/iten normalen Finanzierungsgrundlage des staat184

Vgl. Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sach- und Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902). 185 Gawel, Die Gebühren vor der ökologischen Herausforderung, KStZ 1996, 21 (23); Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 27. 186 So Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sach- und Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902). 187 Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 29 f. 188 Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sachund Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901. 189 Vgl. Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 42; Gawel, Die Gebühren vor der ökologischen Herausforderung, KStZ 1996, 21 (23); Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sach- und Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902).

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

235

lieh herzustellenden Gemeinwohls". 190 In der grundrechts- und gleichheitsschützenden Aussage des Steuervorrangs bzw. in den drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung lebt diese Belastungsregel fort. Nach dem speziellen Äquivalenzprinzip 191 gilt, daß die Kosten besonderer öffentlicher Leistungen, die bestimmten Individuen ganz oder überwiegend zugute kommen, durch individuelle Entgelte (= spezielle Äquivalente), z.B. Gebühren, Beiträge oder privatförmliche Entgelte aufgebracht werden können. 1 9 2 Dieser Grundsatz wird in der Finanzwissenschaft auf Güter mit einer internalisierungsfähigen Privatgutkomponente, d.h. auf private Güter oder Mischgüter angewandt, bei denen insoweit das Ausschlußprinzip g i l t . 1 9 3 Auch hier besteht Übereinstimmung mit der verfassungsrechtlichen Belastungsregel: Wer etwas Besonderes bekommt bzw. den Staat allein für seine Interessen in Anspruch nimmt, soll für diese Bevorzugung auch eine Abgabe in Form der Vorzugslast entrichten müssen. Anhand des speziellen Äquivalenzprinzips im vorgenannten Sinne ergibt sich aber zugleich: Es wäre ungerecht, einzelne für etwas mit Gebühren zu belegen, was alle bekommen. Damit korrespondiert auf güterwirtschaftlicher Ebene die Anwendung des Ausschlußprinzips. Private Güter, d.h. solche, bei denen das Ausschlußprinzip funktioniert, werden daher auch als Vorbild für die klassische Gebührenanalogie bezeichnet. 194 Aus dem allgemeinen (finanzwissenschaftlichen) Äquivalenzprinzip schließlich wird der Grundsatz der Gruppenäquivalenz abgeleitet. Für die finanzwissenschaftliche Begründung von Gebühren weniger einschlägig, besagt das allgemeine Äquivalenzprinzip, daß die Kosten öffentlicher Lei190 Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sachund Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902), unter Berufung auf Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge. 191 Hier verstanden als Finanzierungsgrundsatz, nicht als Rechtsbegriff im Rahmen der Gebührenbemessung bzw. Maßstabsgestaltung. 192 Hansjürgens, Sonderabgaben aus finanzwissenschaftlicher Sicht - am Beispiel der Umweltpolitik, StuW 1993, 20 (32); ders., Umweltabgaben im Steuersystem, S. 104f., 110; Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sach- und Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901. 193 Vgl. Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sach- und Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902, 907); Zimmermann/Henke, Finanzwissenschaft, S. 101 f.; Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 104f., 110. Hansjürgens weist hier darauf hin, daß das Äquivalenzprinzip in finanzwissenschaftlicher Sicht „eng auszulegen" ist, d.h. nur dort in Betracht kommt, wo eine „individuelle Zurechnung" des empfangenen Nutzens vorliegt. 194 Gawel, Die Gebühren vor der ökologischen Herausforderung, KStZ 1996, 21 (23).

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

stungen, die zwar nicht bestimmten Individuen zugeordnet werden können, wohl aber einer sich von der unbestimmten Allgemeinheit abhebenden Gruppe zugute kommen, durch eine „Steuer" aufzubringen sind, die nur von den Mitgliedern dieser Gruppe zu zahlen ist. 1 9 5 Mit diesem Grundsatz wird die Erhebung von Sonderabgaben begründet, welche Prinzipien der Steuerfinanzierung und der Äquivalenzfinanzierung durch Gebühren verbindet: Innerhalb der Gruppe ist das Ausschlußprinzip unanwendbar (insoweit besteht Kollektivgutcharakter), gegenüber Dritten ist es anwendbar (Privatgutcharakter). 196 Auf dieser theoretischen Grundlage ist es nun möglich, die Bedingungen für das Vorliegen eines „gebührenfähigen Objekts" 1 9 7 bzw. „gebührenrelevanter" 1 9 8 oder „gebührenfähiger" 199 Leistungen abzuleiten. Dementsprechend hat die Finanzwissenschaft Ansätze zur definitorischen Abgrenzung gebührentauglicher Leistungen hervorgebracht.

(c) Der „Effektvektor" gebührenfähiger Leistungen: Nutzeninternalisierung Hansmeyer/Fürst weisen zunächst auf die Grundvoraussetzung eines jeden gebührenfähigen Objekts hin: Es muß sowohl einen Individualbedarf abdecken als auch - entsprechend der jeweils vorherrschenden politischen Vorstellung - dem Interesse des Gesamtkollektivs entsprechen. 200 Der Grund ist offensichtlich: Würde die Verfügbarkeit des konkreten Objekts ausschließlich dem Individualinteresse, in keiner Weise aber auch dem öffentlichen Interesse dienen, so wäre bereits die Grundlage für eine staatswirtschaftliche Bereitstellung des Objekts entfallen. Bohley beschreibt die gebührenrelevanten Leistungen dementsprechend als einen speziellen Mischtypus, bei dem einerseits das Externalitätenmerkmal gegeben, andererseits aber auch das Ausschlußprinzip anwendbar ist. Gebührenfähige Leistungen enthalten damit sowohl eine Kollektivgutskomponente als auch zumindest eine Privatgutskomponente 201 und vermitteln deshalb einen „Effektvektor" 2 0 2 der folgenden Art: Einige Nutzeffekte tref195 Vgl. Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sach- und Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901, der in diesem Zusammenhang von sog. „Äquivalenzsteuern" spricht, die allerdings nicht mit dem Steuerbegriff des § 3 AO identifiziert werden dürfen. 196 Hansjürgens, Sonderabgaben aus finanzwissenschaftlicher Sicht - am Beispiel der Umweltpolitik, StuW 1993, 20 (32). 197 Hansmeyer/Fürst, Die Gebühren, S. 43. 198 Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 29. 199 Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 117. 200 Hansmeyer/Fürst, Die Gebühren, S. 43 f. 201 Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 117.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

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fen das (Gesamt-) Kollektiv und sind daher „extern", andere mit der Leistung verbundenen Effekte sind an einzelne adressiert, unterliegen dem Ausschlußprinzip und werden voll internalisiert. 203 Für die Internalisierungsfähigkeit von Nutzeffekten entscheidend wird damit das Ausschlußprinzip oder „exclusion principle". Bohley gibt ihm drei Inhaltsdimensionen: 204 Ausschließbarkeit müsse zunächst einmal in einem technischen Sinne vorliegen. Technische Ausschließbarkeit beinhaltet die mit Hilfe administrativer oder technologisch-instrumentaler Methoden mögliche Identifizierung des Adressaten bzw. Adressatenkreises. 205 Bei Verwaltungsakten etwa, die das Erscheinen des Adressaten erfordern, ist diese Voraussetzung naturgemäß gegeben, denn der Adressat einer Patenteintragung oder einer Baugenehmigung ist ohne weiteres identifizierbar. Bei anderen öffentlichen Leistungen ergibt sich die Ausschließbarkeit hingegen nicht schon aus dem administrativen Vorgang, sondern hängt von der Verfügbarkeit technologisch-instrumentaler Methoden zur Identifizierung des Adressaten ab und ist damit einem Wandel durch technischen Fortschritt unterlegen. 206 Instruktiv ist insoweit wiederum das Wasserentnahmebeispiel: Solange es keine Wasseruhren gab, bestand zwar Rivalität um das Wasser, denn die von A in Besitz genommene oder verbrauchte Wassereinheit stand Β nicht mehr zur Verfügung. Erst mit der Erfindung von Meßinstrumenten jedoch ist das Rivalitätsproblem durch die technische Ausschließbarkeit lösbar, d. h. gebührenfähig geworden. Zu dieser technologischen Ausschließbarkeit muß nach Bohley die wirtschaftliche Ausschließbarkeit hinzutreten, d.h. die Kosten der Ausschließung dürfen nicht prohibitiv und es darf nicht sinnlos teuer sein, eine technisch mögliche Ausschließbarkeit zu realisieren. 207 Den dritten Ausschließlichkeitsaspekt enthält die sog. ethische Ausschließbarkeit: eine technisch und wirtschaftlich mögliche Ausschließbarkeit darf nicht gegen jeweils geltende ethische oder moralische Grundprinzipien verstoßen. 208 Bohley weist darauf hin, daß die ethische Nichtausschließbarkeit in Teilbereichen verfassungsmäßig festgelegt sei und greift insoweit das Beispiel gefahrenabwehrender sowie repressiver Polizeitätigkeit auf: Öffentlichen Polizeischutz der Ausschließbarkeit zu unterwerfen und das nichtzahlende Individuum für „vogelfrei" zu erklären, hält Bohley dementsprechend für „vermutlich im allgemeinen inakzeptabel". 209 Im juristischen Schrifttum heißt es dement202 203 204 205 206 207 208

Begriff bei Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 29. Vgl. Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 27, 29, 117. Zum folgenden: Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 29ff. Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 30. Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 30. Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 30. Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 31.

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

sprechend, daß eine Gebührenforderung stets nur für solche Staatsleistungen in Betracht komme, die nicht jedermann oder einen Bedürftigen, sondern nur den Zahlungsfähigen und Zahlungsbereiten erreichen soll. Hilfen zur existentiellen Absicherung, die Gewährung allgemeiner staatsbürgerlichier Berechtigungen und die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit dürften daher nicht von Leistungsentgelten abhängig gemacht werden. 2 1 0 Mit dem Vorliegen dieser dreifachen Ausschließbarkeit sowie der Vermittlung eines zugleich kollektiv- als auch individualgutstypischen Effektvektors ist für Bohley das Eigenschaftsbündel gebührenfähiger Leistungen hinreichend umschrieben. Unter Gebührenfähigkeit versteht er die „Tauglichkeit einer öffentlichen Dienstleistung, (überhaupt) Objekt einer Gebührenpflicht zu sein", 2 1 1 und betrachtet gebührenpflichtige Güter dabei als Teilmenge an der Grundgesamtheit gebührenfähiger Güter bzw. Leistungen. Ob eine gebührenfähige Leistung zu einer aktuell gebührenpflichtigen Gegenleistung wird, hängt dann nur noch davon ab, ob der Gebührengesetzgeber die sich in der gebührenfähigen Leistung darbietende Einnahmegelegenheit erkennt, aufgreift und in einem entsprechenden Gebührentatbestand ausgestaltet. In der neueren finanzwissenschaftlichen Literatur hat dieser Ansatz Bestätigung gefunden. Drei Begriffsmerkmale sind es, die danach den aktuellen finanzwissenschaftlichen Gebührenbegriff bestimmen: Erstens eine Kaufkraftübertragung an den öffentlichen Sektor (Geldleistung), zweitens die politische Ausrichtung von Höhe und struktureller Gestaltung der Kaufkraftübertragung an den jeweils verfolgten Instrumentalzielen (z.B. Einnahmeerzielung, Lenkung, Verteilung), und drittens das Vorliegen eines Mischgutes, für dessen Privatgutkomponente die Anwendung des Ausschlußprinzips technisch möglich, wirtschaftlich vertretbar, politisch akzeptabel und rechtlich zulässig i s t . 2 1 2 209

Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 32. P. Kirchhof\ Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1428); ders., Die Finanzierung des Leistungsstaates, Jura 1983, 505 (511). - Bezieht man die „ethische Ausschließbarkeit" im Sinne finanzwissenschaftlicher Ansätze bereits in die Auswahlentscheidung bezüglich des gebührentauglichen Objekts ein, so verliert im übrigen auch der Kommerzialisierungsvorwurf gegenüber der Verleihungsgebühr erheblich an Schärfe. Aus finanzwissenschaftlicher Sicht ist es der Verleihungsgebühr im vorbezeichneten Sinne geradezu begriffsimmanent, daß sie nur für solche Rechte erhoben werden kann, auf die ein grundrechtlicher Anspruch nicht besteht (= gebührentaugliche Rechte). Der juristischen Diskussion hätte es insoweit gutgetan, wenn man statt von dem Erfordernis der »besonderen* Leistung von der (technischen und rechtlichen) Ausschließbarkeit gesprochen hätte. Die wegen des unscharfen Zurechenbarkeitsbegriffs dann notwendig gewordene Kommerzialisierungsdebatte stellt aus finanzwissenschaftlicher Sicht jedenfalls nur das Selbstverständliche klar. 2,1 Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 32f. 210

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes239 (d) Die Leistungsfähigkeit des Internalisierungskriteriums aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht Mit dem aus der Finanzwissenschaft entlehnten Merkmal der Ausschließbarkeit Dritter bzw. der Internalisierungsfähigkeit der staatlichen Leistung ausschließlich in der Person des Abgabepflichtigen scheint nun auch aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht eine Eigenschaft gebührenfähiger Leistungen gefunden zu sein, die objektiver Natur ist und demzufolge der beliebigen Manipulierbarkeit durch den Abgabengesetzgeber entzogen. Aufgrund dieser Eigenart liefert das Internalisierungsmerkmal, seine dogmatische Kompatibilität mit der finanzverfassungsrechtlichen Abgabensystematik vorerst unterstellt, einen wesentlichen Beitrag zur Abgrenzung gebührenfähiger von allgemeinen Staatsleistungen. Während von der nicht weiter konkretisierten individuellen Zurechenbarkeit gesagt wurde, daß sie schlicht dort vorliege, wo der Staat eine Leistung kraft seines Dispositionsrechts zurechne, läßt das Internalisierungskriterium eine solches Zurechnungsermessen scheinbar nicht mehr zu bzw. macht den jeweiligen Zurechnungsakt des Gesetzgebers zumindest nachprüfbar. Konkretisiert man die individuelle Zurechenbarkeit von Leistungen mit dem Merkmal der Internalisierungsfähigkeit des von ihnen ausgehenden Nutzens, so ist der Abgabengesetzgeber an die für ihn regelmäßig unbeeinflußbare Natur der Leistung gebunden. 213 Liegen externe Effekte vor, so gehört die betreffende Leistung schon nicht zum Kreis der gebührentauglichen Leistungen und bietet daher auch keine Einnahmechance, die der Gebührengesetzgeber für sich ergreifen kann. Eine »besondere*, »spezielle4, »bestimmte* oder »konkrete* Leistung setzt über das in der juristischen Literatur zu Recht geforderte Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit stets die Internalisierung des Leistungsnutzens beim Pflichtigen voraus. Das bereits erörterte Beispiel der Reinhaltungsmaßnahmen für Gewässer verdeutlicht die grundsätzliche Eignung des Internalisierungsmerkmals zur Identifizierung individuell zurechenbarer Leistungen. Die in Form der Gewässerbewirtschaftung und -reinhaltung erbrachte Leistung stiftet einen allgemeinen Nutzen, der über den Kreis der unmittelbaren Entnehmer hinausgeht. Diese Feststellung ist auch in der Diskussion um den Wasserpfennig geäußert worden 2 1 4 und ist für sich gesehen zunächst einmal eine bloße 212 Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 29f.; Gawel, Die Gebühren vor der ökologischen Herausforderung, KStZ 1996, 21 (22); ders., Die kommunalen Gebühren, S. 19. 2,3 Zu Lockerungen des Zurechenbarkeitsmerkmals: Gliederungspunkt D I I 1 b) dd). 214 So z.B. Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 27, allerdings ohne weitergehende Begründung.

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Behauptung. Begründen läßt sie sich nach dem hier entwickelten Maßstab aber dadurch, daß Gewässererhaltungsmaßnahmen keine Privatgutkomponente besitzen, soweit sie, wie dies unterstellt werden darf, nicht dem Eigentümer eines privaten Gewässers auf dessen Anregegung hin, sondern adressatenneutral, d. h. ohne Orientierung an einem individuellen Bedürfnisbzw. Nutzenprofil erbracht werden. Als Mischgut mit einer Privatgutkomponente erfaßbar ist nur die einzelne Wassereinheit bzw. die Wasserentnahme an sich, und dies strenggenommen auch nur unter der Voraussetzung einer Bereitstellung durch ein Versorgungsunternehmen, weil hier, anders als beim natürlich vorgefundenen Wasserdargebot, der technische Ausschluß von Nichtzahlern funktioniert. Aus den allgemeinen Gewässerbewirtschaftungsmaßnahmen indessen empfangen neben den Erwerbern der Privatgutkomponente (Verbraucher von bereitgestelltem Grund- und Oberflächenwasser) nicht nur die Entnehmer bzw. Wasserförderer einen Nutzen, sondern auch Dritte, sei es als Teilnehmer der Allgemeinheit oder als Einzelpersonen. Zu denken ist hier beispielsweise an Sportangler oder sonstige Wassersportler, die aufgrund staatlicher Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen auf ein intakteres, reineres, artenreicheres Medium Wasser treffen und hierdurch auch einen bestimmten Nutzen haben. Ebenso denkbar ist das Beispiel des gewerbsmäßigen Fischzüchters, der - ohne Wasserentnahmen zu tätigen - das Wasser in seinem Forellenteich unmittelbar als Erwerbsgrundlage nutzt und dem der Zu- und Abstrom sauberen Grundwassers ebenfalls einen unmittelbaren Nutzen in Form von verbesserter Wassergüte beschert, die sich wiederum in einem größeren wirtschaftlichen Erfolg ausdrücken mag. 2 1 5 Gewässererhaltungsmaßnahmen erlauben somit keine dem (technischen) Ausschlußprinzip entsprechende Nutzeninternalisierung, sondern strahlen ihrer Natur nach im Sinne externer Effekte auf die Allgemeinheit aus. Auch Dritte nehmen an den nutzenstiftenden Effekten der allgemein erbrachten Reinhaltungsmaßnahmen teil, selbst wenn sie es gar nicht wollten. Sie werden zu unfreiwilligen Schwarzfahrern. Sind Gewässerschutzmaßnahmen somit Teil des staatlich hergestellten Gemeinwohls, so ist es auch nicht mit der in § 1 RAO enthaltenen Belastungsregel bzw. dem Postulat der Lastengleichheit vereinbar, denjenigen Wasserentnehmer zur Finanzierung der Reinhaltungsmaßnahmen heranzuziehen, der die nutzenstiftenden Effekte dieser Maßnahmen gerade nicht für sich internalisieren kann. Bezeichnenderweise werden Gebühren denn auch 215 Die Landesgesetzgeber gehen im Falle der Wasserentnahmeentgelte im übrigen offenbar selbst davon aus, daß Reinhaltungsmaßnahmen an Gewässern gerade auch für Fischereibetriebe nutzenstiftend sind. Ansonsten hätte es jedenfalls nicht der Regelung bedurft, daß die Wassernutzung zum Zwecke der Fischerei nicht entgeltpflichtig sein soll; vgl. § 17 a Abs. 2 Nr. 5 des Entwurfs zum Wassergesetz Baden-Württemberg, LT-Drs. 9/4237, S. 3, 16.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

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in der Rechtswissenschaft zuweilen als Entgelt für den Vorzug definiert, daß der einzelne Leistungen der öffentlichen Hand „ . . . tatsächlich für sich" in Anspruch nimmt. 2 1 6 Allgemeine Gewässererhaltungsmaßnahmen hingegen, die der jeweilige Abgabgeschuldner nach dem zuvor Gesagten nicht ausschließlich für sich nutzen kann, können nach dem Internalisierungskriterium mangels individueller Zurechenbarkeit somit nicht gebührenfähige Leistung sein, sondern dienen dem Gemeinwohl. Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, ist das Internalisierungsmerkmal somit ein durchaus geeignetes Prüfkriterium zur Frage nach dem Vorliegen von individueller Zurechenbarkeit. Daß es die individuelle Zurechenbarkeit ersetzen sollte, soll damit indessen nicht gesagt werden. Ebensowenig erhebt das Internalisierungsmerkmal Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Ein für alle denkbaren Fälle geltendes Abgrenzungskriterium mit Anspruch auf die Erzielung randscharfer Abgrenzungsergebnisse kann wohl ohnehin nicht gefordert werden. Zu groß ist die Heterogenität der staatlichen Leistungen, zu unscharf auch der Nutzenbegriff, der allein schon wegen der Unvergleichbarkeit der individuellen Präferenzfunktionen zu Beurteilungsschwierigkeiten dort führt, wo es um die Feststellung externer Nutzeneffekte geht. Zu denken ist etwa an den in der Literatur als Beispiel oktroyierter Leistungen angefühlten Fall der Strafprozeßgebühr: Die Leistungen der Strafgerichte gegenüber dem Angeklagten und schließlich Verurteilten verwirklichen das individuelle, rechtsstaatlich als Anspruch ausgeformte Bedürfnis des Angeklagten nach dem gesetzlichen Richter, nach rechtlichem Gehör und einem fairen Verfahren. Zugleich entspricht das Strafverfahren dem Sühneinteresse der Rechtsgemeinschaft, dürfte insoweit allerdings noch relativ eindeutig dem staatlich herzustellenden Gemeinwohl zuzuordnen sein. Die Stellung eines möglichen Privat- oder Nebenklägers im Prozeß wegen eines Gewaltdeliktes aber zeigt, daß der Anspruch auf randscharfe Abgrenzungskriterien schon im Ansatz verfehlt wäre und mit den verfügbaren Zurechnungsmustern des Nutzens oder Vorteils letztlich nicht erreicht werden kann: In der individuellen Präferenzfunktion des Verletzten, und selbst aus Sicht des am Tathergang unbeteiligten Anzeigeerstatters und Zeugen dürfte das Interesse an einer rechtskräftigen Verurteilung und Strafvollstreckung aus Angst vor möglichen Repressalien des später Freigesprochenen so stark in den Vordergrund getreten sein, daß hier in der Tat niemand auf die Idee käme, zu leugnen, daß der Privatkläger, Anzeigeerstatter etc. im Falle der Verurteilung nicht selbst einen internalisierten Nutzen aus der richterlichen Tätigkeit zöge (Gewinn an individuell wahrgenommener Sicherheit). 2,6

Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Bd. I, §§ 1 - 154 AO, § 3, Tz. 17; Birk, in: HHSp, § 3 AO, Rdn. 139 - Hervorhebung durch den Verfasser. 1 Drömann

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Dieses Beispiel zeigt, daß der Suche nach einem allumfassenden Abgrenzungskriterium letztlich der Erfolg versagt bleiben müßte. Da Auslegung und Handhabung der individuellen Zurechenbarkeit durch weite Teile der Literatur jedoch die Bedeutung des Ausschlußprinzips zur Identifizierung gebührenfähiger Leistungen zu verwässern drohen, erscheint der Hinweis angebracht, daß mit dem aus dem Ausschlußprinzip folgenden Internalisierungsmerkmal sehr wohl ein geeignetes Prüfkriterium vorhanden ist, welches das bei der Frage nach der Besonderheit, Spezialität oder Bestimmtheit einer Leistung letztlich wohl unüberwindbare Zurechnungsermessen des Gesetzgebers immerhin einer Plausibilitätskontrolle unterzieht und damit überprüfbar macht. Ohne die Verfügbarkeit entsprechender Prüf- oder Plausibilitätskriterien kann der Verfassungsauftrag jedoch keinesfalls gelingen, den distanzwahrenden Unterschied der Gebühr zur Steuer zu identifizieren und einzuhalten, nämlich die Zuwendung eines Nutzens, Vorteils bzw. gebührenfähigen Leistungsgegenstandes ausschließlich an den Gebührenschuldner. Erweist sich das Internalisierungskriterium somit bereits wegen des Verfassungsauftrags zur begrifflichen Unterscheidung der Gebühr von der Steuer als systemgerecht, so fügt es sich ferner in die abgabenrechtliche Dogmatik ein und bestätigt damit grundsätzlich auch aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht seine Eignung zur Identifizierung gebührenfähiger Leistungen. Zudem liefert es wichtige Hinweise auf das Maß der Abweichung einer gebührenpflichtigen Staatsleistung vom verfassungsgewollten Idealzustand der reinen Nutzeninternalisierung und ermöglicht dadurch zugleich einen Schluß auf die an die konkrete Abgabe zu stellende Rechtfertigungslast. (3) Zur Kompatibilität des Internalisierungsmerkmals mit der finanzverfassungsrechtlichen Abgabensystematik Wie bereits die Darstellung der finanzwissenschaftlichen Finanzierungsgrundsätze gezeigt hat, liefern das finanzwissenschaftliche Äquivalenzprinzip und das aus ihm abgeleitete Kriterium der Internalisierungsfähigkeit der staatlichen Leistung ein plausibles Erklärungsmuster für die Abgrenzung von Steuern, Sonderabgaben und Vorzugslasten. Insoweit hat das Internalisierungskriterium in bezug auf die Einbindung eines konkreten Tauschverhältnisses in ein Abgabeschuldverhältnis typenzuweisende Kraft. Ein Blick auf die rechtswissenschaftliche Diskussion kann diesen Befund im wesentlichen bestätigen, wie insbesondere zahlreiche Stimmen zur Zulässigkeit von Sonderabgaben belegen. Die Sonderabgabenrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt die hinter den Begriffspaaren Teilbarkeit/Unteilbarkeit und individu-

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

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eile/kollektive Äquivalenz stehende Abhängigkeit der Finanzierungsform von dem dem jeweiligen Abgabenschuldverhältnis zugrundeliegenden Nutzenstrom besonders deutlich. Daß die sog. parafiskalische Sonderabgabe als „Quasisteuer" 217 in unzulässiger Konkurrenz zur Steuer steht, 218 hat das Bundesverfassungsgericht zur Schöpfung des zulässigkeitsschaffenden Merkmals der gruppennutzigen Verwendung bewogen. Nur wenn eine Gruppe zu einer bestimmten Sachaufgabe eine besondere Nähe und Verantwortung hat und wenn das Abgabeaufkommen gruppennützig verwendet wird, soll die Sonderabgabe zulässig sein. 2 1 9 Ρ. Kirchhof hat den dogmatischen Hintergrund für das Merkmal der Gruppennützigkeit dahin umschrieben, daß die außersteuerliche Belastung einer Gruppe von Verfassungs wegen nur dann zulässig ist, wenn zwischen den durch die Sonderabgabe bewirkten Belastungen und Begünstigungen eine sachgerechte Verknüpfung besteht, welche im Falle von Sonderabgaben gerade dadurch hergestellt werde, daß das Abgabeaufkommen im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen, also „gruppennützig" verwendet werde. 2 2 0 Im Sinne des allgemeinen Äquivalenzprinzips, nach dem innerhalb der Gruppe das Externalisierungs-, gegenüber Dritten aber das Internalisierungsmerkmal erfüllt ist, weist P. Kirchhof im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darauf hin, daß gruppennützige Verwendung dabei nicht bedeutet, daß das Aufkommen im spezifischen Interesse jedes einzelnen Abgabepflichtigen zu verwenden sei; es genüge, wenn es überwiegend im Interesse der Gesamtgruppe verwendet w i r d . 2 2 1 Damit verleihe das Kriterium der gruppennützigen Verwendung der Sonderabgabe einen gruppenbezogenen, beitragsähnlichen Charakter, der sie von den unzulässigen „fremdnützigen Abgaben" unterscheide. 222

2,7

Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sachund Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901, spricht von „Äquivalenzsteuern". 218 Zu Recht macht Selmer im Hinblick auf das Konkurrenzverhältnis der Steuer zur Sonderabgabe darauf aufmerksam, daß die in der Abgabenpraxis vorkommenden Sonderabgaben zwar gegenleistungslos sind und ferner allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft, daß sie aber nicht immer von einem öffentlichen Gemeinwesen und femer auch nicht stets zur Erzielung von Einnahmen erhoben würden, sondern der Finanzierung besonderer Aufgaben vorbehalten seien; vgl. ders., Steuer und parafiskalische Sonderabgabe, GewArch 1981, 41 (42). Auf tatbestandlicher Ebene (§ 3 AO) ist das Konkurrenzverhältnis zwischen Steuer und Sonderabgabe somit zumindest unvollständig. 219 Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfGE 67, 256 (276f.); 82, 159 (180f.). 220 P. Kirchhof Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1429). 221 P. Kirchhof Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1429).

1*

244

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

In diesem Sinne fungiert die Gruppennützigkeit der Aufkommensverwendung als zulässigkeitsschaffendes Merkmal von Finanzierungssonderabgaben. Als notwendiges distanzwahrendes Merkmal zur Steuer dient sie dazu, den generellen Nutzen der Steuer im Falle der (zulässigen) Sonderabgabe auf eine höhere Stufe, nämlich auf die Ebene eines kollektiven Nutzens zu heben. Nur wenn die Gruppe der Abgabepflichtigen diesen zusätzlichen Gruppennutzen internalisieren kann, ist die Zusatzbelastung der Gruppe über ihren steuerlichen Beitrag zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben hinaus gerechtfertigt, und nur dieser Zusatznutzen bewirkt die hinreichende Distanzwahrung zur generell nutzenstiftenden Steuer. In diesem Sinne hat das Bundesverfassungsgericht die Bedeutung des Äquivalenzverhältnisses für die Zulässigkeit von Sonderabgaben der Sache nach immer wieder betont: Es hat die Sonderabgabe nur für zulässig gehalten, wenn das Abgabeaufkommen eine gruppennützige Verwendung findet, d.h. wenn ein Zusammenhang zwischen Belastungs- und Ausgabeeffekt hergestellt wird, durch den die Gruppe den Ausgabenutzen für sich internalisieren kann. 2 2 3 In der Literatur wurde das Kriterium der gruppennützigen Verwendung dementsprechend auch als „abgeschwächte und kollektivierte Form ... des Synallagma" betrachtet, wie es an sich für Vorzugslasten typisch i s t . 2 2 4 Indessen hat das finanzwissenschaftliche Äquivalenzprinzip nicht nur Erklärungswert hinsichtlich der gruppennützigen Aufkommensverwendung bei Finanzierungssonderabgaben. Wie ein Blick auf die Abgabensystematik bestätigt, kommt ihm auch zur Abgrenzung der einzelnen Abgabearten untereinander typenzuweisende Kraft zu. Je nachdem, welcher Art die Äquivalenzbeziehung zum Abgabenschuldner ist, ist auch nach der Belastungsvorstellung der Verfassung eine unterschiedliche Finanzierungsform geboten: (1) Bei personenindifferenter Äquivalenz (der Nutzen der staatlichen Leistung kommt jedermann zugute; er ist aus Sicht des Individuums externali222 P. Kirchhof\ Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1429). 223 Vgl. BVerfGE 67, 256 (276 f.); 82, 159 (180 f.). 224 Formulierung bei Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 247, 248; sowie Kloepfer/Schulte, Zuständigkeitsgrenzen bei der Einführung landesrechtlicher Abfall(Sonder-)abgaben, UPR 1992, 201 (210). Heun formuliert ähnlich, und zwar daß bei Sonderabgaben „die individuelle Zurechenbarkeit der Gegenleistung gelockert" sei; vgl. ders., Die Sonderabgaben als verfassungsrechtlicher Abgabetypus, DVB1. 1990, 666 (673). Selmer hatte mit Blick auf Sonderabgaben zuvor schon von „gruppentypisierter Nützigkeit" gesprochen; vgl. ders., Steuer und parafiskalische Sonderabgabe, GewArch 1981, 41 (43). - Meßerschmidt (a.a.O., S. 248) begründet die Notwendigkeit der gruppennützigen Verwendung ferner mit der sog. „Finanzkreislauf-Former und stellt damit der Sache nach ebenfalls auf die Einräumung einer gruppenbezogenen Internalisierung ab.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen G e b ü h r e n t a t b e s t a n d e s 2 4 5 siert, ohne daß Ausschließlichkeitsrechte bestehen) ist die v o n der Verfassung vorgesehene Finanzierungsform die Steuer als „Verfassungsgerichte normale

Finanzierungsgrundlage

des

staatlich

herzustellenden

Gemein-

w o h l s . " 2 2 5 B e i dieser Sichtweise erhält der bekannte Ausdruck des preußischen Oberverwaltungsgerichtes

v o n der „generellen Entgeltlichkeit"

der

S t e u e r 2 2 6 nunmehr einen Sinn: I m Gegensatz zur individualisierenden N u t zenstiftung von Vorzugslasten steht der Steuer die Gewährung eines generalisierenden Nutzens i n Gestalt der i m Staat verfaßten Gemeinschaft gegenüber, welche die Leistungsfähigkeit des einzelnen erst e r m ö g l i c h t . 2 2 7 Diese generelle Zurechnung v o n Nutzenströmen auf eine V i e l z a h l von Empfän-

225

So bereits Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sach- und Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902), unter Berufung auf Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge. Hervorhebung durch den Verfasser. 226 PrOVGE 18, 23 (28); Wendu Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 47. 227 Im Anschluß an Überlegungen Lorenz von Steins bezeichnet Vogel diesen Zusammenhang als „Reproduktionsprinzip": Ohne die im Staat verfaßte Gemeinschaft, welche bspw. sozial- oder rechtsstaatliche Aufgaben erfüllt, sei der einzelne zur Entfaltung seiner Wirtschaftskraft gar nicht in der Lage. Durch die Bereitstellung bestimmter Rahmenbedingungen rechtfertige der Staat auch seinen Zugriff auf das Vermögen des Steuerschuldners, welcher der Gemeinschaft in Gestalt seiner Steuerzahlung lediglich einen Teil der durch sie gewonnenen wirtschaftlichen Entwicklung zurückgibt. In diesem Sinne hole sich der Staat einen Teil dessen zurück, was er zuvor gewährt habe. Damit habe auch die Steuer ein Element der Gegenseitigkeit; vgl. Vogel, Rechtfertigung der Steuern: Eine vergessene Vorfrage, Der Staat 1986, 481 (516 f.); ders., Der Finanz- und Steuerstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I, § 27, S. 1179, Rdn. 65, sowie S. 1180, Rdn. 67. - Zu den durch die im Staat verfaßte Gemeinschaft bereitgestellten Rahmenbedingungen gehören interessanterweise nun gerade jene Güter, die Wilke im Zusammenhang mit seinem Unteilbarkeitskriterium genannt hat. Aus heutiger Sicht dürfte es sich bei diesen generalisierenden Staatsleistungen vor allem um jene Faktoren handeln, welche die sog. Standortqualität ausmachen (sozialer Friede, Ausbildungsniveau, Vorhandensein und Funktionieren von Konfliktlösungsmechanismen etc.). Durchweg handelt es sich dabei um Leistungen, die das Externalitätenmerkmal im Sinne spezifisch öffentlicher Güter erfüllen. Wird der generalisierende Nutzen aus diesen Staatsleistungen zur Rechtfertigung des Steuerzugriffs herangezogen, dann erscheint im übrigen auch die sog. Staatsquote in einem anderen Licht: Ab einer bestimmten Höhe der Staatsquote darf man sich fragen, ob die Steuer ihrer Rechtfertigungslast - Bereitstellung staatlicher Rahmenbedinungen für die Entfaltung individueller Wirtschaftskraft - tatsächlich noch genügt oder ob sie wegen Nichtfunktionierens bzw. Fehlens dieser Rahmenbedingungen in der Tat zu einem (überschießenden) Teil „voraussetzungslos" erhoben wird. Vogel macht in diesem Zusammenhang zu Recht darauf aufmerksam, daß die Beweislast für die Einhaltung des Reproduktionsprinzips ab einer bestimmten Belastungsgrenze umschlägt und der Staat darzulegen hat, ob Ausgabevolumen und Steuerzugriff noch in einem gerechtfertigten Verhältnis stehen; vgl. ders., Rechtfertigung der Steuern: Eine vergessene Vorfrage, Der Staat 1986, 481 (518 f.). Ähnlich jetzt auch Vogel/Waldhoff.; in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104 a - 115, Rdn. 401.

246

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

gern ist der eigentliche Kern dessen, was das preußische Oberverwaltungsgericht als das „Generelle" an der angeblichen Entgeltlichkeit der Steuer ausgemacht h a t . 2 2 8 (2) Liegt kollektive Äquivalenz i n dem Sinne vor, daß der Leistungsnutzen bzw. Vorteil einer Gruppe zugute k o m m t , wobei gruppenintern zwar kein Ausschließlichkeitsrecht besteht, jedoch Gruppenexterne von den N u t zenströmen ausgeschlossen werden können, dann ist die staatliche Leistung m i t einer gruppenbezogenen Finanzierungsform zu finanzieren, und zwar durch (Finanzierungs-) Sonderabgaben. (3) Vermittelt die staatliche Leistung hingegen eine individuelle Ä q u i v a lenz i m Sinne der Internalisierung der belastungsbegründenden ausschließlich i n Person des Abgabeschuldners,

229

Leistung

dann ist sie j e

Bezugsobjekt durch Gebühren oder Beiträge zu finanzieren:

nach

Internalisiert

der Pflichtige einen tatsächlichen Nutzenstrom bzw. nutzt er eine tatsächliche L e i s t u n g , 2 3 0 so ist verfassungsgerechte Finanzierungsform die Gebühr. Sichert er sich lediglich den Z u g r i f f auf einen potentiellen Nutzenstrom,

228 Von genereller „Entgeltlichkeit" zu sprechen, ist gleichwohl verfehlt: Betrachtet man bei zutreffender Auslegung des Entgeltlichkeitsmerkmals die Verknüpfung zwischen Abgabepflicht und Nutzenzufluß, so zeigt sich, daß die Steuer in der Tat „voraussetzunglos" geschuldet wird. Jedermann kommt in den Genuß des „staatlich hergestellten Gemeinwohls" - er muß sich unter den Bedingungen der Externalität nicht erst durch die Zahlung der Steuer zur Partizipation am Gemeinwohl qualifizieren. Von Entgeltlichkeit kann hier also keine Rede sein. Dennoch steht der Steuer, untechnisch gesprochen, eine Gegenleistung gegenüber. - Die unzutreffende Vorstellung von der (generellen) Entgeltlichkeit der Steuer bereitet über ihren (pleonastischen) Gegenbegriff der „speziellen Entgeltlichkeit" der Gebühr im übrigen den Boden für eine zu enge Auffassung vom Wesen der Gebühr und erweist sich damit für die Gebührendebatte insgesamt als schädlich. Ebenfalls kritisch zur „generellen Entgeltlichkeit": Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 37; Reinhard, Die Zulässigkeit der Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Erhebung kommunaler Benutzungsgebühren, S. 124 f., 126. 229 Im juristischen Sprachgebrauch überwiegen in diesem Zusammenhang Formulierungen wie „individualdienliche Leistung", so P. Kirchhof\ Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1426), oder „unmittelbar individualnwiz/g", so Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 203, im Gegensatz zur rein gruppenmäßigen Verwendung. Derartige Formulierungen lassen das Internalisierungsmerkmal nur noch erahnen. In der gebotenen Deutlichkeit weist nur Vogel auf das Internalisierungsmerkmal hin, indem er für die Zulässigkeit „spezieller Finanzierungsabgaben" die Anwendbarkeit des Ausschlußprinzips fordert; vgl. ders., Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 87, Rdn. 48, S. 35. 230 Zur Abgrenzung von Gebühr und Beitrag anhand der Unterscheidung zwischen tatsächlichem und potentiellen Nutzenzufluß siehe etwa BVerfGE 91, 92 (115).

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen G e b ü h r e n t a t b e s t a n d e s 2 4 7 den er nach seinem eigenem W i l l e n später auslösen kann, dann ist verfassungsgerechte Abgabeform der B e i t r a g . 2 3 1 Daß sich i n diesem Sinne zwischen Steuer und Gebühr ein K o n t i n u u m zunehmender Nutzeninternalisierung aufspannt, ist nicht nur i n der Finanzwissenschaft a n e r k a n n t , 2 3 2 sondern w i r d auch i m rechtswissenschaftlichen Schrifttum sowie i n der Rechtsprechung teils ausdrücklich, teils mittelbar, bestätigt. Puwalla

etwa hat den Zusammenhang zwischen Nutzenstrom und

Abgabeform durch den H i n w e i s z u m Ausdruck gebracht, Gebühren stünden i n d i v i d u e l l adressierte Leistungen gegenüber, Beiträgen

gruppenbezogene

und der Steuer an die Allgemeinheit erbrachte Leistungen, wobei er die A l l gemeinheit

wiederum

als größte

gesellschaftliche

Gruppe

betrachtet.233

231 Der Zuweisungsmodus von Beitrag und Sonderabgabe unterscheidet sich dann darin, daß beim Erwerb eines Anspruchs auf die fallweise Internalisierung von Nutzenströmen der Beitrag verfassungsgerecht ist, während die Sonderabgabe in Betracht kommt, wenn der Pflichtige lediglich eine Chance zur Internalisierung erhält; siehe auch Fn. 233. 232 Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 81, drückt das Kontinuum zunehmender Nutzeninternalisierung zwischen Steuern und Gebühren unter dem Gesichtspunkt der sich wandelnden Güterstruktur aus: Je höher die Privatgutkomponente, desto mehr werde die Steuerfinanzierung durch die „Entgeltfinanzierung" abgelöst. 233 p i a l l a t Qualifikation von Abgaben, S. 101; ähnlich F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 19f. sowie Wilms, nach dem „ . . . die rechtliche Einordnung von Sonderabgaben in der Mitte zwischen Steuer und Gebühr (liegt)"; vgl. ders., Die Entlastung der Städte vom Individualverkehr durch Abgaben und andere Geldleistungspflichten, S. 48. - Ob Puwalla Beiträge zu Recht als gruppenbezogen betrachtet, oder ob auf Beiträge statt dessen eher die vorzugslasttypischen Merkmale zutreffen (individueller, nicht bloß kollektiver Internalisienmgsanspruch; Ausschluß Dritter), bedürfte einer weiterführenden Untersuchung, für die hier kein Raum ist. Anzumerken ist aber, daß bei Puwallas Ansatz Probleme mit der Einordnung von Sonderabgaben nach dem allgemeinen finanzwissenschaftlichen Äquivalenzprinzip (Gruppenäquivalenz) bestünden. Soweit ersichtlich, wird aus diesem nur die Erhebung von Sonderabgaben, nicht aber von Beiträgen abgeleitet. Die unter dem allgemeinen Äquivalenzprinzip geltenden Zurechnungsbedingungen (gruppenintern Kollektivgutcharakter, gruppenextern Individualgutcharakter) gelten bei beitragsrelevanten Leistungen nur eingeschränkt. Nur die Bereithaltung der Einrichtung durch den Staat hat Kollektivgutcharakter, der fallweise Zugriff des Beitragsschuldners auf die Leistungseinrichtung selbst trägt dagegen die Merkmale eines Individualgutes (während der Leihe steht das gerade ausgeliehene Buch konkurrierenden Verwendungsansprüchen nicht zur Verfügung, sondern befriedigt allein das Informationsbedürfnis des Entleihers). Zudem erhält der Beitragsschuldner einen Anspruch auf Nutzeninternalisierung, d.h. ein garantiertes individuelles Nutzenäquivalent. Der Schuldner einer Sonderabgabe dagegen erhält nur eine Chance darauf, daß die gruppennützige Verwendung als kollektives Nutzenäquivalent zufällig auch ihm speziell zugute kommt; so zutreffend Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 98, 101, 110. Zu Recht kritisiert Henseler (a.a.O., S. 98) daher auch die vom Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 55, 274 (316) verwendete Formulierung, bei der Ausbildungsplatzförderung handele es sich um eine „Art Gegenleistung". Ein individuelles Nutzenäquivalent garantiert die gruppennützige Verwendung gerade

248

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Andere Stimmen, unter ihnen das Bundesverfassungsgericht, halten den hier bereits anklingenden Gegensatz zwischen besonderen und allgemeinen Staatsaufgaben bzw. Staatsleistungen für den maßgeblichen Zuweisungstop o s 2 3 4 bzw. stellen insoweit auf die Art des dem Abgabeschuldner zufließenden Nutzens a b 2 3 5 und halten ihn für die Qualifikation einer Staatsauf-

nicht. - Zum typenprägenden Unterschied zwischen individueller und kollektiver Äquivalenz ähnlich am Beispiel von Abfallabgaben: Kloepfer/Schulte, Zuständigkeitsgrenzen bei der Einführung landesrechtlicher Abfall(Sonder-)abgaben, UPR 1992, 201 (202). 234 Vgl. BVerfGE 55, 274 (310f.); dazu Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 24, sowie Schemmel, Anmerkung, DStZ 1981, 130 (131). - Die Unterscheidung allgemeine/besondere Aufgaben bzw. Leistungen ebenso aufgreifend: Jakob, Sonderabgaben - Ein Fremdkörper im Steuerstaat?, in: Kirchhof/Offerhaus/Schöberle (Hrsg.), Festschrift für Franz Klein, S. 663 (668, 676 f.); Leisner, Verwaltungspreis - Verwaltungssteuer, Gedächtnisschrift Peters, S. 730 (731); P. Kirchhof, Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, S. 225 (232) unter Berufung auf PrOVGE 31, 53 (56); Donner/Fischer, Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/Magoulas/Simon/Wolf (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Staat und Markt, S. 365; Sander, Der „Wasserpfennig" - eine Abgabe mit oder ohne staatliche Gegenleistung?, DVB1. 1990, 18 (20 f.), die „Allgemeinheit" staatlicher Leistungen als Indiz für eine Finanzierung durch Steuern betrachtend und im Ansatz ausschließlich „besondere" Leistungen für individuell zurechenbar haltend. Auch Murswiek greift diese Unterscheidung auf und baut sie, das Internalisierungsmerkmal damit indirekt bestätigend, dahin aus, daß die Eigenschaft einer Aufgabe als „besonders" nicht etwa schon durch die Bindung des Abgabeaufkommens an einen bestimmten Zweck erzeugt werde, sondern erst dann vorliege, wenn die Geldleistungspflicht über eine Zweckbindung in ein Gegenseitigkeitsverhältnis zu einer staatlichen Leistung einmünde; nur für insoweit „besondere" Aufgaben bzw. Leistungen werde die Steuer als Finanzierungsinstrument durch die Vorzugslast verdrängt; vgl. ders., Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 32f. Kritisch zu dieser Interpretation des Begriffspaares allgemeine/besondere Staatsaufgaben Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 216. 235 Hier ist namentlich Selmer (Steuer und parafiskalische Sonderabgabe, GewArch 1981, 41 (42 ff.)) zu nennen, der bei der Zuweisung von Leistungsarten zu Abgabeformen zwischen allgemeinem (Steuer) und besonderem Staats bedarf (außersteuerliche Abgabe) unterscheidet und den Unterschied beider Kategorien in der Art des vom Staat vermittelten Nutzens erblickt. Daß sich ein besonderer Staatsbedarf bzw. Nutzen nicht schon in der Verfolgung spezieller Leistungsvorhaben ergeben könne, folgt für Selmer aus der Anerkennung der Zwecksteuer (a. a. Ο., S. 43). Für die Besonderheit eines Staatsbedarfs maßgeblich ist nach Selmer dagegen der konkrete Bezug des von der Abgabepflicht betroffenen Personenkreises zur Entstehung des finanziellen Bedarfs (ebd). Ein außersteuerlich finanzierbarer, besonderer Staatsbedarf könne nur dort anerkannt werden, wo er durch die Bedürfnisse des beschränkten Personenkreises selbst hervorgerufen bzw. geweckt werde. Dann nämlich vermittle die Abgabepflicht aus Sicht des Belasteten einen „Nutzen" bzw. eine „Nützigkeit", oder, mit Blick auf die Sonderabgaben, eine „gruppentypisierte Nützigkeit", während dem allgemeinen Staatsbedarf aus Sicht des Belasteten dagegen eine „Allgemein- oder Fremdnützigkeit" zueigen sei (ebd.). Diese Bedingung sei

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes gäbe als außersteuerlich finanzierbarer, besonderer Aufgabe für „konstitut i v " . 2 3 6 Daß sich auch die voraussetzungslose Steuer als Reflex auf einen Nutzenstrom darstellen und damit in das Kontinuum einfügen läßt, wurde bereits erwähnt. 237 In die Sichtweise der individuellen Zurechenbarkeit als Internalisierungsregel fügt sich schließlich auch ein, daß anläßlich der gebührenfähigen Staatsleistung anfallende Vorteile für die Allgemeinheit bei der Gebühren- bzw. Beitragsbemessung nach Ansicht der Rechtsprechung abgabemindernd in Ansatz zu bringen sind. 2 3 8 Auch diese Entscheidungen geben implizit zu erkennen, daß das Wesen der Gebühr in der Tat von der Internalisierbarkeit des Nutzens lebt mit der Folge, daß sich externe Effekte der Staatsleistung zugunsten Dritter in der Person des Nutzenfinanziers abgabemindernd auswirken müssen, weil er sonst entgegen dem Postulat der Lastengleichheit überproportional zu den allgemeinen Staatsaufgaben beitrüge. Im Ganzen fügt sich das der Finanzwissenschaft entlehnte Internalisierungskriterium somit nahtlos in die finanzverfassungsrechtliche Abgabendogmatik ein. Dies rechtfertigt es, sich anhand dieses Kriteriums im folgenden auch der Untersuchung der Verleihungsgebühr und damit der Frage zuzuwenden, wie sich die Einräumung von Rechten aus dem Blickwinkel des Internalisierungskonzeptes darstellt. Dazu ist als Vorfrage jedoch noch das bisher offen gebliebene Verhältnis zwischen den Begriffen ( U n t e i l barkeit, Internalisierungsfähigkeit und individueller Zurechenbarkeit zu klären. Ist Teilbarkeit notwendige Bedingung für individuelle Zurechenbarkeit, oder gibt es daneben weitere Wege zur Nutzeninternalisierung im vorgenannten Sinne?

(4) Zum systematischen Verhältnis zwischen Teilbarkeit, individueller Zurechenbarkeit und Nutzeninternalisierung Für das Verhältnis zwischen der Internalisierungsfähigkeit einer Leistung und ihrer individuellen Zurechenbarkeit ist die systematische Abgrenzung wiederum nur dort erfüllt, wo kein Eigenbedarf der Person oder Gruppe gedeckt werde (a.a.O., S. 44). Auch hier spiegelt sich der Zusammenhang zwischen Internalisierungsmaß (individuell/kollektiv) und Abgabeform wieder. - Auf einen „besonderen Nutzen" als Voraussetzung einer Finanzierung durch nichtsteuerliche Abgaben stellt, allerdings als Rechtfertigungsgrund, auch Vogel ab; vgl. Vogel, Das ungeschriebene Finanzrecht des Grundgesetzes, in: Selmer/v. Münch (Hrsg.), Festschrift für Wolfgang Martens, S. 265 (267, 270). 236 Osterloh, Zur Zulässigkeit von Sonderabgaben, JuS 1982, 421 (423). 237 Vgl. oben in Fn. 227. 238 Vgl. BVerwG N V w Z 1984, 650 (651); OVG Koblenz, KStZ 1977, 225, sowie KStZ 1978, 214; vgl. hierzu auch Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 163.

250

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

bereits erfolgt: Der in der Unterscheidung zwischen Steuer und Vorzugslast zum Ausdruck kommenden Vorstellung der Verfassung von einer gerechten Sonderlastfinanzierung entspricht die Gebühr nur dann, wenn der Nutzen der belastungsauslösenden Staatsleistung ausschließlich vom jeweiligen Schuldner internalisiert wird. Internalisierungsfähigkeit ist somit regelmäßig Voraussetzung für individuelle Zurechenbarkeit. Noch offen ist indessen das Verhältnis zwischen der Internalisierungsfähigkeit einer Leistung und dem Teilbarkeitskriterium. Die Ausführungen Wilkes hatten insoweit keine Aufschlüsse zugelassen, da er die Teilbarkeit von Leistungen mit deren individueller Zurechenbarkeit gleichsetzte. 239 Die Zweifelhaftigkeit einer solchen Verortung des Teilbarkeitskriteriums ist nach dem hier gewählten Ansatz indessen offenkundig. Denn bei Gleichsetzung von Teilbarkeit und individueller Zurechenbarkeit muß denknotwendig die Integration des Internalisierungsmerkmals fehlschlagen, das seinerseits als Voraussetzung der individuellen Zurechenbarkeit identifiziert wurde. Daß die Teilbarkeit einer Leistung aus ihrer Internalisierungsfähigkeit folgen könnte, verträgt sich mit den Grundsätzen der volkswirtschaftlichen Güterlehre aber nicht. Hiernach bestimmt das Eigenschaftsbündel von Gütern in Gestalt der Möglichkeit oder Unmöglichkeit eines technischen Ausschlusses zugleich über die Nutzeffekte dieser Güter und folgt nicht umgekehrt die technische Ausschließbarkeit aus dem Vorhandensein privater Nutzeffekte. Aus diesen Zusammenhängen erhellt vielmehr, daß die Teilbarkeit von Leistungen eine Ausprägung spezifischer Gütereigenschaften ist und als solche auch über die Internalisierungsfähigkeit einer Leistung entscheidet, d.h. ihrerseits Voraussetzung für Internalisierungsfähigkeit und individuelle Zurechenbarkeit einer Leistung sein muß. Damit ist zugleich erkannt, daß Teilbarkeit und individuelle Zurechenbarkeit entgegen der Annahme von Wilke wesensverschieden sind. In der Literatur finden sich zum Verhältnis von Teilbarkeit, individueller Zurechenbarkeit und Internalisierungsfähigkeit keine Aussagen. Soweit das Teilbarkeitskriterium unter der Vorherrschaft eines inhaltlich verblaßten Zurechenbarkeitsbegriffs überhaupt wahrgenommen wird, kann das vorstehend abgeleitete Ergebnis aber als bestätigt gelten. Zimmermann spricht davon, daß öffentliche Güter unter anderem dann durch spezielle Entgelte finanziert werden können, wenn sie „wegen ihrer realen Teil- oder Meßbarkeit internalisiert" sind. 2 4 0 Bei diesen Gütern, zu denen beispielsweise die Lieferung von (bereitgestelltem) Wasser, Gas, Fernwärme, Elektrizität und andere Sachleistungen gezählt werden können, ist der Nutzen schon aus der 239

Siehe oben, Gliederungspunkt D I I 1 b) cc) (1). Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sachund Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902) - Hervorhebung durch den Verfasser. 240

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

251

Natur der Leistung internalisiert, weil nichtzahlende Individuen ausgeschlossen werden können. 2 4 1 Damit bestätigt sich: Das Teilbarkeitskriterium ist nicht mit der individuellen Zurechenbarkeit gleichzusetzen, sondern ist Bedingung sowohl der Internalisierungsfähigkeit von Leistungen als auch von deren Besonderheit oder Spezialität. Mit diesem Zwischenergebnis drängen sich nun allerdings sogleich weitere Fragen auf. Ist die reale Teilbarkeit hinreichende oder notwendige Bedingung für die Internalisierungsfähigkeit von Leistungen? Und weiter: Können im Ergebnis nur real teilbare Leistungen in einer Weise zugerechnet werden, die dem verfassungsrechtlichen Leitbild einer Gebührenfinanzierung entspricht, d.h. eine Nutzeninternalisierung allein in Person des Schuldners ermöglichen? Oder gilt umgekehrt, daß Teilbarkeit lediglich hinreichende Bedingung der Internalisierungsfähigkeit von Leistungen ist und in diesem Sinne auch andere Wege zur Internalisierung führen können? Einen Hinweis zur Beantwortung dieser Fragen gab vor Jahren schon Bohley, indem er den von ihm behaupteten Unterschied zwischen Ausschließbarkeit und Teilbarkeit mit folgendem Bild umschrieb: Wo um unteilbare Güter ein Gehege errichtet werden könne, sei eine Einzelzulassung zu dem Geschehen im Inneren des Geheges möglich. Schwarzfahrer (= Nichtzahler) könnten ferngehalten werden. 242 Wie sich zeigen wird, leistet dieses Bild gerade für die Verortung des finanzverfassungsrechtlichen Problemgehalts von Verleihungsabgaben wertvolle Dienste. Zunächst jedoch macht das Bild des Geheges in einer sehr plastischen Weise deutlich, daß die Teilbarkeit von Leistungen lediglich hinreichende Bedingung für deren Internalisierungsfähigkeit ist, da der Bau eines Geheges als Zulassungsschranke zur Internalisierungsfähigkeit von Leistungen auch dort führt, wo es sich bei güterwirtschaftlicher Betrachtung nicht um real teilbare Güter handelt. Damit wirft das Bild von dem Gehege als künstlich geschaffenes, aber vollwertiges Teilbarkeitssubstitut zugleich ein neues Licht auf die Frage der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen und offenbart damit zugleich die besondere Wirkungsweise der Verleihungsgebühr, kann im Einzelfall aber auch auf die Benutzungsgebühr zutreffen: Wenn der Staat um an sich unteilbare Güter ein Gehege errichtet, indem er den Zugriff auf diese Güter generell an das Innehaben von Nutzungsrechten bindet oder eine zugangsbeschränkende staatliche Einrichtung um sie erbaut, um anschließend Nutzungsrechte zu verleihen bzw. den Zugang zu der Einrichtung zuzulassen, so kann er auch für unteilbare Güter ein spezielles Entgelt erheben, obgleich diese nicht schon kraft Natur der 241 Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sachund Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902). 242 Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 34f.

252

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Leistung internalisierbar sind. Wählt er unter den vorgenannten Alternativen die generelle Untersagung mit anschließender Rechtsverleihung, bedient er sich einer Art Zwangssterilisierung durch Rechtsakt. In der Sache ersetzt er damit das seinem Zurechnungsermessen entzogene Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit natürlicher Leistungseinheiten durch eine seinem Zurechnungsermessen unterliegende individuelle Zurechnung. Da die öffentliche Hand diese Zurechnung zwangsweise vornehmen kann, ist sie auf das Funktionieren des technischen Ausschlußprinzips nicht mehr angewiesen. Daher können Staatsleistungen nicht nur dann durch spezielle Entgelte finanziert werden, wenn sie als Ausprägungen der Gruppe gemischtöffentlicher Güter wegen ihrer realen Teilbarkeit internalisierungsfähig sind, sondern sie werden auch dann gebührentauglich, wenn der Staat sie durch Rechtsakt zwangsinternalisiert. 243 Im Wege der Zwangsinternalisierung vormals gebührenuntauglicher öffentlicher Güter kann sich die Gebührengewalt somit endgültig von der klassischen Gebührenanalogie lossagen, welche die Gebühr noch als Ausdruck eines marktanalogen, d.h. freiwilligen Tauschvorgangs verstanden hatte. Ein Bruch mit der gebührenrechtlichen Belastungsregel, daß spezielle Entgelte in Form einer Gebühr nur zahlen soll, wessen Individualwohl unter Ausschluß anderer gefördert wird, geht damit jedoch nicht einher. Wie sich zeigen wird, bleibt diese Forderung an eine belastungsgerechte Gebührenerhebung bei der Zwangsinternalisierung durch Rechtsakt vorbehaltlich grundund freiheitsrechtlicher Fragen auf der Rechtfertigungsebene gewahrt.

(5) Zusammenfassung Die bisherigen Überlegungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Hinsichtlich des Leistungsgegenstandes ist der verfassungsrechtliche Gebührentatbestand grundsätzlich offen. Ausgeschlossen ist nur, daß der Schuldner „für nichts" bezahlt. 244 Im übrigen aber entscheidet der Gesetzgeber, 243 Vgl. Zimmermann, Grundrechtsbindungen bei der Finanzierung öffentlicher Sach- und Dienstleistungen durch spezielle Entgelte, DVB1. 1989, 901 (902). Ohne dabei die Verleihungsgebühr im Blick zu haben, weist Zimmermann in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, daß dem Staat theoretisch bei der rechtlichen Zwangsinternalisierung von öffentlichen Gütern keinerlei Grenzen gesetzt sind. Praktisch scheitere die individuelle Zurechnung z.B. der inneren Sicherheit oder der Landesverteidigung durch Rechtsakt nur daran, daß diese Zurechnung mit heutigen verfassungsrechtlichen Vorgaben unvereinbar sei; vgl. ders., a.a.O., Fn. 12. Andere beklagen in diesem Zusammenhang den ausufernden Gebrauch eines Zurechnungsermessens durch den einfachen Gebührengesetzgeber; vgl. Gramm, Vom Steuerstaat zum gebührenfinanzierten Dienstleistungsstaat, Der Staat 1997, 267 (275, 277), sowie Wey reuther, Gebühren ohne Gegenleistung?, UPR 1997, 261 (264 f.). 244 Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 74 f.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

253

welche individuell zurechenbaren Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen w i l l . 2 4 5 Angesichts der möglichen Vielfalt von Leistungsgegenständen läßt sich der typische Fall einer gebührenfähigen Leistung materiell nicht zufriedenstellend umschreiben. 246 Daher gibt es in gegenständlicher Hinsicht auch ein sog. Wesen gebührenfähiger Staatsleistungen nicht. Versuche ihrer Einengung auf bestimmte, angeblich konstitutive Leistungsmerkmale sind eher Ausdruck einer Übertragung einfachgesetzlicher Gebührenmerkmale auf die Verfassungsebene. 247 Positiv umschreiben lassen sich dagegen die Bedingungen, unter denen die Erhebung von Gebühren nach der Vorstellung der Verfassung belastungsgerecht ist. Das Grundgesetz hat diese Vorstellung im Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit niedergelegt. Ihm kommt verfassungskräftige Wirkung z u . 2 4 8 An dem verfassungsrechtlichen Leitbild von einer belastungsgerechten Gebührenerhebung endet auch das Leistungsbestimmungsrecht des einfachen Gesetzgebers. Nach herkömmlichem Gebührenverständnis ist die individuelle Zurechbarkeit von Staatsleistungen daher entscheidender Maßstab zur Begrenzung der Gebührengewalt. Gebührenbegrifflich ist sie entscheidendes Merkmal zur Abgrenzung der Gebühr von der Steuer und bedarf insoweit möglichst mißbrauchsresistenter Auslegung und Anwendung. Während die Abgrenzungskraft der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen in der Rechtswissenschaft infolge der zumeist unerläuterten Forderung nach einer besonderen, speziellen oder auch konkreten Leistung häufig übersehen zu werden droht, liefert die Finanzwissenschaft mit dem für die Finanzierung durch spezielle Entgelte konstitutiven Merkmal der Ausschließbarkeit bzw. der Internalisierungsfähigkeit des Leistungsnutzens ein brauchbares Konkretisierungskriterium. Aus Sicht des Gebührenschuldners sichert das Ausschließbarkeitsmerkmal die Internalisierung des durch die Staatsleistung vermittelten Nutzens 245 P. Kirchhof\ Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen, S. 23; ähnlich Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächen wasser, S. 6; Selmer/Brodersen/Nicolassen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 71; Weyreuther, Gebühren ohne Gegenleistung? UPR 1997, 261 (264). 246

So zu Recht auch v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063). 247 Vgl. in diesem Sinne auch Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 71. 248 F. Kirchhof Die Höhe der Gebühr, 23.

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

ausschließlich in seiner Person. Externe Effekte bleiben dagegen aus. Gebührenfähige Güter zeichnen sich somit dadurch aus, daß sie erstens eine Privatgutkomponente enthalten und zweitens technisch wie auch ethisch bzw. rechtlich den Ausschluß solcher Personen vom Nutzenstrom der Leistung erlauben, die sich nicht durch Zahlung eines Entgeltes eigens als Nutzenempfänger qualifiziert haben. Die so verstandene individuelle Zurechenbarkeit von gebührenfähigen Staatsleistungen offenbart, daß sich die Gebühr in hohem Maße durch den Gedanken der Belastungsgerechtigkeit auszeichnet. Während die Steuer verfassungsgewollte Abgabe zur Finanzierung des staatlich herzustellenden Gemeinwohls ist, korrespondiert die Vorzugslast bzw. Gebühr mit dem staatlich hergestellten Individualwohl. Demnach ist ihre Erhebung nur dort gerecht, wo die mit der Staatsleistung verbundenen Nutz- oder Vorteilseffekte nicht zugleich auch auf zahlungsunwillige Dritte ausstrahlen, externe Effekte also ausbleiben und es in diesem Sinne zu einer Internalisierung des spezifischen Leistungsnutzens in Person des jeweiligen Abgabeschuldners kommt. Demgegenüber indiziert ein hohes Streuungsmaß des Leistungsnutzens die Allgemeinheit einer Leistung. In diesem Sinne gemeinwohlfördernde Leistungen sind einer Finanzierung durch Vorzugslasten schon nach dem Grundgedanken einer belastungsgerechten Abgabeerhebung entzogen. Nur die Steuer ist verfassungsgerechte Finanzierungsgrundlage des staatlich vermittelten Gemeinwohls und zieht daher auch alle Leistungen an sich, die einer individuellen Nutzeninternalisierung nicht zugänglich sind. Die verfassungsrechtliche Gegenüberstellung von Steuern einerseits und Vorzugslasten andererseits bedeutet nicht nur die Bezugnahme auf vorkonstitutionell ausgestaltete Abgabearten, durch sie macht sich das Grundgesetz vor allem auch zwei unterschiedliche Belastungsvorstellungen zueigen. Auf der Annahme eines Kontinuums zunehmender Nutzeninternalisierung zwischen Gemeinlast- und Äquivalenzfinanzierung basiert auch die finanzverfassungsrechtliche Abgabensystematik. Dieses zeigt sich zunächst an der Differenzierung zwischen allgemeinen Staatsaufgaben (Steuer) und besonderen Staatsaufgaben (Vorzugslast). Des weiteren wird die typenprägende Bedeutung des Internalisierungskriteriums an der Finanzierungssonderabgabe deutlich. In Gestalt der nach allgemeiner Ansicht notwendigen gruppennützigen Verwendung des Abgabeaufkommens fordert man für diese Abgabe, daß es als Gegenstück zur Gruppenbelastung zur Internalisierung eines kollektiven Nutzeffektes im Sinne des finanzwissenschaftlichen allgemeinen Äquivalenzprinzips kommt. Im Sinne des Internalisierungskriteriums ist schließlich auch die Wendung zu verstehen, daß stets nur eine »besondere* Leistung gebührenfähig sein könne. Die notwendige Besonderheit der Leistung soll nur sicherstellen, daß die Gebühr Reflex auf eine

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

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gerade bzw. ausschließlich an den Gebührenschuldner erbrachte Leistung bleibt. Dagegen besagt das Merkmal der »besonderen* Leistung nicht, daß nur bestimmte Leistungsobjekte gebührenfähig sind, ein Recht bzw. die Rechts Verleihung mangels »Besonderheit4 als Leistungsgegenstand also a b zuscheiden habe. Die Voraussetzungen einer Gebührenerhebung sind nach dem Internalisierungskriterium zum einen bei real teilbaren Gütern bzw. Staatsleistungen gegeben. Diese Leistungen sind kraft Natur der Sache individuell zurechenbar, die auf ihre Inanspruchnahme erhobenen speziellen Entgelte »geborene Vorzugslasten 4. Unteilbare Leistungen mit kollektiver Nutzenstreuung hingegen sind ihrer Natur nach nicht individuell zurechenbar. Selbst unteilbare Güter bzw. Leistungen sind jedoch sowohl individueller Nutzeninternalisierung als auch dem Ausschluß Dritter zugänglich, allerdings nicht kraft ihrer natürlichen Beschaffenheit, sondern kraft eines Rechts- oder Zurechnungsaktes des einfachen Gesetzgebers (Zwangsinternalisierung). An die Stelle individueller Zurechenbarkeit kraft Natur der Leistung tritt die individuelle Zurechnung aufgrund einfachgesetzlicher Belastungsentscheidung. Neben die geborene tritt auf diese Weise die »gekorene4 Vorzugslast. Teilbarkeit ist somit zwar hinreichende, nicht aber notwendige Bedingung von Internalisierung und individueller Zurechenbarkeit. Neben sie tritt a priori gleichberechtigt die Zurechnung kraft Rechtsaktes (Zwangsinternalisierung). Dem Vorstellungsbild der Verfassung von einer gerechten Gebührenbelastung entsprechen beide Zurechnungsmodi, da sowohl bei natürlicher Internalisierung als auch bei Zwangsinternalisierung kraft Rechtsakts externe Effekte ausbleiben, der Gebührenschuldner also nur für die staatliche Mehrung seines Individualwohls zahlt. Teilt man diese Unterscheidung zwischen natürlicher Zurechenbarkeit und »künstlicher 4 Zurechnung kraft einer Zuordnungsentscheidung des einfachen Gesetzgebers, so läßt sich bereits erahnen, daß das finanzverfassungsrechtliche Kernproblem des letztgenannten Zurechnungsmodus in der Ausweitung des Gebührenregimes durch den Zugriff des Gesetzgebers auf ihrer Natur nach gebührenferne Staatsleistungen liegt. Bevor jedoch weitere Überlegungen in diese Richtung angestellt werden, soll zunächst gezeigt werden, daß Zurechnung kraft Rechtsakts und sonstige Konzepte der »Zwangsinternalisierung 4 zu den durchaus geläufigen Zurechnungsmodi des modernen Gebührenrechts gehören, ohne die aktuelle Fragen zum Einsatzbereich von Entgeltabgaben wohl auch kaum bewältigt werden könnten.

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff dd) Ausgewählte Abgabenbeispiele im Lichte des Zurechenbarkeitskonzepts

Daß die Zurechnung unteilbarer Leistungen über den Gedanken der Zwangsinternalisierung in der finanzverfassungsrechtlichen Diskussion weithin toleriert wird, zeigen die Rechtsfigur Duldungsgebühr sowie, als Anwendungsbereich dieser Abgabe, die Debatte über Umweltabgaben. Umso erstaunlicher ist, daß sich die Kritik des Schrifttums relativ einseitig an der Verleihungsgebühr entlädt.

(1) Duldungsgebühren Daß Abgabenpraxis und Wissenschaft auch jenseits des Verleihungskonzeptes nicht ohne Abweichungen vom Referenzmaßstab der individuellen Zurechenbarkeit auskommen, zeigt zunächst die sog. Duldungsgebühr. Sie wird erhoben für die Duldung der Benutzung einer öffentlichen Sache bzw. Einrichtung und wird regelmäßig von jenen Autoren befürwortet, die hinsichtlich des Leistungsgegenstandes von einem offenen bzw. weiten Gebührenbegriff ausgehen und für das Vorliegen einer staatlichen Leistung dementsprechend jedes Tun, Dulden oder Unterlassen ausreichen lassen. 249 Beispielhaft sind etwa die Straßenbenutzungs- sowie die Sondernutzungsgebühr. Diese knüpfen im Falle der Benutzung von Straßen außerhalb des Gemeingebrauchs nicht an das Herstellen und Bereithalten der ohnehin vorhandenen Straßen an, sondern belasten den Tatbestand, daß der Staat die individuelle Inanspruchnahme seiner Einrichtung duldet. 2 5 0 249

So etwa F. Kirchhof,\ Die Höhe der Gebühr, S. 18; P. Kirchhof\ Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßengesetzgebung, S. 227; Dreyer/Mohl, Tatsächliche und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten einer Innenstadtzufahrtsabgabe, KStZ 1996, 48 (51); Krause, Die Nahverkehrsabgabe, S. 38f.; ausführlich Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 69, 85 ff. m.w.N.; Meßerschmidt, Umweltabgaben im Gefüge der Finanzverfassung, UTR 3 (1987), 83 (99); Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 34. Neben diesen Autoren gibt es jedoch auch zahlreiche Stimmen, die der Duldungsgebühr in der Sorge vor einem Ausufern der Gebührengewalt ablehnend gegenüberstehen. So etwa Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 19f., und zwar mit Blick auf die angeblich duldungsfeindliche Kostendeckungsfunktion der Gebühr; Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 108; Kluth, Verfassungs- und abgabenrechtliche Rahmenbedingungen der Ressourcenbewirtschaftung, NuR 1997, 105 (109); v. Mutius/Lünenbürger, Öffentliche Abgaben für Wasserentnahmen kraft Landesrechts, DVB1. 1995, 1205 (1208 f.); Müggenborg, Gewässerschutzrecht im Überblick und Anmerkungen zum DDR-Wassernutzungsentgelt, L K V 1993, 353 (358); Steiner, Umweltabgaben im Spannungsfeld von Politik, Wissenschaft und Verfassungsrecht, StVj 1992, 205 (212f.); Raber, Wassernutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (222).

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

257

Bereits diese Umschreibung läßt Zweifel aufkommen, ob der Grundgedanke der Duldungsgebühr noch mit dem hier vertretenen Zurechenbarkeitsverständnis vereinbar ist. Während dieses von der (natürlichen) Zurechenbarkeit einer staatlichen Leistung in dem Sinne ausgeht, daß der Staat den Empfänger seiner Leistung individualisieren und den Empfängerkreis mittels des Ausschlusses Zahlungsunwilliger steuern kann (Benutzungs-, Verwaltungsgebühr), läßt man es bei der Duldungsgebühr offenbar genügen, daß der einzelne ohne Zutun und Einfluß des Staates mit einer staatlich geschaffenen, nicht aber notwendig beherrschten Sachgesamtheit in Kontakt tritt. Ob der vermittelte Individualnutzen lediglich Reflex auf die Zugehörigkeit des einzelnen zur Allgemeinheit oder Ausdruck einer »besonderen* Leistung im Sinne einer Nutzeninternalisierung ausschließlich in Person des Abgabeschuldners ist, ist in einer solchen Konstellation zweifelhaft. 251 Weder erlaubt die natürliche Beschaffenheit von Straßen eine Internalisierung aufgrund Teilbarkeit, noch stehen dem Zugang zum Straßen- und Wegenetz, anders als bei staatlichen Einrichtungen, Zugangshemmnisse für Zahlungsunwillige entgegen. 252 Angesichts dieser Erklärungsbedürftigkeit der Abgabe hat sich die Wissenschaft bemüht, die Duldungsgebühr auf eine tragfähige Grundlage zu stellen. Zuletzt hat sich Meyer mit dem Institut der Duldungsgebühr befaßt und dabei schwerpunktartig das Problem der individuellen Zurechenbarkeit behandelt. 253 Meyer sieht die „Funktion" dieses Merkmals darin, das Gegenleistungsverhältnis zwischen Leistungserbringer (Staat) und Leistungsempfänger (Gebührenschuldner) zu bestimmen. Individuelle Zurechenbarkeit sei nur dort gegeben, wo zwischen Staat und Gebührenschuldner eine Verbindung bestehe, die über die allgemeine Verbindung von Staat und Bürger hinausgehe und einer vertragsähnlichen Austauschbeziehung gleiche. In diesem Sinne müsse zwischen Verwaltung und Leistungsempfänger ein „Band" geknüpft sein, das diesen von der gebührenpflichtigen Allgemeinheit unterscheidet. 254 Unabhängig davon, daß der Hinweis auf die Funktion der individuellen Zurechenbarkeit als Mittel zur Personalisierung des Gebührenschuldverhält250

P. Kirchhof\ Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßengesetzgebung, S. 227. 251 Vgl. etwa Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 36, zur Duldungsabgabe auf die Straßennutzung im Gemeingebrauch. 252 So auch Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 85, das Ausschlußprinzip allerdings nicht als zwingend erachtend. Im finanzwissenschaftlichen Schrifttum wird das Straßennetz dementsprechend als Beispiel für öffentliche Güter bezeichnet; vgl. Fn. 180. 253 Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 83 ff. 254 Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 84. 17 Drömann

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

nisses zu kurz greift, 2 5 5 ist von eigentlichem Interesse nunmehr die Frage, wie dieses besondere Band zwischen Staat und Gebührenschuldner nun im einzelnen geknüpft sein muß, damit auch im Falle der Duldungsgebühr von einer individualisierten Leistung die Rede sein kann. Mit dieser Frage richtet sich der Blick auf sog. Zurechnungskriterien. Dabei werden die für die Duldungsgebühr vertretenen Zurechnungserwägungen zeigen, daß diese Abgabe den Rahmen natürlicher bzw. herkömmlicher Zurechenbarkeit in der Tat verläßt. So wird gelegentlich erwogen, staatliches Dulden sei nur demjenigen gegenüber gebührenfähig, gegen den die Verwaltung tatsächlich wie rechtlich einen Unterlassungsanspruch durchsetzen könne. 2 5 6 Dieses Kriterium läuft letztlich auf eine Zurechnungsfiktion hinaus. Wo der Staat die zu duldende Aktivität gar nicht erkennt, und dies ist im Paradigma der Duldungsgebühr der typische Fall, fehlt es bereits an den tatsächlichen Voraussetzungen des duldenden Gewährenlassens. Anzunehmen, der in Unkenntnis über den Ordnungspflichtigen befindliche Staat gewähre in Gestalt der Duldung gerade dem Unbekannten eine besondere Leistung, kommt über den Charakter des Fiktiven kaum hinaus. Nur wo der Staat in Kenntnis rechtswidriger Umstände auch tatsächlich eingreifen könnte und sich dennoch duldend zurückhält (z.B. bei bekanntermaßen formell illegaler Einleitung), vermehrt er in der Tat in zurechenbarer Weise das Individualwohl des Ordnungspflichtigen. Abgesehen davon, daß der Staat sich die mit der Duldung einhergehende Entlassung des Gebührenschuldners aus der staatsbürgerlichen Normbefolgungspflicht aus rechtsstaatlichen Gründen ohnehin nicht entgelten lassen kann, 2 5 7 hätte eine derartige Zurechnung mit dem Zurechenbarkeitskonzept teilbarer Leistungen nur noch wenig gemein und wird daher im Ergebnis zu Recht nicht weiter verfolgt. 2 5 8 Zur Begründung von Straßenbenutzungsgebühren als Duldungsgebühren bedient man sich daher des weiteren des Finanzierungsaufwands bei Herstellung und Bau von Straßen als Zurechnungskriterium. Im Bau der Straße und der Übernahme der dabei entstehenden Kosten wird dementsprechend auch die (zunächst anonyme) Staatsleistung gesehen. Individuell zurechen.255 jsj a c h hier vertretener Ansicht erhält das Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen normprägenden Charakter insoweit, als es mit dem ihm immanenten Internalisierungskriterium den Rahmen absteckt, in dem eine Gebührenerhebung überhaupt möglich ist. Dabei dient das Merkmal nicht vorrangig der Identifizierung von Gläubiger und Schuldner, sondern in erster Linie als Leitbild einer gerechten Gebührenbelastung, die ausschließlich an individualdienliche Leistungen anknüpft. Ausführlich dazu: Gliederungspunkt D I I 1 b) cc). 256 Vgl. Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 87 ff. 257 So zutreffend Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 194 f. 258 Vgl. Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 88.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

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bar werde dieser Vorleistungsaufwand sodann im Zeitpunkt der konkreten Inanspruchnahme der Straße durch den einzelnen. 259 Auch das an sich sachgerechte Zurechnungskriterium staatlicher Vorleistungen für Straßenbau und -fmanzierung entspricht den Bedingungen natürlicher Zurechenbarkeit aufgrund Teilbarkeit indes nicht. Auch hier handelt es sich im Kern um Zurechnung eines unteilbaren Leistungsgegenstandes. Die staatliche Vorleistung ist zunächst anonym, d.h. an alle erbracht. Die nachträgliche Zurechnung imaginärer Vorleistungsanteile an die einzelnen Nutzer ist daher ihrem Charakter nach eher wertende Zurechnung denn tatsächliche Zuwendung und steht nach dem Internalisierungskonzept der Zurechnung durch Rechtsakt sogar noch nach. Anders mag die Zurechnung duldender Staatstätigkeit nur dann zu beurteilen sein, wenn gefordert wird, daß anläßlich der Duldung das staatliche Vermögen gemindert werden muß. 2 6 0 Unter Anwendung eines betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs, der Kosten als bewerteten Werteverzehr versteht, läuft diese Forderung zwar ebenfalls auf den Zurechnungsgedanken des Aufwandsausgleichs hinaus. Jedoch wird hier der konkrete Vermögens Verlust des Staates zum Träger eines Internalisierungsaktes. Somit würde in diesem Fall ein konkreter Vermögenstransfer zurechenbar, ohne daß es einer Zurechnungsfiktion bedarf. Am deutlichsten wird die Parallele zur Zwangszurechnung kraft Rechtsakts schließlich bei dem Zurechnungskriterium der Nutzung einer sog. öffentlichen Sache in Fällen, in denen ein zurechenbarer Aufwand nicht erkennbar ist. Öffentliche Sachen sind Sachgesamtheiten der natürlichen oder menschlich geschaffenen Umwelt, die einem öffentlich-rechtlichen Regime unterworfen sind. 2 6 1 Durch Zweckbestimmung und Rechtsstatus seien diese Sachen eindeutig dem Staat zugeordnet und würden, zunächst noch anonyme Staatsleistung, im Falle ihrer Nutzung individualisiert und einzelnen Nutznießern zugeordnet. Eben diese Zuordnung sei dann auch Zurechnungs- bzw. Internalisierungsakt, woraus zugleich geschlossen wird, daß die „Verstaatlichung" eines Gutes die Anforderungen an eine individuelle Zurechnung ebenso erfüllen könne wie ein tatsächlicher Aufwand. 2 6 2 Die Strukturgleichheit des Zurechnungsgrundes »Nutzung einer öffentlichen Sache* mit der individuellen Zurechnung durch Rechtsakt ist hier unverkennbar. Sie verdeutlicht zugleich, daß das Gebührenrecht die 259

Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 91; Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 89. 260 F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 32. 261 Vgl. Lorenz, Die öffentliche Sache als Instrument des Umweltschutzes, N V w Z 1989, 812 (818 f.); Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 90 m. w.N. 262 Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 90. 1

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Beschränkung des Kreises gebührentauglicher Leistungen auf kraft ihrer Teilbarkeit naturgemäß zurechenbare Leistungen schon lange überwunden hat. Statt dessen wird heute durch Heranziehung weiterer Zurechnungskriterien263 schlicht auch dort zugerechnet, wo eine unteilbare und daher ihrem Wesen nach eigentlich nicht zurechenbare Leistung vorliegt. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei der Gedanke, nicht mehr die unteilbare Leistung selbst, sondern bestimmte Zugangs- und Nutzungsrechte an Leistungen bzw. (öffentlichen) Gütern zur Privatgutkomponente zu erheben. Daß das Kriterium der individuellen Zurechenbarkeit, wie zuweilen angedeutet wird, nicht zu eng ausgelegt werden dürfe, 2 6 4 findet in der wissenschaftlichen Diskussion somit offenbar nachhaltiges Gehör. Wie weit sich die Diskussion vom Referenzmaßstab der individuellen Zurechenbarkeit inzwischen entfernt hat und wie sehr »künstliche4 Zurechnungsakte anstelle natürlicher Zurechenbarkeit bzw. Teilbarkeit heute akzeptiert werden, zeigt des weiteren die Umweltabgabendiskussion als Anwendungsfeld insbesondere auch der Duldungsgebühr. (2) Umweltnutzungsabgaben Ein Blick auf die Umweltabgabendebatte empfiehlt sich an dieser Stelle vor allem deshalb, weil die Problematik einer Gebührenerhebung auf Umweltnutzungen die konzeptionelle Nähe zwischen individueller Zurechenbarkeit kraft Natur der Leistung und individueller Zurechnung kraft Rechtsakts besonders deutlich zutage fördert. Instruktiv ist insoweit ein Beispiel von F. Kirchhof, nach dessen Ansicht der Staat für die bloße Umweltnutzung noch keine Gebühr verlangen kann. Die Umwelt sei etwas natürlich Vorgefundenes, das der Staat nicht selbst leisten kann. 2 6 5 Mache der 263

Um Zurtchnungskriterien handelt es sich bei der Rechtsfigur der Nutzung öffentlicher Sachen und der Zurechnung anonym erbrachten Vorleistungsaufwands strenggenommen nicht. Beides sind lediglich typische Fälle, von denen man meint, daß die Bedingungen individueller Zurechnung bzw. Zurechenbarkeit erfüllt sind. Kriterium bzw. Indiz für das Vorliegen einer individuell erbrachten Leistung ist allein die Nutzeninternalisierung unter (weitgehendem) Ausschluß externer Effekte. 264 Vgl. Selmer/Brodersen/Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 70. 265 Vgl. hierzu und zum folgenden F. Kirchhof, Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (557). Die Umweltnutzung als solche berechtigt auch nach anderen Stimmen nicht zur Gebührenerhebung, vgl. etwa Donner/Fischer, Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/Magoulas/Simon/Wolf (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Staat und Markt, S. 370; Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (775); F. Kirchhof, Der Baden-Württembergische „Wasserpfennig", N V w Z 1987, 1031 (1034). Andere halten die Nutzung der Umwelt als öffentliches Gut hingegen offenbar ohne weiteres für gebührenfähig, so etwa P. Kirchhof,

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

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Staat jedoch aus der physikalisch vorgefundenen Umwelt durch eigene Leistungen eine Staatsveranstaltung, so könne er Benutzungsgebühren erheben. Konkret bezieht Kirchhof diesen Gedanken auf die Nutzung von Meerwasser zum Schwimmen. Wo das Meer als Bestandteil der natürlichen Umwelt in Rede stehe, könne der Staat mangels Verfügungsgewalt keine Gebühr von den Badenden erheben. Baue er aber in Künstennähe ein Schwimmbecken und beschicke es mit Meerwasser, so könne er auf die Nutzung der so entstandenen Einrichtung eine Gebühr erheben. Dem entspricht es, daß andere Stimmen für die Belegung der Umweltnutzung mit Gebühren die Verfügungsgewalt des Staates über das betreffende Medium verlangen und eine bloße Naturgegebenheit insoweit ebenfalls nicht ausreichen lassen. 266 Den Grund hierfür wird man nach der hier vertretenen Betrachtungsweise darin erblicken können, daß der Staat den Zugang zu seiner Einrichtung nunmehr steuern und Zahlungsunwillige ausschließen kann. Von den Nutzern kann er eine Gebühr zwar nicht aufgrund der Zuwendung einer teilbaren Leistung verlangen. Gebührentauglich ist die Nutzung des Meerwasserschwimmbeckens aber deshalb, weil durch die Zugangsregelung nunmehr der Zugang selbst zur Privatgutkomponente geworden ist und der Nutzer diesen Zugang vollständig in seiner Person internalisieren kann, ohne daß insoweit externe Effekte auf Zahlungsunwillige übergreifen. Dieselbe Wirkung kann der Staat nun dadurch erzielen, daß er die Benutzung der Umwelt grundsätzlich verbietet, um sodann dem einzelnen fallweise ein Recht auf die Umweltnutzung zu verleihen. Diese Leistung könne dann mit der Verleihungsgebühr entgolten werden, wobei anstatt der tatsächlichen Nutzung der Umwelt nunmehr die Einräumung, Innehabung oder Benutzung des Rechts entgeltpflichtig werde. 2 6 7 Wie sich zeigt, Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.); Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 169, Rdn. 189; Wilms , Die Entlastung der Innenstädte vom Individual verkehr durch Abgaben und andere Geldleistungspflichten, S. 28; Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (173 f.). Unklar insoweit P. Kirchhof, Verfassungsfragen der Gewässerbenutzungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen, S. 29: Die Nutzung des in der Natur vorgefundenen Wassers sei gebührenfähig, wenn der Erhebungsberechtigte einen tatsächlichen Aufwand nachweisen kann, die Gebühr also der Kostendeckung dient. 266 So OVG Münster, DVB1. 1984, 348 (349 ff.); in diesem Sinne auch der HçssVGH, DVB1. 1983, 949 (950). Im Schrifttum etwa Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (775); ähnlich auch Stabreit, Die Erhebung von Wassernutzungsentgelt in den neuen Bundesländern, L K V 1994, 350 (354). 267 F. Kirchhof, Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (557). In diesem Sinne auch Franke, Umweltabgaben und Finanzverfassung, StuW 1994, 26 (3 f.). Zur Integration der Umweltnutzung in das Abgabensystem könne

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

erlaubt somit auch die Idee der Verleihungsgebühr eine Substitution natürlicher Zurechenbarkeit, und zwar durch eine Zurechnung von Rechten. Von der auf die Benutzung einer staatlichen Einrichtung erhobenen Gebühr unterscheidet sie sich aber, weil der bloßen Einräumung von Rechten im Gegensatz zur Errichtung einer staatlichen Einrichtung kein Aufwand zugrundeliegt. Überdies sind die Bezugspunkte verschieden: Die Benutzungsgebühr wird für den Zugang zu einer staatlich beherrschten Sachgesamtheit erhoben. Bei der Verleihungsgebühr dagegen leistet der Staat nur die exklusive Verfügungsgewalt über das verliehene Recht, während das von dem Recht abgeschirmte Nutzungsobjekt frei zugänglich bleibt. So gesehen kommt die Anwendung der Verleihungsidee überall dort in Betracht, wo die Kosten der Herstellung von Voraussetzungen eines technischen Ausschlusses (Staatliche Einrichtung) prohibitiv sind. Dies ist typischerweise bei Umweltgütern der Fall. Nicht von ungefähr greift die Wissenschaft zur Begründung der Gebührenfähigkeit von Umweltnutzungen daher auf die Rechtsfigur der öffentlichen Sache zurück, wie dieses im vorangehenden Gliederungspunkt erläutert wurde. Auch hier beruht die Zurechnung von Umweltnutzungen auf den einzelnen letztlich auf einer Zwangssterilisierung durch Rechts- bzw. Zurechnungsakt. Zunächst wird das Nutzungsrecht an der unteilbaren Sache dem Staat vorbehalten, und anschließend wird die tatsächliche Nutzung durch den einzelnen als individuell geduldetes Privileg betrachtet. Wegen der prohibitiv hohen Kosten einer staatlichen Einrichtung bleibt der Weg über die Benutzungsgebühr dagegen unbeschritten. Auf einen entsprechenden Zurechnungsmodus griff auch das Bundesverfassungsgericht in der Wasserpfennigentscheidung zurück. Das Gericht betonte, daß knappe natürliche Ressourcen wie Wasser Güter der Allgemeinheit seien und als solche einer öffentlich-rechtlichen Bewirtschaftung unterworfen. Danach sei es etwas Besonderes, wenn der Staat die Nutzungsmöglichkeit an dieser Sache dennoch eröffne. 268 Im Schrifttum ist man auf den „Ausweg" verfallen, die Inanspruchnahme von Umweltmedien, für die exklusive Eigentums- und Verfügungsrechte nicht definiert werden können, an eine Genehmigung zu binden und diese Genehmigung sodann steuerstaatskonform als „besteuerungsfähigen A k t " qualifizieren. Franke selbst räumt allerdings ein, daß die Äquivalenzbeziehung bei dieser Gestaltung so sehr im Vordergrund stehen könne, daß letztlich der Kategorie der Vorzugslasten der Vorrang vor der Steuer einzuräumen sei. Damit gelangt er letztlich ebenso zur Verleihungsidee. 268 Vgl. BVerfGE 93, 319 (345 f.). Unzutreffend erscheint insoweit die Entscheidungsanalyse von Sanden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „Wasserpfennig"-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, UPR 1996, 181 (182). Sanden wirft dem Gericht die Aushöhlung des (wohl finanzwissenschaftlich verstandenen) Äquivalenzprinzips vor, indem es allein in der Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit eine individuell zurechenbare Staatsleistung erkenne und darüber

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

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dieser Zurechnungsgedanke dahin ausgelegt worden, daß hinter der Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit als eigentliche Leistung des Staates die Ausübung seiner Befugnis stehe, über die Nutzungsmöglichkeiten an der Ressource Wasser selbst zu entscheiden. 269 Im Kern klingt somit auch hier der Gedanke der Zwangsinternalisierung ausschlußunfahiger Leistungen (Ressourcennutzung) durch Rechtszuweisung an. Das Schrifttum hat im Anschluß an den Wasserpfennigbeschluß die Frage aufgeworfen, ob der gebührenrechtliche Leistungsbegriff denn nicht mehr verlange als die bloße Ausübung von staatlichen Befugnissen. Könne es ausreichen, daß der Staat dem einzelnen die Nutzungsmöglichkeit an einem bewirtschafteten Allgemeingut zuwendet, ohne selbst irgendetwas „leisten" im Sinne von „dafür etwas tun" zu müssen? Sei nicht vielmehr eine eigene Tätigkeit und in diesem Sinne eine Anstrengung zu verlangen, um von einer „Leistung" seitens des Staates sprechen zu können? 2 7 0 v. Mutius/Lünenbürger haben derartige Fragen zum Anlaß für die Bestätigung eines „engen" Leistungsbegriffs genommen und in diesem Sinne ausgeführt, daß eine Staatsleistung stets nur dort vorliegen könne, wo die konkrete Tätigkeit oder Anstrengung des Staates Kosten in Gestalt der Arbeitskraft seiner Organmitglieder hervorrufe. 271 Das Erfordernis staatlicher Kosten sei auf der Grundlage dieses engen Leistungsbegriffs damit zugleich das tragende Ahgrenzungsmerkmal zur Steuer. Die Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit einer natürlichen Ressource als Leistung gehe jedoch zumindest über das hinaus, was im Rahmen der Erhebung von Vorzugslasten traditionell unter einer Leistung verstanden worden sei. Sie als individuell zurechenbaren Leistungsgegenstand anzusehen, erweitere daher nicht nur den gebührenrechtlichen Leistungsbegriff, sondern bedeute letztlich dessen Preisgabe. 272 auf die spezielle Entgeltlichkeit bzw. individuelle Zurechenbarkeit verzichte. Das Äquivalenzverhältnis wird gerade nicht verletzt, denn das Internalisierungskriterium soll im Wege der Zwangsinternalisierung des öffentlichen Gutes Wasser ja gerade dadurch gewahrt bleiben, daß nunmehr der Nutzungszugang (die „Eröffnung") selbst zur Privatgutkomponente wird. Sanden ist allerdings zuzugeben, daß der Zugriff auf die Privatgutkomponente »Nutzungsrecht 4 bei der Konzeption der Ressourcennutzungsgebühr insgesamt als wenig geglückt bezeichnet werden kann. Siehe dazu auch nachfolgend unter Gliederungspunkt D I I 1 b) dd) (3) (cc). 269 v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcen Wirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063). 270 Diese Frage stellen im Ansatz zu Recht v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063). 271 v. Mutius /Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063). 272 v. Mutius /Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcen Wirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063). Kritisch hierzu

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Über das herkömmliche Zurechenbarkeitsverständnis des Gebührenrechts geht die Anerkennung der Eröffnung einer Nutzungsmöglichkeit als Leistung in der Tat hinaus. Wie dargelegt, zeichnete sich dieses gerade dadurch aus, daß eine teilbare Leistung unter Ausschluß Dritter zugewandt wird, denn anderenfalls - bei Vorliegen externer Effekte - widerspräche der Zurechnungsmodus zumindest dem Leitbild einer belastungsgerechten Gebührenerhebung. Ob die Anerkennung der Eröffnung einer Nutzungsmöglichkeit als Staatsleistung den Leistungsbegriff preisgibt, ist jedoch fraglich. Denn wie bereits gezeigt wurde, soll das Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit bei einem ansonsten offenen Leistungstatbestand lediglich sicherstellen, daß der Gebührenschuldner nicht für das bezahlt, was andere ohne spezielles Entgelt erlangen. Das moderne Gebührenrecht nimmt es heute indessen fast als selbstverständlich hin, daß diese Belastungsregel nicht nur in ihrer traditionellen Domäne, den teilbaren Leistungen bzw. gemischt öffentlichen Gütern angewandt wird, sondern überträgt sie unter Hinweis auf die ,Privatgutkomponente Recht4 sowie andere sog. Zurechnungskriterien vermehrt auch auf öffentliche Güter. Soweit die jeweiligen Zurechnungsakte wie im Falle der Zuordnung einer exklusiven Rechtsposition dem Grundgedanken einer Finanzierung durch spezielle Entgelte noch entsprechen, hat der Leistungsbegriff an Abgrenzungskraft zur Steuer somit nichts eingebüßt. Gerade insoweit wird sich allerdings in den folgenden Ausführungen zeigen, daß die Zurechnung einer klar umrissenen Rechtsposition der Internalisierungsregel in der Tat näherkommt als die Belastung einer irgendwie gearteten Eröffnung einer Nutzungsmöglichkeit. Zusammenfassend lassen sich die hier erörterten Zusammenhänge schließlich am Beispiel einer Gebühr auf die Nutzung von Luft veranschaulichen. Ausgangspunkt ist auch hier die Feststellung, daß die Bedingungen von Teilbarkeit und technischer Ausschließbarkeit bei Luft derzeit nicht gegeben sind. Zahlungsunwillige können von der Luftnutzung nicht ausgeschlossen werden, sondern atmen oder emittieren weiter, ohne daß der Staat die Verfügbarkeit von Luft so steuern könnte, daß er die Leistung nur Zahlungswilligen zukommen läßt und Zahlungsunwillige ausschließt. Um die Luftnutzung dennoch in das Gebührenregime zu überführen, bietet sich daher nur der Weg über eine individuelle Zurechnung kraft Rechtsakts an. Insoweit wiederum darf angenommen werden, daß eine Zwangszurechnung im Bereich des privaten Luftkonsums in Verbindung mit dem Ausschluß Zahlungsunwilliger weder der ethischen Ausschließbarkeit 273 entspricht noch grundrechtlich möglich i s t . 2 7 4 Anders jedoch im Bereich gewerblicher Nutzung von Luft als Aufnahmemedium für industrielle Schadstoffe. Heimlich, Die Anerkennung der Verleihungsgebühr durch den „Wasserpfennig-Beschluß" des Bundesverfassungsgerichts, DÖV 1997, 996 (996 f.). 273 Begriff bei Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 31.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

265

Spaltet man - nach Einführung eines entsprechenden Bewirtschaftungsvorbehaltes 275 - das Medium Luft im Sinne der sog. bubble-Ansätze 276 getrennt nach regionalen Verschmutzungssektoren in einzelne Emissionsbzw. Verschmutzungsrechte auf, so ist nicht mehr die (unteilbare) Luft Abgabegegenstand, sondern die Einräumung, das Innehaben oder die Nutzung des Verschmutzungsrechtes. Bei dieser Zurechnung kraft Rechtsakts (Einrichtung einer imaginären Emissionsglocke und anschließende Übertragung individueller Emissionsrechte) ist das für die individuelle Zurechnung notwendige Internalisierungskriterium genauso erfüllt wie im Falle der Zuwendung einer teilbaren Leistung. Das verliehene Verschmutzungsrecht vermittelt dem Gebührenschuldner eine absolute Rechtsposition, die er unter Ausschluß Dritter wahrnehmen kann. Soweit dieses Emissionsrecht reicht, kann es des weiteren nur einmal vergeben werden und sichert demzufolge allein die Ausstoß- und Produktionstätigkeit des Gebührenschuldners. Anderweitig kann der Staat über das konkrete Verschmutzungsrecht jedoch nicht mehr verfügen. 277 Durch die Stückelung physisch unteilbarer, d. h. gebührenuntauglicher Güter in Zugangs- oder Nutzungsrechte kann somit auch hier das Gebührenregime erweitert werden, ohne bei formaler Betrachtung gegen die Internalisierungsregel und das Leitbild einer belastungsgerechten Gebührenerhebung zu verstoßen. 278 Das zugewiesene Recht ist ausschließlich dem Gebührenschuldner vorbehalten. Im Hinblick auf das hinter dem Nutzungsrecht stehende öffentliche (Umwelt-) Gut entsteht allerdings ein Internalisierungsverlust insofern, als dieses bei Abwesenheit zugangsbeschränkender Einrichtungen für jedermann zugänglich, die Zwangsinternalisierung mittels Rechtszuweisung insoweit also notgedrungen »künstlich4 bleibt. Dieser Befund führt nun unmittelbar in den spezifischen Problemgehalt der Verleihungsidee. 274

Die Nutzung der Luft als Aufnahmemedium für Abgase aus privater K F Z - , Nutzung mag insoweit allerdings eine differenziertere Sichtweise erfordern. 275 Bevor einzelne Rechte zugewiesen und darauf Abgaben erhoben werden können, muß in jedem Sachbereich zunächst die Grundsatzfrage entschieden werden, ob weiterhin ein grundrechtlicher Nutzungsanspruch bestehen soll oder aber eine öffentlich-rechtliche Bewirtschaftungsordnung statuiert wird. Gegenwärtig unterliegt nur Wasser einem solchen Regime. Vgl. v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcen Wirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1064 f.). 276

Zur „bubble policy" („Emissionsglocke") siehe etwa Benkert, Neue Strategien der Umweltpolitik in den USA, NuR 1983, 295 (297); Böhm, Das Abgabenrecht als Mittel des Umweltschutzes, IUR 1991, 177 (180). 277 Ähnlich Lerche /Pestalozzi Die bergrechtliche Förderabgabe im System des horizontalen Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen nach Art. 107 I I GG, S. 70 ff. zur Bergbauberechtigung nach dem BBergG. 278 Insoweit ist hier nur die Frage der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen gemeint. Die grundrechtlichen Probleme bei der Einführung von Bewirtschaftungsvorbehalten sind damit freilich nicht angesprochen.

266

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

(3) Das Verleihungskonzept

im Lichte individueller

Zurechenbarkeit

Um abschließend die Zurechnungsproblematik des Verleihungskonzeptes zu beurteilen, sollen die einzelnen Anknüpfungsvarianten gesondert betrachtet werden.

(a) Anknüpfung an die Rechtsverleihung Der spezifische Problemgehalt der Verleihungsgebühr im engeren Sinne liegt auf der Hand. Unter Wahrung des aus der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen zu entnehmenden Internalisierungsmerkmals ist sie das geborene Instrument zur Begründung von »gewillkürten* Vorzugslasten. Unter Zurechenbarkeitsgesichtspunkten offenbart die Verleihungsgebühr somit auch keine vorwiegend gebührendogmatische Problematik, sondern stößt eher auf finanzverfassungsrechtliche Einwände von Seiten des Steuerstaates. Mittels der Verleihungsgebühr kann der Staat unteilbare und daher an sich gebührenuntaugliche Leistungsinhalte in das Gebührenregime überführen, ohne dazu eine staatliche Einrichtung errichten zu müssen. Ersetzt der Gesetzgeber in diesem Sinne die individuelle Zurechenbarkeit kraft Teilbarkeit durch eine Zurechnung kraft rechtlicher Zuweisung, so erweitert er dadurch zugleich die Reichweite seines Tatbestandswahlrechts, indem er nämlich auf Leistungsinhalte zugreift, die ohne die Erteilung von Zugangsrechten außerhalb des klassischen Effektvektors gebührentauglicher Leistungen lägen und dementsprechend der Steuerfinanzierung vorbehalten wären. Damit erweist sich die Verleihungsgebühr aus finanzwissenschaftlicher Sicht als geeignetes Mittel zur Zwangsinternalisierung typischer Kollektivgüter. Wo bei güterwirtschaftlicher Betrachtung infolge externer Effekte bzw. fehlender Privatgutkomponenten jeglicher Ansatzpunkt für die Annahme einer gebührentauglichen Leistung fehlt, kann der Staat zur Realisierung einer Gebührenchance unabhängig vom Vorhandensein einer staatlichen Einrichtung auf die Verleihungsidee zugreifen und das verliehene Recht selbst zur Privatgutkomponente erheben. In der Eignung der Verleihungsgebühr zur kostenlosen Transformation »allgemeiner* in »besondere* Staatsleistungen liegt demnach die eigentliche Gefahr dieser Abgabe. Zudem sind subjektiv öffentliche Rechte für den Hoheitsträger tendenziell unbegrenzt verfügbar, solange sich aus verfassungsrechtlicher Sicht und unter dem Druck tatsächlicher Umstände (Knappheiten, Bevorratungszwänge) nur hinreichende Gründe zur Einräumung von sachbereichsspezifischen Bewirtschaftungs- oder Staatsvorbehalten ergeben. Da subjektiv öffentliche Rechte schon wesensmäßig personen-

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

267

bezogen und insoweit - zunächst ungeachtet der freiheitsrechtlichen Problematik - per definitionem teilbar bzw. ausschlußfähig sind, sind der Ausweitung des Gebührenregimes im Falle der Erhebung von Rechten zur gebührentauglichen Privatgutkomponente potentiell keine Grenzen gesetzt. Auch der mögliche Zugriff auf herkömmlicherweise gebührenfremde Leistungen mittels Zwangsinternalisierung bzw. Rechtszuweisung entspricht im Ergebnis jedoch den Anforderungen des Internalisierungskriteriums und unter Zurechenbarkeitsaspekten somit auch dem Leitbild belastungsgerechter Gebührenerhebung. Daß die Internalisierungswirkung bei Abwesenheit von faktischen Zugangshindernissen in gewisser Weise künstlich ist, wird man dem nicht entgegenhalten können, da das Recht als Leistungsgegenstand in der Tat ausschließlich dem Abgabeschuldner geleistet wird. Daher besteht kein Anlaß, diesen Zurechnungsmodus schon auf Begriffsebene a b zuscheiden und in diesem Sinne zu behaupten, es gäbe schon den Leistungsgegenstand Rechtsverleihung nicht, weil mit seiner Anerkennung der Leistungsbegriff konturenlos würde. Träfe dieses zu, so wäre der Leistungsbegriff bereits infolge der weitläufigen Anerkennung der Duldungsgebühr verblaßt. Nach zutreffender Ansicht im Schrifttum unterscheidet diese sich von der Verleihungsgebühr nur in konstruktiven Feinheiten, 279 wie sich auch nachfolgend bei der Beurteilung der übrigen Anknüpfungsvarianten des Verleihungskonzeptes zeigen wird. Vor allem aber kann sich die Duldungsgebühr nicht auf einen Zurechnungsgrund berufen, der im Vergleich zur Verleihungsgebühr einen Gewinn an verfassungsrechtlicher Belastbarkeit bedeutete. Vielmehr entspricht umgekehrt die Verleihungsgebühr dem Leitbild von einer belastungsgerechten Gebührenerhebung tendenziell eher als die Duldungsgebühr. 280 Denn ein individuell zugewiesenes Recht kann - ungeachtet der damit verbundenen Gefährdung des Steuerstaates - bei rein gebührendogmatischer Betrachtung ohne weiteres selbst Privatgutkomponente sein und ermöglicht sogar die Anwendbarkeit des Ausschlußprinzips. Nicht umsonst führt die Suche nach einer ausschlußfähigen Privatgutkomponente (den sog. Zurechnungskriterien) bei der Duldungsgebühr eben279 So Kluth, Verfassungs- und abgabenrechtliche Rahmenbedingungen der Ressourcenbewirtschaftung, NuR 1997, 105 (109). Kluth diskutiert die gebührendogmatische Problematik beider Gebührenarten jedoch nicht am Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit, sondern läßt das Vorliegen einer gebührenfähigen Gegenleistung in beiden Fällen am Fehlen staatlichen Aufwands scheitern. Sowohl bei der Verleihungsgebühr als auch bei der Duldungsgebühr werde die in Form tatsächlicher Aufwendungen greifbare Gegenleistung des Staates rechtlich „sublimiert". 280 Siehe auch Meyer, Gebühren für die Nutzung vom Umweltressourcen, S. 193: Die Duldungsgebühr offenbare im Vergleich zur Verleihungsgebühr einen „Verlust an Normativität". Dagegen stellen v. Mutius /Lünenbürger die Verleihungsgebühr offenbar mit Duldungsabgaben auf eine Stufe; vgl. dies., Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061

(1062).

268

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

falls zu Leistungsgegenständen, die in ihrem Kern verrechtlicht sind. Der Zurechnungsgrund der Nutzung öffentlicher Sachen hatte dieses bereits aufgezeigt. Nach den bisherigen Überlegungen scheint daher ein wesentlicher Zulässigkeitsengpaß von Verleihungsgebühren in der Frage nach der Rechtfertigung des staatlichen Zugriffs auf solche Leistungen zu liegen, die wegen ihrer natürlichen Unteilbarkeit zunächst »allgemein4 und daher steuernah sind, so daß sie erst durch Zwangssterilisierung in das Gebührenregime überführt werden. Im praktischen Ergebnis dürfte sich diese Problematik allerdings seltener stellen, da sie nur bei typischen Kollektivgütern ohne natürliche Privatgutkomponente auftritt .(z.B. Luft). Vorbehaltlich der noch zu betrachtenden Problematik der Kostendeckungsorientierung von Gebühren haben sich gebührenbegriffliche Hindernisse für Verleihungsgebühren ansonsten aber noch nicht ergeben. Soweit Fragen der Vereinbarkeit nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben mit Schutzgütern des Steuervorrangs und dem Steuerstaatsprinzip in Rede stehen, dürfte sich das finanzverfassungsrechtliche Schicksal der Verleihungsgebühr daher maßgeblich auf der Rechtfertigungsebene entscheiden. Der Gebührenbegriff kann die Abwägung der Verleihungsidee mit den Steuerstaatsimplikationen nicht leisten.

(b) Anknüpfung an das Gebrauchmachen und die Nutzung Verleihungsabgaben, welche tatbestandlich das Gebrauchmachen von einem Recht bzw. die Nutzung eines verliehenen Rechts belasten, 281 knüpfen zumindest vordergründig an Tätigkeiten des Abgabeschuldners an und lassen sich einer Staatsleistung damit offenbar nicht zurechnen. Im Schrifttum wird dementsprechend die Ansicht vertreten, bei Wasserentnahmeentgelten auf die Benutzung von Grund- und Oberflächenwasser handele es sich deshalb nicht um Verleihungs-, sondern um Duldungsgebühren. 282 Nach der formalen Anknüpfung im Abgabetatbestand werde gerade kein Recht verliehen, belastet werde vielmehr die Nutzung des Rechts. Insoweit liege seitens des Staates jedoch lediglich eine Duldung v o r . 2 8 3 Andere Stimmen halten die tatbestandliche Bezeichnung des belastungsauslösenden Vorgangs dagegen offenbar nicht für typenbestimmend, und zwar weder im Hinblick auf die konkrete Abgabeart noch hinsichtlich des hinter der Abgabe stehenden Zurechnungs- bzw. Belastungsgrundes. Demzufolge spricht man sowohl bei der Anknüpfungsvariante Rechtsverleihung 281 282 283

Vgl. Gliederungspunkt A I 2. So Meyer, Gebühren für die Nutzung vom Umweltressourcen, S. 181. Vgl. Meyer, Gebühren für die Nutzung vom Umweltressourcen, S. 82.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

269

als auch bei den Belastungsformen des Innehabens, des Gebrauchmachens oder der Nutzung von Rechten gleichermaßen von Verleihungsgebühren. 284 Der letztgenannte Ansatz kommt den allgemeinen Regeln zur Beurteilung von Abgaben insgesamt näher. Auch hinsichtlich des tatbestandlichen Belastungsgrundes von Gebühren wird sich der Betrachter nicht auf die formale Bezeichnung des belastungsauslösenden Vorgangs im Tatbestand verweisen lassen müssen, sondern wird vielmehr nach dem wirklichen Belastungsgrund suchen, wie er sich bei materieller Sichtweise darstellt. 285 Der sog. formalen Abgrenzungslehre widerspricht diese Betrachtungsweise nicht. Diese betrachtet Gebühren bei zutreffendem Verständnis nur insoweit als formal, als sie die tatbestandliche Verknüpfung der Abgabelast mit einer Staatsleistung zum Anlaß nimmt, den Gesetzgeber gewissermaßen beim Wort zu nehmen und die betreffende Abgabe demzufolge tatsächlich auf ihre Verfassungsmäßigkeit als Gegenleistungsabgabe zu überprüfen. Wie das Teilbarkeitskriterium gezeigt hat, bleiben insoweit allerdings auch materielle Gebührenmerkmale von Belang. Würde man es mit der typenprägenden Kraft der formalen Tatbestandsanknüpfung dagegen ernst nehmen, so dürften Wasserentnahmeentgelte auch nicht etwa als Duldungsgebühren gelten, sondern müßten als Benutzungsgebühren bezeichnet werden. Denn von Duldung ist in den betreffenden Belastungstatbeständen ebensowenig die Rede wie von Verleihung. Daß die Gebühr schließlich schon formaliter auf einer Staatsleistung beruhen müsse und das Tätigwerden des Bürgers insoweit nicht in Betracht komme, 2 8 6 dürfte sich im Ergebnis ebenfalls als unhaltbar erweisen. Dieses zeigt nicht zuletzt die Benutzungsgebühr, die, soweit ersichtlich, als , Bereitstellungsgebühr 4 noch nicht bezeichnet worden ist. Ist für die Identifizierung der Staatsleistung somit entscheidend auf den materiellen Belastungs- bzw. Zurechnungsgrund abzustellen, so läßt sich auch die Nähe von Abgaben auf das Gebrauchmachen oder die Nutzung von Rechten zur Verleihungsidee nicht leugnen. Bei beiden Anknüpfungsvarianten ist eigentlicher Belastungsgrund die vom Staat erweiterte Rechtsmacht des einzelnen. Dieser kann das ihm unter Ausschluß Dritter zugewiesene Recht nutzen, gebrauchen, gegebenenfalls auch übertragen oder auch einfach nur innehaben. Stets bleibt er Inhaber einer vom Staat verliehenen oder gedul284

So z.B. F. Kirchhof\ Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (557), sowie die in Gliederungspunkt A I 2 nachgewiesene Literatur. 285 Vgl. etwa BVerfGE 55, 274 (304 f.); 57, 139 (166); 67, 256 (276); 92, 91 (114); Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 184; ders., Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 24f.; Arndt, Entwurf eines Bundesabfallabgabengesetzes und das Grundgesetz, BB 1992, Beilage 8, 1 (3). 286 So im Grunde Meyer, Gebühren für die Nutzung vom Umweltressourcen, S. 82 f., 181.

270

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

deten Vorrechtsstellung. Verleihung bzw. Duldung des individuellen Privilegs durch den Staat bleiben daher eigentlicher Zurechnungs- bzw. Belastungsgrund, selbst wenn der Gesetzgeber sich in Ausübung seines Tatbestandswahlrechts entscheidet, erst das Gebrauchmachen von einem Recht zu belasten und in diesem Sinne den Belastungszeitpunkt zugunsten des Abgabeschuldners zu verschieben. Dieser muß sich dann nicht schon die zum Belastungszeitpunkt noch vermuteten Vorteile abschöpfen lassen, sondern entgilt seine Vorrechtsstellung erst im Stadium der Vorteilsverwirklichung. Nachdem sich die Zugehörigkeit der hier erörterten Anknüpfungsvarianten zur Verleihungsidee bestätigt hat, können nun auch Aussagen über den ihnen zugrundeliegenden Zurechnungsmodus getroffen werden. Wie bei der Verleihungsgebühr im engeren Sinne auch, liegt gemessen am Referenzmaßstab individueller Zurechenbarkeit aufgrund natürlicher Teilbarkeit eine Abweichung insoweit vor, als mittels Rechtszuweisung auch die Zwangsinternalisierung gebührenuntauglicher, weil unteilbarer Leistungen bzw. öffentlicher Güter erfolgen kann. Auch hier ist das Recht selbst die individuell zugerechnete Privatgutkomponente, über die der Abgabepflichtige nach Belieben verfügen, d.h. sie unter Ausschluß Zahlungsunwilliger bzw. unterlegener Antragsteller nutzen und von ihr Gebrauch machen, aber ebenso ungenutzt lassen kann. Zum systematischen Verhältnis von Verleihungsabgaben zur Duldungsgebühr läßt sich somit abschließend folgendes feststellen: Abgesehen vom Zurechnungsgrund des Aufwandsausgleichs bei der Straßennutzungsgebühr sind Verleihungs- und Duldungsidee Ausdruck des selben Belastungs- und Zurechnungsgedankens. In beiden Fällen hat der Abgabepflichtige eine (rechtliche oder tatsächliche) Vorrechtsstellung inne, deren Nutzung entweder bereits geduldet oder ihm erst eingeräumt wird. Bei der Verleihung wie auch bei der Duldung des Gebrauchmachens bzw. der Nutzung läßt sich der Staat die dem Bürger zugewiesene oder gewährte Vorrechtsstellung durch eine ,Vörrechtsgebühr' entgelten, die je nach Tatbestandsausgestaltung prinzipiell als Verleihungsgebühr, Duldungsgebühr, Nutzungsgebühr oder auch in sonstiger Form erhoben werden könnte, ohne daß Bezeichnung und Anknüpfungsvariante insoweit über die Bedeutung von bloßen Orientierungshilfen hinauskämen. Die Gemeinsamkeit beider Belastungsideen liegt darin, daß sowohl Duldungs- als auch Verleihungsgebühr die Zwangsinternalisierung unteilbarer Leistungen bzw. Güter durch Rechtsanknüpfung erlauben. Gleichwohl scheinen beide Belastungskonzepte auch einen wesentlichen Unterschied zu haben: Bei der Duldung bleibt der Bevorrechtigte offenbar Nutzer eines fremden Rechts, der Staat läßt ihn gewähren. Bei der Verleihung nutzt er das Recht als ein eigenes. Er nutzt es kraft eigener Rechtsmacht, während Dritte von dieser Rechtsnutzung ausgeschlossen sind.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

271

Die Art der Rechtszuordnung bzw. Zwangszurechnung unterscheidet sich somit. Bei der Verleihungsidee erfolgen individuelle Zurechnung und Internalisierung. Der einzelne bekommt unter Ausschluß Dritter ein Recht, das ihm persönlich übertragen wird und das er nutzen kann. Das Recht selbst wird zur Privatgutkomponente, wobei allerdings der Wettbewerb um dieses ,Gut' nicht durch den Preis, sondern durch rechtsstaatliche Zuteilungsregeln entschieden wird. Bei der Duldungsgebühr auf die Nutzung öffentlicher Sachen hingegen bleibt letztlich unklar, ob hier eine individuelle Rechtszuweisung unter Wahrung des Ausschlußprinzips oder einfach nur kollektives Erlaubtsein stattfindet. Schon die von den Rezipienten dieser Gebührenart gewählte Bezeichnung einer Duldungsgebühr deutet allerdings an, daß das Recht dem Staat zugeordnet bleibt. Denn nur hinsichtlich ihm selbst zugeordneter Rechte kann der Staat die Nutzung durch Private duldend gewähren. Hat er das Recht zuvor verliehen und in diesem Sinne auf ein Privatrechtssubjekt übertragen, duldet er hingegen nichts mehr, wenn er die Nutzung später geschehen läßt. Der Schuldner nutzt sein Recht dann vielmehr in eigener Rechtsmacht. 287 Muß man daher davon ausgehen, daß die jeweils genutzten Rechte im Bereich der Duldungsidee nach den Regeln über öffentliche Sachen weiterhin dem Staat zugeordnet bleiben, so wird die Grundlage für eine Gebührenerhebung allerdings zweifelhaft. Fraglich wird insbesondere, auf welchen Zurechnungs- bzw. Internalisierungsakt abgestellt werden kann, wenn die individuelle Rechtszuweisung unter Ausschluß Dritter insoweit ausscheidet. Die sog. Ressourcennutzungsgebühr unterstreicht die letztlich nur unzureichend gelöste Zurechnungsproblematik.

(c) Insbesondere: Die Ressourcennutzungsgebühr Auch die sog. Ressourcennutzungsgebühr soll der Sache nach Duldungsgebühr sein. Wenn ein öffentliches Gut der freien Verfügbarkeit durch einzelne aufgrund öffentlich-rechtlicher Normen entzogen ist, dann sei die Bereitstellung dieses Gutes zur privaten Nutzung eine Leistung. 2 8 8 Diese bestehe jedoch nicht in der Verleihung einer Nutzungsbefugnis, sondern in der Duldung der Nutzung selbst, auf die nun zugegriffen werden dürfe. 2 8 9 Damit wird auch die Ressourcennutzungsgebühr von ihrem Hauptvertreter Murswiek in der Sache mit dem Vorrechtsargument begründet. Nutzung 287

Insoweit bleibt unerklärlich, warum es im Schrifttum heißt, daß eine Duldungsgebühr selbst dann vorliegen soll, wenn der Gebührenschuldner ein Recht aufgrund vorhandener Bewilligung bzw. Erlaubnis nutzt. So aber Meyer, Gebühren für die Nutzung vom Umweltressourcen, S. 193. 288 So Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (173). 289 Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (173, 175).

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

öffentlicher Umweltgüter sei nicht Freiheitsausübung, sondern Teilhabe an Gütern der Allgemeinheit 2 9 0 und damit letztlich Ausübung bzw. Nutzung eines fremden Herrschaftsrechts, welches ausschließlich der Gemeinschaft zugeordnet ist. Die maßgebliche Frage lautet nun: Wo liegt bei diesem Grundgedanken der Ressourcennutzungsgebühr ein individueller Zurechnungsakt vor? Ein Internalisierungsakt wäre wie im Falle der Verleihungsgebühr sicher dann zu bejahen, wenn dem einzelnen Umweltnutzer das an sich dem Staat zugeordnete Ressourcennutzungsrecht zur freien Verfügbarkeit übertragen und umgekehrt jenen vorenthalten würde, die für dieses Recht aufgrund ihrer spezifischen Interessenlage kein Entgelt entrichten wollen. 2 9 1 Murswiek meint jedoch, der „rechtlich-konstruktive Umweg", an dem Umweltgut im Sinne der Verleihungsidee zunächst Staatseigentum zu bilden und dieses dann durch Rechts Verleihung zu reprivatisieren, sei zur Herleitung der Ressourcennutzungsgebühr nicht notwendig und bringe keinen verfassungsrechtlichen Legitimationsgewinn mit sich. Vielmehr werde das der Allgemeinheit zugeordnete Umweltgut lediglich gegen Entgelt zur Nutzung bereitgestellt. 292 Der Unterschied zwischen der Einräumung derartiger Ressourcennutzungsrechte und der Einräumung von sonstigen subjektiven Rechten werde erst auf Rechtfertigungsebene bedeutsam, habe mit dem gebührenrechtlichen Leistungsbegriff aber nichts zu tun. 2 9 3 Eine gebührentaugliche Privatgutkomponente kann in der Nutzungsbereitstellung nach hier vertretener Ansicht im Ergebnis nicht gesehen werden. Von dem Ursprungskonzept der individuellen Zurechenbarkeit, der Zuwendung teilbarer Leistungen, hat sich auch die Ressourcennutzungsgebühr entscheidend entfernt. Sie bezweckt die Zurechnung öffentlicher Umweltgüter als solcher unter Umgehung ihrer tatsächlichen Unteilbarkeit und bedient sich dazu ebenso wie die Verleihungsidee des Vorrechtsgedankens bzw. der Zwangszurechnung. Während die Verleihungsgebühr jedoch eine klare und eindeutige Rechtszuweisung verlangt und in Gestalt der internalisierungsfähigen Privatgutkomponente »subjektiv öffentliches Recht4 auch eine individuell zurechenbare Leistung erbringt, bleibt der individuelle Zurechnungsgrund bei der Ressourcennutzungsgebühr jedenfalls insoweit im Dunkeln, wie auf die Nutzung der Ressource als solche abgestellt wird. Selbst wenn man den einzelnen Nutzungs- oder Entnahmeakt in den Blick nimmt, bleibt unklar, ob die Bedingungen des Internalisierungskriteriums, d.h. der Aus290 Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (175); ders., Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 38. 291 Bei der Wasserentnahme zu gewerblichen Zwecken sowie der Erschließung von Boden ist dieses denkbar, bei Luft jedoch wohl nicht. 292 Murswieky Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (176). 293 Murswieky Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 38 f.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

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schluß von Zahlungsunwilligen, erfüllt werden können. Zwar enthalten etwa Grund- und Oberflächenwasser mit der einzelnen Entnahmeeinheit eine grundsätzlich gebührentaugliche Privatgutkomponente. Solange die Ressource Wasser indes noch Bestandteil der natürlichen Umwelt ist, kann der Staat den Zugriff auf die Ressource aber nicht lenken und insbesondere Zahlungsunwillige nicht von deren Nutzung ausschließen. Die Bereitstellung eines Umweltmediums zur Nutzung dürfte sich nach dem Grundgedanken der Ressourcennutzungsgebühr demnach eher als Freigabe des nach wie vor staatlichen Mediums für Nutzungen durch das Kollektiv darstellen, während individuelle Zurechnungsakte ausbleiben. Daß bei jedem einzelnen Nutzungsakt uno actu ein entsprechendes Nutzungsrecht zugewiesen würde, erscheint dagegen ebenso fiktiv wie es auch dem eigenen Anspruch der Ressourcennutzungsgebühr widerspricht. Diese grenzt sich von der Verleihungsgebühr dadurch ab, daß sie den Umweg über Verstaatlichung und Reprivatisierung gerade nicht meint beschreiten zu müssen. 294 Zu Recht haben v. Mutius/Lünenbürger hierzu allerdings angemerkt, daß eine Abgabeerhebung ohne vorherige Einrichtung eines Bewirtschaftungsvorbehaltes nicht möglich ist, insbesondere eine Bewirtschaftungsanordnung allein durch Abgabeerhebung nicht in Betracht kommt. 2 9 5 Neben den erst auf Rechtfertigungsebene relevanten grund- und freiheitsrechtlichen Aspekten wird man den Grund hierfür darin sehen können, daß es ohne den Umweg über Verstaatlichung und Reprivatisierung, also bei der Konzeption der Ressourcennutzungsgebühr, nicht überzeugend gelingen will, eine Privatgutkomponente zu finden, welche Träger eines individuellen Zurechnungsaktes ist. Diese wäre aber notwendig, um ein an sich unteilbares öffentliches Umweltmedium (z.B. Luft) überhaupt in den potentiellen Anwendungsbereich des Gebührenregimes zu überführen. Um zu Veranschaulichungszwekken das Bild von Bohley wieder aufzugreifen: 296 Wo darauf verzichtet wird, um unteilbare Güter ein zugangsregelndes Gehege zu errichten, bleibt es bei freiem Zutritt der Allgemeinheit. Der unteilbare Leistungsgegenstand selbst läßt sich seiner Natur nach nicht so zurechnen, daß dies dem Internalisierungskriterium bzw. Ausschlußprinzip genügt. Die Errichtung einer 294

Vgl. Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (176). v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcen Wirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1064). In diesem Sinne auch Kloepfer, Grundrechtsfragen der Umweltabgaben, in: Mackscheidt/Ewringmann/Gawel (Hrsg.), Umweltpolitik mit hoheitlichen Zwangsabgaben, S. 164 (174 f.), sowie ders., Abfallverbringungsabgabe und Verfassungsrecht, UPR 1997, 81 (84). Meyer weist zutreffend darauf hin, daß ohne den vorherigen Entzug der Umweltnutzung aus dem Grundrechtsbereich schon das Vorliegen eines abschöpfungsfähigen Sondervorteils zweifelhaft wäre; vgl. dies., Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 236; vgl. dazu auch Vogel/Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104 a - 115, Rdn. 423. 296 Vgl. oben über 242. 295

1 Drömann

274

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

zugangshindernden Einrichtung scheidet i m praktischen Ergebnis aus, und auf die Einführung einer Privatgutkomponente Recht hat man bei der K o n zeption der Ressourcennutzungsgebühr offenbar verzichtet. Insoweit verbleibt es somit bei dem Kollektivgutcharakter von Ressourcennutzung bzw. -bereitstellung m i t der Folge, daß auch an eine Steuerfinanzierung

zu

denken ist. W i e schon der Schankerlaubnissteuerbeschluß des Bundesverfassungsgerichts zeigt, wäre auch eine Steuer grundsätzlich nicht abschöpfungsfeindlich und vertrüge sich daher ebensogut m i t dem Grundanliegen der Ressourcennutzungsgebühr. 2 9 7 I m Ergebnis ist somit zur Dogmatik der Ressourcennutzungsgebühr nach hier vertretener Ansicht festzuhalten, daß stets die Übertragung eines N u t zungs- oder sonstigen subjektiven Rechts notwendig ist, u m U m w e l t m e dien, soweit sie den Bedingungen öffentlicher Güter unterliegen, aus dem Steuerregime i n den Bereich der Äquivalenzfinanzierung durch spezielle Entgelte zu überführen. B e i der Verleihungsgebühr ist die hierzu notwendige Privatgutkomponente i n Form der Verleihung eines subjektiv-öffentlichen Rechts gegeben. B e i der Ressourcennutzungsgebühr bereitet es dagegen große Schwierigkeiten, eine internalisierungsfähige

Privatgutkompo-

nente aufzuspüren. 2 9 8 D a m i t erweist sich die Rechtsverleihung nicht etwa 297

BVerfGE 13, 181 ff. Ausführlich hierzu unter Β I I 1. Zumindest stillschweigend scheint dies auch Gawel einzuräumen, der die Ressourcennutzungsgebühr im Vergleich zur Verleihungsgebühr zwar im Hinblick auf die Belastung des Ressourcenverbrauchs für vorzugswürdig hält, die Ressourcennutzungsgebühr dabei aber als „neuartige Abgabenspezies" betrachtet und sie als solche dem verfassungsrechtlich „tradierten Rubrum der Gebühr" entgegenstellt; vgl. ders., Die kommunalen Gebühren, S. 357. Zur Vorzugswürdigkeit der Ressourcennutzungsgebühr gelangt Gawel nach hier vertretener Ansicht im übrigen nur unter bedenklicher Abweichung vom verfassungsrechtlichen Gebührentatbestand, der diese Abgabe als Gegenleistung für eine besondere, individuell zurechenbare Staatsleistung festlegt. Gawel hingegen rückt im Anschluß an Murswiek und ganz im Sinne des doppelgliedrigen Gebührenbegriffs die „Vorteilsabschöpfung" in den Mittelpunkt des Gebührentatbestandes und verliert darüber scheinbar die Anforderungen an individuell zurechenbare Staatsleistungen aus dem Auge; vgl. ders., a.a.O., S. 356f. Unverständlich bleibt schließlich auch, warum die Verleihungsgebühr ihrerseits als mögliche Abgabeform zur Belastung des Naturverbrauchs ausscheiden soll. Wenn es heißt, daß die Verleihungsgebühr sich zur Belastung des Ressourcenverbrauchs deshalb nicht eigne, weil sie lediglich den Gestattungsakt erfassen könne (a.a.O., S. 354), offenbart sich ein zu enges Vorverständnis von der Verleihungsgebühr. Diese kann eben nicht nur als Abgabe auf die Verleihung von Rechten erhoben werden, sondern auch deren Ausübung oder Nutzung belasten. Bei der Belastung des Ressourcenverbrauchs kommt hinzu, daß das für eine grundrechtlich zulässige Abgabeerhebung notwendige Bewirtschaftungsregime allein durch Abgabeerhebung nicht statuiert werden kann, sondern daß stets der vorherige Entzug des Nutzungsrechts durch Anordnung eines Bewirtschaftungsvorbehaltes notwendig ist; vgl. auch v. Mutius /Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1064). So ge298

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

275

als rechtlich-konstruktiver Umweg, sondern unter der Zielsetzung einer Belastung des natürlichen Ressourcenverbrauchs mit speziellen Entgelten vielmehr als der direktere Weg in das Gebührenregime. Die gegenwärtig rezipierte Form der Ressourcennutzungsgebühr begegnet dagegen im Lichte des Zurechenbarkeitsmerkmals erheblichen Bedenken und bedarf daher nach hier vertretener Ansicht noch der dogmatischen Präzisierung. (4) Ergebnis Nach der Betrachtung einiger Abgabenbeispiele im Lichte des Zurechenbarkeitsbegriffs ergibt sich damit zusammenfassend folgendes Bild: Abgaben auf die bloße Nutzung von Umweltressourcen ohne vorherige Rechtszuweisung können schon nach dem Maßstab der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen nicht bzw. nur unter Hinnahme erheblicher Abweichungen vom verfassungsrechtlichen Belastungsleitbild als Gebühr erhoben werden. Auf die anschließend zu erörternde Frage nach der Kostendeckungsorientierung von Gebühren kommt es für das gebührenrechtliche Schicksal der Ressourcennutzungsgebühr nach hier vertretener Ansicht somit nicht mehr an. Verleihungsabgaben auf die Einräumung, das Innehaben oder das Gebrauchmachen von Rechten genügen demgegenüber dem hier vertretenen Zurechenbarkeitskonzept. Ihre gebührenrechtliche Umsetzbarkeit hängt demnach entscheidend von der Frage ab, ob für den verfassungsrechtlichen Gebührenbegriff eine sog. Kostendeckungsorientierung 299 der Gebühr in dem Sinne konstitutiv ist, daß die gebührenpflichtige Staatsleistung Kosten verursacht, zu deren Deckung die erhobene Gebühr zu dienen hat. Mit dieser Frage befassen sich die anschließenden Ausführungen. Zunächst sei jedoch an dieser Stelle noch eine Bemerkung zum Stand der Gebührendiskussion erlaubt. Wie gerade die Betrachtung von Duldungsgebühren, Verleihungsgebühren und Ressourcennutzungsabgaben im Lichte der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen gezeigt hat, scheint im modernen Gebührenrecht neben die verfassungsrechtliche Normativität der Abgabeausgestaltung zusehends auch die Üblichkeit von Abgaben als gleichberechtigter Zulässigkeitsparameter zu treten. 300 In diesem Sinne sehen hat der anschließenden Nutzung der betreffenden Umweltressource durch Private ohnehin stets ein Gestattungsakt vorauszugehen, der dann auch ohne weiteres Bezugspunkt einer Verleihungsabgabe sein kann. 299 Siehe zum Begriff sowie zur Abgrenzung vom Kostendeckungsprinzip Fn. 14 in Teil A. 300 In diesem Sinne äußert sich Manssen zum allgemeinen Stand der Gebührendogmatik. Vgl. ders., Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einer ökologischen Steuerreform, UTR 36 (1996), S. 137 (140). 1*

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

begegnet es heute offenbar auch keiner entschiedenen Gegnerschaft mehr, wenn selbst das verfassungskräftig festgelegte Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen zunehmend weit ausgelegt wird. Daß die in der aktuellen Diskussion vertretenen Zurechnungsmodi gegenüber den Bedingungen natürlicher Zurechenbarkeit aufgrund der Teilbarkeit von Leistungen in der Tat erheblich gelockert sind, zeigte nicht zuletzt die Betrachtung der Duldungsgebühr. Ob das hier vertretene Zurechnungsdefizit der Ressourcennutzungsgebühr zum Scheitern dieser Abgabe in Wissenschaft und Abgabenwirklichkeit führen wird, muß daher letztlich bezweifelt werden. Unter Berufung auf einen angeblich festgefügten und invarianten Gebührenbegriff kann man der Ressourcennutzungsgebühr ohnehin nicht die Aussicht auf eine etwaige Anerkennung in der Zukunft absprechen. Muß man das Gebührenrecht somit letztlich ganz im Sinne des funktionellen Gebührenverständnisses der Finanzwissenschaft als entwicklungsoffen betrachten, so stellt sich aus verfassungsrechtlicher Sicht allerdings recht dringlich die Frage nach Vorhandensein oder Festlegung eines bestimmten Entwicklungsrahmens. Insoweit ist bereits an anderer Stelle dieser Untersuchung vorgeschlagen worden, neuartige Gebührenphänomene stets am Maßstab ihrer Abweichung vom verfassungsrechtlichen Leitbild belastungsgerechter und steuerstaatsneutraler Gebührenerhebung zu beurteilen. 3 0 1 Auf diese Weise verkommt die Auseinandersetzung mit neuartigen Gebührenansätzen nicht zu wertender Abwägung im freien Raum, sondern ermöglicht die Lokalisierung des spezifischen Wertungs- bzw. Rechtfertigungsproblems einer jeden Abgabe aufs Neue. Dieser Ansatz hat für die Verleihungsgebühr ergeben, daß sie im Lichte des Zurechenbarkeitsbegriffs nicht durchgehend „ . . . dem tradierten und dogmatisch weitestgehend durchstrukturierten Anwendungsbereich des Gebührenrechts" unterfällt. 302 Durch das Belastungskonzept der Verleihungsgebühr ist es vielmehr möglich, den als steuerstaatsneutral gebilligten Anwendungsbereich des herkömmlichen Gebührenregimes entscheidend zu erweitern, indem durch Zugriff auf die Privatgutkomponente Recht unter Abweichung vom klassischen Gebührenverständnis sogar unteilbare Leistungen bzw. öffentliche Güter in das Gebührenregime überführt werden können, ohne dabei auf den Tatbestand einer staatlichen Einrichtung abstellen zu müssen. Dies offenbart, daß die Verleihungsgebühr kein Problem einer irgendwie gearteten »juristischen Wertung" ist, 3 0 3 sondern daß sich der spezifische Rechtfertigungsbedarf des Verleihungskonzeptes relativ genau verorten läßt. Sofern die heute allgemein anerkannte Vorgabe an jeg301 302 303

Vgl. dazu oben, Gliederungspunkt C I 3 b). So aber Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 311. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 217.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

277

liehe Erhebung von Verleihungsgebühren eingehalten wird - die Beschränkung ihres Anwendungsbereichs auf die Gewährung von Ausnahmen im Rahmen sog. repressiver Verbote, ist das spezifische Wertungsproblem von Verleihungsabgaben nicht etwa die sog. Kommerzialisierung der Verwaltung oder der Verkauf von Freiheit. Rechtfertigungsbedürftig wird die Verleihungsgebühr vielmehr gerade dann, wenn die Gebührengewalt durch ihren Einsatz auf zunächst gebührenfremde Leistungen zugreift, ohne daß eine staatliche Einrichtung gegeben ist. Denn nach dem Steuerstaatsprinzip ist der Gesetzgeber nach hier vertretener Ansicht an sich dazu verpflichtet, soweit wie möglich den Steuerstaat zu verwirklichen. Vor dem Steuerstaat trifft eine Transformation gebührenfremder in gebührenfähige Leistungen daher prinzipiell auf eine ganz besondere Rechtfertigungslast. Während die Verleihungsgebühr je nach Art des verliehenen Rechts und je nach güterwirtschaftlichem Bezugspunkt somit offenbar auf Zulässigkeitsprobleme auf der Rechtfertigungsebene treffen kann, ist die Rechtsverleihung bei einem grundsätzlich offenen Leistungstatbestand ohne weiteres als gebührenfähige Staatsleistung im Sinne des Gebührenbegriffs anzuerkennen. Durch die Zuweisung einer exklusiven Rechtsposition entsprechen Verleihungsabgaben überdies dem hier vertretenen Zurechenbarkeits- bzw. Internalisierungskriterium und folgen insoweit auch dem Leitbild von einer belastungsgerechten Gebührenerhebung. Gebührenbegrifflich bleibt somit letztlich die Frage zu klären, ob die angebliche Kostenlosigkeit von Rechtsverleihungen gebührenschädlich ist.

2. Der Kostendeckungszweck von Gebühren Weite Teile der Literatur und über eine lange Zeit auch das Bundesverfassungsgericht sahen das Wesen der Gebühr bis zuletzt in ihrer Aufgabe, die im Zusammenhang mit der Erbringung von Staatsleistungen entstandenen Kosten zu decken. 304 Diesem Begriffsverständnis von der Gebühr entnahm man zugleich, daß eine gebührenfähige Staatsleistung stets einen Aufwand bzw. das Entstehen von Kosten bewirken müsse. Kostenlose Leistungen hingegen, zu denen man unter Vernachlässigung sog. Opportunitätskosten 3 0 5 auch die Verleihung von Rechten zählt, können daher nach Ansicht vieler keine gebührenfähigen Staatsleistungen sein. 3 0 6 Nachdem im Schrifttum gelegentlich Zweifel an der Allgemeingültigkeit des verfassungsgerichtlichen Gebührenbegriffs aus dem 50. Band laut geworden waren, 3 0 7 sah sich das Bundesverfassungsgericht in der Wasser304 305 306

BVerfGE 50, 217 (226). Einzelnachweise siehe in Fn. 7 ff. Siehe Fn. 94 und 95. Einzelnachweise siehe oben, Gliederungspunkt Β I 1 a) über Fn. 8 ff.

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D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Pfennigentscheidung bekanntermaßen zu einer entsprechenden Klarstellung veranlaßt und führte aus, daß die betreffende Gebührenumschreibung nur auf die Verwaltungsgebühr zugeschnitten sei, einen allgemeingültigen verfassungsrechtlichen Gebührenbegriff aber nicht beinhalte. 308 Das Schrifttum ist dieser Einschätzung inzwischen teilweise gefolgt. 3 0 9 Die Analyse der vom Bundesverfassungsgericht im 50. Band zur Herleitung des kostenorientierten Gebührenbegriffs zitierten Quellen läßt eine andere Deutung im übrigen auch kaum z u . 3 1 0 307

Kritisch bereits Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 198: Der verfassungsgerichtliche Gebührenbegriff lehne sich zu sehr an das allgemeine Begriffsverständnis des einfachen Rechts an. Sodann hat sich Pietzcker gegen eine Überbewertung des im 50. Band geprägten Gebührenbegriffs ausgesprochen, indem er feststellte, daß sich der Entscheidung BVerfGE 50, 217 (226) „ . . . wohl nicht die Auffassung entnehmen lasse, daß das Kostendeckungsprinzip grundsätzlich als Gebührenkennzeichen verfassungskräftig gefordert ist." Vgl. ders., Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (778), Fn. 39. Ausdrücklich gegen die verfassungsrechtliche Anerkennung einer Kostendeckungsfunktion von Gebühren anschließend Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (175), Fn. 51. Das Bundesverwaltungsgericht hatte Bestrebungen, die Kostendeckungsfunktion zum konstitutiven Wesensmerkmal der Gebühr zu erheben, im übrigen schon frühzeitig in Frage gestellt; vgl. BVerwGE 12, 162 (167). Das Gericht bezog sich insoweit allerdings vor allem auf Fragen der Gebührenbemessung. 308 Vgl. BVerfGE 93, 319 (345). 309 Murswiek, Ein Schritt in Richtung auf ein ökologisches Recht, N V w Z 1996, 417 (419), Fn. 22; Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 67ff., 72f.; Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 93 f., 113 ff., 126f.; Jakob/Zugmaier, Grundfragen von Umweltabgaben - zugleich ein Beitrag zur finanzverfassungsrechtlichen Abgabentypologie, in: dies. (Hrsg.), Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 11 (26). 3,0 Entscheidungsgegenstand des Beschlusses vom 06.02.1979 war eine Verwaltungsgebühr in Gestalt der für die erfolglose Anstrengung eines Widerspruchsverfahrens erhobenen Widerspruchsgebühr; vgl. BVerfGE 50, 217. Bis auf eine Ausnahme betrafen die vom Gericht in dieser Entscheidung zur Herleitung des kostenorientierten Gebührenbegriffs zitierten Entscheidungen - vgl. BVerfGE 50, 217 (226) - ebenfalls Verwaltungs- bzw. Benutzungsgebühren des einfachen Rechts. Aus diesen Entscheidungen Rückschlüsse auf den Verfassungsbegriff der Gebühr zu ziehen, kann nicht überzeugen. Im einzelnen: In BVerfGE 7, 244 (254) ging es um die Finanzierungsfunktion von Zwecksteuern. Der angeblich konstitutive Aufwandsbezug von Gebühren ergibt sich aus dieser Entscheidung aber nicht. Die Entscheidung BVerfGE 18, 392 (396) betraf anläßlich einer verfassungsrechtlichen Überprüfung von Beurkundungsbefugnissen der Kirchen in Rheinland-Pfalz ausschließlich den Fall der Notar- bzw. Verwaltungsgebühr. Dies trifft ebenfalls zu auf die zitierte Textstelle aus BVerfGE 20, 257 (269), in der sich das Gericht mit Verwaltungsgebühren nach der KartellgebührenVO aufgrund § 80 Abs. 2 GWB i.d.F. vom 27. Juli (BGB1.I, S. 1081) befaßte. Um auf der Grundlage von § 14 Postverwaltungsgesetz erhobene Benutzungsgebühren für die Benutzung von Einrichtungen des Post- und Fernmeldewesens ging es schließlich in BVerfGE 28, 66 (86 ff.). Die in BVerfGE 50, 217 (226) zitierten Entscheidungen des Bundesverwa/mrtgjgerichts schließlich

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

279

Daß der seinerzeit geprägte Gebührenbegriff z u m großen T e i l noch heute als allgemeinverbindlich und zudem als verfassungsrechtlich verbürgt angesehen wird, muß zumindest insoweit v e r w u n d e r n . 3 1 1

G l e i c h w o h l ist

zu

gewärtigen, daß sich das Schrifttum zur Herleitung der Kostendeckungsfunktion v o n Gebühren nicht nur auf die inzwischen aufgegebene Begriffsfassung des Bundesverfassungsgerichts beruft, sondern insoweit auch auf weiterführende Gesichtspunkte v e r w e i s t . 3 1 2 Hier finden sich i m wesentlichen jene Argumente, die sich zur Problematik der Kostendeckungsorientierung bereits

anläßlich der K r i t i k

an der Verleihungsgebühr

angedeutet

reduzieren die Gebühr schon begrifflich auf „ . . . öffentliche Abgaben, die als Gegenleistung für eine bestimmte Verwaltungsleistung erhoben werden" - so BVerwGE 5, 136 (141); ähnlich, allerdings mit Bezug auf § 1 RAO, BVerwGE 12, 162 (165). Endlich deutet selbst Wilke, auf den sich das Gericht im 50. Band entscheidend gestützt hatte, an, daß gebührenpflichtige Tatbestände selbst bei Abwesenheit von Kosten denkbar seien; vgl. ders., Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 57f. Auf diese Ungereimtheit machte zutreffend bereits Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 191, aufmerksam. - Im Anschluß an BVerfGE 50, 217 (226) haben sich dann die folgenden, wiederum ausschließlich auf Benutzungs- oder Verwaltungsgebühren bezogenen Entscheidungen auf BVerfGE 50, 217 (226) berufen: BVerfG NJW 1984, 1871 - Gebühren für allgemeine Postdienste; OVG Lüneburg, NJW 1985, 1482 (1483) - Postzustellungsgebühr; BGH DVB1. 1986, 1055 - Funkkanalzuschlag für Autotelefongebühren; BVerwG DVB1. 1986, 729 - Paketzustellungsgebühr, mit Anmerkung F. Kirchhof. Allen Entscheidungen ist gemeinsam, daß sie für die behauptete verfassungskräftige Festlegung des Gebührende griffs auf die Kostendeckungsfunktion nicht herangezogen werden können. Dies gilt schließlich auch für BVerfGE 82, 159 (181) (Absatzfondsabgabe). Auch hier spricht das Gericht nur beiläufig von den „aufwandsabhängigen Gebühren und Beiträgen", ohne sich allerdings eingehender mit der verfassungsrechtlichen Festlegung der Gebühr zu befassen. 311 Schmidt spricht in anderem Zusammenhang von einem „ . . . Mechanismus eines auf Selbstzitate gegründeten Richterrechts, das bei solchen Selbstzitaten ursprüngliche Selbstwidersprüche und zwischenzeitlich eingetretene Bedeutungsänderungen von Formelteilen nicht beachtet, weil die Formel inzwischen sich rechtssatzähnlich verselbständigt" habe. Vgl. ders., Sonderabgaben in der neuen Rechtsprechung des BVerfG, N V w Z 1991, 36 (38). Ein wenig von dieser Eigendynamik ist auch dem Gebührenbegriff aus BVerfGE 50, 217 (226) zuteil geworden. Im einzelnen siehe die Nachweise in Fn. 9. 312 Unverkennbar hat die in BVerfGE 50, 217 (226) geprägte Begriffsfassung jedoch maßgeblich dazu beigetragen, daß gerade die Verleihungsgebühr im Schrifttum überwiegend auf Ablehnung gestoßen ist. Hendler etwa ordnet Verleihungsabgaben ausdrücklich nur deshalb als Abschöpfungsabgaben im Sinne der Sonderabgabenrechtsprechung ein, um nicht durch Anerkennung einer kostenlosen Staatsleistung (Rechtsverleihung) mit dem Gebührenbegriff aus BVerfGE 50, 217 (226) brechen zu müssen; vgl. ders., Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), 577 (604f.). Siehe auch ders., Zur rechtlichen Beurteilung von Umweltabgaben am Beispiel des „Wasserpfennigs", NuR 1989, 22 (26), Fn. 61. Ebenso Jarass, Verfassungsrechtliche Grenzen der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben, DÖV 1989, 1013 (1021 f.). Jarass ordnet Verleihungsabgaben wegen des Gebührenbegriffs aus BVerfGE 50, 217 (226) als Sonderabgaben in Form sog. Privilegierungsabgaben ein.

280

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

hatten. Sie sind im folgenden - nach dem Wasserpfennigbeschluß in der gebotenen Kürze - im einzelnen darzustellen und anschließend auf ihre Stichhaltigkeit zu beurteilen. a) Zur Notwendigkeit der Kostendeckungsorientierung von Gebühren Teile des Schrifttums leiten die Notwendigkeit der Kostendeckungsorientierung von Gebühren aus dem Gebührenbegriff ab. In diesem Sinne geht man davon aus, daß der Kostendeckungszweck Gebühren schon begrifflich immanent sei und als „Essentiale" der Gebühr niemals völlig in den Hintergrund treten dürfe. 3 1 3 Arndt meint, daß die Gebühr in diesem Sinne sogar verfassungskräftig festgelegt sei. Wenn die voraussetzungslose Steuer frei disponible Mittel für die Finanzierung allgemeiner Staatsleistungen zusammentrage, müsse es schon aus Gründen der Unterscheidbarkeit von der Steuer der besondere Zweck von Gebühren sein, Einnahmen zu erzielen, um speziell die Kosten einer individuell zurechenbaren Staatsleistung zu decken. 314 Des weiteren wird der angeblich konstitutive Kostendeckungszweck von Gebühren damit begründet, daß der Gebührenerhebung schon historisch stets ein entsprechender Staatsaufwand vorausgegangen sei. Anders als es der doppelgliedrige Gebührenbegriff behaupte, lasse sich die aufwandsunabhängige Vorteilsabschöpfung gerade nicht als eigenständiger Belastungsgrund belegen. 315 In diesem Sinne leiten andere die Kostendeckungsorientierung der Gebühr unter Abkehr vom doppelgliedrigen Gebührenbegriff aus einem engen Leistungsbegriff ab, nach dem nur dasjenige Staatsleistung sein kann, was der Staat unter Einsatz eigener Kräfte geschaffen hat. 3 1 6 313 Friauf y Verleihungsgebühren als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben?, in: Festschrift Universität Köln, S. 679 (695). 314 Vgl. Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (21). 315 Sander, Der „Wasserpfennig" - eine Abgabe mit oder ohne Gegenleistung?, DVB1. 1990, 18 (22 f.); ähnlich, wenngleich widersprüchlich P. Kirchhof Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 164 f., Rdn. 181. Ob Kirchhof die reine Vorteilsabschöpfung ausreichen läßt oder aber ausnahmslos das Entstehen von Kosten für erforderlich hält, kommt letztlich nicht klar zum Ausdruck; vgl. insoweit auch S. 167 (Rdn.185) sowie S. 170 (Rdn. 192), jeweils a.a.O. 316 v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063); Stabreit, Die Erhebung von Wassernutzungsentgelt in den neuen Bundesländern, L K V 1994, 350 (354); ähnlich auch Donner/Fischer, Umweltschutz durch Abgaben, in: Donner/ Magoulas/Simon/Wolff (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Markt und Staat, S. 359 (371).

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

281

Schließlich wird die angebliche Geltung des Kostendeckungszwecks von Gebühren auch aus systematischen Erwägungen abgeleitet. In diesem Sinne wird hauptsächlich vorgetragen, daß auch das Wesen der Gebühr nur aus deren finanzverfassungsrechtlichem Funktionszusammenhang erschlossen werden könne. Wenn die Steuer allgemeine und die Gebühr besondere Finanzierungsfunktionen erfülle, dann könne die Gebühr eine besondere Finanzierungsaufgabe stets nur dort wahrnehmen, wo der gebührenpflichtigen Staatsleistung auch ein bestimmter Aufwand zugeordnet werden kann. Der Erhebungsgrund Kostendeckung sei für die Gebühr daher zwingend. 3 1 7 Verzichte man hingegen auf einen besonderen Staatsaufwand, so gerate die Gebühr in Konkurrenz zur Steuer 318 und bewirke so eine „Zerrüttung des finanzverfassungsrechtlichen Abgabensystems". 319 Um dieses auszuschließen, müsse die Gebührenerhebung aus Sicht der Gebührengewalt stets ein vermögensneutraler Vorgang bleiben, so daß Gebühren letztlich nur dort erhoben werden dürften, wo zuvor ein staatlicher Aufwand entstanden ist oder anläßlich der Staatsleistung zumindest wirtschaftlich nutzbare Werte abgegeben werden. 3 2 0 Wie diese Stimmen zeigen, ist es im Zusammenhang mit der Frage nach der Geltung des Kostendeckungszwecks von Gebühren offenbar nicht damit getan, sich im Gefolge des Wasserpfennigbeschlusses schlicht von der älteren Gebührendefinition des Bundesverfassungsgerichts loszusagen, ohne insoweit weitere Sachgründe vorzutragen. 321 Welche Gründe gegen eine konstitutive Bedeutung des Kostendeckungszwecks für den verfassungsrechtlichen Gebührenbegriff sprechen könnten, soll nunmehr untersucht werden.

317 So Sander, Der „Wasserpfennig" - eine Abgabe mit oder ohne Gegenleistung?, DVB1. 1990, 18 (23). 318 Heun, Die Sonderabgaben als verfassungsrechtlicher Abgabentypus, DVB1. 1990, 666 (673 f.). 319 Breuer, Umweltrechtliche und wirtschaftslenkende Abgaben im europäischen Binnenmarkt, DVB1. 1992, 485 (491); in diesem Sinne auch Kloepfer/Follmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (583). 320 Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 187f., 192; Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, S. 58, Rdn. 151; Kloepfer/Follmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (583). 321 So aber bspw. Kluth, Verfassungs- und abgabenrechtliche Rahmenbedingungen der Ressourcenbewirtschaftung, NuR 1997, 105 (109). Kluth lehnt den verfassungsgerichtlichen Gebührenbegriff aus dem 50. Band vor allem deshalb ab, weil ihm nach dem Wasserpfennigbeschluß nunmehr „ . . . der Boden verfassungsgerichtlicher Autorität entzogen" sei.

282

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff b) Zur Unabhängigkeit des Gebührenbegriffs vom Kostendeckungszweck

Überwiegend leitet das Schrifttum die neuerdings behauptete Entbehrlichkeit eines staatlichen Aufwands aus dem doppelgliedrigen Gebührenbegriff ab, der zwar nicht in allen Einzelheiten, wohl aber in seinem Kern auf stetig zunehmende Anhängerschaft trifft. Dieses gilt zunächst für die dem doppelgliedrigen Gebührenbegriff zugrundeliegende These, wonach die Annahme eines zwingenden Kostendeckungszwecks nach herkömmlichem Gebührenrecht auf einer unzutreffenden Auswertung der Judikate des preußischen Oberverwaltungsgerichts beruhe. Dessen Abgabenrechtsprechung habe sich nur deshalb vornehmlich mit Benutzungs- und Verwaltungsgebühren befaßt, weil auch das preußische Kommunalabgabengesetz entsprechend seiner Zielsetzung, die Gemeindefinanzierung zu regeln, ausschließlich diese Gebührentypen geregelt hatte. 3 2 2 Dadurch sei der Blick für aufwandsunabhängige Gebührentypen verstellt worden, obgleich es den Gebührenerhebungsgrund der reinen Vorteilsabschöpfung seit jeher gegeben habe. 3 2 3 Dementsprechend wird heute zunehmend die Ansicht vertreten, daß der Ausgleich von Kosten nur einen möglichen Gebührenerhebungsgrund darstellt, neben den als selbständiger Belastungsgrund des weiteren der Ausgleich von zugewandten Vorteilen trete. 3 2 4 In diesem Sinne folgten aus Kosten- und Nutzenprinzip zwei gleichrangige Unterzwecke eines einheitlichen Hauptzwecks der Gebühr, dem Ausgleich. 325 322 Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (522). 323 v g l Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (522ff.). In diesem Sinne auch Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 33 ff., 37, 49ff. m.w.N. 324

Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (174); ders., Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 23 f., 59; Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 21 f. In diesem Sinne muß wohl auch Wilke verstanden werden, vgl. ders., Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 111 f., 56 f. Im übrigen scheint auch das Bundesverfassungsgericht im Sinne des doppelgliedrigen Gebührenbegriffs die Vorteilsabschöpfung ungeachtet eines fehlenden Staatsaufwands als selbständigen Belastungsgrund neben den Kostenausgleich zu stellen; vgl. BVerfGE 82, 159 (178); 93, 319 (343 f.). Beide Entscheidungen enthalten Formulierungen, die sich wie eine Bestätigung des doppelgliedrigen Gebührenbegriffs lesen, indem als eigentlicher Belastungsgrund der Gebühr der „Ausgleich" und als dessen Spielarten der Aufwandsausgleich einerseits und die Vorteilsabschöpfung andererseits betrachtet werden. 325 Vgl. Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 59. In der Sache ebenso Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 55.

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

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Neben diesen Hinweisen auf die Mehrgliedrigkeit der gebührenrechtlichen causa wird die Entbehrlichkeit eines staatlichen Aufwands des weiteren mit dem systematischen Hinweis begründet, daß auch Gründe der Unterscheidbarkeit der Gebühr von der Steuer nicht nach einer Erweiterung des Gebührentatbestandes um einen obligatorischen Kostendeckungszweck verlangten. Verfassungsrechtlich vorgesehen und ausreichend sei allein das Abgrenzungsmerkmal der Gegenleistungsabhängigkeit der Gebühr. 3 2 6 Dieses Merkmal indessen besage lediglich, daß die staatliche Leistung dem Gebührenschuldner individuell zurechenbar sein muß, während es auf die Zurechenbarkeit eines staatlichen Aufwands insoweit nicht ankomme. Ob eine solcher vorliege, sei zwar möglicher Legitimationsgrund, nicht aber Tatbestandsmerkmal der Gebühr. 327 Soweit die Argumente für eine verfassungsrechtliche Kostendeckungsverpflichtung der Gebühr dem verfassungsrechtlichen Gebührenbegriff entnommen werden, können sie auch nach hier vertretener Ansicht insgesamt nicht überzeugen. Bei einem auf der Ebene des Leistungsgegenstandes offenen Gebührenbegriff finden sich schon keine Hinweise darauf, daß notwendiges Merkmal einer jeden Staatsleistung ein entsprechender Werteverzehr auf Seiten des Staates sein müßte. Entsprechende Erweiterungen des Gebührenbegriffs lassen sich nicht mit letzter Sicherheit auf einen verfassungsrechtlich verbürgten Begriffsbestand zurückführen, sondern verdanken ihren noch immer festen Platz innerhalb der Gebührendogmatik im Grunde einer teleologischen Reduktion des vorgefundenen Gebührenbegriffs zum Schutze des Steuerstaates. Beschränkt man sich indessen auf einen verfassungsrechtlich weitgehend belegbaren Definitionsbestand der Gebühr, so läßt sich das Erfordernis eines staatlichen Aufwands nicht überzeugend begründen, und zwar ohne daß hierfür ein formaler oder gar streng formaler Gebührenbegriff verantwortlich gemacht werden müßte. Denn wie im einzelnen bereits dargelegt wurde, besteht der Wesenskern der Gebühr in ihrer Entgeltlichkeit für eine irgendwie geartete, jedoch individuell zurechenbare Staatsleistung. Durch dieses Merkmal wird die Gebührenerhebung von Verfassungs wegen auf eine belastungsgerechte Leistungszuwendung verpflichtet, der nach hier vertretener Ansicht nur durch die Einhaltung des Internalisierungskriteriums in formgetreuer Weise entsprochen werden kann. Nach diesem Kriterium ist das Vorliegen eines staatlichen Aufwandes für eine belastungsgerechte Leistungszuwendung jedoch nicht mehr konstitutiv, denn der Zurechnungsakt erfolgt bereits maßgeblich durch Zuwendung der ausschlußfähigen Staatsleistung. Daß das vom Gebührenschuldner entrichtete Entgelt anschließend 326 327

Murswiek, Murswiek,

Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (172). Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 34 f.

284

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

noch zur Finanzierung des durch »seine* Staatsleistung entstandenen Aufwands dient, ist dann nicht mehr notwendig, um von einer ausschließlich an diesen erbrachten Leistung sprechen zu können. Mit der Zuwendung der Staatsleistung ist der Internalisierungsakt bereits abgeschlossen. Einer Verstärkung auf der Kostenebene bedarf dieser Zurechnungsakt nicht mehr, um die Anforderungen an eine belastungsgerechte Gebührenerhebung zu erfüllen. 3 2 8 Dem Gebührenschuldner wird es in diesem Sinne überdies auch gleichgültig sein, ob sein Entgelt zur Finanzierung der ihm zugewandten Leistung verwendet wird. Aus Sicht des Belasteten ist nur erforderlich, daß andere nicht auch in den Genuß von Nutzeffekten »seiner4 Staatsleitung kommen, ohne allerdings hierfür ein spezielles Äquivalent entrichten zu müssen. Nur insoweit erwartet er eine besondere Leistung, während es auf das Entstehen staatlichen Aufwands nicht ankommt. Soweit dem Merkmal der besonderen Staatsleistung dagegen über deren Identifikation mit einem besonderen Finanzierungsbedarf der öffentlichen H a n d 3 2 9 bzw. mit einer besonderen Gegenständlichkeit der Staatsleistung 330 das Erfordernis eines besonderen Aufwands entnommen wird, handelt es sich dabei aus Sicht des Gebührenbegriffs um überschießende Merkmale. Sie sind in der rezipierten Gegenleistungsabhängigkeit der Gebühr nicht angelegt. Somit bleibt schließlich zu überlegen, ob die Kostendeckungsorientierung von Gebühren aus systematischen Gründen in den Gebührenbegriff hineinzulesen ist, wie dies häufig unter Berufung auf die Schutzbedürftigkeit der bundesstaatlichen Finanzverfassung geschieht. Insoweit ist nach hier vertretener Terminologie zu unterscheiden: Damit Gebühren bei formgetreuer Ausgestaltung mit dem Steuervorrang vereinbar sind, ist die Forderung nach einem staatlichen Aufwand schon nicht einschlägig. Wie bereits ausgeführt wurde, ist dem Maßstab des Steuervorrangs bzw. den drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung bereits durch das Vorliegen einer individuell zurechenbaren Leistung 328 In diesem Sinne auch Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 77: Die Zweckbestimmung eines Abgabeaufkommens für schuldnerbegünstigende Maßnahmen könne zwar die Abhängigkeit einer Sonderabgabe von einer staatlichen Gegenleistung begründen, sie sei aber keine Bedingung der Gegenleistungsabhängigkeit. Gerade Gebühren seien ein klassischer Beleg für die Existenz solcher Kausalabgaben, die auch dann von einer staatlichen Gegenleistung abhängig bleiben, wenn ihr Aufkommen keinerlei Zweckbindung unterliegt. 329 So Sander, Der „Wasserpfennig" - eine Abgabe mit oder ohne Gegenleistung?, DVB1. 1990, 18 (23). 330 So in der Sache v. Mutius/Lünenbürger, Verfassungsrechtliche Aspekte einer umfassenden ökologischen Ressourcenwirtschaft, N V w Z 1996, 1061 (1063); Stabreit, Die Erhebung von Wassemutzungsentgelt in den neuen Bundesländern, L K V 1994, 350 (354).

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

285

genügt. 331 Liegt eine solche vor, so trägt zum einen der jeweilige Gebührenschuldner nicht in gleichheitswidriger Weise zur Finanzierung von Gemeinlasten bei und ist zum anderen eine hinreichende Distanz der Gebühr zur Steuer gegeben. Eben diese Schutzgutneutralität einer individuell zurechenbaren Vorzugslast ist der eigentliche Sachgrund dafür, warum sich das Bundesverfassungsgericht im Wasserpfennigbeschluß überhaupt nur vom kostendeckungsorientierten Gebührenbegriff distanzieren konnte. 3 3 2 Mit dem Schutzzweckprogramm des Steuervorrangs läßt sich die Aufnahme eines obligatorischen Kostendeckungszwecks in den Gebührenbegriff somit nicht begründen. Eine sinnvolle Schutzwirkung kann die Forderung nach einer ausschließlich aufwandsinduzierten Gebührenerhebung somit allein im Hinblick auf die Aussagen des Steuerstaatsprinzips erfüllen. Auch unter diesem Aspekt läßt sich die Erweiterung des Gebührenbegriffs um einen obligatorischen Kostendeckungszweck allerdings nicht begründen. Die Leistungsfähigkeit von Begriffs- bzw. Tatbestandsmerkmalen ist deutlich überschritten, wenn mit ihrer Hilfe das Spannungsverhältnis zwischen Steuerstaatsprinzip und Zwecksetzungskompetenz des in Tatbestandsauswahl und -ausgestaltung grundsätzlich freien Gesetzgebers in befriedigender Weise zum Ausgleich gebracht werden soll. Ob bzw. in welchen Fällen der Gesetzgeber von dem im Steuerstaatsprinzip enthaltenen Gesetzgebungsauftrag zur weitestgehenden Verwirklichung des Steuerstaates abweichen darf, ist keine Frage, die sich einer schematischen Lösung durch Subsumtion unter ungeschriebene Tatbestandsmerkmale beantworten ließe. 3 3 3 Insoweit sind ausschließlich Fragen der sachlichen Rechtfertigung konkreter nichtsteuerlicher Abgaben vor dem Steuerstaatsprinzip angesprochen. Insgesamt läßt sich die sog. Kostendeckungsorientierung von Gebühren somit nicht als konstitutives Tatbestandsmerkmal des verfassungsrechtlichen Gebührenbegriffs herleiten. Ob die danach anstehende Loslösung vom Grundsatz der Kostendeckungsorientierung zugleich auch terminologische 331

Vgl. Gliederungspunkt D I I 1 a) bb) (3) sowie C I I 2 e). Auch hier gilt, daß das erste dieser grundlegenden Prinzipien, die Wahrung des parlamentarischen Haushaltsbewilligungs- und Budgetrechts, schon von seinem Anwendungsbereich her nicht dazu taugt, die Kostendeckungsorientierung von Gebühren herzuleiten. Dieses Prinzip soll lediglich vor der Aushöhlung der parlamentarischen Budgetrechte durch die Organisation von Abgabekreisläufen außerhalb des Haushalts schützen. Damit entfaltet es seine eigentliche Schutzwirkung vor allem gegenüber fondsverwalteten Sonderabgaben. Kommt es hingegen aufgrund kostenneutraler Staatsleistungen zu Einnahmeüberschüssen aus Gebührenforderungen, so sind die entsprechenden Einnahmen in den allgemeinen Haushalt einzustellen und unterliegen damit auch dem Haushaltsbewilligungsrecht des Parlaments. 332 Vgl. Gliederungspunkt D I I 1 a) bb) (3). 333 Vgl. bereits Gliederungspunkt D I I 1 a) bb) (3).

286

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Spuren hinterlassen sollte, ist indessen eher eine Frage der Konvention. 3 3 4 Murswiek hat insoweit angeregt, den Begriff der Gebühr mit Blick auf die einfachgesetzliche Abgabenwirklichkeit für aufwandsabhängige Abgaben freizuhalten und aufwandsunabhängige Gebühren, wie sie auch hier für möglich gehalten werden, als „sonstige Gegenleistungsabgaben" aus dem Gebührenbegriff auszugliedern. 335 Die Erkenntnis, daß Gebühren aus verfassungsrechtlicher Sicht auch aufwandsneutral sein können, drohte indessen unterzugehen, behielte man den terminus technicus der Gebühr allein einer aufwandsabhängigen Vorzugslast vor. In der rezipierten Form des § 1 RAO weist das Grundgesetz die Gebühr dagegen schlicht als Gegenleistungsabgabe aus, ohne daß sich stichhaltige Verfassungsgründe für die Beschränkung des Kreises möglicher Gegenleistungen auf kosteninduzierende Staatsleistungen finden ließen. Diesem Befund dürfte es am ehesten entsprechen, wenn sich die Möglichkeit kostenneutraler Gebühren allmählich auch in einem gewandelten Gebührenverständnis widerspiegelte und die kostenneutrale Gebühr somit auch begrifflich nicht in den Bereich von sonstigen Abgaben verwiesen würde. Die inhaltliche Schlichtheit des Gebührentatbestands dürfte insoweit auch das eigentliche Ergebnis der vorliegenden Überlegungen zum Gebührenbegriff sein. Jenseits ihrer - anhand materieller Kriterien nachprüfbaren Gegenleistungsqualität ist die Gebühr zweck- und entwicklungsoffen. Begriffsschöpfungen wie Pseudogebühr, Quasigebühr, Scheingebühr oder auch uneigentliche Gebühr 3 3 6 zum Zwecke der Kennzeichnung einer im Einzelfall bestehenden Atypik des Leistungsgegenstandes erweisen sich demgegenüber als nachgerade sachfremd, weil es jenseits ihrer Gegenleistungsqualität schon die eigentliche Gebühr nicht gibt. In dieser Lesart erweist sich der verfassungsrechtliche Gebührentatbestand schließlich auch als geeignet, dem sich ständig wandelnden Gebührenverständnis in Finanzwissenschaft und Staatspraxis Rechnung zu tragen. 337 334

So zu Recht Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (176). Murswiek, Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (176). 336 Siehe zu diesen Wortschöpfungen Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 38 f. 337 Die Finanzwissenschaft hatte sich zuletzt unabhängig von der Entwicklung in der Rechtswissenschaft zusehends vom Kostendeckungszweck der Gebühr gelöst. Hansmeyer/Ewringmann sprachen in diesem Sinne schon frühzeitig von einem „erweiterten" oder auch „relativierten" Gebührenbegriff, bei dem Kostenorientierung und Aufwandsdeckung keine Rolle mehr spielen und der auch die Abschöpfung reiner Vorteile erlaubt; vgl. dies., Der Wasserpfennig, S. 26ff. Hintergrund dieser Entwicklung war das Bemühen der Finanzwissenschaft, durch den Einsatz der Gebühr als Lenkungsinstrument private Präferenzen bewußt an politische Prioritäten anzupassen. Dem entsprach es, daß die Gebühr zusehends als Mittel der politischen Allokationslenkung begriffen wurde, während sog. pareto-optimale Verteilungsziele nur noch bedingt angestrebt wurden. Mit der Hinwendung zur stärkeren Gewichtung politischer Lenkungsziele war dann naturgemäß auch das Abgehen von der Gebüh335

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

287

Ist der Kostendeckungszweck nach alledem nicht für den verfassungsrechtlichen Gebührenbegriff konstitutiv, so kann auch der angeblich »kostenlose4, zumindest jedoch aufwandsneutrale Rechtstransfer grundsätzlich gebührenpflichtige Staatsleistung sein. Weil die Verleihungsgebühr damit jedoch zu einem „vorprogrammierten Finanzüberschuß" 338 führt, bedarf es abschließend einer Auseinandersetzung mit dem sog. materiellen Gebührenbegriff. Denn dieser steht der Erzielung frei disponibler Einnahmen aus Gebühren in der Sache entgegen.

c) Gebührenbegriff

und Einnahmeüberschüsse

Die mittlerweile klassische Kontroverse, ob Gebühren zur Erzielung frei disponibler Einnahmen führen dürfen oder ob die Gebühr in Höhe aufwandsüberschießender Entgeltkomponenten in eine Steuer umschlage, entzündet sich in dogmatischer Hinsicht an folgender Frage: Hat die Gegenleistungsfunktion der Gebühr nur insoweit Bedeutung, als sie eine kausale Verknüpfung der Abgabepflicht mit der staatlichen Leistung vorsieht, im übrigen aber ein spezifisches Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, etwa bemessen nach dem Wert der staatlichen Leistung oder ihren Kosten, nicht voraussetzt? Das Schrifttum ist insoweit gespalten. Zahlreiche Stimmen halten eine sog. formale Abgrenzung zwischen Steuer und Vorzugslast, welche ungeachtet einer bestimmten Wertrelation allein auf die kausale Verknüpfung von Staatsleistung und Entgelt abstellt, für unzureichend. Sie eröffne dem Gesetzgeber entgegen den Vorgaben der bundesstaatlichen Finanzverfassung die Möglichkeit, die Gebührengewalt zu einer am allgemeinen staatlichen Finanzbedarf orientierten, nicht limitierten Finanzierungskompetenz auszubauen und damit ein zweites, mit der grundgesetzlichen Steuerordnung konkurrierendes Steuersystem zu schaffen. 339 Wendt beschwor insoweit die Gefahr herauf, der Bund etwa könne bei Zulässigkeit einer rein formellen Abgrenzung unter Berufung auf Art. 74 Nr. 22 GG für die Benutzung von

renbemessung nach der Grenzkostenregel verbunden. Diese hätte den durch Gebühren lenkenden Staat nach den Regeln der mikroökonomischen Modellanalyse in die Rolle eines Mengenanpassers verwiesen und einen aktiven Einfluß des Staates auf die Konsumpräferenzen der Gebührenschuldner in engen Grenzen gehalten. Vgl. Hansmeyer/Ewringmann, a.a.O., S. 27ff. Von der Abstandnahme der Kostendekkung als Bemessungsregel zum Verzicht auf die Kostenabhängigkeit der gebührenrechtlichen causa ist es aus finanzwissenschaftlicher Sicht dann nur noch ein kleiner Schritt. Wie gesehen, beginnen hier indessen die finanzverfassungsrechtlichen Probleme. 338 Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 207. 339 Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 54.

288

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Straßen hohe Gebührenpflichten zu seinen Gunsten regeln, anstatt die Finanzquelle »Kraftfahrzeug* zugunsten der Länder mittels der Kraftfahrzeugsteuer (Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG) zu erschließen. Umgekehrt könnten die Länder zu „Gebührenexzessen" auf Kosten der Steuerhoheit des Bundes angereizt werden. 3 4 0 Um derartige Fehlentwicklungen zu verhindern, könne die Abgrenzung zwischen Gebühr und Steuer in einer der bundesstaatlichen Finanzverfassung gerechtwerdenden Weise nur durch ein materielles Verständnis der Gegenleistungsfunktion der Gebühr erfolgen. Zu diesem Zweck wird der gebührenrechtliche Gegenleistungsbegriff gewissermaßen nach oben begrenzt: Soweit das Aufkommen einer Gebühr die Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung übersteige, verliere die Abgabe ihren Charakter als Vorzugslast und werde sie zur Steuer. Insoweit spricht man auch vom „Umschlagen" der Gebühr in eine Steuer, 341 welches seinen dogmatischen Ursprung darin finde, daß die Gebühr lediglich Ausgleich für die in Anspruch genommene Staatsleistung sein wolle und auch nach ihrem historischen Verständnis lediglich ausgleichende Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme der Verwaltung sei. 3 4 2 Dieses materielle Verständnis der Gegenleistungsfunktion habe das Grundgesetz vorgefunden und qua Rezeption übernommen, weil die verfassungsrechtlich gebotene Abgrenzung zwischen Gebühr und Steuer nur bei Beschränkung der Gebühr auf ihre Ausgleichsfunktion gewährleistet sei. 3 4 3 Die unter dem Dach der sog. formellen Abgrenzungslehre zusammengefaßte Gegenansicht steht dagegen auf dem Standpunkt, daß der Unterschied zwischen Gebühren und Steuern allein im Tatbestand der entsprechenden 340

Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 56. Arndt, Grundzüge des Allgemeinen Steuerrechts, S. 11 f.; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, Allgemeiner Teil, S. 40; Raber, Wassemutzungsentgelte und das Grundgesetz, N V w Z 1997, 219 (222). 342 Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 58 f. 343 Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 64. Diesen sog. materiellen Gebührenbegriff vertreten auch: Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (22); ders. y Grundzüge des Allgemeinen Steuerrechts, S. 11 f.; Karpen, Die Förderabgaben nach dem Bundesberggesetz im bundesstaatlichen Finanzausgleich, AÖR 109 (1984), 417 (427); Krefu Neue Wege im Gebührenrecht?, DVB1. 1977, 369 (373); Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I, Allgemeiner Teil, S. 40; Kühne, Die Förderabgabe im Schnittpunkt von Bergrecht und Finanzverfassungsrecht, DB 1982, 1693 (1696); Leisner, Verwaltungspreis - Verwaltungssteuer, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, S. 739 (732, 745); Puwalla, Qualifikation von Abgaben, S. llOff.; Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Band I, §§ 1 - 154 AO; Stand: 79. Lfrg., § 3, Tz. 15; Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991, 1 (2); Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 184; Uffhausen, Die Benutzungsgebühr, S. 87; Ubber, Der Beitrag als Institut der Finanzverfassung, S. 51 f. 341

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

289

Norm zum Ausdruck zu kommen habe. Knüpfe eine Abgabennorm an eine individuell zurechenbare Leistung an und mache sie diese zur Voraussetzung einer Zahlungspflicht, so handele es sich bei der Abgabe um eine Gebühr. Enthalte der Abgabetatbestand dagegen keine öffentliche Leistung als pflichtenbegründendes Tatbestandsmerkmal, so habe man eine Steuer vor sich. Für diese äußerliche Abgrenzung sei die Höhe der Abgabe unwesentlich, maßgeblich sei allein der tatbestandliche Bezugspunkt. 344 Die mit den vorgenannten Ansichten gemeinhin verbundene Dichotomie beider Abgrenzungsmuster läßt sich bei genauerem Hinsehen freilich nicht bestätigen. Schon Wilke hatte als der vermeintliche Begründer der sog. formalen Gebührenlehre mit dem Teilbarkeitskriterium fraglos ein materielles Kriterium benannt. 345 Insoweit wirkt es zumindest verzerrend, wenn die Kernaussage dieser Lehre von Anhängern des materiellen Gebührenbegriffs dahin umschrieben wird, sie verstehe das verfassungskräftig festgelegte Gegenleistungsmerkmal der Gebühr „ . . . als bloß formelles Kriterium", während „materielle Kriterien" unberücksichtigt blieben. 3 4 6 Auch die Anhänger einer formellen Abgrenzung stellen für die logisch vorrangige Frage, ob überhaupt eine gebührenfähige Leistung vorliegt, auf materielle Kriterien ab. Ist eine Leistung sodann anhand des Zurechenbarkeitskriteriums als gebührenfähig erkannt, so sollen auch etwaige kostenübersteigende Entgeltkomponenten an dem Gesamtcharakter der Entgeltabgabe nichts mehr ändern können. Wie für die lenkende Gebühr inzwischen allgemein anerkannt, bleibt auch der überschießende Entgeltanteil in diesem Sinne gegenleistungsabhängig und gilt nicht etwa als voraussetzungslos erbracht. Nur insoweit ist die Abgrenzung formal, im übrigen aber grenzt auch die 344 Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 283. In diesem Sinne auch: Henneke, Finanzierungsformen im Abgabenstaat, Jura 1990, 113; Holzkämper, Die Bemessung von Parkgebühren unter Berücksichtigung umweltpolitischer Gesichtspunkte, DÖV 1993, 475 (479); F. Kirchhof,\ Die Höhe der Gebühren, S. 16; ders., Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (555); Kloepfer, Die lenkende Gebühr, AÖR 97 (1972), 232 (251 f.); Köck, Wasserschutz und Landwirtschaft, Rechtliche Überlegungen zur Einführung einer Stickstoffabgabe, IUR 1991, 8 (13); Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 22f.; Osterloh, „Öko-Steuern" und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff, N V w Z 1991, 823 (827), Fn. 47; Osterloh/Brodersen, Eine neue Steuer auf Getränkeverpackungen, JuS 1986, 53 (54); Reinhard, Die Zulässigkeit der Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Erhebung kommunaler Benutzungsgebühren, S. 24ff.; Selmer/ Brodersen/Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 58; Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 263 ff., 269. 345 Vgl. dazu Gliederungspunkt D I I 1 b) cc) (1). 346 So Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991, 1 (2). Ungenau ist die Darstellung des sog. formalen Gebührenbegriffs insoweit auch bei Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 184 sowie Ubber, Der Beitrag als Institut der Finanzverfassung, S. 51 f., der zudem noch meint, der formale Gebührenbegriff sei sogar „ . . . von jeder Rechtfertigung abgelöst"; vgl. a.a.O., S. 51.

19 Drömann

290

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

sog. formale Abgrenzungslehre Gebühr und Steuer materiell, nämlich nach dem verfassungskräftig festgelegten Gegenleistungsmerkmal voneinander ab. 3 4 7 Der dogmatische Unterschied zwischen beiden Ansätzen liegt damit eher auf einer anderen Linie. Der materielle Gebührenbegriff will der Gefahr vorbeugen, daß das finanzverfassungsrechtliche Erhebungs- und Verteilungssystem der Art. 104 a ff GG durch die Realisierung außersteuerlicher Einnahmen unterlaufen wird und setzt diesen Schutzzweck in einer teleologischen Reduktion des Leistungsbegriffs um. Der als formal bezeichnete Gebührenbegriff dagegen schirmt den verfassungsrechtlichen Gebührentatbestand vor jeglicher Reduktion auf Tatbestandst bene ab, will die finanzverfassungsrechtliche Problematik von Einnahmeüberschüssen aus Gebühren damit allerdings nicht per se leugnen, sondern bleibt für eine kritische Beleuchtung nichtsteuerlicher Abgaben auf der Rechtfertigungsebene offen. Auch nach den hiesigen Überlegungen ist die Rechtfertigungsebene der zutreffende Ort für die Überprüfung der Kollisionsneigung nichtsteuerlicher Abgaben mit dem Bundes- und Steuerstaat. Überdies begnügt sich die Verfassung nach dem Schutzprogramm des Steuervorrangs bzw. den drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung auf Begriffsebene ohnehin mit der Abgrenzbarkeit von Gebühren und Steuern anhand der individuellen Zurechenbarkeit. 348 Den Problemlagen des Steuerstaatsprinzips wird eine tatbestandliche Verengung der Gebühr auf kostenäquivalente Gegenleistungsabgaben schon vom Ansatz her nicht gerecht. Anders mag dies freilich dann zu beurteilen sein, wenn Rechtsprechung und Lehre das Steuerstaatsprinzip durch Herausarbeitung materieller Kriterien konkretisieren sollten. Dieser Weg kann nach hier vertretener Ansicht indessen nicht empfohlen werden. 349 Die Stellung des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Problemkreis kann schließlich noch nicht in der erwünschten Klarheit geortet werden. 347 In diesem Sinne wohl auch Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 22, Fn. 38, der hier zu Recht vorschlägt, die Kritik an der formalen Abgrenzungslehre dahin zu präzisieren, daß sie - außer dem materiellen Kriterium der Gegenleistungsabhängigkeit - kein „weiteres materielles Kriterium" zulasse. - Auch Reinhard sieht den Schwerpunkt der Abgrenzungskontroverse zutreffend bei der Frage nach der Höhe der Gebühr. Es gehe nicht darum, ob sich der Gesamtgehalt einer Abgabe nach formalen oder materiellen Kriterien beurteilt, sondern allein um die Frage, ob sich aus dem Merkmal der Gegenleistungsfunktion einer Abgabe Hinweise auf ihre legitime Höhe ergeben oder nicht; vgl., ders., Die Zulässigkeit der Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Erhebung kommunaler Benutzungsgebühren, S. 24ff., 27. In diesem Sinne versteht schließlich auch Vogel die Problematik; vgl. ders., Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/ Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (525). 348 Vgl. Gliederungspunkt C I I 2 e) und D I I 1 a) bb) (3). 349 Vgl. dazu ausführlich Gliederungspunkt C I I 3 c) cc) (1).

II. Konturierung des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestandes

291

Zwar hat das Gericht es im Wasserpfennigbeschluß dabei bewenden lassen, die Unterscheidbarkeit der Wasserentnahmeentgelte von der Steuer allein am Vorliegen einer individuell zurechenbaren Gegenleistung festzumachen. 3 5 0 Dem möchte man an sich entnehmen, daß das Gericht für die Abgrenzung der Gebühr von der Steuer jenseits der Gegenleistungsabhängigkeit der Gebühr auf materielle Kriterien verzichte. Indessen hat das Gericht im Anschluß an die vorzitierte Textstelle ausgeführt, daß die für die Abgrenzung zur Steuer unerläßliche Abhängigkeit der Wasserentnahmeentgelte von einer Gegenleistung nur dann erhalten bleibe, wenn deren Höhe den Wert der öffentlichen Leistung nicht übersteige. Andernfalls würde die Abgabe insoweit wie die Steuer „voraussetzungslos" erhoben und diente dann nicht mehr nur der Abschöpfung eines dem Abgabeschuldner zugewandten Vorteils, sondern greife zugleich auf seine allgemeine Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die Finanzierung von Gemeinlasten z u . 3 5 1 Wenngleich in dieser Passage auf den ersten Blick das klare Bekenntnis zu einer Unterscheidung von Gebühren und Steuern im Sinne der materiellen Abgrenzungslehre zu stecken scheint, ist gegenüber einer solchen Analyse des Wasserpfennigbeschlusses vorerst noch Zurückhaltung angebracht. So ist zum einen festzustellen, daß das Bundesverfassungsgericht kostenüberschreitende Entgeltanteile bei der lenkenden Gebühr bestätigt hat und nicht anzunehmen ist, daß das Gericht dieser Gebührenausgestaltung nunmehr seine Anerkennung versagen wollte. 3 5 2 Zu betonen ist zum anderen, daß das Gericht im Wasserpfennigbeschluß keine wertmäßige Entsprechung zwischen Entgeltbemessung und Kosten der staatlichen Leistung, sondern eine Äquivalenz zwischen abgeschöpftem Vorteil (Entgelthöhe) und Wert dieses Vorteils eingefordert hat. Die Forderung nach der Einhaltung einer strikten Äquivalenzbeziehung zwischen Leistung und Gegenleistung dürfte sich daher nicht primär auf die lenkende Gebühr mit ihrer Affinität zum Belastungsgrund »Aufwandsausgleich 4 beziehen, sondern wird vor allem die abschöpfende Gebühr vom Typ , Vorteilsausgleich 4 im Auge haben. Hierin mag die eigentliche Bedeutung des Wasserpfennigbeschlusses liegen, daß er nämlich den Typ Abschöpfungsabgabe unter Bemessungsgesichtspunkten in engere Grenzen weist als den Typ Lenkungsabgabe. 353 350

BVerfGE 93, 319 (346f.). BVerfGE 93, 319 (347). Daß die Höhe der Wasserentnahmeentgelte den Wert der öffentlichen Leistung übersteige, sei aber letztlich weder behauptet noch sonst ersichtlich. 352 Siehe BVerfGE 50, 217 (226 f.). 353 Eine im Vergleich zur Lenkungsabgabe restriktivere Behandlung der Abschöpfungsabgabe in Fragen der Abgabenbemessung liegt im übrigen durchaus auf der Linie der gängigen Rechtfertigung von Abgaben. Eine Gebühr, die erklärtermaßen lenken will, verschafft sich gegenüber den allgemeinen verfassungsrechtlichen Bindungen einen größeren Freiraum als diejenige Gebühr, die nur Abschöpfungszwek351

19*

292

D. Der verfassungsrechtliche Gebührenbegriff

Für eine Festlegung des Bundesverfassungsgerichts auf die Schlußfolgerungen der materiellen Abgrenzungslehre taugt der Wasserpfennigbeschluß jedoch insgesamt nicht. Zwar deutet das Bundesverfassungsgericht ganz im Sinne einer materiellen Abgrenzung an, daß die Gegenleistung des Staates beim Typ Abschöpfungsabgabe nicht nur formales Anknüpfungsmoment ist, sondern zugleich auch die Höhe dieser Abgabe beeinflußt. Die geforderte Äquivalenz zwischen zugewandtem und abgeschöpftem Vorteil bedeutet aber nicht, daß im Wege der Vorteilsabschöpfung keine frei disponiblen Einnahmen erzielt werden dürften. Denn wo ein Vorteil zugewandt wird, darf dessen Wert auch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts selbst dort abgeschöpft werden, wo er den Staat, wie etwa im Falle von Förderrechten, nichts »gekostet4 hat. 3 5 4 Selbst unter Einhaltung der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Nebenbedingung eines Äquivalenztauschs verbleibt es somit bei der Möglichkeit, daß der Gebührengesetzgeber frei verfügbare Einnahmen auf außersteuerlichem Wege realisiert. Die Intention des sog. materiellen Gebührenbegriffs, eine Aushöhlung der Finanzverfassung durch den Ausbau des Gebührenregimes zu einer nicht limitierten Finanzierungskompetenz gerade dadurch zu verhindern, daß das mittels Gebühren erzielbare Aufkommen strikt an die Höhe leistungsinduzierter Aufwendungen gebunden wird, hat sich das Bundesverfassungsgericht damit offenbar nicht zueigen gemacht.

3. Ergebnis Abgaben auf die Einräumung, das Innehaben oder die Nutzung von subjektiv-öffentlichen Rechten können als Gebühren erhoben werden. Mit den Verfassungsaussagen zur Gebühr sind sie vereinbar. Ob sich nichtsteuerliche Verleihungsabgaben auf einen im Steuerstaat des Grundgesetzes beachtlichen Sachgrund stützen und inwieweit sie sich vor der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung (Steuervorrang) rechtfertigen lassen, ist im abschließenden Teil der Arbeit zu untersuchen.

ken dient. Die lenkende Gebühr erhält diesen Freiraum jedoch nicht »umsonst4, sondern nur, wenn neben der Abgabebelastung zusätzlich das Lenkungsziel selbst gerechtfertigt ist. Die Rechtfertigung der abschöpfenden Gebühr beschränkt sich dagegen auf den Hinweis des Vorteilsausgleichs bzw. die Einebnung eines Gerechtigkeitsgefälles; vgl. zum Begriff Weyreuther, Das Abgabenrecht als Mittel des Umweltschutzes, UPR 1988, 161 (162). Ein Gerechtigkeitsgefälle kann indes nur insoweit eingeebnet werden, wie es vorliegt, d.h. in Höhe des zugewandten Vorteils. Nach dem Grundsatz der Zweckakzessorietät der Gebühr bleibt die Bemessung von Abgaben somit auf den Raum beschränkt, den der jeweilige Belastungsgrund und Rechtfertigungstopos zuvor erst eröffnet hat. Zu diesem Aspekt siehe auch Gliederungspunkt E I I I 4. 354

Zum Problem frei disponibler Einnahmen siehe auch Gliederungspunkt E I I I 3.

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben Nach Anerkennung der Verleihungsgebühr als Gebühr im verfassungsrechtlichen Sinne besteht nunmehr Anlaß, sich mit der Rechtfertigung dieser Abgabe zu befassen. Insbesondere sind jene Grenzen zu bestimmen, jenseits derer sich Abgaben auf die Verleihung oder das Gebrauchmachen von Rechten nicht mehr als zulässig erachten lassen, weil hier selbst ihre Identität als Gebühr nicht mehr trägt. Nach den Erkenntnissen des vorangehenden Abschnitts ist die damit einhergehende Bestimmung von Zulässigkeitsgrenzen für Verleihungsgebühren gerade auch deshalb notwendig, weil nach den wenigen Aussagen der Verfassung zum Wesen der Gebühr schon die bloße Rechtsverleihung als Staatsleistung eine hinreichende Basis zur Abgrenzung der Gebühr von der Steuer bietet. Über eine individuell zugerechnete Rechtsverleihung hinaus haben sich dagegen weder das Entstehen von Kosten noch das Vorliegen sonstiger materieller Kriterien als erforderlich erwiesen. Der von einem derart schlichten Gebührentatbestand angelockte Gesetzgeber wird dementsprechend zahlreiche Konstellationen ausmachen, in denen sich die Erhebung von Verleihungsabgaben aus seiner Sicht geradezu aufdrängt. Pietzcker erwähnt etwa Verleihungsgebühren auf Baugenehmigungen, die den aus der Bauerlaubnis folgenden Planungswertzuwachs abschöpfen, des weiteren Verleihungsgebühren für die KFZ-Zulassung, welche den Vorteil der Straßen- und Luftnutzung abgelten, ferner Abgaben auf imissionsschutzrechtliche oder atomrechtliche Genehmigungen zur Abgeltung des Rechtes auf die Inanspruchnahme von Luft und Umwelt sowie verschiedene Arten von Verleihungsgebühren auf berufsrechtliche Zulassungen, beispielsweise erhoben für die Erteilung von Taxikonzessionen, Kassenarztzulassungen oder die Zuteilung eines Studienplatzes. Abgaben auf gewährte Verkürzungen der gaststättenrechtlichen Sperrstunde oder die Erteilung von baurechtlichen Dispensen erweitern den Kreis denkbarer Abgabenbeispiele1 und zeigen an, welcher Spielraum sich hier für einen erfindungsreichen Gesetzgeber auftut. Daß die vorgenannten Abgabenbeispiele allein schon aufgrund ihrer gcbührenbegrijflichen Anerkennung erhoben werden könnten, löst in der Tat kritische Nachfragen aus und macht verständlich, daß die Diskussion um die Verleihungsgebühr seit jeher von 1 Vgl. dazu Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (777 f.).

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

der Sorge geprägt ist, der Staat könne individualrechtliche und bundesstaatliche Schutzaussagen der Finanzverfassung durch den Einsatz dieser Abgabe nach Belieben unterlaufen. 2 Das Schrifttum hat die im Verleihungskonzept angelegten Ausuferungsgefahren dementsprechend zum Anlaß genommen, die Zulässigkeit von Verleihungsgebühren in gewisse Grenzen zu weisen. Zum Zwecke der Eingrenzung der Verleihungsgebühr auf einen unproblematischen Anwendungsbereich hat es zulässigkeitsbegrenzende Kriterien zum Schutze der bundesstaatlichen Finanzverfassung sowie freiheitsrechtlicher Belange hervorgebracht, deren wichtigste im folgenden nachgezeichnet werden sollen. Als Ausgangspunkt der nachfolgenden Überlegungen ist jedoch vorab zu klären, wo genau die Verleihungsgebühr auf Zulässigkeits- bzw. Rechtfertigungsprobleme stößt. Ausschließlich an diesen Einbruchstellen kommen Eingrenzungsversuche überhaupt nur in Betracht. Wo sich die Verleihungsgebühr dagegen gar nicht als Eingriff in die jeweiligen Schutzgüter darstellt, scheidet die Ableitung eingrenzender Zulässigkeitskriterien strenggenommen von vornherein aus. Dieses gilt auch dort, wo sich die Abgabe schon anhand des ihr zugrundeliegenden Rechtfertigungsgedankens soweit legitimieren läßt, daß Legitimationslücken bzw. Kollisionslagen mit den jeweiligen Schutzgütern nicht zurückbleiben. Entscheidender Maßstab für die Ableitung zulässigkeitserhaltender Eckpunkte von Verleihungsgebühren sind somit deren eingriffsabhängiger Rechtfertigungsbedarf einerseits sowie die Reichweite des für Verleihungsgebühren in Anspruch genommenen Rechtfertigungsgrundes andererseits. Beide Aspekte sind vorab zu betrachten.

I. Rechtfertigungsbedarf der Verleihungsgebühr Der Rechtfertigungsbedarf von Verleihungsgebühren sollte sich eigentlich recht schnell ermitteln lassen. Im Schrifttum heißt es nämlich, nichtsteuerliche Abgaben seien gegenüber dem Steuerstaat, und alle Abgaben zudem vor Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 14 GG sowie dem Gleichheitssatz und dem Willkürverbot zu rechtfertigen. 3 Auch das Prüfprogramm für Verleihungsgebühren scheint damit bereits festgelegt. 2

Zur Einzelkritik an der Verleihungsgebühr siehe Gliederungspunkt Β I 1. Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 87, S. 62, Rdn. 87; Voçel/Waldhoff, ; in: Bonner Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 104a - 115, Rdn. 334. Ähnlich Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben - ein weißer Fleck in der Finanzverfassung, in: Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, S. 435 (443): Der Rechtfertigungsbedarf nichtsteuerlicher Abgaben bestehe „ . . . in kompetenzrechtlicher wie in grund3

I. Rechtfertigungsbedarf der Verleihungsgebühr

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Leichte Akzentverschiebungen ergeben sich indes, wenn man den Rechtfertigungsbedarf nichtsteuerlicher Abgaben nach den Vorstellungen des Bundesverfassungsgerichts ermittelt. Dieses hat in seinen Entscheidungen zum Kohle- sowie zum Wasserpfennig angedeutet, daß Rechtfertigungsbedarf immer nur dann besteht, wenn der Gesetzgeber von den drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung abweicht, indem er sich zur Auferlegung von Abgaben auf eine Gesetzgebungskompetenz außerhalb der Finanzverfassung stützt, haushaltsflüchtige Finanzkreisläufe organisiert und/oder wenn er die Bürger neben ihrer steuerlichen Inanspruchnahme zu einer weiteren Finanzleistung heranzieht. 4 Gegenüber der eingangs erwähnten Lehrmeinung besteht hier eine Akzentverschiebung insofern, als nach dem Rechtfertigungskonzept des Bundesverfassungsgerichts offenbar keine schematische Rechtfertigungsprüfung zu erfolgen hat, sondern insoweit stets die abgabenspezifische Abweichung von den sog. Grundprinzipien der Finanzverfassung maßgeblich bleibt. Schon der Begriff der Rechtfertigung legt dieses deshalb nahe, weil ein Bedarf nach der Neutralisierung eines bestimmten Handlungs- oder Erfolgsunwertes nach allgemeiner Rechtfertigungslehre nur dort besteht, wo entsprechende Schutzgüter verletzt sind, d.h. überhaupt ein Unwert verwirklicht ist. Daher erscheint es sachgerecht, den Rechtfertigungsbedarf von Verleihungsabgaben ebenfalls aus ihren Eingriffswirkungen abzuleiten. Die Verleihungsgebühr ist zu diesem Zwecke nunmehr zunächst mit den finanzverfassungsrechtlichen Schutzaussagen in Beziehung zu setzen. Darauf folgend ist der Gesamtregelungskomplex des Verleihungsregimes aus freiheitsrechtlicher Sicht zu betrachten.

1. Finanzverfassungsrechtliche Kollisionspunkte von Verleihungsabgaben Hinsichtlich etwaiger Eingriffe von nichtsteuerlichen Verleihungsabgaben in die finanzverfassungsrechtlichen Schutzgüter ist zu unterscheiden: a) Steuervorrang Zu den Eingriffswirkungen von Verleihungsgebühren gegenüber den Schutzgütern des Steuervorrangs ergibt sich folgendes Bild: Soweit das parlamentarische Haushaltsbewilligungs- und Kontrollrecht in Rede steht, gilt für Verleihungsgebühren naturgemäß dasselbe wie generell für Gebühren. rechtlicher Hinsicht". Zum Ganzen siehe auch Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 126 f. m.w.N. 4 Vgl. BVerfGE 91, 186 (202f.) sowie BVerfGE 93, 319 (342f.).

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Diese hatten sich in budgetrechtlicher Hinsicht als schutzgutneutral erwiesen, weil ihre Einnahmen in den allgemeinen Haushalt eingestellt werden. 5 Hier besteht demzufolge auch für Verleihungsgebühren kein Rechtfertigungsbedarf. 6 Soweit man hingegen die Belastung der Abgabepflichtigen mit Sonderlasten neben ihrer steuerlichen Heranziehung in Betracht zieht, muß sich auch die Verleihungsgebühr auf einen entsprechenden Sach- bzw. Rechtfertigungsgrund stützen lassen. Gleiches gilt für den Umstand, daß Verleihungsgebühren auf der Grundlage von Kompetenznormen außerhalb der Finanzverfassung erhoben werden. Auch wenn sie sich als Gegenleistungsabgaben durch das Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit bereits als Abgabe hinreichend deutlich von der Steuer unterscheiden, muß sich ihre Erhebung als Sachkompetenzabgabe des weiteren auf einen Sachgrund zurückführen lassen.7 Andernfalls könnten Verleihungsgebühren nicht unter Inanspruchnahme einer außersteuerlichen Kompetenz erhoben werden.

b) Steuerstaatsprinzip Eingriffswirkungen bzw. Kollisionspunkte von Verleihungsgebühren mit dem Steuerstaatsprinzip bedürfen differenzierter Betrachtung. Erkennt man den materiellen Kern des Steuerstaatsprinzips im Anschluß an die Ausführungen in Teil C in seiner Schutzaussage zugunsten des Steuerstaats, so ist der Zugriff auf nichtsteuerliche Verleihungsabgaben sicherlich in irgendeiner Weise erklärungsbedürftig. Ob eine nichtsteuerliche Verleihungsabgabe das Steuerstaatsprinzip jedoch verletzt und deshalb der Rechtfertigung bedarf, und ob die Vorgabe eines weitestgehend gewahrten Steuerstaatsprinzips darüber hinaus zur Statuierung zulässigkeitseinschränkender Kriterien 5

Vgl. Gliederungspunkt C I I 2 e). In diesem Sinne auch BVerfGE 93, 319 (347 f.) für die Wasserentnahmeentgelte Baden-Württembergs und Hessens. Siehe femer Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 128. 7 Das Bundesverfassungsgericht spricht insoweit von einer sachlichen „Rechtfertigung" von Sachkompetenzabgaben; vgl. BVerfGE 93, 319 (342f.). Strenggenommen besteht hier mangels eines Eingriffs jedoch kein Rechtfertigungsbedarf. Kann sich eine nichtsteuerliche Abgabe auf einen von den Art. 70 ff. GG gedeckten Sachgrund berufen, so ist ihre Erhebung als Sachkompetenzabgabe selbstverständlich. Denn die vom Bundesverfassungsgericht sog. „sachliche Rechtfertigung" eröffnet lediglich den Anwendungsbereich der Art. 70 ff. GG und ist insoweit weniger Rechtfertigungsgrund denn bloße Tatbestandsvoraussetzung. Rechtfertigungsbedürftig ist allerdings die Tatsache, daß der Gesetzgeber auf nichtsteuerliche Abgabeerhebungskompetenzen zurückgreift. Insoweit spricht das Gericht a.a.O. von einer „besonderen sachlichen Rechtfertigung". Jene Sachgründe, welche die betreffende Abgabe bereits in den Art. 70 ff. GG verankern sollen, müssen hier nicht mehr zwangsläufig ausreichend sein. Ausführlich zu dieser Frage: Gliederungspunkt E IV. 6

I. Rechtfertigungsbedarf der Verleihungsgebühr

297

zwingt, beurteilt sich hingegen je nach dogmatischer Ausgangsposition unterschiedlich: Nach vorherrschender Ansicht dürften die vorgenannten Fragen im Ergebnis zu bejahen sein. Da das Steuerstaatsprinzip außersteuerliche Abgaben nur in engen Grenzen zuläßt, widerspricht die Verleihungsgebühr diesem Prinzip z.B. nach Ansicht von Heimlich umso mehr, je größer der Kreis belastungsfähiger Rechte ist. 8 In diesem Sinne wird die Verleihungsgebühr gegenüber dem Steuerstaatsprinzip vor allem deshalb unter besondere Rechtfertigungslast gestellt, weil sie wegen der Kostenlosigkeit der Staatsleistung einen „vorprogrammierten Finanzüberschuß" erziele. 9 Um das Volumen steuerstaatsgefährdender „Sondereinnahmen" 10 möglichst gering zu halten, schreibt man dem Steuerstaatsprinzip daher materielle Bindungskraft zu und sichert ihm auf diese Weise unmittelbaren Einfluß auf die Abgabeausgestaltung. Für die einzelne Abgabe wird dies zur Ableitung der bereits erwähnten Zulässigkeitsrestriktionen führen. Mit dem hier vertretenen Ansatz ist indes zu unterscheiden: Konkretisiert man das Steuerstaatsprinzip formell-verfahrensmäßig durch die Begründung einer formellen Substantiierungslast für den nichtsteuerlichen Abgabengesetzgeber, so liegt ein Verstoß gegen das Steuerstaatsprinzip strenggenommen nur dann vor, wenn der Gesetzgeber seine Darlegungspflicht verletzt und es unterläßt, die betreffende außersteuerliche Abgabe überhaupt auf einen steuerstaatsdispensierenden Sachgrund zu stützen. In einem solchen Fall macht der Gesetzgeber kenntlich, daß er sich seines Auftrags, die Verfassungsvoraussetzungen des Steuerstaates auch bzw. gerade in der Abgabenpraxis zu wahren, offenbar nicht bewußt war. Setzt er sich dagegen im Sinne eines formell konkretisierten Steuerstaatsprinzips mit seiner Verpflichtung zur vorrangigen Berücksichtigung der Steuer auseinander und 8

Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 266 f. Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 207; vgl. auch a.a.O., S. 186: „gezielter Einnahmeüberschuß"; ähnlich Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 150f., 309: Die Verleihungsgebühr werfe notwendigerweise Gewinne ab und stehe insoweit in Konkurrenz zur Steuer. Gegen eine Finanzierung des allgemeinen Staatshaushalts mit Überschüssen aus Gebührenerhebungen wohl auch Birk, in: HHSp, § 3 AO, Rdn. 138. 10 Begriff bei Henseler, Die Künstlersozialabgabe im System öffentlicher Abgaben, NJW 1987, 3103 (3106). M i t diesem Begriff macht Henseler darauf aufmerksam, daß nicht die Begründung von Sonder lasten zu Gefährdungen der Finanzverfassung führe, sondern die Tatsache, daß sich eine steuerertragsberechtigte Gebietskörperschaft unter Berufung auf ihre Sachgesetzgebungskompetenzen Sondereinnahmen verschaffe, die zur Finanzierung nicht gegenleistungsbedingter Staatsausgaben eingesetzt werden können. Auf Verleihungsgebühren trifft zumindest die Erzielung frei fungibler Einnahmen zu. Ob die Abgabe damit zugleich eine steuerstaatsgefährdende Sondereinnahme ist, bedarf freilich kritischer Nachprüfung. Dazu Gliederungspunkt E I I I 3. 9

298

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

trägt er demnach zur Begründung einer nichtsteuerlichen Abgabe einen besonderen Sachgrund vor, so verstößt er selbst dann nicht gegen das formell konkretisierte Steuerstaatsprinzip, wenn sich bei einer späteren Überprüfung herausstellen sollte, daß der von ihm genannte Sachgrund im Steuerstaat des Grundgesetzes unbeachtlich ist. Mit dem materiell konkretisierten Steuerstaatsprinzip stimmt dieser Ansatz insofern überein, als sich auch nach hier vertretener Ansicht im Grundsatz nichts an der Erklärungsbedürftigkeit einer nichtsteuerlichen Abgabe ändert. Unabhängig von einer Verletzung des Steuerstaatsprinzips in seiner hier vertretenen Aussage muß die Erhebung einer Verleihungsgebühr stets auf einem Sachgrund beruhen, der selbst im Steuerstaat des Grundgesetzes beachtlich ist. Spezieller Erklärungsbedarf besteht insbesondere dort, wo - wie beispielsweise im Bereich der Umweltnutzung - mittels der Verleihungsgebühr unteilbare Leistungen in das Gebührenregime überführt werden. Dennoch ist die Unterscheidung des dogmatischen Ansatzes von Bedeutung. Konkretisiert man das Steuerstaatsprinzip nämlich formell, so steht es konsequenterweise nicht mehr für die Ableitung materieller Kriterien zur Verfügung, mit deren Hilfe der steuerstaatlich zulässige Anwendungsbereich einer nichtsteuerlichen Abgabe beschnitten werden kann. Entscheidend ist dann nur, ob die außersteuerliche Abgabe auf einem im Steuerstaat beachtlichen Sachgrund beruht. Denn als normative Grundlage zur Ableitung zulässigkeitsbeschränkender Kriterien steht das Steuerstaatsprinzip letztlich nur bei materieller Konkretisierung zur Verfügung. Daß das materiell angewandte Steuerstaatsprinzip in diesem Sinne auch Einfluß auf die zulässige Ausgestaltung einer nichtsteuerlichen Abgabe nehmen kann, wird im Sinne der wohl vorherrschenden Lehre nachfolgend zunächst unterstellt. Auf diese Weise kann sich zeigen, ob die Zulässigkeitsbeschränkungen, welche das Schrifttum für Verleihungsgebühren hervorgebracht hat, dem Steuerstaatsprinzip tatsächlich in überzeugender Weise entnommen werden können. Sollte dies zutreffen, bedürfte die hier vertretene These von der Vorzugswürdigkeit einer formell-verfahrensmäßigen Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips allerdings einer Einschränkung. Zum Rechtfertigungsbedarf nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben ergibt sich damit vorläufig folgender Befund: Nichtsteuerliche Verleihungsabgaben haben sich jedenfalls dafür zu rechtfertigen, daß sie dem Abgabeschuldner, der regelmäßig zugleich Steuerschuldner ist, eine außersteuerliche Zusatzbelastung aufbürden. Des weiteren haben sie auf einem im Steuerstaat des Grundgesetzes beachtlichen Sachgrund zu beruhen bzw. sich bei materieller Betrachtung des Steuerstaatsprinzips insbesondere dafür zu legitimieren, daß sie die Erzielung frei fungibler Einnahmeüberschüsse ermöglichen. Daß hiermit bereits alle relevanten Belastungs- bzw. Eingriffswirkungen des Verleihungskonzeptes erfaßt seien, wäre indes ein vorschneller

I. Rechtfertigungsbedarf der Verleihungsgebühr

299

Schluß. Als regulierungsannexe Abgabe etwa ist die Verleihungsgebühr Bestandteil eines über die bloße Abgabebelastung hinausgehenden Verleihungsregimes und dementsprechend auch hinsichtlich ihres Rechtfertigungsbedarfs in diesen Gesamtzusammenhang zu stellen. Dabei wird sich zeigen, daß neben die genannten Rechtfertigungsfragen finanzverfassungsrechtlichen Ursprungs Rechtmäßigkeitsfragen hinsichtlich der Vereinbarkeit mit Grund- und Freiheitsrechten treten. Beide können den Zuschnitt einer zulässigen Verleihungsgebühr gleichermaßen mitbestimmen.

2. Freiheitsrechtliche Implikationen von Verleihungsabgaben Die freiheitsrechtlichen Berührungspunkte von Verleihungsabgaben ermitteln sich zweckmäßigerweise, indem die einzelnen Stufen eines Verleihungsregimes betrachtet werden. Auf der ersten Stufe steht die Einrichtung eines Bewirtschaftungsvorbehaltes, d.h. der Ersatz spontaner Sachbereichsgestaltung in Gestalt individueller Freiheitsbetätigung durch planende Zukunftsvorsorge seitens des Staates.11 Auf dieser Stufe wird dem Schutzbereich des einschlägigen Freiheitsrechts das Recht zur spontanen Grundrechtsausübung entzogen. Dadurch schafft der Staat erst die Grundlage für eine zentrale Steuerung des betroffenen Sachbereichs im Sinne politisch vorgegebener Verteilungs- und Vorsorgeziele. 12 Neben diese Grundrechtsbeschränkung auf der ersten Stufe tritt auf der zweiten Stufe die Zuteilung einzelner Bewilligungen, Erlaubnisse oder sonstiger Rechte zur Durchführung des jeweiligen Planungsprogramms. Das auf dieser Stufe geregelte Zulassungsverfahren kann beispielsweise vorsehen, daß Rechtsverleihungen nur nach Maßgabe planungsrelevanter Zielvorstellungen der zuständigen Behörde erfolgen, 13 während grundrechtliche Belange die Zulassungsentscheidung nicht sollen erzwingen können. Die 11

Köck spricht von sog. Bewirtschaftungsbereichen. In diesen habe das Recht dem Bedürfnis der Allgemeinheit nach Bewirtschaftung eines bestimmten Lebensbereiches Rechnung getragen und gewähre dem Nutzungswilligen keinen Rechtsanspruch auf Nutzung, sondern binde private Nutzung an die Ausübung eines Bewirtschaftungsermessens im Rahmen eines repressiven Verbots mit Befreiungsvorbehalt. Vgl. ders,Umweltabgaben Quo vadis?, JZ 1993, 59 (61), Fn. 23. Zum Begriff Bewirtschaftungsvorbehalt siehe auch Gliederungspunkt A I I I 1. 12 Das Verbot spontaner Grundrechtsbetätigung kann verfassungsrechtlich als Verwaltungsmonopol oder als objektive Zulassungsbeschränkung begründet werden. Ersterenfalls können Private die fragliche Tätigkeit nur als beliehene Unternehmer oder sonst im staatlichen Auftrag, allenfalls in Ausübung eines staatlich gebundenen Berufs erfüllen. Vgl. Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 116 ff.; LT-Drs. N W 10/2613, S. 39. 13 Vgl. etwa § 10 Abs. 2 LAbfG NW. Die Gesetzesbegründung geht daher von einem repressiven Verbot aus, vgl. LT-Drs. 10/2613, S. 39.

300

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Rechtsverleihung aufgrund Ermessensbetätigung der zuständigen Behörde unter Verneinung eines gebundenen Anspruchs beinhaltet einen weiteren eingriffsrelevanten Gesichtspunkt des Verleihungskonzeptes. Dem folgt auf der dritten Stufe die Belastung der Rechtseinräumung bzw. -nutzung durch die Verleihungsgebühr. Soweit verleihungsbedürftige Rechte die Grundlage für eine Erwerbstätigkeit bilden, stellt sich auf dieser Stufe die Frage, ob die Verleihungsgebühr mit der Berufsfreiheit des Art. 12 GG kollidiert. Insgesamt zeigt sich somit, daß die eingriffsrelevanten Aspekte von Verleihungsgebühren über die üblichen Kollisionspunkte nichtsteuerlicher Abgaben mit dem Steuerstaat sowie dem Gleichheitssatz hinausgehen. Damit dürften sie indes zugleich auch den Rechtfertigungsbedarf von Verleihungsgebühren erweitern. Angesichts dieses erweiterten Prüfungsrahmens sei an dieser Stelle allerdings die Frage erlaubt, in welchem systematischen Verhältnis die Rechtfertigung von Abgaben eigentlich zu einer Rechtmäßigkeitsprüfung nach dem Gesetzesvorrang bzw. dem Vorbehalt des Gesetzes steht. Von Interesse wären insbesondere Erkenntnisse darüber, ob hinsichtlich dieser Zulässigkeitsebenen ein kongruenter oder ein inkongruenter Prüfungsbereich besteht. Indiziert die Rechtfertigung der Abgabeerhebung in diesem Sinne zugleich auch die Verfassungsmäßigkeit einer etwaigen Grundrechtsbeeinträchtigung, oder läßt sich umgekehrt von der verfassungsmäßigen Konkretisierung einer Grundrechtsschranke auf die individualrechtliche Rechtfertigung einer Abgabe schließen? Das Schrifttum hat die vorgenannte Frage zwar gesehen, eine Lösung allerdings nur angedeutet. Vogel etwa begnügt sich mit dem Hinweis, man könne „für den Normallfall" davon ausgehen, daß die Rechtfertigung von Abgaben gegenüber dem Steuerstaat und die Legitimation des Eingriffs in Freiheiten durch dieselben Gesichtspunkte getragen würden. 14 In diesem Sinne implizieren auch weitere Stimmen die Annahme eines kongruenten Prüfungsmaßstabs. 15 Hierfür mag insbesondere auch der Ursprung der weithin vertretenen Zweidimensionalität 16 der Abgabenlegitimation sprechen. Denn die grundrechtsschützende Wirkung der zunächst kompetenzregelnden Normen der Art. 105 bis 108 GG wird im Sinne eines Ausgleichsgedankens vor allem deshalb betont, weil der Grundrechtsschutz gegenüber Abgabepflichten nicht zuletzt wegen der nur zögerlichen Anwendung von Art. 14 14

Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 87, S. 63f., Rdn. 89; ders., Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (529 f.). 15 So etwa Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 221, und wohl auch Krause, Die Nahverkehrsabgabe, S. 77. 16 Zum Begriff Osterloh, „Öko-Steuern" und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff, N V w Z 1991, 823 (825).

I. Rechtfertigungsbedarf der Verleihungsgebühr

301

GG durch die Rechtsprechung 17 als zu wenig griffig und insgesamt als unzureichend empfunden wird. 1 8 Von daher liegt es in der Tat nahe, grundund freiheitsrechtliche Schutzaussagen vollständig auf die Ebene des Finanzverfassungsrechts zu übertragen und demzufolge auch eine Kongruenz der abgabenrechtlichen Rechtfertigung mit der klassischen Rechtmäßigkeitsprüfung anzunehmen. Bei der Verleihungsgebühr indes dürfte der im Schrifttum angesprochene Normalfall nicht gegeben sein. Die Einführung des repressiven Verbots auf der ersten Stufe etwa läßt sich gerade nicht auf jene Gesichtspunkte stützen, welche die Abgabenerhebung unter Bezugnahme auf den Rechtfertigungsgrund des Vorteilsausgleichs auf der dritten Stufe legitimieren sollen. 19 So kann sich der zwecksetzungskompetente Gesetzgeber auf der ersten Stufe auf jeden vernünftigen Gemeinwohlbelang stützen, sofern diesem im Sinne der sog. Dreistufen-Theorie nur ein der Eingriffsstärke entsprechender Stellenwert zukommt. Bei der Gebührenlegitimation hingegen ist der Begründungsspielraum des Gesetzgebers auf den durch Lenkungszwecke allenfalls modifizierbaren Ausgleichsgedanken begrenzt. 20 Insoweit ist es dann aber durchaus zweifelhaft, ob unmittelbare Rückschlüsse von der Rechtfertigungsfähigkeit der Abgabe auf die freiheitsrechtliche Rechtmäßigkeit des Verleihungsregimes gezogen werden können. Zweifel werden auch deshalb genährt, weil die Rechtfertigungsprüfung von Abgaben ihrerseits nur einen Ausschnitt der Anforderungen nach dem Gesetzesvorrang erfaßt, so daß allenfalls von einem teilkongruenten Prüfungsmaßstab gesprochen werden kann. Dieser besteht nur hinsichtlich Art. 3 Abs. 1 GG, auf dessen Maßgaben sich die finanzverfassungsrechtlich induzierte Rechtfertigung von Abgaben in Gestalt der Forderung nach einer Einhaltung der Lastengleichheit letztlich reduziert. 21 Gegenüber Art. 14 und 17

Siehe z.B. BVerfGE 75, 108 (154); 78, 249 (277); 82, 159 (190). Schröder, Lenkungsabgaben im Umweltschutzrecht am Beispiel der Abwasserabgabe, DÖV 1983, 667 (668); Friauf Zur Zulässigkeit von Sonderabgaben, JA 1981, 261 (263); ders., Zur Zulässigkeit von aussersteuerlichen Sonderabgaben, in: Schmölders/Wöhe/Buchholz (Hrsg.), Festschrift für Willy Haubrichs, S. 103 (108); ders., Öffentliche Sonderlasten und Gleichheit der Steuerbürger, in: Festschrift für Hermann Jahrreiß, S. 45 (54); F. Kirchhof Grundsätze der Finanz Verfassung des vereinten Deutschlands, VVDStRL 52 (1993), S. 71 (87). 19 In diesem Sinne auch Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 263. 20 Siehe dazu Gliederungspunkt Ε I I 1. 21 So der Sache nach auch BVerfGE 93, 319 (343); 91, 186 (202); F. Kirchhof Grundsätze der Finanzverfassung des vereinten Deutschlands, VVDStRL 52 (1993), S. 71 (87); ders., Vom Steuerstaat zum Abgabenstaat, DV 1988, 137 (152); Kloepfer/ Follmann, Lizenzentgelt und Verfassungsrecht, DÖV 1988, 573 (584); Schröder, Lenkungsabgaben im Umweltschutzrecht am Beispiel der Abwasserabgabe, DÖV 1983, 667 (668). 18

302

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

12 GG dagegen haben sich nichtsteuerliche Abgaben zumindest auf der Grundlage der Verfassungsrechtsprechung schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil diesseits erdrosselnder Abgaben insoweit schon gar kein Eingriff in den Schutzbereich vorliegt. 22 Im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG liegt bei der Auferlegung von Vorzugslasten wegen der ihnen immanenten Abweichung vom Prinzip der Lastengleichheit hingegen stets ein rechtfertigungsbedürftiger Belastungstatbestand vor, so daß die Verleihungsgebühr zumindest insoweit auf eine Rechtfertigungslast im engeren Sinne stößt. In welchem systematischen Verhältnis Fragen der Rechtmäßigkeit von Grundrechtseingriffen zu Fragen der Rechtfertigung von Grundrechtsbeeinträchtigungen durch Abgaben stehen, lohnt sicherlich noch weiterführender Überlegungen. Für die hier verfolgten Untersuchungszwecke ist es jedoch ausreichend, festzustellen, daß ein Verleihungsregime verschiedenartige Eingriffswirkungen bereithält und die verschiedenen Eingriffsebenen bei der Suche nach einer insgesamt zulässigen Abgabeausgestaltung durchweg Berücksichtigung finden müssen. Im folgenden ist daher fraglich, ob schon der Verleihungsabgaben zugrundeliegende Abschöpfungsgedanke die vorgenannten Eingriffswirkungen vollständig legitimieren kann. Gegebenenfalls zurückbleibende Rechtfertigungslücken müßten anderenfalls durch die Ableitung zulässigkeitsbegrenzender Kriterien geschlossen werden.

I I . Rechtfertigungsgründe 1. Die gebührenrechtlichen Rechtfertigungsgründe Im allgemeinen wird die Erhebung von Gebühren durch den Gedanken des Aufwandsausgleichs und/oder den Gedanken der Vorteilsabschöpfung gerechtfertigt. 23 Wenn der dem Gemeinwohl verpflichtete Staat durch Zuwendung individueller Vorteile Privatinteressen dient, so sollen die begünstigten Individuen den genossenen Vorzug zumindest finanziell wieder ausgleichen. 24 Der ausgleichsbedürftige Vorzug kann dabei auf zweifache Weise entstehen. Entweder hat der Staat dem einzelnen einen Sondervorteil zugewandt, den er nun auf dem Gebührenwege teilweise wieder abschöpft (Vorteils22

Ständige Rechtsprechung, siehe BVerfGE 82, 159 (190) m.w.N. Die Erkenntnis, daß der Vorteilsausgleich selbständiger Rechtfertigungsgrund neben dem Aufwandsausgleich ist, hat sich seit BVerfGE 50, 217 (226 f.) immer mehr durchgesetzt. Ausdrücklich in diesem Sinne auch BVerfGE 93, 319 (343 f.). Aus dem Schrifttum etwa Krause, Die Nahverkehrsabgabe, S. 79 f., 85. 24 F. Kirchhof\ Grundriß des Abgabenrechts, S. 13, Rdn. 22; ähnlich ders., Vom Steuerstaat zum Abgabenstaat?, D V 1988, 137 (152). 23

303

II. Rechtfertigungsgründe

ausgleich). 2 5 Oder der Staat hat auf Anlaß des einzelnen einen bestimmten A u f w a n d erbracht, den er sich v o n diesem unter der Voraussetzung i n d i v i dueller Kostenverantwortlichkeit refinanzieren läßt (Aufwandsausgleich). 2 6 W i l l der Staat durch eine entsprechende Abgabebemessung auch das Verhalten der Gebührenschuldner lenken, so kann der kostenüberschießende T e i l einer Gebühr überdies durch den sog. Lenkungszweck als drittem Rechtfertigungsgrund des Gebührenrechts gerechtfertigt sein. Beachtlich ist hier indes, daß der Lenkungszweck seinerseits keinen selbständigen Gebührenerhebungsgrund darstellt. Er ist lediglich zulässiger Bemessungszweck und kann als solcher den Rahmen der Gebührenbemessung

über

den

Gesichtspunkt der Kosten- bzw. Wertäquivalenz hinaus e r w e i t e r n . 2 7 Einen Rechtfertigungsgrund i m engeren Sinne stellt die L e n k u n g aber nicht dar. V i e l m e h r bedarf sie selbst der Rechtfertigung. 2 8 25 Mit der Abschöpfung von Sondervorteilen ist insbesondere auch die Erhebung von Wasserentnahmeentgelten vor dem Grundsatz der Belastungsgleichheit gerechtfertigt worden. Siehe hierzu BVerfGE 93, 319 (347) sowie aus der Gesetzgebung bspw. LT-Drs. SH 13/1395, S. 11; Bürgerschafts-Drs. H H 13/2793, S. 2; Drs. 11/ 371 des Abgeordnetenhauses Bln., S. 1, 3; LT-Drs. B W 9/4237, S. 13. Zum Vorteilsausgleich als Rechtfertigungsgrund siehe femer Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 59, 65; ders., Rechtsfragen der Umsetzung des § 19 Abs. 4 W H G in den Ländern, NuR 1990, 289 (296); ders., Die Ressourcennutzungsgebühr, NuR 1994, 170 (175 f.); Heun, Die Sonderabgaben als verfassungsrechtlicher Abgabentypus, DVB1. 1990, 666 (674); Matthiesen, Das Nordrhein-Westfalen-Modell für Sonderabfallentsorgung und Altlastensanierung, NWVB1. 1987, 74 (76f.); Meßerschmidt, Umweltabgaben im Gefüge der Finanzverfassung, UTR 3 (1987), 83 (98); Puwalla, Qualifikation von Abgaben, S. 106; Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 110f.; Hansjürgens, Umweltabgaben im Steuersystem, S. 107; ders., Sonderabgaben aus finanzwissenschaftlicher Sicht, StuW 1993, 20 (32); Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 132ff.; Wieland, Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (133). Ähnlich auch Vogel, Das ungeschriebene Finanzrecht des Grundgesetzes, in: Selmer/v. Münch (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 265 (266): „Nutzenzufluß". 26 Zum Kostenausgleich aufgrund individueller Finanzierungsverantwortlichkeit siehe P. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 170ff., Rdn. 192ff., sowie Weyreuther, Gebühren ohne Gegenleistung?, UPR 1997, 261. 27 P. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 177, Rdn. 207. 28 Vgl. Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 63; Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 236f.; Krause, Die Nahverkehrsabgabe, S. 93; Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 129, 159. Gegen die Anerkennung der Lenkung als eigenständigen Rechtfertigungsgrund wohl auch Kluth, Verfassungs- und abgabenrechtliche Rahmenbedingungen der Ressourcenbewirtschaftung, NuR 1997, 105 (108 f.), sowie Mußgnug, Der Bemessungsmaßstab der Förderabgabe auf Erdgas nach der Niedersächsischen Verordnung über Feldes- und Förderabgabe(n), Zeitschrift für Bergrecht 1993, 168 (173 f.).

304

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

2. Insbesondere: Verleihungsabgaben und Vorteilsabschöpfung B e i dieser dogmatischen Ausgangslage w i r d die Erhebung von Verleihungsgebühren nun überwiegend m i t dem Abschöpfungstopos i n Verbindung gebracht. 2 9 Denn bei Leistungserstellungskosten von N u l l scheidet der Gedanke des Aufwandsausgleichs aufgrund individueller Kostenverantwortlichkeit

als

Rechtfertigungsgrund

Abschöpfungsgedanke

im

Ergebnis

aus.

Dabei

wird

der

selbst nicht mehr lediglich als abgeltender Reflex

auf eine vorherige Vorteilszuwendung verstanden, sondern zunehmend als sozialgestaltende Rechtspflicht

des dem Gemeinwohl verpflichteten Staates

begriffen. D a m i t wechselt auch die Betrachtungsweise. Der Staat holt sich nicht mehr lediglich dasjenige zurück, was er zuvor gegeben hat, sondern er ebnet als Repräsentant des zur Gleichheit verpflichteten Gemeinwesens durch

Auferlegung

abschöpfender

Gebühren jenes

Gerechtigkeitsgefälle

wieder ein, das er zuvor durch Gewährung von Sondervorteilen i n gleichheitswidriger Weise selbst geschaffen h a t . 3 0 Durch diese Fortentwicklung des Abschöpfungstopos

von einem bloßen Belastungsrecht hin zu einer

29 So etwa von Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, S. 1 (25 f.); Birk, in: HHSp, § 3 AO, Rdn. 148, ohne die Verleihungsgebühr allerdings selbst anzuerkennen; ebenso Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (777); Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), 577 (603); ders., Zur rechtlichen Beurteilung von Umweltabgaben am Beispiel des „Wasserpfennigs", NuR 1989, 22 (24); Heun, Die Sonderabgaben als verfassungsrechtlicher Abgabentypus, DVB1. 1990, 666 (673); Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 234ff.; Kühne, Die Förderabgabe im Schnittpunkt von Bergrecht und Finanzverfassungsrecht, DB 1982, 1693 (1696); Sanden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „Wasserpfennig-Entscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (183); Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Band I, Stand: 79. Lfrg., § 3, Tz. 20; Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 235, 258, 304. 30 Besonders plastisch bereits F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 77: Die abschöpfende Gebühr beseitige ein durch Vorteilszuwendung bestehendes „Gemeinwohldefizit." In diesem Sinne auch Weyreuther, Das Abgabenrecht als Mittel des Umweltschutzes, UPR 1988, 161 (162, 165); Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), 577 (604); Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben - ein weißer Fleck in der Finanzverfassung, in: Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, S. 435 (449 f.); P. Kirchhof, Die Sonderabgaben, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges (Hrsg.), Festschrift für Karl Heinrich Friauf, S. 669 (678); Kloepfer, Abfallverbringungsabgabe und Verfassungsrecht, UPR 1997, 81 (82); Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 196; Wegmann, Naturschutzlasten und Transferverfassung, NuR 1988, 361 (364 f.). Daß ein individuell zugewandter Sondervorteil zur Wahrung des Gemeinwohls wieder ungeschehen gemacht werden muß, klingt auch in der vor allem bei P. Kirchhof anzutreffenden Formulierung an, die Gebühr solle den Vermögenswert der jeweils zugewandten Staatsleistung „neutralisieren". Vgl. hierzu ders., Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 165, Rdn. 183; ders., Die Finanzierung des Leistungs-

II. Rechtfertigungsgründe

305

staatlichen Interventionspflicht erhofft man sich nicht zuletzt auch für die Verleihungsgebühr einen entsprechenden Legitimationsgewinn. 31 Für Wieland sind Verleihungsgebühren dementsprechend auch kein Preis für Freiheit, sondern notwendiges Korrektiv für die ausnahmsweise verliehene Freiheit. Das ungerechtfertigte, da gleichheitswidrige Privileg an den einzelnen werde erst durch die kompensierende Abschöpfung zu einer rechtsstaatlich zulässigen Gewährung. Ohne die Abschöpfung von Verleihungsvorteilen könne dieses Privileg nicht vor dem Gleichheitssatz bestehen.32 Auf diesen Grundgedanken der Vorteilsabschöpfung können sich nun grundsätzlich alle Verleihungsabgaben stützen. Soweit der Staat dem Abgabepflichtigen mit dem verliehenen Recht auch materiell einen Sondervorteil einräumt, 33 ist ein Gebührenerhebungsgrund gegeben, an den der Gesetzgeber tatbestandlich in unterschiedlicher Weise anknüpfen kann. In diesem Sinne lassen sich Abgaben auf die Einräumung, das Innehaben, die Nutzung oder das Gebrauchmachen von Rechten gleichermaßen auf die Vorteilsabschöpfung als einen einheitlichen Rechtfertigungsgrund zurückführen. An welchen tatbestandlichen Anlaß der Gesetzgeber die Abgabepflicht bindet, spielt für den der Verleihungsabgabe zugrundeliegenden Belastungsgrund keine Rolle. 3 4 Aus individualrechtlicher Sicht kann sich insoweit staates, Jura 1983, 505 (511); ders., Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1427). 31 So insbesondere Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 134 ff.,

268. 32

Vgl. Wieland, Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (129); in diesem Sinne auch ders., Die Konzessionsabgaben, S. 233 ff., 294f. Durch die Abschöpfung von Sondervorteilen aus rechtlichen Sonderstellungen gewährleiste der wirtschaftsverwaltende Staat seine Neutralität gegenüber dem Vermögensbestand des Konzessionärs bzw. Erlaubnisnehmers. 33 Siehe dazu Gliederungspunkt E I I I 2. 34 Ob man bei Abgaben auf die Nutzung oder das Gebrauchmachen von verliehenen Rechten gebührenbegrifflich noch von Verleihungsgebühren sprechen kann, mag indes zweifelhaft sein. Auf der Grundlage eines „streng formalen" und „funktionalistischen" Gebührenverständnisses wird diese Frage von Teilen des Schrifttums verneint und die Ansicht vertreten, daß Verleihungsgebühren nur für die Einräumung von Rechten erhoben werden können. Die Rechtsausübung dagegen stelle keinen gebührentauglichen Leistungsgegenstand dar, da sie lediglich tatsächliche Folge der Rechts Verleihung sei; vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 218, 223 ff., 268 f.; ihm folgend Kloepfer, Abfallverbringungsabgabe und Verfassungsrecht, UPR 1997, 81 (84). Die Einordnung der bergrechtlichen Förderabgabe sowie des Lizenzentgelts nach dem LAbfG N W bereitet dieser Ansicht indes Schwierigkeiten, denn beide Abgaben sind als Entgelte für das Gebrauchmachen bzw. die Nutzung eines Rechts ausgestaltet (vgl. Gliederungspunkt A I I I 1). Heimlich sieht sich denn auch genötigt, den Abgabetatbestand des § 11 Abs. 1 LAbfG NW dahin auszulegen, daß die Abgabe für die Lizenz selbst, nicht aber für die Nutzung der Lizenz erhoben werden soll; vgl. ders., a.a.O., S. 348. Von den Vorgaben 20 Drömann

306 eine

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben differenzierte

Sichtweise

allerdings

unter

Angemessenheits-

bzw.

Zumutbarkeitsgesichtspunkten ergeben. Hier kann der H i n w e i s des Betroffenen auf eine angemessene Verteilung des Prognoserisikos möglicherweise erheblich sein und dazu führen, daß nicht schon vermutete (Einräumung, Innehaben), sondern erst realisierte Vorteile (Nutzung,

Gebrauchmachen)

abgeschöpft werden. Des weiteren mag eine differenzierte Beurteilung der verschiedenen Anknüpfungsvarianten aus der Sicht des Steuerstaats angezeigt sein. I n dieser Hinsicht ist noch die j e w e i l i g e Steuerdistanz der einzelnen Anknüpfungsformen zu betrachten. 3 5 D e m Abschöpfungsgedanken bleiben die verschiedenen Anknüfungsformen jedoch durchweg verbunden.

3. Zur Bedeutung einer sog. Zusatzrechtfertigung I m Zuge der Umweltabgabendebatte

sind neben die

Rechtfertigungs-

gründe des Aufwands- und Vorteilsausgleichs zuletzt weitere Ansätze zur L e g i t i m a t i o n v o n Abgaben getreten. U m die i m H i n b l i c k auf Lenkungszwecke

bestehende

Unschärfe

abgabenrechtlicher

Instrumentierungen

gegenüber dem herkömmlichen L e i t b i l d einer ordnungsrechtlich übermitteleines formalen Gebührenverständnisses, welches sich zur Einordnung von Abgaben maßgeblich auf die formale Anknüpfung einer Abgabe im gesetzlichen Tatbestand beruft, entfernt sich eine derartige Auslegung des Abgabetatbestands allerdings erheblich. Bergrechtliche Förderabgabe und Lizenzentgelt deuten somit auch die Grenzen an, in die ein zu striktes Denken in formalen und/oder materiellen Gebührenbegriffen zwangsläufig führt. Wenn der Gesetzgeber Vorteile aus der Einräumung besonderer Rechtsstellungen abschöpfen will, sich dabei aber entscheidet, den Belastungstatbestand erst mit der Ausübung des jeweiligen Rechts als vollendet anzusehen, so ist dies keine „sprachliche Ungenauigkeit" (so Heimlich, a.a.O., S. 348), sondern die schlichte Ausübung seines Tatbestandsgestaltungsrechts. Dennoch ist die entstehende Abgabe keine Rechtsausübungs- bzw. „Nutzungsgebühr" (so die Bezeichnung des nordrhein-westfälischen Gesetzgebers, vgl. LT-Drs. 10/2613, S. 42), sondern wird im Schrifttum zu Recht einhellig als Verleihungsgebühr beurteilt. Eine andere Beurteilung der Abgabe als nach ihrem materiellen Gehalt lassen die Grundsätze, welche das Bundesverfassungsgericht im Rahmen seiner Sonderabgabenrechtsprechung zur Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben entwickelt hat, im übrigen auch gar nicht zu. In der Sache folgt auch die von Heimlich vorgenommene Auslegung diesen Grundsätzen, wobei allerdings anzumerken ist, daß die Schwelle zu einem materiell verstandenen Gebührenbegriff bei Auslegung des Tatbestands nach dem wirklichen Belastungsgrund längst überschritten ist. Wie sich schon an anderer Stelle zeigte, erweist sich damit eine konsistente Anwendung der formalen Gebührenlehre auf Beispiele der Abgabenwirklichkeit insgesamt als problematisch; vgl. hierzu bereits Gliederungspunkt D I I 1 b) dd) (3) (bb). Konsequenz kann nach hier vertretener Ansicht nur sein, den inzwischen erreichten Zustand eines atomistischen Gebührenbegriffs zu überwinden und in diesem Zuge auch Bedeutung und Geltungsanspruch der verschiedenen Gebührenbegriffe zu hinterfragen. Siehe dazu bereits Gliederungspunkt C I 3 a) a. E. 35 Siehe dazu Gliederungspunkt E I V 2 b).

II. Rechtfertigungsgründe

307

ten Normbefolgungspflicht zu rechtfertigen, hatte man insbesondere die Marktadäquanz einer abgabenrechtlichen Lenkung sowie ihre Eignung zur Förderung gesamtwirtschaftlich rationaler Verbrauchsentscheidungen betont. 36 Dem Einsatz des Gebührenrechts wurde im Zuge dieser Entwicklung eine Sonderstellung zuteil. Um im Sinne eines modelltheoretisch abgeleiteten Internalisierungsansatzes externe Sozialkosten anzulasten und auf diese Weise zu den Bedingungen einer pareto-optimalen Ressourcennutzung zu gelangen bzw. eine den Knappheitsverhältnissen entsprechende Entgeltlichung des Umweltgebrauchs zu etablieren, hielt man gerade die gebührenmäßige Belastung der Umweltnutzung für angezeigt. 37 Vor allem auch die Wasserentnahmeentgelte der Länder sind neben dem Rechtfertigungsgrund der Vorteilsabschöpfung mit solchen Ansätzen begründet worden. 38 Murs wiek hat entsprechende Erwägungen als „Zusatzzweck" und als ,Zusatzrechtfertigung" bezeichnet und ausgeführt, daß hinter der Internalisierungsidee derselbe Gedanke wie hinter der Entgeltfunktion der Gebühr stehe, so daß ihr prinzipiell in gleicher Weise rechtfertigende Kraft zukomme. 39 Neuerdings stellt man die Internalisierung externer Kosten als Ausprägung verfassungsmäßiger Effizienzvorstellungen sogar in die Nähe eines Verfassungsgebotes.40 Die Aufnahme von Knappheits- und Effizienzgesichtspunk36

Einzelnachweise in Fn. 1 zur Einleitung. Siehe etwa Arndt, Umweltrecht, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 875, Rdn. 96; Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, S. 61, Rdn. 157; Benkert/Zimmermann, Abgabenlösungen in der Naturschutzpolitik, NuR 1979, 96 (98); Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 5; Gawel/Ewringmann, Lenkungsabgaben und Ordnungsrecht, StuW 1994, 295 (297); F. Kirchhof, Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (557); Kloepfer, Umweltschutz durch Abgaben, DÖV 1975, 593 (596); ders., Zu den Wettbewerbswirkungen von umweltrechtlichen Instrumenten, UPR 1981, 41 (47f.); Köck, Umweltabgaben Quo vadis, JZ 1993, 59 (61); Matthiesen, Das Nordrhein-Westfalen-Modell der Sonderabfallentsorgung und Altlastensanierung, NWVB1. 1987, 74 (77); Meyer, Gebühren für die Nutzung vom Umweltressourcen, S. 19ff.; Morgenthaler, Umweltabgaben im Steuerstaat, SächsVBl. 1994, 97 (98); Münch, Abfallabgaben als zulässiges Instrument der Abfallvermeidung, VB1BW 1995, 121 (122 f.); Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 65 ff.; Wieland, Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (129). 38 Besonders deutlich kommt das Internalisierungsparadigma in der Begründung zum Niedersächsischen Wasserentnahmeentgelt zum Ausdruck; vgl. LT-Drs. 12/ 2960, S. 10, 14. Der Gedanke des Vorteilsausgleichs tritt hier gegenüber dem Gedanken, „Preissignale" im Sinne eines allgemeinen Sparziels zu senden, deutlich in den Hintergrund. Ähnlich die Gesetzesbegründung in Schlesig-Holstein; vgl. LTDrs. 13 /1395, S. 11. 39 Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 65. 40 So Britz, Umweltrecht im Spannungsverhältnis von ökonomischer Effizienz und Verfassungsrecht, Die Verwaltung 1997, 185 (191 f., 204). Die Autorin beruft sich insoweit maßgeblich auf Art. 20 a GG (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen). 37

20*

308

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

ten in das rechtswissenschaftliche Wertgefüge trägt heute insbesondere auch dazu bei, die kritische Zurückhaltung gegenüber dem Verleihungskonzept zu überwinden. Ob den Ansätzen zur Begründung einer relativen Vorzugswürdigkeit von Maßnahmen der indirekten Steuerung der richtige Platz zugewiesen ist, wenn man sie als Rechtfertigungsgrund für die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben ins Feld führt, bedarf indessen differenzierter Betrachtung. Zunächst ist anzumerken, daß die Plausibilität ökonomischer Modellableitungen jedenfalls keinen Rechtfertigungsgrund für ein Abweichen vom Gemeinlastprinzip abgibt. Insoweit bleibt allein die Frage maßgeblich, ob der Abgabeschuldner einen individuell zurechenbaren Sondervorteil erhält. In diesem Sinne mag es zwar vor dem Willkürverbot von Belang sein, wenn sich der Gesetzgeber auf den Gesetzeszweck einer Anlastung externer Kosten bzw. auf die Entgeltlichung ansonsten unentgeltlicher Umweltnutzungen beruft. Ungeachtet der ökonomischen Plausibilität einer Abgabenerhebung muß der Gesetzgeber aber zur Rechtfertigung einer besonderen Finanzierungs- bzw. Vorzugslast vor dem Grundsatz der Lastengleichheit darlegen, daß der Abgabeschuldner zugleich Empfänger einer individuell zurechenbaren Staatsleistung ist. Fehlt ein entsprechender Vorteil, so läßt sich die Auferlegung einer Vorzugslast vor dem Grundsatz der Lastengleichheit nicht rechtfertigen. Die ökonomische Rationalität der Belastungsentscheidung kann daran nichts ändern. Wie sich zeigt, sind kritische Fragen zur angeblichen Rechtfertigungskraft ökonomisch induzierter Belastungsmotive durchaus berechtigt. Demnach erscheint es nach hier vertretener Ansicht auch konsequent, die entsprechenden Ansätze einer Zusatzrechtfertigung zumindest aus dem Bereich einer individualrechtlichen Rechtfertigung herauszunehmen. In ihrer Hauptaussage liefern diese Ansätze lediglich Anhaltspunkte für den lenkenden Einsatz indirekter Steuerungsinstrumente als solcher. In diesem Sinne stellen sie Plausibilitätserwägungen dafür dar, warum individuelle Kostenanlastung und/oder Abschöpfung beispielsweise im Bereich von Umweltnutzung und -verbrauch überhaupt gemeinwohlkompatibel und zwecktauglich sein können. Insoweit mögen Internalisierungsidee und Entgeltmodell dann aber weniger rechtfertigungsähnlichen Charakter haben als vielmehr sachkompetenzbegründende Wirkung entfalten, indem sie nämlich Hilfserwägungen für die Verankerung einer nichtsteuerlichen Abgabe in den allgemeinen Sachgesetzgebungskompetenzen abgeben. Ob den Ansätzen einer Zusatzrechtfertigung zu Recht legitimierende bzw. auch nur kompetenzbegründende Kraft beigemessen wird, ist ausführlicher zu erörtern, wenn die sachliche Begründung nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat des Grundgesetzes in Rede steht. Hier mag vorerst die Feststellung genügen, daß der Abschöpfungsgedanke die Verlei-

II. Rechtfertigungsgründe

309

hungsgebühr jedenfalls gegenüber den Anforderungen aus Art. 3 GG in ausreichender Weise rechtfertigt. In individualrechtlicher Hinsicht bedarf es einer Zusatzrechtfertigung damit schon gar nicht. In einer Gesellschaftsordnung, die sich zum Schutz zentraler Gemeinwohlbelange bekennt, werden die Ausgleichsmechanismen des Privatrechts mehr und mehr durch öffentlich-rechtliche Normen ergänzt. Konfligierende Nutzungs- und Verwertungsinteressen werden demnach nicht mehr ausschließlich auf dem Verhandlungswege oder durch Kompensationslösungen zum Ausgleich gebracht, sondern je nach Bedeutung des jeweiligen Sachbereichs zum Gegenstand staatlicher Zulassungsentscheidungen. Neben die ius communikativa, das Leitbild des Privatrechts, tritt somit vermehrt die ius distributiva. 4 1 Diese bringt es mit sich, daß einzelnen in Gestalt begünstigender Zuteilungsentscheidungen oder Duldungstatbestände privilegierte Rechtsstellungen eingeräumt werden, die sich aus der Sicht anderer als störend darstellen. Indem der Staat z.B. durch Genehmigungsbescheid den Betrieb einer gefährlichen Anlage billigt, erlaubt er nicht nur eine unter Umständen umweltbedrohende Tätigkeit, sondern legt den benachbarten Anliegern zugleich eine Duldungspflicht auf und zwingt diese dazu, etwaige Emissionen zu ertragen. 42 Zumindest dann, wenn die ausschließlich dem Schutz von Gemeinwohlbelangen dienende Zulassungsentscheidung des Staates vermögensmehrende Auswirkungen in Person des Begünstigten hat, tritt eine Gerechtigkeitslücke auf, die der Staat durch eine abschöpfende Abgabe schließen kann, nach Ansicht einiger sogar muß. Dem begünstigten Abgabeschuldner geschieht dadurch kein Unrecht. Ihm wird lediglich ein Teil von dem Vermögenszuwachs wieder abgefordert, dessen Realisierung der Staat ihm durch die Gewährung eines individuellen Handlungsrechts 43 41

Begriffe bei Isensee, Die Ambivalenz des Eigentumsgrundrechts, in: Ossenbühl (Hrsg.), Eigentumsgarantie und Umweltschutz, S. 3 (16f.). 42 Isensee, Die Ambivalenz des Eigentumsgrundrechts, in: Ossenbühl (Hrsg.), Eigentumsgarantie und Umweltschutz, S. 3 (16f.). 43 Wenn die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben überhaupt eine ökonomische „Zusatzrechtfertigung" erfahren soll, so bietet sich zur Rechtfertigung vor dem Grundsatz der Lastengleichheit nach hier vertretener Ansicht noch am ehesten die der klassischen Nationalökonomie entlehnte Vorstellung an, daß wirtschaftliches Handeln sowie wirtschaftliche Entwicklung maßgeblich auf die Zuteilung individueller Handlungsrechte durch den Staat zurückzuführen sind. Handlungsrechte regeln im weitesten Sinne, welches Handeln und welche Beeinträchtigungen anderer erlaubt sind. Sie können kodifiziert sein oder aber auch als sozio-kulturelle Normen bestehen; vgl. Röpke, Die unterentwickelte Freiheit, S. 45 f. Die Verleihung eines Rechts entspricht der Sache nach der Vergabe eines derartigen Handlungsrechts. Wenn man berücksichtigt, daß Handlungsrechte vor allem auch den Nutzen oder Wert bestimmter Handlungen zugunsten des Handlungsrechtsträgers beeinflussen und damit eine positive Anreizstruktur schaffen sollen (z.B. ein Patent), dann verdeutlicht sich in der Tat die Nähe der Handlungsrechtszuweisung zur Vorteilsabschöpfung.

310

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

zuvor ermöglicht hat, ohne diese Vermögensmehrung allerdings primär bezweckt zu haben. Für die Auferlegung einer Sonderlast reicht dies als Rechtfertigungsgrund aus. Von seiner Grundaussage her kann das Abschöpfungstopos die Erhebung einer Verleihungsgebühr somit ohne weiteres rechtfertigen. Wird jemandem ein Recht eingeräumt, so ist die entstehende Verteilungskonfiguration grundsätzlich für die Anwendung des Abschöpfungsgedankens offen. Fraglich ist nun aber, ob der Abschöpfungsgedanke die Erhebung von nichtsteuerlichen Verleihungsabgaben schlechthin legitimiert. Wie die bisherigen Ausführungen verschiedentlich gezeigt haben, ist das einschlägige Schrifttum offenbar nicht dieser Ansicht. Es hat eine Reihe von Zulässigkeitskriterien hervorgebracht, die den Anwendungsbereich der Verleihungsgebühr begrenzen und damit zur Konturierung einer rechtfertigungsfähigen Ausgestaltungsform beitragen sollen. Nachfolgend sind Inhalt und Ursprung dieser Kriterien genauer nachzuzeichnen.

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen Verleihungsgebühren können nach weitverbreiteter Ansicht nur dann erhoben werden, wenn sie für die Erteilung von Ausnahmen von sog. repressiven Verboten sowie für wirtschaftlich werthaltige Rechte gefordert werden. Auch vom Erfordernis staatlicher Kostenentstehung oder Wertübertragung ist die Rede. Sind diese Zulässigkeitskriterien erfüllt, so meint man, sei ein Rechtfertigungsproblem der Verleihungsgebühr nicht mehr gegeben und die Abgabe gewissermaßen auf ihren rechtfertigungsfähigen Kernbestand reduziert. Ob die genannten Eingrenzungskriterien stichhaltig sind und sich vor allem auf einen verfassungsrechtlich belegbaren Reduktionsgrund zurückführen lassen, soll nachfolgend untersucht werden. Dabei wird angenommen, daß die Einengung des Anwendungsbereichs nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Grunde nur dort in Betracht kommt, wo der Abschöpfungsgedanke die Abgabeerhebung nur unzureichend abdeckt oder sonstige Konfliktlagen mit den einschlägigen Schutzgütern zurückbleiben. Einschränkungen hingegen, die sich nicht auf entsprechende Rechtfertigungslücken zurückführen lassen, dürften sich indes grundsätzlich dem Verdacht ausgesetzt sehen, als bloßes Zugeständnis an die weitverbreitete Ablehnung der Verleihungsgebühr als abgabenrechtliches Fossil bzw. Anachronismus entworfen zu sein, den Einsatzbereich dieser Abgabe also über das verfassungsrechtlich gebotene Maß hinaus zu begrenzen.

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

311

1. Ausnahmen vom repressiven Verbot Die Beschränkung von Verleihungsabgaben auf die Gewährung von Ausnahmen von sog. repressiven Verboten gehört heute zu den gefestigten Erkenntnissen zum Einsatzbereich der Verleihungsgebühr. Erste Ansätze in diese Richtung sind schon in den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts zur Schankerlaubnissteuer und zur Spielbankabgabe44 sowie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nachweisbar. 45 Sie sind seither von zahlreichen Autoren bestätigt worden. 46 Das Schrifttum versteht unter einem repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt eine Verbotsform, bei der eine bestimmte Tätigkeit, da gefährlich oder unerwünscht, allgemein unterdrückt, d.h. verboten sein soll. 4 7 Soweit sich aus der abstrakt-generellen Regelung eines solchen Verbots Härten im Einzelfall ergeben, kann unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten eine Ausnahmebewilligung (Dispens, Befreiung) im Interesse des einzelnen ergehen. Diese wirkt rechtskreiserweiternd und kann ungeachtet privater Interessen auch allein im öffentlichen Interesse erteilt werden. 48 Daß nun gerade Verleihungsgebühren nur auf Rechtseinräumungen im Rahmen dieser Verbotsform erhoben werden sollen, begründet sich maßgeblich in individualrechtlichen Belangen des Verfassungsrechts, während bundes- bzw. steuerstaatsorientierte Erwägungen insoweit in den Hintergrund treten. Dabei ist jedoch vorab zu betonen, daß es für die Belastungsfähigkeit einer Rechtsverleihung mit Abgaben aus individualrechtlicher Sicht letztlich nicht darauf ankommen kann, ob ein repressives Verbot 44

Siehe oben, Gliederungspunkt Β I I 1. Dazu oben, Gliederungspunkt Β I I 2. 46 Siehe Gliederungspunkt Β I I 1, über Fn. 69 ff., sowie die folgenden Nachweise. 47 So die herrschende Meinung. Siehe etwa Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, S. 207, Rdn. 55; Forsthoff,\ Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 267f.; Drews /Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 356; Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 117 f.; Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 239; Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 144; Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 185. An der Lehre vom repressiven Verbot wird indes immer wieder Kritik geübt, deren Hauptvorwurf die mangelnde Unterscheidbarkeit zwischen repressivem und präventivem Verbot ist. Hierzu Gromitsaris, Die Unterscheidung zwischen präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und repressivem Verbot mit Befreiungsvorbehalt, DÖV 1997, 401 (407 f.); Meyer, Gebühren für die Nutzung vom Umweltressourcen, S. 146 f. 48 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9, S. 207f., Rdn. 55; Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 21, Rdn. 34; Wolff/ Bachof/ Stober , Verwaltungsrecht I, § 46, S. 660, Rdn. 46; Gromitsaris , Die Unterscheidung zwischen präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und repressivem Verbot mit Befreiungsvorbehalt, DÖV 1997, 401 (402). 45

312

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

begrifflich-definitorisch vorliegt. Ein solcher Ansatz würde bereits verkennen, daß die Unterscheidung zwischen repressiven und präventiven Verboten zwar klassifikatorischen Charakter hat, den Gesetzgeber selbst aber nicht bindet. Da sich gesetzliche Regelungen wegen eines insoweit verbleibenden Überschneidungsbereichs somit nicht immer eindeutig als repressives oder aber präventives Verbot identifizieren lassen, 49 kann es für den Anwendungsbereich der Verleihungsgebühr dementsprechend auch nur darauf ankommen, ob die nachfolgend zu betrachtenden Strukturelemente eines repressiven Verbots näherungsweise verwirklicht sind. In diesem Sinne bildet das repressive Verbot somit zwar von seiner Grundaussage her einen geeigneten Prüfungsmaßstab zur Ermittlung individualrechtlich legitimationsfähiger Verleihungsabgaben, markiert insoweit aber keine starre Zulässigkeitsgrenze.

a) Individualrechtlich

induzierter

Eingrenzungsbedarf

In individualrechtlicher Hinsicht erzwingen der Grundsatz der Lastengleichheit gem. Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Freiheitsrechte eine Beschränkung des Kreises belastungsfähiger Rechte auf Ausnahmen von repressiven Verboten. Ohne diese Einschränkung läßt sich die Erhebung von Verleihungsgebühren vor individualschützenden Verfassungsaussagen auch durch den Abschöpfungsgedanken nicht rechtfertigen. aa) Art. 3 Abs. 1 GG Vor den Anforderungen der Lastengleichheit besteht die Auferlegung einer besonderen Finanzierungslast nur dann, wenn dem Gebührenschuldner, der regelmäßig zugleich Steuerschuldner ist, ein Sondervorteil eingeräumt wird. Ist Leistungsgegenstand eine Rechtsverleihung, so kann ein Sondervorteil nur von einem solchen Recht vermittelt werden, das nicht jedermann zusteht. Andernfalls ragte der Abgabeschuldner nicht aus der Allgemeinheit heraus und könnte dementsprechend nach dem Gebot der Lastengleichheit auch kein Träger einer besonderen Abgabenlast sein. Bei Befreiungen von einem repressiven Verbot ist diese Bedingung erfüllt. Hier steht es regelmäßig im Ermessen der zuständigen Behörde, das betreffende Recht zu verleihen. 50 Ein gebundener Anspruch auf die Zutei49

Siehe dazu Gromitsaris, Die Unterscheidung zwischen präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und repressivem Verbot mit Befreiungsvorbehalt, DÖV 1997, 401 (407 ff.). 50 Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 21, Rdn. 34; Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 46, S. 660, Rdn. 46. Ein Rechtsan-

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

313

lung des Rechts besteht i n der Regel n i c h t . 5 1 M a c h t die Behörde von ihrem Ermessensrecht

im

Sinne des Antragstellers

Gebrauch,

so gewährt

sie

diesem eine rechtliche Sonderstellung, die sie anderen verweigern kann. Wenn auf solche Rechtsverleihungen Sonderlasten erhoben werden, bleibt der Grundsatz der Lastengleichheit gewahrt. Rechtstatsächlich gehören zu dieser Verbotsform zunächst die sog. K o n zessionen des Wirtschaftsverwaltungsrechts. 5 2 Sie sind regulierende

Ver-

bote, die ein erwerbswirtschafltiches Handeln nicht als gefährlich unterdrükken, sondern regulieren wollen. Das Verbot begründet dabei einen sog. Bewirtschaftungsvorbehalt und w i r d i m Wege der Konzessionserteilung nur dann aufgehoben, wenn die konzessionierte Tätigkeit i m konkreten Fall m i t dem öffentlichen Interesse vereinbar i s t . 5 3 A l s Beispiele sind hier die Erteilung einer Lizenz z u m Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage LAbfG N W 5 4

gem. § 10

sowie die Erteilung einer Erlaubnis oder B e w i l l i g u n g zur

spruch kann sich ausnahmsweise dann ergeben, wenn eine gesetzliche Verbotsregelung zwar insgesamt zulässig ist, bei Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aber im Einzelfall gesetzliche Ausnahmen vorsehen muß. Vgl. Gromitsaris, Die Unterscheidung zwischen präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und repressivem Verbot mit Befreiungsvorbehalt, DÖV 1997, 401 (402). 51 Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 121, Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 145. Ähnlich auch das Bundesverfassungsgericht in der Naßauskiesungsentscheidung - Beschluß des Ersten Senats vom 15.07.1981, 1 B v L 77/78, vgl. BVerfGE 58, 300 (345) - sowie in der Entscheidung zum Sammlungsgesetz. Hier hat es das Gericht als Kennzeichen einer sog. „freien Genehmigung" betrachtet, daß die Genehmigungserteilung im freien Ermessen der Behörde steht; vgl. BVerfGE 20, 150 (157). 52 Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 295; Gromitsaris, Die Unterscheidung zwischen präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und repressivem Verbot mit Befreiungsvorbehalt, DÖV 1997, 401 (404 f.). Ob diese Behauptung auf sämtliche Konzessionen zutrifft, ist allerdings zweifelhaft und bedarf der Uberprüfung im Einzelfall. Im Falle des § 8 T K G (Lizenzerteilung für Telekommunikationsleistungen) spricht z.B. einiges für die Annahme eines präventiven Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt. Die Gesetzesbegründung führt hierzu lediglich aus, daß Lizenzen „ . . . grundsätzlich antragsgemäß erteilt (werden)" und erweist sich damit zwar als durchaus auslegungsfähig, deutet aber schon die freiheitsrechtlich orientierte Grundrichtung an; vgl. BT-Drs. 13/3609, S. 38. Aus dem Gesetzeszweck zum T K G ergibt sich femer, daß mit der Einführung des T K G grundsätzlich jedermann kraft seines Grundrechts auf Berufs- und Gewerbefreiheit berechtigt sein soll, Telekommunikationsleistungen anzubieten und daß auch an eine Begrenzung der Anzahl zu vergebender Lizenzen grundsätzlich nicht gedacht ist (siehe BT-Drs. 13/3609, S. 34). In diesem Sinne geht das Schrifttum von einem gebundenen Anspruch im Rahmen eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt aus; vgl. etwa Spoerr/Deutsch, Das Wirtschaftsverwaltungsrecht der Telekommunikation, DVB1. 1997, 301 (306f.). 53 Gromitsaris, Die Unterscheidung zwischen präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und repressivem Verbot mit Befreiungsvorbehalt, DÖV 1997, 401 (405). 54 Vgl. LT-Drs. 10/2613, S. 39; so im Ergebnis auch Stallknecht, Lizenz und Lizententgelt, S. 185 f.

314

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Förderung bergfreier Bodenschätze zu nennen. 55 Neben wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Konzessionen können des weiteren mediale Bewirtschaftungsvorbehalte auf repressiven Verboten beruhen. Bekanntestes Beispiel von paradigmatischem Wert für den Umwelt- und Ressourcenschutz ist das wasserhaushaltsrechtliche Gestattungssystem. Auf die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung gem. § 6 WHG besteht nach überwiegender Ansicht daher kein Rechtsanspruch. 56 Wird einzelnen dennoch eine Nutzungsmöglichkeit eingeräumt, erlangen diese einen rechtlichen Sondervorteil gegenüber all jenen, die Grund- und Oberflächenwasser nicht in gleichem Umfang nutzen dürfen. 57 Bei Rechtsverleihungen auf der Grundlage sog. präventiver Verbote mit Erlaubnisvorbehalt hingegen vermittélt das verliehene Recht keinen rechtlichen Sondervorteil. Hier bleibt das fragliche Verhalten erlaubt bzw. erwünscht und ist nur der spontanen Grundrechtsausübung entzogen. Ergibt die Erlaubnisprüfung, daß der der Grundrechtsausübung vorgeschaltete Gefahren- bzw. Versagungstatbestand nicht erfüllt ist, muß das Recht verliehen werden. 58 Eine Sonderbehandlung erfährt der Abgabeschuldner durch die Erlaubnis somit nicht. Daher besteht hier schon aus gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten kein Anknüpfungspunkt für den Abschöpfungsgedanken. Um die verbleibende Rechtfertigungslücke zu schließen, ist die Eingrenzung belastungsfähiger Rechte auf Ausnahmen von einem repressiven Verbot somit unerläßlich. bb) Freiheitsrechte Die Eingrenzung des Kreises belastungsfähiger Rechtsverleihungen wird des weiteren durch freiheitsrechtliche Belange erzwungen. Würde die Verleihungsgebühr auf ein Recht erhoben, das zum grundrechtlich erworbenen und geschützten Rechtsbestand des Abgabeschuldners gehört, so sähe sich der Staat zu Recht dem Vorwurf des Freiheitsverkaufs ausgesetzt. Strenggenommen läge schon kein gebührenfähiger Tauschvorgang vor, da der Staat dann nichts aus seiner Sphäre leistete. Daher beschränkt das Schrifttum die 55

Dazu Wielandy Die Konzessionsabgaben, S. 166 ff. Ausführlich zum wasserrechtlichen Konzessionssystem Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 99, 150 m.w.N. 57 So das Bundesverfassungsgericht im Wasserpfennigbeschluß, vgl. BVerfGE 93, 319 (345 f.). Eine andere Frage ist freilich, ob etwa im Falle von Wasserentnahmen ein wirtschaftlicher Sondervorteil gegeben ist. Siehe hierzu Gliederungspunkt E I V 2 a) aa) (2). 58 Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 21, Rdn. 34; Wielandy Die Konzessionsabgaben, S. 121 m.w.N.; Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 144 f. 56

315

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

M ö g l i c h k e i t der Abgabeerhebung auf solche Rechte, welche die Rechtsmacht bzw. den Rechtskreis des Abgabeschuldners erweitern. 5 9 E i n derartiger Zuwachs an Rechtsmacht ist nicht gegeben, wenn die Verwaltung aufgrund eines präventiven Verbotes m i t Erlaubnisvorbehalt eine bloße

Unbedenklichkeitsbescheinigung

ausgibt.60

Liegen

nämlich

die

gesetzlichen Voraussetzungen der Erlaubniserteilung vor, so hat der Bürger einen grundrechtlich verbürgten Anspruch auf Beseitigung des Kontrollverb o t s . 6 1 Schon eine Rechtseinräumung i m engeren Sinne liegt hier nicht vor. Die erteilte Kontrollerlaubnis stellt lediglich die allgemeine Handungsfreiheit wieder her, indem sie dem Gewaltunterworfenen das gibt, was i h m verfassungsrechtlich ohnehin zusteht. 6 2 Aus diesem Grunde kann beispielsweise auch die neuerdings diskutierte Abfallverbringungsabgabe 6 3 nicht als Verleihungsgebühr gerechtfertigt w e r d e n . 6 4 59 Vgl. F. Kirchhof\ Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (558 f.). 60 F. Kirchhof Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (559). 61 Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 21, Rdn. 34. 62 Gromitsaris, Die Unterscheidung zwischen präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und repressivem Verbot mit Befreiungsvorbehalt, DÖV 1997, 401 (402). Angesichts dieser ebenso unumstrittenen wie unspektakulären Feststellung muß überraschen, mit welcher Polemik das Schrifttum dem Verleihungsgedanken dennoch entgegentritt. Kloepfer - Abfallverbringungsabgabe und Verfassungsrecht, UPR 1997, 81 (83) - beispielsweise fragt: „Wie wäre es z.B. mit einer GentechnikGebühr für die Ermöglichung des Betreibens von gentechnischen Anlagen aufgrund der Schaffung eines Gentechnik-Gesetzes oder mit einer Sendegebühr für die Ermöglichung privaten Rundfunks?" Aus Sicht des unbefangenen Betrachters sind derartige Fragen unverständlich. Daß die Verleihungsgebühr unabhängig von der materiellen Rechtslage erhoben werden könne, ist, soweit ersichtlich, zu keinem Zeitpunkt vertreten worden. F. Kirchhof hat im Gegenteil schon vor Jahren festgestellt, daß Verleihungsgebühren stets nur „akzessorisch zum materiellen Geschehen" erhoben werden dürften; vgl. ders., Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (558). 63 Die Abfallverbringungsabgabe wird auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 S. 6 des Gesetzes über die Überwachung und Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen (Abfallverbringungsgesetz - AbfVerbrG) vom 30.09.1994 (BGBl. 1994, S. 2771) erhoben und dient der Finanzierung des sog. Solidarfonds Abfallrückführung. Mit diesem Fonds werden Rückführungsmaßnahmen finanziert, zu deren Erfüllung die Bundesrepublik nach dem Baseler Übereinkommen im Falle der gescheiterten bzw. illegalen Verbringung von Abfällen ins Ausland verpflichtet ist. Er wird gespeist durch „Mitgliedsbeiträge" sog. notifizierender Personen und tritt, vergleichbar der Situation bei einer Ersatzvornahme, hauptsächlich dann ein, wenn der an sich Rückführungspflichtige nicht greifbar oder bereit ist, die geforderte Rückführung selbst vorzunehmen. Einzelheiten zur Ausgestaltung von Fonds und Abgabepflicht siehe bei Ossenbühl, Verfassungsrechtliche Fragen zum Solidarfonds Abfallrückführung, BB 1995, 1805 (1808), sowie Lerche, Ver-

316

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Bei Befreiungen i m Rahmen repressiver Verbote ist die Abschöpfungsbedingung einer rechtsmacht- bzw. rechtskreiserweiternden

Rechtsverleihung

dagegen e r f ü l l t . 6 5 I n diesem Fall ist das fragliche Recht nicht nur der spontanen Grundrechtsausübung durch Vorschaltung einer Kontrollerlaubnis entzogen, sondern v o m Schutzbereich des betreffenden Freiheitsrechts gänzlich ausgenommen. 6 6 Erzwingen grundrechtlich geschützte Belange des Schuldners und Antragstellers i m konkreten Fall nicht ausnahmsweise eine gebundene Entscheidung über die angestrebte Befreiung,

so leistet der Staat

fassungsfragen zum Solidarfonds Abfallrückführung, DB 1995, Beilage Nr. 10 zu Heft 30, 1 (2f.). 64 So Kloepfer, Abfallverbringungsabgabe und Verfassungsrecht, UPR 1997, 81 (84): Nach dem einschlägigen materiellen Recht sei die Abfallverbringung für die abgabepflichtigen Personen eine grundsätzlich erlaubte Tätigkeit. Ein Genehmigungsvorbehalt bestehe lediglich für die Abfallausfuhr in Staaten außerhalb der EU. - Derartige Überlegungen zur Einordnung der Abfallverbringungsabgabe als Verleihungsgebühr bilden im übrigen die Ausnahme. Nach anderer Ansicht bietet die Ausgestaltung der Abgabe wegen ihres eindeutigen Gemeinlastcharakters schon gar keinen Anknüpfungspunkt für gebührenrechtliche Erwägungen, sondern wird als (unzulässige) Sonderabgabe betrachtet; vgl. etwa Ossenbühl, Verfassungsrechtliche Fragen zum Solidarfonds Abfallrückführung, BB 1995, 1805 (1807ff.); sowie Lerche, Verfassungsfragen zum Solidarfonds Abfallrückführung, DB 1995, Beilage Nr. 10 zu Heft 30, 1 (4 ff.). Zu diesem Ergebnis gelangt schließlich auch Kloepfer, a.a.O., S. 81 (84ff.). 65

So im Ergebnis F. Kirchhof Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (559); Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991, 1 (3); Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines „Wasserpfennigs" für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 24; Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 145, 150f.; Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 247 ff., 261, 264. Heimlich unterscheidet hier zwischen dem gebundenen Dispens (nicht rechtskreiserweiternd, da von Grundrechten erzwungen) und dem sog. freien Dispens (rechtskreiserweiternd, da aufgrund Verwaltungsermessens erteilt). Nur letzterer kann die Verleihungsgebühr vor den Freiheitsgrundrechten rechtfertigen, weil nur im Rahmen des freien Dispens „konstitutiv" Rechte begründet werden; so ausdrücklich BVerfGE 20, 150 (157). Kritisch zur Eingrenzung der Verleihungsgebühr auf rechtsmachterweiternde Verleihungen: Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (778). 66 Bildreich insoweit Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 46, Rdn. 44, S. 659: „Während eine Erlaubnis eine Schranke hochzieht, die einen Weg sperrt, gestatten die Ausnahmebewilligung und der Dispens, über einen Zaun zu steigen." In diesem Sinne auch Drews /Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 356: Nicht nur Kontrolle, sondern „Ausschluß". Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in der Naßauskiesungsentscheidung klargestellt, daß die durch inhaltsbestimmendes Gesetz bereichsspezifisch abgegrenzte Freiheit des Art. 14 GG durch die Versagung der wasserhaushaltsrechtlichen Bewilligung oder Erlaubnis nicht bzw. nicht mehr berührt wird; vgl. BVerfGE 58, 300 (337). Denn als inhaltsbestimmendes Gesetz schließt das W H G Eingriffe in das Grundwasser prinzipiell vom Inhalt des Grundeigentums aus.

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

317

dieses Recht aus seiner Sphäre. Der Verkauf einer Freiheit, welche bereits der Rechtssphäre des Schuldners zugehört, liegt in diesem Fall somit nicht vor. 6 7 Wie sich zeigt, ist die Einschränkung des Einsatzbereichs von Verleihungsgebühren auf Befreiungen von repressiven Verboten aus individualrechtlicher Sicht wohl zwingend. Rein tatsächlich ist der potentielle Anwendungsbereich der Verleihungsgebühr damit aber nicht etwa minimiert. Zwar dürfen repressive Verbote nicht allein deshalb statuiert werden, um im Wege der Wiedereinräumung von Rechten Entgelte abzuschöpfen. Sobald das Verbot keine eigene Sachentscheidung trifft, sondern lediglich Vorstufe einer Finanzlast sein will, ist es sachlichrechtlich willkürlich und unrechtmäßig. 68 Sobald der Gesetzgeber sich jedoch auf überragende Gemeinwohlbelange berufen kann, kommt ein repressives Verbot bestimmter gemeinwohlgefährdender Tätigkeiten durchaus in Betracht. 69 Unter Hinweis auf die Notwendigkeit einer optimalen Nutzung des vorhandenen Wasserangebots etwa hatte das Bundesverfassungsgericht im Naßauskiesungsbeschluß festgestellt, daß die Herausnahme der Grundwassernutzung aus dem Privateigentum durch repressives Verbot verfassungsmäßig ist, insbesondere kein gebundener Anspruch auf Erteilung der wasserrechtlichen Gestattung besteht. 70 Im Wasserpfennigbeschluß hat das Gericht das wasserrechtliche Bewirtschaftungsregime unlängst bestätigt. 71 Insgesamt kann die grundsätzliche Zulässigkeit der Einführung von Bewirtschaftungs- bzw. Staatsvorbehalten als weitestgehend geklärt angesehen werden, nachdem das Bundesverfassungsgericht auch schon zuvor das Institut des Staatsvorbehaltes als prinzipiell zulässig erachtet hatte. 72 Heute vertritt man im Anschluß an 67

So auch Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 259 f. F. Kirchhof,\ Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (559); ders., Leistungsfähigkeit und Wirkungsweisen von Umweltabgaben an ausgewählten Beispielen, UTR 16 (1992), 101 (112). 69 Vgl. BVerfGE 58, 300 (339): Die Gewährleistung des Eigentums werde nicht angetastet, wenn für die Allgemeinheit lebensnotwendige Güter zur Sicherung überragender Gemeinwohlbelange nicht der Privatrechtsordnung, sondern einer öffentlich-rechtlichen Ordnung unterstellt werden. 70 BVerfGE 58, 300 (346 f.). Das Bundesverfassungsgericht machte sich die Ansicht des Gesetzgebers ausdrücklich zueigen, wonach ein gebundener Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung oder Erlaubnis mit den Bewirtschaftungszielen des WHG unvereinbar ist; vgl. auch BVerfGE 58, 300 (329). In diesem Sinne auch das Schrifttum, so etwa Wieland, Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (131), und zwar unter Berufung auf das umweltrechtliche Vorsorgeprinzip. Siehe auch ders., Die Konzessionsabgaben, S. 174, 178. 68

71

BVerfGE 93, 319 (339). BVerfGE 37, 314 (322) - Saarländisches Hochschulwesen; 41, 205 (218) Badisches Gebäude Versicherungsmonopol; 21, 245 (251 ff.) - Arbeitsvermittlungs72

318

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

diese Rechtsprechung die Ansicht, daß wirtschaftliche Betätigungen, die für das Funktionieren einer arbeitsteiligen Wirtschaft notwendig sind oder der Daseinsvorsorge d i e n e n , 7 3 ebenso als besonders wichtige Gemeinschaftsgüter der Einführung eines Staatsvorbehaltes zugänglich s i n d 7 4 w i e beispielsweise der Schutz der U m w e l t durch eine geordnete und sichere Abfallentsorgung 7 5 oder der Umweltschutz insgesamt. 7 6 B e i der Einführung

von

repressiven Verboten ist es dem Gesetzgeber insbesondere nicht verwehrt, der Verwaltung auch i m Grundrechtsbereich einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Erteilung von Befreiungen einzuräumen, sofern nur eine der Wesentlichkeitstheorie entsprechende Anordnungsdichte eingehalten w i r d . 7 7 monopol der Bundesanstalt für Arbeit. Siehe dazu jeweils auch Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 144 f. 73 Dazu Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 149 ff. 74 Wieland hat die Möglichkeit der Einführung von Konzessionssystemen bzw. Bewirtschaftungsvorbehalten in verschiedenen Sachbereichen untersucht. Nach seiner Ansicht besteht im Bereich des Rundfunks wegen der zentralen Stellung der Rundfunkfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG aus freiheitsrechtlicher Sicht keine Handhabe zur Einführung einer ermessensabhängigen Vergabepraxis, während eine Konzessionierung beispielsweise des Fluglinienverkehrs oder sozialschädlicher Tätigkeiten aufgrund repressiver Verbote in Betracht komme; vgl. ders., Die Konzessionsabgaben, S. 183 ff. 75 So der Gemeinwohlbelang, auf den sich der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber zur Einführung des Lizenzsystems nach § 10 LAbfG gestützt hat; vgl. LT-Drs. 10/2613, S. 40f. Dazu auch Peine, Der Spielraum des Landesgesetzgebers im Abfallrecht, NWVB1. 1988, 193 (198 f.); Salzwedel, Probleme der Abfallentsorgung, N V w Z 1989, 820 (825 f.); Matthiesen, Das Nordrhein-Westfalen-Modell für Sonderabfallentsorgung und Altlastensanierung, NWVB1.1987, 74 (76); sehr ausführlich ferner Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 113 ff. 76 So etwa F. Kirchhof, Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (557); Lorenz, Die öffentliche Sache als Instrument des Umweltschutzes, N V w Z 1989, 812 (818 f.); Wieland, Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (130f.); Peine, Der Spielraum des Landesgesetzgebers im Abfallrecht, NWVB1. 1988, 193 (198 f.), und zwar maßgeblich unter Berufung auf einen Vergleich mit jenen Rechtsgütern, denen die Rechtsprechung ebenfalls überragende Bedeutung zuerkannt hatte: BVerfGE 7, 377 (414) - Volksgesundheit; 40, 196 (218) - Funktionsfähigkeit der deutschen Bundesbahn. Kritisch zur Errichtung öffentlich-rechtlicher Benutzungsordnungen unter Hinweis auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen: Isensee, Die Ambivalenz des Eigentumsgrundrechts, in: Ossenbühl (Hrsg.), Eigentumsgarantie und Umweltschutz, S. 3 (14 f.). Häufig wird zur Voraussetzung repressiver Verbote auch die bloße „Sozialschädlichkeit" des fraglichen Verhaltens erhoben. Siehe dazu Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 243f. m.w.N. Als sozialschädlich betrachtet Heimlich insbesondere auch die schädigende Umweltnutzung. 77 Ausführlich hierzu anhand der einschlägigen Verfassungsrechtsprechung und unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der insoweit scheinbar entgegenstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Sammlungsgesetz (BVerfGE 20, 150): Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 173ff.; ders., Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

319

Aus freiheitsrechtlicher Sicht verbleibt der Anwendungsspielraum für Verleihungsabgaben trotz ihrer Zurückdrängung auf Befreiungen von repressiven Verboten somit beträchtlich. Als Abschöpfungen auf der dritten Stufe sind Verleihungsgebühren zwar von einer rechtmäßigen Einführung oder Aufrechterhaltung repressiver Verbote auf der ersten Stufe abhängig und insoweit akzessorisch. Für die Staatspraxis muß die Einführung eines Staats- oder Bewirtschaftungsvorbehaltes, der rechtstechnisch auf einem repressiven Verbot fußt, nach den dabei zu beachtenden Vorgaben des Verfassungsrechts aber keineswegs als unmöglich gelten. Insbesondere der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und Ressourcen sowie die Bewältigung sonstiger gemeinwohlrelevanter Knappheitskonstellationen bieten daher die Aussicht auf eine in Zukunft noch verstärktere Besinnung auf das Verleihungskonzept.

b) Steuerstaatsinduzierter

Eingrenzungsbedarf

Das Wesen des Steuerstaates und die Implikationen der Steuerstaatsdoktrin tragen die Beschränkung abschöpfungsfähiger Rechte auf Befreiungen von repressiven Verboten im Ergebnis nicht. Zwar erweist sich dieser Befund insoweit als unbeachtlich, als das hier in Rede stehende Eingrenzungskriterium bereits aus individualrechtlichen Verfassungsaussagen abgeleitet wurde. Dennoch ergibt sich hier ein erster Hinweis, daß ein materiell konkretisiertes Steuerstaatsprinzip in der Tat nicht unbegrenzt die Ableitung zulässigkeitsbeschränkender Kriterien erlaubt. Es versteht sich von selbst, daß es dem Steuerstaat der Finanzverfassung im Grunde stets gelegen kommt, wenn nichtsteuerliche Abgaben zur Wahrung seiner verfassungsrechtlichen Funktionsvoraussetzungen zurückgedrängt werden. Schon das sog. Wesen des Steuerstaates spricht indes nicht dagegen, daß der erwerbswirtschaftlich grundsätzlich untätige Staat Abgaben auf Rechtsverleihungen erhebt, durch welche er die Produktionsbasis einzelner sowie die Reproduktionsquelle des Gemeinwesens stärkt. 78 Verlangt der Steuerstaat damit offenbar keine generelle Zurückdrängung nichtsteuerlicher Abgaben, sondern nur die Wahrung seiner Identität, dann sollten steuerstaatlich begründete Abwehrmotive auch nicht pauschal gegen die Erhebung nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben ins Feld geführt werden. (130f.); Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 149, sowie Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 252 m.w.N. Zur inhaltlichen Bestimmtheit ermessensdelegierender Normen siehe Salzwedel, Probleme der Abfallentsorgung, N V w Z 1989, 820 (825 f.). Bejahend neuerdings auch Gromitsaris, Die Unterscheidung zwischen präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und repressivem Verbot mit Befreiungsvorbehalt, DÖV 1997, 401 (403 f.). 78 Zu diesem Aspekt siehe Gliederungspunkt C I I 1 a. E.

320

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Wenn man das Steuerstaatsprinzip im Sinne der wohl vorherrschenden Ansicht überhaupt materiell konkretisiert, sollten diesem Prinzip somit richtigerweise auch nur solche Eingrenzungskriterien entnommen werden, die von ihm auch sachlich getragen werden. In diesem Sinne ist aus Sicht des Steuerstaates kein Sachgrund ersichtlich, der zu einer Beschränkung belastungsfähiger Rechtsverleihungen auf Befreiungen von repressiven Verboten zwingt. Es gibt keinen Hinweis, daß Verleihungsabgaben gerade durch Einführung des hier in Rede stehenden Eingrenzungskriteriums steuerstaatskonformer würden bzw. der Steuerstaat gerade durch dieses Kriterium geschützt werden müßte. Den Kreis belastungsfähiger Verleihungsakte unter Hinweis auf die Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes auf Rechtsverleihungen aufgrund repressiver Verbote zu beschränken, wäre daher auch tendenziell sachwidrig. Der allgemeine Hinweis, daß der Kreis belastungsfähiger Rechte zum Schutz des Steuerstaates möglichst gering zu halten ist, trägt dieses Einschränkungskriterium jedenfalls nicht. In diesem Sinne ist des weiteren anzumerken, daß die Ableitung zulässigkeitserhaltender Eckpunkte aus dem Wesen des Steuerstaates, dem Steuerstaatsprinzip oder auch aus der Steuerstaatlichkeit 79 ohnehin erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Schon die Frage nach einem Eingriff in die Steuerstaatlichkeit bzw. nach ihrer Verletzung ruft auf Grundlage der vorherrschenden Auslegung dieser Begriffe 80 erhebliche Schwierigkeiten hervor. Daß sich die Vorstellung, der Steuerstaat finanziere sich im wesentlichen durch Steuern, materiell kaum konkretisieren läßt, ist hier bereits mehrfach angemerkt worden. Solange Lehre und Rechtsprechung die Rechtsidee vom Steuerstaat noch nicht zu einem Tatbestand entwickelt oder zumindest durch Identifizierung schlechthin steuerstaatsfeindlicher Fallgruppen konkretisiert haben, dürfte sich eine materielle Verletzung des Steuerstaatsprinzips daher insgesamt auch nur schwer darlegen lassen. Nicht zuletzt wäre eine Verletzung des Steuerstaatsprinzips nach der herrschenden Lehre abzuschichten von der Zwecksetzungskompetenz des demokratisch legitimierten Gesetzgebers. Insoweit bedürfte der Untersuchung, inwieweit es überhaupt einem Denken in Eingriffs- und Rechtfertigungsdimensionen zugänglich ist, wenn sich der zwecksetzungskompetente Gesetzgeber entscheidet, einen bestimmten Sachbereich gegebenenfalls sogar in Übereinstimmung mit den Kriterien einer ökonomischen „Zusatzrechtfertigung" 8 1 durch nichtsteuerliche Abgaben zu gestalten. Denn solange sich 79

Zu diesen Begriffen siehe jeweils oben, Gliederungspunkt C I I 3. Siehe dazu Gliederungspunkt C I I 3 a). 81 Zum Begriff siehe Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 65, sowie vorangehend in Gliederungspunkt E I I 3. 80

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

321

der Gesetzgeber auf einen vernünftigen Zweck stützen kann, darf er diesseits von verfassungsrechtlichen Verboten schlicht alles regeln. Warum sollte er sich insoweit rechtfertigen müssen? A n anderer Stelle sind entsprechende Fragen bereits erörtert und verneint worden. 82 Da schon eine materielle Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips schwerfällt, 83 kann von einer Rechtfertigung gegenüber dem Steuerstaatsprmzz/? strenggenommen nicht gesprochen werden. Unabhängig von der zweitrangigen Frage nach der dogmatischen Etikettierung einer Abwägung nichtsteuerlicher Abgaben mit dem Steuerstaatsprinzip gerät die sachlich begründete Ermittlung zulässigkeitserhaltender Kriterien nun aber gerade dort zum Problem, wo sich schon Verletzung und Gefährdung von Schutzgütern nur unpräzise lokalisieren lassen. W i l l man nicht bei der vordergründigen Feststellung stehenbleiben, daß die Verletzung des Steuerstaatsprinzips schon durch die bloße Existenz einer nichtsteuerlichen Abgabe angezeigt w i r d , 8 4 so bereitet die konkrete Eingriffsfeststellung bei einem materiell interpretierten Steuerstaatsprinzip in der Tat Probleme. Aufgrund dieser Einsicht ist hier vorgeschlagen worden, das Steuerstaatsprinzip anhand formell-verfahrensmäßiger Bindungen zu konkretisieren. 85 Sollen aus dem Steuerstaatsprinzip im Sinne der herrschenden Lehre dennoch Kriterien abgeleitet werden, mit deren Hilfe der Einsatzbereich nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben begrenzt werden kann, so müssen die jeweiligen Zulässigkeitskriterien richtigerweise dem Schutz gerade vor dem steuerstaatsspezifischen Gefährdungspotential von Verleihungsabgaben dienen. Ob insoweit bereits der Hinweis auf vorprogrammierte Finanzüberschüsse genügt, wird zu erörtern sein. Die Eingrenzung der Verleihungsgebühr auf den Normbereich repressiver Verbote läßt sich jedenfalls nicht auf einen Schutzzweckzusammenhang mit dem Steuerstaatsprinzip zurückführen. Anderes mag allerdings dann gelten, wenn man dieses Prinzip als generalpräventive Schutzaussage gegen jegliche nichtsteuerliche Abgabe auslegt. Nach hier vertretener Ansicht sollte dieser Weg indes nicht beschritten werden.

2. Wirtschaftliche Verwertbarkeit eingeräumter Rechte Mit dem Merkmal der wirtschaftlichen Verwertbarkeit bzw. Nutzbarkeit des eingeräumten Rechts hat die wissenschaftliche Auseinandersetzung um die Verleihungsgebühr ein weiteres Eingrenzungskriterium für deren 82

Siehe Gliederungspunkt C I I 3 c) cc) (1). Dazu oben, Gliederungspunkt C I I 3 c) cc). 84 Dies wäre der klassische Fall der Tautologie: ,Die nichtsteuerliche Abgabe verletzt den Steuerstaat, weil sie keine Steuer ist.4 85 Siehe Gliederungspunkt C I I 3 c) cc). 83

2 Drömann

322

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Anwendungsbereich hervorgebracht. 86 Auch hier ist fraglich, ob sich dieses Kriterium unter Rechtfertigungsgesichtspunkten als notwendig erweist.

a) Individualrechtliche

Erwägungen

Auf den ersten Blick vermittelt sich das Verwertbarkeitskriterium als unmittelbare Folge individualrechtlicher Verfassungsaussagen. Dem Grundsatz der Lastengleichheit ist offenbar nur Genüge getan, wenn der Schuldner mit der Rechtsverleihung auch einen vermögensrelevanten Vorteil realisiert. Bei der Zuwendung vermögensindifferenter Rechtspositionen indessen ragte er aus der Gesamtheit der Steuerbürger nicht in einer Weise heraus, welche die Auferlegung abschöpfender Sonderlasten zur Einebnung eines Verteilungsgefälles erfordert. Bei genauerem Hinsehen ist die Restriktion der wirtschaftlichen Verwertbarkeit bzw. Nutzbarkeit eines Rechts indes schon dem Abschöpfungsgedanken zueigen. Mit diesem Rechtfertigungsgrund kann eine Abgabe nur dort gerechtfertigt werden, wo überhaupt ein abschöpfungsfähiges Objekt bzw. Substrat vorhanden ist. Auch der abschöpfungsverwandte Gedanke vom Ausgleich eines Sondervorteils setzt in diesem Sinne stets voraus, daß dem Abgabeschuldner zunächst ein neutralisierungsbedürftiger Vermögenswert zugewandt wird, der vom Primärleistungsgegenstand verschieden ist. Andernfalls erfüllte die Vorteilsabschöpfung keinen Kompensationszweck, sondern wäre der Sache nach Restitution bzw. Rückabwicklung und kassierte als solche auch die vom Staat primär bezweckte Verwaltungswirkung wieder ein. Wie sich auch an Verwaltungs- und Benutzungsgebühren zeigt, setzt der ausgleichende Einsatz von Abgaben somit stets voraus, daß die gebührenpflichtige Tätigkeit neben der primär bezweckten Verwaltungswirkung eine von dieser verschiedene Bereicherungswirkung entfaltet. Ausgleichende Abgaben werden im Kern nämlich deshalb erhoben, weil der Staat durch seine gebührenpflichtige Handlung zwar einen Sachbereich gestalten und im Zuge dessen eine Verwaltungswirkung vermitteln, dem Adressaten nicht aber auch eine finanzwirtschaftliche Zuwendung überbringen w i l l . 8 7 Untersucht etwa eine technische Prüfbehörde die Verkehrssicherheit einer 86 So die herrschende Meinung: Vgl. etwa Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (779); Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 187ff., 192; Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, UTR 16 (1992), S. 15 (43 f.), Fn. 145; Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), S. 577 (603 f.). Weitere Nachweise bei Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 265 f., sowie in Gliederungspunkt A l l . 87 P. Kirchhof\ Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 166, Rdn. 184.

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

323

Anlage, so soll dieses Verwaltungshandeln technische Sicherheit gewährleisten. 88 Die Tätigkeit der Behörde beschränkt sich jedoch nicht auf diesen Verwaltungserfolg auf der Primärleistungsebene, sondern sie bereichert den Anlagebetreiber zugleich um den Vermögenswert der Prüfungshandlung. Anhand einer Verwaltungsgebühr darf diese finanzwirtschaftliche Nebenwirkung zurückgenommen bzw. ausgeglichen werden. Ebenso liegen die Dinge bei der Benutzungsgebühr: Versorgt die Stadtverwaltung den Hauseigentümer mit Wasser, so will sie ihm nicht Geldaufwendungen zur Befriedigung seines Wasserbedarfs ersparen, sondern lediglich den Verwaltungserfolg einer gesundheitsgerechten, den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Gewässerbewirtschaftung entsprechenden und verläßlichen Versorgung erreichen. Auch hier liegt ein Verwaltungsprogramm mit finanzwirtschaftlichen bzw. vermögensrelevanten Nebenwirkungen vor, deren abgabenrechtliche Folge die Benutzungsgebühr ist. Auch bei der Verleihungsgebühr geht es um die Neutralisierung finanzwirtschaftlicher Nebenwirkungen sachlichen Gestaltens. Aufwandsausgleich und Vorteilsausgleich stehen sich insoweit gleich. Die Rechtsverleihung bildet nun allerdings einen Sonderfall insofern, als bei ihr eine vermögensmehrende Nebenwirkung nicht ohne weiteres ersichtlich ist. Während die Benutzung einer Einrichtung oder die Inanspruchnahme einer Amtshandlung bzw. Dienstleistung zu einer Bereicherung in Form ersparter Aufwendungen führen, vermittelt die Rechtsverleihung neben der Verwaltungswirkung der Rechtsübertragung keinen weiteren Vermögenstransfer. Denn von der Verwaltungsleistung wird im Falle der Verleihungsgebühr schon definitionsgemäß abstrahiert, und ein Benutzungs- oder sonstiger Verbrauchstatbestand ist nicht in Sicht. Der Rechtstransfer wird in der Begriffswelt der Verleihungsgebühr somit ohne entsprechenden Begleitaufwand geleistet, d.h. in der Modellbetrachtung eine Verwaltungswirkung ohne finanzwirtschaftliche Nebenwirkung erbracht. Daher liegt in der Person des Rechtsempfängers zunächst auch keine Bereicherung vor, die Zugriffsgegenstand einer ausgleichenden Abgabe sein könnte. Schon das der Erhebung einer jeden Vorzugslast zugrundeliegende Wesen des Ausgleichs erzwingt damit eine Belastung ausschließlich solcher Rechte, die wirtschaftlich verwertbar bzw. nutzbar sind. Andernfalls fehlte es im speziellen Fall der Verleihungsgebühr an einer finanzwirtschaftlichen Nebenwirkung als Ausgleichsanlaß. Die Rechtsübertragung selbst scheidet insoweit aus. Als Ergebnis der primären Verwaltungswirkung kann sie weder Ausgleichsanlaß noch Ausgleichsobjekt sein. Strenggenommen 88

Beispiel von P. Kirchhof\ Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 166, Rdn. 184. Dort auch zum folgenden. 2*

324

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

schließt das Erfordernis wirtschaftlicher Nutzbarkeit damit keine Rechtfertigungslücke, sondern ist im Fall der Verleihungsgebühr Voraussetzung dafür, daß der Abschöpfungsgedanke überhaupt Anwendung finden kann. Im Tatsächlichen lassen sich somit beispielsweise Vorteile aus Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Sachen abschöpfen, für die ein Markt besteht. Dieses trifft etwa zu auf Förderrechte nach dem Bundesberggesetz. Auch Marktzutrittsrechte in Form von Lizenzen oder Konzessionen sind abschöpfungsfähig, indem sie beispielsweise gemeinwohlrelevante Verrichtungen auf (wenige) Private übertragen (Lizenzentgelt nach dem LAbfG NW) und damit weitgehend gesicherte Umsatzerwartungen begründen. Nicht abschöpfungsfähig dürfte hingegen beispielsweise die Sondernutzungserlaubnis für politische Parteien oder caritative Verbände zu bloßen Meinungskundgabezwecken sein. Sie ist vermögensindifferent und mag freiheitsrechtlich eine Sonderbehandlung darstellen, vermittelt aber keinen Sondervorteil. Wollte man die zu Kundgabezwecken erfolgende Sondernutzung mit einer Verleihungsabgabe belasten, so geriete dies in der Tat in den Einzugsbereich der Kommerzialisierungsthese, weil dann keine Abschöpfung stattfände, sondern die Entgeltlichung kommunikativen Freiheitsgebrauchs (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Wo aus dem Recht dagegen vermögensmehrende Vorteile realisiert werden können, ist der Kommerzialisierungsvorwurf unbegründet. Hier wird die Verwaltungswirkung (Rechtsverleihung) ebensowenig von einem Entgelt abhängig gemacht wie bei der Gewährung abschöpfungsunfähiger Rechte. Der Unterschied besteht allein darin, daß der Staat zusätzlich zu der angestrebten Verwaltungswirkung eine vermögensrelevante Nebenwirkung vermittelt, und zwar ohne daß insoweit auf die erbrachte Verwaltungsleistung abzustellen ist. 8 9 Warum die Neutralisierung dieser Nebenwirkung eine Kommerzialisierung der Verwaltung begründen soll, bleibt somit unklar.

b) Zur Ableitung

aus

bzw. finanzverfassungsrechtlichen

steuerstaatlichen Schutzerwägungen

Fraglich ist nunmehr, ob man die wirtschaftliche Verwertbarkeit eines verliehenen Rechts auch zum Schutze von Finanzverfassung und Steuerstaat fordern muß. Den Erkenntniswert dieser Frage mögen zwar jene bezweifeln, die allein auf die Gültigkeit des jeweiligen Restriktionskriteriums abstellen, es im übrigen aber für unerheblich halten, auf welchen spe89 Die Begriffswelt der Verleihungsgebühr abstrahiert zwar von einem Verwaltungsaufwand. Daraus folgt aber nicht, daß auf die Verleihung vermögensindifferenter Rechte eine Gebühr schlechthin nicht erhoben werden kann. Hier scheidet nur die Verleihungsgebühr aus. Eine Verwaltungsgebühr, die an die erbrachte Verwaltungsleistung anknüpft, bleibt ohne weiteres möglich.

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

325

zifischen Restriktionsgrund sich ein zulässigkeitsbegrenzendes Merkmal stützen läßt. Anders liegen die Dinge jedoch, wenn man wie hier die Ansicht vertritt, daß das Steuerstaatsprinzip aus den im einzelnen dargelegten Gründen gar nicht zu materiellen Konkretisierungen taugt. Denn nachdem dem Steuerstaatsprinzip bereits die Begrenzung von Verleihungsabgaben auf den Normbereich repressiver Verbote nicht in überzeugender Weise entnommen werden konnte, steht der Beweis noch aus, daß dieses Prinzip tatsächlich eine dogmatisch überzeugende Ableitung zulässigkeitsbegrenzender Kriterien erlaubt. Daher ist im folgenden zu untersuchen, ob sich die geforderte Werthaltigkeit der verliehenen Rechte auf das materiell konkretisierte Steuerstaatsprinzip zurückführen läßt. Sollte sich das Steuerstaatsprinzip indes auch insoweit als unergiebig erweisen, so könnte darin ein weiteres Indiz für die Vorzugswürdigkeit seiner formellverfahrensmäßigen Konkretisierung gesehen werden. In der Wissenschaft konnte bisher noch nicht in überzeugender Weise nachgewiesen werden, daß gerade das Steuerstaatsprinzip die Beschränkung von Verleihungsabgaben auf wirtschaftlich werthaltige Rechte erzwingt. Zuletzt beschäftigte sich Heimlich mit dieser Frage. Seine Ausführungen sind von der Überlegung getragen, daß Anwendungsbereich und Aufkommen von Verleihungsgebühren auch nach ihrer Beschränkung auf den Normbereich repressiver Verbote noch so groß sein könnten, daß die Abgabe in eine verfassungswidrige Konkurrenz zur Steuer trete und ihr deshalb insgesamt die Anerkennung versagt bleiben müsse. 90 Immerhin bedeute die Erhebung von Verleihungsgebühren eine partielle Durchbrechung des Steuerstaatsprinzips, da diese Abgaben Erträge abwürfen, die zur Finanzierung der allgemeinen Staatsausgaben eingesetzt werden könnten. 91 Um zu verhindern, daß die Erhebung außersteuerlicher Abgaben „ . . . in ein verfassungswidriges apokryphes Finanzsystem umschlägt", sollten außersteuerliche Abgaben daher nur in engen Grenzen zugelassen werden. Aus diesem Grunde sei deren „quantitative Beschränkung" zu verlangen. Im Falle der Verleihungsgebühr werde dies durch eine möglichst weitgehende Reduktion des Kreises gebührenfähiger Rechte erreicht: Je weniger Rechte mit einer Verleihungsgebühr belegt werden könnten, desto geringer sei die Gefahr, daß sich ein apokryphes Finanzsystem tatsächlich etabliert. Für Heimlich ergibt sich die Beschränkung des Kreises belastungsfähiger Rechte auf werthaltige Rechtspositionen damit unmittelbar aus dem Steuerstaatsprinzip. 92 90

Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 265; ders., Die Anerkennung der Verleihungsgebühr durch den „Wasserpfennig-Beschluß" des Bundesverfassungsgerichts, DÖV 1997, 996 (1000). 91 Vgl. hierzu und zum folgenden: Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 265 f. 92 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 265 ff., 272.

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Derartige Ausführungen sind für die vorherrschende Steuerstaatslogik typisch und werden in der Sache auch andernorts bemüht. 93 Nach hier vertretener Ansicht treffen sie jedoch gleich auf eine ganze Reihe von Einwendungen: Anlaß zu kritischen Anfragen gibt zunächst der methodische Ansatz, die Erhebung außersteuerlicher Abgaben dürfe nicht in ein apokryphes Finanzsystem „umschlagen" und bedürfe daher der quantitativen Begrenzung. 94 Lehre und Rechtsprechung haben zu Recht immer wieder betont, daß die Frage nach der Zulässigkeit von Abgabenerhebungen im Bundesstaat auf nachprüfbare und vor allem trennscharfe Beurteilungskriteren angewiesen ist. Konturenlose Kriterien hingegen haben nach Möglichkeit außer Betracht zu bleiben. Solange der exakte Wendepunkt nicht bestimmbar ist, bleibt ein Umschlagkriterium nun allerdings in der Tat konturenlos. Schon insoweit ist es nicht empfehlenswert, die vage Proportionsvorstellung von einem wesentlichen Anteil steuerlicher Staatseinnahmen durch quantifizierende Betrachtungen wie das Umschlagkonzept zu konkretisieren. Im Sinne eines solchen Schutzansatzes läge beispielsweise auch die Forderung, daß die Haushalte der Gebietskörperschaften nur zu einem bestimmten Proporz aus Sachkompetenzabgaben gespeist werden dürften oder daß Bundes- und Landesgesetzgeber jenseits klassischer Vorzugslasten nur eine bestimmte Anzahl von Sachkompetenzabgaben zu erheben hätten. Wie sich zeigt, sind quantitative Kriterien ersichtlich sachwidrig. Sie treffen überdies noch nicht einmal das Problem, denn man kann mit guten Gründen die Ansicht vertreten, daß nach dem Steuerstaatsprinzip wegen einer ansonsten bestehenden Schutzlücke jedwede außersteuerliche Abgabenerhebung als bedenklich zu betrachten ist. 9 5 In quantitativen Dimensionen ließe sich dieser Befund konsequenterweise nur dadurch abbilden, daß das außersteuerlich vereinnahmte und frei verfügbare Finanzaufkommen gleich Null zu sein hat, sich die Frage nach dem Umschlagen einer zulässigen in eine unzulässige Abgabenerhebung also gar nicht erst stellt. Aus der geforderten quantitativen Begrenzung nichtsteuerlicher Abgaben schließlich das qualitative Merkmal der wirtschaftlichen Werthaltigkeit verliehener Rechte abzuleiten, erweist sich unter Schutzzweckgesichtspunkten als nahezu willkürlich. Ein spezifischer Sachgrund, warum die angeblich notwendige Begrenzung von Verleihungsabgaben dem Aufkommen nach gerade zum Merkmal wirtschaftlicher Werthaltigkeit führt, ist jedenfalls 93 So etwa von Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 191 ff., und zwar zur Frage, ob für die finanzverfassungsrechtliche Zulässigkeit von Verleihungsgebühren die Abgabe wirtschaftlicher Werte auf Staatsseite zu fordern ist. Siehe hierzu auch den folgenden Gliederungspunkt E I I I 3. 94 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 267. 95 Dazu Gliederungspunkt C I I 3 c) bb) (2).

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

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nicht ersichtlich. Jedes beliebige Eingrenzungsmerkmal entspricht dieser Zielrichtung. Daher hätte man sich im Falle einer materiell orientierten Umsetzung des Steuerstaatsprinzips im Kern mit der Frage zu befassen, ob schon diese Zielkonformität genügen soll, um ein beliebiges Zulässigkeitskriterium zum bestandsfesten Eckpunkt einer jeden nichtsteuerlichen Abgabe zählen zu müssen. Daß diese Frage Zweifel heraufbeschwören muß, erscheint indes offensichtlich. Des weiteren fordert die durch formelhafte Wiederholungen inzwischen nahezu verselbständigte Sorge vor einem apokryphen Finanzsystem zu kritischen Anmerkungen heraus. Da die steuerstaatsgefährdenden Merkmale eines solchen Systems bisher noch nicht im einzelnen definiert worden sind, wird man die steuerstaatsschädlichen Eigenschaften eines apokrpyhen Finanzsystems nach dem gegenwärtigen Diskussionsstand vorerst noch ausschließlich in seiner Verborgenheit erkennen müssen. Vorzugslasten haftet nun aber in keinerlei Hinsicht etwas Verborgenes an. Sie werden tatbestandsmäßig erhoben, und ihr Aufkommen ist in den allgemeinen Haushalt einzustellen, unterliegt also den haushaltsrechtlichen Kontrollrechten des Parlaments. Als „apokryph" wird man bei Lichte gesehen daher nur fondsverwaltete Sonderabgaben ansehen können. Nur sie können den parlamentarischen Rechenschaftspflichten entzogen und insoweit verborgen sein, und dieses auch nur dann, wenn und soweit sie aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung Teil von Finanzkreisläufen außerhalb des Haushalts sind. 9 6 Der Erhebung von Vorzugslasten indessen lastet nur dann etwas Verborgenes an, wenn man die Regeln, nach denen außersteuerliche Abgaben erhoben werden dürfen, maßgeblich auf konturenlose, weder bestimmte noch bestimmbare Kriterien wie das Kriterium des Umschlagens stützt. Das Abgabeaufkommen selbst bliebe hierbei zwar nicht im Verborgenen. Wohl aber der materielle Zulässigkeitsmaßstab für nichtsteuerliche Abgaben. Auch im übrigen bestehen Bedenken hinsichtlich der dogmatischen Verankerung des Verwertbarkeitskriteriums im Steuerstaatsprinzip. Hierzu heißt es, die Zulässigkeit von Durchbrechungen des Steuerstaatsprinzips erschließe sich letztlich nur durch wertende Betrachtungen. Art und Gewicht des eingeräumten Vorteils komme bei der erforderlichen Abwägung entscheidende Bedeutung zu. 9 7 Bestehe die Staatsleistung in einem 96 Sachlich mag es daher durchaus angezeigt sein, anstatt von einer apokryphen Finanzverfassung von einer apokryphen Steuerverfassung zu sprechen, wie dies beispielsweise bei Selmer der Fall ist; vgl. ders., Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 183. Das Vorliegen einer apokryphen Steuerverfassung läßt sich in der Tat nur dort sinnvollerweise behaupten, wo eine Abgabe nach außen wie die Steuer auftritt (Voraussetzungslosigkeit), nach innen aber gerade nicht der allgemeinen Staatsfinanzierung zur Verfügung steht, sondern, vor dem Haushalt verborgen, in Sondertöpfe fließt. Diese Bedingung trifft nur auf fondsverwaltete Sonderabgaben zu, nicht aber auf Vorzugslasten.

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

wirtschaftlich nutzbaren Recht, so realisiere der Empfänger eine Nutzenposition, die ohne staatliches Zutun nicht vorhanden wäre. Durch die Erhebung einer abschöpfenden Verleihungsgebühr hole sich der Staat lediglich das zurück, was er selbst erst konstitutiv ermöglicht habe. Dies sei bei anderen Abgaben nicht der Fall. Sei die Verleihungsgebühr daher nicht aus dem bereits vorhandenen, sondern aus dem durch staatliches Handeln hinzuerworbenen Vermögen zu bestreiten, so greife sie nicht auf die allgemeine Leistungsfähigkeit des Abgabeschuldners zu und trete somit auch nicht in Konkurrenz zur Steuer. Gegenüber dem Steuerstaatsprinzip sei die auf wirtschaftlich verwertbare Rechte erhobene Verleihungsgebühr folglich auch sachlich legitimiert. 98 Auch diese Argumentation überzeugt nicht. In der Sache setzt sie voraus, daß ein Funktionenvorbehalt zugunsten der Vorzugslast überall dort besteht, wo Vermögenszuwächse abgeschöpft werden sollen. Ein funktioneller Abschöpfungsvorbehalt zugunsten etwa der Gebühr läßt sich indes nicht nachweisen. 99 Er wird zudem widerlegt durch Spielbankabgabe und Schankerlaubnissteuer. Beide schöpfen Vermögenszuwächse ab, welche durch die ihnen zugrundeliegenden Rechtsverleihungen erst ermöglicht worden sind, und werden dennoch überwiegend als Steuer betrachtet. 100 Die Beschränkung auf wirtschaftlich verwertbare Rechte vermittelt Verleihungsgebühren daher nicht automatisch einen steuerstaatsbezogenen Legitimationsgewinn, sondern qualifiziert sie zunächst einmal lediglich als Ausgleichsabgaben. Mit anderen Ausgleichsabgaben steht die Verleihungsgebühr überdies auf einer Stufe. Auch Benutzungs- und Verwaltungsgebühr gleichen lediglich jene Bereicherung aus, die den Abgabeschuldner erst als unbeabsichtigte Nebenwirkung des staatlichen Verwaltungsprogramms erreicht hat und die in der Ersparnis von Aufwendungen Gestalt annimmt. 1 0 1 Daß sich die Abschöpfung auf jene Vorteile bezieht, die der Staat zuvor gerade zugewandt hat, ist somit konstitutives Merkmal aller Ausgleichsabgaben. Aus diesem Umstand läßt sich jedenfalls solange kein Legitimationsgewinn gegenüber dem Steuerstaatsprinzip ableiten, wie ein außersteuerlicher Abschöpfungsvorbehalt nicht erwiesen i s t . 1 0 2 97 Vgl., auch zum folgenden, Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 267f. 98 Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 267, 297. 99 In diesem Sinne auch Osterloh, „Öko-Steuern" und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff, N V w Z 1991, 823 (827). 100 Siehe dazu ausführlich in Gliederungspunkt Β I I 1. ιοί v g l ρ Kirchhof\ Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 166, Rdn. 184. Siehe zu diesem Aspekt bereits Gliederungspunkt E I I I 2 a). 102 Im übrigen bleibt anzumerken, daß schon die Annahme nicht immer zutreffen muß, die Verleihungsgebühr belaste nicht die allgemeine Leistungsfähigkeit, son-

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

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Schließlich widerspricht es dem Regelungscharakter der auf Formenbindung und Formenklarheit angelegten Finanzverfassung sowie ihrer oftmals betonten Ordnungsfunktion, 103 wenn die Zulässigkeit nichtsteuerlicher Abgaben vor dem Steuerstaatsprinzip auf ein Wertungsproblem reduziert wird. Ein beliebiges Eingrenzungskriterium müßte bei einem solchen Ansatz allein schon dann als finanzverfassungsrechtlich beachtlich anerkannt werden, wenn es nur irgendwie aufkommensbegrenzend wirkt, sei es auch nur mittelbar und ohne erkennbaren Schutzzweckzusammenhang. In dieser Weise als Wertungsproblem aufgefaßt, diente das Steuerstaatsprinzip jedenfalls solange als Generalermächtigung zur Ableitung zulässigkeitsbegrenzender Kriterien, wie es an materiellen Regeln fehlt, an denen der Abwägungsvorgang ausgerichtet werden kann und nachprüfbar wird. Auch hier ist wieder darauf hinzuweisen, daß sich materielle Konkretisierungsmerkmale ohnehin nur schwer finden lassen werden. Eine strikt zu befolgende Darlegungslast des auf Sachkompetenznormen zugreifenden Abgabengesetzgebers entspricht der Formenstrenge der Finanzverfassung hingegen schon ihrer Natur nach eher. 1 0 4 Auch zur Ableitung des Verwertbarkeitskriteriums erweist sich das materiell konkretisierte Steuerstaatsprinzip somit insgesamt nur als bedingt tauglich. Bemerkenswert ist aber vor allem, daß die bisher erörterten Eingrenzungskriterien durchweg auch ohne Rückgriff auf ein materiell konkretisiertes Steuerstaatsprinzip Bestand haben. Sowohl die Beschränkung des Anwendungsbereichs von Verleihungsabgaben auf Ausnahmen von repressiven Verboten als auch die Forderung nach der Werthaltigkeit verliehener Rechte ergeben sich zwanglos aus individualrechtlichen Verfassungsaussagen sowie aus dem Wesen einer auf dem Abschöpfungsgedanken fußenden Rechtfertigung. Ein Umdenken der Steuerstaatslehre dahin, daß das Steuerstaatsprinzip nicht mehr als Sammelbecken für beliebige Eingrenzungserwägungen betrachtet, sondern statt dessen als sachbezogene Darlegungspflicht des Gesetzgebers aufgefaßt wird, muß die Widerstandskraft des grundgedern lediglich den Vermögenszuwachs aufgrund der Rechts Verleihung. Wenn man mit Heimlich davon ausgeht, daß Belastungsgrund von Verleihungsabgaben nur die Rechts Verleihung sein kann (vgl. ders., Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 268), so liegt ein effektiver Vermögenszuwachs zum Belastungszeitpunkt ohnehin nur dann vor, wenn zeitgleich mit der Rechtsverleihung die wirtschaftlichen Vorteile aus dieser Verleihung realisiert werden. Trifft dies jedoch nicht zu und werden Vorteile erst mit Rechtsausübung realisiert, so besteht zum Belastungszeitpunkt (Verleihung) noch kein beachtlicher Vermögenszufluß. Zu diesem Zeitpunkt griffe die Verleihungsgebühr auf vorhandenes Vermögen und insoweit auf die allgemeine Leistungsfähigkeit zu. Hier bestünde dann auch Konkurrenz zum steuerlichen Zugriff. 103 Zur Finanzverfassung als Ordnungsfunktion in diesem Sinne BVerfGE 67, 256 (288 f.) und BVerfGE 72, 330 (388 f.). Ausführlich hierzu: Gliederungspunkt C I I 3 c) cc) (2). 104 Vgl. dazu Gliederungspunkt C I I 3 c) cc).

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

setzlich verfaßten Steuerstaates gegenüber außersteuerlichen Umgehungsversuchen daher keinesfalls schmälern. Wie gerade das Beispiel der Verleihungsabgabe lehrt, lassen sich sachliche Begrenzungskriterien dem materiell ausgelegten Steuerstaatsprinzip ohnehin nicht gerade in überzeugender Weise entnehmen. Das nachfolgend zu betrachtende Eingrenzungskriterium wird diesen Eindruck bestätigen.

3. Abgabe wirtschaftlicher Werte und Entstehen von Kosten Das Schrifttum unterwirft Verleihungsgebühren auch deshalb einer besonderen Rechtfertigungslast, weil sie mangels zu deckender Kosten notwendigerweise Gewinne abwerfen und wegen der freien Verwendbarkeit ihres Ertrages in Konkurrenz zur Steuer gerieten. 105 Um die fiskalpolitische Attraktivität von nichtsteuerlichen Verleihungsabgaben zum Schutze des Steuerstaates zu verringern, schlägt man daher vor, daß Verleihungsgebühren nur dort erhoben werden dürfen, wo dem Staat anläßlich der Rechtsverleihung Aufwendungen entstehen 106 oder er aus seinem Vermögen in verzichtsgleicher Weise solche Werte überträgt, die ihm eigentlich selbst zustehen. 1 0 7 Von der Forderung nach der wirtschaftlichen Verwertbarkeit eingeräumter Rechte unterscheiden sich diese Anwendungsrestriktionen insofern, als das Verwertbarkeitskriterium im wesentlichen dem Schutze des Abgabepflichtigen dienen soll. Dieser erhalte bei wirtschaftlich verwertbaren Rechten einen echten Sondervorteil und müsse die Verleihungsgebühr überdies nur aus dem Vermögenszuwachs aufbringen. 108 Die Forderung nach dem Entstehen von Aufwendungen oder der Abgabe wirtschaftlicher Werte hingegen beruht auf einem anderen Schutzgedanken: Hierdurch soll zum Schutz der bundesstaatlichen Finanzverfassung vor außersteuerlichen Aushöhlungsversuchen schon der Anreiz minimiert werden, überhaupt auf 105

So Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 150f., 309; Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 186, 207. 106 In diesem Sinne Scholz/Aulehner, Verfassungsfragen zur Lenkungsabgabe am Beispiel der Automatenbesteuerung, BB 1991, 73 (74): Nur bei Entstehen von Aufwendungen sei es gerechtfertigt, den Gesetzgeber bei der Regelung von Verleihungsgebühren von den engen Voraussetzungen einer Erhebung von Sonderabgaben freizustellen. 107 In diesem Sinne Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (779); Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw, 1990, 1 (35); Jarass, Verfassungsrechtliche Grenzen für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben, DÖV 1989, 1013 (1016); Friauf, „Verleihungsgebühren" als Finanzierungsinstrument für öffentliche Aufgaben?, in: Festschrift Universität Köln, S. 679 (696 f.), sowie Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 191 ff. Vgl. zu letzterem bereits Gliederungspunkt D I I 1 a) bb) (1). los Ygi j m einzelnen den vorangehenden Gliederungspunkt.

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

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Verleihungsgebühren zuzugreifen. Wird die Verleihungsgebühr nämlich nur dann als rechtfertigungsfähig 109 betrachtet, wenn der Staat mit der Rechtsverleihung zugleich substantielle wirtschaftliche Werte abgibt (z.B. Gewinnungsrechte an Bodenschätzen), so bleibt seine Austauschbilanz ausgeglichen. 1 1 0 Zumindest im Modell entstehen dann weder ein vorprogrammierter Finanzüberschuß noch eine steuerstaatsgefährdende Sondereinnahme. Ein mit der Steuer konkurrierendes Instrument zur Erzielung fungibler Einnahmen könnte die Verleihungsgebühr dann nicht mehr sein. Fraglich ist auch hier, ob diese Einschränkung aus Verfassungsgründen notwendig ist. a) Individualrechtliche

Belange

Aus individual- und gleichheitsrechtlicher Sicht entsteht kein Rechtfertigungsproblem, wenn der Staat anläßlich der Rechtsverleihung Einnahmeüberschüsse erzielen und in diesem Sinne eine positive Austauschbilanz vorweisen kann. Ist der staatliche Aufwand für die Leistung geringer als ihr Nutzen für den Schuldner, so erhält der Staat zwar Finanzmittel für den allgemeinen Haushalt. Dem Schuldner geschieht hierdurch jedoch kein Unrecht, denn er zahlt einen adäquaten Preis. Der Staat hat lediglich billiger produziert, 111 was bei Verleihungsgebühren der Normalfall ist. In individualrechtlicher Hinsicht stoßen Einnahmeüberschüsse aus Gebührenerhebungen dementsprechend auch nur unter dem Gesichtspunkt staatlicher Gewinnerzielungsabsicht auf Grenzen. 112 Einen isolierten Gewinn109

Nur darum geht es hier: Die Forderung nach der Abgabe wirtschaftlicher Werte aus dem staatlichen Vermögen ist der Sache nach ein zulässigkeitsbeschränkendes Kriterium, welches von seinen Verfechtern eingeführt wird, weil sich Verleihungsabgaben ohne diese Beschränkung ihrer Ansicht nach nicht rechtfertigen lassen. Dies kommt z.B. ganz deutlich zum Ausdruck bei Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw, 1990, 1 (35). Tatbestandlicher Anknüpfungspunkt der Abgabe bleibt aber selbstverständlich die Rechtsverleihung. Unklar insoweit Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 221 ff. 110 Lerche/Pestalozza sprechen insoweit von einem Verkauf von Rechtspositionen bei eigener „Entreicherung" durch den Staat; vgl. dies., Die bergrechtliche Förderabgabe im System des horizontalen Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen nach Art. 107 I I GG, S. 66ff., 72. Da diese Entreicherungswirkung auch bei der Vergabe bergrechtlicher Förderbewilligungen eintritt, neigen die Autoren zur Einordnung der bergrechtlichen Förderabgabe als Verleihungsgebühr. 1,1 So die Formulierung von F. Kirchhof, Vom Steuerstaat zum Abgabenstaat, DV 1988, S. 137 (149 f.). 112 Vgl. F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 128 f.: Gewinnprinzip als „sachwidrige Ungleichheit"; ähnlich ders., Grundriß des Abgabenrechts, S. 96, Rdn. 181, sowie Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 54. Dementsprechend rechtfertigt nur der Ausgleich eines eingeräumten Vorteils ein Abweichen vom Grundsatz der Lastengleichheit. In diesem Sinne ferner Wieland, Die

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

erzielungszweck dürfen Gebühren nicht verfolgen. Dieser Primärzweck ist allein der Steuer vorbehalten. Um der reinen Gewinnerzielung willen erhoben, kann eine Gebühr daher weder im Steuerstaat legitimiert werden, noch könnte sie sich auf einen Sachgrund berufen, der die Sonderbelastung der Gebührenschuldner vor dem Gleichheitssatz rechtfertigt. Ausgleichende und lenkende Gebühren können sich dagegen auf einen zureichenden Sachgrund berufen, denn Vorteilsausgleich und Lenkung sind schon für sich gesehen legitime Erhebungs- bzw. Bemessungszwecke. Soweit auch Verleihungsgebühren dem Grunde nach abschöpfen, sind ihre Einnahmeüberschüsse aus individualrechtlicher Sicht somit unproblematisch. Insoweit ist insbesondere keine Errichtung besonderer Zulässigkeitsgrenzen erforderlich, um den Einsatzbereich der Verleihungsabgabe auf einen rechtfertigungsfähigen Erhebungstatbestand zu begrenzen. Wenn die Aufgabe wirtschaftlicher Werte oder das Entstehen von Kosten als spezifische Zulässigkeitsanforderungen für Verleihungsgebühren zu fordern sind, so können diese Einschränkungsmerkmale somit nur aus dem materiell angewandten Steuerstaatsprinzip folgen. Dieser Frage gelten die folgenden Überlegungen. 113

b) Steuerstaatliche

und finanzverfassungsrechtliche

Erwägungen

Nach den Erkenntnissen des vorangehenden Kapitels können Abgaben auf die Verleihung von Rechten von Verfassungs wegen als Gebühr ausgestaltet werden. Bereits zuvor hatte sich gezeigt, daß die formengetreu erhobene Gebühr ihrerseits als schutzgutneutrale Abgabe gelten kann und als solche weder das Haushaltsbewilligungsrecht des Parlaments noch den Grundsatz der Lastengleichheit sowie das Verteilungssystem der bundesstaatlichen Finanzverfassung gefährdet. Ob die Gebühr diese Schutzgutneutralität verliert, weil sie im besonderen Falle der Erhebung auf Rechtsverleihungen zu Einnahmeüberschüssen führt, ist indessen noch nicht geprüft worden. Denn nach den sog. drei Grundprinzipien der Finanzverfassung war für die Unbedenklichkeit einer nichtsteuerlichen Abgabe aus bundesKonzessionsabgaben, S. 257, sowie ders., Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (133). 1,3 Eine andere Frage ist, ob die verzichtsgleiche Übertragung wirtschaftlicher Werte durch den Staat einen beachtlichen Sachgrund dafür abgeben kann, daß dieser Abschöpfungszwecke generell auch auf außersteuerlichem Wege verfolgen darf, insoweit also nicht auf den vorrangigen Einsatz der Steuer verpflichtet ist. Nur insoweit erhält das hier in Rede stehende Merkmal auch nach hier vertretener Ansicht eine durchaus erhebliche Bedeutung, nicht aber als spezifisches Zulässigkeitsmerkmal der Verleihungsgebühr, um deren Malus der „kostenlosen" Rechtsverleihung (Begriffsebene) auf Rechtfertigungsebene zu kompensieren. Siehe auch Gliederungspunkt E I V 2 a) aa) (2).

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

333

staatsschützender Sicht lediglich erforderlich, daß sich die Abgabe „ihrer Art nach", d.h. zunächst einmal auf Tatbestandsseite hinreichend deutlich von der Steuer unterscheidet. 114 Nach Maßgabe des verfassungsrechtlichen Gebührentatbestands unterscheidet sich nun auch die Verleihungsgebühr ihrer Art nach von der Steuer. Ebenso wie die Benutzungs- und die Verwaltungsgebühr wird sie für eine individuell zurechenbare bzw. zugerechnete Staatsleistung erhoben. Allerdings kann man sich fragen, ob die als Gebühr erhobene Verleihungsabgabe möglicherweise deshalb aus der Art schlägt, weil sie anders als die herkömmlichen Gebührenarten zu einem frei verfügbaren Finanzüberschuß führt bzw. dem Staat eine positive Austauschbilanz beschert. Sollte dies zutreffen, so wäre es in der Tat folgerichtig, zumindest auf Rechtfertigungsebene die Abgabe wirtschaftlicher Werte bzw. das Entstehen von Kosten zu fordern und die behauptete Artfremdheit der Verleihungsgebühr durch Einführung eines entsprechenden Restriktionsmerkmals zu kompensieren. Die dogmatische Voraussetzung einer solchen Eingrenzungslogik läßt sich nun allerdings nicht nachweisen. Bei Lichte besehen deckt sich nämlich auch die Erzielung von Überschüssen mit gebührenrechtlichen Grundsätzen. Insoweit ist zunächst zu betonen, daß Einnahme- und Überschußerzielung keinesfalls gebührenfremde Fiskalerscheinungen sind. Wie alle übrigen Staatseinnahmen sollen auch Gebühren ein Finanzaufkommen erzielen und in diesem Sinne dazu beitragen, einen öffentlichen Finanzbedarf zu decken. 115 Zwar ist dieser Finanzierungszweck ebensowenig wie der Lenkungszweck geeignet, die Erhebung der Gebühr dem Grunde nach zu rechtfertigen, sondern selbst legitimationsbedürftig und in diesem Sinne auf weitere Zwecke angewiesen, welche ihrerseits die Rechtfertigung der Gebührenerhebung dem Grunde nach vermitteln. 116 Die Verleihungsgebühr kann sich insoweit jedoch auf die Vorteilsabschöpfung berufen. Für die Beurteilung der Einnahmeüberschüsse aus Verleihungsgebühren ist nun von Belang, daß der Abschöpfungszweck die Abgabe im Ganzen rechtfertigt. Solange die Verleihungsgebühr zum Zwecke der Vorteilsabschöpfung erhoben wird, kann somit auch eine causa-fremde Aufkommensverwendung keinen Rechtfertigungsmangel begründen. Wird nämlich die Gebührenerhebung als solche durch zulässige Zwecke legitimiert, so kann 1,4

BVerfGE 93, 319 (342 f.). Vgl. in diesem Sinne Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 111; Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 54; Reinhard, Die Zulässigkeit der Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Erhebung kommunaler Benutzungsgebühren, S. 15; Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 22 f. 116 Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 54. 115

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

das Gebührenaufkommen selbst für solche Zwecke verwendet werden, welche die Erhebung der Gebühr im konkreten Fall nicht legitimiert haben. 117 Selbst als Aufwandsausgleich erhobene bzw. gerechtfertigte Gebühren verpflichten den Gesetzgeber daher nicht, das erzielte Aufkommen ausschließlich zur Finanzierung der aufwandsbegründenden Leistung zu verwenden. Auch in diesem Fall fließt das Gebührenaufkommen in den allgemeinen Staatshaushalt und kann dementsprechend zur Finanzierung beliebiger Staatszwecke ausgegeben werden. 118 In diesem Sinne ist ferner im Fall der lenkenden Gebühr anerkannt, daß Gebühren Haushaltsmittel außerhalb des gebührenabhängigen Aufwands erzielen und zugleich bereitstellen können. 1 1 9 Überdies darf eine Gebühr selbst dann auf den Rechtfertigungsgrund des Aufwandsausgleichs aufgrund individueller Kostenverantwortlichkeit gestützt werden, wenn bereits zum Erhebungszeitpunkt feststeht, daß der mit der Staatsleistung anfallende Aufwand bereits vollständig aus anderen Haushaltsmitteln gedeckt ist, welche hierfür aufgrund einer zulässigen Zweckbindung zurückgestellt sind. 1 2 0 Dies alles zeigt, daß sich die Rechtfertigung einer Gebühr stets nach der causa, d.h. nach der Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung richtet, 1 2 1 während aus der Entgeltverwendung keine Rückschlüsse auf ihre Legitimationsfähigkeit gezogen werden dürfen. 122 Ist der konkrete Belastungsgrund gerechtfertigt, so kann unter Rechtfertigungsgesichtspunkten somit auch eine anderweitige Aufkommensverwendung nicht mehr schädlich sein. Daraus folgt für die Verleihungsgebühr, daß deren Beitrag zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben aus gebührenrechtlicher Sicht unschädlich ist. Dies würde selbst dann gelten, wenn man die Verleihungs117

Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 55. P. Kirchhof\ Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 178, Rdn. 208; Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 54. 119 P. Kirchhof Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 178 f., Rdn. 209. 120 P. Kirchhof Staatliche Einnahmen, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 88, S. 178, Rdn. 209; Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 58. 121 Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 58. 122 So ausdrücklich Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 79: „Was die Verwendung unzulässig erscheinen läßt, braucht die Rechtmäßigkeit der Erhebung nicht in Frage zu stellen." In diesem Sinne bereits Brodersen, Nichtfiskalische Abgaben und Finanzverfassung, in: Vogel/Tipke (Hrsg.), Festschrift für Gerhard Wacke, S. 103 ( U l f . ) . Wollte man entgegen dieser Einsicht von der konkreten Einnahmeverwendung auf die Legitimation der betreffenden außersteuerlichen Abgabe schließen, so stellte man hiermit die Anwendung der Steuerverfassung in das Belieben des einfachen Gesetzgebers. Hierauf weist zutreffend Selmer hin; vgl. ders., Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, S. 35. 118

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

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gebühr entgegen einer im Vordringen begriffenen Ansicht auf einen für Gebühren angeblich konstitutiven Kostendeckungszweck verpflichtet 123 und in diesem Sinne beispielsweise fordert, daß die Gebühr nur zur Deckung verleihungsinduzierter Überwachungs- und Kontrollaufwendungen erhoben werden darf. Auch hier bliebe es unter Rechtfertigungsgesichtspunkten unschädlich, wenn Teile des Gebührenaufkommens anderen Verwendungszwecken zugeführt würden. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, daß Verleihungsgebühren durch die ihnen immanente Eignung zur Erzielung vorprogrammierter Finanzüberschüsse jedenfalls insoweit keine rechtfertigungsbedürftige Abweichung vom gebührenrechtlichen Leitbild erkennen lassen, wie sie sich dem Grunde nach auf die Vorteilsabschöpfung stützen. 124 Da der Tatbestand der Überschußerzielung nach allgemeiner Abgabendogmatik somit schon keinen Eingriff darstellt, ist auch ein Rechtfertigungsproblem insoweit nicht ersichtlich. Nach den bisherigen Überlegungen fehlt es dann allerdings an einem tragfähigen Ansatzpunkt zur Ableitung der hier in Rede stehenden Eingrenzungskriterien. Die Verwendung von Aufkommensanteilen für allgemeine Finanzierungszwecke scheidet insoweit vor allem deshalb aus, weil sie auch bei herkömmlichen, d.h. formgetreuen und daher schutzgutneutralen Vorzugslasten vorkommen kann, ohne daß deren steuerstaatliche Rechtfertigungsfähigkeit dadurch ernsthaft in Zweifel gezogen würde. Die Abgabe wirtschaftlicher Werte und das Entstehen von Kosten lassen sich denn auch in ihrer spezifischen Funktion als zulässigkeitsbegrenzende Merkmale insbesondere von Verleihungsabgaben nur mit dem Hinweis begründen, daß das Volumen außersteuerlich vereinnahmter Finanzmittel zum Schutz des Steuerstaates insgesamt tunlichst gering zu halten ist. Die Attraktivität nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben durch die Einführung restriktiver Erhebungsvoraussetzungen zu verringern, wird insoweit sicherlich als zieltauglich erachtet werden müssen. Die generelle Zieltauglichkeit entsprechender Kriterien sollte indessen nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich ein eingriffsbedingter Beschränkungsbedarf häufig nicht konsistent nachweisen läßt. Hat sich der Steuerstaat des Grundgesetzes tatsächlich im wesentlichen durch Steuern zu finanzieren, so ist tendenziell jede nichtsteuerliche Abgabe bedenklich. Aus dieser Bedenklichkeit lassen sich Eingrenzungskriterien bis zur Beliebigkeit ableiten. Widersprüche mit der allgemeinen Abgabendogmatik erweisen sich dann als unvermeidlich, wie insbesondere auch ein Denken in quantitativen Dimensionen wie dem des 123

Siehe dazu oben, Gliederungspunkt D I I 2. So im Ergebnis auch Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991, 1 (3); Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 305; ders., Konzessionen und Konzessionsabgaben im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, WUR 1991, 128 (133); Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 156. 124

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Umschlagens von zulässigen in unzulässige Gebührenaufkommen zeigt. Auch hier liegt in der Sache ein Schluß von der Verwendungsseite auf die Legitimation des entsprechenden Gebührengrundes vor. Wie sich zeigte, ist ein solcher Schluß nach der gebührenrechtlichen Dogmatik jedoch unhaltbar. Das bestehende Dilemma dürfte insgesamt am ehesten beherrschbar werden, wenn das Steuerstaatsprinzip nicht mehr als Generalermächtigung zur Ableitung materieller Erhebungsbegrenzungen angesehen wird, welche die außersteuerliche Einnahmeerzielung in beliebiger Weise zu reduzieren ermöglicht, sondern wenn sich statt dessen die formelle Auslegung dieses Prinzips durchsetzt. In diesem Fall rückt das Ob der nichtsteuerlichen Abgabeerhebung in den Vordergrund, und es ist aufgrund der Darlegungen des Gesetzgebers lediglich zu überprüfen, ob im konkreten Fall überhaupt der Weg zur nicht-steuerlichen Abgabeerhebung offensteht. Insoweit können dann grundsätzlich auch jene Kriterien eine Rolle spielen, die sich nach hier vertretener Ansicht letztlich als willkürliche Ableitungen eines materiell verstandenen Steuerstaatsprinzips erwiesen haben. Wie sich zeigen wird, gilt dies insbesondere für das Merkmal der staatlichen Entreicherung gelegentlich der Rechtsverleihung. Der wissenschaftlichen Auseinandersetzung wäre durch eine entsprechende Neuausrichtung der Steuerstaatslehre jedenfalls insoweit weitergeholfen, als die jeweiligen Sachgründe ihrerseits einer eigenständigen Plausibilitätskontrolle unterzogen werden müßten. Aus dem tautologischen Hinweis auf ein materiell interpretiertes Steuerstaatsprinzip könnten zulässigkeitsbegrenzende Kriterien für nichtsteuerliche Abgaben jedenfalls nicht mehr abgeleitet werden.

4. Lenkende oder lediglich abschöpfende Abgabebemessung? Bisher unerörtert ist schließlich die Frage, ob Verleihungsabgaben auch als Lenkungsabgaben ausgestaltet werden können oder ob individualrechtliche und sonstige Belange dazu zwingen, diesen Abgabetypus ausschließlich als Abschöpfungsabgabe zu erheben. In der Sache sind hiermit zugleich Fragen der Abgabenbemessung angesprochen. Die Gesetzgebungspraxis weist Verleihungsabgaben zum Teil Lenkungscharakter zu. Insbesondere Wasserentnahmeentgelten wird in diesem Sinne eine Anreizwirkung zum Wassersparen zugebilligt, und zwar gerade auch von jenen Landesgesetzgebern, welche Abgaben auf die Nutzung von Grund- oder Oberflächenwasser als Verleihungsabgabe einordnen. 125 Auch die Rechtsprechung hat die Lenkungsqualität von Wasserentnahmeentgelten 125 Vgl. etwa die LT-Drs. von Niedersachsen (12/2960, S. 10f.); Brandenburg (1/2769, S. 19); Schleswig-Holstein (13/1395, S. 12f.); Berlin (11/371, S. 2f.).

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

337

anerkannt. 126 Das Schrifttum indes ist hinsichtlich der Lenkungsqualität von Verleihungsabgaben gespalten. Überwiegend unterstellt man Verleihungsabgaben reinen Abschöpfungszwecken, 127 während die Lenkungsoffenheit der Abgabe nur selten für möglich gehalten w i r d . 1 2 8 Verallgemeinernd läßt sich die Frage nach der Lenkungsqualität nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben nicht beantworten. Zumindest als Gebühren erhoben, nehmen Verleihungsabgaben jedenfalls solange an der grundsätzlichen Zweckoffenheit der Gebühr teil, wie der einfache Gesetzgeber noch keine einengende Zweckbestimmung getroffen und in diesem Sinne darüber entschieden hat, ob die Verleihungsgebühr ausgleichen, lenken oder sonstige Zwecke erfüllen soll. 1 2 9 Aussagen lassen sich jedoch darüber treffen, inwieweit die konzeptionelle Einbindung einer Verleihungsgebühr in das im übrigen verfolgte Sachregelungsprogramm die Verfolgung von Lenkungszielen gestattet. Auch hier erweist sich die Unterscheidung zwischen regulierungsannexen und internalisierenden Verleihungsabgaben als hilfreich.

a) Regulierungsannexe

Verleihungsabgaben

Mit regulierungsannexen Abgaben in Gestalt von Konzessionsabgaben hatte sich unlängst Wieland auseinandergesetzt. Er hält diese Abgaben für lenkungsuntauglich. Da der Staat steuerungs- bzw. lenkungsrelevante Gesichtspunkte bereits in der Entscheidung über die Rechtsverleihung berücksichtige und in diesem Sinne gegebenenfalls auch auf die Regelung von Nebenbestimmungen zurückgreife, verbleibe für die Verleihungsgebühr letztlich nur noch die Vorteilsabschöpfung. 130 126 So das Verwaltungsgericht Hamburg, IUR 1992, 235 (236) für die hamburgische Grundwasserentnahmegebühr. 127 Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 235, 258, 304; Hendler, Umweltabgaben und Steuerstaatsdoktrin, AÖR 115 (1990), S. 577 (603); ders., Zur rechtlichen Beurteilung von Umweltabgaben am Beispiel des „Wasserpfennigs", NuR 1989, 22 (24); Heun y Die Sonderabgaben als verfassungsrechtlicher Abgabetypus, DVB1. 1990, 660 (673); Kühne, Die Förderabgabe im Schnittpunkt von Bergrecht und Finanzverfassungsrecht, DB 1982, 1693 (1696); Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, Verleihungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, IIA (777); Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Band I, Stand: 79. Lieferung, § 3, Tz. 20; Sanden, Perspektiven der Umweltnutzungsabgaben nach der „Wasserpfennig-Entscheidung" des Bundesverfassungsgerichts, UPR 1996, 181 (183). 128 So von F. Kirchhof y Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (557, 559); Bender/Sparwasser/Engel Umweltrecht, S. 61, Rdn. 157; Mußgnugy Der Bemessungsmaßstab der Förderabgabe auf Erdgas nach der Niedersächsischen Verordnung über Feldes- und Förderabgaben, Zeitschrift für Bergrecht 1993, 168 (173 f.). 129 Vgl. F. Kirchhof y Die Höhe der Gebühr, S. 56.

22 Drömann

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Für die Plausibilität dieser Annahme sprechen beachtliche Gründe. Einen wichtigen Ansatzpunkt bietet insofern die Akzessorietät der Verleihungsgebühr vom materiellen Recht. 1 3 1 Schon die Verankerung der Gebührengesetzgebungskompetenz in der Zuständigkeit zur Regelung des Verwaltungsverfahrens durch Art. 80 Abs. 2 GG deutet nach Ansicht von Kloepfer an, daß die Gebührenerhebung als Teil des Gesetzgebungsverfahrens stets auch jenen Zielen unterworfen ist, die vom jeweils auszuführenden Gesetz verfolgt werden. 1 3 2 Somit darf auch eine lenkende Gebühr nicht das Regelungsziel jener Norm unterlaufen, bei deren Anwendung sie erhoben w i r d . 1 3 3 W i l l also die betreffende Sachnorm ein bestimmtes Verhalten nicht vollständig unterbinden, so dürfen verbleibende Handlungsmöglichkeiten auch nicht durch eine entsprechende Gebührenbemessung verschlossen werden. 134 In diesem Sinne sind Gebühren stets zweckverwirklichend, niemals aber zwecküberschießend zu bemessen. 135 Auch die regulierungsannexe Verleihungsgebühr ist eine dienende Abgabe und als solche auf die Unterstützung jener Sachzwecke verpflichtet, welche das jeweilige Regulierungsregime verfolgt. Lenkungsqualität wird die Abgabe demnach nur dort haben können, wo schon die ihr vorausgehenden Sachnormen ein Lenkungs- bzw. Vermeidungsziel verfolgen. Auf die Errichtung des Bewirtschaftungsvorbehaltes auf der ersten Stufe wird man insoweit allerdings nicht abstellen können. Mit ihr verfolgt der Staat zwar ein generelles Vermeidungsziel insofern, als er die private Freiheitsausübung in dem betroffenen Sachbereich gänzlich unterdrücken will. 130 Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 258, 319; ihm folgend Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 297 f. 131 Vgl. F. Kirchhof Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (556). Zu diesem Aspekt auch Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 15 I f f . 132 Kloepfer, Die lenkende Gebühr, AÖR 97 (1972), S. 232 (246). In diesem Sinne auch F. Kirchhof Die Höhe der Gebühr, S. 38; Arndt, Lenkung durch Steuern und sonstige Abgaben auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts, WiVerw 1990, 1 (31); Stettner, Anmerkung zu BVerfG vom 10.12.1980 (Ausbildungsplatzförderungsabgabe), DVB1. 1981, 375 (376 f.); P. Kirchhof Die verfassungswidrige Investitionshilfeabgabe im System öffentlicher Abgaben, ZIP 1984, 1423 (1428); Murswiek, Die Entlastung der Innenstädte vom Individualverkehr, S. 67; Vogel, Das ungeschriebene Finanzrecht des Grundgesetzes, in: Selmer/v. Münch (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 265 (268 ff., 273). 133 F. Kirchhof Die Höhe der Gebühr, S. 43, 135; ders., Grundriß des Abgabenrechts, S. 96, Rdn. 180. 134 Das betriebswirtschaftlich orientierte Schrifttum spricht insoweit, in der Sache die Zweckakzessorietät der Gebühr bestätigend, von der „Zielbedingtheit der Gebührenkalkulation"; vgl. Gawel; Gebührenrecht und betriebswirtschaftliche Grundsätze, VerwArch 86 (1995), S. 69 (84). 135 F. Kirchhof Die Höhe der Gebühr, S. 43 ff., 57; vgl. auch Selmer/Brodersen/ Nicolay sen, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 61.

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

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Dieses Vermeidungsziel ist jedoch nicht eigentlicher Sachzweck, sondern nur notwendige Voraussetzung für eine effektive Planung, welche ihrerseits die Übernahme der unterdrückten Tätigkeit durch Private auf der nachfolgenden Stufe geradezu anstrebt. Auch mit Blick auf den Befreiungstatbestand der zweiten Stufe wird sich die regulierungsannexe Verleihungsgebühr damit regelmäßig nicht auf ein vorgeschaltetes Vermeidungsziel berufen können. Die zweite Stufe durchbricht das repressive Verbot im Einzelfall und lenkt die Konzessionsgewährung zwar insofern, als sie die Ausnahmebewilligung an bestimmte Sachkriterien knüpft und dadurch eine gewisse Selektionsfunktion übernimmt. Einen Lenkungszweck im engeren Sinne verfolgt die Ausnahmebewilligung damit aber nicht. Von einem solchen kann richtigerweise nur dort gesprochen werden, wo die Lenkungsnorm von ihrer Konzeption her eine Verhaltensänderung des Gesamtkollektivs anstrebt und zu diesem Zwecke typischerweise eine Hemmungswirkung verfolgt, während der Abschreckung potentieller Bewerber im Einzelfall insoweit kein normprägender Charakter zukommt. 1 3 6 Ausnahmebewilligungen im Rahmen von Bewirtschaftungs- oder Staatsvorbehalten dienen einem solchen Zweck ersichtlich nicht. Sie ergehen, um im Sinne vorgegebener Versorgungsziele bestimmte Marktstrukturen zu gewährleisten, 137 d.h. den bewirtschafteten Sachbereich planerisch zu gestalten und die Übernahme der unterdrückten Tätigkeit durch Private gerade deshalb zu ermöglichen, weil sie im öffentlichen Interesse liegt. 1 3 8 Dieses Gestaltungs136

Von einem Lenkungszweck einer Abgabe läßt sich erst dann sprechen, wenn der Abgabetatbestand in seiner typischen Rechtsfolge und nicht nur im Einzelfall die bezweckte Hemmungswirkung überbringt; vgl. F. Kirchhof \ Die Höhe der Gebühr, S. 62. In diesem Sinne auch Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 43. Im übrigen ist bei der Frage nach der Lenkungsqualität der Verleihungsgebühr im Blick zu behalten, daß sich diese Frage ohne den Blick auf ein konkretes Beispiel letztlich nicht sicher beantworten läßt. Denn welcher Abgrenzungslehre man insoweit auch folgt, stets kommt es auf die konkrete, gesetzmäßig ausgestaltete Abgabe selbst an. Hält man mit einer subjektiven Abgrenzungslehre die gesetzgeberische Absicht für entscheidend (siehe dazu etwa Selmer, Finanzordnung und Grundgesetz, AÖR 101 (1976), S. 238 (248), so kann die Lenkungsfeststellung naturgemäß nicht ohne die Analyse der gesetzgeberischen Motive für eine ganz bestimmte Abgabe auskommen. Entsprechendes gilt, wenn man mit einer objektiven Abgrenzungslehre auf die Wirkungen des Gesetzes abstellt; so etwa Stäbler, Finanzrechtliche Auswirkungen des Investitionshilfeabgaben-Urteils, BayVBl.1985, 165 (166); Vogel, Lenkungsteuern und Eigentumsgarantie, BayVBl.1980, 523 (524). Zum Meinungsstand siehe ferner Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 123 ff., sowie Puwalla, Qualifikation von Abgaben, S. 116, 120. 137 Der Gewährleistung ausreichender Entsorgungskapazitäten dient beispielsweise die Gewährung von Lizenzen nach § 10 Abs. 1 LAbfG NW; vgl. LT-Drs. 10/ 2613, S. l f . , 40. 138 Deutlich wird dieses beispielsweise am Lizenzsystem nach dem LAbfG NW: Um zukünftige Engpässe in der Abfallentsorgung zu vermeiden, wird Betreibern 22*

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

ziel darf die regulierungsannexe Abgabe nicht unterlaufen. Sie würde dies aber, wenn sie durch die Verfolgung eines zusätzlichen Lenkungszwecks darauf ausgelegt wäre, potentielle Bewerber typischerweise von einem Lizenzantrag abzuhalten. Unter dem Gesichtspunkt der Zweckneutralität dürfte daher auch die Verdrängung von Grenzanbietern durch den lenkenden Einsatz regulierungsannexer Verleihungsabgaben problematisch sein. 1 3 9 Eine andere und hier im einzelnen nicht zu vertiefende Frage ist schließlich, ob die Zweckakzessorietät der regulierungsannexen Verleihungsabgabe auch zu einer entsprechenden Ausgestaltung des Abgabetatbestandes zwingt. 1 4 0 Insoweit stehen insbesondere Fragen von Stundung und Erlaß im Vordergrund. Denn wenn die Erteilung einer Ausnahmebewilligung vornehmlich an Kriterien der fachlichen Eignung und Befähigung anknüpft, darf die Verleihungsgebühr dieses Auswahlprogramm nicht dadurch konterkarieren, daß sie den strikten Ausschluß von Bewerbern bei Zahlungsunfähigkeit vorsieht und auf diesem Wege auch die liquiditätsmäßige Situation von Antragstellern zum Auswahlkriterium erhebt. Da Finanzierungszwecke der Abgabenerhebung hinter den Gestaltungszwecken der Gesamtregelung zurückstehen, bedarf es hier strenggenommen einer Stundungs- oder Erlaßregelung. Andernfalls könnte der sachlich qualifizierte, gleichwohl mittellose Bewerber niemals in den Genuß einer positiven Zulassungsentscheidung kommen. Insofern liefert die dienende Eigenschaft der regulierungsannexen Verleihungsgebühr zugleich einen Ansatz zur Entkräftung der Kommerzialisierungsthese. Insgesamt sprechen somit gute Gründe dafür, die regulierungsannexe Verleihungsgebühr von der Verfolgung von Lenkungszwecken freizustellen. von Abfallentsorgungsanlagen Konkurrentenschutz gewährt. Hierzu wurde der Lizenzvorbehalt eingeführt. Die Vergabe von Lizenzen dient dann der Gewährleistung ausreichender Entsorgungskapazitäten und damit zugleich dem öffentlichen Interesse. Vgl. im einzelnen LT-Drs. 10/2613, S. 34, 39ff. 139 Zu denken ist etwa an den Abbau planwidriger Überkapazitäten infolge von Lernkurveneffekten oder technologischem Fortschritt. So ist es durchaus denkbar, daß die Abfallentsorger, welche heute zum Zwecke der Gewährleistung von Entsorgungssicherheit eine geschützte Marktstellung genießen, Betriebsgrößen erreichen, welche aufgrund gegebenenfalls konstanten oder zurückgehenden Abfallvolumens keine Vollauslastung erfahren. In einer solchen Situation wäre der lenkende Einsatz von Verleihungsgebühren zum Ausscheiden von Grenzanbietem zwar denkbar, um den verbleibenden Entsorgern wieder eine bessere Auslastung zu gewährleisten. Zumindest übergangsweise dürfte indes eine Senkung des Abgabesatzes bzw. der Abschöpfungsrate für alle Entsorger vorrangig sein. Denn primärer Regelungszweck sind nicht Konkurrentenschutz und Vollauslastung, sondern ist Entsorgungssicherheit. 140 Mit Fragen der Bemessung und Ausgestaltung von Verleihungsgebühren befaßt sich unter anderem Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 272 ff., 302f.

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

341

Wollte man die Abgabe zu Lenkungszwecken einsetzen, so verstieße dieses tendenziell gegen den Grundsatz der Zweckakzessorietät der Gebührenerhebung. Hiernach dürfen annexe Abgaben keine Gestaltungswirkungen entfalten, welche die Zwecke der ihr vorgelagerten Sachnormen gefährden. Da die Gestaltungswirkungen eines Verleihungs- bzw. Bewirtschaftungsregimes mit Vollzug der ersten Stufen überdies bereits erreicht sind, verbleibt der dritten Stufe lediglich die Erzielung einer Ausgleichs Wirkung. Nur in ihrem Abschöpfungszweck ist die Verleihungsgebühr danach autonom. In diesem Sinne auf Abschöpfungszwecke beschränkt, ist die regulierungsannexe Verleihungsgebühr somit auch nicht als Berufsregelung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG anzusehen. Eine solche liegt bei der Auferlegung von Abgaben nur dann vor, wenn die betreffende Abgabe in ihrer tatbestandsmäßigen Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs steht und objektiv eine berufsregelnde Tendenz erkennen läßt. 1 4 1 Sind diese Voraussetzungen erfüllt, soll nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig auch nur eine Berufsausübungsregelung vorliegen. Berufswahlregelungen dagegen werden durch abgabenrechtliche Belastungen nur dann vermittelt, wenn die Abgabe erdrosselnd wirkt und es den Berufsangehörigen in aller Regel wirtschaftlich unmöglich macht, den gewählten Beruf auszuüben. 142 Nach diesen Grundsätzen wird eine lediglich abschöpfende Verleihungsgebühr schon keine Ausübungsregelung sein. Die Abgabe wird lediglich als Reaktion auf eine berufsrechtlich zwar relevante Rechtsverleihung erhoben, weist selbst aber keine objektiv berufsregelnde Tendenz auf. In diesem Sinne weist Stallknecht für den Fall des Lizenzentgelts nach dem LAbfG zu Recht darauf hin, daß der enge Zusammenhang der Abgabenerhebung mit der Berufsausübung nicht schon dadurch entsteht, daß das Lizenzentgelt für die Lizenz erhoben w i r d . 1 4 3 Deren Erteilung hängt nämlich nicht von der Entrichtung der Abgabe ab, sondern von der Vereinbarkeit des beabsichtigten Betriebs mit den abfallwirtschaftlichen Zielvorstellungen des Landes, insbesondere den Abfallentsorgungsplänen. 144 Daß die regulierungsannexe Verleihungsabgabe nicht als Lenkungsabgabe erhoben wird, sondern nur „zufolge" der ermöglichten Erwerbstätigkeit, 145 schirmt sie somit auch vor Rechtfertigungsproblemen gegenüber der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG ab. Ein Verzicht auf den lenkenden Einsatz abschöpfender Verleihungsabgaben leitet sich im Falle der regulierungsannexen Abgabe somit 141

Ständige Rechtsprechung, siehe BVerfGE 13, 181 (186); 16, 147 (162); 29, 327 (333 f.); 37, 1 (17); 42, 374 (384); 47, 1 (21); 75, 108 (153 f.). 142 BVerfGE 16, 147 (163ff.); 29, 327 (333f.); 31, 8 (29); 38, 61 (85f.). 143 Stallknecht, Lizenz und Lizenzentgelt, S. 223. 144 Vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 LAbfG NW. 145 Vgl. BVerfGE 13, 181 (197) - Schankerlaubnissteuer.

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

nicht nur aus der Zweckakzessorietät der Gebühr, sondern auch aus individualrechtlichen Belangen a b . 1 4 6 Das zulässige Zweckbündel von Verleihungsgebühren wird sich nach dem Grundsatz der Zweckakzessorietät allerdings dann erweitern, wenn auch die vorgeschalteten Sachregelungen mehreren Zwecken dienen. Bei internalisierenden Verleihungsabgaben kann diese Bedingung zutreffen.

b) Internalisierende

Verleihungsabgaben

Als Internalisierungsabgabe wurde eine in der Abgabenwirklichkeit vorzufindende Erscheinungsform der Verleihungsgebühr vorliegend deshalb bezeichnet, weil ihre Befürworter sie maßgeblich auf das Ziel einer Internalisierung externer Kosten stützen. 147 Soweit ersichtlich, hat die Abgabenpraxis den Internalisierungsansatz bisher nur bei Wasserentnahmeentgelten in einen direkten Zusammenhang mit dem Verleihungskonzept gestellt. In diesem Fall wird mit dem Internalisierungsziel nicht nur eine individuelle Anlastung sozialer Vorsorge- und Folgenbeseitigungskosten angestrebt. Vielmehr sollen die Wasserentnehmer überdies zur Einleitung von verfahrenstechnischen Substitutionsprozessen angehalten werden. 148 Daher werden die Wasserentnahmeentgelte einiger Länder einerseits mit dem Verleihungsgedanken in Verbindung gebracht, andererseits aber auch zu Lenkungszwekken erhoben und bemessen. 149 Der Einschätzung des überwiegenden Schrifttums, wonach Verleihungsgebühren keine Lenkungszwecke verfolgen können, stehen sie damit entgegen. Die überwiegend ablehnende Haltung der Literatur dürfte ihren eigentlichen Grund indes vor allem darin finden, daß die Verleihungsgebühr unter Vernachlässigung jüngerer Entwicklungen im Umweltabgabenrecht noch weitgehend mit dem Typ der regulierungsannexen Abgabe identifiziert wird. Denn auf internalisierende Verleihungsabgaben trifft gerade jener Gesichtspunkt zu, mit dem F. Kirchhof seine These von der Lenkungsoffenheit der Verleihungsgebühr ursprünglich begründet hatte. Kirchhof hatte darauf hingewiesen, daß Verleihungsgebühren zwar nur subsidiär Lenkungszwecke verfolgen dürften. Seiner Ansicht nach kann dieser Gebührentyp 146

Eine lenkende Verleihungsgebühr müßte die Rechtsverleihung konsequenterweise an die Erbringung der Abgabeschuld knüpfen. Ob sie in dieser Ausgestaltung gerechtfertigt werden könnte, ist zweifelhaft. 147 Siehe Gliederungspunkt A I I I 2. 148 Vgl. etwa die Begründungen zum Niedersächsischen Wasserentnahmeentgelt (LT-Drs. 12/2960, S. 10) sowie zum Hamburgischen Grundwassergebührengesetz (Bürgerschafts-Drs. 13/ 2793, S. 4.). 149 So z. B. in Hamburg, Berlin, Niedersachsen, Brandenburg und Schleswig-Holstein. Einzelnachweise siehe in Gliederungspunkt A I I I 2 a), b).

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

343

aber dann lenken, wenn selbst die selektive Zuteilung von Rechten mittels Dispensvergabe nicht ausreiche, um das angestrebte Gestaltungsziel zu verwirklichen, weil selbst das zugeteilte Recht noch möglichst wenig benutzt werden soll. Demnach dürfe die Verleihungsgebühr erst dann als Lenkungsinstrument eingesetzt werden, wenn das materielle Verwaltungsrecht zu grob steuert. 150 Auf Wasserentnahmeentgelte treffen diese Voraussetzungen weithin zu. Die Grundwassernutzung ist vor allem deshalb der privaten Eigentumsherrschaft entzogen worden, um eine optimale Nutzung des vorhandenen Wasserdargebots zu gewährleisten. 151 Diesem Vorsorgeziel würde prinzipiell am besten entsprochen, wenn die zuständige Behörde über jeden einzelnen Entnahmeakt gesondert entschiede und hierbei jeweils eine bestimmte Entnahmemenge vorschriebe. Gemessen an diesem Lenkungsoptimum wirkt die Gewährung einer Entnahmeerlaubnis bzw. -bewilligung ersichtlich grob. Zwar wird sie nach Art und Maß der jeweiligen Benutzung beschränkt, jedoch können sich kurzfristig ergebende Spielräume für eine Herabsetzung der festgesetzten Nutzungsintensität aus Gründen der Bestimmtheit nur unzureichend berücksichtigt werden. Da der jeweilige Bewilligungsbescheid die Entnahme- bzw. Verbrauchsmenge somit nur zeitpunktbezogen festsetzen kann, bleiben Einsparpotentiale, welche infolge betrieblicher Anpassungen oder aufgrund eines fortgeschrittenen Standes der Technik realisiert werden können, grundsätzlich nur rückblickend ansatzfähig. Auf der Stufe der Rechtsverleihung wird der mit dem wasserrechtlichen Bewirtschaftungsregime verfolgte Vorsorge- und Lenkungszweck somit noch nicht vollständig absorbiert. Wenn die der Bewilligung nachfolgende Abgabe diesen Lenkungszweck fortsetzt, verhält sie sich somit zweckverwirklichend und entspricht dem Grundsatz der Zweckakzessorietät. Daher bestehen aus gebührenrechtlicher Hinsicht grundsätzlich auch keine Bedenken, wenn die der Rechtsverleihung nachfolgende Abgabenerhebung selbst Lenkungswirkungen verfolgt. Auf regulierungsannexe Abgaben traf dies indes nicht zu. Wie sich zeigte, ist hier typischerweise zunächst ein bestimmtes Marktstrukturziel anzustreben, dem auch die Abgabenerhebung unterworfen ist. Erst anschließend können weitergehende Versorgungs- bzw. Verteilungsziele verwirklicht werden. Das für Wasserentnahmeentgelte gefundene Ergebnis läßt sich nun in gewissem Rahmen verallgemeinern. Immer dann, wenn die der Rechtsverleihung vorgelagerten Stufen anstelle eines regulierungsspezifischen Gestaltungsziels (Schaffung bestimmter Marktstrukturen) einen primären Len150

F. Kirchhof\ Die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp, DVB1. 1987, 554 (560). Ihm folgend Schollmeier, Zur Bemessung von Sondernutzungsgebühren, WUR 1991, 1 (6). 151 Vgl. BVerfGE 58, 300 (346 f.).

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

kungszweck verfolgen, bleiben Lenkungswirkungen für die nachfolgende Abgabeerhebung erhalten. Denn in diesem Falle wirkt sich die Übernahme der unter Staatsvorbehalt gestellten Tätigkeit durch Private nicht gemeinwohlfördernd im engeren Sinne aus. Weil Umweltnutzungen zu einem Ressourcenverzehr führen und Umweltressourcen durch menschliches Handeln nur bedingt erneuerbar sind, liegt es eher im Interesse der Allgemeinheit, individuelle Verbrauchsansprüche generell zu senken, um dadurch für die Zukunft vorzusorgen und die Regenerationsfähigkeit der Umwelt zu fördern. Abgesehen von der Notwendigkeit, daß überhaupt entsprechende Gewinnungsanlagen betrieben werden und für ein geordnetes Wasserdargebot sorgen, besteht hier somit - unter Betonung des reinen Vorsorgemotivs - kein notwendiges Reprivatisierungsziel. Zumindest ist das Privatisierungsziel keine notwendige Bedingung zur Erreichung des Sparziels. Anders liegen die Dinge, soweit es um Bewirtschaftungsvorbehalte innerhalb der menschlich geschaffenen und beherrschten Umwelt geht und die Erreichung bestimmter Sachziele angestrebt wird, so etwa die Gewährleistung eines leistungsfähigen Telekommunikationsmarktes, das kontrollierbare Angebot an Glücksspielgelegenheiten, das Vorhandensein ausreichender Entsorgungskapazitäten oder die Verfügbarkeit ausreichender Energieerzeugungs- und Verteilungsanlagen. 152 Hier liegt es sehr wohl im Interesse des Gemeinwohls, daß einzelne die betreffenden Tätigkeiten verrichten, weil das Ergebnis dieser Tätigkeiten eben nicht von der Natur bereitgestellt wird. Die Ausgestaltung der Verleihungsabgabe hat dem zu entsprechen, indem sie sich einer zweckstörenden Lenkung grundsätzlich enthält. Abschließend ergibt sich somit folgender Befund: Verleihungsgebühren auf die Erteilung regulierungsrelevanter Rechtspositionen haben sich Lenkungszwecken tendenziell zu enthalten. Demgegenüber können als Internalisierungsabgaben erhobene Verleihungsgebühren grundsätzlich Lenkungszwecke erfüllen. Die unter Beachtung eines Sparziels bemessenen Wasserentnahmeentgelte der Länder stoßen somit, soweit sie als Verleihungsabgaben ausgestaltet sind, nicht auf spezifische Zulässigkeitsprobleme der gewählten Abgabeform. Fraglich ist allerdings, ob sich der Einsatz von Verleihungsgebühren zu Internalisierungszielen im Steuerstaat des Grundgesetzes überhaupt begründen läßt. Dieser Frage ist im abschließenden Teil der Arbeit nachzugehen.

152

Die Aufzählung ist nur beispielhaft. Nicht alle Beispiele unterliegen tatsächlich einem Bewirtschaftungsvorbehalt. Für das T K G siehe etwa Gliederungspunkt A I I I 1 a.E.

III. Zulässigkeitserhaltende Einschränkungen

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5. Ergebnis Von den zulässigkeitseinschränkenden Kriterien, welche das Schrifttum speziell zur Rechtfertigung von Verleihungsgebühren herausgearbeitet hat, werden die Beschränkung auf Ausnahmen von repressiven Verboten sowie auf wirtschaftlich nutzbare Rechte im Ergebnis zu Recht gefordert. In beiden Fällen handelt es sich um Merkmale, ohne deren Berücksichtigung die Verleihungsgebühr nicht gerechtfertigt werden kann. Des weiteren hat sich ergeben, daß Verleihungsabgaben vom Typ der regulierungsannexen Abgabe Lenkungszwecken grundsätzlich verschlossen sind, während der Grundsatz der Zweckakzessorietät bei internalisierenden Verleihungsabgaben einer Abgabenbemessung zu Lenkungszwecken nicht entgegensteht. Sowohl die Beschränkung von Verleihungsabgaben auf Ausnahmen von repressiven Verboten als auch die Einschränkung belastungsfähiger Rechte auf wirtschaftlich nutzbare Rechtspositionen ergeben sich aus individualrechtlichen Belangen. Das materiell konkretisierte Steuerstaatsprinzip hat sich zur Ableitung dieser Kriterien indessen als weitgehend unergiebig erwiesen. Einen überzeugenden Schutzzweckzusammenhang zwischen den für Verleihungsgebühren geforderten Eingrenzungskriterien und dem Steuerstaatsprinzip hat das Schrifttum bislang jedenfalls noch nicht nachgewiesen. Wenn diese Kriterien für Verleihungsgebühren dennoch unter Berufung auf ein materiell ausgeformtes Steuerstaatsprinzip gefordert werden, bleibt daher insgesamt ein Verdacht von Beliebigkeit zurück. Gleiches gilt für die zuweilen erhobene Forderung, daß der Staat im Zusammenhang mit der Rechtsverleihung eigene wirtschaftliche Werte abgeben müsse oder daß ihm anläßlich der Rechtsverleihung Kosten entstehen sollten. Soweit diese Zulässigkeitsbeschränkung dem Steuerstaatsprinzip entnommen wird, um das mögliche Aufkommen aus Verleihungsgebühren zu minimieren bzw. aus Sicht des nach Einnahmen suchenden Gesetzgebers die Attraktivität nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben abzubauen, erweist sie sich zwar als zieltauglich, entbehrt aber einer tragfähigen Begründung. Daß frei fungible Einnahmeüberschüsse erzielt werden, kann auch für die kostenüberwälzende und lenkende Gebühr zutreffen und gilt nach allgemeinen Grundsätzen als unbedenklich. Insgesamt ermutigt der aufgezeigte Befund somit dazu, das Steuerstaatsprinzip nach dem hier entwickelten Vorschlag als formell-verfahrensmäßige Konkretisierung zu begreifen. Dementsprechend ist im abschließenden Teil dieser Arbeit danach zu fragen, auf welche Sachgründe sich der Gesetzgeber stützen kann, wenn er einerseits seine Darlegungspflicht erfüllen, sich andererseits aber von seiner Verpflichtung zum weitestgehenden Zugriff auf steuerliche Belastungsmöglichkeiten lösen will. Wie sich zeigen wird, kann

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

der Übertragung wirtschaftlicher Werte und einer entsprechenden Entreicherung des Staates insofern entscheidende Bedeutung zukommen.

IV. Überlegungen zur sachlichen Legitimation nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat Um die vorliegende Arbeit mit einigen Überlegungen zu den Anforderungen an steuerstaatsdispensierende Sachgründe abzuschließen, sind Inhalt und dogmatische Implikationen des Steuerstaatsprinzips in Anknüpfung an die Ausführungen in Teil C noch einmal wie folgt in Erinnerung zu rufen: Als Schutzaussage zugunsten der Identität des Verfassungsstaates als Steuerstaat hat das Steuerstaatsprinzip auch nach hier vertretener Ansicht einen materiellen Kern. Das Prinzip gibt staatlichem Handeln die einzuhaltende Grundrichtung vor und verpflichtet den Gesetzgeber, die Identität des Steuerstaates als Verfassungsvoraussetzung zu wahren. Überbringer dieser Verpflichtung ist nach dem hier entwickelten Vorschlag eine formelle Darlegungspflicht des Gesetzgebers. Diese erinnert ihn daran, daß selbst Vorzugslasten und sonstige schutzgutneutrale Abgaben, vom Grundgesetz nur mit Beiläufigkeit bedacht, auch in der Verfassungswirklichkeit die Ausnahme zu bleiben haben und daher stets erklärungsbedürftig sind. Da eine nichtsteuerliche Abgabe im Steuerstaat des Grundgesetzes allein schon ihrer außersteuerlichen Herkunft wegen als bedenklich gilt, hat der Gesetzgeber diese Vermutung in jedem Einzelfall zu widerlegen. Hierzu muß er die Erhebung der Abgabe auf einen Sachgrund stützen, der selbst im SteuerStaat des Grundgesetzes Beachtung findet. Im vorstehenden Sinne formell-verfahrensmäßig konkretisert, steht das Steuerstaatsprinzip nicht mehr als normative Grundlage für die Ableitung zulässigkeitsbegrenzender Kriterien zur Verfügung. Auch etwaige Sachgründe, welche den Gesetzgeber von seinem nach dem Steuerstaatsprinzip gegebenen Auftrag zur weitestgehenden Steuerstaatsverwirklichung entbinden, haben sich im Rahmen einer weitestgehend formell angewandten Steuerstaatslehre nicht mehr vor dem weitreichenden Verdrängungsanspruch eines materiellen Steuerstaatsprinzips zu behaupten, sondern haben sich im Steuerstaat des Grundgesetzes schlicht als beachtlich zu erweisen. Denn mit der verfahrensmäßigen Bindung des parlamentarischen Entscheidungsprozesses ist das formell konkretisierte Steuerstaatsprinzip bereits vollständig verwirklicht und insoweit verbraucht. Eine über die Entscheidungsdisziplinierung hinausgehende Restriktionswirkung kann dem Steuerstaatsprinzip nach hier vertretener Ansicht nicht entnommen werden. Hervorzuheben sind die Schlußfolgerungen eines solchen Ansatzes. Deren erste ist bereits erwähnt worden und betrifft die Feststellung, wann

IV. Legitimation nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat

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überhaupt ein Verstoß gegen das Steuerstaatsprinzip vorliegt. Hiervon konnte bei formeller Konkretisierung dieses Prinzips letztlich nur dort gesprochen werden, wo der Gesetzgeber seine Darlegungspflicht als solche verletzt und die betreffende außersteuerliche Abgabe überhaupt nicht auf einen steuerstaatsdispensierenden Sachgrund stützt. Folge eines ausschließlich formell konkretisierten Steuerstaatsprinzips ist des weiteren, daß dieses Prinzip keinen unmittelbaren Einfluß mehr auf die zulässige Abgabeausgestaltung in dem Sinne hat, daß es als Grundlage für die Ableitung aufkommensbegrenzender Zulässigkeitsmerkmale herangezogen werden kann. Dementsprechend ist nachfolgend nicht primär danach zu fragen, wie eine zulässige nichtsteuerliche Abgabe aussehen muß, um im Steuerstaat des Grundgesetzes zulässig zu sein. Belastbare Aussagen über die konkrete Abgabeausgestaltung ließen sich etwa im Falle der Verleihungsgebühr ohnehin nur aus individualrechtlichen Schutzaussagen sowie aus dem Wesen von Ausgleichsabgaben ableiten. Die nachstehenden Überlegungen konzentrieren sich daher nur noch auf die Frage, ob eine nichtsteuerliche Abgabe im Steuerstaat des Grundgesetzes erhoben werden kann. Nur insoweit lassen sich dem Steuerstaatsmodell überzeugende Schlußfolgerungen entnehmen, während sich Versuche einer steuerstaatsinduzierten Aufkommensbegrenzung bei an sich steuerstaatskonformem Belastungsgrund als weitgehend unscharf erwiesen haben. Gelingt es dem Gesetzgeber somit, einen zureichenden Sachgrund für das Ob seiner außersteuerlichen Abgabe darzutun, so ist der Schutzwall „Steuerstaat" für die konkrete Abgabe durchbrochen. Jetzt wird der Steuerstaat nur noch durch die drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung, d.h. den Steuervorrang geschützt. Dem generellen Anpassungsdruck, welcher von einem materiell konkretisierten Steuerstaatsprinzip auf die tatbestandliche Ausgestaltung einer Abgabe ausgeht, wird eine dem Grunde nach vor dem Steuerstaat legitimierte Abgabe daher nicht mehr ausgesetzt. Die Schutzwirkung des Steuervorrangs erweist sich nun, nach der Klärung des Ob, im übrigen auch als ausreichend. Während die hiernach erforderliche Beachtung der parlamentarischen Budgetrechte vor der Etablierung apokrypher Einnahme- und Ausgabekreisläufe schützt, sorgt die im Rahmen des Steuervorrangs weiterhin geforderte tatbestandliche Steuerdistanz dafür, daß die außersteuerliche Abgabe nicht in Wahrheit eine Steuer, sondern beispielsweise eine Gegenleistungsabgabe ist. Auch der Individualschutz findet im Prüfprogramm des Steuerrvorrangs hinreichend Berücksichtigung, wie sich gerade am Beispiel der Verleihungsgebühr gezeigt hat. Die wesentlichen Einschränkungen im Anwendungsbereich von Verleihungsgebühren konnten dem Grundsatz der Lastengleichheit sowie bereits dem Wesen einer Vorteilsabschöpfung entnommen werden, ohne daß es insoweit der Zuhilfenahme steuerstaatsbezogener Erwägungen bedurft hätte.

348

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Im übrigen aber, d.h. jenseits des Steuervorrangs und damit insbesondere hinsichtlich des außersteuerlich erzielten Einnahmevolumens, ist der Steuerstaat jetzt - nach der Darlegung des Ob - ungeschützt, sofern nur ein zureichender Sachgrund für die Erhebung der Sachkompetenzabgabe dargetan wurde. Vor allem scheidet eine quantitative Begrenzung der dem Grunde nach zulässigerweise erhobenen Abgabe im Sinne einer Umschlaglogik aus. Sie widerspricht der Einsicht, daß der nichsteuerliche Abgabengesetzgeber seine Sachkompetenzabgabe lediglich dem Grunde nach in den Sachkompetenzvorschriften verankern und sie auch vor dem Steuerstaat nur dem Grunde nach legitimieren muß. Fragen der Aufkommens- bzw. Abgabenhöhe weisen dagegen keinen tragfähigen Bezug zur Steuerstaatlichkeit auf, sondern berühren unter dem Gesichtspunkt einer rechtmäßigen Gebührenbemessung ausschließlich individualrechtliche Belange. 153 Entscheidend ist daher, auf welche Sachgründe der Gesetzgeber außersteuerliche Abgaben dem Grunde nach stützen und sich dadurch von seiner Verpflichtung zur weitestgehenden Berücksichtigung der Steuer lösen kann. Hinsichtlich dieser Sachgründe ist nun offenbar zu unterscheiden: Einerseits müssen solche Sachgründe vorliegen, welche die mutmaßliche Sachkompetenzabgabe zunächst einmal als solche ausweisen, d.h. die Abgabe tatbestandlich zu einer aus Sachzwecken erhobenen Abgabe werden lassen. Zu diesen Sachgründen, die im folgenden als sachkompetenzeröffnende Sachgründe bezeichnet werden sollen, gehören z.B. der Aufwandsausgleich und die Lenkung. Abgaben, welche diesen Zwecken dienen, steht der Anwendungsbereich der Art. 70 ff. GG grundsätzlich offen. Von den sachkompetenzeröffnenden Gründen zu unterscheiden sind nun jene Sachgründe, welche den Gesetzgeber nicht nur auf außersteuerliche Kompetenzen zugreifen lassen, sondern ihn dazu noch in die Lage versetzen, sich im Einzelfall über seine Verpflichtung zur weitestgehenden Verwirklichung des Steuerstaates hinwegzusetzen. Dieserart Sachgründe könnte man zu Veranschaulichungszwecken als steuerverdrängende Gründe bezeichnen, welche in ihrer Wirkkraft offenbar von den lediglich sachkompetenzeröffnenden Abgabeneigenschaften abzugrenzen sind. Selbstverständlich scheint es jedenfalls nicht zu sein, daß ein Sachgrund, der den Zugang zu Sachkompetenzabgaben eröffnet, den Gesetzgeber zugleich auch von seiner Verpflichtung gegenüber dem Steuerstaat freistellen soll. Erkennt man nämlich im positiven Verfassungsrecht eine Schutzlücke, zu deren Ausfüllung gerade das Steuerstaatsprinzip dienen kann, so dürften qualifiziertere Anforderungen an einen steuerverdrängenden Sachgrund in der Tat unausweichlich sein. Wenn im folgenden einige Überlegungen zur Beachtlichkeit etwaiger Sachgründe angestellt werden, wird das Verhältnis von 153

Siehe dazu auch Gliederungspunkt E I I I 3.

IV. Legitimation nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat

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sachkompetenzeröffnenden und steuerverdrängenden Sachgründen demnach ebenfalls zu erörtern sein.

1. Sachkompetenzeröffnende Gesichtspunkte Unter den sachkompetenzeröffnenden Gesichtspunkten wird man zunächst den Aufwandsausgleich zu nennen haben. Im Sachregelungsprogramm der Art. 70 ff. GG läßt sich dieser Gebührenzweck nach der Ansicht von Selmer durch den Annexgedanken verankern. Denn zur Kompetenz des Sachgesetzgebers, eine bestimmte staatliche Leistung auszuformen, gehört als Annex ohne weiteres auch das Recht über die Entscheidung, ob und inwieweit die Leistung entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt w i r d . 1 5 4 Neben dem Aufwandsausgleich wird man des weiteren der Lenkung sachverankernde Wirkung zusprechen müssen. Lenkung zielt nicht lediglich auf Finanzierungszwecke ab, sondern bedeutet gestaltende Einflußnahme auf einen der Sachgesetzgebungskompetenz zugewiesenen Sozialbereich durch Abgabenerhebung. Hier scheint nun auch ein dogmatischer Zusammenhang gefunden zu sein, an dem sich die verschiedenen Ansätze einer ökonomisch fundierten sog. Zusatzrechtfertigung von Abgaben verorten lassen. Auch die paradigmatische Orientierung einer Gebührenerhebung am Entgeltmodell sowie am Internalisierungskonzept mag daher, da Gestaltungszwecken dienend, durchaus den Zugriff auf eine Sachkompetenzabgabe begründen können. Hinter diesen Modellen stehen mit dem Vorsorgeprinzip und dem Verursacherprinzip zwei Gestaltungsprinzipien, denen der sachregelnde Gesetzgeber auch im übrigen verpflichtet sein kann, sei es kraft Verfassungsrechts (Art.20a GG) oder auch nur kraft einfachgesetzlicher Festlegung. 155 Wie gerade die Wasserentnahmeentgelte zeigen, kann das im Sinne des Vorsorgeprinzips verfolgte Sachziel, auf einen sparsameren Umgang mit der Ressource Wasser hinzuwirken, auch durch die Erhebung einer Abgabe gefördert werden. Diese Zieltauglichkeit kann ohne weiteres auch internalisierende Verleihungsabgaben im Sachregelungsprogramm der Art. 70ff. GG verankern.

2. „Steuerverdrängende" Sachgründe Eine andere Frage ist, ob sich der Gesetzgeber, welcher sich zur Begründung einer nichtsteuerlichen Abgabe auf die zuvor genannten sachkompe154

Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, in: Umweltschutz durch Abgaben und Steuern, UTR 16 (1992), 15 (42). 155 Siehe etwa § 8 Abs. 2, Abs. 9 BNatSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. März 1987 i.V.m. den Bestimmungen der Landesnaturschutzgesetze.

350

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

tenzeröffnenden Gesichtspunkte beruft, damit zugleich von seiner Verpflichtung gegenüber dem Steuerstaat befreien kann. Soweit das Schrifttum diese Frage streift, wird sie der Sache nach wohl bejaht. Meyer meint jedenfalls, zur Legitimation einer außersteuerlichen Abgabe vor dem Steuerstaat reiche jeder beliebige Sachgrund aus. 1 5 6 Dem ist zu entnehmen, daß an steuerverdrängende Sachgründe zumindest keine qualifizierten Anforderungen gestellt werden. Nach der hier vertretenen Konzeption sind insoweit allerdings Zweifel anzumelden. Während sich das positive Verfassungsrecht durch eine Schutzlücke auszeichnet, indem es sich nach dem Maßstab des Steuervorrangs gegenüber schutzgutneutralen Abgaben liberal verhält, verbürgt das Steuerstaatsprinzip eine Fortsetzungsgarantie für den Steuerstaat und verpflichtet den Gesetzgeber, den Steuerstaat als Verfassungsvoraussetzung zu erhalten. In der Konsequenz eines so verstandenen Steuerstaatsprinzips gelten selbst schutzgutneutrale Abgaben als bedenklich, und zwar selbst dann, wenn sie der Finanzierung von Sonderlasten dienen und daher tatbestandlich gar nicht mit der Steuer konkurrieren. Wenn daher selbst bei einer nach dem Steuervorrang gerechtfertigten, schutzgutneutralen Abgabe die widerlegliche Vermutung ihrer steuerstaatlichen Bedenklichkeit auflebt, so müssen sachkompetenzeröffnende und steuerverdrängende Sachgründe notwendigerweise verschieden sein. Die Verankerung einer Sachkompetenzabgabe in den Art. 70 ff. GG eröffnet erst die kompetenzielle Rechtsmacht zur Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe. Einmal als kompetenziell zulässig identifiziert, muß aber selbst die schutzgutneutrale außersteuerliche Abgabe noch ihre Unbedenklichkeit aus steuerstaatlicher Sicht beweisen. Hierzu bedürfte es dann aber folgerichtig eines solchen Sachgrundes, der über die bloße kompetenzrechtliche Verankerung der Abgabe im Sachregelungsprogramm hinausgeht. Das Bundesverfassungsgericht scheint diese Linie zu bestätigen. Zwar hat es sich zum Verhältnis sachkompetenzeröffnender Sachgründe zur Steuerstaatslegitimation bisher noch nicht ausdrücklich geäußert. Im Wasserpfennigbeschluß führt das Gericht aber aus, daß Sachkompetenzabgaben einer „besonderen sachlichen Rechtfertigung" bedürften, damit nicht neben der grundgesetzlichen Finanzverfassung beliebig Abgaben unter Umgehung des bundesstaatlichen Verteilungssystems erhoben werden können. 1 5 7 Dem darf man entnehmen, daß die bloße „sachliche Rechtfertigung" lediglich zur Subsumtion einer außersteuerlichen Abgabe unter die Sachkompetenzvorschriften ausreicht. Zum Schutze der bundesstaatlichen Finanzverfassung fordert das Gericht hingegen eine „besondere sachliche Rechtfertigung" 156 Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 165 f. 157 BVerfGE 93, 319 (342 f.) - Hervorhebung durch den Verfasser.

IV. Legitimation nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat

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und deutet damit an, daß ein steuerstaatsdispensierender Rechtfertigungsgrund auch aus seiner Sicht über die Verankerung einer Sachkompetenzabgabe in den Art. 70 ff. GG hinausgehen muß. Ist zum Verhältnis der jeweiligen Sachgründe zueinander somit immerhin eine Grundtendenz erkennbar, so kann nunmehr untersucht werden, welche Gründe für eine außersteuerliche Abgabebelastung sogar im Steuerstaat des Grundgesetzes beachtlich sein könnten. Zwei Ansatzpunkte bieten sich hierzu an: Zum einen der Aspekt der Funktionsverschiedenheit einer außersteuerlichen Abgabe gegenüber der Steuer. Zum anderen könnte sich ein beachtlicher Sachgrund für außersteuerliche Abgaben möglicherweise aus der Verschiedenartigkeit des tatbestandlichen Belastungszugriffs ergeben.

a) Funktionenverschiedenheit

außersteuerlicher

Abgaben

Legt man das Steuerstaatsprinzip mit der hier vertretenen Ansicht als Auftrag an den Gesetzgeber aus, den Steuerstaat möglichst weitgehend zu verwirklichen, dann ist die Steuer bei wortgetreuer Auslegung dieser Maxime an sich überall dort zu erheben, wo sie von ihrer Idee und Funktion her die Aussicht auf eine adäquate Umsetzung des jeweiligen Belastungskonzepts bietet. Zwecksetzungskompetenz und Tatbestandswahlrecht des Gesetzgebers müssen hierdurch nicht notwendig beschnitten werden. Ist nämlich das konkrete Gestaltungs- und/oder Belastungsziel des zwecksetzungskompetenten Gesetzgebers auf steuerlichem Wege nicht oder nur unter Tauglichkeitseinbußen umsetzbar und in diesem Sinne typischerweise nur durch eine außersteuerliche Abgabe realisierbar, so kann dies ohne weiteres ein beachtlicher Sachgrund für eine außersteuerliche Abgabenerhebung sein. Denn in einem solchen Fall ist die außersteuerliche Abgabe, etwa als Gegenleistungsabgabe, der Steuer nicht nur tatbestandsmäßig verschieden, sondern auch in „Idee und Funktion". In systematischer Hinsicht erweist sich der Sachgrund der Funktionenverschiedenheit im übrigen als sachgerecht. Wenn die Steuer überall dort zum Einsatz kommt, wo dies auch ihrer Idee und Funktion entspricht, bleibt die Identität des Steuerstaates weitgehend unangetastet. Auch mit den Grundsätzen zur Ermittlung des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs ist der Sachgrund der Funktionenverschiedenheit vereinbar. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich hervorgehoben, daß sich der Steuerbegriff nicht nur nach den rezipierten Vorstellungen des einfachen Gesetzgebers richtet, sondern vor allem über den Funktionszusammenhang der bundesstaatlichen Finanzverfassung zu erschließen ist. 1 5 8 Vogel hat diesen Aspekt für die Gebühr bestätigt. 159 158

BVerfGE 55, 274 (299); 67, 256 (282). Siehe hierzu auch Teil D, Fn. 39.

352

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Im folgenden soll daher untersucht werden, ob es in der Tat Konstellationen gibt, in denen die Steuer nicht nur aufgrund des Vorliegens einer Gegenleistung, sondern auch von ihrer Idee und Funktion her einer nichtsteuerlichen Abgabe weichen kann. Auf den Finanzierungszweck von außersteuerlichen Abgaben ist insoweit allerdings nicht mehr gesondert einzugehen. Wie dies auch durch den Steuervorbehalt klargestellt wird, erfüllt allein die Steuer den Primärzweck einer Erzielung von Einnahmen zur Gemeinlastfinanzierung. Daher wird sich eine Funktionenverschiedenheit nichtsteuerlicher Abgaben gegenüber der Steuer allenfalls im Hinblick auf Ausgleichs- und Lenkungszwecke finden lassen. aa) Ausgleichszwecke Hinsichtlich der Affinität ausgleichender Erhebungszwecke zu außer-steuerlichen Abgaben ist zu unterscheiden:

(1)

Aufwandsausgleich

Einen Aufwandsausgleich bezweckt die Steuer nicht. Hier besteht im Gegenteil ein Anwendungsvorbehalt für die klassischen Vorzugslasten, die Gebühren und Beiträge. Wo immer eine Abgabe zum Zwecke des Aufwandsausgleichs aufgrund individueller Kostenverantwortlichkeit erhoben wird, ist damit ein Sachgrund für die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe in Form einer Vorzugslast gegeben, der auch im Steuerstaat des Grundgesetzes beachtlich ist. Dem Aufwandsausgleich kommt damit doppelte Legitimationskraft zu: Über den Gedanken der Annexkompetenz entfaltet er einerseits sachkompetenzeröffnende Wirkung. Andererseits widerlegt er die Bedenklichkeit einer außersteuerlichen Abgabenerhebung. Denn auch im Steuerstaat des Grundgesetzes kann eine außersteuerliche Abgabe zum Zwecke des Aufwandsausgleichs ohne weiteres erhoben werden. Der Zweck einer Aufteilung sozialer Gemeinkosten (z.B. Reinhaltungsaufwendungen für Gewässer) auf die Mitglieder des Gesamtkollektivs reicht zur sachlichen Begründung einer Vorzugslast allerdings nicht aus. Notwendig ist insoweit stets, daß dem Abgabeschuldner eine individuell zurechenbare Leistung erbracht worden ist. Bei Leistungserstellungskosten von Null kann sich die Verleihungsabgabe nicht auf den Sachgrund des Aufwandsausgleichs stützen, um ihre steuerstaatliche Bedenklichkeit zu widerlegen. Sie ist daher maßgeblich auf den Sachgrund des Vorteilsausgleichs angewiesen. 159 Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: Faller/Kirchhof/Träger (Hrsg.), Festschrift für W i l l i Geiger, S. 518 (520f.). Siehe hierzu auch Teil D, Fn. 41.

IV. Legitimation nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat (2) Vorteilsausgleich

353

(Abschöpfung)

Vor dem materiellen Steuerstaatsprinzip werden nichtsteuerliche Verleihungsabgaben überwiegend mit dem Hinweis auf ihre Abschöpfungsfunktion legitimiert. Daß eine vorteilsausgleichende Gebühr im Steuerstaat des Grundgesetzes ohne weiteres gerechtfertigt ist, gilt vielen sogar als nahezu gesicherte Erkenntnis. 160 Osterloh hat hingegen darauf aufmerksam gemacht, daß nicht schon der Abschöpfungszweck als solcher einen Gebühren- oder Beitragsvorbehalt begründet. Der Gebühren- und Beitragsgesetzgeber dürfe Vorteile vielmehr nur abschöpfen, wenn und weil er befugt ist, diese in ein besonderes staatliches Leistungsschuldverhältnis einzubinden. 161 Gegenüber der Steuer habe also nicht der Abschöpfungszweck per se distanzschaffende Wirkung, sondern allein der Umstand, daß eine Gebühr Gegenleistung für eine individuell zurechenbare Staatsleistung ist. Dementsprechend habe auch das Bundesverfassungsgericht stets die Offenheit des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs für die Verfolgung im übrigen verfassungsrechtlich legitimer Ziele durch den Steuergesetzgeber betont und im Beschluß zur Wertsteigerungsabgabe 162 insbesondere auch die Vorteilsabschöpfung als steuerlichen Belastungsgrund akzeptiert.

1 ήΐ

Wie überdies die Beschlüsse zur Schankerlaubnissteuer und zur Spielbankabgabe zeigen, machte man es sich hiernach in der Tat zu leicht, wenn man die Verleihungsgebühr schlicht auf den Sachgrund der Vorteilsabschöpfung stützte und diesem Gesichtspunkt ohne weiteres auch steuerverdrängende Wirkung zuspräche. Kann der isolierte Hinweis auf den Abschöpfungszweck die steuerstaatliche Bedenklichkeit einer nichtsteuerlichen Verleihungsabgabe somit offenbar nicht automatisch widerlegen, so dürften gerade regulierungsannexe Verleihungsgebühren auf größere Legitimationsprobleme stoßen, als dies unter den Befürwortern der Verleihungsgebühr gemeinhin gesehen wird. Da sich die regulierungsannexe Abgabe indes nach dem Grundsatz der Zweckakzessorietät einer lenkenden Einflußnahme auf die Rechtsverleihung zu enthalten hat, ist gerade sie besonders auf die Rechtfertigungskraft des Abschöpfungszwecks angewiesen. Auf eine Steuerdistanz qua lenkender Sachgestaltung kann sie sich jedenfalls nicht ohne weiteres berufen. 164 160

Vgl. z.B. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 156ff. Osterloh, „Öko-Steuern" und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff, N V w Z 1991, 823 (827). 162 BVerfGE 3, 407 (436). 163 Osterloh, „Öko-Steuern" und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff, N V w Z 1991, 823 (826 f.). 161

23 Drömann

354

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Geraten regulierungsannexe Abgaben somit unter einen gewissen Erklärungsdruck, so ist im folgenden nach etwaigen Sachgründen zur Verankerung des Abschöpfungszwecks gerade im Vorzugslastenregime zu fragen. Hier können nun in der Sache jene Gesichtspunkte herangezogen werden, die sich nach hier vertretener Ansicht nicht als zulässigkeitsbeschränkende Ableitungen eines materiell konkretisierten Steuerstaatsprinzips bewährt haben. Angesprochen sind damit die Forderung nach der verzichtsgleichen Abgabe wirtschaftlicher Werte durch den Staat sowie, damit zusammenhängend, das Erfordernis der wirtschaftlichen Verwertbarkeit des verliehenen Rechts. Wenn diese Leistungsumstände hier zu erneuter Bedeutung gelangen, dann allerdings nicht, weil sie im Sinne eines materiell verstandenen Steuerstaatsprinzips dazu verhelfen sollten, den Kreis gebührenfähiger Rechte und damit das durch Verleihungsgebühren erzielbare Abgabeaufkommen einzuschränken. Die verzichtsähnliche Übertragung wirtschaftlicher Werte auf den Abgabeschuldner gewinnt hier vielmehr deshalb Bedeutung, weil bei ihrem Vorliegen ein tauschähnlicher Vorgang verwirklicht wird, der den Abschöpfungsvorgang auch bei wertender Betrachtung in die Nähe einer Vorzugslast rückt. Ausgangspunkt dieser These ist die Einsicht, daß die mit der Rechtseinräumung erfolgende Abgabe eines wirtschaftlichen Wertes aus dem Staatsvermögen keine maßgebliche Rolle auf der Ebene des Gebührentatbestands spielt. Insoweit ist allein die individuell zurechenbare Rechtsverleihung entscheidend, bei deren Vorliegen nach hier vertretener Ansicht auch der Gebührentatbestand erfüllt ist. Danach kann der Staat die Vorteile aus Rechtsverleihungen zwar auf außersteuerlichem Wege abschöpfen, jedoch ist er zur Erreichung seines Abschöpfungszwecks nicht zwingend auf die Erhebung etwa einer Gebühr angewiesen, sondern könnte hierzu a priori ebensogut eine Steuer erheben. In Ausübung seines Tatbestandswahlrechts müßte er hierfür anstelle der Rechtsverleihung lediglich die Erzielung von Gewinnen aus der Rechtsverwertung belasten und wäre hierzu bei einer entsprechend restriktiven Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips möglicherweise sogar verpflichtet. In dieser Situation kann die Abgabe eines wirtschaftlichen Wertes bei eigenem Nutzungsverzicht des Staates einen beachtlichen Sachgrund dafür abgeben, daß der Gesetzgeber den zu belastenden Sachverhalt nicht steuer164

Vgl. Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, in: Umweltschutz durch Abgaben und Steuern, UTR 16 (1992), 15 (49): Je enger eine sog. reaktive Sonderabgabe im Dienste der jeweiligen Sachregelung steht, desto größer ist ihr Abstand zur Steuer und desto geringer können die distanzsichernden Anforderungen an die Abgabeausgestaltung ausfallen. Auf andere nichtsteuerliche Abgaben, insbesondere Vorzugslasten, läßt sich dieser Gedanke ohne weiteres übertragen.

IV. Legitimation nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat

355

lieh auskleidet, sondern unter Betonung des Tauschcharakters der Gesamttransaktion durch eine Gebühr erfaßt. Gibt der Staat z.B. Gewinnungsrechte an Bodenschätzen auf, so entstehen ihm Opportunitätskosten, indem er auf die anderweitige Vermarktung der Ressourcen und gegebenenfalls auf eine eigene wirtschaftliche Betätigung verzichtet. Bei wirtschaftlicher Betrachtung erhält die Transaktion damit auch auf einer vom Gebührentatbestand verschiedenen Betrachtungsebene tauschähnlichen Charakter: Tatbestandliche Gegenleistung bleibt zwar das verliehene Recht, materiell begibt sich der Staat mit der Rechtsverleihung aber zugleich auch eines Teils aus seinem nicht beliebig vermehrbaren Staatsvermögen. Derartige Leistungsumstände mögen in der Tat selbst im Steuerstaat des Grundgesetzes einen zureichenden Sachgrund für außersteuerliche Abschöpfungen begründen können. Aus Sicht des einzelnen stellt sich die Transaktion nicht lediglich als Verstetigung der eigenen Reproduktionsfähigkeit durch die Bereitstellung staatlicher Rahmenbedingungen dar, sondern als Verbreiterung seiner Reproduktionsbasis. Wenn der Staat dies zum Anlaß einer maßvoll bemessenen, außersteuerlichen Belastung nimmt, verschüttet er weder die Leistungsmotivation privater Wirtschaftssubjekte, noch bringt er deren Leistungsfähigkeit als staatliche Reproduktionsquelle zum Versiegen. Vielmehr entspricht er geradezu dem Postulat der Trennung von Staat und Eigenwirtschaft, indem er auf die eigene ökonomische Betätigung verzichtet und sie statt dessen Privaten überläßt, an deren Wertschöpfung er später durch einen steuerlichen Zugriff partizipieren kann. Dem sog. Wesen des Steuerstaates muß eine außersteuerliche Belastung in diesem Fall somit nicht widersprechen. 165 Bei der Verleihung von Monopol- bzw. geschützten Marktstellungen kann sich Entsprechendes ergeben. Überträgt der Staat Marktzutrittsrechte auf Private, denen er wie im Falle des LAbfG NW Konkurrentenschutz durch eine planende Zulassungspraxis gewährt, so verzichtet er darauf, im öffentlichen Interesse notwendige Tätigkeiten durch Eigenbetriebe zu verrichten. Auch hier wird nicht nur ein Recht individuell zugewandt, sondern vor allem ein wirtschaftlicher Wert in Form beträchtlicher Umsatzchancen oder gar -gewißheiten übertragen, wobei die überlassenen Marktzutrittsrechte unter den Prämissen einer sachbereichs- und kapazitätslenkenden Planung auch hier nicht als beliebig vermehrbar betrachtet werden können. Ist die Rechtsverleihung Bestandteil und Mittel einer derartigen Wertübertragung bei eigenem Verzicht des Staates, so kann die dabei entstehende Tauschsituation auch im Steuerstaat des Grundgesetzes beachtlicher Sachgrund für eine gebührenrechtliche Abschöpfung sein. 165

23'

Vgl. zum sog. Steuerstaat Gliederungspunkt C H I .

356

E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Rein tatsächlich sind die Voraussetzungen für die Annahme einer tauschähnlichen Wertübertragung indes nicht durchgängig gegeben. Schon die Frage, ob beispielsweise bei der Überlassung von Wasser zur Nutzung ein wirtschaftlicher Sondervorteil vorliegt, kann man entgegen der vorherrschenden Betrachtungsweise mit guten Gründen verneinen. Hansmeyer/Ewringmann etwa wollen von einem Sondervorteil grundsätzlich nur dort sprechen, wo eine individuelle Vorteilsnahme zu Lasten des Gemeinwohls erfolgt. Demzufolge kann auch die Wasserentnahme nur dann einen Sondervorteil begründen, wenn sie Wohlfahrts- und Gemeinwohlverluste in Form von Ausschlüssen anderer Gewässernutzungen erzeugt. 166 Da Wasser jedoch eine prinzipiell erneuerbare Ressource ist, sind Gewässerentnahmen zumindest solange nicht mit Nachteilen für andere Entnahmeinteressenten verbunden, wie sich die Entnahmen noch im Rahmen der natürlichen Erneuerungsraten halten. 1 6 7 Nach Ansicht von Hansmeyer/Ewringmann können die Bedingungen für eine Bepreisung der Wassernutzung auf der Grundlage des Sondervorteilsarguments somit im Ergebnis nur bei der Grundwassernutzung vorliegen, und dieses auch nur dann, wenn einzelne Entnehmer auf qualitativ hochwertige Quellen zurückgreifen dürfen, während andere Entnehmer von diesen Quellen und diesen Qualitäten ausgeschlossen werden. 168 Demgegenüber lasse sich die Bepreisung der Oberflächenwasserentnahme nicht mit der Gewährung eines Sondervorteils begründen. 169 Bei Wasserentnahmeentgelten erweist sich der Sachgrund der Vorteilsabschöpfung somit schon für sich gesehen als nur bedingt tragfähig. Bei Fehlen einer wirtschaftlichen Tauschsituation ist überdies fraglich, ob ein etwa gegebener Sondervorteil zur Abschöpfung auf dem Gebührenwege berechtigt. Denn von einem Verzicht des Staates auf den eigenen Ressourcenverbrauch wird man bei Abwesenheit entnahmebedingter Knappheitsfolgen zumindest bei der Entnahme von Oberflächenwasser nicht sprechen können. Vom äußeren Erscheinungsbild her liegt statt einer gebührennahen Tauschsituation hier eher eine einseitige Zuteilung von Gütern der Allgemeinheit durch den Staat vor, die ebensogut eine Abschöpfung auf steuerlichem Wege zuzulassen scheint. Hierfür mag schließlich auch sprechen, daß sich die Verfügbarkeit von Wasser und Luft grundsätzlich auch jenen Rahmenbedingungen zuordnen läßt, deren Vorhaltung und Pflege sich der Staat üblicherweise auf der Grundlage des sog. Reproduktionsprinzips durch Steuern »entgelten4 läßt. 1 7 0 166 Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 32. Auch Boreil/Schemmel/ Stern melden im Falle der Wasserentnahme Zweifel an dem Vorliegen eines Sondervorteils an. Vgl. dies., Sonderabgaben für den Umweltschutz?, S. 95. 167 Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 35 f. 168 Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 36. 169 Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig, S. 37.

IV. Legitimation nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat

357

Bei der Verleihung von Bergrechten hingegen bestehen am Vorliegen eines Sondervorteils keine Zweifel. Bergfreie Bodenschätze vermitteln dem Abbauberechtigten einen wirtschaftlichen Vorteil zu Lasten aller, die gegenwärtig und künftig nicht mehr auf die entnommenen Ressourcen zurückgreifen können. Die Entnahmeberechtigung führt zu einem de-facto Ausschluß aller sonstigen Entnahmeinteressenten einschließlich des Staats. Dabei verzichtet der Staat nicht nur auf den unmittelbaren Abbau der Bodenschätze, sondern überläßt dem Konzessionsnehmer das beleihungsfähige Bergrecht überdies als Kreditunterlage bzw. höhlt den Beleihungswert des eigenen Bergrechts in entsprechendem Umfang aus. 1 7 1 Zumindest unter solchen Umständen wird man selbst im bundesstaatlichen Steuerstaat einen zureichenden Sachgrund für außersteuerliche Vorteilsabschöpfungen auf dem Gebührenwege bejahen und damit zugleich auch die Vereinnahmung der Abgabe durch die jeweils verzichtende Gebietskörperschaft sicherstellen können. Solange Rechtverleihungen mit der verzichtsgleichen Übertragung wirtschaftlicher Werte oder Expektanzen durch den Staat einhergehen, darf eine Verleihungsgebühr somit auch im Steuerstaat des Grundgesetzes erhoben werden. Regulierungsannexe Verleihungsabgaben, auf die diese Bedingungen zutreffen, können sich daher für ihre außersteuerliche Erhebung auf einen zureichenden Sachgrund berufen (z.B. bergrechtliche Förderabgabe, Lizenzentgelt). Auf Wasserentnahmeentgelte treffen diese Bedingungen indes nur eingeschränkt zu. Ihre steuerstaatliche Legitimation wird daher maßgeblich auf einen anderen Sachgrund zu stützen sein. Möglicherweise kommt als solcher die Verfolgung von Lenkungszwecken in Betracht. bb) Lenkungszweck Im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, daß sich eine nichtsteuerliche Abgabe auf umso größere Steuerdistanz berufen könne, je enger sie im Dienste einer Sachregelung steht. 1 7 2 Insbesondere dem Verursachergedanken wird distanzschaffende Kraft gegenüber der Steuer jedenfalls dann zugebilligt, wenn er tragender Erhebungsgrund einer nichtsteuerlichen 170

Vgl. zu diesem Aspekt der Rechtfertigung von Steuern Fn. 227 in Teil D. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Halbs.2 BBergG werden die für Grundstücke geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches auf Bergwerkseigentum, zu dem die Ausübung der in § 8 BBergG (Bewilligung) gewährten Rechte gehört, entsprechend angewandt. Demnach gehört das Bergwerkseigentum zu den sog. grundstücksgleichen Rechten; vgl. Palandt/Bassenge, Überblick vor § 873 BGB, Rdn. 3. Zum Gesichtspunkt der Beleihungsfähigkeit von Bergrechten siehe BT-Drs. 8/1315, S. 71. 172 Vgl. Selmer, Verfassungsrechtliche und finanzrechtliche Rahmenbedingungen, in: Umweltschutz durch Abgaben und Steuern, UTR 16 (1992), 15 (49). 171

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Abgabe ist. 1 7 3 Fraglich ist, ob sich auch nichtsteuerliche Verleihungsabgaben unter dem Gesichtspunkt eigenen Sachregelungsgehalts dem Grunde nach gegenüber dem Steuerstaat legitimieren können. Insoweit ist indes zu unterscheiden: Für die regulierungsannexe Verleihungsabgabe wird man die vorstehende Frage zu verneinen haben. Sie hat sich nach dem Grundsatz der Zweckakzessorietät jeglicher Lenkungswirkungen zu enthalten, damit die regulierenden Gestaltungswirkungen des ihr vorgeschalteten Verwaltungsprogramms gerade nicht durch eine lenkende Abgabebemessung durchkreuzt werden. 1 7 4 Die regulierungsannexe Verleihungsabgabe steht damit nicht im Dienste einer Sachregelung, sondern schöpft lediglich jene Vorteile ab, die das hinsichtlich der Gestaltungswirkung abschließende Verwaltungshandeln auf den vorangehenden Stufen überbracht hat. Wie sich des weiteren ergab, dient die internalisierende bzw. lenkende Verleihungsabgabe dagegen auch noch auf der dritten Stufe den Vorsorge- und Sparzielen der vorangehenden Stufen und kann, da zweckverwirklichend, grundsätzlich als lenkende Abgabe ausgestaltet werden. Wegen dieser Sachbezogenheit kann sie somit auch prinzipiell auf eine gewisse Steuerdistanz verweisen. Entscheidend ist damit, ob die Sachbezogenheit lenkender Verleihungsabgaben ausschließlich sachkompetenzeröffnende oder zugleich auch steuerverdrängende Wirkung entfaltet. Letzteres läßt sich indes durchaus hinterfragen. Auch die Steuer kann ohne weiteres Lenkungszwecke erfüllen und kann dem Internalisierungsgedanken prinzipiell ebenso dienen wie die Gebühr. Soweit es darum geht, den Mitgliedern des Gesamtkollektivs soziale (Gemein-) Kosten aufzuerlegen, die sich wie Folgenbeseitigungsund Reinhaltungsmaßnahmen an Gewässern zu einem Großteil gerade nicht verursachungsgerecht zurechnen lassen, dürfte die Steuer dem Grundgedanken der Sozialkostenfinanzierung sogar tendenziell näherstehen als etwa die Gebühr. Denn in der Modellbetrachtung sollen im Sinne des Verursacherprinzips zunächst die Verursacher zur Internalisierung der von ihnen erzeugten externen Effekte veranlaßt werden, bevor die Gesellschaft im Sinne des Gemeinlastprinzips die Neutralisierung externer Effekte übernimmt. 175 Im Falle von allgemeinen Reinhaltungsmaßnahmen für Gewässer, welche nicht nur auf die Entnahmetätigkeit der Abgabeschuldner zurückgehen, sondern auch durch das umweltschädigende Verhalten Dritter erforderlich werden, dürften somit in der Tat auch solche Kostenbestandteile vorliegen, zu deren Deckung an sich das Gemeinlastprinzip herangezogen werden müßte, weil sie sich nicht verursachungsgerecht zurechnen lassen. 173 Selmer, Finanzierung des Umweltschutzes und Umweltschutz durch Finanzierung, in: Thieme (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, S. 25 (45). 174 Vgl. Gliederungspunkt E I I I 4. 175 Brossmann, Der Wasserpfennig, NuR 1988, 121 (122).

IV. Legitimation nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat

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Wie die Umweltabgabendebatte zeigt, scheint das Schrifttum die grundsätzliche Lenkungs- und Zwecktauglichkeit steuerlicher Belastungsformen indes nur selten zum Anlaß zu nehmen, den lenkenden Einsatz von Vorzugslasten zu hinterfragen. Einen Grund hierfür mag man darin erkennen können, daß die Rechtfertigung nichtsteuerlicher Umweltabgaben nicht nur auf dem Internalisierungsgedanken, sondern auch auf dem Entgeltmodell beruht. Insoweit erkennt man in der „Umweltgebühr" dann ein „ökonomisches Instrument zum Umweltschutz" 1 7 6 und zieht die ökonomische Rationalität einer Gebührenerhebung auf Umweltnutzungen gerade auch zur Rechtfertigung vor dem Steuerstaatsprinzip heran, indem man die Gebühr auf der Grundlage der klassischen Tauschanalogie für die Belastung von Umweltnutzungen als geradezu prädestiniert betrachtet. Als Entgeltabgabe verwirkliche die Gebühr die ökonomische Grundidee, im Sinne des Entgeltmodells einen Marktpreis für Umweltgüter zu simulieren, im Vergleich zu anderen Belastungsmöglichkeiten besonders gut. 1 7 7 Die Staatsaufgabe Umweltschutz durch ökonomische Instrumente zu verwirklichen, sei legitim und angesichts des Vollzugsdefizits ordnungsrechtlicher Instrumentierungen im übrigen auch rational. Vor dem Steuerstaatsprinzip seien daher insbesondere auch Verleihungsgebühren auf die Wassernutzung gerechtfertigt. 178 Eine abschließende Stellungnahme zu den anstehenden Fragen soll hier nicht versucht werden. Kritischer Überprüfung bedürfte indes die der Umweltnutzungsgebühr zugrundeliegende Prämisse, daß die Nutzung öffentlicher Güter sowie natürlicher Ressourcen ohne weiteres auch bei Fehlen einer staatlichen Einrichtung dem Erscheinungsbild einer entgeltfähigen Austausch- bzw. Leistungsbeziehung nahekommt. Zumindest unter Zurechenbarkeitsgesichtspunkten dürfte die Behauptung einer entgeltfähigen Umweltnutzung in der Tat nur dann auf relativ sicherem Boden stehen, wenn die Nutzung auf der vorherigen Verleihung eines exklusiven Nutzungsrechts beruht. Bei Abwesenheit eines individuellen Zurechnungsakts dürfte sich die fragliche Tauschbeziehung hingegen eher auf eine „generelle Entgeltlichkeit" zubewegen, wie sie nach Ansicht mancher auch der Steuer zueigen sein soll. 1 7 9 Hinzu kommt des weiteren, daß mit dem Befund einer auch im engeren Sinne speziellen Entgeltlichkeit der Umweltnutzung nur die Tür zum Gébûhientatbestand aufgestoßen wäre, der Gesetzgeber sich also im Sinne der hier vertretenen Konzeption zusätzlich noch um die Darlegung eines Sachgrundes dafür bemühen müßte, warum er auf die nichtsteuerliche Belastungsvariante zugreift und einen steuerlichen Zugriff nicht erwägt. Auch hierzu bedürfte es dann letztlich des Nachweises, daß die 176 177 178 179

Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 165, 176. Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 165, 176. Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressourcen, S. 165. Vgl. etwa PrOVGE 18, 23 (28); Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 47.

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

Umweltnutzung nicht nur tatbestandlich die Gebührenerhebung ermöglicht, sondern sie - bei Abwesenheit individueller Kostenverursachung - aufgrund eines Sondervorteils überdies auch rechtfertigt. Wie gezeigt, kann man insoweit aber im Fall von Umweltnutzungen durchaus unterschiedlicher Ansicht sein. Sollte es im Einzugsbereich der Umweltabgabendebatte in der Tat allein darum gehen, die Kostenlosigkeit der Nutzung des öffentlichen Gutes Umwelt zu beenden und der Umweltnutzung einen Preis zuzuordnen, 180 so verbleibt daher insgesamt noch ein beträchtlicher Begründungsaufwand zur Klärung der Frage, warum und in welchen Fällen gerade die Gebühr dieses Gestaltungsziel umsetzen soll. Sofern die der Gebühr nachgesagte höhere Lenkungseffizienz gegenüber indirekten Verbrauchsteuern im Einzelfall nachgewiesen werden kann, mag hierin ein beachtlicher Sachgrund gesehen werden können. 1 8 1 Im übrigen wird sich die wissenschaftliche Diskussion hier aber wohl einzugestehen haben, daß die Frage nach der Beachtlichkeit nichtsteuerlicher Belastungsgründe im Steuerstaat auch eine Frage gesellschaftspolitischer Meinungsströme ist, die sich einer dogmatischen Aufbereitung in Teilbereichen entziehen mag. In der Bundesrepublik des ausgehenden 20. Jahrhunderts scheint sich in diesem Sinne etwa zur Frage der Umweltnutzung eine grundsätzliche Übereinstimmung dahin herausgebildet zu haben, daß umweltbezogenen Maßnahmen des Staates ganz generell ein Status von Legitimität und Vorrangigkeit eingeräumt wird, der gelegentlich auch widerstreitende Gesichtspunkte dogmatischer Natur zu überragen vermag. Hinsichtlich der Beachtlichkeit von Sachgründen, welche den Gesetzgeber im Einzelfall von seiner Verpflichtung auf den Steuerstaat befreien können, tut sich damit in der Tat ein Wertungsspielraum auf, der letztlich auch ein Spiegel der gesellschaftspolitischen Entwicklung ist. Die auf die Staatspraxis unter dem Eindruck sich zuspitzender Knappheitslagen im einzelnen noch zukommenden Grundsatzentscheidungen, bestimmte Sozialbereiche einer Gebührenlenkung oder generell einer Gestaltung durch nichtsteuerliche Abgaben zu unterwerfen, werden von Lehre und Rechtsprechung demnach nicht immer vorherbestimmt werden können, sondern in Einzelfällen schlicht als politisch beachtlich zu tolerieren sein. Vor diesem Hintergrund kann die Darlegungspflicht des Gesetzgebers wertvolle Dienste insofern erweisen, als sie den Gesetzgeber bei im übrigen bestehender Zwecksetzungskompetenz zumindest verpflichtet, sich vor der Regelung einer nicht herkömmlichen nichtsteuerlichen Abgabe auf einen im Steuerstaat beachtlichen Sachgrund zu beziehen. Angesichts des auch anhand eines materiell konkretisierten Steuerstaatsprinzips kaum einzuengenden Vorrangs der Politik in diesem Bereich der Staatspraxis kann eine formelle 180 181

So Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressoucen, S. 24. Meyer, Gebühren für die Nutzung von Umweltressoucen, S. 27.

IV. Legitimation nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat

361

Darlegungslast somit dazu beitragen, daß zumindest das gesetzgeberische Entscheidungsverfahren einer strikten Bindung unterworfen wird und die Ordnungsfunktion der Finanzverfassung damit hinsichtlich des Ordnungsrahmens erhalten bleibt. Wenngleich eine gestrenge Prüfung im Falle von Wasserentnahmeentgelten somit durchaus erhebliche Bedenken hinsichtlich der Frage hervorgerufen hat, ob sich diese Abgaben vor dem Steuerstaat des Grundgesetzes tatsächlich als Vorteilsabschöpfungs- bzw. Lenkungsabgaben rechtfertigen lassen, kann die grundsätzliche Legitmationsfähigkeit dieser Abgaben wegen des insoweit verbleibenden Wertungsspielraums letztlich wohl nicht in Frage gestellt werden. Der Schutz der Umwelt und das paradigmatische Leitbild von der Belegung knapper Güter mit Entgelten dürften inzwischen einen Stellenwert einnehmen, der nach weitverbreiteter Ansicht selbst erhebliche Bedenken an der steuerstaatlichen Legitimationsfähigkeit von Umweltabgaben zu überwiegen scheint. Müssen bei maßvoller Betrachtung somit auch die Wasserentnahmeentgelte der Länder als steuerstaatlich gerechtfertigt betrachtet werden, so kann abschließend die Frage erörtert werden, welche Rolle schließlich die konkrete Tatbestandsanknüpfung für die Legitimationsfähigkeit nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben spielen kann.

b) Zur Bedeutung der Steuerdistanz der Tatbestandsanknüpfung Wie bereits angemerkt, können die verschiedenen Anknüpfungsmuster des Verleihungskonzeptes (Rechtsverleihung bzw. Rechtsausübung) aufgrund ihrer jeweiligen Steuerdistanz bzw. Steuernähe eine durchaus unterschiedliche Abwehrhaltung des Steuerstaates hervorrufen. Einen insoweit beachtlichen Einwand hat Pietzcker formuliert: In der Sache werde durch die Verleihungsgebühr auf die Rechtseinräumung der vermutete wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft, der nach Realisierung Gegenstand der Steuererhebung sei. Steht bei dieser wirtschaftlichen Betrachtungsweise somit schon die auf die Rechtseinräumung erhobene Verleihungsgebühr in Konkurrenz zur Steuer, 182 so dürfte dieses Konkurrenzverhältnis bei der auf die Ausübung oder das Gebrauchmachen von Rechten erhobenen Verleihungsabgabe noch stärker ausgeprägt sein. Denn bei ihr werden in der Tat nicht nur vermutete, sondern bereits realisierte Vorteile abgeschöpft. Das Schrifttum hat die Problematik der Steuernähe von Verleihungsgebühren zwar aufgenommen, in der Sache aber nur teilweise entkräftet. So hat Wieland die Steuerkonkurrenz von Verleihungsgebühren im Ergebnis 182 So Pietzcker, Abgrenzungsprobleme zwischen Benutzungsgebühr, hungsgebühr, Sonderabgabe und Steuer, DVB1. 1987, 774 (778).

Verlei-

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

zwar verneint, zur Begründung allerdings maßgeblich auf das Zugriffsobjekt von Verleihungsabgaben, nicht aber auf die jeweilige Anknüpfung abgestellt. Anders als Steuern, welche auf die allgemeine Leistungsfähigkeit der Bürger Zugriffen, ließen Verleihungsgebühren die allgemeine Leistungsfähigkeit völlig unberührt und seien insoweit der Steuer verschieden. Die Verleihungsgebühr schöpfe vielmehr allein den in der Rechtsverleihung liegenden Sondervorteil ab, während die Steuer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bürgers in der Form belaste, wie sie sich ohne Sondervorteil darstellt. 183 Um die Steuerferne der Verleihungsgebühr auch institutionell abzusichern, hat Heimlich aus diesem Zusammenhang abgeleitet, daß Verleihungsgebühren nur aus dem verleihungsinduzierten Vermögenszuwachs entrichtet und aus diesem Grunde auch nur auf wirtschaftlich verwertbare Rechte erhoben werden dürfen. Dann nämlich greife der Staat nicht auf die allgemeine Leistungsfähigkeit zu, sondern begrenze nur den Vermögenszuwachs, was er auch vor dem Steuerstaatsprinzip ohne weiteres mittels Gebühren tun könne. 1 8 4 Der Einwand Pietzckers scheint mit diesem Hinweis allerdings noch nicht ausgeräumt. Denn wie bergrechtliche Förderabgabe und Lizenzentgelt nach dem LAbfG NW zeigen, gibt es Verleihungsgebühren, die zwar wirtschaftlich nutzbare Rechte belasten, gleichzeitig aber erst bei Vorteilsrealisierung abschöpfen. 185 Bei ihnen ist der Belastungsgrund somit erst dann vollendet, wenn ein wirtschaftliche Leistungsfähigkeit signalisierender Sachverhalt bereits gegeben ist. Das zuvor eingeräumte Recht mag sich zu diesem Zeitpunkt aber durchaus schon längere Zeit im Vermögen des Abgabeschuldners befunden haben und könnte daher bei natürlicher Betrachtungsweise ebensogut zum vorhandenen Vermögensbestand des Förderrechts- bzw. Lizenzinhabers gezählt werden mit der Folge, daß die entsprechenden Abschöpfungsabgaben dann ebenso auf die allgemeine Leistungsfähigkeit Zugriffen. Muß man hieraus folgern, daß Abgaben auf das Gebrauchmachen oder die Nutzung von Rechten im Steuerstaat des Grundgesetzes schlechterdings nicht rechtfertigungsfähig sind? Eine solche Schlußfolgerung würde indes zu weit führen. In der Sache liegt auch hier wieder ein Konflikt zwischen der Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes und dem Tatbestandswahlrecht bzw. dem Ausgestaltungsrecht des zwecksetzungskompetenten Gesetzgebers vor, das nach hier vertretener Ansicht nicht einseitig im Sinne des Steuerstaates aufgelöst werden sollte. 1 8 6 Wenn die anläßlich der Rechtsverleihung stattfindende Aufgabe 183

Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 305. Vgl. Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 267 f. 185 Einzelheiten zur Ausgestaltung dieser Abgaben siehe Gliederungspunkt A I I I 1. 186 Ygi j m einzelnen Gliederungspunkt C I I 3 c) cc) (3). 184

IV. Legitimation nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat

363

wirtschaftlicher Werte den Staat dazu berechtigt, auf eine Sachkompetenzabgabe zuzugreifen und sich überdies von seiner Verpflichtung auf den Steuerstaat loszusagen, so muß er den an sich legitimen Belastungsgrund konsequenterweise auch in freier Entscheidung ausgestalten dürfen. Dazu gehört dann allerdings auch die Entscheidung darüber, wann der konkrete Belastungsgrund tatbestandlich vollendet sein soll. Auch insoweit ist wieder das Beispiel der bergrechtlichen Förderabgabe instruktiv, welche „ . . . für die innerhalb des jeweiligen Jahres aus dem Bewilligungsfeld gewonnenen oder mitgewonnenen bergfreien Bodenschätze" zu entrichten ist ( § 3 1 Abs. 1 Satz 1 BBergG). Begründen läßt sich diese Anknüpfung mit dem Hinweis, daß ein Recht zur Ausbeutung von Bodenschätzen verliehen wird, auf das der Staat bei eigener Entreicherung verzichtet. Faktischer Entzug der Bodenschätze und Entreicherung des Staates finden indes erst durch die Ausbeutung bzw. Gewinnung selbst statt, während die - grundsätzlich widerrufliche - Rechtsverleihung noch nicht zu einer Verringerung der wirtschaftlichen Übertragungsmasse führt. Begründet man die Abgabe mit der Entreicherung des Staates, so ist es folglich auch konsequent, wenn der Tatbestand auch formell auf die materielle Entreicherung abstellt, indem die Abgabe erst die „für die gewonnenen Bodenschätze" erhoben wird. Spräche man dem Gesetzgeber hier das Recht auf eine sachgerechte Tatbestandsgestaltung mit der Begründung ab, daß die Abgabe auf das Gebrauchmachen zu steuernah sei, liefe dies auf die Bejahung einer Zweifelsregelung zugunsten der Steuer hinaus, die hier jedoch gerade unter Hinweis auf die Zwecksetzungskompetenz des Gesetzgebers abgelehnt wurde. 1 8 7 Auch auf das Gebrauchmachen von einem Recht erhoben, bleibt die Verleihungsabgabe die abgabenrechtliche Antwort auf die Übertragung eines entgeltwerten Rechts bei eigenem Verzicht des Staates. Der Sachgrund, welcher die Verankerung des Abschöpfungsvorgangs im Vorzugslastenregime nach hier vertretener Auffassung auch im Steuerstaat des Grundgesetzes legitimiert, bleibt bei Abgaben auf das Gebrauchmachen oder die Nutzung von Rechten somit erhalten. Die Rechtfertigung des eigentlichen Belastungsgrundes trägt die konkrete Tatbestandsanknüpfung folglich mit, solange der Belastungsgrund dabei nicht in materieller Hinsicht verschoben wird. Auf die bergrechtliche Förderabgabe trifft dies zu: Sie wird nach der Gesetzesbegründung erhoben für die „Zulassung, eine an sich nicht erlaubte Tätigkeit auszuüben und hierbei einige ausschließliche Rechte für sich in Anspruch nehmen zu können." 1 8 8 Materieller Belastungsgrund ist somit die Rechtsverleihung. Weil durch sie wirtschaftliche Werte bei Entreicherung des Staates übertragen werden, 187 188

Gliederungspunkt C I I 3 c) cc) (3). BT-Drs. 8/1315, S. 95.

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

berechtigt sie auch im Steuerstaat zur Vorteilsabschöpfung durch Gebühren. Eine unzulässige Konkurrenz zur Steuer entsteht dabei selbst dann nicht, wenn die Abschöpfung erst bei Vorteilsrealisierung stattfindet. Denn auch bei dieser Anknüpfung bleibt der steuerverdrängende Sachgrund eines individuell zurechenbaren Vermögenstausches erhalten. 189

3. Schluß Zusammenfassend ergibt sich für Verleihungsabgaben damit folgendes Bild: Als regulierungsannexe Abgaben können Verleihungsgebühren in individualrechtlicher Hinsicht gerechtfertigt werden, wenn sie an Ausnahmegewährungen von einem repressiven Verbot anknüpfen und der Staat wirtschaftlich verwertbare Rechte überträgt. Überläßt der Staat anläßlich der Rechtsverleihung zugleich wirtschaftliche Werte oder Gewinnerwartungen und verzichtet er gleichzeitig auf die eigene Vorteilsrealisierung, so beruht die gebührenmäßige Abschöpfung überdies auf einem selbst im Steuerstaat des Grundgesetzes beachtlichen Sachgrund. Aus Sicht des Steuerstaates ist die außersteuerliche Abschöpfung dabei umso unbedenklicher, je substantieller der staatliche Verzicht ist. Ob die Abgabepflicht schließlich bereits mit der Rechtsverleihung entsteht oder erst zum Zeitpunkt der Rechtsnutzung, ist bei gegebenem Sachgrund unerheblich. Sofern die außersteuerliche Vorteilsabschöpfung dem Grunde nach gerechtfertigt ist, darf der zwecksetzungskompetente Gesetzgeber das Verleihungskonzept im Rahmen sachgerechter Tatbestandsgestaltung frei ausgestalten. Daher ist er grundsätzlich auch nicht gehindert, regulierungsannexe Verleihungsabgaben auf das Gebrauchmachen oder die Nutzung von verliehenen Rechten zu erheben (Bergrechtliche Förderabgabe, Lizenzentgelte). 189

Eine andere Frage ist freilich, ob eine unzulässige Steuerkonkurrenz dadurch entstehen kann, daß der Staat in die Bemessung der Gebühr auch verleihungsfremde Komponenten einbezieht. Werterhöhende Veredelungsmaßnahmen etwa, die erst im Anschluß an die Gewinnung erfolgen, beruhen nicht auf dem vom Staat verliehenen Gewinnungsrecht, sondern auf der freien wirtschaftlichen Betätigung und Disposition des aufbereitenden Unternehmers. Hierfür kann der Staat nach Ansicht von Piens/Schulte/Vitzthum nur eine Steuer erheben; vgl. dies., Bundesberggesetz, § 31, Rdn. 4; ebenso Boldt/Weller, Bundesberggesetz, § 32, Rdn. 7. Im einzelnen sind hiermit zugleich Fragen einer an Äquivalenzprinzip und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten Abgabenbemessung angesprochen, die hier nicht mehr vertieft werden sollen. Siehe dazu etwa Heimlich, Die Verleihungsgebühr als Umweltabgabe, S. 272 ff. Im Fall regulierungsannexer Verleihungsabgaben spricht nach dem Grundsatz der Zweckakzessorietät in der Tat einiges dafür, nur den durch die Rechtsverleihung vermittelten Stammnutzen abzuschöpfen, während der durch individuelle Findigkeit erzeugte Zusatznutzen beim Konzessionsnehmer verbleiben sollte. Dieser stünde dann grundsätzlich dem steuerlichen Zugriff offen.

IV. Legitimation nichtsteuerlicher Verleihungsabgaben im Steuerstaat

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Auch internalisierende bzw. lenkende Verleihungsabgaben können gerechtfertigt werden, wenn sie an die Einräumung oder Nutzung eines Rechts anknüpfen, auf das kein grundrechtlicher Anspruch besteht. Bei Umweltnutzungsabgaben, insbesondere Wasserentnahmeentgelten, entfaltet das Abschöpfungsmotiv gegenüber dem Steuerstaat allerdings geringere Wirk- und Abgrenzungskraft als im Falle regulierungsannexer Abgaben. Weder läßt sich im Falle der Umweltnutzung ausnahmslos ein Sondervorteil im Sinne unmittelbarer Knappheitsfolgen nachweisen, noch leistet der Staat einen der Aufgabe wirtschaftlicher Werte vergleichbaren Verzicht. Ist die steuerverdrängende Kraft des Abschöpfungsgedankens im Falle von Wasserentnahmeentgelten somit als relativ gering einzuschätzen, so bedürfen diese Abgaben für ihre steuerstaatliche Legitimation einer ausgeprägten Sachverankerung durch Lenkungszwecke. Soweit sie dem sparsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen verpflichtet sind, müssen Umweltnutzungsabgaben und Wasserentnahmeentgelte wegen der von ihnen ausgehenden Lenkungswirkung unter heutigen Bedingungen offenbar als hinreichend begründete Abweichungen vom Steuerstaatsprinzip betrachtet werden, selbst wenn sich die der gebührenmäßigen Belastung zugrundeliegende Entgelt- bzw. Tauschanalogie bei näherem Hinsehen nicht durchgängig als tragfähig erweist. In dogmatischer Hinsicht hat sich ergeben, daß das Steuerstaatsprinzip im Falle von Verleihungsgebühren weder tragfähige noch notwendige Grundlage zur Ableitung zulässigkeitsbeschränkender Kriterien außersteuerlicher Abgaben ist. Soweit es um die Frage nach der rechtfertigungsfähigen Ausgestaltung der Verleihungsgebühr ging, erwiesen sich allein individualund gleichheitsrechtliche Belange als maßgeblich und überdies als ausreichend. Dieser Befund hat hier dazu ermutigt, das Steuerstaatsprinzip formell-verfahrensmäßig zu konkretisieren und mit dem Vorschlag einer Darlegungslast das Entscheidungsverfahren des nichtsteuerlichen Abgabengesetzgebers zu binden. Die materielle Kernaussage des Steuerstaatsprinzips im vorgenannten Sinne formell zu konkretisieren, kann die wissenschaftliche Diskussion von der nur wenig geglückten und in der Sache beliebigen (Umschlagslogik) Ableitung materieller Kriterien befreien. Vor allem ist die Gefahr der Entwicklung eines dogmatisch nicht mehr durchschaubaren Rechtstopos „Steuerstaatsprinzip" gebannt, wenn die Sachgründe, die ein Abweichen vom Prinzip des Steuerstaates legitim erscheinen lassen (Monopolverzicht, Entgeltlichung der Umweltnutzung etc.), nicht mehr zwanghaft in eine materielle Beziehung zum Steuerstaatsprinzip gesetzt werden müssen und auf diese Weise zudem von dem allzu leicht behaupteten Anspruch normativer Verbindlichkeit befreit werden. Der Diskussion um die Zulässigkeit nichtsteuerlicher Abgaben kann das formell konkretisierte Steuerstaatsprinzip daher durchaus beachtliche Dien-

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E. Die Rechtfertigung von Verleihungsabgaben

ste erweisen, indem es vor allem deren Entwicklungsoffenheit fördert. In diesem Sinne liefert es eine Basis, die in der Staatspraxis für die Zulässigkeit nichtsteuerlicher Abgaben in Anspruch genommenen Sachgründe einer finanzverfassungsrechtlichen Überprüfung zu unterwerfen und nach und nach zu einer Typologie auszubauen, anhand derer dann auch neuartige Sachgründe aus Politik und Praxis bewertet werden können. Denn daß sich zulässigkeitsbeschränkende Kriterien im Falle der Verleihungsgebühr dem materiell konkretisierten Steuerstaatsprinzip gerade nicht mit der gewünschten dogmatischen Präzision entnehmen ließen, hat nach hier vertretener Ansicht vor allem eines gezeigt: Dogmatisch zielführend ist nicht die Frage nach dem Wie eines Abweichens vom Steuerstaatsprinzip, sondern allein die Frage nach dem Ob. Hinsichtlich der Frage nach der zulässigen Ausgestaltung liegen mit individualrechtlichen Belangen sowie einer stets zu fordernden Steuerdistanz bereits hinreichende Kriterien vor. Diesen Kriterien zu entsprechen, verlangen bereits der Steuervorrang bzw. die sog. drei Grundprinzipien der Finanzverfassung. Der Frage nach dem Ob eines Abweichens vom Steuerstaatsprinzip nähert man sich dagegen am ehesten, indem man dem zwecksetzungskompetenten Gesetzgeber auferlegt, sich hierzu selbst zu erklären. Der Wissenschaft obliegt es dann, die in der Praxis vorgefundenen Sachgründe auf ihre Beachtlichkeit zu überprüfen und so sukzessive eine Typologie von beachtlichen bzw. unbeachtlichen Sachgründen herauszuarbeiten.

Zusammenfassung der Arbeit - Thesen I. Typologie der Verleihungsgebühr (Teil A) 1. Auch nach wiedererstarktem wissenschaftlichen Interesse an der Verleihungsgebühr bietet diese Abgabe ein uneinheitliches Erscheinungsbild. In diesem Sinne ist sie nicht nur terminus technicus für einen definierten Abgabetyp, sondern Ausdruck einer umfassenden Belastungsidee. Im einzelnen finden sich unter dem Schlagwort „Verleihungsgebühr" demnach unterschiedliche Anknüpfungspunkte, neben der Einräumung („Verleihung") von Rechten insbesondere auch das Gebrauchmachen („Nutzung") von eingeräumten Rechten. 2. In der Gesetzgebungspraxis ist die Idee von der Verleihungsgebühr dementsprechend mehreren Belastungs- bzw. Gestaltungszwecken verpflichtet. Je nach Sachbereich und Zwecksetzung ganz unterschiedlich ausgestaltet, dient sie dazu, faktische oder rechtliche Sonderstellungen einzelner durch eine Abgabepflicht abzugleichen. Welche Anknüpfungen der Gesetzgeber im Rahmen dieses Belastungsansatzes im einzelnen wählt, ist Gegenstand eines insoweit bestehenden Tatbestandswahlrechts. 3. Typologisch lassen sich im Rahmen des Verleihungskonzeptes regulierungsannexe Verleihungsabgaben und Internalisierungsabgaben unterscheiden. a) Erstere werden im Gefolge sachgebietsregulierender Rechtszuweisungen bspw. in Gestalt von Konzessionsabgaben erhoben. Der Staat räumt einzelnen im Zusammenhang mit (markt-)strukturgestaltenden Maßnahmen rechtliche Sonderstellungen ein und schöpft damit verbundene Vorteile durch die Erhebung einer regulierungsannexen Verleihungsabgabe ab. Ein Vorrang der Anknüpfung an die Rechtsverleihung läßt sich dabei in der Abgabenwirklichkeit nicht nachweisen. Im Sinne eines gesetzgeberischen Tatbestandswahlrechts finden sich unter Bezugnahme auf den Verleihungsgedanken auch tatbestandsmäßige Anknüpfungen an die Ausübung (Bergrechtliche Förderabgabe) sowie an die Nutzung eines Rechts (Lizenzentgelt nach dem LAbfG NW). b) Ausweislich der sog. Wasserentnahmeentgelte liegt ein weiterer Anwendungsschwerpunkt des Verleihungskonzeptes in der Übertragung des Verleihungsgedankens auf den insbesondere im Umweltrecht rezipierten Internalisierungsansatz der ökonomischen Theorie. In diesem Anwendungs-

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Zusammenfassung der Arbeit - Thesen

feld dominiert nicht die Anknüpfung an die Gewährung rechtlicher Sonderstellungen, vielmehr stellen die einschlägigen Tatbestände mit der Anknüpfung an die Vorgänge der Benutzung oder Entnahme von Umweltressourcen eher auf das Vorliegen einer tatsächlichen Sonderstellung ab. Der Theorie nach soll dieser Erscheinungstyp von Verleihungsabgaben zur Berücksichtigung sozialer Kosten in den privaten Wirtschaftsrechnungen der Handelnden (Wasserentnehmer) führen und im Gegensatz zur regulierungsannexen Abgabe nicht nur abschöpfen, sondern auch Lenkungszwecke erfüllen. 4. Mit dem Einsatz des Verleihungskonzeptes im Bereich von Internalisierungsabgaben hat sich sein herkömmlicher Anwendungsbereich erweitert. Aufgrund ihrer Anknüpfungsvielfalt stößt die Verleihungsgebühr rechtstatsächlich auch in den Einzugsbereich angrenzender Gebührenkonzepte vor und ist damit namentlich von der Duldungs- sowie von der Ressourcennutzungsgebühr abzugrenzen.

IL Verfassungsrechtliche Beurteilung von Verleihungsabgaben (Teile B, C) 1. Von der Rechtsprechung und einem großen Teil des Schrifttums als gebührenrechtliche Belastungsidee grundsätzlich anerkannt, bedarf das Verleihungskonzept aus verfassungsrechtlicher Sicht einer differenzierten Betrachtung sowohl seiner Erscheinungsformen als auch seiner Anknüpfungsvarianten. 2. Rechtsdogmatisch ist bei der Beurteilung nichtsteuerlicher Abgaben im Steuerstaat zwischen einer Tatbestands- bzw. Begriffsebene sowie einer Rechtfertigungsebene zu unterscheiden. a) Die der Rechtfertigungsebene vorgelagerte Begriffsebene hat durch eine möglichst klare und mißbrauchsresistente Abgrenzung der einzelnen Abgabekategorien untereinander die kompetenzrechtlich notwendige Trennung von Steuern und nichtsteuerlichen Abgaben zu gewährleisten und sich hierzu an einem prinzipiell konturenscharfen Gegenleistungsbegriff zu orientieren. Zentraler Maßstab ist die individuelle Zurechenbarkeit der gebührenpflichtigen Staatsleistung. An diesem Maßstab offenbart sich bei der begrifflichen Auseinandersetzung mit einer Abgabe, ob deren Ausgestaltung bspw. als Gebühr in formgetreuer Weise gelungen ist oder aber die Einbettung der konkreten Belastungsidee (z.B. Belastung der Umweltnutzung) in eine Gegenleistungsabgabe nur unter Zuhilfenahme von Zurechnungsfiktionen ermöglicht wurde.

Zusammenfassung der Arbeit - Thesen

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b) Die Rechtfertigungsebene entscheidet sodann über die Vereinbarkeit nichtsteuerlicher Abgaben mit individual- und staatsschützenden Aussagen des Grundgesetzes. 3. Klassische Vorzugslasten, die auf Begriffsebene die rezipierten Vorstellungen der Verfassung vom sog. „Wesen" der Gebühr nahezu idealtypisch erfüllen, stoßen auf Rechtfertigungsebene auf geringeren Begründungszwang als sonstige nichtsteuerliche Abgaben und genießen insofern ein Rechtfertigungsprivileg. Vor dem Steuerstaatsprinzip dagegen müssen sich selbst unbedenkliche nichtsteuerliche Abgaben bewähren. Um im Steuerstaat des Grundgesetzes erhoben werden zu können, haben sich Sachkompetenzabgaben demnach vor zwei unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäben zu bewähren, dem Steuervorrang einerseits und dem Steuerstaatsprinzip andererseits. Eine verallgemeinernde Rezeption der sog. Steuerstaatsdoktrin kann die Haltung des Steuerstaates gegenüber nichtsteuerlichen Abgaben demgegenüber nur unzureichend erfassen. a) Als idealtypische Staatsform verbietet der Steuerstaat die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben nicht in toto, sondern verweigert sich nur der Untergrabung seiner Identität. Solange der Steuerstaat mit der Leistungsfähigkeit Privater seine Reproduktionsquelle schützt und zu diesem Zwecke ein nicht zu überschreitendes Gesamtbelastungshöchstmaß wahrt, duldet er als Staatsform prinzipiell auch die Erhebung von Vorzugslasten. b) Selbst der grundgesetzlich ausgestaltete Steuerstaat erteilt der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben nicht durchweg eine Absage. Nach dem Maßstab des Steuervorrangs erlaubt der Steuerstaat des Grundgesetzes insbesondere die Auferlegung von formgetreu erhobenen Vorzugslasten, ohne daß die Abgabenerhebung insoweit noch gesondert rechtfertigungsbedürftig wäre. aa) Der sog. Steuervorrang, vom Schrifttum gemeinhin als Finanzierungsvorbehalt zugunsten der Steuer verstanden, verkörpert in erster Linie eine Schutzaussage zugunsten der in den Art. 105 ff. GG enthaltenen Rechts- bzw. Schutzgüter. Diese stecken damit zugleich den Rahmen für die normative Reichweite des Steuervorrangs ab, dem eine nichtsteuerliche Abgabe dann entspricht, wenn sie mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung vereinbar ist. (1) Als Schutzgüter der Finanzverfassung schützt der Steuervorrang im einzelnen die in den Art. 105 ff. GG ausgeformte Erhebungs- und Verteilungsordnung der Finanzverfassung, die budgetrechtlichen Entscheidungsund Kontrollrechte des Parlamentes sowie die Finanzkraft des Bürgers, die vor einem übermäßigen Abgabenzugriff abzuschirmen ist. (2) In erster Linie als Schutzaussage zu verstehen, reicht der Steuervorrang in seiner herkömmlichen Bedeutung als Finanzierungsvorbehalt zugun2 Drömann

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Zusammenfassung der Arbeit - Thesen

sten der Steuer nur soweit, wie diese Schutzgüter (1) durch die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben tatsächlich betroffen sind. Als Finanzierungsimperativ an den Gesetzgeber ist der Steuervorbehalt somit akzessorisch vom Steuervorrang als Schutzaussage. (3) Nichtsteuerliche Abgaben greifen in die Schutzgüter der Finanzverfassung in unterschiedlicher Weise und Intensität ein. Während außerhalb eines Gegenleistungsbezugs stehende, d.h. in Konkurrenz zur Steuer (zu Finanzierungszwecken) erhobene (parafiskalische) Sonderabgaben bei Eröffnung „apokrypher" Finanzkreisläufe (Fonds) jenseits parlamentarischer Kontroll- und Bewilligungsrechte sowohl das Verteilungssystem der Finanzverfassung als auch die vom Steuervorrang mitgeschützten Individual- und Organrechte verletzen können, erweisen sich andere Sachkompetenzabgaben je nach Ausgestaltung als schutzgutneutral. Gemessen am Maßstab des Steuervorrangs sind namentlich Gebühren unproblematisch, sofern aus gebührenbegrifflicher Sicht ein unverblaßter Gegenleistungsbezug vorliegt. (4) Unter der Voraussetzung einer Gegenleistung stehen Vorzugslasten nicht in Konkurrenz zur Steuer, sondern sind im Rahmen ihres klassischen Anwendungsbereichs in Idee und Funktion ein aliud, das einzusetzen dem Gesetzgeber nach den Sachgesetzgebungskompetenzen ausdrücklich erlaubt ist. Eine ernsthafte Gefährdung der bundesstaatlichen Erhebungs- und Verteilungsordnung für Steuern sowie budgetrechtlicher Organrechte geht von Vorzugslasten ceteris paribus ebensowenig aus, wie unter Verzicht auf Zurechnungsfiktionen erhobene Gegenleistungsabgaben Individualrechte gefährden. Daß Vorzugslasten Finanzmittel absorbieren, welche ansonsten dem steuerlichen Zugriff unterworfen wären, kann ihre Unbedenklichkeit allein nicht widerlegen. (5) Weil der im Grundgesetz verfaßte Steuerstaaat bei Anwendung des Steuervorrangs eine spezifische Gefährdungslage für die Schutzgüter der Finanzverfassung im Falle der Erhebung von Vorzugslasten nicht erkennt, streitet für diese Abgaben aus Sicht des Steuervorrangs die widerlegliche Vermutung ihrer finanzverfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit mit der Folge, daß ihnen im Vergleich zu Sonderabgaben insoweit ein Rechtfertigungsprivileg zuteil wird. (6) Aus der Akzessorietät des Steuervorrangs als Finanzierungsregel gegenüber dem Steuervorrang als Schutzkonzept folgt damit, daß der Steuervorrang nur für die Gemeinlastfinanzierung gilt. Verhalten sich die im Bereich echter Äquivalenzfinanzierung eingesetzten Vorzugslasten, Formentreue unterstellt, schutzgutneutral, haben sie nach dem Steuervorrang als Schutzkonzept einem Steuervorbehalt somit nicht zu weichen. Daß sich der grundgesetzlich verfaßte Steuerstaat „ i m wesentlichen" durch Steuern zu finanzieren habe, läßt sich dem Steuervorrang somit nicht entnehmen.

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(7) Daß die Verfassung Vorzugslasten nur mit Beiläufigkeit bedenkt, ist daher - anders als bei Sonderabgaben - nicht Ausdruck beredten Schweigens, sondern entspricht dem grundsätzlichen Vertrauen der finanzverfassungsrechtlichen Schutzgüter in die Unbedenklichkeit von Vorzugslasten. Aus Sicht des Steuervorrangs besteht die Unbedenklichkeitsvermutung für Vorzugslasten indes nur bei deren formgetreuer Ausgestaltung (Steuerdistanz) und reicht nur soweit, wie es gelingt, die spezifischen Wesensmerkmale der gewählten Kategorie (Gebühr, Beitrag) und ihre Distanzwahrung zur Steuer tatbestandlich in materiell hinreichender Weise abzubilden, d.h. die Abgabepflicht an eine individuell zurechenbare Gegenleistung zu knüpfen. Entgegen einer im Vordringen begriffenen reinen Rechtfertigungsdoktrin kommt der gebührenbegrifflichen Abgrenzungsarbeit aus verfassungsrechtlicher Sicht damit nach wie vor zentrale Bedeutung zu, wie insbesondere die gebührenbegriffliche Beurteilung von Verleihungs-, Duldungs- und Ressourcennutzungsgebühren zeigt. bb) Der unter Berufung auf die Steuerstaatsdoktrin vertretene Verdrängungsanspruch des Steuerstaates gegenüber sämtlichen außersteuerlichen Abgaben („im wesentlichen") folgt aus dem Steuerstaatsprinzip. Nach ihm erscheinen selbst formgetreu erhobene, schutzgutneutrale Vorzugslasten in einem anderen Licht. M i t dem Steuerstaatsprinzip hat das Bundesverfassungsgericht der abgabenrechtlichen Diskussion einen Baustein hinzugefügt, der als Träger einen eigenständigen Schutzaussage über die Begriffe vom Steuervorrang, Steuerprimat oder Steuervorbehalt hinausgeht und die Perspektive für eine maßvolle Erweiterung und Präzisierung der Steuerstaatsdoktrin bietet. (1) Indem die Bundesrepublik kraft Verfassungsrechts auf Steuerstaatlichkeit festgelegt ist, unterliegen deren Staatsorgane der verfassungsrechtlichen Verpflichtung, die steuerstaatliche Identität des verfaßten Staatswesens auch einzuhalten. Diesen Gestaltungsauftrag hat der Abgabengesetzgeber bei der Umsetzung seiner Finanzierungs- und Lenkungsziele selbst dort i m Auge zu behalten, wo nach dem Steuervorrang ohne weiteres auch die Erhebung bspw. von Vorzugslasten in Betracht kommt. (2) Den Steuerstaat in möglichst hohem Maße, d. h. selbst unter Zurückdrängung verfassungsrechtlich geduldeter Sachkompetenzabgaben (Vorzugslasten) im Sinne eines Optimums verwirklicht sehen zu wollen, ist das Prinzipielle am Steuerstaatsprinzip. Über einen bloßen Regel-AusnahmeMechanismus, nach dem die Steuererhebung die Regel, die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben die Ausnahme ist, geht das Steuerstaatsprinzip deutlich hinaus. (3) Angesichts der selbstverständlichen Tolerierung schutzgutneutraler Vorzugslasten bedeutet die Auslegung des Steuerstaatsprinzips als Grund2

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satzentscheidung der Verfassung für die Steuer in der Sache eine Rechtsanwendung praeter legem. Deren Voraussetzungen liegen in Gestalt einer planwidrigen Schutzlücke zugunsten des Steuerstaates als solchem vor. (4) Der mangelnde Schutz des Steuerstaates offenbart sich daran, daß herkömmliche nichtsteuerliche Abgaben nach dem Maßstab der sog. Schutz- und Begrenzungsfunktion (über) der Finanzverfassung (Steuervorrang) als schutzgutneutral zu gelten haben und insoweit eigentlich unbedenklich sind. (5) Selbst das Vorzugslastenregime hat unter den Bedingungen der Verfassungswirklichkeit seine ursprüngliche Unbedenklichkeit jedoch verloren. Infolge einfachgesetzlicher Zurechnungsentscheidungen jenseits individueller Zurechenbarkeit von Leistungen liegt die Voraussetzung für die nur beiläufige und unrestringierte Benennung der Vorzugslast im Grundgesetz, ihre Formentreue gegenüber dem Gegenleistungsbegriff, im modernen Gebührenrecht häufig nicht mehr vor. Überdies sorgt der technologische Fortschritt durch die mögliche Übertragung des technischen Ausschlußprinzips auf ehedem unteilbare Leistungen für eine ständige Erweiterung des Kreises gebührenfähiger Leistungen. Beide Entwicklungen verleihen dem Vorzugslastenregime ein Entwicklungspotential, das der Verfassungsgeber in diesem Ausmaß nicht vorausgesehen hat. (6) Die Schutzbedürftigkeit des Steuerstaates als solche - bspw. vor dem Ausufern des Vorzugslastenregimes - kann die verfassungsrechtliche Verwerfung einer nichtsteuerlichen Abgabe nach dem Steuervorrang jedoch nicht tragen. Insoweit ist allein die Vereinbarkeit einer Abgabe mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung bzw. mit deren Schutzgütern maßgeblich. Ein Steuerstaat, der sich mit der Anwendung dieses Prüfungsmaßstabs begnügt und sich gegenüber der unbegrenzten Ausbreitung schutzgutneutraler Abgaben demnach liberal zeigt, trägt angesichts des Entwicklungspotentials der speziellen Entgeltfinanzierung die Anlage zur Selbstauflösung in sich. (7) In die bestehende Schutzlücke tritt das Steuerstaatsprinzip. Dieses erlangt seine hauptsächliche Bedeutung nicht etwa im Schutz des Steuerstaates vor Sonderabgaben. Sie unterliegen bereits einer wirksamen Abwehr durch den Steuervorrang bzw. die drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung, welche Schrifttum und Rechtsprechung gerade zur Kontrolle von Sonderabgaben zu einem abwehrstarken Steuerregime ausgebaut haben. Seine eigentliche Aufgabe erfüllt das Steuerstaatsprinzip vielmehr im Schutz des Steuerstaates vor an sich unbedenklichen nichtsteuerlichen Abgaben. (8) Bei der Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips zu anwendungsfähigen Aussagen erweisen sich materielle Kriterien als untauglich. Überzeu-

Zusammenfassung der Arbeit - Thesen gender kann das an die Einhaltung der Steuerstaatlichkeit gemahnende Steuerstaatsprinzip durch eine formell-verfahrensmäßige Bindung des Gesetzgebers an die steuerstaatliche Identität des verfaßten Staatswesens konkretisiert werden. (9) Eine formell-verfahrensmäßige Bindung der Staatspraxis an die Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes kann dadurch begründet werden, daß im Gesetzgebungsverfahren zur Einführung einer nichtsteuerlichen Abgabe deren steuerstaatliche Vertretbarkeit darzulegen ist und der Gesetzgeber insoweit einer formellen Darlegungslast unterworfen wird. (10) Dem Verfassungsrecht ist eine formelle Substantiierungslast des Gesetzgebers aus dem Haushaltsrecht bekannt. Diese läßt sich von ihrem Sinn und Zweck her auf den Abgabengesetzgeber übertragen und kann abgeleitet werden aus dem konfliktregelnden Charakter der finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen, zu deren Gesamtregelungsprogramm auch die disziplinierende Einflußnahme auf den politischen und parlamentarischen Willensbildungsprozeß gehört. Als formelle Obliegenheit des Abgabengesetzgebers gleicht eine Darlegungslast die nur begrenzte Justitiabilität der grundgesetzlichen Steuerstaatlichkeit anhand materieller Kriterien damit in systemkonformer Weise aus. (11) Als formell-verfahrensmäßige Bindung des Gesetzgebers bei der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben verstanden, ist das Steuerstaatsprinzip für das Entscheidungsprocedere des einfachen Gesetzgebers strikte Handlungsmaxime. Insoweit ist es Leitgedanke, das Durchbrechungen nicht zugänglich ist, sondern stets auf die Verwirklichung des Optimums ausgerichtet bleibt und den Gesetzgber zu diesem Zwecke gemahnt, daß er an sich den Steuerstaat zu verwirklichen berufen ist. Im jeweiligen Entscheidungsergebnis indes bleibt selbst der dem Steuerstaatsprinzip verpflichtete Gesetzgeber frei, sofern er sich nur auf einen beachtlichen Sachgrund dafür berufen kann, daß er seine Belastungszwecke im konkreten Fall mittels einer nichtsteuerlichen Abgabe umsetzt. In diesem Sinne schließt das Steuerstaatsprinzip den Zugriff auf außersteuerliche Abgaben nicht per se aus, sondern rationalisiert lediglich die dahinterstehende Zugriffsentscheidung. (12) Materiell muß der Gesetzgeber einen Sachgrund dartun, warum er den von ihm in eigener Zwecksetzungskompetenz vorgegebenen Erhebungs- und Belastungszweck gerade durch eine nichtsteuerliche Abgabe meint umsetzen zu können. Im günstigsten Fall mag es hierbei mit dem Hinweis auf einen durch individuell zurechenbare Staatsleistung zugewandten, abschöpfungsfähigen Vorteil sein Bewenden haben. Ist im Rahmen des konkreten Belastungskonzeptes indes auch ein steuerliche Leistungsfähigkeit signalisierender Sachverhalt erkennbar (z.B. die erwartete, laufende Einnahmeerzielung aus einem zuvor verliehenen Recht), so kann der

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Gesetzgeber im Einzelfall auch darzutun haben, warum er sich der Steuererhebung glaubt entziehen und unter Anknüpfung bspw. auf die Rechtseinräumung eine Gegenleistungsabgabe meint erheben zu können. (13) Die gerichtliche Überprüfung der Darlegungslast ist darauf zu beschränken, ob der Gesetzgeber im Einzelfall einen einleuchtenden Sachgrund für die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe genannt hat oder aber jede Auseinandersetzung mit dem Steuerstaatsprinzip vermissen ließ. Zu einer parlamentarischen Pflichtübung halbherziger Hinweise etwa auf steuerlich nicht erfaßbare Vorteile oder Gegenleistungen müßte die Darlegungslast des Gesetzgebers damit nicht verkommen. Eine solche Entwicklung könnte verhindert werden, wenn der Gesetzgeber anläßlich einer gerichtlichen Nachprüfung seiner Abgabenerhebungskompetenz an den Darlegungen im Gesetzgebungsverfahren festgehalten würde, während nachgeschobene oder sonstige Sachgründe außer Betracht zu bleiben hätten.

III. Verfassungsrechtliche Eckpunkte des Gebiihrenbegriffs (Teil D) 1. Mit dem Tatbestandsmerkmal, Gegenleistung für eine besondere, individuell zurechenbare Staatsleistung zu sein, hat die Gebühr einen verfassungsschweren Begriffskern. Hinsichtlich des Leistungsgegenstandes ist der verfassungsrechtliche Gebührentatbestand indes grundsätzlich offen. Ausgeschlossen ist nur, daß der Schuldner „für nichts" bezahlt. Im übrigen aber entscheidet der Gesetzgeber, welche Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen will. 2. Angesichts der möglichen Vielfalt von Leistungsgegenständen läßt sich der typische Fall einer gebührenfähigen Leistung materiell nicht zufriedenstellend umschreiben. In gegenständlicher Hinsicht gibt es ein sog. Wesen gebührenfähiger Staatsleistungen nicht. 3. Positiv umschreiben lassen sich dagegen die Bedingungen, unter denen die Erhebung von Gebühren neben der Belastung des Gebührenpflichtigen mit Steuern nach der Vorstellung der Verfassung belastungsgerecht ist. Das Grundgesetz hat diese Vorstellung im Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit der Staatsleistung niedergelegt. a) Gemessen am Maßstab individueller Zurechenbarkeit ist eine Belastung von Steuerschuldnern mit zusätzlichen Vorzugslasten gerecht, wenn der Nutzen der im Wege der Vorzugslast zu entgeltenden Staatsleistung ausschließlich in der Person des Gebühren- bzw. Beitragsschuldners internalisiert wird und externe Effekte ausbleiben. In diesem Fall spricht nichts dagegen, wenn der Betroffene neben seiner Steuerlast eine Sonderlast trägt.

Zusammenfassung der Arbeit - Thesen b) Die Voraussetzungen einer Nutzeninternalisierung in Person des Gebührenschuldners sind gegeben, wenn gebührenpflichtige Staatsleistungen eine internalisierungsfähige Privatgutkomponente enthalten und den Ausschluß solcher Personen vom Nutzenstrom der Leistung erlauben, die sich nicht durch Zahlung eines Entgeltes eigens als Nutzenempfänger qualifiziert haben. Die Ausschließbarkeit Zahlungsunwilliger und die Internalisierungsfähigkeit des Leistungsnutzens in der Person des Abgabeschuldners sind für eine Finanzierung von Staatsleistungen durch spezielle Entgelte konstitutiv und systematisch im verfassungskräftigen Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit angelegt. c) Ist der Ausschluß Zahlungsunwilliger vom Nutzenstrom der gebührenpflichtigen Leistung nicht möglich und kommt es daher zum Ausstrahlen der mit der Staatsleistung verbundenen Nutz- oder Vorteilseffekte auf zahlungsunwillige Dritte (externe Effekte), fehlt es an den Voraussetzungen einer Finanzierung durch spezielle Entgelte und ist demzufolge an die Finanzierung der konkreten Staatsleistung aus allgemeinen Staatseinnahmen (Steuern) zu denken. Die Steuer ist verfassungsgewollte Abgabe zur Finanzierung des staatlich herzustellenden Gemeinwohls, während die Vorzugslast ausschließlich das staatlich hergestellte Individualwohl entgelten soll. Mit der finanzverfassungsrechtlichen Abgabensystematik erweisen sich Ausschließbarkeits- und Internalisierungskriterium als vereinbar. Die Unterscheidung zwischen Steuern, Sonderabgaben und Vorzugslasten läßt sich in diesem Sinne konsistent auf die Annahme eines Kontinuums zunehmender Nutzeninternalisierung zwischen Gemeinlast- und Äquivalenzfinanzierung zurückführen. d) A m Leitbild einer belastungsgerechten Gebührenerhebung endet prinzipiell auch das Leistungsbestimmungsrecht des einfachen Gesetzgebers. Wo die Bedingungen individueller Zurechenbarkeit (Internalisierung, Ausschluß Zahlungsunwilliger) nicht vorliegen, kommt eine Einbindung der Abgabepflicht in ein zweipoliges Gebührenschuldverhältnis grundsätzlich nicht in Betracht. Die individuelle Zurechbarkeit von Staatsleistungen ist demzufolge nach klassischem Gebührenverständnis entscheidender Maßstab zur Begrenzung der Gebührengewalt. Sie ist damit zugleich entscheidendes Merkmal zur Abgrenzung der Gebühr von der Steuer und bedarf insoweit möglichst mißbrauchsresistenter Auslegung und Anwendung. 4. a) Tatsächlich sind die Voraussetzungen einer Gebührenerhebung nach dem Internalisierungskriterium zum einen bei real teilbaren Gütern bzw. Staatsleistungen gegeben. Diese Leistungen (z.B. an einzelne erbrachte Verwaltungsleistungen) sind kraft Natur der Sache individuell zurechenbar, die auf ihre Inanspruchnahme erhobenen speziellen Entgelte damit geborene Vorzugslasten. Unteilbare Leistungen mit kollektiver Nutzenstreuung hingegen sind ihrer Natur nach nicht individuell zurechenbar, da bei ihnen

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das Ausschlußprinzip nicht funktioniert (z.B. die Unterhaltung von Botschaften zur Aufrechterhaltung und Pflege internationaler Beziehungen). b) Teilbarkeit ist zwar hinreichende, nicht aber notwendige Bedingung von Internalisierung und individueller Zurechenbarkeit. Selbst unteilbare Güter bzw. Leistungen sind sowohl individueller Nutzeninternalisierung als auch dem Ausschluß Dritter zugänglich, allerdings nicht kraft ihrer natürlichen Beschaffenheit, sondern kraft eines Rechts- oder Zurechnungsaktes des einfachen Gesetzgebers (Zwangsinternalisierung). A n die Stelle individueller Zurechenbarkeit kraft Natur der Leistung tritt die individuelle Zurechnung aufgrund einfachgesetzlicher Belastungsentscheidung. Neben die geborene tritt auf diese Weise die gekorene Vorzugslast. Sie ist der Schlüssel, mit dem der Gesetzgeber das herkömmliche, vom Grundgesetz vertrauensvoll nur mit Beiläufigkeit bedachte Gebührenregime aufbricht und zu neuen Anwendungsfeldern (Gebührengenerationen) jenseits der natürlichen Zurechenbarkeit (Teilbarkeit) von Staatsleistungen führt. c) Bei Vorliegen von Staatsleistungen von der Qualität öffentlicher Güter (Umweltnutzung) kann sich der Gesetzgeber dementsprechend einen direkten Weg in das Gebührenregime bspw. dadurch bahnen, daß er nicht mehr die unteilbare Leistung selbst, sondern ein Zugangs- oder Nutzungsrecht zu dieser Leistung zur Privatgutkomponente erhebt. Verfährt er so und gewährt er bspw. einigen Privaten ein Nutzungsrecht, während er andere von diesem ausschließt, so kann der Gesetzgeber selbst unteilbare Güter ins Gebührenregime überführen, ohne sich zur Begründung der Abgabepflicht auf eine Zurechnungsfiktion berufen zu müssen. d) A u f das Funktionieren des technischen Ausschlußprinzips ist die öffentliche Hand demnach nicht mehr angewiesen, wenn sie anstelle des Zugriffs auf ihrer Natur nach zurechenbare Güter ebenso eine zwangsweise Zurech nung vornehmen kann. Daher können Staatsleistungen nicht nur dann durch spezielle Entgelte finanziert werden, wenn sie als Ausprägungen der Gruppe gemischt-öffentlicher Güter wegen ihrer realen Teilbarkeit internalisierungsfähig sind, sondern sie werden auch dann gebührentauglich, wenn der Staat sie durch Rechtsakt zwangsinternalisiert (Umweltnutzung). e) I m Wege der Zwangsinternalisierung vormals gebührenuntauglicher öffentlicher Güter kann sich die Gebührengewalt damit von der klassischen Gebührenanalogie lossagen, welche die Gebühr noch als Ausdruck eines marktanalogen, d.h. freiwilligen Tauschvorgangs verstanden hatte. Ein Bruch mit der gebührenrechtlichen Belastungsregel, daß spezielle Entgelte in Form einer Gebühr nur zahlen soll, wessen Individualwohl unter Ausschluß anderer gefördert wird, muß damit nicht zwangsläufig einhergehen, wohl aber - bei dynamischer Betrachtung - die Gefährdung der steuerstaatlichen Identität des grundgesetzlich verfaßten Staatswesens.

Zusammenfassung der Arbeit - Thesen 5. Einem Kostendeckungszweck ist die Gebühr verfassungsbegrifflich nicht verpflichtet. a) Der Wesenskern der Gebühr besteht in ihrer Entgeltlichkeit für eine irgendwie geartete, jedoch individuell zurechenbare Leistung des Staates an den einzelnen. Durch Zuwendung einer dem Ausschlußprinzip unterworfenen Staatsleistung auf der Primärebene ist dieser verfassungsrechtliche Tatbestand bereits verwirklicht. Daß das vom Gebührenschuldner entrichtete Entgelt anschließend noch zur Finanzierung des durch , seine4 Staatsleistung entstandenen Aufwands dient, ist demgegenüber nicht notwendig, um von einer ausschließlich an diesen erbrachten Leistung sprechen zu können. Eines staatlichen Aufwands bedarf es insoweit nicht. b) Auch zur Einhaltung der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung (Steuervorrang) ist eine obligatorische Kostendeckungsorientierung der Gebühr nicht erforderlich. Notwendige und hinreichende Bedingung für die Vereinbarkeit der Gebühr mit der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung ist allein das Vorliegen einer individuell zurechenbaren Leistung. Ist sie gegeben, so trägt zum einen der jeweilige Gebührenschuldner nicht in gleichheitswidriger Weise zur Finanzierung von Gemeinlasten bei, und ist zum anderen eine hinreichende Distanz der Gebühr zur Steuer gegeben. c) Die zum Schutze des Steuerstaates erwogene Erweiterung bereits des Gebührenbegriffs um eine Kostendeckungsverpflichtung dieser Abgabe erweist sich nicht als tragfähig. Die Leistungsfähigkeit von Begriffs- bzw. (ungeschriebenen) Tatbestandsmerkmalen ist überschritten, wenn mit ihrer Hilfe das Spannungsverhältnis zwischen dem Steuerstaatsprinzip und der Zwecksetzungskompetenz des in Tatbestandsauswahl und -ausgestältung grundsätzlich freien Gesetzgebers zum Ausgleich gebracht werden soll. Insoweit sind ausschließlich Fragen der sachlichen Rechtfertigung konkreter nichtsteuerlicher Abgaben vor dem Steuerstaatsprinzip angesprochen.

IV. Verleihungsabgaben im Eigenschaftsraum des Gebührenbegriffs 1. Abgaben auf die Einräumung, das Innehaben oder die Nutzung von subjektiv-öffentlichen Rechten können verfassungsbegrifflich prinzipiell als Gebühren erhoben werden. 2. Die einzelnen Erscheinungsformen des Verleihungskonzeptes entsprechen indes nicht durchweg jenen Belastungsvorstellungen, welche den rezipierten Gebührenbegriff des Grundgesetzes auszeichnen. a) Soweit die Verleihungsgebühr als regulierungsannexe Abgabe an die Verleihung exklusiver und wirtschaftlich nutzbarer Rechtsstellungen an-

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knüpft und die bei Verleihung oder ihrem Gebrauchmachen entstandenen Vorteile abschöpft, kann sie als gebührennah bzw. schutzgutneutral bezeichnet werden. Nach dem Maßstab des Steuervorrangs genießt sie damit die widerlegliche Vermutung verfassungsrechtlicher Unbedenklichkeit. Sofern sie den Inhaber von Entnahmerechten treffen, wird sich dieser Befund aus gebührenbegrifflicher Sicht letztlich auch für Wasserentnahmeentgelte bzw. internalisierende Verleihungsabgaben bestätigen lassen. b) Soweit das Verleihungskonzept dagegen in Gestalt der Ressourcennutzungsgebühr als Internalisierungsinstrument auf die bloße Nutzung von öffentlichen Sachen, insbesondere Umweltgütern angewandt wird, liegt eine Abweichung von den Belastungsvorstellungen des grundgesetzlichen Gebührenbegriffs vor. Insoweit sind Zweifel an der Ressourcennutzungsgebühr bereits aus Sicht des Steuervorrangs angebracht. c) In sämtlichen nichtsteuerlichen Anknüpfungsformen begründet der Zugriff des Gesetzgebers auf das Verleihungskonzept überdies eine spezifische Substantiierungslast, d.h. eine Rechtfertigung vor dem Steuerstaatsprinzip. 3. Die Überlegenheit der Verleihungsgebühr gegenüber anderen Gebührenarten des modernen Gebührenrechts zeigt sich maßgeblich am Maßstab der individuellen Zurechenbarkeit der jeweils gebührenauslösenden Staatsleistung. Im einzelnen stellt sich die Beurteilung einzelner Abgabentypen im Lichte des Zurechenbarkeitsbegriffs wie folgt dar: a) Verleihungsgebühren: aa) Anknüpfung an die Rechtsverleihung: (1) Unter Wahrung des der individuellen Zurechenbarkeit von Staatsleistungen zu entnehmenden Internalisierungsmerkmals ist die Verleihungsgebühr auf eingeräumte Rechte das geborene Instrument zur Begründung von „gewillkürten" Vorzugslasten. Unter Zurechenbarkeitsgesichtspunkten offenbart die Verleihungsgebühr somit auch keine vorwiegend gebührendogmatische Problematik, sondern stößt eher auf finanzverfassungsrechtliche Einwände von Seiten des Steuerstaates. Nach weitestgehender Überwindung der sog. Kostendeckungsorientierung von Gebühren ist eigentlicher Zulässigkeitsengpaß bei der Anerkennung von Verleihungsgebühren i.e.S. somit nicht der hinsichtlich des Leistungsgegenstandes offene Gebührenbegriff, sondern die Frage nach der steuerstaatlichen Rechtfertigung des staatlichen Zugriffs auf solche Leistungen, die wegen ihrer natürlichen Unteilbarkeit zunächst „allgemein" und daher steuernah sind und erst durch Zwangsinternalisierung in das Gebührenregime überführt werden. (2) Mittels der Verleihungsgebühr kann der Staat unteilbare und daher an sich gebührenuntaugliche Leistungsinhalte in das Gebührenregime überfüh-

Zusammenfassung der Arbeit - Thesen ren, ohne dazu eine staatliche Einrichtung errichten zu müssen. Ersetzt der Gesetzgeber in diesem Sinne die individuelle Zurechenbarkeit kraft Teilbarkeit der Leistung durch eine Zurechnung individueller Rechte, so erweitert er dadurch zugleich die Reichweite seines Tatbestandswahlrechts, indem er nämlich auf Leistungsinhalte zugreift, die ohne die Erteilung von Zugangsrechten außerhalb des klassischen Effektvektors gebührentauglicher Leistungen lägen und dementsprechend der Steuerfinanzierung vorbehalten wären. (3) Spaltet man etwa - nach Einführung eines entsprechenden Bewirtschaftungsvorbehaltes - das Medium Luft getrennt nach regionalen Verschmutzungssektoren in einzelne Emissions- bzw. Verschmutzungsrechte auf, so ist nicht mehr die Nutzung der (unteilbaren) Luft Abgabegegenstand, sondern die Einräumung, das Innehaben oder die Nutzung des Verschmutzungsrechtes. Bei dieser Zurechnung kraft Rechtsakts (Einrichtung einer imaginären Emissionsglocke und anschließende Übertragung individueller Emissionsrechte) ist das für die individuelle Zurechnung notwendige Internalisierungskriterium genauso erfüllt wie im Falle der Zuwendung einer teilbaren Leistung. Das verliehene Verschmutzungsrecht vermittelt dem Gebührenschuldner eine absolute Rechtsposition, die er unter Ausschluß Dritter wahrnehmen kann. Soweit dieses Emissionsrecht reicht, kann es vom Staat nur einmal vergeben werden und sichert demzufolge allein die Ausstoß- und Produktionstätigkeit des Gebührenschuldners. Anderweitig kann der Staat über das konkrete Verschmutzungsrecht nicht mehr verfügen. Durch die Stückelung physisch unteilbarer, d.h. gebührenuntauglicher Güter in Zugangs- oder Nutzungsrechte kann das Gebührenregime somit erweitert werden, ohne bei formaler Betrachtung gegen die Internalisierungsregel und das Leitbild einer belastungsgerechten Gebührenerhebung zu verstoßen. (4) Die Verleihungsgebühr erweist sich damit aus finanzwissenschaftlicher Sicht als geeignetes Mittel zur Zwangsinternalisierung typischer Kollektivgüter und zur Erweiterung des Gebührenregimes über seinen klassischen Anwendungsbereich hinaus. Wo bei güterwirtschaftlicher Betrachtung infolge externer Effekte bzw. fehlender Privatgutkomponenten jeglicher Ansatzpunkt für die Annahme einer gebührentauglichen Leistung fehlt, kann der Staat zur Realisierung einer Gebührenchance unabhängig vom Vorhandensein einer staatlichen Einrichtung auf die Verleihungsidee zugreifen und das verliehene Recht selbst zur Privatgutkomponente erheben. Im Lichte des Zurechenbarkeitsbegriffs erweitert die Verleihungsgebühr damit den tradierten Anwendungsbereich des Gebührenbegriffs. (5) In der Eignung der Verleihungsgebühr zur kostenlosen Transformation allgemeiner in besondere Staatsleistungen liegt demnach die eigentliche Gefahr dieser Abgabe. Da subjektiv öffentliche Rechte schon wesensmäßig personenbezogen und insoweit - zunächst ungeachtet der freiheits-

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rechtlichen Problematik - per definitionem teilbar bzw. ausschlußfähig sind, sind der Ausweitung des Gebührenregimes im Falle der Erhebung von Rechten zur gebührentauglichen Privatgutkomponente potentiell keine Grenzen gesetzt. (6) Andererseits aber entspricht selbst der Zugriff auf herkömmlicherweise gebührenfremde Leistungen mittels Zwangsinternalisierung durch Rechtszuweisung infolge Fortgeltung des Ausschlußkriteriums sowohl den Anforderungen des Internalisierungskriteriums als auch dem Leitbild belastungsgerechter Gebührenerhebung. Anders als die Duldungsgebühr kann sich die Verleihungsgebühr damit auf einen ausreichenden Zurechnungsgrund berufen, da ein individuell zugewiesenes Recht - ungeachtet der damit verbundenen Gefährdung des Steuerstaates - bei rein gebührendogmatischer Betrachtung ohne weiteres selbst Privatgutkomponente sein kann, von der Zahlungsunwillige ausgeschlossen werden können. bb) Anknüpfung räumten

an das Gebrauchmachen

und die Nutzung

von

einge-

Rechten:

(1) Auch bei Gebühren auf das Gebrauchmachen oder die Nutzung von eingeräumten Rechten ist eigentlicher Belastungsgrund die vom Staat erweiterte Rechtsmacht des einzelnen. Dieser kann das ihm unter Ausschluß nichtzahlender Dritter zugewiesene Recht nutzen, gebrauchen, ggf. auch übertragen oder schlicht nur innehaben. Stets bleibt er Inhaber einer Vorrechtsstellung, die auch dann Belastungsgrund der Abgabe bleibt, wenn der Gesetzgeber sich in Ausübung seines Tatbestandswahlrechts entscheidet, erst das Gebrauchmachen von einem Recht zu belasten. (2) Im übrigen gilt für Verleihungsabgaben auf die Nutzung von Rechten dasselbe wie für Verleihungsgebühren auf die Einräumung von Rechten. Auch hier ist das Recht selbst die individuell zugerechnete Privatgutkomponente, über die der Abgabepflichtige nach Belieben verfügen, d.h. sie unter Ausschluß Zahlungsunwilliger nutzen oder ungenutzt lassen kann. Sofern sie als Mittel zur Zwangsinternalisierung an sich gebührenuntauglicher Leistungen eingesetzt wird, hat sich auch die Verleihungsgebühr auf das Gebrauchmachen von eingeräumten Rechten vor allem vor dem Steuerstaatsprinzip zu verantworten. b)

Duldungsgebühr:

Die Duldungsgebühr verfolgt - abgesehen vom Zurechnungsgrund des Aufwandsausgleichs bei der Straßennutzungsgebühr - einen dem Verleihungskonzept ähnlichen Belastungsansatz, erkauft die Gebührenpflichtigkeit der Staatsleistung bei vergleichender Betrachtung aber mit einer größeren Abkehr von den Bedingungen einer belastungsgerechten Gebührenerhebung:

Zusammenfassung der Arbeit - Thesen aa) Sowohl in Fällen der Duldungs- wie auch der Verleihungsgebühr hat der Abgabepflichtige eine (rechtliche oder tatsächliche) Vorrechtsstellung inne, deren Nutzung entweder bereits geduldet oder ihm erst eingeräumt wird. In beiden Fällen läßt sich der Staat die dem Bürger zugewiesene oder gewährte Vorrechtsstellung durch eine Vorrechtsgebühr entgelten. bb) Ein aus Sicht des Gebührenbegriffs erheblicher Unterschied zwischen beiden Belastungskonzepten liegt jedoch darin, daß der Bevorrechtigte in Fällen der Duldungsgebühr Nutzer eines fremden Rechts bleibt und der Staat den Abgabepflichtigen lediglich gewähren läßt. Insbsondere bei der Duldungsgebühr auf die Nutzung öffentlicher Sachen bleibt letztlich unklar, ob überhaupt eine individuelle Rechtszuweisung unter Wahrung des Ausschlußprinzips oder einfach nur kollektives Erlaubtsein stattfindet und in diesem Sinne auch die Nutzung Zahlungsunwilliger geduldet wird. In Fällen der Verleihungsgebühr nutzt der Abgabepflichtige das ihm zugewiesene Recht demgegenüber als ein eigenes. Nach der Konzeption der Verleihungsgebühr wird dem Abgabepflichtigen das Recht selbst individuell zugerechnet, während Dritte von der konkreten Rechtsnutzung ausgeschlossen sind. Dem Leitbild einer belastungsgerechten Gebührenerhebung kommt die Zuordnung einer exklusiven Rechtsposition näher. c) Ressourcennutzungsgebühr: Bei der Ressourcennutzungsgebühr ist die Zurechnungsproblematik aus Sicht eines abgrenzungsscharfen Zurechenbarkeitskonzeptes ebenfalls nur unzureichend gelöst. Nach ihrem Selbstverständnis wird diese Gebühr nicht für die Verleihung einer Nutzungsbefugnis, sondern für die Duldung der Nutzung selbst erhoben. Konzeptionell bezweckt sie die Zurechnung öffentlicher Umweltgüter als solcher unter Umgehung ihrer tatsächlichen Unteilbarkeit und bedient sich dazu ebenso wie die Verleihungsidee des Vorrechtsgedankens bzw. der Zwangszurechnung. Während die Verleihungsgebühr jedoch eine klare und eindeutige Rechtszuweisung verlangt und in Gestalt der internalisierungsfähigen Privatgutkomponente »subjektiv öffentliches Recht4 auch eine individuell zurechenbare Leistung vorsieht, bleibt der individuelle Zurechnungsakt in Fällen der Ressourcennutzungsgebühr im Dunkeln: aa) Auf den Internalisierungsakt einer Rechtszuweisung kann bzw. will sich die Ressourcennutzungsgebühr nach ihrer Grundkonzeption nicht berufen. bb) In der bloßen Nutzungsbereitstellung kann demgegenüber im Ergebnis keine gebührentaugliche Privatgutkomponente gesehen werden, denn die Bedingungen des Internalisierungskriteriums bleiben unerfüllt. Zwar enthalten etwa Grund- und Oberflächenwasser mit der einzelnen Entnahmeeinheit eine grundsätzlich gebührentaugliche Privatgutkomponente, solange die

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Ressource Wasser indes noch Bestandteil der natürlichen Umwelt ist, kann der Staat den Zugriff auf die Ressource weder lenken noch Zahlungsunwillige von deren Nutzung ausschließen. Die Bereitstellung eines Umweltmediums zur Nutzung ist damit zwar Freigabe des nach wie vor staatlichen Mediums für Nutzungen durch das Kollektiv, individuelle Zurechnungsakte bleiben aber aus. Verbleibt es somit beim Kollektivgutcharakter von Ressourcennutzung bzw. -bereitstellung, werden nicht individuell zurechenbare, sondern unter Abwendung vom verfassungsrechtlichen Gebührenbegriff kollektiv zugerechnete Staatsleistungen der Gebührenpflicht unterworfen.

V. Rechtfertigung von Verleihungsabgaben (Teil E) 1. Abgaben auf die Verleihung oder das Gebrauchmachen von Rechten sind in individualrechtlicher Hinsicht sowie vor dem Steuerstaatsprinzip grundsätzlich rechtfertigungsfähig. a) In individualrechtlicher Hinsicht stoßen Verleihungsgebühren auf Rechtfertigungsbedarf zunächst deshalb, weil sie dem Abgabeschuldner eine außersteuerliche Zusatzbelastung auferlegen. Als letzte Stufe eines über die bloße Abgabeerhebung hinausgehenden Verleihungsregimes trifft die Verleihungsgebühr ferner auf Rechtfertigungsbedarf aus freiheitsrechtlicher Sicht. b) Auf Rechtfertigungsbedarf stoßen Verleihungsgebühren ferner vor dem Steuerstaatsprinzip in seiner gängigen Auslegung, daß der Steuerstaat nichtsteuerliche Abgaben nur in engen Grenzen zuläßt. Insbesondere haben sich Verleihungsgebühren bei materieller Betrachtung des Steuerstaatsprinzips dafür zu legitimieren, daß sie die Erzielung frei fungibler Einnahmeüberschüsse ermöglichen. 2. Materiell läßt sich die Verleihungsgebühr in individualrechtlicher Hinsicht dem Grunde nach ausschließlich durch den Hinweis auf die Abschöpfung eines zuvor eingeräumten Vorteils rechtfertigen, während der Aufwandsausgleich bei Leistungserstellungskosten von Null insoweit ausscheidet. Die Abschöpfung ist dabei gleichheitsstiftendes Korrektiv für den Sondervorteil, der den Abgabepflichtigen zusätzlich zum eigentlichen Verwaltungsprogramm (Rechtsverleihung) erreicht hat. a) An den Gebührenerhebungsgrund Vorteil kann der Gesetzgeber in unterschiedlicher Weise anknüpfen. Mit dem Abschöpfungstopos lassen sich demnach Abgaben auf die Einräumung, das Innehaben, die Nutzung oder das Gebrauchmachen von Rechten gleichermaßen rechtfertigen. An welchen Anlaß der Gesetzgeber die Abgabepflicht bindet, spielt für die Rechtfertigung keine Rolle.

Zusammenfassung der Arbeit - Thesen b) Die in der Umweltabgabendebatte betonte ökonomische Rationalität gebührenrechtlicher Instrumentierungen entfaltet keine Rechtfertigungskraft. Für die Frage nach der Vereinbarkeit einer Vorzugslast mit dem Gemeinlastprinzip ist allein maßgeblich, daß der Abgabeschuldner einen individuell zurechenbaren bzw. in vertretbarer Weise zugerechneten Sondervorteil erhält. Die Plausibilität ökonomischer Modellempfehlungen kann das Fehlen eines Sondervorteils dagegen nicht ersetzen. Als Hilfserwägungen für die Verankerung einer nichtsteuerlichen Abgabe in den Sachkompetenzvorschriften können Internalisierungsidee und Entgeltmodell im Einzelfall jedoch sachkompetenzbegründende Wirkung entfalten. 3. Im einzelnen ist die Verleihungsgebühr nur unter Einhaltung bestimmter zulässigkeitserhaltender Eckpunkte rechfertigungsfähig. a) Für die Verleihungsgebühr lassen sich zulässigkeitsbegrenzende Kriterien in tragfähiger Weise nur aus individualrechtlichen Erwägungen sowie aus dem Grundgedanken einer auf Vorteilsabschöpfung fußenden Rechtfertigung ableiten. Das Steuerstaatsprinzip trägt insoweit nicht. Hat sich der Steuerstaat des Grundgesetzes tatsächlich im wesenlichen durch Steuern zu finanzieren, so muß jede nichtsteuerliche Abgabe als bedenklich gelten. Ließe man es bei diesem Befund bewenden und verzichtete man bei der Ableitung zulässigkeitserhaltender Kriterien demzufolge auf einen abgabespezifischen Schutzzweckzusammenhang zur Steuerstaatlichkeit, so ließen sich unter Berufung auf das Steuerstaatsprinzip Einschränkungskriterien bis zur Beliebigkeit ableiten. b) Die Einschränkung des Anwendungsbereichs von Verleihungsgebühren auf die Einräumung solcher Rechte, die als Ausnahmen von sog. repressiven Verboten verliehen werden, sowie auf die Belastung wirtschaftlich verwertbarer Rechte erweist sich hiernach als notwendig. c) Das Entstehen von Aufwendungen anläßlich der Rechtsverleihung sowie die Abgabe wirtschaftlicher Werte durch den Staat können bei Vorliegen einer qualifizierten Tauschbeziehung zwar einen Abschöpfungsvorrang zugunsten der Gebühr begründen, sind im übrigen aber weder aus steuerstaatlicher noch aus individualrechtlicher Sicht Rechtfertigungsvoraussetzung. Sofern dem Abgabeschuldner mit der Rechtsverleihung Vorteile zugewandt werden, läßt die Eignung der Verleihungsgebühr zur Erzielung eines „vorprogrammierten Finanzüberschusses" weder eine Abweichung von allgemeinen Gebührengrundsätzen erkennen, noch geschieht dem Abgabeschuldner unter dem Gesichtspunkt der Lastengleichheit Unrecht, wenn der Staat den abgeschöpften Vorteil billiger oder sogar ohne Aufwand produzieren kann. 4. Lenkungszwecken stehen Verleihungsgebühren nicht durchweg offen.

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a) Regulierungsannexe Verleihungsgebühren haben sich zur Wahrung des Gestaltungszieles der ihnen vorgelagerten Sachnormen einer lenkenden Einflußnahme auf das Verhalten aktueller oder potentieller Rechtsinhaber nach dem Grundsatz der Zweckakzessorietät der Gebührenbemessung regelmäßig zu enthalten. Die regulierungsannexe Verleihungsabgabe steht in diesem Sinne nicht im Dienste einer eigenen Sachregelung, sondern schöpft lediglich jene Vorteile ab, die das hinsichtlich der Gestaltungswirkung abschließende Verwaltungshandeln auf den vorangehenden Stufen überbracht hat. b) Wo die der Rechtsverleihung vorgelagerte Stufe anstelle eines regulierenden Gestaltungsziels (Schaffung bestimmter Marktstrukturen, z.B. eines ausreichenden Entsorgungsangebotes) demgegenüber einen generellen Vermeidungs- oder Sparzweck verfolgt (Ressourcenschonung), kann dieser auch auf die sich der Rechtsverleihung anschließende Abgabeerhebung durchschlagen und dieser demzufolge auch einen Lenkungszweck vermitteln. Bei internalisierenden Verleihungsgebühren steht der Grundsatz der Zweckakzessorietät von Gebühren einer lenkenden Abgabebemessung somit nicht entgegen. 5. Erweist sich ein materiell verstandenes Steuerstaatsprinzip bei der Ableitung zulässigkeitserhaltender Eingrenzungskriterien für nichtsteuerliche Abgaben weder als notwendig noch als tragfähig, so erscheint schließlich der Weg einer formell-verfahrensmäßigen Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips durch Annahme einer dem nichtsteuerlichen Abgabengesetzgeber aufzuerlegenden Darlegungslast gangbar. a) Die im Rahmen der Darlegungslast vorgetragenen Sachgünde, welche den Gesetzgeber im Einzelfall von seinem Auftrag zur weitestgehenden Verwirklichung des Steuerstaates dispensieren sollen, haben sich dabei lediglich als beachtlich zu erweisen. Im übrigen aber ist das formell konkretisierte Steuerstaatsprinzip mit der verfahrensmäßigen Bindung des parlamentarischen Entscheidungsprozesses bereits vollends verbraucht. Eine über die Entscheidungsdisziplinierung hinausgehende Restriktionswirkung kommt ihm nicht zu. b) Auf die Ermittlung der zulässigen Abgabeausgestaltung im Einzelfall hat das formell verstandene Steuerstaatsprinzip demnach keinen Einfluß. Insbesondere kann es nicht als Grundlage für die Ableitung aufkommensbegrenzender Zulässigkeitsmerkmale dienen. Gelingt es dem Gesetzgeber somit, einen zureichenden Sachgrund für das Ob seiner außersteuerlichen Abgabe darzutun, so ist der Schutzwall „Steuerstaat" für die konkrete Abgabe durchbrochen. Jetzt wird der Steuerstaat nur noch durch die drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung, d.h. den Steuervorrang geschützt, die konkrete Abgabe aber nicht mehr dem generellen Anpassungsdruck eines materiell ausgelegten Steuerstaatsprinzips ausgesetzt.

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c) Die Beachtung des Steuervorrangs bzw. der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung erweist sich nun, nach der Klärung des Ob der außersteuerlichen Abgabe, zum Schutz des Steuerstaates als ausreichend. Während die hiernach erforderliche Beachtung der parlamentarischen Budgetrechte vor der Etablierung apokrypher Einnahme- und Ausgabekreisläufe schützt, sorgt die tatbestandliche Steuerdistanz dafür, daß die außersteuerliche Abgabe nicht in Wahrheit eine Steuer ist. Auch der Individualschutz, welcher sich im Falle der Verleihungsgebühr als wesentlicher Maßstab zur Eingrenzung einer nichtsteuerlichen Abgabe auf ihren rechtfertigungsfähigen Bestand erwies, findet im Prüfprogramm des Steuervorrangs bereits Berücksichtigung. d) Im übrigen aber, d.h. jenseits des Steuervorrangs und damit insbesondere hinsichtlich des außersteuerlich erzielten Einnahmevolumens, ist der Steuerstaat jetzt - nach der Darlegung des Ob - ungeschützt, sofern nur ein zureichender Sachgrund für die Erhebung der Sachkompetenzabgabe dargetan wurde. In diesem Sinne scheidet vor allem eine quantitative Begrenzung des dem Grunde nach zulässigerweise erzielten Abgabeaufkommens mit der Begründung aus, daß der Steuerstaat sich im wesentlichen durch Steuern zu finanzieren habe. Der nichsteuerliche Abgabengesetzgeber hat seine Sachkompetenzabgabe lediglich dem Grunde nach in den Sachkompetenzvorschriften zu verankern und sie auch vor dem Steuerstaat nur dem Grunde nach zu legitimieren. Fragen der Aufkommens- bzw. Abgabenhöhe weisen dagegen keinen tragfähigen Bezug zur Steuerstaatlichkeit auf, sondern berühren unter dem Gesichtspunkt einer rechtmäßigen Gebührenbemessung ausschließlich individualrechtliche Belange. 6. Um das Ob einer nichtsteuerlichen Abgabe im Steuerstaat zu begründen, hat der Gesetzgeber endlich nicht nur steuerverdrängende Sachgründe darzutun, sondern muß sich zunächst auf sachkompetenzeröffnende Sachgründe berufen können: a) Um die außersteuerliche Abgabe im Sachregelungsprogramm der allgemeinen Kompetenzvorschriften zu verankern, muß der Gesetzgeber zunächst sachkompetenzeröffnende Sachgründe dartun und darlegen, daß er im Rahmen gegebener Sachregelungskompetenz anstelle ordnungsrechtlicher Instrumentierungen auch die Erhebung bspw. einer aufwandsausgleichenden oder lenkenden Abgabe regeln kann. Hinweise auf die ökonomische Rationalität und Zieladäquanz nichtsteuerlicher Abgaben können hierbei unter Geeignetheitserwägungen eine Rolle spielen. Bei Fehlen einer gestaltenden Einflußnahme auf den betroffenen Sachbereich hat der reine Finanzierungszweck von Abgaben demgegenüber keine sachkompetenzeröffnende Kraft. b) Nach Darlegung sachkompetenzeröffnender Sachgründe hat der Gesetzgeber des weiteren steuerverdrängende Sachgründe darzulegen und 25 Drömann

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zu erklären, warum er die Erhebung der konkreten Abgabe selbst im Steuerstaat für gerechtfertigt hält. aa) Ein selbst im Steuerstaat beachtlicher Sachgrund für die Erhebung von Sachkompetenzabgaben kann dann vorliegen, wenn die konkrete äußersteuerliche Abgabe sich in Idee und Funktion von der Steuer unterscheidet und/oder der verfolgte Abgabenzweck durch Erhebung einer Steuer nicht erreicht werden kann. (1) Beim Aufwandsausgleich ist diese Bedingung ohne weiteres erfüllt. Hier besteht nach Idee und Funktion der Abgabe ein Anwendungsvorrang zugunsten der Vorzugslast. (2) Der Belastungsgrund der Vorteilsabschöpfung begründet demgegenüber keinen zwingenden Anwendungsvorbehalt zugunsten nichtsteuerlicher Abgaben, sondern kann auch durch die insoweit funktionenäquivalente Steuer erreicht werden. (aa) Die Umsetzung der Abschöpfungsidee durch Vorzugslasten kann jedoch dort auf einem beachtlichen Sachgrund beruhen, wo die rechtszuweisende Gebietskörperschaft zusammen mit der Rechtsverleihung und in verzichtsgleicher Weise wirtschaftliche Werte oder Expektanzen auf Private überträgt, die Vorteilszuwendung also im Sinne eines Tauschvorgangs zugleich den Abgabeschuldner bereichert und den Staat entreichert. Regulierungsannexe Verleihungsabgaben, auf die diese Bedingungen zutreffen (Bergrechtliche Förderabgabe, Lizenzentgelte), können sich für eine Erhebung als Gebühr auf einen selbst im Steuerstaat beachtlichen Sachgrund berufen. (bb) Bei Abwesenheit einer qualifizierten staatlichen Entreicherung können sich internalisierende Verleihungsabgaben, namentlich Wasserentnahmeentgelte, hingegen nicht auf diesen Sachgrund berufen. Weder läßt sich im Falle der Umweltnutzung ausnahmslos ein Sondervorteil im Sinne unmittelbarer Knappheitsfolgen nachweisen, noch leistet der Staat einen der Aufgabe wirtschaftlicher Werte vergleichbaren Verzicht. (3) Auch nichtsteuerliche Lenkungsabgaben können sich auf eine genuine Funktionenverschiedenheit zur Steuer nicht berufen. Unter Berufung auf das sog. Entgeltmodell läßt sich ein Funktionenvorbehalt zugunsten der Gebühr unter Lenkungsgesichtspunkten ebensowenig nachweisen. Internalisierende Verleihungsabgaben (Wasserentnahmeentgelte), die sich bei Fehlen eines qualifizierten Tauschvorgangs schon nicht auf die außersteuerliche Vorteilsabschöpfung stützen lassen, können sich demnach nur bedingt auf einen im Steuerstaat beachtlichen Sachgrund für die Erhebung als Gebühr berufen. bb) Liegt im Einzelfall ein gebührenfähiger Tauschvorgang vor, so muß die Anknüpfung der nichtsteuerlichen Abgabeerhebung an das Gebrauchma-

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chen von Rechten das Vorliegen dieses Sachgrundes nicht zerstören, selbst wenn sich der Zugriff auf realisierte Vorteile als steuernaher Zugriff auf die infolge der Rechtsverleihung nunmehr erhöhte Leistungsfähigkeit des Rechtsinhabers darstellt. Begründet der Gesetzgeber eine gebührenmäßige Vorteilsabschöpfung mit dem Hinweis auf die mit der Rechtsverleihung einhergehende Entreicherung des Staates, so bleibt dieser Sachgrund auch dann erhalten, wenn der Gesetzgeber die Abgabepflicht in Ausübung seines insoweit bestehenden Gestaltungsrechts erst mit materieller Entreicherung des Staates, d.h. im Zeitpunkt der Vorteilsrealisierung aufleben läßt. 7. a) Regulierungsannexe Abgaben können als Verleihungsgebühren gerechtfertigt werden, wenn sie an Ausnahmegewährungen von einem repressiven Verbot anknüpfen und der Staat wirtschaftlich verwertbare Rechte überträgt. Verzichtet der Staat anläßlich der Rechtsverleihung zugleich auf die eigene Vorteilsrealisierung, so beruht die gebührenmäßige Abschöpfung des Vorteils überdies auf einem selbst im Steuerstaat des Grundgesetzes beachtlichen Sachgrund. b) Auch internalisierende bzw. lenkende Verleihungsabgaben können gerechtfertigt werden, wenn sie an die Einräumung oder Nutzung eines Rechts anknüpfen, auf das kein grundrechtlicher Anspruch besteht. Gegenüber der Steuer entfaltet das Abschöpfungsmotiv bei Umweltnutzungsabgaben (Wasserentnahmeentgelten) allerdings eine geringere Wirk- und Abgrenzungskraft als im Falle regulierungsannexer Abgaben. Auch unter Lenkungsgesichtspunkten können Umweltnutzungsabgaben einen eindeutigen Funktionenvorbehalt gegenüber der Steuer nicht für sich in Anspruch nehmen. In der Staatspraxis werden sie aber vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Umweltschutzziels inzwischen geduldet.

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26*

Sachwortverzeichnis Abgrenzung Gebühr/Steuer 288 ff. Äquivalenzprinzip - Allgemeines 235 f. - Spezielles 235 Ausbildungsplatzförderungsabgabe 104 f., 137 Ausschließbarkeit 237 Ausschließbarkeitskriterium 230ff., 253 f. Ausschlußprinzip 231 ff. Benutzungsgebühr 260 ff., 323 Bergrechtliche Förderabgabe 34 f., 52, 74 f., 362 f. Bundesstaatliche Finanzverfassung 119 ff. - Schutzgüter der Finanzverfassung 124 ff. - sog. drei grundlegende Prinzipien der Finanz Verfassung 124 ff. ,127, 295 - Schutz- und Begrenzungsfunktion 124 ff. Darlegungslast 170 ff. - des Haushaltsgesetzgebers bei der Kreditaufnahme 170 ff. - des nichtsteuerlichen Abgabengesetzgebers 178 ff. Duldungsgebühr 159, 256 ff., 267, 270 f. Entgeltabgaben 193 Entgeltlichkeit - spezielle Entgeltlichkeit der Gebühr 219, 359 - sog. generelle Entgeltlichkeit der Steuer 245 f., 356, 359 Entgeltmodell 359 Externe Effekte 43 f., 232f. Fehlbelegungsabgabe

154 f., 159, 162

Gebührenbegriffe 188 ff. - formaler Gebührenbegriff 269 - streng formaler Gebührenbegriff

201, 206

- kostenorientierter Gebührenbegriff 189 ff. - doppelgliedriger Gebührenbegriff 106, 192 f., 210ff., 282 - weiter Gebührenbegriff 202 f. - materieller Gebührenbegriff 207 f., 287 ff. Gebührenfähige Staatsleistung 200 ff. - offener, weiter Leistungsbegriff 202ff., 252f., 264 - reduzierter, enger Leistungsbegriff 207 ff., 210, 263, 280 - gebührenfähiges Objekt 236f., 238 - Teilbarkeit von Staatsleistungen 227 ff. - Internalisierungsfähigkeit des Leistungsnutzens 237, 239 - Ausschließbarkeitskriterium 230 ff. Gemeinlastfinanzierung 128 f. Gemeinlastprinzip 234 f. Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht 170 f. Gruppennützige Aufkommensverwendung 243 f. Individuelle Zurechenbarkeit - der Staatsleistung 215 f., 219ff. - von Wasserbewirtschaftungsmaßnahmen 222 ff., 239 ff. Individuelle Zurechnung 252 Internalisierungsabgaben 42 ff., 52, 181, 342 ff., 358 ff. Investitionshilfeabgabe 105, 138 Konzessionsabgaben 29 f., 33 Kostendeckungsfunktion von Gebühren 277 ff.

Sachwortverzeichnis Kostendeckungszweck

280 ff.

Lastengleichheit 240, 301 f., 308, 312 f., 322 Lizenzentgelt nach dem AbfG NW 39 ff., 52, 341, 362 f. Luftnutzungsgebühr 264 f. Mischgüter

234

Öffentliche Güter

232 f., 359

Präventives Verbot 314 f. Private Güter 233 f. Rationierungsabgaben 36 Rechtfertigung nichtsteuerlicher Abgaben - sachkompetenzeröffnende Sachgründe 348 f. - steuerverdrängende Sachgründe 349 f., 353 f., 365 Rechtfertigung von Gebühren 302 ff. - Vorteilsausgleich, Abschöpfung 33, 302 f., 304 ff., 308 f., 322 ff., 353, 356 - Aufwandsausgleich, Kostenverantwortlichkeit 302 f., 349, 352 - Lenkung 303, 358 f. Rechtfertigungsprivileg von Vorzugslasten 99f., 103, 113f., 135, 139 f., 156 Regulierung 32 Repressives Verbot 311 ff., 316 f. Ressourcennutzungsgebühr - Begriff 26 ff. - Zurechnungsmodus 271 ff. Rezeptionsargument 197 f., 213 f. Sachkompetenzimplizite Abgaben 136 f. Schankerlaubnissteuer 38 f., 71 f., 181, 328 Schutzgutneutrale Abgaben 113 f., 128, 135, 139 f., 164 f., 332 Sondernutzungsgebühr 35 f. Spielbankabgabe 38 f., 70f., 328 Steuerstaat

405

- B e g r i f f 114 ff - als Finanzierungsregel 117 Steuerstaatlichkeit 146, 151 f. Steuerstaatsdoktrin 117, 119, 122, 129, 164, 213, 319 Steuerstaatsprinzip 14 I f f . - Rezeption im Schrifttum 142 f. - Grundaussage 166 - als Rechtsprinzip 149 ff. - Geltungsanspruch des Steuerstaatsprinzips 152 f. - Geltungsgrund des Steuerstaatsprinzips 153 ff. - als eigenständige Schutzaussage 149 ff., 160ff., 277, 346ff. - Konkretisierung des Steuerstaatsprinzips 167 ff., 297 ff., 325 ff., 335 f., 346ff. Steuerprimat 117 Steuervorbehalt 117 f. Steuervorrang 117 ff, 120ff., 128, 134, 160 f., 347 Tatbestandswahlrecht des Abgabengesetzgebers 178, 180f., 266, 269f., 354, 362f. Teilbarkeit 227 ff. Teilbarkeit, Individuelle Zurechenbarkeit und Internalisierungsfähigkeit 249 ff. Umwelt(nutzungs)abgaben

14, 260 ff.

Verleihungsgebühr 18 ff. - Stand der Diskussion 18 ff., 54 ff. - Belastungsgründe, Anknüpfungsmöglichkeiten 2 Iff. - Belastungskonzept 51 f. - Zurechnungskonzept der Verleihungsgebühr 261 f., 266ff., 270 f., 276f. - als regulierungsannexe Abgabe 32 ff., 52, 181, 298 f., 337 ff., 353 f., 357 - als internalisierende Abgabe 42 ff., 52, 181, 342 ff., 358 ff. - als Lenkungsabgabe 336 ff. - Rechtfertigung 304 ff.

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Sachwortverzeichnis

Verwaltungsgebühr 322 f. Vorrechtsgebühr 270 Wasserentnahmeentgelte 42 ff., 46, 222ff., 356ff., 365 Wasserpfennigentscheidung (des BVerfG) 76ff., 88, 95f., lOOf., 127, 139, 215 f.

Wasserzins 42 f. Zertifikatmodelle 37 Zurechnungskriterien 255 ff., 267 f. Zusatzrechtfertigung von Abgaben 306 ff., 349 Zweckakzessorietät von Gebühren 338 ff., 343