206 98 103MB
German Pages 892 Year 1997
BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR ROMANISCHE
PHILOLOGIE
BEGRÜNDET VON GUSTAV GRÖBER FORTGEFÜHRT VON WALTHER VON WARTBURG UND KURT BALDINGER HERAUSGEGEBEN VON MAX PFISTER
Band 267
MARIA BESSE
Namenpaare an der Sprachgrenze Eine lautchronologische Untersuchung zu zweisprachigen Ortsnamen im Norden und Süden der deutsch-französischen Sprachgrenze
MAX NIEMEYER VERLAG TÜBINGEN 1997
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme [Zeitschrift für romanische Philologie / Beihefte] Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie. - Tübingen : Niemeyer Früher Schriftenreihe Reihe Beihefte zu: Zeitschrift für romanische Philologie NE: HST Bd. 267. Besse, Maria: Namenpaare an der Sprachgrenze. - 1997 Besse, Maria: Namenpaare an der Sprachgrenze : eine lautchronologische Untersuchung zu zweisprachigen Ortsnamen im Norden und Süden der deutsch-französischen Sprachgrenze / Maria Besse. Tübingen : Niemeyer, 1997 (Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie ; Bd. 267) Zugl.: Saarbrücken, Univ., Diss., 1993 ISBN 3-484-52267-4 ISSN 0084-5396 © Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1997 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Satz: ScreenArt GmbH & Co. KG, Wannweil Druck: Guide-Druck, Tübingen Einband: Heinr. Koch, Tübingen
Vorwort
Angeregt wurde die vorliegende Arbeit von Herrn Professor Dr. Drs. h.c. Max Pfister und Herrn Professor Dr. Wolfgang Haubrichs im Rahmen des interdisziplinären Kolloquiums «Franken und Romanen; sprachliche Kontakte und Interferenzen bis zur Ausbildung der deutsch-romanischen Sprachgrenze», das im Sommersemester 1985 an der Universität des Saarlandes stattfand. Wertvolle Hinweise, besonders methodischer Art, erhielt ich aus weiteren interdisziplinären Kolloquien zum Thema «Siedlungsgeschichte und Siedlungsnamen» unter Leitung von Herrn Dr. K.-H. Fiedler (Geographie), Herrn Professor Dr. Wolfgang Haubrichs (Germanistik), Herrn Professor Dr. Hans-Walter Herrmann (Geschichte), Herrn Professor Dr. Drs. h.c. Max Pfister (Romanistik), Herrn Dr. Rolf Spang (Geographie) und Frau Professor Dr. Frauke Stein (Vor- und Frühgeschichte). Gans besonders möchte ich meinem romanistischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Drs. h.c. Max Pfister (Saarbrücken) danken, der diese Arbeit mit großem Interesse und Hilfsbereitschaft begleitete und auch in der Reihe der Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie aufgenommen hat. Ihm ist es zu verdanken, daß ich die vorliegende Arbeit im September 1991 in Straßburg im Rahmen des «Colloque d'Onomastique», organisiert von der Sociiti franfaise d'Onomastique, vor internationalem Publikum vorstellen und wichtige Kontakte knüpfen konnte. Auch den Veranstaltern des Kolloquiums sei an dieser Stelle gedankt. Mein herzlicher Dank gilt auch meinem germanistischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Wolfgang Haubrichs (Saarbrücken); seine fachlichen Anmerkungen und Ratschläge waren für den Fortgang der Arbeit sehr hilfreich. Herzlich danken möchte ich dem Glossaire des Patois de la Suisse Romande in Neuchätel (Schweiz) und hier besonders Herrn Dr. Wulf Müller (Boudry), der mir bei der Einsicht des reichhaltigen, handschriftlichen Fichier Muret und weiterer, schwer zu beschaffender Literatur behilflich war. Ebenso gilt mein Dank Herrn Guy vande Putte (Antwerpen) und Frau Ann Marynissen (Leuven), die mir während meines einwöchigen Aufenthaltes am Naamkunde Instituut der K. U. Leuven zwecks Quellenüberprüfung und Literaturbeschaffung hilfreich zur Seite standen. Für einige wertvolle Hinweise bezüglich der flämischen Toponyme danke ich Herrn Professor
V
Dr. Karel Roelandts (Leuven) und Herrn Professor Dr. Jan Goossens (Münster) aufrichtig. Der Universität des Saarlandes bin ich für die Gewährung eines Stipendiums von März 1990 bis Februar 1992 zu Dank verpflichtet sowie der DFG für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses. Die Arbeit wurde im Dezember 1994 mit dem Dr.-Eduard-Martin-Preis ausgezeichnet. Herzlichen Dank sagen möchte ich schließlich meinem Mann, Thomas Besse, für sein liebevolles Verständnis und seine wertvolle Hilfe beim Lesen der Korrektur. Riegelsberg, im Januar 1995
VI
Maria Besse
Inhaltsverzeichnis
0. Einleitung
1
0.1 Problemstellung: «Namenpaare» und ihre Bedeutung 0.2 Räumliche Lage des Untersuchungsgebietes und Eingrenzung des Namenmaterials 0.3 Forschungsstand 0.4 Quellenlage und Quellenkritik 0.5 Methode und Aufbau der Arbeit
1 4 8 10 14
1. Terminologie
17
1.1 Die Begriffe «Doppelname» und «Namenpaar» in der Forschung 1.2 Die Begriffe «Doppelname», «Doppelform» und «Namenpaar» in vorliegender Arbeit
17 25
2. Typologische Systementwürfe in der Forschung 2.1 2.2 2.3 2.4
27
Typologischer Systementwurf von E. Kranzmayer Typologischer Systementwurf von St. Sonderegger Typologischer Systementwurf von W. Haubrichs Systementwürfe von E. Eichler und A. Boileau
27 29 32 37
3. Katalogteil 3.1 3.2 3.3 3.4
Vorbemerkungen Katalogteil - Schweiz Katalogteil - Belgien Vermeintliche Namenpaare
4. Typologie der Namenpaare am Beispiel der -(i)acum-Namen 4.1 Entlehnungspaare 4.1.1 -(i)acum-Entlehnungspaare ohne analogische Angleichung (mit Erstbeleg vor dem Jahr 1200) 4.1.1.1 In Belgien 4.1.1.2 In Frankreich
43 43 44 304 533
537 538 538 538 540 VII
4.1.1.2.1 4.1.1.2.2 4.1.1.2.3 4.1.1.2.4 4.1.1.2.5 4.1.1.2.6
Im Im Im Im Im Im
Departement Departement Departement Departement Departement Departement
Nord Pas-de-Calais Moselle Meurthe-et-Moselle Haut-Rhin Bas-Rhin
4.1.1.3 4.1.1.4 4.1.1.5 4.1.1.6 4.1.2
Im Großherzogtum Luxemburg In der Schweiz In ndl. Limburg Problemfälle Genuine Übersetzungspaare oder Entlehnungspaare mit analogischer Angleichung? 4.1.2.1 -(i)acum/-ingen-Namenpaare 4.1.2.2 -(i)acum/-heim-Namenpaare 4.1.2.3 -iniacas/-ingahaim-Namenpaare 4.1.2.4 -(i)acum/-ingahofum-Namenpaare 4.2 Freie Namenpaare 5. Kurzer Überblick über die Dialekte im Untersuchungsgebiet 5.1 Belgien 5.2 Schweiz
6.1 Romanische Lautentwicklungen 6.1.1 Romanische Palatalisierungen 6.1.1.1 Assibilierung von ti
6.1.1.3
557 557 575 581 585 585 587
6.1.1.1.1 6.1.1.1.2
Frühe Entlehnungsschicht Spätere Entlehnungsschicht
6.1.1.1.3
Mehrfachentlehnung
593 595 595 595 597 598 601
Assibilierung von ki
603
6.1.1.2.1
Grundform mit ti oder ki?
603
6.1.1.2.2
G r u n d f o r m mit ki
605
Palatalisierung von di
607
6.1.1.3.1 6.1.1.3.2 6.1.1.3.3
608 609 613
Entwicklung von di > >3 «Assibilierung» von di Erhaltung des Dentals der Gruppe di
6.1.1.4
Assibilierung und hochdeutsche Lautverschiebung . . . 614
6.1.1.5
Zur Datierung der romanischen Assibilierungen
615
6.1.1.5.1 6.1.1.5.2
616 618
6.1.1.6
Chronologischer Anhaltspunkt: i-Umlaut Chronologischer Anhaltspunkt: 2. Lautverschiebung.
Palatalisierung von ge, gi, ke und ki 6.1.1.6.1 6.1.1.6.2
VIII
554 555 557 557
587 590
6. Lautchronologie der Namenpaare
6.1.1.2
540 541 549 552 552 554
Erhaltenes ge, gi, ke, ki in der «germanischen» Doppelform Palatalisiertes ge, gi, ke, ki in der «germanischen» Doppelform
620 621 622
6.1.1.6.3 6.1.1.6.4 6.1.1.6.5 6.1.1.6.6
6.1.1.7
6.1.2 6.1.2.1 6.1.2.2 6.1.2.3
6.1.3.2
6.1.3.3 6.1.3.4 6.1.4 6.1.4.1 6.1.4.2
630
6.1.1.7.1 6.1.1.7.2 6.1.1.7.3 6.1.1.7.4 6.1.1.7.5 6.1.1.7.6
633 637 638 639 639 639
Wechsel k/g in Namenpaaren Lautverschobenes rom. kaErhaltenes ka- und Lautsubstitution g für k Späte Lehnschicht g a - i n Namenpaaren Chronologische Anhaltspunkte
Romanische Sonorisierungen Sonorisierung und Verstummen der zwischenvokalischen Dentale Sonorisierung von intervokalischem -p- und -bSonorisierung von intervokalischem -k- und -g-
640 640 643 644
Frühe Lehnschicht
645
6.1.2.3.2
Späte Lehnschicht
645
6.1.2.3.3
Intervokalisches -k- in -(i)acum-Namen
645
Vokalisierung des / vor Konsonant Namenpaare mit erhaltenem lKons in der «germanischen» Doppelform
648
6.1.3.1.1
1-Vokalisierung in Entlehnungspaaren
653
6.1.3.1.2
1-Vokalisierung in Übersetzungspaaren
659
653
Entlehnungspaare mit 1-Vokalisierung in beiden Doppelformen
662
6.1.3.2.1 al + Dental 6.1.3.2.1.1 Entlehnungspaare mit der Lautgruppe -ald-, -alt(mit gallo-romanischer Basisform) 6.1.3.2.1.2 Entlehnungspaare mit der Lautgruppe -ald-, -alt(mit germanischer Basisform) 6.1.3.2.2 Vokalisierung in der Lautgruppe ul, ol + Dental 6.1.3.2.3 Vokalisierung oder 1-Verlust in beiden Doppelformen in der Lautgruppe al + Konsonant (außer D e n t a l ) . . .
662
Namenpaare ohne erkennbare 1-Vokalisierung Chronologische Betrachtungen zur 1-Vokalisierung . . . Romanisches s vor Konsonant Vorschlags-e und «s impurum» s vor Konsonant im Inlaut
665 665 667 667 669
6.1.4.2.1
6.1.4.2.2 6.1.4.2.3
6.1.5
623 624 626 628
Palatalisierung von ga und ka im Anlaut
6.1.2.3.1
6.1.3 6.1.3.1
Erhaltenes gi-, ge- in der rom. Doppelform Namenpaare auf-maceria Namenpaare auf-ingahaim Zur Datierung der Palatalisierung von ke, ki
662 662 664 664
Verstummen des sKons in der romanischen Doppelform gegenüber Erhaltung in der «germanischen» Doppelform Fehlendes sKons in der romanischen und deutschen Doppelform Erhaltung des sKom in beiden Doppelformen
Wallonische Diphthongierung
670 671 671
675
IX
6.2 Lautentwicklungen im Germanischen, Deutschen und Niederländischen 6.2.1 Entwicklung von idg. ο zu germ, α in Namenpaaren.. 6.2.2 Die zweite oder hochdeutsche Lautverschiebung in den Namenpaaren 6.2.2.1 t-und p-Verschiebung in Namenpaaren 6.2.2.2 k-Verschiebung in Namenpaaren 6.2.2.2.1 6.2.2.2.2 6.2.2.2.3 6.2.2.2.3.1 6.2.2.2.3.2 6.2.2.2.3.3 6.2.2.2.4
6.2.3 6.2.3.1 6.2.3.2 6.2.3.3 6.2.4 6.2.4.1 6.2.4.2 6.2.4.3 6.2.4.4
6.2.8 6.2.8.1 6.2.8.2
676 681 685 685 685 699 702 703 705 708
Wechsel von d/t in Namenpaaren 708 d/t aufgrund der Medienverschiebung d> t 709 d/t < germ, p 711 Problemfälle 713 i-Umlaut in Namenpaaren 715 i-Umlaut bei Entlehnungspaaren auf -iacum, -iacas .. 722 i-Umlaut bei Entlehnungspaaren auf -ingen 723 i-Umlaut bei Entlehnungspaaren auf -ingahaim 726 i-Umlaut bei den übrigen Entlehnungspaaren 728 6.2.4.4.1 6.2.4.4.2 6.2.4.4.3
6.2.4.5 6.2.5 6.2.5.1 6.2.5.2 6.2.6 6.2.7
k-Verschiebung im Anlaut Problem der Graphien k nach Vokal beim -f/Jacum-Suffix Zweite Lautverschiebung im Gentilnamen i-Umlaut im Gentilnamen Übernahme von romanisch ν im Gentilnamen k-Verschiebung im Inlaut bei den übrigen Entlehnungspaaren
676 676
Primärumlaut (ohne Nexus ar) i-Umlaut im Nexus arl Sekundärumlaut
i-Umlaut in Übersetzungspaaren Behandlung von romanisch ν Übernahme als ahd. w Übernahme als ahd. / Niederländische Lenisierung von germ. / Entwicklung von romanisch en vor Konsonant zu deutsch in Romanisches Final-s Verbreitung der s-Namen im Untersuchungsgebiet . . . Zur Lautchronologie der s-Namen
7. Zusammenfassende Betrachtung. Siedlungsgeschichtlicher Aussagewert der Namenpaare am Beispiel der Schweiz
728 729 732
732 733 734 734 736 738 738 740 744
746
7.1 Geographische Voraussetzungen für die Besiedlung der Westschweiz 746 7.2 Geographische Verteilung der verschiedenen Namenpaartypen. 746 X
7.3 Ergebnisse der lautchronologischen Betrachtung im Hinblick auf die Besiedlungsgeschichte 7.3.1 Zweite Lautverschiebung und Siedlungsgeschichte . . . 7.3.1.1 t-Verschiebung 7.3.1.2 p-Verschiebung 7.3.1.3 k-Verschiebung 7.3.1.3.1
k-Verschiebung in -(i)acum-Namen
7.3.1.3.2
k-Verschiebung in den übrigen Namenpaaren
7.3.2 7.3.3
766 766 767 768 770 770 772
d > t-Verschiebung Weitere für die Lautchronologie wichtige Lauterscheinungen in den Namenpaaren . . . 7.3.3.1 Übernahme ins Alemannische vor dem 8./9. Jahrhundert 7.3.3.2 Übernahme ins Alemannische nach der Assibilierung von ke, ki (nach dem 7./8. Jahrhundert) 7.3.3.3 Übernahme ins Alemannische nach dem 9. Jahrhundert 7.3.3.4 Rückentlehnungen 7.3.3.5 Lehnappellative 7.3.4 Siedlungsgeschichtliche Auswertung der Abbildungen 59 und 60 7.4 Ergebnisse der Geschichtsforschung im Hinblick auf die Siedlungsgeschichte 7.5 Ergebnisse der Archäologie im Hinblick auf die Siedlungsgeschichte 7.5.1 Siedlungsverhältnisse im 5. Jahrhundert 7.5.2 Siedlungsverhältnisse im 6. Jahrhundert 7.5.3 Siedlungsverhältnisse im 7. Jahrhundert Addenda
775 781 781 782 782 783 783 784 787 792 792 794 795 800
8. Abkürzungs- und Schrifttumsverzeichnis
801
9. Index der Ortsnamen
843
10. Index der rekonstruierten Lemmata
869
XI
Abbildungsverzeichnis
Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10: 11: 12: 13: 14: 15: 16: 17:
Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
18: 19: 20: 21: 22: 23: 24: 25: 26: 27: 28: 29: 30: 31: 32: 33:
Untersuchungsgebiet Modell von St. Sonderegger Modell Avenches/Wifflisburg Schema der Beziehungen «Source romaine» von Biel Cressier Umgebung von Galteren/Gotteron Grenchen Verbreitung von venna Zur Identifizierung von «Finilis» s vor Konsonant im Wallonischen Ronse/ frz. Renaix Schorisse/ frz. Escornaix Soignies/ ndl. Zinnik -(i)acum/-ingen-Paa.re nach Petri Doppelformen der Belgica Prima -f/Vact/m-Entlehnungspaare mit analogischer Angleichung an die -heim-Namen Ortsnamen auf -heim im Oberrheingebiet -(in ) iacas/-ingahaim-N amenp'd'dre Sprachgebiete Belgiens Dialekte des Niederländischen Dialektale Gliederung romanisch Belgiens Das Frankoprovenzalische Ortsnamen und Lautverschiebung Entwicklung von ti im Pikardischen und Wallonischen Bewahrung von ka- im Pikardischen (ALPic) Bewahrung von ka- im Pikardischen (Verlinde) a + l + Konsonant im Wallonischen e + l + Konsonant im Wallonischen e- Vorschlag im Wallonischen i K o n s im Wallonischen Schwund von .vKons im Pikardischen Zweite Lautverschiebung
5 30 31 36 64 107 144 158 271 290 311 478 489 496 558 576 582 583 584 588 588 589 591 594 596 631 632 650 651 669 670 673 678
XIII
Abb. 34: Entwicklung des -(i)acum-Suffixes 697 Abb. 35: Die Hochdeutsche Lautverschiebung (und weitere Nord/West-Süd/Ost-Gegensätze) 698 Abb. 36: Übernahme des -iacum-Suffixes ins Deutsche 707 Abb. 37: Primär- und Sekundärumlaut im Niederländischen 719 Abb. 38: Umlaut von δ im Niederländischen 720 Abb. 39: Spontane Palatalisierung im Niederländischen 721 Abb. 40: /'-Umlaut bei Entlehnungspaaren auf -ingahaim 726 Abb. 41: Landschaftliche Gliederung der Schweiz 747 Abb. 42: Verteilung der untersuchten Namenpaare in der Schweiz 748 Abb. 43: Übersetzungspaare im Gebiet zwischen Aare und Saane 749 Abb. 44: Namenpaare entlang der deutsch-romanischen Sprachgrenze in der Schweiz 751 Abb. 45: «Die Verbreitung des Namenausgleichs» 752 Abb. 46: Übersetzungen im Gebiet zwischen Aare und Saane 753 Abb. 47: Verbreitung der -cowrt-Ortsnamen im Jura 758 Abb. 48: Gebräuchlichkeit der deutschen Doppelformen 761 Abb. 49: Namenpaare im Raum der Burgundischen Pforte 762 Abb. 50: Namenpaare in Belgien 765 Abb. 51: Namenpaare im Pays Messin 766 Abb. 52: Vorgermanisch t im Saar-Mosel-Raum 769 Abb. 53: -(^acMW-Namenpaare entlang der deutsch-französischen Sprachgrenze 771 Abb. 54: Übernahme von romanisch sp, st, ent und lKom ins Deutsche . 774 Abb. 55: Lautverschobene Ortsnamen zwischen Aare und Saane 776 Abb. 56: Römerstraßen in der Schweiz 778 Abb. 57: Zweite Lautverschiebung in Namenpaaren der Schweiz 779 Abb. 58: Ortsnamen und Lautverschiebung in der deutschen Schweiz . 780 Abb. 59: Lautchronologie der Namenpaare (I) 785 Abb. 60: Lautchronologie der Namenpaare (II) 786 Abb. 61: Spätrömische Provinzeinteilung der Schweiz 788 Abb. 62: Bistumsgrenzen 790 Abb. 63: Streuung der künstlichen Schädeldeformationen 793 Abb. 64: Streuung der Fibeln des 5. Jahrhunderts 793 Abb. 65: Streuung der Fibeln des 6. Jahrhunderts 794 Abb. 66: Gürtelbschlägtypen der Schweiz 796 Abb. 67: Streuung der Gürtelbeschlägtypen in der Schweiz 797 Abb. 68: Gebiet der D-Beschläge in der Schweiz 798 Abb. 69: Kriterien zur Bestimmung der zeitlichen Siedlungsstaffeln und des Sprachwechsels 799
XIV
0.
Einleitung
0.1
Problemstellung: «Namenpaare» und ihre Bedeutung
Der Begriff «Doppelname» bzw. «Namenpaar» gehört in den größeren Rahmen der Sprachkontaktforschung. In Sprachgrenzgebieten fallt auf, daß sehr viele Ortschaften noch heute eine doppelte oder sogar dreifache Benennung tragen, ζ. B. eine französische und eine deutsche. Saverne im Departement Bas-Rhin heißt auf deutsch Zabern, Thionville in Lothringen Diedenhofen, Bienne in der Schweiz Biel, Neuchätel Neuenburg usw. Liege in Belgien hat sogar drei Namen: die deutsche Entsprechung lautet Lüttich und die flämische Luik. In einigen Fällen läßt sich in den Urkunden diese Erscheinung schon früh explizit fassen. So liest man z.B. in einer Urkunde aus dem Jahr 591 in einer Kopie Ende des 7. Jahrhunderts ad Argentoratensem urbem quam nunc Stradeburgum uocant1. Die Formulierung quam nunc vocant macht deutlich, daß derselbe Ort zwei verschiedene Benennungen, und zwar in gallo-romanischer und deutscher Sprache, trägt. Hier kann man «geradezu dem linguistischen Prozeß des Ersatzes von Ortsnamen zusehen» 2 . Meist geht jedoch eine dieser Formen unter. Außer der genannten Wendung quam nunc uocant sind noch weitere Formulierungen faßbar, die die doppelte Benennung eines Ortes zum Ausdruck bringen, z.B.: 718 (Kop 9. Jh) in pago Saroinse ad monte, quod dicitur Bergus3, 718 Bollunuilla siue Bollunthorp4, 1147 (Kop 17./18. Jh) Epindorf hoc est Abboncourt5, 1237 (Or) in pascuis uille qui in romano dicitur Frigiecovrt, theutonice vero Fridesdorf, 1
2
3
4 5
6
Es handelt sich um Strasbourg/ dt. Straßburg im Elsaß. Die Angaben stammen aus Gysseling, Maurits: Toponymisch woordenboek van Belgie, Nederland, Luxemburg, Noord-Frankrijk en West-Duitsland (vöör 1226), 2 Bde (mit durchgehender Seitennumerierung), Tongeren 1960 (zitiert als Gysseling), 941. Zur Deutung des Namens (zu kelt. *argant- «Silber») s. Kuhn, Namen 202f. Haubrichs, Wolfgang: Siedlungsnamen und frühe Raumorganisation im oberen Saargau. Ortsnamenlandschaften in Lothringen und im Elsaß und die Weißenburger Gründersippen I, in: Haubrichs/Ramge (Hrsg.): Zwischen den Sprachen. Siedlungs- und Flurnamen in germanisch-romanischen Grenzgebieten, Saarbrücken 1983 (zitiert als Haubrichs, in: Haubrichs/Ramge), 250. Jetzt Berg (F, Elsaß), s. Glöckner/Doll (Hrsg.): Traditiones Wizenburgenses. Die Urkunden des Klosters Weißenburg 661-846, Darmstadt 1979 (zitiert als Trad Wiz), Nr 194. Jetzt Bollendorf (D, Rheinland-Pfalz), s. Gysseling 160. Jetzt Aboncourt (dt. Welsch-Evendorl) (F, Moselle); der Beleg stammt aus dem Saarbrücker Orts- und Flurnamenarchiv an der Universität des Saarlandes. Jetzt Fregiecourt (dt. Friedlinsdorf) (CH, s. Katalogteil).
1
1331 Blabveville qu'on dit maintenant Blettange, 1357 Blauveuille ditpresentement Blettange1, 16. Jh Nydbruck alias Pont de Niecfi, 1557 Gisselfingen dit Geloncourt9, 1577 germanice dicitur Gsteig, gallice vero le chastelle10 usw. Für dieses Phänomen fehlt in der Forschung eine einheitliche Terminologie. So wird in diesem Zusammenhang von - «Doppelnamen», - «Dubletten», - «doppelsprachigen» bzw. «zweisprachigen» Ortsnamen, - «Doppelformen», - «alloglotten Namenpaaren» oder einfach von - «Namenpaaren» gesprochen bzw. in der französischsprachigen Literatur von - «noms bilingues», - «paires toponymiques», - «denominations alloglottes» oder - «doublets». Im «Sprachwissenschaftlichen Wörterbuch» von Johann Knobloch 11 werden bezüglich der Toponomastik allein fünf Fälle unterschieden, für die der Begriff Doppelname in der Forschung verwendet wird. Auch unter dem Begriff Namenpaar werden in der Forschung oft verschiedene Sachverhalte verstanden. In linguistischen Wörterbüchern ist der Terminus Doppelname bzw. Namenpaar vielfach nicht berücksichtigt oder sehr einseitig abgehandelt. Da in der Forschung die Terminologie bei dem zu untersuchenden Gegenstand nicht einheitlich ist und die verwendeten Begriffe somit sehr ambivalent sind, stellt sich als erste Aufgabe die Klärung des Begriffs «Doppelname» bzw. «Namenpaar» und die Abgrenzung zu den Begriffen «Doppelform», «doublet» und «Dublette». Zweitens erscheint es notwendig, eine Typologie der Namenpaare neu zu erarbeiten, die sich an bereits erstellten Systementwürfen (von E. Kranzmayer, St. Sonderegger, W. Haubrichs, E. Eichler u. a.) orientiert. Vor allem Kranzmayers Terminologie und Einteilung der Namenpaare scheint sehr brauchbar zu sein, könnte aber noch verfeinert werden. E. Kranzmayer definiert Namenent7
Jetzt Blettange (dt. Biettingen) (F, Moselle, Kanton Metzervisse), s. Haubrichs, Wolfgang: Warndtkorridor und Metzer Romanenring. Überlegungen zur siedlungsgeschichtlichen und sprachgeschichtlichen Bedeutung der Doppelnamen und des Namenwechsels in Lothringen, in: Ortsnamenwechsel. Bamberger Symposion. 1. bis 4. Okt. 1986, hrsg. v. Rudolf Schützeichel, Heidelberg 1986 (zitiert als Haubrichs, Warndtkorridor), 282. 8 Jetzt Pontigny (dt. Niedbrücken) (F, Moselle, Boulay, Gde Conde-Northen), s. Haubrichs, Warndtkorridor 280. 9 Jetzt Gelucourt (dt. Gisselfingen) (F, Moselle), s. Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Landes- und Ortsbeschreibung, hrsg. vom Statistischen Bureau des Ministeriums für ElsaßLothringen, Straßburg 1901/03, 2 Bde (zitiert als Reichsland), 344. 10 Jetzt Gsteig bei Gstaad (frz. Chätelet) (CH, Berne, Saanen), s. Katalogteil. 11 Sprachwissenschaftliches Wörterbuch, hrsg. von Johann Knobloch, Bd. 1 (A-E), Heidelberg 1986, 664.
2
sprechungen, die sich auf einen einzigen Ort beziehen, als «polyglotte Namenpaare» oder kurz als «Namenpaare» und unterteilt diese in drei Hauptgruppen 12 : «Übersetzungspaare» (ζ. B. Bannay (dt. Bizingen) (F, Moselle, Boulay) < gallo-rom. *Buzoniacum bzw. *Buzingas zum germ. PN Buzou), «Entlehnungspaare» (ζ. B. Chaussy (dt. Kelsch) (F, Moselle, Pange, Gde Chaussy-Courcelles) < gallo-rom. *Calciacumi4) und «Freie Paare» (z. B. Bronvaux (F, Moselle, Metz), 1170 belegt als Buchfeh < rom. *Bruni vallis bzw. buohha «Buchenhain» + -feld 15 ). Dieser grundlegende typologische Systementwurf von E. Kranzmayer ist von der Forschung meist unverändert übernommen worden, bedarf jedoch noch einer weiteren Differenzierung, wie unten gezeigt werden wird. Als weitere wichtige Ziele sind die Erfassung der Namenpaare im Untersuchungsgebiet und ihre Einordnung in die erstellte Typologie zu nennen. Ebenfalls angestrebt wird eine philologische Untersuchung der Namenpaare, wobei besonders die Betrachtung lautchronologischer Kriterien im Vordergrund steht, die den Zeitpunkt der Übernahme eines Namens von der einen in die andere Sprache anzeigen können. Gerade in bezug auf die Lautchronologie können die Namenpaare wertvolle Hinweise leisten, wie an dem Namenpaar Chaussy/ dt. Kelsch (F, Moselle, Pange, Gde Chaussy-Courcelles) aufgezeigt werden soll. Aus der deutschen Doppelform dieses Namens Kelsch < *Calciacum können wichtige chronologische Anhaltspunkte für die Lautentwicklung -al- > -au-, d. h. die Vokalisierung des /, gewonnen werden. Da das -/- noch heute in der deutschen Doppelform erhalten ist, muß der Name vor der Vokalisierung vom Romanischen ins Deutsche entlehnt worden sein, d. h. vor dem Zeitraum 7. bis 11. Jahrhundert. Anhand der deutschen Namendoppelform kann die Zeit der Übernahme des Siedlungsnamens durch Berücksichtigung weiterer lautchronologischer Kriterien (romanische Palatalisierung, /-Umlaut etc.) noch näher eingegrenzt werden. Bedeutung der Namenpaare für die Siedlungsgeschichte und Sprachgrenzentwicklung: Die Lautchronologie der Entlehnungsvorgänge wiederum erlaubt Rückschlüsse auf die Besiedlungsgeschichte in der Zeit des engen Kontaktes zwischen Romanen und Germanen. Außerdem sind die Namenpaare im Zusammenhang mit der These des Ortsnamenausgleichs zu sehen, der von Henri Draye wie folgt definiert wird: «Unter dem Begriff des Ortsnamenausgleichs faßt man die Gesamtheit der namenkundlichen Erscheinungen zusammen, die das ursprüngliche Namensbild eines Sprachgebietes umgestalten, vereinheitlichen und folglich verdecken.» 16 12
Vgl. Kranzmayer, Eberhard: Der Wert der Mehrsprachigkeit für die Etymologie grenzgelagerter Ortsnamen, in: Actes et memoires du III e Congres International de Toponymie et d'Anthroponymie. 1949. Bruxelles, hrsg. von H. Draye und O. Jodogne, Louvain 1951 (zitiert als Kranzmayer, Wert), 108-116. 13 Vgl. Haubrichs, Warndtkorridor 274. 14 Vgl. Haubrichs, Warndtkorridor 269. 15 Vgl. Haubrichs, Warndtkorridor 282. 16 Draye, Henri: Ortsnamen- und Sprachgrenzforschung in Belgien, in: Petri: Siedlung, Sprache und Bevölkerungsstruktur im Frankenreich, Darmstadt 1973, 218.
3
Die heutige Konzentrierung der Ausgleichsformen entlang der Sprachgrenze stellt nur eine Resterscheinung dar, die früher weite Teile des romanisch-germanischen Gebietes betroffen hatte 17 . Die Namenpaare bleiben nur im Grenzgebiet erhalten, während im romanischen Gebiet die germanische Doppelform ausstirbt und umgekehrt. Die wechselnde historische Breite des Namenpaarstreifens sagt etwas über alte zweisprachige Gebiete an der Sprachgrenze aus. Gerade die typologische Schichtung der Namenpaare kann für die Altersbestimmung von Sprachgrenzstücken von Bedeutung sein. Vorliegende Arbeit soll also als Beitrag verstanden werden, eine Forschungslücke zu schließen, Typen, Anzahl und Verbreitung der Namenpaare entlang der deutsch-französischen Sprachgrenze vom Departement Pas-de-Calais (über das Departement Nord, über Belgien, ndl. Limburg, Luxemburg, ElsaßLothringen, Vogesen, Westschweiz) bis ins Wallis festzustellen und lautchronologisch und siedlungsgeschichtlich auszuwerten 18 . Dabei kommt der großen Zahl der betrachteten Namenpaare statistische Bedeutung zu. Bedeutung der Namenpaare für die Etymologie: Namenpaare geben aber nicht nur Aufschluß in bezug auf Lautchronologie, Siedlungsgeschichte und Entwicklung der Sprachgrenze, sondern können auch in einigen Fällen falsche Deutungsvorschläge widerlegen oder überhaupt erst zu der richtigen Deutung des Namens führen. Denn sehr oft sind in einer der beiden Doppelformen ältere Lautzustände erhalten, so daß diese Form der ursprünglichen Form näher steht und zu einer plausiblen Etymologie hinführt. Diese Bedeutung der Namenpaare streicht schon E. Kranzmayer heraus: «Fremdsprachige Parallelen sind für die Etymologie nicht selten entscheidender, als selbst die ältesten urkundlichen Belege.»19 Vorgeschlagene Etymologien müssen also mit der romanischen bzw. der deutschen Form des Namens in Einklang zu bringen sein. Bei dem Namenpaar Vuilly (dt. Wistenlach) 20 < ga\\o-mm.*Vistiliacum in der Schweiz ζ. B. steht die deutsche Form der Basisform näher als die französische Form, die starkem Sprachwandel unterlag. Namenpaare können also innerhalb der Sprachwissenschaft zu einem höheren Sicherheitsgrad der Etymologie führen.
0.2
Räumliche Lage des Untersuchungsgebietes und Eingrenzung des Namenmaterials
Als Untersuchungsgebiet werden die romanisch-germanische Sprachgrenze 21 (entsprechend ihrem Verlauf vom Departement Pas-de-Calais bis ins Wallis) und 17
Zur Differenzierung dieser Steinbach-Petri-These vgl. jetzt Haubrichs, Germania submersa 636-639. Zur notwendigen Eingrenzung des Namenmaterials s. Kapitel 0.2. 19 Kranzmayer, Wert 111. 20 Siehe Katalogteil Schweiz. 21 Auf die Problematik der Entstehung der germanisch-romanischen Sprachgrenze und ihre Verschiebungen im Laufe der Zeit kann hier nicht eingegangen werden. Es sei verwiesen 18
4
die unmittelbar an sie angrenzenden Gebiete ausgewählt. Folgende Regionen werden berücksichtigt (s. Abb. 1): - in Frankreich: die Departements Pas-de-Calais, Nord, Moselle, Meurthe-etMoselle, Vosges, Haut-Rhin, Bas-Rhin und das sog. Territoire de Beifort; - in Belgien·, die Provinzen West- und Ostflandern, Hennegau, Brabant, Namur, Limburg, Lüttich und Luxemburg; vor allem auf die Arbeiten von Kurth, Witte, This, Toussaint, Petri, Draye, Warland, Zimmerli, Sonderegger, Glatthard, Haubrichs u. a. (s. Schrifttumsverzeichnis). Siehe auch Pfister, Bedeutung 128-140.
5
- in den Niederlanden: die Provinz Limburg; - das Großherzogtum Luxemburg-, - in der Schweiz: die Kantone Bern, Basel, Freiburg, Jura, Neuenburg, Solothurn, Waadt und Wallis. Angesichts der Größe dieses Untersuchungsgebietes wurde von vorneherein das Namenmaterial auf Namenpaare mit Erstbeleg vor dem Jahr 1200 beschränkt. Als Kriterium für diese Eingrenzung ist zunächst der sprachliche Abschleifungsprozeß zu nennen, der im Laufe der Jahrhunderte immer stärker wird, so daß die heutige Form in vielen Fällen weit von der ursprünglichen Form entfernt ist. Früh belegte Formen erhöhen die Chance einer Rekonstruktion der ursprünglichen Form. Ein weiteres Kriterium ist in der Tatsache zu sehen, daß einige Lexika (ζ. B. Gysseling, Toponymisch woordenboek) nur Quellen bis zum Jahr 1225 auswerten; somit die Möglichkeit, das Material einigermaßen vollständig zu erfassen, sinkt. Außerdem können spätere Formen durch Einflüsse der bereits stark differenzierten Dialekte sehr entstellt werden. Auch im Hinblick auf die Lautchronologie sind früh belegte Formen (besonders aus Originalurkunden) von größerer Bedeutung. Bei der Erhebung des Namenmaterials wurde schnell deutlich, daß die zunächst angesetzte zeitliche Eingrenzung nicht ausreichend und eine weitere Einschränkung nötig war. Als zusätzliche Kriterien wurden daher die geographische Eingrenzung in Verbindung mit der Beschränkung auf bestimmte Typen gewählt. Dabei wurde eine möglichst breite Erfassung der Namenpaare auf die Schweiz und auf Belgien beschränkt, da hier im Gegensatz zu den übrigen Bereichen des Untersuchungsgebietes die Quellenlage wesentlich günstiger und einheitlicher ist 22 und somit ein Vergleich der Typen und ihrer Verbreitung gerechtfertigter erscheint. Doch der Anspruch auf Vollständigkeit wird auch hier nicht erhoben. Eine Beschränkung auf nur einen der drei Namenpaar-Typen (Entlehnungspaar bzw. Übersetzungspaar bzw. Freies Namenpaar) wurde verworfen, da damit interessante Fragestellungen nicht berücksichtigt werden könnten, wie ζ. B.: a) der Vergleich bestimmter Namentypen im gesamten Untersuchungsgebiet in bezug auf Verbreitung und Abgrenzung zueinander; b) die Überprüfung von Kranzmayers Hypothese, daß dort, wo gehäuft Entlehnungspaare auftreten, die Übersetzungspaare geringer anzutreffen sind und umgekehrt; c) die Beurteilung von Sondereggers Versuch, aufgrund der Bildungsweise der Siedlungsnamen eine Chronologie aufzustellen. Nach Stefan Sonderegger müssen bei allen Siedlungsnamen des Sprachgrenzgebietes, die mit einem germanischen Personennamen plus Grundwort oder umgekehrt gebildet sind, folgende Kriterien berücksichtigt werden: - Besitzt der Name eine anderssprachige Entsprechung? - Befindet er sich in romanischem oder deutschem Sprachgebiet? 22
Vgl. Kapitel 0.3.
6
- Auf welche Weise ist er gebildet: Personenname (PN) + Grundwort oder Grundwort + Personenname? St. Sonderegger hat bezüglich der Toponyme auf diese Weise ein fünfstaffeliges System erarbeitet, das am Beispiel der Schweizer Namenpaare beleuchtet werden soll 23 . Für die übrigen Bereiche des Untersuchungsgebietes wurden nur ausgewählte Gruppen innerhalb der drei Haupttypen im Textteil berücksichtigt. Dies sind aus der Gruppe der Entlehnungspaare die -(i)acum-Namen und lautchronologisch interessante Namen und aus der Gruppe der Übersetzungspaare z.B. -(i)acum/-ingen-Übersetzungspaare u. a. 24 Die Gruppe der Freien Namenpaare, die nur eine geringe Rolle spielt, wird nur für Belgien und die Schweiz im Katalogteil aufgenommen. Nicht im Katalogteil berücksichtigt werden konnten: a) die große Zahl von Siedlungsnamen mit den Graphien -kerque, -kerques, -bourg, -ingues und -inguehem, z. B. Hocquinghen (F, Pas-de-Calais, Boulogne-sur-Mer): 857 (Kop 961 davon Kop 12. Jh) Hokningahem, 1164 (Or) Okinguehem25, die auf relativ späte Übernahme hinzuweisen scheinen; b) die ebenfalls nicht zu unterschätzende Zahl von -(h)lari-N amen mit den romanischen Graphien -leir, -ler26, z.B. Koekelare (B, Westflandern, Diksmuide): 1106 (Or) Cocleirs21, Nederboelare (B, Ostflandern, Aalst): 1046 (Fälschung 2. Viertel 12. Jh) Bonleyr, 1139 (Or) u. ö. Bonleirs28, Pollare (B, Ostflandern, Aalst): 1112 (Kop 15. Jh) Posleir, 1181 (Or) Polleirs29 usw. Eine Ausnahme wurde bei den Namen gemacht, von denen noch heute beide Doppelformen bekannt sind (ζ. B. Roeselare/Roulers 30 ). c) Ausgeklammert werden auch Namen auf -in, -ine, die heute keine Doppelformen mehr aufweisen. Sie sind nicht nur im wallonischen Belgien, sondern auch in Nordfrankreich sehr zahlreich und ihre Endung kann auf verschiedene Basisformen 31 zurückgeführt werden: -in < germ, -ing < germ, -haim < lat. Suffix -inus < lat. Suffix -anius < rom. PN auf -inius, -inus < germ. PN.
23
Vgl. Sonderegger, Ausbildung 283. Siehe dazu Kapitel 7. Genaueres s. Inhaltsverzeichnis. 25 Siehe Gysseling 500. 26 Vgl. Gysseling 730: «De vormen met le(i)r(s) zijn Romaans.» Herv. or. 27 Vgl. Gysseling 567. 28 Vgl. Gysseling 730. 29 Vgl. Gysseling 802. 30 Siehe Katalogteil Belgien. 31 Vgl. dazu Vincent, France §281; K u r t h l 309. 24
Die Etymologie dieser Namen liegt noch immer im dunkeln, und in vielen Fällen kann nicht entschieden werden, ob es sich überhaupt um ein Namenpaar handelt. So schreibt ζ. B. Kurth I 309: «II n'y a guere de categorie de noms qui soit plus obscure et dont l'etymologie reste generalement plus inconnue.» Aus diesem Grund werden diese Namen aus der Betrachtung ausgeschlossen. d) Ebenfalls nicht berücksichtigt werden Namenpaare, die nur geringfügige graphische Unterschiede aufzeigen, ζ. B. Hal/Halle (B, Brabant, Bruxelles): 1152 (Or) Hallensis, 1160 (Or) Ηalia (s. Gysseling 439) usw. Bei den Namenpaaren handelt es sich um eine in mehrfacher Hinsicht wichtige Ortsnamengruppe, deren Bedeutung m. E. bisher in der Forschung noch nicht genügend beachtet wurde. Namenpaare finden sich nicht nur unter den Siedlungsnamen, sondern ζ. B. auch unter Gewässer-, Berg-, Gau-, Landschafts- und Flurnamen. In vorliegender Arbeit erfolgt eine Beschränkung auf die Siedlungsnamen, da sie allein im Untersuchungsgebiet bereits eine statistisch relevante Menge ergeben.
0.3
Forschungsstand
August R. von Jaksch stellt als erster in dem Artikel «Über Ortsnamen und Ortsnamenforschung in Kärnten» (Klagenfurt 1891) benachbarte Orte zusammen, von denen der größere einen deutschen und der andere einen gleichbedeutenden slawischen Namen trägt. Für diese Erscheinung prägt Primus Lessiak, der als einer der ersten deutsch-slawische Wechselbeziehungen in Österreich untersucht, den Begriff Doppelname 32 . Eberhard Kranzmayer macht anschließend auf die Bedeutung der mehrsprachigen Ortsnamen aufmerksam und stellt neben den Doppelnamen (im Sinne von Lessiak) in mehreren Werken 33 einen weiteren Typ von mehrsprachigen Ortsnamen in den Vordergrund, nämlich Namenentsprechungen, die sich auf einen einzigen Ort beziehen und die er als «polyglotte Namenpaare» oder kurz als «Namenpaare» bezeichnet. In der nachfolgenden Forschung tritt eine Verwirrung innerhalb der Terminologie ein, da nun der Begriff Doppelname vorwiegend auf Namenentsprechungen ein und desselben Ortes (und nicht wie von P. Lessiak auf benachbarte Orte) bezogen wird. Eine Klärung des Begriffs Doppelname versuchen Teodolius Witkowski in «Grundbegriffe der Namenkunde» 3 4 und Henri Draye in «De gelijkmaking in de plaatsnamen (ONAusgleich) I» 35 und «Ortsnamen- und Sprachgrenzforschung in Belgien»36 her32
Vgl. Lessiak, Primus: Alpendeutsche und Alpenslawen in ihren sprachlichen Beziehungen, in: G R M 2, 1910, 274-288. 33 Kranzmayer, Wert der Mehrsprachigkeit, s. o.; ders.: Zur Ortsnamenforschung im Grenzland, in: Z O N F 10, 1934, 105-148. 34 Berlin 1964. 35 In: BTD 15, 1941, 357-394. 36 In: RVjBl 21, 1956, 97-109.
8
beizuführen. Um eine Vereinheitlichung in der Terminologie ist besonders der Namenforscher Ernst Eichler 37 bemüht, der vor allem deutsch-slawische Verhältnisse untersucht. Einen zusammenfassenden Bericht zu diesen terminologischen Fragen legt neuerdings Peter Wiesinger vor38. Einen ersten Vorschlag zur Unterteilung des Begriffs in Unterklassen und zu einer Typologisierung der Namenpaare unterbreitet E. Kranzmayer 1934 in der «Zeitschrift für Ortsnamenforschung» 39 . Seine Typologie wird anschließend fast unverändert von der weiteren Forschung übernommen. Eine weitere Differenzierung innerhalb der drei Haupttypen von E. Kranzmayer streben Stefan Sonderegger 40 und Wolfgang Haubrichs an. Für das Untersuchungsgebiet, das Gebiete beidseits der deutsch-französischen Sprachgrenze vom Departement Pas-de-Calais in Frankreich bis ins Wallis in der Schweiz umfaßt, fehlen - abgesehen vom «Germanischen Volkserbe in Wallonien und Nordfrankreich» 41 von Franz Petri - Spezialuntersuchungen, die systematisch alle Namenpaare im gesamten Untersuchungsraum zu erfassen suchen. Zu Petris Werk ist aber zu bemerken, daß Petri keine Typologisierung der Namenpaare anstrebt und sich nur auf einen bestimmten Typ, die «Übersetzungspaare», beschränkt 42 . Eine zahlenmäßig sehr umfangreiche und auch lautchronologisch bedeutsame Gruppe, die «Entlehnungspaare», berücksichtigt er nicht. Nur wenige Aufsätze beschäftigen sich ausschließlich mit Namenpaaren; sie beschränken sich aber fast immer auf ein kleines Untersuchungsgebiet, ζ. B.: - für Belgien: Bastin, Josef: Les localites ä denominations bilingues de la region d'Eupen-Malmedy, in: BTDV, 1931, 117-136. Carnoy, Α.: Le bilinguisme des noms de lieux en Belgique, in: Onomastica 2, Paris 1948, 3-8. Boileau, Armand: Toponymie et contact des langues en Belgique, in: Les noms de lieu et le contact des langues, Quebec 1972, 42-89. Gysseling, Maurits: Le Namurois, region bilingue jusqu'au 8 e siecle, in: BTD21, 1947, 201-209; ders.: Deux remarques sur l'origine de la frontiere linguistique: «Hesmond» et «Vaals», in: Neophilologus 34,1950,9-11; ders.: La genese de la frontiere linguistique dans le Nord de la Gaule, in: Revue du Nord 44, 1964, 5-27. Wijer, H. J. van: Vlaamsche benamingen van Waalsche gemeenten, in: Med. Via. Top. Ver. Leuven 6, 1930, 46-48.
- für Frankreich: Duquesny, L.: Les doublets de la region linguistique lorraine-ardennaise, in: Annuaire de la Societe de Linguistique et de Dialectologie 1928, 82-94. Haubrichs, Wolfgang: Warndtkorridor und Metzer Romanenring, in: Ortsnamenwechsel, Heidelberg 1986, 264-300.
- für die Schweiz: Bruckner, Wilhelm: Doppelsprachige Ortsnamen der Schweiz als Zeugen früherer Siedlungs- und Verkehrsverhältnisse, in: Jährliche Rundschau des Deutschschweizerischen Sprachvereins, 1940, 15-30. 37 38
39 40 41 42
Mehrere Arbeiten, s. Schrifttumsverzeichnis. Siehe Wiesinger, Peter: Mehrsprachige Ortsnamenforschung, in: Wörter und Namen, 1990, 214-238. Band X, 1934, 105-148. Literaturangaben zu Sonderegger und Haubrichs siehe Schrifttumsverzeichnis. 2 Bände, Bonn 1937. Hier und da berücksichtigt Petri auch Freie Ortsnamenpaare.
9
-
für Deutschland: Bach, Α.: Doppelnamen von Orten - Doppelformen von Ortsnamen, in: Aus Geschichte und Landeskunde, Bonn 1960, 697-703.
Meist wird das T h e m a - mehr oder weniger ausführlich - innerhalb eines größeren Komplexes angeschnitten. Folgende Werke, die ihm ein größeres Kapitel widmen, seien hier angeführt: -
für Elsaß-Lothringen: Langenbeck, Fritz: Vom Weiterleben der vorgermanischen Toponymie im deutschsprachigen Elsaß, 2 Teile, Bühl/Baden 1967.
-
für Belgien: Boileau, Armand: Enquete dialectale sur la toponymie germanique du nord-est de la province de Liege, Liege 1954; ders.: Toponymie dialectale germano-romane du nordest de la province de Liege, Paris 1971.
-
für die Schweiz: Bruckner, Wilhelm: Die Bedeutung der Ortsnamen für die Erkenntnis alter Sprach- und Siedlungsgrenzen in der Westschweiz, in: VR 1, 1936, 235-263; ders.: Schweizerische Ortsnamenkunde, Basel 1945. Glatthard, P.: Ortsnamen zwischen Aare und Saane, Bern/Stuttgart 1977 (Beschränkung auf den Berner Raum). Sonderegger, Stefan: Die Ausbildung der dt.-rom. Sprachgrenze in der Schweiz im Mittelalter, in: RVjB131, 1966/67, 223-290.
Eine umfassende Untersuchung mit statistisch aussagefähigen Quantitäten von N a m e n p a a r e n fehlt also.
0.4
Quellenlage und Quellenkritik
Für die Erfassung der historischen Formen sind für die Ortsnamen vor allem topographische Wörterbücher von Bedeutung, die in alphabetischer Reihenfolge die urkundlichen Belege der Ortsnamen eines begrenzten Gebietes anführen. Für das abgesteckte Untersuchungsgebiet liegen ζ. B. folgende topographische Wörterbücher bzw. Ortsnamenbücher vor, die aber - abgesehen von Gysselings Toponymisch Woordenboek und Künzel/Blok/Verhoeffs Lexicon - nicht mehr den neuesten Anfordungen im Hinblick auf Quellenkritik und M e t h o d e entsprechen: -
für Frankreich: Baquol, J./Ristelhuber, P.: L'Alsace ancienne et moderne ou dictionnaire topographique, historique et statistique du Haut- et du Bas-Rhin, Straßburg 1865. Bouteiller, E[rnest] de: Dictionnaire topographique de l'ancien departement de la Moselle, Paris 1874. Clauss, Josef M.B.: Historisch-topographisches Wörterbuch des Eisass, Zabern 1895. Le HautRhin: Dictionnaire des communes, histoire et geographie, economie et societe, hrsg. v. Raymond Oberle, 3 Bände, Colmar 1980-1982. Lepage, Η.: Dictionnaire topographique du departement de la Meurthe, Paris 1862. Loisne, Α.: Dictionnaire topographique du departement du Pas-de-Calais, Paris 1907. Marichal, P.: Dictionnaire topographique du departement des Vosges, Paris 1941. Das Reichsland Elsaß-Lothringen, 3 Bände, Straßburg 1903. Stoffel, Georges: Dictionnaire topographique du departement
10
du Haut-Rhin comprenant les noms de lieu anciens et modernes, Paris 1868; ders.: Topographisches Wörterbuch des Ober-Elsasses, die alten und neuen Ortsnamen enthaltend, 2. Aufl., unveränderter Neudr., Walhuf bei Wiesbaden 1974. -
für Belgien: Carnoy, Α.: Dictionnaire etymologique du nom des communes de Belgique y compris l'etymologie des principaux noms de hameaux et de rivieres, Louvain 1940. Flou, Karel de: Woordenboek der Toponymie van Westelijk Viaanderen, Vlaamsch Artesie, het Land van den Hoek, de graafschappen Guines en Boulogne, en een gedeelte van het graafschap Ponthieu, 15 Bände, Gent 1914-1938. Gysseling, Maurits: Toponymisch Woordenboek van Belgie, Nederland, Luxemburg, Noordfrankrijk en West-Duitsland (voör 1226), 2 Bände, Tongeren 1960. Vincent, Auguste: Les noms de lieux de la Belgique, Bruxelles 1927.
-
für die Niederlande: Künzel, R. E./Blok, D. P./Verhoeff, J. M.: Lexicon van Nederlandse toponiemen tot 1200, Amsterdam 1988.
-
für die Schweiz: Ortsnamenbuch des Kantons Bern (Alter Kantonsteil), hrsg. von Paul Zinsli in Zusammenarbeit mit Rudolf Ramseyer und Peter Glatthard, 1. Teil: A-F, Bern 1976,2. Teil: G K/CH, Bern 1987.
Für Gebiete, für die ein eigenes topographisches Wörterbuch fehlt, müssen die Belege mit Hilfe der Sekundärliteratur erfaßt werden. Für Belege nach 1226, die nicht bei Gysseling aufgenommen sind, muß z.B. für das Departement N o r d auf das mittelmäßige Werk von E. Mannier «Etudes etymologiques, historiques et comparatives sur les noms des villes, bourgs et villages du departement du Nord» (Paris 1861) zurückgegriffen werden. Für das Departement Ardennes ist die ausgezeichnete Arbeit von Blochwitz «Die germanischen Ortsnamen im Departement Ardennes. Ein Beitrag zur Frage der Frankensiedlung in Nordfrankreich» einzusehen. Für das Großherzogtum Luxemburg müssen die Belege nach 1226 anhand von Bruch, Robert: Grundlegung einer Geschichte des Luxemburgischen, Luxemburg 1953; Meyers, Joseph: Studien zur Siedlungsgeschichte Luxemburgs, Berlin 1931 und C. Wampach (s.u.) zusammengestellt werden. Mit Ausnahme des Ortsnamenbuchs des Kantons Bern ist auch für den hier in Betracht kommenden Ausschnitt der Schweiz kein umfangreiches Ortsnamenbuch vorhanden. Die Namenpaare werden hier anhand verschiedener ortsnamenkundlicher Arbeiten erfaßt, so vor allem aufgrund folgender Werke: Zimmerli, Jacob: Die deutsch-französische Sprachgrenze in der Schweiz, 3 Bände, Basel/ Genf 1891-1899; Deutsches Ortsnamenbüchlein für die Westschweiz, das Tessin und Graubünden, 2. Aufl. bearbeitet und erweitert von August Steiger, Basel 1953; Gatschet, Α.: Ortsetymologische Forschungen als Beiträge zu einer Toponomastik der Schweiz, 1. Teil, Bern 1867; Glatthard, Peter: Ortsnamen zwischen Aare und Saane, Bern/Stuttgart 1977; Jaccard, Henri: Essai de toponymie; origine des noms de lieux habites et des lieuxdits de la Suisse romande, Lausanne 1906; Roth, Bruno: Die romanisch-deutsche Sprachgrenze im Murtenbiet während des 15. Jahrhunderts, Freiburg 1965; Stadelmann,. Jean: Etudes de toponymie romande, pays fribourgeois et districts vaudois d'Avenches et de Payerne, Fribourg 1902; Dictionnaire historique et biographique de la Suisse, 8 Bde, Neuchätel 1921fF; DHV; überdies wurde auf zahlreiche Aufsätze zurückgegriffen 43 . 43
Siehe Schrifttumsverzeichnis.
11
Die zahlreichen Arbeiten zu den belgischen Ortsnamen können hier nicht aufgelistet werden 44 , hervorgehoben sei die Reihe Toponymes hesbignons von J. Herbillon, die für die Belegerfassung und Etymologisierung der Namenpaare sehr hilfreich ist und über Gysseling hinaus weitere Belege (ζ. T. mit Angabe der Urkundenform) liefert. Abgesehen von den Angaben bei Gysseling (ζ. T. auch bei Mansion und Herbillon) ist in den meisten Fällen ein Zurückgreifen auf die direkten Quellen unumgänglich, da in den angeführten Ortsnamenbüchern und Arbeiten die Angaben zur Überlieferungslage (Original oder Kopie 4 5 ) fehlen, welche für die philologische Untersuchung von größter Bedeutung sind. Außerdem sind hier viele Abschreibefehler festzustellen. Daher sind vor allem u. a. folgende Urkundenwerke einzusehen: -
Monumenta Germaniae Historica, mehrere Bände.
-
für Frankreich: Albrecht, Karl: Rappolsteinisches Urkundenbuch 759-1500, 5 Bände, Colmar 1891 fl". Beyer/Eltester/Goerz: Urkundenbuch zur Geschichte der die jetzt preußischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien, 3 Bände, Koblenz 1860-1874. Glöckner/Doll: Traditiones Wizenburgenses. Die Urkunden des Klosters Weißenburg 661-846, Darmstadt 1979. d'Herbomez: Cartulaire de l'abbaye de Gorze, Paris 1898-1901.
-
für Luxemburg, Belgien: Wampach, C.: Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien bis zur burgundischen Zeit, 10 Bände, Luxemburg 1933-1955. Documents linguistiques de la Belgique Romane, publies par Jacques Monfrin, 2 Bde, Paris 1984 u. 1987. Mehrere Kartularien s. Schrifttumsverzeichnis.
-
für das Elsaß: Trouillat, J.: Monuments de l'Histoire de l'Ancien Eveche de Bäle, 5 Bände, Porrentruy 1852-1867.
-
für die Schweiz: Trouillat s. o. Fontes Rerum Bernensium, 10 Bände, Bern 1877-1956. Memoires et documents publies par la Societe d'Histoire de la Suisse Romande, Lausanne 1838ff. Die Urkunden der burgundischen Rudolfinger, bearb. von Theodor Schleifer, München 1977. Solothurnisches Urkundenbuch I, bearb. von Ambros Kocher, Solothurn 1952; II, Solothurn 1971; III, Solothurn 1981. Verschiedene Kartularien s. Schrifttumsverzeichnis.
Sehr großer Wert wurde auf die quellenkritische Erfassung - vor allem der Schweizer Namenpaare - gelegt, da hier trotz vieler namenkundlicher Arbeiten eine quellenkritische Überprüfung der urkundlichen Belege aussteht. Diese sehr langwierige und zeitaufwendige Arbeit wurde zusätzlich durch fehlende, ungenaue oder falsche Quellenangaben erschwert. Die Angaben von Trouillat wurden mit Hilfe des Solothurnischen Urkundenbuches und der Ausgabe von Schieffer nochmals überprüft. Besonders sind auf die kritische Edition des Cartulaire du 44
45
Siehe ebda. Einen guten Überblick über die Namenforschung in Belgien bietet K. Roelandts, Naamkunde 81-83 und ders., Etymologie 273-301. Zur Bedeutung von Original und Kopie s. vor allem Rentenaar, Origineel 304-315. 12
chapitre de Notre-Dame de Lausanne von Charles Roth (1948)46 und auf die kritische Ausgabe des Liber donationum Altaeripae von Ernst Tremp (1984) aufmerksam zu machen, mit deren Hilfe eine Reihe von falschen Lesarten und Fehlidentifizierungen aufgedeckt werden konnten. Die Angabe zur Urkundenform war in vielen Fällen nicht einfach zu ermitteln, sehr oft ist sie in den Vorworten der entsprechenden Werke versteckt. In diesen Fällen mußte oftmals ein Fragezeichen gesetzt werden. Die quellenkritische Prüfung wurde außerdem dadurch behindert, daß alle in Betracht zu ziehenden Werke nicht gleichzeitig verfügbar waren, denn in sehr vielen Fällen wird derselbe Beleg von verschiedenen Autoren unterschiedlich datiert. In diesem Fall ist es notwendig, alle in Frage kommenden Quellenausgaben miteinander zu vergleichen und zu fragen, ob vielleicht dieselbe Urkunde vorliegt. So kann es sein, daß der eine oder andere Beleg im Katalogteil noch zu streichen ist. An dieser Stelle können nicht alle Probleme und Einzelfragen, die die Quellenkritik betreffen, erörtert werden; es sei auf die Anmerkungen im Katalogteil verwiesen. Für die -(i)acum-Namen wurde die Dissertation von Monika BuchmüllerPfaff Siedlungsnamen zwischen Spätantike und frühem Mittelalter; die -(i)acumNamen der römischen Provinz Belgica Prima (1990) zu Rate gezogen, in der die urkundlichen Belege aller behandelten Exemplare eines Ortsnamentypus einer Prüfung unterzogen wurden. Wertvolle Aufsätze finden sich auch in einer Reihe von Zeitschriften, vor allem im Bulletin de la Commission royale de Toponymie et Dialectologie (BTD), in der Zeitschrift für Ortsnamenforschung (ZONF), in der Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins (ZGORh), in Vox Romanica (VR), in Beiträge zur Namenforschung (BNF) und in Onoma, wobei letztere wegen ihres bibliographischen Teils auch ein ausgezeichnetes Hilfsmittel zur Literatursuche darstellt. Erwähnt werden muß auch die 1988 erschienene Bibliographie der Ortsnamenbücher des deutschen Sprachgebietes in Mitteleuropa*1, die von Rudolf Schützeichel herausgegeben wurde und neben dem gesamten deutschen Sprachgebiet ζ. T. auch ElsaßLothringen und Belgien erfaßt. Für die etymologische Deutung der Ortsnamen sind neben den einschlägigen etymologischen Wörterbüchern und Sprachatlanten auch spezielle Werke hervorzuheben, die sich ausschließlich mit der Deutung von Ortsnamen befassen: Dauzat/Rostaing: Dictionnaire etymologique des noms de lieux en France, Paris 1963. Negre, Ernest: Toponymie generale de la France, 3 Bde, Geneve 1990/1991 48 . Förstemann, E.: Altdeutsches Namenbuch. II: Ortsnamen. Zweite völlig umgearbeitete Auflage, Bonn 1900, Reprint München/Hildesheim 1966. Gröhler, H.: Über Ursprung und Bedeutung der französischen Ortsnamen, 2 Bände, Heidelberg 1913 u. 1933. Longnon, Α.: Les noms de lieux de la France. Leur origine, leur signification, leurs transformations, Paris 46
47 48
Siehe auch Roth, Charles: Le Cartulaire du Chapitre de Notre-Dame de Lausanne, in: Ecole nationale des chartes. Positions des theses, 1941 und die Dissertation von Catherine Santschi: L'Historiographie des eveques de Lausanne, 1975, die jedoch nicht auf alle Einzelfragen eine Antwort geben konnte. Heidelberg 1988. Zur kritischen Würdigung dieses Werkes s. Pfister, in: ZrPh 1992, 206-208.
13
1920-1929, Reprint New York 1973. Morlet, Marie-Therese: Les noms de personnes contenus dans les noms de lieux, Paris 1985. Vincent, Α.: Toponymie de la France, Brüssel 1937; ders.: Les noms de lieux de la Belgique, Bruxelles 1927.
So zeigt sich also in den einzelnen Bereichen des Untersuchungsgebietes eine unterschiedliche Quellenlage. Während Belgien aufgrund der Arbeiten von M. Gysseling, A. Carnoy, J. Herbillon u. a. relativ gut erforscht ist, sind andere Gebiete durch eine schlechtere Quellenlage gekennzeichnet. Außer gedruckten Quellen wurde für die Schweizer Namen noch am Glossaire des Patois de la Suisse romande in Neuchätel die umfangreiche, handschriftliche Sammlung Muret durchgesehen, die eine Reihe von Ortsnamenbelegen und vor allem die mundartliche Aussprache sehr vieler Orte enthält. Da jedoch auch hier meist nicht auf Archive zurückgegriffen und nicht überall die Urkundenform verzeichnet wurde, ist in jedem Fall eine kritische Quellenüberprüfung angeraten. Für die belgischen Namen wurde am Instituut voor Naamkunde in Leuven eine Reihe von unveröffentlichten Examensarbeiten eingesehen und die reichhaltige Bibliothek dieses Instituts konsultiert. Obwohl für die Schweiz ein Ortsnamenbuch in der Art von Gysselings Woordenboek, das auch die Überlieferungsart verzeichnet und aus Archivarbeiten hervorgeht, fehlt, ist sie doch aufgrund verschiedener Arbeiten (s. o.) und besonders durch Glatthard, der den Namenpaaren ein großes Kapitel widmet, relativ gut erforscht. An Glatthards Untersuchungen wird jedoch die unersetzliche Angabe vermißt, ob es sich um Original oder Kopie handelt und auch welche Urkundensprache benutzt wurde. Obwohl für Elsaß-Lothringen topographische Wörterbücher vorhanden sind, ist auch dieses Gebiet noch unzureichend erforscht, da die genannten Wörterbücher veraltet sind. Bei einzelnen Ortsnamen ist in ihnen die Zuweisung von historischen Schreibungen fraglich oder offensichtlich falsch, für andere Ortsnamen sind inzwischen ältere Belege bekannt. So ist auch hier in jedem Fall eine Quellenüberprüfung ratsam.
0.5
M e t h o d e u n d A u f b a u der Arbeit
Die Erfassung der Namenpaare und die Erhebung der urkundlichen Belege erfolgt vor allem anhand gedruckter Quellen. Außerdem wird für Lothringen auf die Ortsnamensammlung des Orts- und Flurnamenarchivs der Universität des Saarlandes zurückgegriffen, für die Schweiz auf die Sammlung Muret (s. o.). Bei jedem einzelnen urkundlichen Beleg wird eine Überprüfung in der angegebenen Quelle angestrebt 49 , um so Fehllesungen auszuschalten und Urkundensprache sowie Überlieferungsart festzustellen. Dies ist für die meisten Ortsnamenbücher nötig, da in ihnen diese Angaben in der Regel fehlen. Für die Angaben aus Gysselings Woordenboek ist keine Überprüfung vorgesehen, da hier die Überliefe49
Dieses Ziel konnte jedoch nicht überall erreicht werden, ζ. T. aufgrund falscher oder unvollständiger Quellenangaben, ζ. T. wegen Schwierigkeiten bei der Quellenbeschaffung und ζ. T. aus zeitlichen Gründen.
14
rungsart angegeben ist. Zudem sollen auf diese Weise auch Fehlidentifizierungen ausgeschaltet werden. Dabei müssen vor allem neuere Quellenpublikationen mit herangezogen werden. Die gesamte Arbeit gliedert sich in einen Katalogteil und in einen Textteil. Im Katalog werden die Namenpaare nach genau festgelegten Kriterien in alphabetischer Reihenfolge zusammengestellt, wobei zuerst die amtliche Form und dann die Doppelform (ζ. B. Chaussy/ dt. Kelsch) genannt wird. Eine alphabetische Auflistung erscheint gegenüber einer gruppenbezogenen Einteilung sinnvoller wegen des leichteren Auffindens eines Siedlungsnamens. Für die im Katalogteil behandelten Namen wird im Textteil auf die Angabe der Quellen verzichtet, denn diese können leicht unter dem betreffenden Siedlungsnamen im Katalog nachgeschlagen werden. Jedes Namenpaar wird mit genauen geographischen Angaben (Land, Departement, Kanton; bei Wüstungen Angabe der geographischen Lage) versehen, um seine Identifizierung zu erleichtern und somit Fehlidentifizierungen vorzubeugen. Verweisartikel sollen das Auffinden der Doppelformen eines Siedlungsnamens erleichtern. Die urkundlichen Belege (Punkt 1 im jeweiligen Namenartikel) werden wie folgt angegeben (sofern die Angaben aus der Urkunde bzw. Quelle ermittelt werden können): Zeit (Angabe des Jahrs bzw. Jahrhunderts), Überlieferungsform (Angabe, ob es sich um Or = Original, Kop = Kopie, Vid = Vidimus, F = Fälschung, Transsumpt etc. handelt), Zeitangabe zur Überlieferungsform (Angabe des Jahrs bzw. Jahrhunderts), Urkundensprache (lateinisch, französisch, deutsch oder niederländisch), Name (im Satzzusammenhang), Landstrich (ζ. B. Angabe des Gaus oder der Gemarkung), Quellensigle (wird in Klammern angegeben; falls nicht auf die Primärquelle zurückgegriffen werden konnte, wird zunächst die nichtüberprüfte Primärquelle, danach mit Bindestrich die Sekundärquelle genannt, ζ. B.: Fiefs - Herbillon), Mundartform des Siedlungsnamens (aus gedruckten Quellen bzw. der Slg Muret exzerpiert, in der dort angegebenen Weise zitiert 50 ), eventuell Korrektur von Fehlidentifizierungen und Fehllesungen. Die Auswahl dieser Kriterien für eine differenzierte Materialsammlung erfolgt in Anlehnung an St. Sonderegger 51 . Hinzugefügt wurden zu Sondereggers Kriterien lediglich das Kriterium der mundartlichen Aussprache des Siedlungsnamens und das der Urkundensprache, die im Zusammenhang mit den Namenpaaren ebenso wichtig erscheinen. Die Namendeutung (Punkt 2 des jeweiligen Namenartikels) erfolgt anhand der überprüften historischen Formen unter Berücksichtigung der Mundartform, soweit sie ermittelt werden kann. Die Mundartform eines Siedlungsnamens ist von großer Bedeutung, denn sie steht oft den urkundlichen Belegen näher als die offizielle Schriftform. Es erscheint wichtig, möglichst weit zurückreichende urkundliche Belege ausfindig zu machen, die auf eine Deutung des Namens hinweisen können. Bei der Deutung soll sowohl die germanische als auch die romanische 50
51
Die Mundartformen aus der Sammlung Muret, die nach verschiedenen, ζ. T. eigentümlichen Systemen transkribiert sind, wurden den gängigen Systemen angepaßt. Vgl. Sonderegger, Aufgaben 63.
15
Form betrachtet werden, da in vielen Fällen eine von beiden den älteren Sprachzustand widerspiegelt, vgl. Vuilly/ dt. Wistenlach < *Vistiliacum (CH, Katalog). Siedlungsnamentypen, die mit einem Personennamen zusammengesetzt sind, erfordern eine Berücksichtigung von Personennamenbüchern (wie z.B. Förstemann, Holder, Schulze, Kajanto, Morlet 52 ). Für Siedlungsnamen, die von Gewässernamen hergeleitet sind, kann Krähe «Unsere ältesten Flussnamen» (Wiesbaden 1964) und die reiche neuere gewässernamenkundliche Literatur weiterhelfen. Von der Forschung bereits vorgeschlagene Etymologien werden überprüft bzw. diskutiert. Nach der Überprüfung der Belege, der Etymologisierung und der philologischen Untersuchung, bei der vor allem die Lautchronologie im Vordergrund steht, werden die Namenpaare in die erstellte Typologie eingeordnet (Punkt 3 des jeweiligen Namenartikels). In einem letzten Punkt (Punkt 4) werden Hinweise auf vergleichbare Namenpaare, Siedlungsnamen, Flurnamen, Gewässernamen usw. gegeben, um die vorgeschlagene Etymologie zu stützen. Eine Kartierung der Namenpaare entsprechend den einzelnen Namenpaartypen ist exemplarisch für die Namenpaare der Schweiz vorgesehen, um die Verteilung der einzelnen Typen sichtbar zu machen und eventuell Hinweise auf den Gang der Besiedlung zu erhalten. So konnte P. Glatthard anhand bestimmter Lauterscheinungen und Kartierung der Namenpaare im Berner Raum eine Nord-Süd-Staffelung mit Ost-West-Gliederung feststellen 53 .
52 53
Genaue Literaturangabe s. Schrifttumsverzeichnis. Vgl. Glatthard 201, siehe ib. 200, Karte 14.
16
1.
Terminologie
Da die Terminologie bei dem zu untersuchenden Gegenstand in der Forschung nicht einheitlich ist und nur in einigen wenigen Fällen eine Definition geboten wird, erscheint es notwendig, den Begriff «Doppelname» bzw. «Namenpaar» zu klären und aus praktischen Gründen neu zu definieren.
1.1
Die Begriffe «Doppelname» und «Namenpaar» in der Forschung
Der Terminus «Doppelname» ist dem größeren allgemeinen Bereich der Sprachkontaktforschung zuzuordnen. In Grenzgebieten fällt auf, daß sehr viele Ortschaften noch heute eine doppelte Benennung tragen, ζ. B. eine französische und eine deutsche (Bsp. ThionvillelDiedenhofen), eine deutsche und eine slawische (Bsp. Bautzen! Budysin) usw. oder sogar drei Benennungen (ζ. B. französischer, deutscher und italienischer Name für den gleichen Ort). Für dieses Phänomen der Ortsnamen in Kontakt, für das die Kriterien Herkunft aus fremden Sprachen und Nebeneinander von mehrsprachigen Formen desselben Namens bestimmend sind 1 , fehlt eine einheitliche Terminologie. Verschiedene Forscher verwenden den Begriff Doppelname in unterschiedlicher Bedeutung oder benennen den gleichen Sachverhalt mit verschiedenen Ausdrücken. So begegnen in diesem Zusammenhang die Begriffe «doppelsprachige» bzw. «zweisprachige» Ortsnamen, «Doppelnamen», «Doppelformen», «Dubletten», «alloglotte Namenpaare» oder einfach «Namenpaare» bzw. «noms bilingues», «paires toponymiques», «denominations alloglottes» oder «doublets». In linguistischen Wörterbüchern ist der Terminus Doppelname bzw. Namenpaar vielfach nicht berücksichtigt oder sehr einseitig abgehandelt. So kann man ζ. B. im «Lexikon sprachwissenschaftlicher Termini» (1985) für Doppelnamen folgende Definition lesen: «Ortsnamen, die durch Zusammenlegung zweier ursprünglich selbständiger Orte entstanden sind: Hoehnstein-Ernstthal.»2 Im «Sprachwissenschaftlichen Wörterbuch» von Johann Knobloch 3 wird dagegen die ganze Bedeutungsbreite des Begriffs sichtbar, denn hier werden bezüglich der
1
Vgl. HSK 2.2, 2073. Conrad 58, Herv. or. 3 Knobloch 664.
2
17
Toponomastik allein fünf Fälle unterschieden, für die der Begriff Doppelname in der Forschung verwendet wird: 1. sogenannte geographische Doppelnamen, wobei aufgrund nationaler Verhältnisse zwei Namen nebeneinander gebraucht werden; 2. zwei benachbarte Orte, die in den verschiedenen Sprachen einen Namen gleicher Bedeutung tragen; 3. Doppelformen, die dadurch zustande kommen, daß ein Name in eine fremde Sprache übernommen wird und beide Namen sich aufgrund der Lautgesetze der verschiedenen Sprachen unterschiedlich entwickeln; 4. übersetzende Namen = Namenkomposita; 5. unabhängige Doppelnamen aufgrund historischer Bedingungen oder willkürlicher Umbenennung. Aber auch unter dem Begriff Namenpaar werden verschiedene Sachverhalte verstanden: 1. doppelsprachige Ortsnamen, d. h. Nebeneinander von mehrsprachigen Formen desselben Namens; 2. parallele bzw. unabhängige Namen, die zur gleichen Form führen; 3. zwei Namen, die aufgrund ihrer Bildung miteinander in Beziehung stehen; 4. literarische Namenpaare (ζ. B. Tristan und Isolde) 4 . Den Begriff «Doppelname» prägte Primus Lessiak 5 , der sich als einer der ersten mit der mehrsprachigen Namenkunde beschäftigte, indem er die deutsch-slawischen Wechselbeziehungen im Süden Österreichs untersuchte. Lessiak faßt unter diesen Begriff zwei benachbarte Ortschaften, von denen in der Regel die größere einen deutschen und die andere einen gleichbedeutenden slawischen Namen trägt. Als Beispiel nennt er den Ort Zwickenberg und dessen Nachbarort Strieden, d. h. der in der Mitte gelegene Berg. Er verweist hierbei auf v. Jaksch, der als erster in dem Artikel «Über Ortsnamen und Ortsnamenforschung» 6 mehrere solche Doppelnamen zusammengestellt habe 7 . Während sich Lessiak mehr auf die lautliche Seite der mehrsprachigen Namen beschränkt, setzt sich Eberhard Kranzmayer 8 zum Ziel, die - wie er sie nennt - «polyglotten Namen» methodisch zu untersuchen, nicht nur deutsch-slawische, sondern auch romanisch-slawische und deutsch-romanische Beziehungen zu erfassen und außer lautlichen Kriterien auch die Bedeutung der Namen mit zu berücksichtigen. Auch Kranzmayer bezieht den Terminus Doppelname nur auf benachbarte Orte, darüberhinaus aber auch auf Flüsse, wie er am Beispiel der drei Flüsse des Wiener Waldes Weidling - Wien - Liesing zeigt, die alle auf «Wald» zurückgehen (Namenparallelen): "Vgl. HSK2.2, 2074. 5 Siehe Lessiak, Primus: Alpendeutsche und Alpenslawen in ihren sprachlichen Beziehungen, in: G R M 2 , 1910, 274-288; ders.: Die kärntnischen Stationsnamen. Mit einer ausführlichen Einleitung über die kärntnische Ortsnamenbildung, in: Carinthial, 112. Ig, Heft 1 - 6 , 1922, 1-124, bes. S. 13. 6 Jaksch, August R. von: Über Ortsnamen und Ortsnamenforschung in Kärnten, Klagenfurt 1891, 22 (Angabe nach Lessiak s. u.). 7 Vgl. Lessiak, Alpendeutsche 276 und Anm 4. 8 Kranzmayer, Wert 108-116.
18
Weidling < *Vidunia + slawisches Flußnamen-Suffix, Wien < altkeltisch *Vedunia «Waldbach» und Liesing < slowenisch les «Wald, Holz». E. Kranzmayer fügt hinzu, daß eine «solche nur örtliche und nicht mehr wirklich sprachlich lebendige Polyglottie von Weidling - Wien - Liesing (Wiener Wald - Möns Caetius) [...] seit Lessiak als Doppelnamen bezeichnet» würden 9 . Diese Definition ist insofern gerechtfertigt, als «Ortsnamen als verfestigte Gebilde [...] fast durchwegs nur Zeugen ehemaligen Sprachkontakts (sind).» 10 Auffällig an obiger Aussage von Kranzmayer ist jedoch, daß er die Namenentsprechung «Wiener Wald - Möns Caetius» in die Definition Doppelname mit aufnimmt, denn eine Seite zuvor definiert er dagegen gerade die Namenentsprechungen, die sich auf einen einzigen Ort beziehen als «polyglotte Namenpaare» oder kurz als «Namenpaare» 11 . Als beispielhaft für diese Klasse von mehrsprachigen Namen führt er die verschiedenen Formen für den Namen der Stadt Wien an: italienisch und englisch Vienna, französisch Vienne, tschechisch Viden, polnisch Wieden. In der «Zeitschrift für Ortsnamenforschung» 10 (1934)12 und im «Ortsnamenbuch von Kärnten» 13 (1956) trennt E. Kranzmayer in gleicher Weise die beiden Gruppen Doppelnamen und Namenpaare. Im «Ortsnamenbuch von Kärnten» finden sich hierzu folgende Paragraphen: § 12 Vorslawische Doppelnamen, § 16 Vorslawisch-slowenische Doppelnamen, § 135 Slowenisch-deutsche Doppelnamen und § 142 Die deutschsprachigen Namenpaare. In der Inhaltsübersicht zu diesem Werk findet sich darüber hinaus noch ein weiterer Begriff, nämlich die «Dublette». Bei Durchsicht der dazugehörigen Paragraphen (§§ 137-139 Lehndubletten, § 140 Mundartdubletten, aber auch §§17-19) zeigt sich, daß sich dieser Begriff sowohl auf die Gruppe der Doppelnamen als auch auf die der Namenpaare bezieht. Aber der Terminus Dublette stellt kein Synonym von Doppelname bzw. Namenpaar dar, wie man vermuten könnte, sondern bezeichnet ζ. B. die Erscheinung, daß ein Ort mehrere unterschiedlich alte Lehnformen besitzt, d. h. Mehrfachentlehnung zeigt: «Etwas häufiger besteht ein modernes Nebeneinander alter und neuer Lehnformen für ein und denselben Ort. Für slow. Krose, älter Krasäne, haben wir ein älteres (gespr.) Graaschach, ein jüngeres Kchmäschach und ein neues Kchrooschach nebeneinander, für Smölcice Schmölzing und Möltschach nebeneinander; für Poddvöcice älteres Powirtschach und jüngeres Bockschwärzach. Auch für diese Doppelheiten bieten uns die Übersetzungen noch Seitenstücke [,..].» 14 Der Begriff «Dublette» ist also nicht gleichzusetzen mit dem Terminus «doublet», der in der französischsprachigen Literatur verwendet wird. Dort wird «doublet» vorwiegend im Sinne von Namenpaar, sehr selten im Sinne von Dop9
Kranzmayer, Wert 110, Herv. or. Zinsli, Spuren 77, Herv. or. 11 Vgl. Kranzmayer, Wert 109. 12 Kranzmayer, Ortsnamenforschung 105-148. 13 Kranzmayer, Eberhard: Ortsnamenbuch von Kärnten. 1. Teil: Die Siedlungsgeschichte Kärntens von der Urzeit bis zur Gegenwart im Spiegel der Namen, Klagenfurt 1956. 14 Kranzmayer, Ortsnamenbuch I 189/190, Herv. or. 10
19
pelname, wie P. Lessiak ihn geprägt hat, benutzt. Vermutlich ist der Grund hierfür darin zu suchen, daß diese Kategorie von mehrsprachigen Namen in Belgien und Nordfrankreich nicht so häufig wie ζ. B. in Kärnten auftritt - E. Kranzmayer bemerkt, daß in seinem Untersuchungsgebiet die Doppelnamen häufiger als in den anderen mehrsprachigen Gebieten aufträten 15 - oder bisher noch nicht so gründlich erforscht wurde. Dies wird deutlich in den gegensätzlichen Standpunkten, die Elisee Legros und J. Devleeschouwer in diesem Zusammenhang beziehen. J. Devleeschouwer untersucht Ortsnamen im Gebiet zwischen Givet und Namur und in der Wallonie und stellt hier mehrere «doublets» und sogar «triplets» fest, ζ. B. Dorinne-Hordenne, Ciney-Conneux-Leignon 16 . Dabei versteht er «doublet» ganz im Sinne Lessiaks als «inhaltlich einen und denselben Namen, der in zwei (sogar mitunter drei) verschiedene Sprachen übersetzt, für zwei (oder drei) benachbarte Gemeinden oder Ortschaften gilt.» 17 Der Terminus «triplet» findet sich nur (?) bei J. Devleeschouwer und besitzt im Deutschen keine gleichwertige Entsprechung. Der Namenforscher Ernst Eichler, der, wie weiter unten gezeigt wird, sich um eine eindeutige Terminologie und differenzierte Typologie der mehrsprachigen Ortsnamen bemüht, schlägt für Ortsnamen mit mehr als zwei Entsprechungen den Begriff «Namenreihe» vor. Er beschränkt diesen Begriff aber nicht auf benachbarte Ortschaften 18 . E. Legros kritisiert in einer Besprechung des Artikels «Doublets et triplets en Wallonie» von J. Devleeschouwer dessen Auffassung von «doublet»; er schreibt hierzu: «En fait, la methode [d. h. die Methode von Lessiak, Kranzmayer, Schwarz und Hubschmied, Μ. B.] a toujours ete employee chez nous pour les doublets phonetiques et pour les doublets traductifs; quant aux , comme on pourrait appeler ceux de J. D., ils ne se presentent nulle part sous forme de .»19
E. Legros bestreitet nicht die Existenz solcher Doppelnamen, aber es handelt sich seiner Meinung nach um «couples comme Recica , Bela (Weissenbach) et non d'etablissements situes dans un rayon de dix kilometres dont le nom aurait ete traduit d'une langue dans une autre langue [...].» 20 Letzterer Fall 15
Vgl. Kranzmayer, Ortsnamenbuch I 184: «Diese Doppelnamen treten auf Kärntner Boden häufiger auf als in allen umliegenden Zwei- und Mehrsprachenländern. Mindestens jeder zwanzigste Kärntner deutsche Siedlungsname hat in der Nachbarschaft seinen slowenischen Doppelnamen! [...].» 16 Vgl. Devleeschouwer,!: Trois Triplets toponymiques en Wallonie, in: VR 13, 24-39; ders.: Doublets mosans entre Givet et Namur, in: VR 14, 1955, 269-285; ders.: Doublets et triplets en Wallonie, in: BTD 31, 1957, 63-99. Devleeschouwer erstellt ζ. Z. ein «Etymologisches Wörterbuch der toponymischen Dubletten in den Romanischen Niederlanden» (vgl. 18. Internationaler Kongreß für Namenforschung. Universität Trier. 12.17. April 1993, 2. Rundschreiben, November 1992, S. 19). 17 Draye, Ortsnamen- und Sprachgrenzforschung 104. 18 Diese Ausführungen beziehen sich auf einen Vortrag mit dem Titel «Grundfragen der toponymischen Integration», den E. Eichler am 14.12.1987 an der Universität des Saarlandes hielt. 19 Legros, in: BTD 32,271, Herv. nicht or. 20 Legros, in: BTD 32,271, Herv. or.
20
sei nicht auszuschließen, bliebe aber sehr begrenzt; außerdem bliebe die Hypothese der Übersetzung im Fall von Zwickenberg-Strieden21 noch zu beweisen, da gleiche geographische Voraussetzungen unabhängig voneinander zu synonymen Bezeichnungen führen könnten 22 . E. Legros lehnt es also im Gegensatz zu J. Devleeschouwer ab, in solchen Doppelnamen ein System zu sehen. Nicht ganz so ablehnend steht Henri Draye Devleeschouwers Ansichten gegenüber, aber auch er rät, Devleeschouwers «Doppelnamen» mit einiger Vorsicht zu behandeln 23 . Wie E. Legros oben feststellt, werden in Belgien und in Frankreich unter «doublet» in erster Linie nicht Ortsnamenentsprechungen benachbarter Orte, sondern die übrigen mehrsprachigen Namen (phonetische Namenpaare und Übersetzungspaare) gefaßt 24 . Man siehe hierzu ζ. B. den Artikel «Les doublets de la region linguistique lorraine-ardennaise» von L. Duquesny 25 oder Arbeiten von Armand Boileau 26 . Die Ausdrücke «denomination bilingue» und «nom bilingue» werden synonym mit diesem Begriff «doublet» verwendet. Man siehe dazu die Untersuchungen von Joseph Bastin, Auguste Vincent und Armand Boileau 27 . Eine ähnliche Auffassung wie Devleeschouwer findet sich dagegen auch bei Dorion/Poirier 42, die «doublet» folgendermaßen definieren: «Les doublets sont des noms de lieux qui remontent ä un meme prototype mais qui resultent d'une evolution parallele et independante: Pauliacum (latin) a donne Pauillac dans le midi et Pouilly en pays d'oi'l (Dauzat, 1971, p. 17). [...] Allomorphe s'emploie aussi dans le meme sens que doublet.» 28
Auch Louis Deroy benutzt diese Definition von «doublet», wenn er «doublets toponymiques tels que Bourges et Berry» zusammenstellt, die geographisch unterschiedliche Ortsnamen betreffen, die auf dasselbe Etymon zurückgeführt werden können, sich aber aufgrund von Unterschieden in der Betonung unterschiedlich entwickelt haben sollen (Doppelformen): ζ. B. lat. Bituriges > Berry (Provinzname), aber Bituriges > Bourges (Cher), lat. Condäte > Condat (Cantal), Conde (Aisne) usw., aber Condate > Condes (Jura usw.), Candes (Indre-et-Loire) u. a. 29 Schon 1891 findet sich bei Hans Witte in «Deutsche und Keltoromanen in Lothringen» 30 der Begriff Doppelname und zwar nicht im Sinne von Lessiak und Kranzmayer, sondern in der Bedeutung doppelbenannter Ortsname, d. h. 21
Vgl. Lessiak, Alpendeutsche 276. Vgl. Legros, in: BTD 32, 271/272. 23 Vgl. Draye, Ortsnamen- und Sprachgrenzforschung 104: «Mit einiger Vorsicht möchte ich hinweisen auf die etwa 250 Namenpaare, denen mein Schüler J. Devleeschouwer [...] in einem weiten Gebiet südlich und nördlich der heutigen Sprachgrenze auf die Spur gekommen ist.» Herv. or. 24 Zur Typologie der mehrsprachigen Namen siehe das 2. Kapitel, in dem die typologischen Systementwürfe von Draye, Sonderegger, Haubrichs und Eichler vorgestellt werden. 25 Duquesny, Doublets 82-94. 26 Siehe Schrifttumsverzeichnis. 27 Bastin 117-136; Vincent, Toponymie de la France, §40-49; Boileau, Toponymie dialectale 333. 28 Herv. or. 29 Siehe Deroy, Doublets 27. 30 Seite 36ff. 22
21
ein Ort besitzt eine deutsche und eine französische Benennung. H. Witte behandelt ζ. B. die Fälle -ingen/-ange, -court/-dorf und auch Fälle wie Remilly! Remelach. Auch Ernst Gamillscheg benutzt den Begriff in gleicher Bedeutung 31 . H. Witte und E. Gamillscheg gebrauchen aber synonym für Doppelname auch den Begriff «Doppelform» 3 2 . Auch Adolf Bach, der sich um «die systematische Ordnung höchst verwickelter Einzelfragen»33 bemüht, trägt nicht zur Klärung der genannten Bezeichnungen Doppelname, Doppelform, Dublette und Namenpaar bei. Den Begriff Doppelname handelt er kurz im Zusammenhang mit den sog. iw, Übersetzungspaar und Freies Namenpaar) in der Forschung allgemein benutzt. Unter Namenpaaren werden - auf das abgegrenzte Untersuchungsgebiet (s. o.) bezogen - also zwischensprachliche Namenentsprechungen verstanden (nicht innersprachliche Paare wie ζ. B. -heim/-ingen), die eine romanische und eine germanische (deutsche, niederländische) Namenform aufweisen. 55
Sonderegger, Ausbildung 283. Vgl. Sommer, Seite I: «Im allgemeinen ist die Linie eng gezogen, also in Richtung völlige Uebereinstimmung ohne Uebersetzung, in einzelnen Fällen ist man dennoch etwas weiter gegangen.» 57 Vgl. Eichler, in: Namenkundliche Informationen 20, 2-11; ders., Sprachkontakte 128141, bes. 139fT.
56
25
Diese durch Entlehnung, Übersetzung oder unabhängig voneinander entstandenen Namen könnten als «interlinguale» Namenpaare bezeichnet werden. Im folgenden wird jedoch der Einfachheit halber nur der Terminus Namenpaar (mit dieser speziellen Bedeutung) gebraucht. Als Doppelformen werden die unterschiedlichen Benennungen des gleichen Ortes in den unterschiedlichen Sprachen bezeichnet, ζ. B. frz. Chaussy und dt. Kelsch < gallo-rom. *Calciacum5S. Der Begriff Doppelname soll - also ganz im Sinne von P. Lessiak und H. Draye - für zwei verschiedene Orte vorbehalten bleiben; diese Namen sind nicht Gegenstand vorliegender Untersuchung.
58
Siehe obige Definition von H. Draye. Vgl. auch Draye, Ortsnamenausgleich 70 Anm 7: «Doppelformen sind m.E. zu beschränken auf doppelspurig entwickelte Namenformen, z.B. *Oliacum liegt einerseits dem flämischen Namen Liek und andererseits dem wallonischen Oleye zugrunde.» Herv. or.
26
2.
Typologische Systementwürfe in der Forschung
2.1
Typologischer Systementwurf von E. Kranzmayer
Wichtiger als das oben dargelegte und oft unfruchtbare Ringen um den Oberbegriff ist die Einteilung und Typologisierung des Begriffs in Unterklassen. Zum ersten Mal hat Eberhard Kranzmayer 1 1934 eine solche Klassifizierung der mehrsprachigen Ortsnamen vorgelegt, indem er anhand mehrsprachiger Ortsnamen vor allem aus dem südbairischen Raum verschiedene Typen gegeneinander abgrenzte und die Voraussetzungen ihrer Entstehung klarlegte. Durch Vergleich mit anderen Grenzlandschaften wie Böhmen, Istrien, Südtirol und der Schweiz konnte er für seine Ergebnisse Allgemeingültigkeit feststellen2. E. Kranzmayer unterscheidet folgende Typen von «Namenpaaren»: 1. «Übersetzungspaare»: Bei den Übersetzungspaaren wird ein Ortsname von der einen Sprache in die andere übersetzt, wobei also nur die Bedeutung, ohne Rücksicht auf die Lautform, übernommen wird. Unabdingbare Voraussetzung für die Entstehung von Übersetzungspaaren ist Zweisprachigkeit3. E. Kranzmayer versucht nachzuweisen, daß in der Regel die Übersetzung der Ortsnamen von der «Altsprache», d. h. von der zuerst vorhandenen Sprache, erfolgt und nicht etwa umgekehrt, wie bis dahin angenommen wurde4: «Die Übertragung geschieht, indem das Altvolk seine Namen übersetzt, sobald es die Neusprache verwendet, und das Neuvolk diese vorgeformten Übersetzungen aufgreift
Dem hält Peter Glatthard entgegen, daß auch der umgekehrte Vorgang die Regel sein könnte6. In Ausnahmefallen können Übersetzungen auch unabhängig voneinander entstehen, wenn sich eine bestimmte Bedeutung geradezu aufdrängt, 1
Kranzmayer, Eberhard: Zur Ortsnamenforschung im Grenzland, in: Z O N F 10,105-148. Vgl. Kranzmayer, Ortsnamenforschung 148. 3 So stellte schon 1891 v. Jaksch, Ortsnamen 22 fest: «Ortsnamen können nur dann von einer Bevölkerung auf die andere übergehen, wenn eine Zeit lang ein friedliches Nebeneinanderwohnen beider stattgefunden hat.» 4 Vgl. Kranzmayer, Ortsnamenforschung 118: «Daraus ergibt sich der Schluß: Die Ortsnamen werden vom Altvolk in die Sprache des Neuvolkes übersetzt und nicht etwa umgekehrt.» Herv. or. 5 Kranzmayer, Ortsnamenforschung 146. 6 Vgl. Glatthard 177. 2
27
wie zum Beispiel im Fall von «serb. Crna Gora - it. Montenegro - deutsch Schwarze Berge - türk. Karadagh - alban. Malesije, die alle dieselbe Bedeutung zeigen [,..].» 7 2. «Entlehnungspaare»: Die zahlenmäßig wichtigste Gruppe ist nach E. Kranzmayer die Gruppe der sog. Entlehnungspaare, bei denen die «Fremdlaut-» oder «Substitutionsgesetze» eine wichtige Rolle spielen. Die Namen werden von der einen Sprache in die andere entlehnt und nach den dort herrschenden Lautgesetzen weiterentwickelt, wobei unbekannte Laute durch bekannte ersetzt (substituiert) werden. Da ζ. B. dem Bairischen das stimmhafte b fremd ist, wird in Namen, die aus dem Romanischen oder Slawischen entlehnt werden, das fremde b durch das klangähnliche bairische w ersetzt: «der deutsche Tiroler Bauer spricht gehörtes ital. battere, abito als Waltere, äwito, der deutsche Kärntner Bauer wind, bäuha, suäba als wäoha [,..].»8 Nicht übersetzt, sondern entlehnt wurde das älteste Namengut, da hier nach E. Kranzmayer die Sprachkenntnisse der Völker noch nicht zum Übersetzen ausreichten, außerdem Namen, die schon für die Altsprache undurchsichtig waren 9 . Bei den Entlehnungspaaren sind nach E. Kranzmayer zwei Fälle zu unterscheiden: a) «Entlehnungen aus der Altsprache»: Hier erfolgt die Übernahme der Namen von der Altsprache in die neu hinzukommende Sprache (Neusprache). Wie die Übersetzungen, so werden auch die Entlehnungen «in der Regel vom Altvolk gebildet, das sie zuerst aufbringt und anwendet, wenn es im Verkehr mit den neusprachlichen Herren die Neusprache gebrauchen muß [...].» 10 Unter den einzelnen Typen ist diese Gruppe am stärksten vertreten. Von besonderer Bedeutung sind hier vor allem die «Doppelentlehnungen», da sie wichtige Erkenntnisse für die Sprachgeographie und deren Geschichte liefern 11 . b) «Entlehnungen aus der Neusprache»: Gegenüber vorhergehender Gruppe ist diese Gruppe von nur geringer Bedeutung. Abgesehen von Istrien und Welschtirol, wo sich die Entlehnungen aus der Neusprache durch nachträgliche Romanisierung von ehemals deutschen Gebieten erklären, handelt es sich sonst fast ausschließlich um Namen von deutschen Gründungen (Herrensitze, Schlösser und Burgen). Kranzmayers Unterscheidung Alt- bzw. Neusprache scheint nicht sehr fruchtbar zu sein, da in einem bilingualen Gebiet schon nach der ersten Generation eine solche Unterscheidung sinnlos ist, wie die Sprachkontaktforschung lehrt.
7
Kranzmayer, Ortsnamenforschung 121; Herv. or. Kranzmayer, Ortsnamenforschung 126; Herv. or. 9 Vgl. Kranzmayer, Ortsnamenforschung 112/113. 10 Kranzmayer, Ortsnamenforschung 147; Herv. or. 11 Vgl. Kranzmayer, Ortsnamenforschung 138fF.147. 8
28
3. «Freie Paare»: Dieser Typ, bei dem die Namen in keinerlei (weder semantischer, noch lautlicher) Beziehung zueinander stehen, besitzt in der Grenzlandforschung nur eine geringe Bedeutung und ist zahlenmäßig sehr schwach vertreten. Freie Paare können entweder dadurch entstehen, daß zwei ursprünglich selbständige Orte zusammenwachsen und beide Namen beibehalten werden oder indem ein Ort gleichzeitig nach verschiedenen Gesichtspunkten benannt wird. Meist ist schwer zu entscheiden, welche Sprache die ursprüngliche Form geliefert hat. Über Kranzmayers Typologisierung ist man in der Forschung nur selten hinausgelangt 12 . So übernehmen z. B. P. Zinsli 13 , W. Müller 14 u. a. Kranzmayers Einteilung ohne weitere Differenzierung. H. Draye 15 und F. Langenbeck 16 spalten die Gruppe der Übersetzungspaare weiter in «vollständige» und «teilweise Übersetzung» auf. Zusätzlich trifft 1956 Langenbeck 17 eine weitere Untergliederung der Entlehnungspaare in «Entlehnungspaare aus dem Dt. ins Rom.» und «Entlehnungspaare aus dem Rom. ins Dt.», die aber in seinen späteren Arbeiten nicht wieder aufgegriffen wird. Erst in jüngerer Zeit versuchen Ortsnamenforscher wie St. Sonderegger, E. Eichler und W. Haubrichs, die einzelnen von Kranzmayer aufgestellten Typen weiter zu differenzieren.
2.2
Typologischer Systementwurf von St. Sonderegger
Grundlegende Differenzierungsversuche finden sich bei St. Sonderegger, der in einem Modell, das die Begriffe Altsprache, Berührungssprache und Nachfolgesprache enthält, die Genese der Namenpaare zu veranschaulichen sucht 18 (s. Abb. 2). Dabei beinhalten die einzelnen Begriffe bei St. Sonderegger 19 folgende Aspekte: Altsprache = Sprache der etymologischen Herkunft eines Namens Berührungssprache = Neusiedlersprache, die nicht aus der Altsprache entwikkelt ist und mit der Altsprache in Berührung tritt; außerdem weiter entfernte Kontaktsprachen Nachfolgesprache - Tochtersprache, z.B. Romanisch aus Römisch-Lateinisch per adaptionem = Weitergabe derselben Grundlage von Sprache zu Sprache durch Angleichung 12
Vgl. Eichler, Typologisierung onomastischer slawisch-deutscher Sprachkontakte 57. Zinsli, Spuren 70-105, bes. 77ff. 14 Müller, Zone 328ff (doublets d'adaptation, doublets traductifs, doublets independants). 15 Draye, Ortsnamen- und Sprachgrenzforschung 102; ders., Gelijkmaking. Auf die Bedeutung dieser Beiträge hinsichtlich der Klärung des Oberbegriffs «Doppelname» wurde schon hingewiesen. 16 Langenbeck, Ortsnamenprobleme 14ff; ders., Weiterleben 1236ff. 17 Langenbeck, Weiterleben I 237/238. 18 Vgl. Sonderegger, in: Haubrichs/Ramge 48/49. Siehe dazu auch Sonderegger, Kontinuitätsproblem 374ff. 19 Vgl. Sonderegger, in: Haubrichs/Ramge 25ff. 13
29
(I) ursprüngliche Benennung einer Siedlung usw. in einer Altsprache (2) davon lautgesetzlich weiterentwickelte, ζ. T. umgeformte Namensformen (per adaptationem und formis mixtis) in verschiedenen Nachfolge- und Berührungssprachen (3) von X oder X,/X 2 per translationem in eine Berührungssprache übernommene Namensform
bekannte oder erschließbare Grundform des Namens
>c.
\
doppelsprachige Ortsnamen usw., je nach Sprache verschieden entwickelt
\ \
X. .1 1 1 I 1 1 I1 I! I1 I x3
*
1 1,1
X. Übersetzungsname
(4) spatere Übernahmen in mehrsprachige NamensforX« men, Exonyme weitere, rüumlich fernere Kontaktsprachen aus X./X« (5) Neubenennung in der Y doppelsprachige Namen mit X Berührungssprache ge(Alt(Berüh- verschiedenem Benennungsgenüber der Altsprache sprache) rungs- motiv aus neuer Motivierung sprache) heraus Abb. 2: Modell von St. Sonderegger (Quelle: Sonderegger, in: Haubrichs/Ramge 48/49)
per translationem formis mixtis
Exonym
= falsche oder richtige (Teil-)Übersetzung = Mischformen zwischen den beiden vorhergehenden Gruppen (Umdeutung mit neuer Angleichung, Ablenkung u. a.) = «gegenüber der Ortssprache abweichende Ortsnamensform in einer anderen, fremden und nicht ortsüblichen Sprache» 20 .
Somit läßt sich z.B. die Entstehung des doppelsprachigen Ortsnamens Avenchesl dt. Wifflisburg21 mit Hilfe dieses Modells darstellen, wobei die Varianten (1), (2) und (5) repräsentiert werden (s. Abb. 3). Ausgehend von diesem Entstehungsmodell der Namenpaare unterscheidet Sonderegger vier Haupttypen von «Doppelnamen» 2 2 : 20
Sonderegger, in: Haubrichs/Ramge 49. Das Beispiel mit dem dazugehörigen Schema stammt aus Sonderegger, in: Haubrichs/ Ramge 50. Zu diesem Namenpaar siehe auch Katalogteil-Schweiz. 22 Vgl. Sonderegger, in: Haubrichs/Ramge 50-52. Die Beispiele sind auch dort entnommen. 21
30
Xo Aventicum (römisch-lateinisch, aber Ableitung von \ d e r keltischen Quellgöttin Aventia) X, französisch Avenches
Y
Abb. 3: Modell Avenches/Wifflisburg Typ 1:
deutsch Wifflisburg (Neubenennung, seit Fredegar im 7. Jh. belegt) (Quelle: Sonderegger, in: Haubrichs/Ramge
50)
Alte « D o p p e l n a m e n » mit verschiedenem Benennungsmotiv in den beiden Sprachen, die a n der N a m e n b i l d u n g beteiligt sind, ζ. B. Avenches/ Wifflisbürg (CH). Dieser Typ entspricht Kranzmayers Kategorie «Freie Namenpaare».
Typ 2:
Übersetzungsnamen
Typ 3:
« D o p p e l n a m e n » , die auf die gleiche frühmittelalterliche G r u n d l a g e zurückgehen, wobei sich aber je n a c h späterer deutscher oder romanischer Entwicklung ganz verschiedene F o r m e n entwickelten, ζ. B. D o p p e l f o r m e n der gallo-rom. -acwm-Ortsnamen.
Typ 4:
Jüngere D i r e k t ü b e r n a h m e aus der einen in die andere Sprache, wobei ζ. T. nur geringfügige Angleichungen erfolgten. Dabei darf m. E. der Typ 4 nicht kategoriell von Typ 3 getrennt werden, da er nur ein Sonderfall von Typ 3 darstellt.
Typ 2, der mit K r a n z m a y e r s « Ü b e r s e t z u n g s p a a r e n » gleichzusetzen ist, wird von Sonderegger noch weiter differenziert: a) N a m e n mit vollständiger oder n o r m a l e r Übersetzung (Bsp. burg) b) N a m e n mit verdeutlichender Ü b e r s e t z u n g (Bsp. Ripal
NeudwtellNeuen-
Walenstadt)
c) N a m e n mit teilweiser oder angleichender Übersetzung (Bsp. den)
GranthallGranfel-
d) N a m e n mit falscher Ü b e r s e t z u n g bzw. U m d e u t u n g (Bsp. Rheni vallis > Rheinwald). Anmerkung zur Gruppe c): Sondereggers Beispiel stellt aber eher eine falsche Angleichung dar. Die «angleichende Übersetzung» muß vielmehr als Entlehnung, genauer Entlehnung mit analogischer Angleichung, gewertet werden. An dieser Stelle zeigt sich, daß Sondereggers Typologie ζ. T. verwirrend ist, da sie innerhalb der einzelnen Gruppen nicht einheitlich ist. A u c h Typ 3, der K r a n z m a y e r s «Entlehnungspaare» u m f a ß t , wird weiter untergliedert in: a) O r t s n a m e n o h n e spätere Angleichungen (Bsp. Martigny!Martinach röm. Martiniacum)
< gallo-
b) O r t s n a m e n mit späteren einzelsprachigen Angleichungen (Bsp. Payerne/ Päterlingen < galloröm. Paterniacum, dt. *Päternach, später Päterlingeri). 31
Bei a) handelt es sich also um phonologische Angleichung, bei b) dagegen um morphologische Angleichung. Der letztgenannte Typ wird auch als Ablenkung bezeichnet 23 . Hierzu ist auch das oben unter Typ 2 genannte Beispiel Grandvall Granfelden zu stellen. St. Sonderegger trifft im Gegensatz zu E. Kranzmayer bei diesem Typ nicht die Unterscheidung zwischen «Entlehnungen aus der Altsprache» und «Entlehnungen aus der Neusprache». Gegenüber Kranzmayers Typologie besitzt Sondereggers typologischer Systementwurf aber den Vorteil, daß vor allem die Übersetzungspaare differenzierter behandelt werden. Außerdem betont Sonderegger in bezug auf die historische Sprachgrenzbildung die Bedeutung der doppelsprachigen Ortsnamen, deren Alter anhand sprachhistorischer Kriterien wie Akzentverschiebung, hochdeutscher Lautverschiebung u. a. in vielen Fällen näher bestimmt werden kann. Die lautchronologische Bedeutung hatte vor St. Sonderegger schon Wilhelm Bruckner erkannt 24 . Sondereggers Entwurf wird - wie im nächsten Abschnitt gezeigt werden soll - von W. Haubrichs aufgegriffen und abgewandelt.
2.3
Typologischer Systementwurf von W. H a u b r i c h s
Im Rahmen eines Bamberger Symposions mit dem Titel «Ortsnamenwechsel» legt Wolfgang Haubrichs 1986 einen Beitrag 25 über die siedlungs- und sprachgeschichtliche Bedeutung der Namenpaare in Lothringen vor, in dem Sondereggers z.T. abstrakt wirkendes Modell abgewandelt und durch konkrete Paargruppen gefüllt wird. Schon 1937 stellt Franz Petri in seinem Werk «Germanisches Volkserbe in Wallonien und Nordfrankreich» 26 im Rahmen des «Ortsnamenausgleichs» die doppelsprachigen Ortsnamenformen entlang der deutsch-romanischen Sprachgrenze von Belgien bis in die Schweiz zusammen 27 . Der Ortsnamenausgleich, von Frings 28 als die «methodische Achse» innerhalb der kulturdynamischen Sprachgrenztheorie bezeichnet, «faßt die Gesamtheit der namenkundlichen Erscheinungen zusammen, die das ursprüngliche Namenbild eines Sprachgebiets umgestalten, vereinheitlichen und folglich verdecken.» 29 Petri weist in seinem Untersuchungsgebiet im wesentlichen folgende Ausgleichsformen nach: -acum/-heim
23
in Lothringen 2x, im Elsaß selten, in Luxemburg, in Belgien 3x
Zur Definition s. Sonderegger, Kontinuitätsproblem 375: Ablenkung ist «die im Ausstrahlungsbereich eines prädominanten Ortsnamentypus liegende Umprägung, welche die Struktur des Namengebildes verändert [...].» 24 Vgl. Bruckner, Bedeutung 232-263; ders., Ortsnamenkunde, Basel 1945. 25 Haubrichs, Warndtkorridor 264-300. 26 2 Bände, 1937. 27 Zur Problematik von Petris Versuch s. u. und besonders Kapitel 4.1.2. 28 In: Anzeiger f. dt. Volkstum 57, 76-90. 29 Draye, Ortsnamen- und Sprachgrenzforschung 102. Vgl. auch ders., Gelijkmaking.
32
-acum/-ingen
-champ/-feld -chäteau/-burg -chäteau/-kastel -court/-burg -court/-dorf -court/-heim -court/-hofen -court/-ingen -eglise/-kerke -eglise/-kirchen -essart/-ried -fontaine/-brun -fosse/-graven -goutte/-dal -grange/-scheuer -maison/-huys -mont/-berg
-mont/-fels -pierre/-stein -pont/-briicke -pre/-heid -pre/-matt -roche/-fels -roche/-fliih -rupt/-bach -sart/-rode,-rod -ster/-dorf -ster/-hausen -val/-dal
-ville/-dorf -ville/-heim
in Lothringen ca. 30x, im Elsaß selten, im Schweizer Mittelland l x , in Luxemburg 6x, in Belgien 2x, in den Niederlanden, nicht im Schweizer Jura in Luxemburg 5x in Lothringen, im Ο und N O von Lüttich, im Kreis Malmedy in Lothringen im Schweizer Jura 1 χ in Lothringen, im Elsaß häufig, im Schweizer Jura häufig, in Luxemburg 1 χ in Belgien im Elsaß l x , in Luxemburg, in Belgien 8x in Lothringen 7x, im Elsaß selten, im Schweizer Jura selten, nicht in Luxemburg im Departement Pas-de-Calais in Lothringen, in Luxemburg im Schweizer Mittelland in Lothringen, im Schweizer Jura, in Luxemburg im Ο und N O von Lüttich, im Kreis Malmedy im Elsaß in Lothringen im Ο und N O von Lüttich, im Kreis Malmedy in Lothringen ca. 12x, im Elsaß 18x, im Schweizer Jura, im Schweizer Mittelland, in Luxemburg, im Ο und N O von Lüttich, im Kreis Malmedy, in Brabant 2χ, im Hennegau, in Flandern im Elsaß in Lothringen l x , im Elsaß, im Schweizer Mittelland im Departement Pas-de-Calais in Brabant 1 χ im Elsaß im Schweizer Jura, in Luxemburg im Schweizer Mittelland im Elsaß 5x, in der Schweiz 2χ in Luxemburg, im Ο und N O von Lüttich, im Kreis Malmedy im Ο und N O von Lüttich, im Kreis Malmedy in Luxemburg im Elsaß l x , im Schweizer Jura, im Schweizer Mittelland, im Ο und N O von Lüttich, im Kreis Malmedy, in Brabant 2x in Lothringen, in Luxemburg 5x, im Ο und N O von Lüttich, im Kreis Malmedy unsicher in Luxemburg, in den Niederlanden 33
-ville/-hofen -ville/-ingen -ville/-stadt -villers/-weiler -voie/-weg -wez/-voorde
in Lothringen, in Luxemburg in Lothringen ca. 6x, in Luxemburg 1 χ im Schweizer Mittelland im Schweizer Jura 9x, im Schweizer Mittelland, im Ο und N O von Lüttich, im Kreis Malmedy in Luxemburg, in Brabant in Brabant 2x.
Paare, die ebenfalls von W. Haubrichs behandelt werden, sind durch kursive Schrift kenntlich gemacht. Außerdem muß beachtet werden, daß diese Namenpaarliste unzuverlässig ist und eine nicht geringe Anzahl von Namenpaaren aufgrund falscher Belegzuordnung gestrichen werden muß, wie schon W. Haubrichs 30 nachweisen kann. Es fällt auf, daß Petri die Paare -villa/-weiler und -villare/-dorf, die W. Haubrichs untersucht 31 , nicht in seiner Namenpaarliste aufführt. Außerdem beschränkt F. Petri seine Untersuchung zu Unrecht auf Übersetzungspaare und SufTixsubstitution (= Austausch von Suffixen, die zur Bildung von Ortsnamen benutzt werden): «Und zwar beruhen die uns hier allein interessierenden echten Doppel- oder Ausgleichsformen nicht nur auf der abweichenden lautlichen Entwicklung, die derselbe Name in zwei verschiedenen Idiomen durchmacht 3 ), sondern auf von vornherein verschiedenen Ausgangsformen: Die germanische und romanische Benennung des Ortes stehen im Übersetzungsverhältnis zueinander, d. h. die eine Bezeichnung erscheint als die Übersetzung der anderen, ohne daß man in der Regel zu sagen vermöchte, daß eine von beiden die ursprüngliche und die andere die davon abgeleitete wäre.» 32
Erst 1939 nach der Besprechung seines Werkes durch Th. Frings 33 erkennt F. Petri, daß auch die Angleichung durch sprachliche Assimilation (Entlehnungspaare) einbezogen werden muß 34 . Auffallig ist das völlige Fehlen ortsnamentypologischer Differenzierung bei Petris Ausgleichspaaren. F. Petri bewegt sich nicht in Kranzmayers Terminologie, die in der Forschung allgemein anerkannt ist, und unternimmt keinen Versuch, die einzelnen Gruppen weiter zu differenzieren. W. Haubrichs versucht dagegen in oben genanntem Aufsatz eine Synthese von Kranzmayers und Sondereggers typologischen Systementwürfen 35 und gleichzeitig eine Einordnung einzelner Gruppen wie z.B. -(iJacumZ-ingen in dieses Modell. Er behält dabei Kranzmayers grundsätzliche Einteilung in die drei Hauptgruppen bei.
30
Vgl. Haubrichs, Warndtkorridor 284. Weitere Einzelheiten in bezug auf Petris Fehlidentifizierungen, Fehlzuweisungen und Fehldeutungen s. Kapitel 4 der vorliegenden Arbeit. 31 Vgl. Haubrichs, Warndtkorridor 278. 32 Petri, Volkserbe 718/719. 33 In: Anzeiger f. dt. Volkstum 57, 76-90. 34 Vgl. Steinbach/Petri, Grundlegung 56f. 35 Haubrichs stützt sich auf Draye, Ortsnamenausgleich 68-74 und auf Sonderegger, in: Haubrichs/Ramge 25-57, bes. 48.
34
Innerhalb der Gruppe der Entlehnungspaare differenziert er in Anlehnung an Sonderegger weiter in Namenpaare «ohne analogische Angleichung vor a. 1500 [a. = anno, Μ. B.]» - hier werden die Paare «Siedlungsnamen auf -(ijacum», «Siedlungsnamen aus vorgerm. Gewässer- und Flurnamen» und «Siedlungsnamen auf -villa, -curtis, -curticella (ohne Personennamen im Bestimmungswort)» eingeordnet - und Namenpaare «mit analogischer Angleichung vor a. 1500», wozu W. Haubrichs z.B. die -(ijacum- Namen rechnet, die zunächst entlehnt und dann später an die -wgen-Namen angeglichen wurden. Die Übersetzungspaare werden nicht wie bei Sonderegger in Teilübersetzung, falsche Übersetzung usw. untergliedert, sondern in «genuine Übersetzungen» und «gerichtete Übersetzungen» unterteilt, wobei je nach Richtung der Übersetzung zwei Subkategorien unterschieden werden. Somit ergibt sich bei W. Haubrichs folgende Einteilung und Typologisierung der Namenpaare: A) «Doppelnamen auf gleicher etymologischer Basis (Entlehnungspaare)» a) ohne analogische Angleichung vor dem Jahr 1500: z.B. Antillyl dt. Enterchen (F, Moselle, Vigy) < *Antiliacum·, Arriance/ dt. Argenchen (F, Moselle, Fauquemont) < alteuropäischer Gewässername *Argantia·, Courcelles-Chaussyl dt. Kunze! (F, Moselle, Pange) < rom. *corticellis «bei den kleinen Höfen» usw36.
b) mit analogischer Angleichung vor dem Jahr 1500: ζ. B. Hellering und St. Avoid (F, Moselle, St. Avoid): 8. Jh (Kop) Eleriacum, Variante Hilariaco, 1335 Elringa< HUariacurr?1.
B) «Doppelnamen auf der Basis von Übersetzungen (Übersetzungspaare)» a) genuine Übersetzungen: ζ. B. Bannayl dt. Bizingen (F, Moselle, Boulay) < rom. *Buzoniacum bzw. germ. *Buzingas zum germ. PN Buzo\ Bionvillel dt. Bingen (F, Moselle, Boulay) < rom. *Buonevilla bzw. germ. *Büingas zum germ. PN Büo; Plappecourtl dt. Peblingen (F, Moselle, Pange, Vaudoncourt) < rom. *Pappolicurtis bzw. germ. *Papp(o)lingas zum rom. PN Pappolus usw.38
b) gerichtete Übersetzungen: ba) französisch —» deutsch bb) deutsch —» französisch C) «Doppelnamen mit verschiedenem Benennungsmotiv (freie Ortsnamenpaare)» Beim Vergleich mit Petris Zusammenstellung zeigt sich, daß in Haubrichs' Klassifizierung die Gruppe der -(i)acum/-ingen-Paare, die bei F. Petri undifferenziert behandelt wurde, je nach Fall entweder in der Kategorie der Entlehnungspaare oder auch in der Gruppe der Übersetzungspaare erscheint. Außerdem fehlen bei F. Petri die lautchronologischen Differenzierungen, auf deren Bedeutung schon St. Sonderegger 39 hinweist und denen Haubrichs einen großen Raum seines Bei36
Siehe Haubrichs, Warndtkorridor 269-273. Vgl. Haubrichs, Warndtkorridor 273. 38 Siehe Haubrichs, Warndtkorridor 274-280. 39 Vgl. Sonderegger, in: Haubrichs/Ramge 53. 37
35
trags widmet. Im Gegensatz zu F. Petri zeichnet sich also Haubrichs' Untersuchung durch sehr genaue ortsnamentypologische Differenzierung aus. Außerdem gelingt es W. Haubrichs, die Beziehungen der romanischen und germanischen Ortsnamentypen innerhalb der Übersetzungspaare in folgendem Schema 4 0 deutlich zu machen, das «wohl chronologisch interpretiert werden» 41 muß (s. Abb. 4).
Abb. 4: Schema der Beziehungen
(Quelle: Haubrichs,
Warndtkorridor
291)
In diesem Beziehungsgeflecht weist der älteste Typ auf -(i)acum nur Beziehungen zu dem germanisch-fränkischen -ingen-Typ auf, erscheint also «eindeutig abgegrenzt gegenüber den späteren merowingischen und karolingischen Siedlungsnamentypen, da er nicht mehr in die Blütezeit der germanisch-fränkischen Grundwörter -dorf und -weiler hineinreicht.» 42 Villa und -curtis setzen dann die Beziehung zum -ingen-Typus fort, zeigen aber noch stärkere Beziehungen zu -dorf. Im Gegensatz zu -curtis tritt -villa auch neben -weiler, was nach W. Haubrichs als Indiz dafür zu werten ist, daß -villa langlebiger als -curtis war. Villare schließlich besitzt sowohl zu -dorf als auch zu -weiler Beziehungen. Für die relative Chronologie der Siedlungsnamentypen in Lothringen kann W. Haubrichs somit als Ergebnis festhalten, «daß es auf germanisch-fränkischer Seite eine Abfolge von -ingen über -dorf bis hin zu -weiler gibt.» 43 Beim Vergleich dieses Beziehungsgeflechts mit obiger Einteilung der Namenpaare von W. Haubrichs wird deutlich, daß er diese chronologischen Anhaltspunkte auch in seine Typologisierung überträgt, da bei der Einordnung bestimmter Subtypen die Reihenfolge hier-
40 41
42 43
Vgl. Haubrichs, Warndtkorridor 291. Haubrichs, Warndtkorridor 291. Ein Ansatz dazu findet sich schon bei Petri, Volkserbe 718fr. Haubrichs, Warndtkorridor 291. Haubrichs, Warndtkorridor 291, Herv. or.
36
nach ausgerichtet wird, vgl. Subkategorie aa) -(i)acum/-ingen-Pa&K; ba) -villa/ -ingen-Paare etc.
2.4
Systementwürfe von E. Eichler und A. Boileau
Ernst Eichler, der slawisch-deutsche und deutsch-slawische Beziehungen untersucht, weist darauf hin, daß bei der Untersuchung der onomastischen Sprachkontakte - unabhängig vom Untersuchungsgebiet - mindestens drei Aspekte zu berücksichtigen sind44: 1. Aspekt der Sprachebenen Dieser Aspekt von zentraler Bedeutung beinhaltet «die Beschreibung von Integration auf phonologischer, grammatischer und lexikalischsemantischer Ebene, um die Auswirkungen der onymischen Interferenz unter Berücksichtigung von Parallelen und Unterschieden zwischen dem onymischen und nichtonymischen (appellativischen) Bereich aufzuzeigen.» 45
2. Arealer Aspekt Der areale Aspekt berücksichtigt vor allem die geographische Verbreitung der einzelnen Namentypen (z.B. von deutschen Grundwörtern oder Suffixen der Ortsnamen). 3. Soziolinguistischer Aspekt Der soziolinguistische Aspekt betrachtet die Realisierung des Eigennamens in Soziolekten und Idiolekten und damit auch das Entstehen von Namenvarianten. Es wird versucht, schriftsprachliche, umgangssprachliche und mundartliche Varianten zu unterscheiden und einzuordnen. Für eine logische Klassifizierung der Namenpaartypen sind jedoch der areale und der soziolinguistische Aspekt unerheblich. Durch Zusammenführen dieser Aspekte, die noch durch weitere ergänzt werden können, entsteht nach E. Eichler «ein komplexes Bild der toponymischen Integration» 46 . Ansatzweise findet sich dieses Modell auch unabhängig von E. Eichler bei Armand Boileau, der 1972 eine Klassifikation der «denominations bilingues» vorlegt47. Eine Klassifikation der Ortsnamen könne nach unterschiedlichen Kriterien vorgenommen werden, so seien folgende Namen zu unterscheiden 48 : a) auf formaler und diachronischer Ebene: aa) Namenpaare, die auf einen gleichen Prototyp zurückgehen und «doublets» bilden; ab) Paare, die auf verschiedene Prototypen zurückgehen; 44 45 46 47 48
Vgl. Eichler, Sprachkontakte 130-141; ders., Typologisierung 57; ders., Ergebnisse 28/29. Eichler, Ergebnisse 28. Eichler, Ergebnisse 29. Vgl. Boileau, Contact 583; ders., Toponymie 53. Siehe dazu Boileau, Toponymie 53/54.
37
b) auf semantischer und synchroner Ebene: ba) Paare, deren Bedeutung noch transparent ist und die den Sprechern als gegenseitige Übersetzung erscheinen; bb) Paare, deren Bedeutung nicht mehr durchsichtig ist; c) auf soziolinguistischer Ebene: ca) Benennungen, die noch heute gebräuchlich sind; cb) Latinisierungen, mittelalterliche Pseudo-Latinisierungen oder einfache graphische Varianten des Typs Schaarbeek = Schaerbeek. Nach dem formalen Gesichtspunkt (siehe Punkt a)) grenzt A. Boileau 49 folgende Paare gegeneinander ab: a) «doublets phonetiques»: Bei diesen Namen wird bei der Übernahme in die andere Sprache nur die Endung lautlich angepaßt, ζ. B. Kortrijk! Courtrai. b) «doublets morphologiques»: Hier beruht die Übernahme des Namens auf analogischer Angleichung. A. Boileau unterscheidet verschiedene Fälle: Suffixtausch (Bsp. Jodoigne/Geldenaken), Schwund eines gallo-rom. Suffixes im Germanischen (Bsp. Jalhayl Geliert < *gelaticelluml), Hinzufügung eines Suffixes im Romanischen (Bsp. Lauwl Lowaige)50. c) «doublets traductifs»: Der Name wurde von der einen Sprache in die andere übersetzt. Als Beispiel wäre hier Möns!Bergen51 zu nennen. d) Als letzten Typ nennt A. Boileau Paare, die zugleich «doublets phonetiques (et/ou morphologiques)» und «doublets traductifs» sind. Für die letzte Gruppe nennt A. Boileau kein Beispiel. Vermutlich sind hiermit Namen gemeint, deren Doppelform auf ein Lehnwort zurückgeht und die A. Boileau als «doublet etymologique» bezeichnet 52 . So führt er innerhalb der Kategorie der «noms se traduisant Tun l'autre» (d. h. der Übersetzungspaare) den Namen L'Ecluse (ndl. Sluizen) an und bemerkt: «II s'agit d'un D D —» S Berg - Hora Dieser Typ kann als Obersetzung oder gleichzeitige Namengebung auftreten68.
65
Vgl. Eichler, Ergebnisse 32. Eichler, Typologisierung 60. 67 Siehe Kapitel 4.1.2.1. 68 Vgl. Kranzmayer, Ortsnamenforschung 146/147. 66
41
«Typ 5»: «Freie Namenpaare»: D —> S Hochkirch - Bukecy Hier fehlt die lautliche und semantische Beziehung.
An Eichlers Typologisierung, die keine Vollständigkeit beanspruchen will69, fällt auf, daß die Entlehnungspaare (hier lautlich gebundene Namenpaare genannt) gemäß der Richtung der Übernahme in zwei Haupttypen S —> D bzw. D —» S aufgespalten und weiter differenziert werden 70 . Die sehr differenzierte Gliederung von Typ 1 gegenüber Typ 2 beruht auf der Tatsache, daß «Tausende westslawischer Toponyme phonologisch ins Deutsche integriert wurden» 71 , wogegen nur eine geringe Anzahl deutscher Ortsnamen ins Slawische entlehnt wurde. Anzumerken ist jedoch, daß Typ 1 und Typ 2 formal zu derselben Kategorie gehören und daher unter einem gemeinsamen Typ «Lautlich gebundene Namenpaare» zusammengefaßt werden sollten. Diese korrektere Klassifizierung vertrat E. Eichler 1987 in dem bereits erwähnten Vortrag an der Universität des Saarlandes. Der phonologisch-morphematische Mischtyp, der wohl als genuine Übersetzung zu verstehen ist, ist gleichfalls als eigener Typ überflüssig und sollte unter Typ 4, d. h. unter die semantisch gebundenen Namenpaare gefaßt werden. Dieser Typ 4, der von E. Eichler an dieser Stelle nicht weiter untergliedert wird, entspricht im wesentlichen Kranzmayers Typ der «Übersetzungspaare». Eichler betont, daß dieses Modell noch ergänzt und entsprechend den einzelnen Grenzlandschaften verfeinert werden kann 72 . Dabei sei der «terminologische Aufwand möglichst gering zu halten.» 73
69
Vgl. Eichler, Ergebnisse 31. Schon Langenbeck zeigt 1956 diesen Ansatz, gibt ihn aber später wieder auf, vgl. Kapitel 2.1. 71 Eichler, Ergebnisse 30. 72 Vgl. Eichler, Ergebnisse 30f. 73 Eichler, Ergebnisse 28. 70
42
3.
Katalogteil
3.1
Vorbemerkungen
In den beiden Katalogteilen Schweiz und Belgien sind die behandelten Namen alphabetisch geordnet. Es werden in der Hauptsache Namenpaare mit Erstbeleg vor dem Jahr 1200 behandelt; in Ausnahmefällen (ζ. B. bei strittiger Zuordnung des Erstbelegs, falscher Identifizierung usw.) wird diese Eingrenzung durchbrochen, siehe ζ. B. Treiten. Namen mit den Zusätzen vom Typus Groß-, Groot- usw. werden als feste Bildungen aufgefaßt und sind dementsprechend eingeordnet worden: Grand-Hallet ist unter G- zu suchen. Ebenso wird mit dem Artikel und dem niederländischen 's (vgl. 'smiddags < des middags) verfahren. Der Name L'Ecluse ζ. B. ist unter L aufzufinden und 's Heeren-Elderen unter S. Die Zusätze Sankt und Sint werden nicht abgekürzt und sind ebenfalls auf diese Weise in die alphabetische Reihenfolge eingegliedert. Die Einordnung eines Namens erfolgt aufgrund der offiziellen Form, die für die Schweiz aus dem Neuen Schweizerischen Ortslexikon ermittelt wurde; für die belgischen Namen wurde die Verwaltungskarte des Nationaal Geografisch Instituut Bruxelles von 1983 und das Verzeichnis De Belgische Postnummers von 1990 zugrunde gelegt. Für Namen, die nicht in diesen Registern verzeichnet sind, wurde eine willkürliche Einordnung gewählt, meist nach der entsprechenden Angabe aus der Sekundärliteratur, die als Quelle diente. Die anderssprachige bekannte Entsprechung des offiziellen Namens ist als Verweisartikel aufgeführt, ζ. Β. A net siehe Ins. In diesen Verweisartikeln werden aber nicht die nur urkundlich belegten Doppelformen aufgenommen. Zu den Abkürzungen für die benutzten Quellen ist zu bemerken, daß die Siglen für die überprüften Quellen im Schrifttumsverzeichnis einzusehen sind. Die übrigen Siglen aus nicht überprüften Quellen, d. h. diejenigen, die bei der Quellenangabe vor dem Bindestrich stehen, werden meist so angegeben, wie sie in der entsprechenden Literatur bezeichnet sind. Ein eigenes Abkürzungsverzeichnis für diese Siglen und Quellenabkürzungen wurde also nicht erstellt. Für die Angaben aus Carnoy ist daher ζ. B. das Siglenverzeichnis in Carnoy 4 - 6 zu konsultieren; für die Belege von Herbillon «Toponymes hesbignons» in der Zeitschrift BTD sind die Abkürzungsverzeichnisse in BTD 21,1947,52-55 und BTD28, 1954,210-211 und die Ergänzung in BTD 33,25 einzusehen. Zur typologischen Einordnung der Namenpaare (Punkt 3 des jeweiligen Namenartikels) siehe Kapitel 4. 43
3.2
Katalogteil -
Schweiz
Afernach siehe Auvernier Altdorf siehe Bassecourt N r . 1 Alterswil ( C H , Freiburg, Sense) ca. 8 5 2 - 8 7 5 ( K o p 1 ca. 1 2 0 0 - 1 2 4 0 2 , lat) Villare
1.
4
N r 220), 1148 (Or, lat) villam de Alterihcwilere 1228 (Or, lat) Vilar Altri, prioratus6
Aldrico3
(Cart Lausanne
< *Alterihswilere5
( F R B I 426),
( C a r t L a u s a n n e N r 15h), [1228 ( K o p 13. Jh,
lat) Vilar autri ( M D R V I 26)], u m 1425 (geschr. u m 1 4 2 5 - 1 4 2 8 , lat) Apud wile
(Rüeggisberger U r b a r
36),
1449 (Or, dt) die
( A F V 4 1 5 ) , 1449 (Or, d t ) der Stat altarswül 2.
zil gericht
erber
Alterschwil
lüte
von
AlthersAlterswil
( A F V 438) -
mda:
(mit A k z e n t a u f d e m 2. G l i e d ) ( H e n z e n 34)
< rom. villare Aldrico bzw. ahd. *Alderichesmläri
z u m g e r m . PN A Iderich,
Al-
dric7 (s. F ö P N 62; K a E r g 28 z u m P N - S t a m m Α Ida-). D e r Beleg von 852 zeigt r o m a n i s c h e Bildungsweise. D i e heutige N a m e n f o r m e n t s t a n d wohl d u r c h M e t a t h e s e des r (*Altre(h)s->
Alters-,
siehe a u c h u n t e n
d a s Vergleichsbeispiel a u s St. G a l l e n ) u n d v e r m u t l i c h nicht in A n l e h n u n g a n lat. alter, wie G l a t t h a r d 326 - a u f g r u n d des Belegs vilar altri - a n n i m m t . D e r Beleg Vilar autri scheint r o m a n i s c h e /-Vokalisierung zu zeigen. Z u r B e h a n d l u n g des / im I n l a u t vor K o n s o n a n t in d e r d e u t s c h e n F r e i b u r g e r M u n d a r t , s. H e n z e n § 173; z u r E n t w i c k l u n g von d > t siehe e b d a . § 136. 1 2
Vermutlich Kopie eines verlorenen Kartulars, vgl. Cart Lausanne Nr 220 Anm 1. Zu dieser Angabe für das Cartulaire du Chapitre de Notre-Dame de Lausanne, vgl. Tremp, Ld Altaeripae 62. Bei dem Lausanner Kartular handelt es sich um (sehr zuverlässige) Kopien der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Dagegen muß die Liste der Pfarreien, die auf 1228 datiert wird (s. Roth, Cart Lausanne 10-20) und eigens für das Kartular angefertigt wurde, als Original angesehen werden. Die Dissertation von C. Santschi gibt leider keine Antwort darauf. In F R B II 88f findet sich die Angabe: «Chartular von Lausanne. Orig. auf der Stadtbibliothek von Bern. F.3.». Hiermit ist aber nur das Original des Kartulars gemeint, das lange Zeit verschwunden war, aber wiedergefunden wurde und nun in der Stadtbibliothek von Bern aufbewahrt wird, vgl. Roth, Cart Lausanne S. VII. In Kocher 1194f, wo ein Teil der Pfarreienliste abgedruckt ist, ist zu lesen: «Kartular von Lausanne, Stadtbibliothek Bern [...]» ohne Hinweis auf Original. Wenn das Original der abgeschriebenen Urkunde aufgefunden wurde, so ist dies in Roth, Cart Lausanne jedesmal mit P.J. = Piece justificative vermerkt, die im leider nie erschienenen 2. Band veröffentlicht werden sollte, siehe ζ. B. Urkunde Nr 55 zum Jahr 1199.
3
In M D R VI 202 steht uiltare aldrigo. Zur Identifizierung siehe Gatschet 97. Vgl. Hidber Nr 1880. Gatschet 97 liest Altrihcwilare. 5 Vgl. Diet hist Suisse 1255. 6 Identifizierung nach Glatthard 326. Von Gremaud, in: M D R VI 24, wird dieser Beleg nur mit Fragezeichen zu Alterswil gestellt. Befindet sich im Dekanat Freiburg; die Urkunde enthält folgende moderne Hinzufügung: «forsan Villard Repos» (Cart Lausanne Nr 15h Anm o), die wohl als moderne Fehldeutung (vielleicht Villarepos! dt. Ruppertswil (CH, Freiburg): 1332 Villarrepot, vgl. Glatthard 143) zu werten ist. 7 Vgl. Gatschet 97: Alderic, Altirich.
4
44
3. Übersetzungspaar: -villareZ-wilari-Namenpaa.r. 4. Vgl. Alterswil (CH, bei Oberglatt, westlich von St. Gallen): 858 Altiricheswilare (Ng - FöON I 90). Anet siehe Ins Nr. 2 Arconciel (dt. Ergenzach8) (CH, Freiburg, Saane) 1. 10829 (Or des Cart I2./13. Jh, Iat) Castrum Arcunciacum cum ipsa villa posita in pago, qui dicitur Ohtlannden in comitatu Tirensi (Ld Altaeripae Nr 66), 11421146 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Rodulfus dominus d'Arcuncie (Ld Altaeripae Nr 192), 1147-1187 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Guibertus d'Arcunciei (Ld Altaeripae Nr 159), 1160-1179 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Rodulfus miles frater Petri ministri d'Arcuncie (Ld Altaeripae Nr 109), 1161-1162 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Petrus discophorus d'Arcuncie (Ld Altaeripae Nr 98), 1162 (Or, lat) Petrus Minister de Arcuna (Zapf 103), um 1162 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Uldricus de Arcuncie (Ld Altaeripae Nr 9), um 1162 (Kop 1162-1172, lat) Arcunciaco (Ld Altaeripae Nr 9 Anm a), um 1162 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Petrus minister d'Arcuncie (Ld Altaeripae Nr 10), 1163, 1166 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Ioslenus maior d'Arcuncie ... Actum apud Arcuncie (Ld Altaeripae Nr 99), vor 117310 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) apud Arcuncie (Ld Altaeripae Nr 45), 1179 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) d'Arcunciei ... apud Arcunciei (Ld Altaeripae Nr 171), um 1180 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Petrus sacerdos d'Arcuncie ... apud Arcuncie (Ld Altaeripae Nr 263), 1200 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) advocatus d'Arcuncie (Ld Altaeripae Nr 238), um 1214" (Or, lat) dapiferos de Arcuncie (Kocher 1 167,31), 1228 (Or, lat) Arcuncie (Cart Lausanne Nr 15h), 1234 (Or, lat) et sigillo de Arconcie (Kocher I 212), 1236 (Or, lat) Uolricus, dominus de Erchunzacho ( F R B I I 164), 1236 (Or, lat) Uolricus dominus de Erchunzach (FRB II 165), 1239-1249 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Rodulfus presbiter de Arconcie (Ld Altaeripae Nr 192), 1251 (Or, frz) sires d'Arcuncey (FRB II 34212), 1251 (Or, lat) apud Arguncie (FRB II 344), 1252 (Or?, lat) Arconcie (MF I 263), 1254 (Or, lat) domini de Arconciaco (Kocher II 54,4), 1258 (Or, lat) domini de Harcuncie13 (Kocher II 86,28), 1264-65 (Or, lat) de Arcontie (FRB II 606), 1270 (Originalvidimus, lat) de Arkontie (FRB II 749), 1270 (lat) de Arconcye (MF I 265), 1277 (Or verl, Kop, lat) Willelmus dictus Sechaut de Arconcie (FRB III 205), 1278 (Or, lat) domini de Erguncia14 (FRB III 234), 1285 (Or, lat) curatus de Arconcye (FRB III 388), 1286-87 Alconcie (Stadelmann 265), 1368 Arconcier Castrum (Sta8
Der N a m e ist 1953 in der Gegend noch ziemlich gebräuchlich, vgl. Steiger 10. Vgl. Stadelmann 264, der als Urkundenform Original angibt. 10 Datierung ins Jahr 1178 bei Gremaud, Ld Altaeripae N r 49, siehe dazu aber Tremp, Ld Altaeripae S. 118. 11 Zu abweichenden Datierungen bei Matile, Zeerleder und F R B siehe K o c h e r l 167. 12 Siehe Kocher II 39 N r 64. 13 «Welscher Schreiber», vgl. Kocher II 86,28. 14 Dt. Form, vgl. Stadelmann 265. 9
45
delmann 265), 1445 Arconcier, Arconciez, Arconcie (Stadelmann 265), 1449 (Or15, dt) Deledfor von Erchenczagen (AF V 428), 1453 (Or, lat) de Arconcier (AF 1199), 1515 (Or?, lat) ecclesiarum Arconciaci (MF 1275), 1555 dt. Ergenzachen (Stadelmann 265), 1578 dt. Ergenzachen (Carte Techtermann - Stadelmann 265), 1668 Arconcie (Carte Von der Weid - Stadelmann 265), 1755 Arcanciel (Stadelmann 265), 1755 Ehrenzach (Stadelmann 265), 1805 Arconcie (Petite carte frib - Stadelmann 265), 1806 Arconciel, früher Arconcii (Etrennes 1806 Diet - Stadelmann 265), 1836 Arconciel (Carte Labastrou - Stadelmann 265) - Patois: arköxyi (Stadelmann 264); α arköxT (Slg Muret); Muret (Slg) bemerkt, daß er die Mundartform von Zimmerli II 114 ArköüT nie gehört hat. - dt. mda: erstsax in St-Sylvestre (Slg Muret); Glatthard 129 nennt als dt. Mundartform: ergatsax. Die quellenlose Angabe von Studer 54 (1146 Arcae Coeli) konnte nicht überprüft werden.
2. < gallo-rom. *Arc[h]ontiacum zum lat. PN Arcontius, Archontius16 (s. Schulze 126: Archontius; Holderl 184: Arcontia; Holder III 660: Archuntus; Morlet II 20b: Arcontius). Bei der Übernahme durch die Alemannen war das ti schon zu tsi assibiliert. Der Wechsel von c zu g zeigt sich bei der Übernahme vorgermanischer Namen ins Alemannische öfters, vgl. ζ. B. Conthey/ dt. Gundis (CH, Katalog), Cormondes/Gurmels (CH, Katalog). Im Anlaut ist dies eine romanische Entwicklung (s. Kapitel 6.1.1.7.1), bei Ergenzach dürfte wohl eher eine dialektale alem. Entwicklung mitgespielt haben 17 . Laut Glatthard 129.89 hat die deutsche Form den ahd. Primärumlaut mitgemacht. Bei dem etymologischen Ansatz *Archontiacum könnte Umlaut aber nur durch das j in der Drittsilbe ausgelöst werden (Sekundärumlaut!). Zum Wechsel von ar > er siehe Kapitel 6.2.4.4.2. Studer 54 möchte den Namen von einem keltischen Stamm Argu «Wald» ableiten. Diese Deutung ist nicht haltbar.
3. Entlehnungspaar: SN auf -(i)acum. 4. Vgl. Arconcier (CH, FLN, Gde Russy): 1406 in campo d'Arconcier, 1425 in prato de Arconcier, 1757 en 1'Arconcier, mda. arkonthi (s. Aebischer, in: A F XLIII 73); Argancy (F, Mos, Vigy): ?757 (Kop) in villa Arconiago < *Arcont(c)iagolls, 9. Jh villa Arguntiaco, Arcuntiaco, 1018 (Or) Arconcei, 1351 (Or, frz) Ercancey etc. < *Arcu(o)ntiacum zum PN *Arcontius (s. Buchmüller-Pfaff Nr 20 mit weiteren Vergleichsbeispielen). Nr. 3 Asuel (dt. Hasenburg19) (CH, Jura, Porrentruy) Liegt in französischem Sprachgebiet 20 . 15
Stadelmann 265 führt nur eine Kopialform an. Vgl. Stadelmann 265; Bruckner, Ortsnamenkunde 14; Diet hist Suisse I 389; Müller, Manuskript 10; Aebischer, Fribourg 18. 17 Vgl. Henzen § 155,2b: ζ. B. rsgrüt «Rekrut», magf s)rösna «Makkaroni». 18 Unsichere Identifizierung, siehe Buchmüller-Pfaff 60. 19 Vgl. Steiger 12: dt. Name in der Gegend noch ziemlich gebräuchlich. 20 Vgl. Steiger 12. 16
46
1. 1136 (Or, lat) Burchardus frater Henrici de Asuel (Trouillat 1263 2 1 ), 1141 (Kop 1. Hälfte 14. Jh, lat) Adelbero de Hazenburg (Trouillat I 283.284), 1152 (vid Kop 2 2 , lat) Henricus de Hasuel ... Henrico de Hasuel (Trouillat I 321), 11531159 23 (Or, lat) B. de Asuel (Trouillat I 333), 1153-1159 (Rückvermerk 14. Jh, lat) contra dominos de Hassenburg (Kocher I 75,18), 1154 (Or, lat) Bvrchardus de Hasenburc (Kocher 179,10), 1156 (Or, lat) Burchardus de Hasenburc (Kocher 190,28), 1166-1179 (F, lat) Hen.fricusJ de Asenburc (Kocher I 100,11), vor 1168 (Kop 1. Hälfte 14. Jh, lat) Richardus de Aseborc (Trouillat I 525), 1169 (Or, lat) Hugo de Hasuvel (Kocher I 102,9), 1173 (Or, lat) de Hasenburc (Trouillat I 353) 24 , 1175 (Kop 1414, lat) de Asenbur (Trouillat 1357) 25 , um 1180 (Or, lat) de Hasemborc ... Henricus de Hasuel (dieselbe Urkunde - Trouillat III 1.2) 26 , 1183 (Or, lat) Richardus de Hasenburch (Kocher I 125,13), 1212 (Or, lat) Borcardum de Hasenbürch ... de Asenburch (Trouillat I 457.458), 1218 (Or, lat) Burchardum de Hasenburch (Trouillat 1471), 1241 (Kop 1441, lat) dominus de Hasenburch (Trouillat I 556) 27 , 1255 (Or, lat) Waltherus dominus de Hasenburch (Trouillat I 625), 1256 (Or, lat) de Hasenburc (Trouillat I 638), 1260 (Kop 1414, lat) de Hasuel ...de Asuel (Trouillat II 105), 1279 (Or, lat) domino de Hasunburch ... in castro Hasuel (diesselbe Urkunde - Trouillat II 323), 1289 (Or, lat) Th. de Hasunburch ... apud Hasunburc (Trouillat II477), 1302 (Or, lat) Burchardus de Hasuel (Trouillat III 31), 1308 (Or, lat) de Hasuel (Trouillat III 124), 1315 (Or, frz) seignour dAsuel (Trouillat III 220), 1316 (Or, lat) de Hasenburg (Trouillat III 244), 1317 (Kop 1324, frz) Jehans de Hesuel (Trouillat III 257), 1330 (Or, lat) Waltheri de Hasemburg (Trouillat III 401), 1343 (frz) Gautherat dEsuel (Trouillat III 553), 1372 (Or, frz) Thiebal dEssuel (Trouillat IV 308), 1385 (Kop 15. Jh, dt) Hanns Vlriches seligen von Hasenbourg (Trouillat IV 455), 1385 (Or, frz) Johan Vlry seigneur dAsuey (Trouillat IV 459), 1386 (Or, dt) von Hasenburg (Trouillat IV 466), 1400 (Or, frz) Jehan Bernard sire dEssuel (Trouillat IV 626), um 1400 (Schrift 15. Jh, dt) von Hassemburg (Trouillat V 173), 1411 (Or, frz) de Essuel (Trouillat V 229), 1412 (Or, lat) de Esuello (Trouillat V 231), 1416 (Or, frz) Jehan Bernard dEsuelx (Trouillat V 245), 1421 (Or, frz) seignour de Esuel (Trouillat V 254), 1421 (Or, dt) ze Hasemburg (Trouillat V 258), 1485 (Or, dt) der herrschafft Hasenbourg (Trouillat V 594) - mda: ezüe (Slg Muret); ezwe (Hallauer §8) 2. < ahd. hasenburg zu ahd. haso «Hase» 2 8 (vgl. F E W 16,176: hase, frcomt. aze, äso; Köbler 62: germ. *hazan; Köbler 24: germ. *burg) oder eher zum PN Haso (s. FöPN 787; KaErg 177 zum PN-Stamm Häswa-) bzw. ? + -ellusl 21
Von Zimmerli 18 Seitenzahl verschrieben zu 233. Kop 17. Jh, Vid 1763, vgl. Kocher I 64 (ohne Abdruck der Urkunde). 23 Die Datierung von Trouillat um 1149 ist abzuändern, freundlicher Hinweis von W. Müller (Boudry). Vgl. auch Kocherl Nr 136. 24 Vgl. Kocherl Nr205. 25 Vgl. Kocherl Nr209. 26 Vgl. Kocherl Nr218: 1180-1190. 27 Vgl. Kocherl Nr406. 28 Vgl. Jaccard 17.
22
47
In der romanischen Form wird -ellus zu -el, -e; dabei hat das -/ nur noch graphischen Wert, denn es ist verstummt 29 . Der Ort wird noch von den Ruinen des Schlosses gleichen Namens beherrscht 30 .
3.
Entlehnungspaar bzw. Freies Namenpaar?
Nr. 4 Autigny (dt. Ottenach31) (CH, Freiburg, Saane) Liegt in französischem Sprachgebiet 32 .
1. 1068 (lat) in uilla que dicitur Altignei (MF II 343), vor 1157 (Or des Cart 12./ 13. Jh, lat) Philippus de Altiniei, Var.: Altineio (Ld Altaeripae Nr 235), vor 1157 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Philipus miles d'Altinie (Ld Altaeripae Nr 115), 1161 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Albertus d'Altiniei (Ld Altaeripae Nr 76), um 1162 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Uldricus d'Altiniei (Ld Altaeripae Nr 68), 1163-1200 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) in territorio dAltinie (Ld Altaeripae Nr 77), 1168-1173 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Petro de Altinie (Ld Altaeripae Nr 79), 1171 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Uldricus d'Altiniei (Ld Altaeripae Nr 165), 1175 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) frater eius d'Altinie (Ld Altaeripae N r 81), 1183 (lat) vineas de Altiniacof3 (FRBI473) 3 4 , 1186 (Or des Cart 12./ 13. Jh, lat) Uldricus d'Altiniei35 (Ld Altaeripae Nr 228), 1196 (Or des Cart 12./ 13. Jh, lat) Uldricus d'Altiniei (Ld Altaeripae Nr 151), 1217 (Or?, lat) Petrus conuersus d Altignie (MF IV 106), 1228 (Or, lat) Auttinie (Cart Lausanne Nr 15g36), 1273 Autignie (Jaccard 1937), 1285 (Or, lat) curatus de Autignye (FRB III 39138), 1444 Autignie (Stadelmann 266), 1449 (Or, dt) de dorfflute von Autignie (AF V 420), 1555 Aultenachen (Stadelmann 266), 1577 Ottonachen (Carte Schepf - Stadelmann 266), 1578 Otenach (Carte Techtermann - Stadelmann 266), 1638 Ottonachen (Carte Plepp - Stadelmann 266), 1668 Autignie (Carte Von der 29
Vgl. Hallauer §§ 8.45. Vgl. Diet hist Suisse 1448. 31 Vgl. Steiger 15: der dt. Name ist in der Gegend noch ziemlich gebräuchlich. Das Diet hist Suisse I 467 nennt als deutsche Formen: Aultenachen, Ottonachen und Autenach. 32 Vgl. Steiger 15. 33 Die Identifizierung ist nicht ganz gesichert, vgl. Stadelmann 266. 34 Jaccard 19 nennt 1183 Altiniacum mit M F IVals Quelle. Dort konnte der Beleg nicht gefunden werden. Es handelt sich vielleicht um denselben Beleg. 35 Gremaud, in: M D R VI Nr 232 gibt hier nach der Kopie von 1478 Vldricus dAltigniei (mit 1173-1200 als Datierung) an. Falsche Lesung? Tremp, Ld Altaeripae Nr 228 nennt diese Variante nicht. 36 Moderne Hinzufügung nach dem 13. Jh: Aultigny, vgl. Cart Lausanne Nr 15g Anm j. 37 Jaccard macht meist keine detaillierten Quellenangaben. Er gibt an, daß er sich für den Berner Jura auf Trouillat und für das Wallis auf Gremaud (in M D R XVIII und XXIXXXXIII, XXXVII- XXXIX) bezieht, siehe Jaccards «Table des abreviations». Eine Reihe von Jaccards Belegen ist aber nicht in diesen beiden Werken auffindbar, sondern ζ. B. in Matile zu finden. Jaccards Quellenangaben sind oft unzuverlässig. Dennoch werden seine Belege hier genannt, da sie vielleicht durch Zufall in anderen Quellen entdeckt werden können. Die Angaben von Jaccard sind jedoch stets mit Vorsicht zu gebrauchen. 38 Glatthard 170 identifiziert diesen Beleg mit Autigny (Freiburg), in FRB III wird kein Identifizierungsvorschlag gegeben. 30
48
Weid - S t a d e l m a n n 266), 18. J h Ottonachen (Carte Seutter - S t a d e l m a n n 266), 1717 Ottigny (Jaccard 19) - dt. mda: ötsnax ( G l a t t h a r d 170) - Patois: ä Stini (Slg M u r e t ) 2. < gallo-rom. *Ahiniacum z u m P N Altin[i]usi9 (s. K a j a n t o 196; C I L 1 1770; beachte auch germ. Alt fw Jin in: F ö P N 56.64, K a E r g 2 8 z u m P N - S t a m m Α Ida-, M o r l e t I 3 1 b ) : *Altiniacum> *Altignie> *Otignie. Späte Ü b e r n a h m e des N a m e n s zeigt sich in der d u r c h g e f ü h r t e n Vokalisierung des / in der deutschen F o r m , denn eine f r ü h e Ü b e r n a h m e h ä t t e * Altenach lauten müssen. Die d u r c h g e f ü h r t e Lautverschiebung im Suffix deutet dagegen a u f eine f r ü h e Entlehnung, ist aber wohl nur a n a l o g zu anderen - a c ß - N a m e n (< -(i)acum) angefügt worden 4 0 . D a f ü r spricht a u c h die fehlende t-Verschiebung im enthaltenen P e r s o n e n n a m e n . 3.
Entlehnungspaar: S N a u f
-(i)acum.
4. Vgl. Autigny (F, Seine-Maritime, G d e Fontaine-le-Dun): u m 1022 Altiniacus ( A n n de N o r m VI - M o r l e t III 18a), 1337 Autegney (PdiocRouen - Morlet III 18a); Autigny-le-Grand (F, H a u t e - M a r n e , Joinville): 1140 Altiniacus, 1248 Autignei (s. M o r l e t III 18a); Autigny-le-Petit (F, H a u t e - M a m e , Joinville): 1296 Autigney-le-Petit (Morlet III 18a); Autigny-la-Tour (F, Vosges, Coussey): ?1070 Altiniacum, 11. J h (Kop) Alteniacum, 1196 (Or) de Autigne (s. Buchmüller-Pfaff N r 037 mit weiteren Beispielen). Nr. 5 Auvernier (dt. Afernach 41 , Avernach 42 ) ( C H , Neuchätel, Boudry) Liegt in französischem Sprachgebiet 43 . 1. 1011 (Or, lat) et dono ei Auerniacum (Schieffer 255,36), 1179 4 4 ( F E n d e 45 6 12. J h , lat) Avernieief (Trouillat I 364), 1191 (Kop, lat) Avarnie ( F R B I 4 8 7 ) , 1219 (Kop, lat) Avarnie47 (Cart L a u s a n n e N r 290), u m 1200 (Or des C a r t , ca. 1200-1240, lat) et Avernie (Cart L a u s a n n e N r 292), 1233 (Or des C a r t , ca. 1200-1240, lat) pro terra Avernie (Cart L a u s a n n e N r 836), 1235 48 (Or des C a r t ,
39
Vgl. Stadelmann 266; Glatthard 170; Diet hist Suisse I 467; vgl. zum PN Altinius Morlet III 18a. 40 Vgl. Glatthard 170. 41 Vgl. Gatschet 41. 42 Vgl. Steiger 9: dt. Namen nur noch selten gehört. Siehe auch Müller, Noms de lieux bilingues 570. 43 Vgl. Steiger 9. 44 Statt 1178, Hinweis von W. Müller (Boudry). 45 Vgl. Müller, Lexicographie 261. 46 Die Identifizierung ist nicht gesichert, s. Trouillat I 364 Anm 3. 47 Lesart Auvernie nach Martignier, in: MDRVI 246 nach Kop des 13. Jhs. 48 Derselbe Beleg wird bei F R B I 324 auf die Jahre 1057-1089 datiert, siehe aber Tremp, Ld Altaeripae S. 34. Zur Identifizierung siehe auch FRB 1530 (Register); in FRB I 324 wird kein Deutungsvorschlag gegeben: «Bischof Burkard von Lausanne, des Grafen Bucco von Oltingen Sohn, schenkt dem Capitel von Lausanne seine Besitzung , nebst all' ihren Leuten.»
49
ca. 1200-1240, lat) terram de Avernie (Cart Lausanne Nr 16r49), 1277 (Or, lat) Avamie (Matile I 168), 1277 (Or, lat) Tetrici de Avernye (Matile 1 166), 1309 (vid Kop, lat) Avamie (Matile I 300); ohne detaillierte Quellenangabe: 1280 Avernier ... Auvernier (Jaccard 19) - Patois: aoverni (Slg Muret) 2. Im allgemeinen wird von gallo-rom. Averniacum zum PN Avernius50, Avernus51 ausgegangen. Aber diese beiden Personennamen sind nicht bei Holder, Evans, Schulze und Morlet I.II belegt. Könnte auch von gallo-rom. *Aberen(i)acum zum PN Aberenus, *Aberenius (s. Schulze 110.343) - mit romanischer Entwicklung von intervokalischem -b- > -v- und anschließender Übernahme ins Alemannische - ausgegangen werden? Für die dt. Mundartform liegt kein Beleg vor, vermutlich ist in ihr lat. ν als / übernommen worden. Der Wandel von α > ο ist wohl als Eigenart des Patois dieser Gegend zu werten, denn weiter nördlich neigt ζ. B. in Diesse und ζ. T. auch in Nods die Aussprache von α > ά (wie engl, ä in all «alle»), man vergleiche auch sapa > söv in Lamboing, s. Alge § 19. Studers und Gatschets Deutung < avornio «Mannaesche» (Baumname) oder «Goldregen», die im rom. Patois ähnlich lauten sollen (avornio, avorniello)52, ist nicht aufrechtzuerhalten.
3. Entlehnungspaar: SN auf -(i)acum. 4. Holder 1312 deutet den Siedlungsnamen Ebernach (D, Cochem) als *Averniacum: 1130 Evernacum (Marjan III - FöON I 796), 1139 (Or, lat) Allodium in euernaco (MRUB I Nr 506). Nr. 6 Avenches (dt. Wiflisburg53, Wifflisburg54) (CH, Waadt, Avenches, ehemalige Hauptstadt von Helvetien) Liegt in französischem Sprachgebiet 55 .
1. 69 n.Chr. (um 104-109 verfaßt, Kop 11. Jh, lat) cumque dirutis omnibus Aventicum gentis caput infesto agmine peteretur (Tacitus 168 - Howald/ Meyer 86), (um 150-155 n.Chr. geschrieben, griech) Αν'αντικόν (Ptolemaeus 119,10 - Howald/Meyer 102), 251-254 (lat) Avent(icum) leug(ae) (CIL XII 55 1 8 56 ), 4. Jh civitas Aventica (Not Gall - Jaccard 20; N G 9 , 4 - Holder
49
Bei Martignier, in: M D R V I 4 0 findet sich: 1050 (Kop 13. Jh, lat) de auernie; diese Belegstelle konnte leider in Roth, Cartulaire Lausanne nicht entdeckt werden. Bei Jaccard 19 findet sich dieser Beleg ohne genaue Quellenangabe mit der Datierung um 1050. Handelt es sich vielleicht um denselben Beleg wie in Cart Lausanne Nr 16r? 50 Vgl. Jaccard 20; Chessex, Origine 43. 51 Vgl. Müller, in: LRLV,1, 565. 52 Vgl. Gatschet 41; Studer 57 schlägt als weitere Erklärungsmöglichkeit «Lohgerberei» vor, zu auvergner «Tierfelle in eine Lohe legen». 53 Vgl. Bruckner, Ortsnamenkunde 41. 54 Vgl. Steiger 19: dt. Name Wifflisburg in der Gegend noch allgemein gebräuchlich. 55 Vgl. Steiger 19. 56 Zu weiteren Belegen auf Inschriften siehe Holder I 31 lf.
50
I 311), um 300 (Kop 8. und 10. Jh 57 ) Aventicum Helvetiorum (Trouillat I 3; Holder I 311)58, 4. Jh (Kop 13. Jh 59 ) Aventicum Heletiorum [sie] (Trouillat 14), 4./5. Jh (Notitia provinciarum) Civitas Ehitiorum Aventicus (Trouillat I 5), 4. Jh (Kop, lat) et Adventicum (AmmianusXV 11,12 - Howald/Meyer 146), um 400 (Kop) civitas Helvetiorum (mit späterem Zusatz) id est Aventicus (-um, -o) (Howald/ Meyer 130), 585 ecclesiae Aventicae (Concil Matisc II - Holder I 311), lila Iorensis deserti secreta, quae inter Burgundiam Alamanniamque sita Aventicae adiacent civitati (Greg Tur vita patrum 1,1 - Holder 1311), vor 61760 (lat) Aventicum civitatem aedificare praeeepit (Fredegar ChronII 36) ... Alamanni vastatum Aventicum praevencione Wibili cuinomento et plurima parte Galliarum in Aetalia transierunt (Fredegar Chron IV 40 - Howald/Meyer 168)61, Ende 8./Anfang 9. Jh zum Jahr 515 (Kop Ende 12. Jh, lat) in fine Aventicense (Theurillat 80), 1139 (Vid 1290, lat) apud Auenticam (MF II 18), 1144-1230 (Or des Cart, ca. 12001240, lat) Aventica (Cart Lausanne Nr 556), um 1150 Vivilsborg (Itindes island Abts Nicolaus62 - Bruckner, Ortsnamenkunde 42), 1228 (Or, lat) In decanatu Adventicensi est Adventica (Cart Lausanne Nr 15b), 1228 (Or des Cart, ca. 1200-1240, lat) maior de Atventica (Cart Lausanne Nr 425), um 1231 (Or des Cart, ca. 1200-1240, lat) apud Aventicam (Cart Lausanne Nr 802), 1235 (Or des Cart, ca. 1200-1240, lat) aput Aventicam (Cart Lausanne Nr 16e), 1243 (Or, lat) apud Aventicam (FRB II 239), 1257 (Or, lat) apud Aventicam (FRB II 439), 1258 (Or, lat) Albertum de Wibilsburc (FRB II 468), 1266 Wibilsburg (Stadelmann 376)63, 1267 (Or, lat) Albertus de Wibilsburg (FRB II 675), 1302 (Or, lat) aput Muretum vel Wibelspurg vel Paterniacum (FRB IV 108), 1453 (lat) par Aduenthice (MF IV 304), 1458 Wibelspurg (Font Coll dipl XV 1 - Stadelmann 376), 1476 Wiblispurg (Font Coli dipl XVI 39 - Stadelmann 376), 1518 (frz) de toute la Communite d'Avenche (MDRVII 694), 1548 Wiflispurg (Stumpf-Chronik VIII Buch Stadelmann 376), 1577 Wiflisburg (Carte Schepf- Stadelmann 376), 1578 Wiflispurg (Carte Techtermann - Stadelmann 376), 1638 Wiflisburg (Carte Plepp Stadelmann 376) - Patois: ave^u (Slg Muret); Aventso (Howald/Meyer 88 Anm 5) - mda: wiflisburg (Glatthard 193) Zur Geschichte von Avenches, zu Inschriften und Meilensteinen siehe Howald/Meyer bes. 252fF und 327ff. 57
58
59 60
61
62 63
Siehe Gysseling 973; es handelt sich um das Itinerario Antonini Augusti; vgl. Pfister, in: Haubrichs/Ramge 121. Howald/Meyer 116 machen folgende Angabe zu dem Beleg aus dem Itin Antonini: (um 280 geschrieben, lat) Aventiculum Helvetiorum. Vgl. Gysseling 973 (Peutinger Tafel). Stadelmann 376 gibt diese Jahresangabe; Glatthard 193 gibt das 6.Π. Jh an. Studer 275 (im Anschluß daran auch F ö O N II 1297) nennt «7. Jh Wibele». Siehe auch Howald/ Meyer 169: «Entstehungszeit gegen 660; evtl. 613, wenn mehrere Verfasser angenommen werden.» Zur Interpretation dieser Stelle siehe Anzeiger f. Schweiz. Gesch., 3. Heft, 1859-60, 57ff.77ff und Stadelmann 375f. Vgl. F ö O N II 1297. Ist der Beleg identisch mit der folgenden Stelle aus F R B II 675? Stadelmann entnahm diesen Beleg aus den Archives d'Etat fribourgeoises, Commanderie no 8.
51
2. ss ist m.E. unwahrscheinlich (vgl. fest a > fete). Vielleicht liegt in der Urkunde ein Schreibfehler vor: für ; als Schreibung statt ist möglich. Jaccard 26 denkt an den PN Basso (s. FöPN 249; KaErg 56 zum PN-Stamm Bas-). Der ahd. Primärumlaut ist nicht durchgeführt, vgl. dagegen das Namenpaar Bassenge/ ndl. Bitsingen (B, Katalog). 3. Entlehnungspaar: SN auf -ingen. 4. Zum Vergleich siehe Bassenge/Bitsingen (B, Katalog). Battendorf siehe Corban Baumettes siehe Ferenbalm Nr. 13 Belfaux (dt. Gumschen118) (CH, Freiburg, Saane) Liegt in französischem Sprachgebiet 119 .
1. 2. Hälfte 12. Jh (Or, lat) presbyter de Bealfol (Schnürer 5l' 2 0 ), 1138 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Giroldus decanus de Belfo (Ld Altaeripae Nrn 19.24.31C.47), 1138 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Giroldo decano de Bello Fago (Ld Altaeripae N r 31B), 1138 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Giroldo decano de Belfo (Ld Altaeripae Nr 1), 1138 (Kop 1161-1172, lat) decano de Bello Fago (Ld Altaeripae Nr 1 Anmj), 1142 (Or, lat) Giroldo decano de Bellofago (Ld Altaeripae N r D 3 ) , 1147 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Giroldus mansionarius de Belfo (Ld Altaeripae N r 105), 1173-1178/1179 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Oto sacerdos de Belfo (Ld Altaeripae N r 54), 1228 (Or, lat) Belfo121 (Cart Lausanne Nr 15h 122 ) 123 , 1267 (Or, lat) Belfo (FRBII681), 1283124 (Or, lat) pro villa Gumeschon125 (FRB III 349), 1288 (Or?) Belfo (Gumy, R A H Nr 784 126 ), 1299 Bellfozen (Studer 62), 1301 (Or, lat) Ulricus de Befo ( R D I I 9 ) , 1331 (Or?) Belfoz (Gumy, R A H Nr 1126), 1394 Johannodus Chollet commorans apud Belfoz (P Apollinaire Dellion Diet II 95 - Zimmerli II 70), 1406 (Or, frz) tot Belfoz (RDVI93), 1416 Belfol (Jaccard 29), 1448 (Or?) Belfoz (Gumy, R A H Nr 2230), 1449 (Or, dt) Peiro 117
Vgl. Muret, ing 299. Vgl. Steiger 12: dt. Name in der Gegend noch allgemein gebräuchlich. Studer 62 nennt als deutsche Form Gunschen. Jaccard 29 verzeichnet nicht die deutschen Doppelformen. 119 Vgl. Steiger 12. 120 Vgl. Wollasch II 365. 121 Jaccard 29 liest Belfoz. 122 Gotischen, Beau Faoug = moderne Hinzufügung nach dem 13. Jh, vgl. Cart Lausanne Nr 15h A n m g . 123 Zimmerli II 70 verzeichnet dies als Erstbeleg. 124 Glatthard 195 führt dies als frühesten Beleg an. 125 Zimmerli II 70 liest Gumschon. 126 Bei Glatthard 195 verschrieben zu 748. Bei Nr. 748 handelt es sich um eine Urkunde aus dem Jahr 1282. 118
58
Tornw von Befow127 (AF V 426), 1453 (Or, lat) de Belfoz (AF I 272), 1471 Belfoz (MG XII60 - Jaccard 29), 1499 de Belfo (MF IV 376 - Slg Muret), 1555 Gumschenn (Stadelmann 366), 1578 Gumschen (Carte Techtermann - Stadelmann 366), 1755 Gumschen (Stadelmann 366); gehört 1282 (Vid 1302, lat) Actum aput Belfo (Kocher III 70,14) auch hierher? - dt. mda: gümsa (Glatthard 195) Patois: Bifü (Zimmerli II 69); Bifü (Haefelin 167); ä bifal (Slg Muret) 2. Deutsche Doppelform < lat.-rom. *compascua (s. FEW VII 704-706: pascuum «Weide»; GPSR 4,213: compäquerage, compasquerage = päturage ou droit de päturage) mit Akzentverschiebung: *compascua > *cömpasca > *cumpsca > gumsche, das -n in der heutigen Form ergab sich durch Analogie 128 ; frz. Doppelform < bellus fagus129 «schöne Buche» (s. FEW 3,371: fagus «Buche», fr. fou, frcomt. fo, foeu\ Burger, Publication 6). 3. Freies Ortsnamenpaar'30. 4. Vgl. Schoonderbeuken (B, Katalog); Beaufaux (B, Namur, Saint-Denis): 1210 (Or) nemus quod dicitur Biaufau (Gysseling 108)131. Nr. 14 Bellmund (frz. Belmont) (CH, Bern, Nidau) 1. 1107 (lat) apud Bellum-Montem (Dunod, Hist des Sequanois II 162 - Trouillat 1231), 1228 (Or, lat) Belmont (FRB II 89) 132 2. < rom. bellum monte(m) «schöner Berg». Der Name zeigt nicht die 2. Lautverschiebung von i 133 und wurde vermutlich nach der romanischen Entwicklung von -mont > -munt ins Deutsche entlehnt, vgl. Richter 55 §27B 1 3 4 und Jungandreas, Moselromanen §7: «lat. ö vor m/n + Verschlußlaut wird u.». Siehe z.B. Sommet (D, F L N in Klotten): 1051 Summunt < *summum montis «Bergspitze» 135 ; Godeupont (B, Brabant, Nivelles, Chastre-Villeroux-Blanmont): 1136 (Or) Gondulpunt < rom. *Gundiwulfopontem (s. Gysseling 410) u. a.
3. Entlehnungspaar: SN auf -mont. 4. Vgl. 1173 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Otto de Belmont = Belmont (CH, Waadt, Yverdon) oder Belmont (CH, Freiburg, Broye, Gde Chandon - Ld Altaeripae Nr 179 A n m 5 und Register); Belmont-sur-Lausanne (CH, Waadt, Lau127
Von Zimmerli II 70 verlesen zu Belfow. Vgl. Stadelmann 366. 129 Vgl. Glatthard 195f; Gatschet 282; Jaccard 29; Girardin 234. 130 Vgl. Bach II 514 § 713; Kranzmayer, in: Z O N F 10,143. 131 Dort als «rom. bella fagus gedeutet. 132 Siehe auch Kocher 1 194,23; dort keine Angabe zur Urkundenform, nur «Kartular von Lausanne, Stadtbibiliothek Bern, Cod. Β 219, fol. 3f.» Vgl. auch Cart Laus Nr 15c (im Dekanat Solothum). Bei dieser Kirchenliste handelt es sich vermutlich um ein Original. 133 Vgl. Bruckner, Ortsnamenkunde 28. 134 «Die Entwicklung ö > u ist stadtrömisch, die Erhaltung des ö ländlich. Diese Entwicklung findet vor lkons, n(m)kons statt: culpa, lumbus, unguis usw. [...] Wenn also ζ. B. muntanus CIL II 3876 belegt ist, so dürfen wir darin nicht , sondern alte Wortform sehen.» Herv. or. 135 Aus: Jungandreas, Moselromanen § 7 (dort weitere Beispiele). 128
59
sänne): 1214 Belmunt, 1257 Bellum montem (Jaccard 30), 1285 (Or, lat) de Belmont (FRB III 388); Bealmont (CH, nicht identifiziert?): 1238 (Or, lat) super ecclesiam de Crissie iuxta Bealmont (Cart Lausanne N r 905i); Belmont-sur-Yverdon (CH, Waadt, Yverdun): 1174 (Vid 1285, lat) Belmont (Montheron 24); Beaumont (Β, Hainaut, Thuin): 1049 Bellus-Mons (de Seyn 95), 1071 (Kop 13. Jh) Belmont, 1164 (Or) de Belmonte (s. Gysseling 109), 1257 (Or, frz) sires de Biaumont (Documents I Nr 48), mda. byaumont (Herbillon, Noms 16); Beaumont-en-Beine (F, Aisne, Laon): 1224 (Or) Bomont (Gysseling 109); Beaumont-le-Roger (F, Eure, Bernay): 1124 (Or) Belmunt (Gysseling 109) u. a. siehe Gysseling 109. Belmont siehe Bellmund Nr. 15 Bertigny (CH, Freiburg, Gruyere, Gde Pont-la-Ville) 1. 1160-1179 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Otto de Britiniaco (Ld Altaeripae Nr 109)136, um/vor 1162 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Borcardus de Bertinie (Ld Altaeripae Nr317) 1 3 7 , um/vor 1162 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Borcardus de Britinie (Ld Altaeripae Nr 10), um/vor 1162 (Kop 1162-1172, lat) Borcardus de Britiniaco (Ld Altaeripae Nr 10 Anm g), 1162 (Or, lat) Borcardus de Britiniaco (Ld Altaeripae Nr D8), 1173 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Ogeri de Britiniei?138 (Ld Altaeripae Nr 179), 1445 Britignye (Stadelmann 268), 1555 Brittenach (Stadelmann 268), 1668 Bertignie (Carte Von der Weid - Stadelmann 268) Identifizierungsprobleme: a) Die Belege für Bertigny (b. Freiburg, b. Pont-la-Ville) werden bei Stadelmann 267f z.T. nicht streng geschieden 139 . Glatthard versucht eine Trennung der Belege für Bertigny (b. Freiburg, b. Pont-la-Ville und b. Bözingen) herbeizuführen. Der Beleg 1162 Britiniaco aus dem Ld Altaeripae ist aber zu Bertigny (b. Pont-la-Ville) zu stellen und nicht zu Bertigny (b. Freiburg) (s. o.). b) Folgende Belege bedürfen noch der Klärung: 1373 Britignye (Archiv - Stadelmann 268), 1402 Britignie (Font Coli des Comptes I 35 - Stadelmann 268), 1431 britignye (Archiv - Stadelmann 268), 1638 Britenach (Carte Plepp - Stadelmann 268).
136
Zur Identifizierung s. Ld Altaeripae Nr 109 A n m l : «Bertigny, com. Pont-la-Ville, d. Gruyere, c. Fribourg, oil Ton voit encore les restes d'une demeure seigneuriale sur une colline arrondie et tres raide [...] (non pas Bertigny com. Villars-sur-Gläne, d. Sarine, c. Fribourg, ou Brüttelen, d. Cerlier/Erlach, c. Berne [...].» 137 Zur Identifizierung s. Ld Altaeripae Nr 109. 138 Vgl. Ld Altaeripae Nr 179 Anm 7: «Peut-etre Bertigny, com. Pont-la-Ville, d. Gruyere, c. Fribourg, cf. n° 109 η. 1». 139 Siehe auch Aebischers Kritik an Stadelmann (Aebischer, Fribourg 17): «Mais il eüt ete souhaitable qu'il ait distingue soigneusement les sept cas oü tel ou tel nom est porte par deux localites. [...] qu'il faut separer nettement, sauf quant ä leur etymologie, Bertigny quartier de Fribourg de Bertigny domaine situe sur le territoire de Pont-la-Ville [...].» Herv. or. Dieselbe Kritik ist auch bei Jaccard 53 anzubringen, der ebenfalls die Belege mehrerer verschiedener Orte nicht trennt: Bretigny (2x, District Echallens), Bertigny (3x, Kanton Freiburg).
60
2. < gallo-rom. *Brittiniacum zum PN *Brittinius140 (s. PN Britinius = Weiterbildung von Britius in Holder III 945; vgl. die PN Brittanus, Brettanus (s. Holder I 550; Kajanto 201; d'Arbois 201f), Britannus (s. Schulze 446). Der heutige romanische und der deutsche Name unterscheiden sich durch die Metathese des r 141 (vgl. Schwan § 168: ζ. B. brebiz < berbike; Rheinfelder §471: ζ. B. temperäre > altfrz. temprer > tremper). Die deutsche Doppelform zeigt keine t-Verschiebung im Personennamen 142 . 3. Entlehnungspaar: SN auf -(i)acum. Aufgrund der Siedlungsnamen Brittenach (b. Bözingen), Bertigny/Brittenach (b. Freiburg) und Bertigny (b. Pont-la-Ville) glaubt Glatthard 138 eine Nord-Süd-Staffelung ablesen zu können, die die Richtung der Alemannisierung angeben könne. Brittenach bei Biel, dessen rom. Form * Bertigny ausgestorben sei, sei früh von den Alemannen übernommen worden. Dagegen seien in Bertigny/Brittenach bei Freiburg auch noch heute beide Formen erhalten, während Bertigny bei Pont-la-Ville nur noch die romanische Form besäße. Hier zeige sich also eine «eindrückliche Belegkette zum Namenausgleich und seiner Wirksamkeit, indem sämtliche Stadien an einem Beleg [eher: Siedlungsnamentypus, Μ. B.] abgelesen werden können.» 143
4. Vgl. Bertigny (dt. Brittenach144) (CH, Freiburg, liegt in französischem Sprachgebiet 145 ): 1445 Britignie (Stadelmann 268), 1449 (Or 146 , dt) dz lehen ze Britinach (AF V417), 1578 Brittenach (Carte Techtermann - Stadelmann 268); Brittenach (CH, bei Bözingen): 1313 (Or, lat) Stephanus de Brittenacho (FRB IV 544 147 ), 1335 (Or, lat) in Brittennach (Trouillat III 764); 1001 (Kop um 1400, lat) in villa Britiniaca (oder Britimaca) (unsicher: vielleicht Bretigny-surMorrens oder Saint-Barthelemy-Bretigny, beide n. Lausanne in der Waadt, s. Schleifer 330,31 und 422); Au Bretigny (CH, FLN, Broye, in Montet), mda. ö bretegni (Aebischer, in: A F XLIII73); Bretigney (F); Bretigny (F) etc. s. Holder I 550. III 945.946.969f, s. auch Buchmüller-Pfaff Nr 132D. Nr. 16 Bettlach (CH, Solothura, Lebern) 1. 1180-1181 (Or, lat) in villa Betelacho (Kocher 1 120,18), 1182 (Kop Anfang 15. Jh eines Vidvon 1407, lat) aput Bethelaycal148 (Kocher I 124,3), um 1214 (Or, lat) Burcardus de Betelahe (Kocherl 167,25), 1243-1244 (Or, lat) luxta villam Bethlacho (Kocher 1246,17), 1243-1244 (Or, lat) in villa Bethlacho (Kocher 1247,15), 1245-1246 (Or, lat) iuxta villam Bethlacho (Kocher II 2,41), 1279 140 Ygj Aebischer, acum 11; Bruckner, Ortsnamenkunde 20: Brittaniacum; Stadelmann 268; Glatthard 137; Aebischer, in: A F XLIII, 1958,73 (gibt an, daß der PN nicht belegt ist; er findet sich nicht in Holder, Schulze, Kajanto, Morlet I-II). 141 Vgl. Glatthard 138. 142 Vgl. Glatthard 88. 143 Glatthard 138. 144 Vgl. Steiger 9: dt. Ν (Brittenach, auch Breitenach) nur noch selten gehört. 145 Vgl. Steiger 9. 146 Stadelmann 268 nennt nur eine Kopialform. 147 Identifizierung nach Glatthard 137. 148 Die Identifizierung ist unsicher. Von Kaspers, in: Z O N F 12,220 wird dieser Beleg auf Bettlach (F, HR, Pfirt) bezogen; er beruft sich hierbei auf das Reichsland, das aber auf
61
(Or, lat) decimam de Bettelago ... Vlricus de Bettelago (Kocher III 17,2,15), 1279 (Rückvermerk 15. Jh, lat) de decima in Betlach (Kocher III 16,21), 1281 (Or, lat) in Betelacho (Kocher III 60,27), 1285 Oltingen, Fislis et Betlach (Trouillatlll Gatschet 285) - mda: bqtxT (Keller, Mundart 444) 2. < gallo-rom. *Be(t)tulacum149 zum PN Bettulus, Betulo (s. Holder I 413, Schulze 23). Aebischer, acum 30 hält dagegen (mit Fragezeichen) den PN Paetilius (s. Schulze 205) für denkbar. Kaspers lehnt - wohl zu Recht - diese Deutung ab 150 . Der Beleg von 1279 zeigt romanische Sonorisierung von intervokalischem -k- > -g-. Der Name wurde relativ spät ins Deutsche übernommen, da die 2. Lautverschiebung (t)t> ζ nicht durchgeführt ist. An der k-Verschiebung hat der Name jedoch teilgenommen. Für die Annahme eines analogischen -acA-Suffixes liegt kein Grund vor. 3. Entlehnungspaar: SN a u f - ( i ) a c u m . 4. Vgl. Bettlach (F, HR, Altkirch, Ferrette): 1254 Bethlacha (Diet HautRhin 180), 1289 Betlachen (Lib vit S Ρ Β - Stoffel 42) 151 < gallo-rom. *Bettlacum, vgl. Diet Haut-Rhin 180. Biel siehe Bienne Nr. 17 Bienne/ dt. Biel 152 (CH, Bern, Biel) Liegt in deutschem Sprachgebiet und ist nach Steiger 20 zweisprachig.
1. 1141 (Kop 1414, lat) vineas apud Bielnam (Trouillat I 281), 1142 Belnam (Weigold 34), 1148 (Kop 1414, lat) vineas de Bielno (Trouillat 1311), 1160/ (1158) (Or, lat) Rodulfo de Belno (Kocher I 94,1), 1179 (Or, lat) de Bielno (Ko-
S. 86 diesen fraglichen Beleg hier nicht erwähnt; vermutlich benutzte Kaspers die erste Auflage von Stoffel als Quelle. In dieser ersten Auflage stellte Stoffel diesen Beleg ebenfalls zu Bettlach (HR, Pfirt), aber in der 2. Auflage bemerkt er: «die Citate Bethlaica, in der 1. Auflage, gehören nicht hierher; sie betreffen den Ort Bettlach, am linken Ufer der Aar, bei Solothum», Herv. or. Trouillat 1386 spricht sich ebenfalls für Bettlach (CH, Solothurn, Lebern) aus, wohl aufgrund der Tatsache, daß er das mitgenannte, vorangehende Bezingen falschlich als Bözingen identifiziert; es handelt sich aber dabei um eine Verlesung für Zezingen = Zässingen, das östlich von Altkirch liegt; für diese Identifizierung spräche auch, daß Bellelay ab dem 12. Jahrhundert im obern Lebernberg Güter besaß, vgl. Kocherl 124 N r 2 2 6 Anm 1. Doch nach Kocher wäre auch (oder vielleicht sogar eher) eine Identifizierung mit Bettlach im Oberelsaß möglich, zu den Gründen siehe Kocher I 124 Nr 226 Anm 1. Die gleichen Zweifel ergeben sich wohl auch für: 1225 (Kop 1414, lat) Apud Bethlaica (Trouillat 1500). 149
Vgl. auch Keller, Mundart 444: < *Betullakon in Anlehnung an J.U. Hubschmied, RCelt 50,255. 150 Vgl. Kaspers, in: Z O N F 12,220 im Zusammenhang mit Bettlach (Elsaß), das Risch, Beiträge 29 in Anlehnung an Aebischer so deutet. 151 Zu einem Originalbeleg aus dem Jahr 1290 siehe Basler U b II 396f Nr 710, vgl. Kocher III 181. 152 Die amtliche Form lautet Biel·, laut Steiger 20 wird die frz. Form zu Unrecht gebraucht.
62
eher 1114,23), um 1184 (Or, lat) de Bielne (Trouillat I 391), um 1214 (Or, lat) uxor Cononis de Bielne (Kocher 1 167,28), 1217-1218 (Or, lat) Siginandus de Biene (Kocher 1169,6), 1217-1218 (Vid 1344, dt) Bielle (Kocher 1 169,32), 1225 (Kop 1414, lat) domum de Bilne (Trouillat 1499), 1228 (Or, lat) Beezna (Cart Lausanne Nr 15c)153, 123 3 (lat) in urbe mea Beenna (Soloth Wochenbl 1828,325), 1234 (Kop 1441, lat) in burgo de Biello (Trouillat I 541), 1235 (Or, lat) ad mensuram de Bielne (Trouillat I 542), um 1238 (?) (Or, lat) vicarius de Biello (Kocher I 222,8), 1243 (Or, lat) Berchftoldus] de Belle (Kocher 1243,28), urn 1250 (Or, lat) Ludwicus de Bielno (Trouillat I 587), 1254 (Or, lat) prope Bielle (Trouillat 1600), 1257 (Or, lat) Jacobus de Bena (Trouillat I 646), 1258 (Or, lat) villicus in Biena (Trouillat 1650), 1260 (Siegel, lat) BELN (Kocher II 104,15), 1260 (Or, lat) Iacobus de Bil (Kocher II 104,33), 1273 (Or, lat) Datum apud Biello (Kocher 11 197,8), 1274 (Or vermißt, Kop 15. Jh, lat) item Biellam (Kocher II 204,7), 1284 (Or, lat) Eberhardus de Biello (Kocher III 90,30), 1285 (Or, lat) Curatus de Bena (Kocher III 103,13), 1285 (Or, lat) Dat. Biellon (Kocher III 97,30), 1288 (Rückvermerk 14. Jh, dt) ze Biell (Kocher III 133,35), 1289 (Or, lat) de Bile154 (Kocher III 166,34), 1295 (Or, lat) in villa de Bielle (Kocher III 245,20), 1295 (Or, lat) in Biele (Kocher III 234,38), 1295 (Originalvid, 1373, frz) messire Uolry de Biesne (FRB III 630), 1298 (Or, lat) de Bienna (Trouillat II 673), 1311 (Or, lat) in oppido de Byello (FRB IV 472; Trouillat III 174), 1387 (Or, dt) Biel... Biele (RUB II Nr 288), 1400 (Or, lat) Biell (Trouillat IV 633), 1448 (Originalvid, lat) in oppido Biellensi (Trouillat II 27 Anm 2), 1486 (Or, dt) von Biel (Trouillat V 615), 1504 (dt) Witenbach von Biel (Stumpf I 56,35) - Patois: Bim in Preles (Slg Muret; Keller, Mundart 445: byen) 2. < kelt. GWN *Belena «die Weiße, die Glänzende», keltische Göttin 155 oder auch davon abgeleiteter PN 1 5 6 (vgl. FEW 1317: Belinus = gallische Gottheit; d'Arbois 179ff; Holder I 370ff.III 826: *Belena, Femininum von Beierns). Die vermutlich namengebende Quelle, von den Einwohnern «source romaine» 157 genannt, ist noch zu sehen, s. Abb. 5. Nach Weigold 34 trifft diese Etymologie zu, da die ältesten urkundlichen Belege des ON sowohl -/- als auch -n- enthalten (im Gegensatz zum heutigen frz. und dt. N). Auch die detaillierten Untersuchungen von Stadelmann, Biel 250-256 (mit Trennung von romanischen und deutschen Formen) bestätigen obigen Ansatz. Die lautgerechte Entwicklung des Namens im Romanischen bzw. Alemannischen skizziert Stadelmann, Biel 254f folgendermaßen: 153
Identifizierung mit Fragezeichen, siehe Kocher I 194,36; dagegen ohne Fragezeichen bei Stadelmann, Biel 251. Das ζ in Beezna ist «über der Zeile nachgetragen; daneben von Hand des 17. Jahrh. Biel», vgl. Kocherl 194,30. Stadelmann, Biel 251 hält diese Form für eine «Schriftform ohne Bedeutung, nach mesme und derartigen Wörtern gebildet.» Herv. or. 154 Byele in Kopie von 1414 (Kocher III 166,39). 155 Vgl. Weigold 34; Stadelmann, Biel 252f; Müller, in: LRLV,1, 565: *Belena «la brillante», probablement nom de source; Boesch, Ortsnamenbild 166; Keller, Mundart 445. 156 Vgl. Stadelmann, Biel 252. 157 Eigene Nachforschung im Februar 1992.
63
Abb. 5: «Source romaine» von Biel (Foto: Th. Besse)
a) Im Romanischen: kelt. Belena > vlat. Belena > vlat.-rom. Beelena (Abschwächung des unbetonten Nachtonvokals) > rom. Beelna (Ausfall des unbetonten e) > rom. Biena (ιel, eel > ie, patois i im Jurassischen) > jurass. Patois BTm' > Schriftform Bienne (finales -a > -e); b) im Alemannischen: vlat.-rom. Beelena > Belna > Bealna, Bialna (Diphthongierung lat. e> ea, ia, i'e158) > Bieln(a) (Wegfall des finalen -ä) > Biel (Assimilation von In > /). Stadelmann, Biel 251 erwähnt auch eine Form mit vokalisiertem l, die aber mangels Quellenangabe nicht überprüft werden konnte: 1230 Beuna. M a n kann daraus schließen, daß der N a m e vor der romanischen /-Vokalisierung bzw. vor der mundartlichen Entwicklung von el > ie und vor der ahd. Diphthongierung von e > ea, ia, ie (vgl. lat. tegula > ahd. zeagal, ziagal, ziegel), die etwa ab dem 8. Jh. beginnt 1 5 9 , ins Alemannische entlehnt wurde. Zimmerli hält dagegen eine Herleitung von deutsch Bühl «Hügel» (ahd. buhil, mhd. bühel «Hügel, Erhebung», vgl. Kluge 109) für wahrscheinlich, da in einer Urkunde von 1405 die Tuftbank, auf der das Castrum de Biello gestanden habe, als «der Büehl» bezeichnet worden sei160. Studer 66 und Jaccard 36 ziehen ebenfalls diese Etymologie in Erwägung. Nach Stadelmann ist diese Deutung unhaltbar, ebenso wie die Ansätze bipennis «Doppelaxt», gall, buvial «Beil» und balneum, balnea, balneae «Bad» 161 .
158
Vgl. Franz, Elemente 38 (Angabe nach Stadelmann, Biel 255); Braune/Eggers § 35f (mit weiterführender Literatur). 159 Vgl. Braune/Eggers § 35f. 160 Vgl. Zimmerli 141. 161 Vgl. Stadelmann, Biel 250.
64
3. Entlehnungspaar. 4. Vgl. die verschiedenen Ortsnamen Beaune in Frankreich, z. B. Beaune (F, Cöte-d'Or): 861 Belna (s. Holder III 8260, s. auch Dauzat/Rostaing 59 (unter Baulne) und Keller, Mundart 445 (mit Literaturhinweisen); Böllenbach (CH, Zufluß zur Wiese) < *Belena (Boesch, Ortsnamenbild 166). Biestingen siehe Boecourt Blitzhausen siehe Pleujouse Nr. 18 Boecourt (dt. Biestingen 162 , Büstingen 163 ) (CH, Jura, Delemont) Liegt in französischem Sprachgebiet164. 1. 1141 (Kop 1414, lat) curiam de Boescort (Trouillat I 281), um 1146 165 (Kop 1414, lat) ecclesiam de Boescorth (Trouillat I 300), 1148 (Kop 1414, lat) ecclesiam de Boescorth (Trouillat 1311) 166 , 1161 (Or, lat) Lambertus de Boescurt167 (Kocher 195,11), 1175 (Kop 1414, lat) ecclesia de Boeschort (Trouillat I 356 = Kocher 1109,5), 1181 168 (Kop 1414, lat) Ecclesiam in Bueschort (Trouillat I 385), um 1181 (Or, lat) Berngerus de Boescort (Trouillat II 23), 1225 (Kop 1414, lat) ecclesiam de Boeschort (Trouillat I 499), 1255 (Or, lat) in parrochia de Boiascorth (Trouillat I 625), 1257 (Or, lat) in parrochia de Boicort (Trouillat I 648), 1258 (Kop 1414, lat) Rodulfus de Boicor ... ecclesiam de Boicort (Trouillat 1656), 1261 (Kop 1414, lat) ecclesie de Boescort (Trouillat II 112), 1261 (Kop 1414, lat) in villa, que dicitur Boescor, in Saligaudia (Trouillat III 6), 1289 (Or, lat) de parrochia de Boecort (Trouillat II 476), 1296 (Kop 1414, lat) in Buescort (Trouillat II 607), 1302 (Or, lat) apud Buescort (Trouillat III 25), 1306 (Kop 1441, dt) ze Büstingen (Trouillat III 104), 1317 (Kop 1324, frz) Girars de Bouecort (Trouillat III 256), 1321 (Or, lat) in ecclesia de BSstingen (Trouillat III 293), 1322 (Or, lat) ecclesie de Boecorth (Trouillat III 296), 1323 (Or, lat) Gerhardt de Boescort (Trouillat III 322), 1331 (Vid 1331, frz) Gerars de Bouescor (Trouillat III 417), 1389 (Or, dt) des Dorffes ze Buestingen (Trouillat IV 524), 1400 (Kop 1414, lat) in Büstingen ...de Buestingen (Trouillat IV 635f), um 1400 (15. Jh, dt) Buestingen (Trouillat V 166), 1404 (lat) in Buestingen (Annales Ord Praem I p. CCXXIX Trouillat V 192), 1441 (Kop 1444, lat) Rector in Bustingen (Trouillat V 43) - Patois: bwekcö, bweko (Slg Muret)
162
Vgl. Steiger 9: der dt. Name Biestingen wird in der Gegend nur noch selten gehört. Die Slg Muret gibt ebenfalls Biestingen als deutsche Form an; Zimmerli III 108 dagegen Biestlingen. 163 Vgl. Jaccard 39 und Langenbeck, Fragen 384. 164 Vgl. Steiger 9. 165 Siehe Kocher I 52; Trouillat gibt um 1147 an. 166 Vgl. Kocher 159 Nr 94. 167 Trouillat I 341 hat Boescourt. 168 Jaccard 39 nennt als Jahreszahl 1180. 65
2.
< germ. *Böstingos bzw. rom. *Böstocurte zum PN *Bösto, *Bösti(l) Der Name ist schwierig zu deuten 169 . Für die deutsche Doppelform ist der Ansatz germ. *Bustingum zum PN *Busto (s. FöPN 352; KaErg 76) abzulehnen, da er zwar die Form Büstingen (mit Sekundärumlaut), aber nicht BSstingen erklären kann. Es ist vielmehr *Böstingas anzusetzen mit Diphthongierung von ö> oa (8. Jh) > ua (Ende 8. Jh) > uo im Alemannischen 170 und Durchführung des Sekundärumlautes: *Böstingas> *Buostingen > *Büstingen111. Die Form Biestingen zeigt Entrundung von « > / . Vielleicht kann die romanische Doppelform 1331 (Vid 1331) Bouescor auf *Böstocurte zurückgeführt werden, doch die Erklärung der verschiedenen urkundlichen Graphien für das erste Element bleibt schwierig: *Böstocurte> *Boustecurte (Diphthongierung ö[ > ou12) > *Boustcurte, *Beustcurte > *Beuscurte (Verstummen des zwischenkonsonantischen t m ) > *Boucurt, *Beucourt (Schwund des vorkonsonantischen s). Im Romanischen schwindet ,vKons vor stimmhaften Konsonanten um die Mitte des 11. Jahrhunderts und vor stimmlosen Konsonanten im 13. Jahrhundert, vgl. Rheinfelder § 557. Die frühen Belege zeigen durchweg s. Für die romanische Doppelform wäre vielleicht auch rom. *Boiuscurtis zum PN Boius174 (s. Holder 1472.473; Schulze 30.33) möglich. 3.
Übersetzungspaar, falls obiger Ansatz zutreffend ist. Petri stellt den Namen - ohne nähere Erläuterung - zu den
-courlZ-i/igen-Übersctzun-
Nr. 19 Bözingen176 (frz. Boujean) (CH, Bern, Biel) Liegt in romanischem Sprachgebiet.
1. 1254 (Or, lat) Jacobus de Boujans177 (FRB II 379), 1280 Bogsingen (Jaccard 47), 1281 (Or, lat) in medio villarum Bochesingen178 (Trouillat II 340), 1295 (Or, lat) in villa BSgsingen (Trouillat II 588), 1300 (Rückvermerk 179 , dt) engegen Boexingen (FRB IV 33), um 1326 (Kop 1441, lat) apud KSsingenl (vermutlich für Bözingen - Trouillat III 355), um 1348 (Kop 1441, lat 180 ) vff velde von Boxingen (Trouillat III 611), 1358 (Kop 15. Jh, dt) vff vnserm hof ze BSxingen (Trouillat 169
Vgl. Chessex, Origine 51: «le domaine de?»; Müller, in: LRLV,1, 568. Zur Diphthongierung von ö im Alemannischen s. Braune/Eggers § 39. 171 Freundliche Mitteilung von W. Haubrichs (Saarbrücken). 172 Vgl. Rheinfelder §53: «Der Diphthong ou ist im Afrz. verhältnismäßig kurze Zeit vorhanden; denn das eu findet sich erstmals schon in der zweiten Hälfte des 11. Jh. [...].» Herv. or. 173 Siehe dazu Rheinfelder § 638, ζ. B. mästwäre «kauen» > altfrz. mastfier (maschier) > mafer (macher)\ neufrz. mächer. 174 Vgl. Jaccard 39. 175 Vgl. Petri, Volkserbe 729 Anm 3. 176 Nicht bei Steiger aufgeführt. 177 Trouillat I 600 liest Bouians. 178 Jaccard 47 erwähnt die Form Bochesingen mit der Jahreszahl 1280, ebenso Keller, Mundart 444. 179 Vgl. SlgMuret. 180 Die Urkunde steht in Latein, nur diese Stelle ist auf Deutsch. 170
66
I V 119), 1534 Böxingen
( S l g M u r e t ) , 1486 (dt) die Bannwart
( T r o u i l l a t V 6 0 4 ) - dt. mda: Beedsingen
( W y s s 117); bötsirjs
von
Boenzingen1*'
(SlgMuret);
δείΐηβ
m i t A k z e n t a u f d e r 1. Silbe ( H e n z e n 34) - Patois: a bogo in V a u f f e l i n , bodji P r e l e s (Slg M u r e t ) ; budzo
in
(Keller, M u n d a r t 4 4 4 )
Wyss 117 nennt weiterhin ohne detaillierte Quellenangaben: 1365 Bözingen, 1440 Bogens, 1535 Bouxingen, 1583 Betzingen, 1585 Bözingen, 1652 Börzingen, 1779 Bojean. Identifizierungsprobleme: a) Der Beleg 1008 (Kop 1. Hälfte 14. Jh, lat) ad Bezscingen182 (Trouillat I 150) gehört vermutlich nicht hierher. Er bezieht sich nach Wyss auf einen Ort im Breisgau 183 . b) Der Beleg 1148 ecclesia in Bassiniaco (Solothurn Wochenbl 1829,618), der von Zimmerli I 39 ebenfalls zu Boujean gestellt wird, scheint m.E. nicht hierher gehörig 1 8 4 . In F R B wird diese Belegstelle (aus einer Kopie eines Vidimus) mit Fragezeichen zu Basens/Bösingen gestellt 185 . Aber Aebischer bezweifelt aufgrund der mitgenannten Orte diese Identifizierung 186 . c) Die Form Bezingen zum Jahr 1181 aus dem Kartular von Bellelay (Kop 15. Jh) wurde von Trouillat 1386 falsch gelesen; sie ist als Zezingen zu lesen und bezieht sich auf Zässingen (östlich von Altkirch), vgl. Kocher 1124,31. Diese falsche Lesung wird von Jaccard 47 (und auch von Keller, Mundart 444) aufgegriffen, der F R B II als Quelle angibt. Diese Quellenangabe ist aber unzutreffend, da F R B II erst mit dem Jahr 1218 beginnt. Vermutlich ebenso zu werten ist der von Wyss 117 ohne detaillierte Quellenangabe genannte Beleg 1144 Bezingen. d) Problematisch hinsichtlich der Zuordnung zu Bözingen/Boujean scheint auch 1234 (Kop 1441, lat) usque Busingen (Trouillat I 541 187 ). 2.
z u m P N Bödfo)gisim
< germ. *Böd(o)gisingas
E r g 65f z u m P N - S t a m m
(s. F Ö P N 3 2 3 : Boggis;
Ka-
Bö-).
Jaccards Ansatz zum P N Bezoli9 (s. FÖPN253; KaErg56ff: verschiedene Entstehungsmöglichkeiten: zum P N Baz-, Bern- oder Ber(h)t-) erklärt nicht die Belege 1281 Bochesingen, 1294 BSsingen usw. D i e E n t w i c k l u n g d e r d e u t s c h e n D o p p e l f o r m k ö n n t e f o l g e n d e r m a ß e n skizziert w e r d e n : *Böd(o)gisingas
> *Bödgesingen
s i m i l a t i o n , vgl. 1281 Bochesingen) singen,
1300 Boexingen)
> Betzingen
( m i t U m l a u t ) > *Bökesingen
> *Böksingen
(durch As-
( d u r c h S y n k o p e , vgl. 1295
BSg-
( m i t A s s i m i l a t i o n v o n [ks] > d e n t a l e m [?,$]).
181
Identifizierung nach Slg Muret. Von Jaccard 47 verlesen zu Bezsingen, ebenso von Zimmerli I 38 und mit Boujean!Bözingen identifiziert. Ebenfalls von Keller, Mundart 444 mit Boujean identifiziert. 183 Vgl. Wyss 117: «Ein im Breisgau liegendes Bezscingen wird 1008 in einer Urkunde der fürstbischöflichen Kanzlei in Basel erwähnt. D a sc als ζ zu lesen ist, könnte ebensogut Bezzingen stehen, was wir heute Betzingen schreiben würden.» 184 Wyss 117 führt ζ. B. diesen Beleg hier nicht an. 185 Vgl. F R B 1531.424 A n m l . 186 Yg] Aebischer, in: A F XLIII 76: «mais je crains que l'identification de notre Bassiniaco avec Bösingen [Basens/Bösingen, M.B.], due au premier editeur du texte de 11487 , ne soit erronee, tous les noms de lieux qui l'entourent se trouvant fort loin de chez nous, en particulier dans le Pays de Gex et le pied du Jura: Muret, sur la foi de Jaccard, en fait en tout cas une Variante du nom de Bassins (Waadt) 8 .» Herv. or. 187 Vgl. F R B II 144. Von Keller, Mundart 444 hierher gestellt. 188 Freundlicher Hinweis von W. Haubrichs (Saarbrücken). 189 Vgl. Jaccard 47. 182
67
Dagegen interpretiert Wyss e und u in Boegsingen und Bouxingen als «Zeichen für einen vokalischen Nachschlag ganz unbestimmten Charakters.» 190 Zum Lautwert der Graphien ζ und χ in Bölingen, Böxingen etc. siehe Wyss, der sie als Eigenheiten der Mundart deutet 191 . Das r in Börzingen entstand ebenfalls durch dialektalen Einfluß, vgl. 1598 Marcklingen (= Macolin/Magglingen, CH, Katalog) und kartholisch für katholisch in der Mundart dieser Gegend 192 . Für die Entwicklung der romanischen Doppelform ist Diphthongierung von o[ zu Qu193, Synkope, Assimilation des Dentals an g194 und Entwicklung des nachkonsonantischen Palatalkonsonanten g vor i > dj'95 anzunehmen. Wyss faßt dagegen Boujean als romanisiertes Bözingen auf (nachdem e > u, ο geworden sei, aber ζ noch nicht zu x), indem die Affrikata ζ durch i, j oder g wiedergegeben worden sei (im Volksmund Bou(dsch)ans oder Bou(ds)ans)196. 3. Entlehnungspaar: SN auf -ingen. Nr. 20 Bofflens (CH, Waadt, d'Orbe) 1. [1007]? (Or?, lat) in pago Vualdense et in curte Bofflennisf97 (Hidber, Diplomata Nr 22), 1011 (Kop 12. Jh, lat) in villa Boflingesm (SchiefTer 258,13), 10871105 Bofflens (MDR 1,1,158 - DHV I 245) - Patois: a boXye (Slg Muret) 2. < *Boffilingds zum PN *Boffilo199 (mit hypokoristischem Suffix -ilo zum PN Boffo s. FöPN 324; KaErg 66; Kaufmann, Rufnamen 133: aus Böd(e)-frid, Büd(e)-frid entstandene zweistämmige Kürzung Boffo, Buffo). Für die romanische Entwicklung würde auch die Deutung als elliptischer Siedlungsname *(curte) Bofflenis ausreichen, doch der Erstbeleg scheint nicht ganz gesichert. Gamillscheg, Romania Germanica I 363 leitet dagegen den Namen vom PN Bövila (s. FöPN 318; KaErg 64f) her.
3.
Entlehnungspaar.
Boll siehe Bulle Nr. 21 Boncourt (dt. Bubendorf200) (CH, Jura, Porrentruy) Liegt in französischem Sprachgebiet 201 . 190
Wyss 118. Vgl. Wyss 117. 192 Vgl. Wyss 102. 193 Vgl. Rheinfelder § 53. 194 Vgl. Rheinfelder § 554. 195 Vgl. Rheinfelder § 475: ζ. B. ärgentu «Silber» > altfrz. argent, neufrz. argent. 196 Vgl. Wyss 117. 197 Identifizierung nach Hidber, Diplomata Nr 22 Anm 2 und nach Slg Muret. Von D H V I 245 wird dieser Beleg nicht hierher gestellt. 198 «s über der Zeile am Zeilenende», siehe SchiefTer 258 Nr 101 Anm f. Von Jaccard 40 verlesen zu Bofßinges·, richtig dagegen bei Stadelmann 344, der bemerkt, daß in M D R III fälschlich boslinges steht. 199 Vgl. Müller, in: LRLV.l, 567; DHV I 245: Diminutiv von Boffo. 200 Vgl. Steiger 10: dt. Name in der Gegend noch allgemein gebräuchlich. 201 Vgl. Steiger 10. 191
68
1. 1140 (Kop, lat) Bovonis curia202 (Trouillat I 279 Anm 9), 1147 (lat) terram de Boouncor2m (Trouillat I 302), 1173 (Or, lat) Valnerus miles de Boncurt (Trouillat 1 353), 1175 (Kop 1414, lat) Bergherus de Bunchort (Trouillat I 357), um 1180 (Or, lat) Borcardus de Buncort (Trouillat III 2), 1188204 (vid Kop eines Vidvon 1448, lat) Reingerus de Bungort (Trouillat II28), 1229 Boncort (Diet hist Suisse II232), 1233 (Kop 1414, lat) Petrus de Buoncurt (Trouillat I 529), 1282 (Kop 1414, frz) Ambert de Boncurt (Trouillat II 354), 1290 (Or, lat) in villa seu banno de Boncor (Trouillat II487), 1291 (Or, lat) in confinio de Buncort (Trouillat II492), 1293 (vid Kop 1373 einer lat. Übers von 1325, lat) Hugonis Johannis de Bonacuria ... Hugo Johannes de Bona curia (Trouillat II 530.541), 1303 (Or, lat) Hugonis militis de Bacort ... Huguenins de Boncort (Trouillat III 41.42), 1303 (Or, dt) ze Bvobendorf (Trouillat III 62), 1305 (Kop 1441, lat) in Bubendorff (Trouillat III 87), 1310 (Or, frz) a Boncourt (Trouillat III 165), 1313 (Kop 1414, lat) Hugo de Bacort ... Hugo de Bonkort (TrouillatIII 187), um 1331 (Note 14. Jh, lat) in Boncourt (Trouillat III 411), urn 1360 (15. Jh, frz) de Boncourt (Trouillat IV 143), 1361 (Kop 1441, dt) ze Bubendorff (Trouillat IV 171), 1384 (Kop 1441, lat) Johanni de Boncort (Trouillat IV 453), 1386 (Kop 15. Jh, lat) Bencourt205 (Trouillat IV 468), 1400 (Or, frz) Jehan de Boncourt (Trouillat IV 627), 1400 (Or, lat) Johannem dictum dEssuel de Bona curia (Trouillat IV 630), 1400 (koll Kop 16. Jh, lat) Johannis de Boncourt (Trouillat IV 631), 1406 (Or, frz) Jehan de Boncourt (Trouillat V 204), 1412 (Or, lat) Johanne de Bonacuria (Trouillat V 232), 1416 (vid Kop 1502, frz) Regnauld de Boncourt (Trouillat V 246), 1421 (koll Kop 1421, frz) Jehans de Boncourt (Trouillat V 257), 1423 und 1594 (Kop 18. Jh, frz) Boncourt (Trouillat V 264), 1424 (vid Kop 1602, frz) Henry de Boncourt (Trouillat V 285), 1426 (Or, frz) Henri de Boncourt (Trouillat V 268), 1451 (Or, frz) Huguenin bastard de Boncourt (Trouillat V 396), 1456 (Or, frz) Renaud de Boncourt (Trouillat V 413), 1459 (Kop 16. Jh, frz) Henry de Boncourt (Trouillat V 424), 1481 (Or, frz) seignoiries de Boncourt (Trouillat V 549), 1492 (vid Kop, frz) Renaud de Boncourt (Trouillat V 646), 1606 ecclesiam Sancti Petri apostoli de Boncourt (Vis 1606,215 - Slg Muret) 2. < rom. *Böbonecurtis bzw. ahd. Buobendorf zum PN Böbo, Bübo, Bovo206 (s. FöPN 317; KaErg 64.74 zum PN-Stamm Bob-). Zur Bildungsweise der -curtis-Namen s. Kapitel 7. Zur Entwicklung von germ. ö> uo> ü im Althochdeutschen vgl. Braune/Eggers §§ 38-40.
In der frz. Form ist intervokalisches -b- zu -v- geworden und schließlich geschwunden (falls nicht von einer Grundform *Bovonecurtis auszugehen ist), so
202
Der Text in Trouillat 1280 hat Bononis curia, laut Jaccard 41 ist dies eine Verlesung für M=V; s. Ζ. B. auch Chessex, Origine 51. 203 Jaccard 41 schreibt Boouncort; Langenbeck, Weiterleben I 174 gibt Bovuncort an. 204 Korrektur durch Trouillat II 28 Anm 1: statt 1187. 205 In derselben Urkunde auch Benfoul = Bonfol (CH, Katalog). 206 vgl. Chessex, Origine 51: «le domaine de Bovo»; Müller, in: LRL V, 1, 568: zum PN Bobo; Jaccard 41: PN Bovo.
69
daß die heutige Form stark verkürzt erscheint, vgl. Rheinfelder § 703: b > b (v) > 0 (vor u, o). 3. Übersetzungspaar: -court/-dorf. 4. Vgl. Bubendorf (CH, Baselland, südl. von Liestal): 1239 (Or, lat) usufructum terre Bübendorf (Kocher 1225,30), 1246 (Or, lat) Hugo miles de Bübindorf (Kocher II 6,28); Boncourt (F, Meuse, Commercy): 763 Bonone curtis, lies Bovone curtis, 1213 Buincort, 1229 Boncort (s. Morlet III 265a); Bouvancourt (F, Marne, Fismes): um 948 Bovonis curtis, 1220 Bovencourt, 1303-1312 Bouvencourt, Bouvencurtis (s. Morlet III 265a); Bouvaincourt (F, Somme, Gamaches): 1109 Bovencurt, 1301 Bouvaincourt (s. Morlet III 265a); Bouvincourt (F, Somme, Peronne): 1248 Bouvaincort (Morlet III 265a). Nr. 22 Bonfol (dt. Pumpfel207) (CH, Jura, Porrentruy) 1. 1136 (Or, lat) Wernerius de Bunfol (Trouillat I 264), um 1146208 (Kop 1414, lat) ecclesie de Bonfo (Trouillat I 300), 1152 (vid Kop, lat) Wernerius de Bunfol (Trouillat I 321), 1161 (Or, lat) Garnerius de Bonfou (Kocher I 95,10), um 1188 (Or, lat) terram meam, que Munfol [wohl Bonfol, vgl. Trouillat 1412 Anm 1] dicitur (Trouillat 1412), 1189 (Or?, lat) Wernerus de Bimfol (Hidber, Diplomata Nr 76), um 1221 (Or, lat) Wezchelo de Bounfol (Trouillat 1484), 1225 (Kop, lat) Gerardo de Bonfol (Trouillat I 505), 1230 (Or, lat) Wezelonem de Bunfol (Trouillat 1516), 1291 (Or, lat) Johannes de Bvnfol (Trouillat II 504), 1291 (Or, lat) in banno ville superioris Bonfo (Trouillat II 503), 1291 209 (Or, lat) in villa seu banno superioris ville Bonfo (Trouillat II 507), 1291 (Or, lat) in villa seu banno superioris ville Bvnfo (Trouillat II 512), 1296 (Or, lat) in territorio siue flnagio de Bunfol (Trouillat II 605), 1320 (Or, lat) in banno ville de Bunfol (Trouillat III 281), 1321 (Or, frz) de Bonfoul (Trouillat III 291), um 1350 (Or, frz) finaige de Bonfol (Trouillat III 633), 1386 (Kop 15. Jh, lat) Benfoul210 (Trouillat IV 468), 1386 (Or, frz) α Bonfol (Trouillat IV 482), 1387 (koll Kop 1400, frz) α Bonfol (Trouillat IV 495), 1424 (vid Kop 1602, frz) le dixme de Bonfol (Trouillat V 285), 1451 (Or, frz) de Bonfol (Trouillat V 396), 1456 (Or, frz) le dieme de Bonfol (Trouillat V 413), 1606 Ecclesia Sancti Laurentii de Bonfolz (Vis 1606,211 - Slg Muret) - Patois: büfö (Slg Muret) 2. < rom. bonum fagumi211 (s. FEW 3,371: fagus «Buche», frz./ow, abourg. fou, foul, afrb./oz 2 1 2 ). Der Name scheint spät ins Alemannische entlehnt worden zu sein, nachdem die romanische Entwicklung V o k a l f c > u > 0 213 abgeschlossen war. Im Dialekt des Berner Jura wandelt sich vortoniges o> ou (manchmal u geschrieben), vgl. 207
Vgl. Steiger 15: der dt. Name ist in der Gegend noch ziemlich gebräuchlich. Vgl. Kocher 152 Nr 82. 209 Jaccard 41 nennt dies als frühesten Beleg. 210 In derselben Urkunde steht auch Bencourt = Boncourt (CH, Katalog). 211 Vgl. Jaccard 41. 212 Siehe auch Durheim 33: Fohi, Fohira, Fait, Fou. 213 Vgl. Rheinfelder §714. 208
70
ζ. Β. curtils < cohortile im Dialekt des Berner Jura 214 . Die romanische und auch die deutsche Doppelform zeigen ein unorganisches -/ 2 ' 5 . Für das Oberdeutsche sind die häufigen ρ < germ, b charakteristisch: im Alemannischen erscheint ρ im Anlaut im 8. Jahrhundert häufig, nimmt seit dem 9. Jahrhundert langsam ab, ist aber auch noch mhd. zu belegen, vgl. Braune/Eggers § 136. 3. Entlehnungspaar. Nr. 23 Bonnefontaine (dt. MufTethan216) (CH, Freiburg, Saane) Liegt in französischem Sprachgebiet 217 .
1. 1149 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Maria de Bono Fonte (Ld Altaeripae Nr 112), 1179 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Uldrici de Bona Fontana (Ld Altaeripae N r 191), 1237 (lat) in villis Planfaion et Bonnefontaine (FRB II 170), 1270 Bunfontana (Font Coll dipl II 93 - Stadelmann 368), 1323 Bonnafontena (ZimmerliII 121), 1348 territorium de bonno fonte (Zimmerli II 121), 1356 villa de bono fonte (Zimmerli II 121), 1433 decima de Bono fonte alias Bonna fontanna (Zimmerli II 122), 1445 Monfetan (Stadelmann 368), 1449 (Or, dt) von Münfotan (AF V 430), 1476 (Or, dt) Jacki Sprengo von Moutfetan < * Montfetan21* (AF V 292), 1490 Boffetan (Zimmerli II 122), 1533 Montfetan (Zimmerli II 122), 1555 Montfetan (Stadelmann 368), 1644 Muffetan (Zimmerli II 122), 1666 Muffetan (Zimmerli II 122), 1668 Muffetan (Carte Von der Weid - Stadelmann 368) 1361 (Or, lat) Amya de Bono fonte (Trouillat IV 178) = identisch? - dt. mda: mufatän (Glatthard 154); Muffetan (Stadelmann 368); mufstän in St. Sylvestre (Slg Muret) - Patois: Bunafätäna (Bruckner, Ortsnamenkunde 72; Zimmerli II 119; Stadelmann 368), abunafötäna (Slg Muret) < lat.-rom. *bona fontana219 (s. FEW 3,696ff: fontana «Quelle, Brunnen»), Zum romanischen Wandel von δ vor m/n + Verschlußlaut, vgl. Belmont/Bellmund (CH, Katalog). Stadelmann 369 versucht die Übernahme des Namens ins Deutsche durch Dissimilation zu erklären: *Bonafontana > Bunfontan > *Bnunfotan > Munfotan (Reduktion des Nexus bn> m)> Muffetän. In der deutschen Freiburger Mundart des Sensebezirkes erscheint die Lautverbindung bn i.d.R. als pn, neben güpmer «gib mir» findet sich jedoch auch gümer, s. Henzen § 125. Diese These überzeugt Glatthard nicht, der mit Bruckner 220 die Veränderung des ersten Gliedes Bun- zu Mun- durch Ablenkung der umliegenden Munt-Namen für wahrscheinlicher hält 221 . Zu erwägen ist jedoch auch die Entstehung aus agglutinierter Form: *in Bunfentan > *i Munfentan (durch Assimilation) > 2.
214
Vgl. Vgl. 216 Vgl. 217 Vgl. 218 Vgl. 219 Vgl. 215
220 221
Hallauer § 32b. für die romanische Form Hallauer § 45. Steiger 14: der dt. Name ist in der Gegend noch ziemlich gebräuchlich. Steiger 14. Jaccard 42. Chessex, Origine 18: «du nom populaire d'une nymphe des eaux»; Glatthard 154.
Bruckner, Ortsnamenkunde 72: MuMf-Namen: Monteau, Montevraz, Montemblon. Vgl. Glatthard 155.
71
Munfetan > Muffetan (Assimilation von nf > ff)222. Bei der Übernahme ins Alemannische wurde der Name entnasaliert. An Sonderegger 223 kritisiert Glatthard, daß dieser alle Ortsnamen, die romanische Endbetonung aufweisen, allgemein als späte Übernahmen ansieht, während nach Glatthard nachweislich auch spät übernommene Namen noch Erstbetonung aufweisen können 224 .
3.
Entlehnungspaar.
Boujean siehe Bözingen Nr. 24 Bourrignon (dt. Bürgis, Bürkis225) (CH, Jura, Delemont) Liegt in französischem Sprachgebiet 226 .
1. 1136 Borenunjunsen (Diet hist Suisse II 277), 1136 (Or, lat) Billundus de Borognuns221 (Trouillat I 266), um 1181 (Or, lat) Johannes sacerdos de Borennjuns (Trouillat II 22), 1224 (Kop, lat) de Burengis (Trouillat 1495), 1255 (Kop 1414, lat) Ulricus de Burius (Trouillat I 631), 1295 (Kop 17. Jh, lat) villarum de Burgis (Trouillat II 58 3 228 ), 1305 (Or, lat) in Boreggnons229 (Trouillat III 85), 1326 (Or, dt) ze Bvrius (Trouillat III 367), 1339 (Kop 1638, lat) villarum de Burius (Trouillat III 506), um 1340 (Kop 1441, lat) in Burius (Trouillat III 522), um 1368 (Kop 15. Jh, lat) in villa Burius (Trouillat IV 250), 1373 (Or, frz) en nostre ville de Bouroignon (Trouillat IV 3 35230), 1393 (Or, dt) an dem wege von Burius (Trouillat IV 565), 1395 (Or, lat) Erharde de Burius (Trouillat IV 595), 1399 (begl Kop 1399, lat) flnagio de Burius (Trouillat IV 614), um 1400 (15. Jh, dt) Burius (Trouillat V 166), 15. Jh Borgognon (Diet hist Suisse II 277), 1428 (Kop 1441, dt) ze Burgis (Trouillat V 274), 1441 (Kop 1444, lat) Rector in Burgis231 ... Burgus (Trouillat V 43.65) - mda: Burniü (Zimmerli I 9) 2. < germ. *Boraningum232 zum germ. PN Boran (s. FöPN 328; keine Ergänzung in KaErg) oder eher *Böroningasl-um zum PN Boro233 (s. Morlet 162a). Die deutsche Doppelform ist vermutlich kaum aus Bourrignon und auch nicht aus *Böroningas entwickelt, sondern aus der Stufe Borennjuns, *Burenjuns entstanden: *Burenjuns > Burenjis (mit Assimilation von ns> s(s), vgl. 1224 Buren-
222
Freundlicher Hinweis von W. Haubrichs (Saarbrücken). Sonderegger, in: Sprachleben der Schweiz 39f. 224 Vgl. Glatthard 155. 225 Vgl. Steiger 10: die deutschen Namen Bürkis und auch Bürgis gehören in die Kategorie «selten gehört bis ziemlich gebräuchlich». 226 Vgl. Steiger 10. 227 Jaccard 48 liest Borognun. 228 Seitenzahl von Zimmerli I 9 verschrieben zu 553. 229 Jaccard 48 liest Boroggnons. 230 Seitenzahl von Zimmerli I 9 verschrieben zu 385. 231 Diet hist Suisse II 277 nennt zu Burgis die Jahreszahl 1444. 232 Jaccard 48 vermutet die Bedeutung «chez les descendants de Boran». 233 Zur Verwandtschaft der Etichonen, die im 7./8. Jh. den Sornegau beherrschen, gehört auch ein Boro(nus). Freundliche Mitteilung von W. Haubrichs (Saarbrücken). 223
72
gis) > *Burnjis (mit Synkope des Mittelsilbenvokals) > *Bürnjis (mit Sekundärumlaut) > Bürgis (mit Erleichterung der Dreikonsonanz, vgl. 1295 Burgis, 1255 Burius). In der dt. Form ist das Final-s erhalten 234 . 3. Entlehnungspaar: j-Name 235 . Brämis siehe Bramois Nr. 25 Bramois (dt. Brämis236) (CH, Wallis, Conthey, Sion) Liegt in französischem Sprachgebiet 237 .
1. Ende 8./Anfang 9. Jh zum Jahr 515 (Kop Ende 14. Jh, lat) in pago Valense et in Valle Augustana que est a finibus Itallie alias curtes scilicet ,.. Bramusio (Theurillat 80), Ende 8./Anfang 9. Jh zum Jahr 515 (Kop Ende 12. Jh, lat) in pago Waldense in fine Aventicense seu [...] alias curtes sie nominatas: ... Bramosium27,i (Theurillat 80), 1100 Bramosio (Gatschet 99), 12. Jh in Bramosio (MDR XVIII 389 239 - Zimmerli III 29), 12. Jh (lat) de Bramosio (MDR XVIII 282), 1201 (Or, lat) apud Bramosium (MDR XXIX Nr 199), 1207 (Or, lat) super quarta parte deeime de Bramosio (MDR XXIX Nr 216), 1227 (Kop 13. Jh, lat) supra viam de Bramues (MDR XXIX Nr 341), 1238 (Or, lat; Kop 13. Jh, lat) apud Bramosium (MDR XXIX Nr 427), 1247 (Kop 13. Jh, lat) inter Campum siccum et Bramosium (MDR XXIX Nr 506), um 1250 (Or?, lat) Johannes de Drona maritus Annetis de Bramoues ... apud Bramosium ...de Brameys (MDR XXIX Nr 536), 1267-1276 (Or?, lat) de helemosina ol Bramues, de prato de Bramosio (MDR XXX 170), 1268 (Or?, lat) de Bramosio (MDR XXX 124), 1275240 (Kop, lat) de Bramosio (MDR XXX 238), 1278 (Or?, lat) de Bramosio (MDR XXX 272), 1279 (Kop 13. Jh, lat) de Bramosio (MDR XVIII445), 1290 (Or?, lat) de Bramosio (MDR XXX 389), 1302-1306 (Or?, lat) de Bramosio (MDR XXXI 120), 1308 de Bramois (Zimmerli III 29), 1320 (Or?, lat) de Bramasio (MDR XXXI 300), 1325 (lat) de Bramosio (MDR XXXI 491), 1344 (lat) apud Bramues (Liber deseni de Seduno - M D R XXXI372), 1388 de Bramossio (Gr VI 357 Zimmerli III 28), 1398 de Bramosio (Zimmerli III 28), 1400 de Bramosio (Gr VI 507 - Zimmerli III 28), 1448 de Bramosio, 1453 in superiori Bramosio, 1639 campus apud Bramosium (s. Zimmerli III 28) - Patois: in Brgmis, a Bramue, Brämua (Slg Muret)
234
Vgl. Zinsli, Suffixlandschaft 584. Vgl. Zinsli, Suffixlandschaft 584. 236 Vgl. Steiger 9: dt. Name in der Gegend noch allgemein gebräuchlich, bis Mitte 19. Jh. war der Ort mit Sitten eine deutsche Sprachinsel. 237 Vgl. Steiger 9. 238 Ebenso in beglaubigter Kopie Anfang des 18. Jhs., vgl. Theurillat 80 Anm p. 239 Beleg dort nicht gefunden. Vielleicht handelt es sich um den folgenden Beleg aus M D R XVIII282. 240 Von Zimmerli III 29 verschrieben zu 1273. 235
73
2. < vorrom.? bramossium «kotig, schmutzig» zu bram «stehendes Wasser» + gall. Suffix -oMt-241. Die deutsche Form hat das romanische Final-s erhalten und zeigt eventuell Sekundärumlaut, ausgelöst durch das j der 3. Silbe. 3. Entlehnungspaar: s-Name. Bretiege siehe Brüttelen Nr. 26 Brislach (CH, Bern, Lauffon) 1. um 1146 (Kop, lat) Tureingo de Briselacho (Trouillat 1293), (1166-1179) (Fälschung 242 , lat) aput Brisilaco (Kocher I 100,6), 1194 (Or, lat) Briselake (Kocherl 134,6), 1307 (Note 15. Jh, lat) in Briselach (Trouillat III 115), 1317 (Or, lat) in Briselach (Trouillat III 264), 1365 (Or, dt) ze Bryselach (Trouillat IV 218) 2. < gallo-rom. *Brissilacum zum lat. PN *Brissilus oder *Preciliacum zum PN Precilius243 (s. Schulze 443). Die Endung -ach zeigt Verschiebung. 3. Entlehnungspaar: SN auf -(i)acum. Die Zuordnung zu den Entlehnungspaaren (s. Definition, Kapitel 1.2) ist ein wenig problematisch, denn der Beleg Brisilaco, der in einer Fälschung steht, kann auch als Latinisierung eingestuft werden, so daß der Beleg für die romanische Doppelform in der urkundlichen Überlieferung fehlt.
Nr. 27 Broc (dt. Bruck244) (CH, Freiburg, Gruyere) Liegt in französischem Sprachgebiet 245 .
1. 1115 (Or, lat) Turinco de broc (Aebischer, RHV 28,12) 246 , 1160 (Kop Ende 12./Anfang 13. Jh, lat) Hugo de Broc (Hautcret 193)247, 1228 (Or, lat) Broch (Cart Lausanne N r 15k), 1255 (Or?, lat) prioratum suum de Broc ( M F 1380), 1285 Broz (Aebischer, Fribourg 83; FRB II 391 - Jaccard 55), 1290 Broc (Gatschet 113), 1309 (lat) Petrus dictus Champions de Broc (MDR XXII 79), 1327 (Vid 1342, lat) dominus de Broch (MDR XXII 94), 1328 Broc (Gatschet 113), 1368 domus fortis de Broch (Gatschet 113), 1430 (Kop, lat) de Broch (MDR
241
Vgl. Gatschet 99; Studer 71, der aber als Ansatz wohl zu Unrecht Bramagus wählt. In Trouillat I 346fT mit Jahreszahl 1168 nach einer Abschrift. 243 Vgl. Aebischer, acum 31. 244 Vgl. Steiger 9: der dt. Name ist in der Gegend noch ziemlich gebräuchlich. 245 Vgl. Steiger 9. 246 Aebischer, Fribourg 83 erwähnt ebenfalls Broc, jedoch ohne Quellenangabe. Es handelt sich um einen Beleg aus der «Pancarte de Rougemont de 1115». Daher ist zu vermuten, daß folgende Angaben denselben Beleg bezeichnen, sich aber auf schlechtere Ausgaben stützen, in denen die Ortsnamen zum Teil sehr entstellt gelesen wurden (vgl. Aebischer, in: RHV 28,3); dies wäre jedoch im einzelnen zu überprüfen: 1115 Turincus de Broch (Stift B f v R o u g , Zeerleder - Gatschet 113; RHV XXVIII 12 - Slg Muret; Aebischer, Fribourg 83; Jaccard 55), 1115 Broyc (Diet hist Suisse II 303; M D R IX 8 - Jaccard 55). 247 Ist dieser Beleg identisch mit dem, den das Diet hist Suisse II 303 nennt? 242
74
X X I I 379), 1455 Castrum de Broc ( M D R IX - Gatschet 113) - mda: brö (Slg Mu-
ret); brö (Zimmerli II 137); brok (Glatthard 159) 2. < lat. *brocc(h)us (s. FEW I 544; GPSR II 820) 248 . Der Name ergibt sich nach Aebischer, Fribourg 83 aus der Tatsache, daß Broc auf einer Landzunge zwischen Saane und Jogne liegt. Damit lehnt er Gatschets Deutung ab, der den Namen als «Bergsturz» (vgl. Dent de Broc) deutete 249 . Jaccard 55 erklärte ebenfalls den Namen als dt. bruch «eboulement, rochers suspendus». Nach Glatthard 159 weist der Name auf eine Zeit der Übernahme, als das finale -c noch gesprochen wurde. 3. Entlehnungspaar. Späte Übernahme nach Glatthard 159.
4. Vergleichbar mit Brot (CH, Neuchätel)?: 998 Broch (unsicher, vielleicht = Brocf50), 1346 Brot, 1372 Broch (Matile - Jaccard 55). Bruck siehe Broc Nr. 28 Brüttelen (frz. Bretiege) (CH, Bern, Erlach) 1. 1148 (Kop, lat) curia de Britelgio! (FRB 1424 251 ), 1182 (Or, lat) apud Britillo (FRΒ I 469), 1255-56 (Or, lat) apud Bertieges (FRB II 410), 1255 (Or, lat) apud Briterillas (FRB II 406), 1280 (Or, lat) de Britello (FRB III 282), 1280 (Or, lat) villa et territorio de Bretyege (FRB III 290), 1577 Brügdelen, Brigdelen, Brittelen, Brüggelen, Brüttelen (Jahn 248 - Zimmerli II 9) - mda: briitsh (Glatthard 151); brüteh (Zinsli, Erlach 70) - Patois: Boertisdj in Preles (Slg Muret) Identifizierungsprobleme: a) Schwierigkeiten in bezug auf die Zuordnung bereiten die beiden Belege Britelgio (s. o.) und 1148 (Kop eines Vid, lat) curia de Britilgio (Hidber N r 1879). Zimmerli II 9, Zinsli, Erlach 70 und Glatthard 151 stellen den Beleg Britelgio zu Bretiege(s)/Briittelen. Dagegen bezieht Stadelmann 355 britilgio und britelgio (beide aus Archiven entnommen) zu Breilles/Brigels (CH, Freiburg, Barbareche), ebenso Jaccard 51 und Aebischer, Fribourg 82. Bei Glatthard taucht nun der Beleg 1148 Britelgio zweimal auf, zum einen (mit F R B 1424 als Quellenangabe) unter Briittelen/Bretiege, zum anderen (mit Hinweis auf Stadelmann 1 II 2 5 2 ) unter Breilles/Brigels b. Barbareche 2 5 3 . Es ist anzunehmen, daß beide Belege identisch sind und nur zu einem Ort gestellt werden dürfen 2 5 4 . b) Zinsli, Erlach 70 nennt außerdem noch 1142 Boecardus de Britinie. Diese Identifizierung ist m.E. fraglich; denn dieser Beleg bezieht sich wohl eher auf Bertigny (CH, Katalog), denn in Ld Altaeripae N r 10 wird ein Borcardus de Britinie (um/vor 1162) erwähnt 248 249 250 251
252 253 254
Vgl. Aebischer, Fribourg 83 in der Bedeutung «proeminent, saillant». Vgl. Gatschet 113. Vgl. Chabloz, in: Mus Ν X V I I I 1 2 0 (Angabe nach Jaccard 55). Von Zimmerli II 9 verschrieben zu Briteglio. Identifizierung nach Zimmerli II 9; Zinsli, Erlach 70; Glatthard 151. Stadelmann selbst gibt «AF, Payerne n° 2» als Quelle an, vgl. Stadelmann 355. Vgl. Glatthard 139. Falls sich die Belege doch auf Breilles/Brigels beziehen sollten, wäre der N a m e (dann mit Erstbeleg vor 1200) in die Namenpaarliste aufzunehmen.
75
und zu Bertigny gestellt. Da aber bei Zinsli eine Quellenangabe fehlt, gestaltet sich die genaue Überprüfung schwierig. 2.
D i e E t y m o l o g i e des N a m e n s ist n o c h nicht geklärt. Vielleicht k ö n n t e v o r r o m .
*Brittaljo
angesetzt w e r d e n m i t folgender E n t w i c k l u n g f ü r die d e u t s c h e D o p p e l -
f o r m : Britellf i)o > Brüttelen
(mit R u n d u n g v o n i > ü), Brittelen
(ohne Rundung).
Zinsli vermutet in dem Namen einen PN zum Stamm *brit-, *bret-, vielleicht Brittus oder Britta (s. Holderl 551) mit r-Metathese 255 . Glatthard 151 erwägt aufgrund der frühen Differenzierung der romanischen und deutschen Namenform eine alte gemeinsame Parallelentwicklung mit eventuell unterschiedlichem Suffix. 3.
Entlehnungspaar?
Bubendorf siehe Boncourt Buchillon siehe Büchsien Buchs siehe Buix N r . 29 Büchsien 2 5 6 (frz. Buchillon) 2 5 7 ( C H , Freiburg, Seebezirk) Liegt in romanischem Sprachgebiet. 1.
14. J h Buchillanz
lion25i
(Diet hist Suisse II 331), 1339 (Or?, lat) Nicolaus
( R D III 15 2 5 9 ), 1340 (lat) apud Buschillon260
( R o t h 89), 1453 Buchillon zillon
(Jaccard 56), 1478 Butschillion261
( R o t h 89), 1496 (dt) Butzillion
89), 1510 Buchillion
( R D III 34), 1402
BuschilBuchillion
( R o t h 89), 1496 But-
(Zimmerli II 20) 2 6 2 , 1509 Buchsien
( R o t h 89), 18. J h Bichsien
Belege s. R o t h 89 - mda: büxsh
de
(Roth
(Diet hist Suisse II 331); weitere
( G l a t t h a r d 155)
Identifizierungsprobleme: Der Beleg 961 (Fälschung wohl des 12. Jhs?, lat) ceterarum vocabula una Buoch nominatur (Schleifer 189,9)263 gehört nicht zu Büchsien, sondern zu Wallenbuch (CH, Freiburg, n. Laupen), vgl. Schieffer 422. Damit scheidet der Name aus der Namenpaarliste mit Erstbeleg vor 1200 aus. Fraglich erscheint auch Roths Identifizierung von 1390 (Or verl, Kop, lat) Cristani de Buch (RD V 67); dieser Beleg gehört eventuell ebenfalls eher zu Wallenbuch als zu Büchsien. 255
Vgl. auch Glatthard 151. Jaccard 56 nennt als deutsche Form: Büchselen. Siehe aber Diet hist Suisse II 331. 257 Nicht bei Steiger. 258 Zimmerli II 20 nennt als Quelle für diesen Beleg Engelhard 159; Roth 89 erwähnt zur selben Jahreszahl die Form Buchillion mit Engelhard 1158 als Quelle. Ist noch zu überprüfen. 259 Falsche Seitenangabe bei Jaccard 56: 16 statt 15. 260 Roth 89 liest hier Buchillion. Lesung überprüfen! 261 Deutsche dem romanischen Patois nahestehende Form, vgl. Glatthard 155. 262 Handelt es sich bei Roth und Zimmerli um denselben Beleg, der von beiden unterschiedlich gelesen wird? Beide haben den Beleg aus dem Gemeindearchiv Büchsien entnommen. 263 Siehe auch Zimmerli II 20 Anm 1: «Zapf bezieht den Namen ausdrücklich auf Büchsien, es könnte aber auch der Weiler Vogelbuch bei Ferenbalm gemeint sein.» Glatthard 155 stellt diesen Beleg nicht zu Buchillon!Büchsien, dagegen aber Roth 89. 256
76
< *boscu264 (s. GPSR II 878) + Suffix -iculu-one265. Zur lautlichen Entwicklung von *boscu siehe Hafner 175. Jaccard 56, der sich bei der Etymologisierung auf den fraglichen Erstbeleg von 961 stützt, nimmt ahd. buohha «Buchenwald» an. Doch auch die deutsche Doppelform spricht hier eher für *Buxilione mit folgender Entwicklung: *Buxilione > *Büksiljon (mit Sekundärumlaut) > *Bükslen (durch Synkope des Mittelsilbenvokals); mit der Variante Bützill(j)on mit ks > ts wie bei Bözingen/Boujean (CH, Katalog) 266 . 3. Entlehnungspaar. 2.
Nach den Katastereintragungen der Gemeinde war der Ort bis ins 17. Jahrhundert romanisch 267 .
4. Für Buchillon (CH, Morges) und Buchillon (CH, Waadt) nimmt Jaccard 56 einen anderen Ursprung an: < lat. buxus «Buchsbaum». Büderich siehe Pery Bürgis siehe Bourrignon Bfirkis siehe Bourrignon Büstingen siehe Boecourt Nr. 30 Buix (dt. Buchs268) (CH, Jura, Porrentruy) Liegt in französischem Sprachgebiet 269 .
1. 1136 (Or, lat) presbytero de Bus (Trouillat I 264), 1139 (Or, lat) Terram de Bous110 (Trouillat I 277), 1157 (lat) Sanctum Mauritium de Boscol211 (Trouillat 1331 Anm 7), um 1170 (Graduel 12. Jh, lat) Lufridus de Buis (Trouillat I 350), 1175 (Kop 1414, lat) Liefridus de Bos (Trouillat I 357), 1178 (Or, lat) Terram de Buis (Trouillat I 366), 1184 (lat) Liutfridus de Bois (Trouillat II 711), 1241 (Kop 1441, lat) Hugo de Buches (Trouillat I 557), 1242 (Or, frz) sires de Boiez ... Boies (Trouillat V 143), 1244 (Kop 1414, frz) Huges de Bois ...de Boix (Trouillat I 565), 1256 (Or, lat) Hugonem de Boys (Trouillat I 642), 1262 (Kop 1414, frz) sires de Boyes ... Boyex ...de Boyχ (Trouillat II 122), 1325 (Or, frz) de Byex (Trouillat 264
Vgl. Roth 91 Anm 3; Aebischer, Fribourg 85: «Der. peut-etre de buchille, mais plutöt de bois», Herv. or. 265 Freundlicher Hinweis von M. Pfister (Saarbrücken). Kein Deutungsvorschlag bei Glatthard. 266 Freundlicher Hinweis von W. Haubrichs (Saarbrücken). 267 Vgl. Diet hist Suisse I 331. 268 Vgl. Steiger 10: dt. Name in der Gegend noch ziemlich gebräuchlich. Diet hist Suisse II 337 nennt als dt. Form Bux. 269 Vgl. Steiger 10. 270 Diet hist Suisse II 337 gibt Bons an, ebenso auch Boesch, Ortsnamenbild 179. 271 Vgl. Trouillat 1331 Anm 7 = eher Buix als Bois-la-Ville, Ka. Baume. Von Diet hist Suisse II 337 ohne Fragezeichen zu Buix!Buchs gestellt.
77
III 349), 1349 (Kop 16. Jh, frz) chappelain de Boix (Trouillat III 619), 1363 (Kop 1414, frz) parrochaige de Boiz ...de Boix ... de Buoix (Trouillat IV 2010, 1492 (Übers 17. Jh nach dt. Or, frz) Buix (Trouillat V 640), 1606 ecclesiam Sancti Mauritii de Bouys (Vis 1606,215 - Slg Muret) - dt. mda: Bux (Boesch, Ortsnamenbild 179 Anm 58) - Patois: ä boe (Slg Muret) 2. < lat. büxus «Buchsbaum» 272 (vgl. FEW I 666: afrz., mfrz. bois, bouis, nfrz. buis, frcomt. bwi, vgl. A L F 186; es drang auch als Lehnwort ins Deutsche: ahd., mhd. buhs, nhd. Buchs). Die lautgerechte Form bouis wandelt sich laut FEW seit dem 17. Jahrhundert unter Einfluß von buisson zu buis um 273 . Der Originalbeleg 1178 Terram de Buis ist jedoch m.E. ein Hinweis dafür, daß diese Umwandlung eventuell schon früher erfolgte. In der Schweiz finden sich zahlreiche Ortsnamen, die auf dieses Etymon zurückgeführt werden können, ζ. B. Buchsiten, Buchsgau, mehrfach Buchs274 etc. 3. Entlehnungspaar. 4. Vgl. ζ. B. Herzogenbuchsee (CH, Bern, Wangen): 1194 (Or, lat) Buhse? (Id nicht gesichert - Kocherl 134,2) < lat. buxus (Bruckner, Ortsnamenkunde 99); 1173 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Albertus de Buosc (Ld Altaeripae Nr 179), 1192-1196 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Albertus de Busc (Ld Altaeripae Nr 259) = nicht identifiziert; Buus (CH, Basel): seit 13. Jh Bus, mehrfach Bus, 1226 Waltherus de Buhse (Boos, Urkundenbuch Baselland 119 - Boesch, Ortsnamenbild 179), 1311 Conrad von Bus, Conrad von Buchs (Aargauer Urkunden der Joh. kommende Rheinfelden, Aarau 1933 Nrn 94.95 - Boesch, Ortsnamenbild 179); etc. Nr. 31 Bulle (dt. Boll 275 ) (CH, Freiburg, Gruyere) Liegt in französischem Sprachgebiet 276 .
1. 852 (Kop 277 , lat) de Butulo (Cart Lausanne Nr 220), 867-868 (Kop 278 , lat) de villa Butulum (Cart Lausanne Nr 221), 900(?) (Kop 279 , lat) ad Butulum (Cart Lausanne Nr 222), vor/um 1162 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Rodulfus maior de Bollo280 (Ld Altaeripae Nr 7), 1162 (Or, lat) Radulfus maior de Bolla (Ld Altaeripae Nr D8), 1172 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Rodulfus maior de Bollo (Ld Altaeripae Nr 167), 1173 C. de Bullo ( M D R V I I 2 1 - Slg Muret), 1174 Bullo (Jaccard 58), 1175 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Raymundus de Bollo (Ld Altaeripae Nr 42), 272
Vgl. Jaccard 58; Boesch, Ortsnamenbild 179; Diet hist Suisse II 337: «Ce village tire son nom des buissons de buis qui croissent abondamment sur les rochers voisins.» Auch in der Sammlung Muret findet sich der Hinweis: «Beaucoup de buis dans cette region.» 273 Vgl. F E W 1,667. 274 Zu den urkundlichen Nennungen für diese Namen siehe Kocher. 275 Vgl. Steiger 9: dt. Name in der Gegend noch allgemein gebräuchlich. 276 Vgl. Steiger 9. 277 V g l £ a r t Lausanne Nr 220 Anm 1: «La presence de ce titre permet de supposer que cette notitia n'a pas ete transcrite de l'original, mais d'un cartulaire aujourd'hui perdu.» 278 Vgl. Cart Lausanne Nr 221 Anm 1. 279 Vgl. Cart Lausanne Nr 222 Anm 1. 280 Jaccard 58 nennt zu Bollo die Jahreszahlen 1142 und 1211.
78
1177 (Or, lat) Anselmus sacerdos de Bullo (Cart Montheron 28), 1178 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) ante portam monasterii de Bollo (Ld Altaeripae Nr249), 1195-1196 (lat) in dicta villa de Bullo (MDR XXII24), 1200 (Or des Cart, ca. 1200-1240, lat) in villa que dicitur Bollo (Cart Lausanne Nr224), 1211 (Kop 13. Jh, lat) mercati de Boullo (MDR VI46), 1215 (Or des Cart 12 /13. Jh, lat) Borcardus de Bollo (Ld Altaeripae Nr 282), 1217 Cononis de Bollo (MF IV 106), 1221 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) capellanus de Bollo (Cart Lausanne Nr232), 1228 (Or, lat) Bullös (Cart Lausanne N r l 5 g ) , urn 1230 (Kop 13. Jh, lat) murus de Boullo (MDRVI49), 1238 (Or des Cart, ca. 1200-1240, lat) militis de bollo (Cart Lausanne Nr484) - mda: bol (Glatthard 159); abülö (Slg Muret); Bullo (Haefelin 146.168) - dt. Patois: böl in Jaun (Slg Muret) Vielleicht < vorrom. *bola «sumpfiges Gelände» (s. REW Nr 1191b)281? Die Erstbelege Butulo, Butulum sind dann aber schwierig zu deuten; diese scheinen auf die gleichen Assimilationserscheinungen hinzuweisen, die in der Entwicklung von spätlat. rötülu «Rädchen» (cl. rotulä) > *rodle > altfrz. rolle, role «Rolle, Walze», nfrz. röle2S2 zu beobachten sind. Oder bedarf die Identifizierung von Butulo mit Bolle einer nochmaligen Überprüfung 283 ? Eine Herleitung aus einer Diminutivform butulum zu vlat. butum «Ziel», in der Bedeutung «kleine Erhebung, die als Ziel dient» 284 ist nach Pfister (Saarbrücken) unwahrscheinlich. Bei diesem Ansatz ließen sich die Formen auf [o] als Reflexe der dt. Lehnform erklären (Senkung von u > ο im Ahd.). Laut Glatthard 159 beruht die deutsche Form bölauf der romanischen Mundartform bol2i5\ man beachte aber die Mundartform bülö in der Slg Muret. 2.
3.
Entlehnungspaar.
Nr. 32 Bundtels286, Bunteis287 (frz. Pontels)288 (CH, Freiburg, Singine, Gde Guin) 1. 1152 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Petrus de Pontelz (Ld Altaeripae Nr 114), 1173 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Hugo nepos eius de Pontelz (Ld Altaeripae 281
Vgl. Jaccard 40. Zur Lagebeschreibung siehe z.B. Register des Cart Hautcret S. 239: «situe dans une plaine au pied septentrional du Moleson, traverse par un bras de la Treme». 282 Vgl. Rheinfelder §553. 283 Der Beleg Butulum wird ζ. B. von Jaccard 58, Diet hist Suisse II 339 und Aebischer, Fribourg 85 zu BullelBoll gestellt. 284 Vgl. Gatschet 61; Jaccard 58. Auch Aebischer, Fribourg 85 vertritt diese Deutung mit folgender Erklärung: «Le mot, dans le cas qui nous interesse, se serait applique au petit monticule, ä peine visible aujourd'hui, sur lequel aurait ete erigee l'eglise paroissiale.» Er gibt aber dabei zu bedenken, daß but erst ab der Mitte des 13. Jhs. belegt sei. Dagegen schreibt das Diet hist Suisse II 339: «La question d'etymologie n'est pas elucidee.» 285 Vgl. Glatthard 159: «Bulle ist Schreibform, die heutige Aussprache bül französiert.» 286 Siehe Neues Schweizerisches Ortslexikon 96. 287 Vgl. Diet hist Suisse II 343; Tremp, Ld Altaeripae 415. 288 Vgl Di c t hist Suisse II 343; Tremp, Ld Altaeripae N r 179 Anm 6 u.ö. Nicht bei Steiger aufgeführt. Vgl. Glatthard 202: «Der roman. Name ist durch Ausgleich verschwunden [...].»; Glatthard 234: romanischer Reliktname.
79
Nr 179), 1173-1179 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Hugo filius Petri de Pontelz (Ld Altaeripae Nr 221), 1192-1196 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Hugo de Pontelz, Variante: Ponteuz (Ld Altaeripae Nr 254 und Anm h) 289 , 1363 Pontels (RD III 173 - Glatthard 100), 1423 Bontels (RD VII159 - Glatthard 100) - mda: buntsls, büntus (Glatthard 100) 2. < rom. *pontellas290 «kleine Brücken». Die deutsche Doppelform entstand vermutlich vor Durchführung der romanischen /-Vokalisierung (vgl. 1192-1196 Ponteuz) und bewahrte das romanische Final-s. Im Altfreiburgischen findet sich auch wie im übrigen Frankoprovenzalischen die doppelte Behandlung des vorkonsonantischen l (vor Dental oder Palatal erfolgt Vokalisierung zu u, vor Labial oder Velar bleibt / zunächst erhalten, wird aber später (etwa ab dem Jahr 1200) zu r gewandelt) 291 , jedoch findet sich hier im Altfreiburgischen im Gegensatz zum südlichen Gebiet auch vor Labial und Velar noch häufiger die Vokalisierung zu u292. Die frz. Doppelform Pontels, die im Gegensatz zu dem Beleg von 1192-1196 Ponteuz die /-Vokalisierung nicht aufweist, zeigt vermutlich Beeinflussung durch die deutsche Doppelform. Die Schreibung -z zeigt den allgemeinen frankoprovenzalischen /-Einschab bei / in Verbindung mit 5 im Auslaut an (vgl. altfrprov. genouz < *genuculus «Knie», altfrprov. beuz < bellus «schön») 293 . Die deutsche Doppelform nahm aber nicht mehr an der ί-Verschiebung teil 294 . Außerdem zeigt sich in diesem Namen Wechsel von P-/B-. Im Anlaut hätte ρ eigentlich zu pf verschoben werden müssen. Für die Erhaltung des p- kommen zwei Erklärungen in Betracht: a) die fehlende Verschiebung beruht auf der romanischen Anlautlenisierung von p- > b- oder b) die Form wurde erst nach der /»-Verschiebung übernommen, was der fehlenden t-Verschiebung entsprechen würde. Damit kann der Entlehnungszeitraum sehr eingeengt werden: nach dem 6. und vor dem 8. Jh. ist die deutsche Doppelform entstanden. Romanisches ο wird vor dem 8. Jh. vor Nasal zu u entwickelt, vgl. monasterium «Kloster» > ahd. munistri. Vgl. auch Ponten (D, Saarland, bei Besseringen): Mitte 10. Jh (Kop spätes 11. Jh, lat) et Bundendele, ad Buntendele (Müller, Güterrolle 121)295, um 1249 Ponte, 1360 Punten < lat. ponto, -onis «Fähre» (s. Buchmüller/Haubrichs/Spang Nr 92; vgl. auch Jungandreas, Moselromanen § 7).
3.
Entlehnungspaar: s-Name 296 .
Bunteis siehe Bundtels 289
Glatthard 100 erwähnt die Belege aus dem Ld Altaeripae nicht. Vgl. Glatthard 100.202. 291 Vgl. Charmey/ dt. Galmiz, Galmis (CH, Katalog). 292 Vgl. Hafner §45 Anm 1 u. 2. 293 Vgl. Hafner §49. 294 Vgl. Glatthard 100. 295 Laut Buchmüller/Haubrichs/Spang Nr 92 Anm 1 ist die Identifizierung von Buntendele mit Ponten «wegen des nur 4 km entfernten Nachbarortes Nohn [...], der im Mettlacher Urbar des 10. Jh. neben Buntendele genannt wird, sehr wahrscheinlich.» Herv. or. 296 Vgl. Glatthard 84.202. 290
80
Cerlier siehe Erlach Champagny siehe Gempenach Champion siehe Gampelen Nr. 33 Charmey (dt. Galmiz, Galmis297) (CH, Freiburg, Gruyere) 298 Liegt in französischem Sprachgebiet 299 .
1. um 1210 (Or des Cart, ca. 1200-1240, lat) to tum alodium suum de Chalmeis (Cart Lausanne Nr 550), 1228 (Or, lat) Chalmeis (Cart Lausanne Nr 15g)300, 1233 (Or des Cart, ca. 1200-1240, lat) solides de Charmeis (Cart Lausanne Nr 835m), 1239-1249 301 (Or des Cart 12 /13. Jh, lat) que pertinet α Charmeis, Variante: Chaimeis (Ld Altaeripae Nr 192 und Anm d), 1249 Chalmes (Aebischer 56 - Slg Muret), 1294 (Or?, lat) in territorio de Charmeix (Soloth Wochenbl 1829,389 - M F II 86) 302 , 1295 (Or?, lat) dominus de Charmeis (MF II 87) 303 , 1296 (Vid 1305, lat) de Charmeix (MF II 91), 1296 (Vid 1305, lat) Charmes (MF II 92), 1319 (lat) territorio de Charmeys (MDR XXII 3 0 4 89), 13 30 versus charmey (Aebischer, possessions 58 - Slg Muret), 1430 en Charmeix (Aebischer, possessions 59 - Slg Muret), 1448 (Kop 1773, dt) Galmis (Gumy, R A H 2228), 1524 Galmis (MDR 23,295 - Glatthard 131) - mda: gäumas (Glatthard 131); galmas (Stucki § 23) Identifizierungsproblem: Jaccard 74 stellt noch folgenden Beleg hierher: 1340 Charmey (Quelle: R D III). Von Roth wird dieser Beleg mit R F III 34 als Quelle zu Galmiz (s. u.) gestellt.
2.
< rom. *ca!(a)metum (?) zu calma «ödes Land» (s. FEW 2.1,100f)· Meyer-Lübke und Stucki wählen diesen etymologischen Ansatz 305 . Diese Grundlage erklärt nicht direkt das Final-.v, höchstens über Analogiewirkung, aber sie stimmt eher zur dt. Form, die bei einer Basis *calmitio, die von anderen gewählt wird 306 , den Primärumlaut erwarten ließe. Bei einem Ansatz *calmitio 297
Vgl. Steiger 11: der dt. Name Galmis ist in der Gegend noch allgemein gebräuchlich. Diet hist Suisse II 480 führt als dt. Form Galmiz an. 298 Vgl. Steiger 11: «Nicht zu verwechseln mit dem deutschen Galmiz im freib. Seebez., das frz. ebenfalls Charmey heißt.» 299 Vgl. Steiger 11. 300 Im «Decanat d'Ogo»; moderne Hinzufügung nach dem 13. Jh: Galmis, Charmey, s. Cart Lausanne Nr 15g Anm e. 301 Von der Slg Muret, von Hidber Nr 1845 und von Jaccard 74 wird diese Urkunde um 1146 datiert und die Lesart Charmez (in der Slg Muret auch die Variante Charmeis) angegeben, siehe aber Ld Altaeripae Nr 192 Anm. 302 Identisch mit 1294 Chermeix (RD III - Jaccard 74)? 303 Vielleicht identisch mit 1295 Charmeys (MDR 22,110 - Glatthard 131). Die Quellenangabe von Glatthard ist falsch: in M D R 22, S. 110 findet sich nur eine Urkunde aus dem Jahr 1331 und bei Nr. 110 handelt es sich um eine Urkunde von 1359. 304 Bei Glatthard 131 fehlt die Bandangabe. 305 Vgl. Meyer-Lübke, Einführung 250; Stucki § 23. 306 Vgl. Glatthard 131.
81
wäre jedoch auch - wegen des fehlenden Umlauts in der dt. Doppelform - an eine späte Entlehnung, d. h. also Übernahme nach Durchführung des Primärumlautes zu denken (s. u.). Obwohl die deutsche Form Galmis erst ab dem 15. Jahrhundert überliefert ist, scheint die anlautende Guttural-Lenis in ihr eine relativ frühe Übernahme anzudeuten 307 . Sie weist auf Übernahme vor der romanischen Palatalisierung von ka-, aber Entlehnung nach der 2. Lautverschiebung hin; als verschobene Form wäre *Chalmis zu erwarten 308 . Außerdem behält die deutsche Form das ursprüngliche /, das sich aufgrund eines typisch franko-provenzalischen Wechsels in r wandelte, und das -s, das in der romanischen Entwicklung schwand. Dennoch weist nach Glatthard der Name nicht auf frühe alemannische Kolonisation hin, sondern ist seiner Meinung nach eher als «Analogiebildung» zu Galmiz/ Charmey im Murtenbiet aufzufassen, denn das Jauntal um Charmey habe immer nur wenige dt. Siedler gehabt 309 . Aufgrund der Stellung vor Labial ist die /-Vokalisierung in der romanischen Form unterblieben, ebenfalls in Charmoille/ dt. Kalmis, Ormey/ dt. Ulmiz und Orvin/ dt. Ufingen (CH, Katalog). Zu dieser typischen Entwicklung von vorkonsonantischem / im Frankoprovenzalischen vgl. Hafner §45 Anm 1: «Die frprov. Mundartzone kennzeichnet sich dadurch, daß vorkonsonantisches L, je nach der Art des folgenden Konsonanten, verschiedene Entwicklung nimmt. Vor folgendem Dental oder Palatal wird das aus dem Lat. ererbte verlare i zu u vokalisiert, vor Labial oder Velar dagegen bleibt es erhalten, es wird entvelarisiert und in einer späteren Periode vorzugsweise zu r gewandelt.» 310
Vgl. zu dem Wechel Im > rm: balma > Barma31siehe auch FEW 2.1,100f: calma «ödes Land» > achamp. estre ä cherme «etre en friche», Troyes charme «friche», Pierrec. särm, Saöne, Gray charme, Crem, üarmü. Nach Hafner § 45 tritt dieser Wandel etwa seit dem Jahr 1200 zutage (Ausnahme Guillermo, das seit jeher r statt / zeigt). 3. Entlehnungspaar: j-Name (mit Erstbeleg nach 1200, da bisher die falsche Lesart Charmez statt Charmeis immer um 1146 (s. o.) datiert wurde). 4. Vgl. Galmiz312 (frz. Charmey313) (CH, Freiburg, See): 1242314 Chalmitis (FRB II - Jaccard 74; FRB II 235 - Roth 171), 1339 Charmeis (Engelhard 1156 - Glatthard 130), 1418 Galmis (Roth 171), mda. gäumits (Glatthard 130); von Glatthard 130 als gallo-rom. *calmitio gedeutet, wobei jedoch der fehlende Umlaut auffällig ist (s. o.). Zu Ortsnamen mit calma siehe FEW 2.1,100 (mit weiterführender Literatur). 307
Vgl. Glatthard 131. Vgl. Glatthard 130, Deutung für Galmiz/Charmey b. Kerzers. 309 Vgl. Glatthard 131. 310 Herv. or. Zur Bedeutung dieser Erscheinung für die Chronologie siehe Hafner §45 Anm 3. Siehe auch die Dissertation von Kolovrat. 311 Vgl. Hafner 172. 312 Jaccard 74 gibt als deutsche Form Galmitz an. 313 Vgl. Steiger 20: wird irrtümlich oft in der frz. Form gebraucht; der Ort liegt in deutschem Sprachgebiet. 314 Vgl. Kocher 1237 N r 414: 1241-1242 (Or, lat), Druck: FRB II 234f Nr 220. 308
82
Nr. 34 Charmoille (dt. Kalmis315) (CH, Jura, Porrentruy) Liegt in französischem Sprachgebiet 316 .
1. 1136 (Or, lat) in valle super Calmillis ... Burchardo de Chalmillis (Trouillat 1263.264), 1139 (Fälschung 12. Jh 317 , lat) Curiam de Calmillis318 (Trouillat 1273.279), 1145 (vid Kop 1668, lat) ecclesiam de Chalmillis (Trouillat I 290) 319 , 1147 (Or 320 , lat; vid Kop 1668, lat) curiam de Calmillis (Trouillat I 305), 1153/ 1159321 (Or, lat) Burchardus itaque de Chalmillis322 ... B. de Chalmillis (Kocher I 75,3If), 1152 (vid Kop, lat) in ualle super Chalmillis ... Burchardo de Calmillis (Trouillat I 321), 1156 (Or, lat) curiam de Calmillis323 (Trouillat I 328), 1173 (Or, lat) Guido sacerdos de Charmayles (Trouillat I 353), 1175 (Kop 1414, lat) Wido sacerdos de Chalmeles324 (Trouillat I 357), 1179 (vid Kop, lat) Curiam de Chalmillis (Trouillat 1375), 1180 (Or, lat) Curiam de Chalmillis (Trouillat I 381), 1218 (Or, lat) in tola sylva de Chalmillis (Trouillat I 471), um 1221 (Or, lat) Rodolfo plebano de Calmillis (Trouillat 1484), 1224 (Kop, lat) de Calmillis (Trouillat 1495), 1230 (Or, lat) Rudolf ο plebano de Calmillis (Trouillat 1517), 1236 (lat) Rudulphus plebanus de Chalmis (Ochs I 308 - Trouillat I 543), 1237 (Or, lat) a uilla, que dicitur Calmillis (Trouillat 1547), 1238 (Kop 2. Hälfte 16. Jh, lat) Ruodolfus plebanus in Calmis (Trouillat II 54), 1241 (Kop 1. Hälfte 14. Jh, lat) in Chalmis (Trouillat I 557), 1266 (Or, frz) a Charmallies (Trouillat II 169), 1268 (Or, lat) Petro de Chalmis (Kocher II 167,5), 1279 (Or, lat) ecclesie in Chalmis (Trouillat II 323), 1283 (Kop 18. Jh, lat) villain de Chalmillis325 (Kocher III 79,9), 1289 (Or, lat) ecclesie de Chalmis (Trouillat II 476), 1292 (Or, lat) bona de Kalmis (Trouillat II 517), 1296 (Kop 1414, lat) ecclesie de Calmis (Trouillat II 615), 1299 (Kop 1568, lat) ecclesie in Kalmis (Trouillat II731), 1307 (Or, frz) Henri cure de Charmailles (Trouillat III 111), 1330 (Or, lat) in Kalmis (Trouillat III 402), 1339 (Kop 1638, lat) in valle super Chalmillis (Trouillat III 506), um 1340 (Kop 1441, lat) in Kalmis (Trouillat III 522), 1340 (Or, frz) Cumenalteil de Chermoilles (Trouillat III 529), 1377 (Kop, dt) ze Kalmis (Trouillat IV 382), 1386 (Kop 15. Jh, lat) Charmoilles (Trouillat IV 468), 1406 (Or, frz) Jehan Vaiquerlin de Charmoilles (Trouillat V 204), 1410 (Or, lat) ecclesie in Calmis (Trouillat V 233), 1412 (Or, lat) in villa de Calmis (Trouillat V 231), 1423 und 1594 (Kop 18. Jh, frz) Charmoille (Trouillat V 264), 1424 (Kop 1441, dt) vnd Kalmis (Trouillat V 266), 1438 (Or, dt) ze Cal315
Vgl. Steiger 12: dt. Name in der Gegend noch allgemein gebräuchlich. Vgl. Steiger 12. 317 Freundlicher Hinweis von W. Müller (Boudry). Trouillat 1272 mächt dagegen folgende Angabe zur Urkundenform: «Bulle ... l'original mutile ... copie vidimee». 318 Jaccard 75 liest Calmilis. 319 Siehe Kocher 146,27 (ohne Angabe der urkundlichen Form). 320 Vgl. Trouillat II, S. CXXXVI. 321 Freundlicher Hinweis von W. Müller (Boudry); Trouillat I 333 datiert dagegen die Urkunde «um 1149». 322 Von Trouillat 1333 als Calmillis gelesen. 323 Langenbeck, Weiterleben I 183 Anm 119 schreibt CalmiUes. 324 Jaccard 75 schreibt Chalmales. 325 Trouillat II 372 liest Calmillis. 316
83
mis (Trouillat V 366), 1441 (Kop 1444, lat) Rector in Calmis (Trouillat V 33), 1449 (Or, dt) ze Calmis (Trouillat V 391), 1482 (Kop 17. Jh, lat) in Calmis (Trouillat V 569) - mda: Tsermuai (ZimmerliI6; Kleiber, in: Z G O R h 108,313); Xarmway, im Patois von Bois: tfärmway (Slg Muret) 2. < Ableitung zu vulgärlat. calmis «ödes Land, unbebautes Berggelände, Bergweide, Brachland» (s. FEW 2.1,1 OOf: vgl. aprov. calmil). Daneben scheint eine suffixlose Form bestanden zu haben, aus der die dt. Doppelform stammt. Kleiber leitet den Namen aus vorrömisch *calmis, *calma «steinige Bergkuppe, Bergweide» ab 326 , ebenso Jaccard 75.
Bei diesem Entlehnungspaar ist der Wechsel von K-/G- nicht eingetreten. Der Name wurde ins Alemannische vor der romanischen Palatalisierung von ka-, vor Schwund des altromanischen Nominativ-s und vor dem Wandel von Im > rm übernommen. Vermutlich wegen des frühen frankoprovenzalischen Übergangs von l> r trat in der französischen Form die /-Vokalisierung (vgl. *calmis > chaume) nicht ein. Auffällig ist bei obigem Ansatz der fehlende Primärumlaut in der deutschen Doppelform. 3. Entlehnungspaar: s-Name. 4. Vgl. 2x Charmoille in der Franche-Comte 327 . Könnte als Vergleich Charmaille (F, Haut-Rhin, Gden Bavillers und Essert): 1474 en charmoille (Urb FrFont - Stoffel 93), 1629-1634 en charmoille (Stoffel 93) herangezogen werden? Risch, Beiträge 9 deutet diesen Namen jedoch als *carpinalia. Nr. 35 Chäteau-d'Oex (dt. Oesch 328 ) (CH, Waadt, Pays d'Enhaut) Liegt in französischem Sprachgebiet 329 .
1. 1115 (Or, lat) cum uno homine nomine Walterus de castel (Aebischer, RHV 28,5), 1115 (Or, lat) in castello (Aebischer, RHV 28,8), 1115 (Or, lat) ecclesie de Oiz (Aebischer, RHV 28,9) 330 , 1177 (Or, lat) Vido de Oit, Vldricus de Oiz331 (Cart Montheron 29.30), 13. Jh (Or des Cart, ca. 1200-1240, lat) jn villa de Oiz (Cart Lausanne Nr 223), 1228 (Or, lat) Ooiz (Cart Lausanne Nr 15g332), 12 3 5 (Or des Cart, ca. 1200-1240, lat) in villa de Oiz (Cart Lausanne Nr 223), 1238 (1239) (lat) Aymo capellanus de Oyz (MDR XXII Nr 38), 1271 Heiz (Diet hist Suisse II 484), 1285 (curatus de) Oez (Diet hist Suisse II 484; F R B I I I 3 9 1 Slg Muret), 1289 (Or, lat) Castrum Doyz ... villa prati Doyz (MDR XXII 72), 1290 (Kop, lat) Vldricus de Oiz (MDR XXII 74), 1341/1342 (lat) a villa du Chastel dOyes (MDR XXII479 Regest), 1366 (lat) Castrum et castellaniam nostras 326
Vgl. Kleiber, in: Z G O R h 108,313. Vgl. Trouillat III 111 Anm 2. 328 Vgl. Steiger 15: der dt. Name ist in der Gegend noch allgemein gebräuchlich. 329 Vgl. Steiger 15. 330 Man beachte Aebischers Anmerkung 6: «II est ä remarquer que la forme de ce mot est toujours , et jamais Oyz, Oit, Oix ou Oyez, comme l'imprime Hisely.» Siehe dazu M D R XXII 9f N r 4. 331 Von Jaccard 313 verschrieben zu Oz? 332 Cart Lausanne Nr 15g Anm b: Oye, Oesch = moderne Hinzufügung nach dem 13. Jh. 327
84
de Oez ( M D R X X I I 178), 1395 (Kop, lat) castellanum
de Oye ( M D R X X I I 240),
1397 (Or, dt; Vid 1549, d t ) ze Oezs ( M D R X X I I 2 5 3 ) , 1436 (Or, lat) de Oyes
( M D R X X I I I N r 211), 1438 (Or, lat) in villa ecclesie
de Oyez
Oyez, (MDR
X X I I I N r 212), 1448 (Kop, d t ) ze Oesch ( M D R X X I I I N r 219), 1502 (dt) die von Ogst ( S t u m p f 1 45,3) 3 3 3 - dt. mda: ös ( G l a t t h a r d 164) - Patois: Tsaöi d'E ( Z i m merli II 140; Slg M u r e t ) 2.
A m wahrscheinlichsten ist die D e u t u n g v o n Aebischer, d e r Oesch als
nenname deutet; in F r a g e k o m m e n : Otius, Auxius, Osius, Hosius
o d e r Osco,
Osico, Hozico
Auscius,
Autius,
Oscus,
PersoOscius,
(s. f ü r letztere F ö P N 5.354); j e d o c h ist
nicht zu entscheiden, auf welchen dieser P e r s o n e n n a m e n der O r t s n a m e t a t s ä c h lich z u r ü c k g e h t , d a die ersten O r t s n a m e n b e l e g e nicht g e n ü g e n d alt sind 3 3 4 . Glatthard 165 vermutet dagegen (mit Fragezeichen) gall. *ouxellol (s. Holder II 392: *ouxello «hoch») 335 . Laut Glatthard beruht der deutsche Name auf der mittelalterlichen romanischen Lautform Oyz/Oyes, wobei das Final-.v erhalten blieb und vermutlich in Anlehnung an Esche/Ösche zu - / wurde 336 . Zu erwägen ist vielleicht kelt. *ouxso «oben, über» (s. IEW 1107; FEW 7,445: dort findet sich mit Verweis auf Hubschmied (in: VR 3,96) der Hinweis, daß sich *ouxso mit vielen Ableitungen in zahlreichen Ortsnamen findet), vgl. ζ. B. «Usme» = früherer Name von Freudenburg (D, Trier): 1052 Össima, 1280 Usme < gall. *Ouxsama< Ouxsisama (s. Buchmüller/Haubrichs/Spang Nr 161, dort weitere Beispiele für ON und GWN, die mit Hilfe von *ouxso gebildet sind). Zu anderen Deutungsvorschlägen in der Forschung siehe Jaccard 313f, der diese jedoch alle ablehnt und zu folgendem Schluß kommt: «L'etymologie reste done encore indeterminee.» 3.
Entlehnungspaar: s - N a m e .
4.
Vgl. Oesch ( C H , Bern) 3 3 7 .
Chätelet siehe Gsteig bei Gstaad Chätillonet siehe Gsteig bei Gstaad
333
Zu überprüfen sind noch: 1040 in comitatu waldense, in loco qui dicitur Osgo (Martignier et de Crousaz Diet 167 - Zimmerlill 142), 1040 Castrum in Ogo (Jaccard 313), 1228 Hays, heys, Oeyz, Oez, Ogga, Rua en Ogo (Stift Bf von Rougemont - Gatschet 6), o. J. Ougo, Oyes, des oyes, eis, oyes, Oyex, Oyz (Gatschet 6), o. J. Castrodunum (vgl. Zeerleder Nr 28 Note 8), Castrum ab Ogo (Studer 81). Ogo bezieht sich wohl eher auf die Landschaft als auf den Ort. 334 Vgl. Aebischer, in: RHV 28,9 Anm 6; DHV I 371: PN Otius. 335 Zu gall. *Ouxellön «hoher Ort» (idg. ups- «hoch», protokelt. *oupse!o «hoch», s. IEW 1106f), vgl. Usseau (F, Vienne, Leigne-sur-Usseau): 1065 Ussellum, 1103 de Usello, 1313 Uxea, Uxeau. Die Angaben zum Siedlungsnamen stammen aus einem interdisziplinären Kolloquium an der Universität des Saarlandes im Wintersemester 1991/92 (unter Leitung von W. Haubrichs u. a.). Eischol (CH, Wallis): 1250 Oiselz wird von J.U. Hubschmied ebenfalls als gall. *ouxello «Höhe, Anhöhe» gedeutet, vgl. Rübel 131 Anm 3. 336 Vgl. Glatthard 165. 337 Vgl. Steiger 15. 85
Nr. 36 Chenens (dt. Geinigen338) (CH, Freiburg, Saane) 1. 1138 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) u.ö. Guiberto de Chenens (Ld Altaeripae Nr 1), 1139 (Kop 1162-1172, lat) Cheineis (Ld Altaeripae Nr 1 Anmn), 1138 (Kop 1162-1172, lat) Guiberto de Cheinens (Ld Altaeripae Nr 31B), 1142339 (Or, lat) Wiberto de Cheinens (Ld Altaeripae N r D3), 1160-1180 (Or des Cart 12./ 13. Jh, lat) Rodulfl Calvi de Chenens (Ld Altaeripae Nr 160), 1182-1195 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) quod dicitur de Chenens (Ld Altaeripae Nr 163), 1192-1196 (Or des Cart 12./13. Jh, lat) Aleaz de Cheinens (Ld Altaeripae Nr 255), 1214 (Vid 1309, lat) Erluinus de Chinins (Cart Hautcret 52), um 1215 (Or, lat) O. de Cheneins (Matile 59), 1244 (Or, lat) in territorio de Escuvillens et dicitur terra de Cheineins (MDR XXII 51), 1248 (Or, lat) Chennens (Matile 109), 1301 (Or, lat) Thomassier de Cheynens (RD II 9), 1306 Wibertus de Geiningen (Studerus 115 Glatthard 170), 1403 chieniens (Stadelmann 309), 1445 Chenens (Stadelmann 309), 1449-1450 (Or und Kop) Geinigen (Stadelmann 309), 1577 Zeinin (Carte Schepf - Stadelmann 309), 1668 Chenens (Carte Von der Weid - Stadelmann 309), 1717 Chinnens (Jaccard 84), 1781 Chennens (Carte Mallet - Stadelmann 309), 1836 Chennens (Carte Labastrou - Stadelmann 309); Diet hist Suisse II 498 nennt ohne Jahresangabe Chegnens, Cheineins, Chieniens (MDR XII.XXXV) mda: tsene (Stadelmann 309; Slg Muret); Tseinen (Haefelin 170) 2. oberdt. *Kaginingös, vermutlich auf dieser Stufe erfolgte Übernahme ins Romanische (mit Patalalisierung von ka-)\ im Oberdeut-
338
Dt. Form laut Diet hist Suisse II 498. Nicht in Steiger. Nach Stadelmann 309 ist der deutsche Name vollkommen außer Gebrauch. Glatthard 170 nennt als deutsche Form Geiningen und verliest Stadelmanns Beleg von 1449 zu Geiningen (s. u.). 339 Von Stadelmann 309 ins Jahr 1143 datiert. 340 Vgl. Jaccard 84: Chagan; Müller, in: LRLV.l, 567: Chagan. Glatthard 170, Stadelmann 309f: *Cagan-ingen zur Wurzel Cag-, 341 Vgl. Stadelmann 309. 342 Vgl. Glatthard 170.
86
sehen w u r d e d a n n k > g r ü c k g ä n g i g g e m a c h t u n d agi > ei entwickelt (Geiningen)34i. 3.
Z u r A n l a u t v e r s c h ä r f u n g von k- < g- siehe K a u f m a n n , R u f n a m e n 67ff.
Entlehnungspaar: S N a u f
-ingen.
N r . 37 Chercenay 3 4 4 (dt. Zer Sonnen) ( C H , F r a n c h e s - M o n t a g n e s ,
Gde
Sou-
bey)345 1.
1139 (Or, Bulle, lat) capella de Cercenata
(Trouillat I 276), 1139 Zer
(Diet hist Suisse II 500), 1178 (Or, lat) capella 1429 (authentische Ü b e r s 18. J h , frz) de Chersenay
de Cercenata
Sonnen
(Trouillat I 366),
(Trouillat V 282)
Folgende Belege gehören eventuell auch zu diesem Namen 3 4 6 : 1305 (lat) Conradus de Sole (Bruckner, Merkwürdigkeiten der Stadt Basel 979 - Trouillat III 91), 1305 (lat) Cuno fratres dicti ad Solem (Bruckner, Merkwürdigkeiten Basel 970 - Trouillat III 93), 1307 (lat) per Hugonem ad Solem (Chronicon Alberti Argentinensis - Trouillat III 121), 1312 (Kop Ende 14. Jh, dt) Her Cüno zer Sunnen (Trouillat III 178), 1317 (Or, dt) Chin zer Svnnen (Trouillat III 260), 1323 (Kop 15. Jh, lat) Chüno ad Solem (Trouillat III 332), 1324 (lat) Conone dicto Zer Sonnen (Steyerer Histor Alberti Sapientis ducis Austriae219 Trouillat III 340), um 1345 (Note 15. Jh, lat) Cuno ad Solem ... Cuno de Sole (Trouillat III 564.565), 1353 (Or, dt) Lienharten zer Svnnen (Trouillat IV 70), 1359 (Or, dt) Lienhart zer Sunnen (Trouillat IV 135), um 1395 (Kop 1441, dt) Hug Zer Sunnen (Trouillat IV 587), um 1436 (Or, frz) de Chercenay (Trouillat V 338) 2.
< rom. Circinata
zu lat. clrclntts « u m z ä u n t e B a u e r n h ö f e » 3 4 7 (s. F E W 2.1,700:
circmus «Kreis, Zirkel», frz. cerneMH).
R o m . *circin(ay)
nen (mit falscher A b t r e n n u n g ) > zer Sunnen
> dt. *tsirsinen > *zer Si-
(Volksetymologie 3 4 9 ). Chessex g l a u b t
einen Z u s a m m e n h a n g z u sehen zwischen d e n in d e n r o m a n i s c h e n K a n t o n e n s t a r k verbreiteten N a m e n Cerniaz, Cierne, Ciernes, S i e m e s u n d e i n e m dialektalen A p pellativ, d a s einen gerodeten Platz bezeichne u n d d a s wahrscheinlich d a s d e v e r b a tive S u b s t a n t i v z u lat. circinare «cerner» sei 3 5 0 . Zur Palatalisierung von ki im An- und Inlaut s. Kapitel 6.1.1. 3.
Entlehnungspaar.
4.
Vgl. Cercenais, Cercenet ( C H , C o u r t e l a r y , s. J a c c a r d 63).
343
Freundlicher Hinweis von W. Haubrichs (Saarbrücken). Jaccard 63 nennt nur die romanische Form und den Erstbeleg. 345 Der Name ist nicht im Neuen Schweizerischen Ortslexikon verzeichnet, siehe aber Karte Nr. 1105 «Bellelay». Die Angabe der dt. Form erfolgt nach Trouillat I (Register). Vielleicht handelt es sich um eine Wüstung, vgl. Diet hist Suisse II 500: «II fut probablement detruit par les Suedois pendant la guerre de Trente ans et la paroisse transferee ä Soubey.» 346 Im Register zu Trouillat Illff werden diese Belege unter «Chercenay» bzw. «Zer Sonnen» aufgeführt, ohne daß klar ersichtlich wird, ob es sich bei beiden um denselben Ort handelt (vgl. dagegen Register in Trouillat I). 347 Vgl. Jaccard 63. 348 Zu Ortsnamen mit dieser Grundform siehe Jaccard 62/63 und Herbillon, in: BTD 28,43. 349 Zur Lage des Ortes vgl. Diet hist Suisse II 500: «hameau situe sur le versant Sud du Clos du Doubs.» 350 Vgl. Chessex, Noms de lieux forestiers 33. Er bemerkt aber außerdem: «II est possible que tel ou tel de ces noms de lieu proviennent de la meme racine circus, circinare (tracer un cercle, cerner>, circinus [...] etc., par l'intermediaire d'un terme dialectal tel que le patois cergno (ou cerfio) [...] ayant designe un terrain clos, une propriete entouree d'une cloture?» 344
87
Nr. 38 Chevenez (dt. Kefenach, Keffenach351) (CH, Jura, Porrentruy) 1. um 814 (lat) villae Chaviniacus et Curtis Udulphi (Trouillat I 94), 1139 (Or, lat) Curtem de Giuinei (Trouillat 1277), 1178 (Or, lat) Curtem de Chiuini (Trouillat I 366), um 1181 (Or, lat) aChiuene (Trouillat II 23) 352 , urn 1221 (Or, lat) Hugo de Chiuenir (Trouillat 1484), 1290 (Or, lat) in villa seu banno de Chivinye (Trouillat II 488), 1310 (Or, frz) a Cheueney (Trouillat III 165), 1314 (Or, frz) Thomas de Cheueney (Trouillat III 199), 1331 (Or, frz) de Zschyveney (Trouillat III 416), 1339 (Or, lat) in territorio seu confinio de Chyuaney ... in dicta villa Chyueney (Trouillat III 502), um 1347 (Note 15. Jh, lat) in Zschiuanney353 (Trouillat III 591), 1349 (Kop Ende 16. Jh, frz) Richard de Cheuene (Trouillat III 617), 1357 (Or, frz) en lai vile de Cheueney (Trouillat IV 112), 1359 (Or, frz) Rechart de Cheueney (Trouillat IV 139), 1360 (Or, frz) curie de Cheueney (Trouillat IV 155), 1363 (Kop 1414, frz) Rechart de Cheueney (Trouillat IV 203), 1373 (Or, frz) Rechars Quaresmantran de Cheuenay (Trouillat IV 334), 1385 (Or, frz) Perrin de Cheueney (Trouillat IV 459), 1389 (Or, frz) de la ville de Cheuenay (Trouillat IV 521), 1406 (Or, lat) Holriat de Cheueney (Trouillat V 204), 1438 (Or, frz) Robert Chamont de Cheuenez ... Cheueney (Trouillat V 359), 1438 (Kop 15. Jh, lat) Guillelmo de Cheueneyo ...de Cheueney (Trouillat V 363.364), 1492 (Übers 17. Jh nach dt. Or, frz) des villages de Courtedoux, Chevenez & Buix (Trouillat V 640), 1606 Ecclesia Sancti Mauritii de Chevenez (Vis 1606,206 - Slg Muret); ohne detaillierte Quellenangabe: 1179 Chavenei (Jaccard 88) - Patois: t$vni (Slg Muret) Identifizierungsprobleme: 968(?) (Nachzeichnung des 11./12. Jh, lat) Cha[.]vanc ist unsicher: vielleicht Chevenez/ Kevenach oder Chavannes (dt. Schaffis) (CH, Bern, Neuville), beide im N W des Kantons Bern, vgl. Schieffer 166,20; s. dagegen Kocherl 11 N r 5 Anm 12: «Nicht bestimmte Örtlichkeiten».
2. < gallo-rom. *Caviniacum zum PN Cavinius354 (s. Schulze 76). Der Erstbeleg (Identifizierung gesichert?) und die deutsche Doppelform mit durchgeführtem Primärumlaut verlangen diesen Ansatz. Die deutsche Form mit K- weist auf Übernahme vor der romanischen Palatalisierung von ka- und auf Übernahme nach Durchführung der Entwicklung ahd. k> ch hin. Das e in der deutschen Form zeigt Primärumlaut auf. Dagegen ist unwahrscheinlich, daß der Name aus dem Romanischen entlehnt wurde, nachdem dort ά[ nach Palatal > ie355 geworden war, denn die Entwicklung von k > tf wurde vor dem Wandel von ά > ie eingeleitet, s. Rheinfelder § 395. Der deutsche 351
Die deutschen Doppelformen führt Trouillat im Register an. Vgl. Steiger 12: der dt. Name Kevenach wird nur noch selten gehört. Boesch, Ortsnamenbild 175 nennt als deutsche Form Kebenach mit Bezug auf Aebischer, acum 33. 352 Hallauer § 6a erwähnt 1102 Chivene mit Trouillat II als Quelle. Dort konnte dieser Beleg nicht gefunden werden, nur Chivene um das Jahr 1181 (s. o.). 353 Langenbeck, Weiterleben I 163 Anm 10 notiert hier aber mit Berufung auf diese Quelle Zscheuann. 354 Vgl. Jaccard 88. 355 Vgl. Rheinfelder §§218.225; Hafner § 9.
88
N a m e zeigt z u d e m Ersatz von rom. ν d u r c h ahd. / (vgl. Keffenach (F, M ü h l h a u sen) 3 5 6 ), d e r a u f eine relativ späte Ü b e r n a h m e hindeutet. Die F o r m e n Zschyveney, Zschiuanney u n d Zscheuann legen deutsche Schreiber n a h e 3 5 7 u n d deuten a u f E n t l e h n u n g n a c h der rom. Palatalisierung, vgl. die Wiedergabe altfranzösischer Lehnwörter im Deutschen: m h d . tschastel = chastel, tschastellan = chastelain etc. 3 5 8 3. Entlehnungspaar: S N auf -(i)acum. 4. Vgl. Giebenach ( C H , Basel, südlich von Äugst); Gevenich ( a m Rhein); Kebenach ( G d e Waldenburg) (s. zu diesen N a m e n Boesch, O r t s n a m e n b i l d 175); Chavigny (F, M M , Nancy-Ouest): 1117 (Or) ecclesia S. Blasii Cauiniacensis, 1161 (Or) de Chivinue < *Cava[n]niacum/*Caviniacum (s. Buchmüller-PfafF N r 194 mit weiteren Vergleichsmöglichkeiten). Siehe auch H o l d e r l 8 7 l f u n d M o r l e t III 60b. Chevrilles siehe Giffers Chietres siehe Kerzers Chules siehe Gals Nr. 39 Coeuve (dt. Kuef 3 5 9 ) ( C H , Jura, Porrentruy) Liegt in französischem Sprachgebiet 360 . 1. 968 ( K o p 11./12. Jh, lat) Chöua sancti Gisonis (Schieffer 166,18; K o cher 111,8), 1136 (Or, lat) Henrico de Com ...de Coua (Trouillat I 263.264), 1152 (vid Kop, lat) Henrico de Coua (Trouillat I 321), u m 1170 (Graduel 12. Jh, lat) ad Cowam361 (Trouillat 1350), 1175 ( K o p 1414, lat) Heinricus de Cuva (Trouillat I 359), 1181 ( K o p 1414, lat) Apud Chouva (Trouillat I 386), 1225 (Kop, lat) Lodoico de Chova (Trouillat I 505), 1225 ( K o p 1414, lat) Apud Chova (Trouillat I 500), 1230 (Or, lat) Ludowico de Chova (Trouillat I 517), 1254 (Or, lat) de Couve (Trouillat 1604), 1262 (Or, lat) Rodulfus domicellus de Cueve (Trouillat V 145), 1271 (Or, lat) Lodowicus domicellus dictus de Cvua (Trouillat II 221), 1279 ( K o p 1414, lat) Rüdolphi de Cuefue (Trouillat II 317), 1284 (Or, lat) Renaldi de Cüve (Trouillat II 405), 1285 ( K o p 1441, lat) Petro de Cüua (Trouillat II 410), 1290 (Or, lat) bannis de Cova (Trouillat II 488), 1293 (Or, frz) Vellemins diz Rossaz escuers de Queuue (Trouillat II 561), 1293 ( K o p 1414, lat) Rüdolfus de Cüue ...de Cüua (Trouillat II 549), 1296 ( K o p 1414, lat) Reynaldus nobilis de Cüva 356
Vgl. Kaspers, in: ZONF 12,221. Vgl. Langenbeck, Weiterleben 1163. 358 Vgl. Voretzsch/Rohlfs, Einführung 16. 359 Vgl. Steiger 13: dt. Name Kuef (Aussprache: ue und nicht ü) nur noch selten gehört. Jaccard 97 verzeichnet als deutsche Form Kuff, s. aber Steiger 13, Diet hist Suisse II 534, Schieffer 424, Kocher I 274. 360 Vgl. Steiger 13. 361 Vom Diet hist Suisse II 534 verschrieben zu Chowamt 357
89
(Trouillat II 608), 1305 (Or, lat) Reynaldo de Cvue (Trouillat III 85), 1305 (Kop, lat) Beba de Choua (Trouillat III 88), 1307 (Or, frz) Vuillermins diz Rousses de Cuue (Trouillat III 111), 1308 (Or, lat) Gwillelmus de Cuue (Trouillat III 124), 1310 (Or, lat) Reynaldum de Küffe ... Theobaldum de Küffe (Trouillat III 159), 1317 (Kop 1324, frz) jorrnee fuit prise ai Cuue (Trouillat III 255), 1321 (Or, frz) Renal de Cuue (Trouillat III 291), 1327 (Or, frz) Renalz de Cuue (Trouillat III 373), 1345 (Or, lat) in banno seu confinio ville de Coue (Trouillat III 572), 1357 (Or, frz) Thomax de Coue (Trouillat IV 114), 1360 (Or, frz) de Coue (Trouillat IV 156), 1372 (Or, frz) de Coue (Trouillat IV 308), 1385 (Or, frz) Henry de Coue dit Du Pray (Trouillat IV 459), 1386 (Kop 15. Jh, lat) Cueve (Trouillat IV 468), 1386 (Or, frz) Henriz de Coue dit Grue (Trouillat IV 479), 1389 (Or, frz) de Coue (Trouillat IV 521), 1400 (Or, frz) de Cueue (Trouillat IV 627), 1400 (koll Kop 16. Jh, lat) Henricus a Prato, loci de Kueff (Trouillat IV 631), 1404 (Or, frz) de Cove (Trouillat V 197), 1406 (Or, frz) ά Coue (Trouillat V 209), 1451 (Or, frz) Thiebault Briend de Cueve (Trouillat V 398), 1485 (Or, frz) Guillaume de Cueve (Trouillat V 595), 1606 Ecclesia ...de Ceuve (Vis 1606,200 - Slg Muret); ohne genaue Quellenangabe: 1410 Cauva (Jaccard 97) - Patois: etyoev (Slg Muret) 2. < vlat. *cüpa (frz. cuve, afrz. cueve) «Vertiefung, Grube» 362 (vgl. FEW II 1548: cüpa)l Die Übernahme ins Alemannische erfolgte vermutlich auf der Stufe Cueve, nachdem die k-Verschiebung abgeschlossen war, denn k- im Anlaut blieb hier erhalten. Im Alemannischen wurde lat. ν als / übernommen (spätere Übernahme, s. Kapitel 6.2.5). Boesch wählt mit Fragezeichen als Ansatz lat. cippus «Grenzstein» (vgl. ahd. kipha, Frings II 182)363; dies ist im Hinblick auf die urkundlichen Belege unwahrscheinlich. Müller erwägt, daß der Name sich auch vom G W N La Coeuvatte (Nebenfluß der Allaine) herleiten könne, die hier entspringt 364 .
3.
Entlehnungspaar.
Nr. 40 Conthey (dt. Gundis365) (CH, Wallis, Conthey) Liegt in französischem Sprachgebiet 366 .
1. Ende 8./Anfang 9. Jh zum Jahr 515 (Kop Ende 12. Jh, lat) in pago Valensi alias curtes ita nominatas: Contextis367 (Theurillat 80), Ende 8./Anfang 9. Jh zum Jahr 515 (Kop Ende 14. Jh) alias curtes scilicet Contextis ... (Theurillat 80), 362
Vgl. Jaccard 97. Vgl. Boesch, in: Onoma 20,178. 364 Mündlicher Hinweis von W. Müller (Boudry). In Diet hist Suisse II 534 wird dagegen der G W N vom Namen des Ortes hergeleitet: «Affluent de l'Allaine qui prend sa source ä Coeuve, d'oü son nom de Coeuvatte.» 365 Vgl. Steiger 12: dt. Name in der Gegend noch allgemein gebräuchlich. Im Diet hist Suisse II 574 wird die dt. Form nicht genannt. 366 Vgl. Steiger 12. 367 In M D R 29 Nr 7 wird von Gremaud Contextrix gelesen, so auch in Anlehnung daran verzeichnet bei Diet hist Suisse II 574 und bei Zimmerli III 6, aber bei letzterem mit der Anm 1: «Aubert 1,206 hat Contextis.» 363
90
11. Jh (Or?, lat) ante oppidum Conteiz ( M D R 8,350) 368 , 1131 (Kop 13. Jh, lat) Anselmus de Contez ( M D R 8,357), 1162-78 (Kop 12. Jh, lat) Conteiz ( M D R 8,365) 369 , 1179 (lat) Vmbertus de Contez ( M D R 29 Nr 160), 1189 Umbertus de Conteil (Furrer 48 - Slg Muret; Gatschet 197), 1212 (Kop 13. Jh, lat) Aymo miles de Conteiz ( M D R 29 Nr229 3 7 0 ), 12 1 7 371 (Or, lat; Kop 13. Jh, lat) ego Rodulphus uicedominus de Contegio ( M D R 29 Nr259), 1218 (Or, lat) Ro. de Conteiz ( F R B I I 13 372 ), 1260 (lat) subtus Contey ( M D R 30,43), 1260 (Or?, lat) apud Contesium ( M D R 30,53), 1284 c. castellanus de Contesio (Jaccard 103; M D R XVIII - Gatschet 197), 1285 (Kop, lat) et castro de conteysio (Slg Muret), 1302 (Kop Ende 16. Jh, lat) prati Perrodi de Contegio ( M D R 31,43), 1314 (Or?, lat) de Contegio ( M D R 31,246 373 ), 1345 (Or?, lat) de Contez ( M D R 32,412), 1352 (Or?, lat) Guillermodus de Conteis ( M D R 33,50), 1432 (Kop, lat) prope aquam Morgie Contegii ( M D R 39,11), 1446 (Or?, lat) in territorio Contegii ( M D R 39,327), o. J. Contes (Gremaud - Diet hist Suisse II 574), o. J. Cuntez (Sittener Jahrzeitb - Gatschet 197) 374 ; ohne detaillierte Quellenangabe: 1294 Contiouz (Jaccard 103), 1324 villa Conthegii (Studer 85) - mda: kdtet (Zimmerli III 4); a kots (Slg Muret) 2. < kelt. *Contiscus1 zum PN Contius375 (s. Holder 11108) oder < lat. *contegiuni! «Ort zum Bedecken, Bewahren von Gegenständen», mlat. contexta, contesta «Schranke, geflochtene Umzäunung» 3 7 6 (s. F E W 2.2,1106: contextus). Die deutsche Form behält das romanische Final-s und zeigt Wandel von k > g377. Außerdem macht auch der Wandel von on > un (vgl. Bundtels, C H , Katalog) frühe Übernahme wahrscheinlich. Jaccard bevorzugt die Herleitung aus condate «Zusammenfluß», da der Ort nicht weit von der Mündung der Morge in die Rhöne liege; nach Muret ist diese Deutung unzutreffend378. 3.
Entlehnungspaar: i-Name 3 7 9 .
368
Identisch mit: um 1100 Conteiz (Capitelrodel - Gatschet 197; Müller, LRLV,1, 566)? Jaccard 103 erwähnt: Ende 11. Jh Contiez. Verschreibung? 370 Zimmerli III 6 identifiziert folgenden Beleg, der sich in derselben Urkunde befindet, mit Conthey/ dt. Gundis: 1212 (Kop 13. Jh, lat) ego Anselmus de Piano Conteiz. Stimmt diese Identifizierung? Den Beleg Aymo miles de Conteiz erwähnt Zimmerli nicht. Das Regest der Urkunde Nr 229 lautet: «Anselme de Plan-Conthey vend ä Aymon, doyen de Sion, ses droits sur les hommes de Vernet a Neindaz.» 371 Zu dieser Jahreszahl vgl. Jaccard 103: Conthey; Gatschet 197: Contegium, homines de contractu de Conthey (Quelle: Furrer III). 372 Seitenzahl von Zimmerli III 6 verschrieben zu 12. 373 Falsche Quellenangabe von Zimmerli III 6, der Beleg findet sich nicht auf Seite 239 - wie Zimmerli angibt sondern auf Seite 246. 374 Zimmerli III 6f stellt die urkundlichen Belege von Conthes, Plan-Conthey und Sensine unterschiedslos in einem einzigen Abschnitt zusammen. 375 Vgl. Muret, Rez. zu Jaccard 158 Anm 5; Müller, in: LRLV,1, 566. 376 Vgl. Studer 85; Gatschet 197. 377 Zu diesem Wandel im Oberdeutschen s. Braune/Eggers § 144; so zeigt ζ. B. das Südbairische bis zum Jahr 700 ch, bis 1000 g, dann mhd. k. 378 Vgl. Muret, Rez. zu Jaccard 148. 379 Vgl. Schmid 52. 369
91
4. Vgl. Planconthey (CH, Wallis): 1212 (Kop 13. Jh, lat) Anselmus de Piano Conteiz (MDR 29 N r 229). Nr. 41 Corban (dt. Battendorf380) (CH, Jura, Delemont) Liegt laut Steiger 9 in französischem Sprachgebiet.
1. um 1184 (Or, lat) Henricus de Batthendorf81 (Trouillat I 392 382 ), 1308 (Vid 1312, lat) decima de Corbanm ... decima Corbann, lies: Corbaum, Corbaun383 (Trouillat III 132), 1317 (Or, lat) apud Corbaon (Trouillat III 259), 1394 (Or, dt) z