Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Band 3 Sachenrecht: Amtliche Ausgabe [2., unveränd. Aufl. Reprint 2020] 9783112377420, 9783112377413


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German Pages 869 [872] Year 1896

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Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Band 3 Sachenrecht: Amtliche Ausgabe [2., unveränd. Aufl. Reprint 2020]
 9783112377420, 9783112377413

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Motive zu dem Entwürfe eines

Bürgerlichen Gesetzbuches für das

Deutsche Reich. Band III.

Sachenrecht. Amtliche Ausgabe.

Zweite unveränderte Auflage.

Berlin SW^ Wichelmstr. 119/190.

I. Guttentag,

Verlagsbuchhandlung. 1896.

Drittes Buch. Sachenrecht.

Allgemeine Gesichtspunkte. I. Stellung des Sachenrechtes in dem Systeme des Entwürfe-. Das Sachenrecht nimmt in dem Systeme des Entwurfes eine selb- ®e{^äbnebei9= ständige Stellung ein. Schuldverhältnisse und

Es schließt sich ab einerseits gegen das Recht der S-chr-r-chiee das Familienrecht, andererseits gegen das Erbrecht. Oberen"

Seine Selbständigkeit beruht wesentlich in dem Gegensatze zwischen dinglichem Nechmhe,len. und persönlichem Rechte. Denn während das Obligationenrecht und das Familienrecht nur die rechtlichen Beziehungen der Personen zu einander in's Auge fassen und daher grundsätzlich nur mit persönlichen Rechten es zu thun haben, das Erbrecht aber den Uebergang des Vermögens einer verstorbenen Person auf eine andere bestimmt, hat das Sachenrecht die Aufgabe, die recht­ lichen Beziehungen der Person zur Sache, mithin vornehmlich die dinglichen Rechte zu ordnen. Aeltere Gesetzbücher, namentlich das preußische Allgemeine Landrecht und der code civil, vermengen vielfach obligationenrechtliche und sachenrechtliche Vor- ter Sch-Id. schristen mit einander, indem sie die in jedem subjektiven Rechte, auch in dem oetWItn bestehenden Meinungsverschiedenheit darüber, ob diese Institute dem Gemein­ wohle förderlich sind oder nicht, wird man davon ausgehen dürfen, daß in den Gebieten, in welchen sie keine Geltung haben, die Ansicht vorherrscht, daß ihre Einführung keinen Nutzen bringen, sondern schädlich wirken würde. Vom politischen Standpunkte wäre es daher bedenklich, diesen Gebieten von Reichs­ wegen das eine oder das andere Institut aufzudrängen. Nun wäre es fteilich möglich, alle drei Institute in dem bürgerlichen Gesetzbuche zu regeln, die Geltung der zu treffenden Bestimmungen aber für diejenigen Länder und Landestheile, in welchen man ein solches Sonderrecht bisher nicht hatte, von einem Akte der Landesgesetzgebung abhängig zu machen. Allein damit wäre wohl das Prinzip der Kodifikation gewahrt, die von derselben bezweckte Rechts­ einigung dagegen nicht erreicht. Muß man aber auf die Rechtseinigung ver­ zichten, so ist es besser, auch die Kodifikation zu unterlassen. Praktische Vortheile von einigem Belange wären davon nicht zu erwarten, da die zu regelnden Verhältnisse nur von lokaler Bedeutung sind. Jedenfalls würden sie überwogen werden von den Unzuträglichkeiten, welche eine Aenderung des geltenden Rechtes gerade für diese in den einzelnen Gebieten sehr verschieden gestalteten Verhältnisse zur Folge haben müßten. Es empfiehlt sich daher, es bei der Zuständigkeit der Landesgesetzgebungen für die fraglichen Rechtstnaterien

6

Allgemeine Gesichtspunkte.

zu belassen und von Reichswegen nur insoweit einzugreifen, als es die Durch­ führung gewisser Grundprinzipien des Gesetzbuches nöthig macht. kitnrechtrc. Zu 6. Bei dem Lehnrechte, der Emphyteusis, dem Erbzinsrechte und dem Erbpachtrechte handelt es sich um Einrichtungen, welche einer längst vergangenen Gestaltung der politischen und wirthschaftlichen Ver­ hältnisse ihre Entstehung verdanken. In den meisten Staaten ist die Gesetz­ gebung auf die Beseitigung dieser Institute bedacht gewesen. Die verbliebenen Reste derselben sind dem Absterben verfallen und deshalb zur Aufnahme in das bürgerliche Gesetzbuch nicht geeignet. Soweit sie nicht schon jetzt aus dem Rechtssysteme vollständig entfernt werden können, muß die Aufgabe, mit ihnen sich abzufinden, den Landesgesetzgebungen belassen werden. Wenn hiernach die unter 1.- 6. bezeichneten Rechtsmaterien von der gegenwärtigen Kodifikation ausgeschlossen sind, so können sie doch dem Einflüsse derselben sich nicht entziehen. Insoweit, als sie in dem allgemeinen Privat­ rechte ihre Ergänzung finden, wird auch für sie das bürgerliche Gesetzbuch gelten. Es werden aber außerdem verschiedene Vorschriften erforderlich sein, um die wünschenswerthe Harmonie zwischen den Sonderrechten und dem Gesetz­ buche herzustellen. Der geeignete Ort für diese Vorschriften ist das Einführungs­ gesetz. Der Begründung des letzteren muß auch die nähere Darlegung des hier nur angedeuteten Verhältnisses des Gesetzbuches zu den im Einzelnen nicht kodifizirten Sondenechten vorbehalten bleibens.

IV. Die Rechtsgeschäfte des Sachenrechtes, insbesondere der dingliche Vertrag. Gestaltung 1. Aus der selbständigen Stellung, welche das Sachenrecht in dem schäfte nack> Systeme des Privatrechtes einnimmt, folgt mit Nothwendigkeit, daß die Gesetzchre» eigenen gebung auch die Rechtsgeschäfte, welche den sachenrechtlichen Verkehr vermitteln, Zwecken. ima^jingig von beit Rechtsgeschäften anderer Theile des Systemes auffassen und gestalten muß. Diese Unabhängigkeit hat überdies eine geschichtliche Grundlage: Bei den Römern zeigte sie sich in der mancipatio und der in jure cessio, später in der traditio, bei den Deutschen vornehmlich in dem Institute der Auflassung. Die gemeinrechtliche Doktrin des vorigen Jahrhundertes und die unter ihrem Einflüsse entstandenen Gesetze wichen indessen von dem richtigen Standpunkte ab, indem sie, wie bereits hervorgehoben wurde, für die Erwer­ bung der dinglichen Rechte einen besonderen Titel (Erwerbstitel, Rechtstitel, Rechtsgrund) neben der Erwerbungsart (modus acquirendi) als Erforderniß aufstellten. Wäre dieser Weg der richtige, so müßte er dahin führen, daß die Ungültigkeit des Titels die dingliche Rechtsänderung verhinderte, dem Ver­

äußerer daher zur Wiedererlangung des dem Erwerber Zugewendeten die dingliche Klage zustände. In Wirklichkeit jedoch hat man in dem gesetzten Falle, wenn nur der Wille der Betheiligten auf die Veräußerung und bezw. die Erwerbung gerichtet und gehörig erklärt worden ist, nur eine persönliche Klage (condictio) zugelassen, mithin anerkannt, daß die dingliche Wirkung des *) Vergl. die Anm. I. und II. zur Ueberschrift des dritten Buches des Entwurfes.

Die Rechtsgeschäfte des Sachenrechtes.

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Geschäftes unabhängig von dem Titel eintritt. Ist aber das Erforderniß deö Titels für den rechtsgeschäftlichen Erwerb und Verlust der dinglichen Rechte bedeukmgslos, so muß die Gesetzgebung es fallen lassen, wenn sie nicht Gefahr­ laufen will, das Wesen der Rechtsverhältnisse zu verdunkeln und dadurch die Sicherheit im Rechtsverkehre zu gefährden. Die sachenrechtlichen Geschäfte sind demnach in dem Entwürfe lediglich nach ihren eigenen Zwecken geordnet. Der Zweck eines solchen Geschäftes kann sein: Begründung, Belastung, Uebertragung oder Aufhebung eines dinglichen Rechtes. An den Inhalt des einzelnen Geschäftes ist daher nur die An­ forderung zu stellen, daß der auf den Zweck des Geschäftes gerichtete Wille der Betheiligten erklärt wird. Die sachenrechtlichen Geschäfte sind nothwendig abstrakter Natur. Sie unterliegen den die Rechtsgeschäfte regelnden Vorschriften des Allgemeinen Theiles, soweit nicht das Sachenrecht etwas Besonderes fest­ setzt, den Vorschriften des Obligationenrechtes dagegen nur insoweit, als das Gesetz zu erkennen giebt, daß die Anwendung derselben von ihm gewollt ist. Die hauptsächlichste Besonderheit liegt darin, daß für die meisten dinglichen Rechtsgeschäfte das Prinzip der Formfteiheit nicht gilt, die erforderliche Willens­ erklärung vielmehr in einer bestimmten Form abgegeben oder doch von einem formalen Elemente begleitet sein muß, um die beabsichtigte sachenrechtliche Wirkung hervorzubringen. Dieses Element ist für die beweglichen Sachen die Uebergabe ^Tradition), für die unbeweglichen die Eintragung in das Grundbuch, bezw. die Uebergabe des Hypotheken- oder des Grundschuldbriefes an den Erwerber. 2. Das wichtigste Rechtsgeschäft ist der Vertrag, und zwar nicht D« dinglich« minder für das Sachenrecht als für das Recht der Schuldverhältnisse. e9‘

Ein Vertrag ist vor Allem die Tradition des gemeinen Rechtes, insonder­ heit das zur Uebertragung des Eigenthumes erforderliche Rechtsgeschäft. Die Ansicht, daß das Vertragsmoment nicht sowohl in der Uebergabe der Sache als vielmehr in dem derselben regelmäßig vorhergehenden obligatorischen Ver­ trage liege, läßt sich auf die mißverständliche Auffassung einer Digestenstelle *) zurückführen. Für den Entwurf erledigt sie sich mit der Abweisung der Theorie vom titulus und modus acquirendi. Zwar ist auch die Meinung vertreten,

daß die in der Tradition sich vollziehenden Willenserklärungen des Veräußerers und des Erwerbers von einander unabhängig und folglich als einseitige Er­ klärungen anzusehen seien. Allein der natürlichen Betrachtung des Verhält­ nisses entspricht dies nicht. Wer seine Sache einem Anderen in der Absicht der Eigenthumsübertragung übergiebt, thut es nur, weil und sofern der Andere das Eigenthum erwerben will, und dieser wieder eignet sich die Sache nur an, weil und sofern jener den Uebertragungswillen hat. Es bekundet sich also in der Tradition nicht blos eine äußerliche Uebereinstimmung des Willens beider in der Richtung auf den nämlichen rechtlichen Erfolg, sondern eine wirkliche Willenseinigung über denselben. In der Rechtswissenschaft wird denn auch die Vertragsnatur der Tradition nur noch vereinzelt bestritten. Wenn in der Praxis die richtige Erkenntniß noch nicht überall zum Durchbruche gelangt

*) L. 31 pr. D. de acqu. rer. dorn. 41, 1. 1. 20 Cod. de pact. 2, z.

Siehe dagegen 1. 36 eod. und

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Allgemeine Gesichtspunkte.

ist, so wird man die Erklärung hierfür vornehmlich darin suchen müssen, daß die Gesetzgebungen bisher gezögert haben, das in der Uebergabe sich vollziehende Rechtsgeschäft als Vertrag zu bezeichnen. Der Entwurf läßt in dieser Hinsicht keinen Zweifel über den Standpunkt, welchen er entnimmt. Indem er aus­ drücklich ausspricht, daß jenes Geschäft ein Vertrag ist'), beugt er weiteren Unklarheiten und irrigen Auffassungen vor. Daneben ergiebt sich der Vortheil, daß den Vertragsvorschriften des Allgemeinen Theiles die Anwendung auf die Veräußerung gesichert, hierdurch aber eine nicht zu unterschätzende Knappheit in den aufzustellenden Bestimmungen ermöglicht wird.

Daß das, was hier von der Vertragsnatur der Eigenthumsübertragung gesagt ist, auch von den übrigen durch Tradition3) sich vollziehenden Rechts­ geschäften gelten muß, wird einer allgemeinen Rechtfertigung nicht bedürfen. Ein dinglicher Vertrag ist aus den angeführten Gründen in allen Fällen erforderlich, in welchen Jemand mittels Rechtsgeschäftes eine Sache oder ein Recht an einer solchen von einem Anderen erwerben soll, also namentlich auch dann, wenn die Erwerbung nicht davon abhängt, daß der Besitz oder die Jnhabung der Sache dem Erwerber eingeräumt und von demselben ergriffen wird, d. i. nach den Vorschriften des Entwurfes in denjenigen Fällen, in welchen ein Grundstück den Gegenstand des Geschäftes bildet, bezw. die Eintragung in das Grundbuch das die Rechtsänderung vollendende formelle Moment ist3). Daß der dingliche Vertrag ein verschiedenes Gepräge annimmt, je nach­ dem zur Erreichung seines Zweckes die Eintragung oder die Tradition erforderlich ist4), wird sich aus der Begründung der vorgeschlagenen Bestimmungen ergeben. Hier ist nur auf die gemeinsamen Grundsätze aufmerksam zu machen, welchen die verschiedenen Fälle unterliegen. Diese Grundsätze sind nach den bisherigen Erörterungen, kurz zusammengefaßt, folgende: Grmbsitza) Für den dinglichen Vertrag gelten die Normen des allgemeinen Theiles Vertrage«.'11 über Rechtsgeschäfte, insonderheit diejenigen über den Vertrag, sofern nicht ihre

Unanwendbarkeit aus den Vorschriften des Sachenrechtes sich ergiebt. b) Der dingliche Vertrag ist seinem Begriffe nach ein abstraktes Geschäft. c) Er bezweckt nicht, eine obligatorische Verpflichtung zu erzeugen, sondern ein Recht an der Sache zu begründen oder ein begründetes Recht zu ändem, zu belasten oder zu übertragen3). Zur Aufhebung eines Rechtes bedarf

es in der Regel keines Vertrages3).

’) Vergl. § 874. 2) Tradition bezeichnet hier die Fälle, in welchen nach dem Entwürfe nicht der Besitz, sondem die Jnhabung dem Erwerber eingeräumt und von demselben ergriffen wird. — Vergl. §§ 983, 1011, 1147, 1210. 3) Vergl. 8ß 828, 868, 962, 969, 982, 1011, 1023, 1038, 1043, 1048, 1054, 1064, 1065, 1087, 1100, 1106, 1107, 1126, 1129, 1134, 1136, 1144, 1208. 4) Deshalb ist eine für das Recht der beweglichen und das Recht der unbeweglichen

Sachen gemeinsame Regelung ausgeschlossen. 5) Vergl. die Anm. 1—3. 6) Anwendung der Regel: 88 965, 977, 1015, 1016, 1021, 1048, 1061, 1189; Ausnahmen: 88 1091, 1108, 1125, 1136.

Die Bucheinrichtung; geschichtliche Rückblicke.

9

d) Der Zweck des Geschäftes bringt es mit sich, daß dasselbe gültig nur errichtet werden kann, wenn demjenigen, welcher über die Sache oder das Recht zu Gunsten des anderen Vertragschließenden verfügt, die Sache gehört oder das Recht zusteht. Diese Regel erleidet indessen aus Rücksicht auf das praktische Bedürfniß verschiedene Ausnahmen.') e) Das Verhältniß des dinglichen Vertrages zu dem obligatorischen Geschäfte ist das der Leistung zu dem rechtlichen Motive derselben. Der Vertrag besteht, wenn auch das Motiv fehlt oder wegfällt. Der Verletzte kann die Leistung nur kondiziren?)

V. Die Bucheinrichtung als Grundlage des Jmmobilienrechtes. 1. In der Entwickelung des römischen Rechtes treten überall die rein >- Geg-as-tz logischen und privatrechtlichen Gesichtspunkte in den Vordergrund; der natür- römifitenunb

liche Unterschied zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen hat nuv einen geringen Einfluß auf die Gestaltung des Sachenrechtes. Im deutschen Rechte dagegen spielt dieser Unterschied eine wichtige Rolle. Die Verknüpfung politischer Rechte mit dem Besitze von Grund und Boden sowie die hiermit zusammenhängende Beschränkung des Besitzers durch das Recht des nächsten Erben erhoben den Grundbesitz im Mittelalter zu einer Bedeutung, welche die Ausbildung eines Sonderrechtes für die Grundstücke zur Folge haben mußte. Die Grundlage dieses Sonderrechtes war die Oeffentlichkeit der Rechtsverhält­ nisse, in welchen die einzelnen Grundstücke standen. In älterer Zeit war eine ausreichende Oeffentlichkeit dadurch gewährleistet, daß die Rechtsgeschäfte, welche eine Aenderung des jeweiligen Rechtsverhältnisses bezweckten, vor der ver­ sammelten Gemeinde vorgenommen wurden. Später, als mit dem wachsenden Verkehre auch die Schreibekunst sich ausbreitete, ging man dazu über, die Geschäfte schriftlich zu beurkunden und die Urkunden zu sammeln, um das Geschehene der Vergessenheit zu entrücken. Auf diesem Wege gelangte man in vielen Gebieten, namentlich in den verkehrsreichen Städten, zur Anlegung und Führung öffentlicher Bücher, welche über die Rechtsverhältnisse des Grund­ besitzes sichere Auskunft geben konnten. Diese Einrichtung hielt fteilich nicht Stand, als das römische Recht in Deutschland sich Geltung verschaffte;

rechte.

nur in einigen Städten, namentlich in Hamburg und Lübeck, vermochte sie sich zu behaupten und bis auf die Gegenwart fortzubilden. Allein der Gedanke, auf welchem sie beruhte, wurde von Neuem belebt, als im vorigen Jahr­ hunderte das bürgerliche Recht für den preußischen Staat einheitlich

gestaltet wurde. 2. Die preußische Hypoth.O. v. 20. Dezember 1783 rief eine vollständige r- Die m». und den modernen Verhältnissen entsprechende Bucheinrichtung ins Leben. g'?*

Ob und in welchem Maße sie Berührungspunkte mit ihren mittelalter-in ?«»*«« > lichen Vorgängern hatte, ist eine Frage, bte. nur von rechtsgeschichtlichem Interesse ist. Hier ist nur hervorzuheben, daß die. Gesetzgebung das Oeffent-

!) Vergl. §§ 830, 837, 838, 876—879, 1083. 2) Vergl. §§ 829, 874, 878, 880, 983, 1021, 1147.

10

Allgemeine Gesichtspunkte.

lichkeitsprinzip, welchem sie die Rechtsverhältnisse unterstellte, nicht sowohl wegen der politischen Bedeutung des Grundbesitzes, als vielmehr aus Rücksicht auf die Bedürfnisse des Grundstücksverkehres und des Realkredites in das System des Sachenrechtes einführte. Der ausgesprochene Zweck der Hypotheken­ ordnung war „die Feststellung der Eigenthumsrechte und des Kredites der Besitzer unbeweglicher Grundstücke und die Sicherung des Publikums bei den darauf gemachten Anlehnen." Das Gesetz gab deshalb Vorschriften darüber, „wie die Hypothekenbücher einzurichten, was für Realrechte und Lasten in selbigen zu vermerken und was bei deren Eintragung, Umschreibung auf Andere, oder Löschung, .... zu beobachten" sei *). Alle selbständigen Grund­ stücke sollten in dem Buche verzeichnet, jedem Grundstücke ein besonderes Folium angewiesen, der Besitztitel des Eigenthümers berichtigt und der als Besitzer Eingetragene für den wahren Eigenthümer angesehen, alle Hypotheken- und Realverbindlichkeiten, mit Ausnahme der gemeinen Lasten, in dem Buche ein­ geschrieben und alle Veränderungen, welche der Realzustand erfahren würde, sorgfältig nachgetragen werden.*2)3 Die Absicht war hiernach erkennbar die, das gesammte Jmmobilienrecht auf der Grundlage der Bucheinrichtung zu regeln, bei dem Karakter des Hypothekenbuches als eines Pfandbuches nicht stehen zu bleiben, sondern dasselbe zu einem wirklichen Grundbuche zu machen. Das Allgemeine Landrecht ging indesien nicht so weit. Es erkannte das Publizitätsprinzip und das Eintragungs­ prinzip nur zu Gunsten der hypothekarischen Belastung an. Im Uebrigen wurde das Traditionsprinzip des römischen Rechtes nicht aufgegeben. Das Eigenthum konnte nur durch Uebergabe erworben werden, und auch die Begründung begrenzter Rechte an einem Grundstücke blieb für die wichtigsten Fälle unabhängig von der Eintragung in das Hypothekenbuch. Die Besitztitelberichtigung hatte im Wesentlichen nur die Bedeutung, daß der als Besitzer Eingetragene mit gutgläubigen Dritten alle eine Uebergabe des Grundstückes nicht erfordernden dinglichen Rechtsgeschäfte gültig vornehmen konnte, auch wenn er in Wahrheit nicht der Eigenthümer war?) Die spätere Gesetz­ gebung verlieh auch noch formell den Hypothekenbüchern das Gepräge des Pfandbuchsystemes, indem sie die bisher bestandene Zwangspflicht zur Berich­ tigung des Besitztitels beseitigte.4). Erst in neuerer Zeit hat sich der Ueber« in anderen Bundes­ staaten;

gang zum Grundbuchsysteme in Preußen vollzogen. In anderen Bundesstaaten ging man ebenfalls an eine Reform des Jmmobilienrechtes. Das Traditionsprinzip sowie die gesetzlichen und generellen Hypotheken des gemeinen Rechtes erwiesen sich immer mehr als unvereinbar mit den Anforderungen, welche das zunehmende Kreditbedürfniß der Gmndbesitzer an die Rechtssicherheit stellte. Während einige Staaten dieses Bedürfniß durch eine Reform des Hypothekenrechtes befriedigen zu können !) Ging, der Hypoth. O. v. 20. Dezember 1783. 2) Hypoth. O. I 88 6, 8, 41 ff., II, 88 92, 109. 3) A. L. 91. I, 10 88 10 ff-, I, 20 8 410; Plen. Beschl. des vorm. OberTrib. zu Berlin v. 7. Juli 1851, Entsch. 21 S. 10. 4) Kab. O. v. 31. Oktober 1831.

Die Bucheinrichtung; die moderne Gesetzgebung.

11

glaubten und deshalb das Pfandbuchsystem einführten, erstreckten andere die Reform auch auf die Regelung des Eigenthumserwerbes und gelangten so zur Annahme des Grundbuchsystemes. Gegenwärtig bildet dieses oder jenes System in den weitaus meisten Staaten, in welchen das gemeine Recht gilt, die Grund­ lage des Jmmobilienrechtes. Daneben besteht in ausgedehnten Gebieten noch das Transskriptions- und i« franz. Jnskriptionssystem des französischen Rechtes. Der code civil erinnert durch sie­

bte Schärfe, mit welcher er die Verschiedenheit der Behandlung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen durchgeführt hat, an die germanische Auffassung. Aber die Art und Weise, wie das Jmmobilienrecht in ihm gestaltet ist, steht in einem auffälligen Gegensatze zu der Entwickelung auf deutschem Boden. Das Eigenthum wird nach ihm durch formlosen Vertrag übertragen, und wenn auch das sogenannte Transskriptionsgesetz (loi sur la transcription en matiers hypothecaire) vom 23. März 1855 die Eintragung der Erwerbsurkunden und gewisser Urtheile in das Transskriptionsregister vorschreibt, so knüpft es doch den Eigenthumserwerb selbst nicht an die Eintragung. Die Rechte aus den der Transskription unterliegenden Akten können zwar dritten Personen, welche Recht an der Liegenschaft erworben und gewahrt haben, bis zur Trans­ skription nicht entgegengehalten werden. Die materiellen Wirkungen aber, welche das Gesetz mit der Transskription verbindet, bestehen im Wesentlichen nur darin, daß dieselbe die Wiederauflösungsklage des Veräußerers und die Inskription von Hypotheken und Privilegien gegen denselben zu Gunsten Dritter gewissen Beschränkungen unterwirft. Im Uebrigen sind die privilegirten Hypotheken beibehalten, und die Eintragung der vertragsmäßigen und der richterlichen Hypotheken in das Jnskriptionsregister hat nur die Bedeutung, daß die Reihenfolge, in welcher sie vorgenommen wird, für die Rangordnung der Gläubiger maßgebend ist. Ein ganz eigenartiges Jmmobilienrecht hat sich in Bremen unter Fortbildung der Auflassung des Mittelalters entwickelt. Das Eigenthum wird hier bei Veräußerungen unter der Hand durch „Lassung", bei öffentlichen Ver­ käufen durch Einhändigung des Zuschlagsprotokolles erworben, und die Ver­ pfändung der Grundstücke kann nur mittels „Handfesten" bewirkt werden. Der Veräußerung geht eine öffentliche Abkündigung durch das Erbe- und Handfesten-Amt voran. Sie enthüll die Aufforderung aller Betheiligten zur Anmeldung der das Grundstück betteffenden Ansprüche binnen sechs Wochen bei Vermeidung des Rechtsverlustes. Von der Anmeldung befreit sind nur diejenigen handfestarischen Gläubiger, welche ihr Recht in das dafür bestimmte Buch haben eintragen lassen. Nach der Lassung oder der Einhändigung des Zuschlagsprotokolles bestimmen sich die Rechte an dem Grundstücke lediglich

durch den Inhalt der Lassungs- oder der Zuschlagsurkunde. Die einzelnen Urkunden, welche in chronologischer Reihenfolge zusammengebunden werden, bilden das sogenannte „Erbebuch". Die Willigung von „Handfesten" wird gleichfalls öffentlich bekannt gemacht. Die Ausfertigung erfolgt durch die genannte Behörde, sofern nicht vor Ablauf der Ausschlußfrist ein begründeter Beispruch erhoben wird. Jede Handfeste muß auf eine bestimmte Summe lauten, das Grundstück, auf welches sie gewilligt ist, bezeichnen, und die

stem«.

12

Allgemeine Gesichtspunkte.

Stelle, welche sie in der Reihenfolge der Handfesten einnimmt, angeben. Die Handfesten werden dem Williger ausgehändigt. Ein Pfandrecht an dem Grundstücke nach Maßgabe der einzelnen Handfeste entsteht durch Uebergabe der Urkunde an den Gläubiger. Der Weiterversatz ist zugelassen, jedoch nur zugleich mit der Forderung, für welche die Handfeste haftet. 3. Uebersicht 3. Ein näheres Eingehen aus den Inhalt der geltenden Jmmobilien6 ©citimg«»8 9efe^c muß bis zur Begründung der einzelnen Abschnitte ausgesetzt bleiben,

Zur Kennzeichnung des allgemeinen Standpunktes, von welchem der Entwurf ausgeht, wird folgende Uebersicht genügen. mobilicnrecht a) Das gemeine Recht gilt wesentlich unverändert in dem Bezirke des ohne Buch-preußischen Amtsgerichtes zu Homburg') und für gewisse Grundstücke in einnchtnng. ^em ,u Mecklenburg - Strelitz gehörenden Fürstenthume Ratzeburg. Für gebiete-:

Bremen ergiebt sich der oben angedeutete Rechtszustand aus der Erbe und Handfesten O. v. 30. Juli 1860. 'sran«-1 Das Transskriptions- und Jnskriptionssystem bildet die slrivtion-- Grundlage des Jmmobilienrechtes in dem Bezirke des preußischen Oberlandesskri»iion»- Gerichtes zu Köln, der bayerischen Pfalz, dem Großherzogthume Baden, der festem, hessischen Provinz Rheinhessen, dem oldenburgischen Fürstenthume Birken­ feld und dem Reichslande Elsaß-Lothringen. «. In Preußen erfuhr das französische Jmmobilienrecht bereits durch die Subhast. O. v. 1. August 1822 verschiedene Aenderungen. Die späteren Versuche, das Hypothekenrecht zu verbessern, blieben zunächst ohne Erfolgs). Auch die Ausführungsgesetze zu den Reichsjustizgesetzen griffen kaum merklich in das materielle Recht ein8). Erst das Gesetz über die Veräußerung und hypothekarische Belastung von Grundstücken im Geltungsbereiche des rhein. R. v. 20. Mai 1885 hat Reformen von erheblicher Bedeutung gebracht. Vor Allem ist das Spezialitätsprinzip dadurch verschärft, daß die Akte, deren Eintragung in die Register des Hypothekenbewahrers verlangt wird, eine genaue Bezeichnung der betreffenden Grundstücke nach dem Kataster enthalten sollen (§§ 2, 3, 5). Sodann wird für die Uebertragung des Grundeigenthumes durch Rechtsgeschäft unter Lebenden die Errichtung eines notariellen bezw. gerichtlichen Vertrages vorgeschrieben (§ 1). „Privilegien, mit Ausnahme der im Art. 2101 des rheinischen Civilgesetzbuches bezeichneten, und Hypotheken werden nur durch Einschreibung in die Register des Hypothekenbewahrers und nur bezüglich der in der Einschreibung einzeln bezeichneten Grundstücke wirksam. Hypotheken haben in keinem Falle einen früheren Rang, als von dem Tage, an welchem die Einschreibung bewirkt worden ist" (§ 4). Die Eintragung selbst ist wesentlichen Beschränkungen unterworfen (§§ 10—12); namentlich werden die Privilegien, welche der code civil Art. 2103 dem Verkäufer und dem

') Siehe indessen das Ausf. G. zur Konk. O. v. 6. März 1879 §§ 2 u. 3.

2) So insbesondere der von Reichensperger im Auftrage der Regierung aus­ gearbeitete Entwurf eines Hypothekengesetzes mit Motiven 1851 und die Vorschläge

Philippi's in dessen Versuch über das Hypothekenrecht rc. 1860.

8) Eine Beschränkung der gesetzlichen Vorzugsrechte findet sich in dem Ausf. Ges. zur Konk. O. v. 6. März 1879 § 10.

Die Bucheinrichtung; Uebersicht der Landesgesetze.

13

Darleiher von Geld zum Ankäufe einer unbeweglichen Sache beilegt, an die

nämlichen Voraussetzungen geknüpft, von welchen nach Art. 2109 und 2113 das Privileg des Miterben abhängt (§ 6). ß. Für Bayern er giebt sich die hauptsächlichste Aendemng des fran­ zösischen Jmmobilienrechtes aus der Bestimmung des Notar. Ges. v. 10. Nov. 1861 Art. 14, daß über alle Verträge, welche Rechte an Grundstücken betreffen, bei Strafe der Nichtigkeit notarielle Urkunden zu errichten sind. Im Uebrigen beschränken sich die Reformen auf die Jmmobiliarexekution, welche durch die Proz. O. v. 29. April 1869 und jetzt durch das Gesetz, betr. die Zwangs­ vollstreckung in das unbewegliche Vermögen, v. 23. Febr. 1879, einheitlich geregelt ist. y. Die badischen Einrichtungen weichen von den französischen wesentlich darin ab, daß die ortsgerichtliche Gewähmng beibehalten ist und dementsprechend die Gemeindebehörden, welchen die Fühmng der Register (Grund- und Pfandbücher) obliegt, vor jeder neuen Eintragung genau zu untersuchen haben, ob der bisherige Bucheigenthümer, gegen welchen ein Ver­ äußerungsakt oder ein Pfandrecht eingetragen werden soll, zu der Veräußemng oder der Verpfändung befugt ist, insbesondere das Grundstück rechtmäßig erworben hat, überhaupt ob der Einschreibung nach Inhalt der Bücher ein Hinderniß nicht entgegensteht. Das Nähere ergiebt sich aus der landesherrlich genehmigten Anleitung zur Führung der Grund- und Pfandbücher vom 23. April 1868. Die wichtigste materielle Aenderung ist die, daß die Wirksamkeit der Eigenthums­ übertragung und der Vertragshypothek gegen Dritte von der Eintragung ab­ hängig gemacht ist'). ck. In Rheinhessen handelte es sich bei den seit langer Zeit erstrebten Reformen wesentlich darum, das in den Provinzen Starkenburg und Ober­ hessen bestehende Grundbuchsystem auf das Gebiet des französischen Rechtes zu übertragen. Diese Reformen sind bei Einführung der Reichsjustizgesetze zum Abschlüsse gelangt durch das Gesetz, die Uebertragung von Grundeigenthum und die Fortführung der Grundbücher betreffend, vom 6. Juni 1879, mit der Ausführungsverordnung vom 9. September desselben Jahres. t. In Birkenfeld sind die französischen Einrichtungen durch die oldenburg. Hypoth. O. vom 11. Oktober 1814 erheblich modifizirt worden. £. Für Elsaß-Lothringen ist nur das Gesetz über die Zwangs­ vollstreckung in das unbewegliche Vermögen vom 30. April 1880 zu erwähnen. Die Versuche der Regierung, das Jmmobilienrecht auf der Grundlage des Grundbuchsystemes zu gestalten, sind bisher erfolglos gewesen. Die französische Registereinrichtung besteht zum Theil auch in dem vor­ maligen Freistaat Frankfurt a. M., obschon erheblich modifizirt durch die Wiedereinführung des älteren Rechtes im Jahre 1814, sowie durch neuere Gesetze, namentlich die Verordnung wegen der gerichtlichen Transskriptionen rc. vom 16. März 1820, die Verordnung wegen der Transskriptionen und Be­ stellung von Hypotheken auf dem Lande vom 16. März 1825, das Gesetz, die Rangordnung der Gläubiger rc. betreffend, vom 10. Januar 1837.

') Bad. L.R. Satz 939a, 1002a, 1583a.

Allgemeine Gesichtspunkte.

14

em’

c) Auf der mobilienrecht:

а.

für

Grundlage

Bayern,

mit

Pfandbuchsystemes

des

Ausschluß

der

Pfalz,

regeln

das

das

Jm-

Hypoth.

Ges.

v. 1. Zuni 1822; ß.

Gesetz,

für Württemberg') die

vollständige

v. 15. April 1825

das Psandgesetz

Entwickelung

des

neuen

und das betreffend,

Psandsystems

v. 21. Mai 1828; y.

für

den

ritterschastlichen

Grundbesitz

in

Mecklenburg-Schwerin

und Strelitz, mit Ausschluß von Ratzeburg'), die revidirte Hypoth. O. für

v. 18. Oktober 1848,

Landgüter ^)

ferner

für

die Erbpachtstellen

auf

den

Gütern der (schwerinschen) Landesklöster Dobbertin, Malchow und Ribnitz die

revidirte Hypoth. £).4) v. 8. Dezember 1852; б.

für Weimarb)

das Gesetz

über

das Recht

an Faustpfändern

und

Hypotheken v. 6. Mai 1839 mit der Ausführungsverordnung v. 12. März 1841; f.

für

Schwarzburg-Rudolstadt

das Gesetz,

die Verbesserung

des

Hypothekenwesens betreffend, v. 6. Juni 1856; £. für den preußischen Kreis Herzogthum Lauenburg die Verordnung

zur Verbesserung des Hypothekenwesens v. 15. März 1836 und die Schuldund Pfandprotokoll O. v. 26. Mai 1860.

i)@foftb6u*"

d)

^uf

der Grundlage

des Grundbuchsystemes

regeln

das

Jm-

mobilienrecht:

«.

für

Preußen,

mit Ausschluß

der in dieser Uebersicht

bezeichneten

einzelnen Gebietstheile, das Gesetz über den Eigenthumserwerb und die ding­ liche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Gerechtigkeiten sowie die Grundb. O?), beide v. 5. Mai 1872.

’) Die Gemeindegüterbücher, welche in Württemberg die Grundlage der Pfand­ bücher bilden, dienen zum Nachweise der einzelnen Grundstücke und der Eigenthümer, ohne Rücksicht auf das Pfandrecht. Gleichwohl bürsten sie nicht als Grundbücher an­ zusehen sein, weil das Eigenthum in Württemberg unabhängig von der Eintragung erworben wird. -') Das Rittergut Horst ist ausnahmsweise mit der Hypoth. O. für Landgüter beliehen. 3) Die Hypoth. O. für Landgüter ist an die Stelle der ritterschaftlichen Hypoth. O. v. 12. bezw. 19. November 1819 getreten. 4) Durch dieses Gesetz ist die Hypoth. O. v. 20. Februar 1837 ersetzt worden. 5) Die in Weimar unter dem Namen „Grundbücher" angelegten Bücher dienen zunächst steuerlichen Zweckm. Für das Privatrecht versehen sie ähnliche Funktionen wie die Württembergischen Güterbücher. 6) Diese Gesetze sind für das Geltungsgebiet des A.L.R. und der A. Hypoth. O., mit Ausschluß der Gebietstheile der Provinz Hannover, erlasien, im Jahre 1873 jedoch durch sieben verschiedene Gesetze über das Grundbuchwesen in folgenden Landestheilm eingeführt worden: Jadegebiet, Neuvorpommern und Rügen, Schleswig-Holstein, Hannover mit Ausschluß des Jadegebietes, Bezirk des vorm. Appellationsgerichtes zu Kassel, mit Ausschluß des Amtsgerichtsbezirkes von Vöhl, Bezirk des vorm. Justizsenates zu Ehrenbreitstein, Hohenzollernsche Lande.

Die Bucheinrichtung; Uebersicht der Landesgesetze.

15

In Waldeck und Pyrmont sind diese Gesetze eingeführt durch das Gesetz über das Grundbuchwejen v. 25. Januar 1881. Nachgebildet sind ihnen die entsprechenden Gesetze folgender Staaten: Oldenburg» Herzogthum, v. 3. April 1876; Coburg-Gotha, v. 1. März 1877; Braunschweig, v. 8. März 1878; oldenb. Fürstenthum Lübeck, v. 28. Januar 1879; Lippe-Detmold, v. 27. Juli 1882; Schwarzburg - Sondershausen,

v. 2. August 1882; Schaumburg-Lippe, v. 26. August 1884; ß. für das Königreich Sachsen das bürgerl. G. B. v. 2. Januar 1863 und die Verordnung, das Verfahren in nichtstreitigen Rechtssachen betr., v. 9. Januar 1865. Sie wiederholen wesentlich den Inhalt des Gesetzes, die Grund- und Hypothekenbücher und das Hypothekenwesen betr., v. 6. No­ vember 1843. Meist wörtliche Nachbildungen dieses Gesetzes sind die gleich­ namigen Gesetze folgender Staaten: Altenburg, v. 13. Oktober 1852; Sondershausen, v. 20. Juli 1857; Reuß jung. L., v. 20. November 1858; Reuß ält. L., v. 27. Februar 1873. Sondershausen hat bei seinem Anschlüsse an das preußische Grundbuchrecht die sächsische Einrichtung der Bücher bei­ behalten; y. für Anhalt das Gesetz, betr. die Einführung von Grundbüchem, v. 11. März 1877; d. für die Städte in Mecklenburg-Schwerin und Strelitz die revidirte Stadtbuch O.') v. 21. Dezember 1857, für Wismar die Stadtbuch O. v. 22. Februar 1838; für den ländlichen Kleingrundbesitz in Schwerin das Gesetz über die Gmnd- und Hypothekenbücher für den Privatgrundbesitz in den Großherzogl. Domainen v. 2. Januar 1854, die Hypoth. O. für den länd­ lichen Grundbesitz im Territorium der Stadt Rostock v. 8. Juni 1831 und für die Erbpachtungen auf den Gütern der Stadt Wismar v. 6. Juli 1839; in Strelitz die Hypoth. O. für die Grundstücke der ritterschaftlichen Hinter­ sassen v. 3. Februar 1855 und die revidirte Hypoth. O. für Privatgrund­

besitzungen in den Großherzogl. Domainen und im Kabinetsamt v. 24. De­ zember 1872; in Ratzeburg die revidirte Hypoth. O. für den Privatgrundbesitz mit Ausschluß der Rittergüter, v. 21. August 1859; e. für Hamburg das Gesetz über Grundeigenthum und Hypotheken v. 4. Dezember 1868, für Lübeck die Hypoth. O. v. 5. Mai 1880; £. für Meiningen das Gesetz, betr. die Anlegung von Grundund Hypothekenbüchern, v. 15. Juli 1862, und das Revisionsgesetz v. 7. No­ vember 1872, .dazu die Instruktionen für die Anlegung und Fortführung der Grundbücher v. 15. August 1872 und der Hypothekenbücher v. 21. Februar 1873; H- für das vormalige Herzogthum Nassau das Stockbuchgesetz und das Gesetz das Pfandrecht betr., beide vom 15. Mai 1851; für die hessischen Provinzen Starkenburg und Oberhessen das Gesetz zur Sicherung des Gmndeigenthums und des Hypothekenwesens *) Wesentlich gleichlautende Stadtbuchordnungen wurden erlassen: in Schwerin

am 22. Dezember 1829, in Strelitz am 6. Januar 1830.

An die Stelle dieser Gesetze

sind die im Texte bezeichneten, gleichfalls mit einander übereinstimmenden Stadtbuch­ ordnungen getreten.

16

Allgemeine Gesichtspunkte.

v. 29. Oktober 1830, das Gesetz, die Erwerbung des Grundeigenthums und die besonderen rechtlichen Folgen des Eintrags eines Erwerbtitels in dem Grund­ buche betr., v. 21. Februar 1852, nebst Ausführungsverordnung v. 8. De­ zember 1852, das Pfandgesetz v. 15. September 1858 und das Gesetz, das Verfahren der Hypothekenbehörden betr., v. 19. Januar 1859. Diese Gesetze gelten auch in den 1866 von Hessen an Preußen abgetretenen Gebietstheilen. 4‘ ^emewub 4. Bei der Richtung, welche nach dieser Uebersicht die Rechtsentwickelung ihrem Werthe in Deutschland genommen hat, kann es kaum zweifelhaft sein, daß die durch ^gebung!^- den Zweck der gegenwärtigen Kodifikation bedingte einheitliche Gestaltung des Jmmobilienrechtes nur auf der Grundlage öffentlicher Bücher sich erreichen läßt. ») a) Die Nothwendigkeit der Bucheinrichtung ist unter den heutigen n-rF-bnk,c.

lichen Zwecke auf die Dauer eingerichteten Gebäude, insbesondere Mühlen, Brauhäuser, Schmieden, Fabriken. Das Inventar eines solchen Gebäudes besteht vornehmlich in den dem gewerblichen Zwecke dienenden Geräthschaften *), unter welchen die Maschinen wegen ihrer entscheidenden Bedeutung für den Gewerbebetrieb besonders hervorgehoben werden müssen*2).3 4 * 2. Die andere Kategorie ist mit den Verhältnissen der Laudwirthschaft eineä„te£nbs gegeben. Das preuß. A. L. R. kennzeichnet sie in dem § 48 durch den Namen „Landgut", während in dem sächs. G. B. § 70 „ein zur Landwirthschaft ein­ gerichtetes Grundstück" vorausgesetzt ist. Einer Sonderbestimmung bedarf es nur für das Inventar eines Landgutes. Kommt bei einem einfachen oder einem zusammengesetzten Grundstücke, welches kein Landgut ist, ein Inventar vor, so genügen die Vorschriften des § 789, um darüber zu entscheiden, ob den vorhandenen Sachen die Eigenschaft des Zubehöres zuzuschreiben ist oder nicht. In der Wahl des Ausdruckes „Landgut" folgt der § 791 Abs. 2 dem § 547. Zu dem Inventare rechnen die Gesetzbücher und auch der bayr. Ent- 8fX«i. Früchte 1. Früchte einer Sache sind vor Allem die (organischen) Erzeugnisse c,n-r Sache, derselben. Die in dem geltenden Rechte hervortretende Beschränkung des

Fruchtbegriffes auf die Erzeugnisse, welche ohne Verminderung der Substanz der Sache aus der letzteren gezogen werden können, verdunkelt den Begriff, indem sie in denselben ein Moment hineinzieht, welches seine Bedeutung nur

') Windscheid § 144. 2) Dergl. A. L. R. I, 7 §§ 189 ff., 1,14 §§ 259, 269,1, 20 § 476,1, 21, §§ 22, 23, 29 ff., 409, H, 1 § 464, II, 2 § 307, II, 18 § 541.

Fruchtbegriff.

§ 792.

69

für das einem Anderen als dem Eigenthümer der Sache zustehende Recht zum Fruchtbezuge hat. Wenn dem Pächter und dem Nießbraucher grundsätzlich nur diejenigen Erzeugnisse gebühren, deren Gewinnung zur bestimmungsmäßigen bezw. wirthschaftlichen Nutzung der Sache gehört, so wird hierdurch nur der Inhalt des Pachtrechtes und des Nießbrauches begrenzt, nicht aber auch der Fruchtbegriff berührt. Dieser Begriff muß, um ihm die sachgemäße Ver­ wendung in dem Gesetzbuche zu sichern, unabhängig von dem Inhalte des jeweiligen Rechtes zum Fruchtbezuge bestimmt werden. Zu den Früchten einer Sache ist fenter diejenige Ausbeute aus der­ selben zu rechnen, welche zwar nicht auf organischem Wege erzeugt wird, aber doch von der Sache gewonnen werden muß, wenn anders dieselbe die Vor­ theile gewähren soll, welche ihrer Bestimmung entsprechen. Allerdings gestaltet sich diese Ausbeute meist *) zu einem theilweisen Verbrauche der Substanz und damit zu einer Verschlechterung des Grundstückes; sie stellt, genau genommen, einen Gewinn dar, welcher auf Kosten des Kapitales gemacht wird. Allein ein Bedenken gegen die Ausdehnung des Fruchtbegriffes über das Gebiet der organischen Erzeugnisse kann hieraus gegenüber jener Erwägung um so weniger entnommen werden, als das Gesetz auch bei der Auffassung dieser Erzeugnisse als Früchte nicht den Sinn hat, die Wahrung der Substanz als strenge Grenze festzuhalten. Zur Schonung der Substanz ist nur erforderlich, daß die Be­ handlung der sonstigen Ausbeute als Frucht davon abhängig gemacht wird, daß dieselbe zur bestimmungsmäßigen Nutzung der Sache gehört. Dagegen ist hier ebensowenig wie bei den organischen Erzeugnissen die wirthschaftliche Benutzung der Sache als Voraussetzung des Fruchtbegriffes am Platze. 2. Als Früchte eines Rechtes bezeichnet der § 792 unter Ziffer 2 die » FrüchtErträge, welche das Recht bei bestimmungsmäßiger Nutzung gewährt. 2)ie“ne’9te*trt

Erstreckung des Fruchtbegriffes auf diese Erträge rechtfertigt sich dadurch, daß dieselben in der Regel die wirthschaftliche Bedeutung der Früchte haben und deshalb auch rechtlich als solche zu behandeln sind. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das fruchtbringende Recht selbständig oder mit dem Eigenthume an einem Grundstücke verbunden ist*2). Auch in dem letzteren Falle ist begriffsmäßig nicht die Sache, sondern das Recht die Quelle, aus welcher die Erträge fließen. Ebensowenig kommt es für die Anwendung des Fruchtbegriffes darauf an, ob das Recht von unbeschränkter Dauer oder zeitlich beschränkt ist. Der Entwurf hebt dies besonders hervor, um alle Zweifel, zu welchen das bisherige Recht durch die Art und Weise der Behandlung der zeitlich beschränkten Rechte als Gegenstände des Fmchtbezuges Anlaß geben kann, für die Zukunft abzuschneiden. In Betracht kommen hier nicht blos diejenigen Rechte, welche mit dem Eintritte eines Endtermines oder einer auf­ lösenden Bedingung erlöschen, sondern auch diejenigen, welche dadurch weg­ fallen, daß ihre Ausübung wegen Erschöpfung der Sache unmöglich wird. Die letztere Art von zeitlicher Begrenzung des Rechtes findet namentlich dann statt, wenn dasselbe auf Gewinnung von Bodenbestandtheilen eines Grund­ fl Nicht immer, z. B. nicht bei Mineralquellen. 2) Siehe §§ 781, 788.

70

Allgemeine Vorschriften.

stückes geht. In solchen Fällen ist die Ausbeute Frucht des Rechtes, in dessen Ausübung sie dem Boden entnommen wird'). Auch dies hebt der § 792 ausdrücklich hervor, weil das preuß. A. L. R. und andere Gesetze im Falle des Nießbrauches an einem Bergwerke dem Nießbraucher nur die Nutzung der Ausbeute zusprechen, mithin erkennbar von der Auffassung ausgehen, daß nicht das Recht auf Gewinnung der betreffenden Bodenbestandtheile, sondern diese selbst den Gegenstand des Nießbrauches bilden-). Ein ge­ nügendes Korrektiv gegen die Gefahr eines vorzeitigen Verbrauches der Substanz liegt auch hier darin, daß nur die zur bestimmungsmäßigen Nutzung gehörige Ausbeute dem Fruchtbegriffe unterstellt wird. 3 Erträge 3. Als Früchte sieht der § 792 unter Ziff. 3 auch die Erträge an, *"Recht«-"^welche eine Sache oder ein Recht vermöge eines Rechtsverhältnisses Verhältnisses, gewährt. Es beruht dies, sofern eine Sache Gegenstand der Nutzung ist, auf der Erwägung, daß, wenn die Sache verpachtet bezw. vermiethet wird, der Pacht- oder der Miethzins sich als Ersatz für die natürlichen Früchte und den Gebrauch der Sache darstellt. Hieraus ergiebt sich von selbst, daß Niemandem die natürlichen Früchte und das an ihre Stelle tretende Aequivalent zugleich gebühren können. Außer den Erträgen, welche durch ein Rechtsgeschäft ver­ mittelt werden, gehören hierher vornehmlich noch solche Erträge, welche auf gesetzlicher Anordnung (z. B. in Enteignungsfällen) beruhen. Es ist daher ganz richtig, wenn der bayr. Entwurf diese Kategorie von juristischen Früchten allgemein auf ein Rechtsverhältniß zurücksührt. Gegenstand eines fruchtbringenden Rechtsverhältnisses kann aber nicht blos eine Sache sein, sondern auch ein Recht; namentlich kann der Fall der Verpachtung auch bei Rechten vorkommen. Es erscheint daher nicht bedenklich, die für Sachen ge­ rechtfertigte Vorschrift auf Rechte auszudehnen.

b) Begriff der Nutzungen.

§ 793. Die bestehenden Gesetzbücher pflegen von Nutzungen zu reden, wenn sie außer den Früchten einer Sache oder eines Rechtes auch diejenigen Vortheile bezeichnen wollen, welche der Gebrauch des Gegenstandes gewährt^. Auch der Entwurf verbindet diesen Sinn mit dem Worte „Nutzungen" an den zahl­ reichen Stellen, an welchen er dasselbe gebraucht^). Um hierüber keinen Zweifel zu lassen, wird in dem § 793 eine entsprechende Worterklärung gegeben. *) L. 9 § 2, 1. 13 § 5 D. de usufr. 7, i; code civil Art. 598; sächs. G. B. § 609; bayr. Entw. III Art. 234. 2) A. L. R. I, 21 §§ 37, 39; Bergges. für Weimar § 15 und Sonders­ hausen § 14. 3) Preuß. A. L. R. I, 2 § 110 und 1,21 §§ 23,29,30,31; franz. G. B. Art. 585, 592, sächs. G. B. § 72. ft Z. B. 88 244, 252, 258, 405, 427, 463, 467, 478,494, 592, 619, 717, 740, 741, 765, 794, 839, 930—933, 980, 984, 988, 991, 1026, 1027, 1154, 1214, 1531, 1532, 1534, 1535, 1669, 1825.

Begriff der Nutzungen. Vertheilung der Früchte rc. §§ 793, 794.

71

c) Bertheilung der Früchte zwischen den nach einander zur Beziehung der­ selben Berechtigten.

§ 794. Wenn Jemand berechtigt ist, die Früchte einer Sache oder eines Rechtes bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu beziehen'),

ma6flab

so erhebt sich die Frage, nach welchem Maßstabe die Fruchtvertheilung zwischen dem abtretenden und dem antretenden Berechtigten erfolgen soll. Die Ent­ scheidung kann durch das Gesetz, welches das Recht zur Beziehung der Früchte in dem betreffenden Falle ordnet, oder durch Rechtsgeschäft besonders gegeben sein. Für die Fälle aber, bezüglich welcher diese Voraussetzung fehlt, empfiehlt es sich, jene Frage hier zu entscheiden. Der Entwurf bestimmt die Vertheilung in dem § 794 Äbs. 1 unter Ziff. 1 für die natürlichen Früchte einer Sache, unter Ziff. 2 und 3 für die juristischen Früchte einer Sache oder eines Rechtes.

1. Die natürlichen Früchte, welche in dem § 792 Nr. 1 näher be-1- ru --tür. zeichnet sind, gebühren nach gemeinem Rechte regelmäßig dem bisherigen Bezugsberechtigten insoweit, als sie von demselben zu der Zeit, in welcher ein anderer Berechtigter eintritt, bereits erworben sind. Nur für die Rückgewähr -es Dotalgutes nach Auflösung der Ehe besteht die Ausnahme, daß die Früchte der letzten (unvollendeten) Dotaljahres zwischen dem Manne, oder dessen Erben, und dem Rückempfänger der dos nach Verhältniß der Zeit getheilt werden?). Das preuß. A. L. R. befolgt für den Kauf und den Beginn des Nießbrauches insoweit die gemeinrechtliche Regel, als es die in dem entscheidenden Zeit­ punkte bereits abgesonderten Früchte dem Verkäufer bezw. dem Eigenthümer, die unabgesonderten dem Käufer oder dem Nießbraucher zuspricht. Dagegen schreibt es für die Auseinandersetzung zwischen dem redlichen Besitzer und dem Eigenthümer sowie zwischen dem Nießbraucher eines Grundstückes und dem Eigenthümer desselben bei Beendigung des Nießbrauches eine Ermittelung der Einnahmen und Ausgaben des letzten Wirthschaftsjahres und eine Vertheilung des Reinertrages nach Verhältniß der Zeit zwischen dem abtretenden und dem antretenden Berechtigten vor. Das Wirthschaftsjahr wird vom 1. Juli, bezw. bei Grundstücken, mit welchem keine Landwirthschaft verbunden ist, vom 1. Juni gerechnet3). Das sächs. G. B. bestimmt unter § 76: „Wer auf Früchte einer Sache bis zu einer Zeit berechtigt ist, hat bei natürlichen Früchten, welche blos durch die Natur hervorgebracht werden, Anspruch auf diejenigen, welche während dieser Zeit von der Hauptsache getrennt worden sind. Bei natürlichen Früchten, welche durch Verwendungen auf deren Gewinnung hervorgebracht werden, hat er Anspruch auf diejenigen, bei welchen die Verwmdungen in die Zeit seiner Berechtigung fallen, selbst wenn die Trennung von der Hauptsache nach dieser Zeit fällt. Fallen die Verwendungen nur zum Theil in diese Zeit, so hat er nur nach dem Verhältnisse, in welchem der Betrag seiner Verwendungen zu dem Gesammtbetrage der Verwendung

*) Vergl. §§ 463, 494, 531, 931, 980. -) Windscheid §§ 203, bei Note 8, 389 Note 15, 501 Note 8. 3) Preuß. A. L. R. I, 7 §§ 189 ff., I, 11 §§ 105, 108, 1, 21 §§ 29, 143 ff.

Allgemeine Vorschriften.

72

steht, ein Recht auf einen Theil der Früchte". Nach dem franz. Gesetzbuche gebühren die beim Beginne des Nießbrauches von der Sache abgesonderten sowie die bei Beendigung desselben noch unabgesonderten Früchte dem Eigen­ thümer, alle übrigen dem Nießbraucher. Auch für das Verhältniß zwischen Verkäufer und Käufer bildet die Trennung der Früchte von der Sache den Maßstab, nach welchem- das Recht auf dieselben sich bestimmt. Nicht minder behält der Besitzer, welcher die Sache dem Eigenthümer herauszugeben hat, die Früchte, wenn sein Besitz zur Zeit der Trennung derselben ein red­ licher war'). Nach dem Hess, und dem bayr. Entwürfe hat der abtretende Nießbraucher gegen den Eigenthümer einen Anspruch auf Ersatz derjenigen Kosten, welche von ihm auf die Gewinnung der dem Eigenthümer zufallenden ungetrennten Früchte verwendet worden finb*2).3 Der vorliedende Entwurf stellt die Regel auf, daß die in dem § 792 Nr. 1 bezeichneten Früchte dem zur Beziehung derselben Berechtigten insoweit gebühren, als sie während der Berechtigung von der Sache getrennt werden. Diese Regel gilt gleichmäßig für den abtretenden und den antretenden Be­ rechtigten, und zwar sowohl vor als auch nach der Zeit, in welcher jener von diesem abgelöst wird, ohne der Frage vorzugreifen, ob der Berechtigte durch die Trennung zugleich das Eigenthum an den Früchten erwirbt2). Sie folgt aus dem Rechte zur Beziehung der Früchte, da der Inhalt desselben darin besteht, daß der Berechtigte befugt ist, die Früchte von der Sache zu trennen und die getrennten zu nehmen und zu behalten. Freilich kann die Trennung zur Unzeit vorgenommen oder zur rechten Zeit unterlassen werden. Allein deshalb rechtfertigt es sich noch nicht, die Vertheilung der Früchte so zu regeln, daß dem Berechtigten diejenigen zugesprochen werden, welche während der Zeit seiner Berechtigung ihrer Beschaffenheit oder Bestimmung nach zu trennen sind, gleichviel ob die wirkliche Trennung in dieser oder in einer anderen Zeit statt­ findet. Vielmehr kann hier, wo es sich um die Aufstellung einer allgemeinen Regel handelt, nur die Thatsache der Trennung entscheiden; die Frage, ob und welche Rechtsfolgen die unzeitige Trennung oder die Unterlassung recht­ zeitiger Trennung seitens des Berechtigten für das Verhältniß desselben zu dem Nachfolger in der Berechtigung hat, muß ihre Lösung in dem zwischen beiden bestehenden besonderen Rechtsverhältnisse finden. Der Regelung dieses Verhältnisses ist für die betreffenden Fälle auch die Entscheidung darüber vor­ zubehalten, ob der Nachfolger die auf die Gewinnung der ihm gebührenden

Früchte von dem Vorgänger verwendeten Kosten zu erstatten hat4). Nach dem Entwürfe werden die Beziehungen zwischen den Betheiligten vereinfacht, die thatsächlichen Schwierigkeiten, welche mit einer Auseinander­ setzung nach den Vorschriften des preuß. A. L. R. verbunden sind, ver­ mieden und ein Anlaß zu Prozessen wird nur selten sich bieten. Die Regel des § 794 hat freilich die Folge, daß nicht auf jede Genußzeit von gleicher

') ") 3) 4)

Code civil Art. 549, 585, 1614. Hess. Entw. II Art. 13; bayr. Entw. II Art. 293 und III Art. 229 und 246. Diese Frage wird in den §§ 898—902 entschieden. Vergl. §§ 936—938, 1009.

Vertheilung der Früchte zwischen den nach einander Berechtigten. § 794.

73

Allein die Reichsgesetzgebung kann eine

Dauer ein gleicher Fruchtertrag fällt.

solche Gleichmäßigkeit dadurch, daß ein Normalwirthschaftsjahr angenommen

die Früchte nach Verhältniß

und innerhalb dieses Jahres

vertheilt

der Zeit

würden, schon deshalb nicht herbeiführen, weil die Verhältnisse in Deutschland zu verschieden sind, als daß sie die Festsetzung eines einheitlichen Wirthschafts­

jahres

gestatteten.

Es fehlt

aber

auch

Bedürfniß

das

für

eine

derartige

Regelung, da für die besonderen Fälle, in welchen etwa die Ungleichmäßigkeit der Vertheilung als eine Unbilligkeit erscheinen sollte, eine abweichende Ver­ theilung der Früchte von den Betheiligten durch rechtsgeschäftliche Festsetzung und von dem Gesetze bei Bestimmung des Umfanges einzelner Fruchtbeziehungsrechte vorgesehen werden kann.

2. Hinsichtlich der juristischen Früchte trifft der § 794 unter Ziff. 2 eine»-»^Ei­ besondere Entscheidung über die Vertheilung der in dem § 792 Nr. 3 bezeichneten auFierurt«• Früchte, sofern dieselben in der Vergütung für den einem Dritten überlassenen äS?#«»

Gebrauch oder Fruchtgenuß oder in Zinsen oder Gewinnantheilen bestehen.

der

älteren Theorie

des gemeinen Rechtes

wurde

vielfach

die Ansicht

In ver­

treten, daß diese Erträge zwischen dem abtretenden und dem antretenden Be­ rechtigten pro rata temporis zu »ertheilen seien.

Die neueren

gehen meist

davon aus,

daß, wenn der fruchtbringende Gegenstand verpachtet oder vermiethet ist, der Anspruch auf den Pacht- oder den Miethzins gegen den Pächter oder den Miether nur dem Verpächter

oder Vermiether

Vertheilung des Zinses mithin nicht die Rede

Fälle, in welchen der Pächter

von einer

zustehen,

sein könne.

die seltenen

Für

oder der Miether sowohl dem abtretenden als

auch dem antretenden Fruchtberechtigten obligatorisch verpflichtet ist, wird die Entscheidung dahin getroffen, daß jeder von beidm den Anspruch auf den Zins

in dem Verhältnisse habe, in welchem die von dem Pächter oder dem Miether gezogenen Nutzungen

werden

Erträgen

Fruchtgenuß

satten1).2 3 Bei anderen

in die Zeit seiner Berechtigung für den Gebrauch

die Leistungen

unterschieden und jene zwischen

von denjenigen für den

dem abtretenden

und

dem

an­

tretenden Berechtigten nach Verhältniß der Zeit jeder Berechtigung vertheilt, diese dagegen meist demjenigen zugesprochen, während dessen Berechtigungszeit der Leistungspflichtige die Früchte geerntet hat bezw. zu ernten hatte»). Das

zinsen von

preuß. A. L. R.

zwischen

beiden

hat'1).

den

regelt

die Vertheilung

dem Verkäufer und

auf seine

dem Käufer

Besitzzeit

entfallenden

der Mieth- und

der Sache

Betrag

so,

zu

Pacht­

daß jeder

beanspruchen

Nach demselben Maßstabe erfolgt die Auseinandersetzung zwischen dem

redlichen Besitzer und dem Eigenthümer, desgleichen zwischen dem Nießbraucher und dem Eigenthümer bei Beendigung

sehung

der

Erträgnisse

jeder

Art,

des Nießbrauches,

namentlich

auch

und zwar in An­

der

Kapitalzinsen4).

*) Wächter, Erört. 1 S. 73 ff. und württemb. Privatrecht 2 § 42 S. 267 ff. 2) Puchta, Dortes. 1 § 181; Arndts, Pand.tz 179; Wind scheid ß 203 Note 9. 3) Preuß. A. S. 91.1,11 § 106; ebenso bayr. L. R. IV, 3 § 13. 4) A. L. R. I, 7 §§ 191 ff., I, 21 §§ 143, 144, 150, 166, 168, 170, 171. Auf die Besonderheiten, welche in der Annahme eines bestimmten Wirthschaftsjahres beruhen, ist nach Ablehnung desselben unter Ziff. 1 hier nicht weiter einzugehen.

74

Allgemeine Vorschriften.

Dagegen wird für den Beginn des Nießbrauches bestimmt, daß auf Zinsen, Hebungen und andere Prästationen, welche damals schon fällig oder ver­ sessen waren, der Nießbraucher keinen Anspruch HM). Das franz. G. B. spricht unter Art. 586 für den Nießbrauch den Grundsatz aus, daß die Zivilfrüchte Tag für Tag erworben werden und also dem Nießbraucher nach Verhältniß der Dauer seines Rechtes gebühren. Nach dem Hess. Entw. II, 4 Art. 13 gilt dieser Grundsatz nur mit der Beschränkung, daß der Nießbraucher diejenigen bürgerlichen Früchte, welche lediglich einen Ersatz für natürliche Früchte der dienenden Sache bilden, nur insoweit erwirbt, als ihm auch die letzteren gebührt haben würden. In den bayr. Entwurf ist diese Be­ schränkung nicht übergegangen; dagegen ist in demselben der Grundsatz des code civil auch auf die Vertheilung zwischen Verkäufer und Käufer angewandt^). Nach dem sächs. G. B. § 76 gehören „bürgerliche Früchte, die an die Stelle natürlicher Früchte treten, welche einem Anderen überlassen sind, wie Pachtund Miethzinsen, ferner Zinsen von Kapitalien, dem Berechtigten nach Ver­ hältniß der Zeitdauer seines Rechtes". Der § 794 bringt somit nur die bisherige Rechtsentwickelung zum Abschlüsse, wenn er unter Ziff. 2 die Regel aufstellt, daß der zur Beziehung der Früchte Berechtigte von den oben gekennzeichneten Erträgen den dem Ver­ hältnisse der Zeitdauer seiner Berechtigung entsprechenden Bruchtheil erhalten soll. Soweit der Ertrag in Miethzins besteht, giebt diese Regel zu einem Bedenken keinen Anlaß, da der Miethzins für den Gebrauch der Sache entrichtet wird, letzterer aber für jeden Zeittheil derselbe bleibt. Gegen die Gleichbehandlung des Pachtzinses mit dem Miethzinse scheint freilich zu sprechen, daß ersterer das Entgelt für die natürlichen Früchte bildet, bei welchen die Trennung von der Sache entscheidet. Es ist indessen praktisch nicht ausführbar, den Theil des Pachtzinses zu ermitteln, welcher aus die vor und nach dem Wechsel in der Person des Fruchtberechtigten bezogenen Früchte zu rechnen ist. Die Vertheilung des Pachtzinses nach Verhältniß der Berechttgungszeit stößt auch auf keine Schwierigkeiten, da das stets feststehende Pachtjahr die Be­ stimmung eines Normalwirthschaftsjahres entbehrlich macht. Außer den Mieth­ und Pachtzinsen gehören hierher namentlich noch die Zinsen von ausstehenden Forderungen und von Aktien, desgleichen die Gewinnantheile, wenn in solchen die Früchte eines Rechtes bestehen. Die Vorschrift des Entwurfes erscheint daher gerechtferttgt, obschon anzuerkennen ist, daß sie zum Theil einen positiven Karakter hat. Zweifellos ist, daß der Anspruch auf den Pacht- und den Miethzins an sich nur dem Verpächter bezw. dem Vermiether zusteht. Indessen aus dem § 794 folgt, daß der bisherige Fruchtberechtigte, sofern er zur Einziehung des Zinses gegen den Pächter oder den Miether obligatorisch berechttgt ist, gegenüber dem neuen Berechtigten die Verpflichtung hat, den diesem gebührenden Antheil an dem Zinse herauszugeben oder den bezüglichen Anspmch abzutreten. Praktische Rücksichten gestatten nicht, die Anwendbarkeit der Vorschrift davon

*) A. L. R. I, 21 § 29. Bayr. Entw. II Art. 293 Abs. 2 und HI Art. 230.

Verkeilung der Früchte zwischen den nach einander Berechtigten. § 794.

75

abhängig zu machen, daß der Pacht- und der Miethvertrag nicht blos für den abtretenden, sondern auch für den antretenden Fruchtberechtigten bindend ist. 3. Soweit die juristischen Früchte von der Vorschrift unter» beiandm« Ziff. 2 nicht betroffen werden, besteht für das gemeine Recht die An- $tfl4t6n‘

sicht, daß sie demjenigen gehören, welcher zur Zeit des Eintrittes ihrer Fälligkeit zur Fruchtbeziehung berechtigt war'). Dieser Ansicht entsprichtxdie Vorschrift des sächs. G. B. § 76 Satz 5. Nach dem preuß. A. L. R. I, 11 § 107 ge­ bühren im Falle des Verkaufes „Geldzinsen, Kornpächte der Unterthanen, Zehnten, Dienstgelder, Abschoß und andere Hebungen dieser Art dem Käufer, soweit sie nach der Uebergabe fällig sind". Für das Verhältniß des redlichen Besitzers zum Eigenthümer bestimmt das A. L. R. I, 7 § 191, daß der Be­ sitzer, wenn er Nutzungen, die in Zukunft erst fällig sind, zum Voraus erhoben hat, dieselben insoweit, als ihr Verfalltag erst nach dem Ende der Redlichkeit seines Besitzes eintritt, dem Eigenthümer herausgeben muß. Für die Aus­ einandersetzung zwischen dem Nießbraucher und dem Eigenthümer gelten im Wesentlichen die unter 2. mitgetheilten Grundsätze. Nach den übrigen Ko­ difikationen werden die fraglichen Erträge zwischen dem abtretenden und dem antretenden Fruchtberechtigten nach Verhältniß der Zeit »ertheilt-). Faßt man lediglich die juristische Seite der zu lösenden Frage ins Auge, so ist es vielleicht am richtigsten, zwischen aktiven bezw. passiven Leistungen, die jeden Zeittheil treffen, und solchen Erträgen, bei welchen der Anspruch auf die Leistung von dem Eintritte eines Thatumstandes abhängt, zu unterscheiden und in jenem Falle Vertheilung pro rata temporis eintreten, in diesem die Entstehung des Anspruches den Ausschlag geben zu lassen. Praktische Rück­ sichten indessen nöthigen, von einer solchen Unterscheidung abzusehen und jedem Berechtigten diejenigen Leistungen zuzusprechen, welche während der Zeit seiner Berechtigung fällig werden. Indem der Entwurf unter Ziff. 3 lediglich auf den Zeitpunkt der Fälligkeit sieht, schafft er einfaches und klares Recht und beugt einer Menge von Streitigkeiten vor, ohne der Besorgniß Raum zu geben, daß dieser Maßstab in einer erheblichen Zahl von Fällen ein unbilliges Ergebniß liefern werde. Darüber, wem das Fruchtbeziehungsrecht zusteht, entscheiden die Vor- Verhältnis schriften über die einzelnen Institute, bei welchen dieses Recht in Frage kommt. ab,‘”

Nur für das Verhältniß zwischen dem redlichen Besitzer und dem Eigenthümer . d-m muß hier eine entsprechende Vorschrift gegeben werden. Ein Fruchtbeziehungs-6,961,1 um"' recht ist freilich mit dem Besitze als solchem nicht verbunden.

Aber die Vor­

schriften, welche der § 794 für die Vertheilung der Früchte zwischen einem abtretenden und einem antretenden Bezugsberechtigten giebt, sind aus den gleichen praktischen Rücksichten auch für die Auseinandersetzung zwischen dem Besitzer und dem Eigenthümer anwendbar. Der Besitzer erwirbt nach näherer Bestimmung des § 890 das Eigenthum der natürlichen Früchte mit deren

') Windscheid § 203 Note 9. 2) Württ. L. 91. IV, 5 § 5, dazu Wächter, Erört. 1 S. 80 ff. und Priv. R. 2 Z 42 S. 269; bayr. L. R. IV, 3 § 13; franz. G. B. Art. 586, 1614; Hess. Entw. n, 4 Art. 13, bayr. Entw. II Art. 293 und III Art. 230 und 246.

76

Allgemeine Vorschriften.

Trennung. Auch braucht er in Gemäßheit der §§ 930—933 die von ihm gezogenen Nutzungen dem Eigenthümer nicht herauszugeben, wenn und soweit nicht einer der daselbst bezeichneten besonderen Verpflichtungsgründe vorliegt. Ließe man es hierbei bewenden, so hätte man hinsichtlich der juristischen Früchte nur eine negative Regelung des Verhältnisses dahin, daß ein Herausgabe­ anspruch nicht stattfindet. Eine solche Beschränkung der Rechte des Besitzers aber würde wenig in Einklang stehen mit der Vorschrift, welche ihm das Eigenthum an den getrennten natürlichen Früchten zuweist. Die Konsequenz verlangt, daß das in dieser Vorschrift liegende Prinzip allgemein gelte und demzufolge der Besitzer bis zu dem kritischen Zeitpunkte dem Eigenthümer gegenüber wie ein zur Beziehung der Früchte Berechtigter behandelt werde. Die Ausdehnung dieser Folgerung auf das Verhältniß zwischen dem Inhaber und dem Eigenthümer bedarf mit Rücksicht auf die §§ 899, 901, 902 und 929 ff. einer besonderen Rechtfertigung nicht. (Abs. 2.)

d) Bertheilnng der Lasten «nd Abgabe« zwischen den nach einander zur Tragung derselben Verpflichteten.

§ 795. Die Frage nach dem Vertheilungsmaßstabe, welche der § 794 Abs. 1 in Ansehung der Früchte entscheidet, erhebt sich auch bei den von einer Sache oder einem Rechte zu entrichtenden Lasten und Abgaben, wenn ein Wechsel in der Person des Pflichtigen eingetreten ist. Das bestehende Recht freilich scheint in dieser Hinsicht ausdrückliche Vorschriften nicht zu haben, so daß es nicht selten zweifelhaft sein wird, ob die Lasten und Abgaben zwischen dem bisherigen und dem neuen Verpflichteten je nach dem Zeitpunkte ihrer Fälligkeit oder nach dem Verhältnisse der Zeitdauer jeder der beiden Verpflichtungen zu »ertheilen sind'). Allein vom Standpunkte des Entwurfes empfiehlt es sich, schon mit Rücksicht auf die Verhältnisse beim Kaufe und beim Nießbrauches, nicht zu schweigen. Geht man davon aus, daß die Lasten und Abgaben grundsätzlich von demjenigen zu tragen sind, welcher zur Beziehung der Früchte berechtigt ist"), so liegt es nahe, sie in dem vorausgesetzten Falle nach dem Verhältnisse der den Pflichtigen gebührenden Früchte zu vertheilen. Der Gerechtigkeit würde dieser Maßstab sicherlich entsprechen. Aber seine Anwendung würde in der Praxis auf große Weiterungen und Schwierigkeiten stoßen. Aus diesem Grunde erscheint es auch nicht rathsam, aus die in dem § 794 Ziff. 2 u. 3 hinsichtlich der juristischen Früchte befolgte Unterscheidung zurückzugreifen. Vielmehr nöthigen die praktischen Rücksichten, aus welchen die unter Ziff. 3 ') Sergi, preuß. A. L. R. I, 7 § 196, I, 11 §§ 105, 182, 340, 342, I, 21 §§ 155, 170, in Ansehung der Zwangsversteigerung auch das Urtheil des Reichsgerichtes v. 11. Juli 1881, in Gruchot's Beitr. 26 S. 1102. Für das franz. Recht wird aus dem Prinzipe des code civil Art. 586 die Vertheilung pro rata temporis her­ geleitet. Eine besondere Bestimmung enthält für den Nießbrauch der bayr. Entw. III Art. 242. 2) Entw. §§ 463, 1003 Ziff. 1, 2. 3) Sachs. G. B. § 129.

Vertheilung der Lasten rc. Beschränkung des Verfügungsrechtes. §§ 795, 796.

77

bezeichneten Erträge nach ihrer Fälligkeit zu vertheilen sind, zur Annahme dieses Maßstabes für die Vertheilung der Lasten und Abgaben jeder Art, sofern nicht für einzelne Verhältnisse durch Rechtsgeschäft oder durch Gesetz') ein anderer Maßstab bestimmt ist.

9.

Rechtsgeschäftliche

Beschränkung der dinglichen Rechte.

Verfügung

über

die

§ 796.

Während nach gemeinem Rechte das vertragsmäßige Veräußerungsverbot in der Regel ohne Rechtswirkung gegen Dritte ist'*2), gestattet das preuß. A. L. R. dem Eigenthümer, sich durch Rechtsgeschäft der Befugniß zur Veräußerung oder zur Belastung der Sache mit der Wirkung zu be­ geben, daß das Geschäft jeden Dritten bindet, sofern es demselben bekannt gewesen oder in das Hypothekenbuch eingetragen ist3).* 5 Nach dem bayr. Entw. III Art. 91 Abs. 3 haben „letztwillige oder vertragsmäßige Veräußerungsverbote nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie die Sicherung der Anwartschaft eines Dritten auf die Sache bezwecken". Auch das sächs. G. B. folgt, wie aus seinen §§ 223 und 224 erhellt, im Wesentlichen der gemeinrechtlichen Regel. Der vorliegende Entwurf geht davon aus, daß das Prinzip der rechts­ geschäftlichen Aktionsfreiheit nur für das Gebiet des Rechtes der Schuld­ verhältnisse eine allgemeine Wahrheit ist, für die übrigen Gebiete dagegen keine Geltung hat3). Dingliche Rechte können daher nur nach Maßgabe be­ sonderer Vorschriften begründet werden3). Die Konsequenz hiervon aber ist die, daß die aus dem Eigenthume oder einem anderen Rechte an einer Sache fließende Befugniß des Berechtigten, über das Recht zu verfügen, mit Wirkung gegen Dritte weder ausgeschlossen noch beschränkt werden kann, soweit nicht das Gesetz etwas Anderes besttmmt. Der Entwurf zieht diese Konsequenz in

dem § 796, um den Zweifeln zu begegnen, welche im Hinblicke auf den bis­ herigen Rechtszustand zu besorgen wären. Sachlich gerechtferttgt ist die Vor­ schrift schon durch die Erwägung, daß, wenn dem Berechtigten es fteistände, sich der Verfügung über das Recht willkürlich zu entschlagen, auf diesem Wege das ganze Vermögen außer Verkehr gesetzt, bezw. den Angriffen der Gläubiger des Berechtigten entzogen werden könnte. Einer solchen Möglichkeit muß das Gesetz im Interesse der Rechtsordnung entgegentreten; es kann die rechts­ geschäftliche Beschränkung des Versügungsrechtes allgemein nur mit obligatorischer Wirkung gestatten3).

*) 2) 3) 3) 5) «)

Sergi, den Entw. § 1003 Ziff. 3, 4. Windscheid § 172a. A. L. R. I, 4 §§ 15-19. Sergi, zu § 295 Abs. 2. ,»-nsprü»-. dem Besitzer erwachsenen Schadens zur besonderen Verhandlung''). Der Entwurf bringt also tiefgehende Neuerungen, deren Rechtfertigung darin zu suchen ist, daß sie bei näherer Betrachtung den Karakter als Neuerungen verlieren und als konsequente Durchführung der im modernen Rechte nicht zu verkennenden Anschauung erscheinen, nach welcher dem Inhaber und nicht dem von demselben vertretenen Besitzer die unmittelbare thatsächliche Herrschaft über die Sache zusteht. Die Ausscheidung der Geltendmachung von Schadens­ ansprüchen aus dem possessorischen Verfahren dient dazu, den possessorischen Ansprüchen den pönalen Karakter zu nehmen, welchen sie sonst bei der Be­ grenzung des Streitmateriales unter Umständen gewinnen könnten.

Zur Terminologie ist zu bemerken, daß der Entwurf den Ausdruck „Besitzklage", ungeachtet der Abstellung des Besitzschutzes auf die Jnhabung, als einen technischen beibehält, um mit der C. P. O. in Uebereinstimmung zu

bleiben. Die aus § 231 der C. P. O. abzuleitende Zulässigkeit einer Präjudizial- SMjubW» klage über das Bestehen des Besitzes oder der Jnhabung kommt für diesen ,leee" Abschnitt nicht weiter in Betracht, und ebensowenig ist die Kondiktion, welche den Besitz zum Gegenstände hat, oder die Klage aus dem Delikte der verbotenen Eigenmacht hier weiter zu berücksichtigen, da diese Ansprüche petttorischer Natur sind.

II. Die Anerkennung des Institutes des Rechtsbesitzes als eines allgemeinen auf alle Rechte sich beziehenden kann für den Entwurf nur in der Richtung in Frage kommen, daß zu entscheiden ist, ob die Vorschriften über Besitzschutz allgemein auf dasjenige, einer näheren Definition immer noch bedürfende Verhältniß Anwendung finden sollen, welches man als Rechtsbesitz zu bezeichnen pflegt. Der Rechtsbesitz würde der Sachinhabung zu vergleichen, also von Rechtsinhabung zu reden sein.

Während die Sachinhabung ein der Gesetzgebung durch die Natur der Dinge von vornherein gegebenes Verhältniß ist, würde die Rechtsinhabung

*) Code de proc. civ. Art. 23; vergl. code civil Art. 2229. 2) G. B. §§ 345—347. 3) Förster-Eceius Bd. 3 § 162 Note 34; Zachariä Bd. 1 § 189 Note 1; sächs. G. B. § 190; österr. G. B. §§ 345—347. *) Zachariä § 191 Note 2; sächs. G. B. §§ 205, 206; österr. G. B. 346. 5) A. G. O. 1, 31 § 17.

120

Besitz und Jnhabung.

ebenso wie ihr Gegenstand, das ausgeübte Recht, ein Verhältniß sein, welches der Gesetzgeber selbst setzt, um Folgen an dasselbe zu knüpfen. Das Bedürfniß einer solchen Regelung bedarf des Nachweises. 8i«e4tge8 Eine Uebersicht über die bisherige gesetzgeberische Behandlung läßt sich dahin zusammenfassen: In den römischen Anfängen werden Sachbesitz und Nechtsbesitz getrennt gehalten, und ist das Gebiet des letzteren beschränkt. Später werden Sachbesitz und Rechtsbesitz als ein Rechtsinstitut behandelt und Rechte allgemein für mögliche Gegenstände des Besitzes oder gar für (un­ körperliche) Sachen erklärt, oder es wird auch wohl in der Doktrin der Sach­ besitz ebenfalls als ein Rechtsbesitz nämlich als Besitz des Eigenthumsrechtes aufgefaßt r). In neuerer Zeit fängt man wieder an, Sachbesitz und Rechtsbesitz getrennt zu behandeln und die Rechte, bei denen ein quasi-possessorischer Schutz zugelassen wird, zu beschränken-). Keine allge. Eine Analogie zwischen der Rechtsübung und der Sachinhabung besteht Zch^riften über nur dann, wenn das Recht nicht in einmaliger Ausübung sich erschöpft, und auch »nsstffori-

scheu Schutz,

i*ann *n sehr verschiedenem Grade. Allgemeine auf alle Arten von Rechten paffende Regeln, wie die Ausübung des Rechtes gestaltet sein müsse, um dem Ausübenden vor der Geltendmachung und dem Beweise seines Rechtes- einen einstweiligen Schutz in der Fortübung desselben zu gewähren, lassen sich

nicht ausstellen. Ebenso fehlt es an dem allgemeinen Bedürfniffe eines solchen Schutzes. Durch den Entwurf wird das Bedürfniß beseitigt bei denjenigen Rechten, welche mit der Znhabung einer Sache oder des Theiles einer Sache verbunden sind. Hiermit ist die Frage des quasi-possessorischen Schutzes des Pacht- und Miethrechtes und des Gebrauchsleiherechtes erledigt; andere Rechte obligatorischer Natur, bei welchen jene Frage ernstlich in Betracht kommen könnte, dürfte es nicht geben. Ebenso ist die Frage in Ansehung der mit der Jnhabung der Sache oder eines Theiles derselben verbundenen dinglichen

T) Am weitesten geht das österr. G. B. § 311. Hier werden Rechte geradezu in Beziehung auf die Besitzbarkeit als eine Art von Sachen (unkörperliche) behandelt. Das preuß. A. L. R. I, 2 ZZ 1, 2 faßt wohl auch Rechte als Sachen im weiteren Sinne auf, hält indeffm die beiden Rechtsverhältnisse des Sachbesitzes und des Rechtsbesitzes insofern getrennt, als in dem Titel über den Besitz das Wort „Sache" nur im Sinne eines körperliches Dinges gebraucht wird und der Besitz an Sachen dem Besitz an Rechten parallel läuft. Das bayr. L. R. II, 5 § 2 unterscheidet zwar Sachbesitz und Rechtsbesitz und IHM die Possession in veram an körperlichen und quasi an unkörper­ lichen Dingen; dabei aber werden nach der Kreittmairschen Anmerkung alle Jura incorporalia und zwar ohne Unterschied inter realia vel personalia als possessionem zulassend erklärt. Das franz. Recht faßt (code civil Art. 2228) Sachbesitz und Rechtsbesitz unter einen Besitzbegriff, giebt jedoch einen besonderen Schutz nur für dm Rechtsbesitz des Gebrauchsberechtigten und für den Besitz der Legalservituten und der ersitzbaren servitudes continues et apparentes. — Vergl. Zachariä, franz. Civ. R. Bd. 1 § 187 b. 2) Im sächs. G. B. §§ 530, 556—562 auf Grunddienstbarkeiten, im bayr. Entw. III Art. 42 ff. auf dingliche Rechte, im heff. Entw. II, 2 Art. 28 ff. auf Dienst­ barkeiten.

Besitzklagen; Vorbemerkungen.

(§ 818.)

121

Rechte, Erbbaurecht und Nießbrauch, erledigt. Für die Rechte auf wieder­ kehrende Leistungen aus Reallasten oder auf Zahlung von Hypothekenzinsen ist das Bedürfniß eines quasi-possessorischen Schutzes zu verneinen. Ein solcher würde für den Verpflichteten besonders drückend sein. Bei den selbständigen Berechtigungen, deren Aufrechterhaltung und Regelung den Landesgesetzen über­ lassen ist, schließt der zu Gunsten der Landesgesetze gemachte Vorbehalt auch die Ermächtigung ein, einen quasi-possessorischen Schutz dieser Rechte zu bestimmen. Uebrigens ist aus der Vorschrift des § 781 Abs. 2, daß auf Be­ rechtigungen, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten können, die Bestimmungen über Grundstücke — einschließlich der für Sachen im Allgemeinen und deshalb auch für Grundstücke geltenden Bestimmungen — entsprechende Anwendung zu finden haben, nicht auf die Anwendbarkeit der Vorschriften über den possessorischen Schutz zu schließen; denn Gegenstand der Jnhabung sind nur Sachen und nur zu Gunsten des Inhabers findet ein solcher Schutz statt. Die Erstreckung dieses Schutzes auf die Uebung eines gewissen Rechtes kann nicht durch analoge Uebertragung erfolgen, sondem beruht auf positiven Vorschriften, welche einen Ausnahmekarakter tragen. Mr den Entwurf bleibt nach den vorstehenden Darlegungen die Frage des quast-possessorischen Schutzes nur für Grunddienstbarkeiten und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten bestehen und wird durch die Vorschriften der §§ 979, 1048 gelöst. Die Rechtfertigung dieser Lösung ist den betreffenden Abschnitten

vorzubehalten. III. Das Schweigen des Entwurfes in Ansehung einiger aus dem gemeinen Rechte sich herleitender Rechtsinstitute bleibt zu rechtfertigen. 1. Der Entwurf kennt kein possessorium summariissimum. Man versteht Po8ses’°rihierunter einen provisorischen Schutz im Besitze, welcher demjenigen gewährt riissimum; wird, der die letzte ruhige Besitzhandlung bescheinigen kann. Sollte man das possessorium summariissimum nicht als durch die Bestimmungen der C. P. O. über einstweilige Verfügungen beseitigt ansehen *), so ist dasselbe jedenfalls neben diesen Bestimmungen entbehrlich geworden. Man könnte aber die weitere Frage aufwerfen, ob nicht das Rechtsinstitut der einstweiligen Ver­ fügung durch Aufstellung leitender Grundsätze für die richterliche Regelung des einstweiligen Zustandes in Beziehung auf ein streitiges Rechtsverhältniß weiter auszubauen sei. Wollte man eine solche Regelung vornehmen, so würde sie, wenn nicht in der Prozeßordnung, doch keinesfalls im Sachenrechte, sondern in dem Allgemeinen Theile des Gesetzbuches zu geschehen haben. Einer solchen Regelung stehen indessen dieselben Bedenken und Schwierigkeiten entgegen, welche einer allgemeinen Gewährung eines quasi-possessorischen Schutzes ent­ gegenstehen. 2. Die Rechtsbehelfe, welche dem römischen interdictum quod vi aut clam interdtctum oder der römischen operis novi nuntiatio entsprechen, können als obligatorische ’“°d.

Ansprüche aus einem Spezialdelikte ohne possessorische Begrenzung des Streitmateriales oder als possessorische Ansprüche gedacht werden. Ansprüche der ersteren Art sind von dem Entwürfe in dem Obligationenrechte nicht zum Gegenstände *) Förster-Eccius Bd. 3 § 162 Note 27.

122

Besitze uiä> Jnhabung.

besonderer Bestimmungen, wie sie im dresd. Entwürfe') sich finden, gemacht worden. Bei Ansprüchen der letzteren Art würde die Besonderheit darin liegen, daß neben den in § 814 bezeichneten Fällen verbotener Eigenmacht noch andere Fälle einer auf anderer Gmndlage beruhenden verbotenen Eigenmacht auf­ gestellt und Restitutionsansprüche mit possessorisch begrenztem Streitmateriale gegeben werden. In der gemeinrechtlichen Doktrin herrscht über die Voraus­ setzungen der besonderen verbotenen Eigenmacht des interdictum quod vi aut clam und der operis novi nuntiatio so viel Streit, daß über beiden Instituten ein gewisies Dunkel liegt. In den modernen Gesetzgebungen kommen possessorische Klagen, welche den Rechtsbehelfen des interdictum quod vi aut clam und der operis novi nuntiatio entsprechen, nicht vor. In der französischen Doktrin ist bestritten, ob die denonciation de nouvel oeuvre als die gewöhnliche Besitzstörungsklage (complainte) oder als eine eigenartige Besitzstörungsklage zu behandeln ist, bei welcher ausnahmsweise statt eines trouble actuel ein trouble eventuel genüge2). Wenn die gedachten Rechtsbehelfe über die Besitzschutzmittel hinausgehen sollen, so kommt man zu einer Art der verbotenen Eigenmacht, bei welcher der Handelnde sich nicht mit dem Willen des Inhabers in Ansehung der Sache in Widerspruch befindet, sondern dem ihm ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Willen eines angeblich Berechtigten zuwider handelt. Es erscheint aber bedenklich, einer privaten Prohibition, mögen deren nähere Voraussetzungen geregelt werden, wie sie wollen, eine ähnliche Wirkung beizulegen, wie einem gericht­ lichen Einhaltsverbote, und auf diese Wirkung einen Restitutionsanspruch zu gründen. Die Vorschriften der C. P. O. über den Erlaß einstweiliger Ver­ fügungen werden dem praktischen Bedürfnisse genügen. •etio aqu»e 3. Die römische actio aquae pluviae arcendae hatte auch schon im arcendae. römischen Rechte keinen possessorischen Karakter. Der Entwurf behandelt den mit dieser actio verfolgbaren Anspruch unter den Vorschriften des Nachbar­ rechtes in § 856.

Fehlerhafte Jnhabung. § 818.

Fehler. Der § 818 enthält keine selbständige Rechtsnorm, sondern stellt eine W Sota'aW Voraussetzung fest, an welche die folgenden Paragraphen anknüpfen, »«boten« Etzenmacht.

Für diejenige Jnhabung, welche durch verbotene Eigenmacht erlangt {n Uebereinstimmung mit der Redeweise des sächs. G. B. § 190 die technische Bezeichnung gewählt, daß die Jnhabung eine fehlerhafte sei (possessio vitiosa des gemeinen Rechtes). Die Fehlerhaftigkeit ist eine relative Eigenschaft und besteht gegenüber demjenigen, gegen welchen die verbotene Eigenmacht geübt ist, und gegenüber den Erben desselben. Ist die Jn­ habung durch den Tod des Eigenmächtigen erledigt und der Erbe durch *) Art. 1017—1019. Material zu den Bestimmungen des dresd. Entw. S.' 128—156. 2) Zachariä § 187; Aubry et Ran, Cours de droit fr. t. II, § 198 Note 2.

Fehlerhafte Jnhabung.

Anspruch auf Wiedereinräumung. §§ 818,819.

123

eigene Apprehension der Jnhabung an die Stelle des Eigenmächtigen getreten, s-hi-rh-ftig. so soll die Fehlerhaftigkeit der Jnhabung fortdauern. Der Erbe muß die häbun, Jnhabung als Erbe erlangt haben.

Das Erbesein genügt nicht,

wenn

die A^nm-ch.

Jnhabung anders erlangt, z. B. die Sache von dem Erblasser vor dessen Tode

tradirt ist.

«g-n,

Zu bemerken ist, daß die Vorschrift des § 2053 weiter geht und

den Erben auch vor Apprehension der Jnhabung dem possessorischen Ansprüche

dahin haften läßt, daß er die Jnhabung der im Nachlasse befindlichen Sachen

demjenigen, gegen welchen die Eigenmacht geübt ist, zu überlassen hat.

Die

Gleichsetzung der Jnhabung des Erben mit der Jnhabung des Eigenmächtigen, welche sich nicht von selbst versteht, da die Jnhabung des Erben eine neue Jnhabung ist, wird dadurch gerechtfertigt, daß zwischen dem Erben des Eigen­

mächtigen und dem Verdrängten in Ansehung der Verfolgung der Rechte zum Haben der Sache die Rechtsposition ganz die gleiche bleibt, wie solche zwischen dem Erblasser und dem Verdrängten bestand.

Der Grund für Regelung des

-Besitzstandes in der Weise, daß der Einfluß der geübten verbotenen Eigenmacht wieder aufgehoben wird, bleibt mithin bestehen. Bei dem römischen interdictum unde vi galten für den passiven Itebergang auf die Erben diejenigen Grund­

sätze, welche in Ansehung des Ueberganges der Deliktsklagen auf die Erben Anwendung finden; auch das preuß. Recht läßt die Erben hastens.

Gelangt die Jnhabung in die Hand eines Dritten, welcher nicht Universal- w ««»ei. sukzessor des Eigenmächtigen ist, so hört die ftühere Fehlerhaftigkeit auf. Von nad,foIflCt8dieser Regel macht der Entwurf in Uebereinstimmung mit dem gemeinen Rechte

und den demselben folgenden Gesetzgebungen*2) eine Ausnahme zu Ungunsten des Nachfolgers, welcher bei der Erlangung der Jnhabung die Fehlerhaftigkeit der Jnhabung seines Vormannes kannte.

Diese Erstreckung der Haftung ist

für den Entwurf nicht aus dem Gesichtspunkte einer Theilnahme des Nach­

folgers an dem Delikte zu rechtfertigen; wohl aber findet sie ihre Rechtfertigung

in ihrem Zwecke, Vereitelungen und Umgehungen des Gesetzes zu verhüten. Der neue Erwerber der Jnhabung, welcher sich dieselbe von einem Normanne

einräumen läßt, der, wie der Erwerber weiß, unter dem gesetzlichen Restitutions­

befehle des § 819 steht, handelt in fraudem legis.

Anspruch auf Wiedereinräumung der Jnhabung.

§819. 1.

Der § 819 bringt den an die in § 818 bestimmte Voraussetzung der Haftung w

Fehlerhaftigkeit der Jnhabung geknüpften gesetzlichen Restitutionsbefehl. Befehl

innehat,

richtet sich gegen denjenigen,

welcher

zur Zeit die Sache

und wird durch dessen gegenwärtige Jnhabung

Dieser ^-g^n.

fehlerhaft

in seiner Wirkung

*) Preuß. A. L. R. 1, 7 § 148. 2) C. Saepe c. 18 X de restitutione (2,w); sächs. G. B. § 206; zür. G. B. § 507; bayr. Entw. 111 Art. 35 Abs. 1. Im preuß. A. L. R., im bayr. L. R. (ll, 5 § 11), im franz. Rechte (Zacharia Bd. 1 § 190b Note 2) und in § 146 des bad. Einführungsgesetzes zu den Reichsjustizgesetzen kommt eine gegen Dritte zu richtende Spolienklage nicht vor.

124

Besitz und Jnhabung.

bedingt und beschränkt. Wenn auch die allgemeinen Vorschriften des Obli­ gationenrechtes regelmäßig auf alle Arten von Ansprüchen Anwendung finden, so hat doch der Umstand, daß die hier bestimmte Restitutionsverpflichtung von einer praesens possessio abhängt und nicht auf ein commissum sich gründet, die wichtige Konsequenz, daß alle Vorschriften über die Folgen der Nicht­ erfüllung der Obligation unanwendbar werden; denn die Obligation besteht nur, insoweit deren Naturalersüllung möglich und erzwingbar ist. Entäußert sich der Beklagte der Jnhabung während des Prozesses, so wird er von der Besitzklage frei, bis aus seine Haftung für die Kosten des Verfahrens. Durch diese Begrenzung des Restitutionsanspruches ist von selbst, ohne daß es einer weiteren Hervorhebung im Gesetze bedarf, die Geltendmachung von Schadens­ ansprüchen im Besitzprozesie ausgeschlossen. Durch den Restitutionsbcfehl wird dem Beklagten aufgegeben, seinerseits diejenige Thätigkeit zu entwickeln, welche erforderlich ist, damit der Kläger die Jnhabung wieder ergreifen könne. Eine lediglich prohibitorische Gestaltung" der Besitzklage wegen Entziehung der Jnhabung würde den Zwecken derselben nicht genügen. Die positive Thätigkeit, wekche dem Beklagten anbefohlen wird, gestaltet sich verschieden, ähnlich wje bei der Vindikation, je nachdem es sich um Grundstücke oder um bewegliche Sachen handelt. Ist der Beklagte un­ gehorsam, so hat er die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen nach §§ 769, 771 C. P. O. zu dulden. Exwptio 2. War die dem Kläger durch verbotene Eigenmacht entzogene Jnhabung "XT dem Beklagten gegenüber fehlerhaft, so bleibt die Handlung des Beklagten

zwar formell rechtswidrig, aber der durch diese Handlung herbeigeführte Besitz­ stand ist doch nur ein solcher, wie er, wenn von keiner Seite eigenmächtig verfahren wäre, bestehen würde. Damit ist der Grund für die Besitzklage des Klägers weggefallen. Dem Zwecke des Besitzprozesses würde es nicht ent­ sprechen, wenn man bei mehrfachen auf einander gefolgten Gewaltsamkeiten nur die letzte berücksichtigen wollte. Wenn der Entwurf auch zunächst nur die exceptio vitiosae possessionis giebt, so ist doch damit auch zugleich die ent­ sprechende Replik und Duplik zugestanden, soweit nicht die Vorschrift des § 824 eine zeitliche Grenze zieht. Mit der in den modernen Gesetzgebungen angenommenen Eigenschaft der Besitzentziehungsklage als eines Deliktsanspruches würde die exceptio vitii uicht wohl stimmen, da mehrfache wechselseitige Delikte sich nicht gegenseitig aufheben, sondern gesonderte Ansprüche erzeugen. Zu einem ähnlichen Re­ sultate, wie der Entwurf, gelangt indessen das preußische Recht durch die Bestimmungen'), nach welchen durch verbotene Eigenmacht zum Nachtheile des Verletzten kein Besitz erworben wird. Das ästen. Recht läßt in einem solchen Falle nur „unechten" Besitz erworben werden?). In dem sächs. G. B?) wird der Dejektionsklage gegenüber die exceptio vitii nicht ge­ währt. Im ftanz. Rechte ist es bestritten, ob der Umstand, daß der

') A. G. O. I, 31 8 14, A. L. R. I, 7 §§ 96, 99, 106. 2) G. B. 88 345—347. 3) 8 209; vergl. 8 207.

Anspruch wegen Störung in der Jnhabung.

§ 820.

125

Besitz gewaltsam oder heimlich ausgeübt ist, eine absolute die Anstellung der Besitzklage gegen Jeden ausschließende Wirkung habe oder nur gegenüber dem­ jenigen in Betracht komme, gegen welchen heimlich oder gewaltsam gehandelt ist ’)• Die Entwürfe 2) von Bayern und Hessen lassen die exceptio vitii zu. Die aus dem kanonischen Rechte stammende Spolieneinrede'), welche bei allen Civilklagen ohne Unterschied mit der Wirkung zulässig ist, daß der Spoliirte jeden Anspruch des Spolianten von sich abwehren darf, bis der frühere Zustand hergestellt ist, und mit welcher die exceptio vitii nicht vereinbar sein würde, hat der Entwurf in Uebereinstimmung mit dem preußischen Rechte nicht ausgenommen, weil in der Gegenwart Gewaltthätigkeiten nicht so häufig sind, daß ihnen durch zivilrechtliche Ausnahmevorschristen zu Ungunsten des Gewaltthätigen entgegengetreten werden müßte.

«poitt.

Anspruch wegen Störung in der Jnhabung. § 820.

Die Voraussetzung der Besitzstörungsklage ist eine mindere als diejenige »-«««. der Besitzentziehungsklage. Die verbotene Eigenmacht braucht nicht bis zur Anspru»^ Aufhebung der thatsächlichen Gewalt geführt zu haben, aber sie muß auch hier einen bis in die Gegenwart hineinreichenden thatsächlichen Zustand geschaffen haben, dessen Beseitigung mit Ausscheidung der Frage des Schadensersatzes der alleinige Zweck der Besitzklage ist und welcher das Analogon der fehler­ haften Jnhabung bildet. Auch bei der Besitzstörungsklage ist der Gedanke fern zu halten, daß die in der Vergangenheit liegende Handlung der verbotenen Eigenmacht der Grund der Klage sei. Diese Handlung für sich allein genommen ist entweder, wenn weder Fahrlässigkeit noch Vorsatz unterläuft, rechtlich bedeutungslos oder sie erzeugt einen Deliktsanspruch, dessen Geltendmachung ihren eigenen Weg geht. Die Voraussetzung eines bis in die Gegenwart dauernden Zustandes nimmt bei der Besitzstörungsklage eine doppelte Gestaltung an. Die Wirkung der Stömng und damit die Störung selbst kann körperlich Äör»e«n«enforii6e ®ne rekuperatorische Wirkung wird die Besitzstörungsklage zwar nicht »ege» ««st,- haben, aber die Klage wegen Störung und die Klage wegen Entziehung werden wegen"«^tz- leicht *n einander laufen. Sollte der durch die verbotene Eigenmacht des ratziehung. Beklagten geschaffene Zustand, welchen der Kläger als Störung rügt und dessen Beseitigung er verlangt, ein solcher sein, daß man dem Beklagten die Jnhabung zuschreiben muß, so bleibt die unpassende Bezeichnung jenes Zustandes als Störung gleichgültig; die Ansprüche wegen Störung und wegen Entziehung der Jnhabung sind ihrem Grunde nach gleichartig und nur umfänglich ver­ schieden. Der Vorschrift des § 230 Abs. 2 Ziff. 2 der C. P. SD., welche die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruches

Besitzklagen des Besitzers.

§ 821.

127

fordert, ist nicht um deswillen zuwidergehandelt, weil der als verbotene Eigenmacht gerügten Handlung die Wirkung der Aufhebung der Jnhabung nicht beigemessen ist. Vom geltenden Rechte') weicht der Entwurf im praktischen Resultate wenig ab, nur daß im geltenden Rechte die Richtung der Stömngsklage gegen tenben8te»t2

eine gegenwärtige Beeinträchtigung der Jnhabung oft verschwindet oder wenig hervortritt und nicht diese gegenwärtig fortdauernde Beeinträchtigung, sondern die in der Vergangenheit liegende Handlung verbotener Eigenmacht als Grund der Klage erscheint, mit welcher (von dem preußischen Rechte abgesehen) auch Schadensersatz gefordert werden kann. Drohungen werden meistens nicht als genügend zur Begründung der Klage behandelt. Der Anspruch auf Wieder­ herstellung des früheren körperlichen Zustandes findet nur vereinzelt ausdrück­ liche Anerkennung.

Besitzklagen des Besitzers.

§ 821. Das Vertretensein durch einen Detentor in der Ausübung der thatsächlichen Gewalt ist nach dem Entwürfe nicht eine eigene, wenn auch nur mittel- fXn©s.

*) Code de proc. Art. 24; österr. G. B. § 346 Satz 2, § 342 Schlußsatz; zür. G. B. § 506; vergl. auch bayr. Entw. III Art. 31, Hess. Entw. II, 2 Art. 20. Motive z. bürgert Gesetzbuch. III. g

Besitz und Jnhabung.

130

deshalb im Entwürfe beschränkt. Sie darf nur dasjenige petitorische Vor­ bringen treffen, durch welches dargethan werden soll, daß der durch formelles Unrecht geschaffene Zustand dem materiellen Rechte entspreche. Es bleibt aber auch denkbar, daß das petitorische Vorbringen sich gegen das Vorliegen einer Handlung verbotener Eigenmacht richtet, indem das stattgehabte gewaltsame Verfahren durch Nachweis eines Rechtes und durch Nachweis der Voraus­ setzungen, unter denen die eigenmächtige Verwirklichung dieses Rechtes nach § 189 gestattet ist, als erlaubte Selbsthülfe gerechtfertigt wird.

Verhältniß der Besitzklagen zu den Klagen aus dem Rechte. §

823.

Ueber das Verhältniß der Besitzklagen zu den Klagen aus dem Rechte ist Folgendes zu bemerken:

Trenmmgd-r

1 Da nach so würde nach den Berühren« b£r Besitzklage mit n°ch der schrift des § 232 6 d' °* der Zweckmäßigkeit

schm und de»

der C. P. O. ein besonderer Besitzprozeß nicht besteht^ Bestimmungen derselben (§ 232 Abs. 1) die Verbindung der petitorischen Klage an sich zulässig sein. Die VorAbs. 2 untersagt jedoch diese Verbindung aus Gründen im Einklänge mit dem in großen Gebieten Deutschlands

geltenden Rechte. Ob die eine oder die andere Klage als Widerklage statthaft ist, wird nach § 33 a. a. O. zu beurtheilen sein; die Meinungen der Kommen­ tatoren weichen in Ansehung dieser Frage von einander ab. Der Entwurf läßt diese reinen Prozedurvorschristen der C. P. O. unberührt. toTbet'einT ®rman9e^un9 einer jeden Bestimmung über die Frage, ob die «luge von der Erhebung der einen Klage die Erhebung der anderen Klage hindere, würde die anderen. Rechtsanwendung wohl zu der Verneinung dieser Frage gelangen. Die An­

sprüche aus der Jnhabung bezw. dem Besitze, welche der Entwurf gewährt, sind selbständiger Natur. Das Recht auf Wiederherstellung des früheren Besitz­ standes ist keineswegs blos die prozessualische Befugniß, die provisorische Regelung eines thatsächlichen Verhältnisses für den petitorischen Rechtsstreit zu verlangen. Wenn die im Besitzprozesse klagende Partei daneben die petitorische Klage erhebt, so giebt sie für den petitorischen Rechtsstreit die vortheilhafte Stellung auf, welche ihr die vorherige Restitution des früheren Besitzstandes vielleicht verschaffen würde. Man darf aber daraus, daß der Kläger für den petitorischen Streit eine unvortheilhaftere Stellung, insbesondere die Rolle des Angreifers statt der Rolle des Beklagten, übernimmt, nicht mit dem franz. Rechte die Folgerung ziehen, daß die Anstellung des Petitoriums als Verzicht auf das Possessorium zu gelten habens. Im röm. Rechte findet sich der

*) Code de proc. Art. 26: „Le demandeur au petitoire ne sera plus recevable ä agir au possessoire“. Das bayr. Gesetz v. 23. Febr. 1879 zur Ausführung, der C. P. O. § 82 und § 172 nimmt den französischen Satz auf und spricht in § 82 die weitere Konsequenz aus, daß mit der Erhebung des Petitoriums der Besitzprozeß: verloren gegeben wird.

Verhältniß zu den Klagen aus dem Rechte. Ausschlußfrist. §§ 823, 824.

131

Satz: non denegatur ei interdictum uti possidetis qui coepit rem vindicare1). Der Entwurf beläßt es in § 823 Abs. 1 bei dem, was gelten würde, auch wenn das Gesetz schwiege. Da indessen dieses Ergebniß leicht verkannt werden könnte, so ist eine Vorschrift erläuternder Natur ausgenommen. Die positive Bestimmung des ftanz. Rechtes erscheint innerlich nicht gerechtfertigt; denn als interpretative Bestimmung würde sie, da ein rascher Sieg im Possessorium für den petitorischen Kläger von Vortheil bleibt, nicht richtig sein; als Maßregel zur Abkürzung und Vereinfachung des Verfahrens unter­ liegt sie dem Bedenken, daß die Rechte des zur Erhebung der Besitzklage Berechtigten in einer durch kein praktisches Bedürfniß geforderten Weise beeinträchtigt werden. 3. Ist im Petitorium durch rechtskräftiges Urtheil festgestellt, daß der Erledigung durch verbotene Eigenmacht geschaffene Besitzstand, dessen Wiederaufhebung mitb" ur*6"«9' der Besitzklage verlangt werden könnte, dem materiellen Rechte des anderen Entscheidung Theiles entspricht, so kann die Besitzklage nicht weiter erhoben werden und die erhobene Besitzklage wird erledigt. In dieser Beschränkung gegenüber der unter 2. gedachten Erweiterung des ftanz. Rechtes ist der gemeinrechtliche Satz in der Praxis insbesondere auch des preuß. Rechtes2) anerkannt. Der Satz findet seine Rechtfertigung darin, daß eine possessorische Restitution mit einer ihr folgenden dem materiellen Rechte entsprechenden Restitution ein unnöthiger Umweg sein würde. Die Erledigung der Besitzklage bezieht sich nur auf den Restitutionsanspmch. Die Entscheidung über die Kosten bleibt vorbehalten; es wird nach § 87 der C. P. O. zu beurtheilen sein, ob und inwieweit die Ergebniffe des petitorischen Rechtsstreites bei der Entscheidung über die Kosten des Besitz­ prozesses zu berücksichtigen sind.

Ausschlußfrist für die Rügung der verbotenen Eigenmacht. § 824.

Die Verjährung der Ansprüche aus verletztem Besitze anbelangend, so oeitenw dauert im gemeinen Rechte nach der gewöhnlichen Meinung der Anspruch aus Me*t

der Besitzstörung nur so lange, als der Besitz, auf welchem er beruhet; er ver­ jährt in einem Jahre. Der aus der Entziehung des Besitzes entspringende Anspmch verjährt in der gewöhnlichen Frist von dreißig Jahren. Im preußischen Rechte ist von einer Verjährung der Besitzklagen nicht die Rede3). Eine zeitliche Begrenzung ergiebt sich daraus, daß die Entsetzung neuerlich4) stattgefunden und die Störung eine noch fortdauernde Beein­ trächtigung oder Bedrohung des Besitzes herbeigeführt haben muß.

') 2) 3) 4)

L. 12 § 1 D. de poss. (41, r). Striethorst Bd. 29 S. 290; Seuffert's Arch. 5,sc; 6,90. Entsch. des Ob. Trib. Bd. 14 S. 159 ff. A. G. O. I, 31 § 1.

Besitz und Jnhabung.

132

Nach franz. Rechtes ist eine jede Besitzklage in Jahresfrist von dem Tage der geschehenen Störung an zu erheben. Nach dem bayr. L. R?) dauert die rekuperatorische Besitzklage dreißig

Standpunkt Entwurfes,

Sefäbtun -qa rung

Jahre, die Klage aus der Störung ein Jahr. Das sächs. G. B?) kennt eine einjährige Verjähmng der Besitzklage und der Einrede des fehlerhaften Besitzes. Die Entwürfe^) von Bayern und Hessen haben die einjährige Er­ löschungsfrist. Der Entwurf unterscheidet sich von dem geltenden Rechte dadurch, daß er für die Besitzklagen weder eine Verjährung noch eine Präklusivfrist bestimmt und nur für die prozessuale Behauptung eines possessorischen Unrechtes eine von der Begehung der als verbotene Eigenmacht gerügten Handlung an beginnende Erlöschungsfrist setzt. Mittelbar ist damit für die Besitzklage eine Präklusivfrist bestimmt, da jene Behauptung zur Begründung derselben nothwendig ist. Daß die gewöhnliche Verjährung keine genügende zeitliche Begrenzung Besitzklagen ergiebt, insbesondere nachdem die Ansprüche auf Schadens­ ersatz aus dem Besitzprozesse ausgeschieden sind, wird unleugbar sein. Gegen die Bestimmung einer abgekürzten Verjährungsfrist sprechen überwiegende Gründe. Die Anwendung der Vorschriften über die Anspruchsverjährung würde mit vielen Zweifeln verbunden sein. Es fragt sich, ob das Recht auf Wiederherstellung des früheren durch die verbotene Eigenmacht angetasteten Besitzstandes als Anspruch im Sinne des § 154 auszufassen ist, eine Auffassung, deren Richtigkeit besonders in dem Falle zweifelhaft wird, wenn bei der Besitz­ störung eine körperlich fortdauernde Störung nicht vorliegt und nur Herstellung der früheren Rechtssicherheit durch Verurtheilung des Störers zur Unterlassung weiterer Störungen verlangt werden kann. Ferner würde sich fragen, ob mit der Besitzklage ein vermögensrechtlicher Anspruch geltend gemacht wird und ob eventuell die Vorschriften über die Anspruchsverjährung für derartige nicht vermögensrechtliche Ansprüche passen. Aber wenn man auch alle diese Fragen zu Gunsten der Anwendbarkeit der Vorschriften über die Verjährung auf die Besitzklagen beantworten will, so ergiebt sich eine weitere Schwierigkeit daraus, daß man zu einer Uebertragung der Verjährung auf die exceptio bezw. replica vitiosae possessionis und damit zu dem dem Entwürfe unbekannten In­ stitute der Einredenverjährung gelangen würde. Man kann schwerlich aufstellen, demjenigen, welcher dem vitiösen Inhaber gegenüber seine Restitution mit ver­ botener Gewalt durchgesetzt habe, stehe überdies ein Anspmch gegen den Gegner auf Einwilligung in die geschehene Wiederherstellung zu, und mit der Verjährung dieses Anspruches erlösche die Einrede. Alle Schwierigkeiten werden vermieden durch die von dem Entwürfe gewählte Präklusivfrist, welche für die Anwendung der Verjährungsgrundsätze keinen Raum läßt.

*) 2) 3) «)

Code de proc. civ. Art. 23. II, 5 §§ 11, 12 a. E. § 210. in Art. 38 bezw. II, 2 Art. 23.

Beweiserleichterung zu Gunsten des Besitzers.

§ 825.

133

Die Kürze der Frist wird durch das praktische Bedürfniß gefordert, Die Frage, auf wessen Seite bei einem thatsächlichen Besitzkonflikte das formelle Recht gewesen ist, unterliegt einer baldigen Verdunkelung. Sucht der angeblich Vergewaltigte nicht binnen kurzer Frist gerichtlichen Beistand, so wird der Gegenbeweis für den Gegner durch die Verzögerung erschwert. Von den den Anspruchsberechtigten in höherem Grade schützenden Grundsätzen der Ver­ jährung kann man um so mehr absehen, als demselben durch die Präklusion ein Abbruch an seinem materiellen Rechte nicht geschieht und höchstens die Rechtsverfolgung erschwert und die Jnhabung während des Petitoriums ent­

zogen wird. Die Bemfung auf die vom Gegner geübte verbotene Eigenmacht muß in der Klage oder in der mündlichen Verhandlung geschehen, da die Schriftsätze nur vorbereitender Natur sind. Mithin entscheidet der Zeitpunkt der Klage­ behändigung, bezw. des Vortrages in der mündlichen Verhandlung. Die Parteien sollen durch die Präklusivfrist nur gehindert werden, auf wna$me. Handlungen der Eigenmacht des Gegners, welche über Jahresfrist zurückliegen, sich zu berufen, um einen Besitzanspruch oder eine exceptio vitiosae possessionis zu begründen, nicht aber um eigene Handlungen dem Vorwurfe der verbotenen Eigenmacht gegenüber dadurch zu entschuldigen, daß sie ein vorausgegangenes Besitzumecht des Gegners darthun, welchem gegenüber die gleichfalls als solches gerügte eigene Handlung erlaubte Selbsthülfe war. Den Hauptfall einer durch ein vorausgegangenes Besitzunrecht des Gegners gerechtfertigten Selbsthülfe bildet die in § 815 Abs. 3 bestimmte Wiederbemächtigungsbefugniß gegenüber Die in dem zweiten Absätze dem heimlichen Okkupanten eines Grundstückes. desselben Paragraphen bestimmte WiederbemächtigungSbefugniß im Falle der Nacheile kommt wegen ihrer zeitlichen Begrenzung praktisch nicht in Betracht. Im Falle des § 815 Abs. 3 überdauert, wie bereits S. 113 bemerkt ist, die Wiederbemächtigungsbefugnuß die Besitzklage. Man könnte diesem Uebelstande dadurch abzuhelfen suchen, das man die Präklusion der Besitzklage erst von dem Zeitpunkte der Kenntniß der gegnerischen Eigenmacht statt von dem Zeitpunkte der Begehung dieser Eigenmacht beginnen ließe. Eine solche Erweiterung der Ausschlußfrist würde aber die mit derselben gegenüber der Verjährungsfrist verbundenen Vortheile wieder in Frage stellen.

3. Beweiserleichterung z« Gunsten des Besitzers.

§ 825. Die Vorschrift dieses Paragraphen ist die einzige in diesem Abschnitte, »-setz, welche an die Voraussetzung des Besitzes eine das Eigenthum betteffende und flrt,un8en’ zwar den Beweis desselben erleichternde Rechtsnorm anknüpst. In den Gesetzgebungen finden sich nur vereinzelte Bestimmungen, welche dem Besitzer den Beweis seines Eigenthumes erleichtern. Das franz. Recht enthält den Satz: On est toujours presume posseder pour soi et

Code civil Art. 2230.

134

Besitz und Jnhabung.

a titre de proprietaire, s’il n’est prouve qu’on a commence a posseder pour un autre“. Das österr. G. B.') bestimmt: „Der Besitzer einer Sache hat die Vermuthung eines gültigen Titels für sich, er kann also zur Angabe desselben nicht aufgefordert werden". Auch ist der Bestimmung des preuß. A. L. 9t.2) zu gedenken: „Jeder Besitzer hat in der Regel die Vermuthung der Recht­ mäßigkeit und Redlichkeit seines Besitzes für sich". -^uwung Die Frage, inwieweit bei den Eigenthumsklagen aus dem Besitze oder

b arten.

II. Die übrigen Erwerbsarten welches der § 837 ausspricht.

fallen

nicht

unter

das Prinzip,

1. Die Erwerbung der ehelichen und der elterlichen Nutznießung vollzieht sich nach den §§ 1283 und 1502 kraft des Gesetzes, ebenso nach den §§ 1343 und 1411 die mit dem Gütergemeinschaftsvertrage eintretende Rechts­ gemeinschaft an dem unbeweglichen Vermögen der Ehegatten. Ein Bedürfniß, diese Erwerbsarten unter den Schutz des öffentlichen Glaubens des Grund­ buches zu stellen, ist nicht vorhanden. 2. Die Erwerbung im Wege der Zwangsversteigerung folgt ihren eigenen Regelns. Der § 837 hat für sie nur insoweit Bedeutung, als nicht das Gesetz über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen den Ersteher sichern wird. 3. Die Zwangsenteignung kann an dieser Stelle ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Sofern nicht in dem Einführungsgesetze die Art und Weise, wie der Erwerb des Berechtigten sich vollziehen soll, besonders bestimmt wird, kommt es für den Einfluß des öffentlichen Glaubens des Grundbuches auf den Erwerb daraus an, wie nach den Landesgesetzen die Enteignung auf­ zufassen ist. 4. Für die agrarrechtlichen Erwerbungen gilt im Wesentlichen das­ selbe wie für den Erwerb im Falle der Enteignung. 5. Der Erbe kann, da er das Vermögen des Erblassers nicht nur in aktiver, sondern auch in passiver Beziehung erwirbt, auf den öffentlichen Glauben des Grundbuches für seinen Erwerb sich nicht berufen. Die Bemsung steht ihm nur aus der Person des Erblaflers zu.

*) Plen. Besch, des vorm. Ob. Trib. v. 7. Mai 1855, Entsch. 30 S. 408, und Urth. des R. G. v. 8. Dez. 1883, Entsch. in Civils. 10 S. 251. ?) Siehe oben S. 140 ff.

Oeffentl. Glaube -. Grundbuches; Schutz d. Rechtserwerbes. § 837.

215

B. Die Wirkungen, welche der öffentliche Glaube des Grundbuches für den Rechtserwerb hat, werden in dem § 837 einheitlich bestimmt, da kein Grund vorliegt, sie für den einen oder den anderen Fall abzuschwächen oder zu verschärfen. Betroffen werden von ihnen nicht allein die Rechte an dem Grundstücke, sondern auch gewisse Beschränkungen, welchen der Berechtigte in der Verfügung über das für ihn eingetragene Recht unterworfen ist. I. In Ansehung der Rechte an dem Grundstücke zeigen die Wirkungeni-g-gm»-»«des öffentlichen Glaubens eine positive und eine negative Seite. Grundstück«. 1. Die positive Seite besteht darin, daß der Inhalt des Buches, wie Gewähr er zur Zeit der Erwerbung des Rechtes sich darstellt, zu Gunsten des Erwerbers ''"mm»'*' als richtig angesehen wird. Der Ansicht, daß das Prinzip in seiner All- ®rnu^b(^) Vergl. §§ 828, 837. 2) Vergl. oben S. 181, 184.

Vormerkung; Grundsätze. § 844.

237

zur Eintragung und hierdurch zum Rechtserwerbe gelangt ist'). Vom Stand­ punkte des Entwurfes bedarf es in dieser Hinsicht keiner besonderen Vorschrift, weil der § 843 nach seiner Fassung eine unrichtig erfolgte aber wirkungslos gewordene Eintragung voraussetzt, der § 837 aber ergießt, daß die unter seinem Schutze gemachte Erwerbung als rechtsbeständig anzusehen, die zu ihrer Vollendung vorgenommene Eintragung des Erwerbers daher als richtig und wirksam jedem Angriffe des durch sie Verletzten entzogen ist*2). III. Aus der Thatsache allein, daß das Grundbuch eine Unrichtigkeit nlenthält, folgt nicht, daß derjenige, welcher die der wirklichen Rechtslage ent­ sprechende Eintragung zu bewilligen hat, auch die durch die Bewilligung und die Eintragung erwachsenden Kosten tragen müßte. Diese Kosten fallen mithin dem Berechtigten zur Last, sofern nicht das Rechtsverhältniß, welches zwischen ihm und dem Verpflichteten besteht, ein Anderes ergießt. Der § 843 spricht dies in seinem zweiten Absätze nach dem Vorgänge des § 270 der Deutlichkeit wegen aus.

9. Vormerkung. a)

Grundsätze.

§ 844. Zum Schutze gegen die Gefahren, welche mit der Bucheinrichtung durch ©tantwunn den öffentlichen Glauben des Buches und durch das Eintragungsprinzip ver- stunde«

bunden sind, gestatten die geltenden Grundb. und Hypoth. Gesetze in ihrer Mehrzahl eine vorläufige Eintragung, durch welche die endgültige Eintragung für den Fall der Beibringung ihrer Voraussetzung sichergestellt wird. Geschicht­ lich läßt sich dieser Standpunkt auf die preuß. Hypoth. O. v. 20. Dezember 1783 zurückführen. Dieses Gesetz bestimmte in seinem 2. Titel unter §§ 289, 290, 298, 299 Folgendes: „Protestationen werden eingelegt, wenn Jemand einen Realanspruch an ein Grundstück behauptet, den er aber, sofort liquid zu machen, ohne seine Schuld verhindert wird. Wegen blos persönlicher An­ forderung findet keine Protestation statt. Der Effekt einer ingrossirten Protestation besteht darin, daß, so lange solche auf dem Grundstück hastet, alle mit letzterem vorzunehmenden Dispositiones und darauf geschehende Ein­ tragungen dem Protestanten an seinem wirklichen Rechte nicht nachtheilig werden können. Wenn also der Protestant das streitige Realrecht durch richter­ liches Urtheil oder auf andere Weise wirklich behauptet, so tritt dasselbe ipso jure an die Stelle, wo die Protestation eingetragen ist, und geht allen nachher ingrossirten Posten vor". Unter dem Realanspruche, aus dessen Schutz diese Protestationen abzielten, wurde nicht blos ein an der Sache bereits begründetes Recht, sondern auch ein rechtsgültiger Titel zur Eintragung einer Hypothek begriffen. .Daher die gebräuchliche Bezeichnung protestationes pro conservando jure et loco. Die Hypoth. O. kannte ferner eine Protestation zur Erhaltung des Einwandes der nicht erhaltenen Valuta gegen Verfügungen über eine zur

') Dergl. das preuß. Ges. über den Eigenthumserw. § 9 Abs. 2 und die preuß. Grundb. O. § 118, das sächs. G. B. § 278 rc. 2) Vergl. oben S. 215, 225.

238

Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken.

Eintragung gelangte Hypothek. Das A. L. R., welches hierüber nähere Be­ stimmungen traf, dehnte diesen Rechtsschutz auf alle Einwendungen gegen eine

eingetragene Forderung aus'). Die Lehre von den Protestationen wurde dadurch verdunkelt, daß mit denselben in der Theorie und Praxis nicht selten Eintragungen provisorischer Natur verwechselt wurden, welche weder ein bestehendes Recht an dem Grund­ stücke noch die Erwerbung eines solchen zu sichern bezwecken, sondern lediglich die Beschlagnahme des Grundstückes wegen Geldforderungen, die Eröffnung des Konkurses oder die Einleitung des Zwangsversteigerungsoerfahrens zu ver­ öffentlichen bestimmt sind. Man bezeichnete derartige Vermerke als protestationes de non disponendo oder de non amplius intabulando. Das Gesetz, betreffend einige Abänderungen der Hypoth. O., v. 24. Mai 1853 schrieb unter § 52 die Eintragung von Arresten, welche wegen Geldansprüche oder anderer Forderungen auf Grundstücke angebracht würden, in der dritten Rubrik des Hypothekenbuchfoliums vor. Dieses Gesetz indessen ist mit der Hypoth. O. durch die Grundb. O. v. 5. Mai 1872 beseitigt. Die Protestationen sind unter der Bezeichnung „Vormerkungen" in dem Gesetze über den Eigenthumserwerb rc. und der Grundbuchordnung neu geregelt. Die vorhandenen Dunkelheiten und Zweifel in dieser Lehre sind jedoch nicht völlig gehoben"). Eine Vormerkung kann eingetragen werden: 1. zum Schutze eines bestehenden dinglichen Rechtes, namentlich zur Erhaltung des Rechtes auf Eintragung desselben oder auf Löschung eines eingetragenen, aber nicht bestehenden, bezw. weggefallenen Rechtes"); 2. zum Schutze eines persönlichen Rechtes auf Einräumung oder auf Aushebung eines dinglichen Rechtes, insbesondere zur Erhaltung des Rechtes auf Auflassung des Eigen­ thumes oder auf Eintragung einer Hypothek oder einer Grundschuld 4*).2 5 * Beide Kategorieen haben, wenn die endgültige Eintragung nachsolgt, dingliche Wirkung von dem Zeitpunkte ihrer Eintragung an; wenigstens pflegen die gesetzlichen Bestimmungen, wenn auch nicht ohne Widerspruch, so ausgelegt zu werden"). Der

Arrest zur Sichemng einer Geldforderung wird nach dem Gesetze, Bett, die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, v. 13. Juli 1883 § 10 als Vormerkung einer Hypothek in das Gmndbuch eingetragen. Die Regelung der Vormerkungen in den Grundbuchgesetzen für Oldenburg, Coburg-Gotha, Braunschweig, Waldeck und Pyrmont, Sondershausen, Lippe und Schaumburg-Lippe schließt sich mehr oder weniger wörtlich den preußischen Gesetzen an. Auf dem nämlichen Standpunkte scheinen auch die Grundbuch­ gesetze für Meiningen und Anhalt zu stehen. Ebenso lassen sich in den Ver­ wahrungen (Protestationen, Vormerkungen) des bayr., des württemb. und des

1) Allg. Hypoth. O. 2 §§ 153, 177, A. L. R I, 20 88 418 ff. 2) Siehe die Mittheilungen aus der Praxis und der Literatur in den Noten zu dem Gesetze über den Eigenthumserw. rc. in Koch's A. L. R. (8. Ausl.) Bd. 1 S. 679, 680 Bd. 2 S. 719, 720, 826—828. s) Ges über den Eigenthumserw. rc. §§ 8, 9, 16, 60; Grundb. O. §§ 88, 102. 4) Ges. über den Eigenthumserw. rc. §§ 8, 22, 60; Grundb. O. 88 64, 88. 5) Vergl. Anm. 2.

Vormerkung; Grundsätze. § 844.

239

Weimar. Hypothekenrechtes Vormerkungen zum Schutze dinglicher und zur Sicherung obligatorischer Ansprüche mit dinglicher Wirkung unterscheiden'). Dagegen haben die Klauseln und Vormerkungen in Hamburg, die Marginalnoten und eingetragenen Arreste in Lübeck, die Inhibitionen und Verwillkürungen in Mecklenburg, die Vormerkungen in Hessen, die Verwahmngen (Protestationen) und Vormerkungen in Sachsen sowie in Altenburg und beiden Reuß nur die Wirkung, daß bis zu ihrer Löschung in das Grund­ buch nichts zum Nachtheile des Rechtes ausgenommen werden darf, dessen Sicherung durch die vorläufige Eintragung bezweckt totrb*2). Der Standpunkt des Entwurfes ist folgender: et«nt*unrt I. Das Institut der Vormerkung ist insoweit in das bürgerliche Gesetz- entwürfe«, buch aufzunehmen, als es zum Schutze bestehender Rechte an GrundstückenL®°r^'uu6ne3 dient. Das Recht, die Eintragung eines solchen Rechtes oder die Löschung ton Rechten

eines eingetragenen aber nicht bestehenden Rechtes nach § 843 zu verlangen, @“unbftü-)Pf-adu-g. Grundstücke, bezw. einer Forderung, für welche eine Hypothek bestellt ist. Die Pfändung muß, sofern ihr Gegenstand nicht eine durch Briefhypothek gesicherte Forderung oder eine Grundschuld ist, in das Grundbuch eingetragen werden, damit das Pfandrecht, welches durch sie nach der C. P. O. § 709 für den Gläubiger begründet werden soll, zur Entstehung gelange*2).* Der Gläubiger kann, wenn eine durch Briefhypothek gesicherte Fordemng oder eine Grund­ schuld für ihn gepfändet worden ist, auch das hierdurch von ihm erworbene Pfandrecht eintragen lassen2). Die Eintragung wird in Bayem (rechts des Rheines), Sachsen, Oldenburg, Weimar, Altenburg und Reuß ä. L. durch das Gericht vermittelt4),5 dagegen in Preußen, Coburg-Gotha, Anhalt, Braunschweig und anderen Staaten auf den bei der Buchbehörde zu stellenden Antrag des Gläubigers bewirkt"). Für den Entwurf besteht keine Veranlassung, die Ver­ mittelung des Gerichtes vorzuschreiben. o) Eintragung der Ueberweisung an Zahlungsstatt. Dieser Fall ->»-»«. ist im Einklänge mit den meisten Landesgesetzen, welche ihn regeln6), und im wei,“"8:

Hinblicke auf die Vorschriften des Entwurfes §§ 1088, 1108, 1115, 1136 bei dem Gmndbuche ebenso zu behandeln, wie der Pfändungsfall. 2. Eintragungen im Wege des Arrestes. Als Gegenstand eines 2Arrestes kommen sowohl die Grundstücke des Schuldners, als auch die ^"ungbe« begrenzten Rechte in Betracht, welche demselben an einem Grundstücke zustehen. a) Soll der Arrest in ein Grundstück vollzogen werden, so erfolgt die Eintragung in Preußen, Bayern, Württemberg, Hessen, Anhalt, Braunschweig, Reuß j. L., Lippe und Hamburg auf den an die Buchbehörde zu richtenden Antrag des Gläubigers7), in Mecklenburg, Altenburg und Coburg-Gotha auf das

*) Diese Bestimmung ist bezüglich aller Eintragungen, auf welche der § 846 sich bezieht, in der ihm beigefügten Note dem Einführungsgesetze vorbehaltm. -) Das Eins. Ges. wird die erforderliche Regelung enthalten. Vergl. die Zu­ sammenstellung der das Eins. Ges. betreffenden Vorschläge (zur C. P. O. §§ 731, 754). ä) §§ 1112, 1113, 1115, 1136, 1208. 4) Ausf. Ges. zur C. P. O. für Bayem v. 23. Febr. 1879 Art. 125, Sachsen v. 1. März 1879 § 4, Oldenburg v. 10. April 1879 Art. 50, Weimar v. 10. Mai 1879 § 7, Altenburg v. 25. März 1879 § 10, Reuß ä. L. v. 3. Mai 1879 § 25. 5) Ausf. Ges. zur C. P. O. für Preußm v. 24. März 1879 § 16, Anhalt v. 10. Mai 1879 § 11, Braunschweig v. 1. April 1879 § 2, Eoburg-Gotha v. 7. April 1879 § 10, Meiningen v. 6. Juni 1879 § 8, Reuß j. L. v. 22. Febr. 1879 § 10, Rudolstadt v. 1. Mai 1879 § 9, Sondershausen v. 17. Mai 1879 § 6, Lippe v. 26. Juni 1879 § 9, Schaumburg-Lippe v. 30. Juni 1879 § 58. 6) Vergl. die in der vorigen Sinnt, in Bezug genommenen Gesetzesstellm. In dm Gesetzen für Sachsen § 5, Altenburg § 11 und Reuß ä. L. § 28 wird die Eintragung auf Antrag vorgeschrieben, jedoch nicht gesagt, wer denselben zu stellen hat. 7) Preuß. Ges., bete, die Zwangsvollste, rc., v. 13. Juli 1883 §§ 10,12; Ges. zur Ausf. der C. P. O. für Bayem Art. 27, Württemberg Art. 27 Abs. 2, Hessen Art. 6 Abs. 3, Anhalt § 23 Abs. 2, Braunschweig § 4, Lippe § 14, Hamburg § 19.

arre|l,e

ran

248

Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken.

Ersuchen des Gerichtes^, in Weimar und Reuß ä. L. je nach Verschiedenheit der Fälle auf diese oder aus jene Voraussetzung3). Für den Entwurf ergiebt sich die Entscheidung zu Gunsten des Selbstbetriebes daraus, daß der Arrest in die Grundstücke des Schuldners nach § 1132 durch Eintragung einer Sicherungshypothek für den Gläubiger vollzogen wird, diese Arresthypothek aber mit der Zwangshypothek des § 1130 so nahe verwandt ist, daß füglich die formellen Voraussetzungen der Eintragung für sie nicht anders bestimmt werden können als für die Zwangshypothek. eingetragene» lj) Die Vollziehung des Arrestes in eingetragene (begrenzte) Recht-, Rechte bezw. in eine durch Hypothek gesicherte Forderung wird ebenso wie die Zwangsvollstreckung in derartige Rechte durch Pfändung 6ett)itft3). Das Pfändungspfandrecht aber ist im Wege der Zwangsvollstreckung auf den unmittelbar an das Grundbuchamt zu richtenden Antrag des Gläubigers ein­ zutragen, seine Eintragung daher auch im Falle des Arrestes ohne Vermitte­ lung des Gerichtes zu bewirken. be/dnftoeii b. Eintragungen im Wege der einstweiligen Verfügung. Die Bettagung. Landesgesetze enthalten meist keine allgemeine Bestimmung darüber, ob die Buchbehörde eine solche Eintragung -auf den Antrag der Partei oder auf das Ersuchen des Gerichtes vorzunehmen hat. Für Preußen, Mecklenburg, Alten­ burg, Oldenburg, Coburg-Gotha bildet die gerichtliche Vermittelung die Regelt, während die Gesetze anderer Staaten, z. B. Bayern, Württemberg, Hessen davon ausgehen, daß die Partei selbst die Eintragung bei der Buchbehörde zu betreiben habe3). Im Sinne der meisten Gesetze scheint die Auffassung zu liegen, daß die Ausführung einer einstweiligen Verfügung, auch wenn sie eine Eintragung in das Gmndbuch erfordert, auf demselben Wege wie die Vollziehung eines Arrestbefehles in Grundstücke bezw. in eingetragene Rechte zu erwirken ist. Der Entwurf schließt sich dieser Auffassung an, weil dieselbe dem Standpunkte der C. P. O. § 815 entspricht. Der Selbstbetrieb der Parteien ist hier an sich um so weniger bedenklich, als die einstweilige Verfügung stets ausdrücklich angeben wird, was in das Gmndbuch eingetragen werden soll. Der § 846 stellt ohnehin nur eine Regel auf, von welcher Aus­ nahmen für besonders geartete Fälle bestimmt werden können3). *) Ausf. Ges. zur C. P. O. für Mecklenburg § 13, Altenburg § 23, CoburgGotha § 12. 2) Weimar. Pfandges. v. 6. Mai 1839 §§ 242, 246 und Ges., betr. die Zwangsvollstr, rc. v. 12. Mai 1879 § 9; reuß. Ausf. Ges. zur C. P. O. v. 3. Mai 1879 § 58; wegen des sächs. R. stehe Siegmann, Hypoth. O. S. 39 ff. 3) C. P. O. § 810 Abs. 1. 4) Siehe für Preußen Ges. über den Eigenthumserw. rc. v. 5. Mai 1872 §§ 8, 9, 16, 22, 49, 53, 58, 59, 60, 70, Ges. zur Ausf. der C. P. O. v. 24. März 1879 §§ 16—19, Ges. betr. die Zwangsvollstr, rc., v. 13. Juli 1883 §§ 12 u. 18, für Altenburg Ges., die Ausf. der C. P. O. betr., v. 25. März 1879 § 23, für Mecklenburg Verordn, zurAusf. der C. P. O. v. 21.Mai 1879§§ 13—20, für Oldenburg und CoburgGotha die Gesetze über den Eigmthumserw. rc. b) Anm. 7 auf S. 247. 6) Eine Ausnahme enthält bereits der § 845 Abs. 2 Satz 3.

Eintragungen im Wege der Zwangsvollstr, rc.

II.

§ 846.

Die Löschung der unter I behandelten Eintragungen.

249 Es bestehtii-Mch-mg-».

kein Zweifel, daß die Löschung verlangt werden kann, wenn 1. die Zwangsvollstreckung oder die Vollziehung des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung nach den Vorschriften der C. P. O. mit der Wirkung einzustellen ist, daß zugleich die bereits erfolgten Vollstreckungsmaßregeln auf­

zuheben sind, oder 2. der Arrest oder die einstweilige Verfügung durch eine vollstreckbare Entscheidung aufgehoben worden ist'). Bei Anwendung des Konsensprinzipes aber würde das Grundbuchamt nur löschen dürfen, wenn die Partei, für welche die Einträgung erfolgt ist, bezw. ihr Rechtsnachfolger die Löschung bewilligt hätte oder zur Ertheilung der Bewilligung rechtskräftig verurtheilt wäre. Dies würde jedoch ein weder der C. P. O. noch der Billigkeit gegen die andere Partei oder deren Rechtsnachfolger entsprechendes Ergebniß sein. Vielmehr muß zur Vermeidung einer ungleichen Behandlung der Parteien die Löschung in dm gedachten Fällen auf Grund derjmigen Entscheidung gefordert werden können, durch welche der Eintragung die Grundlage entzogen ist. Es erhebt sich deshalb auch hier die Frage, ob der durch die Eintragung beeinträchtigte Theil mit dem Löschungsantrage direkt an das Grundbuchamt gewiesen werden oder die Vermittelung des Gerichtes in Anspruch nehmen soll. In Preußen, wo nach den Grundb. Gesetzen v. 5. Mai 1872 die unter Vermittelung des Prozeßgerichtes eingetragenen Vormerkungm und Ver­ fügungsbeschränkungen beim Mangel einer Löschungsbewilligung nur auf das Ersuchen derselben Behörde gelöscht werden bürsten2), hat die Gesetzgebung diesen Standpunkt im Wesentlichen aufgegeben. Nach dem Gesetze, betr. die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, v. 13. Juli 1883 § 11 wird die Einwilligung des Gläubigers zur Löschung einer im Wege der Zwangsvollstreckung bezw. des Arrestes eingetragenen Hypothek oder Vor­ merkung „durch eine Urkunde ersetzt, auf Gmnd deren nach den Vorschriften der C. P. O. die Zwangsvollstreckung mit der Wirkung einzustellen ist, daß die bereits erfolgten Vollstreckungsmaßregeln aufgehobm werden", und nach dem Ausf. Ges. zur C. P. O. v. 24. März 1879 § 19 werden die durch einst­ weilige Verfügung angeordneten Eintragungen gelöscht, wenn dem Grundbuchamte eine die Verfügung aufhebende Entscheidung des Gerichtes in vollstreckbarer Ausfertigung vorgelegt wird; die Löschung erfolgt nach beiden Gesetzen auf den Antrag des Eigenthümers, ohne daß eine gerichtliche Vermittelung eintritt. Die Bestimmung des preuß. Ausf. Ges. ist in die Gesetze einer Reihe von Staaten, meist unter Ausdehnung auf die Löschung von Arresten, übergegangen2).

1) Sergi, die C. P. O. §§ 691, 692, 803 ff., 815. 2) Preuß. Ges. über den Eigenthumserw. rc. §§ 8, 16, 58, 59 und Grundb. O. §§ 92—94, 100, 117. Siehe auch die gleichnamigen Ges. für Oldenburg, CoburgGotha rc. 3) Ausf. Ges. zur C. P. O. (für Anhalt § 14, Braunschweig § 5, Meiningen 8 10, Reuß st. L. § 53, 58, 59, j. L. § 11, Rudolstadt § 10, Lippe § 10, Waldeck Art. 1. Denselben Standpunkt vertritt das bayr. Ges. v. 29. Mai 1886 Art. 44. Siehe auch die Ausf. Ges. zur C. P. O. für Hessen Art. 6 und Hamburg § 19. Abweichend Altenburg § 23 Abs. 2.

250

Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken.

Ein Ersuchen des Gerichtes ist hier ebenso entbehrlich wie bei der Ein­ tragung. Die Löschung kann gleich wie -diese auf den Antrag der Partei bewirkt werden, wenn die vollstreckbare Entscheidung vorliegt, durch welche sie gerechtfertigt wird. Daß die Entscheidung sowie überhaupt die Urkunden, welche zur Begründung des Antrages dienen, in beglaubigter Form von dem Antragsteller vorzulegen sind, wird die Grundbuchordnung ergeben. Die etwaigen Bedenken gegen die Erweiterung der dem Gmndbuchamte obliegenden Sachprüfungen erledigen sich dadurch, daß die Landesgesetze das Ersuchen des Gerichtes vorschreiben können.

11.

Verjährung.

§ 847. Der § 154 des Entwurfes bestimmt, daß die Ansprüche der Verjährung sprüchenaus unterliegen, giebt jedoch durch seine Fassung zu erkennen, daß diese Regel enen^tec ^ne ausnahmslose ist. Zu einer erheblichen Ausnahme nöthigt die Grundbuchvorgemnkten einrichtung. Ihr Prinzip ist: die Ansprüche aus eingetragenen und vorRechten. gemetffen Rechten sind unverjährbar. Dieses Prinzip wird in dem § 847 BerjLhrung

ausgesprochen. Zur Begründung desselben ist Folgendes zu bemerken. I. Geltcnbe« I. Das geltende Recht läßt sich, soweit es überhaupt den Einfluß 9ie(W' der Bucheinrichtung auf die Verjährung regelt *), in zwei Hauptgruppen scheiden.

1. Die eine Gruppe umfaßt diejenigen Gesetze, welche die Verjährung zwar zulassen, aber die Wirksamkeit derselben in den Fällen, in welchen der öffentliche Glaube des Buches sich bethätigt, versagen. Hierher gehören: das österr. G. B. §§ 1478 und 1500, die wichtigsten Jmmobiliengesetze Mecklen­ burgs^), nämlich die revid. Hypoth. O. für Landg. v. 18. Oktober 1848 und die revid. Stadtb. O. v. 21. Dezember 1857, ferner mit Beschränkung auf die Hypothek3) das meining. Ges., betr. die Anlegung von Grund- und Hypothekenb., v. 15. Juli 1862 Art. 9 Abs. 2. 2. Die andere Gruppe bilden diejenigen Gesetze, nach welchen die Verjährung durch die Eintragung ausgeschlossen wird. a) Nach dem preuß. A. L. R. I, 9 § 511 können Rechte auf unbewegliche Sachen, die im Hypothekenbuche eingetragen sind, durch den bloßen Nichtgebrauch nicht erlöschens. Denselben Grundsatz sprechen inBezug aus eingetragene dingliche

’) In einer Reihe von Gesetzen ist der Einfluß der Bucheinrichtung auf die Verjährung nicht oder doch nicht vollständig geordnet; so namentlich in dem Code civil (vergl. Art. 2180) und den Gesetzen für Baden, Heflen, Nassau, Frankfurt a. M. 2) v. Meibom, mecklenb. Hypoth. R. S. 179. 3) Siehe auch das nass. Stockbuchges. v. 15. Mai 1851 § 37. 4) Anwendungen des Grundsatzes finden sich in dem A. L. R. I, 18 §§ 301, 657—659, 812, I, 20 §§ 534, 535, 648, I, 22 § 49,11, 4 § 123. Die Anwendung auf das Eigenthum wurde in der Praxis vemeint (Erk. des vormal. Obertrib. v. 13. Oktober 1856, Entsch. 34 S. 128, v. 4. Februar 1857, Strieth. Arch. 24 S. 71, v 20. Februar 1873, Ensch. 69 S. 90). Gegen diese Praxis richtet sich das Ges. über den Eigenthumserw rc. v. 5. Mai 1872 § 7.

Verjährung.

§ 847.

251

Rechte die Gesetze aus, durch welche die Gmndbuchgesetze v. 5. Mai 1872 auf ge­ meinrechtliche Gebiete Preußens übertragen find'), ferner die Gesetze über den Eigenthumserwerb rc. für Oldenburg § 14 und Braunschweig § 23, die Hypoth. O. für die Grundstücke der ritterschastlichen Hintersassen in MecklenburgStrelitz v. 3. Februar 1855 § 10 und für das Fürstenthum Ratzeburg o. 21. August 1859 § 12, das anhalt. Grundb. Ges. § 8.

b) Für Altenburg verordnet das Gesetz, die Grund- und Hypotheken­ bücher rc. betr., v. 13. Oktober 1852 § 26: „Gegen ein im Grund- und Hypothenbuche eingetragenes Recht an einem Grundstücke kann, so lange es darin nicht gelöscht ist, eine Verjährung weder angefangen noch vollendet werden". Ebenso die gleichnamigen Gesetze für Reuß j. L. v. 20. Nov. 1858 und ä. L. v. 27. Februar 1873, ferner, wenn auch anders gefaßt, die revid. Hypoth. O. für den Privatgrundbesitz in den Domänen von Mecklenburg-Strelitz v. 24. Dez. 1872 § 22, das Hamburg. Ges. über Grundeigenthum und Hypotheken v. 4. Dez. 1868 § 5, sowie zu Gunsten des eingetragenen Eigenthümers die Gesetze für Meiningen Art. 2 Abs. 3 und Anhalt § 8 Abs. 1. c) Nach dem sächs. G. B. § 151 sind „Klagen auf im Grund- und Hypothekenbuche eingetragene Rechte" der Regel nach unverjährbar. Auch das preuß. Ges. über den Eigenthumserw. rc. § 7 versagt gegen die Eigenthums­ klage des eingetragenen Eigenthümers die Einrede der Verjährung. Ebenso die gleichnamigen Gesetze für Oldenburg § 6, Coburg-Gotha § 7, Braun­ schweig § 8, Sondershausen rc. d) Das bayr. Hypoth. Ges. v. 1. Juni 1822 bestimmt unter § 31: „Jeder Eintrag in das Hypothekenbuch unterbricht die Verjährung zum Vortheil desjenigen, für dessen Rechte die Eintragung, Protestatton oder Vormerkung geschehen ist. Wird ein solcher Eintrag nachher, entweder mit Einwilligung der Betheiligten oder kraft eines richterlichen Urtheils, wieder gelöscht, so ist die Verjährung für ununterbrochen zu halten". Aehnliche Bestimmungen finden sich in dem württemb. Ges., die vollständige Entwickelung des neuen Pfand­ systems betr., v. 21. Mai 1828 Art. 20 und in dem Weimar. Ges. über das Recht an Faustpfändern und Hypotheken v. 6. Mai 1839 § 159. Die Punkte, in welchen die unter a)—c) hervorgehobenen Vorschriften von einander abweichen, Betreffen hauptsächlich nur die Fassung. Insonderheit darf nicht angenommen werden, daß nach ihnen die Ansprüche, welche der Entwurf als den eigentlichen Gegenstand der Verjährung ansieht, durch die Ausschließung der Rechts- und Klageverjährung nicht bettoffen würden. Der Standpunkt, welchen die Gesetze unter d) nach den angeführten Bestimmungen einnehmen, ist für den Entwurf nicht annehmbar; er hängt mit dem Pfandbuchsysteme, auf dem dieselben bemhen, zusammen und scheint auch im Uebrigen bedenklich, weil die Interpellation, welche sie in der Einttagung sehen, nach den §§ 169 ff. kein geeignetes Mittel zur Unterbrechung der Verjährung ist.

') Gesetze über das Grundbuchwesen in Neuvorpommern und Rügen § 7, SchleswigHolstein § 30, Hannover § 9, Kassel § 7, Ehrenbreitstein § 6, Hohenzollern § 4.

Diese Gesetze datiren sämmtlich aus dem Mai 1873.

Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken.

252 n- Stand-

E»tw?

II Für den Entwurf lassen sich auch, Rechte, erhebliche Gründe anführen.

von

abgesehen

dem geltenden

1Meil«u6-ät

1- Die Bucheinrichtung bezweckt ebenso wie die Verjährung den Schutz

schlicßung der und

die Sicherheit des gegebenen Rechtszustandes. Nur die Mittel, deren sich Institute bedienen, sind verschieden. Die Verjährung legt den von ihr

Verjährung.

betroffenen Rechten Schweigen auf, weil der Fortbestand derselben durch die Länge der Zeit mehr als zweifelhaft geworden ist; die Bucheinrichtung sichert

den eingetragenen Rechten durch die Eintragung zweifellosen Bestand.

Beide

schließen somit in der Anwendung auf dasselbe Rechtsverhältniß einander aus.

Die Frage ist deshalb die, wie dieser Widerstreit zu lösen,

ob

für die ein­

getragenen Rechte, der Verjähmng gegenüber, die vollen Konsequenzen aus der Bucheinrichtung zu ziehen sind, oder ob die Verjährung unter Abschwächung

dieser Konsequenzen zuzulassen ist.

Die Entscheidung aber kann nur im Sinne

der ersteren Alternative ausfallen.

Verjährung Natur

und

Bucheinrichtung

dürfen

vermöge

ihrer rein

positiven

nur soweit sich bethätigen, als die Zweckmäßigkeit es erheischt.

Bucheinrichtung zustellen;

Die

ist nothwendig, um den Rechtsstand der Grundstücke sicher­

hiermit

die Begrenzung des

Gebietes

ihrer Anwendung

gegeben.

Die Verjährung dagegen hat von vornherein kein festbegrenztes Gebiet; sie ist an sich nicht ein allgemeines Mittel zur Aufhebung von Rechten, so daß ihre

Unanwendbarkeit

auf

gewisse Rechte

besonders

gerechtfertigt

werden

müßte.

Vielmehr bedarf ihre Zulassung durch das Gesetz für jede Klasse von Rechten

der besonderen Rechtfertigung.

Wenn dies aber richtig ist, so können die ein­

getragenen Rechte der Verjährung nicht unterworfen werden, weil dieselbe für

sie nicht allein entbehrlich ist, sondern in das Buchsystem einen Riß machen

würde, welcher das ganze System gefährden könnte. Ein weiterer Gmnd für die Ausschließung ergiebt sich aus dem eingenen

Wesen des Institutes.

Rechtes.

Die Verjährung ist die Folge der Nichtausübung des

Von demjenigen aber, dessen Recht aus dem Gmndbuche ersichtlich

ist, kann man nicht sagen, daß er sein Recht nicht ausübe.

Das eingetragene

Recht lebt, so lange es in dem Buche steht; die Thatsache seines Eingetragen­

seins enthält einen fortgesetzten Widerspmch des Berechtigten gegen Zustände und Handlungen, welche die Ausübung des Rechtes hindem oder erschweren.

Hinzutritt, daß, wenn das Gesetz die Verjähmng zuließe, doch der öffent­ liche Glaube des Gmndbuches nicht gestatten würde, dieselbe auch einem Dritten entgegenzusetzen, welcher im Vertrauen auf den Inhalt des Buches entweder

das eingetragene Recht oder auf erworben hätte.

der Gmndlage

desselben

ein neues Recht

Damit hätte man eine Verjähmng, welche nur relativ wirkte,

ohne daß ihr während ihres Laufes absolute Wirkung verschafft werden könnte.

Eine solche Gestaltung des Institutes aber ist, weil sie dem Zwecke desselben nur höchst unvollkommen entsprechen würde, nicht rathsam.

r. Di« in 2. Die vorstehenden Ausführungen sind vielleicht dem Einwande ausfommeirten gesetzt, das eine Rechtsverjähmng, gegen deren Zulassung bei eingetragenen Ansprüche:

Rechten sie sich wenden, gar nicht in Frage ist, da die Verjähmng des Ent­ wurfes nach § 182 Abs. 1 nur den Anspruch trifft, das Recht mithin, aus

welchem der Anspmch hervorgeht, im Uebrigen bestehen läßt.

Allein

dieser

Verjährung.

§ 847.

253

Einwand ist nur in beschränkter Weise zutreffend und insoweit von dem Ent­ würfe auch berücksichtigt. Die Ansprüche, welche aus eingetragenen Rechten

entspringen, zerfallen in zwei Klassen. a) Die eine Klasse umfaßt diejenigen Ansprüche, deren Versagung die »>uederBerAusübung des Rechtes durch den Berechtigten ausschließen oder beschränkenziehenden würde. Es gehören hierher namentlich die rei vindicatio und die confessoria Ansprüche; in rem actio. Ein Eigenthum, dessen Gegenstand in der Hand eines Dritten sich befindet, ohne von dem Eigenthümer vindizirt werden zu können, ist ein Recht, welchem der wesentlichste Inhalt des Eigenthumes fehlt, steht also praktisch dem Nichteigenthume gleich. Ein Hauptzweck der Grundbucheinrichtung ist aber gerade der, das Eigenthum in voller Kraft zu erhalten. Wenn daher zur Erreichung dieses Zweckes das Recht selbst durch die Eintragung der Verjährung entzogen sein muß, so können auch die Ansprüche, welche das Recht erzeugt, der Verjährung nicht unterworfen werden. Aehnlich wie mit dem Eigenthume verhält es sich mit den übrigen Rechten, welche nach Inhalt des Grundbuches an den Grundstücken bestehen. b) Die andere Klasse begreift diejenigen Ansprüche, von deren Be- b^^”®eur* friedigung die fernere Ausübung des Rechtes nicht abhängt, namentlich die 1 unter.* Ansprüche auf Ersatz von Früchten, überhaupt auf Schadensersatz, und die $5»rä»" Ansprüche auf Rückstände wiederkehrender Leistungen. Das Grundbuch giebt über die Rechte insoweit, als sich dieselben in diesen Ansprüchen bethätigen, keine Auskunft. Es machen sich daher in Ansehung der letzteren die allgemeinen Gründe geltend, aus welchen der Entwurf dazu gelangt ist, die Verjährbarkeit der Ansprüche in dem § 154 als Regel hinzustellen. Die Landesgesetze heben freilich die Ansprüche auf Schadensersatz, soviel ersichtlich, nicht besonders hervor. Allein hieraus folgt nicht, daß dieselben unverjährbar sein sollen. Vielmehr erklärt sich das Schweigen der Gesetze daraus, daß bei deren Abfassung diese Ansprüche als obligatorische auf­ gefaßt, bezw. nicht als gegen den Inhalt des Grundbuches gerichtet angesehen worden sind. Die Ansprüche auf Rückstände wiederkehrender Leistungen sind in dem größten Theile des Reiches einer kurzen Verjährung unterworfen. Die Frist schwankt zwischen 3, 4, 5 und 10 Jahren i). Nach dem Entwürfe § 157 verjähren die Ansprüche auf Rückstände von rechtsgeschäftlichen Zinsen, von Renten rc. mit Ablauf von vier Jahren. Hierbei muß es auch für das Grundbuchrecht bewendens.

x) Vergl. für Preußen Ges. wegen Einführung kürzerer Verjährungsfristen v. 31. März 1838 § 2 Nr. 5 und v. 6. Juli 1845 § 2 Nr. 5, Ges. über das Grund­ buchwesen in dem Jadegebiete § 7, Neuvorpommern und Rügen § 7, Schleswig-Holstein § 30, Hannover rc.; für Bayern Hypoth. Ges. v. 1. Juni 1822 § 31 und Verjährungsges. v. 26. März 1859; für Sachsen das G. B. §§ 151, 462, 511; für Württemberg Pfandges. v. 15. April 1825 Art. 73; für Weimar Ges. vom 26. Mai 1839 § 1; für Meiningen Ges. v. 15. April 1853; für Altenburg Ges. v. 13. Okt. 1852 § 26; für Hamburg Ges. v. 4. Dez. 1868 § 5. 2) Vergl. hierzu oben S. 151—153.

254

Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken.

Der § 847 beschränkt sich demnach in seinem zweiten Satze darauf, den die Unverjährbarkeit der Ansprüche aus eingetragenen Rechten aussprechenden ersten Satz von der Anwendung bei Ansprüchen auf Schadensersatz und auf Rückstände wiederkehrender Leistungen auszuschließen. nich^ein'-t? 3- Einige Gesetze schließen die Verjährung gegen den Eigenthumsgegen di-anspruch nur dann aus, wenn der Eigenthümer als solcher eingetragen ist; so namentlich das preuß. Ges. über den Eigenthumserw. rc. und die ihm nach­ gebildeten Gesetze für Oldenburg, Coburg-Gotha, Braunschweig rc., die Grund­ buchgesetze für Meiningen und Anhalt. Andere versagen die Verjährung schon dann, wenn nur das Recht aus dem Grundbuche erhellt; hierher gehören das sächs. G. B., die Hypoth. O. für den ländlichen Kleingrundbesitz in MecklenburgStrelitz, die Gesetze für Altenburg, Reuß und Hamburg. Von praktischer Be­ deutung ist die Frage nur für den Erbfall. Für diesen Fall aber kann man sagen, daß der Erbe in der Person des Erblassers, in dessen Rechte er getreten, als eingetragen zu betrachten sei. Auch erscheint es billig, daß der Erbe, weil er sich die gegen den Erblasser begründeten Einreden gefallen lassen muß, den gegen denselben unzulässigen, Einreden nicht ausgesetzt wird. Wollte man den Eigenthumsanspruch des nicht eingetragenen Erben des eingetragenen Eigenthümers der Verjährung unterwerfen, so könnte sich ein Eigenthum ohne das Recht zum Besitze ergeben. Dies ist aber immerhin eine Unzuträglichkeit, die möglichst zu vermeiden ist. Deshalb empfiehlt es sich, die Ansprüche aus ein­ getragenen Rechten auch zu Gunsten der Erben des eingetragenen Berechtigten für unverjährbar zu erklären, und zwar ohne Beschränkung auf das Eigen­ thum, da kein Grund vorliegt, für die übrigen Rechte etwas Abweichendes zu bestimmen. 4. Gleich4. Daraus, ob das Recht endgültig eingetragen oder nur vorgemerkt ^»nr"vor" ist, kann es nicht ankommen. Denn die Vormerkung des Entwurfes verschafft Rechte die nämliche Publizität wie die endgültige Eintragung. Der Unter« schied besteht nur darin, daß der Beweis des Rechtes, von welchem die letztere getragenen, Q^^ngt, 6et bet ersteren nur unvollständig erbracht ist. Wird das vorgemerkte Recht liquide gestellt, so wirkt es auf den Zeitpunkt zurück, in welchem die Vormerkung eingetragen wurde; es muß daher ebenso, wie wenn es schon damals endgültig eingetragen worden wäre, der Verjährung entzogen werden, in. AbIU. Zu einer weiteren als der aus dem § 847 sich ergebenden Abfon" 8otfX weichung von dem Gmndsatze des § 154 ist ein Bedürfniß nicht anzuerkennen,

«echte mttde» *)em endgültig ein-

l.für di-B-rj. 1. Die Entscheidung der Frage, ob der nach § 843 stattfindende Anb'8 §n843,auä spruch der Verjährung unterliegt, wenn er auf Eintragung bezw. Wieder­

eintragung des Eigenthümers gerichtet ist, kann zweifelhaft sein. Ein Zweifel besteht darin, ob die Eintragungsbewilligung, von welcher die Berichtigung abhängt, eine Leistung im Sinne des § 154 ist; ein anderer bezieht sich darauf, ob der Eigenthümer, wenn er widerrechtlich aus dem Grundbuche verdrängt worden, noch als eingetragen anzusehen oder ob der Verpflichtete, obschon seine Eintragung jenem gegenüber wirkungslos, doch der eingetragene Berechtigte im Sinne des § 847 ist. Die Lösung dieser Zweifel kann indessen ohne Schaden für die Rechtssicherheit der Wissenschaft und Praxis überlassen werden. Wird sie steilich dahin gegeben, daß der Berichtigungsanfpruch verjährbar sei,

Verjährung.

§ 847.

i

255

so ist ein dauernder Widerspruch zwischen dem Grundbuche und der wirklichen Rechtslage nicht ausgeschlossen, aber doch nur unter der äußerst selten zutreffenden Voraussetzung, daß dem Eigenthümer noch der Anspruch auf Herausgabe des Grundstückes zusteht, während der Anspruch auf Berichtigung des Buches ver­ jährt ist. Jedenfalls kommt das Grundbuch mit der Verjährung des Be­ richtigungsanspruches in Ordnung, und damit ist dem öffentlichen Interesse genügt. Im Uebrigen ist es Sache der Betheiligten, auf rechtsgeschäftlichem Wege den Inhalt des Buches mit dem materiellen Rechtsstande in Ueberein­ stimmung zu bringen. Wollte das Gesetz zur Förderung dieses Zweckes den Berichtigungsanspruch für unverjährbar erklären, so müßte es auch den An­ spmch auf Herausgabe des Gmndstückes der Verjähmng entziehen, da beide nur verschiedene Erscheinungsformen des aus dem dinglichen Rechte hervor­ gehenden Anspmches auf Schutz gegen Jeden sind, der sich der Verwirklichung des Rechtes entgegenstellt. Damit aber würde der Anspruchsverjährung das ganze Gebiet des Jmmobilienrechtes und zum Theil auch das Gebiet des Erb­ rechtes verschloffen werden. Die schwerwiegenden Gründe aber, welche hier­ gegen sprechen, sind bereits bei der Rechtfertigung des § 154 dargelegt und für durchgreifend erachtet worden. 2. Bei den Dienstbarkeiten verwerthet das preuß. A. L. R. die«, hinsichtlich gemeinrechtliche Lehre vom Erlöschen derselben durch Nichtgebrauch innerhalb b”®uen,6at' der Verjährungsfrist bezw. durch Ersitzung der Freiheit des Eigenthumes (nonusus und usucapio libertatis) nur für den Fall, daß die Dienstbarkeit nicht eingetragen ist1). Nach dem code civil Art. 706 und dem sächs. G. B. §§ 596, 655 erlöschen diese Rechte auch insoweit, als sie der Eintragung bedürfen und ein­ getragen sind, mit dem Ablaufe von dreißig Jahren. Auch in Mecklenburg findet diese Art der Verjähmng statt, im Geltungsbereiche der revid. Stadtb. O. und der revid. Hypoth. O. für Landgüter jedoch nur, wenn während der Frist ein Wechsel in der Person des Berechtigten nicht eingetreten bezw. das herrschende Grundstück nicht veräußert worden ist. Nach dem bayr. Entw. III Art. 312 Ziff. 7 und Art. 321 ff. sind die eingetragenen Dienstbarkeiten gleichfalls der Verjährung unterworfen; indessen wirkt dieselbe bei Grunddienstbarkeiten nicht zum Nachtheile eines gutgläubigen Erwerbers des Eigenthumes oder eines sonstigen Rechtes an dem herrschenden Gmndstückes. Inwiefern die moderne Gesetzgebung die usucapio libertatis mit dem nonusus in Verbindung gebracht hat, kann hier auf sich bemhen. Für den vorliegenden Entwurf erledigt sich die Rechtsverjährung der Dienstbarkeiten dadurch, daß dieselben dem Eintragungsprinzipe unterworfen, die Ansprüche aus eingetragenen Rechten aber durch den § 847 Abs. 1 der Verjährung entzogen sind. Wird eine Dienstbarkeit zu Unrecht gelöscht, so besteht sie allerdings fort, obschon die Ansprüche des Berechtigten nach § 154 verjähren können. Allein es empfiehlt sich nicht, für diese seltenen Fälle das Institut des nonusus und der usucapio libertatis einzuführen. Der mit der Verjähmng des Anspmches auf Wiedereintragung der Dienstbarkeit verbundene

!) A. L. R. I, 9 §§ 508, 511; I, 19 § 29; I, 22 § 50. 2) Mot. zum bayr. Entw. IH S. 96.

256

Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken.

Zwiespalt zwischen dem Grundbuche und der wirklichen Rechtslage wird sich unter dem Einflüsse des § 837 in nicht zu langen Fristen ausgleichen. Ein praktisches Bedürfniß, durch eine positive Vorschrift Abhülfe zu schaffen, ist hier noch weniger anzuerkennen als für die oben unter Nr. 1. behandelten Fälle einer Verjähmng des Eigenthumsanspruches. '• hinsichtlich 3. Bei der Hypothek sind die Ansprüche aus der Forderung, für welche Htzpötheken» dieselbe bestellt ist, und die Ansprüche aus dem dinglichen Rechte auseinander

forberung. gU halten. Die "ersteren sind der Verjährung durch den § 154 unterworfen; die letzteren sind nach § 847 Abs. 1 unverjährbar. Die Frage, welchen Einfluß die Hypothekbestellung auf dm Lauf der Verjährung des persönlichen An­ spruches hat, ist in dem § 169 entschieden. Die Unabhängigkeit des dinglichen Anspruches von der Verjährung des persönlichen ergiebt sich aus dem § 183 Abs. 2. Eine besondere Bestimmung in Ansehung der Hypothek ist somit an dieser Stelle mtbehrlich.

Eigenthum.

Vorbemerkungen.

(§ 848.)

257

Vierter Abschnitt.

Eigenthum. Erster Titel. Inhalt und Begrenzung des Eigenthumes. Vorbemerkungen.

1. Dem Eigenthumsbegriffe, welcher dem Entwürfe zu Gmnde liegt, ent- ©egenftart spricht es, daß als Gegenstand des Eigenthumes nur eine Sache (§ 778) ge- Eigenthum-«, dacht werden kann, während andere Gesetzgebungen den Eigenthumsbegriff weiter fassen'). Ein dem Sacheigenthume analoges Eigenthum an einem Rechte ist nicht in gleicher Weise denkbar, wie das im Entwürfe anerkannte Nießbrauchs­ und Pfandrecht an Rechten; denn bei dieser Art von Nießbrauch und Pfandrecht beruht die analoge Übertragung der sachenrechtlichen Vorschriften darauf, daß die dem Sachnießbrauche und dem Sachpfandrechte eigenthümliche Begrenztheit des Rechtsinhaltes gegenüber dem Eigenthume des Auktors, aus welchem jene Rechte sich ableiten, auf den Rechtsnießbrauch und das Pfandrecht an Rechten übertragen wird. Bei dem Eigenthume fehlt eine solche Begrenztheit des Rechtsinhaltes. Mit dem Eigenthume am Rechte könnten nur das als Gegen­ stand bezeichnete Recht selbst gemeint sein, für dessen Inhalt die denselben be­ treffenden besonderen Rechtsnormen maßgebend bleiben und die Hereinziehung der Eigenthumsnormen ohne Werth ist. Eine gewisse Analogie besteht nur zwischen dem Eigenthume und den anderen absoluten, nicht von einem Stamm­ rechte abgeleiteten Rechten, namentlich dem Erbrechte und den Urheberrechten^). Diese Analogie rechtfertigt vielleicht, wenn Spezialbestimmungen fehlen, unter Umständen die Anwendung einzelner Eigenthumsnormen, insbesondere der Vor­ schriften über den Eigenthumsschutz; zu einer solchen Anwendung kann auch

der die gebuchten Berechtigungen betreffende § 781 Abs. 2 Anlaß geben, aber diese Analogie führt nicht zu einer Verallgemeinerung des Eigenthums­ begriffes.

*) Preuß. A. L. R. I, 8 § 2; bayr. L. R. VI, 2 § 4; vergl. öfter. G. B.

§§ 353, 354. 2) Reichsverf. Art. 6 Ziff. 6:

„Schutz

des

geistigen Eigenthums".

In den

auf Grund dieses Artikels erlassenen Gesetzen ist der Ausdruck „Eigenthum" nicht

wieder gebraucht.

Motive z. bürgert Gesetzbuch. III.

258 Inhalt deS Titels: Eigenthum an Grund­ srücken.

Beschrän­ kungen der rechtlichen Verfügung,

der that­

sächlichen Verfügung.

Eigenthum.

Inhalt und Begrenzung.

2. Nur der erste Paragraph dieses Titels giebt eine Eigenthumsnorm für Sachen jeder Art. Die übrigen Vorschriften betreffen nur das Eigenthum an Grundstücken. Das Bedürfniß dieser weiteren Vorschriften ist hervor­ gerufen durch die besondere Eigenschaft der Grundstücke als Gegenstände der Jnhabung und des Besitzes. Die bewegliche Sache scheidet sich durch ihr körperlich getrenntes Dasein von allen übrigen Sachen ab und nimmt nicht im Raume eine unveränderliche Lage ein. Dies gilt von jeder einzelnen be­ weglichen Sache; quot res tot dominia. Man kann deshalb auch nicht vom Eigenthume an Begriffsganzen oder Vermögensinbegriffen reden. Das Grund­ stück führt keine gesonderte Existenz, sondern ist, körperlich betrachtet, Theil eines zusammenhängenden Ganzen. Die Erdoberfläche wird pro diviso in Grenzen besessen (vergl. § 787 und die Motive dazu). Der § 849 bezieht sich auf die Bestimmung des dem Eigenthume unterworfenen Raumgebietes, die §§ 851—853 beziehen sich auf die äußerliche Kundbarmachung und auf die Feststellung der Grenze, während die übrigen Vorschriften im Interesse des praktischen Bedürfnisses einzelne Konsequenzen abwehren, welche aus der räum­ lichen Bestimmung der Eigenthumsherrschaft zu ziehen sind oder gezogen werden könnten, und den Inhalt des Eigenthumes an Grundstücken durch positive Be­ stimmungen beschränken bezw. erweitern. 3. An dieser Stelle werden weder gesetzliche Beschränkungen des Eigenthümers in der rechtlichen Verfügung über die Sache bestimmt, noch Vor­ schriften gegeben, welche auf die rechtliche Wirkung derartiger Beschränkungen sich beziehen. In ersterer Hinsicht ist maßgebend, daß die gesetzlichen Ver­ äußerungsverbote zum Schutze bestimmter privater oder öffentlicher Interessen dienen und nicht den allgemeinen Zuschnitt der in dem Eigenthume liegenden Befugnisse betreffen. Die gesetzlichen Veräußerungsverbote sind deshalb in denjenigen besonderen gesetzlichen Bestimmungen zu suchen, welche durch das Bedürfniß eines derartigen Jnteressenschutzes hervorgerusen sind. In zweiter Hinsicht kommt in Betracht, daß der Entwurf in § 107 die Wirkungen gesetzlicher Veräußerungsverbote nicht für das Eigenthum oder andere Rechte an Sachen besonders, sondern allgemein für alle Arten von Rechten und in § 837 den Einfluß der Grundbucheinrichtung auf diese Wirkungen bestimmt. 4. Von den die thatsächliche Verfügung über das Grundstück Betreffenbeit Beschränkungen werden hier nur diejenigen bestimmt, welche die in dem Eigen­ thume liegenden Befugnisse im Interesse des privaten Rechtslebens begrenzen. Die bestimmten Beschränkungen sind nicht sämmtlich nachbarrechtlicher Natur, d. h. Beschränkungen des einen Nachbarn zu Gunsten des anderen Nachbarn. Es kommen auch Beschränkungen vor, welche zu Gunsten eines Jeden lauten, der durch seine Thätigkeit in den räumlichen Herrschaftsbezirk des Eigenthümers hinüberwirkt, wie denn auch andererseits gewisse Handlungen, welche an sich das Recht des Eigenthümers nicht verletzen oder deren rechtsverletzender Karakter mindestens bezweifelt werden könnte, durch die §§ 864, 865 einem Jeden, nicht blos dem Nachbar, verboten werden. Die den Inhalt des Eigen­ thumes im Einzelnen näher bestimmenden und begrenzenden Vorschriften sind deshalb nicht ihrem Wesen nach nachbarrechtlicher Natur, sondern nur einzelne derselben regeln das Verhältniß von Nachbar zu Nachbar. Mit Rücksicht

Vorbemerkungen. (§ 848.)

259

hierauf ist die allgemein lautende und das Nachbarverhältniß nicht erwähnende Ueberschrift des Titels gewählt. Der Entwurf

verfolgt nicht das Ziel,

in der dem Zwecke des privaten

Rechtsverkehres dienenden Begrenzung des Inhaltes des Eigenthumes an Grund-

stücken vollständig zu sein und dem Partikularrechte keinen Raum zu lassen').

In den, Entwürfe wird nur ein solches Maß von Eigenthumsbeschränkungen bestimmt,

welches

für alle

lokalen

schränkung nicht aufgestellt wird,

Verhältnisse

paßt.

gilt das Prinzip,

Insoweit

eine Be­

daß der Eigenthümer als

solcher zu jeder thatsächlichen Verfügung über das Gmndstück, deren Wirkung die Grenzen desselben nicht überschreitet, mit Ausschluß aller anderen Personen

berechtigt ist;

mithin entsteht keinerlei Lücke.

Die Berücksichtigung der be­

sonderen lokalen Bedürfnisse überläßt der Entwurf

den

Landesgesetzgebungen

(§ 866). 5. Die Freiheit der Landesgesetzgebungen, durch Polizeigesetze das nach- sef^tantenb, barliche Zusammenleben zu ordnen, wird durch die Kodifikation des bürger-450 ,e,a" lichen Rechtes,

ohne daß es eines Vorbehaltes bedürfte,

nicht berührt.

Im

einzelnen Falle ist es für die Rechtsanwendung wichtig, aber oft nicht leicht,

den rein polizeilichen Karakter einer Vorschrift festzustellen.

Die Klarhaltung

des Unterschiedes bleibt Sache der Landesgesetzgebungen.

Diejenigen reichs-

oder landesgesetzlichen Vorschriften, welche in einem das Eigenthum an gewiffen Grundstücken

bestimmten öffentlichen Interesse

beschränken oder belasten, bewahren zwar einen privatrechtlichen Karakter; aber es ist nicht Aufgabe des Entwurfes, einzelne, zudem ost lokal verschieden gestaltete,

öffentliche Interessen wahrzunehmen und derartige Beschränkungen

lastungen

zu

bestimmen.

Der erforderliche Vorbehalt

und Be­

für die Reichs- und

Landesgesetzgebung gehört in das Einführungsgesetz.

6.

Es könnte

in Zweifel

gezogen

werden,

ob nicht auch die Noxal-

obligatkon und die cautio damni infecti in dem Abschnitte zu behandeln sei, Cautio damr welcher auf die gesetzlichen Beschränkungen des Eigenthümers in der thatsäch- lnfeetL lichen Verfügung über die Sache sich bezieht. könnte

man kommen

aus

dem

Zu einer solchen Behandlung

römischen Rechtsgedanken

heraus,

daß die

schädigende Sache dem Beschädigten auch abgesehen von dem Vorliegen einer

Verschuldung

preiszugeben ist.

Die

sachenrechtliche

Besonderheit

der röm.

Vorschriften besteht in der Bestimmung einer gewissen Garantiehafta),

und

zwar einer Garantiehast, welche auf die Haftung mit einer bestimmten Sache

*) In dem Berichte der Vorkommisfion S. 6 wird zu den „Instituten", welche im Einzelnen nur nach dem Bedürfnisse und den geschichtlich gegebenen Verhältnissen größerer oder kleinerer Distrikte geregelt werden können und deren theilweise polizei­ licher Inhalt ein weiteres Hinderniß der Kodifizirung bildet, auch das „Bau- und Nachbarrecht" gezählt. Es ist jedoch die sorgfältige Prüfung empfohlen, „ob nicht die privatrechtlichen Grundprinzipien dieser Institute sich zur gemeinschaftlichen Regelung im Gesetzbuche eignen". Dies ist in dem Berichte des Bundesrathsausschusses für das Justizwesen S. 3 gutgeheißen. •) Das sächs. G. B. Z 351 bestimmt im Nachbarrechte eine solche Haftung des Eigenthümers eines baufälligen Bauwerkes.

260

Eigenthum.

Inhalt und Begrenzung.

beschränkt ist1). Der Entwurf §§ 734, 735 hat in den Fällen der Beschädigung durch Einsturz von Bauwerken oder durch Thiere eine Garantiehaft nicht bestimmen wollen; damit ist aber auch die Bestimmung einer begrenzten Garantiehast als abgelehnt anzusehen. Ehikanr. 7. Der Entwurf bringt keine Rechtsnorm, welche den Eigenthümer, insbesondere den Eigenthümer eines Grundstückes im Verhältnisse zu den Eigenthümern benachbarter Grundstücke, in der thatsächlichen Verfügung über die Sache in der Richtung beschränkt, daß von dem Eigenthume nicht lediglich zu dem Zwecke, einem Anderen zu schaden, Gebrauch gemacht werden darf. In den Gesetzgebungen finden sich derartige Chikaneverbote, insbesondere Neidbauverbote-). Die Gründe, welche gegen die Aufnahme einer allgemeinen Vorschrift dieser Art in den allgemeinen Theil des Entwurfes entschieden haben, treffen auch hier zu. mF'uXn "k diesem Titel bestimmten gesetzlichen Eigenthumsbeschränkungen "berune be”' sind nicht absoluter Natur. Der Eigenthümer kann an seinem Grundstücke schränkungen. dingliche Rechte — Grunddienstbarkeiten

oder beschränkte persönliche Dienst­ barkeiten — bestellen, welche die aus dem gegenwärtigen Abschnitte sich ergebenden Rechte des Eigenthümers mindern oder aufheben. Ortsüblich. 9. In dem vorliegenden Titel wird an zwei Stellen, § 850 und § 851 Abs. 3, auf die Ortsüblichkeit Bezug genommen, um hiernach den Umfang von Rechten und Pflichten zu bestimmen. Damit wird dasjenige, was bisher gewöhnlich geschehen ist, zur thatsächlichen Grundlage für die Abstraktion einer Regel gemacht, aus welcher sich ergiebt, was geschehen soll. Einen analogen Zweck hat die Bezugnahme auf die Verkehrssitte in § 84, § 86 Abs. 4, § 359, § 789 Abs. 1. Für sachenrechtliche Verhältnisse hat der Entwurf den Ausdruck „Verkehrssitte" nicht für passend gehalten und deshalb den Ausdruck „Orts­ üblichkeit" gewählt. Des Gewohnheitsrechtes ist neben der Ortsüblichkeit nicht zu erwähnen, denn die Maßgeblichkeit eines lokalen Gewohnheitsrechtes ergiebt sich aus dem Vorbehalte zu Gunsten der Landesgesetze, sofern im Landesrechte die Geltung gewohnheitsrechtlicher Normen anerkannt ist. Ein solcher Vorbehalt genügt aber nicht, wenn es an gewohnheitsrechtlichen Normen fehlt, und gerade die alsdann entstehende Lücke soll durch die Bezugnahme aus die Ortsüblichkeit ausgefüllt werden. Partikuiüre 10. Der Entwurf stellt nicht wie das preuß. Rechts ein allgemeines €'be7»rän.6ä Prinzip auf, welches eine solche Benutzung des Nachbargrundstückes gestattet,

Preüß' ohne welche das eigene Grundstück „ganz oder zum Theil völlig unbrauchbar Noths-rvttut. sein würde"; denn die Regel, daß ein Jeder sich die Benutzungsrechte, deren er bedarf, im Vertragswege zu verschaffen habe, durch eine in ihrer Tragweite so unbestimmte Ausnahme zu durchbrechen, erscheint gefährlich. Der Entwurf bestimmt nur solche Beschränkungen, welche durch ein allgemeines Bedürfniß verlangt werden. Es kommen im geltenden Rechte einige nachbarrechtliche *) Zür. G. B. ß 1886. -) Preuß. A. L. 9t. I, 8 § 27; vergl. Baumeister, Hamb. Prw. R. Bd. 1 § 21 Noten 17, 18. 3) A. L. R. T, 22 § 3.

Vorbemerkungen. (§ 848.)

261

Benutzungsrechte vor, in Ansehung deren ein allgemeines Bedürfniß nicht anerkannt werden kann. Insbesondere sind folgende nachbarrechtliche Benutzungs­ rechte übergangen, welche partikularrechtlich vorkommen: a) Das sog. Hammerschlags- oder Leiterrecht. Wenn ein Gebäude errichtet wird, so hat der Bauherr darauf zu sehen, daß er bei der Errichtung «eiterest und den voraussichtlichen Reparaturen eine Benutzung des Nachbargrund­ stückes nicht nöthig hat oder daß der Nachbar solche ihm bewilligt. Werden Gebäude bis an die Grenze gebaut, so wird häufig ein Benutzungsbedürfniß bezüglich des Nachbargrundstückes eintreten. Um nun den Bau bis an die Grenze, also die volle bauliche Ausnutzung des Gmndstückes zu ermöglichen und zu sichern, geben manche Partikularrechte die Befugniß, Baugerüste auf oder über des Nachbars Boden zu errichten, zum Bau erforderliche Gegenstände auf das Nachbargrundstück zu bringen oder dort niederzulegen oder sonst vorübergehend das Nachbargrundstück zu benutzen. Das röm. Recht weiß nichts von solchen nachbarlichen Lizenzen und ebensowenig das gemeine deutsche Recht. Das preuß. Recht enthält auch keine derartige Vorschrift; es findet sich nur folgende Bestimmung') in Betreff der Planken: „Dagegen muß ihm aber der Nachbar, von dessen Seite die Bretter angeschlagen sind, den Zutritt auf seinen Gmnd und Boden bei nothwendigen an der Planke sich ereignenden Bauten und Reparaturen gestatten". Die preuß. Rechtsprechung ist gegen eine Ver­ allgemeinerung dieser Bestimmung durch Anwendung derselben auf andere Bauwerke*2); in der Beschaffenheit des besonderen Falles der Planke wird ein genügender Grund zu der Aufstellung einer solchen Bestimmung nicht zu Inden sein. Der code civil hat das in einigen coutumes vorkommende Leiterrecht, le tour d’echelle, absichtlich abgeschafft3). Das partikularrechtliche Vorkommen dieser Eigenthumsbeschränkung ist hiernach sehr beschränkt4).5 Die Motive der württemb. Bau O. von 1869 bemerken zu Art. 73 in Ansehung des Leiter­ rechtes: „Die Kommission war der Ansicht, daß kein Bedürfniß vorliegt, diese für den Nachbar lästige Eigenthumsbeschränkung, welche unserer bisherigen Gesetzgebung fremd geblieben ist, einzuführen". b) Das Umwende-, Tret-, Trepp-, Kehr- oder Pflugrecht besteht in der umwende. Befugniß des Besitzers eines ländlichen Grundstückes, beim Beackern desselben ***** K‘ mit dem Pfluge auf dem Grund und Boden seines Es kommt nur höchst partikulär vor°).

Nachbarn umzuwenden.

') A. L. R. l, 8 § 155. 2) Erk. des Ob. Trib. v. 19. Nov. 1868, Striethorst Arch. Bd. 71 S. 351. 3) Zachariae, Bd. 2 § 239 Note 8. 4) Sachs. G. B. § 350. Ueber das Vorkommen in einzelnen bayr. Statuten vergl. Roth, Civilr. Bd. 2 § 128 Nr. 3, und Mot. zum bayr. Entw. III Art. 187; Provinzialrecht von Berg § 28; Klöntrupp, Handbuch der Rechte von Osnabrück Bo. 2 S. 135; Hesse, Eisenacher Statuten Bd. 3 Art. 5; Grimm, Weisthümer Bd. 1 S. 780; Stobbe, Wormser Reform. V, 4 Titel 13; Hess. Entw. II, 3 Art. 69; zür. G. B. § 163. 5) Zür. G. B. § 577. Das preuß. Pflugrecht (A. L. R. I, 8 §§ 118, 119, 1,17 § 366) hängt mit der Gemeinschaftlichkeit der Raine zusammen; vergl. Förster-

262 Magsre'cht

Eigenthum.

Inhalt und Begrenzung.

c) Das Schaufelschlagsrecht, kraft dessen derjenige, welcher an einem ' Privatgewässer ein Mühlen- oder Triebwerk hat, verlangen kann, daß der

Eigenthümer des Grundstückes, welches von dem treibenden Gewässer durch­ flossen wird, ihm zum Zwecke der Reinigung des letzteren den Zutritt gestatte und es dulde, daß der Schlamm, Sand:c. auf das Ufer geworfen werde, hat keine gemeinrechtliche Geltung'). Als Nebenbefugniß des Wasserleitungsberechtigten bleibt dieses Recht hier außer Betracht. Da es sich um die Be­ nutzung an ständig fließenden Gewässern handelt, so werden die etwaigen Bestimmungen in den landesgesetzlichen Vorschriften über Wasserrecht zu suchen sein.

Inhalt des Eigenthumes. §848. Der Entwurf will weniger eine Definition3) geben, als den wesentlichen der dem Eigenthümer zustehenden Rechte feststellen. Die positive Seite dieser Feststellung ist von geringerer Wichtigkeit, als deren negative Seite, nämlich daß die ausschließliche Verfügungsbefugniß des Eigenthümers über die Sache so weit reicht, als nicht eine Beschränkung nachgewiesen wird. Die einzelnen Befugnisse des Eigenthümers würden, auch wenn eine allgemeine Bestimmung fehlte, aus den Vorschriften über den Eigenthumsschutz und über die von dem Eigenthümer vorzunehmenden Veräußerungsgeschäfte entnommen werde» können; sie lassen sich nicht vollständig aufzählen; das Bedürfniß einer solchen Aufzählung liegt auch nicht vor, da das Eigenthum nicht eine Summe Geiheilte« einzelner Befugnisse ist. Deshalb läßt sich das Eigenthum auch nicht so Eigenthum tijci[cn, daß dem Einen und dem Anderen eine Reihe bestimmter im EigenDefinition

Eigenthu,ne«.Inhalt

thume liegender Befugnisse zugewiesen werden und dem beiderseitigen Rechte der KaraÜer des Eigenthumes beigemessen wird. Die Zulässigkeit des Miteigenthumes wird hierdurch nicht berührt3). Ist der Inhalt eines das Eigen­ thum beschränkenden Rechtes ein sehr umfassender, so kann ein Mißverhältniß eintreten. Der Entwurf sucht einem solchen Mißverhältnisse thunlichst vor­ zubeugen, indem er die Begründung vererblicher veräußerlicher Nutzungsrechte nicht und im Uebrigen die Begründung begrenzter Rechte an der Sache nur zu einem beschränkten Zwecke, auf eine begrenzte Dauer oder unter Beschränkung des Rechtsinhaltes zuläßt (§§ 961, 966, 1014,1049). In dem bisher geltenden Rechte sind die Grenzen der zulässigen Belastung meistens nicht so streng ge­ zogen; es kommen Beschränkungen des Eigenthumes durch vererbliche und

Eccius Bd. 3 § 170 Note 63. Gegen Reyschers Behauptung (roiirtt. Priv. R. § 285 Note 2), daß das Trepprecht in Württemberg gesetzlich bestehe, vergl. Lang, württemb. Sachenr. § 27 Note 17. ') Stobbe, Handbuch § 85 Nr. 3. 2) Preuß. A. L. R. J, 8 § I; bayr. L. R. II, 2 §§ 1, 2; code civil Art. 544; sächs. G. B. § 217; österr. G. B. §§ 353, 354; Hess. Entw. I, 3 Art. 1; bayr. Entw. III Art. 89. 3) Vergl. sächs. G. B. § 225.

Inhalt des Eigenthumes.

Räumliche Erstreckung.

§§ 848, 849.

263

veräußerliche Nutzungsrechte vor, welche die Rechte des Eigenthümers nahezu vielleicht bis auf ein Rentenrecht erschöpfen und auf welche deshalb auch die äuß-r«»Bezeichnung dominium — utile im Gegensatze von directum — angewendet wurde. Das Merkmal des Eigenthumes, die Konsolidationslage und die Ver­ muthung für die Unbeschränktheit des Rechtes, kann immer nur auf der einen Seite vorhanden sein, doch wird unter Umständen zweifelhaft, auf welcher Seite das Merkmal zutrifft; auch haben die Gesetzgebungen vielfach das Nutz­ oder Untereigenthum gegenüber dem Obereigenthume in dieser Beziehung be­ vorzugt. Der Satz, daß auch bei dem weitesten Inhalte eines das Eigenthum beschränkenden Rechtes diesem Rechte nicht der Karakter als Eigenthum bei­ gemessen werden kann, ist ein Satz der Rechtswissenschaft, dessen Äussprechnng im Gesetze') entbehrlich und nicht angemessen ist. Die Behandlung der be­ stehenden Ober- und Nutzeigenthumsrechte bleibt den Uebergangsbestimmungen des Einführungsgesetzes vorbehalten.

§ 849. Die Vorschrift des § 849 ist erläutemder Natur. Dieselbe spricht eine RLumn»Konsequenz aus, welche sich aus der durch die Natur der Dinge gegebenen be#“”8 eigenthümlichen Gestaltung der räumlichen Herrschaft über Grundstücke ergiebt. Nach den Vorbemerkungen unter Ziff. 2 nimmt diese Herrschaft die Gestalt einer possessio pro diviso an. Die Grenze, ein Begriff, welcher bei beweglichen Sachen nur in beschränktem Umfange, möglicher Weise im Falle des § 816, rechtliche Bedeutung hat, ist das Scheidende; unter Grenze ist eine Fläche zu verstehen, welche, senkrecht die Erdoberfläche im Laufe der im engeren Sinne als Grenze bezeichneten in sich selbst zurücklaufenden Grenzlinie durchschneidend, mach oben und nach unten unbegrenzt sich fortsetzt. Der Eigenthümer ist zu der thatsächlichen Herrschaft über den von der Grenze eingeschlossenen festen und zusammenhängenden Erdkörper und über den darüber befindlichen Raum berechtigt, soweit sein Recht nicht Beschränkungen unterliegt. Bei der Jnhabung an Grundstücken bestimmt sich der Machtbereich des Inhabers in entsprechen­ der Weise. Nur ist bei dem Rechte an der Sache diese Erstreckung des Macht­ bereiches Rechtspostulat, bei der Jnhabung aber eine Thatsache, welche im Gesetze nicht bestimmt zu werden braucht und deren Bestimmung nicht in das Gesetz gehört. Die Vorschrift des § 849 entspricht dem gemeinen Rechte und den modernen Gesetzgebungen2). Sie ist zur Klarstellung des Gesetzes nicht wohl zu entbehren; denn aus ihr ergiebt sich, welche Handlungen anderer Personen rechtswidrige Eingriffe in das Recht des Eigenthümers sind, wenn sie nicht aus einem das Eigenthum oder den Eigenthümer persönlich beschränkenden Rechte gerechtfertigt werden.

’) Sachs. G. B. § 225. 2) Preuß. A. L. R. I, 8 §§ 26, 65, 123, 132, 141; code civil Art. 552; sächs. ■®. B. § 218; österr. G. B. § 297. Vergl. Hess. Entw. II, 3 Art. 1, bayr. Entw. III Art. 89.

264

Eigenthum.

Inhalt und Begrenzung.

Der Mangel einer Begrenzung des Machtbereiches des Eigenthümers in der Höhe und in der Tiefe kann nicht um deswillen gerügt werden, weil bei einem gewissen Punkte der Machtbereich menschlicher Thätigkeit und die Möglichkeit von Konflikten aufhört; denn damit hört auch das Bedürfniß und der praktische Werth einer das Eigenthum zu Gunsten anderer Personen be­ schränkenden Bestimmung auf. Eine andere Frage ist, ob man das ausschließ­ liche Recht des Eigenthümers nicht da aufhören zu lassen hat, wo ein jedes denkbare Interesse an der exklusiven räumlichen Herrschaft für denselben aufhört, während bei anderen Personen ein Interesse an der Benutzung des dem Eigenthume unterworfenen Raumbezirkes möglich bleibt. Die Folge würde sein, daß da, wo das Eigenthum aufhört, ein Gemeingebrauch beginnt. Die Undenkbarkeit eines Interesses des Eigenthümers wird erst bei einem Punkte beginnen, in welchem die Möglichkeit eines thätlichen Konfliktes und einer thätlichen Abwehr ausgeschlossen ist, der Eigenthümer sich also in seinem recht­ lichen Machtkreise nur mit der Besitzstörungsklage und der negatorischen Klage schützen kann. Nur in dem Umfange, in welchem diesen Klagen stattgegeben wird, liegt die mögliche Gefahr einer Ueberspannung der Eigenthumsbefugnisse. Es ist indessen nicht zu befürchten, daß diese Rechtsmittel zu einer übertriebenen Geltendmachung der Konsequenzen aus der thatsächlichen und rechtlichen Er­ streckung des Machtbereiches des Inhabers bezw. Eigenthümers eines Grund­ stückes führen werden.

Zmmissione«. § 850. Die rechtliche Abscheidung der Grundstücke würde mit den Bedürfnissen des Lebens in einem unversöhnlichen Widerspruch treten, wenn sie als eine so Prinzipes, strenge zu verstehen wäre, daß die zu Gunsten des Inhabers und des Eigen­ thümers bestehenden gesetzlichen Verbote — Verbot der Eigenmacht (§ 814) und Verbot der Beeinträchtigung (§943) — eine jede nicht autorisirte mechanische oder physikalische Hinüberwirkung als objektive Rechtswidrigkeit erscheinen ließen. Smmisfloue». Vor Allem läßt sich eine gewisse Art der Hinüberwirkung nicht in be­ stimmte Grenzen bannen. Wir leben auf dem Gmnde eines Luftmeeres. Dieser Umstand führt mit Nothwendigkeit eine Erstreckung der Wirkungen der menschlichen Thätigkeit in die Ferne mit sich. Einerseits überliefem schon die gewöhnlichen Lebensfunktionen und mehr noch die wirthschaftlichen und ge­ werblichen Vorgänge dem Luftmeere eine Menge von gasförmigen und in der Lust suspendirten Körpern, welche der Bewegung des Lustmeeres folgen. An­ dererseits ist die menschliche Thätigkeit von physikalischen Wirkungen begleitet, welche sich weiter fortpflanzen, wie Erschüttemng, Wärme, Geräusch, Licht. Ob die Erregung von Gerüchen der einen oder der anderen Art der bezeichneten Vorgänge beizuzählen ist, bleibt gleichgültig. Um einen knrzen Ausdruck zu gewinnen, möge für alle diese Arten der Hinüberwirkung der Ausdruck Immission von Imponderabilien gewählt werden. Nach einem in allen Fällen klar ent­ scheidenden Merkmale läßt sich dieselbe nicht wohl bezeichnen. Das Gesetz hat deshalb den Ausweg zu wählen, die hauptsächlichen Beispiele anzuführen und

Undiirchsühr.

Gren,-

Immissionen.

§ 850.

265

die weitere Entwickelung des leitenden Gedankens der Praxis zu überlassen'). Die Immission von Flüssigkeiten, welche nicht in der Luft suspendirt sind, wird, wie auch § 856 ergiebt, nicht getroffen. Wenn über die Erlaubtheit oder Unerlaubtheit einer solchen Immission bestimmt werden soll, so hat man nicht blos, wie das sächs. G. B?) das Verhältniß von Nachbar zu Nachbar zu berücksichtigen, vielmehr ist der Umfang des Rechtes des Eigenthümers gegen alle anderen Personen festzusetzen. Die Unerlaubtheit auch einer solchen Immission ist nach dem aus dem Mittelrar­ vorigen Paragraphen zu entnehmenden Prinzipe zweifellos, wenn derselben die»«» s'mvon. Richtung auf das fremde Grundstück gegeben wird.

Der Zweifel und

das ketetin‘n-

Bedürfniß eines gesetzgeberischen Eingreifens besteht nur in Ansehung der Frage, ob die natürliche Verbreitung der Imponderabilien über die Grenze hinaus diejenige Handlung, welche die Imponderabilien zur Entstehung oder Verbreitung gebracht hat, als eine rechtswidrige erscheinen läßt. Bei der Beurtheilung dieser Frage kann man von einem doppelten Standpunkte ausgehen: 1. Man kann aufstellen: Derjenige, welcher zu der Entstehung oder Verbreitung der Imponde­ rabilien die Ursache liefert, muß wissen, daß dieselben ihren eigenen Weg nehmen. Deren Fortpflanzung über die Grenze ist ihm mithin als Folge seiner That zuzurechnen und ist direkte und indirekte Immission insofern nicht von einander zu scheiden. Das Grenzprinzip findet an sich auch der indirekten Immission gegenüber Anwendung. Die Richtigkeit und das Zutreffen dieses Prinzipes kann nicht um deswillen bezweifelt werden, weil die Nothwendigkeit der Bestimmung von Ausnahmen von vornherein klar ist. Die Festhaltung des Prinzipes liefert die Grundlage für den Sinn der aufzunehmenden Vor­ schrift; denn sie läßt dieselbe als Ausnahmevorschrist erscheinen und ist somit von Einfluß auf die Beweislast. Die ausnahmsweise das Eigenthum beschränkende Erlaubniß hat sich allgemein auf jede Art der Immission von Imponderabilien zu beziehen; daß eine solche Art der Immission vorliegt, hat also der Jmmittent zu beweisen. Von dieser Ausnahme sind sodann in die Regel zurückfallende Unterausnahmen zu machen für den Fall der direkten Zuleitung und der exzessiven Immission, deren Vorliegen der Eigenthümer zu beweisen hat. 2. Der andere Standpunkt ist folgender: Das aus dem § 849 zu entnehmende Prinzip ist nicht so zu verstehen, daß dasselbe auch auf die indirekte Immission von Jmpoderabilien anwendbar ist. In dieser Anwendung steht dasselbe mit den menschlichen Lebensbedingungen in einem solchen Widersprüche, daß es für den Gesetzgeber unbrauchbar und gefährlich wird, da es nicht einzelne aus Zweckmäßigkeits- und Billigkeits­ gründen zuzugestehende Modifikationen, welche aber die Richtigkeit der Regel in ihrer Allgemeinheit unangefochten lassen, zu erleiden haben würde, sondern seine Undurchführbarkeit in sich trägt und folglich unhaltbar erscheint. Dabei ist das Prinzip mit der Gefahr verbunden, daß das Gesetz nicht in allen ') Immission von Bimm, vergl. Entsch. des R. G. Bd. 11 S. 173. y 8 358.

266

Eigenthum.

Inhalt und Begrenzung.

Einzelnheiten die nothwendigen Modifikationen bringt und alsdann die Ueberspannung des Eigenthumsbegriffes die nothwendigen Vorbedingungen des Lebens und des Verkehres beeinträchtigt, insbesondere dem Gewerbebetriebe schädliche Fesseln anlegt und die Entwickelung der Industrie in nicht zu über­ setzender Weise lähmt. Weit mehr entspricht es der Natur der Dinge, von dem Standpunkte der Freiheit auszugehen und alsdann gewisse Immissionen zu Gunsten des Eigenthümers durch privatrechtliche Normen zu verbieten, bei den sonstigen Immissionen aber die Bestimmung der Erlanbtheit oder Unerlaubtheit der Polizeigesetzgebung zu überlassen. Eine Vertretung dieser Ansicht ist auch in der Reichsgesetzgebung — Ges. betr. die Aufhebung der Art. 11 und 12 Buch III Tit. 12 des revidirten Lübischen Rechtes, sowie der Artikel 14 und 16 Theil III Tit. 12 des Rostocker Stadtr. v. 4. November 1874 — zu finden, welche geglaubt hat, Bestimmungen des Lübischen und des Rostocker Stadt­ rechtes beseitigen zu müssen. Diese Bestimmungen geben zunächst zwar den Grundbesitzern Widerspruchsrechte gegen den Betrieb gewisser Gewerbe, aber, wie aus der Bezeichnung der Gewerbe sich ergiebt, wegen der zu befürch­ tenden Immission von Gasen, Rauch, Geräusch, Gerüchen rc. Es ist also statt einer Beschränkung des Eigenthümers, dessen Grundstück eine Immission erleidet, eine Beschränkung der natürlichen Handlungsfreiheit zu bestimmen, nach welcher, wenn das Gesetz schwiege, in der Immission von Imponderabilien eine rechtsverletzende Handlung nicht zu finden sein würde. Beide Meinungen führen zu ziemlich demselben praktischen Resultate. Nach beiden Meinungen gilt die Jmmissionsfreiheit beschränkt durch das Verbot der exzessiven Immission; nur ist nach der einen Meinung die Jmmissions­ freiheit Ausnahme, nach der anderen Regel. Die einzige hieraus sich ergebende Differenz besteht darin, daß nach der ersten Meinung der Eigenthümer seine negatorische Klage durch die Behauptung einer Hinüberwirkung schlechthin begründet hat, während nach der zweiten Meinung eine qualifizirte HinüberGeriiusch- Wirkung zu behaupten ist. Der Entwmf bemht auf der zweiten Meinung, »»d Li»t. Aus dieser Auffassung heraus hat die Nichterwähnung der Immission von 3mmifficnen. Geräuschen den Sinn, daß auch die exzessive Immission von Geräuschen — von Licht wird dasselbe gelten müssen — nicht als Eigenthumsverletzung zu gelten hat und die Schaffung der nothwendigen Abhülfe und des nothwendigen Schutzes der Polizeigesetzgebung überlassen ist, da die Landesgesetzgebungen nach § 866 das Eigenthum weiter beschränken, nicht aber die Besugniffe des Eigen­ thümers erweitern können. Einen objektiven Ausdruck hat die zweite Meinung im Gesetze nicht er­ halten, um die Entscheidung der prinzipiellen Frage der Doktrin und Praxis nicht abzuschneiden. Im gemeinen Rechte wird die prinzipielle Frage überwiegend im Sinne der ersteren Meinung beantwortet, welcher auch das Reichsgericht sich an­ geschlossen hat'). In den modernen Gesetzgebungen fehlt eine ausdrückliche Beantwortung der prinzipiellen Frage; jedoch deuten die einschlagenden

') Entsch. Bd. 11 S. 174.

Immissionen.

§ 850.

267

Bestimmungen') daraufhin, daß von der zweiten Meinung ausgegangen wird, und wird derselben auch überwiegend in der partikularrechtlichen Doktrin und Praxis gefolgt*2).* Meistens wird die Frage so gestellt, wann eine Schadensersatz­ pflicht aus Delikt stattfindet, während der Entwurf die Delikts- und Schadens­ ersatzfrage dahingestellt läßt und in korrekter Weife in der den Inhalt des Eigenthumes betreffenden Vorschrift bestimmen will, wo die objektive Rechts­ widrigkeit der gegen den Eigenthümer sich richtenden Handlungen anderer Personen beginnt. Darin stimmt das geltende Recht überein, daß der Eigen­ thümer gegen exzessive Immissionen geschützt werden soll. Bei Bestimmung der exzessiven Immission wird daraus Rücksicht gu 3^ef^08necn. nehmen sein, daß das Jmmissionsbedürfniß in verschiedenen Gegenden ver­ schieden ist und auch zeitlich nicht konstant bleibt, insbesondere mit Entwicke­ lung der Industrie sich verändert. Durch die Gesetzgebung kann nicht jedes lokale Bedürfniß festgestellt und berücksichtigt werden, und ebensowenig kann die Gesetzgebung einer jeden Veränderung des Bedürfnisses hinreichend rasch folgen. Hieraus folgt, daß die Grenzen der exzessiven Immission einigermaßen elastisch zu bestimmen sind, damit sie sich den Verschiedenheiten und Verände­ rungen anpassen. Der Entwurf sucht auf eine doppelte Weise eine solche Anpassung herbeizuführen. In Ansehung der örtlichen Verschiedenheiten ist das Maß der erlaubten «. «b-r da« Immission dem örtlich Hergebrachten zu entnehmen, so daß als erlaubt gilt, was nach Ortsübung ertragen zu werden pflegt. Auf diese Weise wird auch sehnte, ohne Mitwirkung der lokalen Gesetzgebung der Eingriff in eingelebte Ver­ hältnisse vermieden; auch ist die Ueblichkeit ein einigermaßen beweglicher Regulator, der sich mit den veränderten Verhältnissen selbst verändert. Neben den üblichen Immissionen sind mindestens die indifferenten Imw -rh-bmissionen zu erlauben, welche weder ein subjektives Interesse des Eigenthümers noch ein aus der Beschaffenheit des Grundstückes sich ergebendes Interesse desselben ®enbe 31

verletzen. Man muß aber noch etwas weiter gehen. Das subjektive Interesse des Eigenthümers verdient keine Berücksichtigung, weil sonst das Maß des Erlaubten von wechselnden persönlichen Verhältnissen abhängig gemacht werden würde. Aber auch das objektiv in der regelmäßigen Benutzung des Gmndstückes sich gründende Interesse ist nicht schlechthin zu berücksichtigen. Die Zulassung der ortsüblichen Immissionen giebt nicht immer die den Bedürfnissen des Lebens entsprechende Erweiterung. Handelt es sich um die Einführung neuer Industriezweige oder um die Errichtung von baulichen und gewerblichen Anlagen in Gegenden, wo dergleichen früher noch nicht vorhanden waren, so kommt den Jmmittenten eine bestehende Ortsübung nicht zu Gute; gleich­ wohl besteht das Bedürfniß, daß die weitere wirthschaftliche Entwickelung durch diesen Mangel nicht gehemmt werde. Aus diesem Gmnde versteht der

!) Code civ. Art. 674; zür. G. B. §§ 617—620; der § 358 des sächs. G. B. ist nach den Motiven im Sinne der ersteren Meinung zu verstehen; vergl. auch heff. Entw. II, 3. Art. 78, bayr. Entw. III, 193. 2) Förster-Eccius III § 169 Note 37; Dernburg I § 220 Note 16 Zachariä § 243. Ueber österr. R. vergl. Randa, Besitz § 7b S. 169.

268

Eigenthum.

Inhalt und Begrenzung.

Entwurf unter einer exzessiven Immission eine solche, durch welche die regelmäßige Benutzung des Grundstückes und zwar in erheblichem Maße beeinträchtigt wird. Thattächliche Schließlich sei noch bemerkt, daß durch die in § 850 bestimmte Duldungsr" pflicht der Eigenthümer nicht, wie nach der Vorschrift des § 856, in der that­ sächlichen Abwehr, soweit solche möglich ist, z. B. an der Zurückstauung des eindringenden Rauches durch Errichtung von Schutzwänden, gehindert, sondern nur in dem Gebrauche der negatorischen Klage beschränkt wird.

Grenze.

§ 851. ajMmariitng. Voraussetzung der Vorschriften des § 851 ist, daß die Grenze zwischen uch-s den Nachbarn nicht bestritten ist. Wenn das Gesetz schwiege, so würde es Nach-dem einzelnen Nachbar unverschränkt sein, auf eigene Kosten für Grenzzeichen Abmarkung, seines Gebietes zu sorgen, die Anerkennung dieser Zeichen nöthigenfalls im Wege der Feststellungsklage herbeizuführen und Grenzzeichen von solcher Beschaffenheit und in solcher Weise zu setzen, daß dieselben für spätere Zeiten zugleich den Beweis in sich tragen, daß inzwischen ihre Lage nicht verändert ist. Der Gesichtspunkt, aus welchem vom Entwürfe, in Uebereinstimmung mit dem geltenden Rechte'), diese Befugnisse des Nachbarn gegen den Nachbar erweitert werden, ist der, daß die äußere Kenntlichmachung und Kenntlich­ erhaltung der Grenzen im gemeinschaftlichen Interesse der Nachbarn liegt und ein gemeinschaftliches Geschäft ist, dessen Vornahme zuweilen auch im Interesse der öffentlichen Ordnung durch eine an beide Interessenten sich richtende publizistische Rechtsnorm gefordert wird. Die Vorschriften der ersten beiden Absätze des § 851 ziehen aus der Gemeinschaftlichkeit des Geschäftes die Konsequenzen der Mitwirkungspflicht und der Kostenvertheilung. Berührt ein Abmarkungsverfahren eine größere Anzahl von Grundstücken verschiedener Eigenthümer, so versteht sich von selbst?), daß für jeden Einzelnen nur die Abmarkung der eigenen Grenze das gemein­ schaftliche Geschäft ist. Eine Gemeinschaft im Sinne des Abschn. IV Tit. 5

Gegenseitige

Ansprüche.

findet nicht statt, da es an einem gemeinschaftlichen Gegenstände fehlt; die auszunehmenden Vorschriften sind deshalb auch nicht mit dem preuß. und österr. Rechte in dem Abschnitte über Gemeinschaft zu geben. Die gegenseitigen Ansprüche sind obligatorischer Natur mit dinglicher Der Anspruch auf Mitwirkung setzt aus beiden Seiten gegenwärtiges

Eigenthum voraus, während ein Kostenersatzanspruch des einen Theiles gegen den anderen Theil in der einseitigen Kostenbestreitung sich gründet. Die Hin­ weisung darauf, daß eine mögliche deliktmäßige Haftung des einen Theiles bei

*) Preuß. 31.2.3t. I, 17 §§ 383, 384; code civil Art. 646; sechs. G. B. 8 364; österr. G. B. § 850; zür. G. B. § 596; vergl. Hess. Entw. 11, 3 Art. 82, bayr. Entw. 111 Art. 200. 2) Preuß. A. L. R. I, 17 § 384.

Grenze; Abmarkung.

§ 851.

269

der Kostenvertheilung zu berücksichtigen bleibt, ist aus Zweckmäßigkeitsgründen, um Mißverständnisse zu verhüten, hinzugefügt. Der dritte Absatz des § 851 bezieht sich aus den Inhalt des Anspruches B-schaff-nh«« auf Mitwirkung. Es bleibt nämlich die Frage, zu welcher Art der Kenntlich- ©«najeita^1 e*un9

unter besonderen und verschiedenen dinglichen Rechtsschicksalen standen, mag im Falle b) Bei beiderseitiger Unredlichkeit muß sowohl der Besitzer als der Jnu»rÄichk-i^ Haber verpflichtet sein, mit der Sache so zu verfahren, wie solches dem ihnen

bekannten fremden Eigenthume entspricht (§ 932 Abs. 1 Satz 1). Es liegt weder eine ipso jure getheilte Schuld noch ein Gesammtschuldverhältniß noch auch eine gemeinschaftliche Schuld vor, sondern ein Jeder wird verpflichtet, insoweit er die ihm in Ansehung der Sache obliegenden Verbindlichkeiten gegenüber dem Eigenthümer verletzt hat. «) wegen einer c) In dem zweiten Satze des ersten Absatzes des § 932 wird der Kenntniß Handiung'des des Inhabers von dem Rechtsmangel in der Person des Besitzers die Kenntniß Besitzer,, von der strafbaren Handlung des Besitzers gleichgestellt, welche die Voraussetzung für die fingirte mala fides des Besitzers bildet. L) wegen d) Der zweite Absatz des § 932 betrifft den Fall, wenn lediglich in der Unredlichkeit, Person des Inhabers Unredlichkeit vorliegt, während der Besitzer redlich ist

e, wegen Unredlichkit

de» Besitzers.

und auch keiner die Fiktion der Unredlichkeit nach sich ziehenden Handlung sich schuldig gemacht hat. Die durch die Redlichkeit des Besitzers für diesen be­ gründete Rechtsposition, nach welcher er Eigenthum an den Früchten erwirbt und wegen der sonstigen von ihm gezogenen Nutzungen nicht haftet, muß, so weit sie reicht, auch den Inhaber von der Haftung befteien und zwar nicht blos in Ansehung der mit der Trennung in das Eigenthum des Besitzers gelangten Früchte, sondern überhaupt in Ansehung der Erstattung der Nutzungen; denn durch eine Haftung des Inhabers könnte mittelbar der Besitzer getroffen werden. Bestehen bleibt in einem solchen Falle die Haftbarkeit des Inhabers für den von ihm durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit verursachten Schaden, welcher durch Untergang oder Verschlechterung der Sache entstanden ist, in­ gleichen die deliktmäßige Haftung des Inhabers nach § 935, wenn eine un­ erlaubte Handlung vorliegt, an welcher der Inhaber sich betheiligt hat. e) Der Inhaber ist redlich, der Besitzer ist unredlich. Eine besondere Vorschrift ist für diesen Fall nicht nöthig. Nach § 930 ist der Inhaber wegen Schadens an der Sache und an den Nutzungen gegenüber dem Eigenthümer

Don der Haftung frei, wenn er auch möglicherweise gegenüber dem von ihm vertretenen Besitzer dieserhalb verhaftet und der Besitzer in Ansehung der ihm gegen den Inhaber zustehenden Ansprüche herausgabepflichtig ist. Der Erwerb des Eigenthumes an den abgetrennten Bestandtheilen, welche nach dem zwischen dem Besitzer und dem Inhaber bestehenden Rechtsverhältnisse in das Eigenthum des letzteren fallen sollten, beurtheilt sich nach den Vorschriften über den vertrags­ mäßigen Erwerb des Eigenthumes an beweglichen Sachen in gutem Glauben ■(§§ 877—879; vergl. auch § 901). Haftung des Prozeßbesitzers.

§ 933. 1. Die pflichtmäßige Behandlung der streitigen Sache während des S8nL We*t Prozesses wurde im ftüheren röm. Rechte rechtsgeschüftlich, bei der actio in rem per sponsionem durch die sponsio pro praede litis et vindiciarum, bei der formula petitoria durch die satisdatio judicatum solvi, gesichert. Zür Zeit Justinians fand eine solche Kaution nicht mehr statt. An die Stelle eines zu erzwingenden Vertrages trat eine unmittelbar aus gesetzlicher Vorschrift ent­ springende Verbindlichkeit. Die römischen Juristen haben dieses Schuldverhältniß nicht definirt, sondern nur die einzelnen Konsequenzen desselben angegeben1). Aus diesen Konsequenzen ist das Prinzip ersichtlich, daß, abgesehen von einer Haftung des Beklagten aus Verzug oder Delikt, der Beklagte zwar nicht für den Schaden haftet, welcher dem Kläger aus dem Unterbleiben der sofortigen Restitution im Anfänge des Prozesses erwächst, wohl aber verpflichtet ist, während des Prozesses auf die Erhaltung und Nutzbarmachung der Sache alle Sorgfalt zu verwendm, damit der Gegenstand der schließlichen Restitution, die Sache nebst den Prozeßnutzungen, nicht vermindert werde. Dabei wird dem unredlichen Besitzer die Gefahr des Unterganges der Sache oder der vor­ handenen Früchte auferlegt, wenn nicht erweislich dieser Untergang Sache und Früchte auch im Falle sofortiger Restitution getroffen haben würde. Das!»«««««rsq» -geltende Recht schließt sich im Wesentlichen dem röm. Rechte an2); doch ist ihm 8e6un®en' eine verschiedene Behandlung des Prozeßbesitzers, je nachdem derselbe redlicher oder unredlicher Besitzer ist, fremd. Nur die Fälle des deliktmäßigen Besitzes und des Verzuges werden besonders behandelt. Der Entwurf folgt dem geltenden Rechte. Daß überhaupt ein Prozeßbesitz stattgefunden hat und die Stand»«»» Sache nicht sofort reftituirt ist, braucht von dem Beklagten nicht vertreten zu beS to' werden und zwar auch dann nicht, wenn derselbe unredlicher Besitzer war; denn der unredliche Besitzer ist berechtigt und im Interesse des wahren Eigenthümers verpflichtet, die Erbringung der Legitimation eines Eigenthums!) Vergl. Windscheid Bd. I § 124. 2) Preuß. A. L. R. I, 7 §§ 222—228, 232—240, 243, 244; Aubry et Rau, cours de droit civ. t. II § 219; sächs. G. B. § 306, 308; bayr. L. R. U, 2 §§ 10,11; österr. G. B. § 338; bayr. Entw. III Art. 158,163,164; Hess. Entw. H, 3 Art. 21. Die Nichthaftung des Prozeßbesitzers für versäumte Früchte nach preuß. Rechte ist schon von Savigny, Bd. 6 S. 120, getadelt.

408

Eigenthumsanspruch.

Prätendenten vor Verabfolgung der Sache zu verlangen. Wenn der Besitzer aber auch für den Schaden nicht haftet, welcher aus dem Auffchube der Restitution während der Dauer des Rechtsstreites sich ergiebt, so rechtfertigt doch der Prozeßbeginn die gesetzliche Bestimmung einer Fürsorgepflicht beöBeklagten dahin, daß der obsiegende Kläger an Sache und Nutzungen keinen Schaden erleide. Diese Fürsorgepflicht ist dieselbe, wie in dem Falle des un­ redlichen Besitzes. Der Entwurf erklärt deshalb die Vorschriften des § 931 für anwendbar auch im Falle des Prozeßbesitzes. Man könnte auch hier daran denken, dem Beklagten bei Erfüllung seiner Fürsorgepflicht eine Rücksichtnahme auf das Interesse des im Prozesse Obsiegenden aufzuerlegen und mithin dem Prozeßbesitzer die Stellung eines im Interesse beider Theile beauftragten Sequesters einräumen. Die obwaltende Interessengemeinschaft würde alsdann die analoge Anwendbarkeit des § 772 dahin rechtfertigen, daß ein jeder Theil in eine dem Interesse beider Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Art der Verwaltung einzuwilligen dem anderen Theile verbunden wäre. Die­ selben Gründe, welche bei dem unredlichen Besitze gegen eine Bestimmung der Fürsorgepflicht nach subjektiven Rücksichten sprechen, haben auch im vor­ liegenden Falle Geltung und rechtfertigen die gleiche objektive Regelung der Fürsorgepflicht. m-cht^Lngig2. Die Rechtshängigkeit des Vindikationsprozesses gegen den Inhaber wirkt nicht zu Ungunsten des Besitzers, und ebensowenig tritt, wenn gegen den Besitzer geklagt ist, eine Wirkung der Rechtshängigkeit zum Nachtheile des Inhabers ein. Der Entwurf beläßt es bei diesem Resultate, weil die Erstreckung der Wirkung eines prozessualen Thatbestandes auf eine Person, welche nicht Prozeßpartei oder Rechtsnachfolger einer Prozeßpartei ist, hier nicht aus­ nahmsweise gerechtfertigt erscheint. Der Vindikant kann sich durch Belangung sowohl des Besitzers als des Inhabers, unter Umständen auch durch Benach­ richtigung des nicht belangten Betheiligten oder durch Erwirkung der Sequestration des Streitgegenstandes helfen. Ohne eine derartige Maßregel wird allerdings, wenn der Inhaber belangt ist, die Rechtsposition des redlichen Besitzers fort­ dauern und die Haftbarkeit des Inhabers beschränken; ferner wird, wenn der Besitzer allein belangt ist, der Erwerb des gutgläubigen Inhabers an den ver­ tragsweise in sein Eigenthum trotz des Nichteigenthumes des Besitzers nach. 88 875—877 übergehenden abgetrennten Bestandtheilen fortdauern. Selbst die Kenntniß von dem gegen den anderen Betheiligten angestrengten Prozesse steht den bezeichneten Resultaten nicht im Wege, denn diese Kenntniß braucht nicht zu einer wirklichen mala fides zu führen. Eine Fiktion der mala fides für derartige Fälle zu bestimmen, erscheint nicht gerechtfertigt.

Verzug des Besitzers oder des Inhabers.

§ 934. vbr. ««4».

Der Entwurf geht, wie in den Vorbemerkungen S. 398, 399 hervor­ gehoben, davon aus, daß auf alle Ansprüche des Eigenthümers gegen den Besitzer oder Inhaber, insbesondere auf den Anspruch auf Herausgabe der Sache

Verzug des Besitzers oder Inhabers.

§ 934.

409

die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes Anwendung finden, mithin auch die Vorschriften über den Verzug. Eine Modifikation der Vorschriften über Pr«,-ßb«gini» Verzug wird in der Rechtswissenschaft zuweilen in der Richtung behauptet, daß mit dem Prozeßbeginne stets Verzug für den Herausgabepflichtigen Besitzer eintrete und daß der einfach unredliche Besitzer stets als im Verzüge (mora

ex re) befindlich zu behandeln sei.

In den Gesetzgebungen finden sich Vor­ schriften, welche eine auf den Gesichtspunkt des Verzuges zurückzuführende verschärfte Haftung des unredlichen Besitzers bestimmen, obwohl die allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme des Verzuges nicht vorliegend).

Der Entwurf beruht auf der Ansicht, daß eine Modifikation der Vor­ schriften über den Eintritt des Verzuges für den vorliegenden Fall weder zu Gunsten des redlichen noch zu Ungunsten des unredlichen Besitzers oder In­ habers gerechtfertigt sein würde, daß es aber, um möglichen Zweifeln zu begegnen, zweckmäßig sei, die unveränderte Geltung der Vorschriften über den Verzug im Gesetze zum Ausdrucke zu bringen. Das praktisch hieraus sich ergebende Resultat ist durchaus angemesien. Wenn eine als Eigenthümer auf­ tretende Person, welche sich später als Eigenthümer ausweist, dem Besitzer oder dem Inhaber die Sache abfordert, so tritt Verzug ein, es sei denn, daß der Aufgeforderte nach § 246 sich entschuldigt. Diese Vorschrift gilt auch für den redlichen Besitzer und läßt denselben in Verzug gerathen, wenn ihm die Verkennung der geltend gemachten Eigenthumsansprüchc zum Verschulden anzurechnen ist, obwohl ein solches schuldvolles Verkennen eine eigentliche

mala fides noch nicht begründet.

Dem redlichen Besitzer wird also eine Prüfungspflicht auferlegt, ob der behauptete Eigenthumsanspruch begründet Prüfung,sei. Eine solche Prüfungspflicht wird durch den Zweck des Eigenthumsschutzes gefordert, mit welchem es nicht im Einklänge stehen würde, daß der Besitzer Bester», in seinem passiven Verhalten trotz der an ihn seitens des Eigenthumsprätendenten gerichteten Aufforderung zur Herausgabe beharrt. Den nöthigen Schutz finden die Herausgabepflichtigen in der Vorschrift des § 246; denn das Recht des Abfordemden ist ihnen gegenüber zunächst als ein Umstand zu betrachten, deffen Nichtwissen ihnen nicht zur Last fällt. Sie erscheinen damit als vor­ läufig entschuldigt, soweit nicht der erhobene Anspruch bei sorgfältiger Prüfung der gelieferten Nachweise als begründet von ihnen erkannt werden mußte. In Ansehung der entschuldbaren Unkenntniß über das Recht des Abfordernden ist der unredliche Besitzer in derselben Lage wie der redliche Besitzer. Denn, wenn er auch den Mangel seines Rechtes kennt, so kennt er doch um deswillen noch nicht die Person des Berechtigten und ist nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Begründung eines gegen ihn erhobenen Anspruches zu prüfen, damit die Sache nicht in unbefugte Hände gelange.

‘) Preuß. A. L. R. I §§ 229, 241, 242; in der französischen Praxis legt man dem unredlichen Besitzer die Tragung der Gefahr von Verschlimmerungen bei Grundstückm aus dem Gesichtspunkte des Verzuges — code civil Art. 1302 Abs.2 — auf, Aubry et Rau, cours de droit civ. t. II§219 S. 394. Vergl. bayr. Entw. Hl Art. 158; Hess. Entw. n, 3 Art. 19, 20.

410

Eigenthumsanspruch.

Haftung des deliktmäßigen Besitzers.

8 935. Die Aufnahme einer Vorschrift über die Haftung des deliktmäßigen Be­ sitzers oder Inhabers ist um deswillen erforderlich, weil sonst nach der be­ schränkenden Vorschrift des § 930 dem begangenen Delikte eine jede verpflichtende Wirkung genommen wäre. Wegen jener Vorschrift wird mithin nur aus denjenigen unerlaubten Handlungen des Besitzers oder Inhabers eine ge­ steigerte Haftung abzuleiten sein, welche in § 935 bezeichnet sind. Begrenzung Nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften über die Haftung aus un-r Ha uns- erlaubten Handlungen (§ 704) würde man, wie bereits in den Vorbemerkungen

Borsatz.

Strasbare Handiung.

hervorgehoben, einen verbotenen Eingriff in die Rechtssphäre des Eigenthümers in jeder Verfügung einer anderen Person zu finden haben, wenn die objektiv­ rechtsverletzende Eigenschaft der Verfügung dem Handelnden bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters erkennbar war. Der § 935 be­ grenzt die deliktmäßige Haftung. Nur die Handlungen, durch welche Besitz oder Jnhabung erlangt ist, nicht aber die Handlungen, welche weiterhin an der Sache vorgenommen werden, sollen zu einer solchen Haftung führen. Handlungen des Besitzers oder Inhabers, durch welche die Sache geschädigt wird, machen mithin nach den Vorschriften der §§ 931—933 haftbar, führen aber die eigentliche Deliktshaftung nicht mit sich. Ist dem Eigenthümer die Jnhabung der Sache entzogen und damit der Besitz desselben aufgehoben, so ist das Eigenthum total verletzt. In den thatsächlichen Verfügungen über die Sache, welche während des Besitzes des Nichteigenthümers vorkommen, können nicht weitere Delikte gegen das Eigenthum, sondern kann nur eine Verabsäumung der Erfüllung derjenigen Verbindlichkeiten gefunden werden, welche das Gesetz in Ansehung der Behandlung fremder Sachen auferlegt. Ferner verlangt § 935, daß die unerlaubte Handlung vorsätzlich be­ gangen ist. Damit wird bei einer jeden Verschaffung des Besitzes oder der Jnhabung unter fahrlässigem Verkennen des fremden Eigenthumes der Eintritt der gesteigerten Haftung ausgeschloffen. Der vorsätzlich begangenen Handlung wird die strafbare Handlung gleich gesetzt; denn soweit das Strafgesetz die Verabsäumung von Sorgfalt ahndet (vergl. § 259 des Str. G. B.), darf die

gewöhnliche zivilrechtliche Deliktshaftung nicht gemindert werden. Ueber den Inhalt des Anspruches aus dem Delikte werden Besondernicht bestimmt. Eine Erweiterung der Haftung gegenüber der Haftung

des unredlichen Besitzers ergiebt sich daraus, daß der deliktmäßige Besitzer für den Schaden haftet, welcher daraus entstanden ist, daß die Sache durch seine Handlung aus dem Besitze des Eigenthümers gekommen ist, der Eigen­ thümer die Sache also entbehrt hat, während der unredliche Besitzer für diesen Schaden nicht hastet, weil seine Handlungsweise auf die dem Besitze des Eigenthümers schon entzogene Sache sich bezieht. Inhalt m Der deliktmäßige Besitzer braucht nicht unredlicher Besitzer zu sein. Die Anspruches. Hastung des unredlichen Besitzers geht in Ansehung der Erstattung der Nutzungen, wie S. 403 Nr. 7, S. 405 Nr. 10 erwähnt, unter Umständen über die Haftung des deliktmäßigen Besitzers hinaus und ist in § 931 Abs. 2 auf

Haftung aus Delikt.

Gegenansprüche wegen Verwendungen. §§ 935, 936.

411

denjenigen, welcher den Besitz durch eine strafbare Handlung sich verschafft hat, ausgedehnt, auch wenn die Handlung nur auf Fahrlässigkeit beruht. Auch bei der vorsätzlichen unerlaubten Handlung, durch welche Jemand den Besitz sich verschafft, braucht der Vorsatz nicht mit NothweMgkeit gegen das fremde Eigenthum sich zu richten und die Unredlichkeit in sich zu schließen, z. B. im Falle der eigenmächtigen Besitzentziehung. In einem solchen Falle entscheidet das hinzutrctende Moment der Strafbarkeit, ob die erweiterte Haftung, sowohl nach § 935 als nach § 931, stattfinde.

Gegenansprüche wegen Verwendungen.

§ 936. 1. Unter Verwendungen auf die Sache sind solche Geschäfte zu verstehen, deren wirthschaftlicher Erfolg dem dinglich Berechtigten in irgend einer Weise zu Gute kommt. Eine Definition der Verwendung auf die Sache wird im Entwürfe weder hier noch in § 740 Abs. 3 gegeben, da der Sinn des Aus­ druckes auch ohne Begriffsbestimmung in der Rechtsanwendung nicht verkannt werden wird (vergl. oben S. 31). Die Verbindung eigener Sachen mit der fremden Sache wird als Verwendung dann nicht zu gellen haben, wenn die verbundenen Sachen wesentliche Bestandtheile der Hauptsache nicht geworden, und ebensowenig, wenn sie nur zum Zubehöre der fremden Sache gemacht sind, weil das Recht des Verwendenden an solchen Sachen beharrt und das Ver­ mögen des Eigenthümers nicht vermehrt wird.

»«griff

2. In Ansehung der rechtlichen Folgen einer von dem Besitzer auf die »«»»4 Rechtsfolgt. Besondere Gründe, bei den Grunddienstbarkeiten von dem Ergebniffe 9ef*ä,t

dieser allgemeinen Grundsätze abzuweichen, liegen nicht vor. Wenn auch nach röm. Rechte eine Servitut in der Weise theilweise auf­ gehoben werden konnte, daß für das dienende Grundstück eine Dienstbarkeit entgegengesetzten Inhaltes bestellt wurde, so war doch für den Entwurf keine Veranlaffung gegeben, ein so komplizirtes Rechtsgeschäft zuzulaffen, da man im Wege der unmittelbaren partiellen Aufhebung praktisch im Wesentlichen zu demselben Resultate gelangt.

8 978. Da der Servitutberechtigte vermöge seines Rechtes weder in den Besitz Sch», b« noch in die Jnhabung des belasteten Grundstückes gelangt, so entspricht die Beeinträchtigung seines Rechtes der Beeinträchtigung des Eigenthumes in der in § 943 gedachten Weise und die Vorschriften über den negatorischen Eigenthums­ anspruch sind deshalb zur analogen Anwendung geeignet, wenn ein Grund­

dienstbarkeitsberechtigter eine Beeinträchtigung seines Rechtes erfahren hat.

Poffefforischer Schutz. 8 979. 1. Nach den Vorbemerkungen zu diesem Abschnitte unter Nr. 4 ist das i. B-dürfmß. Institut des Rechtsbesitzes auch in seiner Beschränkung auf Dienstbarkeiten von dem Entwürfe abgelehnt und nur die Frage nach dem Bedürfniffe eines quasipoffefforischen Schutzes bei den Grunddienstbarkeiten und bei den be­ schränkten persönlichen Dienstbarkeiten offen gelaffen. Ist ein solches Bedürfniß anzuerkennen, so ist der Entwurf darauf angewiesen, seinen eigenen und selb­ ständigen Weg zu gehen, da er in den Ausgangspunkten — Ablehnung des Rechtsbesitzes, besondere Gestaltung des Besitzschutzes, Grundbucheinrichtung — sich von dem gemeinen Rechte und den neueren Gesetzgebungen wesentlich unterscheidet. Dafür, daß ein Bedürfniß des quasipoffefforischen Schutzes vorliege, spricht die gleichmäßige Gewährung desselben im geltenden Rechte und die Erwägung, daß sonst bei allen Konflikten des Servitutberechtigten mit anderen Personen die Ausübung der Grunddienstbarkeit Unterbrechungen zu erleiden haben und daß der wirthschaftliche Werth der Grunddienstbarkeiten durch diese

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Grunddienstbarkeiten.

Gefahr gemindert werden würde. Die einstweiligen Verfügungen der C. P. O. (88 814—822) machen einen besonderen possessorischen Rechtsschutz nicht ent­ behrlich. Die C. P. O. ermächtigt den Richter nur zum Erlasse einer einst­ weiligen Verfügung, läßt aber das Ermessen des Richters walten und würde mithin den in der Ausübung einer Grunddienstbarkeit Gestörten oder Ge­ hinderten in denjenigen Fällen schutzlos lassen, in welchen der Richter die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ablehnt. Ferner macht der Schutz, den die einstweilige Verfügung durch die mit ihr verbundene Strafandrohung gewährt, den in dem Selbstvertheidigungsrechte liegenden Besitzschutz nicht für alle Fälle entbehrlich. Auch das unter Umständen dem Servitut­ berechtigten nach 8 189 zustehende Selbsthülferecht genügt nicht, da, wenn auch ein solches Recht begründet ist, der Servitutberechtigte doch in zahlreichen Fällen nicht im Stande sein wird, die ihm entgegentretende Gewalt zu überwinden, und des richterlichen Schutzes mithin nicht entrathen kann. 2. Bei der Bestimmung der Voraussetzungen des posiesiorischen Schutzes des Schutzes, geht der Entwurf davon aus, daß die Analogie zwischen der Sachinhabung und dem Zustande der Ausübung der Grunddienstbarkeit zu benutzen ist. Man wird einen thatsächlichen Zustand zur Voraussetzung zu machen haben, welcher der Sachinhabung, ungeachtet der obwaltenden Verschiedenheiten, einigermaßen entspricht und auf welchen die Vorschriften über den Sachinhabungsschutz ohne besondere Schwierigkeiten entsprechende Anwendung finden können. Das Analogon der Sachinhabung ist bei den Grunddienstbarkeiten der Zustand der Ausübung bezw. der Zustand der thatsächlichen Geltung der Prädialservitut, welcher in der nicht auf Widerstand stoßenden Bethätigung der Dienstbarkeit seitens des Be­ rechtigten zu Tage tritt. Die Verschiedenheit zwischen der Sachinhabung und dem Ausübungszustande besteht darin, daß erstere die an sich totale thatsäch­ liche Gewalt über das Grundstück in sich schließt und einen dauernden that­ sächlichen Zustand hervorrust, während die Servitutausübung, indem sie sich je nach dem besonderen Inhalte der Servitut verschieden gestaltet und in partiellen und bei den servitutes discontinuae zeitlich unterbrochenen Benutzungs­ handlungen hervortritt, einen ähnlichen dauernden Zustand im Allgemeinen nicht zur Folge hat. Die Servitutübung kann möglicher Weise in einer auf das Nachbargebiet hinüberreichenden Sachinhabung, projectum sive immissum habere, bestehen; sie kann sich auch als Theilinhabung (8 816) gestalten. Einer Abgrenzung in dieser Beziehung und einer Ausscheidung der fraglichen Fälle von den hier zu gebenden Vorschriften über den quasipoffessorischen Schutz be­ darf es nicht, da in jenen Fällen der quasipossessorische Schutz höchstens entbehrlich wird, weil die Bestimmungen über den Besitzschutz unmittelbar An­ wendung finden und in dieser unmittelbaren Anwendung zu einer gleichen Be­ handlung des Berechtigten führen, wie bei ihrer analogen Anwendung. Die Schwierigkeit der Regelung des quasipossessorischen Schutzes liegt in der hervorgehobenen verschiedenen Gestaltung des Ausübungszustandes. Von der Aufstellung besonderer Erfordernisse in Ansehung dieses Zustandes je nach den verschiedenen Arten der Dienstbarkeiten wird man absehen müssen. Die Auf­ stellung besonderer Wasser-, Wege- rc. Interdikte würde zu einer dem immerhin beschränkten Zwecke des possessorischen Schutzes nicht entsprechenden Ueberlastung

Possessorischer Schutz. § 979.

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Les Gesetzes führen. Eine solche spezielle Regelung wird insbesondere auch Lurch das nachstehend erörterte Erforderniß, daß die possessorisch zu schützende Grunddienstbarkeit in dem Grundbuche eingetragen sein muß, entbehrlich gemacht. Der Entwurf stellt folgende einfache und einheitliche Voraussetzungen Les quasipoflefforischen Schutzes fest: a) Die possessorisch zu schützende Servitut muß in dem Grundbuche ein- a) Eintragung getragen sein. Man würde mit dem von dem Entwürfe angenommenen $ien^atlelti Eintragungsprinzipe nicht in dem erforderlichen Einklänge bleiben, wenn man einen quasipossessorischen Schutz im Widerspruche mit dem Grundbuche zulassen

wollte. Bei dem Schutze der Sachinhabung liegt die Sache anders; denn dort wird von dem Inhaber, welcher Schutz verlangt, ein Recht an der Sache nicht behauptet; es ist mithin die Möglichkeit des Widerspruches einer solchen Behauptung mit dem Inhalte des Grundbuches ausgeschlossen. Sollte die Servitut zur Ungebühr gelöscht sein, so ist der quasipossessorische Schutz aus­ geschlossen, mag auch die fortdauernde Ausübung noch so deutlich, insbesondere in der Forthaltung von Anlagen, hervortreten. Ein Bedürfniß, für derartige seltene Fälle die Voraussetzungen des possessorischen Schutzes zu ermäßigen, liegt nicht vor. b) Derjenige, welcher quasipossessorischen Schutz verlangt, muß Inhaber t) Jnhabung des herrschenden Grundstückes sein. Daß das Jnhaberverhältniß genügt, liegt h^chend-n in der Konsequenz des Schutzes, auf welchen der Inhaber des Grundstückes Grundstücke»! Anspruch hat, wenn er der Jnhabung desselben entsetzt oder in der Jnhabung

gestört wird. c) Die Servitut muß innerhalb eines Jahres vor der verletzenden-Mrübung«. Handlung, gegen welche Schutz gesucht wird, wenn auch nur einmal, aus- iuflonbi geübt worden sein. Da das Grundbuch die Existenz der Dienstbarkeit ergiebt, so wird es entbehrlich, eine Mehrheit von Ausübungshandlungen zu fordern, um festzustellen, daß es sich um eine beabsichtigte Rechtsausübung handelt. Es würde indessen zu einer Ueberspannung des quasipoffefforischen Schutzes führen, wenn man der durch einmalige Ausübung erworbenen quasi-possessio eine zeitlich unbegrenzte Dauer zuschreiben wollte. Der Entwurf bestimmt deshalb eine feste zeitliche Grenze. Die analoge Anwendung der Vorschriften über den Verlust des Besitzes und der Jnhabung würde in der Praxis zu einer un­ sicheren und schwankenden Handhabung der vorliegenden Vorschriften führen. Durch die zeitliche Begrenzung auf Jahresftist soll indessen die Jahresdauer der erworbenen quasi-possessio nicht für alle Fälle bejaht werden. Die Auf­ nahme besonderer Bestimmungen, wie die erworbene quasi-possessio noch vor Jahresfrist endige, wird indessen nicht erforderlich sein, da auch ohne solche Bestimmung, insbesondere bei analoger Anwendung der Vorschriften über Ent­ ziehung und Aufgebung des Besitzes, eine richtige Entscheidung leicht zu finden fein wird. Möglich bleibt, daß in gewissen Fällen der quasipossessorische Schutz um deswillen versagt, weil nach dem besonderen Inhalte der Servitut deren Ausübung in längeren Zwischenräumen als einem Jahre erfolgt. Die Berück­ sichtigung derartiger seltener Fälle würde indessen über das ersichtliche praktische Interesse, welches bei diesem positiven und immerhin etwas anomalen Institute maßgebend bleiben muß, hinausführen.

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Dienstbarkeiten.

Da der quasipossessorische Schutz an die Voraussetzung des Ausübungs­ zustandes geknüpft wird, so richtet sich das Maß desselben nach dem Maße der Ausübung, nur daß das Maß des Schutzes wegen des konkurrirenden Er­ fordernisses der Eintragung mit dem Inhalte des Grundbuches nicht in Wider­ spruch treten kann, also innerhalb des aus der Eintragung sich ergebenden Maßes bleiben muß. d, Hinderung d) Der Inhaber des herrschenden Grundstückes muß in der Ausübung oberetbrung. Servitut gehindert oder gestört sein. Im Anschlüsse an die Vorschriften

über den Schutz der Sachinhabung wird auch hier die gänzliche und theilweise Verletzung zu unterscheiden sein. s- Inhalt des 3. Der Inhalt der Rechtsnorm geht dahin, daß die Vorschriften über Schutzes. ben Schutz der Sachinhabung (§§ 814—824, mit Ausschluß der §§ 816, 817)

Anwendung zu finden haben. Die ausgelassenen Paragraphen (§§ 816, 817) beziehen sich auf die Theilinhabung und auf die Mitinhabung. Des Falles der Theilinhabung ist bereits vorstehend unter 2. gedacht. Eine Mitinhabung des dienenden Grundstückes seitens des Inhabers des herrschenden und des Inhabers des dienenden Grund­ stückes findet nicht statt, wenngleich der beiderseitige Mitgebrauch einige Aehnlichkeit mit der Mitinhabung haben kann. Die Vorschriften über Erwerbung und Verlust des Besitzes sind im Ent­ würfe nicht allegirt, vielmehr deren analoge Heranziehung der Wissenschaft und Rechtsprechung überlassen. GewaltFür die Einräumung des Rechtes der Gewaltanwendung (§§ 814, 815) «nroenbung. stn &en qUasj.pOssessor ist entscheidend, daß derselbe ohne ein solches Recht niemals ohne Weiterungen zur Ausübung seiner Servitut gelangen könnte, da er alsdann einem jeden Verbote auch des zur Duldung verurtheilten und vielleicht mit Strafe bedrohten Inhabers des dienenden Grundstückes zu weichen hätte und auf die praktisch in den meisten Fällen unausführbare Zuziehung eines Gerichtsvollziehers (vergl. C. P. O. § 777) beschränkt bleiben würde. Gegen die Bedenken, welche erhoben werden können, fällt auch hier wesentlich ins Gewicht, daß es sich um den Schutz einer in das Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit handelt. Das Gewaltanwendungsrecht des quasi-possessor geht dem gleichen Rechte des Sachinhabers selbstverständlich vor und beseitigt das­ selbe im Verhältnisse zwischen diesen Personen. Ob man das Gewaltanwendungs­ recht des quasi-possessor als Nothwehr oder ob man dasselbe als erlaubte Selbsthülfe anzusehen hat, ist eine mehr theoretische Frage. Gegen die analoge Anwendbarkeit der §§ 818—824 wird ein Bedenken nicht erhoben werden können. Die Durchführung der Analogie im Einzelnen kann der Doktrin und der Praxis überlassen bleiben.

Nießbrauch an Sachen.

Begriff und Inhalt des Nießbrauches. § 980.

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Zweiter Titel. Nießbrauch. I. Rietzbrauch an Sache«.

§ 980. 1. In dem ersten Absätze des § 980 ist eine Definition des Nießbrauches »«griff»»» als dinglichen Rechtes enthalten, indem als Ziel dieses Rechtes die Ziehung 3n6alt‘

aller Nutzungen der Sache (§ 793) bezeichnet wird. Damit ist allerdings der Inhalt des Sachnießbrauches nur im Allgemeinen bezeichnet. Offen bleibt insbesondere die Frage, wie der Nießbraucher zu jenem Ziele seines Rechtes gelangt und welche Handlungen er behufs Erreichung desselben an der Sache oorzunehmen berechtigt ist. Die Bestimmung der Einzelheiten über die Ver­ wirklichung des Rechtes und über die hierbei dem Nießbraucher zu setzenden dinglichen und obligatorischen Schranken wird den folgenden Paragraphen überlaffen. Zu beachten bleibt, daß der Eigenthumserwerb an den unter den Frucht­ begriff (§ 792) fallenden Sachen in § 899 und der Begriff der Nutzungen in § 793 festgestellt ist und daß die Vorschriften des § 794 die Vertheilung der Früchte zwischen einem antretenden und einem abtretenden Genußberechtigten regeln, jedoch nur im Verhältnisie zwischen diesen Personen und ohne jede dingliche Wirkung. 2. Für den Nießbrauch ist, im Vergleiche mit den Grunddienstbarkeiten Beschränkung und den beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten, karakteristisch, daß das Rechtbe6 3n6alteä' des Nießbrauchers auf Ziehung der Nutzungen ein ausschließliches ist. Bei der Begründung des Nießbrauches muß der Wille des Bestellers darauf ge­ richtet sein, das Recht auf die Gesammtheit der Sachnutzungen und nicht etwa einzelne positiv ihrem Inhalte nach bestimmte Gebrauchs- oder Fruchtziehungs­ rechte zuzuwenden. Mit der ausschließenden Natur des Nießbrauches ist es indessen wohl vereinbar, daß in dem Begründungsvertrage das Recht des Nießbrauchers in einzelnen Punkten verneint und beschränkt wird. Die Vor­ schrift des zweiten Absatzes soll ausdrücken, daß der beschränkte Nießbrauch immer noch Nießbrauch bleibt und von den partiellen, durch den Begründungs­ vertrag ihrem Inhalte nach positiv bestimmten Benutzungsrechten wesentlich sich unterscheidet.

3. Die Vorschriften dieses Titels beziehen sich in erster Linie auf den Gesetzlicher durch Rechtsgeschäft begründeten Nießbrauch. Bei dem gesetzlichen Nießbrauche 5me6brau* kommt es auf das denselben bestimmende Gesetz an, inwieweit zur Vervoll­ ständigung desselben die Vorschriften über den-rechtsgeschäftlich begründeten Nießbrauch Anwendung zu finden haben. Die Vorschriften über Nießbrauch sind für anwendbar erklärt auf die dem Ehemanne an dem Ehegute zustehende Nutznießung (§ 1292) und auf die elterliche Nutznießung (§ 1520), für analog anwendbar auf das Rechtsverhältniß des Vorerben gegenüber dem Nacherben (§ 1815). Da die Vorerbschaft nur ein einzelner Fall der interimistischen mit Eintritt eines Zeitpunktes oder eines Ereignisses von Rechtswegen endigenden

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Nießbrauch an Sachen.

Quotennießbrauch.

§ 981.

Berechtigung ist, so liegt eine Verallgemeinerung der letztgedachten analogen Anwendbarkeit der Vorschriften über Nießbrauch nahe, insbesondere auf be­ dingte und betagte Rechte, bei denen das gegenseitige Rechtsverhältniß der Betheiligten während der Zwischenzeit in den §§ 130, 133, 134 des Abschnittes über Bedingungen und Befristungen eine ins Einzelne geh ende Regelung nicht erhalten konnte.

8 981. M-ßbrauch i. Daß ein Miteigenthümer an seinem Antheile Nießbrauch bestellen Bruchtheile kann, ergiebt sich aus § 948. Die Vorschrift des § 981 redet allgemein von der Sache. jjer Zulässigkeit der Begründung des Nießbrauches an einem Bruchtheile der Sache. Es ist also nicht nöthig, daß die Sache int Miteigenthume stehe, sondern auch der Meineigenthümer kann die Begründung des Nießbrauches auf einen Bruchtheil der Sache oder der Miteigenthümer auf einen Bruchtheil seines Bruchtheiles beschränken. Das Resultat, daß der Nießbrauch nur an dem Bruchtheile einer im Alleineigenthume stehenden Sache besteht, sei es in Konkurrenz mit anderen Nießbrauchsberechtigten oder ohne eine solche Kon­ kurrenz, kann auf verschiedene Weise eintreten, auch wenn ursprünglich der Nießbrauch von einzelnen Miteigenthümern an ihren Antheilen bestellt war. Dieses Resultat ist nicht zu vermeiden, aber auch nicht mit so erheblichen Nachtheilen und Verwickelungen verknüpft, daß die Gesetzgebung ihm vor­ zubeugen hätte. Es liegt deshalb kein genügender Grund vor, positiv zu bestimmen, daß der Meineigenthümer an einem Bruchtheile der Sache Nieß­ brauch rechtsgeschäftlich nicht bestellen könne. Insbesondere ist ein solcher Grund nicht in Schwierigkeiten zu finden, welche bei der Grundbuchführung oder der Zwangsversteigerung sich ergeben könnten. Im Gegentheile würde eine solche Vorschrift leicht Härten nach sich ziehen, z. B. wenn einem Erben durch Legat die Begründung des Nießbrauches an dem Bruchtheile einer Erbschafts­ sache auferlegt wäre und einer solchen Auflage die Wirksamkeit abgesprochen

werden müßte. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Neuschaffung von Quoten von ©eiten des Alleineigenthümers behufs deren Belastung bei dem Schweigen des Gesetzes für zulässig zu halten wäre, der Vorschrift des § 981 mithin lediglich erläuternde Natur zukäme. Bei den Gebrauchsrechten — Erbbaurecht, Grunddienstbarkeiten und beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten — kann ein Bruchtheil nicht Gebrauchsgegenstand sein (§ 961 Abs. 2, §§ 968, 1045). Bei dem Vorkaufsrechte, der Hypothek und der Grundschuld ist die Neuschaffung von Quoten seitens des Alleinberechtigten behufs deren Belastung ausgeschloffen (88 953, 1063, 1136).

Natur bes 2. Die Stellung der Vorschrift ergiebt, daß der Entwurf den Quoten«t^b°Mch«s. Nießbrauch als Sachnießbrauch behandelt. Man könnte zweifeln, ob der

Quotennießbrauch der Kategorie des Sachnießbrauches oder der Kategorie des Rechtsnießbrauches zu unterstellen sei. Wenn ein Meineigenthümer an einem Bruchtheile der Sache den Nießbrauch bestellt, so wird man die Sache als belastet anzusehen haben, da es an einer zu belastenden Quote fehlt. Man

Eintragung.

Begründung d. N. an bewegt. -Lachen.

§§ 982, 983.

495

wird aber auch in gleicher Weise den Nießbrauch an der Quote eines Miteigenthümers als Sachnießbrauch anzusehen haben; denn der Gegenstand des Nießbrauches ist in Ansehung seines juristischen Wesens hier kein anderer als dort. Hieraus ergiebt sich von selbst die Anwendbarkeit der für den Nießbrauch an Sachen geltenden Vorschriften mit den Einschränkungen, welche dadurch bedingt sind, daß nur ein Bruchtheil der Sache oder ein Antheil an derselben den Gegenstand des Rechtes bildet. Dies braucht aber um so weniger im Gesetze ausgedrückt zu werden, als der bezeichnete Zweifel überhaupt kaum von prak­ tischem Einflusie sein könnte, da nach § 1021 Abs. 2 die Vorschriften über ben Sachnießbrauch auf den Rechtsnießbrauch entsprechende Anwendung zu finden haben.

8 982. Die Vorschrift des § 982 beruht auf denselben Gründen praktischer Zweckmäßigkeit, wie die gleichlautende Vorschrift des § 969.

att ber mtra9Un

Begründung des Nießbrauches an einer beweglichen Sache.

8 983. 1. Wenn auch bei der Begründung des Nießbrauches an einer beweg- Ers-rd-rniß lichen Sache durch Rechtsgeschäft das Erforderniß der Uebergabe im gemeinen " °eram, richtet sich, da es sich um ein verletztes obligatorisches Recht handelt, immer nur gegen den Gläubiger und berührt den Nießbraucher nur mittelbar vermöge der Veränderung des dem Nießbrauche unterliegenden Forderungsrechtes. Man kann nicht annehmen, daß das Gläubigerrecht gleichsam gespalten sei, und man kann deshalb auch nicht dem Nießbraucher eigene Ansprüche auf Schadensersatz zusprechen. Das Einziehungsrecht des Nießbrauchers giebt dem­ selben zwar eine gegenüber dritten Personen wirksame Rechtsstellung, aber nicht ein dem Sachnießbrauche zu vergleichendes absolutes Recht, desien Be­ einträchtigung durch einen Dritten ein dem Nießbraucher gegenüber begangenes Delikt ist. Bei Beschädigung der dienenden Sache durch einen Dritten würde Die Surrogation der dem Eigenthümer erwachsenden Schadensersatzforderung an Stelle der untergegangenen Sache mit Ausschluß einer besonderen Schadensersatzliquidation des Nießbrauchers eine positive Besonderheit sein, welche der Entwurf abgelehnt hat (vergl. Bemerkungen zu § 996 Nr. 2). 35*

548

N. an Rechten. N. an Forderungen auf Leistung verbrauchb. Sachen. § 1030.

Daß der Anspruch des Gläubigers auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der dem Nießbrauche unterliegenden Forderung an Stelle der nicht erfüllbaren Forderung dem Nießbrauche unterliegt, ist dagegen nur eine Konsequenz daraus, daß die Schadensforderung materiell identisch ist mit der unerfüllbar gewordenen Forderung und dem Gläubiger den Leistungsgegenstand nur in einer anderen Gestalt, aber vermöge desselben Schuldgrundes verschafft. Die Aufnahme einer besonderen Bestimmung, welche diese unschwer aus den allgemeinen Grundsätzen abzuleitende Konsequenz klarstellt, erscheint nicht er­ forderlich.

Nießbrauch an einer Forderung

auf Leistung verbrauchbarer

Sachen. §

1030.

Steigerung Die gemeinrechtliche Doktrin ist geneigt, die Rechte des Nießbrauchers be» me£ an der dem Nießbrauche unterliegenden Forderung, von welcher die Rechte am brauchet,.

Anspruch aus

Abtretung.

Leistungsgegenstande (§ 1029) wohl zu unterscheiden sind, zu steigern, wenn der Gegenstand der Forderung in verbrauchbaren Sachen besteht. Für eine solche Steigerung spricht der Umstand, daß eine Entwickelung des Einziehungs­ rechtes des Nießbrauchers zur wirklichen Gläubigerschaft im Jntereffe des Nießbrauchers liegt, weil derselbe alsdann die Forderung im Wege der Ver­ äußerung realisiren kann, und daß eine solche freiere Stellung des Nieß­ brauchers das Jntereffe des Gläubigers nicht beeinträchtigt, da dieser an dem Leistungsgegenstande nicht, wie bei Forderungen auf Leistung nicht verbrauch­ barer Sachen, ein dingliches Recht behält, vielmehr auf persönliche Ansprüche gegen den Nießbraucher beschränkt ist.

Die Steigerung des Einziehungsrechtes zur vollen Gläubigerschaft darf man nicht vor der Fälligkeit der Forderung eintreten laffen, weil sonst mög­ licher Weise dem Nießbraucher Vortheile zufielen, welche ihm nicht gebühren, z. B. wenn er vor der Fälligkeit stirbt. Das Recht des Nießbrauchers, durch Kündigung die Fälligkeit herbeizuführen, bleibt unberührt. Man darf ferner die Steigerung nicht von Rechtswegen mit der Fälligkeit eintreten laffen und einen Legalübergang annehmen, weil einerseits es nicht wohl angeht, das Recht des Gläubigers ohne deffen Mitwirkung zu mindern, andererseits es von dem Nießbraucher abhängen muß, ob er die mit dem Uebergange der Forderung verbundene Gefahr auf sich nehmen wolle. Der Entwurf giebt deshalb dem Nießbraucher einen Anspruch auf Abtretung, welcher indeffen, Nießbraucher bereits in einem dinglichen Rechtsverhältniffe zu der Forderung steht, nicht lediglich obligatorischer Natur ist. Mit dem Ueber­ gange der Forderung auf den Nießbraucher muß auch die Gefahr des Ein­ gehens dieser Forderung übergehen und der Nießbraucher in demselben Maße rückgewährpflichtig werden, als wenn er die verbrauchbaren Sachen geleistet erhalten hätte. Die besondere Bestimmung einer Kautionspflicht wird durch die Steigerung der Rechte des Nießbrauchers nicht gerechtfertigt, da die voell Verfügungsbefugniß des Nießbrauchers nur etwas verfrüht wird.

Nießbrauch an Forderungen gegen den Nießbraucher.

§ 1031.

549

Nießbrauch an einer gegen den Nießbraucher bestehenden Forderung.

8 1031. Das sächs. G. BF) bestimmt im Anschluffe an das gemeine Recht, daß, Stiftung «n wenn der Nießbraucher selbst Schuldner der dem Nießbrauche unterliegenden M |elbft

Forderung ist, vor Erlöschen des Nießbrauches die Forderung weder gekündigt noch eingeklagt werden kann. Das den Vorschriften des Entwurfes über den Forderungsnießbrauch zu Grunde liegende Prinzip führt zu einem etwas abweichenden Resultate. Dem zufälligen Umstande, daß der Nießbraucher selbst Schuldner ist, darf irgend ein materieller Einfluß auf die Rechte des einen oder des anderen Theiles nicht beigemefsen werden. Es kann sich also nur um die Aufnahme einer erläuternden Vorschrift handeln, welche die Gestaltung des Rechtsverhältnisies im Falle der Schuldnerschast des Nießbrauchers klarstellt. Geht die Schuld auf Leistung nicht verbrauchbarer Sachen oder sonstig-r Gegenstände, so bleibt erstens die Verpflichtung des Nießbrauchers zur Ein­ ziehung, d. h. zur Leistung an sich selbst (vergl. § 805 Abs. 2, Tradition an sich selbst), bestehen, vorbehaltlich der Verpflichtung des Gläubigers zur Mitwirkung im Falle des § 1029 Abs. 2. Zweitens nimmt das dem Gläubiger int Falle des Forderungsnießbrauches nicht abgesprochene Recht, vom Schuldner zu verlangen, daß derselbe an den Nießbraucher leiste, die Gestalt an, daß der Gläubiger von dem Schuldner die Vornahme eines solchen Erfüllungsgeschäftes zu fordern berechtigt ist, welches dem Gläubiger das demselben gebührende Recht deducto usufructu verschafft ; gerade diese Befugniß des Gläubigers darf nicht im Dunkelen gelaßen werden. Sie behält ihre Bedeutung, auch wenn verbrauchbare Sachen Gegenstand gorberung des Nießbrauches sind. Die Leistung an sich selbst nimmt zwar die eigenthümliche verbrauchGestaltung an, daß der Schuldner und Eigenthümer sich selbst Eigenthum ver-6er“ ®a4enschaffen soll, und hieran kann allerdings dem Gläubiger nicht gelegen sein. Wohl aber hat die Bewirkung der Leistung den Effekt, daß die ursprüngliche Ver­ bindlichkeit in die legale Rückgewährverbindlichkeit umgewandelt wird; diese Um­ wandelung kann wegen der zwischen beiden Obligationen bestehenden Unterschiede in Ansehung der Kautionspflicht, der Verjährung re. von Jntereffe sein. Man darf deshalb nicht als einzige rechtliche Folge des Nießbrauches an einer Forderung auf Leistung verbrauchbarer Sachen, bei welcher der Nießbraucher Schuldner der Forderung ist, die Gewährung einer Frist annehmen, vielmehr hat das Recht des Gläubigers, die Bewirkung der Leistung zu fordern, auch hier An­ wendung zu finden. Die Leistung soll den Anspruch des Gläubigers auf Eigenthumsübertragung und den Anspruch des Schuldners auf Ueberlaffung des Eigenthumes an den verbrauchbaren Sachen erfüllen, läßt also den ding­ lichen Rechtsbestand, ähnlich wie die Kompensation, auf beiden Seiten unberührt und wird michin auch, die Fälligkeit der dem Nießbrauche unterliegenden

*) § 626; vergl. bayr. Entw. Hl Art. 261, Hess. Entw. IV, 2 Art. 24.

550

Nießbrauch an Rechten.

Forderung vorausgesetzt, durch einfache Erklärung von der einen oder von der anderen Seite wirksam vorgenommen werden können. Durch Abgabe solcher Erklärungen gegenüber dem anderen Theile kann ein jeder Theil sich die mit der Umwandelung der Obligation für ihn verbundenen Vortheile verschaffen. Für den Nießbraucher kann ein solcher Vortheil insbesondere in der Liberirung der für die ursprüngliche Obligation bestehenden Sicherheiten liegen.

§ 1032. Bereinigung.

Man sonn vielleicht schon aus der dinglichen Natur des Nießbrauches an Forderungen die Konsequenz ableiten, daß die eintretende Vereinigung von Forderung und Verbindlichkeit zwar nicht überhaupt wirkungslos ist, aber doch dem Rechte des Nießbrauchers keinen Abbruch thun kann. Da indesien eine zu Gunsten des Nießbrauchers anzunehmende in gewißer Weise relative Fort­ dauer des aufgehobenen Rechtes, welche der Entwurf bei der rechtsgeschäftlichen Aufhebung des dem Nießbrauche unterliegenden Rechtes ablehnt, leicht bezweifelt und der Untergang des Nießbrauches mit dem Untergange seines Gegenstandes angenommen werden könnte, so empfiehlt sich die Aufnahme einer jeden Zweifel beseitigenden Vorschrift. Der Fall der Konfusion des § 1032 ist wohl zu unterscheiden von dem Falle der Konfusion, wenn Nießbrauch und Eigenthum oder der Nießbrauch und das demselben unterliegende Recht in derselben Person sich vereinigen; die Vorschriften der §§ 835, 1016 Abs. 1 werden für einen solchen Konfusions­ fall auch bei dem Nießbrauche an Rechten zur entsprechenden Anwendung gelangen. Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden Forderung.

88 1033,1034. Bornur1. In bett §§ 1033,1034 werden die regelmäßigen Rechte des Forderungs­ schot der" Nießbrauchers beschränkt, wenn eine auf Zinsen ausstehende Forderung Gegen-

Forderung.

des Nießbrauches ist.

Die bloße Bezeichnung der Forderungen als

Kapitalien 0 oder Kapitalforderungen kennzeichnet dieselben nicht mit hin­ reichender Deutlichkeit. Man hat das Merkmal so zu wählen, daß dasselbe auf Forderungen hinweist, welche ein dauerndes fruchttragendes Vermögensstück bilden und nicht etwa blos ein Mittel zur Erlangung der weiter nutzbar zu machenden Leistung abgeben sollen. Das Merkmal wird am häufigsten zu­ treffen bei denjenigen Forderungen, durch welche rechtsgeschäftlich die Verbind­ lichkeit zur Zinsenzahlung vereinbart ist; thatsächlich werden nur Geldforderungen in Betracht kommen, wenn auch nach § 217 der Begriff der Zinsen nicht auf Geldzinsen beschränkt ist. Möglich bleibt nach dem gewählten Ausdrucke, daß

die Forderung nicht lediglich auf Geld geht, sondern auch in anderen vertret­ baren Sachen, z. B. in Werthpapieren, rückzahlbar ist. Ein Ausstehen auf Zinsen wird man aber auch in den Fällen einer auf Gesetz beruhenden 93er«

!) Preuß. A. LR. I, 21 tz 101.

Vereinigung. Nießbrauch an verzins!. Forderungen. § 1032, §§ 1033,1034.

551

Kindlichkeit annehmen können, z. B. bei rückständigen Kaufgeldern (§ 467) oder bei kraft Gesetzes verzinslichen Ablösungskapitalien; dagegen wird man nicht die Forderung, in Ansehung deren der Schuldner im Verzüge ist, als eine auf Zinsen ausstehende bezeichnen können. Das Erforderniß der Kündbarkeit ist nicht aufzustellen, da auch Forde­ rungen, welche unkündbar oder an einem festen, erst nach geraumer Zeit ein­ tretenden Zahlungstermine zu erfüllen sind, wenn Verzinslichkeit ausbedungen,

im Gesetze zur Erlangung einer einfachen und festen, für die bei weitem meisten Fälle paßenden Regel derselben Behandlung unterliegen müßen, wie Forde­ rungen, bei denen die Zeit der Erfüllung von einer vorausgehenden Kündigung abhängig ist. Wenn auch die Bestimmungen der modernen Gesetzgebungen über den Nießbrauch an den auf Zinsen ausstehenden Forderungen spärlich sind, so tritt doch der Unterschied zwischen den Forderungen, welche nur ein Mittel zur Erlangung eines Nutzungsgegenstandes bilden, und den Forderungen, welche ein dauerndes fruchttragendes Vermögensstück zu bilden bestimmt sind, klar hervor i). Da die §§ 1033, 1034 nur dispositives Recht enthalten, so bleibt es Dir-ost«»« möglich, daß der Nießbraucher nach Vereinbarung der Parteien an der Vorschrift«.. Forderung weitere Rechte, insbesondere quasiusufruktuarische Rechte erhält, oder daß der Nießbraucher an der Hauptforderung überall keine Rechte erhalten und nur zum Zinsgenuffe berechtigt sein soll 2). Derartige Vereinbarungen sind nicht zu vermuthen und es bedarf, da sie die Ausnahme bilden, auch nicht der Aufnahme interpretativer oder dispositiver Vorschriften zu ihrer Aus­ gestaltung. Daß die Zinsansprüche zu den pro rata temporis anfallenden Früchten der Forderung gehören, ergiebt sich mit genügender Deutlichkeit aus § 792 Nr. 3, § 794 Abs. 1 Nr. 2. Möglich ist, daß die periodischen Leistungen, zu denen der Schuldner verpflichtet ist, neben den Zinsen auch Amortisationsquoten enthalten. Solchen­ falls tritt nur die Frage hinzu, ob die gestimmten Leistungen dem Nießbraucher gebühren; diese Frage ist unter Berücksichtigung des § 1027 im einzelnen Falle zu entscheiden. Ferner ist möglich, daß das Kapital mit einem Agio rückzahlbar ist. Wenn dieses Agio auch der Entgelt für eine niedrigere NormiP rung des Zinssatzes ist, so liegt hierin doch kein Grund, dasselbe dem Nieß­ braucher zuzusprechen. 2. Die Modifikationen der allgemeinen Vorschriften über den ForderungsNießbrauch, welche der Entwurf bestimmt, gehen dahin, daß dem Nießbraucher das Einziehungsrecht in Gemeinschaft mit dem Gläubiger beigelegt wird und daß die Umwandlung des dem Nießbrauchs unterliegenden Vermögensgegen­ standes in verbrauchbare Sachen, nämlich in das gezahlte Geld, nicht zur Anwendung der Vorschriften über den quasi-ususfructus führen, sondern eine Rückwandlung in eine verzinsliche Forderung stattfinden soll.

1) Preuß. A. L. R. I, 21 §§ 101—110; öftere. G. B. § 510; zür. G. B. §731.

2) Sachs. G. B. § 627.

552 bezüglich

Meßbrauch an Rechten.

a) Das regelmäßige Einziehungsrecht des Nießbrauchers hat eine aktive Der Nießbraucher kann kündigen und Leistung verlangen, und andererseits kann ihm gekündigt und an ihn geleistet werdenDer Gläubiger kann von dem Nießbraucher nur fordern, daß derselbe pflicht­ mäßig verfahre (§ 1004), und von dem Schuldner verlangen, daß dieser an jenen leiste. Der Entwurf vergemeinschaftlicht die aktive und die passive Seite des Einziehungsrechtes des Nießbrauchers und zwar mit dinglicher Wirkung, so daß die Vergemeinsamung gegenüber allen dritten Personen, also insbesondere gegenüber dem Schuldner wirkt. Die Vergemeinsamung des aktiven Kündigungsrechtes führt dazu, daß nur von beiden Theilen gemeinschaftlich gekündigt werden kann, ein Modus, welcher praktisch von der Kündigung des einen Theiles mit Einwilligung des anderen Theiles kaum abweicht, da die Einwilligung in die Kündigung, wenn sie gegenüber dem Schuldner erklärt wird, von einer Theilnahme an der Kündigung nicht wohl zu unterscheiden ist. Neben der Kündigung können noch andere einseitige Erklärungen vorkommen, durch deren Abgabe das Schuld­ verhältniß geändert wird; doch wird es genügen, wenn in § 1033 Abs. 1 nur der Kündigung als einer solchen Verfügung gedacht wird, welche wirksam nur von dem Gläubiger und dem Nießbraucher gemeinschaftlich vorgenommen werden kann. Jnbesondere könnte noch das Recht der Mahnung in Betracht kommen; dasselbe wird jedoch kaum praktisch werden, da regelmäßig eine Bestimmung der Leistungszeit nach dem Kalender vorliegen wird. In dem Falle der mehrfachen Gläubigerschast bei Untheilbarkeit der Leistung (§ 339) ist der Entwurf davon ausgegangen, daß dem einzelnen Gläubiger das Recht der wirksamen Mahnung nicht versagt werden kann, weil es einen nothwendigen Theil des Einforderungsrechtes bildet, daß aber in der Mahnung mit den Folgen des Verzuges auch für die übrigen Gläubiger eine Art von Verfügung über die Obligation gefunden werden muß, welche dem einzelnen Gläubiger ebensowenig zugestanden werden kann, wie das Recht der Kündigung. Ob diese Grundsätze zur analogen Anwendung auch im vorliegenden Falle zu gelangen haben, kann der weiteren Entscheidung in Doktrin und Praxis überlasien bleiben. In Ansehung der Verfügungen über die Forderung, welche nicht zum Zwecke der Einziehung erforderlich und deshalb nicht mit der Kündigung gleich zu behandeln sind, beläßt es der Entwurf bei der Regel des 8 1024, daß der Gläubiger zwar der Verfügungsberechtigte, aber, wenn seine Verfügung zum Nachtheile des Nießbrauchers gereichen würde, in seinem Verfügungsrechte beschränkt ist. Die Vergemeinsamung der passiven Seite des Einziehungsrechtes führt dahin, daß der Schuldner nur an den Gläubiger und den Nießbraucher ge­ meinschaftlich leisten kann und daß die Kündigung sowohl dem einen, als auch dem anderen Theile gegenüber erklärt fein muß (§ 1033 Abs. 2 und 4). Da von dem Schuldner nur eine solche Art der Leistung verlangt werden kann, welche denselben befreit, so ergiebt sich die selbstverständliche Konsequenz, daß der Forderungsnießbraucher nicht, wie im Regelfälle (§ 1028), verlangen kann, daß der Schuldner an ihn allein leiste. Die Leistung des Schuldners an beide konkurrirende Einziehungsberechtigte ist einer untheilbaren Leistung zu ver-

Einziehungs- Seite und eine passive Seite. rechter,

Nießbrauch an verzinslichen Forderungen.

§§ 1033, 1034.

553

gleichen (§ 339). Im Falle der unheilbaren Leistung giebt der Entwurf einem jeden Gläubiger das Recht, die Leistung an Me zu fordern. Das gleiche Recht wird auch im vorliegenden Falle in § 1033 Ms. 4 dem Nieß­ braucher und dem Gläubiger gegeben, da die gleichen Gründe dafür sprechen, einem jeden Theile die Möglichkeit eines selbständigen Vorgehens gegen den Schuldner zu gewähren. b) Der Regel nach (§ 1029 Abs. 3) könnte der Nießbraucher eine solche •>) *>« «* Gestaltung des Erfüllungsgeschäftes verlangen, welche, da es sich um die Leistung G-g-nst-ndverbrauchbarer Sachen handelt, ihm das Eigenthum dieser Sachen verschafft. verseift»»,. Ein solches Recht will der Entwurf dem Nießbraucher versagen; es ist jedoch nicht für erforderlich gehalten, dies ausdrücklich auszusprechen, da es aus dem Inhalte des § 1034 zweifellos sich ergiebt. Bei der Leistung des Schuldners an die Hinterlegungsstelle wird der Regel nach das Geld Eigenthum der Hinterlegungsstelle und gegen diese eine Forderung begründet, welche von selbst an die Stelle der getilgten Forderung tritt, da für den Gläubiger und den Nießbraucher gemeinschaftlich zu hinterlegen ist. Wird an beide Theile geleistet, so daß dieselben in die Mitinhabung des Geldes gelangen, so wird auf der einen Seite Eigenthum, auf der anderen Seite Nießbrauch (nur kein quasiususfructus) erworben. Der int Falle der Hinterlegung oder der Mitinhabung des empfangenen Geldes eintretende Zustand, welcher dem Nießbraucher geringe oder keine Nutzungen gewährt, kann nur als ein Zwischenzustand angesehen werden, bei welchem ein wirklicher Nießbrauch in Ermangelung von Nutzungen ausgeschloffen ist und nur eine Art von Kommunion zum Zwecke der Wiederanlegung stattfindet, welche beide Theile in Ansehung des schließlichen Resul­ tates sicherstellt. Die gemeinschaftliche Angelegenheit ist eine Wiederanlegung des Geleisteten in einer Weise, welche dem Zwecke des Nießbrauches an dem beharrenden, aber in verschiedener Gestalt erscheinenden, dem Nießbrauche unterliegenden Vermögenswerthe entspricht, ohne den früheren Gläubiger in eine weniger gesicherte Lage zu bringen. Auch dieser hat ein zu schützendes Jntereffe an der Wiederanlegung, da es für ihn vortheilhaster ist, bei Beendigung des Nießbrauches nicht erst für eine fruchtbringende Anlegung des ihm zukommenden Vermögenswerthes Sorge tragen zu müssen. Die weiteren Maßnahmen in Ansehung des eingezogenen Kapitales, welche in § 1034 bestimmt worden, sind nachstehend unter c) 7. erörtert.

c) Das zwischen dem Nießbraucher und dem Gläubiger entstehende ->> d-r g-«-ngemeinschaftsartige Verhältniß bedarf der Regelung. Eine eigentliche Kommunion wird nicht anzunehmen sein, da nicht ein Gegenstand mehreren Personen gemeinschaftlich zusteht (§ 763), sondern mehr formelle Befugniffe vergemeinsamt sind. Doch ist auch hier das dem § 772 zu Grunde liegende Prinzip zur Geltung zu bringen, daß der Einzelne sich dem fügen muß, was das Jntereffe Aller erfordert.

Ein gemeinschaftliches Verfahren ist in mehrfacher Richtung durch das Jntereffe beider Theile geboten. «. Zunächst kommt die gegenseitige Pflicht der Mitwirkung bei der Kündigung in Betracht (§ 1033 Abs. 3). Da zu unterstellen ist, daß bei Be-

554

Meßbrauch an Rechten.

gründung des Nießbrauches die Forderung als ein dauernder fruchttragender Vermögensgegenstand angesehen ist, so muß, streng genommen, das Verlangen einer Veränderung durch die Darlegung inzwischen neu eingetretener That­ sachen motivirt werden. Es ist indessen bedenklich, diesen Nachweis für erforderlich zu erklären, da eine solche Bestimmung viele Streitigkeiten hervorzurufen droht; vielmehr muß der Nachweis genügen, daß zur Zeit nicht diejenige Sicherheit vorhanden ist, ohne welche ein sorgfältiger Hausvater nicht weiter kreditirt. Nicht gerechtfertigt würde es aber sein, noch weiter von dem angedeuteten Prinzipe sich zu entfernen und in jedem Falle den Anspruch auf Mitwirkung zur Kündigung zu geben, wenn eine bestimmte im Gesetze qualifizirte Sicherheit nicht vorhanden ist, obwohl dies meist beiden Theilen von Anbeginn bekannt gewesen oder hätte bekannt sein müssen. Ebenso ist außer in dem Mangel an Sicherheit nicht auch in anderen Umständen, z. B. in persönlicher Nachlässigkeit des Schuldners oder Niedrigkeit des Zinsfußes, ein genügender Grund zu finden, um die Mitwirkung des anderen Theiles in Anspruch zu nehmen; wenn die Forderung sicher ist, erhält schließlich ein Jeder das ihm Gebührende. ß. Wenn auch jeder Theil die Bewirkung der Leistung an beide Theile verlangen kann, so bleibt doch immer die Schwierigkeit, daß dieser Anspruch mcht durchzuführen ist, wenn der andere Theil nicht zur Mitwirkung bei dem Erfüllungsgeschäfte veranlaßt werden kann. Bei den Schuldverhältnissen mit untheilbarer Leistung (§ 339) ist im Entwürfe davon ausgegangen, daß diese Schwierigkeit durch Anwendung der Vorschriften über Kommunion sich be­ seitigen lasse. Im vorliegenden Falle kann man auf diese Abhülfe nicht in gleichem Maße vertrauen. Der Entwurf stellt deshalb beiden Theilen, dem Nießbraucher und dem Gläubiger, einen doppelten Ausweg zur Wahl.

Erstens kann ein jeder Theil von dem anderen dessen Mitwirkung bei dem Erfüllungsgeschäfte, der Uebertragung des Eigenthumes an dem gezahlten Gelde, verlangen, sobald die Forderung fällig und mithin der Gläubiger zu fordern, der Schuldner zu leisten berechtigt ist (§ 1033 Abs. 3).

Zweitens wird bestimmt, daß jeder Theil selbständig von dem Schuldner verlangen kann, daß dieser den Gegenstand der Leistung für beide Theile öffent­ lich hinterlege (§ 1033 Ms. 5). Durch diese Bestimmung wird einerseits die öffentliche Hinterlegungsstelle (des Leistungsortes, § 273) als ein von beiden Theilen bestellter Empfänger behandelt und andererseits, in Konsequenz dieser Bestimmung, dem Schuldner die Verpflichtung auferlegt, die Leistung in der verlangten besonderen Weise zu bewirken. 7. Zur Lösung des kommunionsartigen Verhältnisses, welches in An­ sehung des eingezogenen Kapitales stattfindet, mag solches nun bei einer öffent­ lichen Hinterlegungsstelle deponirt sein oder in der Mitinhabung beider Theile sich befinden, ist es erforderlich, daß das Gesetz auf eine objektiv bezeichnete Normalanlegungsart hinweist und bestimmt, daß jeder Theil gegenüber dem anderen verpflichtet ist, zu einer derartigen Anlegung mitzuwirken. In § 1034 ist deshalb vorgeschricben, daß jeder Theil auf Wiederanlcgung nach den Vor­ schriften über die Anlegung von Mündelgeldern (§ 1664) dringen kann. Da

Nießbr. an einer Grundschuld «. an einer Eigenthümerhypothek. § 1035.

555

"diese Vorschriften im konkreten Falle verschiedene Arten der Anlegung zu­ lasten, so ist eine weitere Bestimmung darüber nöthig, wie bei bestehender Meinungsverschiedenheit zu verfahren ist. Dem Gläubiger geschieht Genüge, wenn überhaupt nach Mündelrecht angelegt wird; die Art der Anlegung intercssirt, insbesondere wegen der Höhe der Zinsen, zunächst den Nießbraucher. Dem entspricht es, daß dem Nießbraucher die Auswahl gegeben wird. Mit der Wiederanlegung erlangt der frühere Gläubiger an der neuen Forderung die Gläubigerschaft, der Nießbraucher aber den Nießbrauch. Die Anlegung in Jnhaberpapieren ist nicht auszuschließen, da nach §§ 1036, 1037 eine voll­ kommene Sicherung beider Theile durch die vorgeschriebene gemeinsame Jnhabung bezw. durch die vorgeschriebene Art der Deposition stattfindet. 3. Durch die Vergemeinsamung der Verfügungsbefugniß in Ansehung der auf Zinsen ausstehenden Forderungen wird der innere Grund für die An­ wendung der Vorschriften über die Konservirungspflicht des Sachnießbrauchers and der Vorschrift über die Pflicht des Forderungsnießbrauchers, für die ordnungsmäßige Einziehung zu sorgen, im Wesentlichen beseitigt, da dem Nießbraucher nicht eine ausschließliche Verfügungsmacht anvertraut bleibt, sondern ein gemeinschaftsartiges Verhältniß eintritt, bei welchem jeder Theil feine Jntereffen selbst wahrzunehmen in der Lage ist. In dem analogen Falle der Kommunion liegt dem einzelnen Theilhaber, abgesehen von den Fällen eines Auftrages oder eines Gesellschaftsverhältnistes, gegenüber den übrigen Theil­ habern die Aufwendung von Sorgfalt behufs Abwendung von Verlusten an dem gemeinschaftlichen Gegenstände nicht ob. Der Entwurf hat die Aufnahme einer Vorschrift über den Wegfall der Diligenzpflicht des Nießbrauchers nicht für erforderlich erachtet, da es sich um eine Konsequenz handelt, welche aus allgemeinen Grundsätzen abgeleitet werden kann.

Nießbrauch an einer Grundschuld oder an einer Eigenthümer»

Hypothek.

§ 1035. Zwischen Grundschulden und Eigenthümerhypotheken einerseits und For­ derungen andererseits besteht der Unterschied, daß bei ersteren dem Berechtigten nicht ein Schuldner gegenübersteht, welcher persönlich zur Leistung verpflichtet ist, sondern daß der Berechtigte durch Ausübung seines dinglichen Rechtes die ihm gebührende Leistung aus dem Grundstücke sich verschafft und nur durch die Bewirkung der Leistung seitens derjenigen Personen, deren Rechte durch die Zwangsvollstreckung leiden würden, von der Ausübung seines Rechtes ab­ gehalten werden kann. Der Unterschied liegt also lediglich in dem Realisirungsmodus, und dieser Unterschied ist nicht der Art, daß er der analogen Anwendung der Vorschriften über den Forderungsnießbrauch entgegenstände. Regelmäßig wird Verzinslichkeit stattfinden und werden deshalb die Vorschriften der §§ 1033, 1034 zur Anwendung gelangen. Möglicher Weise kann aber auch die Verzinslichkeit fehlen; alsdann werden die allgemeinen Vorschriften über

Wegfall der Diligenz­ pflicht des Nieß­ brauchers.

556

Nießbrauch an Rechten.

den Forderungsnießbrauch anzuwenden sein. Wenn auch die analoge An­ wendung der Vorschriften über den Forderungsnießbrauch ziemlich nahe liegt, so scheint es doch wegen der großen praktischen Bedeutung dieser Analogie geboten, im Gesetze auf dieselbe ausdrücklich zu verweisen.

Nießbrauch an Jnhaberpapieren.

88 1036, 1037. 1. Die Voraussetzung für die in §§ 1036, 1037 bestimmten Besonder’un“ m?en heiten besteht in der Verkörperung des dem Nießbrauche unterliegenden Schuldver-

au, Inhaber. Forderungsrechtes in einem Jnhaberpapiere. Der Entwurf kennt nur Schuld­ verschreibungen auf Inhaber (88 685—703). Außerhalb des Entwurfes kommen Jnhaberpapiere vor, welche über Gesellschaftsantheile ausgestellt sind, insbesondere Aktien auf Inhaber (H. G. B. 8 207 Abs. 4). Wenngleich die Gesellschafts­ antheile, welche in Aktien auf Inhaber sich verkörpern, nicht als reine Forderungsrechte bezeichnet werden können, so sind doch die in 88 1036, 1037 enthaltenen Bestimmungen gleichmäßig für Schuldverschreibungen auf Inhaber und Aktien auf Inhaber gegeben. Bei den Aktien auf Inhaber tritt eine dingliche Rechtsposition des einzelnen Aktionärs in dem statutenmäßigen Rechte der Mitwirkung bei Fassung von Gesellschaftsbeschlüsien hervor. Die Kon­ sequenzen, welche aus dieser Rechtsposition sich ergeben, insbesondere die Ent­ scheidung der Frage, inwieweit das Stimmrecht durch den Nießbraucher oder den Eigenthümer auszuüben sei, läßt der Entwurf dahingestellt, weil sich bei der wesentlich von den Gesellschaftsstatuten abhängenden verschiedenartigen Gestaltung der Fälle allgemeine Vorschriften nicht aufstellen laßen. Wenn im Entwürfe auch nur die Aktien auf Inhaber erwähnt werden, so wird doch die analoge Anwendung der Vorschriften des Entwurfes auf ähnliche Papiere nicht ausgeschlosien sein. Legitim«Für die bloßen Legitimationspapiere ist die Bestimmung von Besonderttonäpaptete. Seiten nicht erforderlich; der Nießbrauch an den Forderungen, in Ansehung,

deren Legitimationspapiere ausgestellt sind, wird vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften über den Nießbrauch an Forderungsrechten zu beurtheilen bleiben. Werth-

Der Ausdruck „Werthpapiere"') ist an dieser Stelle vermieden, weil man demselben nicht wohl eine andere Bedeutung beilegen kann, als daß denjmigen Papieren, welche zum Beweise dienen, diejenigen Papiere entgegengesetzt werden, an deren Ausstellung selbständige rechtliche Wirkungen sich knüpfen.

Inhaber-

Möglich ist, daß Schuldverschreibungen auf Inhaber nach ihrer objektiven Beschaffenheit (8 780 Abs. 1), z. B. Banknoten, oder denkbarer Weise auch vermöge ihrer Zugehörigkeit zu einem Vermögensinbegriffe, welcher zur Be­ nutzung durch Veräußerung der in demselben enthaltenen Gegenstände bestimmt ist (8 780 Abs. 2), zu den verbrauchbaren Sachen gehören. Auf diese Möglich­ keit wird im ersten Absätze des 8 1036 hingewiesen, weil in dem unterstellten

oerbrauchbare Sachen,

*) Sachs. G. B. § 628; bavr Entw. Hl Art. 260.

Nießbrauch an Jnhaberpapieren.

§§ 1036,1037.

557

Falle lediglich die Vorschriften über den Sachnießbrauch und zwar über den Nießbrauch an verbrauchbaren Sachen Anwendung zu finden haben. 2. Der Nießbrauch an Jnhaberpapieren bleibt trotz der Verkörperung gorbenmgsdes Rechtes in dem Papiere ein Nießbrauch an einem Rechte und zwar an nie6bvai“t einem Forderungsrechte. Wollte man auf diesen Nießbrauch die Vorschriften über Nießbrauch an Sachen anwenden, so würde man Vorschriften anwendbar machen, welche wegen der thatsächlichen Verfügungsmacht des Inhabers der Verschreibung über das Recht nicht passen, z. B. die Vorschrift über das Recht des Nießbrauchers auf die Jnhabung, und andererseits Vorschriften von der Anwendung ausschließen, deren Heranziehung nicht zu entbehren ist. Nach den Vorschriften über den Forderungsnießbrauch würden sich Unter­ schiede an die Verzinslichkeit oder Nichtverzinslichkeit der Jnhaberpapiere knüpfen, und zwar würden die in §§ 1033, 1034 bestimmten Beschränkungen der regel­ mäßigen Verfügungsbefugniß des Nießbrauchers nur bei den verzinslichen Jnhaberpapieren Geltung haben. Der Entwurf läßt diese Beschränkungen bei allen Jnhaberpapieren eintreten, weil die besondere Natur dieser Papiere -eine Sicherung des Eigenthümers der Urkunde erfordert (§ 1036 Abs. 4). 3. Wenn man auch im Allgemeinen den Nießbrauch an Jnhaberpapieren »«sonder, iem Nießbrauchs an Forderungen, welche auf Zinsen ausstehen, gleichbehandelt, be,ten" so sind doch zur Durchführung des Prinzipes der Vergemeinsamung der Ver­ fügungsmacht wegen der thatsächlichen Verfügungsmacht des Inhabers Bestim­ mungen erforderlich, die im Anschlüße an die besonderen Rechtsverhältnisse, welche bei den Jnhaberpapieren obwalten, die Art und Weise der Durchführung der Vergemeinsamung der Verfügung betreffen. Da hier die Jnhabung, ganz abgesehen von dem Rechte auf sie, den Inhaber als Gläubiger erscheinen läßt, so muß behufs der Vergemeinsamung der Verfügungsmacht die Jnhabung Der« geineinsamt werden. Dabei erhebt sich indeffen eine praktische Schwierigkeit.S(rt *>« Mit. Eine jeden Theil sichernde Mitinhabungsart ist bei beweglichen Sachen schwer m6ebun6

einzurichten. Man muß nach einem dritten Treuhänder suchen, welchem unter einer den beiderseitigen Rechten entsprechenden lex depositionis die Papiere übergeben werden. Ob die Reichsbank zur Uebernahme einer solchen Funktion bereit sein wird, steht nicht fest. Dagegen stehen die öffentlichen Hinterlegungs- w«i«gw stellen zu Gebote und es wird die Deposition bei diesen dem Zwecke genügen. In dem Zwange zur Einwilligung in eine solche Art der Deposition ist eine Härte nicht zu finden; auch ist vorauszusetzen, daß der Vorschlag zu einer gleich sicheren und vielleicht bequemeren und weniger kostspieligen Deposition .nicht leicht auf Widerstand des anderen Theiles stoßen werde (§ 1036 Abs. 1, 2).

4. Ein Recht der Realisirung des Jnhaberpapieres mittels Verkaufes räumt der Entwurf dem Nießbraucher nicht ein1). Das bei vielen kurshabenden Jnhaberpapieren stattfindende Schwanken des Kurses rechtfertigt nicht besondere Bestimmungen, welche zur Sicherung des einen und des anderen Theiles die beiderseitigen Rechte erweitern und einem jeden Theile die Befugniß Heilegen, die Realisirung des Papieres und die anderweite sichere Belegung des Erlöses zu verlangen. Es läßt sich nicht von vornherein behaupten, daß bei *) Ebenso sächs. G. B. § 628.

»«rtaufs. K) Die zu Gunsten einer bestimmte« Perso« bestehende Reallast. § 1059. VerLußerlich-

tot

Der von dem § 1059 im Einklänge mit dem gemeinen Rechte und dem preuß. A. L. R. I, 19 § 22 aufgestellte Grundsatz, daß die subjektiv-persönliche

Reallast von dem Berechtigten veräußert und belastet werden taun1), liegt in der Konsequenz der Uebertragbarkeit des Anspruches auf die einzelnen Leistungen, zu welchen die Last den Eigenthümer des belasteten Grundstückes verpflichtet; er ist um so weniger bedenklich, als die gleiche Regel nach dem Entwürfe auch für den Nießbrauch und andere dingliche Rechte gilt2). Die Veräußerlichkeit muß indessen aus Rücksicht auf die Rechtslage des Verpflichteten, wie bei der Begründung des § 1057 dargelegt wurde, hier insofern eingeschränkt werden, als die Verbindung der Berechtigung mit einem Grundstücke nicht zu gestatte» ist. Im Uebrigen hängt die Anwendung des Grundsatzes auf die Reallast als Ganzes davon ab, ob die einzelnen Ansprüche nach den Vorschriften des Rechtes der Schuldverhältnisse übertragbar sind«). In dieser Hinsicht fragt es sich nur, ob, wenn die Reallast zu verschiedenen Leistungen verpflichtet und der Anspruch auf einzelne derselben nicht übertragbar ist4), dies der Uebertragung der Real­ last als Ganzes entgegenstehen oder die Uebertragbarkeit nur insoweit aus­ schließen soll, als die Nichtübertragbarkeit der einzelnen Ansprüche reicht. Der Beschränkung Entwurf entscheidet diese Frage in dem letzteren Sinne, so daß also eine theilere en’ weise Uebertragung der Reallast zugelaffen wird. Hierzu nöthigt die Erwägung, daß der innere Zusammenhang der äußerlich in der Reallast zusammengefaßten verschiedenartigen Belastungen kein solcher ist, daß man nicht trennen könnte, und daß die entgegengesetzte Entscheidung in ihren Konsequenzen zu unbilligen Ergebnissen führen würde. Eine Unbilligkeit würde namentlich gegenüber den Gläubigern des Berechtigten darin liegen, daß die Nichtübertragbarkeit eines einzelnen Anspruches auch die übrigen Ansprüche der Beschlagnahme im Wege

der Zwangsvollstreckung entziehen würde.

*) Ebenso nach dem bayr. Entw. HI Art. 346. Das sächs. Gesetzbuch hat keine besondere Bestimmung. 2) §§ 1011, 1086, 1136. 3) Sergi, die §§ 293, 295, 296. 4) Dies kommt namentlich bei dem Altentheile vor, sofern derselbe die Eigenschaft einer Rcallast hat.

Uebertrag des Anspr. auf Rückstände.

Aufhebung.

§§ 1060,1061.

593

c) Der Anspruch auf eine rückständige Leistung.

8 1060. In dem gemeinen und dem preuß. Rechte fehlt eS an einer besonderen ®^c*

Regelung der Uebertragung und Belastung des Anspruches auf rückständige Leistungen. Das sächs. G. B. dagegen bestimmt unter § 511: „Das Recht auf die einzelnen Leistungen ist nach den Vorschriften über Forderungen zu beurtheilen". In dem bayr. Entw. III Art. 346 Ms. 3 wird dies nur für die Abtretung vorgeschrieben. Auch das Erlöschen des in Rede stehenden An­ spruches wird, von der Verjährung abgesehen0, in dem geltenden Rechte meist nicht besonders geregelt. Das bürgerliche Gesetzbuch darf diese Vorgänge schon um deswillen nicht übergehen, weil sein Schweigen leicht dem Mißverständnisse Raum geben könnte, als handele es sich bei denselben um eine theilweise Uebertragung, Be­ lastung oder Erlöschung des ganzen Rechtes. Der Grund, aus welchem in diesen Beziehungen eine besondere Behandlung der Ansprüche auf rückständige Leistungen eintreten muß, liegt in dem Verhältnisse dieser Ansprüche zu der Reallast im Ganzen. Dieses Verhältniß aber entspricht vollständig demjenigen der Ansprüche auf rückständige Hypothekenzinsen zu der Hypothekenforderung. Beide Kategorieen von Ansprüchen müssen daher übereinstimmend geordnet werden. Da aber die Ansprüche auf rückständige Hypothekenzinsen praktisch viel wichtiger sind als die Ansprüche auf rückständige Realleistungen, so empfiehlt es sich, die Regelung bei der Hypothek vorzunehmen und hier auf 4)te dortigen Vorschriften zu verweisen.

Men.

4. Aufhebung der Reallast durch Rechtsgeschäft.

8 1061. Die Gründe, aus welchen nach dem geltenden Rechte Reallasten erlöschen?), au^“”9i* finden meist in fiüheren Vorschriften und Verweisungen ihre Erledigung3* ). * Die bei § 787 der Landesgesetzgebung vorbehaltene Befugniß, für den Fall der Abveräußerung eines Theiles von einem Grundstücke die lastenfreie Abschrei­ bung dieses Theiles zu regeln, muß zur Wahrung des volkswirthschaftlichen Interesses, welches an der Erleichterung der Parzellirung bestehen kann, dahin erweitert werden, daß die Landesgesetze auch die Vertheilung der auf dem Grundstücke haftenden Reallast auf die einzelnen Theile desselben nach Maß­ gabe jenes Vorbehaltes bestimmen können. In dem bürgerlichen Gesetzbuche ist hier nur die Aufhebung der Reallast durch Rechtsgeschäft, d. i. durch

Verzicht des Berechtigten, zu ordnen. *) Bergl. § 157 des Entwurfes und die Motive dazu. a) v. Roth, deutsches Priv. R. § 285; preuß. A. 2. 3t I, 16 §§ 2 ff. und I, 19 §§ 29 ff.; Dernburg, preuß. Priv. R. 1 § 307; sächs. G. B. § 508; bayr.

Entw. HI Art. 347, 348. 3) Siehe §§ 129, 142, 835, 847 und die Anm. I zur Ueberschrist dieses BucheS, JI zu § 787, a zur Ueberschrist des dritten Abschnittes desselbm.

Motive z. bürgerl. Gesetzbuch. III.

38

594

Reallasten.

Aufhebung durch Rechtsgeschäft.

§ 1061.

Nach dem preuß. Ges. über den Eigenthumserwerb rc. § 12 Ws. 1 verliert in einem solchen Falle das Recht seine Wirksamkeit gegen Dritte nur durch Löschung im Grundbuche. Das sächs. G. B. läßt das Erlöschen selbst erst durch die „Löschung vermöge eines auf Aufhebung der Reallast gerichteten Rechtsgrundes" (§ 508) eintreten. Dieselbe Bedeutung scheint der Grundsatz des braunschw. Ges. über bett Eigenthumserwerb rc. (§ 23) zu haben. In Hamburg hat nach dem Ges. über Grundeigenthum und Hypotheken (§§ 2,23,43) die Tilgung der Reallast die nämliche formale Rechtskraft wie die Eintragung. Für den Entwurf liegt keine Veranlassung vor, hier von den Grundsätzen abzuweichen, nach welchen die rechtsgeschäftliche Aufhebung der übrigen begrenzten Rechte an Grundstücken, mit Ausschluß der Hypothek und der Grundschuld, geregelt worden ist1). Demgemäß ist zu unterscheiden, ob bei der Reallast nur der Berechtigte und der Verpflichtete oder auch Dritte betheiligt sind. Ci®rüterns 11 3" dem ersten Falle genügt zur Aufhebung der Reallast die einseitige Verzichterklärung des Berechtigten gegenüber dem Grundbuchamte, sofern auf Grund dieser Erklärung die Reallast im Grundbuche gelöscht wird. 2. In dem zweiten Falle bedarf es außer der Erklärung des Berechtigten zur Löschung noch der Einwilligung des Dritten, mit dessen Rechte die Real­ last oder, wenn sie dem jeweiligen Eigenthümer eines Grundstückes zusteht, dieses Grundstück belastet ist. Es sind daher, je nachdem eine subjektiv-diugliche oder eine subjektiv-persönliche Reallast aufgehoben werden soll, die Vor­ schriften des § 960 Abs. 2 (über das dingliche Vorkaufsrecht) oder die Vor­ schriften des § 965 Abs. 2 (über das Erbbaurecht) zur entsprechenden Anwendung, zu bringen.

Erricht.

») Vergl. die §§ 960, 965, 977, 1015, 1048.

Pfandrecht und Grundschuld. (§ 1062.)

595

Neunter Abschnitt.

Pfandrecht und Grundschuld. Vorbemerkungen. 1. Die Stellung des Pfandrechtes in dem Systeme des Entwurfes i. Stellung bestimmt sich durch die rechtliche Natur des Sachenpfandrechtes als der praktisch ,,^7«

wichtigsten Form, in welcher der Pfandrechtsgedanke zur Erscheinung kommt. S?ft-me. In den Quellen des röm. Rechtes wird das Pfandrecht verschiedentlich als jus in re bezeichnet, und die gemeinrechtliche Doktrin handelt es meist unter den dinglichen Rechten ab. Die dingliche Natur dieses Rechtes ist indessen für die Fälle, in welchen dasselbe an einem Rechte bestellt ist, insbesondere für die Fälle des Forderungspfandes, erheblichen Zweifeln unterworfen; sie wird in neuerer Zeit überhaupt bestritten. Einige lehren, das Pfandrecht sei auch dann, wenn sein Gegenstand eine Sache sei, nur eine Erstreckung der Forderung auf den zur Sicherung derselben verpfändeten Gegenstand und folglich selbst ein Forderungsrecht. Andere dagegen sind der Meinung, die Sache könne niemals den Gegenstand des Rechtes bilden; die Vertreter dieser Meinung stellen bald das Recht des Verpfänders, bald den Werth der Sache als den eigentlichen Gegenstand des Pfandrechtes hin. Diesen Streitfragen gegenüber folgt der Entwurf, soweit es sich um die Stellung des Pfandrechtes in dem Systeme des Gesetzbuches handelt, der her­ gebrachten und in der Rechtsprechung und Wissenschaft immer noch über­ wiegenden Meinung, daß das Sachenpfandrecht als ein Recht an der Sache aufzufasien sei. Ob es hiermit sich vereinigen läßt, das Pfandrecht als ein Recht an dem Rechte des Verpfänders oder an dem Werthe der Sache zu konstruiren, das ist eine wesentlich theoretische Frage, deren Bejahung allerdings für die einheitliche rechtliche Natur des Pfandrechtes ohne Rücksicht auf dessen Gegenstand sprechen, für die Stellung dieses Rechtes in dem Systeme des Gesetzbuches aber kaum von Gewicht sein würde. Verneint man die Frage, so bleibt doch immer der Pfandrechtsbegriff insofern derselbe, als der Pfand­ gläubiger das Recht auf Verwerthung des ihm verpfändeten Gegenstandes zum Zwecke seiner Befriedigung wegen der Pfandforderung hat. Von diesem Stand­ punkte muß das Pfandrecht als ein systematisch geschloffenes Rechtsgebiet angesehen und also, da das Sachenpfandrecht in das Sachenrecht gehört, hier 38*

596

Pfandrecht und Grundschuld.

auch das Pfandrecht an Rechten geordnet werden. In dem preuß. A. L. R., dem sächs. G. B. und dem bayr. Entw. hat denn auch das gesammte Pfandrecht seine Stelle unter den dinglichen Rechten gefunden. s. Besonder« 2. Die Entstehung des Pfandrechtes, welche nach röm. Rechte formlos wXXnererfolgt, wird in dem Entwürfe formalisirt. Die Form ist verschieden je nach des^Nsandr *3em Gegenstände der Verpfändung: für das Pfandrecht an Grundstücken die de» an r. ^Eagung in das Grundbuch; für das Pfandrecht an beweglichen Sachen die

Einräumung und Ergreifung der Jnhabung; für das Pfandrecht an Rechten die für die Uebertragung des Rechtes bestimmte Form (mit einer Besonderheit in Ansehung der Verpfändung einer Forderung, § 1211). Verschieden ist ferner in Folge der Verschiedenheit des Gegenstandes die gesetzliche Regelung der Wirkungen, namentlich in Ansehung des Umfanges und der Geltendmachung des Pfandrechtes. Der Entwurf widmet deshalb im Einklänge mit den ge­ nannten Kodifikationen jeder der drei Pfandrechtskategorieen eine besondere Behandlung. In zwei Punkten weicht er von seinen Vorgängern ab: Allgemeine a) Er enthält feine allgemeinen Bestimmungen über das Pfandrecht 1). 01 ntcn' An sich wäre es nicht unausführbar, solche durch Abstraktion des Gemeinsamen

aus der Regelung jeder einzelnen Pfandrechtskategorie zu gewinnen. Allein die pfandrechtlichen Vorschriften würden hierdurch weder übersichtlicher noch klarer, überhaupt nicht praktisch brauchbarer werden, da die Punkte, in welchen die eine Kategorie sich von der anderen unterscheidet, nahezu alle Seiten des Rechtsverhältnisses berühren, so zwar, daß nur wenige gemeinsame Rechtssätze ausgeschieden werden könnten, diese aber, aus dem Zusammenhangs gelöst, eine das Verständniß des Gesetzes erschwerende doktrinäre Färbung annehmcn müßten. Es wäre auch kaum konsequent, wenn der Entwurf, nachdem er es abgelehnt hat, für die Dienstbarkeiten allgemeine Vorschriften aufzustellen 2), diesen Stand­ punkt in Ansehung des Pfandrechtes verlassen wollte. «rundschuld. b) Das Pfandrechtssystem des Entwurfes erleidet dadurch eine Unter­ brechung, daß zwischen dem Pfandrechte an Grundstücken und dem Pfandrechte an beweglichen Sachen die Grundschuld abgehandelt wird. Die Grundschuld ist eine dingliche Belastung des Grundstückes, auf welchem sie haftet. Sie hat den wirthschaftlichen Zweck mit dem Pfandrechte gemein, indem sie für den Grundbesitz gleichwie dieses eine Rechtsform ist, in welcher der Realkredit sich bethätigt. Beide Formen unterscheiden sich freilich von einander wesentlich da­ durch, daß die Grundschuld nicht wie das Pfandrecht zur Sicherung einer Forderung dient. Aber indem beide dem Berechtigten die Beitreibung einer bestimmten Summe aus dem Grundstücke verbürgen sollen, muffen sie vielfach dm nämlichm Rechtsregeln folgen. Das preuß. Ges. über den Eigenthums­ erwerb rc. v. 5. Mai 1872 ordnet deshalb die Grundschuld im Zusammenhangs mit der Hypothek (dem Pfandrechte an Grundstücken) in der Weise, daß jede Vorschrift durch ihre Fassung zu erkennen giebt, ob sie für beide Formen oder nur für die eine oder die andere gelten soll. Ebenso die gleichnamigen Gesetze ») Preuß. A. L. R. 1,20 §§ 1-70; sächs. G. B. §§ 369—386; bayr. Entw. m Art. 349—364. 2) Vergl. oben S. 476.

Vorbemerkungen.

(§ 1062.)

597

für Coburg-Gotha, Oldenburg, Lippe, Waldeck und Pyrmont. Dagegen regelt das Gesetz für Schaumburg-Lippe v. 26. August 1884 die Hypothek selbständig und im Anschlüsse an dieselbe die Grundschuld. Der Entwurf geht davon aus, daß das bürgerliche Gesetzbuch den Gegen­ satz, welcher zwischen den beiden Formen besteht, nicht durch gemeinsame Vor­ schriften abschwächen oder verdunkeln darf. Um Klarheit in diese ebenso schwierige wie praktisch wichtige Lehre zu bringen, muß der Gesetzgeber deutlich erkennen lassen, welchen Standpunkt er einnimmt. Dieses Ziel wird am sichersten dadurch erreicht, daß jede der beiden Formm für sich geordnet wird, und zwar zuerst die Hypothek wegen der größeren Wichtigkeit, welche ihr bei­ wohnt, sodann die Grundschuld. 3. Zu erwähnen ist hier schließlich noch die sogenannte Generalhypothek. Sie erscheint als die letzte Konsequenz, welche die römische Rechtsentwickelung aus der Formlosigkeit der Pfandbestellung unter Anerkennung der Verpfänd­ barkeit aller Gegenstände, welche einen Vermögenswerth haben, gezogen hat. Wenn lediglich der erklärte Wille des Verpfänders darüber entscheidet, was dem Gläubiger als Pfand hasten soll, so muß diese Haftung folgerecht auf alle dem Verpfänder gehörigen Gegenstände erstreckt werden, von welchen es nachweisbar ist, daß jener dieselben der Pfandhaftung hat unterwerfen wollen. Es bedarf bei der Verpfändung mehrerer Gegenstände nicht einer Aufzählung der einzelnen; vielmehr genügt eine Bezeichnung, aus welcher der Ver­ pfändungswille in Beziehung auf seinen Gegenstand sich erkennen läßt. Von einer Beschränkung des Pfandrechtes auf Objekte, welche zur Zeit der Ver­ pfändung dem Verpfänder gehören, ist keine Rede. Der Wille vermag auch solche Gegenstände zu ergreifen, welche sein Träger in Zukunft erwerben wird,

gleichviel ob dieselben zur Zeit der Erklärung schon in rerum natura waren oder nicht. Das System des röttt. Rechtes ist demnach dieses: Sachen und Rechte, gegenwärtige und zukünftige, einzelne sowie unter einem gemeinschaftlichen Namen begriffene, ja sogar alle dem Verpfänder gehörende und später zufallende Gegenstände können verpfändet werden. Mit einem solchen Systeme ist der Zweck des Pfandrechtes kaum noch vereinbar. Das Pfandrecht soll durch seinen Gegenstand dem Gläubiger besondere Sicherheit gewähren. Wenn aber der Schuldner seine gesammte Habe durch formlose Willenserklärung ver­ pfänden kann, so wird jeder geschäftskundige und vorsichtige Mann, der nur Pfandkredit gewähren will, die Kreditgewährung regelmäßig davon abhängig machen, daß ihm neben dem Spezialpfande, welches der Kreditnehmer bietet, zugleich ein Pfandrecht an dem ganzen Vermögen des Verpfänders eingeräumt werde. In der That war dies in großen Gebieten Deutschlands üblich, damit aber das Pfandrecht zu einem bloßen Vorzugsrechte bei der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners abgeschwächt. Wo dann noch gesetzliche, meist privilegirte Generalhypotheken hinzukamen, da ist das Pfandgeschäft fast ohne wirthschaftlichen Werth, nicht selten sogar zu einer Falle für weniger geschäftskundige Leute geworden. Das preuß. A. L. R., das sächs. G. B. und der bayr. Entw. haben eine Verpfändung des ganzen Vermögens nicht vorgesehen. In dem franz. G. B.

3. General­ hypothek.

598

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

dagegen sind gesetzliche und gerichtliche Hypothekm an dem unbeweglichen Vermögen des Schuldners anerkannt. In den Geltungsgebietm des gemeinen Rechtes ist die Generalhypothek meist durch die Landesgesetzgebung abgeschafft. Die Mobiliarhypothek ist schließlich da, wo sie noch möglich war, durch die Konk. O. v. 10. Februar 1877 §§ 40 und 41 erheblich eingeschränkt worden r), und die Gesetze, welche zur Ausführung der Konk. O. in den einzelnen Staaten erlassen sind, haben der Verpfändung des ganzen Vermögens vielfach den Boden entzogen8), so daß die praktische Bedeutung der römischen Generalhypothek in Deutschland jetzt nahezu beseitigt ist. Mit den Formen, an welche der Entwurf die Entstehung des Pfand­ rechtes knüpft, ist die Verpfändung eines Vermögens nicht vereinbar. Ihre Schädlichkeit für den Kredit bedarf einer weiteren Darlegung nicht; sie ist längst erkannt, und schwerlich wird Jemand die Wiederbelebung der General­ hypothek durch das bürgerliche Gesetzbuch empfehlen. 4. Eintheilung 4. Die vorstehenden Erwägungen führen zur Eintheilung des neunten b,e|eä M6ton Abschnittes in vier Titel: 1. Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek);

2. Grundschuld; 3. Pfandrecht an beweglichen pfandrecht); 4. Pfandrecht an Rechten.

Sachen (Faust­

Erster Titel.

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek). A. Allgemeine Gesichtspunktes) I. Das Realkreditbedürfniß und die Hypothek.

i- umfang 1. Der Realkredit kann gleichwie der persönliche und der Mobiliarkredit “"gung be8tle nrt sich jedem Geldbedürfnisse dienen. Seine eigentliche Bestimmung aber ist, Reailreditbedürfnisses.

Jnteresien zu fördern, welche mehr oder weniger eng mit dem Grund und T) Eins. Ges. zur Konk. O. v. 10. Februar 1877 §§ 11 ff. 8) Ausf. Gesetze zur Konk. O. für Preußen v. 6. März 1879 §§ 2—7, Bayern v. 23. Februar 1879 Art. 198—201, 232—234, Hessen v. 4. Juni 1879 Art. 39—48 Oldenburg v. 10. April 1879 Art. 53 §§ 1, 2, Mecklenburg v. 26. Mai 1879 §§ 2—7, 18-22, Weimar v. 10. Mai 1879 §§ 27—29, Anhalt v. 10. Mai 1879 §§ 2—6, Altenburg v. 26. Mai 1879 §§ 4, 5, 10-14, Coburg-Gotha v. 7. April 1879 §§ 4, 5, 10, Meiningen V. 20. Juni 1879 §§ 4, 5, 7, Reuß ä. L v. 5. Mai 1879 §§ 18, 26, 27, Reuß j. L. v. 22. Februar 1879 §§ 4, 5, 11, Rudolstadt v. 1. Mai 1879 §§ 22—24, Sondershausen v. 20. Mai 1879 §§ 3, 4, 9—11, Lippe v. 26. Juni 1879 §§ 2, 4, 7, Schaumburg-Lippe v. 30. Juni 1879 §§ 90—95, Waldeck und Pyrmont v. 1. September 1879 Art. 1, 3—5, Bremen v. 25. Juni 1879 §§ 45, 69, Hamburg v. 25. Juli 1879 § 4. Siehe ferner das Ges., die Einführung der Reichsjustizgesetze in Baden betr., v. 3. März 1879 §§ 20 ff. und das Ges. für Lübeck, die Erhaltung deS Vorrechtes der Kinder k. betr., v. 3. Februar 1879. 3) Die hauptsächlichsten Quellen des geltenden Hypothekenrechtes siehe oben S. 12 ff

Das Realkreditbedürfniß.

(§ 1662.)

599

Boden verwachsen sind. Seit in Deutschland der Uebergang von der Naturalwirthschast zur Geldwirthschaft sich vollzogen hat, nimmt der Grundbesitz den Kredit, welcher durch seine Belastung vermittelt wird, regelmäßig für seine eigenen Zwecke in Anspruch. Wer ein Grundstück erwerben will, muß Geld aufwenden, und zwar nicht blos im Falle des Kaufes, sondern meist auch, wenn die Erwerbung auf Grund des Erbrechtes sich vollzieht, zur Abfindung der Miterben. Ein Geld­ bedürfniß entsteht, wenn Gebäude auf dem erworbenen Grund und Boden errichtet werden sollen, Geld ist nöthig, um dieselben zu erhalten, um die steigenden Anforderungen an die Bequemlichkeit und Güte der Wohnungen zu befriedigen. Auf reichlichen Geldzufluß rechnet vor Allem der dem Landbau gewidmete Grundbesitz zur Erhöhung der Kultur und Ertragsfähigkeit des Bodens, zur Verbindung der Industrie mit der Landwirthschaft. Geld endlich braucht der Grundbesitzer, um Unglücksfälle, von welchen sein Besitz betroffen wird, tragen zu können. Zur Befriedigung aller dieser Bedürfnisie wird der Realkredit in Be­ wegung gesetzt. Diese Erscheinung findet ihre Erklärung und Berechtigung in den gesellschaftlichen Sitten und wirthschaftlichen Gewohnheiten unseres Volkes. Wo, wie in Deutschland, die Selbstbewirthschaftung des Grundbesitzes die Regel bildet, kann es nicht anders sein, als daß die Grundstücke in den meisten Fällen mit Hülfe des Realkredites erworben, erhalten und nutzbar gemacht werden. Hat nun die Gesetzgebung zweifellos die Aufgabe, die Jnteresien des Grund­ besitzes als der festesten Grundlage des Staates zu pflegen und zu fördern, so muß sie namentlich darauf bedacht sein, dem Realkredite die Bethätigung zu gewährleisten. Auf dem Gebiete des Privatrechtes beschränkt sich diese Aufgabe im Wesentlichen auf eine zweckmäßige Gestaltung der Hypothek bezw. der recht­ lichen Formen, in welchen die Kreditbelastung der Grundstücke sich vollzieht. Der Grundbesitz bedarf zu den angedeuteten Zwecken verhältnißmäßig großer Summen, und zwar gegen niedrige Zinsen und auf lange Zeit, dies deshalb, weil der Ertrag, welchen er abwirft, die üblichen Zinsen des in ihm angelegten Kapitales gewöhnlich nur unbedeutmd übersteigt und folglich erst nach einer Reihe von Jahren die Mittel zur Schuldentilgung liefert. Wenn gleichwohl in den Kreisen der Kapitalisten eine große Geneigtheit zu seiner Beleihung besteht, so liegt der Grund hiervon in der nahezu zweifellosen Sicherheit, welche der Grund und Boden für die Erfüllung der mit ihm ver­ knüpften Verbindlichkeiten zu leisten vermag. Mer der Kapitalist verlangt, daß er nur die thatsächlichen Verhältnisie, welche die Sicherheit bedingen, in Rechnung zu ziehen braucht, daß dagegen die rechtlichen Beziehungen des zu beleihenden Grundstückes, welche die Sicherheit beeinträchtigen können, klar zu Tage liegen und, soweit dies nicht der Fall ist, gegen die Hypothek, welche ihm bestellt oder übertragen wird, der Wirkung entbehren. Er verlangt ferner, daß die Hypothek ihren Gegenstand im weitesten Umfange ergreife, schnell und ohne Weiterungen geltend gemacht und Kapital und Zinsen unabhängig von allen nach Inhalt des Grundbuches ihm nicht vorgehenden Ansprüchen aus dem Grundstücke beigetrieben werden können. Nur wmn das Gesetz diesen Anforderungen an die Gestaltung des Hypothekenrechtes genügt, ist auf eine

600

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

den heutigen Verhältnissen entsprechende Befriedigung des Realkreditbedürfniffes zu rechnen. r.

Gestaltung

der Hypothek.

2. Wie die Aufgabe, welche hiernach an das bürgerliche Gesetzbuch heraisiritt, in demselben zu lösen ist, kann im Allgemeinen nach den bisherigen Erörterungen nicht zweifelhaft sein. Von dem röm. Pfandrechte und dessen Nachbildungen in Deutschland, nicht minder von dem franz. Jnskriptionssysteme ist gänzlich abzusehen. Die Hypothek kann, wie bereits früher dargelegt wurde, nur in dem Rahmen des Grundbuchsystemes nach dem Eintragungs- und dem Oeffentlichkeitsprinzipe geregelt werden *).

»> Eintra-

gunggpnnzip.

a) Das Eintragungsprinzip gilt für die Hypothek, sofern dieselbe Vertag begründet werden soll, schon nach § 828 Abs. 1. Die meisten

Landesgesetze gehen indessen noch weiter, indem sie überhaupt nur eingetragene Hypotheken kennen, d. h. die Entstehung der Hypothek ohne Ausnahme von der Eintragung abhängig machens). Die praktische Folge hiervon ist die, daß un­ mittelbar durch Gesetzesvorschrift, durch richterlichen Ausspruch oder durch letztwillige Verfügung eine Hypothek nicht ins Leben gerufen werden kann. Es läßt sich vielleicht darüber streiten, ob die Rücksicht auf diejenigen, welche durch Vertrag und Eintragung Hypotheken erwerben, zu dieser Verallgemeine­ rung des Eintragungsprinzipes nöthigt, ob es nicht vielmehr genügt, zum Schutze der vertragsmäßigen Erwerbung auf das Oeffentlichkeitsprinzip des § 837 zu verweisen oder der eingetragenen Hypothek einen unbedingten Vorzug vor der nicht eingetragenen einzuräumen. Indessen hat unter denjenigen Gesetzen, welche den öffentlichen Glauben des Grundbuches bezw. des Hypothekenbuches im Sinne des § 837 verwerthen, nicht ein einziges sich darauf beschränkt, die eingetragene Hypothek unter den Schutz dieses Prinzipes zu stellen; die Gesetzgeber sind erkennbar von der gewiß richtigen Anschauung ausgegangen, daß ein Moment bedenklicher Unsicherheit in den Hypotheken­ verkehr kommen müßte, wenn ein Dritter durch Berufung auf eine für ihn ohne Eintragung begründete Hypothek die wirksame Begründung einer der Eintragung bedürfenden Hypothek mit der Behauptung, daß die Voraus­ setzungen des öffentlichen Glaubens des Buches nicht gegeben seien, in Frage stellen könnte. Nichteingetragene Hypotheken aber, welche den eingetragenen schlechthin nachstehen, sind ohne praktischen Werth, weil sie dem Gläubiger eine von dem Willen des Schuldners unabhängige Sicherheit nicht zu gewähren vermögen. Wenn sie gleichwohl in einigen Gebieten des gemeinen Rechtes noch zulässig sind, so erklärt sich dies daraus, daß die partikulare Hypothekengesetzgebung ihren Gegenstand nicht immer erschöpfend geordnet, sondern ost nur die dringendsten Bedürfnisse befriedigt, im Uebrigen aber das gemeine Recht als subsidiäre Rechtsquelle beibehalten tjat3). Können hiernach nichteingetragene Hypotheken minderwerthiger Natur in dem bürgerlichen Gesetzbuche keine Stelle finden, so muß von der Zulaffung.

!) Oben S. 16—20, 161, 171, 208 ff. 2) Siehe die Nachweisung der Gesetze S. 171 Anm. 5. 3) Bezüglich des franz. R. siehe oben S. 11-13, 17, 18.

Eintragungsprmzip.

(§ 1062.)

601

vollwerthiger oder gar privilegirter Hypotheken, über welche das Grundbuch keine Auskunft giebt, erst recht abgesehen werden. Ein sicherer und reichlicher Realkredit ist nur zu haben, wenn das Gesetz andere als eingetragene Hypo­ theken nicht zuläßt. Bei dem Standpunkte, welchen die Landesgesetzgebung in Mg-i-hntdieser Hinsicht einnimmt, braucht die Schädlichkeit gesetzlicher, richterlicher und testamentarischer Hypotheken für den Realkredit nicht weiter dargelegt zu werden. Es ist auch nicht zu besorgen, daß, wenn das bürgerliche Gesetzbuch diesem Stand­ punkte folgt, hierdurch berechtigte Interessen verletzt werden könnten. Für die Begründung von Hypotheken durch letzt willigeVerfügung l-,twimgkommen nur die wenig umfangreichen Gebiete in Betracht, in welchen das Serfa8Un9'

röm. Pfandrecht noch Geltung hat. Hier aber wird nach Einführung des Grundbuchsystemes diese Entstehungsart ebensowenig vermißt werden wie in denjenigen Gebieten, in welchen sie längst der Vergessenheit angehört. Ein Bedürfniß zu ihrer Aufrechterhaltung gegenüber dem Prinzipe des § 828 Abs. 1 ist keinesfalls vorhanden. Die durch richterliches Urtheil entstehende Hypothek hat dagegen urth-u d-r ein weit größeres Geltungsgebiet, da sie eine Eigenthümlichkeit des franz. G. B. 0en*te9, ist. Ihre Beseitigung erscheint aber umsoweniger bedenklich, als neuere Ge­ setze die Zulässigkeit der ihren Rang bedingenden Inskription erheblich ein­ schränkend). Die Interessen, welchen die Judizialhypothek dient, finden in der Zwangshypothek des Entwurfes genügenden Schutzs).

Was endlich die gesetzlichen Hypotheken betrifft, so beschränkt sich deren praktische Bedeutung im Wesentlichen ebenfalls auf die Gebiete des franz. Rechtes8). An die Stelle der römischrechtlichen Legalhypotheken sind ®?£W>‘ in einer Reihe von Staaten, namentlich in Bayern, Sachsen, Württemberg, H^oth-r. Hessen, gesetzliche Titel zur Hypothek getreten, mit der Wirkung, daß derjenige, mit dessen Forderung das Gesetz einen solchen Titel verbindet, auf Grund desselben die Eintragung unabhängig von dem Willen des Eigenthümers ver­ langen kann9). Das preuß. Gesetz über den Eigenthumserwerb rc. und die ihm nachgebildeten Gesetze sowie die Hanseat, und die mecklenb. Immobilien­ gesetze gewähren grundsätzlich derartige Titel nicht. Auch der Entwurf verhält sich im Allgemeinen b) ablehnend gegen dieselben. Bei Annahme des formellen Konsensprinzipes kann nur von einer Verpflichtung des Eigenthümers zur Hypothekenbestellung, d. h. zur Bewilligung der Eintragung einer Hypothek die Rede sein. Die Frage aber, ob und für welche Fälle das Gesetz eine solche Verpflichtung schaffen soll, ist keine sachenrechtliche; sie gehört nach dem Systeme

!) Oben S. 12 ff. a) Siehe den § 1130.

«) Code civil Art. 2121, 2122 , 2135 ff.

Sergi, die in der Anm. 2 S. 600

nachgewiesenen Gesetze. «) v. Roth, deutsch. Priv. R. § 303, Bd. 3 S. 570 ff. 5) Der Konstruktion des Rechtes auf Eintragung einer Zwangshypothek bezw. einer Arresthypothek als Hypothekentitel soll hier nicht vorgegriffen werden. Vergl.

§§ 1130, 1132 in Verb, mit § 846.

602

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

Oeffentlichkeitsprinzip.

des Entwurfes der Regelung derjenigen Verhältnisse an, auf welche die schutz­ bedürftigen Forderungen zurückzuführen finb1). d) Erstr-ckmig b) Das Oeffentlichkeitsprinzip des § 837 erfährt dadurch eine Sk.ubens"d-s Erweiterung, daß die Hypothek in ihrer Gültigkeit und Wirksamkeit von der

Krundb. Forderung abhängt, zu bereit Sicherheit sie bestellt ist. Die Landesgesetze, gorbemng. welche den öffentlichen Glauben des Grundbuches bezw. des Hypothekenbuches zum Schutze der Hypothek verwerthen, erstrecken sämmtlich diesen Schutz mehr oder weniger auch auf die Forderung. Das Oeffentlichkeitsprinzip wäre in der That nur eine halbe Wahrheit, wenn dem Erwerber einer eingetragenen Hypothek zwar das dingliche Recht, soweit dasselbe seine Lebensbedingungen nicht in der Forderung hat, die Forderung selbst aber nicht gewährleistet würde. Eine solche Beschränkung des Prinzipes könnte nur die Folge haben, daß die Neigung zur Beleihung des Grundbesitzes in den betheiligten Kreisen erheblich sich abschwächte. Das Realkreditbedürfniß kann auf volle Befriedigung nur rechnen, wenn derjenige, welcher im Vertrauen auf das Grundbuch sich eine Hypothekenforderung abtreten oder überweisen läßt, sich darauf verlaffen darf, daß er das Recht auch in Ansehung der Forderung gerade so erwirbt, wie dasselbe durch das Grundbuch nachgewiesen wird. Der Entwurf stellt deshalb auch die Forderung, soweit dieselbe zur Stütze des dinglichen Anspruches dient, unter den Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuches 2). ».Rechtliche 3. Die rechtliche Natur der Hypothek ergiebt sich aus den bisherigen Hypothe" Erörterungen.

a) dingliche Natur;

a) Die Hypothek ist gleichwie das Pfandrecht überhaupt ein dingliches Recht. In den Landesgesetzen wird diese ihre Natur mehrfach hervorgehoben 3). Die Dinglichkeit hat aber für die moderne Hypothek nicht durchweg dieselbe Bedeutung wie für die römische. Denn während sie nach röm. Rechte sich darin bethätigt, daß der Gläubiger nach Eintritt der Fälligkeit seiner Forderung

2) Der Entwurf kennt eine gesetzliche Verpflichtung zur Bestellung einer Hypothek nur in dem Sinne, daß der Eigenthümer eines Grundstückes, welcher gesetzlich zur

Sicherheitsleistung verpflichtet ist, diese Verpflichtung durch Hypothekenbestellung erfüllen kann.

Vergl. §§ 199, 202, 867, 988, 1005, 1013, 1020, 1295, 1524, 1547, 1549,

1551, 1689. Aus dem Schweigen des Entwurfes über die gesetzlichen Titel zur Hypothek,

welche in dem geltenden Rechte vorkommen, folgt an sich die Beseitigung derselben. Diese Folgerung kann jedoch mit Rücksicht auf das öffentliche Recht insoweit nicht als angemessen erachtet werden, als sie auch diejenigen gesetzlichen Hypothekentitel treffen würde, welche in einigen Bundesstaaten der Fiskus und gewisse Körperschaften und

Stiftungen wegen ihrer Forderungen in Ansehung der Grundstücke des Schuldners haben.

Das Einführungsgesetz wird deshalb bestimmen, daß die landesrechtlichen Vorschriften, in welchen diese Titel sich gründm, mit Einschluß derjenigen, nach welchen gewisse Be­ hörden befugt sind, die Eintragung der Hypothek auf Grund des Titels zu verlangen und

bei der Buchbehörde zu beantragen, unberührt bleiben, jedoch mit der Maßgabe, daß nur

eine Sicherungshypothek einzutragen ist. Anm. zur Ueberschrift dieses Titels des Entwurfes. 2) § 1083. 3) Preuß. A. L. R. I, 20 §§ 1, 8; bayr. Hypoth. Ges. § 1; sächs. G. B. § 387; altenb. Ges. § 3; preuß. Ges. über den Eigenthumserw. k. § 30.

Rechtliche Natur der Hypothek.

(§ 1062.)

603

das Grundstück in Besitz nehmen und nach einer bestimmten Zeit zum Zwecke seiner Befriedigung verkaufen kann, findet nach heutigem Rechte eine Besitz­ entsetzung des Eigenthümers und eine Verwerthung des Grundstückes zu jenem Zwecke nur im Wege der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung statt. Diese Abweichung der modernen Hypothek von der römischen betrifft aber weniger die Natur des Rechtes, als die Art und Weise der Geltend­ machung und Verwirklichung desselben. Das Wesen der Hypothek ist bedingt durch den Zweck derselben, die Befriedigung des Gläubigers aus der Sache, welche zur Sicherheit eingesetzt ist. Die Erreichung dieses Zweckes aber ist nur gesichert, wenn das Grundstück selbst dem Willen des Gläubigers unterworfen wird. Der Entwurf läßt über seine Auffaffung keinen Zweifel. Er bezeichnet die Hypothek ausdrücklich als eine Belastung des Grundstückes. Sie erstreckt sich auf das ganze Grundstück und alle einzelnen Bestandtheile desselben. Einer Verschlechterung ihres Gegenstandes kann der Gläubiger entgegentreten. Er ist befugt, zu verlangen, daß seine Forderung, sobald sie fällig ist, im Wege der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung des Grundstückes für ihn beigetrieben werde. Die Hypothek wird in ihrer Wirffamkeit weder von Ver­ fügungen des Eigenthümers über das Grundstück, noch von der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Schuldners oder des Eigenthümers in Mitleidenschaft gezogen *). b) Die Hypothek theilt mit dem Pfandrechte auch desien akzessorische,» -h-fforische Natur. Sie dient zur Sicherung einer Forderung und kann folglich ohne 9totut‘ eine solche nicht zur Entstehung gelangen. In ihrem Fortbestände hängt sie an sich von der Forderung ab, zu deren Sicherheit sie bestellt ist. Doch werden schon in den Quellen des röm. Rechtes Fälle erwähnt, in welchen das Pfand­ recht nach Aufhebung der Forderung als fortbestehend behandelt bezw. auf eine andere Forderung übertragen wird. Das deutsche Recht kannte in der neueren Satzung eine dingliche Belastung der Grundstücke, welche für den Berechtigten den Anspruch auf Beitreibung einer Geldsumme aus dem Grundstücke erzeugte, immerhin jedoch eine Forderung zur Voraussetzung gehabt zu haben scheint. Die moderne Gesetzgebung hat nur in Mecklenburg und in den freien Städten Hamburg und Lübeck von dieser Voraussetzung abgesehm, in den übrigen Staaten dagegen das Prinzip der akzessorischen Natur der Hypothek nicht beseitigt, wenn auch zum Theil erheblich abgeschwächt. Die Abschwächung liegt einmal darin, daß in dem größten Theile Preußens und einigen anderen Staaten neben der akzessorischen Hypothek eine selbständige unter dem Namen Grundschuld eingeführt ist, sodann aber auch in der Erstreckung des öffentlichm Glaubens des Grundbuches auf die durch die Hypothek gesicherte Forderung, sowie in der Zulassung der sog. Eigenthümerhypothek. Daß die Reichsgesetz­ gebung weder die Eigenthümerhypothek unterdrücken, noch auf den Schutz der Beleihung des Grundbesitzes durch den öffentlichen Glauben des Buches ver­ zichten kann, ist bereits dargelegt worden. Im klebrigen wird sich der Stand­ punkt des Entwurfes aus der folgenden Betrachtung des Verhältnisses zwischen Hypothek und Grundschuld ergeben.

t) Sergi, die §§ 1062, 1067, 1071—1075, 1078.

604

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

II. Hypothek und Grundschuld. Die selbst1. Die Gesetze, welche die Hypothek als ein selbständiges Hypothek: Recht gestalten, scheiden sich in drei Gruppen: ») in Hamburg a) Die erste Gruppe bilden die in Hamburg und Lübeck geltenden Gesetze, und Lübeck; ßeijjen Staaten hat sich das Hypothekenrecht, soweit es hier in Betracht

I.

kommt, materiell übereinstimmend, unbeeinflußt von der römischen Pfandrechts­ theorie, im Anschlüsse an die alten Formen des Rentenkaufes und der Satzung entwickelt. Das Ergebniß der Entwickelung zeigt sich am deutlichsten in dem Hamb. Ges. über Grundeigenthum und Hypotheken v. 4. Dezember 1868. Nach diesem Gesetze wird der Realkredit durch Hypothekposten vermittelt. Die­ selben zerfallen in Kapital- und Renteposten. Das Gesetz bestimmt unter An­ derem Folgendes: „Grundstücke können in den Hypothekenbüchern künftig nur mit fest bestimmten in Geldsummen dargestellten Kapitalposten oder dauernden Renten belastet werden. Bei jeder neu einzutragenden Rente ist die Kapitalsumme hinzuzufügen, mit welcher der Grundeigenthümer sie abzulösen befugt ist. Das Recht aus einem Kapital- oder Renteposten wird durch die Einschreibung oder Umschreibung desselben in den Hypothekenbüchern erworben. Die Zustimmung des Erwerbers ist zu solchen Eintragungen nicht erforderlich. Seinem Umfange nach erstreckt sich das Recht des Hypothekgläubigers auf das ganze Grundstück, dessen sämmtliche Theile und Zubehörungen. Jeder in die Hypothekenbücher eingetragene Kapitalposten begründet bis zum Beweise einer entgegenstehenden Verabredung auch die persönliche und verzinsliche Schuldverbindlichkeit des Grundeigenthümers gegen den Hypothekgläubiger. Der Letztere kann jedoch in Betreff des Kapitales diese Verbindlichkeit gegen die Person und das Vermögen des Schuldners, und zwar ohne daß es einer Loskündigung bedarf, erst dann geltend machen, wenn und soweit seine Forderung nicht bei einer Zwangs­ versteigerung des Grundstückes durch den Verkaufserlös gedeckt oder im Verkaufs­ termin kein genügendes Gebot gemacht worden ist. Die persönliche Verbindlich­ keit geht auf jeden späteren Eigenthümer des belasteten Grundstückes durch dessen Zuschreibung an ihn von selbst über. Der frühere Eigenthümer wird aber nur dann davon befreit, wenn der Gläubiger ihn ausdrücklich seiner Ver­ pflichtung entläßt oder den Nachfolger als seinen Schuldner anerkennt. Diese Anerkennung gilt namentlich dann als stillschweigend erfolgt, wenn dem neuen Eigenthümer eine Zinsquittung ohne Vorbehalt ertheilt oder der Posten dem­ selben ohne Vorbehalt gekündigt ist"1). Von einer Forderung, deren Sicherung die Eintragung bezweckte, ist in dem Gesetze nicht die Rede. Der Anspruch aus einem eingetragenen Posten hat vielmehr seinen Rechtsgrund lediglich in der Eintragung und kann daher von dem Eigenthümer nur insoweit abgewendet werden, als dies nach dem Grundsätze der formalm Rechtskraft des Buchinhaltes überhaupt zulässig ist-). Die Hypothek ist ein selbständiges Recht, durch welches das Grundstück be-

!) Ges. v. 4. Dezember 1868 §§ 11, 28, 31, 33, 34. 2) Siehe oben S. 137 ff.

Verhältniß zur Grundschuld.

(§ 1062.)

605

lastet und zugleich eine subsidiäre Zahlungspflicht des Eigenthümers hervor­ gerufen wird. Für Lübeck fehlt es an einer Kodifikation des materiellen Hypotheken­ rechtes. Die meist nur die Einrichtung der Bücher und das Verfahren regelnden Gesetze — die Stadtbuch O. v. 1818 und die Hypoth. O. (für das Gebiet) v. 1820, sowie die für den ganzen Staat erlassene Hypoth. O. v. 5. Mai 1880 — lassen jedoch erkennen, daß die Hypothek wesentlich ebenso wie in Hamburg aufgefaßt wird. Die persönliche Haftung des Eigenthümers für den Anspruch des Hypothekengläubigers ist in einer Verordnung v. 25. März

1848 geordnet. b) Die zweite Gruppe besteht aus den bezüglichen Gesetzen Mecklenburgs. Die Reformen des Hypothekenrechtes, welche hier im Anfänge dieses Jahrhunderts eingeführt wurden, knüpften an die Vorgänge in Preußen an. Erst die rev. Hypoth. O. für Landgüter v. 18. Oktober 1848 stellt, um den Gläubiger möglichst zu sichern und hierdurch den Realkredit zu heben, unter § 16 folgende Sätze auf: „1. Durch die Eintragung werden keine bloßen Sicherheitsrechte für eilte persönliche Verhaftung des die Eintragung Beantragenden, vielmehr selbständige dingliche Belastungen des Gutes existent; und ist 2. der Antrag auf Eintragung durch eine solche persönliche Verhaftung nicht nothwmdig bedingt, vielmehr solcherhalb Alles einer Vereinbarung der Betheiligten über­ lassen. 3. Ein späterer Eigenthümer des Gutes ist als solcher für seine Person nicht verhaftet". Bei dieser ausdrücklichen Anerkennung der Unabhängigkeit des hypo­ thekarischen Rechtes von einer Forderung bedarf es hier nicht eines Eingehens auf andere Bestimmungen, welche auf denselben Grundsatz zurückzuführen sind. Die aus der rev. Hypoth. O. für Landg. mitgetheilten Sätze sind meist wörtlich in die rev. Stadtbuch O. v. 21. Dezember 1857 § 19 sowie in die rev. Hypoth. O. für den Privatgrundbesitz in den Domänen rc. des Großherzogthumes Mecklenb.Strelitz v. 24. Dezember 1872 § 12 übergegangen. Die übrigen Hypotheken­ gesetze sprechen das Selbständigkeitsdogma nicht ausdrücklich aus. Doch wird der Grundsatz des Rechtsbestandes und der Unumstößlichkeit der Eintragung, ohne daß eine Forderung zur Entstehung der Hypothek verlangt würde, in dem Gesetze über die Grund- und Hypothekenbücher für den Privatgrundbesitz in den schwerinschen Domänen v. 2. Januar 1854 und in anderen Hypotheken­ ordnungen nicht minder scharf betont als in den drei oben bezeichneten Gesetzen. c) Die dritte Gruppe bilden die Gesetze, welche eine selbständige Hypothek unter dem Namen „Grundschuld" neben der akzessorischen Hypothek zulaffen.

ist jedoch durch den begrifflichen Gegensatz zwischen beiden ausgeschlossen. Man hat freilich darauf hingewiesen, daß die Hypothek auch für eine Forderung, welche lediglich von einem abstrakten Schuldversprechen nach Maßgabe der §§ 683 und 684 getragen wird, bestellt werden könne und daß nichts entgegen­ stehe, einer ohne Bezeichnung einer Forderung erklärten Eintragungsbewilligung zugleich die rechtliche Bedeutung eines durch die Eintragung gültig werdenden Schuldversprechens beizulegen. Mein die Hypothek für eine bestehende Forderung ist ein akzessorisches Recht, auch wenn die Forderung auf einem ■abstrakten Versprechen beruht. Wenn aber die Eintragungsbewilligung ohne Rücksicht auf eine Forderung so gedeutet wird, daß ihr Aussteller verspricht, die Summe zu zahlen oder zu schulden, welche auf seine Bewilligung zur Ein­

tragung gelangt, so hat man eine Hypothek, welche nicht sowohl zur Sicherung einer gorberung dient, als vielmehr die Forderung erzeugt, mithin eine selb­ ständige Hypothek, die nur die Eigenthümlichkeit hat, daß mit ihr eine persön­ liche Haftung des Bestellers verbunden ist. te^wet^u. Hiernach kann es sich nur fragen, ob die Grundschuld überhaupt auf- d«r srundsq. gegeben werden soll. Diese Frage aber muß verneint werden. Für die Vc-'" g'“^1110 Motive z. bürgert Gesetzbuch. III.

39

610

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

jahung wird hauptsächlich dreierlei geltend gemacht: die Fähigkeit der Hypothek^

dieselben Zwecke wie die Grundschuld zu erfüllen; die Schwierigkeit, die letztere juristisch zu konstruiren; die Gefahr, welcher geschäftsunkundige und unerfahrene Leute ausgesetzt werden, wenn ihnen das Gesetz die Möglichkeit eröffnet, mit Kapitalien, welche sie nicht schuldig sind, ihre Grundstücke zu belasten. Zugegeben werden kann allerdings, daß die Hypothek, wenn sie zur Sicherung eines abstrakten Schuldversprechens bestellt ist, den Gläubiger all­ gemein und, wenn die Forderung auf einem besonderen Verpflichtungsgrunde beruht, wenigstens den dritten Inhaber der Hypothek ebenso günstig stellt wie die Grundschuld. Allein zu berücksichtigen ist auch der Eigenthümer, welcher nicht selten ein Jnteresie daran hat, Kapital auf sein Grundstück aufzunehmen, ohne sich persönlich haftbar machen zu müssen. Diesem nicht unberechtigten

Interesse kann nur in dem Rahmen der Grundschuld genügt werden. Die Grundschuld ist aber auch um deswillen von Werth, weil die Eigenthümer­ hypothek nur bei Anerkennung des Dogmas von der Selbständigkeit des hypothekarischen Rechtes sich angemessen in das Rechtssystem einstigen läßt. Ein weiterer Grund hierfür ergiebt sich aus den Verhältnissen in denjenigen Gebieten, in welchen die selbständige Hypothek sich eingebürgert hat. Ihre Abschaffung würde hier voraussichtlich sehr nachtheilig auf den Verkehr ein­ wirken, ganz abgesehen davon, daß mit den vorhandenen Hypotheken dieser Art die Reichsgesetzgebung noch weit über ein Menschenalter hinaus zu rechnen hat, ohne dieselben den Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches über die Hypothek unterwerfen zu können. Das Landesrecht würde also neben dem Gesetzbuche noch lange Zeit maßgebend bleiben für einen großen Theil des Hypothekenverkehres. Hierin aber läge ein Uebelstand, der nicht blos die Rechts­ einigung in Deutschland schwer beeinträchtigen, sondern auch mit mancherlei Unzuträglichkeiten und Gefahren für das betheiligte Publikum verbunden sein würde. Die Schwierigkeiten, welchen die juristische Konstruktion der Grundschuld begegnen mag, fallen für den Gesetzgeber nicht ins Gewicht, da nicht behauptet werden kann, daß sie irgendwo zu einer Rechtsunsicherheit geführt haben. Wäre dies aber auch der Fall, so würde daraus nur folgen, daß bei der Regelung des Institutes darauf Bedacht zu nehmen wäre, den hervorgetretenen Unzuträglichkeiten durch entsprechende Bestimmungen vorzubeugen. Im Uebrigen ist die juristische Konstruktion Aufgabe der Wissenschaft. Der Einwand endlich, welcher aus der Rücksicht auf geschäftsunkundige und unerfahrene Grundbesitzer hergeleitet wird, geht weit über sein Ziel hinaus. Denn er trifft in gleicher Weise auch die Hypothek, wenn die durch eine solche gesicherte Forderung auf einem abstrakten Schuldanerkenntnisse oder Schuld­ versprechen beruht. Die Gefahr liegt nicht sowohl in dem Selbständigkeits­ dogma, welches in der Grundschuld zur Geltung kommt, als vielmehr in der Loslösung des Rechtsverhältnisses von dessen obligatorischem Grunde. Eine Gesetzgebung aber, welche die allgemeine Wechselfähigkeit und die Gültigkeit abstrakter Schuldversprechen und Schuldanerkenntniffe nicht ablehnt, darf die Grundschuld nicht aus Scheu vor dem Mißbrauche zurückweisen, der mit der­ selben getrieben werden kann.

Verhältniß zur Grundschuld.

(§ 1062.)

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Wenn die Hypothek und die Grundschuld in dem bürgerlichen Gesetz­ buchs geregelt werden, so ist damit dem praktischen Bedürfniffe genügt, gleich­ viel ob dasselbe nach den obwaltenden Verhältnissen in den einzelnen Staaten mehr für diese oder für jene Belastungsform sich geltend macht. Keinesfalls kann daraus, daß die Grundschuld in großen Gebieten als nicht passend angesehen wird, gefolgert werden, daß den Bundesstaaten die Befugniß vor­ behalten bleiben müsse, im Wege der Landesgesetzgebung die Grundschuld auszu­ schließen. Die Regelung der beiden Belastungsformen in dem Gesetzbuchs bezweckt, den Betheiligten das Recht zu verleihen, im gegebenen Falle die­ jenige Form zu wählen, welche sie für die angemessenste halten. Diesem Zwecke gegenüber würde der fragliche Vorbehalt nichts Anderes heißen, als die Einzelstaaten ermächtigen, jenes Recht der Privaten aufzuheben, ein durch die Reichsgesetzgebung als zweckmäßig eingeführtes Institut als zweckwidrig für ein bestimmtes Gebiet zu beseitigen. Eine solche Ausnahme von der Regel, daß das Reichsrecht dem Landesrechte vorgeht, an sich schon sehr mißlich, erscheint hier um so weniger am Platze, als sie die Rechtseinheit für einen der wichtigsten Theile des Privatrechtes vereiteln und zugleich ein Präjudiz schaffen würde, welches den Zweck der gegenwärtigen Kodifikation noch auf anderen Gebieten gefährden könnte. 5. Zur scharfen Abgrenzung der einen Belastungsform gegen die andere kommt es vor Allem darauf an, über das Verhältniß der persönlichen Haftung un$aftunt zur dinglichen Haftung Klarheit zu gewinnen. Bei der Grundschuld hastet der Besteller derselben an sich nicht persönlich; der Berechtigte kann nur an das Grundstück sich halten. Bei der Hypothek dagegen bestimmt sich die persön­ liche Haftung durch die Forderung, zu deren Sicherheit dieselbe bestellt ist. Es kann steilich auch hier die Frage aufgeworfen werden, ob eine Schuld sich mit der Beschränkung begründen läßt, daß der Gläubiger seine Bestiedigung im Wege der Zwangsvollstreckung nur aus einem bestimmten Vermögensstücke des Schuldners suchen dürfe. Allein ein sachenrechtliches Bedürfniß zur prinzipiellen Entscheidung dieser Streitstage des Obligationenrechtcs ist nicht anzuerkennen. Das Sachenrecht hat an sich nur die dingliche Haftung zu regeln; die persönliche Haftung gehört dem Obligationenrechte an. Ist es nun aber ein Kennzeichen der Grundschuld, daß dieselbe ohne Rücksicht auf eine vorhandene persönliche Haftung entsteht, so wäre es wenig angemessen, bei der Hypothek, welche begrifflich zur Sicherheit für eine diese Haftung bedingende Forderung dient, die Beschränkung der Haftung auf die Kräfte des Grund­ stückes zu gestatten. Die Grenze zwischen der Hypothek und der Grundschuld würde hierdurch unleugbar verdunkelt oder gar verwischt werden. Um dies

zu verhindern, geht der Entwurf davon aus, daß, wenn der Schuldner in der Eintragungsbewilligung seine Haftung auf die Kräfte des Grundstückes be­ schränkt, der Fall der Hypothek nicht gegeben ist, vielmehr nur eine Grund­ schuld eingetragen werden kann. 6. Ein anderer Punkt, welcher die Hypothek und die Grundschuld von-. Eintragung einander scheidet, ist die Begründung des Rechtes durch Eintragung auf ben Namen des Eigenthümers. Die großen Schwierigkeiten, welche der Einfügung twmets. dieses Rechtsinstitutes in den Rahmen der Hypothek entgegentreten, lassen sich

612

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

in befriedigender Weise nicht lösen, weil es an einer Forderung fehlt, welche durch die Hypothek gesichert werden könnte. Wenn dagegen das Gesetz neben der akzessorischen Hypothek in der Grundschuld eine von einer Forderung un­ abhängige Hypothek anerkennt, so erledigen sich alle Bedenken einfach dadurch, daß die Frage, ob die Eintragung von vornherein auf den Namen des Eigenthümers soll erfolgen können, auf das Gebiet der Grundschuld beschränkt wird. Durch die Bejahung der gestellten Frage für dieses Gebiet wird dem praktischen Bedürfnisse da, wo es besteht, die Befriedigung gesichert. Der Frage, ob eine bereits eingetragene Hypothek von dem Eigenthümer erworben und auf dessen Namen umgeschrieben werden kann und welchen Ein­ fluß die Erwerbung des Grundstückes seitens des Gläubigers auf die Hypothek hat, wird hier nicht vorgegriffen.

HL Hypothekenbrief.

t. Seschicht1. Die amtliche Ausfertigung einer Urkunde über die Eintragung wäeiunT b« totttmt bereits im Mittelalter vor. Insbesondere waren es die gekauften SudunbeT= Renten, welche dem Käufer verbrieft wurden. Der Rentenbrief hatte dann ur " *’ nicht selten die Bedeutung, daß das Recht auf die Rente nicht blos durch Auflassung, sondern auch durch Uebergabe des Briefes auf Grund einer Ab­ tretungserklärung veräußert werden tonnte1). Ein geschichtlicher Zusammenhang der modernen Hypothekenurkunde mit diesem alten Institute scheint jedoch nicht zu bestehen. Vielmehr lehnen sich die geltenden Gesetze, welche die Bildung einer Urkunde über die Eintragung vorschreiben, hierbei bald mehr bald weniger an die preuß. Gesetzgebung des vorigen Jahrhunderts und deren in Preußen.

Nachbildungen an. Nach der preuß. Hypoth. O. v. 20. Dezember 1783 wurden über die Eintragungen in das Hypothekenbuch Urkunden in vim recognitionis ertheilt. Ein solcher Hypothekenschein bestand in einer beglaubigten Abschrift des Foliums; er wurde mit der Urkunde über das Recht des Erwerbers, im Falle der Hypothek mit der Schuld- und Pfandverschreibung zu einem förmlichen Instrumente verbunden. Das Hypothekeninstrument diente nicht blos zur Information in Ansehung der Post, über welche es lautete, sondern zugleich zur Legitimation des Berechtigten bei dem Hypothekenbuche. Sollte eine eingetragene Forderung gelöscht oder eine Veränderung (Abtretung, Verpfändung) bei ihr eingetragen werden, so war die Vorlegung des Instrumentes erforderlich, um dasselbe in

Uebereinstimmung mit dem Buche zu erhalten 2). Der Gläubiger konnte demnach mit voller, Wirksamkeit über die Hypothekenforderung nur verfügen, wenn er sich im Besitze des Instrumentes befand. Eine Vereinfachung der Urkunde wurde durch das Ges., betr. einige Abänderungen der Hypoth. O., v. 24. Mai 1853 §§ 14 ff. erzielt. Der Hypothekenschein als Bestandtheil des Instrumentes kam in Wegfall. Statt

*) Stobbe, deutsches Priv. R. § 204. ») Hypoth. O. Tit. 2 §§ 37 ff., 169 ff., 221 ff., 241 ff., 301.

Hypothekenbrief.

(§ 1062.)

613

seiner wurde ein Auszug aus dem Buche angefertigt und mit der Schuld­ urkunde verbunden. In den Fällen der Abtretung, der Verpfändung, der Prioritätseinräumung und der theilweisen Löschung fand beim Mangel eines weiter gehenden Parteiantrages nur die Ertheilung eines abgekürzten Hypotheken­ buchauszuges, in anderen Fällen die Bildung von Instrumenten nur auf be­ sonderen Antrag statt. Die Grundb. O. v. 5. Mai 1872 hat dieses System noch weiter vereinfacht, indem sie unter §§ 119 ff. vorschreibt, daß Urkunden nur über die Eintragung von Hypotheken und Grundschulden zu bilden sind. Die rechtlichen Funktionen dieser „Hypotheken- und Grundschuldbricfe" fallen im Wesentlichen mit denjenigen der alten Hypothekeninstrumente zusammen. Das dingliche Recht des Gläubigers entsteht schon mit der Eintragung; aber seine wirksame Geltendmachung ist wesentlich davon abhängig, daß die Urkunde demselben ausgehändigt worden ist. Die Forderung kann nach den Vorschriften des Obligationenrechtes übertragen werden; aber der Erwerber kann ebensowenig wie der ursprüngliche Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke verlangen, wenn er nicht der legitimirte Inhaber des Hypotheken­ briefes ist. Ein Verzicht auf die Urkunde ist zulässig. Wenn aber eine Ver­ fügung über die Forderung eingetragen werden soll, muß ein Hypothekenbrief gebildet werden *). 2. Vergleicht man mit diesem Ergebniffe der Entwickelung des Institutes Li­ der Hypothekenurkunde das Recht der übrigen Bundesstaaten, so stellt sich Folgendes heraus: a) Die jüngsten Reformen des preuß. Hypothekenrechtes fußten wie in») m M-cki-nmehreren anderen Punkten so auch bezüglich der Hypothekenurkunde auf dem 66u“r®' ylrb"n=,

mecklenb. Rechte. Die preuß. Hypothekenbriefe sind in der Hauptsache eine schw-lg ic., Nachbildung der Hypothekenscheine, welche nach den Gesetzen Mecklenburgs über die Eintragung von Kapitalposten ausgefertigt werden?). Aus dem preuß. Rechte ist das Institut des Hypothekenbriefes in die Grundbuchgesetze für Oldenburg, Coburg-Gotha, Braunschweig rc. übergegangen. Nach dem braunschw. Ges. über den Eigenthumserwerb rc. v. 8. März 1878 § 55 geht aber die rechtliche Bedeutung der Urkunde insofern noch weiter, als daselbst für die Abtretung der Hypothek das Erforderniß der Uebergabe des Briefes an den Erwerber aufgestellt ist. Dasselbe Erforderniß ist ferner in dem anhalt. Gesetze, betr. das Pfandrecht an Immobilien, v. 13. April 1870 § 35 vor­ geschrieben. Den Hypothekenscheinen des Gesetzes für Rudolstadt v. 6. Juni 1856 §§ 71 ff. scheint eine ähnliche Auffaffung wie den preuß. Hypotheken­ urkunden zu Grunde zu liegen. !) Preuß. Grundb. O. v. 5. Mai 1872 §§ 79, 82—84, 86, 87, 91, 94, HO bis 112, 115, 119—131; A.L R. I, 11 §§ 395—400, I, 20 § 512.

s) Vergl. für beide Mecklenburg die Hypoth. O. für Landg. v. 18. Oktober 1848 §§ 13, 17, 19, 21, 28-30 und die Stadtb. O. v. 21. Dezember 1857 §§ 16, 21, 22,

25, 28—31 in Verbind, mit der revid. Jnstr. für den Stadtbuchbetrieb §§ 20 ff.; ferner für Schwerin das Gesetz über die Grund- und Hypothekenbücher für den Privat­

grundbesitz in den Domänen v. 2. Januar 1854 §§ 13, 16, 17, 19, 20, 22 ff.; für Strelitz die Hypoth. O. für den Privatgrundbesitz in den Domänen rc. v. 24. Dezember 1872 §§ 11, 28 ff.

614

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

i>) in Würtb) In Württemberg wird dem Gläubiger ein Pfandschein ausgestellt. UnMen“nb Im Falle eines Widerspruches zwischen dem Pfandbuche und dem Pfandscheine ist unter Umständen der letztere maßgebend. Die Löschung des Unterpfands­ rechtes kann nur nach Beibringung des Pfandscheines vollzogen werden^). Ebenso wird in Hessen eine Hypothek, deren Eintragung auf der Urkunde über den Titel von der Buchbehörde vermerkt ist, nur nach Wiedereinreichung dieser Urkunde gelöscht8). c) ^e®aa’ern' c) In Bayern werden nach dem Hypoth. Ges. v. 1. Juni 1822 §§ 115, Sachen, 170 ff. über die Eintragungen Rekognitionsscheine und, „wenn für eine Schuld

eine Hypothek eingetragen wurde, ein förmlicher Hypothekenbrief ausgefertigt". Der Hypothekenbrief unterscheidet sich von dem Rekognitionsscheine im Wesent­ lichen nur durch den größeren Umfang seines Inhaltes, indem er außer der amtlichen Rekognition der Eintragung Auskunft über das Grundstück und die auf demselben haftenden Vorhypotheken giebt. Die bayerischen Hypotheken­ urkunden dienen zur Information der Betheiligten; sie haben lediglich die Natur eines Beweismittels, eines amtlichen Zeugniffes darüber, daß das Hypothekenbuch diejenigen Nachrichten enthält, welche die Urkunde aus­ genommen halb). Wesentlich denselben Karakter haben die Pfandscheine in Weimar nach näherer Bestimmung des Ges. v. 6. Mai 1839 §§ 260 ff. und 324 ff. Die Rekognitionsscheine und Hypothekenbriefe des königlich sächsischen Ges., die Grund- und Hypothekenbücher rc. betreffend, vom 6. November 1843 und der denselben nachgebildeten Gesetze enthalten weder eine nähere Beschreibung des Grundstückes noch eine Angabe über die Vorhypotheken. Im Uebrigen sind sie ebenfalls eine Nachbildung der bayerischen Urkunden4). d) ™*£anid) Nach dem franz. G. B. hat der Hypothekenwahrer die Inskription der Hypothek auf dem einen Exemplar der bordereanx zu bekunden und dasselbe dann dem Antragsteller zurückzugebm. Zur Information der Be­ theiligten dienen Abschriften und Auszüge aus den Registern, welche Jedem ertheilt werden, der darum nachsucht. Läßt sich der Erwerber eines Grund­ stückes nach der Transskription seines Titels ein solches Zeugniß ertheilen, so gelten die darin etwa ausgelasienen Hypotheken ihm gegenüber als erlöschens). Die Schuld- und Pfandurkunde, welche in Baden nach der Eintragung ausgefertigt wird 6), scheint für das materielle Recht eine besondere Bedeutung nicht zu haben. i) Pfandges. v. 15. April 1825 Art. 14, 47, 149, 191 ff., 210 ff.; Hauptinstruktion §§ 147, 191 ff. 8) Ges., das Verfahren rc. betr., v. 9. Januar 1859 Art. 9, 18 ff. s) Sergi. Regelsberger, das bayr. Hypoth. R. § 21 S. 98. 4) Sergi, für das Königreich Sachsen die Verordn, v. 9. Januar 1865 §§ 185 ff., für Altenburg das Ges. v. 13. Oktober 1852 §§ 193 ff., für Reuß j. L. das Ges. v. 20. November 1858 §§ 192 ff., für Reuß ä. 8. das Ges. v. 27. Februar 1873 §§ 192 ff. ») Code civil Art. 2150, 2196, 2198. 6) Anleitung zur Führung der Grund- und Pfandbücher vom April 1868 § 103.

Hypothekenbrief. (§ 1062.)

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Die Gesetze für Hamburg und Lübeck kennen keine Hypothekenurkunden, sondern nur Auszüge aus dem Buche, deren Ertheilung an eine weitere Vor­ aussetzung als die Entrichtung der tarifmäßigen Gebühren nicht geknüpft ist1). 3. Soweit die über die Eintragung der Hypothek von der Buchbehörde ®ütbb^eune zu ertheilende Urkunde lediglich den Zweck hat, dem Gläubiger Kenntniß von gnftttute». der Eintragung zu verschaffen, bezw. einen liquiden Beweis für den Bestand des eingetragenen Rechtes in die Hand zu geben, liegt eine rein formale Ein­ richtung vor, welche in das Gebiet des Verfahrens fällt und deshalb bei der Aufstellung des Entwurfes einer Grundbuchordnung zu würdigen ist. Soweit dagegen mit der Urkunde Wirkungen verbunden werden, welche das hypothekarische Recht selber treffen, ist dieselbe von materiellrechtlicher Bedeutung. In den Landesgesetzen tritt dieser Standpunkt nicht überall klar hervor. Der Mangel an Klarheit zeigt sich insonderheit darin, daß verschiedene Gesetze, nach welchen das dingliche Recht des Gläubigers von der Hypothekenurkunde beeinflußt wird, in erster Linie die preußischen, diesen Einfluß nur aus denjenigen Vorschriften erkennen laffen, welche auf die Regelung der formalen Seite des Hypothekenwesens berechnet sind. Nichtsdestoweniger hat sich der Hypothekenbrief in der Praxis vollauf bewährt. Der Verkehr lehnt sich mit Vorliebe an ihn an und gewinnt hierdurch eine Beweglichkeit, welche auf die Neigung der Kapitalisten, dem Realkreditbedürfnifle entgegenzukommen, auf das Günstigste einwirkt. Nachdem das Institut in dem größten Theile Preußens seit mehr als hundert Jahren und in einer Reihe anderer Bundesstaaten, wenn auch verschieden benannt und gestaltet, den Hypothekenverkehr vermittelt, ohne daß seine Beseitigung jemals ernstlich versucht wäre, kann nicht daran gedacht werden, dem Hypothekenbriefe das bürgerliche Gesetzbuch zu verschließen. Freilich hat auch diese Einrichtung ihre Schattenseiten. Einmal nämlich führt sie zu einer gewiffen Abschwächung des Eintragungsprinzipes, indem die basfeit«. Urkunde zum Theil die Funktionen des Grundbuches versieht bezw. ergänzt. Sodann aber ist die Möglichkeit nicht ausgeschloffen, daß der Hypothekenbrief den Inhalt des Buches nicht richtig wiedergiebt und folglich denjenigen täuscht, der sich auf ihn verläßt. Allein ein entscheidendes Gewicht kann diesen Un= b"e zuträglichkeiten nicht beigemessen werden. Die Abschwächung des Eintragungs­ prinzipes durch den Hypothekenbrief ist nur von theoretischem Belange und deshalb ohne Bedeutung gegenüber den praktischen Rücksichten, welche die Aufnahme dieses Institutes erheischen. Ein Widerspruch zwischen dem Briefe und dem Buche aber kann nur höchst selten vorkommen, wenn vorgeschriebcn wird, daß zum Nachtheile des Gläubigers bei der Hypothek eine Veränderung in das Grundbuch nicht eingetragen werden darf, ohne daß der Hypothekenbrief vorliegt und die Eintragung auf ihm vermerkt wird. Eine solche Vorschrift ist in der That unerläßlich. Sie gehört aber, da sie zur Regelung des Ver­ fahrens dient, in die Grundbuchordnung. Der Beamte, welcher sie verletzt. *) Hamb. Ges. über Grundeigenthum und Hypotheken -§§ 5, 28; lüb. Grundb. O. v. 5. Mai 1880 § 18.

v. 4. Dezember 868

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Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

macht sich verantwortlich. Die Eintragung selbst aber wird dadurch nicht ungültig, daß ihre Vermerkung auf dem Hypothekenbriefe unterbleibt. Bei einer Kollision zwischen dem Buche und dem Briefe muß ersteres vorgehen. Eine Einschränkung erleidet die der Grundbuchordnung vorbehaltene Bestimmung in dem Falle, wenn die Hypothek bei der Zwangsversteigerung ausgefallen und dadurch erloschen ist. In diesem Falle kann die Löschung der Hypothek nicht von der Vorlegung des Hypothekenbriefes abhängig gemacht werden und folglich die Gefahr entstehen, daß der bisherige Gläubiger den Besitz der Urkunde dazu mißbraucht, das erloschene Recht, als ob es noch bestände, auf einen mit der Zwangsversteigerung unbekannten Dritten zu über­ tragen. Allein diese Gefahr darf nicht überschätzt werden. Einmal nämlich ist vorauszusetzen, daß die Zwangsversteigerung durch das mit der Ladung zu dem Vcrsteigerungstermine zu verbindende Aufgebot der dinglich Berechtigten *) eine gewisse Oeffentlichkeit erhalten wird. Sodann handelt es sich hier regel­ mäßig nur um Hypotheken, welche nicht zweifellos sicher sind und als solche schon durch den Inhalt der Urkunde sich zu erkennen geben. Wer eine so zweifelhafte Hypothek erwirbt, wird sich dabei entweder durch persönliche Rück­ sichten gegen den bisherigen Gläubiger oder den Eigenthümer oder aber durch dm niedrigen Erwerbspreis leiten lassen. In jenem Falle kennt er von vorn­ herein die Verhältnisse, und in diesem wird er als Spekulant sich nicht die Mühe verdrießen lassen, dieselben kennen zu lernen, und deshalb das Grundbuch einsehen. Als Gegenstände des Verkehres sind derartige Hypotheken von der Gesetzgebung nicht besonders zu berücksichtigen, zumal die bezüglich ihrer mit dem Institute des Hypothekenbriefes verbundene Gefahr kaum anders zu denken ist, als wenn man zugleich einen Betrug unterstellt, gegen den das Straf­ gesetzbuch Schutz zu gewähren bestimmt ist. Rechtlich« 4. Die rechtliche Natur des Hypothekenbriefes wird sich aus den VorHypocheken- schriftkn ergeben, welche der Entwurf zur Regelung dieses Institutes aufstellt, briks-r. Dabei wird es vornehmlich darauf ankommen, die Konsequenzen aus dem

Zwecke desselben schärfer und deutlicher zu ziehen, als in den meisten Landes­ gesetzen geschehm ist. Der Hauptzweck des Briefes ist der, die Uebertragung der Hypothekenforderung zu erleichtern. Dieser Zweck aber kann möglichst vollständig nur erreicht werden, wenn die Uebertragung nicht nach § 828 au die Eintragung in das Grundbuch, sondern wie bei Wechseln und anderen Werthpapieren an die Uebergabe der Urkunde geknüpft wird. Eine solche Abweichung von dem Eintragungsprinzipe läßt sich aber gegenüber den An­ forderungen, welche der Verkehr an die Regelung der Uebertragung stellt, nur rechtfertigen, wmn das Gesetz dafür sorgt, daß von der Uebertragung durch Uebergabe des Briefes mit derselben Sicherheit, welche die Eintragung in das Grundbuch bietet, Gebrauch gemacht werden kann. Der Inhaber des Hypotheken­ briefes, auf welchen die Hypothekenforderung durch Abtretung oder durch Ueberweisung im Wege der Zwangsvollstreckung übertragen worden ist, muß daher, wenn die Uebertragungsurkunden auf den eingetragenen Gläubiger zurückführen, über die Hypothek mit derselben Wirkung verfügen können, wie ') Oben S. 150 (3).

Hypothekenbrief.

(§ 1062.)

617

wenn er selbst die Eintragung als Gläubiger erlangt hätte. Der Schutze welchen der öffentliche Glaube des Grundbuches dem Erwerber gewährt, erweitert sich auf diese Weise dahin, daß Mängel im Rechte eines nicht eingetragenen Vormannes, welche weder aus dem Grundbuche noch aus dem Hypothekmbriefe oder den Uebertragungsurkunden hervorgehen, dem Erwerber gegenüber die Wirkung versagen, es sei denn, daß sie bei der Erwerbung demselben anderweit bekannt geworden sind. Diese Verbindung des Gläubigerrechtes mit dem Hypothekenbriefe nöthigt aber den Gesetzgeber, auch auf den Schutz des Eigenthümers bedacht zu sein. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen kann der Eigenthümer, wenn das Recht aus der Hypothek gegen ihn geltend gemacht wird, nur den Beweis des Rechtes bezw. der Erwerbung desselben seitens desjenigen verlangen, der als der Be­ rechtigte auftritt. Dieser Beweis ist aber hier nicht genügend, weil er nicht ausschließt, daß der Erwerber der Hypothek inzwischen über dieselbe zu Gunsten eines Dritten verfügt hat. Hiergegen kann der Eigenthümer nur dadurch ge­ sichert werden, daß ihm der Gläubiger durch Vorlegung des Hypothekenbriefes und der Erwerbungsurkunden beweism muß, daß er noch jetzt der Gläubiger sei. Der Hypothekenbrief hat in dieser Beziehung Aehnlichkeit mit einem Orderpapiere, namentlich einem Wechsel; es besteht hauptsächlich nur der Unter­ schied, daß bei einem solchen das Indossament, hier die Abtretungserklärung, zum Beweise des Rechtsüberganges gehört. Die Parallele zwischen dem Hypo­ thekenbriefe und dem Wechsel bewährt sich ferner darin, daß der Gläubiger, wenn er von dem Eigenthümer des Grundstückes, bezw. von dem Schuldner befriedigt wird, demselben die Urkunde auszuhändigen hat. Die weitere Durch­ führung des Prinzipes und die Modifikationen, welche dasselbe erleidet, werden bei Begründung der betreffenden Paragraphen dargelegt werden. 5. Während die Hypothek mit Hypothekenbrief (Briefhypothek) in großen»- »iGebieten des Reiches als unerläßliche Stütze des Realkredites angesehen wird, hat sich in denjenigen Gebieten, in welchen das Grundbuch allein den Hypototfthekenverkehr vermittelt, ein Bedürfniß, hieran etwas zu ändern, bisher nicht hcrausgestellt. Die Reichsgesetzgebung hat daher keine Veranlaffung, dem Ver­ kehre in diesen Gebieten die Möglichkeit zu entziehen, an der Hypothek ohne Hypothekenbrief (Buchhypothek) festzuhalten. Ein Bedenken gegen die Zulaffung dieser Kategorie macht sich um so weniger geltend, als auch in Preußen und Mecklenburg der Verzicht auf Ausfertigung der Hypothekenurkunde gestattet ist1), mithin neben der Briefhypothek auch die Buchhypothek vorkommt. Die Rechts­ einheit wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da die Zulaffung zweier Kategorieen für das ganze Reich gelten und nur die thatsächliche Folge haben wird, daß in diesen Gebieten die eine, in jenen die andere Gattung an Zahl überwiegt. Eine Bestimmung freilich, wie die der preuß. Grundb. O. § 129, daß im Falle der Eintragung einer Veränderung bei einer Hypothek, über welche eine Ur­ kunde nicht gebildet ist, die nachträgliche Bildung geschehen müffe, ist vom

*) Preuß. Grundb. O. § 122; v. Meibom, das mecklenb. Hypoth. R. § 20

S. 149.

In Braunschweig ist der Verzicht unzulässig.

618

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

Standpunkte des Entwurfes nicht annehmbar. Vielmehr muß die Buchhypothek, um dem praktischen Bedürfnisse in den Gebieten ihrer Geltung zu genügen, gleichwerthig neben der Briefhypothek stehen, d. h. ebenso wie diese verkehrs­ fähig gestaltet werden. Eine solche Gestalt gewinnt die Buchhypothek, wenn bezüglich ihrer das Eintragungsprinzip in dem Sinne zur Durchführung ge­ langt, daß die Uebertragung der Hypothekenforderung von der Eintragung in das Grundbuch abhängig gemacht wird. «. Verhältniß 6. Für die technische Behandlung der beiden Kategorieen in dem GesetzDri-sh,p°thki buche fragt es sich, ob der Hypothekenbrief von Amtswegen oder nur auf HyP«th-k ^ntra9 ertheilt werden soll. Nach denjenigen Gesetzen, welchen die Brief­ oha« Hypothek eigen ist, erscheint ein Antrag nicht erforderlich. Es erklärt sich dies 6Tri«f.,ens daraus, daß dort die Buchhypothek der Verkehrsfähigkeit ermangelt und deshalb als die minderwerthige Form angesehen wird. Faßt man dagegen beide Formen als gleichwerthig auf, so muß der Fall der Buchhypothek als der Regel­ fall unterstellt werden. Denn da in dem Entwürfe die übrigen Rechte an Grundstücken, von der Grundschuld abgesehen, lediglich auf der Voraussetzung eines Grundbuches geordnet, mit einer außerhalb desselben bestehenden verkehrs­ fähigen Urkunde aber nicht in Verbindung gebracht sind, so liegt in der Zulassung einer Hypochek, bei welcher gewiße Funktionen des Buches von dem Hypothekenbriefe versehen werden, vom Standpunkte des Gesetzgebers eine Modifikation des normalen Verhältnisies. Demnach muß zunächst die Buch­ hypothek geordnet und im Anschluffe hieran die Briefhypothek durch nähere Bestimmung ihrer Abweichungen von dem Normalfalle geregelt werden. Hiergegen wird freilich eingewendet, daß der Hypothekenverkehr in den bisherigen Geltungsgebieten der Briefhypothek es als eine Störung empfinden werde, wenn bei jeder Bestellung einer Hypothek zur Er­ langung eines Hypothekenbriefes eine besondere Erklärung abgegeben werden müffe. Allein dieser Einwand erscheint nicht gerechtfertigt; denn die erforderliche Erklärung ist so einfach, daß die Nöthigung zu ihrer Abgabe Niemanden belästigen, geschweige denn eine Störung im Verkehre Hervorrufen kann. Die geringe Mühe, welche sie verursacht, wird nur die Notare und die Grundbuchämter treffen, aber weder von diesen noch von jenen als eine Er­ schwerung der Geschäfte betrachtet werden. Mit der Ertheilung des Hypotheken­ briefes von Amtswegm verbindet sich überdies die Unzuträglichkeit, daß weniger geschäftskundige Leute einen Hypothekenbrief erhalten, obschon sie ein Jntereffe an demselben nicht haben und, wenn ihnen ihr Recht zum Verzichte auf die Ausfertigung bekannt wäre, darauf verzichten würden, schon um dem Schuldner Kosten zu ersparen und sich selbst der Sorge um die Aufbewahrung der Urkunde überhoben zu sehen. Fälle, in welchen Hypothekenbriefe verloren gehen, sind durchaus nicht selten und die mit dem Aufgebote verbundenen Kosten und Weiterungen ost recht drückend. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß auch da, wo jetzt der Hypothekenbrief von Amtswegen ertheilt wird, bei dem Erforderniffe einer hierauf gerichteten Erklärung eine solche häufig zum

Vortheile der Betheiligten unterbleiben wird. Ein weiteres Bedenken wird daraus hcrgeleitet, daß bei jeder Hypothek, über welche ein Brief gebildet wird, dies in das Grundbuch eingetragen

Sicherungshypothek.

(§ 1062.)

619

werden müsse1). Mein diese Eintragung wird nur wenige Worte erfordern und deshalb weder die Geschäfte der Grundbuchämter vermehren noch eine Ueberfüllung des Buches herbeiführen. Wenn dagegen auf die vor der Geltung des bürgerlichen Gesetzbuches bestellten, ohne Erwähnung des gebildeten Hypothekenbriefes eingetragenen Hypotheken hingewiesen wird, so muß die Frage, ob bezüglich dieser die nachträgliche Eintragung der Bildung des Briefes vorzuschreiben ist, der Entscheidung durch die in das Einführungsgesetz gehören­ den Uebergangsbestimmungen vorbehalten bleiben.

IV. Sicherungshypothek. 1. Wenn das Gesetz den Schutz, welchen es durch den öffentlichen!. Bedürfniß. Glauben des Grundbuches der Erwerbung dinglicher Rechte gewährt, bei der Hypothek auf die Forderung erstreckt, so läßt sich dies nur dadurch rechtfertigen, daß die Hypothek nur auf diesem Wege die im Jntereffe des Realkredites nöthige Verkehrsfähigkeit erlangen kann. Der Gesetzgeber muß aber auch die Fälle berücksichtigen, in welchen die Betheiligten von vornherein gar nicht die Absicht haben, in der Hypothek einen Verkehrsgegenstand zu schaffen, der Zweck der Hypothekenbestellung vielmehr einzig und allein der ist, Sicherheit für die Erfüllung einer Verbindlichkeit zu leisten. Richt selten fordert schon die Rück­ sicht auf die Verhältniffe, daß die Hypothek nicht in den Verkehr gebracht werde; so namentlich wenn für die gegen einen Vormund aus der Verwaltung des Mündelvermögens oder gegen einen Beamten aus der Amtsführung ent­ stehenden Forderungen eine Hypothek eingetragen wird. Auch kommt hier die sog. Kredithypothek in Betracht, da, wenn jemand einem Anderen für den ihm von demselben in laufender Rechnung zu gewährenden Kredit hypo­ thekarische Sicherheit leistet, die Meinung beider die sein kann, daß die Hypothek nur für die dem Kreditgeber bei der Beendigung des Verhältniffes zustehende Forderung bestellt sein solle. In diesen und ähnlichen Fällen kann die Hypothek nach dem Zwecke, welchen die Betheiligten mit ihrer Begründung verfolgten, nur insoweit geltend gemacht werden, als die Forderung, zu deren Sicherheit sie eingetragen wurde, wirklich zur Entstehung gelangt und nicht bereits wieder aufgehoben ist. Die Berufung auf den öffentlichen Glauben des Grundbuches muß insoweit, als der dingliche Anspruch von der Forderung abhängt, aus­ geschloffen sein, weil sonst der Eigenthümer gegenüber einem Sondernachfolger des Gläubigers in eine Lage gerathen könnte, welche jenem Zwecke zuwider­ laufen und mit der Gerechtigkeit sich nicht vereinigen laffen würde. Dem hiernach vorhandenen Bedürfnisse wird unter der Herrschaft der­ jenigen Gesetze, nach welchen die normale Hypothek auch in Ansehung der Forderung unter dem öffentlichen Glauben des Grundbuches steht, durch die sog. Kautionshypothek Rechnung getragen. Doch sind die der Regelung dieser Kategorie dienenden Vorschriften äußerst spärlich. Das preuß. A. L. R. hat nur die Bestimmung: „Soweit wegen künftiger Ansprüche Kaution ge­ fordert und geleistet werden kann, soweit können dergleichen Ansprüche auch *) Sergi. § 1106 Abs. 2.

620

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

durch Pfand oder Hypothek sichergestellt werben"1). Und in dem Gesetze über den Eigenthumserwerb rc. heißt es unter § 24: „Wenn die Größe eines An­ spruches zur Zeit der Eintragung noch unbestimmt ist (Kautionshypotheken), so muß der höchste Betrag eingetragen werden, bis zu welchem das Grundstück haften soll". Außerdem enthält dieses Gesetz nur noch unter § 67 den Satz, daß die 88 63—66, welche die Eigenthümerhypothek betreffen, auf Kautions­ hypotheken keine Anwendung finden. Eine weitere Ausbildung hat die Kautionshypothek auch in den dem preuß. Gesetze über den Eigenthums­ erwerb rc. in Oldenburg, Coburg-Gotha, Braunschweig rc. nachgebildeten Gesetzen nicht erfahren. Die Gesetze anderer Staaten ergeben meist nur, daß auch für künftige Forderungen Hypothek bestellt werden kann, daß aber eine solche gleichwie die normale Hypothek stets mit einer bestimmten Summe als Ultimat in das Grundbuch bezw. das Hypothekenbuch eingetragen werden muß 2). Das Erforderniß der Bestimmtheit des Betrages, durch welchen die Haftung des Grundstückes begrenzt wird, ist nur eine Konsequenz des Spezialitätsprinzipes, nach welchem das Grundbuch im Jntereffe der Rechts­ sicherheit darüber Auskunft geben muß, bis zu welchem Betrage das Grundstück kraft des hypothekarischen Rechtes in Anspruch genommen werden kann. Im Uebrigen scheint man es meist für selbstverständlich zu halten, daß nach der Natur des Rechtsverhältnisses bei der Kautionshypothek ein Anspruch aus der letzteren nur insoweit gegeben ist, als der Bestand der Forderung dem Eigen­ thümer nachgewiesen bezw. nicht von demselben ein die Forderung treffender Einwand erhoben und dargethan wird»). s.,-ution». 2. Vom Standpunkte des Entwurfes ist die Kautionshypothek eine Hypothek, derart der Sicherungshypothek1). Das Wesen der letzteren aber besteht

darin, daß auf dieselbe diejenigen für die normale Hypothek geltenden Vor­ schriften, welche den öffentlichen Glauben des Grundbuches auf die Forderung erstrecken, keine Anwendung leiden»). Hieraus folgt dann, daß der Eigen­ thümer in der Vertheidigung gegen den hypothekarischen Anspruch, soweit die­ selbe sich gegen die Forderung richtet, nicht beschränkt ist. Die weiteren Ab­ weichungen der Sicherungshypothek von der normalen Hypothek können zweck­ mäßig erst später dargelegt werden. Einstweilen genügt es hervorzuheben, daß der Sicherungshypothek die Institute des Hypothekenbriefes und der Eigen­ thümerhypothek fremd sind«). Eine Kautionshypothek kann nicht blos für eine zukünftige, sondern auch für eine gegenwärtige Forderung bestellt werden. Auch ist es nicht ganz korrekt.

!) A. L. R. 1,20 § 14. ») Sergi, bayr. Hypoth. Ges. §§ 11, 19; sächs. G. B. §§ 370, 389; württemb. Pfandges. Art. 11; mecklenb. rev. Stadtb. O. § 13. •’) Siehe v. Roth, deutsches Priv. R. §301, und die von demselben angeführten Schriftsteller, ferner Siegmann, sächs. Hypoth. O. S. 119, und Fischer, preuß. Priv. R. § 41 S. 244. 4) § 1129 Abs. 1. ») § 1125. «) §§ 1127, 1128.

wenn gesagt wird, die Kautionshypothek setze voraus, daß der Betrag der Forderung noch ungewiß sei. Denn die Ungewißheit ist an sich ein rein subjektiver Zustand, an welchen hier, wo es sich um das die Kautionshypothek objektiv von der normalen Hypothek unterscheidende Merkmal handelt, das Gesetz seine Vorschrift nicht knüpfen kann. Dieses Merkmal kann nur den Angaben der Betheiligten bei der Begründung des hypothekarischen Rechtes entnommen werden. Die normale Hypothek findet nur statt, roenn die Forderung nicht blos dem Grunde, sondern auch dem Betrage nach als eine bestimmte angegeben wird, gleichviel ob sie schon besteht oder nicht. Wird dagegen die Feststellung des Betrages der Forderung auf eine spätere Zeit vertagt, so kann nur eine Kautionshypothek eingetragen werben1). 3. Eine weitere Unterart der Sicherungshypothek ist die Zwangs- 3-Zwangs­ hypothek, welche nach dem Entwürfe an die Stelle der sog. Judikats- oder 6’pot6et Judizialhypothek des geltenden Rechtes treten soll. Die C. P. O. überläßt unter § 757 der Landesgesetzgebung die Be- Fr-n,. z»stimmung, inwiefern der Gläubiger berechtigt ist, im Wege der ZwangsVollstreckung seine Forderung in das Hypothekenbuch eintragen zu lassen, und wie die Eintragung zu bewirken ist. Unter den Landesgesetzen geht in dieser Hinsicht am weitesten das franz. G. B. Nach Art. 2117 wird durch jedes Urtheil, ohne Rücksicht auf dessen Rechtskraft, und durch gewisse gericht­ liche Akte eine Hypothek an den gegenwärtigen und zukünftigen Grundstücken des Schuldners begründet. Als solche Akte bezeichnet der Art. 2123 des reconnaissances ou veriflcations sattes en jugement, des signatures apposöes ä. un acte obligatoire sous seing prive. Die Judizialhypothek ist zwar nach Art. 2148 dem Jnskriptionszwange unterworfen. Aber nur ihr Rang, nicht ihre Entstehung ist, wie aus Art. 2134 erhellt, durch die Inskription bedingt 2). In Deutschland hat die Gesetzgebung diesen Gegenstand anders behandelt. Sie knüpft zunächst schon die Entstehung der Hypothek nicht an das Urtheil rc., zwangs" sondern an die auf Grund des Urtheiles bezw. des vollstreckbaren Titels er- °°aftr folgende Eintragung in das Hypothekenbuch; auch unterliegt die Eintragung den allgemeinen Grundsätzen des Hypothekenrechtes, insonderheit dem Spezialitäts­ prinzipe. Im Uebrigen lassen sich die betreffenden Gesetze in zwei Gruppen scheiden. Die eine Gruppe lehnt sich an das richterliche Pfandrecht des gemeinen marttem. Rechtes an. Hierher gehören die Pfandgesetze für Württemberg Art. 46 und b^”'b Hessen Art. 24, indem sie dem Gläubiger, wegen dessen Forderung die Zwangs­ versteigerung eines Grundstückes des Schuldners gerichtlich angeordnet ist, die Befugniß beilegen, die Forderung auf dieses Grundstück in das Hypothekenbuch eintragen zu lassen. In anderen Staaten wird das Recht auf Eintragung einer Hypothek durch Immission in das unbewegliche Vermögen des Schuldners erworben; die Grundstücke, auf welche die Eintragung erfolgt, bestimmt der Richter; so namentlich in Meiningen nach den Gesetzen v. 15. Juli 1862 *) §§ 1062, 1129. *) Die franz. Judizialhypothek hat in Baden ihren Karakter beibehalten. Vergl. bie Anleitung zur Führung der Grund- und Pfandbücher vom April 1868 §§ 109 ff.

622

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

Art. 16 und v. 2. Mat 1865 8 1. In Bayern, wo nach dem Hypothekenges. v. 1. Juni 1822 § 12 Nr. 12 ebenfalls die Immission Voraussetzung desHypothekentitels war, ist dieser Standpunkt von der Gesetzgebung aufgegeben worden i). ^Bayern'"' Die Gesetze der zweiten Gruppe verwerthen den Gedanken, auf welchem Sachsen rc. die franz. Judizialhypothek beruht, in den Grenzen, die demselben durch das moderne Hypothekenrecht gezogen sind. Geschichtlich nehmen sie ihren Ausgang von der älteren Gesetzgebung Preußens. Hier bestimmte nämlich für den Geltungsbereich der Allg. Ger. O. die Verordn, v. 4. März 1834 8 22: „Der Gläubiger erwirbt durch solche Erkenntnisse, Vergleiche und Zahlungsverfügungen, aus welchen eine Exekution stattfindet, für Kapital, Zinsen und Kosten, und für die Kosten der Eintragung, einen Titel zum Pfandrecht auf die dem Schuldner zugehörigen Immobilien". Dieser Titel wurde dadurch verwirklicht, daß unabhängig von dem Willen des Schuldners eine Hypothek für die Forderung des Gläubigers im Wege der Exekution eingetragen wurde. Durch das Gesetz, betr. die Zwangsvollstreckung, in das unbewegliche Vermögen, v. 13. Juli 1883 88 1, 6—12 ist der Gegen­ stand, und zwar für den Geltungsbereich der Grundb. O. v. 5. Mai 1872, neu geordnet. Danach kann der Gläubiger, sobald seine Forderung voll­ streckbar ist, die Eintragung auf die Grundstücke des Schuldners verlangen. Ist die Forderung nur vorläufig oder nur gegen Sicherheitsleistung voll­ streckbar oder besteht der Schuldtitel in einer vollstreckbaren Urkunde oder in einem vollstreckbaren Vergleiche, so wird die Hypothek nicht endgültig, sondern nur als Vormerkung eingetragen. In Bayern, wo die Zwangshypothek durch das Gesetz v. 29. Ma. 1886 Art. 40 ff. ebenfalls neu geregelt ist, kann der Gläubiger in allen Fällen zunächst nur die Vormerkung einer Hypothek ver­ langen. Die endgültige Eintragung findet erst statt, nachdem durch ein be­ sonderes Verfahren vor dem Hypothekenamte festgestellt ist, daß der Schuldner Einwendungen gegen den Anspruch oder das Vollstreckungsrecht des Gläubigers in der vorgeschriebenen Weise nicht geltend gemacht hat. In Sachsen (König­ reich), Oldenburg, Weimar, Altenburg, Coburg-Gotha, Sondershausen und beiden Reuß ist die materiellrechtliche Seite der Zwangshypothek wesentlich

ebenso geordnet wie in Preußen 2). *) Bisher war es streitig, ob die Vorschrift des Hypoth. Ges. § 12 Nr. 12 noch

Geltung hatte.

(Graf, in seiner Ausgabe des v. Gönnerschen Kommentars :
> »°enb. 2. Der Eigenthümer kann die für einen früheren Eigenthümer >mt-rben Erben erhoben wird, so kann dieser, sofern er das Jnventarrecht nicht Zwangs» b) Inwiefern die Zwangsversteigerung des Grundstückes die auf Versteigerung. j)Cmfe[ßen haftenden Hypotheken beseitigt, hat das Gesetz über die Zwangs­

vollstreckung in das unbewegliche Vermögen zu bestimmen5).

1) Ges. über den Eigenthumserw. rc. §§ 57, 58, 63—66 in Verbindung mit der Grundb. O. § 94. 2) Oben S. 137-140. 3) A. L. R.I, 16 § 2; sächs. G. B. §■ 450; bayr. Hypoth. Ges. § 76. 4) Vergl. die §§ 783 ff. und den § 1071 des Entwurfes. s) Anm. zur Überschrift des dritten Abschn. des Entwurfes.

Erlöschungsgründe.

(§ 1091.)

717

c) Der Einfluß der Zwangsenteignung des Grundstückes auf biccxsnteigmmg Hypotheken richtet sich nach den Landesgesetzen, da diesen die Regelung der Enteignung Vorbehalten bleibt Dasselbe gilt in Ansehung der agrarrehtlichen Prozeduren*). d) Dadurch, daß die Hypothek mit dem Eigenthums in derselben Person sich vereinigt, erlischt sie nach § 835 nicht.

**>.8ers m9""9

e) Die Aufhebung der Hypothek durch Rechtsgeschäft wird in 6ge^“5

den § 1091 von der Löschung abhängig gemacht. f) Ist die Hypothek unter einer auflösenden Bedingung ein-0Bedingung getragen, so erlischt sie gemäß §§ 129 und 130, wenn die Bedingung erfüllt wird. Dasselbe findet nach § 871 statt, wenn der Besteller der Hypothek das Eigenthum in Folge einer die Dauer desselben beschränkenden Bedingung verliert. g) Mit der unter einem Endtermine stehenden Hypothek verhält es sich «Endtermin, nach §§ 142 und 871 ebenso wie mit der auflösend bedingten Hypothek. Diese Lösung entspricht dem bayr. Hypoth. Ges. § 72 und den Gesetzen, die Grundund Hypothekenbücher rc. betr., für Altenburg § 103, Reuß ä. L. § 101 und Reuß j. L. § 102. Nach den Gesetzen für Rudolstadt §§ 42, 43, Anhalt § 9 und Nassau § 39 begründet der Eintritt des Endtermines, welcher der Hypothek beigefügt ist, nur einen Titel zur Löschung. Nach dem preuß. A. L. R. I, 20 §§ 56 ff. und dem württemb. Pfandges. Art. 126, 127 ist zu unterscheiden, ob der Eigenthümer das Pfandrecht für eine eigene oder für eine fremde Schuld bestellt hat. In dem ersteren Falle gilt die Beifügung der Zeit im Zweifel als Bestimmung des Zahlungstermines. Das württemb. Gesetz gestattet indeffm die Verabredung, daß durch den Zeitablauf das Pfandrecht selbst erlöschen solle, während nach dem preuß. A. L. R. eine solche Verabredung ohne Wirkung ist. Den zweiten Fall unterwirft das A. L. R. den Vorschriften über eine auf eine bestimmte Zeit übernommene Bürgschaft (I, 14 §§ 320 ff.). Eine solche Bürgschaft erlischt, „wenn der Gläubiger den Hauptschuldner nicht spätestens am dritten Tage nach Ablauf dieser Zeit belangt oder die Klage nicht fortgesetzt hat". In Württemberg hat der Gläubiger eine Frist von dreißig Tagen. Andere Gesetze haben die Unterscheidung, auf welcher die Regelung in Preußen und in Württemberg beruht, fallen lassen. So bestimmt das heff. Pfandges. Art. 147, daß das Pfandrecht mit dem Ablaufe der Zeit erlischt, wenn nicht innerhalb sechzig Tagen vorher die persönliche oder die hypothekarische Klage erhoben und die Erhebung der Klage im Hypothekenbuche vermerkt ist. Nach dem sächs. G. B. § 451 bewirkt der Zeitablauf das Erlöschen der Hypothek, „dafern nicht vorher Konkurs zum Vermögen des Eigenthümers des Grund­ stückes eröffnet, oder die Pfandklage bei Gericht angebracht, und eine die Konkurseröffnung oder die Anbringung der Klage betreffende Eintragung im Hypothekenbuche bewirkt worden ist Die Verlängerung oder Erneuerung einer auf Zeit bestellten Hypothek gilt als Bestellung eines neuen Pfandrechtes und ist als solches einzutragen". Die Schwierigkeiten, welche hiernach einer angemeffenen Regelung der auf Zeit bestellten Hypothek entgegenstehen, sind im Wesentlichen dieselben. *) Sinnt, zur lleberschrift dieses Buches I d, £

718

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

welche den Entwurf bestimmten, sich einer Regelung der auf Zeit eingegangenen Bürgschaft zu enthalten. Es kann daher hier bei den Vorschriften des all­ gemeinen Theiles über den Endtermin um so mehr belassen werden, als zeitlich begrenzten Hypotheken eine praktische Bedeutung von irgend welcher Erheblich­ keit nicht beizumessen ist. Im einzelnen Falle wird es freilich mitunter fraglich sein, ob überhaupt ein reiner Endtermin in der Absicht der Betheiligten ge­ legen hat. Die erwähnten Gesetze enthalten zum Theil die Auslegungsregel, daß, wenn die Hypothek nur auf eine gewisse Zeit bestellt ist, doch davon aus­ gegangen werden müsse, daß nach der Absicht der Betheiligten die Hypothek mit dem Endtermine nicht erlöschen solle, sofern sie vor Eintritt desselben gerichtlich geltend gemacht werde. Ein Bedürfniß für eine derartige Aus­ legungsregel ist aber nicht anzuerkennen. Der Richter kann in jedem Falle, der zu seiner Entscheidung gelangt, den Sinn des dinglichen Vertrages fest­ stellen. Ist dieser Sinn der, welchen jene Gesetze unterstellen, dann ist die Hypothek als unter einer auflösenden Bedingung eingetragen anzusehen und folglich bis zum Eintritte derselben auch gegen Dritte wirksam, ohne daß die Rechtshängigkeit einzutragen ist. Der Grundsatz des öffentlichen Glaubens des Grundbuches leidet hierunter nicht, da die Art der Eintragung jeden, der ein Interesse daran hat, darauf hinweist, die Auskunft darüber, ob die Bedingung eingetreten ist, außerhalb des Grundbuches zu suchen. h> Ablaus h) Nach dem franz. G. B. Art. 2154 wird die Inskription einer ii*en g’ift Hypothek wirkungslos, wenn sie nicht vor Ablauf von zehn Jahren erneuert

wird. In Baden, wo die Frist auf dreißig Jahre verlängert ist, wird in Gemäßheit des Gesetzes, die Bereinigung der Unterpfandbücher betr., v. 5. Juni 1860 die Hypothek erst nach fruchtlosem Aufrufe der betheiligten Gläubiger in dem Buche gestrichen. Rach dem Pfandges. für Weimar § 186 verliert die Eintragung sowie die Vormerkung eines Pfandrechtes ihre Wirkung mit dem Ablaufe von 50 Jahren nach der Eintragung oder Vormerkung oder deren Erneuerung. Für das franz. Recht liegt der Grund der gedachten Vorschrift in der mangelhaften Einrichtung der Jnskriptionsregister sowie in der Um­ ständlichkeit und Kostspieligkeit des Löschungsverfahrens. Für den Entwurf trifft dieser Grund nicht zu, da das nach seinem Systeme angelegte Grund­ buch die leichte und zuverlässige Auffindung jedes einzelnen Grundstückes und der Belastungen desselben gewährleistet und folglich nicht der Besorgniß Raum giebt, daß seine Führung durch Anhäufung alter Hypotheken erschwert werden möchte, die Löschung aber in einfacher Weise zu erlangen ist und die Kosten, welche sie verursacht, in keinem Verhältnisse stehen zu der Gefahr, welcher die Vorschrift des franz. Rechtes den Gläubiger aussetzt. In Weimar scheint nach § 188 a. a. O. die Frist die Bedeutung einer Verjährungsftist zu haben. Die Hypothek des Entwurfes dagegen ist nach § 847 unverjährbar. Von einer zeitlichen Begrenzung der Hypothek durch das Gesetz muß demnach abgesehen werden. y erlösch-» i) Das Erlöschen der Forderung bewirkt nach § 1092 den UnterForderung. gang der Hypothek, welche für dieselbe bestellt ist. In Zusammmhang mit dieser Regel steht die Bestimmung des § 1093, daß die Hypothek auch dann erlischt, wenn der Eigenthümer eine dem Schuldner zustehenhe Einrede, durch

Aufhebung der Hypothek durch Rechtsgeschäft.

§ 1091.

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welche der persönliche Anspruch des Gläubigers dauernd ausgeschlossen wird, dem letzteren gegenüber geltend macht. Die Regel selbst aber erleidet eine erhebliche Eins chränkung durch die Eigenthümerhypothek. Daß die Hypothek «i-enthüm-r. nicht erlischt, wenn sie mit dem Eigenthume des Grundstückes in derselben Person sich vereinigt, ergiebt sich bereits aus dem § 835. Kann aber einmal der Eigenthümer eine an seinem Grundstücke bestehende Hypothek erwerben, so nöthigt die hierfür in den Motiven des gedachten Paragraphen geltend gemachte Rücksicht auf den Realkredit dazu, ihn zu der Erwerbung auch dann zu verstatten, wenn er den Gläubiger befriedigt. Der Fall der eigentlichen Eigenthümerhypothek liegt indessen nur dann vor, wenn Schuld und Forderung in der Person des Eigenthümcrs zusammentreffen, bezw. der den Gläubiger befriedigende Eigenthümer der Schuldner ist. In diesem Falle kommt es darauf an, den Konflikt zwischen dem Grundsätze der §§ 263 und 291, daß das Schuldverhältniß durch die Befriedigung des Gläubigers und die Verrinigung erlischt, und der Abhängigkeit der Hypothek von dem Bestehen eines iolchen Verhältnisses zu lösen. Der Entwurf giebt diese Lösung dahin, daß er es bei den §§ 263 und 291 beläßt und dem Eigenthümer die Hypothek shne Forderung zuschreibt, insoweit mithin auf die Durchführung der akzessorischen fldtur des Pfandrechtes verzichtet. Von diesen Gesichtspunkten wird bei der Regelung der Eigenthümerhypothek in den §§ 1094—1101 ausgegangen. Nach § 1102 kann an die Stelle einer erloschenen Hypothek eine andere nicht eingetragen werden. Die §§ 1103—1105 betreffen das Aufgebot des Gläubigers, wenn der- «uf,eb»t. selbe unbekannt ist, sei es, daß die erloschene Hypothek gelöscht (§ 1103) oder die Befriedigung des Gläubigers durch den Eigenthümer bewirkt werden soll

(§ 1104). a) Aufhebung der Hypothek durch Rechtsgeschäft.

§ 1091. 1. Der Entwurf stellt für die Aufhebung der Hypothek durch Rechts- s»f. atnfrni» demselben in den Stand gesetzt werden, das Grundbuch nach Maßgabe des \e*ümerT § 843 berichtigen, d. h. die von ihm erworbene Hypothek auf seinen Namen umschreiben zu lassen, oder die Löschung herbeizuführen. Der Gläubiger hat Dl«»«»daher gegen Empfang der Leistung nicht blos Quittung zu ertheilen, sondern ’nrfuXn"

auch, nach der Wahl des Eigenthümers, entweder die Umschreibung oder die Löschung der Hypothek in beglaubigter Form*) zu bewilligen und die bezüg­ lichen Urkunden dem Eigenthümer zu übergeben. Es liegt dies in der Konsequmz der Vorschriften des § 269 Abs. 2 und des § 843 Abs. 1 Satz 1. Zur Rechtfertigung der entsprechenden Vorschrift des § 1096 Abs. 1 genügt es daher auf die Begründung der gedachten Paragraphen zu verweisen. Für die Kostenpflicht des Eigenthümers sind die Vorschriften der §§ 270 und 843 Abs. 2

maßgebend.

2. Wenn der Schuldner den Gläubiger befriedigt, so kommt es für 2- Anspruch die Verpflichtung, welche für diesen hieran sich knüpft, darauf an, ob jener Schuldner», zugleich der Eigenthümer ist oder nicht. (Abs. 2.) a) Ist der Schuldner zugleich der Eigenthümer, so muß die unter Ziff. 1 gerechtfertigte Bestimmung zu seinem Gunsten auch dann Platz greifen, wenn nur der persönliche Anspruch gegen ihn geltend gemacht ist. Diese Entscheidung hat zwar insoweit einen positiven Karakter, als sie auch diejenigen Fälle trifft, in welchen die Hypothek für die Schuld eines Dritten bestellt wurde und dieser erst später das Grundstück erworben hat. Mein es erscheint nicht zweckmäßig, in solchen immerhin nur seltenen Fällen dem Schuldner die Berufung auf die ihm als Eigenthümer zustehenden Rechte zu versagen. Das Gesetz würde hierdurch an Einfachheit verlieren, ohne daß die Unterscheidung durch praktische Rücksichten geboten wäre. b) Ist der Schuldner nicht der Eigenthümer, so ist ebensowenig wie in dem unter a) gesetzten Falle zu unterscheiden, ob er die Hypothek bestellt hat oder nicht. Vielmehr erheischt die Billigkeit, daß ihm das Recht auf Aus­ lieferung der von dem beftiedigten Gläubiger auszustellenden Urkunden in allen Rechtlich«» Fällen zugestanden werde, in welchen er daran ein rechtliches Jntereffe hat. dmw»md-n. Dieses Jntereffe aber ist ohne Weiteres klar, wenn der Schuldner zur Befreiung des Grundstückes dem Gläubiger sich verpflichtet hat, gleichviel ob die Hypothek in Folge einer Verabredung zwischen beiden von dem Eigenthümer bestellt oder die Verpflichtung von dem Schuldner bei der Veräußerung des Grundstückes *) Anm. b) und e) zu § 828 des Entwurfes.

732

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

eingegangen ist. Müßte in solchen Fällen der Schuldner mit einer Quittung des von ihm befriedigten Gläubigers sich begnügen, so wäre der Eigenthümer, wenn inzwischen über die Hypothek zu Gunsten eines Dritten verfügt und der dingliche Anspruch von diesem erhoben würde, der Gefahr ausgesetzt, die von dem Schuldner bewirkte Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück wiederholen zu müssens. Daß das Gesetz gegen diese Gefahr Schutz gewähren muß, ist nicht zweifelhaft.

Die vorstehenden Erwägungen treffen auch in dem umgekehrten Falle zu, wenn nämlich der Eigenthümer zur Befreiung des Schuldners sich ver­ pflichtet hat und dieser, weil jener seine Verpflichtung nicht erfüllte, zur Be­ friedigung des Gläubigers genöthigt wird. In einem solchen Falle verschlimmert sich die Lage des bisherigen Schuldners selbst dann, wenn der bisherige Gläubiger die Urkunden dem Eigenthümer aushändigt, weil der Schuldner hierdurch außer Stand gesetzt wird, das Zurückbehaltungsrecht zu erwerben, welches mit der Aushändigung der Urkunden an ihn entstanden sein würde. Gesammtschuldner, Bürge.

In Betracht kommen auch noch die Fälle, in welchen der Schuldner als Gesammtschuldner oder als Bürge den Gläubiger befriedigt und hierdurch desien Rechte gemäß §§ 337, 676 insoweit erwirbt, als er einen Ersatz­ anspruch gegen die übrigen Schuldner bezw. den Hauptschuldner hat. In diesen Fällen ist der den Gläubiger befriedigende Schuldner an der Erlangung aller zu seiner Legitimation als Erwerber der Forderung unerläßlichen Urkunden interessirt. Die gedachten Fälle beweisen zugleich, daß die Verpflichtung des Gläubigers nicht darauf beschränkt werden kann, dem ihn befriedigenden Schuldner die zur Löschung der Hypothek erforderlichen Urkunden zu ertheilen.

Rechtliches Interesse.

Dagegen erscheint es nicht rathsam, von einem rechtlichen Jntereffe über­ haupt abzusehen und also jedem Schuldner, der den Gläubiger befriedigt, die Rechte des die Befriedigung bewirkenden Eigcnthümers beizulegen. Es wäre dies in hohem Grade bedenklich, wenn der Eigenthümer die Hypothek für die Schuld eines Dritten bestellt hat, ohne mit diesem vorher sich benommen zu haben und ohne daß die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag für den Schuldner vorliegen, ferner dann, wenn der Gläubiger selbst der Eigenthümer des Grundstückes ist oder die Beschaffung aller Legitimations­ urkunden auf Schwierigkeiten stößt, während der Gläubiger sich als solcher mit Leichtigkeit durch Zeugen legitimiren kann. In solchen Fällen muß der Schuldner, wenn er den Gläubiger beftiedigt, mit deffen Quittung gemäß § 269 Abs. 1 sich begnügen, es sei denn, daß er ein rechtliches Jntereffe an der Erlangung weiterer Urkunden hat.

Löschungs­

Ein solches Interesse besteht, wenn die Hypothek gelöscht werden soll, auch daran, daß der Eigenthümer die Löschung beantragt. Allein das Recht, von dem Schuldner Zahlung zu fordern, kann, ohne dem Gläubiger zu nahe zu treten, nicht davon abhängig gemacht werden, daß dieser den Löschungs­ antrag des Eigenthümers beschafft. Dies wird, weil ein solcher Antrag Vor­ aussetzung der Löschung ist, in dem § 1096 besonders hervorgehoben.

antrag.

i) §§ 1083, 1084.

Vereinigung.

Inhalt der Eigcnthümerhypothek.

§§ 1097, 1098.

733

Stadtb. O. v. 6. Juni 1818 § 21 und Hypoth. O. v. 22. März 1820 § 17. Mecklenb. revid. Hypoth. O. f. Landg. § 24 Ziff. 2 und Stadtb. O. § 26. Bayr. Hypoth. Ges. § 84. Vergl. dazu den bayr. Entw. HI Art. 413. Pfandges. § 78. Prot. O. v. 26. Mai 1860 § 16. Verordn, v. 23. Dezember 1796 § 17; v. Roth, hypoth. Sukzeff. S. 29 f.

Unzulässigkeit der Eintr. einer neuen Hyp. an Stelle der erloschenen. § 1102. 737 reiner Tilgung, d. h. zwischen Löschung mit dem Vorbehalte der Stelle für eine Neueintragung und Löschung mit dem Verzichte auf eine solche unter­ schieden. Bei der Reform des Hypothekenrechtes in Preußen wurde diese Unter­ scheidung geprüft, aber verworfen, weil „durch sie ganz unnöthigerweise das Hypothekenrecht mit einem neuen Begriff, die Geschäftsbeh andlung beim Hypothekenbuche mit einer neuen Manipulation belastet wird", der leere locus überdies „ein Nichts ist, über welches zu disponiren unmöglich erscheint". In Konsequenz des ablehnenden Standpunktes gegen die Theorie von den Werth­ parzellen als den eigentlichen Objekten der Hypothek *) bestimmt das Ges. über den Eigenthumserw. re. § 62: „An die Stelle einer gelöschten Hypothek... darf eine andere nicht eingetragen werden, vielmehr rücken die nachstehenden Posten vor". Die gleichnamigen Gesetze für Oldenburg, Coburg-Gotha § 62, Braun­ schweig § 64, Sondershausen 2c. stimmen hiermit überein und auch die Gesetze der übrigen Staaten, mit Ausschluß der oben bezeichneten, können nach dem Pfandrechisbegriffe, von welchem sie ausgehen, nur in diesem Sinne auf­ gefaßt roerben*2).* Auf die verschiedenen Pfandrechtstheorieen ist hier nicht weiter einzugehen. Die Hypothek ist nach dem Entwürfe eine Belastung des Grundstückes, von D-, snmdwelcher die Sache selbst in ihrer Totalität und in allen ihren Theilen ergriffen Gegenstand wird»), so zwar, daß das dingliche Recht des Gläubigers, wenn andere Hypotheken mit besserem oder gleichem Range an dem Grundstücke bestehen, hier­ durch zwar in der vollen Bethätigung seiner Macht über die Sache gehemmt roirb4), keineswegs aber einen von dem Gegenstände dieser Hypotheken ver­ schiedenen Gegenstand erhält. Wenn daher unter mehreren Hypotheken eine vorstehende erlischt, so erledigt sich insoweit für die gleich- und nachstehenden Hypotheken jene Hemmung, so daß dieselben einen besseren Rang erlangen oder, wie das preuß. Gesetz sich ausdrückt, „vorrücken". Dieses Vorrücken in der Rangordnung folgt ober aus dem Begriffe der Hypothek des Entwurfes und braucht daher nicht besonders vorgeschrieben zu werden. Es kann sich nur fragen, ob Zweckmäßigkeitsgründe vorhanden sind, welche die Ausschließung der Konsequenz rechtfertigen. Diese Frage aber muß verneint werden. Der Rücksicht auf den Realkredit wird vollständig genügt, wenn das Gesetz dem Eigenthümer gestattet, Hypotheken, welche an dem Grundstücke bestehen, für sich zu erwerben bezw. zu behalten. Ein praktisches Bedürfniß, daneben noch das Institut des Stellenvorbehaltes zuzulaffen, ist, wie oben zu § 835 gezeigt wurde, nicht anzuerkennen. Wohl aber erscheint es mit Rücksicht auf das geltende Recht rathsam, in dem Gesetzbuche die Eintragung einer neuen Hypothek an die Stelle der erloschenen ausdrücklich auszuschließen.

4) Werner, die preuß. Grundb. und Hypoth. Ges. v. 5. Mai 1872 Th. 2 S. 28, 34. 2) Bergt, die mehrerwähnten Gesetze für Württemberg Art. 135 Abs. 2, Altenburg § 129, Hamburg §§ 35, 43, Hessen rc. ») §§ 1062, 1067—1071, 1075. *) Oben S. 225. Motive z. bitrgerl. Gesetzbuch. III.

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

738

Ein Vertrag zwischen dem Eigenthümer und einem Hypothekengläubiger^

nach welchem dieser im Falle des Erlöschens einer vorstehenden Hypothek nicht vorrücken soll, ist gegenüber der Vorschrift des § 1102 rechtlich unmöglich und

deshalb nichtig.

Die Betheiligten können das Ergebniß, welches sie bezwecken,

nur unter Befolgung der Vorschriften der §§ 841 und 842 herstellen.

Daß

dies bei der Fassung des § 1102 verkannt werden möchte, ist nicht zu besorgen,

f) Aufgebot einer Hypothek. a. Aufgebot einer angeblich erloschenen Hypothek.

§ 1103. Bedürfniß.

Wenn die Hypothek mit der Forderung, zu deren Sicherheit sie bestellt

wurde, erloschen ist, so ist das Grundbuch unrichtig.

An seiner Richtigstellung

hat der Eigenthümer ein berechtigtes Interesse, weil die noch

eingetragene,

obschon nicht mehr bestehende Hypothek ihn hindert, den Realkredit, welchen

an sich das Grundstück gewähren kann, in vollem Maße auszunutzen.

Es

verlangt aber auch das öffentliche Jntereffe, daß das Grundbuch richtig gestellt

werde, damit die Bucheinrichtung die Funktionen, welche sie für den Rechts­

verkehr zu versehen hat, vollständig und zweckmäßig zu erfüllen vermöge^). Rach dem Konsensprinzipe kann die Richtigstellung des Buches — hier die

Löschung der erloschenen Hypothek — nur erfolgen, wenn sie von demjenigen, welchen das Buch als noch berechtigt ausweist, bewilligt und die Bewilligung

in beglaubigter Form der Buchbehörde vorgelegt wirds).

Nun kommen aber

erfahrungsgemäß Fälle vor, in welchen, weil der Buchgläubiger bezw. dessen Erben unbekannt sind, der Eigenthümer außer Stande ist, die Bewilligung zu

beschaffen oder ein dieselbe ersetzendes Urtheil des Gerichtes zu erwirken.

Für

diese Fälle muß das Gesetz, um den gedachten Jntereffcn gerecht zu werden,

ein Mittel bieten, durch welches die Löschung der Hypothek ermöglicht wird. Das einzige Mittel aber, welches zum Ziele führt, ist das Aufgebot der Hypothek

mit der Rechtsfolge der Ausschließung des Gläubigers, sofern derselbe auf den

öffentlichen Aufruf sich nicht meldet.

Ein solches Aufgebot gestatten namentlich

die preuß. Grundb. O. §§ 103—105, das bayr. Hypoth. Ges. § 82, das sächs. G. B. § 461 und die mecklenb. Gesetze»).

Der Entwurf regelt das Aufgebot und die auf Grund desselben vor­ zunehmende Löschung der Hypothek, soweit dabei das materielle Recht betheiligt

ist, unter § 1103 wie folgt: le^Tcnbe« Aufgebotes.

11 Die Voraussetzungen des Verfahrens sind:

a) der Antrag des Eigenthümers. gebotes

auf den Antrag

Für die Zulassung des Auf­

eines gleich- oder nachstehenden Gläubigers bestehd

!) Vergl. oben S. 329 zu § 873. 2) §§ 843, 1096 und Anm. e deS Entwurfes zu § 828. 3) Revid. Hypoth. O. für Landg. § 23 und revid. Stadtb. O. § 27. Sieheferner die Gesetze, die Grund- und Hypothekenbücher rc. betr., für Altenburg §§ 124,. 125, für Reuß ä. und j. L. §§ 123—125, das Hypoth. Ges. für Rudolstadt §§ 53-, 86, die Grundb. Ordnungen für Oldenburg, Coburg-Gotha rc.

Aufgebot einer angeblich erloschenen Hypothek.

§ 1103.

739

weder ein praktisches Bedürfniß, noch, wie es scheint, ein Vorgang in dem geltenden Rechte;

b) die Behauptung des Eigenthümers, daß der Gläubiger un­ bekannt sei. Eine Verdeutlichung des Begriffes „unbekannt", wie sie der bayr. Entw. III Art. 414 enthält, ist unnöthig. Auch kann es nicht für angemcsien erachtet werden, mit der preuß. Grundb. O. § 105 den Fall, wenn der Gläubiger sein Verfügungsrecht nicht nachzuweisen vermag, besonders hervorzuheben; c) die Behauptung des Eigenthümers, daß die Forderung erloschen sei. Nach dem Wortlaute des bayr. Hypoth. Ges.*) und des sächs. G. B. ist sie nicht erforderlich. Die preuß. Grundb. O. verlangt die Behauptung der Tilgung. Die Vorschrift des Entwurfes rechtfertigt sich dadurch, daß das ganze Aufgebot nur dann berechtigt ist, wenn nach Lage der Sache davon ausgegangen werden darf, daß die Forderung erloschen ist; d) Ablauf von dreißig Jahren seit der letzten auf die Hypothek sich beziehenden Eintragung in das Grundbuch. Ist die Zahlungs­ zeit nach dem Kalender bestimmt, so beginnt die Frist nicht vor Ablauf des

Zahlungstages. Diese Sätze haben die Regelung des Aufgebotes in dem bayr. Entw. und dem sächs. G. B., von unbedeutenden Abweichungen abgesehen, für sich. Die Frist ist auch in dem bayr. Hypoth. Ges. auf dreißig Jahre, dagegen in den Gesetzen für Altenburg und Reuß auf einunddreißig Jahre sechs Wochen und drei Tage, in dem Ges. für Rudolstadt auf zwanzig Jahre bemessen. In Preußen und anderen Staaten hat die Gesetzgebung die Ein­ leitung des Verfahrens von einer Frist nicht abhängig gemacht. Dieser Stand­ punkt erscheint aber gegenüber der Bedeutung, welche dem Grundbuche für die Erhaltung der eingetragenen Rechte beizumeffen ist, in hohem Grade bedenklich. Zum Schutze des Gläubigers muß eine geräumige Frist als unerläßlich angesehen werden. (Abs. 1.)

2. Für das Aufgebotsverfahren sind die Vorschriften der C. P.O. verfahr-», maßgebend. In zwei Punkten indessen bedürfen sie der Ergänzung.

a) Zur Begründung des Aufgebotsantrages muß der Eigenthümer dem Gerichte glaubhaft machen, daß der Gläubiger unbekannt sei. In dieser Hin­ sicht genügt es, zur Rechtfertigung des § 1103 auf die den Antrag auf Todes­ erklärung betreffende Bestimmung des § 12 zu verweisen. b) Das Erlöschen der Forderung braucht nicht glaubhaft gemacht zu werden. Die preuß Grundb. O. § 104 verlangt für den Fall, wenn das Aufgebot erfolgt, weil der Gläubiger sein Verfügungsrecht nicht nachweisen kann, eine Bescheinigung darüber, daß die Post getilgt sei. Dies würde aber bei Zulaffung des Aufgebotes erst nach Ablauf von dreißig Jahren zu weit gehen. Eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Forderung erloschen ist, liegt schon dann vor, wenn innerhalb der Frist ein Anerkenntniß der Forderung, *) Ausf. Ges. zur C. P. O. v. 23. Februar 1879 Art. 123 Ziff. 3. 47*

740

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek)

wie es nach § 169 zur Unterbrechung der Verjährung genügt, nicht stattgefunden hat. Dies muß der Eigenthümer glaubhaft machen. Der Schwierigkeit, welche hiermit für ihn verbunden ist, wird dadurch Rechnung getragen, daß sein Eid als Mittel zur Glaubhaftmachung der Negative in dem § 1103 ausdrücklich zugelafsen wird. (Abs. 2.)

3. Da das Aufgebot nur den Zweck hat, die Löschung der Hypothek urth-il-z.' zu ermöglichen, so kann von einer Erwerbung der Hypothek seitens des

Wirkung der

Eigenthümers keine Rede sein. Letzterer erlangt durch das Ausschlußurthcil nur das Recht, die Hypothek löschen zu lassen. Die Löschung erfolgt auf seinen Antrag, wenn er eine Ausfertigung des Urtheiles vorlegt. (Abs. 3.) Eine Mitwirkung des Gerichtes zur Herbeiführung der Löschung, wie sie das bayr. Hypoth. Ges. vorschreibt, lehnt der Entwurf als nicht zweckmäßig ab.

ß. Aufgebot einet bestehenden Hypothek.

§ 1104. selten»«. Äe*t

Die preuß. Grundb. O. §§ 106—109 und einige der ihr nachgebildeten Grundbuchordnungen sowie die Ausf. Gesetze zur C. P. O. rc. für Braunschweig

v. 1. April 1879 § 7 Ziff. 6 und Schaumburg-Lippe v. 30. Juni 1879 § 60 Ziff. 5 gestatten ein Aufgebot der Hypothek auch dann, wenn die Forderung fällig, bezw. seitens des Eigenthümers kündbar, der Gläubiger aber unbekannt ist. Von dem Aufgebote des vorigen Paragraphen unterscheidet sich dasselbe wesent­ lich dadurch, daß es eine noch bestehende Hypothek zur Voraussetzung hat, die Rechte des Gläubigers mithin nur aufgehoben werden dürfen, wenn die VerSrund für die Kindlichkeit des Schuldners erfüllt wird. Der Grund, aus welchem das Auf^aiifgeTou,86 gebot zugelassen werden muß, ist der, daß dem Eigenthümer in dem voraus­

gesetzten Falle nur auf diesem Wege die Ausübung des Rechtes, den Gläubiger, sobald die Forderung fällig geworden, zu befriedigen und bezw. die Fälligkeit durch Kündigung herbeizuführen i), gewährleistet werden kann. Im Einzelnen ist zu bemerken:

sotau,. fetungen.

1. Das Aufgebot setzt wie in dem Falle des § 1103 einen Antrag des Eigenthümers voraus, ferner die Behauptung, daß der Gläubiger unbekannt sei. Dagegen kommt es hier auf die Zeit, welche seit der letzten Eintragung in das Grundbuch verstrichen ist, nicht an. Das Grundbuch, bezw. gemäß § 1064 die Eintragungsbewilligung, muß nur er­ geben, entweder daß die Forderung, für welche die Hypothek bestellt worden, bereits fällig oder daß doch der Schuldner berechtigt ist, sie zu kündigen. (Abs. 1.)

Begründung 2. des Antrages. Gewichte.

Für die Begründung des Antrages ist zweierlei von besonderem

a) Es genügt nicht, wie nach der preuß. Grundb. O. 8 106, daß der Eigenthümer versichert, der Gläubiger sei unbekannt. Vielmehr muß diese

») Vergl. die §§ 1079, 1080.

Aufgebot einer bestehenden Hypothek.

§ 1104.

741

Behauptung glaubhaft gemacht werden. Es gilt bezüglich ihrer Mcs, was zur Begründung des § 1103 unter Ziff. lb und 2a gesagt ist.

b) Der Eigenthümer hat, weil die Befriedigung eines unbekannten Gläubigers nur auf dem Wege der Hinterlegung gemäß § 272 sich ausführen läßt, zur Hinterlegung des Betrages der Forderung sich zu erbieten (Abs. 2.) 3. Der Rechtsnachtheil, welchen der in Folge des Aufgebotes sich Rechts­ nicht meldende Gläubiger erleidet, besteht darin, daß, wenn der Eigenthümer nad)t^für den Betrag der Forderung hinterlegt, der Gläubiger seine Befriedigung nicht mehr aus dem Grundstücke, sondern nur noch aus dem hinterlegten Betrage fordern kann. Dieser Rechtsnachtheil ist in dem von dem Gerichte zu erlassenden Aufgebote gemäß der C. P. O. § 824 Ziff. 3 dem Gläubiger anzudrohen. Eine Aufforderung des letzteren zur Quittungsleistung oder Löschungsbewilligung, wie sie die preuß. Grundb. O. § 106 Ziff. 1 vorschreibt, ist weder erforderlich noch ausreichend. (Abs. 3.)

4. Für die Aufgebotsfrist sind die Vorschriften des Verfahrens maß- Aufgebote« gebend. Die Verlängerung dieser Frist um die Kündigungsfrist, falls die frift

Forderung noch nicht fällig ist (Abs. 4), wird auch in der preuß. Grundb. O. Ziff. 2 vorgesehen. 5. Das Ausschlußurtheil, welches nach der C. P. O. § 829 «usschiu»erforderlich ist, darf nach dem Zwecke des Verfahrens erst erlassen werden, urt6til' nachdem die Hinterlegung erfolgt ist. Die Hinterlegung ist aber nicht Vorbedingung des Aufgebotes selbst. Wollte man sie hierzu machen, so würde

der Eigenthümer wegen Zinsen und Kosten in Verlust gerathen können, wenn der Gläubiger sich meldete. Zu hinterlegen sind außer dem eingetragenen Kapitale die von demselben Hinterlegung nach Inhalt des Grundbuches zu entrichtenden Zinsen, jedoch nur insoweit, als sie nicht nach den §§ 157, 159 verjährt sind. Die preuß. Grundb. O. verlangt, wenn das Grundstück auch für Verzugszinsen verpfändet ist, die Hinterlegung derselben für einen Zeitraum von zehn Jahren. Die hierin liegende Erschwerung der Lage des EigenthümerS steht jedoch in keinem Ver­ hältniße zu der geringen praktischen Bedeutung der Verzugszinsen für eine ein­ getragene Forderung. Aus diesem Grunde und im Jntereffe der Vereinfachung des Gesetzes empfiehlt es sich, von der Hinterlegung nicht eingetragener Zinsen überhaupt abzusehen. (Abs. 5.) Die Hinterlegung muß, um die Erlaffung des Ausschlußurtheiles zu rechtfertigen, so bewirkt sein, daß der Eigenthümer die hinterlegte Summe nicht zurücknehmen kann. Dies folgt aber mit Nothwendigkeit aus dem Ver­ hältnisse des Urtheiles zu der Hinterlegung, so daß es in dem Gesetze nicht besonders hervorgehoben zu werden braucht.

6. An die Erlassung des Ausschlußurtheiles muß sich nach dem Wirkung m Zwecke des Aufgebotes für den Eigenthümer dieselbe Rechtsfolge knüpfen, wie Ut^eUet

wenn er den Gläubiger durch Zahlung befriedigt hätte. Diese Folge wird, um den Gegensatz zu dem § 1103 Abs. 3 klar hervortreten zu lassen, in dem § 1104 ausdrücklich ausgesprochen. (Abs. 6.)

742

Pfandrecht an Grundst. (Hhp.). Zuständigk. für das Aufgebotsverf. § 1105. y. Inständigkeit für das Anfgrdotnorrsahrr».

8 1105. Die Zuständigkeit des Gerichtes der belegenen Sache für das Aufgebots­ verfahren entspricht der Vorschrift der C. P. O. § 839 Abs. 2, steht aber auch mit dem § 873 des Entwurfes im Einklänge. Schließlich sind hier noch zwei Punkte zu berühren, die zwar lediglich das Verfahren vor dem Gerichte betreffen, für die Betheiligten indeffen nicht selten von der größten Bedeutung sind: die Aufgebotsfristen und die Art der Bekanntmachung des Aufgebotes. Die C. P. O. setzt die Frist auf mindestens sechs Wochen, beim Urkundenaufgebote auf mindestens sechs Monate fest1). Die Landesgesetzgebung ist hiervon in mehreren Staaten abgewichen. In dem Falle, welchen der Entwurf unter § 1103 regelt, beträgt die Frist in Preußen und Oldenburg drei, in Bayern, Coburg-Gotha und Reuß j. L. sechs Monate, in Altenburg sechs Wochen bis sechs Monate bezw. ein Jahr 2); in dem Falle des § 1104 dagegen wird die Frist in Preußen, Coburg-Gotha rc. von dem Richter bestimmt3). Auch sehen die bezüglichen Gesetze meist von der in der C. P. O. vorgeschriebenen Bekanntmachung des Aufgebotes durch den Reichs­ anzeiger ab1). Aus dieser Richtung der Landesgesetzgebung erhellt zu Genüge, einer­ seits daß die Bestimmungen der C. P. O., welche die Frist und die Art der Bekanntmachung des Aufgebotes regeln, für das Aufgebot von Hypotheken nicht überall paffen, andererseits daß diese Regelung zweckmäßig nicht ein­ heitlich für alle Bundesstaaten erfolgen kann. Es empfiehlt sich deshalb, der Landesgesetzgebung die Bestimmung der Fristen und der Art der Bekanntmachung des Aufgebotes in den Fällen der §§ 1103 und 1104 zu überlasten. Der erforderliche Vorbehalt gehört aber nicht in das Gesetzbuch, sondern in das Einführungsgesetz 6).

n. Hypothek mit Hypothekenbrief«) (Briefhypothek). 1« Ertheilung eines Hypothekenbriefes.

§ 1106. »«trag und Eintragung,

a) Durch die Verbindung der Hypothek mit einer neben dem Grundbuche bezw. an Stelle desselben funktionirenden Urkunde wird das dingliche Recht des Gläubigers, wie es sich nach den §§ 1062—1105 gestaltet, in wesentlichen

0 C. P. O. §§ 187, 827, 842, 846, 847. 2) Preuß. Grundb. O. §§ 103, 105 Ziff. 3 und Außf. Ges. zur C. P. O. v. 24. März 1879 §§20, 21; Ausf. Gesetze für Bayern v. 23. Februar 1879 Art. 123 Ziff. 3, Coburg-Gotha v. 7. April 1879 § 15, Reuß j. L. v. 22. Februar 1879 § 18, Altenburg v. 25. März 1879 § 24 Ziff. 4 Abs. 4. 3) Grundb. O. für Preußen § 106 Ziff. 2, Oldenburg § 86 Ziff 2, CoburgGotha rc. *) Anm 2, 3. 5) Anm. zu § 1105 des Entwurfes. •) Siehe hierzu oben S. 612—619.

Briefhypotbek. Erth. ein. Hypothekenbriefes. Umwandelung. §§ 1106,1107.

743

Punkten geändertl). Die Entscheidung darüber, ob über die Hypothek ein Hypothekenbrief ertheilt werden soll, kann daher nicht einseitig von dem Gläu­ biger oder dem Eigenthümer, sondern nur von beiden in gegenseitigem Einverständnisse getroffen werden. Die Ertheilung der Urkunde setzt vom Stand­ punkte des Entwurfes Vertrag und Eintragung in das Grundbuch nach näherer Bestimmung der §§ 828—833 voraus, gleichviel, ob sie vor oder erst nach Ein­ tragung der Hypothek verlangt wird. Dies muß aber bei der Wichtigkeit der in Frage stehenden Jntereffen in dem Gesetzbuche besonders zum Ausdrucke gebracht roerben, um jedem Zweifel, zu welchem die Fassung des § 828 Anlaß geben könnte, vorzubeugen. Handelt es sich um eine Hypothek an mehreren Grundstücken, welche verschiedenen Personen gehören, so muß der Vertrag von allen Eigenthümern geschloffen und das Erforderniß der Eintragung bezüglich aller Grundstücke erfüllt werden. In dieser Hinsicht bedarf es keiner Vor­ schrift, weil das, was hier vorgeschrieben werden könnte, sich als Konsequenz aus anderen Rechtsnormen 2) ergiebt und nicht zu besorgen ist, daß diese Kon­ sequenz von der Wissenschaft und Praxis verkannt werden möchte. Eine Eintragung der erfolgten Ertheilung des Hypothekenbriefes ist gegenüber der zur Vollendung des dinglichen Vertrages erforderlichen Ein­ tragung ausgeschlossen, weil sie ohne Einfluß auf die Gestaltung des hypothe­ karischen Rechtsverhältnisses sein würde. b) Die Herstellung des Hypothekenbriefes ist Sache des Grundbuchamtes. Herstellung Wie hierbei zu verfahren ist, wird die Grundbuchordnung bestimmen. Seinen beä 8riefuebergabe des Brie es,

1. Der Hypothekenbrief erfüllt seinen praktischen Zweck für den Verkehr vollkommen nur, wenn ihm die Aufgabe zufällt, die Uebertragung der Hypotheken­ forderung zu vermitteln, gleichviel ob seine Uebergabe an den neuen Gläubiger als Form des Uebertragungsgeschäftes oder als gesetzliche Bedingung desselben aufgefaßt wird. (Abs. 1.)

a) Die Uebergabe des Hypothekenbriefes als Erforderniß der ' (Satz i) bietet erhebliche Vortheile. Klar ist ohne Weiteres, daß.

der Besitz der Urkunde, welcher regelmäßig durch die Uebergabe erworben wird, die Erkennbarkeit des Rechtsüberganges für Alle, welche von demselben berührt werden, wesentlich erleichtert. Die möglichen Zweifel, ob die Erklärung be& bisherigen Gläubigers dinglich oder nur obligatorisch gemeint gewesen und ob sie von dem neuen Gläubiger angenommen worden ist, erledigen sich in ein­ facher Weise; der Zeitpunkt des Ueberganges, der namentlich für den Konkursfall von Wichtigkeit ist, läßt sich mit voller Genauigkeit feststellen. Der neue Gläubiger ist gegen Verfügungen des bisherigen geschützt, sobald ihm der Hypothekenbrief ausgeliefert ist. Das Geschäft wickelt sich glatt ab, da kein Theil nöthig hat, die ihm obliegende Leistung ohne die sofortige Gegenleistung des

*) Sergi, für Anhalt das Ges., betr. das Pfandrecht an Immobilien v. 13. April 1870 § 35 und für Braunschweig das Ges. über den Eigenthumserw. 2c. v. 8. März 1878 § 55, im U ebn gen oben S. 706 ff.

Abtretung.

§ 1112.

749

anderen Theiles zu vollziehen. In Preußen, Mecklenburg rc. kann, obschon daselbst die Hypothekenforderung durch die Mtretung erworben wird, der Er­ werber doch die wichtigsten Rechte des Gläubigers nicht ausüben, namentlich den Anspruch aus der Hypothek mit Erfolg nicht geltend machen, auch seine Eintragung nicht erlangen, wenn ihm nicht der Hypothekenbrief ausgehändigt ist. Dies ist aber unleugbar eine Unzuträglichkeit, welche nur dadurch gehoben werden kann, daß die Erwerbung von der Uebergabe des Hypothekenbriefes an den Erwerber abhängig gemacht wird. Regelt das Gesetz in solcher Weise die Abtretung, so muß es daneben das Erforderniß der Eintragung, welches der § 1087 aufstellt, fallen lassen. (Satz 3.) Es kann sich nur fragen, ob, falls die Abtretung eingetragen ist, hierdurch der Uebergang des Rechtes bewirkt werden soll, wenn die Uebergabe des HyPothekenbriefes nicht stattgefunden hat. Diese Frage aber ist zu ver­ neinen, weil zwei verschiedene Uebertragungsformen einerseits durch das praktische Bedürfniß nicht gefordert werden, andererseits aber geeignet wären, das betheiligte Publikum zu verwirren und die Sicherheit im Verkehre mit Hypotheken zu gefährden.

Die Vorschriften, welche für die Uebergabe einer beweglichen Sache gelten, finden an sich auch auf die Uebergabe des Hypothekenbriefes Anwendung. Es erscheint jedoch rathsam, die Frage, mit welchem Zeitpunkte im Falle der Zwangsvollstreckung die Uebergabe als bewirkt anzusehen ist, ausdrücklich zu entscheiden. Die Entscheidung wird in dem § 1112 mit Rücksicht auf den § 875 dahin gegeben, daß der Zeitpunkt der Wegnahme des Briefes durch den Gerichtsvollzieher maßgebend ist. (Abs. 2.)

b) Der nach § 294 Abs. 1, 2 erforderliche Abtretungsvertrag tritt, >>)»-glaubtwenn due Hypothekenforderung ohne Eintragung der Mtretung in das Grundbuch ^«tungsT

übertragen wird, an die Stelle des in den §§ 828 ff. nur mit Rücksicht auf «Mrung. das Erfforderniß der Eintragung geregelten dinglichen Vertrages, der im Falle der bloßen Buchhypothek gemäß § 1087 unerläßlich ist. Diese Abtretung muß aber, wenn die Forderung durch eine Briefhypothek gesichert ist, an eine bestimme Form gebunden werden. Jndeffen bedarf nur die Erklärung des bisherigien Gläubigers, nicht auch die Annahme des Erwerbers, der For-

malisiruing. a-

Die Zulassung mündlicher Üebertragungserklärungen würde nicht im

Einklänge stehen mit den Grundsätzen, welche für die Uebertragung eingetragener Rechte gelten; sie müßte ferner, ganz abgesehen davon, daß der neue Gläubiger auf Grumt» einer nur mündlichen Erklärung weder die Eintragung erlangen noch dem dinglichen Anspruch erheben könnte, zu einer großen Rechtsunsicherheit führen, weül beim Vorhandensein mehrerer zu Gunsten verschiedener Personen abgegebener Erklärungen es in vielen Fällen zweifelhaft sein würde, welche dieser Erklärungen zuerst abgegeben und ob sie dinglich oder nur obligatorisch gemeint wäre. Der Erwerber kann zwar nach § 301 eine beglaubigte Abtretungs­ erklärung won dem bisherigen Gläubiger fordern. Hierdurch wird aber den hervorgecholbenen Unzuträglichkeiten durchaus nicht die praktische Bedeutung entzogen.

750

Pfandrecht an Grundstücken.

Briefhypothek.

ß. Die schriftliche Beurkundung der Abtretungserklärung genügt eben­ falls nicht. Vielmehr läßt sich der Zweck, welcher durch die Formalisirung derselben erstrebt wird, nur erreichen, wenn eine solche Form vorgeschrieben wird, welche Jeden, der eine Briefhypothek erwerben will, der Nothwendigkeit einer Prüfung der Aechtheit früherer Übertragungen überhebt. Diesen Dienst kann aber nur eine öffentliche Form leisten. Dieselben Gründe, welche oben für die Uebergabe des Hypothekenbriefes als Erforderniß der Übertragung angeführt sind, sprechen dafür, daß die Erklärung der Übertragung in öffent­ licher Form vorhanden sein muß. Eine solche Form liegt auch im Grunde schon in der Konsequenz des § 1087. Denn wenn nach diesem Paragraphen die bloße Buchhypothek nur durch Eintragung abgetreten, die Eintragung aber nur auf eine beglaubigte Erklärung vorgenommen werden kann, so ist der all­ gemeine Gedanke hiervon der, daß die Übertragung der Hypothekenforderungen sich in öffentlicher Form vollziehen soll. Diesem Erforderniffe aber läßt sich, soweit das Eintragungsprinzip aufgegeben wird, in entsprechender Weise nur dadurch genügen, daß außer der Uebergabe des Hypothekenbriefes auch die öffentliche Beurkundung, d. h. hier die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung der Abtretungserklärung, vorgeschrieben wird. Wollte man zur Gültigkeit der letzteren nur die einfache Schriftform verlangen, so würde doch, um den Gläubiger zur Geltendmachung der Hypothek und zur grundbuchmäßigen Ver­ fügung über dieselbe zu legitimiren, immer die nachträgliche Beglaubigung sich nöthig machen, und diese zu erlangen, nachdem die Hypothek mehrmals den Gläubiger gewechselt hätte, könnte mit großen, bisweilen unüberwindlichen Schwierigkeiten verbunden sein, hierdurch aber die Rechtssicherheit in einem bedenklichen Grade gefährdet werden. Dagegen würde es zu weit gehen, wenn das Gesetz nur eine gerichtlich oder notariell aufgenommene Abtretungserklärung als gültig anerkennen wollte. Die notarielle oder gerichtliche Be­ glaubigung der schriftlichen Erklärung des bisherigen Gläubigers (Satz 2) bietet dieselbe Sicherheit, und daß sie den Betheiligten in großen Gebieten, namentlich in Preußen, weit geringere Kosten verursacht als die förmliche Auf­ nahme der Erklärung durch das Gericht oder den Notar, ist nach den bestehenden Gebührengesetzen nicht zweifelhaft. Bedenklich aber würde es sein, die Zu­ ständigkeit für die Beglaubigung außer den Notaren und den Gerichten hier noch anderen Behörden einzuräumen. T- Ob die Uebertragungserklärung auf den Hypothekenbrief gesetzt oder auf einem besonderen Blatte beurkundet wird, ist auf die Gültigkeit des Ge­ schäftes ohne Einfluß. Ein Bedürfniß, den Hypothekenbrief zu einem indoffabelen Papier zu machen, ist nicht anzuerkennen. Zu beachten ist auch, daß, wenn nach einer Reihe von Übertragungen der durch dieselben legitimirte Erwerber sich in das Grundbuch eintragen läßt, alle bisherigen Übertragungen für den Verkehr ihren Werth verlieren, den Brief mithin zwecklos beschweren würden, wenn sie mit demselben verbunden bleiben müßten. -. Abtretung 2. Die Vorschriften des § 1090 Abs. 1 sind nach den Gründen, auf ^nstn"und" welchen sie beruhm, auch dann anwendbar, wenn über die Hypothek ein

«osten.

Hypothekenbrief ertheilt ist. Gegenüber der allgemeinen Faffung des § 1112 Abs. 1 empfiehlt es sich, dies in dem Gesetzbuchs hervorzuheben. (Abs. 3.)

Uebelweisung k. Jnhabung des Hypothekenbriefes. §§ 1113, 1114.

751

b) Ueberweisung im Wege der Zwangsvollstreckung.

§ 1113. Die Uebertragung der Hypothekenforderung kann auch durch einen gegen unh«u den bisherigen Gläubiger vollstreckbaren Spruch des Gerichtes herbeigeführt werdm. Besteht dieser Spruch in einer Verurtheilung des Gläubigers zur Uebertragung bezw. zur Abgabe der Abtretungserklärung, so tritt nach näherer Bestimmung der C. P. O. § 779 Abs. 1 mit der Rechtskraft oder der Voll­ streckbarkeit des Urtheiles dieselbe Wirkung ein, wie wenn der Gläubiger die Abtretung erklärt hätte; die Hypothekenforderung geht mit der Uebergabe des Briefes gemäß § 1112 auf den neuen Gläubiger über. Besteht dagegen der ueberoetfun» Spruch des Gerichtes in der Ueberweisung der Hypothekenforderung an den Exekutionssucher, um diesen wegen einer vollstreckbaren Geldforderung an den Hypothekengläubiger zu beftiedigen, so muß, wenn hierauf der § 1112 ent­ sprechend angewendet werden soll, es besonders bestimmt werden. Der Entwurf trifft diese Bestimmung unter § 1113, indem er davon ausgeht, daß die beiden Uebertragungsarten nicht nach verschiedenen Grundsätzen geregelt werden können, wenn nicht eine störende Ungleichheit in das Gesetzbuch hineingetragcn werden soll. Unbedenklich ist mit Rücksicht auf die Vorschriften der C. P. O. § 730 Zust-aun, Abs. 3 und des Entwurfes § 294 Abs. 3 und § 1088 Satz 2, daß der Ab- „afungsT

tretungsvertrag, welchen der § 1112 für die rechtsgeschäftliche Uebertragung WWfee. fordert, durch den Ueberweisungsbeschluß des Gerichtes ersetzt wird, sobald die Zustellung desselben an den Drittschuldner erfolgt ist. Fraglich kann nur sein, Eintragung ob das praktische Bedürfniß, dessen Befriedigung der § 1112 bezweckt, dazu nöthigt, auch im Falle der Ueberweisung von dem Eintragungsprinzipe des § 1087 abzuweichen und also die Uebertragung von der Uebergabe des Hypo­ thekenbriefes abhängig zu machen. Indessen wenn auch diese Frage zu ver­ neinen iß und der hieraus sich ergebende Grund gegen die Gleichstellung der Ueberweisung mit der Abtretung nicht unterschätzt werden darf, so muß doch dem obenl für die Gleichstellung angeführten Grunde das Uebergewicht beigelegt werden, Kumal auch die Uebertragung durch richterliches Urtheil der von dem bisherigem Gläubiger erklärten Uebertragung gleichgestellt wird. Wollte man für die Uebertragung durch Ueberweisung bei dem Erfordernisse der Ein­ tragung stehen bleiben, so würde hierin eine Ausnahme von der in § 1112 für die Briefhypothek aufgestellten Regel liegen. Die Ausnahme aber läßt sich durch die allgemeinen Vortheile, welche mit dem Eintragungsprinzipe ver­ bunden find, nicht rechtfertigen.

c) JnhaLung des Hypothekenbriefes als Ersatz der Eintragung des Inhabers als Gläubigers.

§ 1114. Nach der Art und Weise, wie die Uebertragung der Hypothekenforderung w «>»in den §§ 1112 und 1113 geregelt wird, ist die Jnhabung des Hypothekenbriefes Urbenragung. von der größten Wichtigkeit für die Ausübung des dinglichen Rechtes. Ver-

752

Pfandrecht an Grundstücken (Hypothek).

hältnißmäßig einfach liegt der Fall, wenn der Inhaber unmittelbar von dem eingetragenen Gläubiger sein Recht ableitet. In diesem Falle genügt die Vor­ legung des Hypothekenbriefes und der auf den Inhaber desselben lautenden Abtretungserklärung des bisherigen Gläubigers. Ein besonderer Beweis dafür, daß der nach § 1112 erforderliche Abtretungsvertrag zwischen beiden geschloffen und in Rücksicht hierauf der Hypothekenbrief übergeben worden sei, ist nicht erforderlich. Vielmehr spricht bis zum Beweise des Gegentheiles die Ver­ muthung für den Uebergang des Gläubigerrechtes auf den Inhaber der Ur­ kunden. Dies ergiebt sich aber zur Genüge schon aus allgemeinen Rechts­ grundsätzen und braucht hier um so weniger ausgesprochen zu werden, als der Inhaber nach § 1115 jederzeit in der Lage ist, unter Vorlegung des Briefes und der Abtretungserklärung bei dem Grundbuchamte, sich als Gläubiger ein­ tragen zu laffen. Weniger einfach dagegen ist der Fall, wenn die HypoM-hrere- thekenforderung mehrmals übertragen und die Uebertragungen Ueber-nicht in das Grundbuch eingetragen worden sind. Diesen Fall tragungen. rCgeft bet Entwurf in dem § 1114. 1. Legiti1. Vorausgesetzt wird, daß die Abtretungserklärungen und die Ueber"die°ueber-^ weisungsbeschlüffe oder, wenn ein gesetzlicher Uebergang vorgekommen ist, die

tragungsutf diesen beweisenden Urkunden in zusammenhängender Reihenfolge auf den ein­ getragenen Gläubiger zurückführen und das Recht des Briefinhabers als Gläubigers ergeben. Fehlt eine Urkunde gänzlich oder ist sie zwar vorhanden, aber nicht geeignet, das zu beweisen, was durch sie zu beweisen ist, so form durch die Jnhabung des Hypothekenbriefes der Uebergang des Gläubigerrechtes auf den Inhaber nicht dargethan werden. Es handelt sich hier nur um solche dem Rechte eines früheren Inhabers anhaftende Mängel, welche weder aus dem Briefe noch aus den Uebergangsurkunden ersichtlich sind. Ein derartiger Mangel kann sowohl das Erforderniß der Uebergabe des Hypothekenbriefes als auch das Erforderniß des Uebertragungsvertrages oder, wenn ein Vertrag nicht in Frage ist, des sonstigen die Uebertragung bedingenden Vorganges betreffen, s. Schutz bet 2. Die Rechtsnorm, welche der § 1114 an die gekennzeichnete Vorttdng aussetzung knüpft, beruht auf der Nothwendigkeit eines besonderen Schutzes des Briefinhabers gegen die Geltendmachung nicht ersichtlicher Mängel *)• Der öffentliche Glaube des Grundbuches gewährt diesen Schutz nur insoweit, als zu Gunsten des Inhabers nach Maßgabe der §§ 837 und 1083 der Inhalt des Buches als richtig gelten muß, also regelmäßig davon auszugehen ist, daß die Hypothekenfordcrung dem eingetragenen Gläubiger bis zu chrer Uebertragung auf dcffen Nachmann zugestanden habe. Dies kann jedoch als ausreichend nicht angesehen werden. i)gegen a) Bezüglich des Hypothekenbriefes erhebt sich die Frage, ob nicht Mh«er KU Gunsten des legitimirten Inhabers desselben die Uebertragung ohne Einuebertt, schränkung auch dann als wirksam zu behandeln ist, wenn die Uebergabe des Briefes an einen Vormann überhaupt nicht stattgefunden hat. Jndeffen nöthigt die Rücksicht auf dm reellen Verkehr den Gesetzgeber nicht, so scharf in die Rechtskonsequenz einzugreifen. Das praktische Bedürfniß verlangt nur, daß !) Siehe oben S. 616, 617.

Jnhabung des Hypothekenbriefes als Ersatz der Eintragung rc. § 1114.

753

demjenigen, welcher bei der Erwerbung der Hypothekenforderung den Mangel der Briefübergabe nicht gekannt hat, gegen die Geltendmachung dieses Mangels Schutz gewährt werde. Ein so beschränkter Schutz ist um so mehr genügend, als, wenn einmal der Mangel der Uebergabe durch die Unkenntniß des Er­ werbers geheilt ist, bei späteren Uebertragungen die Kenntniß von dem Mangel nicht mehr in Betracht kommt. Die Richtigkeit des Inhaltes der Uebertragungsurkunden, welche das Gläubigerrecht eines Vormannes begründen, muß im Interesse der Rechts­ sicherheit dem Erwerber der Hypothekenforderung ebenso gewährleistet werden, wie die Uebergabe des Hypothekenbriefes an einen früheren Inhaber. Wollte man davon ausgehen, daß Mängel im Rechte eines Vormanncs, obschon sie aus den Urkunden nicht ersichtlich und auch sonst dem Erwerber der Forderung nicht bekannt geworden wären, dem Erwerber dennoch entgegenständen, so würde das Jnstttut der Briefhypothek, anstatt den reellen Verkehr zu fördern, für denselben eine Falle werden und folglich seinen praktischen Werth verlieren. Die Pflicht, die Berechtigung des Briefinhabers zur Uebertragung zu prüfen, muß darauf beschränkt werden, ob der Uebergang der Forderung auf denselben durch eine ununterbrochene Reihe formgerechter, die Uebertragung ergebender Urkunden vermittelt wird. Zu einer weiteren Prüfung der beurkundeten Vor­ gänge ist derjenige, welcher eine Hypothekenforderung erwerben will, der Regel nach gar nicht im Stande. Die billige Rücksicht auf ihn fordert daher, ihn im Falle der Erwerbung ebenso sicherzustellen, wie wenn sein Rechtsurheber in

das Grundbuch eingetragen wäre. Denkbar wäre es freilich, den Erwerber dadurch zu schützen, daß die Uebertragung der Briefhypothek ähnlich wie die Uebertragung des Eigenthumes beweglicher Sachen geregelt würde. Einer solchen Regelung steht aber zunächst schon das Bedenken entgegen, daß durch dieselbe der Hypothekenbrief zu einem selbständigen Gegenstände des Eigenthumes erhoben, mit dem Prinzipe des

§ 1109 Ms. 1 mithin gebrochen werden müßte. Sodann fällt ins Gewicht, daß die nach § 877 für den Mobiliarverkehr geltende Gleichstellung der auf grober Fahrlässigkeit beruhenden Unkenntniß des Erwerbes mit der Kenntniß desselben auf den Hypothekenverkehr nicht übertragen werden könnte, ohne die Sicherheit desselben zu gefährden. Nun wird freilich durch die beglaubigten Uebertragungsurkunden die Annahme einer groben Fahrlässigkeit in vielen Fällen ausgeschlossen sein. Allein in allen Fällen wird dies nicht zutreffen. Giebt man aber jene Gleichstellung auf, so fehlt der Parallele mit dem Mobiliar­ verkehre überhaupt die Grundlage. Dann liegt es näher, das Verhältniß zu Gunsten des Erwerbers der Hypothekenforderung so zu beurtheilen, wie im Falle der Eintragung des Rechtsurhebers, und also auch die Ausnahme, welche der § 879 hinsichtlich der gestohlenen rc. Sachen macht, fallen zu lasten. Hier­ durch gewinnt man den für die Einfachheit und das Verständniß des Gesetz­ buches sowie für die gedeihliche Wirksamkeit des Institutes der Briefhypothek nicht zu unterschätzenden Vortheil, daß der Schutz des Erwerbers der Hypothek gegen die Folgen von Mängeln in dem Rechte eines Vormannes an einen Hauptgrundsatz des Hypothekenrechtes, das Eintragungsprinzip nämlich, angclehm wird. Motive z. bürgerl. Gesetzbuch, in.

48

754

Pfandrecht an Grundstücken.

Briefhypothek.

b) Gilt zu Gunsten des Erwerbers der Rechtsurheber desselben vermögeder Jnhabung des Hypothekenbriefes und der ihn legitimirenden Uebertragungsurkunden als der eingetragene Gläubiger, so überträgt sich der öffentliche Glaube des Grundbuches ohne Weiteres auf diese Urkunden, so zwar, daß der Erwerber sich auf deren Inhalt zum Schutze der Erwerbung gegen die Rechte Dritter berufen kann. Um hierüber keinen Zweifel zu laffen, erscheint es rathsam, die entsprechende Anwendung der §§ 837—839 ausdrücklich vorzuschreiben. B-h-ndlung Die Anwendung der §§ 837 und 839 bedarf keiner besonderen Rechtinh^b«z als fertigung. Was dagegen den § 838 anlangt, so trifft derselbe hauptsächlich

b> durch den Glauben,

«ingetr. Gl.

die Fälle, wenn ein dem Gläubiger gegenüber vorzunehmendes Rechtsgeschäft, z. B. eine Kündigung, von dem Eigenthümer gegen den ordnungsmäßig legitimirten Briefinhaber vorgenommen oder an diesen eine Zahlung bezw. eine Abschlagszahlung geleistet ist, welche der Gläubiger zu fordern hatte, und hinterher sich ergiebt, daß der Briefinhaber nicht der Gläubiger war. In diesen Fällen gilt das Geschäft bezw. die Zahlung zu Gunsten des Eigenthümers, welcher den Mangel in dem Rechte des Briefinhabers nicht kannte, auch gegen den (wahren) Gläubiger. Die Geltung ist namentlich nicht davon abhängig, daß der Hypothekenbrief dem Eigenthümer ausgeliefert oder mit dem Vermerke der Zahlung rc. versehen ist. Man kann nicht sagen, daß der Rechtsvorgang, auf welchen der Eigenthümer sich stützt, ohne die Auslieferung oder den Ver­ merk nicht allein ordnungswidrig, sondern auch rechtlich unvollkommen sei. Der Gläubiger, welcher den Hypothekenbrief zurückerlangt, ist auch nicht in der Lage, sich auf den § 837 zu berufen, da die Ueberwindung des falschen Gläubigers nicht unter den Begriff der Erwerbung des hypothekarischen Rechtes fällt. Der § 837 steht nur dem Dritten zur Seite, der die Hypothek durch Uebergabe des Briefes in Unkenntniß der an sich dem Gläubiger entgegen­ stehenden Vorgänge erwirbt. Hat z. B. der Eigenthümer Zahlung geleistet, ohne dieselbe auf dem Hypothekenbriefe vermerken zu laffen, so muß er nochmals zahlen, um die Zwangsvollstreckung in das Grundstück abzuwenden.

d) Eintragung der Uebertragung in das Grundbuch.

8 1115. vorthell« der

Eintragung,

Die Landesgesetze, welche die Uebertragung der Hypothekenforderung von: ^er Eintragung nicht abhängig machen, gestatten doch die Eintragung 1), um den Inhalt des öffentlichen Buches mit der wirklichen Rechtslage in Einklang zu setzen und dem Gläubiger die Vortheile zu sichern, welche mit der Ein­ tragung verbunden sind. Vom Standpunkte des Entwurfes sind diese Vor­ theile nicht zu unterschätzen. Der neue Gläubiger wird dadurch, daß er sich in das Grundbuch eintragen läßt, der Nothwendigkeit überhoben, den Ueber«

') Sergi, die preuß. Grundb. O. §§ 79 ff., das bayr. Hypoth. Ges. §§ 26, 53,. 151, das württeulb. Pfandges. Art. 72, 84, 85; im Uebrigen v. Roth, deutsches Priv. R.. § 315 Bd. 3 S. 669 ff.

Eintragung der Liebertragung.

§ 1115.

755

gang des Rechtes auf ihn zu beweisen *). So lange er nicht eingetragen worden, ist er der Gefahr ausgesetzt, daß der bisherige Gläubiger die Zinsen forterhebt oder, wenn er auf irgend eine Weise den Hypothekenbrief in die Hände be­ kommt, zu Gunsten eines Dritten über die Hypothek verfügt?). Auch darf nur der eingetragene Gläubiger darauf rechnen, daß er von einem Wechsel in der Person des Eigenthümers und von anderen sein Interesse berührenden Thatsachen, nammtlich von der Einleitung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens, amtlich benachrichtigt wird. Wenn hiernach dem neuen Gläubiger die Eintragung der Uebertragung B°raurs-,u»g nicht versagt werden kann, so fragt es sich nur, wie der Antrag desselben zu Eintragung, begründen ist. Die Landesgesetze, welche die Eintragung von dem Nachweise eines Titels abhängig machen, verlangen meist den urkundlichen Beweis des Ueberganges der Hypothekenforderung. In Mecklenburg und Braunschweig muß außer der Hypothekenurkunde die Abtretungserklärung des bisherigen Gläubigers vorgelegt werden s). Dasselbe wird in der preuß. Grundb. O. §§ 79 ff. vorgeschrieben, während nach dem Gesetze über den Eigenthumserw. rc. § 53 die Eintragung der Abtretung „nur auf Grund der Bewilligung des Gläubigers oder seiner rechtskräftigen Verurtheilung zur Bewilligung oder auf Grund eines Ersuchens einer zuständigen Behörde gegen den eingetragenen Gläubiger erfolgen" darf. In Bayern pflegt die Bewilligung des bisherigen Gläubigers zur Eintragung des Erwerbers nach dem Hypoth. Ges. §§ 107 und 153 für genügend gehalten zu werden4*).* * Im Falle der Ueberweisung einer gepfändeten Hypothekenforderung wird die Uebertragung nach einigen Gesetzen auf das Ersuchen des Gerichtes, nach anderen auf den unmittelbar bei der Buchbehörde unter Vorlegung des Ueberweisungsbeschlusses bezw. des Hypothekenbriefes zu stellenden Antrag des neuen Gläubigers eingetragen s).

Vom Standpunkte des Entwurfes kann, wenn der Rechtsübergang sich außerhalb des Grundbuches vollzogen hat, eine Eintragungsbewilligung des gewesenen Berechtigten als Voraussetzung der Eintragung des Ueberganges nicht verlangt werden k). Beantragt der Erwerber einer Hypothekenforderung die Umschreibung auf seinen Namen, so muß er sich als solchen durch Vor­ legung des Hypothekenbriefes und der nach den §§ 1112—1114 erforderlichen Uebertragungsurkunden ausweisen. Es erscheint nicht bedenklich, die dem Grundbuchamte obliegende Sachprüfung darauf zu erstrecken, ob die vor­ gelegten Urkunden die Uebertragung begründen. Führt die Prüfung zur Be­ jahung der Frage, so muß dem Eintragungsantrage stattgegeben werdm.

i) §§ 826, 1083. ») §§ 837, 1083, 1108, 1114. ’) Mecklenb. Hypoth. O. für Landg. v. 18. Oktober 1848 §§ 18,19, Stadtb. O. v. 21. Dezember 1857 § 22, Dom. Hypoth. O. für Schwerin v. 2. Januar 1854 § 17 und Strelitz v. 24. Dezember 1872 § 28; braunschw. Ges. über den Eigenthumserw. rc. v. 8. März 1878 § 54. 4) Gegen diese Praxis Regelsberger § 87 Note 20 S. 431. s) Oben S. 247 Anm. 5, 6. «) Sergi. §§ 828, 836, 843, 871, 1088, 1096, 1103.

en‘

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Pfandrecht an Grundstücken.

Briefhypothek.

e) Kenntniß des Inhaltes des Hypothekenbriefes.

§ 1116. Widerspruch Der Hypothekenbrief hat an sich weder den öffentlichen Glauben, welcher 'undsrundb/dem Grundbuche beigclegt wird, noch die Aufgabe, durch seinen Inhalt eine

zur Vollendung des dinglichen Vertrages erforderliche Eintragung in das Buch zu ersetzen. Wenn daher in dieser oder in jener Beziehung Buch und Brief inhaltlich sich nicht decken, so entscheidet das Buch. Dagegen kann der Hypothekenbrief im einzelnen Falle die Berufung auf den öffentlichen Glauben des Grundbuches ausschließen, sinr-d-n-ur Unter den Landesgesetzen enthält, wie es scheint, nur das anhalt, dem Briefe. Ges. in seinem § 36 eine Bestimmung, durch welche die aus der Hypothekenurkunde hervorgehenden Einreden in ihrer Wirksamkeit gegen die hypothekarische Klage den aus dem Grundbuche sich ergebenden Einreden gleich­ gestellt werden. Das preuß. Ges. über den Eigenthumserw. rc. spricht die Zulässigkeit der aus der Urkunde sich ergebenden Einreden gegen den dinglichen Anspruch eines Dritten nur in Ansehung der Grundschuld aus (§ 38). Ein stichhaltiger Grund indessen, aus welchem diese Einreden gegen den hypothekarischen Anspruch versagen müßten, ist nicht vorhanden. -?i»stcht der Das Gesetz muß zum Schutze von Treu und Glauben im Verkehre davon Snefe8' ausgehen, daß Niemand eine Briefhypothek erwerben wird, ohne vorher Kenntniß

von dem Inhalte des Briefes genommen zu haben. Alle Thatsachen mithin, welche aus dem Hypothekenbriefe, und zwar gleichviel ob aus dem ursprüng­ lichen Inhalte desselben oder aus späteren Vermerken z. B. Quittungen hervorgehen, müssen als dem Erwerber der Hypothek oder eines Rechtes an derselben zur Zeit der Erwerbung bekannt geworden angesehen werden. Jeder, der den Anspruch aus der Hypothek erhebt, muß sich so behandeln lassen, als habe er vor der Erwerbung den Hypothekenbrief und die auf demselben befindlichen Vermerke gelesen, ohne mit der Behauptung gehört zu werden, daß er von dem Inhalte der Urkunde keine Kenntniß erlangt habe, «mntnißder Daß die Kenntniß, welche.durch den Hypothekenbrief vermittelt wird, Briiftnhaites. ^er nur Anwendung der §§ 837, 838 in Betracht kommt, ist nicht zweifelhaft. Eine ausdrückliche Vorschrift aber, durch welche die ftagliche Funktion des Briefes bestimmt wird, ist mindestens rathsam, um einer gegentheiligen Auffassung, zu welcher der Wortlaut des § 837 Abs. 2 Anlaß geben könnte, vorzubeugen. Deräuß«Zu den Thatsachen, um welche es sich hier handelt, gehören auch die rungäoerbot. gerichtlichen Veräußerungsverbote, da das Gericht, von welchem ein solches

Verbot erlassen wird, die zu dessen Wirksamkeit geeigneten Maßregeln nach der C. P. O. § 817 zu treffen hat, das Verbot mithin auch auf dem Hypotheken­

briefe vermerken darf. Zweifellos ist ferner, daß auch Thatsachen, welche zur Rechtfertigung Richugkeu eines Widerspruches gegen die Richtigkeit des Grundbuches dienen, auf dem des Grundb. Briefe beurkundet werden können. Es empfiehlt sich jedoch nicht, den Wider­ spruch selbst als möglichen Inhalt eines derartigen Vermerkes zu bezeichnen, weil hierdurch dem Mißverständnisse Raum gegeben würde, als ob es zulässig Widerspruch

Kenntniß des Driefinhaltcs.

Geltendmachung rc.

§§ 1116, 1117.

757

wäre, die nach den §§ 844 und 845 zur Veröffentlichung eines Widerspruches gegen die Richtigkeit des Grundbuches bestimmte Vormerkung anstatt in daö Buch in den Hypothekenbrief einzutragen.

8. Geltendmachung der Rechte des Gläubigers. a) Grundsatz.

§ 1117. 1. Eine Hauptverschiedenheit zwischen der Briefhypothek und der Buch- Reget Hypothek zeigt sich bei der Geltendmachung des Rechtes. Diese Verschiedenheit ist eine Folge der verschiedenen Regelung der Uebertragung. Die Buchhypothek kann sowohl im Falle der Abtretung als im Falle der Ueberweisung gemäß §§ 1087, 1088 nur durch Eintragung auf einen Anderen übertragen, mithin nur von demjenigen geltend gemacht werden, welcher als Gläubiger in das Grundbuch eingetragen worden ist. Die Uebertragung der Briefhypothek da­ gegen erfolgt nach §§ 1112, 1113 außerhalb des Buches; die Geltendmachung derselben steht daher nicht blos dem eingetragenen Gläubiger, sondern auch deffen Rechtsnachfolger zu. Die preuß. Grundbuchgesetze enthalten keine besondere Bestimmung dar­ über, wie der Gläubiger, welcher sein dingliches Recht verfolgt, sich zu legitimiren hat. Das mecklenb. Recht betont die Beibringung des Hypothekenscheines *). Der Standpunkt des Entwurfes wurde bereits früher bargetegt2). Nach ihm Vorlegung de« muß der Gläubiger mit Rücksicht auf die Regelung der Uebertragung in den 8nefeS §§ 1112 ff. seinem Gegner nicht blos die Erwerbung der Hypothek seinerseits beweisen, sondern durch Vorlegung des Hypothekenbriefes und, wenn er nicht als Gläubiger eingetragen ist, der Uebertragungsurkunden den Nachweis führen, daß ihm noch jetzt das Gläubigerrecht zustehe. Es genügt nicht, die Vorlegung der Urkunden als Voraussetzung des gerichtlichen Urtheiles und vielleicht noch für einige ähnliche Fälle vorzuschreiben. Vielmehr muß das Prinzip zur Klarstellung der rechtlichen Natur des Hypothekenbriefes mit voller Deutlichkeit ausgesprochen werden. Die einzelnen Fälle, in welchen es an­ gewendet zu werden verdient, würden sich in dem Gesetzbuche kaum vorsehen (affen, während die Fälle, in welchen es nicht im vollen Umfange Platz zu greifen hat, weit leichter zu übersehen sind. 2. Das Prinzip, daß zur Geltendmachung der Hypothek die Vorlegung des Hypothekenbriefes erforderlich ist, findet keine Anwendung, wenn der Gläubiger von seinem Gegner die Herausgabe der Urkunde auf Grund des § 1109 verlangt. Auch kann der Eigenthümer, gegen welchen der Anspruch aus der Hypothek erhoben wird, sich dann nicht auf das Prinzip berufen, wenn er selbst den Hypothekenbrief ausgehändigt erhalten hat und zur Herausgabe desselben an den Gläubiger verpflichtet ist. Beides ist aber so selbstverständlich, daß es in dem Gesetzbuche nicht ausgesprochen zu werden braucht. x) v. Meibom, das mecklenb. Hypoth. Recht § 22. ') Oben S. 617.

'

758

Pfandrecht an Grundstücken.

Briefhypothek.

b) Mahnung und Kündigung.

§ 1118. Mahnung ic. 1. Wollte man die Mahnung und die Kündigung des Gläubigers ohne i^unoer Einschränkung unter das Prinzip des § 1117 stellen, so würde sich die UnwirkUcber- samkeit dieser Geschäfte für den Fall ergeben, daß dieselben von dem Gläubiger udunben' ohne Vorlegung des Hypothekenbriefes bezw. der Uebertragungsurkunden por-

genommen wären. Ein solches Ergebniß würde aber wenig befriedigen, weil es dem Eigenthümer eine Handhabe böte, die Erklärung des Gläubigers, an deren Rechtsgültigkeit zu zweifeln er keine Veranlassung hatte, hinterher als unwirksam zu rügen und hierdurch die Rechtsverfolgung des Gläubigers zu erschweren. Das berechtigte Jnteresie des Eigenthümers erheischt nur, daß derselbe die ohne Vorlegung der Urkunden erklärte Kündigung oder Mahnung bei oder unverzüglich nach der Vomahme des Geschäftes zurückweisen kann. Der Entwurf schränkt deshalb das Prinzip des § 1117 hier insofern ein, als er die Mahnung und die Kündigung wegen mangelnder Urkundenvorlegung nur dann als unwirksam gelten läßt, wenn der Eigenthümer aus diesem Grunde die an ihn gerichtete Erklärung ohne Verzug zurückgewiesen hat. 2. Die Vorschrift des § 308 findet keine Anwendung, wenn der mahnende oder kündigende Gläubiger im Grundbuche eingetragen ist und den Hypotheken­ brief vorlegt; in diesem Falle kommt es für die Legitimation des Gläubigers nicht darauf an, ob der bisherige Gläubiger dem Eigenthümer Anzeige von der Uebertragung gemacht oder der neue Gläubiger eine öffentlich beglaubigte Uebertragungsurkunde vorgelegt hat. Ist dagegen der Gläubiger nicht ein­ getragen, so muß er zu seiner Legitimation nicht blos den Hypothekenbrief, sondern auch die Uebertragungsurkunden vorlegen; sonst ist die Mahnung oder die Kündigung gemäß § 308 unwirksam. Das Vorstehende ergiebt sich in Ansehung des Hypothekenbriefes aus dem § 1118, in Ansehung der Uebertragungsurkunden aber aus dem § 308 bei dessen Anwendung auf den Fall der Uebertragung einer durch Brief­ hypothek gesicherten Forderung. Eine besondere Vorschrift zur Klarstellung des Verhältnisses der beiden Paragraphen zu einander ist somit entbehrlich,

c) Befriedigung des Gläubigers durch den Eigenthümer.

8 1119. s«n,nchc»c i. Der Gläubiger, welcher von dem Eigenthümer befriedigt wird, muß iriebiguitg. gegcn sgefrje^jgUng (Zug um Zug) dem Eigenthümer diejenigen Urkunden aushändigen, deren derselbe bedarf, um über die nach § 1094 auf ihn über­ gehende Post verfügen oder dieselbe im Grundbuche auf seinen Namen um­ schreiben oder löschen laffen zu tonnen1). Vielleicht kann die Erstreckung dieser aus dem Prinzipe des § 1096 sich ergebenden Verpflichtung auf die Aus­ händigung des Hypothekenbriefes schon aus den §§ 1109, 1112 ff. hergeleitet werden. Jedenfalls liegt sie, auch nach dem geltenden Rechte, in der Kon!) Vergl. die §§ 289, 271, 301.

Mahnung und Kündigung. Befriedigung des Gläubigers. §§ H18,1119.

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sequenz der rechtlichen Natur des Hypothekenbriefes und der praMschen Be­ deutung desselben für das Gläubigerrecht *). Das bürgerliche Gesetzbuch darf aber über diesen Punkt bei der Wichtigkeit, welche demselben beiwohnt, keinem Zweifel Raum geben. Eine ausdrückliche Bestimmung, durch welche der Gläubiger zur Aushändigung auch des Hypothekenbriefes an den ihn befriedigenden Eigenthümer verpflichtet wird, bietet überdies den technischen Vortheil, daß an sie die Regelung des Falles einer nur theilweisen Befriedigung in angemessener Weise sich anschließen läßt. 2. Wenn der Gläubiger nur wegen eines Theiles der Forderung befriedigt rh-uwey« wird, so behält für ihn der Hypothekenbrief in Ansehung des Rechtes seine Bc- ®efr,eb,guni-

deutung. Von einer Verpflichtung seinerseits, dem Eigenthümer die Urkunde auszuhändigen, kann somit keine Rede sein. Wohl aber muß der Eigenthümer dagegen geschützt werden, daß der Gläubiger fernerhin den Hypothekenbrief benutzen kann, um über die Forderung auch insoweit, als ihm dieselbe nicht mehr zusteht, zu Gunsten eines Dritten wirksam zu verfügen. Eine solche Ver­ fügung ist nach § 1116 ausgeschlossen, wenn der Hypothekenbrief selbst die wirkliche Sachlage bekundet. Dem Eigenthümer muß daher das Recht ein­ geräumt werden, von dem Gläubiger zu verlangen, daß dessen theilweise Be­ friedigung auf dem Briefe vermerkt werde. Zur Klarstellung des Verhältnisses erscheint es gegenüber dem Schweigen der Landesgesetze rathsam, in dem Gesetz­ buche hervorzuheben, daß die Vermerkung der Theilbefriedigung auf dem Briefe an die Stelle der Aushändigung desselben tritt. (Ms. 2 Satz 1.) Der Eigenthümer muß ferner, da er den Theil, wegen dessen der Gläu­ biger von ihm befriedigt wird, gemäß § 1095 erwirbt, berechtigt sein, diesen Theil im Grundbuche löschen oder auf seinen Namen umschreiben zu lassen und, weil weder die Löschung noch die Umschreibung erfolgen darf, ohne auf dem Hypothekenbriefe vermerkt zu werden, die Herausgabe des Briefes an das Grundbuchamt zu forbem. Für den Fall aber, daß er von diesem Rechte keinen Gebrauch macht, hat das Gesetz ihm die Möglichkeit der Verfügung über die Theilhypothek nach Maßgabe der §§ 1112 ff. zu gewähren. Dies kann, wie das geltende Recht ergiebt2), nur dadurch geschehen, daß von den: «»düng -in-» in den Händen des theilweise befriedigten Gläubigers verbleibenden Hypotheken- t^^briefei Briefe ein besonderer Brief über den Theil gebildet wird. Der Theilhypotheken­ brief darf aber als ein öffentliches Zeugniß nur unter öffentlicher Autorität gebildet werden. Die Zuständigkeit für dieses Geschäft gebührt nicht dem Grundbuchamte ausschließlich. Vielmehr empfiehlt es sich im Interesse der Erleichterung des Hypothekenverkehres, nach dem Vorgänge der preuß. Grundb. O. § 83, auch gerichtlich oder notariell gefertigte Theilhypothekenbriefe zuzulaffen. Der Gläubiger muß daher in dem vorausgesetzten Falle den Hypothekenbrief auf Verlangen des Gläubigers dem Grundbuchamte oder einem zuständigen

*) Oben S. 617. 3) Vergl. die preuß. Grundb. O. § 83 und die Grundb. O. für Oldenburg, Coburg-Gotha rc.; ferner für Mecklenburg die revid. Hypoth. O. für Landg. § 27 Nr. 5 und die revid. Stadtb. O. § 38 Nr. 5; für Anhalt das Pfandges. v. 13. April 1870 § 35, für Rudolstadt das Hypoth. Ges. v. 6. Juni 1856 § 77.

760

Pfandrecht an Grundstücken.

Briefhypothek.

Gerichte oder Notare zum Zwecke der Bildung eines Theilhypothekenbriefes, vorlegen. (Satz 2.) d) Geltendmachung des persönlichen Anspruches. § 1120.

Wenn der Hypothekengläubiger nur den persönlichen Anspruch geltend macht, so kommt es darauf an, ob der Schuldner zugleich der Eigenthümer ist oder nicht. 1. Ist der Schuldner der Eigenthümer, so können die Fälle der 88 1117—1119 nicht verschieden geregelt werden, je nachdem der Gläubiger den dinglichen oder den persönlichen Anspruch erhebt. Vielmehr müssen die angeführten Paragraphen auch in dem letzteren Falle zur Anwendung kommen. Es genügt, in dieser Hinsicht auf die Begründung der entsprechenden Vorschrift des 8 1096 Abs. 2 zu verweisen. 2. Ist der Schuldner nicht der Eigenthümer, so sind für das Rechtsverhältniß zwischen ihm und dem Gläubiger die nach 8 1108 auch im Falle der Briefhypothek geltenden Vorschriften des 8 1096 maßgebend. Was dagegen die 88 1117—1119 betrifft, so kann deren Anwendung auf jene Vor­ aussetzung nicht vorgeschrieben werden. Das praktische Bedürfniß fordert nicht, daß die Zulassung der Schuldklage und die Wirksamkeit einer Mahnung ober einer Kündigung hier von der Vorlegung des Hypothekenbriefes bezw. der den Gläubiger legitimirenden Uebertragungsurkunden abhängig gemacht werden. Erhebt der Gläubiger den Anspruch auf Zahlung der Schuldsumme, so muß er freilich in erster Linie beweisen, daß ihm die Forderung zustehe. Aber es ist nicht nöthig, in Abweichung von dem 8 193 diese Beweisführung der Vor­ schrift des 8 1117 zu unterwerfen. Gegen die Mahnung und die Kündigung eines Nichtberechtigten ist der Schuldner hinlänglich durch die Bestimmungen des 8 308 geschützt, ohne daß auf den besonderen Schutz, welchm der 8 1118 dem Eigenthümer gewährt, zurückgegriffen werden müßte. Der § 1119 endlich

paßt zweifellos insoweit nicht, als er den Rechtserwerb des Eigmthümers gemäß 8 1094 zu sichern bezweckt. Es kann sich nur fragen, ob und inwiefern die Rechte, welche der Schuldner als solcher gegen den von ihm ganz oder theilweise befriedigten Gläubiger nach näherer Bestimmung der 88 269—271 und 1096 hat, dadurch sich erweitern, daß über die für die Forderung bestellte Hypothek ein Hypothekenbrief gebildet ist. Zur Enffcheidung dieser Frage aber bedarf es bei der durch die bisherigen Vorschriften klargestellten Bedeutung des Briefes eines Ausspruches in dem Gesetzbuche nicht.

e) Unanwendbarkeit der §§ 1117—1120 in Ansehung der Forderung wegen rückständiger Zinsen und Kosten.

8 1121. Für die Uebertragung und das Erlöschm der Forderunz wegen rück­ ständiger Zinsen und wegen solcher Kosten, welche nicht zu einem bestimmten Betrage in das Grundbuch eingetragen sind, bleiben die Verschriften des

Persönl. Anspruch.

Zinsen rc. Theilhypothekenbrief. §§ 1120—1122.

761

Rechtes der Schuldverhältnisse maßgebend, auch wenn der Gläubiger das Recht aus der Hypothek geltend macht. Zu einer Abweichung von diesem aus den §§ 1090, 1091 Abs. 4 und 1101 sich ergebenden Grundsätze für den Fall der Briefhypothck ist kein Grund vorhanden. Die §§ 1117—1120 können daher nicht angewendet werden, wenn der Gläubiger seine Ansprüche wegen der gedachten Zinsen und Kosten verfolgt.

9. Thcilhypothekenbrief.

§ 1122. Wenn das Gesetz die Abtretung der Hypothekenforderung von der B-dürsmß. Uebergabe des Hypothekenbriefes abhängig macht, die Beschränkung der Ab­ tretung auf einen Theil der Forderung aber nicht ausschließt, so muß es die Bildung eines Theilhypothekenbriefes gestatten, weil sonst die Theilabtretung nur mittels Uebergabe des über die ganze Post gebildeten Briefes vollzogen werden könnte, die Verweisung des Gläubigers auf diesen Weg aber zu Un­ zuträglichkeiten führen würde. Ein Theilhypothekenbrief wird nach dem gel­ tenden Rechte, namentlich nach der preuß. Grundb. O. §§ 83 und 84, gebildet, wenn ein Theil der Hypothek übertragen oder verpfändet wird; die Bildung erfolgt in der Weise, daß für den Theil eine beglaubigte Abschrift des Stamm­ briefes gefertigt und auf dem letzteren der Theil abgeschrieben wird^). Der Theilbries vertritt hinsichtlich des Theiles, über welchen er lautet, ganz die Stelle des Stammbriefes, so daß dieser nur noch wegen des Restes Geltung behält. Ist aber einmal der Theilhypothekenbrief als ein Institut des Hypotheken­ rechtes anzuerkennen, so kann seine Bildung nicht auf den Fall beschränkt wexden, in welchem sie zur Verfügung über einen Theil unerläßlich ist; viel­ mehr ist sie in allen Fällen am Platze, in welchen die Hypothekenforderung in Theile zerfällt, sei es, daß von vornherein mehrere Gläubiger vorhanden sind oder daß eine Theilung der Forderung durch Erbgang oder durch rechts­ geschäftliche Verfügung eintritt. Die Bildung des Theilhypothekenbriefes ist in der Grundbuchordnung zu Zuständigkeit regeln. Das Gesetzbuch hat mit Bezug hierauf in Konsequenz der Bestimmungen Midmig'd-s des § 1119 Abs. 2 nur auszusprechen, daß dieses Geschäft nicht blos von dem Themr-eses. Grundbuchamte, sondern auch von einem zuständigen Gerichte oder Notare vorgenommen werden kann, und zwar unabhängig von der Zustimmung des Eigenthümers (Abs. 1). In letzterer Hinsicht entscheidet die Erwägung, daß der Eigenthümer, da er die Theilung der Hypothekenforderung sich gefallen lasten muß, auch zu einem Widersprüche gegen die Behandlung jedes einzelnen Theiles als einer von den anderen Theilen unabhängigen Post und folglich gegen die Bildung von Theilhypothekenbriefen nicht berechtigt sein kann.

*) Mit der preuß. Grundb. O. stimmen die Grundb. O. für Oldenburg, CoburgGotha, Braunschweig 2C. überein. Siehe ferner für Mecklenburg die revid. Hypoth. O. für Landg. § 27 Nr. 5 und die revid. Stadtb. O. § 38 Nr. 5, für Anhalt das Pfandges. v. 13. April 1870 § 35 und für Rudolstadt das Hypoth. Ges. v. 6. Juni 1856 § 77.

762

Pfandrecht an Grundstücken.

Briefhypothek.

Funktion bes Daraus, daß der Theilhypothekenbrief in Ansehung des Theiles, über Lhnlbnes-s. roe[^en g,. ^utet, an die Stelle des Stammbriefes tritt (Abs. 2), folgt mit

Nothwendigkeit, daß alle den Hypothekenbrief betreffenden Bestimmungen auch für den Theilhypothekenbrief gelten. Es bedarf also namentlich, wenn der über einen Theil der Hypothek gebildete Brief aus dem Verkehre gezogen werden soll, hierzu nur des in Gemäßheit des § 1107 zu schließenden Ver­ trages, nicht auch der Zustimmung des Stammbriefinhabers bezw. der Inhaber anderer Theilbriefe.

10. Aufgebot. a) Aufgebot des Hypothekenbriefes.

§ 1123. ffietiuf» bes

Wenn das Gesetz die Uebertragung der Hypothekenforderung von der Uebergabe des Hypothekenbriefes und nicht minder die Eintragung einer Ver­ änderung bei der Hypothek von der Vorlegung desselben abhängig macht, so muß es auch dafür Vorsorge treffen, daß der Gläubiger, welchem die Urkunde verloren gegangen ist, eine neue Urkunde erhalten kann. Da aber der Hypothekenbrief bei der Bedeutung, welche er für das Gläubigerrecht hat, in mehreren gültigen Exemplaren nicht im Verkehre sein darf, so ist im Falle seines Verlustes zunächst seine Kraftloserklärung im Wege des Aufgebots­ verfahrens zu erwirken. Dies ist der Standpunkt aller Gesetze, welche die Hypothek mehr oder weniger eng an eine Urkunde anlehnen, namentlich der preuß. Grundb. O. §§ 110—112 und der mecklenb. Gesetze^). Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften der C. P. O. über das Urkundenaufgebot 2), soweit es nicht besonders geregelt wird. An dieser Stelle bedarf es nur einiger Sätze.

1. Die Zulässigkeit des Aufgebotes ist, da die C. P. O. hierüber eine u g- otes. sgejtimmung nicht enthält, in dem Gesetzbuche auszusprechen. (Abs. 1.) »erfahren.

2. Zur Nachsuchung des Aufgebotes ist der Gläubiger als Eigenthümer des Hypothekenbriefes berechtigt. Ob er diese Berechtigung noch hat, wenn er nach seiner Befriedigung sich als Gläubiger legitimirt, kann fraglich sein. Einer Entscheidung durch das Gesetz bedarf es indesien nicht, da, wenn die Frage verneint wird, der Eigenthümer des Grundstückes sich dadurch helfen kann, daß er das Aufgebot der Hypothek nach Maßgabe des § 1103 ausbringt und dann den § 1124 für sich in Anspruch nimmt.

Wegen der Aufgebotsfristen und der Art der Bekanntmachung des Auf­ gebotes muß den einzelnen Staaten die Befugniß zu einer von den Vorschriften der C. P. O. abweichenden Regelung belassen werden. Die Gründe des Vor-

*) v. Meibom, das mecklenb. Hypoth. R. § 119 S. 146. Siehe ferner die Grundb. O. für Oldenburg §§ 90—92, Coburg - Gotha §§ 86—88, Braunschweig §§ 41, 50, Waldeck ic. ») Preuß. Ausf. Ges. zur C. P. O. v. 24. März 1879 § 20.

Aufgebot des Hypothekenbriefes, der Hypothek.

§§ 1123, 1124.

763

Lehaltes, welcher bei § 1105 gemacht ist, treffen auch für das Aufgebot eines Hypothekenbriefes ju1). 3. Der Hypothekenbrief wird durch das Ausschlußurtheil kraftlos. Nach Erlaffung desselben muß daher dem Gläubiger auf deffen Antrag ein neuer Brief von der Buchbehörde ertheilt werden. (Abs. 2 Satz 1.) Wie hierbei zu verfahren ist, wird die Grundb. O. bestimmen. Soll die Hypothek gelöscht werden, so genügt die Vorlegung des Aus­ schlußurtheiles. Will dagegen der Gläubiger über die Hypothek verfügen, so muß er sich einen neuen Hypothekenbrief ertheilen kaffen. Vor der Ertheilung desselben kann er das Recht aus der Hypothek nicht geltend machen. (Abs. 2 Satz 2.) Dies folgt aus den Vorschriften der §§ 1117 ff., und an dieser Folgerung ist um so mehr festzuhalten, als jede Abweichung von derselben die Billigkeit gegen den Eigenthümer verletzen würde, während es der Gerechtigkeit entspricht, daß die mit dem Verluste der Urkunde verbundenen Unzuträglichkeiten von dem Gläubiger getragen werden. 4. Der neue Hypothekenbrief tritt in jeder Hinsicht an die Stelle des alten. Kommt der letztere wieder zum Vorscheine, so kann er doch die Er­ werbung der Hypothek fortan unter keinen Umständen mehr vermitteln. Wollte man der behufs Uebertragung der Hypothek erfolgten Uebergabe eines für kraftlos erklärten Briefes an einen mit der Krastloserklärung unbekannten Dritten um des öffentlichen Glaubens des Grundbuches willen rechtliche Wirkung beimeffen, so würde man die Kraft des Ausschlußurtheiles ganz gegen Zweck und Inhalt desselben abschwächen und die Ertheilung eines neuen Hypothekenbriefes zu einer sehr gefährlichen Einrichtung machen. Anders liegt freilich die Sache, wenn das Ausschlußurtheil angefochten und in Folge der Anfechtung aufgehoben wird 2). In einem solchen Falle hat der Inhaber des neuen Briefes nach Maßgabe des § 843 die Urkunde zurückzugeben und die zur Berichtigung des Grundbuches erforderliche Erklärung abzugeben.

b) Aufgebot der Briefhypothek.

§ 1124. Die §§ 1103 und 1104, durch welche das Aufgebot einer Hypothek bezw. des unbekannten Gläubigers geregelt wird, gelten gemäß § 1108 auch dann, wenn über die Hypothek ein Hypothekenbrief gebildet ist. Das Aufgebot hat aber hier die weitere Wirkung, daß mit der Erlaffung des Ausschlußurtheiles zugleich der Hypothekenbrief kraftlos wird. (Satz 1.) Diese Wirkung ergiebt sich im Falle des § 1103 aus dem Erlöschen der Hypothek; sie muß aber auch für den Fall des § 1104 in dem Gesetzbuchs ausgesprochen werden, weil sonst der Eigenchümer die auf ihn übergehenden Rechte des Gläubigers nicht würde ausüben können. In beiden Fällen erscheint es unbedenklich, von einem /besonderen Aufgebote des Hypothekenbriefes abzusehen, da ein solches dritten

*) Anm. zu § 1123 des Entwurfes. 3) Vergl. §§ 22, 696.

Urtheil.

Löschung.

Bedeutung des neuen Briefes.

764

Pfandrecht an Grundstücken.

Sicherungshypothek.

Personen einen wirksameren Schutz gegen Täuschungen durch die kraftlos­ gewordene Urkunde nicht gewähren würde. Daß im Falle des § 1104 die Vorschriften des § 1123 Abs. 2 zur ent­ sprechenden Anwendung gelangen müssen (Satz 2), braucht nach den Aus­ führungen S. 763 nicht näher dargelegt zu werdens.

in. Sicherungshypothek2). 1. Gestaltung der Sicherungshypothek im Allgemeinen. a) Begriff.

§ 1125. »qjrtff.

Das Wesen der Sicherungshypothek besteht nach den oben (S. 619, 620, 627 und 628) angestellten Untersuchungen darin, daß für dieselbe der Grundsatz, nach welchem bei der gewöhnlichen Hypothek die Fordert« ng gerade so wie ein eingetragenes dingliches Recht unter den öffentlichen Glauben des Grundbuches tritt, keine Geltung hat. Dieser Grundsatz aber hat zugleich mit der für die Richtigkeit des Buchinhaltes streitenden Vermuthung, welche nach dem Entwürfe von ihm sich nicht trennen läßt, in den §§ 1083 und 1089 seinen Ausdruck gefunden. Der Begriff der Sicherungshypothck ist folglich dahin zu bestimmen, daß diese Paragraphen von der Anwendung auf dieselbe ausgeschlosien sind. (Abs. 1.) Die Nichtanwendbarkeit anderer für die gewöhnliche Hypothek geltender Paragraphen muß, da sie nicht als eine nothwendige Konsequenz des Begriffes sich darstellt, besonders vorgeschrieben Anwendbar- werden. Im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes empfiehlt es sich aber im Stiften über Anschlüsse an die Begriffsbestimmung hervorzuheben, daß die Sicherungsdietgewöhnl.)

wot’e"

Hypothek im Uebrigen den Vorschriften über die unterliegt, soweit nicht in den §§ 1126—1134

(gewöhnliche) ein Anderes

Hypothek bestimmt

wird. (Abs. 2.) BeFür den Begründungsvertrag ergiebt sich aus dem § 1125, daß die Vertrag08’ Absicht der Vertragschließenden, eine Sicherungshypothek zu schaffen, außer Zweifel gestellt sein muß; der Gebrauch des Wortes „Sicherungshypothek" ist

nicht erforderlich. b) Bezeichnung der Sich erungs Hypothek im Grundbuche.

8 1126. Eintragung.

Wenn das Gesetz zur Entstehung der Hypothek die Eintragung in das Grundbuch erfordert^), so muß es dasselbe Erforderniß auch für die in der Sicherungshypothek enthaltene Beschränkung der Hypothek aufstellen. Die Sicherungshypothek muß als solche bei der Eintragung bezeichnet werden, um !) Die Landesgesetze haben, wie es scheint, dem § 1024 entsprechende Vor­ schriften nicht. a) Siehe hierzu oben S. 619—628. ») §§ 828, 1062, 1064, 1130 Abs. 2. 1132 Abs. 2.

Gestaltung der Sicherungshypothek im Allgemeinen.

§§ 1125—1128.

765

Täuschungen über den Inhalt des eingetragenen Rechtes zu verhüten. Unter­ bleibt die Bezeichnung im Widersprüche mit der Eintragungsbewilligung, so liegt es nahe, dem Gläubiger eine den Vorschriften über die Sicherungs­ hypothek nicht unterworfene Hypothek zuzuschreiben. In Wirklichkeit entspricht jedoch diese Auffassung nicht der Bedeutung des Eintragungsprinzipes. Viel­

mehr ist in dem unterstellten Falle mehr eingetragen, als nach der Bewilligung des Eigenthümers eingetragen werden durste, das Grundbuch mithin unrichtig und der Gläubiger gemäß § 843 verpflichtet, die Berichtigung zu bewilligen; erst in der Hand eines Dritten, welchem der öffentliche Glaube des Grund­ buches zur Seite steht, wird die Hypothek zu einer gewöhnlichen Hypothek. Der praktische Unterschied zwischen dieser und jener Auffaffung beschränkt sich übrigens darauf, daß nach der letzteren der Berichtigungsanspruch nicht statt­ findet. Hiervon abgesehen, ist das Ergebniß dasselbe, da der Eigenthümer die ihm gegen die Forderung zustehenden Einwendungen, so lange über dieselbe nicht verfügt ist, stets unbeschränkt, im Falle der Verfügung zu Gunsten eines mit der Sachlage unbekannten Dritten aber, auch bei materiell vorhandener, obschon aus dem Grundbuche nicht ersichtlicher Sicherungshypothek, gegen den dinglichen Anspruch nicht geltend machen kann.

c) Unzulässigkeit der Ertheilung eines Hypothekenbriefes.

§ 1127. Das Institut des Hypothekenbriefes bezweckt lediglich die Erleichterung Hypotheken, des Verkehres mit Hypotheken. Es kann daher auf die nicht für diesen Verkehr bnet

bestimmte Sicherungshypothek nicht ausgedehnt werden. In dem geltenden Rechte findet sich freilich eine entsprechende Bestimmung nicht. Hierauf ist aber kein Gewicht zu legen, da die Landesgesetzgebung überhaupt weder das eine noch das andere Institut mit voller Konsequenz und Klarheit entwickelt hat. Betont man den Gegensatz zwischen der gewöhnlichen (verkehrsfähigen) Hypothek und der Sicherungshypothek so scharf, wie der Entwurf, so kann man, ohne das Wesen der letzteren zu verdunkeln, auch nicht auf eine bezügliche Anweisung an die Buchbehörde sich beschränken; vielmehr muß die Unzulässigkeit der Bildung eines Hypothekenbriefes als materieller Rechtssatz für die Sicherungs­ hypothek ausgesprochen und hierdurch die Unanwendbarkeit der den Hypotheken­ brief betreffenden Vorschriften auf diese Form der Hypothek außer Zweifel gestellt werden.

d) Nichtanwendung der §§1079, 1085, 1097 und beschränkte Anwendung der §§1094, 1095 auf die Sicherungsbypothek.

8 1128. 1. Aus der akzessorischen Natur der Hypothek ergiebt sich, daß die Kündigung. Fälligkeit der Forderung als Voraussetzung des dinglichen Anspruches gegen den Schuldner eingetreten sein muß, mithin, wenn die Forderung auf

766

Pfandrecht an Grundstücken.

Sicherungshypothek.

Kündigung steht, nur durch eine dem Schuldner von dem Gläubiger oder diesem von jenem erklärte Kündigung herbeigeführt werden kann. Wenn der Entwurf hiervon in dem § 1079 abgewichen ist, so ist dies, wie die Begründung desselben ergicbt, lediglich aus Rücksicht auf den Hypothekenverkehr geschehen. Diese Rücksicht aber macht sich bei der Sicherungshypothek nicht geltend. Von einer Uebertragung der Bestimmung des § 1079 auf dieselbe muß daher ab­ gesehen werden. Es bleibt somit bei der Rechtskonsequenz, daß bei der Kündigung einer Forderung, für welche eine Sicherungshypothek bestellt ist, außer dem Gläubiger nur der Schuldner, der Eigenthümer dagegen, welcher nicht der Schuldner ist, weder aktiv noch passiv in Betracht kommt.

$>ormertung.

2. Der § 1085 bezweckt, den Eigenthümer gegen die Gefahren zu schützen, welche für denselben damit verbunden sind, daß der § 1083 die Vorschriften über den öffentlichen Glauben des Grundbuches auf die Forderung ausdehnt, zu deren Sicherheit die Hypothek bestellt ist. Der § 1083 aber ist begriffs­ mäßig von der Anwendung auf die Sicherungshypothek ausgeschloffen. Die Bestimmungen des § 1085 können daher gleichfalls auf die letztere nicht angewendet werden.

Eigenthümer-

hypothek.

3. Die lediglich aus Rücksicht auf die Bedürfniffe des Realkredites zugelassene Eigenthümerhypothek darf im Falle der Sicherungshypothek nicht

Platz greifen, weil diese nicht die Bestimmung hat, zur Befriedigung jener Bedürfniffe zu dienen. Daher sind die §§ 1094 und 1095 insoweit, als sie dem Eigenthümer, welcher zugleich der persönliche Schuldner ist, die Erwerbung der Hypothek gestatten, und der § 1197 überhaupt von der Anwendung auf die Sicherungshypothek auszuschließen. Hypothek an

Grundstücke"

Dagegen kann es sich fragen, ob dasselbe auch dann gelten soll, wenn der Eigenthümer nicht der persönliche Schuldner ist. Von dem preuß. Ges. über den Eigenthumserw. rc. § 67 wird in Ansehung der Kautionshypothek die Frage bejaht. Vom Standpunkte des Entwurfes ist sie zu verneinen. Juristisch ist es, auch wenn die Hypothek im Sinne des röm. Rechtes aufgefaßt wird, ganz unbedenklich, daß der Eigenthümer, welcher den Gläubiger befriedigt, hierdurch dessen Forderung erwirbt r). Die Billigkeit spricht ebenfalls dafür, daß die Forderung und mit ihr die Hypothek bestehen bleibt. Wollte man an die Befriedigung des Gläubigers den Untergang der Rechte desselben knüpfen,, so würde der Vortheil hiervon den gleich- oder nachstehenden Gläubigern zu Gute kommen, der Eigenthümer aber vielleicht gar nicht im Stande sein, mit Erfolg sich an den gewesenm Schuldner zu halten. Die Rücksicht auf die Lage des Eigenthümers verlangt, daß auch dann, wenn derselbe weder als Bürge durch die Bestimmungen des § 676 Abs. 1 gesichert ist, noch im Falle des § 1081 sich die Forderung hat abtreten lassen, die Forderung auf ihn über­ geht. Die Vorschriften der §§ 1094 und 1095 müssen daher insoweit, als sie den Fall betreffen, wenn der Eigenthümer nicht der Schuldner ist, auch aus die Sicherungshypothek angewendet werden.

!) Sergi oben S. 201—203, 679, 727

Kautionshypothek.

§ 1129.

767

S. Einzelne Falle der Sicherungshhpothek. a) Kautionsbypothek.

§ 1129. 1. Wenn die Entscheidung darüber, ob im Falle der vertragsmäßigen «orb-han der Hypothekenbestellung eine gewöhnliche Hypothek oder eine Sicherungshypothek Kages.

einzutragen ist, den Betheiligten überlasten roirb1), so muß das Gesetz ein äußeres Merkmal bezeichnen, aus welchem mit voller Bestimmtheit geschloffen werden kann, auf welche der beiden Hypothekenformen der Vertragswille gerichtet ist. Dieses Merkmal «giebt sich aus den Erklärungen der Vertrag­ schließenden über den Betrag der Forderung. Wird der Forderungsbetrag als feststehend angegeben, so ist eine gewöhnliche Hypothek einzutragen, sofern nicht aus dem Vertrage erhellt, daß nur eine Sicherungshypothek in der Absicht der Vertragschließenden liegt. Wird dagegen die Feststellung des Betrags vorbehalten, so findet nur die Sicherungshypothek statt2). (Abs. 1.) Zur Vermeidung unrichtiger Eintragungen 3) erscheint es rathsam, in dem Gesetzbuche auszusprechen, daß, wenn für eine Forderung mit dem Vorbehalte der Feststellung des Betrages derselben Hypothek bestellt wird, die Begründung einer Sicherungshypothek als gewollt anzusehen ist. (Abs. 2.) Die Hypothek entspricht in diesem Falle d« eigentlichen Kautionshypothek des bisherigen Rechtes. 2. Die Zulassung jenes Vorbehaltes hat nicht die Bedeutung eines Angab- d°r Bruches mit dem Spezialitätsprinzipe. Die bestimmte Geldsumme ist hier ebenso wie in dem Falle, wenn die Hypothek für eine dem Betrage nach fest­ stehende Forderung bestellt wird, ein Begriffselement der Hypothek. Der Vor­ behalt nöthigt nur dazu, den höchsten Betrag, bis zu welchem das Grundstück für die Forderung haften soll, auf eine bestimmte Summe zu beschränken. Dieser Betrag muß daher in dem Begründungsvertrage angegeben itnb in das Grundbuch mit eingetragen werden. (Abs. 3 Satz 1.) Daß es sich hierbei nicht um ein lediglich formelles, sondern um ein materielles Erforderniß der Kautionshypothek handelt, ist nach den Vorschriften der §§ 1062, 1064 nicht zweifelhaft. 3. Der Höch st betrag begreift die gesammte Forderung in sich, für 8*^e“nl> welche nach dem Begründungsvertrage die Haftung des Grundstückes in Aus° sicht genommen ist, also nicht nur das später festzustellende Kapital der Forderung, sondern auch die etwa vou demselben zu entrichtenden Zinsen. Wollte man den Vorbehalt der Feststellung auf das Kapital beschränken und daneben das Grundstück noch für Zinsen haften lasten, so würde die Haftung des Grundstückes für die Forderung, bezüglich deren Größe, der Bestimmtheit ermangeln und folglich die Eintragung des Höchstbetrages ihren Zweck nur unvollkommen erreichen. Fallen aber die Zinsen mit unter den Höchstbetrag,

*) Oben S. 627, 628. 2) Oben S. 621. 3) Sergi. S. 764, 765.

768

Pfandrecht an Grundstücken.

Sicherungshypothek.

so muß in Abweichung von der Vorschrift des § 1064 die Eintragung der Verzinslichkeit und des Zinssatzes unterbleiben. (Abs. 3 Satz 2.) Dagegen umfaßt der Höchstbetrag nicht die Kosten, für welche nach § 1066 das Grundstück haftet. Diese Haftung besteht auch bei der gewöhn­ lichen Hypothek neben der Haftung für die aus dem Grundbuche ersichtliche Forderung. Ein Grund aber, der eine andere Gestaltung des Verhältnisses für die Kautionshypothek rechtfertigte, ist nicht erfindlich. Übertragung 4, Schwierigkeiten können hier aus der Regelung der Uebertragung Fordemng entstehen. Nach den §§ 1086 ff. kann die Forderung nur durch Vertrag und Eintragung, und zwar nicht ohne die Hypothek, auf einen Anderen übertragen werden. Dies ist gewiß auch für die Kautionshypothek ein angemeffenes Er­ gebniß, wenn der Fall ins Auge gefaßt wird, daß die Uebertragung erfolgt, nachdem die vorbehaltene Feststellung durch Vertrag oder durch Urtheil statt­ gefunden hat. Dagegen würde die unbeschränkte Anwendung jener Paragraphen auf den Fall, in welchem eine einzelne Forderung aus dem durch die Hypothek gesicherten Verhältnisse während der Dauer desselben übertragen wird, nicht angemessen sein, weil sie zu einer Minderung der Sicherheit für das Schluß­ guthaben führen, hierdurch aber mit der Absicht der Betheiligten bei der Bemit Au,- gründung der Hypothek nicht selten in Widerspruch treten müßte. Um ein solches nicht befriedigendes Ergebniß zu vermeiden, ermöglicht der Entwurf »er Hypothek, die Uebertragung einer durch Kautionshypothek gesicherten Forderung auch nach Maßgabe der für die Uebertragung einer nicht durch Hypothek gesicherten Forderung geltenden Vorschriften und schließt, wenn nur nach Maßgabe dieser Vorschriften übertragen wird, den Mitübergang der Hypothek auf den neuen Gläubiger aus. (Abs. 4.) Der Abs. 4 trifft durch seine allgemeine Fassung freilich auch den Fall, in welchem die Forderung übertragen wird, nachdem die vorbehaltene Fest­ stellung ihres Betrages bereits bewirkt worden ist. Allein hieraus werden sich

mit der Hypothek.

besondere praktische Uebelstände nicht ergeben. Berechnet ist die Bestimmung auf die oben gekennzeichneten Fälle der Uebertragung einer Einzelforderung vor Feststellung des Schlußguthabens. Es kann sich indessen fragen, ob sie für diese Fälle den Absichten der Betheiligten völlig gerecht wird. Sie schließt offenbar die Uebertragbarkeit einer einzelnen Forderung mit der Hypothek nicht aus. Hieran aber knüpfen sich einige Zweifel, a) Liegt ein obligatorischer Abtretungsvertrag vor, so kann die Uebertragung mit der Hypothek, aber auch ohne dieselbe gemeint sein. b) Ist ein formloser dinglicher Vertrag geschlossen, so erhebt sich die Frage, ob die Abtretung der Forderung wirksam und, wenn dies anzunehmen, die Abtretung der Hypothek nach § 297 erzwingbar ist. Indessen sind diese Zweifel nicht so belangreich, daß ihre Lösung durch das Gesetzbuch ein Bedürfniß wäre. Man wird zu a) die Abtretung ohne die Hypothek als gewollt zu betrachten und zu b) für die Wirksamkeit der Ueber­

tragung zu entscheiden haben, während die Anwendbarkeit des § 297 zu ver­ neinen ist. c) Ist die Einzelforderung mit der Hypothek übertragen und im Grund­ buche auf den Namen des neuen Gläubigers umgeschrieben, hiernächst aber

Zwangshypothek; Erfordernisse.

769

§ 1130.

letzterer von dem Eigenthümer befriedigt worden, so erlischt insoweit mit der Fordemng auch die Hypothek. Der Nachtheil hiervon trifft den Gläubiger, welchem die Forderung wegen des nicht übertragenen Betrages zusteht, wenn sich bei der Schlußfeststellung ergiebt, daß das Guthaben den Höchstbetrag, für welchen das Grundstück hastet, erreicht oder gar übersteigt — ein Erfolg, der mit den Absichten der Betheiligten bei der Begründung der Hypothek kaum in -Einklang stehen dürfte. Man kann freilich einwenden, daß der Gläubiger die Folge sich selbst beizumesien habe, da er ja auch ohne die Hypothek hätte abtreten können. Allein dieser Einwand trifft nicht zu, wenn im Zwangswege überwiesen ist. Schwerlich wird man auch geltend machen können, daß die Hypothek durch die Befriedigung, welche der Eigenthümer an den Erwerber der Einzelforderung geleistet habe, nicht untergegangen, der Fall vielmehr so zu beurtheilen sei, als wenn nicht übertragen worden wäre. Indem die Forderung mit der Hypothek abgetreten oder überwiesen ist, hat auch die Hypothek von der Person des bisherigen Gläubigers sich losgelöst, und sie kann mit derselben nicht dadurch wieder vereinigt werden, daß der Eigenthümer den neuen Gläubiger befriedigt. Gleichwohl darf aus der Unzuträglichkeit, welche mit dem Erlöschen der Hypothek in Ansehung des Betrages der übertragenen Einzelforderung verbunden sein kann, ein erhebliches Bedenken gegen den Abs. 4 nicht hergeleitet werden, da die Bestimmungen desselben so verstanden werden müssen, daß sie nur dann gelten, wenn nicht nach dem Begründungs­ verträge anzunehmen ist, daß die einzelnen Forderungen, welche vor der Fest­ stellung des Schlußguthabens sich ergeben, nicht durch die Hypothek sichergestellt sein sollen^).

b) Zwangshypothek.

a. Erfordernisse der ZrvangshqpotheK.

8 1130. Nachdem oben S. 621—624 dargethan roorben ist, daß die Zwangs'hypothek von dem bürgerlichen Gesetzbuchs nicht abgelehnt, jedoch nur als Sicherungshypothek zugelaffen werden kann, ist nunmehr auf die Erfordernisse

dieser Kategorie näher einzugehen. 1. Die Zwangshypothek gelangt ohne und selbst gegen den Willen des i- Zw-n,,'Eigenthümers zur Entstehung. Sie kann daher vom Standpunkte des Ent- ”°a,lr“tun8wurfes?) nur im Wege der Zwangsvollstreckung begründet werden. Die Zwangsvollstreckung aber findet nur statt, wenn die Forderung gegen den Schuldner, d. h. hier den Eigenthümer des Grundstückes, an welchem die .Hypothek bestellt werden soll, vollstreckbar ist. Der Gläubiger muß einen voll­ streckbaren Titel erlangt haben, ohne daß etwas darauf ankommt, zu welcher Gattung derselbe gehört. Alle Schuldtitel, aus welchen nach der C. P. O. ■(§§ 644, 702, 706) die gerichtliche Zwangsvollstreckung zulässig ist, sind an sich

*) Bergl. oben S. 619. s) Oben S. 601, 623. Motive z. bürgert Gesetzbuch. UI.

49

770

Pfandrecht an Grundstücken.

geeignete Voraussetzung der Zwangshypothek. besondere:

vollstreckbarer eine

xltd:

Sicherungöhypotbek.

Hervorzuheben sind ins-

a) Das Urtheil. Die Ansicht, daß die Zwangshypothek auf den Fall des Urtheiles zu beschränken sei, geht von dem franz. Rechte aus, welches in Folge der Autorität, die es dem gerichtlichen Urtheile beilegt, mit demselben ein von der Vollstreckbarkeit nicht abhängiges Pfandrecht verbindet. Dieser Standpunkt gestattet aber keine Analogie, wenn man in der Bestellung einer Zwangshypothek lediglich einen Akt der Zwangsvollstreckung sieht. Als Grund der letzteren hat das Urtheil keine höhere Bedeutung als jeder andere voll­ streckbare Schuldtitel. ^urtanbe*6" b) Die vollstreckbaren Urkunden der C. P. O. und der Landes­ gesetze. Das Bedenken, daß derjenige, welcher eine solche Urkunde ausstellt, regelmäßig nicht die Absicht habe, seinem Gläubiger die Eintragung einer Hypothek zu bewilligen, ist nicht von Belang; es erledigt sich dadurch, daß die Eintragung einer Hypothek auf Grund der Urkunde nicht um deswillen zugelaffen wird, weil sie dem Willen des Ausstellers entspricht, sondern um des­ willen, weil dieser sich der Zwangsvollstreckung unterworfen hat und es folge­ widrig sein würde, von der demgemäß im Allgemeinen zulässigen Zwangsvoll­ streckung diejenige auszunehmen, welche sich in der zwangsweisen Begründung, einer Hypothek bethätigt. vollstreckt c) Die nur vorläufig vollstreckbaren Schuldtitel, namentlich der Vollvitel, streckungsbefehl. Diejenigen Landesgesetze, welche an die endgültige Vollstreck­ barkeit der Forderung das Recht des Gläubigers auf Eintragung einer gewöhnlichen (normalen) Hypothek knüpfen, können allerdings, wenn die Voll­ streckbarkeit eine blos vorläufige ist, füglich auch nur eine vorläufige Ein­ tragung gestatten. Für den Entwurf aber hat diese Unterscheidung mit der Ablehnung der normalen Hypothek als Zwangshypothek ihre Berechtigung verloren. Eine Sicherungshypothek wie die, auf welche der § 1130 den Gläubiger beschränkt, kann ohne Gefahr für den Schuldner auch dann bestellt werden, wenn die Forderung nur vorläufig vollstreckbar ist1). * / Hieran muß auch für die im Mahnverfahren ergehenden Vollbeseh? streckungsbefehle festgehalten werden. Doch bedarf dies mit Rücksicht auf ») urtheil.

das bad. Recht der näheren Begründung. In Baden hat bereits vor Einführung der C. P. O. v. 30. Januar 1877 ein dem Mahnverfahren derselben ähnliches Verfahren bestanden. Die Mög­ lichkeit indessen, in diesem Verfahren eine Judizialhypothek zu erlangen, soll vielfach zur Schädigung der weniger geschäftskundigen Landbewohner gemiß­ braucht worden sein. Es wird versichert, für den gewisienlosen Geldmann sei es nicht schwer, die Unterlagen für das Verfahren gegen einen einfachen Landmann zu beschaffen, und wenn dann der Vollstreckungsbefehl erlaffen sei, so werde der Schuldner durch allerlei Einflüsterungen bestimmt, den Einspruch zu versäumen. Die Folge hiervon sei die Judizialhypothek, mithin eine zunehmende Verschuldung des Grundbesitzes. Das Uebel sei um so größer, je leichter das Mahnverfahren die Handhabe zur Erlangung mehrerer Voll-

!) Oben S. 623 ff.

Zwangshypothek; Erfordernisse.

§ 1130.

771

streckungsbefehle und folglich auch mehrerer Hypotheken für dieselbe Forderung biete. Deshalb bestimmt das Ges., die Einführung der Reichs-Justizgesetze in Baden betr., v. 3. März 1879 § 26, daß die im Mahnverfahren ergehenden Vollstreckungsbefehle ein richterliches Unterpfandsrecht nicht begründen. Ob ähnliche Erfahrungen wie in Baden auch in anderen Ländern gemacht worden sind, bleibt dahingestellt. Wohl aber ist das in dem größten Theile Preußens länger als ein Menschenalter in Geltung gewesene, auf dem­ selben Gedanken wie das Mahnverfahren der C. P. O. beruhende Mandats­ verfahren von den besten Folgen gewesen, und irgend welche Mißstände, welche sich auf die Eintragung einer Judikatshypothek auf Grund des Mandates zurückführen ließen, sind nicht bekannt geworden. Nach der C. P. O. § 640 steht der Vollstreckungsbefehl einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnißurtheile gleich. Wenn daher das auf Zahlung lautende Urtheil dadurch vollstreckt werden kann, daß für den Gläubiger eine Hypothek an den Grundstücken des Schuldners bestellt wird, so muß auch der Voll­ streckungsbefehl in gleicher Weise vollziehbar sein. Wollte man diese Kon­ sequenz ablehnen, so würde man die praktische Bedeutung des Mahn­ verfahrens erheblich abschwächen und den Fortbestand desselben in Frage stellen. Hierzu liegt aber eine Veranlassung nicht vor. Die in Baden gemachten Erfahrungen können nicht entscheidend sein, einmal weil sie den Rechtszustand vor der C. P. O. zur Voraussetzung haben, sodann weil sie sich auf ein Gebiet beschränken, in welchem die franz. Judizialhypothek gilt, und endlich weil die fraglichen Uebelstände, soweit sie auch mit der Zwangshypothek des Entwurfes verbunden sein sollten, nicht durch Ausschließung derselben im Falle des Mahnverfahrens sich beseitigen lassen mürben, indem sie auch bei der Wahl des ordentlichen Verfahrens sich geltend machen müßten. 2. Die Forderung, für welche die Hypothek bestellt werden soll, muß gemäß § 1062 Abs. 1 eine bestimmte Geldforderung sein. Der Grund, forberun». auf welchem dieses Erforderniß für die gewöhnliche Hypothek beruht^), trifft auch bei der Zwangshypothek zu, und ein Bedürfniß für die Zulassung einer solchen in Fällen, in welchen die Forderung auf eine andere Leistung als auf Zahlung lautet, ist nicht anzuerkennen. Dagegen bedarf es hier nicht einer Angabe des höchsten Betrages, bis zu welchem das Grundstück haften soll. Denn die Zwangshypothek ist keine Kautionshypothek, sondern eine Sicherungshypothek mit feststehendem Betrage. Sie unterliegt daher nicht den Vorschriften des § 1129; vielmehr findet auf sie der § 1064 mit der Maßgabe Anwendung, daß der vollstreckbare Schuld­

titel an die Stelle der Eintragungsbewilligung tritt. 3. Die Zwangshypothek gelangt erst mit der Eintragung in das Grundbuch zur Entstehung. Dieselben Gründe, aus welchen die Vertragsmäßige Begründung einer Hypothek nach den Bestimmungen der §§ 828 und 1062 von der Eintragung abhängig ist, führen zur Unterwerfung auch der Zwangshypothek unter das Eintragungsprinzip*2). *) Oben S. 637. 2) Oben S. 600, 601.

» «nttaeung"

772 Voraussetzung

Eintragung.

.

Pfandrecht an Grundstücken.

Sicherungshypothek.

a) Die materielle Voraussetzung der Eintragung ist der vollstreckbare Schuldtitel. Dieser muß, da die Eintragung ein Akt der Zwangsvollstreckung ist, in vollstreckbarer Ausfertigung dem Grundbuchamte vorliegend). Ob, wenn die Forderung aus einem Jnhaberpapiere, einem Wechsel oder einem Orderpapiere hervorgeht, die Eintragung durch die Vorlegung des Papieres bedingt ist, muß aus der Natur des betreffenden Schuldverhältnisses und den allgemeinen, dem Prozeßrechte angehörenden Grundsätzen sich ergeben. Einer besonderen Vorschrift zur Regelung des Falles der Zwangshypothek bedarf es nichts). Nach der C. P. O. § 672 Abs. 2 darf, wenn die Zwangsvollstreckung von einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheitsleistung abhängt, „der Beginn der Zwangsvollstreckung nur erfolgen, wenn die Sicherheitsleistung durch eine öffentliche Urkunde nachgcwiesen und eine Abschrift dieser Urkunde bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird". Das preuß. Ges. v. 13. Juli 1883 dagegen, welches in dem vorausgesetzten Falle die Eintragung der Forderung nur als Vormerkung zuläßt, bestimmt unter § 7 Abs. 2: „Die Vormerkung ist einzutragen, ohne daß die Sicherheit, von deren Leistung die Zwangs­ vollstreckung abhängig gemacht ist, geleistet zu werden braucht". Von der Aufnahme einer diesem Satze entsprechenden Bestimmung in das bürgerliche Gesetzbuch muß jedoch abgesehen werden. Wenn die C. P. O. die Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung gestattet8), so bezweckt sie für den Fall, daß die Vollstreckung hinterher sich als unberechtigt erweisen sollte, dem Schuldner nicht allein die Erstattung des Ge­ leisteten, sondern auch, bei vorhandener Schadensersatzpflicht des Gläubigers, die Leistung des Schadensersatzes zu sichern. Nun ist aber zweifellos, daß der Schuldner durch die zwangsweise Eintragung einer Hypothek auf seine Grund­ stücke auch dann noch geschädigt werden kann, wenn ihm die Einwendungen gegen die Forderung gewahrt werden. Zwar entzieht ihm die Eintragung nicht, wie sonst die Zwangsvollstreckung, ein Stück seines Vermögens. Aber sie vermindert doch dadurch, daß sie den Grundbesitz des Schuldners belastet,

dessen Realkredit bis zur Höhe derjenigen Summe, auf welche die Hypothek lautet, und dies kann für die Vermögenslage des Schuldners, namentlich wenn derselbe Kaufmann ist, von den bedenklichsten Folgen sein. Wenn gleichwohl das preuß. Gesetz die Eintragung ohne Sicherheitsleistung gestattet, so erklärt sich dies aus der Auffassung, daß die C. P. O., wenn sie unter § 757 Abs. 2 die Regelung der Eintragung einer vollstreckbaren Forderung in das Hypotheken­ buch den Landesgesetzen überläßt, nicht bestimmt habe, daß diese Eintragung als ein Akt der Zwangsvollstreckung zu regeln sei. Vom Standpunkte des Entwurfes ist die Eintragung einer Zwangshypothek in der That ein solcher Akt. Der Entwurf würde sich folglich mit der C. P. O. § 672 Abs. 2 in Widerspruch setzen, wenn er in denjenigen Fällen, iw welchen dieselbe die Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig macht, bei dieser 1) C. P. O. §§ 662 ff., 702 ff. ») Vergl. daß preuß. Ges. v. 13. Juli 1883 § 8 Abs. 2. 3) Vergl. die C. P. O. §§ 647, 650, 652, 668, 688.

Zwangshypothek; Erfordernisse.

§ 1130.

773

Eintragung von dem Nachweise der Sicherheitsleistung absähe. Die Sach­ prüfung des Grundbuchamtes wird allerdings dadurch erschwert, daß demselben dieser Nachweis geführt werden muß. Mein das hieraus sich ergebende Be­ denken erledigt sich dadurch, daß die Landesgesetze nach dem in das Einführungs­ gesetz aufzunehmenden Vorbehalte l) in Abweichung von den Bestimmungen des § 846 .die Vermittelung des Gerichtes vorschreiben können. b) Die Zwangshypothek ist, wenn der Schuldner nach Ausweis Prägung des Grundbuches mehrere Grundstücke hat, je nachdem es in dem «nmbfUMe. Eintragungsantrage verlangt wird, auf eines oder auf einige oder auf alle Grundstücke einzutragen. Nach der preuß. Verordn, v. 4. März 1834 § 22 durfte der Gläubiger, roettn er sich nicht mit der Eintragung auf ein Grundstück begnügen wollte, nur einen von ihm zu bestimmenden Theil der Forderung auf jedes einzelne Grundstück eintragen lassen. Das Ges., betr. die Zwangsvollstr, in das unbewegliche Vermögen, v. 13. Juli 1883 § 6 läßt dagegen die ungetheilte Eintragung der Zwangshypothek auf alle Grundstücke des Schuldners zu. Wie es scheint, gilt dieser Grundsatz auch in den übrigen Staaten, welche das Institut der Zwangshypothek habens. Die Frage, ob es zweckmäßig ist, die Eintragung der Forderung als Korrealhypothek zu gestatten und also den Standpunkt der Verordn, v. 4. März 1834 aufzugeben, ist im preußischen Landtage bei den Berathungen des Ent­ wurfes, aus welchem das Ges. v. 13. Juli 1883 hervorgegangen ist, erschöpfend erörtert worden»). Nachdem sie bejahend entschieden ist, besteht mit Rücksicht auf das geltende Recht für die Reichsgesetzgebung keine Veranlassung, auf das ältere Recht zurückzugreifen. Das Interesse des zahlungsberechtigten Gläubigers verlangt dringend, daß die möglich größte Sicherheit für die zur Zwangs­ vollstreckung stehende Forderung gewährt werde. Es erscheint auch nicht zweifelhaft, daß der Eintragung einer Zwangshypothek auf alle Grundstücke des Schuldners juristische Gründe nicht entgegenstehen. Aus der billigen Rücksicht auf die Lage desselbm aber kann ebenfalls ein Bedenken nicht her­ geleitet werden. Reale Bedeutung würde die in dem Verbote der »»getheilten Belastung mehrerer Grundstücke liegende Begünstigung des Schuldners vom Standpunkte des Gesetzgebers nur haben, wenn das Verbot geeignet wäre, den Schuldner kreditfähig zu erhalten. Diese Voraussetzung trifft jedoch nicht zu. Für gewöhnlich wird man annehmen dürfen, daß derjenige, welcher einen gegen ihn vollstreckbaren Anspruch nicht befriedigt, die hierzu erforderlichen Mittel nicht besitzt, auch nicht im Stande ist, dieselben im Wege des Kredites zu beschaffen. Hat er im einzelnen Falle noch Realkredit, so mag er denselben zum Zwecke der Beftiedigung jenes Anspruches benutzen. Unterläßt er dies, so hat er auch keinen Grund zur Beschwerde, wenn das Gesetz ihn so behandelt.

x) Sinnt, zu § 846 des Entwurfes. 2) Vergl. für Bayern das Ges., Aenderungen der Bestimmungen über die Zwangsvollstr, rc. betr., v. 29. Mai 1886 Art. 40, für Sachsen G. B. § 394 und das Ges. v. 4. März 1879 § 10. 8) Siehe Stegemann, die Materialien zu dem Ges. v. 13. Juli 1883 rc. S. 49, 50, 142—145, 205—212, 368, 369, 409—412.

774

Pfandrecht an Grundstücken.

Sicherungshypothek.

als fei er überhaupt nicht mehr kreditfähig. Unter dieser Voraussetzung aber kann in der Regel für ihn ein besonderer Nachtheil daraus nicht entstehen, daß auf seine Grundstücke eine Zwangshypothek ohne Theilung der Summe

eingetragen wird.

ß.

TheUwetsr Löschung wegen übermäßiger Sicherheit.

§ 1131. BilliMt Schuldner,

geltender

9tott

Obschon der Gläubiger berechtigt sein muß, die Zwangshypothek auf alle bezw. mehrere Grundstücke eintragen zu lassen, so ist doch nicht zu ver­

kennen, daß die Ausübung dieses Rechtes zu einer gewissen Härte gegen den Schuldner führen kann, wenn die Sicherheit, welche durch die Eintragung begründet wird, über das berechtigte Interesse des Gläubigers hinausgeht, Diese Härte bezweckt der § 1131 zu mildern. Ein Vorgang hierfür findet sich in dem sächs. G. B. § 397 und in anderen Gesetzen, welche die Eintragung auf Grund eines allgemeinen gesetzlichen Rechtstitels zulassen, insofern, als dieselben dem Eigenthümer das Recht einräumen, zur Zurückführung der Sicherheit auf ein angemefienes Maß die Löschung der Hypothek an einem oder einigen Grundstücken zu »erlangen1). Nach dem preuß. Ges., betr. die Zwangsvollstr, in das unbewegt. Verm., v. 13. Juli 1883 § 6 steht dem Schuldner im Falle der Uebermäßigkeit der durch die Zwangshypothek be­ gründeten Sicherheit das Recht zu, „mittels einer gegen den Gläubiger an­ zustellenden Klage die Vertheilung der Forderung auf einzelne Grundstücke bezw. die Befreiung einzelner Grundstücke von der eingetragenen Hypothek zu

tesentro* 1. Voraus,«tz der Anspr.

beantragen". Der Standpunkt des Entwurfes ist folgender: 1. Vorausgesetzt wird, daß die Hypothek an mehreren Grundstücken des Schuldners besteht, gleichviel ob sie an allen im Wege der Zwangsvollstreckung

oder an einigen freiwillig bestellt worden ist. Die Sicherheit, welche der Gläubiger auf diese Weise erlangt hat, muß übermäßig, d. h. mit Rücksicht auf den Grundsatz des § 203 größer sein, als das Gesetz für die Belegung von Mündelgeldern erfordert. -.Inhaltder2. Das Recht, welches der § 1131 an diese Voraussetzungen knüpft, ,-lb-n. besteht darin, daß der Schuldner eine entsprechende Ermäßigung der Sicherheit, d. h. die Löschung der Zwangshypothek an einem oder einigen Grundstücken, fordern kann, so zwar, daß dem Gläubiger immer noch eine mündelmäßige Sicherheit verbleibt. Die Auffassung des dem Gläubiger durch den § 1130 cingeräumten Rechtes wird freilich zweifelhaft, wenn zugleich dem Schuldner das Recht auf theilweise Löschung beigelegt wird. Man kann sagen, jenes Recht des Gläubigers sei nur ein formales; materiell sei derselbe nur zu einer mündelmäßigen Sicherheit berechtigt. Man kann aber auch von dem absoluten Karakter des Rechtes ausgehen, so daß dasselbe nur durch den Nachweis der

:) Franz. G. B. Art. 2161; bayr. Entw. m Art. 371; Regelsberger, bayr. Hypoth. R. § 75; v. Roth, deutsches Priv. R. § 309 II

Zwangshypothek; Löschung weg. Übermaß. Sicherh. Arresthyp. §§ 1131,1132. 775

Voraussetzungen eines dem Schuldner zustehenden Gegenrechtes theilweise be­ seitigt wird. Allein ein praktisches Bedürfniß zur Lösung dieses Zweifels durch das Gesetzbuch ist nicht anzuerkennen. Dagegen darf nicht unentschieden bleiben, auf welchem Wege das Recht des Schuldners zu verwirklichen ist. Möglich wäre es, die Beschlußfassung darüber, ob die Voraussetzung der Vorschrift des § 1131 vorliegt, dem Vollstreckungsgerichte zu übertragen. Jedoch würde dies nicht im Einklänge stehen mit dem allgemeinen Grundsätze, daß jedes Recht, welches von dem Verpflichteten nicht anerkannt wird, nur im ordentlichen Wege Rechtens zur Geltung gebracht werden kann. Deshalb empfiehlt es sich,

mit dem preuß. Gesetze den Schuldner auf den Weg der Klage zu verweisen. Daß nur dieser Weg den Schuldner zum Ziele führt, wird durch die Fassung des § 1131 außer Zweifel gestellt. Die Klage auf Löschungsbewilligung unterliegt, auch in Ansehung der Zuständigkeit x), den allgemeinen Grundsätzen.

c) Arresthypothek.

8 1132. 1. Die Vorschrift des § 1132 Abs. 1 stellt sich in der Hauptsache als Eintragung Konsequenz der oben S. 624 ff. über die Vollziehung des Arrestes in die Grundstücke des Schuldners gepflogenen Erörterungen dar. Der Arrestbefehl Arrestbesqu. wird durch Eintragung einer Sicherungshypothek vollzogen. Für die Voraus­ setzungen der Vollziehung sind die Bestimmungen der C. P. O. 88 808, 809 und des Ges., betr. die Ergänzung des § 809 v. 30. April 1886 maßgebend. Die Arresthypothek wird gemäß § 846 des Entwurfes gleichwie die Zwangs­ hypothek auf den unmittelbar an das Grundbuchamt zu richtenden Antrag des Gläubigers eingetragen, sofern nicht landesrechtlich die Vermittelung des Berichtes vorgeschrieben wird 2). Gegen die Anwendung des § 846 darf nicht eingewendet werden, daß man die Vermittelung des Gerichtes hier nicht ent­ behren könne, weil nur das Gericht in der Lage sei, die in Folge der Berück­ sichtigung von Schäden, Zinsen und Kosten nicht selten recht schwierige Fest­ setzung des Höchstbetrages der Hypothek zu treffen. Der Einwand widerlegt sich ohne Weiteres durch die Vorschrift der C. P. O. § 803, nach welcher in jedem Arrestbefehle ein Geldbetrag angegeben sein muß, durch dessen Hinter­ legung die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der Schuldner zu dem An­ träge auf Aufhebung des vollzogenen Arrestes berechtigt wird. Dieser Betrag bildet eine angemessene Grundlage auch für die Arresthypothek, so zwar, daß er als Höchstbetrag, bis zu welchem das Grundstück für die Forderung hasten soll, in das Grundbuch einzutragen ist. 2. Die Arresthypothek unterscheidet sich von der Zwangshypothek wesentlich dadurch, daß bei ihr nicht wie bei dieser der Betrag der Forderung fest­ steht; sie fällt unter den Begriff der Kautionshypothek und unterliegt daher den Vorschriften des § 1129 Abs. 3, 4. Im Uebrigen sind beide Kategorieen

*) C. P. O. §§ 25, 26. *) Anm. zu § 846.

776

Pfandrecht an Grundstücken.

Sicherungshypothek.

nach gleichen Grundsätzen zu regeln, die Bestimmungen des § 1130 Ms. 2 und der § 1131 mithin auch im Falle der Arresthypothek zur entsprechenden Anwendung zu bringen. (Abs. 2.)

ck) «Löschung der Zwangs» und der Arresthypothek ohne Bewilligunx des Gläubigers.

8 1133. Die Sicherungshypothek, welche gemäß 88 1130 und 1132 für den Aufh^üng Gläubiger auf ein Grundstück des Schuldners eingetragen wird, empfängt

Einstellung

de» «rr.

ihren Inhalt lediglich aus dem vollstreckbaren Titel oder der 'gerichtlichen Anordnung des Arrestes. Sic verliert daher die Berechtigung zum Fort­ bestehen, wenn die Zwangsvollstreckung oder die Vollziehung des Arrestes mit der Wirkung, daß auch die bereits erfolgten Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben sind, eingestellt bezw. die Aufhebung des Arrestes durch eine vollstreckbare Entscheidung angeordnet wird. Für den Eigenthümer folgt hieraus das Recht auf Löschung der Hypothek, und zwar, wie aus dem zu § 846 Abs. 2 Gesagten ersichtlich ist, ohne daß die Bewilligung des Gläubigers beigebracht oder die Verurtheilung desselben zur Ertheilung der Bewilligung erwirkt zu werden braucht. Da indessen diese Folgerung mit dem formellen Konsens­ prinzipe, welches in der Grundbuchordnung zur Anerkennung gelangen roirb1), nicht in Einklang steht, so bedarf es hier einer Bestimmung, welche das Er­ forderniß der Bewilligung des Gläubigers für die Löschung fallen läßt.

3. Umwandlung der Sicherungshypothek i« eine gewöhnliche Hypothek.

8 1134. Bedürfniß

fur

die Umwandi.

Wenn neben der gewöhnlichen (normalen) Hypothek eine besondere Sicherungshypothek zugelasien wird, so erhebt sich die Frage, ob eine Um­

wandlung der einen Form in die andere den Betheiligten ermöglicht werden soll. Vom Standpunkte des geltenden Rechtes ist die Entscheidung zweifelhaft, da die Landesgesetze weder ausdrücklich eine solche treffen, noch den Gegensatz zwischen den beiden Formen erschöpfend und konsequent zur Geltung bringen. Ein praktisches Bedürfniß für die Umwandlung einer gewöhnlichen Hypothek in eine Sicherungshypothek ist anscheinend nirgends hervorgetreten. Wohl aber können die Betheiligten ein nicht unberechtigtes Interesse daran haben, daß die Sicherungshypothek, wenn der Betrag der Forderung festgestellt ist, in eine gewöhnliche Hypothek umgewandelt und auf diese Weise zur Be­ friedigung eines Realkreditbedürfnisses des Eigenthümers verwendet werde. Da jedoch die Umwandlung zugleich das Interesse der dem Hypothekengläubiger im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten berührt, so fragt es sich: Umwandlung 1. ob sie ohne deren Zustimmung gestattet werden soll. Hierauf kann nur eine verneinende Antwort gegeben werden.

*) Anm. f $u § 828 des Entwurfes.

Zwangs- u. ArresthyP., Löschung. Umwandt. b. Sicherungsbyp. §§ 1133,1134.

777

a) Beschränkt man die Frage auf die Kautionshypothek im Sinne der §§ 1129 und 1132, so ergiebt sich, daß eine solche Hypothek ihrem Wesen nach nur besteht, sofern und soweit aus dem Rechtsverhältnisse, welches die Voraussetzung ihrer Bestellung bildet, eine Forderung für den Gläubiger ent­ standen und nicht wieder aufgehoben ist. Jeder Dritte mithin, für den ein der Hypothek nicht vorgehendes Recht an dem Grundstücke eingetragen ist, kann der sein Recht beeinträchtigenden Geltendmachung der Kautionshypothek widersprechen, wenn bezw. soweit ihm die Forderung nicht nachgewiesen wird. Dieses Widerspruchsrecht aber ist, weil es aus dem dinglichen Rechte des Dritten fließt, der Einwirkung des EigenthümerS und des Gläubigers ent­ zogen. Wird zwischen beiden die durch die Kautionshypothek gesicherte Forde­ rung auf einen bestimmten Betrag festgestellt, so erlangt hierdurch der Gläubiger nur einen Beweis gegen den Eigenthümer. Gegen Dritte hat die Feststellung der Forderung formell keine Wirkung. Wenn es freilich zum Prozesse gegen einen Dritten kommt, so kann der Richter, vermöge der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung, in der Feststellung als Thatsache ein Beweismoment finden. Immerhin aber bedarf es einer besonderen Feststellung der Forderung gegen den Dritten, um dessen Widerspruch gegen die Kautionshypothek zu überwinden. Wollte das Gesetz die Umwandlung der letzteren in eine gewöhnliche Hypothek auf Grund der gegen den Eigenthümer erfolgten Feststellung gestatten, so würde diesem die Möglichkeit eröffnet, durch sein Anerkenntnis eine neue Forderung als Unterlage der Hypothek zu schaffen, und also die Uebertragung der Hypothefk auf eine andere als die nach dem Begründungsvertrage zu sichernde Forderung zugelassen, hierdurch aber gegen die akzessorische Natur der

Hypothek verstoßen werden. Möglich wäre es freilich, das Verhältniß so zu gestalten, daß in der Bestellung einer Kautionshypothek stets zugleich die eventuelle Begründung einer gewöhnlichen Hypothek gefunden werden müßte. Allein eine solche Ge­ staltung würde mit der den §§ 1125 ff. zu Grunde liegenden Auffassung der Sicherungshypothek nicht im Einklänge stehen, und nach der in dem § 1102 enthaltenen Verwerfung des Prinzipes der festen Stellen sich nur rechtfertigen lassen, wenn das praktische Bedürfniß dazu nöthigte, die Umwandlung der Kautionshypothek in eine gewöhnliche Hypothek ohne Rücksicht auf die gleich­ öder nachstehenden Rechte zu ermöglichen. Im Allgemeinen ist davon auszugehen, daß bei der Begründung einer Kautionshypothek die Betheiligten darauf rechnen, daß die Forderung, deren Sicherstellung sie beabsichtigen, entweder überhaupt nicht entstehen oder aber dadurch, daß seinerzeit der Schuldner den Gläubiger aus Mitteln befriedigt, welche nicht dem Grundstücke entnommen sind, aufgehoben, jedenfalls die Hypothek ohne Zwangsvollstreckung in das Grundstück sich erledigen werde. Wird aber eine Kautionshypothek gar nicht in der Absicht, sie verkehrsfähig zu machen, begründet, so läßt sich die Bedürfnißfrage überhaupt nicht auf­ werfen. Bei der Hypothek, welche ein Vormund für die Forderung des Mündels aus seiner Verwaltung bestellt, fordert im Gegentheile die Rücksicht auf die Verhältnisse, daß die Hypothek nicht in den Verkehr gebracht werde, und ähnlich steht es mit derjenigen Hypothek, welche für die aus der Amts-

einer Kautions­ hypothek,

778

Grundschuld.

führung gegen den Beamten entstehenden Forderungen eingetragen wird. Bei der sog. Kredithypothek liegt freilich die Sache etwas anders. Kann hier der Schuldner nach Erschöpfung des ihm gewährten Kredites das Guthaben des Gläubigers nicht bezahlen, so mag es nicht selten für beide Theile wünschenswerth sein, daß der Gläubiger eine Hypothek erhält, durch deren Verwerthung er befriedigt und die Zwangsvollstreckung in das Grundstück vermieden werden kann. Allein wegen dieses Falles die Umwandlung der Kautionshypothek in eine gewöhnliche Hypothek zu gestatten, erscheint schon im Interesse der Ein­ fachheit des Gesetzes nicht rathsam, und zwar um so weniger, als das praktische Bedürfniß recht wohl durch das Institut des Rangvorbehaltes nach näherer Bestimmung des § 842 sich befriedigen läßt. einer «nberen b) Bei der Sicherungshypothek für eine Forderung mit bestimmtem ^wotbet8’ Geldbeträge fallen die vorstehenden Erwägungen allerdings nicht mit gleicher Schwere ins Gewicht, weil hier für die gleich- und nachstehenden Berechtigten die Aussicht auf Erledigung der Hypothek weit ferner liegt, die Umwandlung im Grunde nur die Bedeutung eines Verzichtes des Eigenthümers auf die Einwendungen gegen den dinglichen Anspruch des Gläubigers haben könnte. Dagegen kommt aber in Betracht, daß man durch die Gestattung der Um­ wandlung auf Grund eines Vertrages zwischen dem Gläubiger und dem Eigenthümer, ohne Zuziehung der übrigen Betheiligten, immerhin den eigent­ lichen und ursprünglichen Karakter der Sicherungshypothek verändern und dieselbe zu einem der gewöhnlichen Hypothek sich nähernden Mischinstitute machen, daß ferner auch die Umwandlung der nicht unter dey Begriff der Kautionshypothek fallenden Sicherungshypothek die Rechtslage der gleich- und nachstehenden Berechtigten durch Beschränkung des Einrederechtes und wegen der Rechte des befriedigenden Eigenthümers wesentlich verschlimmern würde und daß die Zulaffung einer solchen Sicherungshypothek nicht auf innerer Nothwendigkeit beruht, sondern lediglich als ein Zugeständniß an die Privat­ autonomie sich darstellt. Der Gesetzgeber hat keine Veranlasiung, demjenigen, welcher von diesem Zugeständniffe Gebrauch macht, noch weiter entgegen­ zukommen, vielmehr davon auszugehen, daß in Fällen, in welchen eine Siche­ rungshypothek eingetragen wird, obschon eine gewöhnliche Hypothek möglich ist, die Betheiligten auch die Konsequenzen ihrer Vereinbarung zu tragen haben. Hiernach kann es sich nur noch fragen. Lustimmun, 2. ob die Umwandlung der Sicherungshypothek in eine gewöhnliche Hypothek mit Einwilligung der gleich- und nachstehenden Be­ rechtigten zulässig sein soll. Diese Frage aber ist unbedenklich zu bejahen. Schon das Institut der Rangänderung, welches der § 841 regelt, rechtfertigt die Bejahung und scheint sogar eine besondere Vorschrift entbehrlich zu machen. Jndeffen ist es gleichwohl rathsam, eine solche zu geben. Einmal nämlich führt die Gestattung der Umwandlung an Stelle der Neubegründung der Hypothek mit Einräumung des Vorranges zu einer nicht unerheblichen Ersparniß an Kosten und Weiterungen. Sodann beseitigt eine Vorschrift, wie sie der § 1134 enthält, zugleich den Zweifel, der sonst in Ansehung der Zulässigkeit und der Voraussetzungen einer solchen Umwandlung entstehen könnte und in der preuß.

Begriff und Entstehung.

779

§ 1135.

Praxis zu einer abweichenden Auffassung geführt hat**).

Was den Inhalt der

Vorschrift anlangt, so kann es, da die Hypothek durch die Umwandlung wesent­ lich geändert wird, nicht zweifelhaft sein, daß ebenso wie im Falle der Rang­ änderung nach § 841 hier ein Vertrag zwischen allen Betheiligten sowie Ein­ tragung in das Grundbuch erforderlich ist und die §§ 828—833, 837—839 auf das Verhältniß entsprechend zur Anwendung zu bringen sind. Eine Unter­ scheidung zwischen den beiden Kategorieen der Sicherungshypothek erscheint für die Regelung der Umwandlung nicht angezeigt.

Zweiter Titel.

Grimdschuld2). 1. Begriff und Entstehung der Grundschuld.

8 1135. a) Die Grundschuld ist ein selbständiges Recht; sie unterscheidet sich »>«-«riss. mach den oben S. 605 ff. angestellten Untersuchungen wesentlich dadurch von der Hypothek, daß sie nicht wie diese eine Forderung zur Voraussetzung hat. Die Betheiligten können freilich mit einander verabreden, daß eine Forderung durch die Grundschuld gesichert werden solle. Aber eine solche Abrede kommt nur als Motiv, nicht als Erforderniß der Begründung des Rechtes in Betracht.

Die Grundschuld hat ihren Zweck lediglich in sich selbst; sie soll dem Be­ rechtigten eine bestimmte Summe Geldes aus dem Grundstücke verschaffen, gleichviel, ob eine zur Zahlung derselben verpflichtete Person vorhanden ist oder nicht. Der Begriff der Grundschuld liegt somit darin, daß der Grund­ schuldgläubiger die Beitreibung dieser Summe aus dem Grundstücke im Wege der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung verlangen kann. (Abs. 1.) Hiermit ist allerdings ein Recht anerkannt, deffen Inhalt durch die abstrakte Befugniß zur Vernichtung der Rechte des jeweiligen Eigenthümers gebildet wird. Aber darum ist die Grundschuld nicht unvereinbar mit dem Eigenthume. Denn der Eigenthümer kann die Zwangsvollstreckung in das Grundstück dadurch abwenden, daß er die beizutreibende Summe an den Grundschuldgläubiger zahlt und auf diese Weise die Möglichkeit erlangt, das Grundstück von der Grundschuld zu befreiens). Die letztere ist also immer nur ein das Eigenthum beschränkendes Recht, welches der Konsolidation mit demselben fähig ist. Der Grundschuldbegriff des Entwurfes entspricht in der Haupffache dem geltenden Rechte. Rur in Hamburg und Lübeck hat das Gläubigerrecht insofern

!) Sergi, das Erk. des Ob. Trib. v. 9. Juni 1874, Striethorst Arch. 91 S. 288, und das Urth. des R. G. v. 16. Mai 1881, Entsch. in Civils. 5 S. 235. a) Siehe hierzu oben S. 604—612. *) §§ 1080, 1081, 1091 Abs. 2, §§ 1094. 1096, 1136.

780

b) Ent­ stehung. Verzinslich­ keit.

Grundschuld.

einen erweiterten Inhalt, als der Eigenthümer, wenn die Zwangsvollstreckung in das Grundstück keinen Erfolg hat, persönlich dem Gläubiger zahlungspflichtig ist1). Der Entwurf lehnt diesen Standpunkt ab, indem er davon ausgeht, daß die Bestimmung einer mit der dinglichen Natur der Grundschuld an sich nicht in Einklang stehenden Zahlungspflicht des Eigenthümers bei Zulassung einer akzessorischen Hypothek neben der Grundschuld kein Bedürfniß ist, wohl aber den Gegensatz zwischen diesen beiden Rechten erheblich abschwächen und ver­ dunkeln würde 2). b) Die Grundschuld ist eine Belastung des Grundstückes, die nur auf rechtsgeschäftlichem Wege und also nur durch Vertrag und Eintragung in das Grundbuch nach näherer Bestimmung des § 828 begründet werden kann. Soll die Grundschuldsumme verzinslich sein, so muß dies unter Bezeichnung des Zinssatzes in dem Begründungsakte festgesetzt werden. Daß überhaupt das Gesetz verzinsliche Grundschulden zulassen muß, ist nicht zweifelhaft. Fraglich ist nur, ob die Zulasiung besonders auszusprechen ist. Vielleicht folgt schon aus der Aehnlichkeit, welche zwischen dem Rechtsverhältnisse aus einer Grund­ schuld und einem Schuldverhältnisse besteht, ohne Weiteres die entsprechende Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die persönliche Schuld auf das Grundschuldverhältniß. Bezüglich der Verzinslichkeit indessen erscheint diese Auffassung doch nicht frei von Bedenken, weil bei der Grundschuld eine Forderung, welche verzinst werden könnte, nicht vorhanden ist. Das Ver­ hältniß gestaltet sich aus diesem Grunde hier wesentlich anders als bei der Hypothek. Im Falle der letzteren zieht eine Erweiterung der Forderung um die Zinsen, wenn die Verzinslichkeit mit dem Zinssätze eingetragen ist, von selbst die Erweiterung des dinglichen Rechtes nach sich. Im Falle der Grund­

schuld hingegen tritt zu der Belastung des Grundstückes mit der Grundschuld­ summe eine weitere Belastung desselben mit wiederkehrenden Leistungen nach Art der Reallasten hinzu. Gestattet nun der § 1135 Abs. 1, indem er eine Begriffsbestimmung der Grundschuld enthält, die Belastung des Grundstückes nur mit einer bestimmten Geldsumme, so empfiehlt es sich um so mehr, die Zulässigkeit der Erweiterung dieser Belastung in dem Gesetzbuchs auszusprechen, als sonst aus dem Erforderniffe der Bestimmtheit der Geldsumme leicht der Schluß gezogen werden könnte, daß bei der Grundschuld ebenso wie bei der Wechselschuld die Verzinslichkeit ausgeschlosien sein solle. (Abs. 2.)

2. Anwendung der für die Briefhypothek geltenden Vorschriften auf die Grundschuld.

8 1136. Wenn die Grundschuld ihrem Begriffe nach von der Hypothek nur da­ durch sich unterscheidet, daß sie von einer Forderung nicht abhängig ist, so kann ihre Regelung, um das Gesetz zu vereinfachen, zweckmäßig in der Weise

*) Oben S. 604, 605. ») Oben S. 611.

Anwendung der für die Briefhypothek geltenden Vorschriften.

§ 1136.

781

erfolgen, daß die entsprechende Anwendung derjenigen die Hypothek betreffenden Normen, welche eine Forderung nicht nothwendig zur Voraussetzung haben, auf die Grundschuld vorgeschrieben wird und nur im Uebrigen die Besonder­ heiten der letzteren ausdrücklich bestimmt werden. Der Entwurf befolgt diese Methode, indem er von folgenden Gesichtspunkten ausgeht: I. Die Frage, ob eine für die Hypothek gegebene Vorschrift im einzelnen l ®) wendbar, selbstverständlich jedoch nur unter Berücksichtigung der Unabhängigkeit derselben von einer Forderung. *) Preuß. Just. Min. Bl. 1879 S. 125. Motive z. bürgert. Gesetzbuch. III.

50

bem

786 a. aus dem «rundbuch-,

Grundschuld.

a. Die Einwendungen, welche aus dem Inhalte des Grundbuches gegenGrundschuldgläubigers hergeleitet werden können, liegen stets-

s^n|pruj) jje§

auf dem Gebiete des dinglichen Rechtes. Ihre Zulässigkeit darf nicht, wie nach dem preuß. Gesetze, dadurch bedingt sein, daß sie sich aus dem Grund­ schuldbriefe ergeben. Selbst wenn nach der Eintragung ein Wechsel in der Person des Gläubigers stattgefunden hat, ist der Eigenthümer in dem Gebrauche eines aus dem Grundbuche hervorgehenden Einwandes nicht beschränkt, da das, was das Buch in Beziehung auf ein eingetragenes Recht enthält, als jedem Erwerber des Rechtes bekannt geworden angesehen werden ttuife1)p. gegen den ß. Die Einwendungen, durch welche das Bestehen der Grundschuld «runbschuwi verneint wird, entsprechen den bezüglichen Einwendungen gegen den hypothe­ karischen Anspruch mit der Einschränkung, daß das Bestehen der Grundschuld durch die Behauptung des Eigenthümers, vbie bei der Bestellung des Rechtes vorausgesetzte Forderung bestehe nicht, keinesfalls in Fragb gezogen werden kann. Eine solche Behauptung ist gegen den Anspruch aus der Grundschuld nur erheblich, wenn die Voraussetzungen eines Einwandes im Sinne des § 1084 Abs. 1 vorhanden sind. Was insbesondere den Einwand der Befriedigung des Gläubigers betrifft, so ist klar, daß durch die Befriedigung die Grundschuld nicht aufgehoben wird. Die Frage aber, ob es sich empfiehlt, diesen Einwand gleichwohl unbeschränkt zuzulaffen, muß verneint werden. Befriedigt derEigenthümerden Gläubiger, so wird die Grundschuld kraft des Gesetzes auf ihn übertragen. Dies braucht indeffen nicht besonders vorgeschrieben zu werden, weil es aus dem hier ent­ sprechend zur Anwendung kommenden § 1094 mit Nothwendigkeit sich ergiebl. Befriedigt dagegen ein Dritter den Gläubiger, so gestaltet sich das Ver­ hältniß anders als nach § 1092 bei der Hypothek. Der Dritte erlangt durch die Befriedigung des Gläubigers stets nur einen persönlichen Anspruch gegen denselben. Hat er die Leistung in der Absicht bewirkt, die Grundschuld zu erwerben, so ist es seine Sache, sich die Uebertragung durch Rechtsgeschäft zu

verschaffen2). Der Eigenthümer kann, wenn gegen ihn von dem befriedigten Gläubiger oder deffen Rechtsnachfolger der dingliche Anspruch erhoben wird, gegen diesen Anspruch einen Einwand aus dem persönlichen Rechte des Dritten nicht herleiten. Dieses Ergebniß wird auch dann nicht unangemessen, wenn der Dritte als Schuldner wegen derselben Summe haftet, zu deren Beitreibung die Grundschuld berechtigt, z. B. wenn die Grundschuld zahlungshalber begründet worden und hiernächst ein Wechsel in der Person des Eigenthümers eingetreten ist. Bei einer solchen bürgschaftsähnlichen Konkurrenz der persönlichen und der dinglichen Haftung findet ein Uebergang der Grundschuld auf den zahlenden (persönlichen) Schuldner nicht statt. Dieser bleibt vielmehr auf seinen persön­ lichen Anspruch auf Uebertragung der Grundschuld, zu deffen Schutze ihm die Zurückbehaltung der Zahlung freisteht, angewiesen, e) gegen bat c) Daß Bestimmungen, wie sie das preuß. Ges. über den Eigenncht^bes" «l. thumserw. rc. § 38 Abs. 3 und § 40 enthält, zur Aufnahme in das bürge» ') Oben S. 711, 712.

2) Vergl. oben S. 721.

Bedingung und Zeitbestimmung.

liche Gesetzbuch dargethan.

sich

nicht empfehlen,

ist bereits

§ 1137.

787

oben

S. 701 (4), 702

3. Bedingung und Zeitbestimmung.

8 1137.

Die Frage, ob eine Grundschuld unter Beifügung einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung bestellt werden kann, wird von dem preuß. Gesetze und dessen Nachbildungen nicht entschieden. Vom Standpunkte des Hamb. Gesetzes wird man sie an sich verneinen und nur die Anlegung einer Klausel zum Schutze des Eigenthümers gestatten dürfen^). Das mecklenb. Recht läßt bedingte und betagte Hypotheken zu 2); es erklärt sich dies daraus, daß in Mecklenburg die selbständige Hypothek auch für die Fälle der Bürgschaft, der Kautions­ leistung und des Witthumes verwendet wird. Nach dem Entwürfe ist in der­ artigen Fällen die akzessorische Hypothek und zwar vornehmlich die Sicherungs­ hypothek die Rechtsform, in welcher die Sicherstellung des Gläubigers zu be­ wirken ist. Ein praktisches Bedürfniß für die bedingte und die betagte Bestellung einer Grundschuld ist überhaupt nicht anzuerkennen, wenn die Betheiligten im einzelnen Falle die Wahl zwischen diesen verschiedenen Formen haben. Viel­ mehr muß daran festgehalten werden, daß nur eine verkehrsfähige Grundschuld zuzulassen ist, weil nur. die besondere und der (akzessorischen) Hypothek gegenüber erhöhte Verkehrsfähigkeit der Grundschuld deren Zulassung über­ haupt zu rechtfertigen vermag. Die Verkehrsfähigkeit der Grundschuld würde aber wesentlich leiden, wenn die Entstehung derselben durch Beifügung einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung hinausgeschoben oder der Bestand des Rechtes auf solche Weise begrenzt werden könnte. Die Hypothek kann freilich unter Umständen in ein der Grundschuld ähnliches, aber dessenungeachtet von einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abhängig bleibendes Recht sich verwandeln, z. B. wenn die Aufhebung einer bedingten oder betagten durch Hypothek gesicherten Forderung gegenüber dem hiervon nicht unterrichteten Erwerber nicht in Betracht kommt, dabei aber doch die Hypothek der aus der Bedingtheit oder Betagtheit der Forderung sich ergebenden inneren Beschränkung unterworfen bleibt. Allein in dieser Möglichkeit liegt keine Veranlassung, auch die rechtsgeschäftliche Schaffung bedingter oder betagter Grundschulden frei­ zugeben. Bezüglich der betagten Grundschuld ist noch hervorzuheben, daß, wenn der § 1137 die Beifügung auch eines Anfangstermines ausschließt, hiermit nur eine die Entstehung des Rechtes aufschiebende Zeitbestimmung gemeint ist, keineswegs aber die vertragsmäßige Festsetzung des Zeitpunktes der Geltend­ machung des Rechtes, insbesondere die Verabredung einer Unkündbarkeit der Grundschuld für eine gewisse Zeit getroffen wird. Eine solche Nebenbestimmung ist nach § 1139 unbedenklich wirksam.

*) Vergl. das Hamb. Ges. v. 4. Dezember 1868 §§ 2, 11, 19 ff. 2) v. Meibom, das mecklenb. Hvpoth. R. 8 18 S. 133.

50*

Geltendes Recht.

Bedürfniß.

Berkehrsfähtgkeit.

Anfangs­ termin.

788

Grundschuld.

Grundschuldbrief.

§ 1138.

4. Grundschuldbrief.

8 1138. Aus der Begründung des § 1136 unter II ergiebt sich, daß über die Grundschuld stets ein Grundschuldbrief zu ertheilen ist und daß die Ertheilung nicht ausgeschlossen werden kann. Diese Folgerung wird in dem § 1138 im Einklänge mit der preuß. Grundb. O. (§ 122) und deren bezüglichen Nach­ bildungen ausgesprochen.

5. Anspruch aus der Grundschuld. a) Zeit und Grt der Zahlung.'

8 1139. Bei der Hypothek entscheidet sich die Frage, ob der Anspruch des Gläu­ bigers fällig und an welchem Orte er zu befriedigen ist, nach den für die Forderung geltenden Normen. Für die Grundschuld sind diese Normen gegen­ standslos, weil dieselbe von einer Forderung nicht abhängig ist. Das Gesetz muß daher, wenn nicht bei b'er entsprechenden Anwendung der §§ 1075 ff. auf den Anspruch aus der Grundschuld sich Lücken ergeben sollen, besondere Vor­ schriften über die Zeit und den Ort der Zahlung aufstellen. I.Zahlung?i. In Ansehung der Zahlungszeit ist zwischen dem Ansprüche auf ,e“ das Kapital und dem Ansprüche auf die Zinsen zu unterscheiden. '-lürd-s

1. Darüber, wann das Kapital der Grundschuld fällig wird, enthält das preuß. Gesetz über den Eigenthumserwerb rc. keine Bestimmung. Es geht, wie auch das mecklenb. Recht, davon aus, daß die Betheiligten die Zahlungs­ zeit zu bestimmen haben, indem es unter § 23 die Angabe der Zahlungs­ bedingungen in der Eintragungsbewilligung vorschreibt, so zwar, daß, wenn diese Angabe fehlt, die Grundschuld nicht eingetragen werden darf. Die An­ wendung eines solchen Zwanges auf die Betheiligten empfiehlt sich jedoch nicht, weil es sich dabei nur um Nebenbestimmungen handelt, von welchen die Be­ gründung des Rechtes füglich nicht abhängig gemacht werden kann. In Ermangelung einer Vorschrift aber würde der Anspruch aus der Grundschuld sofort nach deren Eintragung fällig sein, sofern nicht die Geltendmachung in dem Begründungsvertrage hinausgeschoben wäre. Dies würde jedoch dem, was die Betheiligten gewöhnlich beabsichtigen, nicht entsprechen. Gegenüber dem Zwecke der Grundschuld, einerseits den Realkredit zu vermitteln, anderer­ seits als Kapitalanlage zu dienen, kann als die Absicht bei der Begründung des Rechtes für die Mehrzahl der Fälle nur die vorausgesetzt werden, daß der Gläubiger seinen Anspruch erst nach einer beiden Theilen zustehenden Kündigung geltend machen dürfe und die Kündigungsfrist eine verhältnißmäßig geräumige sein solle. Bei der Bemessung der Frist auf sechs Monate folgt der Entwurf dem Hamb. Gesetze, ohne indesien für die Zahlung bestimmte Tage des Jahres festzusetzen y. *) Vergl. oben S. 645.

Zeit und Ort der Zahlung.

§ 1139.

789

2. Bezüglich der Zinsen bedarf es hier keiner Vorschrift. In der s. für dt« Regel werden die Betheiligten in der Eintragungsbewilligung angeben, wann 8mfen‘

Fehlt eine solche Angabe, so wird der gemäß § 1064 in das Grundbuch einzutragende Zinssatz, der regelmäßig für das Jahr und vom Hundert zu verstehen ist, auf jährliche Zahlungstermine schließen lassen. II. Für die Bestimmung des Ortes, an welchem das Kapital undn. L-hiun,,die Zinsen dem Gläubiger zu zahlen sind, bietet das geltende Recht keilten ort‘ dieselben zu entrichten sind.

Vorgang. In Mecklenburg, wo die Vorschriften des H. G. B. über den Erfüllungsort auf alle Verbindlichkeiten ausgedehnt worden sindi), wird nach Art. 324 angenommen, daß die (selbständige) Hypothek an dem Orte zahlbar ist, an welchem zur Zeit ihrer Entstehung der Eigenthümer gewohnt hat2). Diese Annahme wird auch für die preußische Grundschuld vertheidigt s). Sie ist jedoch als zutreffend nicht anzuerkennen, weil das Verhältniß bei der Grundschuld wesentlich anders liegt als bei den Schuldverhältnissen, welche das H. G. B. im Sinne hat. Denn während hier die Person des Schuldners, von dessen Tode abgesehen, ohne Zustimmung des Gläubigers sich nicht ändern kann, also sehr wohl geeignet ist, durch ihren Wohnsitz die ihr obliegenden Verbindlichkeiten örtlich zu fixiren, ist bei der Grundschuld ein Schuldner überhaupt nicht vorhanden, die Person des Eigenthümers des belasteten Grund­ stückes aber dem Wechsel unterworfen und deshalb für das Grundschuld­ verhältniß gleichgültig. Aus demselben Grunde kann auch dem Wohnorte

des Gläubigers ein Einfluß auf den Zahlungsort nicht zugestanden werden. Vielmehr weist die Natur der Grundschuld als eines dinglichen Rechtes darauf hin, das von derselben belastete Grundstück als bestimmend anzusehen. Die Oertlichkeit des Grundstückes selbst ist freilich in den zahlreichen Fällen, in welchen eine Wohnstätte auf demselben nicht errichtet ist, nicht geeignet, als Zahlungsort zu dienen. Aber das Grundstück hat zugleich eine juristische Existenz in dem öffentlichen Buche, in welchem seine rechtlichen Beziehungen verzeichnet sind, mithin an dem Orte, wo das Grundbuchamt seinen Sitz hat. Dieser Ort muß daher nach der Natur des Rechtsverhältnisses4*), * * welches durch die Grundschuld zur Entstehung gelangt, als der Ort bezeichnet werden, an welchem das Kapital und die Zinsen zu zahlen sind. Er paßt hierzu vor­ zugsweise, weil an dem Sitze der Buchbehörde etwaige Anstände durch Ein­ sicht des Grundbuches leicht erledigt werden können und der Gläubiger stets Gelegenheit hat, die nach §§ 1119 und 1136 erforderlichen Erklärungen abzugeben. III. Die Vorschriften über die Zeit und den Ort der Zahlung bezwecken in. gest, nur die etwaigen Lücken des Begründungsvertrages auszufüllen. Sie kommen fe®ertra&* folglich nur insoweit zur Anwendung, als nicht die Betheiligten etwas Anderes bestimmt haben.

i) l) 8) 4)

Eins. Verordn, v. 28. Dezember 1863 § 3 Nr. 7. v. Meibom § 21 S. 157. Dernburg, preuß. Priv. R. 1 S. 331. Bergt. § 229.

790

Grundschuld.

Verzugszinsen.

Rückständige Zinsen.

§§ 1140, 1141.

b) Verzugszinsen.

§ 1140. Wenn der Eigenthümer gegenüber dem Ansprüche auf Beitreibung der Grundschuldsumme aus dem Grundstücke in Verzug kommt, so folgt hieraus

noch nicht eine Erweiterung dieses Anspruches.

Vielmehr ist der Gläubiger,

sofern nicht das Gesetz eine besondere Bestimmung trifft, darauf beschränkt, den Eigenthümer persönlich auf Ersatz des durch den Verzug ihm verursachten

Schadens zu belangen.

Dem Zwecke der Grundschuld

entsprechender ist es

jedoch, den Anspruch aus derselben in diesem Falle auf Verzugszinsen von der eingetragenen Summe auszudehnen. Das

praktische Bedürfniß aber wird

hierdurch

noch nicht befriedigt.

Denn auch ohne Verzug des Eigenthümers gegenüber dem dinglichen Ansprüche

kann der Gläubiger wegen der

längeren Zeitdauer,

welche

das

Zwangs­

vollstreckungsverfahren erfordert, eine dem Inhalte seines Rechtes widerstreitende Verzögerung der Beitreibung des Kapitales erleiden.

Der Grundschuldgläubiger

darf aber in dieser Beziehung nicht schlechter gestellt werden, als der Hypotheken­

gläubiger, welcher durch Mahnung den Schuldner in Verzug setzen und den Anspruch auf Verzugszinsen gemäß § 1166 erlangen kann. Sonst würde die

Grundschuld der Hypothek gegenüber an einer Schwäche leiden, welche ihre

Verkehrsfähigkeit erheblich beeinträchtigen müßte. Um dieser Unzuträglichkeit vorzubeugen, erstreckt der Entwurf den ding­

lichen Anspruch

auch

auf die dem Gläubiger von der Grundschuldsumme

gebührenden Verzugszinsen, und zwar gerade so, wie sich ergeben würde, wenn der Eigenthümer persönlich diese Summe schuldete.

Hierdurch ist aber dem

praktischen Bedürfnisie auch genügt. Steht dem Gläubiger wegen des Verzuges noch eine besondere Ersatzforderung zu, so haftet für sie das Grundstück nicht,

c) vückständigr Grundschuldzinsrn.

§ 1141. Analog!«der

Hypothek.

1. Bei rückständigen Hypothekenzinsen hängt der Bestand des ding[^en Rechtes von dem Bestände der Forderung wegen der Zinsen ab. Die fällige Zinsenforderung unterliegt aber nicht den sachenrechtlichen Vorschriften

über die Uebertragung und die Aufhebung des Rechtes; vielmehr finden in dieser Hinsicht lediglich die Normm des Rechtes der Schuldverhältnisse An­

wendung^).

Was dagegen die von der Grundschuld zu entrichtenden Zinsen

betrifft, so kann aus der allgemeinen Bestimmung des § 1136 nicht gefolgert werden, daß dieselben ebenso zu behandeln seien, wie die Zinsen einer durch Hypothek gesicherten Forderung 2).

Das praktische Bedürfniß verlangt aber,

daß rückständige Grundschuidzinsen in Ansehung der Uebertragung und der Aufhebung des Rechtes gleichfalls

nicht den erschwerenden sachenrechtlichen

Vorschriften, sondern den Normen des Obligationmrechtes unterworfen werden. t) Vergl. die §§ 1090, 1091 Abs. 4, 1101, 1108, 1121. a) Oben S. 780.

Begründung der Grundschuld für den Eigenthümer.

§ 1142.

791

Das Gesetz muß deshalb unterstellen, der Eigenthümer des Grundstückes schulde die Zinsen dem Gläubiger. Nach dieser Auffassung kann der Eigen­ thümer auf alle in der Person seiner Rechtsvorgänger eingetretenen Er­ löschungsgründe in Beziehung auf die dingliche Haftung für die Zinsen, wie in dem Falle der Schuldübernahme der Uebernehmer, sich berufen. Hiernach rechtfertigt sich die Bestimmung, daß der Anspruch wegen rück­ ständiger Grundschuldzinsen nach den für den Anspruch wegen rückständiger Hypothekenzinsen geltenden Vorschriften zu beurtheilen ist. 2. Der Unterstellung einer Schuld des Eigenthümers darf aber eine weitere als die in dem § 1141 festgesetzte Folge nicht gegeben werden. Der Eigenthümer als solcher ist weder nach dem preuß. Gesetze über den Eigenthums­ erwerb 2c. noch nach den Nachbildungen dieses Gesetzes zur Verzinsung der Grundschuldsumme persönlich verpflichtet. Die selbständige Hypothek des hamo. Rechtes erzeugt allerdings eine solche Verpflichtung *), und auch in Mecklenburg findet dieselbe in beschränkter Weise statt. Allein vom Stand­ punkte des Entwurfes empfiehlt sich eine derartige Regelung nicht. Klar ist, daß es eine Anomalie wäre, wenn die Belastung des Grund­ stückes mit einer Grundschuld neben der Minderung des Eigenthumsinhaltes noch eine persönliche Verpflichtung des Eigenthümers begründete. Der Eigen­ thümer könnte hierdurch erheblich gefährdet werden, insbesondere wenn er wegen der Grundschuld selbst Regreßansprüche an seinen Vormann hätte. Es entsteht auch ein verwickeltes Rechtsverhältniß, wenn das Recht des Gläubigers in Ansehung der Hauptsumme als Grundschuld, in Ansehung der Zinsen als Reallast behandelt wird. Zwar erscheint es nicht wünschenswerth, daß wegen geringer Zinsenrückstände das kostspielige und zeitraubende Zwangsversteigerungs­ verfahren eingeleitet werden muß. Allein diese Unzuträglichkeit darf nicht zu hoch angeschlagen werden. Denn gerade die drohende Zwangsvollstreckung in das Grundstück übt einen starken Druck auf den Eigenthümer zur Befriedigung des Gläubigers. Auch liegt es in der Hand des Gläubigers, sich bei der Be­ stellung der Grundschuld persönliche Haftung des Bestellers für die Zinsen zu bedingen. Die Analogie der Reallasten paßt schon deshalb nicht, weil bei denselben regelmäßig nur geringe, durch die Nutzungen des Grundstückes reichlich gedeckte Beträge in Frage kommen, während bei dm Grundschuld­ zinsen es sich leicht um Summen handeln kann, welche die Nutzungen weit

Zahlungs­ pflicht.

übersteigen.

6. Eigenthümergrundschuld. a) Begründung der Grundschuld für de« Eigenthümer.

§ 1142. I. Während das Pfandrecht, weil es zur Sicherung einer Forderung dient, nur an einer fremden Sache entstehen kann, läßt sich die Hypothek, wenn sie unabhängig von einer Forderung gedacht wird, mit Hülfe der Buch­ einrichtung auch für den Eigenthümer des Grundstückes bestellen. In Deutsch') Siehe oben S. 779, 780.

I. Gründe für das Institut:

792

Grundschuld.

1. geltendes land hat, wie es scheint, zuerst die mecklenb. Gesetzgebung diesen Weg betreten. Die revid. Hypoth. O. für Landg. v. 18. Oktober 1848 bestimmt unter § 16 Ziffer 4: „Der zeitige Eigenthümer kann für sich selbst und auf seinen eigenen Namen intabuliren lassen". Später ist diese Einrichtung auch in das System der Stadtb. O. und der Domanial Hypoth. O. eingefügt worden^). In Lübeck wurde die Eintragung auf den Namen des Eigenthümers für die Stadt durch Verordn, v. 22. Juli 1868 § 3 und für das Gebiet durch Verordn, v. 15. Juli 1872 § 4 zugelassen. Wesentlich im Einklänge mit diesen Verord­ nungen legt das Hamb. Ges. v. 4. Dezember 1868 § 35 dem Grundeigenthümer die Befugniß bei, „vor oder bei Belastung des Grundstückes mit Hypothekposten sich die Priorität für eine von ihm bestimmte Summe durch Eintragung der­ selben auf seinen eigenen Namen vorzubehalten". In Preußen wurde die Ein­ tragung auf den Namen des Eigenthümers für Neuvorpommern und Rügen bereits durch das Hypoth. Ges. v. 21. März 1868 § 81 gestattet. Das Ges. über den Eigenthumserw. rc. v. 5. Mai 1872 verordnet dann unter § 27: „Der Eigenthümer kann auf seinen Namen Grundschulden eintragen und sich Grundschuldbriefe ausfertigen laffen". Dieselbe Bestimmung enthalten die gleich­ namigen Gesetze für Oldenburg, Coburg-Gotha, Waldeck und Pyrmont, Lippe und Schaumburg-Lippe. Laffen somit alle Gesetze, welche die Grundschuld regeln, die Begründung derselben auch für den Eigenthümer zu, so hat die Reichsgesetzgebung keine Veranlaffung, diesen Standpunkt abzulehnen. Die theoretischen Schwierig­ keiten, welchen die Konstruktion einer akzefforischen Hypothek des Eigenthümers unter der Herrschaft des bisherigen Rechtes begegnete, sind der Eigenthümer­ grundschuld gegenüber nicht oder doch nicht in gleichem Maße vorhanden. Gerade die Möglichkeit ihrer Beseitigung durch die Loslösung der Hypothek von einer Forderung ist seinerzeit in Preußen von dem erheblichsten Einflüsse auf die Einführung einer selbständigen Hypothek gewesen. s. «weckDer praktische Nutzen, welchen die Zulassung der Begründung einer I^rthung^des Grundschuld für den Eigenthümer diesem gewährt, liegt in der rationellen

Re-Urebttei. Verwerthung des Realkredites, welche durch sie ermöglicht wird. Bedarf z. B. Jemand, dem ein von Hypotheken und Grundschulden nicht belastetes Gut im Werthe von 100 000 Mark gehört, eine Summe von 20 000 Mark, so kann er dieses Kapital für denjenigen, welcher ihm dasselbe giebt, nur an der ersten Stelle der betreffenden Abtheilung des Grundbuchblattes eintragen laffen. Dies ist aber gegen sein berechtigtes Interesse, wenn die Verhältnisse des Geld­ marktes so liegen, daß das Kapital zu mäßigen Bedingungen auch gegen Ein­ tragung mit dem Range nach 40 000 Mark zu bekommen gewesen wäre. Wird dagegen dem Eigenthümer gestattet, die Grundschuld für sich selbst zu bestellen, so kann er den ganzen Gutswerth durch Schaffung solcher Grundschulden erschöpfen und davon zunächst die minder sicheren unterzubringen versuchen, die besseren aber zur Benutzung in schwierigen Zeiten zurücklegen. !) Verordn, für den städt. Grundbes. v. 21. März 1859, für Wismar v. 22. Juni 1861, für das Domanium in Schwerin v. 8. April 1869, revid. Hypoth. O. für den Priv. Grundbes. in den strel. Domänen rc. v. 24. Dezember 1872.

Begründung der Grundschuld sur den Eigenthümer.

§ 1142.

793

n. Die Bedenken, welche gegen dieses Institut aus volkswirthschaftlichen n. ©egen. Rücksichten hergeleitet werden können, sind vor der Einführung desselben in atünbe"

Preußen, namentlich bei den Berathungen im Herrenhause, ausführlich erörtert, jedoch nicht für durchgreifend erachtet roorben1).2 Sie ergeben sich aus der großen Vereinfachung und Erleichterung eines Rechtsgeschäftes, welches für den Eigenthümer und für alle dritten Betheiligten von einschneidenden Folgen ist. Aber diese als gefährlich bezeichnete Erleichterung ist im Wesentlichen schon dadurch gewährt, daß überhaupt eine Grundschuld mit Grundschuldbrief zugelasien wird. Jene Bedenken sind mithin gegen das Institut der Grund­ schuld selbst gerichtet, insofern aber bereits als erledigt anzusehen. Ließe das Gesetz die Begründung dieses Rechtes für den Eigenthümer nicht zu, so würde die Folge hiervon nur die sein, daß derselbe, nm eine Grundschuld am eigenen Grundstücke zu erlangen, zunächst einen Anderen zum Grundschuldgläubiger machen und sodann von diesem erwerben müßte. Von einer Verweisung des Eigenthümers auf diesen Umweg aber würde ein Vortheil für den Realkredit nicht zu erwarten, vielmehr eine nicht unerhebliche Erhöhung der Kosten und Weiterungen zu besorgen sein. Man kann auch nicht zur Verhütung des oben berührten Nachtheiles s-hab«daran denken, die Grundschuldbriefe zu Jnhaberpapieren zu erheben und damit9tunbWulbdie Ausgabe derselben an eine staatliche Genehmigung zu knüpfen. Denn auf diesem Wege würde man auf der einen Seite über das Bedürfniß des Ver­ kehres hinausgehen, auf der anderen Seite aber die Gefahr herbeiführen, daß das wirkliche Bedürfniß nicht befriedigt würde, — ganz abgesehen von den bereits früher gegen die Zulassung von Jnhabergrundschuldbriefen geltend gemachten Bedenken 2). Ebensowenig empfiehlt es sich, die Grundschuld des Eigenthümers durch ®teIIen’ die Eintragung eines bloßen Stellenvorbehaltes für denselben zu ersetzen. Die 00,6e?eIt Gründe, aus welchen dieses Institut bei der Hypothek von dem Entwürfe ab­ gelehnt worden ist3), sprechen im Allgemeinen für die Ablehnung auch bei der Grundschuld. Man könnte zwar den Stellenvorbehalt mit der Wirkung ver­ binden, daß derselbe im Falle der Zwangsversteigerung des Grundstückes die Eigenschaft einer Grundschuld annähme. Immerhin aber würde der Vorbehalt nicht ein übertragbares, einen Gegenstand der Zwangsvollstreckung für die Gläubiger des Eigenthümers bildendes Recht darstellen, sondern nur zur Be­ gründung einer Grundschuld mit gewissem Range befähigen. Das Recht würde somit einen anomalen Karakter haben; auch würden bei eintretender Theilung des Grundstückes Verwickelungen zu befürchten sein. III. Der Akt, durch welchen die Grundschuld für den Eigenthümer nt »ebegründet wird, unterscheidet sich von der Bestellung einer solchen für einearihlbun8S enwite. einer Richtung hinaus. Der Entwurf läßt in allen Beziehungen, sowohl in tuneen e '' Ansehung des ursprünglichen Forderungsbestandes als in Ansehung späterer Aenderungen und Erweiterungen, insbesondere durch den Hinzutritt von Neben­ forderungen, die Haftung der Person und der Sache zusammenfallen, und zwar, abweichend von § 672 Abs. 2 Satz 2, mit Einschluß derjenigen Aende­ rungen und Erweiterungen, welche in einem Rechtsgeschäfte sich gründen. Daß

das Pfandrecht für solche Aenderungen und Erweiterungen auf spätere neue Verpfändungen zurückzuführen, also späteren Datums ist, als das zuerst be­ gründete Pfandrecht, kann nicht angenommen werden; vielmehr ist davon aus­ zugehen, daß von vornherein für die Forderung in deren künftiger Gestalt hat Pfand bestellt werden sollen. Veränderungen können durch Verzicht auf Einreden, durch den Gegenstand der Obligation ändernde Vereinbarungen rc. erfolgen. Die Fälle, in welchen an Stelle der früheren Verbindlichkeit eine ganz neue gesetzt wird (§ 264), oder der alten Forderung eine neue selbständige Forderung hinzutritt, bleiben übrigens unberührt. 2. Die Nebenforderungen auf die Kosten der Rechtsverfolgung gegen die -) ««st-». Person und gegenüber der Sache einschließlich der Kosten der Kündigung und des Pfandverkaufes sind von den Ansprüchen auf Ersatzleistung wegen Ver­ wendungen auf das Pfand zu unterscheiden.

Wenn man von dem Prinzipe ausgeht, daß die gegebene Pfandstcherheit bestimmt sei, zur Deckung aller voraussehbaren Forderungen zu dienen, welche an ein bestimmtes Rechtsverhältniß sich anschließen, so muß man die Kosten der persönlichen Rechtsverfolgung gegen den Schuldner neben den Kosten der gegen die Sache sich richtenden Rechtsverfolgung einschließlich der Kosten des Pfandverkaufes durch die Pfandhaftung mit gedeckt werden laffen. Daß für die Hypothek bezüglich der Kosten der gegen die Person des Schuldners sich richtenden Rechtsverfolgung ein Anderes in § 1066 bestimmt ist, hat seinen Grund in dem Spezialitätsprinzipe. Die Kosten der Kündigung, sofern der Schuldner solche zu tragen hat, sind, wie bei der Hypothek § 1066, mitzuerwähnen, wenn dieselben auch nur von geringer praktischer Bedeutung sind und als in den Kosten der Rechtsverfolgung mitbegriffen angesehen werden könnten. Die Jmpensenansprüche des Pfandgläubigers bestimmen sich nach § 1159. 51*

804

Pfandrecht an beweglichen Sachen (Faustpfandrecht).

3. Der Entwurf bestimmt nichts Besonderes für den Fall, wenn das sqÜid "und Pfand zwar für eigene Schuld bestellt ist, aber später Eigenthum und Schuld

Auseinander-

«g-nthum. auseinander gefallen sind. Die spätere Eigenthumsübertragung, welche ins­ besondere im Wege der Anweisung (§ 804) bei Nichtwiderspruch des innchabenden Pfandgläubigers möglich ist, ändert an dem Umfange der Pfand­ haftung nichts, da die Pfandhaftung von Anfang an für die künftigen Er­ weiterungen und die künftig hinzutretendcn Nebenforderungen begründet war und durch die Veräußerung nicht gemindert werden kann. War der Verpfänder Nichteigenthümer und hat derselbe nur in Folge der Vorschriften über den Erwerb in gutem Glauben gültig ein Pfandrecht bestellt, so deckt der gute Glaube des Erwerbers den Mangel des Eigenthumes des Verpfänders voll­ ständig. Ist die Verpfändung nicht von Anfang an gültig gewesen, sondern nachträglich durch Genehmigung des Eigenthümers konvaleszirt, so bleibt nur die Möglichkeit, daß durch eine Einschränkung der Genehmigung eine nur un­ vollkommene Konvaleszenz, was den Umfang der Pfandhaftung betrifft, herbei­ geführt wird.

§ 1149. 1. Im Falle der Verpfändung für fremde Schuld muß die Willensfü@orjuB. daß Niemand mehr Recht übertragen könne, als er selbst habe. Wenn der Entwurf dennoch im Mobilienrechte (in Ansehung des Jmmobilienrechtes vergl. § 840) den Altersvorzug in § 1151 gerade nur für das Pfandrecht bestimmt, so sollte damit einem wegen der akzefforischen Natur des Pfandrechtes naheliegenden Mißverständnisse vorgebeugt werden; denn es könnte einerseits die Datirung des Pfandrechtes für eine künftige Forderung nach dem Zeit­ punkte der Begründung des dinglichen Rechtes bestritten werden, wie solches in der gemeinrechtlichen Doktrin auch wirklich geschehen ist, und andererseits könnte die Regel des Altersvorzuges bei dem Pfandrechte geleugnet werden, weil unter Forderungen ein Altersvorzug nicht besteht. 2. Der Entwurf kennt keine Bevorzugung eines Pfandrechtes um der AusnahmsArt der gesicherten Forderung willen2). Das Reichsrecht und auch das auftecht roe,,^g"ot’ zu erhaltende Landesrecht enthalten solche Bevorzugungen absoluter und relativer Natur I). *) Vergl. vreuß. A. L. R. I, 20 §§ 21, 157; sächs. G. B. §§ 373, 374; weim.

Pfandges. § 85 Ziff. 1. 2) Vergl. jedoch § 521 Abs. 5.

Die ähnliche Bevorzugung eines reallastartigen

Rechtes findet sich in §§ 858, 863. 3) VereinS-Zollges. v. 1. Juli 1869 §§ 14, 100; Ausf. Gesetze zur Konk. O. für

Preußen §§ 6, 7, beide Mecklenburg §§ 5, 6, Altenburg § 3, Coburg-Gotha §§ 3, 4, Schwarzburg-Rudolstadt § 21, Schaumburg-Lippe §§ 94, 95.

Relative Bevorzugungen

einzelner Pfandrechte gegenüber gewissen anderen Pfandrechtm kommen besonders vor im H. G. B. Art. 411, 771 ff., 779, 781.

806

Pfandrecht an beweglichen Sachen (Faustpfandrecht).

3. Die entsprechende Anwendung des § 878 auf die Fälle des Erwerbes eines Pfandrechtes an einer mit früheren Rechten belasteten Sache kann nicht Psandr-cht-z. ju einem Erlöschen, sondern nur zu einem Zurücktreten der früheren Rechte führen. Auf die entsprechende Anwendbarkeit des § 878 hätte auch in der Vorschrift über die Begründung des Pfandrechtes (§ 1147 Abs. 2) hingewiesen werden können. Es erscheint jedoch rathsamer, weil deutlicher, den § 878 an der bezeichneten früheren Stelle und auch hier nicht zu allegiren, sondern eine besondere Bestimmung über den Altersvorzug des im guten Glauben erworbenen Pfandrechtes zu geben. Durch den guten Glauben wird der Mangel im Verfügungsrechte des Auktors, welcher Mangel auch blos eine Folge des Belastetseins der Sache sein kann, gedeckt, aber, da es sich lediglich um eine Begünstigung des Erwerbers handelt, nur insoweit gedeckt, daß dem Interesse des Erwerbers genügt und demselben ein erststelliges Pfandrecht verschafft wird. Diese Begünstigung des Erwerbers wird wohl auch (vergl. § 521 Abs. 5 und H. G. B. Art. 306 Abs. 2) dahin ausgedrückt, daß die früher an der Sache begründeten Rechte nicht geltend gemacht werden können. w) «-«>setzung des Rechtes zum Pfandverkaufe, daß eine ursprünglich nicht auf die focbtrungLeistung von Geld gehende Forderung sich in eine Geldforderung verwandelt haben muß. Die Umwandlung in eine Geldforderung kann eine Folge der Nichterfüllung sein (§§ 240—243, 247); möglich bleibt aber auch, daß von vornherein durch besondere Vereinbarung die eventuelle Substituirung einer Geldforderung bestimmt ist. Die hier in Rede stehende Voraussetzung läßt sich zwar aus der Natur des Pfandrechtes ableiten, jedoch wird ihre Hervor­ hebung der Deutlichkeit des Gesetzes dienen, zumal bei der Hypothek nur von Anfang an auf Geld gehende Forderungen sichergestellt werden, mithin in der fraglichen Beziehung ein Unterschied zwischen Hypothek und Faustpfand­ recht stattfindet. Nur bei den Reallasten bleibt die Haftung des belasteten Grundstückes für Naturalleistungen denkbar und wird alsdann das Verkaufs­ recht eine ähnliche Beurtheilung erfahren. c) Wenn das Gesetz dem Pfandgläubiger bei Fälligkeit seiner Forderung -) «oafne» das Verkaufsrecht zuspricht, so wird die Gültigkeit des Verkaufes davon abhängen, daß die Voraussetzung der Fälligkeit vorlag (vergl. 1181 Abs. 1). Dagegen ist nicht erforderlich, daß die fällige Forderung auch liquide sei. Das Erforderniß der Liquidität ist eine ausnahmsweise Erschwerung der Pfandrealisirung. Derartige Ausnahmen sind in den modernen Gesetzgebungen

*) A. L. R. I, 20 § 221; vergl. Entsch. d. R. G. Bd. 2 S. 35. a) Vergl. H. G. B. § 310; R. Bankges. v. 14. März 1875 § 20; bayr. L. R. II. 6 § 12 Nr. 3. Motive z. bürgert. Gesetzbuch. IIL

818

Pfandrecht an beweglichen Sachen (Faustpfandrecht).

mehrfach zum Schutze des Eigenthümers bestimmt. Theils wird ein Exekutionstitel verlangt, und der Verkauf findet im Wege der Zwangs­ vollstreckung statt1),* theils wird eine gerichtliche Verkaufsermächtigung 2) ge­ fordert. In anderen Gesetzgebungen wird von dem Erfordernisse eines Exekutionstitels oder einer gerichtlichen Verkaufsermächtigung abgesehen3), auch kommt ein solches Absehen als Ausnahme von der Regel vielfach bei öffentlichen Pfand- und Kreditinstituten vor1). Ferner pflegt den beschränkenden Vorschriften keine zwingende Kraft beigelegt zu werden. Der Entwurf schließt sich den Gesetzgebungen an, welche weder Exekutions­ titel noch gerichtliche Verkaufsermächtigung verlangen, weil das in diesen Gesetz­ gebungen vertretene Prinzip der Natur des Faustpfandrechtes entspricht. Die Realisirung des Pfandes, welches in der ausschließlichen Jnhabung des Gläubigers sich befindet, im prozeffualen Wege der Klage und der Exekution erscheint als Anomalie; der dem Eigenthümer hierbei gewährte Schutz führt den Nachtheil einer größeren Kostenbelastung mit sich. Das Erforderniß der gerichtlichen Verkaufsermächtigung schützt den Eigenthümer in weit geringerem Maße, als das Erforderniß des Exekutivtitels und leidet überdies an dem Uebelstande, daß unbestimmt bleibt, worauf der Richter seine Kognition zu erstrecken hat. In den Ausnahmefällen, in denen der Pfandgläubiger nicht in der aus­ schließlichen Jnhabung des Pfandes sich befindet, folgt aus der thatsächlichen Beschränkung seiner Verfügungsmacht, daß er die Duldung des Pfandverkaufes und die Gestattung der hierzu erforderlichen Maßnahmen in Wege der Klage gegen den in derartigen Fällen in einer Art von Mitinhabung befind­ lichen Eigenthümer nöthigenfalls zu erzwingen hat und zu dem Ende die Fälligkeit der gesicherten Forderung nachweisen muß. Hierin ist jedoch nur eine selbstverständliche Konsequenz aus der besonderen Gestaltung der Pfandinhabung zu finden. Beneticium excussionis.

3. Dem Umstande, daß das Pfand für eine fremde Schuld hin­ gegeben ist, könnte ein die Geltendmachung des Pfandrechtes beschränkender Einfluß (beneficium excussionis sive ordinis) nur dann beigelegt werden, wenn das Gesetz einen solchen Einfluß bestimmte. In welchem Umfange das gemeine Recht ihn bestimmt, ist zweifelhaft3). Die modernen Gesetz-

i) Preuß. A. L R. I, 20 §§ 197—199; württemb. Pfandges. Art. 254, 255 und Exekutionsges. von 1825 Art. 32 Abs. 3; Hess. Pfandges. Art. 188; Weimar. Pfandges. §§ 97, 100, 105, 106; anhalt. Ges., betr. die abgesonderte Befriedigung rc., v. 13. April 1870 § 25; österr. G. B. § 461; zür. G. B. § 868. s) Code civil Art. 2078 und code de proc. civ. Art. 945; bayr. 8. R. II, 6 § 12 Nr. 3 und bayr. Ausf. Ges. zur C. P. O. und Konk. O. Art. 24; H. G. B. Art. 310, 311. s) Sachs. G. B. § 480; Pfandges. für Hannover § 47, Oldenburg Art. 21, Braunschweig § 7, Coburg Art. 4; Reuß ä. L, Ges. v. 3. Januar 1847. *) Bergt. R. Bankges. v. 14. März 1875 § 20; H. @. B. Art. 312 Abs. 1.

->) Nov. 4 und 112.

Konkurrirende Verkaufsrechte.

§ 1166.

819

gedungen beschränken den Pfandgläubiger nicht in der bezeichneten Richtung i). Der Entwurf verfährt ebenso.

§ 1166. 1. Bestehen an einer beweglichen Sache mehrere Pfandrechte von ver- «-nkmrirmd« schiedenem Range, so kann gleichzeitig mehreren Pfandgläubigern das Verkaufsrecht zustehen. Aus dem in § 1151 bestimmten Altersvorzuge wird man nicht folgern können, daß das mit einem jeden Pfandrechte verbundene Ver­ kaufsrecht durch das Bestehen eines besseren Pfandrechtes aufgehoben werde; vielmehr wird in Uebereinstimmung mit den aus den Vorschriften der C. P. O. über das Pfändungspfandrecht (§§ 710,727,728) zu entnehmenden Anschauungen anzunehmen sein, daß das Vorzugsrecht des früheren Pfandgläubigers in der Regel nur an dem Erlöse sich geltend mache, da der Zweck des Pfandrechtes ein Weiteres nicht verlangt. Voraussetzung für den Verkauf des Pfandes durch einen nachstehenden R-ch» Pfandgläubiger bleibt indeffen, daß derselbe sich in der Lage befindet, die Ver-be5 3n^“bet8'

äußerung des Pfandes herbeizuführen. Daraus, daß das Verkaufsrecht des späteren Pfandgläubigers durch das Recht des früheren Pfandgläubigers nicht ausgeschloffen wird, könnte der Schluß gezogen werden, daß der frühere Pfand­ gläubiger, welcher das Pfand inne hat, zur Herausgabe des Pfandes zum Zwecke des Verkaufes verpflichtet sei. Einem solchen Schluffe will der erste Satz des § 1166 entgegentreten. Dem früheren Pfandgläubiger muß un­ benommen bleiben, sein unbeschränktes oder beschränktes Recht auf die Jnhabung des Pfandes aufrecht zu erhalten und im Falle einer Beeinträchtigung nach Maßgabe des § 1155 geltend zu machen. Durch die Entstehung eines späteren Pfandrechtes kann das Recht des früheren Pfandgläubigers nicht in irgend einer Weise abgeschwächt und derselbe zu einer Einwilligung oder Mitwirkung zu einem von dem nachstehenden Gläubiger beabsichtigten Verkaufe verpflichtet werden. Dieses Resultat steht auch mit den Vorschriften der C. P. O. über das Pfändungspfandrecht (§§ 690, 710 Abs. 1) nicht im Widerspruche. Durch die Bestimmung einer Verpflichtung des vorgehenden Gläubigers, das Pfand zum Zwecke des Verkaufes zur Disposition zu stellen, würde nicht nur in formeller Weise das Recht desselben verkürzt werden, sondern es könnte sich auch unter Umständm ein materieller Nachtheil ergeben, indem der Gläubiger in der Wahl des zur Realisirung günstigsten Zeitpunktes beschränkt wird. Die Ausnahmevorschriften des § 117 der Konk. O. enthaltenen eine besondere Begünstigung der Konkursgläubiger zum Zwecke der schnelleren Abwickelung des Konkurses, deren Verallgemeinerung nicht gerechtfertigt sein würde. 2. Der zweite Satz setzt Fälle voraus, in denen der nachstehende sertauf««# Gläubiger nicht durch ein Recht auf Jnhabung des vorgehenden Gläubigers an der Realisirung des Pfandes thatsächlich gehindert wird. Ein Beispiel P!°ndsolcher immerhin seltenen Fälle ist in §§ 727, 728 der C. P. O. gegeben. 9i«u6tgete.

*) Ausdrücklich hervorgehoben im preuß. A. 8. R. I, 20 § 49.

820

Pfandrecht an beweglichen Sachen (Faustpfandrecht).

A. Haben die mehreren Pfandgläubiger gleichen Rang, insbesondere, ‘“stangT"1 wenn die Forderung nach Quoten getheilt ist oder getheilt worden ist, so findet

Pfandrechte

in Ansehung des Rechtes auf die Pfandinhabung eine Art von Gemeinschaftsverhältniß statt, und die direkte oder analoge Anwendung der Vorschriften über Gemeinschaft wird auch ohne besondere Bestimmung dahin führen, daß ein einzelner Genosse den zur Realisirung des Pfandes erforderlichen Maßnahmen nicht widersprechen kann.

8 1167. Verfall-

»ertrag,

Nachträgliche

einbarang.

1. Bei beweglichen Sachen bleibt nach den Bemerkungen zu § 874 dahingestellt, ob die Beifügung einer auffchiebenden Bedingung mit dem Traditionserfordernisse bei der vertragsmäßigen Uebertragung des Eigenthumes vereinbar ist. Sollte man dies aber auch verneinen, so bleibt noch die praktisch ziemlich ebensoweit reichende Möglichkeit der Annahme einer den Tradenten dinglich bindenden Offerte, wenn dem Empfänger die Jnhabung eingeräumt ist (vergl. Bemerkungen zu § 901 Ws. 2). Es würde mithin immerhin mit dinglicher Wirkung vereinbart werden können, daß im Falle des Ausbleibens der Zahlung das Eigenthum des Pfandes auf den Pfandgläubiger übergehen solle. Im Anschluffe an das röm. Recht l. 3 Cod. de pact. pign. 8,36 ist auch von den neueren Gesetzgebungen^) die Bedrohung des Schuldners durch eine solche lex commissoria verboten, weil dieselbe ein Mittel zur Bedrückung der unvorsichtigen oder in einer Nothlage befindlichen Schuldner ist. Der Entwurf schließt sich dem geltenden Rechte an. Die Bestimmungen des Reichsges., betr. den Wucher, v. 24. Mai 1880 würden unter Umständen auch die Gültigkeit der lex commissoria bei dem Pfandvertrage in Frage stellen; doch würde die Anwendbarkeit dieser Vorschriften von dem Vorliegen der besonderen Voraussetzungen des gesetzlich verbotenen Wuchers abhängen, während hier so weit zu gehen ist, daß die lex commissoria bei dem Pfand­ vertrage an sich ohne Rücksicht auf die besondere Gestaltung des Falles von der Nichtigkeit getroffen wird. Andererseits ist auch nicht anzunehmen, daß die Reichsgesetzgebung durch das Gesetz, betr. die vertragsmäßigen Zinsen, v. 14. November 1867 die lex commissoria hat freigeben wollen?) und daß demnach das letztere Gesetz durch den § 1167 eine Modifikation erleiden würde. 2. Der Entwurf trifft nur den vor dem Eintritte der Verkaufsberechtigung des Gläubigers eingegangenen Vertrag, weil nach diesem Zeit­ punkte die zur Tilgung der gesicherten Forderung durch datio in solutum

i) Preuß. A. L. R. I, 20 § 33; bayr. L. 3t. II, 6 § 18; code civil arg. 2078; sächs. G. B. § 383; Pfandges. für Württemberg Art. 257, für Hessen 188, für Weimar § 106; braunschw. Verordn, v. 4. Juni 1772; Hamb. StadtR. H, 4 10; öftere. G. B. § 1371; ital. G. B. Art. 1884; nieder!. G. B. Art. 1200; G. B. § 869; schweiz. Obl. R. Art. 222. a) Entsch. des R. G. Bd. 2 S. 334, Bd. 4 @.51; vergl. Entsch. des R. O. H. G Bd. 4 S. 357, Bd. 7 S. 65. S. auch oben S. 680. Art. Art. Art. zür.

Derfallvertrag. Geld als Gegenstand d. Pfandrechtes. §§ 1167,1168.

821

geschehende Eigenthumsübertragung dem Eigenthümer des Pfandes nicht verwehrt

werden kann. 3. Wenn vereinbart ist, daß das Pfand eventuell dem Gläubiger zum «-b-ri-ffu», Börsen- oder Marktpreise — sofern nämlich Sachen, welche einen Börsen- oder Marktpreis haben, Gegenstand des Pfandrechtes sind — überlassen werden soll, so mag eine solche lex commissoria regelmäßig einen minder bedrohlichen Karakter haben; immerhin bleibt eine solche Bindung des Eigenthümers für denselben gefährlich und ist geeignet, unlauteren Spekulationen desselben Vorschub zu leisten. Es liegt deshalb kein genügender Grund vor, für der­ artige Vereinbarungen eine Ausnahme zu bestimmen.

4. Dem Zwecke der Vorschrift entspricht es, daß nicht nur der dingliche Obng-Vertrag, sondern auch der obligatorische Vertrag, welcher dem Gläubiger ein bedingtes Forderungsrecht auf Uebertragung des Eigenthumes giebt, ge­ troffen werde. 5. Nicht getroffen wird die auflösend bedingte Eigenthumsübertragung, wt»fenb welche insbesondere in der Weise vereinbart werden kann, daß der das Eigenthum durch constitutum possessorium übertragende Verkäufer an der inne- s«toäfte. behaltenen Sache ein Pfandrecht wegen des Kaufgeldes und den Rückfall des Eigenthumes bei Nichtzahlung des Kaufgeldes sich vorbehält. Ebensowenig werden die Fälle der unbedingten Tradition mit Ausbedingung eines obliga­ torischen Rückkaufsrechtes zu Gunsten des Kreditnehmers getroffen.

81168. 1. Wenn Geld Gegenstand des Pfandrechtes ist und die Voraussetzungen ®en>«» für die Berechtigung des Gläubigers zum Verkäufe vorliegen, so entfällt die mittelbar zur Befriedigung führende Maßregel des Verkaufes und steht nur rechter, die unmittelbare Befriedigung aus dem Gelde in Frage. Die Befriedigung geschieht durch eine Tradition des Gläubigers an sich selbst, deren Zeitpunkt für die Frage der Gefahrtragung von Bedeutung ist. Eine solche brevi manu traditio an sich selbst, welche von dem Inhaber in Vertretung des Besitzers' vorgenommen wird, ist, wenn auch im § 805 Abs. 2 nur von dem umgekehrten Falle die Rede ist (vergl. Bemerkungen zu § 805 S. 99), vom Entwürfe nicht ausgeschloffen und in dem vorliegenden Falle um so weniger zu verneinen, als der Pfandgläubiger nicht in Vertretung des Eigenthümers handelt, sondern sein eigenes Recht an dem Gelde ausübt; aber es wird erforderlich sein, daß der Besitzwille kundgegeben ist. Es muß deshalb, damit die an sich unersichtlich bleibende Tradition dem anderen Theile gegenüber wirksam sei, verlangt werden, daß eine Erklärung des Besitzwillens des Gläubigers und zwar gegenüber dem Eigenthümer hinzukomme (vergl. Bemerkungen zu § 1183). Umgekehrt kann auch der Eigenthümer ein Jntereffe daran haben, die Verpflichtung Befriedigung des mit der Zahlung an sich selbst zögernden Gläubigers herbeizuführen. Diesem Jntereffe dient die positive Bestimmung des Entwurfes, welche den zur Selbstbefriedigung vom Eigenthümer aufgeforderten Gläubiger als befriedigt gelten läßt. Der besonderen Gestaltung des Falles enffpricht es, daß hier, wenn auch nach allgemeinen Grundsätzen nur mora accipiendi des

822

Pfandrecht an beweglichen Sachen (Faustpfandrecht).

Gläubigers angenommen werden könnte, die gesicherte Forderung durch die Anweisung des Gläubigers zur Selbstbefriedigung als aufgehoben gelten soll. Boraus2. Ist nicht obligationsmäßiges Geld, wozu insbesondere Papiergeld gationsmLßi- und auch Banknoten ju rechnen find, Gegenstand der Obligation, so ist das g«r seid, Mcht als dem Gläubiger zugestanden anzusehen, das Geld direkt in Zahlung zu nehmen, ohne dasselbe zu versteigern oder durch einen Banquier umwechseln zu lassen, dagegen darf der Eigenthümer den Gläubiger nicht zur Selbstbefriedigung aus nicht obligationsmäßigem Gelde zwingen können. Die Um­ rechnung des in Zahlung zu nehmenden Geldes bestimmt sich nach § 215. 3»h-rung. 3. Vorausgesetzt ist in § 1167, daß der Gläubiger Inhaber des ver­ pfändeten Geldes ist. In den Fällen, in welchen der Eigenthümer in der Mitinhabung sich befindet oder ein dritter Pfandhalter das Geld hat, vollzieht sich die Zahlung und Eigenthumsübertragung in gewöhnlicher Weise, da keine Zahlung an sich selbst und keine einseitige Besitzergreifung in Frage steht.

Verkaufsverfahren.

88 1169-1176. i. Einleitend« »orschnft.

1. Der erste Absatz des § 1169 bringt eine einleitende Bestimmung, In Durchführung des Prinzipes, welches der § 1165 enthält, wird in

den §§ 1169—1176 der Inhalt des Verkaufsrechtes geregelt und zwar in einer doppelten Richtung. In der Richtung nach außen werden die Grenzen bestimmt, welche der Gläubiger bei der Ausübung seines Rechtes einhalten muß, damit die in Ausübung dieses Rechtes geschehende Verfügung über die Sache wirksam sei; in der Richtung nach innen werden die Grenzen bestimmt, deren Nicht­ einhaltung den Gläubiger lediglich dem Eigenthümer gegenüber aus der Legal­ obligation haftbar macht. In dieser dinglichen und obligatorischen Begrenzung liegt der Schutz des Eigenthümers. Wird der Verkauf durch einen Gerichts­ vollzieher bewirkt, so ist dieser Verkauf nicht einer Maßregel der Zwangs­ vollstreckung aus einem fingirten Urtheile zu vergleichen. Die dienstlichen Pflichten des zur Versteigerung berufenen Beamten können landesgesetzlich näher bestimmt sein und diese Bestimmungen können zum Schutze des Eigen­ thümers gereichen. Der reichsgesetzliche Schutz liegt in der Abgrenzung der Befugnisse des Gläubigers. a. «erlauf 2. Die Fassung der Vorschriften über den Pfandverkauf wird keinen b«fanb‘n Zweifel bestehen lassen, daß der Entwurf den Pfandgläubiger, auch wenn dieser gläubiger,

ausdrücklich als solcher und unter Benennung des Eigenthümers verkauft, als Verkäufer und nicht etwa als Vertreter des Eigenthümers bei dem Abschlüsse des Kaufvertrages auffaßt, daß also insbesondere die Pflicht zur Gewährleistung auf den Gläubiger zu beziehen ist. Diese rechtliche Stellung des Gläubigers ergiebt sich aus der Natur des Pfandrechtes, welches dem Gläubiger nicht eine Vollmacht, sondern ein eigenes dingliches Recht giebt. Der Gläubiger wird durch sein dingliches Recht befähigt, obwohl er Verkäufer einer fremden Sache ist, den Kaufvertrag vollständig durch Verschaffung des Eigenthumes zu erfüllen und deshalb auf eigenen Namen abzuschließen. Der Verkauf wird fteilich für

Veckaufsverfahren.

§§ 1169—1176.

823

Rechnung des Eigenthümers vorgenommen. Aus dieser Rücksicht muß dem Pfandgläubiger eine gewisse seinem Rechte genügmde und das Recht des Eigenthümers nicht gefährdende Verfahrensweise vorgeschrieben werden. Eine all­ gemeine Diligenzpflicht des Pfandgläubigers wird im Entwürfe nicht bestimmt; auch wird in Ansehung der Stellung des Pfandgläubigers nicht auf die Vor­ schriften über die Stellung eines Beauftragten oder Geschäftsführers, bei denen auch ein Handeln in eigenem Namen für fremde Rechnung vorkommt, Bezug genommen, sondern es wird das einzuhaltende Verfahren im Einzelnen geregelt. Der § 395 schützt den Gläubiger, auf dessen Betreiben eine Sache im Wege der Zwangsvollstreckung verkauft wird, gegen das Einstehen für Mängel der Sache. Eine Ausdehnung dieser Vorschrift auf die Fälle des außergerichtlichen Pfandverkaufes erschien nicht geboten. Der Gläubiger ist befugt, den Verkauf unter Ausschluß seiner Verpflichtung zur Gewährleistung wegen Mängel vvMnehmen. Diese Befugniß gewährt ihm genügenden Schutz. 3. Der zweite Absatz des § 1169 will ausdrücken, daß die Pfand- » »erkauf realisation im Wege der gerichtlichen Zwangsvollstreckung dem Gläubiger frei bleibe. An der Zulässigkeit dieses Weges ist in dem Falle kein Zweifel, wenn Vollstreckung, der Eigenthümer zugleich der Schuldner ist, der Gläubiger seine Forderung einklagt und im Exekutionsverfahren das Pfand als Exekutionsobjekt benutzt. Aber auch dann, wenn der Eigenthümer nicht der Schuldner ist und der Gläubiger gegen denselben nur den dinglichen Anspruch erheben kann, wird der weitere für den Gläubiger je nach den Umständen in manchen Beziehungen vortheilhaftere Weg der Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der C. P. O.

zuzulassen sein. Wenn der Gläubiger auf die Exekution in das Pfand sich beschränkt, so kann auf den Mangel einer persönlichen Schuld und darauf nichts ankommen, daß die Leistung für den Eigenthümer nur in conditione und nicht in obligatione ist. Es wird indessen der Aufnahme einer positiven gesetzlichen Vorschrift bedürfen; denn wenn der Pfandgläubiger sein dingliches Recht gegen den Eigenthümer im Wege der Klage verfolgt, indem er dessen Verurtheilung zur Gestattung der Ausübung des Verkaufsrechtes erwirkt, so würde er damit das wichtige Recht noch nicht erlangen, das Pfand nach den Vor­ schriften über die Mobiliarexekution verkaufen zu lassen und sich von den beengenden Vorschriften der §§ 1169 ff. zu befreien. Aber gerade dieses Recht soll ihm beigelegt werden. 4. Die Verpflichtung des Gläubigers, den Eigenthümer von dem bevor-«. Androhung stehenden Verkaufe des Pfandes zu benachrichtigen, welche in § 1170 Abs. 1 be8®erta|M

Satz 1 vorgeschrieben wird, entspricht dem geltenden Rechte; jedoch wird man nur eine Verbindlichkeit des Gläubigers gegenüber dem Eigenthümer zu be­ stimmen haben, weil es unangemessen sein würde, der Frage der Erfüllung oder Nichterfüllung der gedachten Verbindlichkeit einen Einfluß nach außm beizulegen und die Gültigkeit der Veräußerung von einem für Dritte nicht ersichtlichen Umstande abhängig zu machen. Aber auch in dem Verhältnisse nach innen darf man den Umfang der Verbindlichkeit nicht dergestalt be­ stimmen, daß für den Gläubiger besondere Schwierigkeiten und Verzögerungen sich ergeben können. Der Gläubiger wird deshalb nur innerhalb der Grenzen des Thunlichen zu verpflichten sein. Die Grenzen der Thunlichkeit nach

824

Pfandrecht an beweglichen Sachen (Faustpfandrecht).

besonderen Merkmalen, Anwesenheit des Eigenthümers am Zahlungsorte ober im Jnlande, näher zu bestimmen1), wird nicht erforderlich sein. Bei der Frage der Thunlichkeit kommt der § 76 über die öffentliche Zustellung von Willenserklärungen nicht in Betracht, da diese Vorschrift nicht eine gesetzliche Anzeigepflicht erschweren und in allen Fällen ausführbar machen, sondern nur solchen Personen zu Hülfe kommen soll, deren Rechte von der Zustellung rechts­ geschäftlicher Willenserklärungen abhängen. Der Inhalt der Mittheilung muß so beschaffen sein, daß der Eigenthümer Kenntniß von dem Umfange des von dem Gläubiger beanspruchten Rechtes erhält. Wegen des Einlösungsrechtes des Eigenthümers, welcher sich leicht in unverschuldeter Unkenntniß über den Betrag der Pfandschuld befinden kann, ist für den Eigenthümer die Vergewisierung hinsichtlich des beizutreibenden Geldbetrages von großem Jnterefle; aus dieser praktischen Rücksicht wird auf die Verpflichtung des Gläubigers zur Angabe des beizutreibenden Geldbetrages hingewiesen. Daß die Androhung des Verkaufes des Pfandes ebenso wie die Mahnung nicht im Voraus geschehen kann, möchte sich aus der Natur der Anzeige­ pflicht ergeben. Ein Gläubiger, der noch nicht verkaufen darf, kann den Verkauf nicht androhen. Die Aufnahme der erläuternden Bestimmung des 8 1170 Abs. 1 Satz 2 wird jedoch aus praktischen Rücksichten sich empfehlen. *• Siraii5. Die ausgedehnte gemeinrechtliche Realisirungsfrist bedarf der Ab*■ kürzung. Die neueren Gesetzgebungen variiren bei Bestimmung dieser Frist

(vergl. die in der Note zu Ziff. 4 angeführten gesetzlichen Bestimmungen)^ Eine Frist von vier Wochen wird angemeffen erscheinen und dem Eigenthümer, welcher überall im Stande ist, das Pfand einzulösen, genügen (§ 1170 Abs. 2). Die dritten Personen nicht ersichtliche Einhaltung der Realisirungsfrist kann nicht wohl zur Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der Veräußerung gemacht werden. Der Eigenthümer ist durch die persönliche Verantwortlichkeit des Gläubigers ausreichend gesichert. e. Oeffenüiche 6. In § 1171 Abs. 1 wird der Gläubiger auf diejenige Art der Realisirung beschränkt, welche der Entwurf bereits in früheren Fällen (§ 278 Abs. 1, § 911 Abs. 2, § 1157 Abs. 1) vorgeschrieben hat. Die Vorschrift des § 1171 Abs. 2 entspricht der Vorschrift des § 717 Abs. 3 der C. P. O. Zum Schutze des Eigenthümers ist erforderlich, daß die Wirksamkeit der Veräußerung von der einem jeden Bieter ersichtlichen Befolgung der hier ge­ gebenen Vorschriften abhänge. Voraussetzung ist auch hier, daß öffentlich angestellte Personen der im Abs. 1 gedachten Art in allen Bundesstaaten sich finden werden. Jedenfalls aber wird durch die hier gegebene Bestimmung die dienstliche Zuständigkeit und Verpflichtung der Gerichtsvollzieher auf die Fälle des Pfandverkaufes reichs­ gesetzlich erweitert und damit dem Bedürfniffe abgeholfen. 7. Ort der Der7. Bei der Bestimmung des Versteigerungsvrtcs müssen Zweckmäßigkeits­ steigerung. rücksichten den Ausschlag geben. Der Ort, wo das Pfand im Falle der Ein-

’) Sachs. G. B. § 481; Pfandges. für Hannover Art. 46, Braunschweig § 6, Oldenburg Art. 20, Coburg Art. 4.

Verkaufsverfahren.

§§ 1169—1176.

825

lösung würde zurückgewährt werden müssen, welcher in der Regel mit dem­ jenigen Orte zusammenfällt, an welchem der Gläubiger das Pfand aufzubewahren hat, ist der geeignete Ort, da er einen unnöthigen Transport an den möglicher­ weise davon verschiedenen, für die Erfüllung der gesicherten Forderung be­

stimmten Leistungsort erspart und der Ortsbestimmung der C. P. O. für die Pfandversteigerung — Ort der Pfändung, § 717 Abs. 2 — entspricht. Um einigen Raum für die nähere Bestimmung des Versteigerungsortes zu lassen, ist im Anschlüsse an die C. P. O. nur die Versteigerung innerhalb des Gemeinde­ bezirkes vorzuschreiben (§ 1172 Abs. 1). 8. Die in § 1172 Abs. 2 bestimmte Benachrichtigungspflicht wird ebenso, wie in dem Falle des Zwangsverkaufes verpfändeter Grundstücke durch das Interesse der Realinteressenten gefordert. Es ist nicht ausgeschlossen, daß gegen­ über dem Eigenthümer die hier bestimmte Benachrichtigung mit der in § 1170 Abs. 2 verlangten Androhung verbunden wird.

den Ort.

Die C. P. O. (§ 717) kennt keine Verpflichtung des Extrahenten zur Benachrichtigung der Realintereffenten. Diese Verpflichtung wird deshalb auch dann nicht eintreten, wenn der Pfandgläubiger ein nicht durch Pfändung ent­ standenes Pfandrecht im Wege der Zwangsvollstreckung realisirt. Ob die C. P. O. in der angedeuteten Richtung einer Ergänzung bedürfe, könnte nur bei einer Revision derselben in Frage kommen.

Den Vorschriften des § 1172 wird nur obligatorische Wirkung unter den Betheiligten beigemeflen (vergl. § 1181 Ws. 2), weil eine solche Wir­ kung genügt und die Wirksamkeit des Pfandverkaufes nicht von Umständen abhängig zu machen ist, deren Vorliegen dritte Personm schwer ernennen können. 9. Ob bei der Versteigerung abgepfändeter Sachen gewisse Personen von dem Mitbieten auszuschließen sind, ist in der C. P. O. nicht vorgesehen; diese

“ m'

Frage ist somit dem bürgerlichen Rechte übeklassen und wird hier zunächst für den Pfandverkauf zu beantworten sein. Die Beantwortung wird auch für die Fälle der Mobiliarexekution wegen deren innerer Gleichartigkeit passen. Gesetzliche Verbote, welche den die Versteigerung leitenden Personen das Mit­ bieten, auch durch einen Stellvertreter, untersagen1), kommen hier nicht in Betracht, da dieselben dem Beamtenrechte angehören. In dem ersten Absätze des § 1173 ist das Recht des Gläubigers zum Mtbi-ten d-r Mitbieten bestimmt. Diese Vorschrift betrifft den Inhalt des Pfandrechtes. läu619“8" Der Versteigerungsmodus ist im Entwürfe so geordnet, daß eine von dem Gläubiger nicht beeinflußte öffentliche Einsammlung von Angeboten stattfindet. Es würde eine sowohl dem Gläubiger als dem Eigenthümer nachtheilige Be­ schränkung darin liegen, wenn das Mitbieten des Gläubigers ausgeschlossen würde. Der Entwurf giebt deshalb im Anschlüsse an das preuß. A. L. R.2) dem Gläubiger das Recht, mitzubieten. Bei Verleihung dieses Rechtes bedarf der Gläubiger nicht weiter das beschränktere Recht, das Pfand bei dem Mangel

*) Preuß. A. L. R. I, 11 §§ 22—24, württemb. Pfandges. Art. 34. 2) I, 20 § 42.

826

Pfandrecht an beweglichen Sachen (Faustpfandrecht).

von Kauflustigen für den Schätzungswerth zu behalten^) oder das Pfand zum Schätzungswerthe sich zuschlagm zu lasten 2). Die juristische Konstruktion des in Folge des Zuschlages an den Gläubiger eintretenden Rechtsverhältnisses, ob ein secum contrahere oder eine impetratio dominii anzunehmen ist, kann dahin­ gestellt bleiben. Die aus dem Zuschläge sich ergebende Verpflichtung des Gläubigers, an sich selbst zu zahlen, bringt denselben zu Gunsten des Eigenthümers in die rechtliche Lage, als wenn er an sich gezahlt hätte und dem­ gemäß wegen seiner Forderung befriedigt bezw. restitutionspflichtig wäre, soweit ein Ueberschuß sich ergiebt. Die Fiktion des Empfanges des Kaufpreises wird der Gläubiger nicht zu eigenem Vortheile geltend machen und zu seinen Gunsten einen Verkauf und eine Uebergabe auf Kredit, ohne die Bedingung der baaren Zahlung, behaupten können. Gebührt der Ueberschuß einem sonstigen Realberechtigten, besten Recht durch den Pfandverkauf erlischt, so besteht die Haftung des Gläubigers selbstverständlich auch gegenüber einem solchen Real­ berechtigten. Mitbi-tend°» Wenn der Schuldner der gesicherten Forderung, welcher nicht Eigen“ ' thümer des Pfandes ist, nicht zahlt, aber später an der Versteigerung des

der Ei,enthümerr,

Voraus-

>-hlun,.

Pfandes als Mitbietender sich betheiligt, so ist ein solches Verhalten zwar etwas auffällig, weil der im Besitze von Geldmitteln befindliche Schuldner die einfachste Art der Erledigung des Schuldverhältnisies umgeht; indessen liegt hierin kein Grund, durch eine positive Vorschrift einzugreifen und dem Schuldner als solchem das Mitbieten zu untersagen 3). Die Aufnahme einer deklaratorischen Bestimmung, daß der Schuldner am Mitbieten nicht gehindert ist, erscheint nicht erforderlich. Man könnte annehmen, daß, wenn das Gesetz schweigt, dem Eigenthümer sß|anj,e§ a[§ solchem das Mitbieten verwehrt bleibe, weil derselbe seine

eigene Sache kaufen würde. Dieser Schluß ist indesten unrichtig. Da die Gefahr nahe liegt, daß derselbe Eingang in die Praxis findm könnte, so wird ihm in § 1173 Abs. 2 entgegengetreten. Bietet der Eigenthümer mit, so will er sich statt des ausgebotenen Kaufobjektes nämlich des Eigen­ thumes am Pfande, nur das darin enthaltene Mindere, nämlich die Freiheit des ihm schon zustehenden Eigenthumes von den durch den Pfandverkauf er­ löschenden Belastungen erkaufen. Eine solche Erkaufung der Freiheit ist juristisch nicht zu beanstanden. Dem Eigenthümer steht fteilich auch der nächstliegende Weg der Einlösung offen. Der Eigenthümer kann aber unter Umständen ein Interesse daran haben, nicht einzulösen, sondern für den mög­ licher Weise niedrigeren Versteigerungspreis die Sache zu liberiren. Gegenüber dem Schuldner, welcher nicht gezahlt, und dem Eigenthümer, roe[^cr nicht eingelöst hat, besteht die Vermuthung, daß es ihnen an den nöthigen Mitteln fehle, und es liegt deshalb die Gefahr nahe, daß ihre Be­ theiligung bei dem Bieten zu vergeblichen Versteigerungsversuchen führe. Dieser

x) Sächs. G. B. § 382. «) Code civil Art. 2078. b) -Bergt hannov. Proz. D. § 553; Reuß 5. L., Ausf. G. zur C. P. O. § 23; österr. G. B. § 463.

Verkaufsverfahren.

§§ 1169—1176.

827

Gefahr kann der Gläubiger dadurch begegnen, daß er kautionsweise Voraus­ zahlung der gebotenen Summe verlangt. Die Vorschrift des dritten Absatzes des § 1173 hat den Sinn, daß dem Gläubiger ein derartiges vorsichtiges Verfahren wegen eines mit demselben verbundenen nachtheiligen Einfluffes auf den Erlös nicht zum Vorwurfe gemacht werden tarnt1). 10. Die Vorschrift des § 1174 entspricht der Vorschrift des § 725 der i«. na* An­ gläubigers, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, ist als ein selb- k-ufsr-cht«"' ständiges aus dem dinglichen Rechte des Gläubigers sich ergebendes Recht anzusehen und nicht etwa aus einer Uebertragung des persönlichen dem Miteigenthümer zustehenden Theilungsanspruches herzuleiten. Was das Recht des Miteigenthümers zur Aufhebung der Gemeinschaft anbelangt, so bewendet es dabei, daß der Miteigenthümer seinerseits, möge der Pfandgläubiger zum Verkaufe berechtigt sein oder nicht, jenes Recht nur in Gemeinschaft mit dem Pfandgläubiger geltend machen kann. Da der verkaufsberechtigte Pfandgläubiger durch die Veräußerung der Quote einer anderen Person das selbständige Recht auf Theilung verschaffen kann, so erwächst dem Miteigenthümer keine besondere Beschwerung daraus, wenn schon dem Pfandgläubiger ein solches Recht beigelegt wird. Die Bei­ legung eines solchen Rechtes, welches allerdings die Befugniß zu einer regel­ mäßig dem Pfandgläubiger versagten Umgestaltung des Pfandobjektes ein­ schließt, rechtfertigt sich dadurch, daß in der überwiegenden Anzahl der Fälle ein höherer Erlös zu erwarten ist, wenn die ganze Sache im Theilungs­ verfahren zum Verkaufe gestellt oder in Natur getheilt wird, weil bei dem Quotenverkaufe die dem Käufer bevorstehenden mit dem Theilungsverfahren verknüpften Umständlichkeiten und die Unbestimmtheit des schließlichen Resultates dieses Verfahrens den Preis hinunterdrücken werden. Da der Gläubiger kraft dinglichen Rechtes, also gleich einem Einzelnachfolger, an die Stelle des Mit­ eigenthümers bei Verfolgung dieses aus der Gemeinschaft sich ergebenden Rechtes tritt, so ergiebt sich, daß eine obligatorische Gebundenheit des Mit­ eigenthümers, welche diesen in der Ausübung seines Rechtes den Genoffen gegenüber beschränkt, dem Gläubiger nicht entgegensteht.

3. Die Vorschrift der § 1184 Abs. 4, daß bei Aufhebung der Gemein- surrogmmg schäft der Pfandgläubiger das Pfandrecht an denjenigen Gegenständen erwirbt, getosten,

welche an die Stelle des mit dem Pfandrechte belasteten Eigenthumsantheiles treten, entspricht der ähnlichen Bestimmung für den Fall des Quotennießbrauches in § 985 Abs. 1 Satz 3.

4. In dem in § 1185 bezeichneten Falle besteht keine Gemeinschaft nach 2. Quot«»-

X X

Miteigenthumsquoten. Es bedarf deshalb einer Bestimmung, welche die mh hieraus für die Rechte des Pfandgläubigers sich ergebenden Zweifel beseitigt, ^umsg-m-in Die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften des § 1184 Abs. 1, 4 ist ohne Bedenken (§ 1185 Abs. 2). Das Recht, die Theilung zu verlangen, kann man dem Pfandgläubiger auch gegenüber dem Alleineigenthümer nicht versagen, da in den besonderen Umständen des Falles kein Grund liegt,

den Pfandgläubiger Quotenbelastung.

ungünstiger zu stellen,

als

in anderen Fällen

der

Darüber, welche Folgen sich im Uebrigen an das eintretende uneigentliche Gemeinschastsverhältniß knüpfen, ob dem Eigenthümer als Eigenthümer der nicht belasteten Quote gegenüber dem Pfandgläubiger dieselben Rechte zustehen, 53'

836

Pfandrecht an beweglichen Sachen (Faustpfandrecht).

welche demselben, wenn.die nicht belastete Quote einer dritten Person gehörte, zustehen würden, ob mithin auch der Alleineigenthümer gegenüber dem Pfand­ gläubiger auf Theilung zu dringen berechtigt ist, erscheint die Aufnahme be­ sonderer Vorschriften nicht erforderlich und nicht rathsam, da es sich dabei um Fragen von nur untergeordneter Bedeutung handelt und die Lösung dieser Fragen von den Umständen des konkreten Falles abhängen wird.

Uebertragung der Forderung mit dem Pfandrechte.

88 1186-1188. 1. uebergang Aus bcr akzessorischen Natur des Pfandrechtes ergiebt sich, daß dasselbe recht^mit ohne die Forderung, deren Sicherung der alleinige Zweck desselben ist, auf d« Forderung.

einen Anderen nicht übertragen werden kann, mit der Uebertragung der gorfcerung j)agegen auf den neuen Gläubiger übergehen muß. Von dieser

Konsequenz würde schon aus Rücksicht auf die für die Uebertragung der Forderungen in § 297 gegebenen Bestimmungen nur abgegangen werden dürfen, wenn Gründe von besonderem Gewichte dazu nöthigten. Für die Be­ stimmung des Traditionserfordernisies ließe sich die Unzuträglichkeit, das Pfandrecht von der Jnhabung der Sache zu trennen, und das im Entwürfe befolgte System anführen, nach welchem die Uebertragung der dinglichen Rechte an dieselbe Form geknüpft ist, wie deren Begründung. Man würde aber mit Rücksicht hierauf nur dahin gelangen, daß die Uebertragung der durch Pfandrecht gesicherten Forderung nebst dem Pfandrechte, gleichwie die Be­ gründung des Pfandrechtes, von der Uebergabe der Sache abhängig gemacht wird; im Uebrigen könnte es bei der Vorschrift des § 297 Satz 2 verbleiben. Indessen fehlt es hierfür an einem Vorgänge im geltenden Rechte und an einem praktischen Bedürfnisse. Auf den Vorgang des Hypothekenrechtes (§§ 1086, 1087, 1088) darf man sich nicht berufen, da hier die Gründe für die in den angeführten Bestimmungen enthaltene Regelung darin liegen, daß Forderung und Hypothek wegen Erstreckung der Grundbuchführung auch auf die Forderung in Betreff der Uebertragung denselben für den dinglichen Vertrag geltenden Regeln haben unterworfen werden können. Jnhabung und Pfandrecht laffen sich nicht so zusammenhalten, daß das Pfandrecht ohne Jnhabung nicht besteht und mit dem Verluste der Jnhabung schlechthin erlischt. Einer Gleichbehandlung der Uebertragungsverträge bei Nießbrauch und Faustpfandrecht in Ansehung des Traditionserfordemiffes steht die das Pfandrecht von dem Nießbrauche wesentlich unterscheidende akzefforische Natur des Pfandrechtes entgegen. Endlich würde ein nach Abtretung der gesicherten Forderung ohne Mitübergabe des Pfandes eintretender Schwebezustand, während deffen der bisherige Gläubiger die Macht behält, das Pfandrecht durch Rechtsgeschäft aufzuheben oder dem neuen Gläubiger zu verschaffen, ein zweckloses Verbleiben des Pfandes in der Hand des bisherigen Gläubigers mit sich bringen und den neuen Gläubiger, welchem der bisherige Gläubiger zur Abtretung nur obligatorisch verbunden ist, gefährden. Die Vorschrift des Entwurfes, daß mit der Uebertragung der Forderung das Pfandrecht auf den neuen Gläubiger übergeht und daß das

Übertragung.

§§ 1186—1188.

837

Pfandrecht nicht ohne die Forderung übertragen werden kann (§ 1186 Ms. 1,2), entspricht auch dem geltenden Rechte i). 2. Einen gutgläubigen Erwerb eines nicht bestehenden Pfandrechtes» ®utgtäubv kennt der Entwurf ebensowenig, wie den gutgläubigen Erwerb eines nicht be- get ®ttoecb"

stehenden Nießbrauchsrechtes. Bei dem Pfandrechte könnte von einem solchen Erwerbe noch weniger die Rede sein als bei dem Nießbrauche wegen der akzessorischen Natur des Pfandrechtes, nach welcher der Veräußerungsakt sich nur auf die Forderung beziehen und ein nicht bestehendes Pfandrecht der Forderung nicht folgen kann. 3. In § 1187 Abs. 1 wird die aus § 1186 Ws. 1 sich ergebende Kon-b-Snh-bungrsequenz ausgesprochen, daß der neue Gläubiger als nunmehriger Pfandberechtigtcr ce@iäu«gerT

das Pfand vindiziren, mithin auch dem bisherigen Gläubiger abfordern kann. Zwar wird es für den bisherigen Gläubiger wegen der demselben obliegenden Verantwortung gegenüber dem Eigenthümer nicht selten bedenklich sein, das Pfand dem neuen Gläubiger auszufolgen. Allein hieraus kann ein gesetz­ geberischer Grund für eine dem neuen Gläubiger die Jnhabung versagende Bestimmung um so weniger entnommen werden, als der bisherige Gläubiger bei der Mtretung die Jnhabung des Pfandes sich vorbehalten kann. Mn solcher Vorbehalt begründet freilich nur ein obligatorisches Recht und einen Mnwand, welcher sich lediglich gegen den neuen Gläubiger, nicht auch gegen den Sonder­ nachfolger desselben richtet. Indessen wenn der Gläubiger Bedenken gegen die Verantwortung für die Erhaltung des Pfandes nach der Mtretung hat, dann fordert sein Jnteresie, sich der Mtretung überhaupt zu enthalten. Der Gesetz­

geber hat keine Veranlasiung, den Verkehr mit Pfandforderungen zu er­ leichtern.

4. Im Falle der Veräußerung des Nießbrauches wird nach § 1013 der *• Haftung Erwerber für die Zeit nach der Veräußerung als Nießbraucher verpflichtet und der Veräußerer für die Erfüllung dieser Verpflichtung als selbstschuldnerischer Bürge verhaftet; auch muß sich der Erwerber, wenn gegen den Veräußerer das Recht auf Sicherheitsleistung begründet und die Sicherheit nicht geleistet ist, die gerichtliche Verwaltung gefallen [offen. Die Gründe, auf welchen diese Bestimmungen beruhen, sind im Wesentlichen auch für die Uebertragung des Pfandrechtes zutreffend (§ 1187 Abs. 1, 2, 3). Man würde die thatsächlichen Verhältnisse nicht richtig würdigen, wenn man annähme, der Mgenthümer müsse mit der Möglichkeit der Uebertragung des Pfandrechtes rechnen und könne des­ halb nicht eine dauernde Haftung des ersten Pfandgläubigers erwarten. Die Haftung des bisherigen Gläubigers für den neuen Gläubiger wird s-g-wb-rnicht eintreten, wenn die Uebertragung der Forderung auf Gesetz beruht; denn wenn das Gesetz dem bisherigen Gläubiger die Forderung und damit das Pfandrecht entzieht, so würde eine weitere Dauer der Verantwortung des

i) Preuß. A. L. R. I, 11 § 402; code civil Art. 1692; sächs. Weimar. Pfandges. § 73; zür. @. B. § 1034; schweiz. Obl. R. Art. 190; Art. 155; dresd. Entw. Art. 325; Bergt jedoch auch sächs. G. B. § Pfandges. § 80, anhalt. Pfandges. § 5, bayr. Entw. HI Art. 432 Abs.

G. B. § 954; bahr. Entw. n 386, Weimar. 1.

838

Pfandrecht an beweglichen Sachen (Faustpfandrecht).

bisherigen Gläubigers unbillig sein. Sollten sich hieraus Härten für den Eigenthümer ergeben, so müßte Mhülfe nicht durch eine pfandrechtliche Vor­ schrift, sondern durch die Vorschriften, welche den Legalübergang bestimmen, geschaffen werden. Der Entwurf hat keine Veranlaffung gefunden, Besonder­ heiten in dieser Richtung zu bestimmen, wenun^im 51 Die weitere Haftung des bisherigen Pfandgläubigers gegenüber dem "megeber" Eigenthümer, welche nach Uebertragung der durch das Pfand gesicherten Forvästreckung derung noch stattfindet, würde im Falle der Uebertragung der Forderung im

Wege der Zwangsvollstreckung zu Härten führen. Man wird zwar nicht so weit gehen dürfen, wie in dem Falle der gesetzlichen Uebertragung, da der Eigen­ thümer vollen Schutz behalten muß; aber das Gesetz wird die Verwahrung des Pfandes so zu ordnen haben, daß weder dem bisherigen noch dem neuen Gläubiger Gefahren erwachsen. Dies wird durch die Vorschrift des § 1188 erreicht, welche die Rechte des Eigenthümers unverkürzt läßt. Die Kosten einer von dem bisherigen Gläubiger verlangten Hinterlegung rc. muß dieser tragen, weil sonst der Exekutionsuchende nicht vollständig durch die Ueberweisung befriedigt sein würde und die Hinterlegung wesentlich im Jntereffe des bisherigen Gläu­ bigers und auf deffen Verlangen erfolgt. Wird der bisherige Gläubiger von dem Eigenthümer aus seiner Haftung entlaffen, so erledigt sich damit der Grund, welcher eine besondere Art der Aufbewahrung im Jntereffe des bisherigen Gläubigers erforderlich erscheinen läßt. Dagegen ist über die Art und Dauer der Aufbewahrung nichts zu be­ stimmen. Es versteht sich von selbst, daß die öffentliche Hinterlegung rc. kein Hinderniß des Verkaufes bilden darf und der bisherige Gläubiger deshalb nöthigenfalls zur Einwilligung in die Verabfolgung des Pfandes an die mit dem Verkaufe beauftragte Person behufs der Veräußerung von dem neuen Gläubiger gezwungen werden kann und daß, wenn der Verkauf scheitert, die Hinterlegung wieder einzutreten hat.

Aufhebung des Pfandrechtes. 88 1189—1193.

Aufhebungs1. Die Vorschriften des § 1189 betreffen die Aufhebung durch Rechtsi^Rech°s- geschäft. Es wird genügen, wenn zu ihrer Begründung auf die Ausführungm

zu §§ 960, 1016 Abs. 2 S. 460, 465, 531 verwiesen wird. 2. Aus2. Der Mitübergang des Pfandrechtes bei Abtretung der Forderung bd ueber« beruht nicht auf zwingender Rechtsvorschrift. Die durch Hypothek gesicherte tragung der Forderung kann allerdings nach. § 1086 Abs. 2 nicht ohne die Hypothek überOorberung; werden; doch ist diese Bestimmung dadurch gerechtfertigt, daß die Hypothek geschäft;

mittels Rechtsgeschästes nur unter Hinzutritt der Löschung untergehen darf. Eine entsprechende Rücksicht macht sich hier nicht geltend und es besteht kein Be­ dürfniß, der auf die Uebertragung der Forderung ohne das Pfandrecht ge­ richteten, unter Umständm volle Berücksichtigung verdienenden Absicht des Gläubigers die Anerkennung zu versagen. Die Zusammengehörigkeit der Forderung und des Pfandrechtes muß aber dann in der negativen Richtung

Aufhebung.

§§ 1189-1193.

839

sich bethätigen, daß das Pfandrecht erlischt, weil es ohne die Forderung nicht

existiren kann (§ 1190). 3. In dem mobemen Rechte hat sich allmählich eine besondere Art der «• M geläufig. Vornehmlich kommen Pfandrechte an Forderungsrechten in Betracht. Das H. G. B. giebt in gewißen Fällen ein gesetzliches Pfandrecht an Forderungen r). In der Konk. O. § 41 Nr. 8 sind die betreffenden Pfand­ gläubiger in Ansehung der abgesonderten Befriedigung aus den ihnen haftenden Forderungen den Faustpfandgläubigem gleichgestellt. Sonstigen Pfandrechtm an Forderungen und anderen Vermögensrechten steht Wirksamkeit im Konkurse Wirksamkeit nur zu, wenn dieselben Faustpfandrechtsqualität im Sinne der Konkursordnung ,m Ronturfe"

haben. Die Minimalerfordernisse der Faustpfandrechtsqualität sind in §§ 15,16 des Eins. Ges. zur Konk. O. bestimmt. Die durch Pfändung von Fordemngen nach der C. P. O. entstehenden Pfandrechte entsprechm diesen Minimalerforderniffen, und bei der Pfändung anderer Vermögensrechte ist in § 754 der C. P. O. Sorge getragen, daß jenen Erforderniffen genügt werde. Abgesehen von den vorerwähnten handelsrechtlichen gesetzlichen Pfand­ rechten ist dem Vorkommm von gesetzlichen oder konventionellen Pfandrechtm, welche nur außerhalb des Konkurses wirken könnten, entgegengetreten durch die zu den Reichsjustizgesetzen ergangenen Landesausfühmngsgesetze, welche, roenn die Wirkung im Konkurse versagt ist, auch die Wirkung außerhalb des Kon­ kurses entziehen3), soweit ein solches Entgegentreten durch die bestehendm pfandrechtlichen Vorschriften geboten war. Die Faustpfandrechtsqualität kann mithin fernerhin nicht eine besondere Auszeichnung gewisier Pfandrechte an Rechten sein. Das Pfandrecht muß, sobald es überhaupt anerkannt wird.

*) L. 7 Cod. de her. vel act. vend. 4,39, 1.4 Cod. q'uae res pign. 8,17 2) H. G. B. Art. 374 Abs. 1, 759, 761. 3) Landesansf. Ges. zur Konk. O. für Preußen § 7 Abs. 2, Hessen Art. 42 beide Mecklenburg § 3, Anhalt § 6 Abs. 2, Altenburg § 4 Abs. 2, Coburg-Gotha

§ 4 Abs. 2, Meiningen § 4 Abs. 2, Reuß ä. L. § 18 Abs. 3, Reuß j. L. § 5 Abs. 2, Schwarzburg - Rudolstadt § 22 Abs. 2, Schwarzburg - Sondershausen § 3 Abs. 2, Lippe § 7 Abs. 2, Schaumburg-Lippe § 95 Abs. 2, Waldeck Art. 3, Bremen■ § 45 unter b, Hamburg § 3.

852

Pfandr. an Rechten. Anwendb. d. Vorschr. üb. d. Faustpfandrecht. §1206.

sowohl im Konkurse als außerhalb des Konkurses wirksam sein. Hiernach sind die Voraussetzungen des Pfandrechtes an Rechten zu ordnen; es hat alsdann keinen Zweck mehr, den nicht recht paffenden Ausdruck „Faustpfandrecht" in Beziehung auf verpfändete Rechte zu gebrauchen.

§ 1206. Anwendbar-

Die Vorschriften des § 1206 entsprechen den in 8 1021 für den Nießan Rechten gegebenen Vorschriften. Die Vorschrift des ersten Absatzes

sch!istm über brauch

XaS* findet auch hier ihre nöthige Begrenzung in der Vorschrift des folgenden ’ Paragraphen, welche die Uebertragbarkeit eines Rechtes zur Voraussetzung der Verpfändbarkeit desselben macht. Eine Beschränkung der Möglichkeit des Pfandrechtes an Rechten auf gewiffe einzeln aufzuzählende Rechte enthält der Entwurf nicht. Ebensowenig werden gewiffe Rechte ausgenommen. Die C. P. O. (§ 754) verfährt ebenso. Der Entwurf setzt ein bestehendes Recht als Gegenstand des Pfandrechtes voraus. Ein Pfandrecht an einem erst zu begründenden Rechte des Inhaltes, daß der Gläubiger, statt die Sache zu verkaufen, dieselbe mit einem Rechte solle belasten können, um auf diesem Wege zu seiner Befriedigung zu gelangen, würde aus der zu belastenden Sache ruhen und dem Gläubiger anomale Realisirungsbefugniffe verleihen, krast deren der Gläubiger das Pfand nicht ver­ kauft, sondem belastet. Die dingliche Vereinbarung eines derartigen Reali• sirungsmodus zuzulasien, liegt kein Bedürfniß vor. Der Umstand, daß bei dem Pfandrechte an Rechten in vielen Fällen eine jede Jnhabung und Verwahrung des Pfandes auf Seiten des Gläubigers fehlt, bringt eine gewiffe Aehnlichkeit dieses Pfandrechtes mit der Hypothek hervor und macht eine Reihe von Bestimmungen über das Faustpfandrecht unanwendbar, schließt indeffen nicht aus, daß im Allgemeinen die Bestimmungen über das Faust­ pfandrecht für entsprechend anwendbar auf das Pfandrecht an Rechten erklärt werden, vorbehaltlich der Beschränkung, welche sich von selbst aus jener Eigen­ thümlichkeit und den weiter bestimmten Besonderheiten für das Rechtspfandrecht

ergeben.

§ 1207. Borau8fe)ung b»rkeit"eü«s

Rechte«,

Der § 1207 entspricht der gleichen Vorschrift in § 1022 für den Nießbrauch an Rechten. Die Vorschrift bezieht sich nur auf das konventionelle. nicht auf das gesetzliche und auf das Pfändungspfandrecht. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit aus dem Wesen des Pfandrechtes sich ergiebt, daß das dem­ selben unterliegende Recht ein veräußerliches sein muß. Ergiebt sich die Nicht­ übertragbarkeit des Rechtes ohne jede weitere gesetzliche Bestimmung aus dem Inhalte des Rechtes, nach welchem das Recht nur höchstpersönliche Befugniffe giebt,, so erscheint das Recht an sich unfähig, als Pfandobjekt zu dienen. Ist dagegen dem Rechte die Uebertragbarkeit durch positive Gesetzesvorschrift ent­ zogen, so kommt es darauf an, wie weit diese Gesetzesvorschrift reicht. Nach der Vorschrift des § 1207 reicht eine solche Vorschrift so weit, daß sie auch die

Verpfändbarkeit.

Verpfändbarkeit ausschließt.

Begründung.

§§ 1207, 1208.

853

Ob auch die Pfändbarkeit ausgeschlossen ist, be­

urtheilt sich nach § 312. Ein Anlaß, die Verpfändbarkeit bei übertragbaren Rechten zu beschränken, ließe sich der Schwierigkeit entnehmen, bei einzelnen Rechten die Pfandbelastung hinreichend offensichtlich zu machen, weil das praktische Bedürfniß für die Ver­ pfändung eine größere Offensichtlichkeit verlangt als für die Uebertragung, und die Uebertragungsformen deshalb nicht genügen. Wohl nur lediglich aus diesem Gesichtspunkte kommen in den modernen Gesetzgebungen Beschränkungen der Verpfändbarkeit übertragbarer Forderungen vor. Insbesondere wird die Forderungsverpfändung auf verbriefte Forderungen beschränkt i). Dann kommen noch die sonstigen formlos zessibelen Rechte in Betracht. Der Entwurf beseitigt die Bedenken gegen die Unersichtlichkeit der einfachen verpfändungshalber ge­ schehenden Zession durch die Vorschriften der §§ 1211, 1212.

8 1208. 1. Die Vorschrift des § 1208 über die Begründung des Pfandrechtes an «egrüntnmg. Rechten entspricht der für den Nießbrauch an Rechten in § 1023 gegebenen Vorschrift und wird durch ähnliche Gründe gerechtfertigt; nur ist hier nicht ebenso wie bei dem Nießbrauchs an Rechten die Vorschrift auch auf die Ueber­ tragung des Pfandrechtes zu beziehen, da die akzefforische Natur des Pfand­ rechtes einen offen liegenden Unterschied herbeiführt. Der Entwurf löst die Frage der Erforderniffe für die Pfandrechtsbegründung in einfacher und prinzipieller Weise, während die modernen Gesetzgebungen nicht in gleicher Weise verfahren und ein buntes Gemisch von Spezialbestimmungen enthalten, deren Anführung ohne weiteres Jntereffe ist. Ihre nöthige Ergänzung findet die Vorschrift in den ferneren Bestimmungen, wonach in Ansehung von Rechten, bei denen die Uebertragungsweise für die Offensichtlichkeit des Pfandrechts­ bestandes nicht genügen würde, besondere Formerfordernifse bestehen. 2. Die Wirkung der Begründung des Pfandrechtes auf das RechtsVerhältniß zwischen dem Pfandgläubiger und dritten vermöge jenes Rechtes “'S. ’*

zu einer Leistung Verpflichteten wird in analoger Weise wie beim Nießbrauchs (§ 1023) bestimmt. Die Analogie wird nicht zu beanstanden sein. Die betreffende Vorschrift gilt sowohl für das konventionelle als für das legale und für das Pfändungspfandrecht. 3. Bei dem Pfandrechte an einem eingetragenen Rechte, Hypothek, Grund- u-b«rg-«g schuld, Reallast, Nießbrauch, ergießt das Grundbuch eine bestimmte Person als “getragenen'

dinglich Berechtigten und wird allerdings in dieser seiner Angabe unrichtig, wenn das Pfandrecht der außerhalb des Buches nach den Zessionsgrundsätzen Federung, übertragenen Forderung einfach folgt. Bei dem Faustpfandrechte kann im Falle der Uebertragung der gesicherten Forderung ein ähnlicher Erfolg insofern

!) Code civil Art. 2075, 2076, sächs. G. B. § 502; Pfandges. für Hannover § 50, Hessen Art. 171, Oldenburg Art. 26, Reuß ä. L. Ges. v. 3. Januar 1874; brem. Hands. O. § 123 d Ziff. 2; württemb. Pfandges. Art. 246 , 248; vergl. Pfand ?ntwickelungsges. Art. 40.

854

Pfandrecht an Rechten.

Erwerb in gutem Glauben.

§ 1209.

eintreten, als Jnhabung und Pfandrecht auseinanderfallen. In den Be­ merkungen zu § 1186 ist klargelegt, weshalb der Entwurf es einfach bei der aus der akzessorischen Natur des Pfandrechtes sich ergebenden Folge beläßt und zum Mitübergange des Pfandrechtes nicht die Tradition des Pfandes fordert. Aus ähnlichen Gründen beläßt der Entwurf bei dem ein gebuchtes Recht be­ lastenden Pfandrechte es auch bei den gewöhnlichen Wirkungen der akzesiorischen Natur desselben. Besondere Unzuträglichkeiten ergeben sich nicht. Der bei einem gebuchten Rechte als Pfandgläubiger Eingetragene ist für den Eigen­ thümer der buchmäßig Berechtigte, gegenüber welchem nach § 838 alle vor­ kommenden Rechtsgeschäfte ohne Gefahr vorgenommen werden können, so lange dem Eigenthümer nicht Kenntniß von einer Rechtsübertragung und eine solche Gewißheit über die Person des neuen Pfandgläubigers verschafft ist, welche ihn bei der Einlaffung mit demselben vor einer jeden Gefährdung schützt. Wenn eine Gefährdung besteht, so liegt dieselbe höchstens auf Seiten desjenigen, welchem die gesicherte Forderung übertragen wird, ohne daß derselbe gleichzeitig die Eintragung in das Grundbuch erlangt hat. Eine Eintragung der letzteren Art ist zwar zur Erwerbung des Gläubigerrechtes nebst dem Pfandrechte nicht erforderlich und kann nur gegen die Wirkungen der publica fides des Grund­ buches schützen, in dem letzteren Umstande liegt indeffen ein genügender Grund, in der Grundbuchordnung die Eintragungsfähigkeit der neuen Gläubigerschaft, welcher das Pfandrecht an dem gebuchten Rechte folgt, zu bestimmen. Dazu kommt, daß der Verpflichtete, gegen welchen das verpfändete gebuchte Recht geltend gemacht wird, hauptsächlich dadurch gedeckt ist, daß er nur gegen Aus­ händigung der zur Löschung oder Umschreibung des gebuchten Rechtes erforder­ lichen Urkunden seine Verpflichtung zu erfüllen hat. Begtunbung 4. Die Begründung des Pfandrechtes an einem gebuchten Rechte wird •rbenbebein.durch das Allegat des letzteren Satzes für die noch nicht eingetragenen Erben getragenen des eingetragenen Berechtigten in gleicher Weise erleichtert, wie für die Erben Berechtigten. eingetragenen Eigenthümers die Auflaffung (§ 869) und für die Erben des eingetragenen Hypothekengläubigers gesicherten Forderung (§ 1087).

die Abtretung der durch die Hypothek

§ 1209. Erwerb in

Die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften über das Faustpfandrecht auf das Pfandrecht an Rechten führt zu Zweifeln, denen der Entwurf entgegentreten will. Ein Theil dieser Vorschriften ist nur auf den Fall be­ rechnet und auf die Voraussetzung gebaut, daß eine bewegliche Sache Gegen­ stand des Pfandrechtes ist. Nur bei Sachen giebt es eine Jnhabung im eigentlichen Sinne. Die Vorschriften über das Traditionserforderniß werden mithin auf das Pfandrecht an Rechten nicht paffen, ebensowenig die Vorschriften über den Erwerb in gutem Glauben, da bei ihnen die Jnhabung des Veräußernden die vornehmliche Grundlage für den zu schützenden guten Glauben bildet. Die Vorschrift des § 1209 will diejenigen Vorschriften von der An­ wendung ausschließen, welche bei dem Sachpfande den Pfandgläubiger mehr Recht erwerben lassen, als der Verpfänder an sich zu übertragen im Stande

Constitutum possessorium.

Forderungspfandrecht.

§§ 1210, 1211.

855

ist. Einerseits fehlt die Jnhabung des Veräußerers, welche die Grundlage des zu schützenden guten Glaubens bildet. Andererseits ist klar, daß derjenige, welcher ein Pfandrecht am Rechte erwirbt, nicht günstiger gestellt sein kann, als derjenige, welchem das Recht überhaupt übertragen wird. Ein Schutz der bona fides des Erwerbers kann nur insoweit stattfinden, als aus den nach § 1208 zur Anwendung gelangenden Vorschriften, welche die Uebertragung des ver­ pfändeten Rechtes, z. B. wenn dasselbe eingetragen ist, betreffen, sich ergiebt.

8 1210. Die Vorschrift des § 1210 trifft die Fälle, wenn der Pfandgegenstand Ausschließung nicht eine Sache, sondern ein Recht ist, aber zur Veräußerung und somit auch zur Verpfändung dieses Rechtes die Tradition einer Sache — des Nießbrauchsgegenständes, des Hypothekenbriefes oder des Grundschuldbriefes rc. — erforderlich ist. Hier könnten Zweifel entstehm, ob auf diese Tradition die Besonderheit, welche für die Tradition zur Begründung des Pfandrechtes an einer beweglichen Sache bestimmt ist, nämlich der Ausschluß des constitutum possessorium, An­ wendung zu finden hat. Für eine solche Anwendung spricht der gleiche Grund der Kundbarmachung des Pfandrechtes und erscheint deshalb die Aufnahme einer jeden Zweifel beseitigenden Vorschrift erforderlich.

§ 1211. In Ansehung der Bestimmung der Erforderniffe für die Verpfändung ®rforbemifle von Forderungen besteht die bunteste Verschiedenheit in den modernen Gesetz-Endung»»«

gedungen. Bekanntmachung an den Drittschuldner, schriftliche Verpfändung, Forderung-«; Uebergabe der Verpfändungsurkunde und Uebergabe der Schuldurkunde kommen als Erforderniffe einzeln und in verschiedenen Zusammensetzungen oor1). Eine Steigerung der Erforderniffe der Forderungsverpfändung gegenüber den Erforderniffen der Forderungsübertragung behufs der besseren Kundmachung des Pfandrechtsbestandes ist nur erforderlich in Ansehung derjenigen Forde­ rungen, welche durch bloßen Abtretungsvertrag übertragen werden. Auf die durch Hypothek gesicherten oder in indoffabelen Papieren oder Jnhaberpapieren verbrieften Forderungen braucht hier keine Rücksicht genommen zu werden. Ebensowenig ist auf den Umstand besondere Rücksicht zu nehmen, daß für eine Forderung ein Faustpfandrecht bestellt ist, und für diesen Fall etwa die im Falle der Abtretung der Forderung mit dem Pfandrechte nicht nöthige Pfand­ übergabe zu verlangen 2). 0 Vergl. preuß. A. 8. R. I, 20 §§ 281, 288 und Verordn, v. 9. Dezember 1809 § 1; Pfandges. für Braunschweig §§ 11, 13; Pfandges. für Schwarzburg« Rudolstadt § 1; Hamb. Ausf. Ges. zur Konk. O. § 3 Ziff. 4; sächs. G. B. § 502; Hess. Pfandges. §§ 92, 171; Reuß ä. L. Ges. v. 3. Januar 1874; brem. Hands O. § 123d 2; waldeck. Ausf. Ges. zur Konk. O. Art. 3 Abs. 3; Pfandges. für Hannover §§43,50; Oldenburg Art. 26; Württemberg Art. 246, 248; code civil Art. 2075,2076. 2) Hamb. Ausf. Ges. zur Konk. O. § 3 Ziff. 1; Weimar. Pfandges. §§ 80, R* waldeck. Ausf. Ges. zur Konk. O. Art 3 Abs 2

656 9eun*besi' Schuidn«rii

Übergabe der

«Ende;

Pfandrecht an Rechten.

Form.

§ 1212.

Der Entwurf verlangt als Mehrerforderniß die in allen Fällen ausfühlbare Benachrichtigung des Schuldners. Die Wirkung einer gewissen Kundbarmachung ist einer solchen Benachrichtigung nicht abzusprechen. In Folge des Erfordernisses der Benachrichtigung müssen die Forderungen einzeln kenntlich gemacht werden; dadurch wird den Gefahren vorgebeugt, welche aus einer generellen, eine Mehrheit von Forderungen in einer Bezeichnung be­ greifenden Verpfändung sich ergeben würden. Endlich ist die Ueberein­ stimmung mit dem Prozeßrechte und dem Konkursrechte von nicht geringem Gewichte.

Die Uebergübe der über die Forderung ausgestellten Urkunde, falls eine solche vorhanden ist, zum weiteren Erfordernisse der Pfandbestellung zu machen, empfiehlt sich nicht. Eine solche Vorschrift würde mit praktischen Uebelständen verknüpft sein, da der Pfandgläubiger oft getäuscht werden kann, ob eine Urkunde über die Schuld vorhanden ist, es auch nicht selten zweifelhaft sein wird, was unter den Begriff der über die Forderung ausgestellten Urkunde fällt, ob z. B. auch Briefe darunter fallen. Die Anzeige an den Schuldner ist eine einseitige Willenserklärung des Verpfänders, und zwar eine Willenserklärung, deren Wirksamkeit davon ab­ hängt, daß sie gegenüber einem Betheiligten abgegeben wird und zu deren Entgegennahme der Empfänger der Willenserklärung verpflichtet ist. Die Frage, wann dem Erfordernisse der Benachrichtigung genügt ist, wird sich nach den §§ 74—76 beurtheilen. Erst mit der Erfüllung des Erfordernisses tritt die beabsichtigte Rechtswirkung ein. Eine vorhergehende dingliche Bindung, welche mit dem Vertragsschluffe eintritt, wird nicht vorgeschrieben und kann auch nicht durch die Privatautonomie der Vertragschließenden bestimmt werden.

§ 1212. bung’atoe^ bar« Recht«.

Für die Verpfändung der durch einfachen Abtretungsvertrag zu über­ tragenden Rechte, welche nicht Forderungen sind, insbesondere also der Urheber­

rechte, erscheint eine Steigerung der Vertragserfordernisse und Bestimmung einer Form zum Zwecke der Kundbarmachung des Pfandrechtes insbesondere für den Konkursfall (Sicherung der Gläubigerschaft gegen heimliche und @Betrag,c ftn9^e Pfandrechte) erforderlich. Der Entwurf bestimmt die gerichtliche oder notarielle Form, und zwar für den Vertrag und nicht blos für die Ver­ pfändungserklärung. Zu beachten bleibt der Unterschied zwischen dieser Form und der gesteigerten Form der Vertragserrichtung vor Gericht oder Notar (vergl. § 1616 Abs. 1, § 1943 Abs. 1).

8 1213.

1. Die Vorschrift des § 1213 entspricht der analogen Vorschrift in swfügungg» § 1024 für den Nießbrauch an Rechten. Die Analogie ist eine vollkommene. a««6ti ten Die rechtliche Verfügungsmacht des Berechtigten wird durch das Erforderniß er« tigt-n. Einwilligung des Pfandgläubigers unterbunden, dort mit Rücksicht auf

Beschränkung

die Nichtbeeinträchtigung der Realisirung des Nießbrauches, hier mit Rücksicht

Verfügungsbeschränkung.

NutzungsPfandrecht.

§§ 1213, 1214.

857

auf die Nichtbeeinträchtigung der Realisirung des Pfandrechtes. Die Ver­ schiedenheit dieser Zwecke ist für die Bestimmung der erforderlichen Beschränkung des Berechtigten ohne Einfluß. Es kommt an auf die Erhaltung des be­ schwerten Rechtes zu Gunsten desjenigen, zu besten Gunsten das Recht be­ schwert ist.

Selbstverständlich ist, daß die Vorschriften zu Gunsten gutgläubiger dritter Erwerber, wenn deren Voraussetzungen vorliegm, in ihrer Anwendung unberührt bleiben, da der partielle Rechtsmangel, welcher bei dem Fehlen der erforderlichen Einwilligung vorliegt, außer Betracht bleiben muß, wo der gänzliche Rechtsmangel außer Betracht bleiben würde. Daß jene Vorschriften Anwendung finden, ist zu §§ 107, 135, 192 bestimmt, weil dort von Ver­ fügungen die Rede ist, welche von einem Berechtigten vorgenommen werden, besten Recht nicht durch das Recht einer anderen Person gemindert ist oder überall nicht besteht, sondern welcher an sich berechtigt, nur in der Verfügung beschränkt ist, und weil die Gleichbehandlung dieser wesentlich verschiedenen Fälle hat ausgedrückt werden müssen.

2. Die Befugniß zur Ausübung des dem Pfandrechte unterliegenden Ausübung t>°e Rechtes ist in der Regel nicht im Pfandrechte enthalten, sondern nur das ees%eten Recht, aus dem Pfande sich zu befriedigen.

Dem Wesen und Zwecke des Pfandrechtes, dem Gläubiger bei aus­ bleibender Zahlung Befriedigung zu verschaffen, entspricht es, daß, solange die Zahlung zu erwarten steht, der Gläubiger nicht schon vermöge seines nur eventuellen Rechtes denjenigen, welchem die dem Pfandrechte unterliegenden Vermögensgegenstände gehören, aus der Ausübung seiner Rechte verdränge. Eine solche Verdrängung ist nur insoweit nothwendig, als die Konservirung des dem Pfandrechte unterliegenden Vermögensgegenstandes erfordert. Bei dem Faustpfandrechte kommt man auf diesem Wege allerdings zu dem regel­ mäßigen Rechte des Gläubigers, die Jnhabungs- oder Mitinhabungsrechte des Eigenthümers einstweilen auszuüben, wenn nicht für einen anderen Sicherungs­ modus Sorge getragen ist, und zu dem Begründungserforderniste der Tradition. Bei Grundstücken und bei Rechten liegt die Sache aber anders als bei beweglichen Sachen. Die Fortdauer des dem Pfandrechte unterliegenden Rechtes bis zu dem Zeitpunkte der Realisirung des Rechtes ist gesichert, weil zu der Verfügung über das Recht die Einwilligung des Pfandgläubigers erforderlich ist. Ein Detentionsrecht tritt nur in den Fällen ein, in denen die Vorschriften, welche die Uebertragung des Rechtes betreffen und deshalb auch für die Verpfändung

desselben gelten, die Tradition einer Sache als rechtsgeschästliches Erforderniß aufstellen.

8 1214. 1. Aus der analogen Anwendung des § 1154 Abs. 4 würde sich ergeben, N»rungrdaß, sobald das Recht ein fruchttragendes ist, d. h. sobald das Recht Erträge a"

liefert und nicht blos Gebrauchsvortheile gewährt, die Erweiterung des InHaltes des Pfandrechtes auf die Beziehung der Erträge des verpfändeten Rechtes als vereinbart anzunehmen ist. Eine solche Willensauslegung entspricht bei

858

Pfandrecht an Rechten.

dem Pfandrechte an Rechten nicht dem gewöhnlichen Parteiwillen, in der Regel ist vielmehr, zumal im Hinblicke auf das Wesen und den Zweck des Pfand­ rechtes im engeren Sinne, anzunehmen, daß der Berechtigte nicht schon durch die Begründung des Pfandrechtes aus dem Genusse seines Rechtes sich hat setzen laffen wollen. Der Entwurf schließt die Analogie des § 1154 Abs. 4 aus, indem er die in Rede stehende Erweiterung des Pfandrechtes nur im Falle besonderer Vereinbarung der Betheiligten eintreten läßt (§ 1214 Abs. 1).

»«2. Die rechtsgeschäftliche Erweiterung des dinglichen Inhaltes des Pfandetnbarung. re(jjfeg baf>inz daß der Gläubiger vermöge seines Pfandrechtes befugt sein soll,

die Nutzungen des Rechtes zu ziehen, muß man hier ebenso frei lassen, wie bei dem Faustpfandrechte. Die dem Gläubiger aus einer solchen Erstreckung erwachsenden Rechte und Pflichten, Bezugsrecht im eigenen Namen aber für fremde Rechnung und Verpflichtung zur Rechnungslegung, sind auch hier nach den Vorschriften in § 1154 Abs. 2, 3 zu beurtheilen. Diese Vorschriften be­ dürfen aber einer Ergänzung durch Allegirung der §§ 1026, 1027, weil in denselben Fragen entschieden werden, welche nur bei dem erweiterten Pfand­ rechte an einem Rechte, nicht aber bei dem erweiterten Faustpfandrechte sich erheben und für den Fall des Nießbrauches an Rechten in einer auch hier paßenden Weise beantwortet sind. 3. Wird bei dem Pfandrechte an einem Nießbrauche dem Pfandgläubiger Mfßhrmich? als solchem die Jnhabung der dem Nießbrauche unterworfenen Sache ein­ geräumt, so ist dieser ausschließlich in der Lage, die Nutzungen der Sache zu ziehen. Dieser Umstand rechtfertigt die in dem dritten Absätze des § 1214 auf­ gestellte Vermuthung, daß die Absicht der Betheiligten dahin geht, dem Pfand­ gläubiger die Ausübung des dem Verpfänder zustehenden Nutzungsrechtes ein­ zuräumen. Uebrigens ist zu bemerken, daß das Platzgreifen der aufgestellten Vermuthung nicht genügt, insoweit im Uebrigen rechtsgeschäftliche Erforderniffe für die Erweiterung des dinglichen Inhaltes des Pfandrechtes, insbesondere das Erforderniß der Eintragung in das Grundbuch bei dem Nießbrauche an Grundstücken, nicht erfüllt sind. Weiter zu gehen und die gesetzliche Ver­ muthung auch auf andere Fälle zu erstrecken, wo dem Pfandgläubiger die Jn­ habung einer Sache, an welcher das verpfändete Recht auszuüben ist, ein­ geräumt worden, liegt bei der Seltenheit der Fälle ein Bedürfniß nicht vor. Der Richter wird in solchen Fällen auch ohne gesetzliche Auslegungsregel das Richtige leicht erkennen.

«ermuthung

§ 1215. Wenn über die Art und Weise, wie der Pfandgläubiger aus dem mit imXa? bet seinem Pfandrechte belasteten Rechte sich befriedigen kann, nichts bestimmt

Ausübung der

Swun-r- würde, so würden sich Zweifel ergeben, ob die Vorschriften über den Privat” tre u"8' verkauf des Pfandes mit der Eigenschaft des Pfandes als einer beweglichen Sache und mit dem Jnhabungsrechte des Faustpfandgläubigers zusammen­ hängen und für das in gewißem Sinne mehr hypothekenartige Pfandrecht an Rechten paffen. Denkbar bleibt ein Privatverkauf durch Vermittelung eines Gerichtsvollziehers oder durch eine der sonstigen in § 1171 bezeichneten Personen,

Ausübung.

859

§§ 1215, 1216.

Aufhebung.

aber es liegt auf der Hand, daß Vermögensrechte wegen der Unsicherheit ihrer Werthschätzung nicht ebenso gut geeignet sind, durch öffentliche Feilbietung vcr« werthet zu werden wie bewegliche Sachen.

Auf die Erzielung eines angemesienen

Preises könnte in den allerwenigsten Fällen gerechnet werden; der Berechtigte

liefe in der Regel Gefahr, das verpfändete Recht in unwirthschaftlicher Weise

verschleudert zu sehen.

Aus diesem Grunde ist in den Bestimmungen der

C. P. O. über die Zwangsvollstreckung der Verkauf des gepfändeten Rechtes

überall nur als ein Nothbehelf hingestellt, der einer besonderen Anordnung

durch

das

Vollstreckungsgericht

Der

unterliegt.

bedarf

stellt

Entwurf

wegen

ganz

und

der

mit

dem

Ermeffen desselben

dem Rechte

des

Privat­

verkaufes verknüpften Bedenken die Regel auf, daß der Pfandgläubiger seine Befriedigung aus dem dem Pfandrechte unterliegenden Rechte nur im Wege

Neben dieses Recht stellen sich die

der Zwangsvollstreckung verlangen kann.

in den §§ 1217—1222 dem Gläubiger beigelegten Einziehungsbefugnisse in Ansehung der seinem Pfandrechte unterliegenden Forderungsrechte.

Eine abweichende Vereinbarung der Betheiligten über den RealisiruNgs-

Pr>°a«.

Modus ist zwar zulässig, jedoch haben die Vorschriften der §§ 1167, 1177, dem Eintritte des Verkaufsrechtes

welche den Verfallvertrag und eine vor

abgeschlossene Vereinbarung über den Ausschluß des gesetzlichen Versteigerungs­ verfahrens für nichtig erklären, auch im Falle des Rechtspfandes entsprechende

Anwendung zu finden. Der aus der Anwendung

des § 1214

in Verbindung mit § 1154

Ubs. 2, 3 sich ergebende Realisirungsmodus bleibt unberührt.

§ 1216. 1.

Entspricht

dem

Inhalte

des

Pfandrechtes

an

einem Rechte

ein Aushebung

Zustand der Jnhabung oder des Besitzes, so ist zur Begründung des Rechts-

pfandrechtes auch

stets

ein entsprechender Traditionsakt erforderlich.

Der-

Rückgabe,

gleichen kommt vor bei dem Pfandrechte an Briefhypotheken, Wechseln u. bergt.

nnb bei dem Pfandrechte an dem Nießbrauche, dessen Gegenstand eine beweg­ liche Sache ist.

Es entspricht der Analogie, den Fortbestand des Pfandrechtes

an den Fortbestand des dem Inhalte desselben entsprechenden Besitzzustandes

oder Jnhabungszustandes in gleicher Weise zu binden, wie bei dem Faust­ pfandrechte.

Auf diese Weise wird auch die erforderliche Harmonie mit der

Konkursgesetzgebung (vergl. § 15 Nr. 2 des Eins. Ges. zur Konk. O.) herbei­

geführt.

2. Im Uebrigen enthält der Entwurf besondere Bestimmungen über die Sonstig« rechtsgeschäftliche Aufhebung

des

Pfandrechtes

an Rechten nicht.

Folglich

kommen nach § 1206 Abs. 2 die Vorschriften des § 1189 zur entsprechenden Anwendung.

Bei Pfandrechten an gebuchten Rechten wird mithin Löschung

nicht erforderlich sein, so daß das Grundbuch in Folge eines Verzichtes des Pfandgläubigers unrichtig werden kann.

Hieraus ist indessen ein besonderes

Bedenken ebensowenig zu entnehmen, wie aus dem im Falle des Erlöschens oder der Uebertragung der gesicherten Forderung möglichen Unrichtigwerden

•bes Grundbuches.

«MW-

860

Pfandrecht an Rechten

Pfandrecht an einer Forderung.

§§ 1217-1222. a.

Rechtliche 1. Bei den Vorschriften über das Forderungspfandrecht geht der EntR-tur. rourf davon aus, daß die Gläubigerschaft bei dem Pfandschuldner — d. h.

demjenigen, dessen Forderung dem Pfandrechte unterliegt — verbleibt, dagegen die Verfügungsbefugniß des Pfandschuldners über die Forderung beschränkt wird. Die Auffassung des Forderungspfandrechtes als auf einer «btretmi,. bedingten und beschränkten Zession beruhend, auf welche die Vorschriften mehrerer moderner Gesetzgebungen gedeutet werden tönnen1), wird abgelehnt. Das Recht der Verfügung, soweit ein solches dem Pfandgläubiger beigelegt wird, bleibt auch hier ein Recht der Verfügung über einen fremden Vermögens­ gegenstand. Mit der Befugniß zur Selbstrealisirung konkurrirt die Befugniß, den Weg der Zwangsvollstreckung behufs der Befriedigung aus dem Pfande einzuschlagen. b. ««4«. 2. Vor dem Eintritte der Befugniß zur Selbstrealisirung des Pfandes, welchen dieselben Voraussetzungen wie bei dem Faustpfande gelten der müssen, liegt ein Zwischenstadium einer Art von Sequestration der Forderung, Mfcfugtüfo’ welches der Entwurf spezieller regeln zu sollen glaubt, als in den neueren Gesetzgebungen geschieht. Auf dieses Stadium beziehen sich die Vorschriften des 8 1217. »> »or a) Das Realisirungsrecht ist noch nicht eingetreten und die verpfändete FLll.,«eit, Forderung ist noch nicht fällig. In diesem Stadium ist eine Ausübung des

Gläubigerrechtes durch Kündigung denkbar. Die Beurtheilung der gegen­ seitigen Befugnisie muß hier im Allgemeinen dieselbe sein wie bei dem Nießbrauche an einer Forderung, deren Nichtfälligkeit bei dem Nießbrauche ein ähnlich gestaltetes Verhältniß schafft, während deffen dafür gesorgt werden muß, daß kein Theil die Rechte des anderen Theiles im Voraus beeinträchtigen könne. Die Gründe für die Vorschriften des Entwurfes in § 1033, welche sich auf den Nießbrauch an Forderungen beziehen, paffen auch hier, und nur die Abweichungen werden besonders zu begründen sein. Eine solche Abweichung liegt in Folgendem: Dem Pfandschuldner bleibt nach § 1217 Abs. 2 Satz 1 das Recht der selbständigen Entscheidung über eine etwaige Kündigung der dem Pfandrechte unterliegenden Forderung. Wenn es auch bei der Regel der gemeinschaftlichen Kündigung verbleibt, so soll doch der Pfandgläubiger zu der erforderlichen Mit­ wirkung verpflichtet sein. Der Unterschied zwischen Pfandrecht und Nießbrauch liegt darin, daß bei dem Pfandrechte der Pfandschuldner allein die Gefahr trägt, wenn durch Unterlassen der Kündigung und weitere Kreditgewährung die schließliche Realisirung der Forderung beeinträchtigt wird. Ein Jntereffe des Pfandgläubigers an dem Fortbestände der Forderung besteht nicht, wobei selbst­ verständlich der Fall des Nutzungspfandrechtes an einer zinstragenden Forderung nach § 1214 seine besondere Beurtheilung erfährt. Der Nießbraucher dagegen *) Sachs. G. B. § 503, Pfandges. für Hannover § 50, Weimar § 4, Hessen Art. 171, Oldenburg Art. 27, Schwarzburg-Rudolstadt § 1.

Forderungspfandrecht.

§§ 1217—1222.

861

trägt, zum Theil wenigstens, die Gefahr der Nichteinziehbarkeit der Forderung und hat wegen seines Rechtes auf die Zinsen ein Interesse an dem Fortbestände der Forderung. b) Die Realisirungsbefugniß des Pfandgläubigers ist noch nicht ein-yn-chMMig. getreten, aber die Forderung ist vorher schon fällig geworden. Die Verleihung g£berang; des sofortigen Einziehungsrechtes an den Pfandgläubiger entspricht nicht dem gewöhnlichen Willen der Betheiligten, wird durch den Pfandzweck nicht erfordert und beschwert den Pfandschuldner. In Ansehung der Bestimmung der beider­ seitigen Rechte paßt die Analogie der Vorschriften über den Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden Forderung in § 1033 auch hier. In beiden Fällen will das Gesetz, fteilich aus verschiedenen Gründen (bei dem Nießbrauchs, weil die Kapitalanlegung in einer Forderung auftecht erhalten werden soll, 8 1034), die bisherige Art der Sequestration, welche in Ansehung der noch ausstehenden Forderung bestand, auch bei und nach Einziehung der Forderung aufrecht erhalten und das gegenseitige Rechtsverhältniß möglichst wenig verändern, da die Parteiabsicht dahin anzunehmen ist, daß der begrenzt Be­ rechtigte im Falle der mit Einziehung der Forderung eintretenden Surrogirung detz Leistungsgegenstandes nicht eine Rechtserweiterung in demselben Maße ' gewinnen solle, wie wenn sein Recht an dem Leistungsgegenstande von Anfang an begründet wäre. Deshalb ist auch dem Pfandgläubiger, wenn bewegliche Sachen geleistet werden, nicht das bei dem Faustpfande regelmäßig eintretende Jnhabungsrecht beizulegen. Geschähe dieses, so müßte man so weit gehen, dem Pfandgläubiger in einem solchm Falle das selbständige Einziehungsrecht beizulegen. Nur in einem Punkte bedürfen die Vorschriften des § 1033 hier der Ergänzung. In dem betreffenden Nießbrauchsfalle ist stets Geld Gegenstand der Leistung. Dieses trifft hier nicht zu. Es ist deshalb ein Ersatz der Deposition zu bestimmen, roetm der Leistungsgegenstand zur öffentlichm Hinter­ legung sich nicht eignet. Dieser Ersatz ist in ähnlicher Weise bestimmt, wie in 8 1156 Abs. 2 (8 1217 Abs. 5 Satz 2). 3. Der 8 1218 bestimmt die Befugnisse des Forderungspfandgläubigers, «. nach welche demselben zustehen, wenn der in 8 1165 Abs. 2 bestimmte Zeitpunkt der Realisirung seines Pfandrechtes gekommen und die Forderung fällig ist. r«fu«niß. a) Der Entwurf giebt dem Pfandgläubiger wahlweise neben der in »>«n8 1215 bestimmten Befugniß, sich im Wege der Zwangsvollstreckung zu ile6un8,te*L

befriedigen, das Einziehungsrecht. Eine Befugniß zum Privatverkaufe muß nach den Bemerkungen zu 8 1215 ausgeschlossen bleiben. Die Einziehungsbefugniß des Pfandgläubigers entspricht der Mehrheit der Gesetzgebungen^). Nach preuß. Rechte ist diese Einziehungsbefugniß zweifelhaft; sie besteht nicht nach franz, und württemb. Rechte?). Die Versagung des selbständigen Ein­ ziehungsrechtes nach Eintritt der Voraussetzungen für die Pfandrealisirung ist

*) Außer ben vorzitirten: braunschw. Pfandges. § 15 in Derb, mit § 10 Abs. 2; anhalt. Pfandges. § 31. 3) Code civil Art. 2075, 2078; württemb. Pfandges. Art. 254 ff., 256; vergl auch öftere. G. B. § 461.

862

Pfandrecht an Rechten.

mit dem praktischen Bedürfnisse nicht vereinbar.

Man kann sich auch nicht

auf die C. P. O. (§ 736) berufen, welche das Einziehungsrecht nicht mit der Pfändung, sondern erst im Falle einer weiteren gerichtlichen Ueberweisung entstehen läßt; denn einerseits hat die Prozeßordnung das Wahlrecht des Exekutionsuchenden zwischen Ueberweisung zur Einziehung und Ueberweisung an Zahlungsstatt wahren muffen und andererseits ist das Erforderniß der Ueberweisung in der Vollstreckungsinstanz leicht zu erfüllen und kann sogar mit dem Pfändungsbeschluffe verbunden werden, so daß es die Rechtsverfolgung des Gläubigers nicht erheblich verzögert. Aus diesem Grunde ist auch darin kein Uebelstand zu finden, daß das Einziehungsrecht des Pfändungspfand­ gläubigers gegenüber dem Einziehungsrechte eines Konventionalpfandgläubigers an eine weitere Voraussetzung gebunden bleibt. Zu dem Ziele, das selbständige Einziehungsrecht ganz zu beseitigen, gelangt man übrigens eben wegen der möglich bleibenden Ueberweisung zur Einziehung im Wege der Zwangsvoll­ streckung doch nicht. Es sind deshalb dem Pfandgläubiger die unnöthigen Umwege zu ersparen und ist die Entstehung des Einziehungsrechtes für den Fall zu bestimmen, daß die Voraussetzungen des § 1165 Abs. 2 vorliegen, die versicherte Forderung also fällig und, falls sie ursprünglich nicht auf Geld ging, in eine Geldforderung übergegangen ist. Eine besondere Belästigung des Schuldners, welcher das Vorliegen dieser Voraussetzungen prüfen muß, ergiebt sich nicht; denn die Erfüllung der Voraussetzung muß dem Schuldner in derselben Weise nachgewiesen werden, wie die Begründung des Pfandrechtes überhaupt, und derselbe befindet sich in keiner anderen und schwierigeren Lage als in dem Falle einer bedingten Zession. biw/tteät b) Wird das Einziehungsrecht gegeben, so muß auch das die Einziehung Igung « t. vorbereitende selbständige Kündigungsrecht gegeben werden. Hieraus folgt, daß, wenn der Drittschuldner kündigt, die Kündigung an den Pfandgläubiger noth­ wendig ist, aber auch genügt. Beifügung6 c) Wie in § 1028 Satz 2 wird auch hier einer zu weiten Auffassung er ugung. Einziehungsrechtes dadurch entgegenzutreten sein, daß dem Pfandgläubiger die Befugniß, in anderer Weise über die Forderung zu verfügen, ausdrücklich abgesprochen wird. dfMrung8= d) Die Erzielung eines alle Theile bindendm Urtheiles zu ermöglichen, ru"8' wäre wünschenswerth. Ein wirksames Mittel hierzu würde das Institut der

Beiladung bieten, dessen Einführung indessen lediglich bei einer Revision der Prozeßordnung in Betracht gezogen werden könnte. Eine Vorschrift, welche dem 8 740 der C. P. O. nachgebildet wäre und den Gläubiger zur Streit­ verkündung an den Pfandschuldner verpflichtete, würde zur Abschneidung der Möglichkeit einer Vervielfachung der Prozesse nicht helfen. Die Unterlassung . der Streitverkündung könnte nur zu einer obligatorischen Verantwortlichkeit des Verkündigungspflichtigen gegenüber dem Verkündigungsberechtigten führen und die Bewirkung der Streitverkündung nur zur Entlastung von einer Ver­

antwortlichkeit wegen schlechter Prozeßführung dienen. hng"to@e"b= e) Die in dem zweiten Absätze des § 1218 bestimmte Beschränkung des. s-rberüngen. Pfandgläubigers, welche nach der gewöhnlichen Auslegung der I. 4 Cod. quae res pignori 8,1? schon dem röm. Rechte bekannt war und nach welcher der'

Forderungspfandrecht.

§§ 1217—1222.

863

Gläubiger bei einer Geldforderung nicht mehr einziehen darf, als zu seiner Befriedigung erforderlich ist, entspricht dem Zwecke des Pfandrechtes. f) Aus den Bestimmungen des § 1166 über den Pfandverkauf könnte v unter Vergleichung der Einziehung mit dem Verkaufe leicht der nicht richtige Pfandrecht-. Schluß gezogm werden, daß ein jeder Pfandgläubiger die dem Pfandrechte unterliegende Forderung wirksam einziehen könne, auch wenn andere Pfand­ gläubiger ihm vorgingen. Diesem Mißverständnisse will der Entwurf im dritten Absätze des § 1218 vorbeugen. Der Fall, daß die verschiedenen Pfandrechte von gleichem Range sind, braucht nicht besonders berücksichtigt zu werden, da seine Beurtheilung nach allgemeinen Grundsätzen zu geschehen hat. Es liegt bei mehrfacher Pfandbelastung eine Rechtskollision vor, in Folge deren der Schuldner mit Sicherheit nur an alle Pfandgläubiger gemeinschaftlich leisten kann und zu leisten verpflichtet ist. Ein nachstehender Pfandgläubiger kann nicht mehr Rechte haben als sein Rechtsurheber; derselbe wird deshalb einseitig nur auf Leistung an alle Betheiligten oder auf Leistung durch Hinterlegung oder an einen Sequester und zwar insoweit klagen können, als der Gläubiger der verpfändeten Forderung gleichfalls hierzu befugt ist. g) Die Vorschrift des vierten Absatzes des § 1218 entspricht der Vor- 8) »«nachrichschrift in § 1179 über die Anzeigepflicht des Pfandgläubigers gegenüber dem "8U'bS’fMt Eigenthümer in Ansehung des Pfandverkaufes. «ulubi,«,. h) Eine Diligenzpflicht des Pfandgläubigers, welche sich nur auf die h) Ding-n,Annahme der Leistung und auf die Prozeßführung beziehen könnte, wird im Entwürfe nicht bestimmt. Durch die Annahme der Leistung kann der Pfandgläubiger dem Pfand­ schuldner nur unter besonderen Umständen präjudiziren, z. B. durch Ausübung des Wahlrechtes bei alternativen Obligationen, durch Annahme in Kenntniß von Mängeln rc. Soweit dem Pfandgläubiger die Macht verliehen ist, dem Pfandschuldner zu präjudiziren, wird eine Haftpflicht des Pfandgläubigers aus allgemeinen Grundsätzen sich herleiten kaffen. Im Allgemeinen aber braucht der Pfandschuldner gegenüber dem Drittschuldner nur die obligationsmäßig ausgeführte Leistung gegen sich gelten zu kaffen. Die Bestimmung einer besonderen Diligenzpflicht des Pfandgläubigers ist deshalb zum Schutze des Pfandschuldners nicht erforderlich. Roch weniger erscheint die Bestimmung einer Verpflichtung des Pfand­ gläubigers zur sorgfältigen Prozeßführung gerechtfertigt, da nach § 192 das ergehende Urtheil weder für noch gegen den Pfandschuldner wirkt, weil letzterer der Rechtsvorgänger und nicht der Rechtsnachfolger des Gläubigers ist. i) Nach dem letzten Absätze des § 1218 soll der Pfandschuldner nach v ««4»- t*s. Eintritt des Realisationszeitpunktes dieselben Rechte in Ansehung der Kündigung und Einziehung behalten, welche ihm in dem vorausgehenden Zwischenstadium zustanden. Wenn in dem Falle des Faustpfandrechtes der Pfandschuldner nicht im Stande ist, den Verkauf des Pfandes zu erzwingm und den Pfandgläubiger in der Wahl des ihm geeignet erscheinenden Zeitpunktes für den Verkauf zu be­ schränken, wenn er vielmehr auf sein Einlösungsrecht beschränkt bleibt, so ist doch

«64

Pfandrecht an Rechten.

hier eine analoge Beschränkung des Pfandschuldners nicht gerechtfertigt. Die Hinausschiebung der Beitreibung der Forderung ist ein Kreditiren, dessen Gefahr zunächst den Pfandschuldner trifft. Die Wahl des Zeitpunktes der Beitreibung ist nicht von praktischer Bedeutung, da der Erfolg nur von der Solvenz des Drittschuldners abhängt und die Aussicht auf eine mögliche Ver-

befferung der Zahlungsfähigkeit des Drittschuldners sehr ungewiffer Natur ist, während bei beweglichen Sachen ein Preisrückgang vorkommen kann, dessen baldiges Vorübergehen zu erwarten ist. Nach der Eigenschaft des Pfandobjektes muß der Pfandgläubiger auf das Eintreten eines Surrogates, auch gegen seinen Willen, gefaßt sein. Endlich kommt in Betracht, daß die Einziehung der Forderung die für die Befriedigung des Pfandgläubigers erforderlichen Mittel zu beschaffen geeignet ist, also, sofern nur das Recht auf diese Be­ friedigung ihm gewahrt bleibt, in der Einziehung der Forderung keine die Rechte des Pfandgläubigers benachtheiligende Verfügung enthalten ist, während der Pfandschuldner oft nur aus der verpfändeten Forderung die Mittel zur Befriedigung des Gläubigers sich verschaffen und auf keinem anderen Wege als durch Einziehung der Forderung dieses Vermögensobjekt zur Tilgung seiner Schuld verwenden kann, was in gleichem Maße bei verpfändeten beweglichen Sachen nicht zutrifft. Uebrigens wird diesem konkurrirenden Einziehungsrechte des Pfandschuldners das selbständige Einziehungsrecht des Pfandgläubigers vorgehen und dieser letztere auch das Recht auf die Jnhabung der vielleicht einstweilen sequestrirten oder deponirten Sachen behalten. 4. Der erste Absatz des •§ 1219 spricht das Surrogationsprinzip aus. geleisteten Die Leistung geschieht in der Weise, daß der Pfandgläubiger Pfandrecht an «eg-nstand- j)etn geleisteten Gegenstände und der Pfandschuldner diesen Gegenstand erhält.

Unter Gegenstand ist hier immer ein verschafftes Recht zu verstehen. Im Falle des § 1217 empfangen beide Betheiligte, im Falle des § 1219 empfängt der Pfandgläubiger allein ohne Zuziehung des Pfandschuldners. Unmöglichkeit Denkbar ist, daß an der Forderung zwar Pfandrecht möglich war, weil der Pf-Ndr. b|e Forderung übertragen werden konnte, daß aber an dem Geleisteten ein Forderung.

Pfandrecht nicht möglich ist, wie bei Theaterbillets, Eisenbahnfahrkarten oder ähnlichen auf Handlungen oder Werkleistungen gerichteten Forderungen vor­ kommen kann. Schwierigkeiten entstehen vornehmlich, wenn in dem Zwischen­ stadium, ehe die gesicherte Forderung fällig wird, die Leistung aus der ver­ pfändeten Forderung fällig wird, da die Vorschrift für das Forderungspfandrecht, daß in diesem Falle nur eine gemeinsame Einziehung oder Hinterlegung oder gerichtliche Verwaltung des Leistungsgegenstandes eintreten solle, hier offmbar nicht paßt, vielmehr zum Zwecke des Pfandrechtes nach dem Eintritte des Realisationszeitpunktes für die verpfändete Forderung nur eine Realisirung im Wege des Verkaufes der Forderung möglich ist, wenngleich auch hier der mit der Realisirung verbundene Zeitverlust die Erzielung eines Erlöses ver­ eiteln kann. Trotz der hieraus sich ergebenden Schwierigkeiten bestimmt der -Entwurf für diese Fälle keine Besonderheit. Die Betheiligten werden regel­ mäßig die sich ergebenden Schwierigkeiten für die Realisirung des Pfandrechtes vorausgesehen haben; es ist daher Sache der Beurtheilung des einzelnen Falles, bie Vereinbarungen der Betheiligten so auszulegen, daß der Zweck des Rechts-

Forderungspfandrecht.

865

§§ 1217—1222.

geschäftes, welcher bei Anwendung der gesetzlichen Regeln über das Pfandrecht an einer Forderung nicht zu erreichen ist, erreicht wird. 5. Der erste Satz des zweitm Msatzes des § 1219 entspricht der für Mitwirkung den Nießbrauch an Forderungen getroffenen Bestimmung in § 1029 Abs. 2 und wird durch gleiche Gründe gerechtfertigt. Die Vorschrift im zweiten Satze des zweiten Msatzes des § 1219, daß das Pfandrecht an der Forderung, roentt Leistungsgegenstand ein Grundstück ist, in eine Sicherungshypothek an Grundstücken sich umsetzen soll und nicht etwa in eine normale Hypothek, rechtfertigt sich dadurch, daß nur die erstere dem bisherigen Pfandrechte ihrer Natur nach entspricht. Uebrigens werden die Vorschriften sowohl des ersten als des zweiten Satzes nicht nur für die Zwischenzeit vor Fälligkeit der gesicherten Forderung, sondern allgemein zu gelten haben, da, auch wenn der Pfandgläubiger das selbständige Einziehungs­ recht hat, die Leistung an ihn nicht ohne Zuziehung des Pfandschuldners er­ folgen kann. 6. Die Vorschrift des dritten Absatzes des § 1219 entspricht der Vore«ib. schrift in § 1183 Abs. 1. Der Unterschied zwischen Pfandverkauf und Ein­ ziehung der verpfändeten Forderung ist in Ansehung der Befriedigung des Pfandgläubigers aus dem realisirten Gelde ohne Bedeutung. Da indeffen die Analogie leicht verkannt werden könnte, so ist eine entsprechende Bestimmung für den Fall der Geldrealisirung im Wege der Forderungseinziehung ausgenommen. 7. Die Vorschriften des § 1220 beziehen sich auf den Fall der Leistung Beweglich« beweglicher Sachen.

Was den Inhalt des vermöge der Surrogirung an dem Leistungs­ gegenstande entstehenden Pfandrechtes anbelangt, so ist die Zeit vor und nach dem Eintritte des Zeitpunktes für die Realisirung der gesicherten Forderung zu unterscheiden. a) Wird vor diesem Zeitpunkte geleistet, so erlangt der Pfandgläubiger »)»»r d«m stets ein Pfandrecht ohne Jnhabungsrecht, auch wenn durch Uebergabe beweg- R-aiisirüng«. licher Sachen geleistet und damit für ein Jnhabungsrecht nach Beschaffenheit des Lelstungsgegenstandes Raum gegeben ist. Der Pfandgläubiger darf einst­ weilen mcht in eine unabhängigere und den Pfandschuldner mehr gefährdende Stellung gelangen, als der Beschaffenheit des ursprünglichen Pfandobjektes entspricht. Der § 1220 spricht sich darüber aus, welche Gestaltung des in Folge der Leistung zu gemeinsamer Hand eintretenden Jnhabungsverhältnisies der Pfandgläubtger und Pfandschuldner von einander verlangen können. Tritt zunächst eine Mitinhabung ein, so liegt hierin keinenfalls eine das Pfandrecht aufhebende Rückgabe an den Eigenthümer; nur wird der Pfandgläubiger dem Pfandschuldner nicht die Ausübung seiner Mitinhabungsbefugniffe überlaffen dürfen. Die Fortsetzung einer eigentlichen Mitinhabung ist nur im Falle eines gegenseitigen Einverständniffes und in einer solchen Weise denkbar, daß die Sache unter Mitverschluß gelegt oder einem Pfandhalter übergeben wird. In Ermangelung eines solchen Einverständniffes muß ein jeder Theil von dem anderen Theile in gleicher Weise wie nach § 1217 Abs. 5 a. E. von dem Schuldner die Einlieferung der Sache zur öffentlichen Depofition bezw. gericht­ lichen Verwahrung verlangen tonnen. Motive z. bürgerl. Gesetzbuch. III.

55

besugm-,

866

Pfandrecht an Rechten.

b) Ist der Zeitpunkt für die Realisirung der gesicherten Forderung ein­ getreten, so muß der Pfandgläubiger das Recht auf eine solche Gestaltung der Jnhabung an dem surrogirten Leistungsgegenstande haben, welche der Be­ schaffenheit dieses Gegenstandes als Pfandes entspricht. Dieses Resultat stimmt mit der Natur der dinglichen Surrogirung überein und braucht nicht besonders bestimmt zu werden, sondern ergiebt sich mit voller Klarheit schon daraus, daß für die Zeit vor der Realisirbarkeit der gesicherten Forderung ein Anderes bestimmt ist. Die Ausnahmevorschrift des § 1220 läßt die Regel durchblicken. Mit Eintritt der Voraussetzungen des § 1165 erlangt der Pfandgläubiger das Recht, daß die bisher sequestrirte Sache seiner selbständigen Jnhabung aus­ geliefert wird, ebenso wie der Pfandgläubiger, wenn er nach diesem Zeit­ punkte einzieht, einen entsprechenden Leistungsmodus verlangen kann. An geleisteten beweglichen Sachen erhält der Pfandgläubiger michin Faustpfand­ recht mit Jnhabungsrecht und es ergiebt sich hieraus weiter, daß er dies so erhaltene Faustpfand in dem gewöhnlichen Wege des Privatverkaufes realisiren kann und nicht auf den für sein ursprüngliches Pfandrecht am Rechte be­ stimmten Exekutionsmodus beschränkt bleibt. aniegung'des 8- Für die Zeit der nach § 1220 eintretenden Art von Sequestration geleisteten des Geleisteten würde, wenn das Geleistete in Geld besteht, ein Nachtheil für den Pfandschuldner aus der einstweiligen Ertragslosigkeit seines Kapitales sich ergeben. Gegen diesen Nachtheil will der § 1221 den Pfandschuldner schützen, ohne daß der Pfandgläubiger beeinträchtigt und die künftige Realisirung des Pfandrechtes verzögert und erschwert wird, indem dem Pfandschuldner das Recht gegeben wird, die Anlegung des^Meldes in vollkommen sicherer Weise — nach Mündelrecht — zu verlangen (vergl. § 1034). Wenn in § 1221 die Einziehung einer Geldforderung zur Voraussetzung für die Anwendung der Rechtsnorm gemacht wird, so wird selbstverständlich nicht verlangt, daß die Geldforderung das ursprüngliche Pfandobjekt gebildet habe, sondern auch der Fall der späteren Umsetzung des Pfandobjektes in eine Gcldforderung und dann in Geld getroffen. v. Erstreckung 9. Was die Haftung der Ansprüche, welche zu den Nutzungm des dem rechtes'aus Pfandrechte unterliegenden Rechtes gehören, betrifft, so ergiebt sich aus § 1214

b) "eiben'™*

Zins­ forderungen.

Abs. 1, daß sie vom Entwürfe nicht dem Pfandrechte unterworfen werden, daß also die freie Verfügungsbefugniß des Gläubigers der dem Pfandrechte unterliegenden Forderung über jene Ansprüche nicht, wie die in § 1069 Abs. 1 dem Eigenthümer eines verpfändeten Grundstückes eingeräumte Verfügungs­ macht über die in § 1067 Nr. 4 bezeichneten Ansprüche ähnlicher Art, eine Ausnahme bildet und eine Befreiung der Ansprüche von der an sich bestehenden Pfandhaftung herbeiführt. Würde nichts bestimmt, so würde eine Haftung jener Ansprüche für den Gläubiger erst nach Maßgabe der Vorschriften der C. P. O. durch die Pfändung derselben begründet werden. Im Allgemeinen hält der Entwurf in § 1222 hieran fest. Er bestimmt indeflen in Ansehung der Zinsnutzungen Besonderheiten, welche dem aus der Eigen­ thümlichkeit dieser Nutzungen sich ergebenden praktischen Jntereffe gerecht werden. Die Erstreckung der Pfandhaftung auf diejenigen Zinsen, welche auf die Zeit nach Erhebung der Einziehungsklage fallen, würde sich — auch ohne

Pfandrecht an Forderungen. An Eigenthümerhypotheken re. §§ 1217—1224.

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Lesondere gesetzliche Bestimmung — daraus rechtfertigen lasten, daß, wenn im Augenblicke der Klagerhebung, wie solches dem Rechte entsprochen Hütte, gezahlt wäre, damit der Lauf der vertragsmäßigen Zinsen beendet gewesen und das Kapital in die Hände des Pfandgläubigers gelangt sein würde. Der Ersatz für die verspätete Erlangung des Kapitales gebührt offenbar dem Pfand­ gläubiger, da eine solche Verspätung eine Verspätung der Befriedigung des Pfandgläubigers zur Folge hat und hiernach sich ergiebt, daß das Aequivalent für die Hinausschiebung der Kapitalzahlung der Pfandhast unterliegen muß. Eine Abweichung von dem leitenden Prinzipe ist hierin nicht zu finden. Anders liegt die Sache, insoweit im Entwürfe auch die vor dem Zeit­ punkte der Klage fällig gewordenen und noch rückständigen Zinsen der Pfand­ haftung unterstellt werden. Als eine Art von Selbstpfändung der dem Gläubiger noch zustehenden rückständigen Zinsenforderungen kann man diese Unterwerfung unter die Pfandhaft nicht wohl ansehen; dmn der Gläubiger der dem Pfandrechte unterliegenden Forderung braucht nicht zugleich der per­ sönliche Schuldner zu sein; ist er aber dieses nicht, so kann man nicht an eine gegen ihn sich richtende Pfändung denken. Man muß also von der Auffastung ausgehen, daß das Pfandrecht von Anfang an so begründet ist, daß dasselbe nach dem Eintritte seines Realisationszeitpunktes diejenigen Zins­ forderungen ergreifen soll, welche zur Zeit der Erhebung der Klage bei dem Gläubiger der dem Pfandrechte unterliegenden Forderung sich vorfinden. Hierin liegt eine Schwächung des leitenden Prinzipes, welche jedoch die für diesen besonderen Fall sich ergebenden Härten mildert und dem zu vermuthenden Parteiwillen entspricht. (§ 1222 Abs. 1.) Die Erstreckung des Pfandrechtes auf die Zinsen, welche auf die Zeit »-rsuß-rtvor der Erhebung der Einziehungsklage entfallen, ist davon abhängig zu fOvb«ungen. machen, daß die Zinsforderungen noch bei dem Gläubiger der dem Pfandrechte unterliegenden Forderung vorhanden sind. Soweit die Zinsforderungen ver­ äußert sind, kann das Pfandrecht dieselben nicht nachträglich ergreifen. Ebenso­ wenig kann einer bestehenden Belastung der Zinsforderungen präjudizirt werden. Die frühwen Veräußerungen und Belastungen müsten insoweit dem Pfand­ gläubiger gegenüber aufrecht erhalten werden, als sie sich auf Zinsen beziehen, -welche auf die Zeit bis zur Klagerhebung entfallen; denn man kann das Recht der dritten Erwerber nicht weiter beschränken, als aus der Unterstellung sich ergiebt, daß im Augenblicke der Erhebung der Einziehungsklage das Kapital zurückgezahlt sei. (§ 1222 Abs. 2.) Die Nichtunterscheidung zwischen gesetzlichen und vertragsmäßigen Zinsen wird kaum einer Rechtfertigung bedürfen. Gesetzliche Zinsen sind als Ent­ schädigung für entbehrte Nutzungen aufzufasten. Sonstige Erweiterungen der Forderung in Folge eines Verschuldens werden als Akzcstorien der Forderung mut dieser dem Pfandrechte unterliegen.

88 1223, 1224. Die Vorschriften entsprechen den in §§ 1032, 1035 enthaltenen Vorschriften für den Fall des Nießbrauches an einer Forderung. yAth-k-n-c.

868

Pfandrecht an Rechten.

Forderungspfandrecht.

8 1225. an Bei indofsabelen Papieren ist eine jede Beschränkung des Gläubigerrechtes P-pi-r-n^ des Indossatars ausgeschlossen und nur als eine obligatorische, das Recht selbst nicht treffende, möglich. Deshalb kann ein Pfandrecht im eigentlichen Sinne durch Jndoffament nicht begründet werden. Es liegt vielmehr eine Uebertragung des Rechtes vor, bei welcher der Erwerber nur obligatorisch gebunden ist, das ihm übertragene Recht für fremde Rechnung dem Pfandrechtszwecke entsprechend auszuüben, indem er zugleich in Beziehung auf die Erhaltung des Forderungsrechtes bestimmte Verpflichtungen übernimmt. Durch die Vorschrift des § 1225 soll dieses Ergebniß, daß nämlich der Zweck der Verpfändung nur durch eine im Verhältniße zu Dritten unbeschränkt wirffame Uebertragung zu erreichen ist, verdeutlicht werden. Uebrigens entspricht die Vorschrift der Bestimmung in Art. 309 Abs. 2 Ziff. 2 des H. G. B. Man kann sich einer­ ähnlichen Kürze des Ausdruckes bedienen, da Sinn und Bedeutung der Vor­ schrift bisher in der Praxis richtig aufgefaßt und Streitigkeiten nicht ent­ standen sind.

8 1226. °» Inhaber-

'jMt™ psandrecht.

1. Das Pfandrecht an Jnhaberpapieren — d. h. Schuldverschreibungen auf Inhaber oder Aktien auf Inhaber (vergl. § 1037) — bleibt für den Entlöurf prinzipiell ein Pfandrecht an Rechts. Der Entwurf unterstellt den ge­ wöhnlichen Fall, daß dem Pfandgläubiger das regelmäßige Jnhabungsrecht ohne Beschränkung zusteht. Für Fälle der Verwahrung des Papieres unter Mitverschluß oder durch einen Pfandhalter passen die Vorschriften des § 1226 nicht.

21 Die Anwendbarkeit der im ersten Absätze des § 1226 herangezogenen, auf die Begründung des Pfandrechtes sich beziehenden Vorschriften ergiebt sich r«^,nche ichon aus der allgemeinen Vorschrift des § 1208. Es wird mithin nur eine

bm'ttit’ber Vorschriften

Sache».

Konsequenz ausgesprochen. Die daneben bestimmte Gleichstellung bezüglich der Realisirung entspricht der besonderen Verkehrsfähigkeit dieser Art von ver­ pfändeten Rechten. Die bezüglich der Aufhebung bestimmte Gleichstellung endlich entspricht, was die Aufhebung durch Rückgabe anbelangt, der allgemeinen Vorschrift in § 1216 und im Uebrigen der in § 1206 Abs. 2 bestimmten analogen Anwendbarkeit der Vorschriften über das Faustpfandrecht auf das Pfandrecht an Rechten.

b«ih-i»dig-r Z. In dem zweiten Absätze des § 1226 wird dem Pfandgläubiger der “ freihändige Verkauf börsen- oder marktgängiger Papiere zum Tageskurse frei«

gegeben. Der Entwurf folgt hierin einerseits der C. P. O. (§ 722) und andererseits dem Zuge der modernen Gesetzgebung^). Eine solche Erleichterung ist für den Eigenthümer ohne Gefahr. Durch die in einigen Gesetzgebungen vorgeschriebene Zuziehung einer in öffentlicher Funktion stehenden Mittels­ person werden unnöthige Kosten herbeigeführt. Die Beschränkung, daß nicht unter dem Tageskurse verkauft werden darf, schützt den Eigenthümer in aus­ reichender Weise.

Pfandrecht an indofsabelen und Jnhaberpapiere».

§§ 1225,1226.

869

Ueber die Zulässigkeit, daß der Pfandgläubiger als Selbstkäufer eintrete,

enthält der Entwurf keine besondere Bestimmung.

Die Entscheidung bleibt

den allgemeinen Grundsätzen über die Zulässigkeit des Kontrahirens mit sich

■selbst zu entnehmen. Weiß der Erwerber bei dem freihändigen Verkaufe zwar, daß der Ver­ äußerer als Pfandgläubiger handelt, liegt jedoch in der Person des Erwerbers die Voraussetzung des guten Glaubens in Ansehung der von dem Veräußerer

für sich in Anspruch genommenen Veräußerungsbefugniß vor, so wird man aus

§ 1182, vielleicht auch schon aus der Eigenschaft des Verkaufsgegenstandes als ■eines Jnhaberpapieres, die Folgerung ableiten können, daß der Mangel jener

Veräußerungsbefugniß zu Gunsten des Erwerbers in gleicher Weise außer Betracht bleibt, wie in Fällen der Pfandveräußerung, deren in § 1182 gedacht ist.

4. Die Besonderheit der Vorschrift des dritten Absatzes des § 1226 liegt darin, daß der Forderungspfandgläubiger hier schon vor der Fälligkeit Leistungen, seiner versicherten Forderung als Geldforderung das selbständige Einziehungs­

recht haben, zugleich aber auch zur Anwendung von Sorgfalt bei der Ein­

ziehung verpflichtet sein soll.

Nach beiden Richtungen rechtfertigt die Vorschrift

sich aus dem Grunde, weil die Jnhabung des Papieres zu der nach außen nicht beschränkbaren Ausübung des Gläubigerrechtes berechtigt und dazu auch

erforderlich ist, mithin, da der Eigenthümer sonst schutzlos sein würde, zur An­

wendung von Sorgfalt bei der Einziehung verpflichten muß.

Ueber das Recht des Pfandgläubigers zur Erhebung von Zinsscheinen und Gewinnantheilscheinen bestimm, der Entwurf nichts, da dieses Recht sich als eine besondere Art des Einziehungsrechtes beurtheilen läßt?).

5. Der Ausdruck „Werthpapiere" wird hier aus demselben Grunde wie Wertpapiere,

in § 1037 vermieden.

*) Pfandgesetze für Hannover § 48, für Oldenburg Art. 21. Das H. G. B.