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German Pages 158 [160] Year 1964
SAMMLUNG
GÖSCHEN
BAND
970/970a
Nichteuklidische Geometrie Hyperbolische Geometrie der Ebene Von
Dr. phil. Richard Baldus ehem. ord. Professor der Mathematik an der Technischen Hochschule München
Vierte Auflage Bearbeitet und ergänzt von
Dr. rer. nat. Frank Löbell em. ord. Professor der Geometrie an der Technischen Hochschule München
Mit 75 Figuren im Text
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. vormals G. J . GöBchen'sche Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J . Trübner • Veit & Comp,.
Berlin 1964
© Copyright 1964 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp., Berlin 30. — Alle Hechte, einschl. der Hechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vom Verlag vorbehalten. — Archiv-Nr. 7713 646. — Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30. — Printed in Germany.
Vorbemerkung zur 4. Auflage Während die 3. Auflage dieses Büchleins ein beinahe unveränderter Nachdruck der noch von Richard Baldus selbst besorgten 2. Auflage war, wurden jetzt einige Änderungen vorgenommen und Ergänzungen angefügt. Außer der historischen Einleitung blieb nur der axiomatische Teil davon fast unberührt; diese einzigartige Baldussche Leistung sollte möglichst unangetastet bleiben. Beibehalten wurde auch das Verfahren, die Nichteuklidische Geometrie im projektiven Bild in der Euklidischen Ebene zu entwickeln, weil es nicht nur das fruchtbare Prinzip der speziellen Lage anzuwenden erlaubt, sondern auch die uneigentlichen Punkte und Geraden bequem zugänglich macht. Neu bearbeitet wurde unter anderem hauptsächlich die Trigonometrie und, in stärkerem Maß, die analytische Geometrie. Im ganzen aber war das Bestreben, die Eigenart der Baldusschen Darstellung zu wahren, deren Hauptmerkmale Gründlichkeit beim Durchdenken aller auftauchenden Fragen, die Baldus' starkem erkenntnistheoretischem Interesse entsprang, und peinliche Sorgfalt bei der Durchführung der Beweise sind. Eindrucksvoll bringt Baldus die Überzeugung zur Geltung, daß der anschaulichen Vorstellung in der Nichteuklidischen Geometrie die gleiche Rolle zukommt wie in der Euklidischen, was einem Gauss noch selbstverständlich war, aber natürlich in keiner dieser Geometrien dazu berechtigt, sich bei Beweisen auf die Anschauung zu berufen. Zum Schluß wurde ein kurzer Blick auf die CliffordKleinschen Flächen geworfen, insbesondere wurde die im hyperbolischen Fall bestehende Möglichkeit ihres Aufbaues aus einfachen Elementen beschrieben, eine Theorie, die bis jetzt noch keinen Eingang in die Lehrbücher gefunden hat, obwohl sie schon seit Jahrzehnten bekannt ist. München, im Frühjahr 1964
F. Löbell
Anmerkung des Verlages: Unmittelbar nach Abschluß der Korrekturen erreicht uns die Nachricht, daß Herr P r o f e s s o r Dr. F r a n k L ö b e l l am 31. Mai 1964 plötzlich verstorben Ist. — Bei der Veröffentlichung des Bandes gedenken wir unseres Autors in Dankbarkelt und Verehrung.
Inhalt Seite 3
Vorbemerkung zur 4. Auflage Literatur
0 I.
Der
geschichtliche
Abschnitt.
Weg zur G eometrie.
Nichteuklidischen
I— 3. Euklids Elemente 4— 9. Aus der Geschichte des Parallelenaxioms 10—12. Die Entdecker der NichteukJIdischen Geometrie II. Axiomatik
der
7 9 15
Abschnitt. absoluten
Geometrie.
13—14. Bedeutung der absoluten Geometrie 15—10. Formalisierung der Geometrie 17—18 A. Annrdoungsaxiome IQ. B. Dimensionsaxiom 20—22. C. Kongruenzaxiome 23—26 Kolgerungen aus den AxlomgruDDen A—C 27. Einige Sätze über den Kreis 28 — 33. D. Axiome des Messens 34. Weitere Sätze Ober den Kreis 35—36. Rechtwinklige Koordinaten und Yollständigkeltssatz III. Die
20 22 24 23 29 33 38 40 47 4S
Abschnitt.
Euklidische
Geometrie.
37—38. E. Das Euklidische Parallelenaxiom IV. Axiomatik 39—40. 41—44. 45. 46—48. 49—51. 52. 53—54. 65—56. 57.
der
50
Abschnitt.
hyperbolischen Einheitskreise.
Geometrie
im
Die Axiome A 1 —6 und B Hyperbolische Streckenkongruenz. Die Axiome C 1 — 3 . . . Die Axiome des Messens Automorphe Kollineationen des Bandkreises Hyperbolische Winkelkongruenz. Die Axiome C 4 — 6 . . . . Der Widerspruch mit dem Euklidischen Parallelenaxiom . . . Wlderspruchsiosigkeit der hyperbolischen Geometrie Das Nichteuklidische Parallelenaxiom E' Einzigartigkeit der hyperbolischen Geometrie
54 56 59 60 Ii2 65 66 68 70
Inhalt
5
V. Abschnitt. Die h y p e r b o l i s c h e G e o m e t r i e als s e l b s t ä n d i g e D i s z i p l i n . 58— 59. Vorbemerkungen 60— 61. Hyperbolische Gebilde in spezieller Lage zum Randkreise. . 62. Orthogonalität 63— 64. Parallele Gerade 65. Abstandslinien 66. Kreiße 67. Grenzkreise 68. Winkelmessung 69— 70. Winkelsumme im Dreieck 71— 73. Streckenmessung; Hyperbelfunktionen . . . 74. Der Parallelwinkel 75— 76. Parallelogramme und Trapeze 77— 81. Die Hjelmslevsche Mittellinie 82— 85. Fundamentalkonstruktionen 86— 91. Merkwürdige Punkte des Dreiecks 92— 95. Trigonometrie 96— 98. Reguläre »-Ecke 99—100. Umfang des Kreises. Bogenlänge der Abstandslinie . . . . 101—104. Analytische Geometrie 105—106. Der Dreiecksinhalt 107—108. Flächeninhalt des Kreises. Sektor der Abstandslinie . . . . 109—110. Flächen zwischen parallelen Geraden 111—112. Asymptotische Dreiecke 113. Uneigentliche Elemente 114—115. Absoluter Charakter der Strecken- und Inhaltsmessung. . .
71 73 74 75 77 SO 81 84 85 87 92 93 94 100 104 110 117 119 121 130 134 137 1SS 140 141
VI. Abschnitt. Schlußbetrachtungen. 116. 117—118. 119—121. 122—125. Register
Beweiskraft der Deutung [ $ } Die elliptische Geometrie Geometrie und Wirklichkeit Ausblick auf die Clifford-Kleinschen Flächen
144 145 148 150 156
Literatur [1] R. Bonola, Die n i c h t e u k l i d i s c h e G e o m e t r i e , deutsch von H. Liebmann. 3. Aufl. Leipzig und Berlin 1921, 207 S. [2] F. Engel, N. I. L o b a t s c h e f s k i j , Zwei g e o m e t r i s c h e A b h a n d l u n g e n . Leipzig 1899, 476 S. [3] F. Engel und P. Stäckel, Die T h e o r i e der P a r a l l e l l i n i e n von E u k l i d bis auf G a u ß . Leipzig 1895. 325 S. [4] F. Enriques, P r i n z i p i e n der G e o m e t r i e ; Enzyklop. d. math. Wissenschaften III, l x . Leipzig 1907—1910, S. 1—129. [5] F. Enriques, F r a g e n der E l e m e n t a r g e o m e t r i e , I. Teil, deutsch von H. Thieme. Leipzig 1911, 366 S. [6] D. Hilbert, G r u n d l a g e n der G e o m e t r i e . 9. Aufl. Stuttgart 1962, 272 S. [7] F. Klein, V o r l e s u n g e n ü b e r n i c h t e u k l i d i s c h e Geom e t r i e , bearbeitet von W. Rosemann. Berlin 1928, 326 S. [8] H. Liebmann, N i c h t e u k l i d i s c h e G e o m e t r i e . 3. Aufl. Berlin und Leipzig 1923, 150 S. [9] K. Lingenberg, E i n f ü h r u n g in die n i c h t e u k l i d i s c h e G e o m e t r i e . Hannover 1960, 85 S. [101 ff. Meschkowski, N i c h t e u k l i d i s c h e G e o m e t r i e . 2. Aufl. Braunschweig-Berlin-Stuttgart 1961, 80 S. [11] O. Perron, N i c h t e u k l i d i s c h e E l e m e n t a r g e o m e t r i e der E b e n e . Stuttgart 1962, 134 S. [12] F. Schur, G r u n d l a g e n der G e o m e t r i e . Leipzig und Berlin 1909, 192 S. [13] P. Stäckel, W. u n d J. B o l y a i , 2 Teile, Leipzig und Berlin 1913, 281 + 274 S. [14] J . Tropfke, G e s c h i c h t e der E l e m e n t a r m a t h e m a t i k , IV. Bd. Ebene Geometrie, 3. Aufl. besorgt von K. Vogel, Berlin 1940, 316 S. [15] M. Zacharias, E l e m e n t a r g e o m e t r i e u n d e l e m e n t a r e N i c h t e u k l i d i s c h e Geometrie in s y n t h e t i s c h e r Beh a n d l u n g ; Enzyklop. d. math. Wissenschaften III, 12. Leipzig 1914—1921, S. 859—1172. Eine neuartige Begründung der Geometrie gibt das Bucli von [IG] F. Bachmann, A u f b a u der G e o m e t r i e aus dem S p i e g e l u n g s b e g r i f f . Berlin-Gottingen-Heidelberg 1959, 311 S.
L
Abschnitt.
Der geschichtliche Weg zur Nichteuklidischen Geometrie. Euklids Elemente. 1. E u k l i d , der große griechische Geometer, der vor 300 v. Chr. lebte und in Alexandria lehrte, hat in seinen berühmten 13 Büchern der „Elemente" (CTTOIXEÎC AQ. Bei Euklid treten nur die drei ersten Kongruenzsätze auf, und zwar im ersten Buch der Elemente, der 1. Kongruenzsatz als Satz 4, der 3. als Satz 8 und der 2. als Satz 26. Der 4. Kongruenzsatz ist zum erstenmal im Jahre 1750 ausgesprochen worden (vgl. Tropfke [14], S. 99).
Einige Sätze über den Kreis. 27. Man definiert nun nach Hilbert den Kreis durch die 15. E r k l ä r u n g . Ist M ein beliebiger Punkt, so heißt die Gesamtheit derjenigen Punkte Ai, für welche die Strecken MAi einander kongruent sind, ein „ K r e i s " ; M heißt der Mittelpunkt des Kreises, die Strecken MAi heißen Halbmesser des Kreises. Aus den Axiomgruppen A—C ergeben sich unter anderem folgende Sätze über den Kreis: a) Im Kreise gehören zu gleichen Zentriwinkeln gleiche Sehnen und zu gleichen Sehnen gleiche Zentriwinkel.
Einige Sätze über den Kreis
39
b) Eine Gerade trifft einen Kreis höchstens in zwei Punkten, c) Ist A ein Punkt eines Kreises mit dem Mittelpunkt M, dann trifft jede Gerade durch A, die nicht zu AM senkrecht steht, den Kreis in genau einem weiteren Punkte, während die in A zu AM senkrechte Gerade den Kreis nicht mehr trifft. Diese letztere Gerade heißt T a n g e n t e des Kreises in A und A ihr B e r ü h r p u n k t . d) Durch jeden vom Berührpunkte verschiedenen Punkt einer Kreistangente kann man noch genau eine weitere Tangente an den Kreis legen. e) Ist P ein Punkt, durch den zwei Tangenten an einen Kreis mit dem Mittelpunkt M gehen und sind A1 und A2 deren Berührpunkte, dann ist PA1 = PA? und