Münz- und Geldgeschichte der Stadt Strassburg im Mittelalter [Reprint 2013 ed.] 9783111642345, 9783111259499


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German Pages 184 [188] Year 1895

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Table of contents :
Einleitung
KAPITEL I. DIE BISCHÖFLICHE MÜNZE IN STRASSBURG
KAPITEL II. ÜBERGANG DER MÜNZE AN DIE STADT UND DIE STÄDTISCHE PRÄGUNG IM XIV. JAHRHUNDERT
KAPITEL III. REFORMEN AM ENDE DES XIV. JAHRHUNDERTS
KAPITEL IV. DIE STRASSBURGER SILBERMÜNZE WÄHREND DES XV. JAHRHUNDERTS
KAPITEL V. DAS VERHÄLTNIS STRASSBURGS ZU AUSWÄRTIGEN GOLDMÜNZEN BIS ZUM BEGINN DER EIGENEN GULDENPRÄGUNG IM JAHRE 1508
ÜRKUNDEN-ANHANG
V. KÖNIG MAX VERLEIHT DER STADT STRASSBURG DAS RECHT DER GULDENPRÄGUNG. 1508. JANUAR 29
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Münz- und Geldgeschichte der Stadt Strassburg im Mittelalter [Reprint 2013 ed.]
 9783111642345, 9783111259499

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MÜNZ- UND GELDGESCHICHTE DER

STADT STRASBURG IM

MITTELALTER.

VON

DR JULIUS 0AÏÏN.

MIT EINER TAFEL.

STRASSBURG. KARL

J.

TRÜBNER. 1895.

G. O 11 o ' 9 Hof-Buchdrnckerei in Darmstadt.

MEINEM LIEBEN VATER DANKBARER

VEREHRUNG

GEWIDMET.

EINLEITUNG. Die Geschichte des deutschen Münz- und Geldwesens ist ein Feld, das im Vergleich mit anderen historischen Gebieten bisher wenig bebaut wurde. Es liegt das teilweise an der Beschaffenheit des Quellenmaterials, welches sich aus den schriftlichen Zeugnissen und den erhaltenen Münzen zusammensetzt. Erstere sind besonders für das Mittelalter dürftig und meist nicht leicht zugänglich, da ja überhaupt die Betrachtung der Vergangenheit von wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus noch ziemlich neu ist. Die mittelalterlichen Münzen sind metrologisch noch fast gar nicht untersucht und bieten für eine genaue Datierung die grössten Schwierigkeiten. Während daher seit Boeckh diese Studien für das Altertum bedeutend gefördert sind, bleibt für unser deutsches Mittelalter noch viel Raum zu Forschungen, an deren Resultaten Nationalökonomie und Geschichte gleichmässig interessiert sind. Gerade im Münz- und Geldwesen ist in Deutschland die Einheitlichkeit der Entwicklung früh gestört worden, und dieselbe hat dann in den einzelnen Landschaften, oft durch deren Stellung zum Auslande beeinflusst, einen verschiedenen Gang genommen. Soetbeer ist daher auch in seiner lehrreichen Allgemeindarstellung über die Karolingerzeit nicht hinausgekommen.1 1

Beiträge zur Geschichte des Geld- und Münzwesens." z. deutsch. Gesch. Bd. I. II. IV. ΥΠ.

Forsch,

VI

Es ist unbedingt notwendig, dass, wie in der Verfassungsgeschichte, auch in unserem Fach erst die Entwicklung in den einzelnen Territorien genau verfolgt werde. Ein mustergiltiges Beispiel hat Lamprecht in Band I I seiner „Geschichte des deutschen Wirtschaftslebens in Deutschland" für das Erzbistum Trier gegeben. Die folgende Untersuchung will· darlegen, wie eine der deutschen Freistädte, Strassburg, in den Besitz des Münzrechtes kam, und wie sich in ihrer Hand Münz- und Geldwesen bis zum Ende des Mittelalters gestaltet haben. An Vorarbeiten hat es derselben nicht gefehlt. Zuerst behandelte J. F. Herrmann im Cap. 7 seiner „Notices sur la ville de Strasbourg" 1817 die Münzen der Stadt; die Arbeit ist für ihre Zeit recht verdienstvoll, doch heute unbrauchbar. 1840 veröffentlichte Berstett den „Versuch einer Münzgeschichte des Elsasses", in welchem er jedoch nur eine historische Zusammenstellung der erhaltenen Münzen, soweit sie ihm bekannt waren, gab. Ohne wissenschaftlichen Wert ist Levraults „Essai sur l'ancienne monnaie de Strasbourg et sur ses rapports avec l'histoire d'Alsace". Der flotte Stil des Verfassers kann die mangelnde Kenntnis deutscher Verfassungsgeschichte nicht ersetzen ; im einzelnen führen seine ungenauen Angaben oft irre. Dagegen hat Karl Hegel im Anhang V zu seinen Strassburger Chroniken über Münzrecht, Münze und Preise in der Stadt aus dem archivalischen Material sehr interessante Mitteilungen gemacht. Es ist nur zu bedauern, dass dies Thema seiner eigentlichen Aufgabe fern lag, und er ihm nicht eine ausführlichere Arbeit gewidmet hat. Ferner ist von Abbé Hanauer in Band I seiner „Etudes économiques sur l'Alsace ancienne et moderne" die Münze behandelt worden. Dieser fleissige Sammler hat viel Material zusammengetragen, jedoch interessiert er sich hauptsächlich für die neuere Zeit, worunter die Behandlung des Mittelalters leiden musste. Die Münzen selbst finden sich in der „Numismatique de l'Alsace" von Engel und Lehr jetzt gut zusammengestellt. Die erste Aufgabe meiner Arbeit war, die über das



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mittelalterliche Münz- und Geldwesen Strassburgs noch vorhandenen Urkunden und Akten zusammen zu suchen und historisch zu ordnen. Das Strassburger Stadt-Archiv bot reiche Ausbeute, während durch einzelne Stücke des Bezirks-Archivs manches ergänzt und nachgeprüft werden konnte. Ausserdem erstreckte sich die Untersuchung auf die erhaltenen numismatischen Denkmäler. Vor allem hatte eine bei der königlichen Probieranstalt zu Frankfurt a. M. vorgenommene Prüfung der Strassburger Münzen für mich das wichtige Ergebnis, dass die Ratsdekrete betreffs der Ausprägung nicht nur auf dem Papier standen, sondern auch aufs genaueste befolgt wurden. Die Disposition schliesst sich ganz der historischen Ordnung des Stoffes an. Die bischöfliche Münze konnte nur in so weit berücksichtigt werden, als sie für die spätere Entwicklung der städtischen von Bedeutung war. Der allmähliche Übergang der Münze an die Stadt und ihre Schicksale im XIV. und XV. Jahrhundert wurden dem an der Hand des zum grössten Teil ungedruckten Materials geschildert. Es empfahl sich, dem Verhältnis Strassburgs zu dem kurrheinischen Münzbunde ein besonderes Kapitel zu widmen, weil damit eine Frage von allgemeinerem Interesse berührt wurde. Mit dem Jahre 1508, in welchem Strassburg das Recht der Guldenprägung erhielt, bricht die Darstellung ab, denn mit diesem Ereignis vollzieht sichrer Übergang zur neueren Zeit. Ich ergreife gern die Gelegenheit, an dieser Stelle für die mannigfache Unterstützung, welche mir bei dieser Arbeit zu Teil geworden ist, meinen Dank auszusprechen. Vor allem bin ich Herrn Oberbibliothekar, Professor Dr. Ludw. Müller, dem sachkundigen Verwalter der elsass-lothringischen Landesmünzsammlung verpflichtet für die überaus freundliche Bereitwilligkeit, mit der er mir jeder Zeit die ihm unterstellten Schätze zur Verfügung gestellt hat, und für manche Belehrung bei der Durchsicht derselben. Auch Herr Oberbürgermeister Nessel in Hagenau hatte die Güte, mir einen Einblick in seine reiche Sammlung zu gestatten. Die Leiter des städtischen, sowie des Bezirks-Archivs zu Strassburg,

— vin — Herr Dr. Winckelmann und Herr Prof. Dr. Wiegand erleichterten mir aufs freundlichste die Benutzung desUrkundenund Aktenmaterials. Insbesondere danke ich meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Bresslau, für die Anregung zu diesen meinen Studien. Wie die Aufgabe, welche sich diese Untersuchung gestellt hat, eine eng begrenzte ist, muss sie sich damit begnügen, nur einen kleinen Beitrag zur allgemeinen Münzund Geldgeschichte Deutschlands zu liefern.

KAPITEL I.

DIE BISCHÖFLICHE MÜNZE IN STRASSBURG.

Die Stadt Strassburg hat das Münzrecht aus den Händen ihres früheren Stadtherrn, des Bischofs, erhalten. Sie übernahm dieses Regal mit der ganzen Tradition, mit allen Einrichtungen, welche dessen Ausübung hier ins Leben gerufen hatte. Es ist daher bei einer Untersuchung über die städtische Münze von Strassburg notwendig, die Yerhältnisse zu berücksichtigen, aus welchen sie hervorgegangen ist. "Wie alle bedeutenderen geistlichen Pürsten des Reichs hatten die Bischöfe von Strassburg im Laufe des 9. und 10. Jahrhunderts, ebenso wie die Immunität, das Münzrecht vom König erhalten. Bei dieser allgemeinen Entwickelung haben Waitz 1 und nach ihm Eheberg 2 mehrere Stadien unterschieden. Zuerst Errichtung einer Münze und Übertragung der Einkünfte aus derselben im Anschluss an das Marktrecht. Später Verleihung des Rechtes der Ausmünzung mit eigenem Bild. Zuletzt Gebrauch von eigenem Schrot und Korn. Die zahlreichen Urkundenstellen, welche "Waitz zur Erläuterung anführt, lassen deutlich erkennen, wie sich solche Privilegien allmählich erweiterten. Natürlich hat diese Entwickelung nicht überall gleichmassig stattgefunden und keineswegs sind die Ausdrücke der Urkunden immer klar. 1

Gl·. Waitz, Deutsche Verfassungsgesohiohte Bd. VIII, p. 317. Karl Th. Eheberg, Über das ältere deutsche Miinzwesen und die Hausgenossenschaft. In Schmollere Forschungen. Bd. II, 1879. 2

C a h n , Münz- und Geldgeschichte der Stadt Strassburg:.

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Für die Strassburger Münze kommt indes nur eine Urkunde in Betracht, durch welche der Übergang gleich vollständig vollzogen wird. Wir müssen kurz hierauf eingehen, weil in den Büchern über elsässische Münzkunde, auch noch in den neuen "Werken von Hanauer 1 und Engel-Lehr 2 über diesen Punkt Unklarheit herrscht. Bisher begann man die Geschichte der Strassburger Münze gewöhnlich mit einem Privileg, welches Bischof Ratold (840—874) von Ludwig dem Deutschen erhielt 3 . Durch dieses von Aachen 873 Juni 12 datierte Diplom4 verlieh der König dem Bischof von Strassburg das Recht, an jeden beliebigen Ort seiner Diöcese eine Münzstätte zu errichten 5. Indes hat diese Urkunde nichts mit der Strassburger Münze selbst zu thun. Es ist darin nur die Rede von Münzstätten, welche noch gegründet werden sollen. In Strassburg selbst aber bestand schon seit der Zeit Karls d. Gr. eine königliche Münze, an welcher durch dieses Privileg der Bischof nicht die mindesten Rechte erhielt. Es wurde ihm nur erlaubt an einem beliebigen Orte seiner Diöcese solche zu errichten, und die Einkünfte zum Nutzen seiner Kirche zu verwerten, die königliche Münze in der Stadt aber wird dadurch nicht berührt. Die erhaltenen Denare aus jener Zeit tragen auch allein Bild und Umschrift des Königs. Es ist daher nicht richtig, 1

Études économiques sur l'Alsace ancienne et moderne. Tom. I.

1876. 2

La numismatique d'Alsace 1886. Die Bulle Hadrians I. für Bischof Etho 773 April 19 fällt als Fälschung für unsere Untersuchung fort. Es bedarf wolil keiner Erläuterung, dass ein Papst zur Zeit Karls d. Gr. unmöglich einem fränkischen Bischof Regalienrechte verleihen konnte. 4 Wiegacd, Strassburger Urkundenbuch I. D. 32. Mühlbacher, Regesta Karolorum 1454. 5 „Concessimus quoque venerabili episcopo Ratoldo vel successoribus ejus rectoribus scilicet iam dictae ecclesiae, ut in qùacunque piacuerit villa episcopii sui monetam statuat, quatenus pro mercedis nostrae augmento utilitati ipsius ecclesiae deserviat." 9

wenn Hanauer behauptet dass nach dem Privileg Ludwigs des Deutschen den Bischöfen bezüglich der Münze nichts mehr zu erlangen übrig blieb ; die folgenden Urkunden widerlegen ihn. Noch weniger haltbar ist die Auffassung Engcis 2 , welcher statuere monetam mit „le droit de fixer le cours des espèces" übersetzt 8 . Erst ein volles Jahrhundert später ist die erste uns erhaltene Urkunde ausgestellt worden, durch welche den Bischöfen die Münzhoheit in der Stadt seitens der Krone zugestanden wurde. E s ist ein Privileg Kaiser Ottos II. vom 10. April 9 7 4 für Bischof Erchembald ( 9 6 5 — 9 9 1 ) Ohne jede Beschränkung wurde hierdurch der Strassburger Kirche das Recht übertragen über die Münze zu verfügen. E s ist unstatthaft, aus den "Worten „monetam quod hactenus ad ipsius praefatae civitatis usum compertinere et 1

A. a. 0. p. 48. L· a. 0. p. 146. 8 Auf eine Kritik von Levraults Buch: „Essai sur l'ancienne monnaie de Strasbourg" kann ich mich nioht einlassen. Die zahlreichen Irrtümer -werden jedem von selbst einleuchten, der die deutsche Verfassungsgeschichte kennt. 4 M. Gl·. D. Ο. II, 72. Str. U. Β. I. D. 42. „Ad episcopium Argentinensis civitatis, quod est constructum in honorem sanotae Mariae virginis, cui episcopatui praesenti tempore praeesse dinoscitur vir venerabilis et amator divinae legis Erchembaldus episcopus, quasdam res juris nostri, hoc est monetam, quod hactenus ad ipsius praefatae civitatis usum compertinere et servire videbatur, cum omni integritate liichil extra dimittentes per hanc nostrae auctoritatis paginam in servitium dei et praelibatae Christi genetricis eique famulantium in perenne proprium donavimus et reddidimus et in jus jam dicti sacro sancti episcopii firmavimus atque transfudimus et de nostra potestate in illius dominacionem maueuram conoessimus, ea videlicet ratione ut ab hodierna die per immortalia temporum curricula nulla majoris minorisve ordinis contradicente persona, monetae res sub jure ac dominaeione praelibati episcopii ejusque rectorum persistant atque inviolabiliter permaneant. Es sind dann die von Ludwig d. Deutschen bereits gewährten Rechte nochmals hinzugefügt, nach der Corroborationsformel, also nachträglich, wie Sickel bemerkt. Otto III. hat 988 alles dies nochmals ausdrücklich bestätigt." M. G. D. 0 . III. 49. Str. "U. B. I. D. 47. 2

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servire videbatur" den Sinn herauszulesen, die Stadt habe bereits im 10. Jahrhundert gemünzt, wie man das auf die Autorität von Grandidier und Berstett 1 hin lange Zeit geglaubt hat. Abgesehen davon, dass eine Stadt als solche damals derartige Rechte noch gar nicht besitzen konnte, sagt auch das Privileg selbst deutlich, dass quaedam res juris nostri, d. h. des Königs, verliehen werden. Die erhaltenen numismatischen Denkmäler dieser Zeit beweisen indes, dass der Bischof von Strassburg bereits vor dem Privileg von 974 seinen Namen auf Münzen setzte. Der erste dessen vollem Namen wir begegnen ist Utho (950—965), der Yorgänger Erchembalds, auf einem Denar, dessen Yorseite Bild und Umschrift des Königs Otto I. trägt 2 . Es fragt sich nun, wie das zu erklären ist, da man eine Usurpation dieses Rechtes unter der Regierung Ottos I. nicht leicht annehmen kann. Auf das Privileg Ludwigs des Deutschen, welches übrigens Sickel in seinen Beiträgen zur Diplomatik II. 27 für nicht ganz unverdächtig erklärt, ist diese Erscheinung nicht zurückzuführen. Denn in der nächsten Zeit nach seiner Yerleihung finden wir keine Spur eines bischöflichen Abzeichens auf den Denaren. Ferner bezog sich 1

Versuch einer Münzgeschichte des Eisass 1840 p. 66. Ferner hat Longpérier in seiner Dissertation sur quelques monnaies épiscopales de Strasbourg et de Constance (Revue numism. française 1857) die Entdeckung gemacht, dass auf einer Anzahl von Strassburger Denaren des X. Jahrhunderts, die Buchstaben über und unter dem zweizeiligen Stadtnamen, sich auf die Anfangs- und Endbuchstaben der Bischöfe deuten lassen. Die Reihe beginnt mit Otbert (906—913) und man hat andere als Richwin, Ruthard und Eberhard erklärt. Diese Theorie wird durch die Autorität Dannenbergs gestützt, der in Band II seiner „deutschen Münzen der sächsischen und fränkischen Kaiserzeit" p. 354 ausdrücklich für sie eintritt. Trotzdem scheint mir dieselbe, so geistreich und anziehend sie ist, doch nicht über jeden Zweifel erhaben. Dieser Eberhard, den man zwischen Riohwin und Ruthard einschob, ist als Bischof von Strassburg gar nicht nachweisbar, (wenn man VE—Β— überhaupt als Eberhard lesen darf, war sehr fraglich), auch bleibt ein deutliches Ρ auf einem Denar Karls des Einfältigen unter dem Namen der Stadt Strassburg unerklärlich. Das Stück befindet sich in der elsasslothringischen Landesmünzsammlung. Leider muss ioh mir versagen in diesem einleitenden Kapitel näher auf die vorliegende Frage einzugeben. 2



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dasselbe nicht auf die Münze in der Stadt, auf den betreffenden Denaren steht aber Argentina oder Argentina civitas, sie sind also in Strassburg selbst geprägt. Sickel bemerkt nun zu unserer Urkunde von 974: „Die Fassung ist zeitgemäss, lässt sich aber keinem bestimmten Diktator zuweisen." Unter diesen Umständen erscheint es mir nicht ausgeschlossen, dass wir in dem Privileg von 974 nur eine Erneuerung eines solchen von Otto I. für Utho vor uns hahen, welche als selbständige Verleihung auftritt. Ist doch auch hier das Original verloren und nur eine späte Abschrift vorhanden. Eine Analogie dazu lässt sich für das Bistum Utrecht nachweisen. Durch Privileg von 936 verleiht 1 Otto I. dieser Kirche die Münze zu Utrecht (licentiam monetam faciendi). Diese Verleihung wird wiederholt in einer Urkunde vom 21. April 953 2 , deren Text man indes nicht ansieht, dass damit kein neues Recht an die Kirche kommt. Otto II. stellt nun am 6. Juni 975 wieder eine Urkunde über die Münze von Utrecht aus 3 , welche sich wörtlich mit-den vorangehenden deckt, natürlich unter entsprechender Veränderung von Protokoll, Interventionsformel und Eschatokoll, ohne dass im mindesten erwähnt wird, dass es sich hier nur um eine Bestätigung alter Rechte handelt. Wäre jene ersten Privilegien verloren, so würde man auch hier annehmen, dass der Bischof von Utrecht erst von Otto II. das Münzrecht erhalten habe. Uberhaupt sind die Fälle, in denen Bestätigungsurkunden durch wörtliche "Wiederholung der Vorurkunden sich in die Form von erstmaligen Verleihungen kleiden, sehr häufig, z. B. D. 0 . II, 55, 106, 113, 119, 123,149 etc. Bischof Utho war zudem ein Neffe Herrmanns von Schwaben und mit Otto I. befreundet. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass es sich hier nur um eine Möglichkeit handelt und die Verleihung Ottos II. auch die Sanktion eines bestehenden Zustandes sein kann. 1 2 8

M. G. D. Ο. I. 6. M. G. D. Ο. I. 164. M. G. D. 0. II. 106.



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Yon der grössten Bedeutung für die Folgezeit ist es geworden, dass der Bisohof das von ihm erworbene Münzregal durch eine aus seinen Ministerialen gebildete Korporation, eine Hausgenossenscbaft ausüben liess. Uber Entstehung und Wesen dieser Münzerhausgenossen hat zuerst Eheberg in der oben erwähnten Schrift eine gründliche Untersuchung geführt. Seine Resultate stimmen mit den Verhältnissen in Strassburg überein, ich kann mich daher im allgemeinen auf ihn berufen Κ Ein interessantes Bild von der Verwaltung und Einrichtung der bischöflichen Münze zu Strassburg entwerfen uns die Bestimmungen des ersten Stadtrechts, welches neuerdings mit Recht in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts, kurz nach 1129, angesetzt wird 2 . Sie sind in den Artikeln 59 bis 79 dieses Stadtrechts enthalten 3 . Da dieselben den Ausgangspunkt für unsere Untersuchung bilden, müssen wir sie einer genaueren Betrachtung unterziehen. Ihr Wortlaut ist der folgende: Sequitur de officio monetarii. Art. 59. Hic ex jure potestatem habet judicandi in falsam monetam et in ipsos falsarios tam in civitate quam extra, per totum episcopatum, sine omni judicum contradictione. 1

Hanauer sieht in den Strassburger Hausgenossen die direkten Erben der römischen monetarii, was er dadurch zu begründen sucht, dass er sohildert, wie mächtig, selbständig und in manchen Zügen ähnlich beide Korporationen gewesen sind. (A. a. O. p. 114 ff.). Einen historischen Zusammenhang zwischen beiden herzustellen, ist ihm nioh'· gelungen. Vielmehr kann man aus der rein fiskalischen Münzverwaltung der Karolinger, wie sie sich besonders in edictum Pistense zeigt, leicht den Nachweis führen, dass damals Münzergenossenschaften im Frankenreiche nicht bestanden haben. Die Hausgenossenschaften sind wie alle Korporationen in deutsohen Städten eine Schöpfung des Mittelalters und jeder Versuch, sie an römisohe Einrichtungen anzuknüpfen muss misslingen. 2

Siehe Georg "Winter, Geschichte des Bates in Strassburg 1878

p. 12 ff. Ernst Kruse, Verfassungsgesohichte der Stadt Strassburg besonders im XII. und XIII. Jahrhundert p. 7 ff. 8

Str. U. Β. I, p. 471.

Ferner gedruokt bei Levrault.



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60. ubicunque invenerit falsarium in toto episcopati!, adducet eum in civitatem et secundum judicium civitatis judicabit. 61. debet autem moneta esse in eo pondere, quod viginti solidi faciant marcam, qui denarii dicuntur pfundig et hec stabilis et perpetua currere debet in hoc episcopatu, nisi forte falsata fuerit. tunc enim per concilium sapientum mutabitur secundum aliam formam non secundum pondus. 62. locus autem percutiende monete est juxta piscatores, in una autem domo percutiendi sunt denarii ut omnes invicem opera manuum suarum videant. 63. nullus facere denarios debet, nisi qui sit de familia huius ecclesie. 64. in loco ubi cambitores sedent nullus alius homo argentum emere debet, nisi soli denariorum percussores, alibi per totam civitatem emant et vendant argentum quicunque volunt, nisi propter novam monetam interdictum fuerit. 65. quando nova moneta percutitur et vetus interdicitur, a die interdictionis nunciabuntur terne quatuordecim dierum inducie, scilicet sex septimane, in quibus monetarius quemcunque voluerit potest impetere, quod interdictam monetam acceperit. quodsi ille negare voluerit, cum séptima manu jurabit, se non fecisse, alioquin componet monetario sexaginta solidos. 66. finitis sex septimanis nullum impetere debet, nisi quem viderit accipere interdictam monetam. 67. si viderit, accipiet denarium, ducet eum in judicium, ibique ipsum pulsabit. et si ille negaverit, cum honestis tribus personis convincet eum, quod acceperit. et convictus sexaginta solidos componet e i . quodsi noluerit eum convincere, ipse manu sua se expurgabit. 68. non licet autem aliquem impetere nec debet quisquam componere, nisi pro denariis, qui dicuntur pfundig. 69. si quis autem coram monetario dampnationem manus acceperit, judicabitur sicut supra coram causidico. 70. si episcopus voluerit argentum de camera sua fundere et inde denarios percutí, accipiet illud magister monete



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et dividet inter monetarios ut inde denarios faciant. et si denarii sunt pfundig, reddet de marea viginti solidos minus duobus denariis. 71. si autem in quocunque pondere leviori percussi fuerint, semper duobus denariis minus reddatur de marca. 72. de camera episcopi ministrabuntur ei carbones . ad marcam dantur tria sextaria carbonum. 73. quando novam monetam episcopus percutí jubet, á principio quinqué solidi fiunt in ea forma et pondere, qua moneta cursura est. 74. hos servabit burcgravius quam diu moneta illa durabit, racione ut, si forte moneta illa falsata esse accusetur, pelillos quinqué solidos examinetur et certificetur. 75. monetarius quoque jurabit, quod in eo pondere et forma, quam illi quinqué solidi habent, monetam sit percussurus. 76. quando monetarius ferramenta, in quibus denarii formantur, episcopo resignabit, reddet ei duo in forma nummorum et duo in forma obolorum . praeterea alia omnia ita ex toto resignabit, quod jurabit se non habere plura nec scire aliquem habere, in quibus forme delebuntur et frangentur fragmentaque monetario reddantur, aut ipse cum licentia episcopi integra et illesa retinebit. 77. quicunque jus monetariorum habere desiderai, dimidiam marcam auri dabit episcopo, monete magistro quinqué denarios auri. monetariis viginti solidos gravis monete. 78. quando episcopus monetam mutare voluerit, ferramenta monete per sex ebdomadas dabit. 79. quicunque monetarius extra civitatem habitans in civitate argentum emerit, justiciara monete persolvat. Dieses Gesetz zeigt uns die Hausgenossenschaft schon vollkommen ausgebildet, wenn auch noch ganz abhängig vom Bischof. Es existiert ein besonderes jus monetariorum, welches man durch beträchtliche Zahlungen an den Münzherrn und die Genossenschaft erwerben kann, (Art. 77) aber alle Münzer müssen Ministeriale des Bischofs sein, de familia ecclesie, (Art. 63). Ausser als Münzer erscheinen die Hausgenossen



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bereits als Wechsler, was für sie die eigentlich gewinnbringende und begehrenswerte Seite ihrer Thätigkeit war. Der Artikel 64 des Stadtrechts setzt schon cambitores und denariorum percussores gleich.1 Indes ist das Monopol des Silbereinkaufs noch nicht ausgebildet, wie in späterer Zeit, weil das Bedürfnis der Münze noch grössten Teils aus der Kammer des Bischofs bestritten werden konnte. Es findet sich auch hier für die Entstehung des Namens Hausgenossen aus ihrer gemeinschaftlichen Arbeitsstätte, dem Münzhause, wohl der älteste Beleg; in einem Hause allein, heisst es in Art. 62, dürfen die Denare geprägt werden, damit sich alle Münzer gegenseitig kontrollieren können. 2 Yon dem ehemaligen Aufsichtsrecht des Grafen über die Münze ist nur noch die Bestimmung übrig geblieben, dass der Burggraf bei Ausgabe neuer Pfennige 5 Schillinge Denare (β. δ.) zum Aufbewahren erhält, um an ihnen einen Masstab bei etwaigen Fälschungen zu haben. (Art. 74.) Der Bischof ernennt, wie die 3 anderen höchsten Stadtbeamten, den Schultheissen, den Burggrafen, den Zöllner, so auch den Münzmeister; mit eigener Hand belehnt er ihn. (Art. 7.) Dieser steht als magister monetae an der Spitze der Genossenschaft, er wird auch schlechtweg monetarius genannt. Er übt die Münzgerichtsbarkeit aus und hat in Folge dessen grossen Einfluss auf den Marktverkehr. Besonders in der Zeit, in welcher eine neue Münze in Umlauf gesetzt wurde, steigerte sich seine Bedeutung· sehr, wie die Artickel 65 bis 69 zeigen. Die Münzpolizei konnte in dieser Zeit bei den geringen 1

Dass sie hier nicht, trie Waitz, Yerf. Gesch. T i l l , p. 345 annimmt, verschieden sind, geht daraus hervor, dass nach diesem Artikel am Orte der "Weehslerbuden nur die Münzer Silber kaufen durften; wer aber kein Silber kaufen durfte, konnte auch nicht das "Wechselgeschäft betreiben. 2 Ihre Bezeichnung als Domestici und ouriales, welche Waitz Verf. Gesoh. V. 2 p. 495 anführt, ist bereits ein späteres Missverständnis des Namens. Nach Artikel 79 des Stadtrechts gab es sehon Münzer, die ausserhalb der Stadt wohnten.



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technischen Fertigkeiten der Stempelschneidèr keine gute sein und Nachprägungen waren sehr verbreitet. Wurde jedoch ein Fälscher überführt, so war die Bestrafung eine äusserst strenge. Der Münzmeister konnte ihn zu der altherkömmlichen Strafe, zum Verluste der Hand verurteilen; diese Exekution wurde durch die Leute des Yogtes vollzogen, der mit dem Blutbann vom König belehnt war. (Art. 69.)1 Der Münzmeister ist bei der Ausprägung noch sehr wenig selbstständig. Münzstempel, gewöhnlich auch Edelmetall und Kohlen werden ihm vom Bischof geliefert und für seine Arbeit erhält er als Lohn 2 λ von jeder Mark, also 0 , 8 3 % des ausgemünzten Metalls. (Art. 70.) Die Ansicht Hanauers, 2 welche auch Kruse und Hegel teilen, dass diese 2 J. den Schlagschatz, d. h. den Gewinn des Münzherrn an der Münze darstellen, ist nicht zulässig.3 Es wird vielmehr ausdrücklich bestimmt, dass der Münzmeister das Silber vom Bischof empfängt und von jeder Mark 2 â. weniger als er bekommen hat zurück geben soll, es ist also sein Arbèitslohn. Yon einem Schlagschatz ist in dem Stadtrecht nur einmal die Rede und zwar in Artikel 79, wo es heisst, dass jeder ausserhalb wohnende Hausgenosse für das in der Stadt gekaufte Silber justiciam monete zu zahlen habe; seine Höhe wird aber nicht genannt. Natürlich ist Artikel 70 so zu verstehen, dass die Hausgenossen auch das Recht hatten, dass von ihnen gekaufte Silber auszumünzen, wobei sie dann selbstverständlich auch 2 J. von der Mark abziehen durften. Es wird das nicht besonders erwähnt, weil das Stadtrecht nur die Beziehungen zum Bischof regeln will. Die ausführlichen Yorschriften für jeden einzelnen Fall, in welchem der Münzmeister gegen Bürger vorgehen kann, lassen deutlich eine Beschränkung einer "Willkür erkennen, 1 Nach dem Grundsätze ecolesia non sitit sanguinem. Die Prooedur beschreibt der Artikel 22 si quis yero dampnatus fuerit manu, idem cipparius tenebit bartam, vicarius advocati liberabit malleum ligneum et amputabit manum. » A. a. 0 . p. 282 und 290. ' 8 Waitz hat Yerf. Gesch. VIII, p. 340 Anm. 3 bereits darauf aufmerksam gemacht.



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die man wohl oft recht unangenehm empfunden haben mag. Auch muss er nach dem Rechte der Stadt richten. 1 Überhaupt stellt dieser ganze Abschnitt des Gesetzes bereits einen Schutz der Stadt gegen die Gewinnsucht ihres Herrn dar. Zum Verständnis des Münzwesens dieser Zeit muss man sich nämlich vergegenwärtigen, dass die Städte damals noch keineswegs von der Natural- und Tauschwirtschaft zur reinen Geldwirtscheft übergegangen waren. Das beweist z. B. auch der Artikel 48 unseres Stadtrechts, worin festgesetzt wird, dass der Zoll für Ol, Nüsse und Apfel dem Burggrafen zufallen solle, wenn sie für Geld (pro nummis) verkauft würden; falls sie aber gegen "Wein, Getreide oder andere Dinge umgetauscht werden, soll er die Abgabe mit dem Zöllner teilen. ITm so heftiger war indes das Verlangen der Münzherrn, aus dem doch immer zunehmenden Geldbedürfnis und Geld verkehr für sich Vorteil zu ziehen. Sie erreichten das dadurch, dass sie unter der Form der Verrufung ihre alten Geldsorten einzogen und neue, minderwertige dafür ausgaben, welche dann jedermann bei hoher Strafe für vollwertig nehmen musste. Gegen diesen Missbrauch des Münzregals tritt nun unser Stadtrecht auf, indem es das Gewicht der bischöflichen Münze dauernd festsetzt. Vom Feingehalt brauchte dabei nicht die Rede zu sein, weil man im 12. Jahrhundert die Silberdenare noch allgemein möglichst rein ausbrachte. Bs kann diese Beschränkung des Bischofs nicht etwa von den Hausgenossen ausgegangen sein, denn dieselben fanden vermöge des in ihren Händen befindlichen Wechsels bei Münzverrufungen auch nur ihren Vorteil. Vielmehr zeigt sich hier das erste Eingreifen in die Münzrechte des Bischofs seitens der bedeutendsten Klasse der Stadtbevölkerung, der Kaufleute. Sie mussten ja am meisten unter einer schlechten Münzpolitik leiden. Das Stadtrecht räumt ihnen auch sonst eine besonders privilegierte Stellung dem Bischof gegenüber ein. Dieser Vorgang steht nicht vereinzelt da. Schon im 1

Und sol ime rihten nach der stette rette, heiset es in der deuteohen Übersetzung aus dem XIII. Jahrhundert.



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Jahre 1111 erwarben die Bürger von Speier ein Privileg von Heinrich Y . wonach der Wert der bischöflichen Münze nicht ohne ihre Zustimmung verringert werden durfte.' Ebenso dürfen nach dem Strassburger Stadtrecht die Bischöfe ihre Münze nicht mehr im Gewicht sondern nur noch in der Form verändern, und auch das nur nach dem Rat von Sachverständigen (Art. 61.) Auch hierunter sind wohl Kaufleute zu verstehen, die doch am meisten mit den Umlaufsbedingungen des Geldes vertraut waren. Der Wert der Strassburger Pfennige wurde nun so festgesetzt, dass 20 Schilling eine Mark wiegen sollen, es wurden demnach 240