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German Pages 160 [161] Year 2010
RKW-Kuratorium
RKW Edition
Otmar Franz (Hrsg.)
Mittelstand und Osteuropa RKW-Kuratorium
Verlag Wissenschaft & Praxis
Mittelstand und Osteuropa
RKW-Edition
Otmar Franz (Hrsg.)
Mittelstand und Osteuropa RKW-Kuratorium
Verlag Wissenschaft & Praxis
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-89673-537-9
© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2010 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. +49 7045 930093 Fax +49 7045 930094
Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany
RKW-Kuratorium, Dr. Otmar Franz (Hrsg.)
Mittelstand und Osteuropa
INHALTSVERZEICHNIS Vorwort 1. Dr. Otmar Franz
Vorsitzender des Kuratoriums des RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.V.
Mittelstand und Osteuropa.......................................................................................................................... 9
I. Mittelstand und Osteuropa aus Sicht der Politik 2. Prof. Dr. Annette Schavan MdB
Bundesministerin für Bildung und Forschung
Mit Innovationen aus der Krise.................................................................................................................. 16
3. Matthias Platzeck
Ministerpräsident des Landes Brandenburg
Der Brandenburger Mittelstand und seine Partner in Mittel- und Osteuropa: Mehr Mut, mehr Möglichkeiten!.............................................................................................................. 22
4. Dieter Althaus
Ministerpräsident des Freistaates Thüringen
Der Thüringer Mittelstand und Osteuropa.......................................................................................... 37
5. Petra Roth
Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main
Der Frankfurter Mittelstand und Osteuropa........................................................................................41
6. Edelgard Bulmahn MdB
Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie des Deutschen Bundestages
Chancen und Risiken für die deutsche Volkswirtschaft und ihre Unternehmen in Osteuropa...................................................................................................................................................... 47
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Mittelstand und Osteuropa
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7. Dr. Silvana Koch-Mehrin MdEP
Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Osteuropa ist eine Chance für unseren Mittelstand........................................................................ 52
8. Friedhelm Ost
Staatssekretär a.D.
Chancen und Risiken auf dem Wege nach Mittel- und Osteeuropa.........................................56
II. Mittelstand und Osteuropa aus Sicht der Wissenschaft 9. Prof. Dr. Günter Rinsche
Mitglied des Vorstands der Konrad-Adenauer-Stiftung
Die sozialökonomische und strukturpolitische Bedeutung des Mittelstands für die Transformationsländer Osteuropas......................................................................................... 66
10. Prof. Dr.-Ing. Hans-Jörg Bullinger
Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., und Thorsten Posselt
Chancen und Strategien des deutschen Mittelstands in den Märkten unserer östlichen Nachbarn..................................................................................................... 74
11. Prof. Dr. Bernd Kriegesmann
Präsident der Fachhochschule Gelsenkirchen
Innovationsmanagement jenseits von Trends und Moden – Wie der progressive Mittelstand die Zukunft erschließt.................................................................85
12. Prof. Dr.-Ing. Günter Spur
Technische Universität Berlin
Produktionswirtschaft als Innovationstreiber.....................................................................................92
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Mittelstand und Osteuropa
13. Dr. Ludwig Baumgarten
Mitglied des Vorstands des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. a.D.
Die mittelständische Industrie und Osteuropa aus der Perspektive der europäischen Raumfahrt............................................................................................................................101
14. Dr. Helga Steeg
Exekutivdirektorin der Internationalen Energie-Agentur IEA a.D.
Chancen für Zulieferer für Energiebetriebe in Osteuropa............................................................. 113
III. Mittelstand und Osteuropa aus Sicht von Unternehmen und Gewerkschaften 15. Anton F. Börner
Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels e.V.
Mittel- und Osteuropa: Chancenreiche Märkte für den deutschen Mittelstand....................................................................................................................................................... 117
16. Dr. Ludolf von Wartenberg
Mitglied des Präsidiums des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V.
Die Bedeutung der osteuropäischen Zukunftsmärkte für den deutschen Mittelstand....................................................................................................................................................... 121
17. Joachim Dirschka
Präsident der Handwerkskammer zu Leipzig
Das deutsche Handwerk und Osteuropa............................................................................................ 126
18. Hubertus Schmoldt
Vorsitzender Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
Flucht nach Osteuropa – reumütige Rückkehr..................................................................................135
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Mittelstand und Osteuropa
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19. Prof. Dr. Klaus Murmann
Gründer der Sauer-Danfoss Inc.
Nachholbedarf in Mittel- und Osteuropa bietet Chancen für den deutschen Mittelstand ..............................................................................................................................140
20. Roland Issen
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft a.D.
Exportoffensive für kleine und mittlere Unternehmen für die Märkte in Osteuropa.....................................................................................................................................147
Anhang Veröffentlichungen des RKW-Kuratoriums.................................................................................................152 Mitglieder des RKW Kuratoriums................................................................................................................... 156
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Mittelstand und Osteuropa
Dr. Otmar Franz Mittelstand und Osteuropa Auf Einladung unseres Kuratoriumsmitglieds Dieter Althaus haben sich die Politiker, Wissenschaftler, Unternehmer und Gewerkschaftler des RKW-Kuratoriums in ihrer Sitzung im November 2008 mit dem Mittelstand und Osteuropa auseinandergesetzt. Die Beiträge unserer Kuratoriums-mitglieder zu diesem Thema werden in diesem 17. Jahresband vorgelegt. Einleitend stellt Prof. Dr. Annette Schavan MdB, Bundesministerin für Bildung und Forschung, fest, dass Investitionen in die Innovationskraft des deutschen Mittelstands der entscheidende Schlüssel sind, um die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise schnell zu überwinden und ein tragfähiges Fundament für langfristiges Wachstum, künftige Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen. Um unsere Spitzenposition auch in der Zukunft zu sichern und auszubauen, gilt es, neue Akzente in der Forschungspolitik zu setzen, die Deutschland international voranbringen. Mit der Hightech-Strategie hat die Bundesregierung – wie Annette Schavan ausführt – die Weichen richtig gestellt, um den Innovations-standort Deutschland zu stärken. Innovationsallianzen aus Wirtschaft und Wissenschaft bündeln Kräfte und setzen Synergien frei. Der Ministerpräsident von Brandenburg Matthias Platzeck begrüßt, dass Brandenburg in den 2 Jahrzehnten seit 1989 zu einem echten Mittel-standsland geworden ist. 5 Jahre nach der EU-Osterweiterung steht der brandenburgische Mittelstand besser da als in allen Jahren zuvor. Dabei spielt Polen als Wirtschaftspartner Brandenburgs eine besondere Rolle, gelten doch die Brandenburger, wie Matthias Platzeck ausführt, als „Polen-Versteher“. Entscheidend ist, dass sich die brandenburgischen Mittelständler durch eine langfristige strategische Orientierung neu aufstellen. Dazu kann die Landesregierung durch die Förderung der interkulturellen Bildung, den Ausbau von Partnerschaften mit Osteuropa und die Bündelung der Kräfte von Berlin und Brandenburg beitragen. Dieter Althaus, der langjährige Ministerpräsident von Thüringen, beginnt mit einem historischen Rückblick. Thüringen und Osteuropa pflegen seit vielen Jahrhunderten intensive wirtschaftliche und wissenschaftliche Handelsbeziehungen. Die Tradition geht bis ins Mittelalter zurück, als auf der via regia, der alten Ost-West-Handelsstraße, Waren aus Westeuropa durch Thüringen bis nach Nowgorod transportiert wurden. Der Thüringer Mittelstand hat, wie Dieter Althaus ausführt, das nötige Potential, um sich bestimmend in die Verbindung der etablierten
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Mittelstand und Osteuropa
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hoch entwickelten Märkte der alten EU-Länder mit den jungen, dynamisch wachsenden Märkten im Osten einzubringen. Petra Roth, Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main, betont die enge Vernetzung von Frankfurt mit Osteuropa. Über den Flughafen führen viele Flugverbindungen nach Osteuropa. Die Frankfurter Messe und die größeren Frankfurter Banken sind in Osteuropa präsent und dort aktiv. Die direkten Kontakte mit den zuständigen Auslands-Handelskammern in den osteuropäischen Hauptstädten und die Kontakte der Handwerks-organisationen und der Industrieverbände sind nutzbringend. Osteuropa hat einen prioritären Platz bei der Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH. Abschließend stellt Petra Roth fest, dass Osteuropa beim deutschen Mittelstand und im Blickfeld der Wirtschaftspolitik der Stadt Frankfurt am Main auf der Agenda auch in Zukunft ganz weit oben stehen wird. Die frühere Bundesministerin für Bildung und Forschung Edelgard Bulmahn weist auf den hohen Anteil der MOE-Staaten an den deutschen Direktinvestitionen im Ausland hin, die dem deutschen Mittelstand beträchtliche Wachstumsmöglichkeiten eröffnen. Der Aufbau von Standorten mittelständischer Unternehmen in Osteuropa ist erfolgreich, wenn er auf Markterschließung und die Stärkung der Wettbewerbs-fähigkeit des Unternehmens insgesamt zielt. Die mittelständischen Unternehmen Deutschlands haben – wie Edelgard Bulmahn ausführt – die Chancen, die sich aus einem Engagement in Osteuropa ergeben, entschlossen genutzt. Wichtig ist dabei, dass die mittelständischen Firmen auch in Zukunft unsere östlichen Nachbarn als Partner ernst nehmen. Aus europäischer Sicht beleuchtet Silvana Koch-Mehrin, Vizepräsidentin des Europaparlaments, die Beziehungen des deutschen Mittelstands mit Osteuropa. Die Ausweitung nach Osten wird Chancen für Europa allgemein und für Deutschland im Besonderen bieten. Wer sich wie der deutsche Mittelstand als flexibel und kooperationsfähig zeigt, wird vom gegenseitigen Handel mit Osteuropa profitieren. Besonders hebt Silvana Koch-Mehrin die Beziehungen zu Polen hervor. Gerade Deutschland und Polen haben gemeinsam im Wirtschaftsleben Europas als Transitländer und Umschlagsplätze eine wichtige Scharnierfunktion. Dabei gilt es, die neuen Chancen auch politisch aktiv zu unterstützen. Der ehemalige Staatssekretär Friedhelm Ost fasst in seinem Beitrag die Chancen und Risiken für den deutschen Mittelstand auf dem Wege nach Mittel- und Osteuropa zusammen. Vor allem in den dynamischen EU-Staaten Osteuropas eröffnen sich neue Perspektiven und Marktchancen für den deutschen Mittelstand. Die neuen EU-Länder, aber zunehmend auch die Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion und die Länder des Balkans haben in den letzten Jahren beeindruckende Wachstums-raten erreicht. Auch in Zukunft werden sie schnel-
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Mittelstand und Osteuropa
ler wachsen als die hoch entwickelten Volkswirtschaften des Westens. Gleichzeitig warnt Friedhelm Ost vor den erheblichen Herausforderungen und Risiken für den deutschen Mittelstand in Osteuropa. Aufgrund der von Land zu Land sehr unterschiedlichen Marktbedingungen sollte der Einstieg auf keinen Fall übereilt erfolgen. Im zweiten Teil behandeln sechs Wissenschaftler des Kuratoriums aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln die Beziehungen zwischen dem deutschen Mittelstand und Osteuropa. Der langjährige Vorsitzende der deutschen EVP-Abgeordneten im Europaparlament Prof. Dr. Günter Rinsche analysiert die sozial-ökonomische und strukturpolitische Bedeutung des deutschen Mittelstands für die Transformationsländer Osteuropas. Beginnend mit den Staatsdenkern Platon, Sokrates und Aristoteles, der die Selbständig-keit und Selbstverantwortung eines gesunden Mittelstands als Grundlage der relativ besten Staatsverfassung würdigt, stellt Günter Rinsche fest, dass im Licht historischer Erfahrungen erkennbar ist, dass ein leistungsfähiger und motivierter Mittelstand wesentlich zum sozialökonomischen und sozialpolitischen Erfolg der Transformationsländer beitragen kann. Osteuropa braucht einen stabilen und leistungsfähigen Mittelstand. Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer Gesellschaft, und Thorsten Posselt untersuchen die Chancen und Strategien des deutschen Mittelstands in den Märkten unserer östlichen Nachbarn. Trotz des allgemeinen negativen Trends in Osteuropa bleiben die osteuropäischen Märkte weiterhin sehr interessant für den deutschen Mittelstand. Mit innovativen Konzepten, insbesondere aus High-Tech-Branchen besitzt der Mittelstand große Erfolgschancen beim Markteintritt. Bei der Analyse der Chancen ist ein grundsätzlicher Wandel in der Wahrnehmung dieser Märkte durch den deutschen Mittelstand zu erkennen. Fiel in den 90er Jahren oft das Schlagwort „verlängerte Werkbank“, so sehen inzwischen deutsche KMU die Absatzchancen als Hauptmotiv für den Markteintritt in Osteuropa. Abschließend stellt HansJörg Bullinger fest, dass sich Mittelständler verstärkt in Netzwerken engagieren sollten, die die Entwicklung innovativer Produkte nahe an den Kundenbedürfnissen der Zielgruppe vereinfachen oder ermöglichen. Prof. Dr. Bernd Kriegesmann, Leiter des Instituts für angewandte Innovationsforschung in Bochum und Präsident der Fachhochschule Gelsenkirchen, weist darauf hin, dass sich die Stellung vieler mittel-ständischer Unternehmen in Osteuropa erheblich verändert hat. Sie stehen heute im Wettbewerb mit Unternehmen, die kostengünstiger produzieren. Der marktwirtschaftlich orientierte Strukturwandel ehemaliger zentralverwalteter Wirtschaftssysteme in Osteuropa zu leistungs- und innovationsfähigen Industriegesellschaften hat den Wettbewerbsdruck verschärft. Ein progressives Innovationsmanagement umfasst, wie Bernd Krieges-
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mann ausführt, neben der potenzialorientierten Erschließung neuer Anwendungsfelder und Märkte die Kunden- bzw. bedarfsbasierte Aufdeckung von Innovationsmöglichkeiten in den Märkten in Osteuropa. Prof. Dr. Ing. Günter Spur von der Technischen Universität Berlin erinnert daran, dass die Produktionsbetriebe das Bild unserer Industriekultur prägen. Ihre Weiterentwicklung ist durch einen permanent fortschreiten-den Innovationsprozess gekennzeichnet, der am Markt orientiert ist. Die weltweite Wirtschaftskrise erfordert eine zukunftssichernde Technologie-politik durch Bildung von Innovationsnetzwerken zur Aktivierung neuer Wertschöpfungsprozesse. Gefragt sind differenziert anpassbare Fabrikstrukturen, die als Netzwerk innovativer mittelständischer Unternehmen organisiert sind. Innovationsforschung – so Prof. Spur – ist eine interdisziplinäre Aufgabe, für die eine gegenseitige Durchdringung der relevanten Wissenschaftsbetriebe erforderlich ist. Die Entwicklung krisenorientierter Innovationssysteme ist bevorzugt auf Perfektionierung der Risikobeherrschung gerichtet. Dr. Ludwig Baumgarten, langjähriges Mitglied des Vorstands des deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, beleuchtetet die mittelständische Industrie und Osteuropa aus der Perspektive der europäischen Raumfahrt. Auf Ebene der europäischen Weltraum-Agentur ESA fand und findet eine Osterweiterung statt. Für die mittelständische Industrie bedeutet die Osterweiterung langfristig einen leicht erhöhten Wettbewerbsdruck. Dafür ist sie gut gerüstet. Als Absatzmarkt deutscher Produkte bietet Osteuropa nur ein begrenztes Potential. Für Systeman-bieter bietet die Osterweiterung aber die Chance, Partnerschaften mit neuen und kostengünstigen Zulieferern einzugehen. Wie Ludwig Baumgarten ausführt, verfügen einige der neuen bzw. künftigen ESA-Mitgliedstaaten über Infrastrukturen wie etwa Bodenstationen, die sich in Missionsplanungen nutzbringend eingliedern lassen. Die frühere Exekutivdirektorin der Internationalen Energie-Agentur IEA in Paris, Dr. Helga Steeg, untersucht Export- und Investitionschancen mittelständischer Zulieferer für Energiebetriebe in Osteuropa. Anrainer-staaten des Kaspischen Meeres wie insbesondere Aserbeidschan, Usbekistan und Kasachstan sind ebenso wie Russland historisch wichtige Öl- und Gasexporteure. Die Ukraine, Georgien, Armenien und Weißrussland sind wichtige Transitländer für Energielieferungen. Für eine mögliche Kooperation deutscher mittelständischer Unternehmen gilt, wie Helga Steeg abschließend feststellt, dass die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftslage nicht gerade förderlich für Kooperationen ist. Aber mittelständische Unternehmen werden in sämtlichen ehemaligen Comecon-Ländern benötigt. Im 3. Teil finden sich sechs Beiträge aus der Wirtschaft von Vertretern der Unternehmerverbände, der Gewerkschaften und von Unternehmern.
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Mittelstand und Osteuropa
Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außen-handel, Dienstleistungen (BGA) erläutert in seinem Beitrag, warum die neuen Beitrittsländer der EU für den deutschen Mittelstand vor allem im Handel chancenreich sind. Im Zuge von marktwirtschaftlicher Trans-formation und fortschreitenden Konvergenzprozessen stellen die östlichen Beitrittsländer zur EU einen dynamischen und damit wichtigen Markt für den mittelständischen deutschen Großhandel dar. Die fortschreitende Arbeitsteilung ergibt neue Beschäftigungsmöglichkeiten. Die hoch spezialisierten Logistik- und Informationssysteme des Großhandels gewinnen – wie Anton F. Börner ausführt – mit der fortschreitenden Integration der europäischen Märkte, dem steigenden Wettbewerb und der hohen Wachstumsdynamik in den neuen Mitgliedstaaten zunehmend an Bedeutung. Dr. Ludolf von Wartenberg, Mitglied des Präsidiums des Bundesverbands der Deutschen Industrie, weist auf die Bedeutung der osteuropäischen Zukunftsmärkte für den deutschen Mittelstand hin, wobei die östlichen Anrainer an die EU besonders zu berücksichtigen sind. Osteuropa hat im Jahre 2008 einen Anteil am deutschen Handelsvolumen von über 17 % erreicht. Russland, Polen, Tschechien und Ungarn gehören zu den 15 wichtigsten deutschen Exportpartnern und das Potential ist für deutsche Mittelständler noch längst nicht ausgeschöpft. So besteht ein großer Nachholbedarf bei energieeffizienten Technologien, bei der Infrastruktur und in der Medizintechnik. Der deutsche Mittelstand profitiert – wie Ludolf von Wartenberg betont – in besonderem Maße von dem Erweiterungs- und großen Aufholprozess, den die Länder Osteuropas dank des EU-Beitritts gestartet haben. Joachim Dirschka, Präsident der Handwerkskammer zu Leipzig, konzen-triert sich auf die Bedeutung der Osteuropamärkte für das Handwerk, vor allem auch für das Handwerk in Sachsen, das Joachim Dirschka seit vielen Jahren vertritt und repräsentiert. Für das deutsche Handwerk als wesentlicher Teil der mittelständischen deutschen Wirtschaft ist die EU-Osterweiterung eine große Herausforderung. Aus Sicht des sächsischen Handwerks sind wegen der signifikanten Entfernungsfrage besonders die Nachbarländer Polen und Tschechien als potentielle Märkte von Bedeutung. Wichtig ist für Joachim Dirschka, dass die EU-Struktur-förderung mindestens bis 2013 in den neuen Bundesländern auf hohem Niveau fortgeführt wird. Sie trägt zu einem gesunden und starken Mittelstand bei, der langfristig die Stabilität der EU sichert. Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie Hubertus Schmoldt, Träger der RKW-Medaille für Rationalisierung und Innovation, beschäftigt sich in seinem Beitrag mit der Flucht vieler Mittelständler nach Osteuropa und ihrer reumütigen Rückkehr. Der Fahrzeugbau und seine Zulieferer sind bei Produktionsverlagerungen und auch bei Rückverlagerungen besonders aktiv. Die Unternehmen der chemischen Industrie verlegen
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Mittelstand und Osteuropa
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eher selten Produktionskapazitäten ins Ausland, während die Rückverlagerungen hoch sind. Die chemische Industrie kommt auf ein Verhältnis von Verlagerern und Rückverlagerern von etwa 2 : 1. Hubertus Schmoldt setzt sich differenziert mit den Gründen der Rückverlagerung auseinander, die häufig Korrekturen von übertrieben optimistischen Erwartungen und dem Erkennen unzu-reichender Qualitätsstandards sind. Prof. Dr. Klaus Murmann, langjähriger Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, untersucht die Chancen und Risiken von Investitionen in Osteuropa anhand der Erfahrungen der von ihm gegründeten Sauer-Danfoss Inc., die sich in den vergangenen 40 Jahren von einem Start-Up-Unternehmen zu einem global aufgestellten Spezialisten entwickelt hat. Die stärkere Exportorientierung erschließt den mittelständischen Unternehmen tendenziell bessere Wachstumsmöglich-keiten als eine Konzentration nur auf den deutschen Markt. Aufgrund der langjährigen Auslandserfahrung hat Saure-Danfoss eine breit angelegte Strategie mit eigenen Betrieben und vielfältigen Kooperationen in Osteuropa angewandt, wobei das sehr frühe Engagement der Sauer Getriebe KG in der Slowakei zu den deutschen Vorreitern in der Region zählt. Roland Issen, der langjährige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Angestelltengewerkschaft, analysiert die Exportmöglichkeiten mittelständischer Unternehmen nach Osteuropa. Immer mehr kleine und mittlere Unternehmen haben in den vergangenen Jahren den Blick über den lokalen und regionalen Tellerrand gewagt. Die Zahl der Exporteure ist von 1996 bis 2006 um 21 % gestiegen. Dafür sind leistungsfähige Belegschaften notwendig. Abschließend stellt Roland Issen fest, dass den kleinen und mittleren Unternehmen auch im Zeitalter der Globalisierung mit stärkerer internationaler Arbeitsteilung eine günstige Perspektive prognostiziert werden kann. Die Märkte in Osteuropa bieten sich für eine Exportoffensive für den Mittelstand an. Ich danke den Mitgliedern des Kuratoriums aus Politik, Wissenschaft, Unternehmen und Gewerkschaften für Ihre Beiträge zum Mittelstand und Osteuropa. Die Erkenntnisse und Anregungen fließen in die Arbeit des RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrums der Deutschen Wirtschaft ein. Frau Daniela Wieseler und Frau Dr. Dorothea Hartmann danke ich für die Unterstützung bei der Herausgabe dieses Bandes. Osteuropa wird in der Zukunft für den deutschen Mittelstand noch an Gewicht gewinnen. Darauf müssen sich vorausschauende Mittelständler vorbereiten und entsprechende Strategien entwickeln.
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Mittelstand und Osteuropa
I. Mittelstand und Osteuropa aus Sicht der Politik
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Prof. Dr. Annette Schavan MdB Mit Innovationen aus der Krise Deutschland steht vor der größten wirtschafts- und finanzpolitischen Herausforderung seit der Gründung der Bundesrepublik vor 60 Jahren. Die kurzfristigen Wachstumsperspektiven der deutschen Wirtschaft haben sich im vergangenen Jahr deutlich eingetrübt. Durch die Krise an den internationalen Finanzmärkten sind die Banken bei der Vergabe von Krediten nach wie vor zurückhaltend. Gerade innovative Unternehmen bekommen die verschlechterten Finanzierungsbedingungen besonders zu spüren. Mehr als andere sind sie auf frisches Kapital für Investitionen in neue Technologien und Ideen angewiesen, um sich weiterhin im globalen Innovationswettbewerb eine Spitzenposition zu sichern. Trotz Finanz- und Wirtschaftskrise wird sich der globale Wissenswettlauf mittel- und langfristig weiter beschleunigen. Der internationale Wettbewerb um Talente, Technologie- und Marktführerschaft wird zunehmen. Deshalb gilt es gerade jetzt, auf Bildung und Wissenschaft, Forschung und Entwicklung zu setzen. Das ist die beste und wirksamste Strategie, um die aktuellen finanz- und wirtschaftspolitischen Aufgaben so zu lösen, dass sie nicht zu Lasten der nachfolgenden Generationen gehen. Investitionen in die Innovationskraft sind der entscheidende Schlüssel, um die Krise schnell zu überwinden und das tragfähige Fundament für langfristiges Wachstum, künftige Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen. Bund und Länder haben ein deutliches Signal gegeben und damit bewiesen, dass die Förderung von Forschung und Innovation oberste Priorität haben muss. Sie haben vereinbart, in diesem und im nächsten Jahr 11 Milliarden Euro aus dem Konjunkturprogramm II für Bildung, Forschung und Innovation zur Verfügung zu stellen. Hochschulpakt, Pakt für Forschung und Innovation und Exzellenzinitiative werden in den nächsten Jahren mit einem Gesamtvolumen von 18 Milliarden Euro fortgesetzt. Wir stärken den Wissenschaftsstandort, damit Deutschland das Land der Ideen bleibt. Zeiten der Krise sind Zeiten der Erneuerung Der Blick in die Geschichte zeigt, dass sich gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Investitionen in Forschung und Entwicklung auszahlen. Die USA verdreifachten unter Präsident Franklin D. Roosevelt in den 30er Jahren als Reaktion auf die große Depression ihr Forschungsbudget. Wirtschaftshistoriker sprechen heute von der technologisch kreativsten Phase der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte. Die USA legten damit die Grundlagen für
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Mittelstand und Osteuropa
die jahrzehntelange Technologieführerschaft, in deren Folge das Land eine Phase wirtschaftlicher Prosperität erlebte. In Finnland änderte sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Ende der 80er-/Anfang der 90er-Jahre die Nachfragesituation drastisch. Der wichtigste Abnehmer der finnischen Exportwaren – das waren vor allem klassische Industriegüter – war weggefallen. Massive Investitionen in Forschung und Entwicklung trugen zu einem positiven Strukturwandel und einer hohen Wachstumsdynamik der Wirtschaft bei. Heute gilt Finnland weltweit als besonders erfolgreiches Hightech-Land. Der Blick auf die Regionen in Deutschland und die Gestaltung des Strukturwandels nach dem Wegbrechen ehemals erfolgreicher Industrien zeigt, dass dort die meisten Erfolge erzielt wurden, wo konsequent Bildungs- und Wissenschaftsinfrastruktur ausgebaut und in Forschung investiert wurde. Das schafft attraktive Rahmenbedingungen für innovative Unternehmen, die neues Wachstum und sichere Arbeitsplätze in Zukunftsbranchen hervorbringen. Insbesondere das innovative Potenzial der kleinen und mittelständischen Unternehmen wird dazu beitragen, um die beispiellose wirtschaftliche Erfolgsgeschichte der vergangenen sechs Jahrzehnte fortzuschreiben. In keinem anderen Industrieland ist der Anteil der forschungsintensiven Industrien und wissensbasierten Dienstleistungen an der Wertschöpfung höher als in Deutschland. Darin sehen nicht nur die Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung die beste Ausgangslage, um gestärkt aus der gegenwärtigen Krise hervorzugehen. Das hat auch die Top-Manager dieser Welt überzeugt, die von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young befragt wurden. 86 Prozent der mehr als tausend befragten, international tätigen Führungskräfte sind der Überzeugung, dass kaum ein Land die derzeitigen Wirtschaftsturbulenzen so gut überstehen wird wie Deutschland. Insbesondere das entschlossene Handeln der Bundesregierung bei den Konjunkturpaketen und die deutliche Prioritätensetzung bei Bildung, Forschung und Innovation haben dafür gesorgt, dass für sie Deutschland weiterhin in der Spitzengruppe der weltweit attraktivsten Wirtschaftsstandorte rangiert. Forschungsimpulse über Grenzen hinweg Es reicht aber nicht, sich auf diesen Erfolgen auszuruhen. Um unsere Spitzenposition auf Zukunft hin zu sichern und auszubauen, gilt es, neue Akzente in der Forschungspolitik zu setzen, die Deutschland international voranbringen. Mit der Hightech-Strategie hat die Bundesregierung die Weichen richtig gestellt, um den Innovationsstandort Deutschland zu stärken. Innovationsallianzen aus Wirtschaft und Wissenschaft bündeln Kräfte und setzen
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Synergien frei. Der klare Fokus auf Netzwerkbildung und Clusterförderung sorgt dafür, die Wege von der Entwicklung zum Markt kürzer und schneller zu machen, damit aus neuen Ideen auch neue Arbeitsplätze entstehen. Globale Herausforderungen verlangen eine internationale Forschungs- und Innovationsagenda. Wissenswelten sind miteinander vernetzt und lernen voneinander, welches tragfähige Ansätze der Forschungs- und Innovationspolitik sind. Um Forschung und Entwicklung in entscheidenden Zukunftsfeldern voranzutreiben und Lösungen für die drängenden Herausforderungen unserer Zeit zu entwickeln, ist es deshalb unverzichtbar, Kooperationen in Wissenschaft und Forschung nicht nur auf nationaler Ebene zu fördern, sondern auch die internationale Zusammenarbeit mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Internationale Netzwerke und der Dialog über Ländergrenzen hinweg sind ein wichtiger Schlüssel für erfolgreiche Wissenschaft und Forschung. Gerade die EU-Mitgliedsstaaten Osteuropas bauen ihre Innovationsfähigkeit stark aus. Das aktuelle „Innovation Scoreboard der EU“ verdeutlicht die hohe Innovationsdynamik, die diese Länder zu attraktiven Partnern für die gemeinsame Forschungszusammenarbeit macht. Auch der in den vergangen Jahren mit zweistelligen Wachstumsraten gestiegene Außenhandel mit Mittel- und Osteuropa ist ein Zeichen für die exzellenten Wirtschaftsbeziehungen, die jetzt auch bei Forschung und Entwicklung vertieft werden müssen. Deshalb ist es der Bundesregierung ein vordringliches Anliegen, den Auf- und Ausbau einer „Nachbarschaft für Innovation“ mit den Staaten in Mittel- und Osteuropa voranzutreiben. Im Dezember 2008 haben Polen und Deutschland eine gemeinsame Erklärung zur „Forschung für Nachhaltigkeit“ unterzeichnet. Beide Seiten sind sich einig, dass der Beitrag der Forschung ein Schlüsselelement für die künftige nachhaltige Entwicklung beider Länder ist. Dabei wird es insbesondere um Forschung zu zentralen Zukunftsfeldern wie etwa eine sichere Energieversorgung, nachhaltige Ressourcennutzung und den Klimaschutz gehen. Die Entwicklung eines gemeinsamen Maßnahmenkatalogs für Wissenschaft, Forschung und Innovation stellt die Weichen für einen fruchtbaren transnationalen Dialog mit Mittelund Osteuropa, um mit Innovationen neue Wachstumschancen zu erschließen. Zukunft aktiv gestalten: Die Innovationsoffensive für Deutschland Damit Deutschland ein attraktiver Partner in der internationalen Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit bleibt, gilt es, die Innovationskraft zu stärken und den mit der Hightech-Strategie eingeschlagenen Weg konsequent fortzusetzen. Denn mehr Forschung und mehr Innovation bedeuten mehr Wohlstand!
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Mittelstand und Osteuropa
Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Innovationsperformance (SII) Innovationsspitzengruppe oberes Mittelfeld dynamisches Mittelfeld Aufholer
0,700 hohe Innovationsperformance hohes Wachstum
Schweiz
0,650 Schweden
0,600
Finnland
Deutschland
Dänemark
0,550
Österreich Irland
Großbritannien Luxemburg
0,500
Belgien Frankreich
Slovenien
0,450
EU 27
0,400 0,350
Portugal
Spanien Italien
Malta
Ungarn
Litauen
0,300
Estland Tschechien
Griechenland
Norwegen
Zypern
Island
Polen
Slowakei Rumänien
Kroatien
Lettland
0,250 0,200
geringe Innovationsperformance geringes Wachstum 0,0
1,0
2,0
Bulgarien
Türkei
3,0
4,0
5,0
6,0
7,0
Eu27 plus Island, Kroatien, Norwegen Schweiz, Türkei Referenzdaten von 2006/2007. Wachstumsrate berechnet zwischen 2004-2008 Quelle: Europe an Innovation Scoreboard 2008 (Stand: Januar 2009)
Weitere wichtige Punkte werden sein: 1.
Stärkung des Bildungssystems: Gut ausgebildete Fachkräfte sind das Herzstück einer innovativen Gesellschaft. Es ist ein Entwicklungsschub notwendig, der den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird, Aufstieg durch Bildung ermöglicht, jedem Jugendlichen Bildung und Ausbildung zugänglich macht und den Anteil der hochqualifizierten Fachkräfte erhöht.
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2. Finanzsicherheit für das Wissenschaftssystem: Der Pakt für Forschung und Innovation, der Hochschulpakt und die Exzellenzinitiative haben so viel Dynamik in das Wissenschaftssystem gebracht wie nie zuvor. Die Fortführung dieser Initiativen mit 18 Milliarden Euro ist gerade in Zeiten wie diesen ein deutliches Signal für Wissenschaftler und Kooperationspartner in unserem Land und der ganzen Welt. 3.
Weiterentwicklung der Hightech-Strategie: Die Hightech-Strategie muss konsequent ausgebaut und weiterentwickelt werden – mit den Schwerpunkten Gesundheit/ Ernährung, Energie/Klimaschutz sowie Sicherheit, Mobilität und Kommunikation. Die Hightech-Strategie hat eine neue Qualität im Zusammenspiel von Wissenschaft – Wirtschaft – Politik gebracht. Wirtschaft und öffentliche Hand haben die Investitionen in Forschung und Entwicklung deutlich erhöht und zugleich eine sehr positive Entwicklung bei den Beschäftigungen erreicht.
4. Innovationsförderung für Ostdeutschland: Der Deutsche Bundestag hat für die kommenden Jahre zusätzliche Mittel bewilligt, um Spitzenforschung und Innovation in den Neuen Ländern weiter auszubauen. Mit der Nationalen Akademie der Wissenschaft in Halle und dem auf Klima- und Nachhaltigkeitsforschung ausgerichteten Institute for Advanced Sustainibility Studies (IASS) in Potsdam entstehen attraktive und international bedeutsame Standorte für Politikberatung und international sichtbare Spitzenforschung. Da zwischen 2013 und 2019 der Solidaritätsbeitrag abschmelzen wird, ist der Ausbau der Forschungsinfrastruktur für die Stärkung innovativer Unternehmen in den neuen Ländern umso bedeutsamer. 5. Innovationsfreundliches Steuersystem: Deutschland braucht ein innovationsfreundliches Steuersystem inklusive der Einführung einer steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE) sowie bessere Bedingungen für Existenzgründer und innovative kleine und mittelständische Unternehmen. Dazu bedarf es eines Gesamtpakets – neben Nachbesserungen bei der Unternehmenssteuerreform und beim Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) zum Wagniskapital muss das Instrument einer steuerlichen FuE-Förderung, durch Einführung von Steuergutschriften aufgenommen werden. Eine Sozialabgabenbefreiung für innovative Startups – wie von der Expertenkommission für Forschung und Innovation angeregt – kann helfen, Gründungen zu beschleunigen – mit allen positiven Effekten, die für Wachstum und Beschäftigung damit verbunden sind. 6. Zuwanderung von Fachkräften: Die demografische Entwicklung in Deutschland macht es dringend erforderlich, dass Deutschland attraktiv bleibt für Talente aus aller Welt.
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Mittelstand und Osteuropa
Nach ersten wichtigen Schritten in dieser Legislaturperiode sollte eine weitere Absenkung der Einkommensgrenze für den Zuzug Hochqualifizierter auf 50.000 Euro geprüft werden. 7.
Mehr Freiheit für die Wissenschaft: Unsere Hochschulen und Forschungsorganisationen brauchen im internationalen Wettbewerb den notwendigen Gestaltungsspielraum, damit sie international wettbewerbsfähig bleiben. Deshalb muss die Wissenschaftsfreiheitsinitiative weiter vorangetrieben werden.
8. Mitwirkung an einer europäischen Innovationsstrategie – einer Hightech-Strategie für Europa: Um die Wettbewerbsfähigkeit Europas in einer globalisierten Welt zu sichern und auszubauen, brauchen wir eine kohärente Forschungs- und Innovationspolitik in Europa, die im Interesse aller Mitgliedstaaten den Nutzen unserer gemeinsamen Investitionen in Wissen maximiert. All diese Maßnahmen sind wichtige Chancen, die genutzt werden müssen, um Deutschland aus dieser weltweiten Rezession gestärkt hervorgehen zu lassen. Innovationen werden aber nur dann Erfolg haben, wenn sie von der Öffentlichkeit verstanden und getragen werden. Dafür brauchen wir einen Mentalitätswandel in den Köpfen der Menschen. Wir müssen noch mehr zu einem neugierigen und einem mutigen Land werden. Denn Mut etwas Neues zu wagen, war genau das, was die Bundesrepublik vor 60 Jahren zu dem hat werden lassen, was sie heute ist. Ein Vorbild für Demokratie, Freiheit und soziale Sicherheit in der ganzen Welt.
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Mittelstand und Osteuropa
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Matthias Platzeck Der Brandenburger Mittelstand und seine Partner in Mittel- und Osteuropa: Mehr Mut, mehr Möglichkeiten! Im Osten geht die Sonne auf! Dieser Satz gilt immer noch jeden Morgen, auch wenn im Jahr 2009 die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise so vieles überschattet. Umso wichtiger ist der Versuch, für eine Standortbestimmung des Brandenburger Mittelstands mit Blick auf Mittel- und Osteuropa (MOE) gedanklich aus der aktuellen Krisenperspektive herauszutreten und sich der grundlegenden Trends und Zahlen bewusst zu werden, die eine realistische Einschätzung erlauben. Zudem bietet 2009 als Jubiläumsjahr gute Ansatzpunkte, um das Zusammenspiel von Wirtschaftsentwicklung und politischen Rahmenbedingungen zu betrachten. Wir können Bilanz ziehen: 20 Jahre nach der friedlichen Revolution, die die Mauer zwischen Ost und West zu Fall brachte, und fünf Jahre nach der EU-Osterweiterung, die für die Entwicklung der Brandenburger Beziehungen zu den Nachbarländern ein wichtiger Katalysator war. Rückblick: Erst Aufbau Ost, dann Perspektive Mittel- und Osteuropa Brandenburg ist in den zwei Jahrzehnten seit 1989 zu einem echten „Mittelstandsland“ geworden. Auf die harte Phase der Deindustrialisierung folgte die Gründung vieler kleiner Unternehmen – nicht nur auf Initiative aus Westdeutschland, sondern auch aus ehemals planwirtschaftlichen Strukturen, die sich als marktfähig erwiesen. Häufig entstanden Unternehmen deshalb, weil nach Jahren der Stagnation die Menschen im Land mit Mut und Fantasie einen Neubeginn wagten. In den neunziger Jahren nahmen viele Brandenburgerinnen und Brandenburger für diesen Aufbruch in die Marktwirtschaft hohe persönliche Risiken in Kauf. Tausende Biographien waren geprägt von beruflichen Brüchen, Krisen, Kurswechseln und Kompromissen, angefangen vom langen Anfahrtsweg zur neuen Arbeitsstelle bis hin zu den vergleichsweise kleinen Zahlen auf der Gehaltsabrechnung. Die Märker haben diese Durststrecke mit viel Fleiß und Ausdauer überwunden, die (tatsächliche oder nachgesagte) Rolle „planwirtschaftlicher Mündel“ abgestreift und unternehmerisches Selbstbewusstsein an den Tag gelegt.
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Der Aufbau Ost, der auch dem neuen Mittelstand sein Fundament gab, war zunächst von einer klaren Orientierung nach Westen geprägt. Aus dem Westen kam das Vorbild für die aufzubauende Marktwirtschaft. Und aus dem Westen kamen – vor allem in Form von Solidarpakt und EU-Fördertöpfen – die so dringend benötigten Finanzmittel für Wirtschaftsförderung, Stadtumbau, Infrastrukturmaßnahmen, Umwelt- und Denkmalschutz oder Kulturprojekte. Von den Aufträgen, die mit diesen Fördergeldern ausgelobt wurden, profitierten gerade die kleinen Unternehmen der Region. Neben den traditionellen Industrien wie Metall, Papier und Chemie konnten sich neue Branchenschwerpunkte entwickeln, beispielsweise in den Bereichen Medizin / Gesundheit oder Luft- und Raumfahrttechnik. Als Ende der neunziger Jahre die EU-Osterweiterung konkrete Formen annahm, hatte die Brandenburger Wirtschaft schon ein gutes Stück des Aufschwungs bewältigt und insbesondere nach dem Wegbruch der Märkte im RGW1 die Potentiale der MOE-Staaten und Russlands (wieder-)entdeckt. Dennoch waren die Erwartungen der Unternehmerinnen und Unternehmer an weiteres Wachstum nach der Beitrittsrunde sehr durchmischt, schließlich hatten sie gerade selbst erst die Unwägbarkeiten des Einbindungsprozesses in die EU erfahren. Während diejenigen, die schon damals überregional agierten, ihre Chancen für neue Absatzmärkte sahen, fürchteten andere die Konsequenzen des Lohn- und Steuergefälles zu den neuen EU-Nachbarn und die potentielle Konkurrenz um Ressourcen und Kunden im grenznahen Raum. Einblick: Mittelstand und MOE-Staaten auf Annäherungskurs Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Fünf Jahre nach der EU-Osterweiterung im Frühsommer 2009 steht der Brandenburger Mittelstand besser da als in allen anderen Jahren zuvor. In welchem Ausmaß die globale Wirtschaftskrise in der Region ihre Spuren hinterlassen wird, ist noch offen. Die strukturellen Voraussetzungen und die auf den Weg gebrachten Hilfsmaßnahmen – von der Kurzarbeit bis zu den Konjunkturpaketen – haben bislang in Brandenburg das Schlimmste verhindert, Grund zur Entwarnung besteht allerdings nicht. Unabhängig von der aktuellen Ausnahmesituation lässt sich festhalten, dass sich die Brandenburger Unternehmerinnen und Unternehmer auf den erweiterten europäischen Binnenmarkt eingestellt haben. Grundlage dafür war zum einen die positive Entwicklung der Wirtschaftslage in Brandenburg selbst, zum anderen ein erfolgreicher – wenngleich längst noch nicht abgeschlossener – Öffnungsprozess nach Osten, vor allem zu unserem Nachbarland Polen.
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Mittelstand als Stabilitätsfaktor der Binnenwirtschaft Zunächst zur Binnenentwicklung: Der Mittelstand ist in den letzten Jahren einer der wichtigsten Stabilitätsfaktoren der Brandenburger Wirtschaft und vor allem des Arbeitsmarktes geworden. Über drei Viertel der rund 1,05 Million bei uns tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in den hiesigen rund 60.000 kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) beschäftigt. Das ist kein zufälliges Ergebnis, sondern unter anderem Resultat verbesserter Rahmenbedingungen. Die Neuordnung der Förderpolitik des Landes nach Branchenkompetenzen und Wachstumskernen hat in den letzten Jahren ebenso gegriffen wie unser spezielles Wachstumsprogramm für den Mittelstand von 2005, mit dem Investitionen von rund 700 Millionen Euro angeschoben werden konnten. Diese Zahlen passen in das positive Bild, das sich uns 2008, dem bis dato erfolgreichsten Jahr für Brandenburg, über weite Strecken bot: mit vergleichsweise niedriger Arbeitslosenquote (im Oktober 2008 lag sie unter 12 Prozent), mit vielen Unternehmensgründungen und dem größten Exportvolumen seit Wiedergründung des Landes. Außenhandel im Aufschwung Das Außenhandelsvolumen Brandenburgs ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Während 1996 noch Waren im Wert von 5,5 Prozent des brandenburgischen Bruttoinlandsproduktes ausgeführt wurden, waren es 2006 schon 17,8 Prozent. Innerhalb dieser zehn Jahre hat sich die brandenburgische Exportquote also mehr als verdreifacht. In absoluten Zahlen betrug das Exportvolumen 2006 rund 8,8 Milliarden Euro. Der Exportmotor nahm auch 2007/2008 weiter an Fahrt auf, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als die Konjunkturkrise Brandenburg erreichte. In den ersten drei Quartalen 2008 haben märkische Unternehmen Waren im Wert von fast 9 Milliarden Euro ausgeführt. Das waren 1,3 Milliarden Euro mehr als im Vorjahreszeitraum, eine Steigerung um 16,8 Prozent. Im vierten Quartal wurde dieser positive Trend vorerst gestoppt, insbesondere in den Branchen Logistik, Automotive und Metallbau gingen die Zahlen deutlich zurück. Um einen Eindruck der am häufigsten nachgefragten brandenburgischen Ausfuhren zu erhalten, lohnt ein Blick auf die – von der Krise noch unverfälschte – Statistik von 2007. Damals lagen Produkte der Luftfahrtindustrie und pharmazeutische Erzeugnisse an der Spitze, gefolgt von unseren traditionellen Exportgütern, vor allem aus den Branchen Chemie, Papier und Stahl.
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Struktur des Exports aus Brandenburg nach Warengruppen (2007)
elektronische Erzeugnisse
Kunststoffe
Sperrholz, Span-, Faserplatten, Furnier u.ä.
Draht aus Eisen oder Stahl
Papier und Pappe
Blech aus Eisen oder Stahl
Mineralölfahrzeuge
Lastkraftwagen und Spezialfahrzeuge
Pharmazeutische Erzeugnisse
1.600 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0
Luftfahrzeuge
Mio. Euro
Quelle: Zukunftsagentur Brandenburg
Abb. 1: Struktur des Exports aus Brandenburg nach Warengruppen (2007)
Unser Hauptexportland 2008 war Polen, das – wie in den Vorjahren – den Spitzenplatz in der TOP-10-Liste einnahm, vor Großbritannien, den USA, den Niederlanden, Italien, Frankreich, Österreich, Belgien, Tschechien und Spanien. Die MOE-Staaten kamen insgesamt auf knapp 30 Prozent der Brandenburger Exporte, wobei sich Polen, Tschechien und Russland als besonders starke Exportpartner deutlich absetzten.
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Land
Mio. €
Polen
1.501,80
Tschechien
458,40
Russland
273,29
Ungarn
160,17
Türkei
131,00
Slowakei
118,55
Ukraine
73,82
Rumänien
55,06
Slowenien
43,80
Litauen
26,62
Kroatien
23,24
Belarus
22,49
Serbien + Montenegro Montenegro
21,19 20,95
Lettland
19,55
Bulgarien
14,61
Estland
10,66
Bosnien-Herzegowina
5,23
Moldawien
2,30
Mazedonien
2,09
Kosovo
0,63
Albanien
0,97
Abb. 2: MOE-Zielländer des Exportsaus Brandenburg (2007) Quelle: Zukunftsagentur Brandenburg
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Nach dem nächsten Aufschwung werden solche Statistiken aller Voraussicht nach anders aussehen. Das liegt zum einen darin begründet, dass mit der Rezession globale Strukturprobleme zutage getreten sind, etwa im Automobil- oder Papiersektor, was nachhaltige Marktverschiebungen auf der Angebotsseite wahrscheinlich macht. Zum anderen schlägt sich die Krise in den MOE-Volkswirtschaften unterschiedlich stark nieder, so dass auch die Nachfrageprognose für unsere Exportländer deutliche Veränderungen erwarten lässt. Unabhängig von der Entwicklung in einzelnen Wirtschaftsbereichen und Staaten gilt unser Ziel, die Brandenburger Exportquote deutlich zu erhöhen. Der Mittelstand und seine Partner in Mittel- und Osteuropa sind ein wichtiger Ansatzpunkt dafür. Auch bei den Importen wird sich die Brandenburger Wirtschaftswelt nach der Krise voraussichtlich anders darstellen als zuvor. Bei unseren Einfuhren lag in den letzten Jahren – vor allem aufgrund des Erdölimports – Russland an der Spitze (Importvolumen 2007: 4,3 Milliarden Euro), gefolgt von Polen (1,1 Milliarden Euro), das sich stabil auf dem zweiten Platz der Top-10-Liste der Importe behaupten konnte. Weitere mittel- und osteuropäische Länder finden sich – auch bedingt durch ihre relativ geringe Bevölkerungszahl – zwar erst auf den hinteren Plätzen, z.B. Tschechien (Rang 11 / 233 Millionen Euro) und Ungarn (Rang 20 / 60 Millionen Euro), jedoch waren die Zuwachsraten dort vor Einbruch der Wirtschaftskrise überdurchschnittlich hoch. Tschechien verzeichnete beispielsweise von 1996 bis 2007 ein Plus von 187 Prozent und Ungarn sogar eine Steigerung von 307 Prozent im gleichen Zeitraum.2 Ob und wie weit sich diese Tendenz nach der Krise fortsetzen wird, bleibt abzuwarten. Bekanntlich gehen die meisten Experten von einer spürbaren Verlangsamung des Aufwärtstrends der letzten Jahre aus. Was lässt sich, bei aller Vorsicht mit Prognosen, aus diesen Zahlen für den Mittelstand schlussfolgern? Die gute Nachricht: Der Außenhandel gehört eindeutig zu den Wachstumsträgern der brandenburgischen Wirtschaft. Allerdings wird diese Entwicklung zum erheblichen Teil von einigen großen Unternehmen und besonders erfolgreichen Produktgruppen, beispielsweise den Turbinen von Rolls-Royce aus Dahlewitz, getragen. Der Mittelstand ist noch vergleichsweise schwach vertreten. Wettbewerbsnachteile für den Mittelstand im Außenhandel Die Gründe dafür sind nachvollziehbar. Kleine und mittlere Unternehmen haben in der Regel weder das Know-how oder Personal noch die finanziellen Ressourcen, um sich hinreichend mit der Erarbeitung und Umsetzung von internationalen Markterschließungsstrategien zu beschäftigen. Als Mittelstandsland ist Brandenburg deshalb in den MOE-Staaten
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bislang noch nicht so stark vertreten wie Hessen oder Baden-Württemberg, deren Volkswirtschaften von großen Konzernen und höheren Exportquoten geprägt werden und die auch schon wesentlich länger am Markt und in Mittel- und Osteuropa „vor Ort“ sind. Zudem ist auch die Brandenburger Branchenstruktur für den Außenhandel zuweilen ein Hemmnis. Beispielsweise sind bei uns nur rund 12 Prozent der Erwerbstätigen im exportorientierten verarbeitenden Gewerbe tätig, während die Quote für Gesamtdeutschland bei fast 20 Prozent liegt. Relativ stark ist bei uns dagegen das Baugewerbe, das vorwiegend den regionalen Markt bedient. Gezielte Internationalisierung des Mittelstandes Um diese – nicht nur bezüglich MOE – vorhandenen Wettbewerbsnachteile für den Mittelstand abzubauen, hat die Landesregierung gemeinsam mit der Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB), den Industrie-, Handels- und Handwerkskammern verschiedene Fördermaßnahmen auf den Weg gebracht, die im Außenwirtschaftskonzept und im Landesinnovationskonzept verankert sind. Dabei verfolgen wir zwei Ziele: Erstens soll der Exportanteil der brandenburgischen Wirtschaft weiter erhöht und vor allem die Anzahl exportierender mittelständischer Betriebe vergrößert werden. Zweitens soll sich die Exportstruktur von Vorerzeugnissen stärker zu Endprodukten hin entwickeln. Die dafür aufgesetzten Fördermaßnahmen orientieren sich an den vier Phasen außenwirtschaftlicher Aktivitäten, die die ZAB als zentraler Ansprechpartner unserer Unternehmen begleitet.
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Wettbewerbsnachteile KMU für
Fördermaßnahmen der Landesregierung
Außenwirtschaftsbeziehungen
und der ZAB, speziell für MOE-Ausrichtung
• mangelnde Erfahrung in der
1. Sensibilisierungsphase:
Außenwirtschaft
• Sensibilisierung für Chancen; Motivation
• Informationsdefizite über potenzielle Märkte, Kontaktanbahnungen und
2. Einstiegsphase:
Fördermöglichkeiten
• Export-Checks, die Potenziale und even-
• geringe personelle Kapazität und
tuelle Defizite der Betriebe analysieren
fehlende Qualifikation der Mitarbeiter
• Export-Leitfaden als kompakter Überblick
• größenbedingte Nachteile, z.B. bei der
über Möglichkeiten für Geschäftsanbah-
Auftragsabwicklung, Kontaktpflege etc. • relativ schwache Kapitalausstattung
nungen im Ausland, Angebots- und Vertragsgestaltung, Auftragsabwicklung und die Finanzierung von Exportgeschäften 3. Aufbauphase: • Angebote für Schulung und Coaching, z.B. zu rechtlichen Rahmenbedingungen oder interkulturellen Kompetenzen • Vermittlung von Hochschulabsolven tInnen mit Sprach- und Landeskenntnissen als AußenwirtschaftsassistentInnen (Unternehmen erhalten bei Neueinstellung anteilige Förderung der Lohnkosten für 2 Jahre) • Beratungs- und Kontaktnetzwerk in MOELändern; MOE-Unternehmerstammtisch 4. Ausbauphase: • Unternehmerreisen und Messebeteiligungen in MOE; Gemeinschaftsprojekte
Abb. 3: Zusammengestellt nach: „Außenwirtschaftskonzept für das Land Brandenburg 2008“3
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4. Ausbauphase: Unternehmerreisen und Messebeteiligungen in MOE; Gemeinschaftsprojekte Zusammengestellt nach: „Außenwirtschaftskonzept für das Land Brandenburg 2008“ Die ersten Erfahrungen mit diesem Förderkatalog zur MOE-Ausrichtung bei Brandenburger Betrieben zeigen, dass vor allem die Mischung aus „harten“ und „weichen“ Maßnahmen erfolgversprechend ist. Es genügt eben nicht, Strukturinformationen über neue Märkte und Prognosen nur in Papierform aufzubereiten und vorzuhalten. Ausschlaggebend ist die Frage, ob es uns gelingt, die Entscheidungsträger unserer Unternehmen zu motivieren und auch in den Partnerländern nicht nur die Werkstore, sondern auch die „Türen“ in den Köpfen zu öffnen. Welche große Rolle solche psychologischen Faktoren spielen, habe ich bei meinen Unternehmerreisen immer wieder festgestellt. Wenn die eigene sprachliche und/oder kulturelle Kompetenz nicht ausreicht – und das ist auch im „östlich“ geprägten Ostdeutschland häufig der Fall – muss die Anbahnung von Wirtschaftskontakten in Mittel- und Osteuropa gezielt mit Personal unterstützt werden. Dazu gehören in Brandenburg die Außenhandelsassistentinnen und -assistenten auf betrieblicher Ebene und die Partnerschaftsbeauftragten, die in Polen und Rumänien für uns aktiv sind. Die als Partnerschaftsbeauftragte ausgewählten Personen sind seit vielen Jahren vor Ort und kennen sowohl die Partnerregionen als auch das Land Brandenburg sehr gut. Sie vertreten unsere Interessen, bringen Kooperationspartner zusammen, initiieren bzw. unterstützen Projekte. Zahlreiche Kontakte konnten auf diese Weise bereits vermittelt werden, z.B. zwischen Wirtschaftsfördergesellschaften und Tourismusverbänden. Gemeinsam wachsen: Brandenburgs Wirtschaftsbeziehungen zu Polen Die besondere Rolle, die Polen schon heute als Wirtschaftspartner Brandenburgs spielt, überrascht nicht. Wir Brandenburger gelten inzwischen in Deutschland – etwas salopp gesagt – als die „Polenversteher“. Und das nicht nur, weil wir mit 250 Kilometern die längste deutsch-polnische Grenze der Bundesrepublik haben und das Gebot der Zusammenarbeit mit Polen in unserer Landesverfassung verankert ist, sondern vor allem, weil wir uns im Vorfeld der Erweiterungsrunde 2004 für eine rasche Aufnahme Polens in die EU stark gemacht haben. Das klingt heute selbstverständlich, war es damals allerdings nicht, als im westlichen Europa und auch in Deutschland große Vorbehalte gegen die Aufnahme der „armen östlichen“ Nachbarn in die EU bestanden. Ende der neunziger Jahre haben wir uns in Brandenburg – in nachbarschaftlicher Zuwendung und durchaus mit konkreten Eigeninteressen – in vielen kleinen Schritten Polen angenähert, vor allem durch Kulturaustausch, Verwaltungskoope-
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rationen, Twinning-Projekte und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der polizeilichen Sicherheit. Damals sahen wir uns in einer Anwaltsrolle für Polen gegenüber den Skeptikern im Westen. Mit dem Beitrittsjahr 2004 hat sich dieses Rollenbild verändert. Aus Nachbarn wurden Partner. Deutschland und Polen agieren in der EU jetzt auf Augenhöhe. Das war für beide Seiten eine neue Erfahrung und ist auch 2009 noch eine Herausforderung. Die gemeinsame politische Bühne Europa fordert von alten und neuen EU-Mitgliedern gleichermaßen Sensibilität und Selbstbewusstsein; beides gewinnen wir in Brandenburg vor allem durch die regionale Zusammenarbeit. Von der „Außenpolitik“ zur innereuropäischen Regionalpolitik, das ist ein Paradigmenwechsel der letzten Jahre. Eine weitere Neuerung: Neben der Außenwirtschaft gibt es jetzt dies- und jenseits der Oder eine gemeinsame Wirtschaftsregion, die wir noch viel stärker mit Leben füllen müssen. Für die Entwicklung des Mittelstandes gilt dabei, was man so oft in Europa hört: Innereuropäische Regionalpolitik braucht flexible Strukturen. In Brandenburg haben wir dafür im Vorfeld der Osterweiterung und auch danach verschiedene Institutionen etabliert. Zu den ersten Gründungen gehörten die Euroregionen. An der brandenburgischpolnischen Grenze liegen „Pomerania“, „Pro Europa Viadrina“ und „Spree-Neiße-Bober“, die maßgeblich an der Entwicklung grenzüberschreitender Kooperation und vieler Arten der Begegnungen von Menschen beteiligt waren und sind. Gleichzeitig ist das Gebiet der Euroregionen Kulisse der grenzüberschreitenden Interreg-Förderung der Europäischen Union. Von den in der letzten Förderperiode (2000-2006) zur Verfügung stehenden 132 Millionen Euro wurden auch Projekte zur Wirtschaftsförderung umgesetzt. Neben den Euroregionen haben wir 2006 die Oder-Partnerschaft als neue Form interregionaler Kooperation etabliert. In diesen Prozess flossen unsere ersten Erfahrungen nach der Erweiterung ein; neue Rahmenbedingungen verlangten nach neuen Formen der politischen Willensbildung. Die gemeinsame Mitgliedschaft in der EU erleichtert ja bekanntlich das multilaterale Agieren von Regionen, wenn eine Schnittmenge inhaltlicher Interessen besteht. Was uns fehlte, war die geeignete äußere Form dafür. Zu unserer Oder-Partnerschaft gehören nun die ostdeutschen Länder Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen sowie die westpolnischen Wojewodschaften Westpommern, Lebuser Land, Niederschlesien und Großpolen. Außerdem sind die Städte Stettin, Posen, Breslau, Zielona Góra und Gorzów beteiligt. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die „Oder-Partnerschaft“ ist keine neue territoriale Einheit mit eigenen Verwaltungsstrukturen, sondern eine Gesprächsplattform. Sie erleichtert es den Wojewodschaften und Ländern, ihre Anliegen vorzubringen und
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gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dabei geht es uns vor allem um die Abstimmung zu Fragen der regionalen Entwicklung, bislang hauptsächlich in den Bereichen Wirtschaft und Verkehr. Mit den Euroregionen und der Oder-Partnerschaft ist Brandenburg für die voranschreitenden Verflechtungsprozesse im Grenzgebiet gut aufgestellt, auch wenn die hohe Dynamik der Entwicklungen uns noch viel Flexibilität – im Denken wie im Handeln – abverlangen wird. Der gemeinsame Wirtschaftsraum gewinnt an Konturen und eröffnet damit neue Möglichkeiten, auch für den Mittelstand. Wer hätte sich vor einigen Jahren beispielsweise vorstellen können, dass die Shopping-Touristen nicht nur von Brandenburg nach Polen wandern, sondern auch umgekehrt? Fakt ist: Im Nordosten Brandenburgs, im Schwedter „Odercenter“, sorgten polnische Einkäufer nach Aussagen der Einzelhändler 2008 für bis zu 70 Prozent der Umsätze. Zwar können die Wirtschaftskrise und der Einbruch des Zloty diesen Trend kurzfristig bremsen, mittel- und langfristig aber wird die Entwicklung zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum voranschreiten. Die Anpassung des Lohn- und Preisgefüges in Polen führt nicht nur zu wachsender Konsumnachfrage in Brandenburg, sondern macht immer öfter möglich, was vor einiger Zeit kaum denkbar schien: dass deutsche Unternehmen, gerade Mittelständler, in Polen Aufträge erhalten, sei es im Handwerk oder anderen Bereichen, in denen deutsche Qualitätsarbeit in Polen einen guten Ruf genießt. Das Interesse von Brandenburger Unternehmen an solchen Optionen wächst, wie in diesem Frühjahr die rege Beteiligung an der Industriemesse in Posen zeigte. Umgekehrt fragen potentielle Partner aus Mittel- und Osteuropa immer häufiger nach Brandenburger Erfahrungen, die wir in den letzten 20 Jahren sammeln konnten, etwa bei der Gebäudesanierung und beim Städterückbau, bei der Modernisierung der kommunalen Infrastrukturen, des sozialen Sektors und des Gesundheitswesens. Ausblick: Chancen erkennen und ergreifen Entscheidend ist, dass die Brandenburger Mittelständler mit Blick auf mittel- und osteuropäische Staaten nicht nur kurzfristige betriebliche Maßnahmen ergreifen, sondern sich durch eine langfristige strategische Orientierung neu aufstellen. Dabei können die Fördermaßnahmen der Landesregierung und der ZAB helfen. Ausschlaggebend wird aber sein, wie es uns gelingt, die Perspektive MOE in allen Wirtschafts- und Lebensbereichen mitzudenken und die junge Generation entsprechend vorzubereiten.
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Das heißt zum Beispiel für viele kleinere Unternehmen: Wer soll die Kontakte aufbauen, wer spricht die Sprachen, wer kennt sich vor Ort aus? Und für unsere Familienunternehmen: Haben sie daran gedacht, dass der künftige Erbe oder die Erbin des Unternehmens eine „internationale Ausbildung“ erhält? Es gibt eine Fülle solcher praktischer Fragen, die wir den Betrieben nicht abnehmen, für die wir aber günstige Rahmenbedingungen schaffen können. In der Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Wirtschaft sehe ich dabei drei Schwerpunkte: 1. Interkulturelle Bildung fördern! Bildung hat für die Landesregierung in der zu Ende gehenden Legislaturperiode höchste Priorität und wird sie auch weiterhin behalten. Für die Ausrichtung des Brandenburger Mittelstands nach Mittel- und Osteuropa gelten zum einen die grundsätzlichen Herausforderungen der Bildungspolitik, beispielsweise die Fachkräftesicherung angesichts des demographischen Wandels. Schon heute melden einige Bereiche des Mittelstands, vor allem das Handwerk, Schwierigkeiten bei der Suche nach geeigneten Auszubildenden für ihre Betriebe. 2006 hatten wir noch 30.000 Schulabgänger in Brandenburg; 2015 werden es nur noch 15.000 sein – die Hälfte. Mehr denn je müssen wir uns also in einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller gesellschaftlichen Gruppen um die Bildung und um die regionalen Perspektiven der jungen Menschen bemühen. Daneben bestehen natürlich spezifische Herausforderungen an die interkulturelle Qualifikation der Brandenburgerinnen und Brandenburger. Unsere vielen Städte- und S chulpartnerschaften mit MOE-Ländern, Austauschprogramme und „grenzüberschreitende“ Vereinsaktivitäten sind gute Voraussetzungen. Erfreulich ist auch die Tatsache, dass die Zahl Polnisch lernender Jugendlicher seit 1999 um rund 20 Prozent zugenommen hat. Heute lernen etwa 2.200 junge Menschen an 38 Schulen in Brandenburg die Sprache unseres Nachbarlandes. Darauf ausruhen kann sich das Land allerdings nicht. Es gilt mit jedem Schülerjahrgang erneut, noch mehr Kinder und Jugendliche für Polnisch oder andere mittel- und osteuropäische Sprachen zu begeistern. Auch die Universität Viadrina, unser Flaggschiff der deutsch-polnischen Hochschulbildung, unternimmt seit langem vielfältige Aktivitäten in diese Richtung und hat sich die weitere Vertiefung dieses Schwerpunktes auf die Fahnen geschrieben. Dazu gehört die Anwerbung von Studierenden aus mittel- und osteuropäischen Ländern ebenso wie die Formulierung von Kooperationsverträgen. Ein interdisziplinärer europapolitischer Masterstudiengang soll bestehende Angebote wie das Collegium Polonicum ergänzen.
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Größere Anstrengungen müssen wir einplanen für das Ziel, die top-ausgebildeten MOEExperten nach Abschluss ihrer Ausbildung hier in Brandenburg zu halten. Das bedeutet unter anderem, Angebot und Nachfrage am Brandenburger Arbeitsmarkt noch besser zusammenzuführen. Ich glaube daran, dass in weiteren zwanzig Jahren die Menschen in Polen und in Brandenburg zwar immer noch Polen und Deutsche sind, dass es aber für ihre Ausbildungsund Arbeitsbiografien unerheblich ist, ob sie diesseits oder jenseits der Oder lernen und arbeiten. 2. Partnerschaften mit Mittel- und Osteuropa ausbauen! Brandenburg hat sich und seine Wirtschaft der Welt geöffnet. Unsere Städte werben zuweilen offensiv mit ihren Bindungen nach Mittel- und Osteuropa. Bei topographischen Zwillingen wie Frankfurt(Oder)-Slubice oder Guben-Gubin mag das für Außenstehende auf den ersten Blick nachvollziehbar sein, aber bei näherer Betrachtung hat ganz Brandenburg Anknüpfungspunkte und Potential für eine enge Zusammenarbeit mit den MOE-Staaten. Damit meine ich nicht nur unsere geographische Lage. Zwischen Brandenburg und verschiedenen Regionen Mittel- und Osteuropas zeigen sich auffallende Parallelen, obwohl unsere Startbedingungen durch den Beitritt zur Bundesrepublik nicht vergleichbar mit denen jener Regionen sind. Der Umbruch in Ostdeutschland zum marktwirtschaftlichen System fand in einem Tempo statt, das kein anderer Staat des Ostblocks erreichte – auch nicht erreichen konnte! Die Gründe dafür sind offensichtlich. Die Transferzahlungen aus den „alten“ deutschen Bundesländern haben in Ostdeutschland eine Entwicklung ermöglicht, die in Ungarn oder Rumänien so nicht denkbar war. Dennoch gibt es zahlreiche Parallelen, das betrifft Transformationsprozesse in der Politik, Verwaltung und Wirtschaft ebenso wie Veränderungen in der Kultur, im sozialen Miteinander oder gemeinsame Herausforderungen wie den demographischen Wandel. Unsere Erfahrungen möchten wir deshalb gern teilen, sind aber auch offen für Beratung, denn aus der „Mentorenrolle“, die uns beispielsweise gegenüber Polen oft zugesprochen wurde, ist längst etwas Neues entstanden: Partnerschaft und Wettbewerb im gemeinsamen Europa – und zwar auf Augenhöhe. Statt Annäherung und Unterstützungsmaßnahmen steht jetzt das Ausloten gemeinsamer Interessen auf diversen Handlungsfeldern im Fokus. Wie kann der Mittelstand von diesen neuen Verhältnissen profitieren? Die brandenburgisch-polnischen Perspektiven zu dieser Frage habe ich bereits beschrieben, gute Ansätze existieren jedoch auch für andere mittel- und osteuropäische Länder. Die jüngsten Unternehmerreisen der Landesregierung nach Tschechien, Weißrussland und in die Slowakei
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befassten sich beispielsweise mit der Energiewirtschaft. Gerade in einem solchen Zukunftsfeld, bei dem sowohl der Markt als auch die nationalen und europäischen Regulierungsvorgaben noch viel Raum für Innovation und eigene Gestaltungsvorschläge lassen, ist der Blick über den Tellerrand unverzichtbar. Das Thema CCS-Technologie4 zeigte dabei jüngst, wie dynamisch die Entwicklungen sind. Das gilt für unseren eigenen Anspruch an Technologieführerschaft, aber auch für unsere Rolle gegenüber potentiellen Partnern und „Käufern“ unserer Lösungen, die sich auch aus MOE-Staaten, zum Beispiel Polen, schon gemeldet haben. Um neue Formen der Zusammenarbeit, unter anderem in der Energiewirtschaft, voranzutreiben, steht mit der „Östlichen Partnerschaft“ nun ein zusätzliches Instrument zur Verfügung. Wir sind in Brandenburg derzeit dabei, diese Kooperationsvereinbarungen der EU mit Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien, der Ukraine und Weißrussland auf ihre Potenziale für unsere regionalen Projekte zu prüfen. 3. Kräfte von Berlin und Brandenburg bündeln! Wenn man die fünf Jahre nach der EU-Osterweiterung Revue passieren lässt, werden zwei grundlegende Entwicklungen deutlich: zum einen die voranschreitende Regionalisierung, also die Profilbildung geografischer Räume, zum anderen die Suche nach gleichgesinnten Akteuren in der gewachsenen europäischen Familie, d.h. die Ausbildung neuer strategischer Allianzen, durch die tradierte Konstellationen der Zusammenarbeit in Europa mitunter abgelöst werden. Das Land Brandenburg befindet sich dabei – wie wohl alle Regionen – in einem permanenten Findungsprozess, der aber auch bereits Erkenntnisse bietet. Zwischen vielen Details zeichnet sich deutlich eine Richtung ab, die für die Orientierung nach Mittel- und Osteuropa von großem Wert ist: die immer stärkere Verflechtung von Berlin und Brandenburg. Wirtschaft und Wissenschaft haben die Vereinigung der beiden Bundesländer de facto „von unten“ vollzogen: durch gemeinsame Projekte, Kooperationen, Netzwerke und Verbünde aller Art. Vor allem die gemeinsame Forschungslandschaft mit sieben Universitäten, insgesamt 21 Hoch- und Fachhochschulen sowie über 100 privaten Stätten für Forschung und Entwicklung profitiert davon, Stichwort: Innovationskraft. Diese Verflechtung setzt sich rasant fort (und ihr Potential ist noch längst nicht ausgeschöpft!), weil sie von tausenden Akteuren, auch vom Mittelstand, getrieben wird und am Markt erfolgreich ist. Bester aktueller Beweis dafür ist der Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI). Das größte Infrastrukturprojekt Ostdeutschlands feierte kürzlich sein 1.000-Tage-Jubiläum
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der Bauarbeiten und steht inzwischen – trotz Wirtschaftskrise – auch finanziell auf sicherem Fundament. Wenn im Herbst 2011 der Echtbetrieb startet, können bis zu 25 Millionen Passagiere im Jahr am BBI abfliegen und landen. Erweiterungsfähig ist der Flughafen für bis zu 45 Millionen Gäste. Der Bau selbst und die zusätzlichen Infrastrukturen wie die Straßen- und Schienenanbindung wirken schon heute wie ein eigenes Konjunkturpaket in der Region, gerade für den Mittelstand. Die Aufträge gingen und gehen zu rund 80 Prozent an Unternehmen aus Berlin und Brandenburg. Bei einem Investitionsvolumen von über 3 Milliarden Euro rechnet die Flughafengesellschaft mit bis zu 40.000 neuen Arbeitsplätzen. Der BBI ist ein echter Job- und Innovationsmotor; als neues Drehkreuz des Ostens wird er die Region im wahrsten Sinne beflügeln und Brandenburg auch für Partner aus Mittel- und Osteuropa attraktiver machen. Er eröffnet uns die Chance, künftig ganz selbstverständlich an der schnelllebigen Wissensgesellschaft und an der internationalen Arbeitsteilung teilzuhaben, weil wir dann optimal angebunden sind. Bleibt zu wünschen, dass im Osten (geographisch großzügig interpretiert) die Sonne zukünftig so hell strahlt, dass sie die zeitweiligen Schatten der Wirtschaftskrise bald vergessen lässt.
1 Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe; 1949 als sozialistisches Gegengewicht zum Marshallplan und zur OECD gegründet. 2 Datenquelle: Zukunftsagentur Brandenburg; alle Zahlen gerundet. 3 Ministerium für Wirtschaft des Landes Brandenburg: „Außenwirtschaftkonzept für das Land Brandenburg – Brandenburg International“, erschienen am 11. März 2008, abrufbar unter http://www.wirtschaft.brandenburg.de. 4 CCS = Carbon Dioxide Capture and Storage, die Abscheidung von CO2 in einem Kraftwerksprozess und anschließende Speicherung in geologischen Strukturen. Brandenburg hat mit dem Partner Vattenfall den Prototypen und eine CCS-Pilotanlage bereits realisiert. In den nächsten Jahren soll ein Demonstrations-Kraftwerksblock mit 300 Megawatt in Süd-brandenburg in Betrieb gehen.
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Dieter Althaus Der Thüringer Mittelstand und Osteuropa Thüringen und Osteuropa pflegen seit vielen Jahrhunderten intensive Beziehungen. Die Großfürstin Maria Pawlowna legte einst in Weimar den Grundstein für einen regen Austausch von Dichtern und Denkern. Namhafte osteuropäische Künstler wie Leo Tolstoi oder Wassily Kandinsky weilten in der Mitte Deutschlands. Mit dem Europäischen Fürstenkongress 1808, dessen 200. Wiederkehr wir im letzten Jahr in Erfurt gebührend gefeiert haben, intensivierten sich auch politische Verbindungen. Vor allem aber pflegte Thüringen von jeher wirtschaftliche und wissenschaftliche Handelsbeziehungen nach Osteuropa. Die radition geht zurück bis ins Mittelalter, als auf der „via regia“, der alten Ost-West-Handelsstraße, Waren aus Westeuropa durch Thüringen bis nach Nowgorod transportiert wurden. Nach der friedlichen Revolution 1989 ist der Austausch mit dem Osten zunächst stark zurückgegangen. Doch erfreulicherweise vertiefen sich diese Handelsbeziehungen inzwischen wieder. Die Russische Föderation gehört heute zu den wichtigsten Handelspartnern der Bundesrepublik. Die Beziehungen zwischen Russland und Thüringen nehmen dabei einen besonderen Stellenwert ein: Russland hat für den Thüringer Mittelstand Priorität. Das Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.V. (RKW) ist den Unternehmen bei der Akquisition von Auslandsmärkten ein verlässlicher und kompetenter Partner. Die Angebote für den Mittelstand umfassen darüber hinaus auch Bereiche wie Unternehmensberatung, Innovationsmanagement, Existenzgründung und ein bundesweites Seminarangebot. Damit bietet der RKW ein umfängliches Programm und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung des Mittelstands. Thüringen profitiert davon in besonderer Weise – denn Thüringen ist Mittelstandsland. Mit 79 Betrieben auf 100.000 Einwohner hat der Freistaat im Ländervergleich die höchste Betriebsdichte nach Baden-Württemberg. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen im Freistaat bilden entsprechend mit 70,9 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze das Rückgrat der Thüringer Wirtschaft – und sichern uns damit seit zehn Jahren die niedrigste Arbeitslosenquote in den neuen Ländern. Mehr noch: Die Thüringer Wirtschaft ist in den letzten zehn Jahren um fast 28 Prozent gewachsen; das ist mehr als der gesamtdeutsche und ostdeutsche Durchschnitt! Ein Großteil dieses Erfolges basiert auf dem zukunftsorientierten Denken der Thüringer Unternehmen. Denn sie nutzen die Chancen, die ihnen die Globalisierung bietet. Erfahrung,
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hervorragende Qualität und innovatives Know-how überzeugen Kunden in Osteuropa wie auch in allen anderen Teilen der Welt. Zahlen untermauern das eindrucksvoll: Fast ein Drittel aller in Thüringen produzierten Güter und Waren sind für den Export bestimmt. Die Chancen der Globalisierung bergen jedoch auch Risiken. Die Folgen der Finanz- und Konjunkturkrise gehen an Thüringen und seinen Unternehmen nicht schadlos vorüber. Besonders die Automobil- und Zulieferindustrie – in Thüringen die am stärksten vertretene Branche – bekommt die Auswirkungen zu spüren. Glücklicherweise hat die Bundesregierung entschlossen und schnell Hilfe auf den Weg gebracht. Mit dem Konjunkturpaket stehen Mittel in Höhe von 50 Milliarden Euro zur Verfügung. Sie entfalten direkt bei den Menschen ihre Wirkung. Und ganz wichtig: Sie unterstützen kleine und mittelständische Unternehmen, die im Zuge der globalen Krise unverschuldet in Schwierigkeiten geraten. Mit einem exzellenten Krisenmanagement haben wir Vertrauen geschaffen. Auch der Föderalismus hat sich in dieser Notsituation bewährt. Bund und Länder haben gemeinsam bewiesen, dass unsere föderale Ordnung auch außergewöhnlichen Herausforderungen gewachsen ist. Die deutsche Demokratie ist handlungsfähig. Und noch eines ist klar: Die Marktwirtschaft wird nicht an der Finanzkrise scheitern! Sie hat sich in den letzen Jahrzehnten als tragfähiges System erwiesen und mit einer beispiellosen Dynamik einen bis dahin unerreichten Wohlstand geschaffen! Wir müssen Vertrauen haben! Eine freiheitliche Gesellschaft lebt vom Vertrauen in eine funktionsfähige Wirtschaft und in den Schutz des Individuums als Grundvoraussetzung für die persönliche Freiheit. Marktwirtschaft ist immer dann am stärksten, wenn sie von Menschen getragen wird, die über den Tag und das nächste Quartal hinaus handeln und Verantwortung übernehmen. Wir müssen gemeinsam alles daran setzen, die Welt künftig vor Krisen wie dieser zu schützen. Was wir brauchen, ist nicht Staatswirtschaft und kommunistischen Dirigismus. Denn die Finanzmarktkrise ist eine Vertrauenskrise in das Finanz- und Bankensystem und keine Krise der Sozialen Marktwirtschaft. Die Soziale Marktwirtschaft ist mehr als je zuvor die Ordnung der Zukunft. Eine Ordnung, die wir neuen Entwicklungen und Herausforderungen anpassen können. Was Not tut, ist ein internationales Regelwerk, das Durchsichtigkeit, Redlichkeit und Kontrollierbarkeit gewährleistet. Und das die Wettbewerbsgleichheit für das deutsche Bankensystem, für die deutsche Wirtschaft und damit für die Thüringer Wirtschaft auch künftig sichert.
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Mittelstand und Osteuropa
Ich bin zuversichtlich, dass die Thüringer Unternehmen der Krise erfolgreich die Stirn bieten können. Sie zeichnen sich durch ein besonderes Maß an Kreativität und Innovationsfähigkeit aus, so dass sie diese weltweite Krise vielmehr als Chance begreifen und darum gestärkt daraus hervorgehen werden. Leistungsfähigkeit und ein hoher Anspruch an Produkte, Erfindungen und Ziele werden zudem noch durch einen weiteren wichtigen Fakt ergänzt: die branchenübergreifende Vernetzung. In Thüringen haben sich in den vergangenen Jahren hervorragende Clusterstrukturen entwickelt. Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch die Politik stehen in regelmäßigem Austausch. Wie eng diese Zusammenarbeit verläuft, zeigt sich alljährlich bei den Unternehmerreisen ins Ausland. Delegationsreisen mit Schwerpunkt auf Osteuropa sind stark nachgefragt – das Interesse spiegelt das Potenzial wider, das in den wechselseitigen Beziehungen liegt. Polen, Ungarn, Litauen, Russland, Rumänien und Bulgarien waren in den vergangenen fünf Jahren zum Teil mehrmals Ziel der Thüringer Wirtschaft. Die Ergebnisse können sich immer sehen lassen – sie reichen von ersten Kontaktaufnahmen bis hin zum Abschluss wichtiger Verträge. Umgekehrt empfangen wir auch oft und gern osteuropäische Wirtschaftsdelegationen. Russland, Ukraine, Malopolska und Ungarn führen die Besucherlisten an. Dank einer intensiven Koordinierung und Pflege bestehender Regionalpartnerschaften entwickeln sich zusätzlich wirtschaftliche, kulturelle, gesellschaftliche und politische Kontakte. Die Anstrengungen lohnen sich für beide Seiten, denn es stellen sich zunehmend und unübersehbar Erfolge ein. Für die Wirtschaft markieren große Projekte der AutomobilZulieferindustrie wie beispielsweise eine Kooperation mit dem russischen Automobilkonzern AvtoVAZ, diese Entwicklungen. Das sind zukunftsorientierte Schritte. Über tausende Kilometer werden die Kräfte gebündelt – zum wirtschaftlichen und damit auch gesellschaftlichen Nutzen beider Seiten. Es gilt jetzt, diese gute Basis weiter auszubauen. Der Thüringer Mittelstand hat das nötige Potenzial, um sich bestimmend in die Verbindung der etablierten, hochentwickelten Märkte der „alten“ EU-Länder und der „jungen“, dynamisch wachsenden Märkte einzubringen. Dafür sprechen die bestehenden, intensiven Beziehungen. Und dafür sprechen auch andere regionale Faktoren wie eine hervorragende Infrastruktur und die Maßgabe „Vorfahrt für Wirtschaftsförderung“.
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Ich bin sicher, dass sich auf einer demokratischen Grundlage die vielversprechenden Entwicklungen der wirtschaftlichen, politischen und zwischenmenschlichen Beziehungen fortschreiben lassen. Auf diese Art bauen wir mit an einer gemeinsamen Zukunft im Haus Europa! Die Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Osteuropäern und Deutschen ist dafür sehr wichtig. Sie soll zugleich Ansporn sein zu fortdauerndem, lebendigem Austausch mit den Menschen in Osteuropa. Den Thüringer Unternehmern wünsche ich für die Zukunft alles Gute! In der Thüringer Landesregierung und im RKW haben Sie für diese gute Zukunft zwei verlässliche Partner. Der 17. Band der RKW-Kuratoriumsmitglieder unterstreicht dies mit seinen interessanten und aufschlussreichen Beiträgen. Und sie ermutigen zugleich zum Handeln in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit, frei nach den Worten des russischen Schriftstellers Fjodor Dostojwskij: „Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst.“
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Petra Roth Der Frankfurter Mittelstand und Osteuropa Die thematische Verknüpfung der mittelständischen Wirtschaft Deutschlands mit Osteuropa erfordert ein Eingehen auf das aktuelle Geschehen in der Weltwirtschaft. So sind dieser Tage Meldungen wie „IWF: Deutsche Wirtschaft stürzt brutal ab“ zu lesen. Nach dieser Analyse schrumpft die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr (2009) um 5,6 %. Global prognostiziert der IWF-Fonds hingegen ein Minus von 1,3 %. Dies wäre mit weitem Abstand die schwerste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg. „Wir stecken in der Mitte von etwas, das einer Depression sehr nahe kommt“, wurde IWF-Chefökonom Oliver Blanchard zitiert. Für ein besonders stark exportorientiertes und erfolgreiches Land, also für Deutschland, stellt sich die Frage, wie man am besten dieser Gefahr mit einer intelligenten Gegen-Strategie begegnen kann. Voran stelle ich eine Meldung des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft vom 27. 2. 2009. Dort stand zu lesen: „Die deutschen Exporte nach Mittel- und Osteuropa haben im Jahr 2008 über 9 Prozent zugelegt und mit 166 Mrd. Euro einen neuen Rekord erzielt. Das Exportwachstum in dieser Region war damit dreimal stärker als das deutsche Exportwachstum insgesamt.“ Osteuropa war damit ein entscheidender Wachstumstreiber für die deutsche Wirtschaft. Die Importe aus Mittel- und Osteuropa nahmen gleichzeitig um fast 11 % zu. Das Handelsvolumen mit dieser Region betrug 307 Mrd. Euro, was bedeutet, dass Deutschland einen regionalen Handelsüberschuss von ca. 25 Mrd. Euro erzielte. Halten wir fest: Jeder sechste Euro, den Deutschland im Export „verdiente“, wurde im Außenhandel mit Ländern Mittel- und Osteuropas (MOE) realisiert. Ein anderer Aspekt: Der technische Fortschritt, neue Kommunikations- und Informationswege und immer günstigere Transporttechniken verändern die Welt, damit auch Europa und das Leben der Menschen zunehmend. Sie ermöglichen eine weltweite Vernetzung und Verflechtung nie gekannten Ausmaßes. Dabei findet die Globalisierung auf allen Ebenen statt. Sie umfasst Personen und Gesellschaften. Sie hält Einzug in alle Bereiche des menschlichen Lebens. Durch geopolitische Veränderungen wie den Fall des Eisernen Vorhangs, den Zusammenbruch des Warschauer Pakts und die daraus folgende Osterweiterung der Europäischen Union hat dieser Prozess in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich an Fahrt gewonnen.
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Manch einem mag dieses Tempo viel zu rasant erscheinen. Doch die Globalisierung lässt sich nicht aufhalten, und im Grunde ist sie die Erfüllung eines alten Menschheitstraums: eine Welt, in der Menschen und Völker global in ständigem Austausch miteinander stehen. Schauen wir nun einmal auf Europa! Weltpolitisch gesehen ist Europa, mit der Union der 27 Mitgliedsstaaten als Kern, ein Riesen-Erfolg. Ein Kontinent, seit dem römischen Limes durch Grenzen definiert, hat seine Binnengrenzen weitgehend aufgehoben. Ein Kontinent, der über Jahrhunderte von Kriegen und Erbfeindschaften gebeutelt wurde, lebt jetzt im Frieden. Und ein Kontinent, aus dem man bis ins 20. Jahrhundert aus Armut oder wegen Verfolgung auswandern musste, verbindet jetzt politische Freiheit und materiellen Wohlstand mit einer kulturellen einschließlich wissenschaftlichen Blüte. Dass sich Friedenszeiten sowie kulturelle und wissenschaftliche „Sturm-und-DrangPerioden“ auch wirtschaftlich günstig auswirken können, ja zwangsläufig müssen, setze ich dabei als allgemein anerkannte Tatsache voraus. Moderne Kommunikationstechniken, günstige Produkte aus dem Ausland, offene Grenzen und günstige Transportmittel gehören für uns mittlerweile zum selbstverständlichen Alltag – und doch sind sie Errungenschaften der Globalisierung, die unsere Flexibilität in Freizeit und Beruf um ein Vielfaches erhöhen. Ein Ferngespräch in die USA oder nach Asien war noch vor einem Jahrzehnt eine relativ kostspielige Ausnahme. Heute ist es sehr weit verbreitet, ja selbstverständlich, über das Internet rund um den Globus zu chatten oder zu telefonieren. Die aktuelle Wirtschaftskrise hat ihren Ausgangspunkt in einer Finanzkrise, deren eigentlicher Ursprung ganz überwiegend, aber nicht ausschließlich, in den USA liegt. Der folgende Zusammenbruch einiger Banken hat große Sorgen bei den Menschen ausgelöst. Das Vertrauen der Bürger und Unternehmen in manche Bank ist rapide gesunken. Und die Banken leiden auch untereinander an einem starken Vertrauensverlust. Mir kommt dabei ein Wort des früheren Wirtschaftsministers Karl Schiller in den Sinn, der vom Geld sprach, das sich „wie ein scheues Reh“ verhalte. Trotz der dramatischen Ereignisse der vergangenen Monate hat Deutschland bislang insgesamt aber auch viele Früchte der Globalisierung ernten können. So war Deutschland jahrelang Export-Weltmeister und konnte diesen Titel auch 2008, wider Erwarten, noch einmal (knapp) verteidigen. Im vergangenen Jahr wurden erstmals Waren im Wert von über 1 Billion Euro exportiert. Diese hohe Ausfuhrleistung und -quote macht aber auch eines überdeutlich: Die deutsche Wirtschaft mit ihrem hohen Exportanteil hat in den vergangenen Jahren in erster Linie von der Globalisierung profitiert und Wachstumsimpulse erhalten. Doch strahlt dieser Erfolg nicht auf alle gleichermaßen aus.
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Mittelstand und Osteuropa
Man sollte sich nicht darüber hinwegtäuschen lassen, dass die Globalisierung für viele Unternehmen mit Schwierigkeiten verbunden ist, wenn es darum geht, Chancen effektiv zu nutzen oder auch, sich neuer, bisher nicht gekannter Konkurrenz aus dem Ausland im Wettbewerb zu erwehren. Man denke dabei z. B. an das Handwerk. Nun wäre es unrealistisch, anzunehmen, dass jeder der 3,4 Millionen KMU-Betriebe direkt ins Auslandsgeschäft einsteigen könnte oder sollte. Nach einer Gemeinschafts-Studie der KfW Bankengruppe / Creditreform haben sich viele deutsche Mittelständler auf die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft eingestellt und sind im europäischen Vergleich außerordentlich erfreulich und überdurchschnittlich stark engagiert. Fast ein Viertel der Mini-, der kleinen und mittleren Unternehmen ist demnach im Exportgeschäft aktiv, zwei Drittel der mittelständischen Exporte fließen in Länder der EU-27. Als Ziel von Direktinvestitionen spielen die MOE-Länder für den Mittelstand eine sehr viel größere Rolle als für die Gesamtwirtschaft. Wesentliches Motiv für die Auslandsengagements ist dabei die Erschließung neuer Absatzmärkte. Als weitere Triebkräfte der Globalisierung identifizierten die KfW-Bankengruppe / Creditreform die Verlagerung von Fertigungen für Großkunden, denen der Mittelstand „folgte“ sowie eine aufgrund schwacher Binnennachfrage steigende Attraktivität ausländischer Märkte. Weitere zentrale Ergebnisse dieser Untersuchung sind: •
24 % der deutschen Mittelständler exportieren. Das Auslandsgeschäft trägt im Durchschnitt 17 % zum Gesamtumsatz bei.
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Die Exportquote des deutschen Mittelstandes liegt über dem Durchschnitt der 15 alten EU-Länder (12 %)und übersteigt auch die entsprechenden Quoten anderer großer europäischer Volkswirtschaften wie Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien.
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Fast die Hälfte (46 %) aller mittelständischen Direktinvestitionen fließt in die alte EU in ihren Grenzen von 2004 – ähnlich hoch ist der Anteil für alle deutschen Direktinvestitionen in diesen Staaten.
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Eine besondere Bedeutung für die kleinen und mittleren Unternehmen haben die mittel- und osteuropäischen Beitrittsländer. 29 % der Investitionsvolumina der geförderten Mittelständler flossen dorthin.
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Die Beitrittsländer haben zudem im Zeitverlauf für den Mittelstand an Bedeutung gewonnen. So gingen zwischen 1986 und 1995 22 % des Investitionsvolumens der von der KfW geförderten Mittelständler nach Mittel- und Osteuropa, im Zeitraum von 2001 bis heute sind es 29 %.
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Neben Mittel- und Osteuropa haben weiter entfernte Regionen wie Asien und Amerika als Ziel mittelständischer Direktinvestitionen an Bedeutung gewonnen.
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Das Outsourcing von Teilen der Produktion an kostengünstige Standorte spielt auch im Mittelstand eine wichtige und weiter zunehmende Rolle. 65 % der Unternehmen importieren Güter, d. h. Fertigerzeugnisse, Vorleistungen und Teile, die im Ausland hergestellt wurden. In ähnliche Richtung geht die Aussage einer Expertise von PricewaterhouseCoopers
(PwC) unter dem Titel: „Neue EU-Länder Rumänien und Bulgarien locken den deutschen Mittelstand“. Hohe Wachstumsraten, niedrige Löhne und gut ausgebildetes Personal gelten als „Lockmittel“. Die seit Jahresanfang 2007 neuen EU-Mitgliedsstaaten wirken demnach wie eine kleine europäische Antwort auf die „Tigerstaaten Asiens“. Weitere InvestitionsAnreize in diesen Ländern sind u. a. günstige Steuersätze, niedrige Grundstückspreise, Investitionsfördergesetze und tatkräftige Hilfe für Investoren. Allein in Bulgarien sind bereits 1.200 deutsche Unternehmen vor Ort. Aussichtsreiche Branchen sind: Maschinenbau, Nahrungsmittelverarbeitung, Automobilteileherstellung oder Softwareentwicklung. Gute Aussichten gelten auch für die rumänische Bau-Industrie; denn es geht dort um sehr umfangreiche Infrastruktur-Projekte. Trotz des in den letzten Monaten festgestellten gesamtwirtschaftlichen Einbruchs sehen Konjunkturexperten für den deutschen Mittelstand gute Chancen im Ausland. In Osteuropa seien etwa im Rahmen von Konjunkturprogrammen große Projekte zum Thema Energieeffizienz geplant. Dies könne interessant werden für deutsche Unternehmen in den Sparten Bauwirtschaft, Gebäudesanierung, erneuerbare Energien, Umwelt- und Klimatechnik. Die EU hat vor allem für Infrastrukturprogramme in den 12 neueren Mitgliedsstaaten bis zum Jahr 2013 insgesamt fast 180 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. Die Vergabe dieser Gelder ist zweckgebunden und erfolgt nur, wenn sie in konkrete Vorhaben investiert werden. Deshalb planen diese Länder umfangreiche Projekte. Polen will Milliardenbeträge in den Bau von Anlagen der Wasserversorgung und des Kläranlagensystems stecken; Kroatien plant einen Ausbau des Entsorgungssystems und Tschechien zahlreiche moderne Heizkraftwerke und Warmwassersysteme. Diese Beispiele sind jedoch nur ein winziger Ausschnitt aus einem großen Füllhorn von Möglichkeiten.
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Was auch sonst für ein Engagement des deutschen Mittelstandes in Ost-Europa spricht: •
Ost-Europa ist nicht zu weit entfernt und überschaubar.
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Viele Osteuropäer sprechen unsere Sprache und schätzen uns.
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Man kann dort an alte Traditionen und Beziehungen anknüpfen.
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Das, was der deutsche Mittelstand anzubieten hat, „passt“ zum Lebens- und Konsumentengefühl vor Ort. Diese Spezifika aus deutscher Sicht machen es besonders aussichtsreich, sich im Raum
der MOE-Staaten zu engagieren. Das einzelne Unternehmen kann und muss dabei unter Würdigung der eigenen Gegebenheiten, Möglichkeiten und Chancen entscheiden, welche Art Engagement es wählt. Es ist zwar relativ einfach, Produkte in diese Länder zu liefern, aber größere Erfolge werden wohl nur den Firmen winken, die vor Ort präsent sind. Beispielsweise könnte ein Zweigbetrieb in Erwägung gezogen werden oder auch eine enge Kooperation mit einem dort bestehenden Unternehmen gleicher oder ähnlicher Branche. Bei starker Geschäftsausweitung wäre es, wenn man eine eigene Direktinvestition unterlässt, nicht zuletzt auch aus steuerlichen Überlegungen strategisch vorteilhaft, zumindest auch eine Art Joint Venture in Betracht zu ziehen. Frankfurt am Main, dies kann mit Fug und Recht konstatiert werden, ist mit Osteuropa bestens vernetzt. Es gibt eine ganze Reihe von Anknüpfungspunkten: •
Über den Flughafen führen viele Flugverbindungen nach Osteuropa. Frankfurt hat in Westeuropa die meisten Verbindungen nach MOE.
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Die Messe Frankfurt GmbH ist in Osteuropa präsent und dort aktiv.
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Die größeren Frankfurter Banken sind in Osteuropa engagiert.
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Frankfurt am Main ist auch das Zentrum des deutschen Auslandstourismus
(outgoing tourism). •
Die KfW refinanziert fast alle unternehmerischen Auslandsinvestitionen von deutschen KMU.
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Die direkten Kontakte mit den zuständigen Auslands-Handelskammern in den osteuropäischen Hauptstädten sind nutzbringend.
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Die Handwerksorganisation (Kammern und handwerkliche Bundesfachverbände) stehen mit Osteuropa in gutem Kontakt.
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Die in Frankfurt ansässigen, bedeutenden Industrieverbände haben gute
Auslandsbeziehungen, speziell auch nach Osteuropa.
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Osteuropa hat einen prioritären Platz auf der Agenda der Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH.
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Hessen-Agentur und die Frankfurt Rhein Main GmbH sind in Osteuropa ebenfalls aktiv.
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Die Frankfurter Hochschulen sind mit Osteuropa gut vernetzt.
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Die bestehenden Städtepartnerschaften Frankfurts, die nach Osteuropa „hineinwirken“, erleichtern die Geschäftsanbahnung. Partnerstädte sind Prag, Krakau und Budapest.
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Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt sind aufgrund ihrer Familiengeschichte und Ethnie mit Osteuropa vertraut und unterhalten teilweise dorthin enge Kontakte.
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Ansehnliche Zahlen von Staatsangehörigen dieser MOE-Länder halten sich ständig oder auf Zeit in unserer Stadt auf. Aus Frankfurter Sicht sei noch ein weiterer, gleichwohl besonders wichtiger Gesichts-
punkt herausgehoben: Viele Länder Europas, noch außerhalb der EU, spüren einen zunehmenden Druck, die Aufnahme in die EU und später auch in die Euro-Zone zu betreiben. Es liegt auf der Hand, dass damit auch die Weichen mittel- und langfristig für Frankfurt am Main gestellt sind. Trotzdem sollte von allen Seiten, gerade auch von uns, die Chance genutzt werden, eine Wellenbewegung, die schon hohe Fahrt aufgenommen hat, noch schneller werden zu lassen. Denn bekanntlich sollte man stets nach Höherem streben, vor allem dann, wenn es in Europa relativ leicht gemacht wird, und dies ist das Positive meiner Botschaft zum Schluss, mit vergleichsweise wenig Aufwand große Wirkung zu erzielen. Mag uns die gegenwärtige Krise eine gewisse Atempause verordnen, die mittel- und langfristigen Chancen bleiben davon unberührt. Und sehen wir es doch einmal optimistisch: Wer sagt uns denn, dass die derzeitige Wirtschaftsdelle lang andauert? Vielleicht hat sich 2010 das Blatt wieder gewendet. So gesehen soll und wird Osteuropa im jeweiligen, eigenen Interesse auf der Agenda ganz weit oben bleiben müssen – beim deutschen Mittelstand, aber nicht weniger im Blickfeld der Wirtschaftspolitik der Stadt Frankfurt am Main.
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Edelgard Bulmahn MdB Chancen und Risiken für die deutsche Volkswirtschaft und ihre Unternehmen in Osteuropa Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen haben in den vergangenen Jahren nahezu täglich neue Hiobsbotschaften über die Vernichtung von Arbeitsplätzen in Deutschland durch Produktionsverlagerungen in die Staaten Mittel- und Osteuropas, die sog. MOE-Staaten, übermittelt. Erinnert sei nur an die Schließung des Nokiawerkes in Bochum und die Verlagerung nach Rumänien oder die Stilllegung des AEG-Hausgerätewerkes in Nürnberg und mit dem Ausbau der entsprechenden Produktion in Polen. Auch wenn die Maßnahmen im Einzelnen nur schwer nachvollziehbar und für die Betroffenen mit Arbeitslosigkeit und schwerwiegenden sozialen Einschnitten verbunden sind, so vermitteln sie doch ein Zerrbild der tatsächlichen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und den MOE-Staaten. Legt man den Konjunkturbericht 2009 für die MOE-Staaten der Deutschen Außenhandelskammern zugrunde, so zeigt sich, in welchem Umfang dieser Raum inzwischen Arbeitsplätze in Deutschland sichert und zum Erfolg des deutschen Außenhandels beiträgt. Die MOE-Staaten haben sich von Medien und Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet zum wichtigsten Wachstumsmarkt für die deutsche Wirtschaft entwickelt. 2008 entfielen 12,4% der Exporte auf diese Region. 1998 waren es erst 8%. Der gesamte Warenumsatz von Ein- und Ausfuhren überstieg im gleichen Jahr denjenigen mit den USA um rund 90% und denjenigen mit China um 135%. Insgesamt erreichte er zugleich ein Viertel des Umsatzes mit allen EU-15 Ländern, also der kleineren EU vor der Osterweiterung 2004. Der AHK Konjunkturbericht macht zugleich deutlich, welche Bedeutung der Raum inzwischen als Standort für deutsche Auslandsinvestitionen gewonnen hat. Ende 2007 entfielen mit knapp 100 Mrd. € rund 9% des gesamten Bestandes deutscher Direktinvestitionen im Ausland auf die MOE-Staaten. Der Vergleich mit China (1,7%) und den USA (22%) unterstreicht das Gewicht der Region. Sie hat den deutschen Unternehmen beträchtliche Wachstumsmöglichkeiten eröffnet, maßgeblich zur Internationalisierung ihrer unternehmerischen Betätigung und damit zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit beigetragen. Von besonderer Bedeutung war und ist hierbei das Engagement mittelständischer Unternehmen. Ein Großteil der KMU verfügt inzwischen über Unternehmensstandorte in den MOE-Staaten. Während Großunternehmen in Übersee, in den USA, in China oder Indien dominieren, nehmen die mittelständischen Unternehmen in dieser Region eine vergleichswei-
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se starke Stellung ein, liegen diese Länder doch quasi vor der eigenen Haustür. Der vergleichbare kulturelle Hintergrund und die deutschen oder zumindest englischen Sprachkenntnisse vieler Osteuropäerinnen und Osteuropäer erleichtern zudem ein Engagement auch kleinerer Unternehmen, während die EU-Osterweiterung rechtliche Hürden beiseite geräumt hat. Untersuchungen zufolge war der Hauptbeweggrund mittelständischer Betriebe, sich in den MOE-Staaten unternehmerisch zu betätigen, die Erwartung, die rasch wachsenden Märkte dieser Länder besser erschließen zu können. Mit eigenen Produktionskapazitäten vor Ort versprechen sich die Unternehmen, besser und flexibler auf die Kundenwünsche vor Ort eingehen sowie mit einem besseren Service punkten zu können. Hohe Erwartungen wurden auch in Kosteneinsparungen durch Produktionsverlagerung oder Komponentenzukauf gesetzt. Insgesamt wurden rund 70% der Direktinvestitionen in den MOE-Staaten aus Markterschließungsgründen und 30% aus Kostengründen getätigt. Vielfach sind mittelständische Unternehmen als Zulieferer von Großunternehmen zu Investitionen in den MOE-Staaten veranlasst worden. Besonders ausgeprägt ist dieser Zusammenhang in der Automobilindustrie. Bereits 2005 verfügte jeder dritte deutsche Automobilzulieferer über ein Standbein in den MOE-Staaten, meist in unmittelbarer Nähe zu den jeweiligen Produktionsstätten der Automobilunternehmen. Die mittelständischen Unternehmen Deutschlands haben die Chancen, die sich aus einem Engagement in den MOE-Staaten ergeben, mithin entschlossen genutzt. Den Ergebnissen der bereits erwähnten Umfrage der deutschen Außenhandelskammern zufolge würden heute mehr als drei von vier Unternehmen wieder am gleichen Standort in den MOEStaaten investieren. Auch in den Vorjahren erreichte die Zufriedenheit mit der Standortwahl vergleichbare Werte. Mit anderen Worten die betreffenden Unternehmen halten auch im Nachhinein die Entscheidung, in den MOE-Staaten zu investieren strategisch für richtig und haben offenkundig hiervon profitiert. Das unternehmerische Engagement in den MOE-Staaten ist zweifellos eine Chance für den deutschen Mittelstand. Er ist aber keineswegs risikolos. Ein Engagement in den MOEStaaten bedarf sorgfältiger Überlegungen und Planungen. Die Hoffnung auf niedrigere Produktionskosten infolge des teilweise beträchtlichen Lohngefälles im Vergleich zu Deutschland täuscht über die vielfältigen Probleme hinweg, die es zu lösen gilt. Unternehmen klagen in Deutschland regelmäßig über ein Übermaß an Bürokratie und unzureichende Rahmenbedingungen. Nicht wenige haben allerdings im Laufe ihrer Tätigkeit in den MOE-Staaten die deutsche Bürokratie schätzen gelernt.
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Auch in der jüngsten Umfrage der deutschen Außenhandelskammern werden insbesondere die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen kritisch gesehen. Bemängelt werden insbesondere Korruption, mangelnde Transparenz bei Ausschreibungen, mangelnde Berechenbarkeit politischer Entscheidungen und ein Übermaß an Bürokratie. Bemerkenswerter äußern sich die Unternehmen auch hinsichtlich des Steuersystems und der Steuerverwaltung mehrheitlich negativ. Betriebswirtschaftlich stehen niedrigeren Lohnkosten, eine niedrigere Produktivität, höhere Aufwendungen für Logistik und der Unterhalt einer doppelten Infrastruktur gegenüber. Gerade kleinere Unternehmen müssen sorgfältig überlegen, ob sich die Aufspaltung der Wertschöpfungsketten und die Verlagerung arbeitsintensiver Fertigung überhaupt rechnen. Nicht außer Acht gelassen werden dürfen auch die konkreten kulturellen und sprachlichen Komplikationen, die mit einem Standort in den MOE-Staaten verbunden sind. Generell gilt, ein Engagement in den MOE-Staaten ist nur für jene Unternehmen sinnvoll und ertragreich, die wettbewerbsstark und gut aufgestellt sind. Probleme auf dem Heimatmarkt oder im Wettbewerb lassen sich mit Produktionsverlagerungen oder einer Expansion in die MOE-Staaten nicht lösen. Der Aufbau von Standorten in den mittel- und osteuropäischen Ländern ist mithin dann erfolgreich, wenn er auf Markterschließung und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens insgesamt zielt, nicht aber auf kurzfristige Kostenersparnis. So merkten bei einer Befragung denn auch rund 60% der Unternehmen, die aus Kostengründen ihre Produktion verlagert hatten, ihre Erwartungen hätten sich nicht erfüllt. Dies zeigt zugleich, in Deutschland kann wettbewerbsfähig produziert werden. Es geht letztlich nicht darum billigere, sondern bessere Produkte herzustellen. Produkte, die auf den internationalen Märkten mit ihrer Qualität und ihrem Innovationsgehalt überzeugen. Unternehmen die in diesem Zusammenhang die auch künftig wieder schnell wachsenden Märkte der MOE-Staaten und die komparativen Vorteile des Engagements in unterschiedlichen Regionen kreativ nutzen, sichern sich Wettbewerbsvorteile und zugleich Arbeitsplätze in Deutschland. Intensiver wirtschaftlicher Austausch und Investitionen befördern die Integration unserer östlichen Nachbarn in die Europäische Union. Sie tragen zur ökonomischen Entwicklung dieser Länder und zum Abbau des Wohlstandsgefälles in Europa bei. Sie fördern politische Stabilität und mindern die Gefahr militärischer Auseinandersetzungen. Sie eröffnen mithin positive Zukunftsperspektiven für die Menschen in ganz Europa.
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Es ist deshalb notwendig, ja geradezu selbstverständlich, das Engagement mittelständischer Unternehmen in den mittel- und osteuropäischen Ländern politisch zu unterstützen und zu fördern. Dies gilt für Beschaffung von Informationen genauso wie für die Vermittlung von Kontakten, die Betätigung als Türöffner bei ausländischen Behörden und Institutionen, die Absicherung von Exporten oder die Förderung von Direktinvestitionen. Im Einzelnen stellt die Bundesregierung hierfür ein umfangreiches und differenziertes Instrumentarium zur Verfügung. Zentrale Anlaufstelle für Informationen über Marktgegebenheiten, mögliche Kooperationspartner oder öffentliche Ausschreibungen ist die Gesellschaft zur Außenwirtschaftsförderung der Bundesrepublik Deutschland Germany Trade & Invest. Erste, wertvolle Informationen vermittelt kostenlos das Außenwirtschaftsportal iXPOS (www.ixpos.de). Umfassende Beratung und Unterstützung vor Ort erhalten die mittelständischen Unternehmen in den dortigen Außenhandelskammern mit ihren Delegiertenbüros und Repräsentanzen. Insgesamt stehen in den MOE-Staaten hierfür 17 Niederlassungen zur Verfügung. Sie ermöglichen die Anbahnung von konkreten Geschäftskontakten oder können bei Genehmigungsverfahren in Zusammenhang mit Direktinvestitionen unterstützen und vermitteln. Die AHK informieren des Weiteren über rechtliche Gegebenheiten, geben konkrete Hinweise über übliche, kulturspezifische Gepflogenheiten bei Verhandlungen oder informieren über die konkrete Aus- und Weiterbildungssitiuation sowie die Arbeitsmarktlage. Ein wichtiger, erster Schritt, die Situation auf neuen, unbekannten Märkten zu testen, bildet gerade für die mittelständischen Unternehmen die Teilnahme an einer der Auslandsmessen sowie der Kooperationsbörsen oder Unternehmerdelegationsreisen. Sie vermitteln unmittelbare Kontakte zu ausländischen Unternehmen, Dienstleistungs- und Forschungseinrichtungen und damit zu potentiellen Geschäftspartnern. Klein- und Mittelunternehmen, die in den MOE-Staaten investieren wollen, stehen mehrere zinsvergünstigte Förderprogramme zur Verfügung. In erster Linie ist hier das Programm KfW-Unternehmerkapital – Kapital für Arbeit und Investition der KfW-Mittelstandsbank zu nennen. Im Rahmen der KfW-Programme können deutsche Unternehmen aber auch deren Tochtergesellschaften mit Sitz im Ausland oder Joint Ventures mit maßgeblicher deutscher Beteiligung unterstützt und gefördert werden. Direkten Zugang zu zinsvergünstigten Krediten vor Ort können die mittelständischen Unternehmen darüber hinaus aus den Globaldarlehen der KfW-Kommunalbank oder der Förderung des Finanzsektors in den MOE-Staaten durch die KfW-Entwicklungsbank erhalten. Schließlich begleitet und unterstützt die KfW IPEX Bank deutsche Unternehmen bei ihren Investitions- und Exportaktivitäten.
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Wirtschaftlich werden unsere Beziehungen zu den MOE-Staaten letztlich nur dann erfolgreich sein, wenn wir unsere östlichen Nachbarn als Partner ernst nehmen. Die MOEStaaten sind weit mehr als attraktive Absatzmärkte vor der eigenen Haustür oder ausgelagerte Werkbänke. Sie sind Freunde und Nachbarn, mit denen wir friedlich und auf Augenhöhe zusammenleben wollen. Sie sind fester Bestandteil Europas. Vertrauensvolle, enge Zusammenarbeit, die Förderung kulturellen und wissenschaftlichen Austauschs sind deshalb Eckpfeiler der deutschen Politik. Es ist überfällig, dass wir in unserem Alltag den Blick wieder stärker auf unsere östlichen Nachbarn richten und den direkten Kontakt und Austausch suchen. Noch immer interessieren sich beispielsweise unsere Studierenden bei der Wahl eines ausländischen Studienortes zu sehr für ein Studium in Großbritannien, den USA oder Frankreich, weniger aber an einem in Polen, Ungarn oder Slowenien. Dies zu ändern, habe ich etwa zu meiner Amtszeit als Forschungs- und Bildungsministerin das vom DAAD betreute Programm Go East auf den Weg gebracht. Es ermöglicht deutschen Hochschulen, Studierende für ein Semester an ihre mittel- und osteuropäischen Partnerhochschulen zu schicken. Gefördert wird außerdem die Organisation und Durchführung von Sommerschulen in diesen Ländern. Das Programm wird inzwischen gut angenommen und unterstreicht, dass mit gezielter Förderung die persönlichen Kontakte zu unseren Nachbarn im Osten gestärkt und ausgebaut werden können.
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Dr. Silvana Koch-Mehrin MdEP Osteuropa ist eine Chance für unseren Mittelstand Das Label „Made in Germany“ hat nach wie vor einen guten Klang in Europa und in der ganzen Welt. Es ist bis heute Beleg für Qualität der deutschen Waren, die in der Regel hervorragend sind. An diesem Standard orientieren sich in der Zwischenzeit auch andere europäische Hersteller. Dadurch hat sich die Produktqualität im gemeinsamen – nach Osten immer größer werdenden – europäischen Binnenmarkt verbessert. Durch die friedliche Wiedervereinigung Europas haben sich auch für uns neue Märkte erschlossen. Es ist nicht zu leugnen: Osteuropa bietet gerade für unseren Mittelstand Chancen. Die Qualitätsarbeit aus Deutschland hat dort einen guten Namen. Dabei werden unsere Möglichkeiten bei unseren östlichen Nachbarn oft noch unterschätzt. Die osteuropäischen Länder nur als Billiglohnkonkurrenten oder gar als Pool billiger Produktion zu sehen, wäre ein fataler Fehler. Denn es ist nicht zu bestreiten, dass Osteuropa auch für die Unternehmen aus Deutschland ein attraktiver Partner ist. Die osteuropäischen Staaten sind wichtige Absatzmärkte für unsere Exportwaren aber auch vermehrt für unsere Dienstleistungen. Die mittel- und osteuropäischen Volkswirtschaften haben einen sehr großen Bedarf an Qualitätsprodukten. Es ist auch mein politisches Ziel, dass dieses Denken fester Teil unseres gemeinsamen Binnenmarktes wird. Eine Schlüsselfunktion kommt dabei dem gemeinsamen europäischen Binnenmarkt als integrative Kraft zu. Die vier Freiheiten (Freiheit von Waren-, Dienstleistungs-, Personenund Kapitalverkehr) des europäischen Binnenmarktes sind wesentliche Bestandteile unserer Freiheit und unseres gegenseitigen Wohlstandes. Nach wie vor bleibt das Ziel die Verschmelzung der nationalen Märkte zu einem einheitlichen Binnenmarkt. Es hat lange gedauert, bis auch Mittel- und Osteuropa durch ihre friedliche Selbstbefreiung in Beziehung zu den am freien Handel beteiligten Ländern treten konnten. Wenn wir es ernst meinen mit diesem für mich überzeugenden Erfolgsmodell, müssen wir auch bereit sein, seine Chancen intelligent zu nutzen. Dabei ist auch die europäische Geographie nicht außer Acht zu lassen. Gerade Deutschland und Polen haben gemeinsam im Wirtschaftsleben Europas eine wichtige Scharnierfunktion. Sie sind Transitländer und Umschlagplätze, sie sind Nachbarn und herstellende Länder, sie liegen im Herzen des wirtschaftlich stark aktiven Europas. Darüber hinaus sind kürzere Wege, Qualitätsanreize und hochwertige Produkte ein Markenzeichen gerade unseres Mittelstandes. Die geographische Lage und die Qualitätsansprüche an uns selbst
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sind Eingangspforten für unseren Mittelstand auch in Richtung Osten. Damit wird auch unser eigenes, wirtschaftliches Fundament stabilisiert. Denn für unsere ökonomische Entwicklung ist der Mittelstand nach wie vor von höchster Bedeutung. Er macht mit gut 98 % Anteil am Gesamtbestand deutscher Unternehmen mehr als das vielzitierte Rückgrat aus. Er ist als besonders wichtiges Standbein des marktwirtschaftlichen Systems zu verstehen. Die Gesamtzahl mittelständischer Unternehmen, Freiberufler und Selbstständiger in Deutschland gibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit mit ca. 3,3 Millionen an. 19,98 Millionen deutsche Bürger waren 2003 im Mittelstand angestellte Arbeitnehmer, 1,34 Millionen junge Menschen Auszubildende im Mittelstand. Für mich ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass sich Existenzgründer von der schlechten Stimmung in der deutschen Wirtschaft offenbar nicht beeindrucken lassen: Die Zahl der Unternehmensneugründungen stieg im ersten Quartal nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes auf 181.700. Das sind zwei Prozent mehr als in den ersten drei Monaten 2008. Es ist daher zu begrüßen und zu unterstützen, dass der deutsche Mittelstand verstärkt auf Geschäfte in den Märkten der zehn neuen EU-Mitgliedsstaaten und darüber hinaus setzt. Denn der deutsche Mittelstand hat erkannt, dass die sich für seine Zukunft ergebenden Chancen und Potenziale vor allem in den östlichen Mitgliedstaaten befinden. Die Ausweitung nach Osten wird Chancen für Europa allgemein und für Deutschland im Besonderen bieten. Gerade diejenigen, die sich als flexibel und kooperationsfähig zeigen, werden vom gegenseitigen Handel mit Osteuropa profitieren. Es ist dabei aber vor allem zu beachten, dass die jüngere Bevölkerung in Mittel- und Osteuropa eine demographische Herausforderung für den gesamten europäischen Wirtschaftsraum bietet. Damit kleine und mittlere Unternehmen des Groß- und Außenhandels auch in den nächsten 15 Jahren gut aufgestellt sind, müssen wir die gegenseitigen Vorteile, die uns der gemeinsame Binnenmarkt und die Marktwirtschaft in Europa bieten, klug nutzen. Gerade das europäische Wettbewerbsumfeld kleiner und mittlerer Unternehmen wird von dynamischen, technologischen Entwicklungen geprägt. Die Aufholbestrebungen in Osteuropa bewirken vor allem, dass anspruchvolle Kunden zunehmend am globalen Wettbewerb teilnehmen. Als Schlüsselfaktor für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und unternehmerische Wettbewerbsfähigkeit bei uns im Herzen Europas ist zuerst eine gute Bildung und Ausbildung unserer hoch qualifizierten Facharbeiter nötig. Diese wertvolle Investition in die Köpfe der Menschen und die hohe Innovationskompetenz, die unseren Mittelstand auszeichnet, bietet uns nicht nur internationalen Marktzugang sondern gleichzeitig eine Führung und enge Verzahnung im europäischen Binnenmarkt. Freilich stehen diese Qualitätsmerkmale
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unter ständigem Vergleichsdruck mit anderen europäischen Ländern. Aber gerade dieser Vergleich spornt uns zu hohen Leistungen und besonderer Qualität an. Unsere Stärke ist unser Wissen. Dazu kommen flexible Organisationsformen, die vor allem der Mittelstand für sich entdecken und vermehrt in seinem Sinne einsetzen muss. Zu beobachten ist auch, dass sinkende Marktanteile, die fortschreitende Technisierung in der Logistik, ein sich stetig veränderndes Kundenverhalten sowie die zunehmende Informationsflut durch eine Unzahl von Variationen im Produktangebot auch Probleme bereiten können. Immer feinerer Differenzierung der Produkte kann eine so hoch entwickelte und ausdifferenzierte Wirtschaft wie unsere aber standhalten. Denn der deutsche Mittelstand zeichnet sich besonders durch rasche und höhere Qualifikations- und Arbeitsanforderungen an Beschäftigte und Führungskräfte aus. Das ist unsere Chance. Es ist unumstritten, dass unabhängig von Größe und Branchenzugehörigkeit Unternehmen des Groß- und Außenhandels zunehmend mit einem wachsenden Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte und mit einem optimalen Einsatz von Humanressourcen konfrontiert werden. Davor dürfen wir uns aber nicht wegducken, sondern müssen diesen Druck als unsere Chance begreifen. Es gilt, diese neuen Chancen auch politisch aktiv zu unterstützen. Weder die Nationalstaaten, noch die europäische Bürokratie darf sich dabei als Besserwisser im Bürokratenhemd aufspielen, sondern muss mit unkomplizierten Hilfestellungen und konkreten Beratungsleistungen beistehen. Dazu gehört auch, dass unsinnige Transaktionen und veraltete Subventionsmuster, die Protektion beabsichtigen, abgebaut werden. Die transnationalen Qualitätspartnerschaften helfen mit, Kooperationen auf hohem Standard, durch den sich gerade unsere Wirtschaft weltweit auszeichnet, beizubehalten. Dabei sollen die Regelungen so allgemein wie möglich und so verbindlich wie nötig gehalten werden. Ein gesunder und aktiver partnerschaftlicher Handel, der auf gegenseitigen Nutzen ausgerichtet ist, ist allemal besser als ein staatlich ausgeschütteter, bürokratischer Subventionstransfer, der über Jahre hinweg nur Ungerechtigkeiten und Abhängigkeiten aber auch Erwartungshaltungen schürte und verstärkte. Gerade das deutsche Beispiel der finanziellen Transaktionen nach Ostdeutschland hat gezeigt, dass hier Fehlentwicklungen, Erwartungshaltungen und Abhängigkeiten oft marktfeindliche Effekte hatten. Unternehmerisches Denken wurde abgewürgt und Findigkeit und Tricksereien im Subventionsdschungel oftmals belohnt. Es gilt jetzt, den Mittelstand mit seinen flexiblen Strukturen und tatkräftigen Unternehmern aktiv von politischer Seite zu unterstützen. Das bedeutet für mich vor allem eines: Lasst die frei wirtschaften, die etwas davon verstehen: die Wirtschaft. Dafür setze ich mich auf europäischer Ebene mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der ALDE-Fraktion ein.
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Handel und Wirtschaft müssen mit den politischen Überlegungen in Europa Hand in Hand gehen. Dabei darf aber die Politik die Wirtschaft in ihrem eigenen Bereich nicht bevormunden wollen. Neben der unschätzbaren Kraft, die uns an demokratischen Strukturen in Europa verbindet, ist es doch vor allem der gegenseitige Vorteil des Marktzugangs, der uns Frieden, Freiheit und Wohlstand sichert. Gegenseitiger Marktzugang ermöglicht wirtschaftliches Wachstum. Daran sind alle Seiten interessiert. Denn im marktwirtschaftlichen Treiben ermöglicht der gegenseitige, unbürokratische Geschäftsbetrieb gegenseitiges Wachstum und Entwicklung. Eine intensive und verwobene Wirtschaft in Europa hilft nicht nur, den gegenseitigen Wohlstand in einer Win-Win-Situation zu mehren, sondern auch den Frieden in Europa dauerhaft zu festigen und auszubauen. Die Friedensfunktion des Wirtschaftens sehe ich als zusätzlich besondere Verpflichtung und Aufgabe an. Für mich geht es vor allem darum, einfach anwendbare und pragmatische Instrumente einer gesunden Marktwirtschaft in Europa zu unterstützen. Auch die europäischen Institutionen dürfen dabei nur die Rolle eines Schiedsrichters über das Einhalten der Regeln übernehmen. Wirtschaften sollen die, die etwas davon verstehen – nämlich die Unternehmen. Nicht Brüssel oder die einzelnen Staaten haben Entwicklungspotenziale. Es sind die betrieblichen Entwicklungspotenziale in einem gesunden und anspornenden Wettbewerb im Bereich der Produktion und vermehrt auch der Dienstleistung, die uns alle voranbringen werden. Einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung unseres Mittelstands sind einfache, klare und verlässliche Regeln. Diese Regeln müssen dann aber auch für alle in gleichem Maße verbindlich gelten. Ich bin davon überzeugt, dass die Marktwirtschaft in Europa unseren Mittelstand stärken wird. Die neuen Herausforderungen und Chancen, die im Handel mit Osteuropa stehen, werden uns allen nutzen.
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Friedhelm Ost Chancen und Risiken auf dem Wege nach Mittel- und Osteuropa Um den heimischen Standort zu sichern und die Wachstumsziele zu verwirklichen, gehört es heute zu den strategischen Notwendigkeiten für mittelständische Unternehmen, sowohl das Außenhandelsgeschäft zu betreiben als auch den Schritt ins Ausland zu wagen und neue Märkte zu erschließen. Die EU bietet einen riesigen Markt mit inzwischen 27 Ländern und zahlreichen Vorteilen für Unternehmen. Gerade der Blick nach Mittel- und Osteuropa lohnt sich; schließlich eröffnen sich vor allem in den dynamischen EU-Staaten Mittel- und Osteuropas neue Perspektiven und Marktchancen für den Mittelstand. Deutsche Unternehmen ziehen dabei ihren Vorteil nicht nur aus der geografischen Nähe zu diesen Ländern. Auch das gute Image der Marke „made in Germany“ hat in Mittel- und Osteuropa einen guten Klang. Dennoch: Die Erschließung dieser Märkte ist für kleine und mittlere Unternehmen nicht selten eine schwierige Herausforderung. Mittel- und Osteuropa – ein Motor für deutsche Exporte Grundsätzlich gilt, dass Mittel- und Osteuropa nach wie vor ein dynamischer Wirtschaftsraum unseres Kontinents ist, obwohl die globale Finanz- und Wirtschaftskrise auch hier tiefe Spuren hinterlässt. Die neuen EU-Länder, aber zunehmend auch die Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion und die Länder des Balkans, haben in den letzten Jahren beeindruckende Wachstumsraten erreicht. Die Integration des Wirtschaftsraums in die Weltwirtschaft hat weiter an Fahrt gewonnen. Anfang Mai hat die EU deshalb auf ihrem Gipfel in Prag die „Östliche Partnerschaft“ offiziell begründet. Mit dieser Initiative soll die Kooperation der EU mit den Ländern Armenien, Aserbeidschan, Georgien, Moldawien, Ukraine und Weißrussland ausgebaut werden. Wichtige Ziele sind dabei unter anderem, den Aufbau von Verwaltungsstrukturen und Rechtstaatlichkeit zu unterstützen, also wichtige Voraussetzungen für die ökonomischen Beziehungen zu schaffen, sowie die wirtschaftliche Zusammenarbeit durch Freihandelszonen zu verbessern und die Mobilität zu erleichtern. In diesem Zusammenhang spielen auch Fragen der Energiesicherheit eine wichtige Rolle. Die EU-Kommission hat für diesen Ausbau der „Östlichen Partnerschaft“ eine kräftige Aufstockung der finanziellen Mittel von 450 Mio. Euro im Jahre 2008 auf 785 Mio. Euro in 2013 vorgeschlagen.
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Die wirtschaftliche Bedeutung Mittel- und Osteuropas für deutsche Unternehmen lässt sich an wenigen Zahlen ablesen. Immerhin mehr als 15.000 Niederlassungen deutscher Unternehmen arbeiten heute in der Region. Schon heute wickelt Deutschland ca. 16% seines Außenhandels mit Mittel- und Osteuropa ab; die deutschen Exporte in diese Region erreichten 2007 ca. 154 Mrd. Euro, 2008 ca. 166 Mrd. Euro. Ebenso sind die Importe aus diesen Staaten kräftig angestiegen. Auf Deutschlands traditionell größten Handelspartner Frankreich entfallen hingegen heute nur noch 9% unseres Außenhandelsumsatzes, auf die USA weniger als 7%. Mehr als 10% der deutschen Direktinvestitionen im Ausland wurden in den letzten Jahren in Mittel- und Osteuropa getätigt; bis heute dürfte das gesamte Investment deutscher Firmen in dieser Region fast 100 Mrd. Euro erreicht haben. Das deutsche Exportvolumen nach Mittel- und Osteuropa ist 2008 dreimal so stark gewachsen wie der Außenhandel insgesamt. Der Handel mit Mittel- und Osteuropa hat sich damit 2008 als einer der entscheidenden Wachstumsmotoren der deutschen Wirtschaft erwiesen. Insgesamt erzielte Deutschland hier einen Handelsbilanzüberschuss von 25 Mrd. Euro, obwohl auch die Importe aus der Region um fast elf Prozent zunahmen. Innerhalb der letzten fünf Jahre hat sich damit das deutsche Handelsvolumen mit Mittel- und Osteuropa mehr als verdoppelt. An der Spitze der Handelspartner aus der östlichen Nachbarschaft gab es im vergangenen Jahr einen Wechsel. So konnte Russland den bislang wichtigsten deutschen Handelspartner im Osten Europas, nämlich Polen, überflügeln. Allein die Exporte nach Russland haben in Deutschland etwa 70.000 Arbeitsplätze gesichert. Risiken und Probleme für mittelständische Unternehmen Die noch vor Jahren prognostizierte Flucht der Unternehmen nach Mittel- und Osteuropa ist allerdings ausgeblieben. Im Gegenteil – der deutsche Mittelstand tut sich in weiten Teilen schwer mit einigen Ländern dieser Region. Erst rund ein Viertel der deutschen Unternehmen haben den Schritt in diese neuen Märkte gewagt. Während sich die einen über örtliche Vertriebsgesellschaften neuen Absatz erschließen wollen, möchten die anderen durch die Verlagerung von Produktionsstätten von niedrigen Lohn- bzw. Produktionskosten und attraktiven Steuersätzen profitieren. Weit verbreitet, insbesondere bei Betrieben mit weniger als 100 Mio. € Jahresumsatz, ist indessen das Empfinden, der (nicht ganz) neue Wettbewerb berge mehr Gefahren als ein Standort in Mittel- und Osteuropa Chancen. Das mag bei Unternehmen dieser Größenordnung nicht verwundern, denn in der Tat ist
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für sie das Risiko eines Fehlschlags bei der Standortwahl im Ausland oft sehr groß. Sie haben in der Regel keine oder nur eingeschränkte Erfahrungswerte für die Standortauswahl; eine gesunde Vorsicht ist also durchaus angebracht. Vielen mittelständischen Unternehmern ist nämlich die Einschätzung gemeinsam, die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Firmen sei durch Investitionen in den neuen EU-Märkten nicht wesentlich zu verbessern. Kenntnisse über die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Märkte im Osten Europas sind vielfach noch nicht weit genug verbreitet. Viele Unternehmenschefs kennen weder die Arbeitsmarktbedingungen noch Umweltauflagen in den neuen EU-Staaten genau. Ebenso sind die Förderprogramme weitgehend unbekannt. Auch von der Infrastruktur und Logistik im Osten Europas haben nur wenige Unternehmer ein klares Bild. Es gibt große Unsicherheiten bei der Einschätzung von Wachstumsraten und der Entwicklung von Lohnkosten – nicht zuletzt bedingt dadurch, dass von Land zu Land teilweise völlig unterschiedliche Bedingungen angetroffen werden. Bei der Analyse der mittel- und osteuropäischen Länder darf man nicht vergessen, dass es sich hier um sehr heterogene Märkte handelt. Jedes Land und damit jeder Standort bieten zum Teil sehr unterschiedliche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für Unternehmen. So zeigen beispielsweise die Standortanalysen deutscher Banken, dass entgegen ersten Erwartungen keineswegs die großen Länder in der Summe ihrer Eigenschaften erste Wahl für deutsche Unternehmen sein sollten. Gerade Polen, Ungarn und Tschechien bieten längst nicht mehr die Bedingungen wie noch vor zehn Jahren. Vor allem die Löhne sind hier seit Beginn des Transformationsprozesses stark gestiegen. Gleichzeitig ist die Infrastruktur noch längst nicht durchgehend nach westeuropäischen Standards modernisiert worden. Weit interessanter können in manchen Fällen kleinere Länder wie die Slowakei, die baltischen Staaten oder auch etwa Bulgarien sein. In der Slowakei beispielsweise sind die Lohnkosten nach wie vor niedrig, ohne dass dafür größere Einschnitte bei der Qualifikation der Mitarbeiter, den Steuern, der politischen Stabilität oder der Infrastruktur hinzunehmen wären. Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise erschwert vor allem auch Investitionen mittelständischer Firmen in mittel- und osteuropäischen Ländern erheblich. Ein teilweise drastisch erhöhtes Länderrisiko treibt die Finanzierungskosten für Investoren in die Höhe; die Banken warnen gar vor Kreditausfällen in mehrstelliger Milliardenhöhe. Die Liquiditätslage ist insgesamt sehr angespannt; deshalb führen die mit Auslandsinvestitionen zwangsläufig verbundenen Risiken derzeit zu einer erheblichen Verteuerung der notwendigen Kredite. Für bestehende Darlehen werden zunehmend Neubewertungen vorgenommen. Turbulenzen an den Finanzmärkten in einigen mittel- und osteuropäischen Ländern haben außerdem zur
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Folge, dass die lokalen Währungen großen Schwankungen unterworfen sind und die Kalkulationen für viele Investitionen gefährden. So haben beispielsweise zahlreiche Unternehmen in den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres in Mittel- und Osteuropa gute Gewinne gemacht, die aber teilweise durch starke Währungsabwertungen im Dezember dennoch völlig zunichte gemacht wurden. Mittel- und Osteuropa ist alles in allem nicht mehr das „Niedriglohn-Dorado“, für das es bei „Arbeitsplatz-Verlagerern“ so lange galt. Problematisch wirkt sich darüber hinaus ein teilweise dramatischer Fachkräftemangel aus, unter dem gerade mittelständische Unternehmen zu leiden haben. Zwar sind die Menschen in den osteuropäischen Ländern in der Regel gut ausgebildet – häufig verlassen sie jedoch ihr Land oder ihren Arbeitgeber, wenn die Bedingungen anderswo besser sind. Diese Form der Arbeitsmigration sowie die hohe Fluktuation, also die Bereitschaft, für mehr Geld und bessere Perspektiven zu einem anderen Arbeitgeber zu wechseln, sind die wichtigsten Lohntreiber in den Staaten Mittel- und Osteuropas und Russlands. Häufig finden sich deshalb weder vor Ort die von den Firmen benötigten Mitarbeiter, noch lassen sich deutsche Arbeitnehmer für einen Umzug nach Mittel- und Osteuropa motivieren. Branchenübergreifend versuchen nicht wenige Firmen bereits, sich gegenseitig die Fachkräfte abzujagen. Verschärfend wirkt sich aus, dass viele Spezialisten ihrer osteuropäischen Heimat den Rücken gekehrt und sich auf den Weg nach Westeuropa gemacht haben. Diese Entwicklung hat manche ursprüngliche Kalkulation schnell entwertet und manche Investitionen gefährdet. Mitarbeiterrekrutierung und eine nachhaltige Mitarbeiterbindung stellen deshalb in allen Phasen der Markterschließung die größten Herausforderungen für ausländische Unternehmen dar. Nachlassende Euphorie Die anfängliche Euphorie vieler Unternehmen ist inzwischen einer gewissen Ernüchterung gewichen. Viele Firmen haben auch die Kaufkraft in Mittel- und Osteuropa und damit die Bedeutung der Absatzmärkte überschätzt. Hinzu kommt die Volatilität der steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen in manchen Ländern. Unerwartet hohe Kosten, die schlechte Infrastruktur und ein niedriger Absatz sind die häufigsten Klagen solcher Unternehmen, die vom Ergebnis ihrer Aktivitäten in Mittel- und Osteuropa enttäuscht sind. Gleichzeitig gilt aber für immerhin drei Viertel aller in Mittel- und Osteuropa aktiven Unternehmen, dass sie sich bei ihren Investitionen wieder für das gewählte Land entscheiden würden – so lautet das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die Ende 2008 gemacht wurde. Unter deutschen Arbeitnehmern herrschte lange Zeit die Angst vor der mittel- und
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osteuropäischen „Billigkonkurrenz“. Seit Ende der neunziger Jahre sind jedoch die realen Wechselkurse und Lohnstückkosten in einigen mittel- und osteuropäischen Ländern so stark gestiegen, dass man sie nicht mehr als Billiglohnländer bezeichnen kann. Niedrige Arbeitskosten allein sind also nicht der dominierende Faktor für ein Engagement deutscher Unternehmer. Im Vordergrund stehen mehr und mehr die aufnahmefähigen Märkte in den Ländern selbst. Zudem sind die Stabilität, Sicherheit und das Wachstum die entscheidenden Kriterien, die vor allem mittelständische Unternehmen bei Engagements in Mittel- und Osteuropa inzwischen anlegen. Die Märkte in den neuen EU-Ländern sind inzwischen im Wesentlichen gut besetzt. Unternehmer müssen sich dort auf einen harten Wettbewerb und auch weiter steigende Kosten einstellen. Seit dem EU-Beitritt bieten diese Staaten jedoch mehr und mehr verlässliche juristische und administrative Strukturen. Aufgrund des steigenden Wohlstands ist dort auch mit einer weiteren Nachfrage gerade nach deutschen Marken- und Qualitätsprodukten zu rechnen. Viele dieser Länder liegen außerdem nah an Deutschland – nicht nur geographisch, sondern auch kulturell und sprachlich. So ist Deutsch als Fremdsprache in allen Staaten Mittel- und Osteuropas weit verbreitet. Nach Russisch war Deutsch zu sozialistischen Zeiten die am meisten gelernte Fremdsprache und wird daher heute immer noch von sehr vielen Menschen zumindest verstanden. Obwohl inzwischen auch in diesen Ländern Englisch die am meisten gelernte Fremdsprache und zunehmend Geschäftssprache ist, erfreut sich Deutsch immer noch einer sehr großen Akzeptanz. Sprachliche oder kulturelle Barrieren für die Erschließung der Märkte sind also für deutsche Unternehmen leichter zu überwinden als für manche europäische Konkurrenten. Damit bieten die „jungen“ EU-Länder sowie andere Staaten in Mittel- und Osteuropa auch zukünftig Potenzial für Geschäfte. In den jüngsten EU-Beitrittsländern Bulgarien und Rumänien sowie in der Ukraine, Weißrussland, Moldawien usw., aber auch in Russland sind die Herausforderungen indessen weitaus komplexer. Hier stehen einem hohen mittelfristigen Wachstum und niedrigen Löhnen hohe Risiken wie Korruption, Bürokratie, politische Instabilität und juristische Defizite gegenüber. In der Ukraine beispielsweise erleben Unternehmen bereits seit längerem extrem unruhige Zeiten: Regierungen, Gesetze und Verordnungen sowie Rahmenbedingungen wechseln ständig; von Verlässlichkeit oder struktureller Sicherheit kann keine Rede sein. Dennoch berichteten die rund 1100 deutschen Firmen, die in der Ukraine tätig sind, zumindest bis zum Ende 2008 über durchaus gute Geschäfte. Man muss sich hier auf die Unwägbarkeiten einlassen, sich ständig sehr gut informieren, ein höheres Risikobewusstsein haben und schnell auf Veränderungen reagieren sowie sich letztlich auch ein sehr dickes Fell zulegen.
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Der für deutsche Unternehmen wichtigste osteuropäische Markt, nämlich in Russland, hat ebenfalls seine ganz besonderen Bedingungen. Zwar steht das Land immer noch in dem wenig schmeichelhaften Ruf, rechtlich nicht sehr zuverlässig zu sein. Doch Russland ist inzwischen viel sicherer als in früheren Zeiten geworden. Wer heute als Unternehmer nach Russland geht, gehört nicht mehr zu den Pionieren in einem „wilden Osten“. Auch für Russland gilt, dass unternehmerisches Engagement einen langen Atem, viel Mut und eine hohe Frustrationstoleranz erfordert. Wer sich darauf einlässt, kann durchaus erfolgreich operieren. Russland gilt inzwischen als einer der wichtigsten strategischen Märkte der Welt. Unternehmen profitieren von dem gewaltigen Modernisierungsbedarf in allen Industriebranchen und in der Infrastruktur. Russland bietet einen Absatzmarkt mit 144 Millionen „hungrigen“ Verbrauchern. Bis in das Jahr 2008 hinein konnte ein starkes Wachstum der russischen Volkswirtschaft registriert werden; allerdings hat sich dies infolge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise ebenfalls deutlich verschlechtert. Ein wichtiger Bereich war bislang die Bauwirtschaft, wobei das Wirtschaftswachstum der letzten Jahre inzwischen auch die Großstädte des weiten russischen Hinterlandes erreicht hat und nicht mehr nur auf Moskau und St. Petersburg beschränkt war. Wer von Deutschland aus Baustoffe und -materialien oder Planungsdienstleistungen zuliefern kann, hat hier große Chancen. Gleiches gilt für deutsche Maschinenbauer. Der Verschleißgrad der russischen Produktionsanlagen liegt bei 70 Prozent. Viele Anlagen – im Produktionsbereich ebenso wie im Energie- und Rohstoffsektor – sind völlig veraltet und kaum noch funktionsfähig. Da der russische Anlagen- und Maschinenbau die erforderliche Modernisierung nicht leisten kann und auf absehbare Zeit auch nicht die Kapazitäten haben wird, diesen Modernisierungsstau aufzulösen, haben bis ins vergangene Jahr die russischen Anlagen- und Maschineneinfuhren immer stärker zugenommen. Russland ist also insbesondere auch für Mittelständler sehr interessant, obwohl es sich nicht als verlängerte Werkbank anbietet, um so vor allem Kosten zu senken. Es geht darum, sich rechtzeitig in diesem riesigen Markt zu positionieren und langfristig vom Wachstum dort zu profitieren. Auch die neuen EU-Beitrittsländer Rumänien und Bulgarien bieten als Standorte ein hohes Wachstumspotenzial. Bis Ende 2008 boomte die rumänische Bauwirtschaft. Auch die Nachfrage nach Anlagen und Maschinen war groß. Vor allem aber werden diese Länder derzeit noch als Niedriglohnstandorte für Produktionsverlagerungen getestet. Derzeit belaufen sich die Lohnkosten in Bulgarien und Rumänien gerade auf etwa 20 bis 30 % des deutschen Niveaus; mittel- und langfristig ist indessen damit zu rechnen, dass bei wieder steigendem
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Wachstum die positive Entwicklung des wirtschaftlichen Wohlstands einen ähnlichen Verlauf nehmen wird wie in den anderen EU-Beitrittsländern. So sollte bei der Entscheidung für Investitionen in Rumänien und Bulgarien ebenfalls die Aussicht auf stark wachsende Märkte den Ausschlag geben und nicht allein das „Billiglohn-Niveau“. Chancen in der Krise Jede Krise hat ein Ende und in jeder Krise liegen Chancen. Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise ist die größte Herausforderung seit Jahrzehnten. Ihre Auswirkungen sind derzeit noch gar nicht abzusehen. Natürlich wird die globale Krise 2009 auch das Geschäft mit und in Mittel- und Osteuropa deutlich beeinträchtigen. Nicht nur Russland als wichtigste Volkswirtschaft der Region wird von den Folgen der Finanzkrise hart getroffen, sondern auch die anderen mittel- und osteuropäischen Länder. Einige der Mitgliedstaaten kämpfen bereits mit riesigen Problemen bei den Staatsfinanzen und kommen nur mit Krediten der IWF und anderer Institutionen „über die Runden“. Die staatlichen Programme zur Bankenrettung vor allem im Westen Europas und den USA haben dazu geführt, dass viel Kapital aus dem vermeintlich unsicheren Mittel- und Osteuropa abgezogen wird. Die Folge ist ein teilweise dramatischer Kursverfall mittel- und osteuropäischer Währungen. Dieser negative Sogeffekt beschert auch große Risiken für deutsche Investitionen in der Region. Die Märkte brauchen deshalb ein klares Signal, dass die EU ihre Mitglieder und Nachbarn im Osten nicht im Stich lässt. Erste Stützungspakete der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung für die Ukraine weisen hier in die richtige Richtung. Der bisherige wirtschaftliche Erfolg der politischen und wirtschaftlichen Integration Mittel- und Osteuropas gerade auch für Deutschland und für deutsche Unternehmen sollte ermutigend wirken, um einer weiteren wirtschaftlichen – und damit möglicherweise auch politischen – Destabilisierung in Mittel- und Osteuropa entschieden entgegenzutreten. Lösungsstrategien dürfen nicht an Europas Außengrenzen haltmachen. Die Frage ist nun, ob man in der Krise nicht auch Chancen zum Ausbau von Marktanteilen sehen kann – gerade für mittelständische Unternehmen, die auf geänderte Rahmenbedingungen immerhin schneller und flexibler reagieren können als manch ein „großer Tanker“ aus der deutschen Industrie. Gerade deutsche Unternehmen und Unternehmer haben sich bisher durch eine langfristige Planung ihres Engagements in Mittel- und Osteuropa ausgezeichnet und engagieren sich vor Ort als verlässliche Partner. Zuletzt in der Russlandkrise 1998 hat sich dieses Verhalten deutscher Unternehmen als besondere Stärke erwiesen. Die meisten von ihnen haben trotz der schwierigen Rahmenbedingungen bewusst durchgehal-
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ten und vom späteren Anspringen der Konjunktur am frühesten profitiert. Dort, wo deutsche Unternehmen sich eine starke Marktposition in Mittel- und Osteuropa erarbeitet haben, sollten sie deshalb auf jeden Fall daran festhalten. Wenn Mittel- und Osteuropa nun nach einer langen Boomphase einen Prozess der Konsolidierung erfährt, so ändert dies nämlich nichts an den grundsätzlich positiven Aussichten auf mittlere und längere Sicht. Wo können Chancen in der Krise liegen? Im Fall von Russland lässt die Wirtschafts- und Finanzkrise die Volkswirtschaft schmerzhaft ihre Abhängigkeit von Rohstoffen und Energie spüren. Dieser Leidensdruck könnte dazu führen, dass die russische Wirtschaftspolitik in Zukunft stärker als bisher darauf achtet, eine größere Wertschöpfung im Land zu entwickeln und einen innovativen Mittelstand zu entwickeln. Die deutsche Wirtschaft kann hier Vorbild und Partner sein und von einer solchen Entwicklung stark profitieren. Andere Chancen können sich wie hierzulande im Zusammenhang mit staatlichen Wirtschaftsprogrammen bieten. So sind auch in Mittel- und Osteuropa im Rahmen solcher Programme zum Beispiel große Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz beschlossen worden. Das bietet für deutsche Unternehmen aus den Sparten Bauwirtschaft, Gebäudesanierung, erneuerbare Energien, Umwelt- und Klimatechnik neue Geschäftsmöglichkeiten in der „östlichen Nachbarschaft“. Auch Fördermittel der EU stehen in diesem Zusammenhang zur Verfügung. So plant zum Beispiel Polen Milliardenbeträge in den Bau von Klär- und Wasseraufbereitungsanlagen zu stecken, Kroatien will sein Entsorgungssystem modernisieren und in Tschechien sollen zahlreiche Gebäude mit modernen Heiz- und Warmwassersystemen ausgestattet werden. In all diesen Bereichen ist die deutsche Wirtschaft insgesamt, vor allem aber der deutsche Mittelstand, gut aufgestellt. Besondere Chance haben hier mit Blick auf die Erschließung der mittel- und osteuropäischen Märkte solche Unternehmen, die in den früheren Boomjahren bis 2008 hohe Rücklagen gebildet haben, die ihnen jetzt finanzielle Handlungsspielräume eröffnen. Aufgrund der zwischenzeitlich enorm gesunkenen Unternehmensbewertungen bieten sich auch günstige Gelegenheiten für Beteiligungen und Firmen-Zukäufe. Aufgrund der weiterhin bestehenden Wachstumsaussichten der Märkte ist dies eine Option, um gleich Marktanteile zu erwerben, ohne in neuen Märkten bei Null anfangen zu müssen. Informationen nutzen! Mittel- und Osteuropa bietet weiterhin große Chancen für Investoren aus der mittelständischen Wirtschaft. Unsere direkten Nachbarn im Osten haben sich bereits im letzten Jahrzehnt gut entwickelt; viele von ihnen sind inzwischen fest in die EU eingebunden. Je
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weiter man nach Osten kommt, desto weniger entwickelt sind die Märkte; hier bieten sich große Chancen für den Außenhandel und Direktinvestitionen, aber auch höhere Risiken. Vor allem die zum Teil schlechte Infrastruktur und die Rechtsunsicherheit für Investoren, nicht zuletzt auch die intensive Korruption sind schwierige Hürden, die oft genug nicht einfach zu meistern sind. Für jede Expansionsstrategie von Unternehmen – ob offensiv, defensiv oder kooperativ – finden sich geeignete Partnerländer und lokale Partner in den östlichen Regionen Europas. Chancen bietet dabei die Aufholbewegung im Aufbau der Infrastruktur, die vor allem bei den neuen EU-Mitgliedern großzügig gefördert wird. Es besteht kein Zweifel, dass nach der Überwindung der globalen Krise 2009/2010 die mittel- und osteuropäischen Märkte in Zukunft insgesamt schneller wachsen werden als es etwa in den hochentwickelten Volkswirtschaften des Westens zu erwarten ist. Für einen Einstieg bietet die Krise deshalb durchaus gute Gelegenheiten, nicht nur im Hinblick auf die inzwischen eingebrochenen Unternehmensbewertungen. Auch wenn den Volkswirtschaften in Mittel- und Osteuropa zum Teil noch sehr harte Zeiten bevorstehen, bleibt die Lage auf den dortigen Märkten langfristig aussichtsreich. Aufgrund der von Land zu Land noch sehr unterschiedlichen Marktbedingungen sollte ein Einstieg auf keinen Fall übereilt erfolgen, sondern zusammen mit Experten strategisch geplant werden, die das nötige Know-how und Know-who vor Ort besitzen. Vor allem bieten das RKW, die deutschen Auslandskammern sowie die deutschen Industrie- und Handelskammern, der Bundesverband der Deutschen Industrie und die Fachabteilungen der Bundes- und Länderministerien wichtige Informationen, die gerade mittelständische Unternehmen nutzen sollten.
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II. Mittelstand und Osteuropa aus Sicht der Wissenschaft
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Prof. Dr. Günter Rinsche Die sozialökonomische und strukturpolitische Bedeutung des Mittelstands für die Transformationsländer Osteuropas Die sozialökonomische Integration und die damit verbundene politische Einordnung Osteuropas in die Europäische Union sind existenzielle Aufgaben der europäischen Zukunftssicherung. Schon nach dem EWG-Vertrag hatte die Gemeinschaft die Aufgabe, im Gemeinsamen Markt alle „erforderlichen Rahmenbedingungen“ zu schaffen, damit sich die Produktionsfaktoren überall in der Gemeinschaft, ohne Rücksicht auf die innergemeinschaftlichen Grenzen so verbinden können, wie es für eine optimale Nutzung erforderlich ist“ (Art. 2, 3a, 3c, 3h EWGV). In Artikel 130 in der Einheitlichen Europäischen Akte wird als wirtschaftspolitisches Ziel genannt: „die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen der europäischen Industrie zu stärken und die Entwicklung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit zu fördern“. Im Text der Akte wird die Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen, Forschung und Entwicklung, Erleichterung des Strukturwandels, Verbesserung der Infrastruktur u.s.w. hervorgehoben. Im Hinblick auf die unterschiedliche Entwicklung in der DDR und in der Bundesrepublik Deutschland galt und gilt die Erkenntnis: „Tausend tüchtige mittelständische Unternehmer schaffen mehr Wohlstand, Umweltqualität und sozialökonomischen Fortschritt in der Praxis als 1.000 zentralwirtschaftliche Planer in der Theorie“. Die soziale Bedeutung des Mittelstandes Im zweiten Kapitel seines Werkes über den Staat lässt Platon den Sokrates sprechen: „Ein Staat bildet sich aus dem Grunde, weil kein Mensch sich selber genug ist. Wir alle haben einander nötig“. Im Verlauf seines Dialogs mit Adeimantos schildert Sokrates einige Bedürfnisse des Menschen und erwähnt dann die Grundlage der Arbeitsteilung in der Gesellschaft: „Während du sprichst, fällt mir ein, dass die Anlagen der Menschen nicht gleich sind, sondern verschieden, dass also der eine für diese, der andere für jene Arbeit sich eignet“. Die Staatsdenker der Antike kannten die wirtschaftlichen und sozialen Grundbedingungen einer Demokratie und beschrieben die Erfordernisse erfolgreicher Politik. Aristoteles würdigt die Selbständigkeit und Selbstverantwortung eines gesunden Mittelstandes als Grundlage der relativ besten Staatsverfassung. In seinem Werk „Politik“ schreibt er: „Es leuchtet also
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ein, dass die auf den Mittelstand sich gründende politische Gemeinschaft die beste ist und dass solche Staaten gut verwaltet werden können, in denen der Mittelstand stark ist… Daher ist es das größte Glück für einen Staat, wenn seine Bürger ein mittleres und ausreichendes Vermögen besitzen“. Praktische Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen zogen schon römische Staatsmänner, vor allem Julius Cäsar. Seine Entproletarisierungspolitik, die aus städtischen Proletariern und arbeitslosen Legionären bäuerliche Grundbesitzer zu machen versuchte, wurde ergänzt durch besondere Maßnahmen zum Schutz kleiner selbständiger Existenzen, z. B. strenge Vorschriften gegen Zinswucher sowie ein Gesetz über Insolvenzen, das Härtefälle beim Konkurs von Klein- und Mittelbetrieben ausschließen sollte. Mit großem Erfolg benutzte Cäsar seine Bürgerrechtspolitik zur Stärkung des Mittelstandes: Ärzten, Lehrern, Künstlern, Technikern und gesuchten Fachleuten, die sich in Rom niederlassen wollten, wurde das römische Bürgerrecht verliehen. In der Spätzeit des Römischen Reiches wurden die staatstragenden Werte und Wirkkräfte der Selbstverantwortung und Selbständigkeit durch eine umfassende Reglementierung des zentralistischen Staates bedrängt und schließlich beseitigt. So beschreibt der Historiker Michael Grant in seinem Werk „Der Untergang des Römischen Reiches“ die Auszehrung des selbstverantwortlichen Mittelstandes als eine wichtige Ursache für den Niedergang der römischen Wirtschaft und Kultur. Die strukturpolitische Bedeutung des Mittelstandes für Transformationsländer Der geographische Begriff „Osteuropa“ umfasst Staaten und Regionen mit unterschiedlicher Geschichte, Kultur und sozialökonomischer Struktur. Den Verantwortlichen in Politik, Kultur und Wirtschaft stellen sich somit verschiedenartige Aufgaben und Problembereiche. Gemeinsam aber ist eine Herausforderung, die – in verkürzter Form – mit dem Begriff „Transformation“ bezeichnet werden kann. Die Transformation einer durch Staatsunternehmen geprägten Wirtschaftsstruktur in eine durch selbständige Unternehmer gestaltete Wirtschaft bewirkt einen Strukturwandel, der Anpassungsprozesse erforderlich macht. Der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik stellen sich hier neue Herausforderungen und Aufgaben, die mit dem Sammelbegriff „Strukturpolitik“ gekennzeichnet werden. Sozialökonomische Strukturpolitik umfasst verschiedene Bereiche: 1.
Regionale Strukturpolitik
2. Sektorale Strukturpolitik 3.
Betriebsgrößen-Strukturpolitik, d.h. Mittelstandspolitik
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In einer freiheitlichen Ordnung ist Strukturpolitik nicht das Instrument einer Befehlswirtschaft, sondern ein Angebot einer Hilfe zur Selbsthilfe und entspricht somit den freiheitlichen Prinzipien der Subsidiarität und Solidarität. Die historischen und praktischen Erfahrungen und Erkenntnisse der Unterschiede in der sozialökonomischen Entwicklung der Bundesrepublik und der DDR seit 1945 beweisen und beleuchten die Tatsache, dass die Initiativen, Innovationen und Investitionen mittelständischer Unternehmer in der Sozialen Marktwirtschaft der Bundesrepublik wesentlich zum sozialen und ökonomischen Aufstieg aller Staatsbürger beigetragen haben. Ludwig Erhard, der sich selbst auch als „Mittelstandsminister“ bezeichnete, hat immer darauf hingewiesen, dass der in aller Welt bewunderte sozialökonomische Erfolg nicht einem „Wirtschaftswunder“ zu verdanken sei, sondern dem Fleiß, der Erfindungsgabe, der Selbstverantwortung und dem Unternehmungsgeist der Staatsbürger, vor allem auch der mittelständischen Unternehmer. Im Licht historischer Erfahrungen ist somit erkennbar, dass ein leistungsfähiger und motivierter Mittelstand wesentlich zum sozialökonomischen und sozialpolitischen Erfolg der Transformationsländer beitragen kann. Die gegenwärtige Bedeutung des Mittelstandes für die Bundesrepublik Deutschland beschreibt Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg mit folgenden Worten: „Die mittelständischen Unternehmen stehen für mich im Zentrum der Wirtschaftspolitik. Sie haben in den letzten Jahren maßgeblich zu den Erfolgen Deutschlands beigetragen. Hierzu zählen zum Beispiel zunehmende Exporte, zusätzliche Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie Impulse für Innovation und Wachstum“ (vgl. Mittelstandsmagazin, 4/2009, S. 12). Die hier hervorgehobenen Leistungen und Problemlösungskompetenzen des Mittelstandes in Deutschland sind auch für die sozialökonomische Aufwärtsentwicklung der Transformationsländer in Osteuropa von existenzieller Bedeutung. Darüber hinaus stellt sich aber die Frage, ob und in welcher Weise ein stabiler Mittelstand zur Lösung spezieller Probleme der osteuropäischen Länder und Staaten beitragen kann. Eine grundlegende Aufgabe im Sinne der Herausforderung (Challenge) des englischen Historikers Toynbee ist die Ablösung eines zentralistischen Kommandosystems in Politik und Wirtschaft durch eine demokratische und freiheitliche Ordnung, in der selbstbewusste und selbstverantwortliche Staatsbürger ihre Rechte kennen, ihre Chancen nutzen und ihre Freiheit als Verantwortung verstehen. Es bedarf keiner besonderen Begründung für die Erkenntnis, dass diese und andere Aufgaben der Ablösung des Kollektivismus und die Förderung und Stärkung individueller Selbstverantwortung eine schwierige und langfristige Aufgabe der
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politischen und sozialökonomischen Verantwortungsträger ist. Der Zeitraum für die Schaffung einer freiheitlichen und stabilitätssichernden politischen Ordnung und einer effizienten und sozialen Marktwirtschaft muss in Jahrzehnten, nicht in Jahren berechnet werden. Notwendig und erfolgversprechend ist es aber, die Erkenntnisse und politischen Maßnahmen der antiken Philosophen und Staatsmänner zu beachten und zu nutzen. Die Wirtschafts- und Sozialgeschichte Europas und der Vereinigten Staaten von Amerika liefert Beweise und konkrete Darstellungen für die These, dass der selbstverantwortliche und lebensfähige Mittelstand sowohl ein Stabilisator für Demokratie wie ein Motor der Marktwirtschaft ist, bzw. sein kann. Andererseits zeigen erst Untersuchungen der komplexen Ursachen der gegenwärtigen und überdimensionalen Wirtschafts- und Finanzkrise, dass Gier, Hybris, Leichtsinn und Dummheit in den Chefetagen einiger Groß- und Größtunternehmen mehr weltweite Wirkungsmöglichkeiten, irrationale Verhaltensweisen und Schädigungspotenz haben als der selbstverantwortliche und voll haftende mittelständische Unternehmer und freiberuflich Tätige. In seiner Publikation „Mittelstand und Sozialpolitik“ bezeichnet der Mittelstandsforscher Professor Eberhard Hamer die Demokratie als Staatsform des Mittelstandes und die Marktwirtschaft als Wirtschaftsordnung des Mittelstandes. Auch wenn man die Apodiktik dieser Thesen nicht ganz akzeptiert, es bleibt die historische Erfahrung, dass eine funktionsfähige und fortschrittsfördernde Marktwirtschaft ohne einen leistungsorientierten Mittelstand ebenso wenig erfolgreich ist wie eine stabile Demokratie ohne einen selbstbewussten und verantwortungsbereiten Mittelstand. Wenn man – im Hinblick auf diese Erkenntnisse und Erfordernisse – eine stabile Demokratie und eine funktionsfähige und soziale Marktwirtschaft als langfristige Zielsetzung der Transformationsstaaten in Osteuropa annimmt und akzeptiert, dann wird eine rationale und realistische Mittelstandspolitik zu einem wichtigen Teil der Staatspolitik („raison d‘être“) werden müssen. Die sozialökonomische Bedeutung des Mittelstandes In Anlehnung an eine Darstellung von Professor Dr. Karl-Heinrich Oppenländer (Bonn 1980) können folgende gesamtwirtschaftlichen Funktionen der kleineren und mittelgroßen Unternehmen unterschieden werden: 1.
Die ordnungspolitische Komponente
2. Der Beitrag zur Produktivitätsentwicklung 3.
Die Versorgungs- und Verteilungsfunktion
4. Der Beitrag zur Ausbildung und zur Stabilität am Arbeitsmarkt
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Zu 1) Subsidiarität und Dezentralisierung der Entscheidungen sind Kernelemente der Marktwirtschaft, die nicht zuletzt auch den Freiheitsspielraum der Staatsbürger bestimmen und ermöglichen. Ohne eine große Gruppe selbständiger und unabhängiger mittelständischer Unternehmer wäre eine freiheitliche Wirtschaftsordnung nicht voll funktionsfähig. Marktwirtschaftliche Wettbewerbspolitik kann auf einen selbständigen Mittelstand nicht verzichten. Zu 2) Der Wettbewerbsdruck, der den Mittelstand mehr trifft als die marktbeherrschenden Großunternehmen, zwingt den mittelständischen Unternehmer, Marktlücken aufzuspüren, Kosten zu senken, neue Produkte zu entwickeln und Innovationsaktivitäten zu fördern. Der zunehmende Bedarf nach Spezialisierung in einer dynamischen Wirtschaft wird nicht zuletzt durch den selbständigen Mittelstand erfüllt. Viele Zulieferungsfunktionen werden durch kleine und mittelgroße Unternehmen wahrgenommen. Zu 3) Die flächendeckenden Versorgungs- und Verteilungsfunktionen können durch dezentral arbeitende mittelständische Unternehmen optimal wahrgenommen werden. Die „Entleerungsgefahr“ auf dem Land und die Ballungsprobleme in Stadtzentren können durch leistungsstarke mittelständische Unternehmen in Grenzen gehalten werden. Zu 4) Der Beitrag zur Aus- und Weiterbildung und damit zur Stabilität auf dem Arbeitsmarkt ist eine unverzichtbare Leistung des Mittelstandes. Dies gilt auch und in besonderer Weise für die Humanisierung der Arbeitswelt, die in überschaubaren Gemeinschaften eher verwirklicht werden kann als in Mammutbetrieben. Fortschritt durch Flexibilität Die Transformation, d.h. die Umgestaltung und Neuorientierung von Staaten und Volkswirtschaften, verursacht Dynamik und Strukturwandlungen. Dynamik bedeutet Veränderung, Mobilität, Auflösung alter Strukturen und Aufgabe traditioneller Rechte, Unsicherheit und Krisen. Dynamik bedeutet aber auch Erweiterung des Blickfeldes, Freisetzung von Kräften, Erschließung, Öffnung und Wachstum.
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Die nicht zu vermeidenden Anpassungsrisiken können nur durch Flexibilität und Kreativität bewältigt werden. Dies gilt übrigens auch für die Anpassungsrisiken, die sich aus der Globalisierungsdynamik ergeben. Die Flexibilität einer Volkswirtschaft, ihre „capacity to transform“, wird somit zu einer wichtigen Wirkkraft des sozialökonomischen Fortschritts. Es ist nicht zu leugnen, dass gut geführte Klein- und Mittelbetriebe wendiger und anpassungsfähiger sind als Mammutunternehmen. Auf diesen Tatbestand hat Paul Schnitker als Präsident des Deutschen Handwerks schon 1979 hingewiesen. Sein Wort „Schnellboote sind eben manövrierfähiger als Ozeandampfer“ hat bleibende Bedeutung. Berechtigt war auch die Feststellung des Vorsitzenden des BDI-Mittelstandsausschusses Hans-Martin WälzholzJunius aus dem Jahre 1983: „Die aktuellen Wachstums- Anpassungs- und Beschäftigungsprobleme in der Bundesrepublik Deutschland und den übrigen EG-Mitgliedstaaten lassen sich ohne leistungs- und wettbewerbsfähige kleine und mittlere Unternehmen nicht lösen“. Unter Hinweis auf die Tatsache, dass sich nach 1945 Millionen Bürger in Westdeutschland selbstständig gemacht und kleine Unternehmen gegründet haben, konstatiert Professor Eberhard Hamer: „Das eigentliche Geheimnis des ‚Wirtschaftswunders West’ war dieser Neuaufbau eines starken wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Mittelstandes“ (vgl. E. Hamer, Mittelstand und Sozialpolitik, Regensburg 1996, S. 248). Die sozialökonomischen und politischen Erfahrungen in den Transformationsprozessen in Westdeutschland nach 1945 beweisen die Bedeutung des Mittelstandes für eine erfolgversprechende Strukturpolitik und für die unverzichtbare Flexibilität in der Methodik des Fortschritts. Die Übertragung sog. „Erfolgsrezepte“ von einer Region in eine andere bedarf zwar immer einer objektiven Überprüfung der Erfolgsvoraussetzungen, da sonst mit Diskrepanzen zu rechnen ist. Da die komparativen Mobilitätsvorteile des Mittelstandes aber nicht standortgebunden sind, sondern weltweit nachgewiesen werden können, ist die Schlussfolgerung gerechtfertigt: Osteuropa braucht einen stabilen und leistungsfähigen Mittelstand! Hilfe zur Selbsthilfe Für die Staaten und Volkswirtschaften in Osteuropa ist die sozialökonomische Aufwärtsentwicklung eine wichtige Grundlage für die positive Grundstimmung und für Zukunftsoptimismus. Die Defizite in diesen sozialpsychologischen Bereichen werden durch die Wahrnehmung der gegenwärtigen weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise ausgeweitet. Eine Strukturanalyse, die Professor Gerhard Fels vor 25 Jahren für die Situation in der Bundesrepublik beschrieb, gilt heute für Osteuropa: „Es gibt eine Strukturschwäche, die durch zu niedrige Renditen, zu wenig Risikokapital und zu wenige Investitionen gekenn-
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zeichnet ist. Es wandern nicht genügend Wissenschaftler und Techniker von den staatlichen Forschungseinrichtungen in die Wirtschaft, und es werden nicht genügend Unternehmen gegründet, die neue Technologien verwerten“. Die Therapie nach einer solchen Diagnose kann nur lauten: Aktive Mittelstandspolitik nach dem Beispiel von Ludwig Erhard. Mittelstandspolitik muss einen Verfassungsrang erhalten. Die Methode heißt: „Hilfe zur Selbsthilfe!“ Mittelstandspolitik ist eine Aufgabe auf allen Ebenen und Handlungsfeldern der Politik. Beispielsweise kann die Ebene der Kommunalpolitik erwähnt werden. Aufgaben der kommunalen Mittelstandspolitik sind u.a.: 1.
Maßnahmen, die fairen Wettbewerb fördern
2. Bereitstellung und Erschließung von Grundstücken für Betriebsansiedlungen 3.
Fortbildungseinrichtungen für Unternehmer und Mitarbeiter
4. Unterstützung von Selbsthilfemaßnahmen der Werbung und gemeinsamen Absatzpolitik 5. Beratung und Hilfe bei Betriebserweiterung 6. Vermittlung von Kontakten mit fachrelevanten Wissenschaftlern und Forschungsinstituten 7.
Berufsschulen und Fortbildungskurse usw.
8. Vermeidung kontraproduktiver fiskalischer Belastung 9. Reduzierung der Transaktionskosten 10. Förderung und öffentliche Anerkennung von Innovationen und Initiativen In einer erfolgversprechenden Mittelstandspolitik wird es dann darauf ankommen, die mittelstandspolitischen Konzeptionen und Maßnahmen der verschiedenen politischen Ebenen so zu vernetzen, dass ein Optimum der erstrebten Resultate erreicht wird und störende Kontroversen vermieden werden.
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Selbständigkeit und Freiheit im Denken In der Betrachtung europäischer Philosophen und Ökonomen beschränkt sich der Begriff Mittelstand nicht auf selbständige Unternehmer, sondern umfasst auch die sozialen Komponenten des Denkens, der Selbsteinordnung und des autonomen und nicht weisungsgebundenen Verhaltens. Adam Smith, dessen Überlegungen über die Ursachen des Wohlstands der Nationen auf den Gedanken von Aristoteles, Thomas von Aquin, Montesquieu und David Hume aufbauen, untersucht die Ursachen, die Ordnung und die Grundsätze des menschlichen Strebens nach Wohlstand. Der deutsche Nationalökonom Friedrich List (1789 1846) entwickelt eine „Theorie der produktiven Kräfte“. Er schreibt: „Die Kraft, Reichtümer zu schaffen, ist wichtiger als der Reichtum selbst.“ John Locke, einer der geistigen Väter des freiheitlichen Verfassungsstaates, schrieb 1690: „Da Menschen von Natur frei, gleich und unabhängig sind, kann niemand ohne seine Einwilligung aus diesem Zustand versetzt und der politischen Macht eines anderen unterworfen werden.“ Nach John Locke besteht das Hauptziel des Staates darin, die im sog. Urzustand unvermeidbare Unsicherheit zu beenden und die persönliche Integrität und Selbständigkeit des Menschen, seine persönliche Freiheit und sein persönliches Eigentum zu garantieren. Immanuel Kant hebt als wichtiges Prinzip des Staatsbürgers die Selbständigkeit (sibi suffizienz) hervor und nennt als „die dazu erforderliche Qualität,[…] dass er sein eigener Herr sei, mithin irgendein Eigentum habe (wozu auch jede Kunst, Handwerk oder Wissenschaft gezählt werden kann), welches ihn ernährt. Der deutsche Staatsmann Wilhelm von Humboldt, der als preußischer Kultusminister wesentliche Grundlagen für den Weltrang der deutschen Wissenschaft im 19. Jahrhundert geschaffen hat, betrachtet die Selbständigkeit und Selbstverantwortung des Menschen als unverzichtbar für die Entfaltung seiner Kräfte und Fähigkeiten. Überlegungen und Hinweise dieser Art lassen die Schlussfolgerung zu, dass der allgemeine Begriff „Mittelstand“ nicht auf selbständige Unternehmer und freie Berufe beschränkt ist, sondern ebenso auch Staatsbürger beschreibt, die im Sinne der zitierten Staatsdenker als selbständig Tätige, als Eigentümer von Vermögenswerten und als Verantwortungsträger in verschiedenen Bereichen wichtige Aufgaben für die Gemeinschaft aller Bürger des Staates übernehmen und gestalten. Auch in dieser Begriffsdeutung ist der Begriff „Mittelstand“ ein Schlüsselwort für die Zukunft Osteuropas.
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Prof. Dr Hans-Jörg Bullinger und Thorsten Posselt Chancen und Strategien des deutschen Mittelstandes in den Märkten unserer östlichen Nachbarn Einleitung Noch bis Ende 2008 haben viele Experten und Unternehmen gehofft, dass zumindest die osteuropäischen Staaten dem Abschwung trotzen können. Doch die Schätzungen im Frühjahr 2009 waren ernüchternd. So wird das BIP-Wachstum 2009 in allen osteuropäischen Ländern zurückgehen. In einigen Staaten, insbesondere den baltischen sowie Ungarn, gehen die Experten sogar von einer negativen BIP-Entwicklung aus. Aber auch andere makroökonomische Kennzahlen, wie in der folgenden Tabelle zusammengetragen, zeigen den allgemeinen, negativen Trend in Osteuropa.
BIP-Veränderung 2008 in % Russland
BIP-Veränderung 2009 in %
Exporte Gesamt in Mrd. € von D nach
2006
2007
1. Hj. 2008
7
5
23.4
28.1
15.8
6.4
2.5
5
5.9
3.2
5
3.5
28.8
36.1
20.2
4.4
3.7
22.5
26.1
14.4
7
4.9
7.6
8.5
4.7
Ungarn
1.9
1.2
16
17.3
9.4
Rumänien
8.5
4.7
7.2
7.8
4.4
Bulgarien
6.3
4.5
2.2
2.5
1.4
Lettland
-0.8
-2.7
1.4
1.7
0.7
Litauen
3.8
0
2
2.5
1.2
Estland
-1.8
-2.1
1.3
1.5
0.7
Ukraine Polen Tschechien Slowakei
Tab. 1: Kennzahlen ausgewählter osteuropäischer Länder
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Zwar scheinen die Zahlen für dieses Jahr weniger verheißungsvoll. Jedoch bleiben osteuropäische Märkte weiterhin sehr interessant für den deutschen Mittelstand. Gerade mit innovativen Konzepten, insbesondere aus High-Tech-Branchen wie Erneuerbaren Energien, Biotechnologie, Chemischer Industrie, aber auch in den klassischen Exportbranchen des Maschinenbaus und der Elektrotechnik, besitzt der Mittelstand große Erfolgschancen beim Markteintritt. Um diese innovativen Konzepte bedarfsgerecht zu entwickeln und erfolgreich zu vermarkten, haben sich in der Praxis, aber auch in der betriebswirtschaftlichen Forschung, in den letzten Jahren neue Ansätze und Strategien entwickelt. Dabei zeigte sich zum einen, welche Bedeutung innovative Konzepte für die internationale Wettbewerbsfähigkeit in Osteuropa besitzen. Zum anderen wurden strategische Erfolgsfaktoren herausgefiltert, die sich insbesondere auf den Vertrieb und die Kommunikationsstrategie in diesen Ländern auswirken. Chancen in osteuropäischen Märkten Bei der Analyse der Chancen in Osteuropa ist ein grundsätzlicher Wandel in der Wahrnehmung dieser Märkte durch den deutschen Mittelstand zu erkennen. In den 90er Jahren fiel oft das Schlagwort „verlängerte Werkbank“. Insbesondere Tschechien und Polen waren und sind immer noch die bevorzugte Zielregion für Produktionsverlagerungen. Dabei sind die Chancen nicht nur in den geringeren Kosten vor Ort zu sehen. Durch das steigende Absatzpotenzial in der Region ermöglicht die Produktion vor Ort eine direkte Belieferung der Zielmärkte. Deutsche KMU sehen inzwischen die Absatzchancen als Hauptmotiv für den Markteintritt in Osteuropa. Die Transformation vieler Märkte in den ehemaligen kommunistischen Staaten hin zu prosperierenden Marktwirtschaften hat die Nachfrage nach innovativen, technologisch anspruchsvollen Produkten gerade aus Deutschland anspringen lassen. Deutschland ist für viele Länder Osteuropas der wichtigste Handelspartner. Dabei ist bspw. in Polen auch für 2009 eine hohe Nachfrage (Wachstum zwischen 5 % und 10 %) vor allem in den Branchen der Grund- und Baustoffe sowie Maschinen und Anlagen zu erwarten, die 2008 weit über 10 % gewachsen sind. Im ersten Halbjahr 2008 wurden deutsche Waren und Dienstleistungen im Wert von über 20 Mrd. Euro nach Polen geliefert. Das Land ist zudem der größte EU-Fördermittelempfänger, woraus sich Chancen und Förderungen für den deutschen Mittelstand ergeben. Zudem besteht eine große Aufgeschlossenheit zu deutschen Investoren, die gerade in den 14 Sonderwirtschaftszonen noch bis 2017
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sehr günstige Standortbedingungen vorfinden. Weiterhin ist Polen für deutsche KMU die zentrale Logistikdrehscheibe in weitere osteuropäische Staaten und hat sich als attraktiver Standort für BPO (Business process outsourcing) entwickelt. Zwar leidet auch die polnische Wirtschaft unter der Finanzkrise. Doch bleibt die KFZBranche ein zentraler Wirtschaftssektor mit 6 % des BIP. Neben den großen Automobilherstellern ist bereits eine Vielzahl mittelständischer Zulieferer erfolgreich etabliert. Wachstum wird zudem in der Chemie-Branche (2008 über 8 %) erwartet. Polen ist Hauptabnehmer für deutsche Chemieerzeugnisse. Neben der allgemein steigenden Nachfrage, insbesondere nach Kunststofferzeugnissen, besteht ein steigender Bedarf an hochwertigen Polymeren, der nicht durch die nationale Produktion gedeckt werden kann. Auch im Maschinenbau und der IKT-Branche wird trotz der allgemeinen schlechten Wirtschaftslage mit einem deutlichen Wachstum (je nach Sektor zwischen 5 % und 10 %) in 2009 gerechnet. Von diesem kann der deutsche Mittelstand bei gezieltem Engagement profitieren. Tschechien gilt dank seiner günstigen Entwicklung als herausragend attraktiver Zielmarkt in Mittel- und Osteuropa, nicht zuletzt wegen der weiter anhaltenden Investitionen in die Infrastruktur und der bestehenden EU-Förderung. Zudem besitzen tschechische Zulieferunternehmen eine hohe Zuverlässigkeit und Qualität. Die stabilen Grundbedingungen aufbauend auf dem Wachstum der letzten drei Jahre lassen auch für 2009 umfangreiche Chancen erkennen. Jedoch hängt vieles von der Konjunktur in der Euro-Zone ab, da sich Tschechien zu einer erfolgreichen Exportnation entwickelt hat. Auch wegen der starken tschechischen Krone sollte die Entwicklung sehr genau beobachtet werden. In jedem Fall zeichnet sich in einigen Branchen, insbesondere im Hoch-Technologie- und Dienstleistungssektor sowie der chemischen Industrie (letztere besitzt ein Marktvolumen von über 20 Mrd. Euro und ein geschätztes Wachstum von über 10 %), eine enorme Nachfrage gerade nach deutschen Produkten ab. In einzelnen Sektoren wurden in 2008 Wachstumsraten von mehr als 30 % erreicht. Staatliche Unterstützung der Infrastruktur sowie in den Sektoren der IKT, Medizin- und Umwelttechnologie runden die Chancen ab. Blickt man Richtung Südosten, so verzeichnet insbesondere Rumänien überdurchschnittlich gute Geschäftschancen. Auch wird sich das Leistungsbilanzdefizit mittelfristig durch die steigenden Investitionen (2009 +10 %) verbessern. Daran haben ausländische Direktinvestitionen einen wichtigen Anteil. 2008 stiegen diese um 40 %. Deutschland ist Rumäniens größter Handelspartner mit einem Exportvolumen von 4,6 Mrd. Euro und einem Wachstum von über 12 % in 2008. Hiervon kann der Mittelstand profitieren. Ähnlich wie in Tschechien hängt dabei vieles von der Entwicklung in der Euro-Zone ab. Allgemein wird ein
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überdurchschnittliches Wachstum für die chemische Industrie erwartet, die von dem anhaltenden Bauboom sowie dem Wachstum im Pharmasektor profitiert. Auch in den Sektoren der Elektrotechnik und IKT wird sich der Aufschwung der letzten Jahre fortsetzen, wenn auch etwas verlangsamt. Des Weiteren ist die Ukraine ein spannender und wachsender Markt. Trotz der unklaren politischen Verhältnisse wird mit einem deutlichen BIP-Wachstum für 2009 gerechnet. Der WTO-Beitritt 2008 bringt zudem weitere Vereinfachungen mit sich. Zwar laufen einige EU-Fördermittel aus. Dafür rückt das Land in den Fokus anderer Förderprogramme, bspw. der EBRD und EIB. Aufgrund der politischen Situation sind Vorhersagen im Investitionsbereich jedoch schwierig. 2008 kamen 20 % der ADI aus Deutschland. Deutschland ist nach Russland Hauptlieferland mit einem Volumen von ca. 6 Mrd. Euro. Ob die deutlich zweistelligen Wachstumsraten deutscher Aktivitäten in 2009 bestehen bleiben, kann aber noch nicht abgeschätzt werden. Allerdings wird in vielen Branchen von einer weiter steigenden Nachfrage ausgegangen. Wachstumszahlen in Sektoren der Maschinenbau- und Chemiebranche von bis zu 50 % in 2008 sprechen für sich. Hiervon können deutsche Mittelständler profitieren. Zudem verringern Hermes-Export-Bürgschaften das Risiko für deutsche KMU. Die baltischen Staaten leiden deutlich unter der Krise in 2009. Jedoch sind weiterhin Chancen für den deutschen Mittelstand mit seinen qualitativ hochwertigen Produkten zu erkennen. Insbesondere im High-Tech- und FuE-Sektor, in Teilen der Chemie- und Pharmabranche sowie in Hochtechnologiesektoren des Maschinenbaus oder Energiesektors ergeben sich gute Absatzchancen für KMU. Und der bestehende Investitionsbedarf sowie EU-Fördermittel lassen für die weitere Entwicklung hoffen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass gerade in High-Tech-Branchen, in denen deutsche Mittelständler mit ihren Innovationen die Märkte erfolgreich bearbeiten, die Nachfrage weiter steigen wird. Diese Chance sollten deutsche KMU nutzen. Aktuell entwickeln sich zudem expandierende, hoch-innovative und spezialisierte Cluster, wie bspw. in Polen die Netzwerke für Biotechnologie und Life Science in Wroclaw oder in Tschechien für Nanotechnologie. Neben diesen Clustern weisen auch weitere Regionen in Osteuropa ein großes Potenzial auf. Zum Beispiel gelten der südosteuropäische Raum, insbesondere Bulgarien und Rumänien, für Erneuerbare Energien als unentdeckter Wachstumsmarkt. Viele Kunden in Osteuropa sehen deutsche Unternehmen und hier speziell Mittelständler als vertrauenswürdige Partner, die mit ihren qualitativ hochwertigen Produkten und ihrem innovativen Know-how in der Lage sind, auf die Wünsche der Kunden individuell einzugehen. Neben der Intensivierung von Netzwerken sind weitere Dezentralisierungstendenzen
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zu erkennen. Diese äußern sich u.a. darin, dass dem lokalen Management eine stärkere strategische Autonomie zugestanden wird. Zudem werden sich die Markteintrittsstrategien deutscher KMU in Osteuropa verändern. Wo früher der klassische Export überwog, nutzt der Mittelstand heute ressourcenintensive Formen von Netzwerken bis hin zu eigenen Tochtergesellschaften oder der Akquisition von Unternehmen. Viele KMU haben die Notwendigkeit der Intensivierung ihrer ausländischen Aktivitäten erkannt. Nur so sehen sie sich in der Lage, komplexer werdende Kundenbedürfnisse erkennen und bedarfsgerechte Angebote entwickeln zu können. Aber nicht nur das Absatzpotenzial für High-Tech-Produkte steigt weiter an. Auch bei gemeinsamer Forschung und Entwicklung bieten sich deutschen Unternehmen interessante Möglichkeiten, mit Unternehmen in Osteuropa zusammen zu arbeiten. Neben den genannten Clustern finden sich in vielen Ländern kompetente Forschungseinrichtungen, die vor allem in der Grundlagenforschung durch ihre Ergebnisse auf sich aufmerksam machen. Viele osteuropäische Staaten weisen zudem ein generell hohes Bildungs- und Ausbildungsniveau auf. Hiervon können und sollten deutsche KMU profitieren. Nicht zuletzt wird die Zusammenarbeit bei FuE-Projekten von institutioneller Seite unterstützt, bspw. durch europäische oder nationale Fördermittel. Damit verbunden ist das wirtschaftspolitische Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands sowohl in Deutschland, als auch durch Kooperationen vor Ort zu stärken. Erfolgsfaktoren und Strategien des Mittelstands im internationalen Kontext Um die Chancen in Mittel- und Osteuropa zu nutzen, können aus der Praxis und aus wissenschaftlichen Analysen heraus zentrale Erfolgsfaktoren für den internationalen Erfolg von KMU abgeleitet werden. Diese sind in folgender Abbildung zu sehen und gelten in dieser Form auch für den Mittelstand in Osteuropa. Bei der Analyse müssen sowohl interne Ressourcen und Kompetenzen, als auch externe Umfeld- und Marktfaktoren berücksichtigt werden.
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Kontinuierliche Innovation Flache Organisation
Klare Ziele
Kundennähe
Klare Wettbewerbsvorteile in der Nische
Netzwerke
Spezialisierte und motivierte Mitarbeiter Globale Orientierung Interne Kompetenzen Externe Chance
Abb. 1: Unternehmensinterne und –externe Erfolgsfaktoren von KMU in Mittel- und Osteuropa.
Ein in Osteuropa erfolgreiches KMU zeichnet sich durch eine klare Orientierung in Bezug auf die kurz- und langfristigen Ziele, die Zielgruppe, sowie die strategische Orientierung aus. Wie Erfahrungen aus der Praxis sowie Studien zeigen, stellt die strategische und systematische Internationalisierung für KMU jedoch oft ein Problem dar. Dabei unterschätzen diese den Markteintritt in Osteuropa, sowohl bei der Analyse des Marktes, als auch bei der Anpassung des Vertriebs oder ihrer Kommunikation. Gerade hierbei ist die Zielorientierung erfolgskritisch, auch für die Führung einer flachen Organisation sowie eines spezialisierten und motivierten Mitarbeiterstamms. In dem Zusammenhang bildet der schnelle Informationsaustausch bei wenigen Hierarchiestufen die Grundlage für kurze Kommunikations- und Entscheidungswege. Hierdurch können KMU Marktinformationen erarbeiten und in die internationale Strategie integrieren. Die Mitarbeiter sind zudem die Basis kontinuierlicher Innovationen, deren Entwicklung und Vermarktung auch in Osteuropa einen wichtigen Erfolgsfaktor darstellt.
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Aber interne Ressourcen und Kompetenzen bedürfen einer Anpassung an die Gegebenheiten des Marktumfeldes im Zielmarkt. Wie erläutert weisen die Länder Osteuropas trotz der aktuellen wirtschaftlichen Lage hohe Marktpotenziale, insbesondere für innovative Branchen, aus. Erfolgreiche KMU nutzen ihre auf innovativen Produkten und Prozessen sowie hoher Qualität beruhenden Wettbewerbsvorteile. Ihre Strategie beinhaltet einen globalen Fokus für die Produktstrategie und eine lokale Anpassung der Kommunikationsund Distributionsinstrumente, die auch in Osteuropa zum Tragen kommen. Dabei zeichnet international erfolgreiche KMU ihre Kundennähe aus, wofür die Einbindung in Netzwerke entscheidend ist. Vernetzung – Chancen flexibler Strategien in Osteuropa Ein Mittel, sich im Wettbewerb auf ausländischen Zielmärkten zu behaupten, ist die Teilnahme an Netzwerken. Gerade in Mittel- und Osteuropa hat sich gezeigt, dass netzwerkbasierte Unternehmensstrategien einen wichtigen Beitrag zum Erfolg darstellen. Unter einem Unternehmensnetzwerk werden sehr flexible Formen der überbetrieblichen Kooperation von verschiedenen Unternehmen unter Aufrechterhaltung ihrer Selbstständigkeit verstanden. Mit Hilfe eines Netzwerkes können Unternehmen Kernkompetenzen und Ressourcen ihrer Partner nutzen, um eigene Wettbewerbsschwächen auszugleichen. Darüber hinaus ergibt sich eine Dynamik, die zu Innovationen, einem effizienten Markteintritt und Wettbewerbsvorteilen führt. 1
Netzwerke in Osteuropa
Markteintritt
– erleichterter Einstieg in den Zielmarkt – Aufbau von Markt-Know-how und weiteren Informationen – Ressourceneinsparung durch Synergieeffekte – Qualitätssteigerung – Zugang zu Ressourcen und Vertriebskanälen – unsichtbare Infrastruktur
FuE und Innovation
– Nutzung der Komplementärfähigkeiten – Ausgleich ressourcenbedingter Restriktionen – Optimierung des Innovationsprozesses – Reduzierung des technologischen und finanziellen Risikos – Integration lokaler Kundenbedürfnisse in den Innovationsprozess
Abb. 2: Chancen durch Netzwerke für KMU in Mittel- und Osteuropa.
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Mittelstand und Osteuropa
Auch in Osteuropa können Netzwerke den Einstieg in den Zielmarkt erleichtern. Lokale Netzwerkteilnehmer besitzen vielfältige Beziehungen sowie kulturelle und vor allem Marktkenntnisse in Osteuropa. Mit diesen können sie dem Netzwerk und den ausländischen KMU helfen, bspw. Mängel in der Infrastruktur des Zielmarktes und andere „institutional voids“ auszugleichen. 2 Die Bedeutung des Netzwerkes beim Markteintritt hängt u.a. von Faktoren, wie der psychischen Distanz zum Auslandsmarkt oder der Wettbewerbsintensität, ab. So senken Netzwerke bei hoher Unsicherheit und psychischer Distanz das empfundene Risiko. Diese subjektiven oder weichen Faktoren werden in Osteuropa vom Mittelstand oft unterschätzt. Kenntnisse hier zu erarbeiten ist zudem ein längerer Prozess, der Ressourcen benötigt und somit eine Investition darstellt. Durch Netzwerke wird dieser Prozess vereinfacht. Auch können bestehende Beziehungen der lokalen Netzwerkteilnehmer genutzt werden, um die Unsicherheit, die ein lokaler Kunde bei der Wahl des ausländischen KMU empfinden könnte, zu reduzieren. Netzwerke ermöglichen in einem osteuropäischen Markt den Zugang zu erfolgskritischen Informationen, Vertriebskanälen sowie Ressourcen und erleichtern so den Markteintritt. Dadurch kommt es zu einer Reduzierung des Ressourcenaufwandes sowie der Kosten für das KMU. Netzwerke ermöglichen die Abstimmung von Aktivitäten und somit eine höhere Kapazitätsauslastung mit der Folge positiver Lern- und Skaleneffekte sowie einer Kostendegression. Durch die Bündelung der Kompetenzen, den Informations- und Wissensaustausch, die Nutzung der bestehenden Ressourcen und die Auslastung vorhandener Anlagen können Kosten in der F&E, der Produktion, dem Vertrieb oder dem Service reduziert werden. Netzwerke können zudem die Qualität der Produkte positiv beeinflussen. Zentraler Faktor ist ein intensiver Know-how-Austausch im Netzwerk, der insbesondere zu einer Verbesserung von Schlüsseltechnologien führen kann. Das gegenseitig zur Verfügung gestellte, spezifische Wissen (bspw. Technologien, Marktkenntnisse) sowie relevante Erfahrungen führen zu neuen Erkenntnissen und einer Verbesserung des Qualitätsniveaus, sowohl bei bestehenden Produkten, als auch in Bezug auf die Entwicklungskompetenzen bei neuen Produkten. Auch eine zunehmende Spezialisierung und Konzentration der Partner auf ihre Kernkompetenz im Netzwerk führt über Lerneffekte zu einer Qualitätssteigerung, nicht nur beim Endprodukt. Kunden profitieren darüber hinaus von einem erweiterten „SoftwareKranz“ (bspw. Service- oder Informationsverbesserungen).
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Netzwerkeffekte in Osteuropa erfolgreich lenken Diese positiven Effekte werden dadurch erreicht, dass das Netzwerk die Kompetenzen jedes Teilnehmers nutzt. Ähnlich einer intensiven Arbeitsteilung konzentriert sich ein KMU auf den Teil der Wertschöpfung, in dem es die größten unternehmensspezifischen Fähigkeiten besitzt. Zudem besteht in einem Netzwerk ein höheres Vertrauen in die Partner. Dieses ist immer Ergebnis und Bedingung eines kooperativen Handelns und stellt einen entscheidenden Koordinationsmechanismus in einem Netzwerk dar. Dabei reduziert die Bereitschaft aller Teilnehmer zum kooperativen Verhalten die Komplexität und Unsicherheit gerade bei internationaler Geschäftstätigkeit. Netzwerke stellen durch das interne Vertrauen der Partner zueinander eine Art unsichtbare Infrastruktur dar, die Sicherheit vermittelt. Der zentrale Faktor, der die positiven Wirkungen eines Netzwerkes ermöglicht, ist aber die Informationsintegration. Informationen im Markt beinhalten drei kritische Aspekte: Zugang, Zeitpunkt und Referenzen. Dabei kommt dem Netzwerk gerade in den Märkten Osteuropas eine strategische Rolle zu, in denen Informationen oft schwieriger zu bekommen und häufig weniger verlässlich sind. Aufgrund der internen Motivation der Netzwerkteilnehmer, den Erfolg des Netzwerkes zu erhöhen, stellen sie den anderen Teilnehmern eher erfolgsrelevante Informationen zur Verfügung, bspw. Marktinformationen, neue Angebote oder Produktentwicklungen. Gleichzeitig können Referenzen lokaler Netzwerkpartner dem deutschen KMU bei der Zusammenarbeit mit Kunden vor Ort helfen, um so den Zielmarkt erfolgreich zu durchdringen. Innovationen – Potenziale von der Entwicklung bis zur Vermarktung in Osteuropa Allerdings reicht ein Netzwerk alleine nicht aus für den erfolgreichen Markteintritt in Osteuropa. Innovationen gelten als Basis für das nachhaltige Bestehen im Wettbewerb. Dabei haben sich auch die Innovationsprozesse im Zuge der allgemeinen, technologischen und wirtschaftlichen Entwicklung verändert. Sowohl bei der Invention, als auch bei der Umsetzung und dem Vertrieb innovativer Produkte suchen gerade mittelständische Unternehmen neue Ansätze und Zielmärkte.3 In Folge des Wettbewerbsdrucks, insbesondere in Deutschland und Westeuropa, kürzerer Entwicklungszeiten und Produktlebenszyklen sowie höherer Entwicklungskosten, zieht es den Mittelstand verstärkt in die aufstrebenden Märkte in Osteuropa, nicht nur für die Erschließung neuer Absatzpotenziale, sondern auch für die Entwicklung innovativer Lösungen für neue Kundenanforderungen. Dabei kooperieren KMU verstärkt mit FuE-Partnern in Osteuropa. Von zentraler Bedeutung bei der gemeinsamen Entwicklung und Vermarktung von Innovationen ist die Einbezie-
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hung von Komplementärfähigkeiten in einem Netzwerk. Interne und externe F&E werden nicht mehr länger als substituierende Faktoren gesehen. Im Gegenteil, gerade KMU können durch ein Netzwerk ressourcenbedingte Restriktionen des umfangreichen Innovationsprozesses überwinden. 4 Die gemeinsame Entwicklung erhöht zudem die Sicherheit der Partner, insbesondere in Bezug auf technologische Risiken. Außerdem verhindert das größere Vertrauen der Teilnehmer eines Netzwerkes zueinander einen Missbrauch wichtiger Informationen und reduziert das opportunistische Verhalten. Dieses ist gerade bei der gemeinsamen Entwicklung von Innovationen und dem damit verbundenen Austausch sensibler, interner Informationen wichtig. Auch für die Vermarktung der Innovationen hilft die Teilnahme an einem Netzwerk. Viele Studien haben gezeigt, dass gerade B2B-Unternehmen aus Osteuropa hochwertige, innovative Produkte aus Industrieländern nachfragen. Dabei sind sie neuen Entwicklungen gegenüber tendenziell offen eingestellt und besitzen in Bezug auf die technische Ausgestaltung vergleichbare Bedürfnisse, genauso wie Unternehmen in Deutschland oder Westeuropa.5 Gleichzeitig fehlen fest gefahrene Marktstrukturen und Präferenzen. Insbesondere gibt es in vielen Branchen in Osteuropa eine gering ausgeprägte Markenpräferenz. Dies ist ein großer Vorteil für eintretende Unternehmen, die in diesen Märkten Fuß fassen können. Doch dürfen KMU den Markteintritt „vor der Haustür“ nicht ohne intensive Vorbereitung angehen. Insbesondere müssen sie zum einen ihre Kommunikation und den Vertrieb ihrer Innovationen an die Bedingungen und Eigenheiten der Länder in Osteuropa anpassen. Zum anderen besteht trotz des Entwicklungsprozesses dieser Länder ein andersartiges finanzielles Gefüge bei lokalen Kunden. Dieses bedeutet aber nicht automatisch eine Preis- und damit Leistungsreduzierung des Angebotes. Denn insbesondere das Downsizing, die technische Vereinfachung der Produkte, hat sich als erfolglos herausgestellt. Eher ist es wichtig, durch gezielt abgestimmte Kommunikation und Services den Kunden von der Notwendigkeit des neuen Produktes nachhaltig zu überzeugen. Fazit Osteuropäische Länder besitzen, trotz der aktuellen Entwicklung, nachhaltige interessante Marktpotenziale. Dabei werden makroökonomische Faktoren sicherlich zu einer unterschiedlichen Entwicklung der einzelnen Länder führen. Insbesondere die europäische Integration wird die Wettbewerbschancen in einigen Staaten Osteuropas weiter verbessern. Hinzu kommt das generell hohe Interesse an technisch- und qualitativ-hochwertigen
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sowie innovativen Produkten aus Deutschland, insbesondere aus den High-Tech-Branchen. Betrachtet man somit die Ausgangslage, sollte der deutsche Mittelstand sich weiter intensiv bzw. noch stärker mit den Märkten Osteuropas auseinandersetzen. Dabei sind diese Länder nicht nur interessant als Absatzmärkte oder wie in den 90er Jahren als Produktions- oder Beschaffungsstandorte. Vielmehr entwickeln sich die osteuropäischen Staaten technologisch schnell weiter. Insofern sollte auch die Verlagerung oder gemeinsame Durchführung von Innovationsprozessen verstärkt in den Fokus des deutschen Mittelstands treten. Dass gerade für Innovationen eine große Nachfrage besteht, haben zudem viele Studien gezeigt. Damit KMU in der aktuellen wirtschaftlichen Situation und der immer schneller werdenden Entwicklung im Wettbewerb bestehen können, sollten sie sich verstärkt in Netzwerken engagieren. Durch diese kann nicht nur die Internationalisierung schneller und in strategisch-selektiven Schritten vor sich gehen. Neben dem einfacheren Markteintritt durch sichere, wettbewerbsrelevante Informationen, einen günstigeren Marktzugang oder die Sicherung strategischer Vertriebskanäle, vereinfachen oder ermöglichen Netzwerke die Entwicklung innovativer Produkte nahe an den Kundenbedürfnissen der Zielgruppe. So aufgestellt, kann der Mittelstand positiv in die Zukunft schauen und die Märkte in Osteuropa nachhaltig erfolgreich bearbeiten. Literatur Arnold, D. and Quelch, J. (1998), New Strategies in Emerging Markets, Sloan Management Review, Vol. 40, Fall, pp. 7 – 20. BMBF (2008), Cluster in Mittel-, Ost- und Südosteuropa – Länderübergreifende Netzwerke von Clusterregionen, Internationales Büro, Berlin. Bullinger H.-J. und Warschat J. (2007), Innovationsmanagement in Netzwerken, in: Sanz, F.; Semmler, K.; Walther, J. (2007), Die Automobilindustrie auf dem Weg zur globalen Netzwerkkompetenz, Berlin. Burgel, O. and Murray, G. (2000), The International Market Entry Choices of Start-Up Companies in High-Technology Industries, Journal of International Marketing, Vol. 8, No. 2, pp. 33 – 62. Sydow, J. (1992), Strategische Netzwerke. Evolution und Organisation, Wiesbaden. Zhou, L.; Wu, W.-P.; Luo, X. (2007), Internationalization and the Performance of Born-Global SMEs: The Mediating Role of Social Networks, Journal of International Business Studies, Vol. 38, pp. 673 – 690.
Vgl. Sydow (2001) S. 319. Vgl. Arnold, Quelch (1998) S. 17; Zhou et al. (2007) S. 676f. 3 Vgl. Bullinger, Warschat (2007) S. 200ff. 4 Vgl. Bullinger, Warschat (2007) S. 205ff. 5 Vgl. Arnold, Quelch (1998) S. 16.
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Prof. Dr. Bernd Kriegesmann Innovationsmanagement jenseits von Trends und Moden – Wie der progressive Mittelstand die Zukunft erschließt In den letzten Jahrzehnten hat sich die Stellung vieler Unternehmen auf den nationalen und internationalen Märkten erheblich verändert. Sie kamen in Wettbewerb mit Unternehmen, die kostengünstiger produzieren und die Ergebnisse technischer und organisatorischer Entwicklungen effektiver und effizienter nutzen. Diese Entwicklungsdynamik nimmt weiter zu. Der marktwirtschaftlich orientierte Strukturwandel ehemaliger zentralverwalteter Wirtschaftssysteme und die Entwicklung von Schwellenländern zu leistungs- und innovationsfähigen Industriegesellschaften haben den Wettbewerbsdruck für scheinbar etablierte Unternehmen verschärft, aber auch neue Chancen eröffnet. Programmatisch herrscht Einigkeit darüber, dass die einzige Antwort auf diese Herausforderungen „Innovation“ heißen kann. Weniger Einigkeit besteht in den Interpretationsmustern zu einem wirksamen innovatorischen Vorgehen. Trotz aller Lippenbekenntnisse zur Innovation ist – verstärkt bei Großunternehmen – oft ein defensives Innovationsverhalten zu beobachten. Anstatt offensiv neue Optionen zu erschließen, verharren diese Unternehmen in schrumpfenden Nischen oder werden erst in aussichtsloser Position tätig. Bis der Aufbruch zu Neuem ernsthaft angegangen wird, dominieren Maßnahmen zur Optimierung des Bestehenden, stehen Rationalisierung und der Rückzug auf Kernkompetenzen im Vordergrund. Das entlastet kurzfristig vom Kostendruck, befriedigt Hoffnungen auf schnelle Gewinne und vermittelt sogar noch einen strategischen Anschein. Langfristig gehen aber die Potenziale für den Aufbau der Kernkompetenzen von morgen verloren. Die Abschöpfung der Überhangpotenziale bzw. „Slacks“ – auch jenseits der aktuellen Krise – hat in vielen Unternehmen zum Abbau der letzten innovatorischen Freiräume geführt. Die eigene Orientierungsfähigkeit, sich in neu entstehenden Wirtschaftsstrukturen zu positionieren, bleibt damit auf der Strecke. Der Versuch, in neue Felder vorzustoßen, wird – bei Verzicht auf eigene Entwicklungspotenziale – an von außen vorgegebenen Trends aufgehängt. Das spiegelt sich in den gleichförmigen strategischen Ausrichtungen vieler Unternehmen wider. Die eigene Orientierung und potenzialorientierte Suche nach neuen Wertschöpfungspositionen wird durch Außensteuerung ersetzt. Der Glaube an Trends und vermeintliche Zukunftsmärkte verführt zur bloßen Imitation und sorgt im Ergebnis dafür,
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dass alle Wettbewerber nach einiger Zeit wieder gleich aussehen und sich auf den gleichen überbesetzten Märkten gegenüberstehen. Historisch betrachtet hat der Rückgriff auf derartige konfektionierte oder imitierende Strategien und Konzepte nie zu der erhofften Patentlösung für Innovationsprobleme geführt. Gigantische Verluste nach der Investition in von Marktauguren prognostizierte Wachstumsmärkte – auf die aber auch der Wettbewerb gesetzt hat – belegen das eindrucksvoll. Die Orientierung von Unternehmensentwicklungsprozessen an Trends, Moden und vermeintlichen Vorbildern bietet kaum Ansatzpunkte für eine Differenzierung im Wettbewerb, sondern führt auf Felder höchster Wettbewerbsintensität. Ohne die Orientierungsfrage geklärt zu haben, endet das phantasielose Trend-Hopping – im Extremfall ohne eigene Kompetenzbasis in diesen neuen Feldern – oftmals in neuen Sackgassen. Robuster als viele, häufig analystengesteuerte Unternehmen zeigen sich weite Teile des Mittelstands. Sicherlich wäre es falsch, den Mittelstand per se als innovationsaktiv zu bezeichnen. Allerdings lassen sich bei progressiven Mittelständlern häufiger Innovationsstrategien jenseits des Mainstreams beobachten, vermittelt das innovatorische Vorgehen einen stärker mit Gespür für die Märkte von morgen geprägten Eindruck. Wie aber sehen derartige Innovationsmuster aus? Wie gehen erfolgreich innovierende Mittelständler vor? Ihr Verständnis für Innovationsmanagement ist weniger durch über prognostische Hochleistungsakte getragene und vom realen Wirtschaftsgeschehen abgekoppelte Planungsexzesse geprägt, sondern sie gehen sehr viel stärker experimentell vor, indem •
sie sich an ihren eigenen Potenzialen und den Kunden(bedarfen) von heute und morgen ausgerichtet eigene Orientierung für die Positionierung in den Märkten von morgen verschaffen,
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die Umsetzung im eigenen Unternehmen und am Markt nicht nur vordenken, sondern auch austesten und die
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Bedingungen für innovatorisches Engagement im eigenen Unternehmen schaffen. Schaffung eigener Orientierung als Ausgangspunkt des Innovationsmanagements Innovation setzt eigene Positionierung voraus, das heißt, zur echten Profilierung im Innovationswettbewerb müssen sich die Fach- und Führungskräfte selbst orientieren
und – jenseits ausgetretener Pfade – Entwicklungsmöglichkeiten aufdecken, die mit den aktuell verfügbaren bzw. entwickelbaren Kompetenzen und Kapazitäten des Unternehmens erschlossen werden können. Erst eine solche Orientierung verspricht Wettbewerbsvorteile und sichert zukunftsfähige Arbeitsplätze.
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In „wohlgeregelten“ Organisationen unterbleiben derartige Entwicklungsprozesse mit eigener Positionierung allzu oft. Ausbrüche aus gewohnten Bahnen sind ehrlich analysiert häufig Organisationsversehen, das heißt, die Kontrollmechanismen versagten. Die Erfolge kamen zustande, weil sich in einer kritischen Phase einzelne Mitarbeiter „vorschriftswidrig“ verhalten haben und gegen den Mainstream agierten, sich also eigene Orientierung verschafften. Das war – und in diesem Punkt gleichen sich die Entwicklungspfade von bestehenden und neu gegründeten Unternehmen – nur möglich, weil sich zum rechten Zeitpunkt kompetente Personen außerhalb der eingefahrenen Bahnen engagierten und nicht fragten, was machen die anderen, sondern den Mut hatten, selbst etwas zu unternehmen, was noch kein anderer unternimmt. Wie kann man solche Ausbrüche aus gewohnten Bahnen provozieren? Mit klassischen Verfahren der Unternehmensplanung und modischen Beraterrezepturen geht das nur sehr schwer. Ihr Einsatz liefert kaum Ansatzpunkte für eine Differenzierung im Wettbewerb. Will man sich nicht weiter nur auf Kernkompetenzen von heute zurückziehen und sich auch nicht in Diversifikationsabenteuern, die man nicht beherrscht, aufreiben, muss man bestehende Wertschöpfungsketten auf zukunftsträchtige Entwicklungspotenziale abklopfen. Progressive Unternehmen gehen hier andere Wege, indem sie sich eigene Orientierung verschaffen. Ausgangspunkt ihrer Innovationsbemühungen ist ein Abstimmungsprozess zwischen marktbedingten Neuorientierungserfordernissen, die sie aus der echten Innenkenntnis des Kunden ableiten, und verfügbaren bzw. entwickelbaren Potenzialen, die sie intelligent in neue Anwendungsfelder überführen. Zwei Suchrichtungen strukturieren diesen kreativschöpferischen Prozess: Wo kann man aus den bestehenden Kompetenzen und Kapazitäten des Unternehmens noch mehr machen? Das ist die erste Suchrichtung bei der Aufdeckung zukunftsträchtiger Innovationsfelder. Sie führt zu neuen Anwendungsmöglichkeiten für bestehende Kernkompetenzen und brachliegende Potenziale des Unternehmens, im außergewöhnlichen Fall sogar zu einer potenzialorientierten Wanderung in die Märkte von morgen quer über klassische Branchengrenzen hinweg (Business Migration). Viele Unternehmen denken derzeit aber noch zu stark in herkömmlichen Produktkategorien und tradierten Fach- und Branchengrenzen. Ohne sich des Problemlösungscharakters und der Anwendungspotenziale ihrer Produkte und der darin eingesetzten Technologien im Klaren zu sein, ohne zu hinterfragen, was man aus den technischen, personellen und organisatorischen Potenzialen in anderen Anwendungsbereichen noch machen kann, orientiert man sich vornehmlich an bestehenden Marktstrukturen, historischen Rollenverteilungen und gewachsenen Funktionsauftei-
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lungen in der Wertschöpfungskette. Im Ergebnis werden die aktuellen Kernkompetenzen nicht ausgeschöpft, warten brachliegende Potenziale weiter auf ihre Entdeckung, bleiben in Summe Chancen der kreativen Neupositionierung in Wertschöpfungsketten ungenutzt. Wer mehr aus seinen Kompetenzen machen will, muss beim Aufbruch zu Neuem seine eigenen Kompetenzen in den Vordergrund rücken und aktiv nach neuen Anwendungsfeldern und Verwertungsmöglichkeiten suchen. Erhebliche Chancen der kreativen Neupositionierung in Wertschöpfungsketten lassen sich erschließen, wenn auf der Basis bestehender Potenziale – egal ob Markenname oder Produkttechnologie, ob Vertriebsnetz oder Personalkompeten systematisch hinterfragt wird, welche Funktionen bzw. Problemlösungsbedarfe mit diesen Potenzialen noch erfüllt und welche konkreten Anwendungsfelder und Kundengruppen damit noch erschlossen werden können. Der entscheidende Vorteil dieses Vorgehens liegt darin, dass das Denken in Anwendungsfunktionen zwischen zwei getrennten Welten – zwischen der Potenzialsphäre (Technologie) und der Bedarfsphäre (Kunde) – vermittelt. Die Frage nach den Funktionen, die ein technisches Problemlösungspotenzial prinzipiell in unterschiedlichen Anwendungen erfüllen kann, überwindet die einseitige Ausrichtung auf eine Hauptanwenderbranche und wird so zum entscheidenden Impuls, aus gewohnten Bahnen auszubrechen und innovative Anwendungsfelder für bestehende oder neu entwickelte Problemlösungspotenziale zu entdecken. Dazu kommt eine zweite Suchrichtung. Mittel- und langfristig reicht es nicht aus, aktuell verfügbare Kompetenzen auszuschöpfen. Selbst Kompetenzen, die zurzeit noch Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz sichern, drohen durch Imitation oder Substitution sowie durch Änderungen der Kundenprobleme und Nachfragestrukturen entwertet oder relativiert zu werden. Deshalb muss eine zweite Frage angegangen werden: Welche Problemlösungsbedarfe des Kunden werden bisher nicht oder nur unzureichend befriedigt und was sind die Kundenwünsche von morgen und übermorgen? Die Klärung dieser Frage erfordert eine echte Innenkenntnis der Entwicklungsabsichten und -möglichkeiten des Kunden, eröffnet dann aber auch die Chance, mit innovativen (System-)Leistungen überzeugend auf die Problemlagen des Kunden einzugehen. Doch was heißt Kundenorientierung derzeit vielfach noch in der Unternehmenspraxis? Sie wird in der Regel mit der Ausrichtung an den gegenwärtigen Bedürfnissen des Kunden gleichgesetzt. Marginale Verbesserungen bestehender Produkt- und Dienstleistungsprogramme und Rationalisierungen in kleiner werdenden Marktnischen sind dann die Folge. Wer potenzielle Gefahren für seine aktuellen Geschäftsfelder frühzeitig erkennen und offensiv mit innovativen Leistungen auf sich
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ändernde Probleme und Wünsche des Kunden eingehen und so die Märkte von morgen „machen“ will, muss sich intensiver mit den Gegebenheiten sowie den Entwicklungsabsichten und -möglichkeiten des Kunden auseinandersetzen. Dazu sind die aktuellen Kundenprobleme in enger Zusammenarbeit mit Know-how-Trägern des Kunden aufzudecken und zukünftige Entwicklungen des Kunden sowie damit in Zusammenhang stehende Problemveränderungen vorauszudenken. Erst diese kreative Aufdeckung der Kundenprobleme von morgen und übermorgen schafft die Voraussetzung, die zukünftige Passfähigkeit bestehender Problemlösungen zu überprüfen, innovative Lösungsansätze zu entdecken und Neuentwicklungen an sich verändernden Problemlagen des Kunden zu orientieren. Überzeugende Leistungen entstehen dabei nur aus dieser „Innenkenntnis“ der Problemlagen des Kunden. Erhebliche Chancen der kreativen Neupositionierung in Wertschöpfungsketten lassen sich erschließen, •
wenn sich Unternehmen diese Innenkenntnis über die Kundenprobleme von morgen verschaffen,
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um dann zu hinterfragen, wie diese Kundenprobleme in Zukunft gelöst werden können und welche Kompetenzen zur Bearbeitung dieser neuen Felder erforderlich sind. Ein progressives Innovationsmanagement umfasst neben der potenzialorientierten
Erschließung neuer Anwendungsfelder und Märkte diese kunden- bzw. bedarfsbasierte Aufdeckung von Innovationsmöglichkeiten. Die Frage nach den Kundenproblemen und Lösungsmöglichkeiten von morgen deckt Lücken im derzeitigen Kompetenzprofil auf und wird damit zu einem zentralen Orientierungspunkt für die zukunftsorientierte Entwicklung. Aber weder die Idee für neue Produkte, Verfahren oder Organisationsformen noch eine technische Erfindung machen schon eine Innovation aus. Erst die Umsetzung im eigenen Unternehmen und am Markt führt zur Innovation. Widerstandsanalyse als Pflichtenheft des Innovationsmanagements Wenn Unternehmen innovieren wollen, liegen dem häufig große Zukunftsentwürfe mit hohen Erwartungen zugrunde. Fehleinschätzungen der Entwicklungs- und Aufnahmefähigkeit bzw. -bereitschaft potenzieller Kunden, der Leistungs- und Überzeugungsfähigkeit der Neuerungen selbst, vor allem aber der eigenen Kompetenz zur Innovation führen jedoch oftmals zum Scheitern von Innovationsprojekten. Unternehmen können sich nicht allein auf die strategische Neuorientierung beschränken, sondern sie müssen auch die Umsetzung möglich machen. Die erfolgreiche Umsetzung einer Neuerung in unterschiedlichen Anwendungsfeldern setzt erhebliche Anpassungsentwicklungen und die Lösung umfangreicher
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Integrationsprobleme bei Fertigungstechnologien, Personal- und Organisationsstrukturen, Kunden- und Zuliefersystemen voraus. Viele Erfahrungen mit euphorisch gestarteten Innovationsprojekten demonstrieren eindrucksvoll die Komplexität dieses Prozesses vom Labor in die Anwendung. Innovation ist nicht das Auffüllen technologischer Lücken. Innovationen gleichen komplexen Umbauprozessen, in denen neue Lösungen entwickelt, bisherige Problemlösungen bedroht, bestehende Fertigungstechnologien obsolet, Mitarbeiterkompetenzen entwertet, Besitzstände gefährdet und Marktbeziehungen völlig neu geordnet werden. Innovationen lösen Reaktionen, Engpässe und Inkompatibilitäten in dem die Neuerung aufnehmenden System aus. Will man die Machbarkeit der angestrebten Neupositionierung überprüfen und die Umsetzung vorbereiten, sind daher mögliche Barrieren für Innovationen zu klären: •
Mangelnde Bereitschaft und unzureichende Fähigkeiten der von Innovationen betroffenen Mitarbeiter begrenzen den Innovationserfolg.
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Ungelöste technische Anpassungs- und Kompatibilitätsprobleme verursachen hohe Anlaufkosten, weil Produktinnovationen nicht mit der verfügbaren Fertigungstechnologie harmonieren.
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Unzureichende Integrationsfähigkeit der eigenen Angebote in die personellen, organisatorischen und technischen Konfigurationen des Kunden führen zu hohen Flopraten. Durch Personal, Organisation, Technik und Markt bedingte Barrieren behindern den
einzelbetrieblichen Entstehungs- und Diffusionsprozess von Innovationen. Da die Überwindung von Innovationswiderständen Voraussetzung einer erfolgreichen Innovation ist, stellen diese eine Art Regulativ für die Aufgaben des Managements von Innovationen dar. „Partisanenstrategien“ machen den Aufbruch zu Neuem möglich Die Schaffung eigener Orientierung, das Aufspüren sowie Überwinden von Innovationsbarrieren und die Übersetzung der Handlungsentwürfe zu Innovationsideen und Umsetzungsvarianten in reale Handlungsoperationen ist nicht technokratisch trennbar, sondern in einem Lernprozess zu organisieren. Innovationsideen werden in Handlungsentwürfen konkretisiert, an Umsetzungsmöglichkeiten im Unternehmen und am Markt gespiegelt, mit Realexperimenten verzahnt, gegebenenfalls modifiziert, wieder getestet bis hin zur breiten Markteinführung.
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Erfahrungen zeigen, dass viele Unternehmen die Chancen dieses Orientierens, dieses schrittweisen Testens neuer Geschäftsfelder auslassen. Ihr Innovationsmanagement ist noch sehr stark von Konzepten der klassischen Strategielehre geprägt. Durch systematische Analyse der Wettbewerber und Kunden, der Vorhersage künftiger naturwissenschaftlichtechnischer Entwicklungen und Verknüpfung all dieser Analyse- und Prognoseergebnisse zu Handlungsentwürfen für die Zukunft glaubt man, das Innovationsphänomen planend bewältigen zu können. Wirkliche Ausbrüche aus gewohnten Bahnen verlaufen nach anderen Mustern. Innovationen sind häufig nicht das Ergebnis der Durchführung zentral entwickelter Pläne, sondern entstehen vielmehr aus Versuchen und Irrtümern sowie aus Lernprozessen dezentraler Innovationskräfte, die häufig im Untergrund arbeiten und erst an die Oberfläche kommen, wenn sie vom Erfolg überzeugt sind. Es sind immer Einzelne bzw. kleine Gruppen, die auch gegen den Mainstream Ideen entwickeln und gegen Widerstände umsetzen. Innovationsprojekte entfalten nur Dynamik, wenn sie an Personen mit (Eigen-) Interesse am Projekterfolg gebunden sind. Diese „Partisanengruppen“ brauchen Rahmenbedingungen, unter denen sie ihre Potenziale zur Entfaltung bringen können: •
Zunächst sind Handlungsfreiräume zu sichern, indem innovative Kräfte von Routinearbeiten entlastet, aus den verkrusteten alten Netzwerken entkoppelt, Ressourcen ohne die kontraproduktiven Kontrollschleifen der eingefahrenen Regulierungssysteme bereitgestellt und Projektschritte durch die Unternehmensleitung abgesichert werden.
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Handlungsfreiräume allein stellen aber nicht sicher, dass etwas passiert. Ohne daran gekoppelte Erwartungen geraten sie schnell zu „Spielwiesen“. Neben die gewährten Freiräume müssen daher noch Handlungsanreize durch die Art der Aufgabenstellung selbst, durch mit dem Projekt verbundene Karrierechancen oder durch die Aussicht auf herausfordernde Folgeprojekte treten. So aufgestellt meiden die „Partisanen“ runde Tische, an denen der Konsens für Verände-
rungen gesucht wird, Entscheidungen für echte Innovationen aber nicht zustande kommen. Diese Trupps überwinden Hindernisse und gehen Risiken ein, die in Gremien gar nicht diskutierbar sind. Auf sich selbst gestellt, haben sie den „Unternehmergeist“, der in gut kontrollierten Organisationen nicht mehr aufkommen kann. Die Ermutigung und Befähigung, selbstständig zu handeln und ohne zentrale Planvorgaben neue Wege zu beschreiten, ist gerade in Altorganisationen oft der einzig mögliche Weg, das Potenzial dezentraler Innovationskräfte jenseits von Trends und Moden zu entfalten. So lassen sich auch neue Chancen erschließen, die die Position des Mittelstands auf den globalisierten Märkten stärken.
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Prof. Dr. Günter Spur Produktionswirtschaft als Innovationstreiber Die Wirtschaftskrise als Herausforderung Die Produktionsbetriebe prägen das Bild unserer Industriekultur. Ihre Weiterentwicklung ist durch einen permanent fortschreitenden Innovationsprozess gekennzeichnet, der am Markt orientiert ist. Erwünscht ist ein Zeitgeist, der das Neue will und zum Unternehmertum ermutigt. Die weltweite Wirtschaftskrise erfordert eine zukunftsichernde Technologiepolitik durch Bildung von Innovationsnetzwerken zur Aktivierung neuer Wertschöpfungsprozesse. Diese bewirken einen Aufbruch zu einer neuen Technologiekultur. Die gegenwärtig allseits spürbare Wandlungsphase der Weltwirtschaft ist von einer nachhaltig wirkenden gesellschaftskritischen Reflexion begleitet. Der innovative Fortschritt unserer Industriegesellschaft ist kein Selbstläufer. Er vollzieht sich in einem gerichteten Feld des globalen Wettbewerbs. Es geht um die internationale Marktführerschaft in der industriellen Produktionswirtschaft. Innovative Produktionsmittel werden in mittelständischen Betrieben entwickelt und gebaut. In ihrer Leistungsfähigkeit liegt die Chance für Wachstum und Beschäftigungssicherung. Die gegenwärtige Wirtschaftskrise führt zu einer Umorientierung der Produktionssysteme. Gefragt sind differenziert anpassbare Fabrikstrukturen, die als Netzwerk innovativer mittelständischer Unternehmen organisiert sind. Technische Entwicklungen werden zunehmend durch ökosoziale Leitbilder beeinflusst. Somit drängt sich die Frage auf, welche Leitbilder als Szenario für eine Reform des Produktionsmanagements eingebracht werden können. Geändert hat sich nicht nur das Sachpotenzial mittelständischer Betriebe, sondern auch die Kultur ihrer Leistungserbringung. Diese wird zunehmend durch materielle und immaterielle Güter bestimmt, die hoch gesetzte Qualitätsanforderungen erfüllen müssen. In diesem Zusammenhang erhalten Gesetze, Normen und allgemeine technische Regelwerke eine steigende Bedeutung. Zunehmend haben Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung, begleitet vom praktischen Gestalten, den Innovationsprozess der Wirtschaft zu höchster Leistungsqualität
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vorangetrieben. Die Planung und Steuerung neuzeitlicher Produktionssysteme erfolgt durch massive Unterstützung einer integrierten Informationstechnik. Sie fordert gleichzeitig mehr Verantwortung und Selbstständigkeit der Beschäftigten. Der Einfluss der Informationstechnik auf die Entwicklung unserer Arbeitskultur ist viel radikaler als wir es wahrhaben wollen. Die traditionell aus der Gründerzeit gewachsenen Fabrikstrukturen sind endgültig überwunden. Die Informationstechnik hat nicht nur die Ablaufbedingungen der Güterproduktion grundlegend verändert, sondern auch die Vertriebsstrategien auf gezielte Kundenorientierung umgestaltet. Sie bewirkt als Schlüsselfunktion einen permanenten Innovationsprozess in der Produktionstechnik. Durch konzertierte Aktionen ist ein Netzwerk automatisierter Produktionssysteme entstanden, das hohe Qualität und Produktivität bei hoher Flexibilität leistet, ohne den Menschen an den Arbeitstakt der Maschine zu binden. Dies ist der Wandel vom Maschinenbediener zum Maschinenbeherrscher. Veränderte berufliche Qualifikationen sind die Folge dieser Entwicklung. Je höher Flexibilität, Komplexität und Automatisierungsgrad desto anspruchsvoller werden die Arbeitsinhalte für die Mitarbeiter. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Anpassung der Produktionssysteme an die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Menschen. Die Einbindung menschlicher Intelligenz zur Prozessüberwachung ist unverzichtbar. Wissen und Können bleiben gefragt. Dies gilt insbesondere für die mittelständische Industrie, wo die Arbeitsorganisation flexibler gestaltet wird. Ein Leistungsvergleich mit hoch entwickelten Industriestaaten erzwingt eine permanente Verbesserung der Produktionsstrukturen. Der Wettbewerb um die Gunst des Kunden fordert zum schnellen Handeln heraus. Hochqualifizierte Fabriken können nicht ortsbeliebig errichtet werden. Sie erfordern einen hohen Anteil fachlichen Könnens, weil Produkt und Prozess von permanenter Innovatisierung bestimmt werden. Anspruchsvolle Kundenmärkte verlangen anspruchsvolle Produkte höchster Qualität. Der wirtschaftliche Erfolg wird von der Qualitätsstabilität der Produktionssysteme entscheidend beeinflusst. Hochautomatisierte Fabriken sind prozesssensibel und deshalb von spezifischen Fähigkeiten und Erfahrungen der betreuenden Arbeitskräfte abhängig. Von der Bindung an den Arbeitstakt der Maschine zwar befreit, wird von dem Produktionstechniker aber erwartet, dass er den Prozess beherrschend überwacht und reguliert. Komplexe Innovationen erfordern spezifisches Wissen und Entscheidungsfähigkeit in einer integrierten Leistungsgemeinschaft. Diese ist allerdings nicht nur auf die einzelne Fabrik in Form geschlossener Produktionssysteme beschränkt, sondern auch mit einer Vielzahl von Zulieferern und Begleitinstitutionen verknüpft, die zusammen ein hochsensibles Innovationsnetzwerk bilden.
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Innovation als arbeitsteilige Wertschöpfung Die große Herausforderung unserer Zeit liegt im innovativen Fortschritt unserer Produktionsbetriebe. Die Forschung an der Fabrik der Zukunft ist arbeitsintensiv. Innovationen sind das Werk kreativer Arbeitsgruppen. Ähnlich wie die Fertigungstiefe der großen Produktionsunternehmen hat sich auch deren Forschungstiefe vermindert. Die Technologiepolitik des Staates muss sich diesem Wandel zu Netzwerken anpassen. Dabei geht es auch um die Minderung des Risikos für die Schaffung des Neuen. Schon kurzfristig müssen die Bedingungen für die technologische Forschungsförderung umgestaltet werden. Vorrangig sollten alle Ressourcen zur Steigerung der Innovationsfähigkeit aktiviert werden, was sehr vorteilhaft durch enge Kooperation mit Forschungsinstituten erreicht werden kann. Letztlich geht es um eine neue Form der Dienstbarmachung von Wissenschaft. In diesem Zusammenhang ist die Frage nach dem Aufbau eines Forschungsmarktes zu stellen, deren Geschäftsziel auf Innovationen gerichtet ist. Eine solche Strukturierung würde sowohl Forschung und Entwicklung als auch Versuch und prototypische Erprobung beinhalten. Mehr Forschung schafft Arbeitsplätze nicht nur für Wissenschaftler und Ingenieure, sondern auch für alle in diesem Arbeitsbereich beschäftigten Mitarbeiter der Verwaltung, Laboratorien und Werkstätten. Wachstum im Forschungsbereich erhöht die Innovationsfähigkeit der Produktionsbetriebe. Eine durch innovative Technologien geprägte freie Marktwirtschaft bedarf bestimmter Regulative. Damit ist das Feld der Technologiepolitik, aber auch die Problematik von Technik und Ethik angesprochen. Technischer Fortschritt vollzieht sich trotz kontinuierlicher Entwicklung in dosierten Phasensprüngen. Diese benötigen vorbereitete gesellschaftliche Strukturen, die den zunehmenden technologischen Innovationsdruck verkraften und verarbeiten können. Wir müssen uns fragen, ob und wie unsere Gesellschaft in ihrer heutigen Verfassung die gestellten Anforderungen einer zukünftigen Wettbewerbswirtschaft erfüllen kann. Der Blick der Menschen richtet sich dabei auf die politischen Entscheidungsträger, die dafür Sorge zu tragen haben, dass unser Innovationspotenzial eine zukunftsgerechte Entfaltungsmöglichkeit erhält und die gestellten Aufgaben bewältigen kann. Unser technologisch orientiertes Wirtschaftssystem steht vor einer Herausforderung, die zu neuen Dimensionen unternehmerischer Verantwortung und damit zu einer Erneuerung des Selbstverständnisses dessen führt, was wir technische Vernunft nennen. Vor diesem Hintergrund werden Innovationspotenziale benötigt, die durch ihre Kompetenz konsensgeprägte Leitbilder generieren, die auch politisch umgesetzt werden können und
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den steigenden Erwartungsdruck der Öffentlichkeit erfüllen. Technische Innovationen verlangen einen ständigen Fortschritt im Bildungsniveau des Arbeitspotenzials. Technik ist auf Wissen und Können angewiesen. Sie formt eine anspruchsvolle Arbeitswelt, deren technische, wirtschaftliche und soziale Bedingungen sich permanent erneuern. In dem Maße wie der technische Fortschritt unsere Arbeitswelt zweckbestimmend beeinflusst, ist es notwendig, sozialpolitisch darauf zu reagieren. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den arbeitsintensiven Innovationstechnologien. Der technische Fortschritt verändert die Menge an Arbeit, auch ihre Inhalte und den Arbeitsort. Das Gesamtbild der Produktionswirtschaft ist zunehmend komplexer geworden. Es reicht von handwerklichen Kleinstbetrieben über arbeitsteilig organisierte Mittelbetriebe bis zu grenzüberschreitenden, organisatorisch vernetzten Produktionsverbänden. Wir müssen uns mehr und mehr von der Vorstellung einer Fabrik als örtlich zentralisierte Produktionseinheit mit eigenen Verwaltungs- und Entwicklungskapazitäten trennen. Die zunehmende gesamtwirtschaftliche Verflechtung von Leistungserzeugung und Leistungsverwendung wird künftig neue Produktionsstrukturen hervorrufen, die sich an unkonventionellen Entwicklungsmodellen orientieren. Dabei wird die Vielgestaltigkeit globaler Wirtschaftssysteme die Chancen der Regionen vermehren, aber auch die Wettbewerbsbedingung verschärfen. In einer solchen Situation sind Wissensprofile gefragt, die eine Durchdringung von Industriewirtschaft und Dienstleistungswirtschaft berücksichtigen und damit auch Rückwirkungen auf ein zukünftiges Arbeitssystem einschließen. Das Bildungswesen wird gefordert, sich stärker am Bedarf der Wirtschaft und an den Zwängen des zukünftigen Arbeitsmarktes zu orientieren. Qualifizierung steigert Arbeitsproduktivität Die Ausdehnung des Arbeitsmarktes im tertiären Sektor kann als Resultat verstärkter Auslagerungen bislang intern erstellter industrieller Dienstleistungen auf externe, kostengünstigere Zulieferer erklärt werden. Hieraus folgt, dass auch in einer Dienstleistungsgesellschaft die Industrie als notwendiger Impulsgeber unverzichtbar bleibt. Zwischen Produktion und Dienstleistung besteht keine Substitutions-, sondern vielmehr eine Komplementaritätsbeziehung. Da in größeren Industrieunternehmen ein weiterer Personalabbau zu erwarten ist, erhebt sich die Frage, inwieweit neue Arbeitsplätze im mittelständischen Dienstleistungsbereich entstehen können. Hier ist festzustellen, dass innerhalb dieses Sektors im Wesentlichen die informationsorientierten Dienstleistungen zunehmen.
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Innerhalb der industriellen Produktionswirtschaft wird die Informationswirtschaft an Bedeutung gewinnen. Der Schwerpunkt eines solchen vierten oder quartären Sektors liegt in Ausbildung, Forschung, Entwicklung, Planung und Organisation. Die Produktion hochwertiger wissensorientierter immaterieller Güter ist als wichtige unternehmerische und volkswirtschaftliche Strategie noch entwicklungsfähig. Das technologische Erfolgsstreben bestimmt den Fortschritt der Gesellschaft. Wer der Wirtschaft dient, der dient auch der Gesellschaft. Technik ist gesellschaftsfähig geworden. Technologische Errungenschaften sind Gemeinschaftsarbeit. Die Zukunft der Arbeitsproduktivität wird durch die verfügbaren Innovationspotenziale bestimmt. Durch Flucht der Talente in eine bequeme Welt verliert die Gesellschaft schöpferisches Potenzial. Der Fortschritt ist nicht am Markt käuflich. Die Innovationsfähigkeit bestimmt den Erfolg jeder Industriewirtschaft. Das Monopol auf Technologieführerschaft hat die Gesellschaft mit dem besten Innovationssystem. Die Lage am Arbeitsmarkt wird durch Innovationen der technologisch geprägten Produktionswirtschaft verbessert. Sie verändern die Arbeitsinhalte, bewirken Flexibilität in der Arbeitsordnung und eine organisatorische Anpassung der Arbeitsabläufe. Hochqualifizierte Fachkräfte sind die Gewinner dieser Entwicklung. Kompetenz ist gefragt. Verlierer sind die minder qualifizierten Hilfskräfte, deren Arbeitsproduktivität nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Technologische Anforderungen können das Leistungsvermögen menschlicher Handarbeit hinsichtlich Schnelligkeit und Genauigkeit übersteigen. Hohe Arbeitsqualifikation verbessert die Arbeitsproduktivität dadurch, dass sie die Anwendung anspruchsvoller technischer Hilfsmittel ermöglicht. Hier liegt der große Vorteil für den Produktionsstandort Deutschland. Das technische Bildungsniveau bestimmt die technologische Leistungsfähigkeit. Dies gilt für alle Ebenen technischer Arbeitspotenziale, in besonderem Maße für den Verantwortungsbereich einer fehlerfreien produktionstechnischen Prozessführung. Eine noch ausstehende Bewertungstheorie technischer Innovationen wird eine praktische Antwort darauf finden müssen, was uns das Neue wert ist. Die innovative Ergiebigkeit lässt sich als Leistungsbegriff für das Neue einführen. Dabei ist zu beachten, dass ein hoher technologischer Neuheitsgrad allein noch keine Innovation garantiert. Ohne Innovationsdruck ist Wirtschaftswachstum nicht möglich. Die Potenziale liegen im Wissens- und Zeitmanagement, in der Entwicklung von Motivations- und Verantwortungsbereitschaft sowie in der Fähigkeit zur Gemeinschaftsarbeit.
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Um Freude an der Arbeit zu gewinnen, bedarf es der Motivation. Der Arbeitserfolg entsteht letztlich aus dem Leistungswillen des Einzelnen, eingebettet in die Kompetenz einer Leistungsgemeinschaft. Wichtig ist die eigene Aufgeschlossenheit für das Können des Anderen. Technologische und organisatorische Höchstleistungen sind das Werk einer motivierten Gemeinschaftsarbeit mit ausgeprägtem Gemeinschaftssinn. Kommunikationsfähigkeit ist eine wichtige Voraussetzung zur Steigerung der Effektivität. Der gemeinschaftliche Erfolg ist auch ein Maß für die individuelle Leistung. Erfolg und sozialer Aufstieg sind wichtige Motivationspotenziale. Sie erzeugen Vertrauen zur eigenen Kraft. Der technologische Fortschritt und der globale Wettbewerb haben die Arbeitsproduktivität permanent gesteigert. Neben einem Aufstieg der kognitiv geprägten Arbeitsanteile zur Lösung komplexer Probleme haben sich auch die Randbedingungen drastisch verändert. Durch kürzere Arbeitszeiten ist der Arbeitsdruck gestiegen, mit möglichen Konsequenzen auf die Arbeitsqualität. Innovationsorientiertes Produktionsmanagement Die Entwicklung einer innovationsorientierten Produktionskultur stellt die Führung von Industriebetrieben vor neue Herausforderungen. Neben allgemeinen, methodischen Kenntnissen des Projektmanagements ist eine ausgeprägte Innovationskompetenz mit charismatischen Führungsfähigkeiten wichtig. Aus den praktischen Erfahrungen im Innovationsmanagement entsteht das Berufsbild eines Innovationsingenieurs. Ziel einer innovationsorientierten Personalentwicklung muss es sein, die Mitarbeiter durch Gestaltungsfreiheit und Handlungsbefugnisse mit Eigenverantwortung zu kreativen Innovatoren zu qualifizieren. Die Unternehmensführung ist aufgerufen, die zur Steigerung der Innovationsfähigkeit notwendigen organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen. Die Weichen für eine Erneuerung der Produktionskultur müssen jetzt gestellt werden. Diese Aufgabe kann und darf nicht allein sich selbst überlassen bleiben. Es ist eine unternehmerische Herausforderung, durch gezielte Forschung und Weiterbildung die Innovationsfähigkeit unserer Produktionswirtschaft zu steigern. Durch die Gründung gemeinsam betriebenen Innovationszentren sollte das verfügbare Ingenieurpotenzial auf eine permanente Innovatisierung der Produktionsbetriebe systematisch vorbereitet werden. Die Schlüsselfunktionen zur Durchsetzung produktionstechnischer Innovationen sind in einer konzentrierten Gemeinschaftsarbeit begründet. Die heute in vielen Unternehmen praktizierten Personalentwicklungsstrategien sehen
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eine Managementfunktion oft erst im Anschluss an eine mehrjährige, fachlich orientierte Arbeit vor. Es stellt sich die Frage, ob diese Vorgehensweise ideal ist. In Bezug auf das Management von Innovationsprojekten wäre es in jedem Fall besser, zukünftigen Innovationsingenieuren so früh wie möglich die notwendigen Kenntnisse zu vermitteln. Je früher Erfahrungen gesammelt werden, desto besser kann sich das verborgene Führungspotenzial zielgerichtet entfalten. Innovationsorientierte Produktionsbetriebe suchen besonders in Krisenzeiten gezielt nach geeigneten Mitarbeitern, um ihre technologische Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die neue Generation kompetenter Innovationsingenieure muss über das notwendige Wissen und Können im Umgang mit informationstechnischen Planungswerkzeugen für Innovationsprozesse verfügen. Die Qualität produktionstechnischer Prozessinnovationen hängt zu einem großen Teil von der Zuverlässigkeit der Planungsparameter und ihrer informationstechnischen Integrierbarkeit in das betriebliche Umfeld ab. Aus diesem Grund kommt der Entwicklung leistungsfähiger digitaler Werkzeuge zur Verbesserung der Planbarkeit produktionstechnischer Prozessinnovationen eine stetig wachsende Bedeutung zu. Unter dem Begriff der „Digitalen Fabrik“ ist in den letzten Jahren eine zunehmende Anwendung digitaler Werkzeuge auch zur Planung und Steuerung von Innovationsprozessen zu erkennen. Es bestehen derzeit noch große Defizite hinsichtlich der Integration von speziellen Programmen zur simulativen Machbarkeitsanalyse von Prozessinnovationen. Die Weiterentwicklung von digitalen Werkzeugen zur Verbesserung der Aussagequalität simulationsunterstützter Machbarkeitsanalysen sollte mit Blick auf die anzustrebende Verbesserung der Qualität von Entscheidungsvorlagen für produktionstechnische Prozessinnovationen unbedingt gefördert werden. Ziel der Innovationsforschung ist die Quantifizierbarkeit und Regulierbarkeit der Bestimmungsfaktoren von Innovationsprozessen, um Entscheidungen im Produktionsbereich zielgerichteter treffen und nachhaltiger verfolgen zu können. Zur Erreichung einer hohen Planungssicherheit und Risikominderung von Innovationsprozessen sind geeignete Modelle und Methoden digitaler Planungssysteme hilfreich. Die hohe Komplexität technologischer Innovationen erzwingt eine systemanalytische Vorgehensweise. Die Innovationsplanung von Produktionssystemen beginnt mit der Erstellung des Anforderungsprofils, also mit der Festlegung der anzustrebenden Systemeigenschaften. Dazu wird ein digitales Innovationsmodell entwickelt, das alle Einflussparameter definiert. Hieraus lassen sich materiell darstellbare Wirkfunktionen ableiten. Aus den Systemparametern werden schließlich Planungsparameter, die die angestrebte Innovationsqualität sichern müssen. Dabei wird durch systematische Untersuchung potenzieller Störparameter das
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Risiko des Innovationsprozesses in der Produktion bewertet. Die grundlegende Frage ist, wie es gelingen kann, Innovationen durch digitale Produktionsplanung schneller, zielgerichteter und prozesssicherer durchzusetzen. Dabei sind spezielle Umsetzungsprobleme zu lösen und die Planungsrisiken einzugrenzen. Die Wettbewerbsstärke unserer Produktionswirtschaft wird durch das Innovationspotenzial unserer Fabriken bestimmt. Für die Erhaltung ihrer Zukunftsfähigkeit spielt die strategische Anpassung der Unternehmenspolitik eine entscheidende Rolle. Die bloße Fähigkeit zum technologischen Wettbewerb reicht nicht mehr aus. Es geht um die Stärkung der Marktposition im Innovationswettbewerb der Weltwirtschaft. Der technologische Führungsanspruch ist Treiber einer effizienten Erneuerung unserer Fabriken. Komplexe Innovationsprozesse, die sich arbeitsteilig in vernetzten Produktionssystemen vollziehen, verändern die Gesamtheit der Produktionswirtschaft. Gezielte Produktionsinnovationen steigern die Produktivität und damit die Wettbewerbsfähigkeit. Sie umfassen die Bereitstellung neuer Produktionsanlagen, die Planung der Produktionstechnologien sowie die Steuerung der Produktionslogistik und verhelfen damit zu innovativen Spitzenleistungen. Eine besondere Herausforderung bilden solche Innovationssysteme, die eine krisensichere Optimierung des verfügbaren Produktionspotenzials bewirken. Dabei kann der angestrebte Innovationsgrad hinsichtlich seiner Mächtigkeit sehr unterschiedlich sein. Auch kleine Schritte können große Wirkungen haben. Die eingebundenen Risikofaktoren bestimmen durch ihre Komplexität und den gesetzten Zeithorizont in starkem Maße den Erfolg von Innovationspro-zessen. Zukünftige Standortplanungen von Produktionssystemen müssen unter dem Druck einer anhaltenden Krisenphase gesehen werden. Mit zunehmender Komplexität wird die funktionale Beherrschung von Produktionssystemen schwierig. Die Produktion des Neuen ist prozesssensibel und damit auch überwachungs- und regulierungsbedürftig. Es ist deshalb geboten, die Innovationsinhalte auf die Schnittstellen zu konzentrieren. Viele der Prozessinnovationen sind auf Systemkomponenten bezogen, die von Zulieferern entwickelt werden. Die Problematik bei der Vernetzung des Neuen liegt in der hohen Wahrscheinlichkeit von anfänglichen Störwirkungen im gekoppelten Prozessanlauf. Es kommt darauf an, dass das Neue möglichst am Standort der Innovationsträger gebaut wird. Hoch innovative Fabriken können nicht ortsbeliebig errichtet werden. Sie erfordern einen hohen Anteil des fachspezifischen Könnens aller Beteiligten. Der zunehmende Leistungsdruck einer krisengeprägten Produktionswirtschaft ist eine Herausforderung zur spezialisierten Höchstleistung regionaler Produktionszentren. In einer Rezession müssen alle verfügbaren Ressourcen mobilisiert werden, um ein zu-
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kunfttragendes Innovationsprogramm zur Sicherung der Marktfähigkeit umzusetzen. Es geht um konkrete Maßnahmen zur Steigerung der Innovationskraft als unternehmerische Führungsaufgabe. Hierbei darf nichts dem Zufall überlassen bleiben. Erfolgreiche Innovationsprozesse setzen kreative Leistungspotenziale voraus, die sich nicht nur auf ein qualifiziertes Projektmanagement, sondern auch auf wirksame methodische Hilfsmittel zur Risikobeherrschung stützen. Es handelt sich dabei um Planungsprozesse, die von einer hohen wechselseitigen Abhängigkeit der Bestimmungsparameter gekennzeichnet sind. Sie verlaufen deshalb nicht störungsfrei. Das Neue ist kein Selbstläufer. Komplexität erhöht das Risiko und gefährdet damit den Innovationserfolg. Innovationsforschung ist eine interdisziplinäre Aufgabe. Eine gegenseitige Durchdringung der relevanten Wissenschaftsgebiete ist erforderlich. Es geht anwendungsbezogen um eine treffsichere Umsetzung von Ideen und Erkenntnissen in zukunftsfähige Produkte und Prozesse. Die Verbesserung der Planungssicherheit technologischer Innovationen muss höchste Priorität erhalten. Die Innovationsforschung sollte nicht nur auf neue strategisch wichtige Technologiefelder, sondern aus industrieller Sicht auch auf die Entwicklung methodischer Hilfsmittel zur optimalen Planung und Durchführung von Innovationsprozessen zielen. Die Entwicklung krisenorientierter Innovationssysteme ist bevorzugt auf Perfektionierung der Risikobeherrschung gerichtet. In diesem Zusammenhang ist die Frage nach einer Institutionalisierung der technologischen Innovationsforschung zu stellen, die sowohl die wissenschaftstheoretische als auch die praktische empirische Kompetenz zusammenführt. Dabei müssen Arbeitsformen angestrebt werden, die das Leistungspotenzial der Forschung produktiv ausschöpfen. Auch muss die Frage beantwortet werden, wo die industrielle Innovationsforschung im System der Wissenschaften einzuordnen ist. Wichtig ist die treffsichere Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Hierfür sind geeignete methodische Hilfsmittel zu entwickeln, die der Planung und Steuerung von technologischen Innovationssystemen dienen. Das schließt eine umfassende Entwicklung von Forschungsprogrammen ein, die sowohl systemtechnische Forschungsziele als auch geeignete Lehrmodule für die Verbesserung des technologischen Innovationsmanagements umfassen. Literatur Spur, G.; Eßer, G.: Innovation, Produktion und Management. Carl Hanser Verlag, München, Wien 2008. Spur, G.: Nachhaltiger Innovationsbedarf durch globale Wirtschaftskrise. ZWF 104 (2009) 1-2; Neuorientierung der Innovationsforschung. ZWF 104 (2009) 3; Produktionstechnische Innovationskultur gefragt. ZWF 104 (2009) 5; Digitale Planungssysteme für Innovationsprozesse. ZWF 104 (2009) 6.
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Dr. Ludwig Baumgarten Die mittelständische Industrie und Osteuropa aus der Perspektive der europäischen Raumfahrt Einleitung In den Jahren 2004 und 2007 erweiterte sich der Kreis der EU-Mitgliedstaaten um zwölf Länder – davon zehn aus Osteuropa. Auch auf Ebene der Europäischen Weltraum Agentur ESA fand und findet eine Osterweiterung statt. 2008 trat die Tschechische Republik der ESA bei. Mit Polen, Ungarn und Rumänien bestehen sogenannte ECS-Abkommen (European Cooperating State). Sie bilden die Vorstufe einer künftigen ESA-Mitgliedschaft. Anfang 2009 hat Estland einen Antrag auf ein ECS-Abkommen mit der ESA gestellt. Zudem hat sich in den vergangenen Jahren die Mitwirkung der Europäischen Union in der Raumfahrt erheblich erweitert. In den Programmen GALILEO und GMES fällt der EU die Rolle als Auftraggeber und Mitfinanzier zu. Ergänzend fördert die EU Raumfahrtaktivitäten aus Mitteln des 7. Forschungsrahmenprogramms. Den neuen und künftigen Mitgliedstaaten aus Osteuropa stehen damit zwei Akteure gegenüber, deren Strukturen, Verfahren und programmatische Strategien sie zunächst kennen lernen müssen, um gemeinsam an einer europäischen Raumfahrt arbeiten und ihre Interessen einbringen zu können. Für die vorhandene europäische Raumfahrtindustrie bedeutet die Osterweiterung ein weites Feld neuer Betätigungsmöglichkeiten und potenzieller Partnerschaften, aber auch neue Konkurrenz. Osteuropäische Unternehmen und Forschungseinrichtungen sind durch die Integration in europäische Strukturen vor gänzlich neue Herausforderungen gestellt. Sie müssen sich gegenüber etablierten westlichen Firmen behaupten, Möglichkeiten für ihre Teilnahme an ESA- und EU-Programmen ausloten und dabei die Restriktionen zumeist kleiner staatlicher Raumfahrtbudgets sowie die Altlasten des planwirtschaftlichen Systems überwinden. Nach der ersten Osterweiterung 2004 ist es an der Zeit, eine erste Bilanz aus Perspektive der europäischen Raumfahrt zu ziehen und einen Ausblick auf künftige Herausforderungen und Risiken zu wagen.
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Ratio der Osterweiterung und eines ESA-Beitritts Die Gründe für ein Engagement osteuropäischer Staaten in der Raumfahrt sind vielfältiger Art: Erstens besteht ein Eigeninteresse, die existierenden wissenschaftlichen und technologischen Raumfahrtkompetenzen zu erhalten. Dies gilt sowohl für die Raumfahrtindustrie, als auch für Forschungsfelder der entsprechenden Wissenschaftsgemeinde. Zweitens spielt auch die Anwendung von Weltraumtechnologien für viele osteuropäische Partnerländer eine zunehmend wichtige Rolle. In den vergangenen zwanzig Jahren wurden in der Anwendung weltraumgestützter Erdbeobachtung, Navigation und Kommunikation weitreichende technologische Fortschritte erzielt. Sie ermöglichen es heute privaten Unternehmen und staatlichen Behörden, neue Dienste anzubieten, neue Wertschöpfungsketten zu generieren und den Wohlstand einer Volkswirtschaft zu steigern. Fortschrittliche Staaten wollen und müssen daher ihren Bürgern und Industrien diese Technologien als Infrastruktur zur Verfügung stellen. Drittens betrachten Länder wie Slowenien oder Estland ohne eine große Raumfahrtvergangenheit ein Engagement auch als Einstieg in neue, innovative Hochtechnologiebereiche. Sie versprechen sich daraus ganz allgemein einen zusätzlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Viertens stellt die Raumfahrt auch ein Mittel der Außenpolitik dar. Die Teilnahme an ESA-Programmen im Rahmen der ECS-Abkommen ebenso wie die Teilnahme in raumfahrtrelevanten Ausschreibungen des Forschungsrahmenprogramms der EU forciert die Integration in europäische Strukturen und gewährt politischen Einfluss auf europäische Technologieprogramme. Raumfahrt-Kompetenzen in Osteuropa Die Raumfahrtkompetenzen Osteuropas zeigen ein sehr heterogenes Bild. Während einige Länder mit den ‚Altlasten‘ der sowjetischen Planbürokratie noch heute zu kämpfen haben, sind andere Staaten in ihren Bemühungen um eine Integration ihrer Raumfahrtprogramme in ESA- und EU-Strukturen schon weit vorangeschritten.1 Insgesamt waren die Raumfahrtkompetenzen in Osteuropa und den ehemaligen Sowjetrepubliken auf das zivile und militärische Raumfahrtprogramm der Sowjetunion ausgerichtet. Der Zusammenbruch des Sowjetimperiums und die neu gewonnene Unabhängigkeit Anfang der 1990er Jahre ließen zerstückelte Produktions- und Wissenschaftsinseln zurück. Die notwendige Neuausrichtung nationaler Raumfahrtprogramme setzte in vielen
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osteuropäischen Ländern teils erst Ende des 20., Anfang des 21. Jahrhunderts ein. Für eine Neuorientierung nationaler Raumfahrtaktivitäten standen je nach Ausgangslage und politischen Rahmenbedingungen diverse Optionen zur Verfügung. Länder wie Polen, Ungarn, die Tschechische Republik, Rumänien, Slowenien oder Estland fokussierten ihre Anstrengungen auf eine Annäherung an EU und ESA. Im Gegensatz dazu konzentriert die Ukraine ihre Raumfahrtaktivitäten auf eine Rolle als Zulieferer für das russische Raumfahrtprogramm. Als ehemalige Sowjetrepublik war die Ukraine eine der wichtigsten Fertigungsstätten für das sowjetische Raketenprogramm. An der engen Anbindung an Russland hat sich bis heute – trotz aller politischen Differenzen der letzten Jahre – relativ wenig geändert. Ergänzend nutzt die Ukraine ihre Trägerkompetenzen, um mit internationalen Partnern (USA, Brasilien) im kommerziellen und institutionellen Trägergeschäft (Dnepr, Zenit-3, Cyclone-4) Fuß zu fassen. Das wissenschaftliche und technologische Niveau war zu Sowjetzeiten in den meisten osteuropäischen Ländern recht hoch. Auf wissenschaftlichem Gebiet gilt dies auch heute noch. Allerdings drohen auf Grund geringer staatlicher Forschungsbudgets, einer stattfindenden Wissensabwanderung und teils fehlender strategischer Perspektiven, diese Kompetenzen zu erodieren. In einigen Ländern wie zum Beispiel Slowenien oder Estland fehlt zudem eine ‚kritische Masse‘ technologischer, wissenschaftlicher aber auch administrativer Raumfahrtkompetenzen. Dies erschwert den Aufbau sich selbst tragender Raumfahrtaktivitäten ebenso wie die Überführung von Grundlagenforschung in marktnahe Technologien und Innovationen. Hinsichtlich der Industriestrukturen dominieren in den osteuropäischen Raumfahrtstaaten kleine und mittlere Unternehmen den Markt. Dies gilt zum Beispiel für Ungarn, Rumänien, Slowenien und Estland. Häufig existieren nicht mehr als fünf bis zehn privatrechtliche Unternehmen in den jeweiligen Staaten, die in Technologie- oder Anwendungsbereichen der Raumfahrt aktiv sind. Reine Raumfahrtunternehmen stellen zudem die Ausnahme dar. Meist ergänzen weitere Geschäftsfelder in anderen Hochtechnologiebereichen (Luftfahrttechnologien, Softwarelösungen für verschiedenste Applikationen, Materialforschung, Elektronik oder Kameratechniken) die Raumfahrtaktivitäten. In der Tschechischen Republik sowie in Polen ist die Anzahl Raumfahrt treibender Firmen etwas größer. Aber auch hier dominieren kleine und mittlere Unternehmen. Die Ukraine bildet eine Ausnahme zu den KMU-dominierten Unternehmensstrukturen der Nachbarländer. Hier beschäftigen die zehn größten Unternehmen insgesamt etwa 50.000 Mitarbeiter. Allein Yuzhmash, als zentrale Fertigungsstätte für Träger, beschäftigt etwa
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14.000 Mitarbeiter. Im Gegensatz zu den meisten anderen osteuropäischen Ländern befinden sich die ukrainischen Raumfahrtunternehmen fast ausschließlich in staatlichem Besitz. Ergänzt wird die nationale Raumfahrtindustrie in Osteuropa durch eine Vielzahl öffentlich geförderter Institute. Sie decken zumeist die klassischen Bereiche der Raumfahrtwissenschaften, -technologien und -anwendungen ab. Im Rahmen der ECS-Abkommen fokussieren Forschungsinstitute und Industrie ihre Raumfahrtaktivitäten auf die Bereiche Weltraumwissenschaften, Materialwissenschaften, Erdbeobachtung, Kommunikation, Navigation und Raumfahrttechnologien. Mit Ausnahme der Ukraine verfügen die Raumfahrtprogramme der osteuropäischen Staaten meist nur über eine recht geringe Mittelausstattung. Sie reicht von zweihunderttausend Euro in Slowenien bis zu etwa fünf Millionen Euro in Polen, Rumänien und der Tschechischen Republik. Zudem trifft die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise die meisten osteuropäischen Länder besonders hart. Dabei sind die Raumfahrtprogramme als scheinbar entbehrliche Aufwendungen häufig betroffen und werden zur Stützung der Haushalte in einigen Ländern zusammengestrichen. Konsequenzen für die Europäische Raumfahrtagentur Grundsätzlich ist der Prozess der Osterweiterung positiv zu beurteilen, zeigt er doch, dass auch Jahrzehnte einer erzwungenen Trennung überwunden und Interessen gemeinsam vorangebracht werden können. Der Wille osteuropäischer Partnerländer, sich in gemeinsamen Raumfahrtprojekten zu engagieren sowie die Zusammenarbeit in supranationalen Institutionen zu suchen, sind Kern der europäischen Idee und daher prinzipiell zu begrüßen. Die Raumfahrtakteure in Europa, allen voran die ESA, die EU aber ebenso die Nationalstaaten und die etablierten Raumfahrtunternehmen müssen jedoch dafür Sorge tragen, dass die Osterweitung nicht zu Effizienzverlusten und letztlich zu einem geringeren Interesse an gemeinsamen Raumfahrtprojekten führt. Durch die Osterweitung wird allgemein der Kreis derer größer, die mit minimalem Budget ein formal gleichwertiges Stimmrecht in wichtigen Gremien erhalten. Dies gilt sowohl für die ESA als auch für die EU. Gerade auf ESA-Ebene ist bei wichtigen Entscheidungen satzungsgemäß häufig Einstimmigkeit gefordert. Daher ist es zu bedauern, dass die schon vor Jahren auch von Deutschland angemahnte Stimmrechtsreform nach wie vor in weiter Ferne ist. Denn das Prinzip des ‚one country – one vote‘ kommt an seine funktionalen Grenzen, wenn es immer mehr kleine Staaten mit geringer Beitragshöhe gibt. Dies gilt speziell aus Sicht der großen Beitragszahler, die finanziell und programmatisch die Basis der ESA bilden.
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So tragen Deutschland und Frankreich zu etwa fünfzig Prozent des ESA-Budgets bei. Rechnet man die Beiträge Italiens dazu, bringen die drei großen Länder mehr als zwei Drittel der ESABeiträge auf. Je mehr neue Mitgliedstaaten die ESA in den nächsten Jahren gewinnt, desto schwieriger wird eine solche Reform in Zukunft. Denn welches Land möchte schon seinen Einfluss, den es durch den Beitritt zu einer europäischen Institution neu hinzugewonnen hat, durch eine Reform der Abstimmungsregeln gleich wieder einbüßen? In Folge der weiter voranschreitenden Osterweiterung der ESA werden Abstimmungsprozesse zudem tendenziell aufwändiger, Kompromisse schwieriger und der häufig gesuchte kleinste gemeinsame Nenner kleiner. Normalerweise werden die vielen kleinen und kleinsten ESA-Mitgliedstaaten keine weichenstellenden Maßnahmen im ESA-Rat oder den Programmkomitees blockieren. Im Zweifelsfall besteht bei Einstimmigkeit jedoch für immer mehr Mitgliedstaaten ein faktisches Vetorecht. Zudem besitzen die kleinen Mitgliedstaaten die generelle Möglichkeit, ihre Interessen gegen die drei größten ESA-Mitgliedsländer durchzusetzen, oder ihnen zumindest kostspielige Zugeständnisse abzuringen. Dies selbst dann, wenn die Vielzahl der kleinen Mitgliedsländer nur einen Bruchteil des ESA-Budgets auf sich vereinigen. Letztlich könnte dies zu einem reduzierten Engagement in europäischen Programmen führen. Aufpassen muss die ESA auch auf die Qualität industrieller Raumfahrttechnologien in ihren Programmen. Raumfahrtprojekte besitzen Laufzeiten von Jahrzehnten – Qualität und Zuverlässigkeit sind daher die unverzichtbaren Pfeiler jeder Raumfahrtmission. Sind Satelliten, Träger oder Experimente erst einmal im Orbit, lassen sich in den seltensten Fällen Nachbesserungen oder Korrekturen durchführen. Die Besonderheiten des institutionellen Raumfahrtmarktes in Europa führen dazu, dass über Mechanismen wie dem geografischen Rückfluss ein gemeinsames Engagement in europäischen Missionen gewährleistet wird. Jedes Mitgliedsland, das sich an einem Programm mit einem bestimmten Betrag beteiligt, erzielt über dieses Verfahren entsprechende finanzielle Rückflüsse an die heimische Industrie und Forschungslandschaft. Osterweiterung und geographischer Rückfluss dürfen jedoch nicht dazu führen, dass Missionen Qualitätseinbußen oder Verzögerungen erfahren, weil die zu berücksichtigenden Unternehmen diese Qualitätsstandards noch nicht erfüllen können. Das berechtigte Interesse eines neuen ESA-Mitgliedslandes, an einer Mission teilzunehmen, darf nur dann befriedigt werden, wenn dieses Land auch in der Lage ist, technologische Beiträge auf dem geforderten Niveau zu liefern. Ansonsten kommt es zu Defiziten, die aufwändige und ineffiziente Ausgleichsmechanismen nach sich ziehen. Aus diesen Gründen muss bei entsprechendem
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politischen Willen, ESA-Mitglied zu werden, sichergestellt sein, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Forschungseinrichtungen in osteuropäischen Partnerländern gewährleistet ist oder zumindest rasch erzielt werden kann. Dies gilt für alle an diesem Prozess beteiligten Akteure: Sind die Regierungen der neuen Mitgliedsländer nicht in der Lage, ihre Raumfahrtunternehmen und Forschungseinrichtungen durch geeignete Förderprogramme ‚fit für Europa‘ zu machen, diskreditieren sie sich selbst und senken langfristig den Willen der etablierten Mitglieder, auf die Wünsche und Ideen der kleinen, neuen Partner einzugehen. Der Kompetenzaufbau und ein entsprechendes Qualitätsbewusstsein werden durch konstante Raumfahrtbudgets, realistische Programmbeteiligungen sowie eine gezielte und langfristige Förderung technologischer und wissenschaftlicher Kompetenzen unterstützt. Den nationalen Raumfahrtprogrammen muss eine realistische und langfristige Strategie zu Grunde liegen, die den Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen eine verlässliche Perspektive bietet. Die ‚alten‘ und insbesondere die großen Mitgliedsländer müssen ebenfalls ein Interesse an kompetenten und wettbewerbsfähigen Unternehmen und Instituten in den neuen Mitgliedsländern haben. Zwar ist die Angst um den Verlust heimischer HochtechnologieArbeitsplätze ein häufiger erster Reflex, jedoch stellt der politische Wunsch einer vertieften europäischen Integration hier das höhere Gut dar. Andernfalls hätte man in den ECS- und ESA-Beitrittverhandlungen nicht zustimmen dürfen. Sind osteuropäische Partner der ESA erst einmal beigetreten, so muss deren Mitgliedschaft auch zum Nutzen aller erfolgen. Soll die ESA langfristig erfolgreiche Missionen betreiben und die europäische Raumfahrt maßgeblich bestimmen, müssen Regeln und Strukturen, aber ebenso die Fähigkeiten der Unternehmen effizient und wettbewerbsfähig sein. Mittel, um die neuen Partner an ESA-Standards heranzuführen, gibt es viele. Die bereits erwähnten ECS-Partnerabkommen sind ein Weg, osteuropäische Länder mit ESA-Verfahren und Qualitätsansprüchen vertraut zu machen. Dabei handelt es sich um einen Kooperationsmechanismus, der bislang mit Polen, Ungarn, Rumänien, der Tschechischen Republik vereinbart wurde und dem künftig auch Estland beitreten wird. Die ECS-Vereinbarungen leiten eine engere, formalisierte Zusammenarbeit mit der ESA ein. Die Abkommen haben den Zweck, die osteuropäischen Partnerländer an die Mechanismen, Arbeitsprozesse und Programme der ESA heranzuführen und die existierenden Raumfahrtkompetenzen kongruent auf die ESA auszurichten. Die Laufzeit beträgt fünf Jahre. Der Mindestfinanzbeitrag beläuft sich auf jährlich eine Million Euro. Aber auch Beratung bei der (Re-)Strukturierung nationaler Raumfahrtkompetenzen
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und Unterstützung beim Finden technologischer Nischen sind hilfreiche Bausteine für neue Partner. Das trilaterale Twinning-Projekt zwischen Frankreich, Deutschland und der Ukraine ist ein solches Partnerschaftsprogramm, in dem ukrainische Akteure zielgerichtet mit Strukturen und Verfahren in nationalen und europäischen Raumfahrtprogrammen vertraut gemacht werden. Letztlich soll in der Ukraine eine Wissensbasis entstehen, die es ihr erlaubt, die vorhandenen Raumfahrtkompetenzen in eine langfristige Strategie zu überführen. Die Raumfahrtindustrie in den alten ESA-Mitgliedsländern hat ebenfalls ein Interesse an wettbewerbsfähigen Partnern in den neuen Mitgliedsländern. Dies gilt insbesondere für die großen Systemanbieter wie Astrium oder Thales Alenia Space. Als Hauptauftragnehmer großer Missionen sind sie auf hervorragende Qualität ihrer Zulieferer angewiesen. Sie müssen daher versuchen, im Vorfeld von Ausschreibungen vielversprechende Partnerunternehmen zu finden und den Aufbau von Nischenkompetenzen gezielt zu unterstützen. Dabei ist es wichtig, zunächst eine Bestandsaufnahme vorhandener technologischer Kapazitäten vorzunehmen, um gezielt Partner identifizieren und aufbauen zu können. Langfristig können sich daraus Partnerschaften oder Joint Ventures ergeben, die sich im institutionellen Raumfahrtgeschäft unter Maßgabe des geografischen Rückflusses zum eigenen Vorteil nutzen lassen. Insbesondere die Raumfahrtindustrie in Osteuropa muss allerhöchstes Interesse an einer eigenständigen Wettbewerbsfähigkeit und Heranführung an ESA-Standards haben, da sie sonst über kurz oder lang am dauerhaften, aber meist unsicheren Subventionstropf der eigenen Regierung hängt oder gänzlich aus dem Raumfahrtmarkt verschwindet. Maßnahmen, um eine dauerhaft wettbewerbsfähige Position im europäischen Raumfahrtmarkt zu erreichen, sind Rationalisierung, Konzentration auf Kernkompetenzen und Nischen, Marketing sowie das Eingehen von Kooperationen und Partnerschaften. Wenn politische Abstimmungsprozesse auf ESA-Ebene durch eine Koalition der vielen Kleinen immer schwieriger werden, könnte es tendenziell zu einer Renationalisierung und stärkeren Gewichtung der nationalen Raumfahrtprogramme bei den großen Drei (Frankreich, Deutschland, Italien) kommen. In Ansätzen ist dies bereits heute in Frankreich und Italien zu beobachten, wo die ESA-Beiträge zugunsten des Nationalen Raumfahrtprogramms gedeckelt oder gar gekürzt werden. Eine stärkere Betonung nationaler Raumfahrtmissionen hat den Vorteil, einen höheren Grad an Entscheidungsfreiheit und Kosteneffizienz zu besitzen. Zudem können national geförderte Technologien zielgerichtet in internationalen Programmen platziert werden und so der heimischen Industrie Wettbewerbsvorteile verschaffen. Große und kostspielige Mis-
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sionen könnten dann in bi- oder trilateralen Kooperationen angegangen werden. In einem Worst-Case-Szenario könnte die ESA zu einem ‚Kreis der Kleinen‘ werden, in dem nur eine geringe Anzahl und wenig ambitionierte Missionen durchgeführt würden. Konsequenzen für die Europäische Union als neuer Raumfahrtakteur Mit der Integration neuer Mitgliedstaaten, deren Einbindung in das Forschungsrahmenprogramm und dem verstärkten inhaltlichen Engagement in der Raumfahrt geht die EU weitere Verpflichtungen ein. Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus neuen Mitgliedstaaten müssen nicht nur neue Förderverfahren kennen lernen, sie müssen vielmehr auch überzeugt sein, dass eine Beteiligung an Ausschreibungen für sie sinnvoll und kosteneffizient ist. Letzteres gilt nicht nur für Unternehmen aus den neuen Mitgliedstaaten, sondern ebenso für etablierte westliche Raumfahrtunternehmen. Doch der Nutzen einer Teilnahme an EU-Ausschreibungen wird von vielen Raumfahrtunternehmen, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen, häufig kritisiert. Die Fördermechanismen sind extrem kompliziert, aufwändig und langwierig. Vielfach lohnt eine zeit- und kostenintensive Antragstellung kaum, wenn die Erfolgsaussichten bei nur zwanzig Prozent liegen. Zudem beträgt in der EU die Regelförderquote lediglich fünfzig Prozent. Dies trifft vor allem kleine und mittlere Raumfahrtunternehmen, die für die notwendige Abstimmung mit europäischen Partnern und die Antragerstellung kein Personal und zusätzliche Eigenmittel abstellen können. So haben die Geschäftsführungen in einigen mittelständischen Unternehmen bereits eine Beteiligung an EU-Vorhaben abgelehnt. Großen Systemhäusern mit ihren europaweiten Netzwerken fällt die Suche potenzieller Partner weitaus leichter. Sie schneiden daher bei Ausschreibungen zum EU-Forschungsrahmenprogramm in der Regel besser ab. Das Engagement der EU in den Programmen Galileo und GMES macht einen intensiven politischen und programmatischen Abstimmungsprozess zwischen ESA und EU notwendig. Problematisch daran ist, dass die EU gänzlich unerfahren in Raumfahrtprogrammen ist und beide Institutionen sehr unterschiedliche Finanzierungsrichtlinien und Verfahren der Auftragsvergabe verwenden. Raumfahrtakteure stehen somit zwei unterschiedlichen Regelsets gegenüber, auf die sie sich jedoch vollständig einstellen müssen. Auch hier sind kleine und mittlere Unternehmen – unabhängig davon, ob sie aus den neuen oder alten Mitgliedsstaaten kommen – prinzipiell benachteiligt, da der erhöhte Aufwand für sie kaum zu stemmen ist. Ferner muss insbesondere die Europäische Kommission dafür Sorge tragen, dass auf dem Gebiet strategischer und kritischer Technologien – und dazu zählen weite Bereiche der Raumfahrttechnologien aber auch ihre Anwendungen – nicht an potenzielle Konkurrenten außerhalb Europas weitergegeben werden. Über assoziierte Partner und über die Inter-
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national Cooperation Partner Countries des 7. Forschungsrahmenprogramms können sich Länder wie China, Indien, Brasilien, Russland oder Israel an Raumfahrtprojekten auf EUEbene beteiligen. Sie erlangen dadurch wichtige Einsichten in Technologien und Verfahren. Diese Länder zählen auf dem weltweiten Raumfahrtmarkt allerdings häufig zu den wichtigsten Konkurrenten europäischer Firmen. Zwar mögen außenpolitische Aspekte eine solcherart erweiterte Integration außereuropäischer Staaten nahelegen, jedoch wäre die EU-KOM gut beraten, in diesem sensiblen Hochtechnologiebreich den Zugang potenzieller Konkurrenten äußerst restriktiv zu handhaben. Insgesamt sollte sich die EU darum bemühen, weniger komplizierte und aufwändige Verfahren zur Mittelvergabe anzuwenden und dabei stärker auf den Bedarf und die Möglichkeiten kleiner und mittlerer Unternehmen eingehen. Zudem sollten sich die Auftragsverfahren der EU und der ESA angleichen, um den Aufwand für Unternehmen aus den neuen Mitgliedsstaaten sowie allgemein für kleine und mittlere Unternehmen in Grenzen zu halten. Aufgrund der Besonderheiten des institutionellen Raumfahrtmarktes sollten dabei die bewährten ESA-Regeln und Prinzipien den Vorrang haben. Das heißt, die EU muss auf die ESA zugehen. Dies ist die deutsche Forderung, die im Weltraumrat vorgebracht wurde. Letztlich geht es um einen effizienten Umgang mit Steuermitteln, der trotz der politisch gewollten Integration nicht in den Hintergrund treten darf. Anforderungen an die deutsche Raumfahrtindustrie Die großen Systemhäuser erfahren durch die Osterweiterung keinen wesentlich härteren Wettbewerb. In den osteuropäischen Ländern existieren keine Systemhäuser, die die Aufgaben von Astrium und TAS in großen Satellitenmissionen übernehmen könnten. Dies gilt für den institutionellen Raumfahrtmarkt ebenso wie für die kommerzielle Raumfahrt, d.h. insbesondere für Telekommunikationssatelliten. Eine Ausnahme stellt der Trägerbereich dar. Die Ukraine bietet mit ihrem Dnepr-Träger Startdienstleistungen für kleine und mittlere Satelliten an. In genau dieses Marktsegment will ESA künftig mit Vega einsteigen. Für den Bereich großer Lasten ist zudem das ukrainisch-amerikanische Unternehmen SeaLaunch mit seiner Zenit-3 ein direkter Konkurrent der Ariane 5. Insgesamt stellt auf diesem Gebiet jedoch die Konkurrenz aus China, Indien und den USA langfristig die größere Herausforderung dar. Für die großen Systemhäuser Astrium und Thales Alenia Space bietet die Osterweiterung aber auch ein weites Feld neuer Partnerschaften und kostengünstiger Zulieferer. Durch die Einbindung osteuropäischer Partner lassen sich in ESA- und EU-Ausschreibungen Wettbewerbsvorteile erzielen und politische Koalitionen aufbauen, die die programmatische und
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technologische Ausrichtung des Unternehmens sowie die Kostenstruktur unterstützen. Beispiele für ein solches Vorgehen liefern das deutsche Unternehmen Vertex Antennentechnik GmbH sowie das europäische Unternehmen Astrium. Vertex Estonia wurde über die deutsche Schwestergesellschaft Vertex Antennentechnik GmbH (beides sind Töchter des US-Unternehmens General Dynamics) in das ESA-Programm Mars Express geholt. Durch die kombinierte Angebotsabgabe der deutschen und estländischen Vertex konnte das Unternehmen Vorteile bei der Auftragsvergabe erzielen. Die EADS-Astrium GmbH erstellt aktuell ein Profil der Raumfahrtkompetenzen in den künftigen osteuropäischen ESA-Mitgliedsländern. Ziel ist es, mögliche Partner zu identifizieren und aufzubauen, um später im Rahmen von ESA-Programmen Unteraufträge gezielt an eigene und qualifizierte Partner vergeben zu können. Ebenso dient die Analyse dem Finden wettbewerbsfähiger und kostengünstiger Zulieferer, um auf dem kommerziellen Raumfahrtmarkt Kostenvorteile erzielen zu können. Ein ähnliches Verfahren dürfte der zweite europäische Systemanbieter Thales Alenia Space anwenden. Letztlich werden die großen Systemanbieter ihre Partnerschaften mit Firmen in Osteuropa aber auch einsetzen, um von den dortigen Raumfahrtagenturen eine politische Unterstützung für favorisierte Projekte in und außerhalb der Raumfahrt zu erhalten. Für die kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland stellt die Raumfahrtindustrie in Osteuropa in erster Linie eine potenzielle Konkurrenz dar. Partnerschaften wie bei den großen Raumfahrtunternehmen werden eher die Ausnahme bilden, da die Kosten der Partnersuche und eines möglichen Aufbaus von Partnern den Nutzen meist übersteigen dürften. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das Konkurrenzpotenzial jedoch noch als relativ gering einzustufen. Zwar liegen die Produktionskosten von Raumfahrtkomponenten und Bauteilen in Osteuropa deutlich unter westlichem Niveau, jedoch fehlt bislang meist die Qualität und Erfahrung in Raumfahrtprojekten, um die Position deutscher Raumfahrt-KMU ernsthaft zu gefährden. Dennoch ist davon auszugehen, dass die Raumfahrtfirmen Osteuropas bei entsprechender Förderung und Strategie in den kommenden Jahren aufholen werden. Zu einem nennenswerten Verlust von Marktanteilen mittelständischer deutscher Raumfahrtunternehmen oder gar einem Verdrängungswettbewerb wird es wahrscheinlich jedoch nicht kommen. Einerseits ist selbst die Summe aller Raumfahrtfirmen in Polen, der Tschechischen Republik, Ungarn, Slowenien, Rumänien, Estland usw. vergleichsweise gering zu den etwa einhundertfünfzig Raumfahrt-KMUs in Deutschland. Andererseits könnten unter Führung der ESA technologische Nischen in Feldern aufgetan werden, in denen europäische Firmen bislang nicht aktiv sind. Eine derartige Strategie böte neuen Marktakteuren die Chance auf
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eine langfristige Platzierung ihrer Produkte. Zudem stellt die Raumfahrt höchste Anforderungen an Qualität und Verlässlichkeit und sie verlangt von den Anbietern ständig neue und spezielle Verfahren, Technologien und Produkte. Die deutschen Raumfahrtunternehmen sind hier gut gerüstet und werden bei entsprechenden eigenen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und begleitender Förderung durch das Nationale Raumfahrtprogramm ihren Wettbewerbsvorsprung auf lange Zeit sichern können. Bezogen auf den kommerziellen Raumfahrtmarkt gilt auch für den Mittelstand, dass die Konkurrenz Chinas, Indiens, Israels oder der USA langfristig die größere Herausforderung darstellt. Bilanz und Ausblick Die Osterweiterung schreitet auch in der europäischen Raumfahrt unaufhaltsam voran. Während die Wirkungen auf die europäische Raumfahrtindustrie und Forschungslandschaft eher als gering einzustufen sind, stellt sie für ESA und die Europäische Kommission wichtige administrative und politische Herausforderungen dar. Auf Unternehmensseite hat die Integration osteuropäischer Staaten in ESA- und EUStrukturen insgesamt nur recht geringe Auswirkungen. Für die mittelständische Industrie bedeutet die Osterweiterung langfristig einen leicht erhöhten Wettbewerbsdruck. Dafür sind sie jedoch gut gerüstet. Als Absatzmarkt deutscher Produkte bietet Osteuropa auf Grund der meist sehr kleinen Raumfahrtbudgets ein nur sehr begrenztes Potenzial. Für die großen Systemanbieter bietet die Osterweiterung die Chance, Partnerschaften mit neuen und kostengünstigen Zulieferern einzugehen. Dafür ist eine genaue Analyse der vorhandenen Kapazitäten und Potenziale notwendig. Das Eingehen von Partnerschaften verschafft ihnen die Möglichkeit, kostengünstige Zulieferer an sich zu binden und dadurch politischen Einfluss auf EU- und ESA-Ebene zu gewinnen. Zusätzlich verfügen einige der neuen beziehungsweise künftigen ESA-Mitgliedstaaten über Infrastrukturen wie etwa Bodenstationen, die sich in Missionsplanungen nutzbringend eingliedern lassen.
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Was die Forschungseinrichtungen in den alten ESA-Staaten betrifft, so wächst der Kreis potenzieller Partnerinstitutionen mit der Osterweiterung. Eine planmäßige Suche nach ergänzenden Kompetenzen erhöht die Chancen auf EU-Fördermittel und kann die eigene Position im weltweiten Forschungsnetzwerk ausbauen. Für die Europäische Raumfahrt Agentur und für die Raumfahrtaktivitäten der Europäischen Kommission stellt die Osterweiterung eine wichtige und nicht zu unterschätzende politisch-strukturelle Herausforderung dar. Die ESA muss darauf bedacht sein, den neuen Mitgliedstaaten eine realistische Chance auf eine langfristige Einbindung in europäische Raumfahrtstrukturen zu bieten. Dabei darf es nicht zu einer Subventionierung von Technologiebereichen kommen, die bereits als industrielle Kompetenz in den alten Mitgliedstaaten existieren. Vielmehr sollte die ESA versuchen, industrielle Nischen zu schaffen, um beispielsweise die eigene ITAR-freie Politik zu unterstützen und die Abhängigkeiten von Einzellieferquellen aus dem Ausland abzubauen. Auf institutioneller Ebene muss die ESA dafür Sorge tragen, dass die zunehmende Anzahl kleiner Mitgliedstaaten die Funktionsfähigkeit der ESA-Entscheidungsgremien nicht lähmt. Die von Deutschland und teilweise auch von Frankreich angemahnte Stimmrechtsreform sowie weitere geeignete Maßnahmen müssen dafür in nächster Zukunft angegangen werden. Mit den Anwendungsprogrammen GALILEO und GMES sowie dem Raumfahrttitel im 7. Forschungsrahmenprogramm nehmen der Einfluss und die Verantwortung der EU in der Raumfahrt enorm zu. Gerade in diesen Programmen engagieren sich viele osteuropäische Staaten. Die Konzeptionen und Verfahren der EU-Programme sind bislang zu kompliziert. Dies gilt insbesondere für eine Beteiligung kleiner und mittlerer Raumfahrtunternehmen. Eine Angleichung an die bewährten ESA-Mechanismen ist dringend geboten, um langfristig das Interesse der neuen und ebenso der alten Raumfahrtnationen an einem gemeinsamen Engagement aufrecht zu erhalten.
1 Von einer Betrachtung Russlands wird hier abgesehen, da Russland als zweitgrößte Weltraummacht einen Sonderfall darstellt und hinsichtlich strategischer Ausrichtung und Anbindung an ESA gänzlich anders zu sehen ist.
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Dr. Helga Steeg Chancen für Zulieferer für Energiebetriebe in Osteuropa Ausgangslage Seit den letzten 20 Jahren haben sich Chancen und Risiken für Kooperationen des Mittelstandes im Ausland grundlegend geändert. Im positiven Sinne ist zunächst die Öffnung der Märkte in Osteuropa zu erwähnen. Durch die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise sind einige osteuropäische Länder aber in schwerwiegende finanzielle Schwierigkeiten geraten, welche die Bemühungen zur Modernisierung ihrer Volkswirtschaften beeinträchtigen. Die internationalen Finanzorganisationen – Internationaler Währungsfonds, Weltbank, Europäische Investitionsbank sowie European Bank for Reconstruction and Development – müssen mit erheblichen Finanzhilfen beispringen. Das bedeutet für deutsche mittelständische Unternehmen verminderte Export- und Investitionschancen in Osteuropa. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass gerade deutsche mittelständische Unternehmen findig sind, auch in schwierigen Zeiten Nischenbereiche aufzufinden, in denen sie tätig werden können. Insbesondere Betriebe mit Handwerksstruktur oder Zulieferbetriebe für erfolgreiche Industrieund Energiebetriebe scheinen Chancen zu haben. Fest steht jedenfalls, dass alle osteuropäischen Länder in ihrem Aufbau dringend mittelständische Strukturen benötigen. Gruppen europäischer Länder Es ist zu unterscheiden zwischen ehemaligen Comecon-Ländern, heute Beitrittsländer der EU, anderen, welche einen Beitritt oder zumindest eine engere Kooperation mit jener mit der EU anstreben und Russland. Nicht zuletzt ist wegen der Energiesicherheit für die osteuropäischen Länder von Bedeutung, ob sie mögliche Energie-Exporteure, Importeure oder Transitländer sind. Die neuen Mitglieder der EU profitieren nicht nur vom „acquis communitaire“, d.h. den innereuropäischen Rechts- und Wirtschaftsregeln, sondern auch von den besonderen Fördermaßnahmen für den Mittelstand sowie auf nationaler Ebene von den außenwirtschaftlichen Fördersystemen mit Krediten und Bürgschaften. Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres wie insbesondere Aserbaidschan, Usbekistan und Kasachstan, ebenso wie Russland, sind historisch wichtige Öl- und Gasexporteure in alle Beitrittsländer, aber auch in die Kernländer der EU. Ukraine, Georgien, Armenien und
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Weißrussland sind wichtige Transitländer für die Energielieferungen in sämtliche EU Länder. Dies hat sich 2008 und 2009 drastisch gezeigt bei Unterbrechungen der russischen Gaslieferungen durch die Ukraine – mehrmals – und Weißrussland. Es handelt sich hier um Probleme, die generell durch die Globalisierung und die damit verbundene Zunahme von Transitlieferungen zu Land und Wasser – bei Gas z.B. durch Flüssiggaslieferungen auftreten, wie insbesondere zwischen der EU und osteuropäischen Ländern. Behinderungen von Transitlieferungen zwischen EU-Ländern und osteuropäischen Ländern Lieferungen von Öl- und Gas aus Russland – teilweise auch aus Usbekistan oder Turkmenistan zu EU-Ländern – sind unterbrochen worden. Ein Grund ist, dass die niedrigeren russischen Gaspreise nach Weißrussland und Ukraine über das innerrussische Preisniveau erhöht wurden und höhere russische Exportpreise verlangt wurden und Zahlungen der Transitländer ausblieben. Der Streit war zunächst ein Preisstreit. Russland hat sich dann mit Weißrussland geeinigt, Gazprom hat Beteiligungen am weißrussischen Netz erhalten. Mit der Ukraine ist der Streit zweimal ausgebrochen 2008 und hat Anfang 2009 zu erheblichen Ausfällen an Gaslieferungen geführt. In diesem Streit wurde von Seiten Russlands u.a. angeführt, dass die Ukraine eigenmächtig russisches Gas für einheimischen Verbrauch „gestohlen“ habe. Hinzu kommt der politische Streit zwischen den beiden Ländern, welcher zu den Besetzungsstreitigkeiten führte. Ein Teil der Ukraine ist russlandfreundlich ein anderer möchte in die EU. Der Streit ist dann mit Hilfe der EU und der Einsetzung einer gemeinsamen Kontrollinstanz beigelegt worden. Ob diese Regelung hält, ist m.E offen. Was sind die Gründe? In den Zeiten der UdSSR wurden sämtliche Öl- und Gaslieferungen durch landbezogene Pipeline-Netze – größtenteils durch deutsche Firmen gebaut – innerhalb Russlands in die alten Comecon-Länder und die EU-Staaten geliefert. Mit der territorialen Verkleinerung der UdSSR und der Beschränkung Russlands ist dieses ein von eigenen Lieferungen unabhängiges Transitland geworden. Das gilt ebenso für die politisch unabhängigen Transitländer Ukraine, Weißrussland, Armenien und Georgien. Das Problem Russlands ist zweifacher Natur. Es ist nicht mehr Herr der ausländischen Transitrouten. Die Höhe der Transitgebühren bestimmt das Transitland. Da Gaslieferungen durch unabhängige Transitländer fließen können, kann der Gaspreis niedriger sein als der russische Exportpreis, welcher höher ist als der innerrussische. Der innerrussische Gaspreis ist niedriger als der
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Exportpreis. Deshalb fürchtet Russland Wettbewerb zwischen seinem niedrigen innerrussischen und dem höheren russischen Exportpreis. Lieferungen von Gas aus Usbekistan und Turkmenistan über Russland nach Europa sind niedriger als russische Exportpreise. Diese Unterbrechungen verletzen Artikel 7 des Europäischen Charter Vertrages (ECT) welcher von 51: Ländern in Ost- und Westeuropa – einschließlich Russland aber auch Japan, nicht USA unterschrieben und seit 1994 in Kraft ist. Russland hat den ECT nicht ratifiziert, arbeitet aber informell, weiter mit. Ein Transitprotokoll das im Wesentlichen ausgehandelt ist, ist hauptsächlich wegen der russischen Haltung stecken geblieben. Die Lage ist unübersichtlich. Putin soll weiter gegen den Vertrag sein, während Medwedew ein neues Energieforum mit Beteiligung von OPEC Ländern und Einbeziehung des ECT anstreben soll. Diese Situation hat dazu geführt, dass eine Reihe von neuen Pipeline-Projekten entwickelt worden ist, die nicht über Russland laufen oder nur bilateraler Natur sind wie die Ostsee-Pipeline ohne Beteiligung von Anrainerstaaten. (Gemeinsamer Verwaltungsratvorsitz BK Schröder und Gazprom Vorsitz) oder die Nabucco-Pipeline mit Lieferungen in den Balkan anscheinend auch mit deutscher Beteiligung im Vorsitz. Die Lage ist also wenig übersichtlich. Sie scheint in Russland von übergeordneten geopolitischen Überlegungen beherrscht. Man kann daher noch nicht von einer Lösung der Transitprobleme sprechen. Die Lage von Anfang 2009 kann sich wiederholen. Hier liegt eine entscheidende Rolle für die EU. Im Übrigen sollte nicht übersehen werden, dass es neue geographische Konstellationen zwischen Anrainerstaaten der Ostsee gibt. Man denke nur an die enge Zusammenarbeit zwischen sämtlichen Anrainerstaaten der Ostsee. Zusammenfassung Für eine mögliche Kooperation deutscher mittelständischer Unternehmen in Osteuropa gilt: Die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftslage scheint nicht gerade förderlich für solche Kooperationen. Jedoch ist klar, dass eine Kooperation mit den neuen EU-Mitgliedern einfacher zu handhaben sein kann. Aber mittelständische Unternehmen werden in sämtlichen ehemaligen Comecon Ländern benötigt, sei es in Nischen (Handwerksbetriebe) oder als Zulieferunternehmen für Industrieunternehmen. In jedem Falle sollte auch der deutsche Mittelstand versuchen, auf den Zug der Modernisierung in diesen Ländern aufzuspringen. Das außenwirtschaftliche Förderungsinstrumentarium des Bundes kann hier nützliche Dienste leisten.
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III. Mittelstand und Osteuropa aus Sicht von Unternehmen und Gewerkschaften
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Anton F. Börner Mittel- und Osteuropa: Chancenreiche Märkte für den deutschen Mittelstand Der deutsche Mittelstand hat sich insgesamt gut auf die fortschreitende Globalisierung der Absatz- und Beschaffungsströme eingestellt und erschließt sich kontinuierlich neue Märkte. Dabei rücken insbesondere die Wachstumsmärkte vor unserer Haustür ins Blickfeld. Der Umwälzungsprozess in den Ländern Mittel- und Osteuropas und die damit einhergehende Liberalisierung der Märkte hat einen Aufholprozess bei Handel und Investitionen initiiert, der für viele deutsche mittelständische Unternehmen den Startschuss für stärkere Aktivitäten in der Region darstellte. Dies gilt nicht nur für das produzierende Gewerbe, sondern auch für den Handel und den Dienstleistungssektor. Vom Außenhandel zum Binnengroßhandel Binnen weniger Jahre vollzog sich im Geschäft mit den neuen Nachbarn ein Paradigmenwechsel. Wurde der Handel mit den Mittelosteuropäischen (MOE-) Staaten bis Anfang der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts als Außenhandelsgeschäft angesehen, das nur von Spezialisten mit entsprechendem Know-how durchgeführt werden konnte, ergab sich mit dem sukzessiven Abbau von Handelshemmnissen im Zuge des Beitrittsprozesses eine rasche Integration in die Strukturen des gemeinschaftlichen Binnengroßhandels. Hierdurch konnten hohe Effizienzgewinne verzeichnet werden. Neben den traditionellen Handelsgewinnen gilt dies insbesondere unter dynamischen Gesichtspunkten: Im Zuge der marktwirtschaftlichen Transformation und des fortschreitenden Konvergenzprozesses stellen die Beitrittsländer einen dynamischen und damit wichtigen Markt für den Großhandel dar. Die fortschreitende Arbeitsteilung ergibt neue Beschaffungsmöglichkeiten für die Branche. Die hoch spezialisierten Logistik- und Informationssysteme des Großhandels gewinnen mit der fortschreitenden Integration der europäischen Märkte, dem steigenden Wettbewerb und der hohen Wachstumsdynamik in den neuen Mitgliedstaaten zunehmend an Bedeutung. Viele der Großhandelshäuser haben sich sowohl auf Beschaffungs- als auch auf Absatzaktivitäten spezialisiert und haben demnach in zweierlei Hinsicht von der EUErweiterung profitiert. Der trotz der Wirtschaftskrise mittel- und langfristig weiter steigende Lebensstandard in den Beitrittsländern schafft neue Absatzperspektiven.
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Hohe Integration in die europäische Arbeitsteilung Argumente für die Integration des Auslandsgeschäftes in den unternehmensstrategischen Ansatz des Mittelständlers sind neben der Verlagerung der Fertigungen von Großunternehmen, denen der Mittelstand folgt, insbesondere eine aufgrund schwacher deutscher Binnennachfrage steigende Attraktivität ausländischer Märkte. Das entscheidende Motiv für ein Auslandsengagement ist denn auch die Erschließung neuer Beschaffungs- und Absatzmärkte. Das Outsourcing von Teilen der Produktion an kostengünstige Standorte spielt auch im Mittelstand eine wichtige Rolle. Bereits zwei Drittel aller Unternehmen importieren Güter, die im Ausland hergestellt wurden, um diese dann in ihren Produktionsprozess im Inland einfließen zu lassen. Hierdurch wird die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen verbessert und es bleiben qualifizierte Arbeitsplätze in Deutschland erhalten oder werden sogar neu geschaffen. Deutsche KMU, die erstmals den Sprung ins Ausland wagen, sind mit einem Engagement in Mittel- oder Osteuropa oftmals besser beraten als etwa mit einer Investition in Fernost. Hierfür gibt es eine Reihe von objektiven, aber auch eher subjektiven Gründen. Dabei spielt die geografische Nachbarschaft ebenso eine Rolle wie die kulturelle Nähe und die sprachlichen Voraussetzungen. In vielen Ländern der Region gibt es eine große Affinität zu und Kenntnis über Deutschland. Die Rechtssysteme der Beitrittskandidaten sind an westlichen Standards ausgerichtet, trotz teilweise noch überbordender Bürokratie und Korruption nimmt die gefühlte Rechtssicherheit zu. Die infolge der Infrastrukturmaßnahmen der letzten Jahre sinkenden Transport- und Kommunikationskosten haben die mit Direktinvestitionen verbundenen Fixkosten reduziert und Markteintrittsbarrieren gesenkt. Dies erleichtert kleineren und mittleren Unternehmen, die tendenziell geringere Investitionsvolumina stemmen als Großkonzerne, den Schritt ins Ausland. Die Zahlen sprechen für sich: Mittelosteuropa hat in seiner Bedeutung als Handelspartner für Deutschland und die „alte“ EU bereits die USA überflügelt. Heute kommen rund 15 Prozent der Importe aus den MOE-Staaten, ca. 17 Prozent der Exporte gehen in die Wachstumsregion. Das bilaterale Handelsvolumen zwischen „neuer“ und „alter“ EU beträgt etwa 450 Milliarden Euro, gut die Hälfte des Außenhandels der MOE-Länder erfolgt mit den EU-15. Als Ziel von Direktinvestitionen spielen die mittel- und osteuropäischen Länder für den Mittelstand aufgrund der Marktnähe eine sehr viel größere Rolle als für die Gesamtwirtschaft. Erfolgsfaktoren der osteuropäischen Länder sind wirtschaftliche Offenheit, gepaart mit einer hohen Integration in die europäische Arbeitsteilung. Durch den Fall des Eisernen
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Vorhangs und den EU-Beitrittsprozess konnten die über Jahrzehnte hinweg künstlich unterbrochenen, aufgrund der geographischen Bedingungen quasi „natürlichen“, Handelsströme wieder aufgenommen worden, hinzu kommt die Einbeziehung in die Schengen-Strukturen und die zunehmende Freizügigkeit für Arbeitnehmer in den meisten EU-Staaten. Das marktwirtschaftliche Prinzip als wichtigster Baustein des Regelwerks der EU wurde erfolgreich übernommen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit von einer Reihe von Produkten „Made in Germany“ wird durch Zulieferungen aus Mittelosteuropa erhöht bzw. gewährleistet. Paradebeispiele sind neben der Automobilindustrie und dem Maschinenbau auch die chemische und pharmazeutische Industrie sowie die Elektrotechnik. Die MOE-Staaten haben, auch durch den Know-how Transfer der ausländischen Direktinvestitionen, deutliche Steigerungen bei Produktivität und Qualität erfahren, welche in eine hohe internationale Wettbewerbsfähigkeit – durchaus auch im Vergleich mit Westeuropa und Asien – und folglich eine dynamische Entwicklung des Außenhandels mündeten. Hieran konnten auch die ansteigenden Wechselkurse kaum etwas ändern. Schwere Einbrüche durch die Krise Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Staaten der Region schwer und unerwartet schnell getroffen – nicht trotz, sondern wegen ihrer starken finanzwirtschaftlichen Integration mit dem Rest der Welt. In einigen Ländern traten durch die Effekte der Krise schonungslos die Defizite der Wirtschaftspolitik zutage. Der Zugang zu Kapital ist extrem schwierig. Die Weltbank und die anderen multilateralen Finanzierungsorganisationen sind in der Pflicht, die privaten Banken in der Region zu rekapitalisieren, um die Kreditvergabe für kleine und mittlere Unternehmen zu sichern und einen Kollaps der Strukturen zu verhindern. Krisenbedingt haben auch die deutschen Exporteure derzeit Probleme, ihre Exporte in die Region mit Exportbürgschaften am Markt abzusichern, da ganze Branchen von privaten Versicherern nicht mehr bedient werden können. Der deutsche Staat und die EU-Kommission haben reagiert: Seit Ende 2008 besteht schon die Möglichkeit, eine staatliche Deckung von kurzfristigen Geschäften auch in EU- und OECD-Mitgliedstaaten zu erhalten, sofern die private Versicherungswirtschaft diese Deckungen nicht anbietet. So hat die EU-Kommission eine Mitteilung veröffentlicht, in der die Bedingungen für die Zulassung staatlicher Kreditversicherer auch in EU-Mitgliedstaaten angepasst wurden. Staatliche Exportkreditversicherer dürfen seither unter bestimmten Voraussetzungen vorübergehend „marktfähige Risiken“ absichern, d.h. sie dürfen Exportgeschäfte in EU-Länder und in Kernländer der OECD mit einer Risikolaufzeit auch unter zwei Jahren in Deckung nehmen. Diese Maßnahme ist bis
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Ende 2010 begrenzt und gilt für alle Exporteure. In der aktuellen Krise wird mit einem prognostizierten Einbruch der Konjunktur von fünf Prozent in 2009 gerechnet, nachdem die osteuropäische Wirtschaft 2008 noch um vier Prozent wachsen konnte. Trotz dieses temporären Einbruchs sind die positiven Effekte des Aufholprozesses deutlich messbar und irreversibel. Alle MOE-Länder haben beim Wohlstand deutlich gegenüber den 15 Ländern der „alten“ EU aufgeholt. Das Pro-Kopf-Einkommen lag im Jahr 2000 noch bei 47 Prozent der westeuropäischen Länder, heute liegt es bereits bei knapp 60 Prozent. Somit können heute fast alle Länder der Region im weltweiten Vergleich als Hocheinkommensländer eingestuft werden – mit einer stetig wachsenden und kauffreudigen Mittelschicht. Für ein unternehmerisches Engagement mittelständischer Unternehmen in Osteuropa gilt trotz der relativen Nähe und strukturellen Ähnlichkeit der Märkte: Nur die Unternehmen, die gesund und auf dem Heimatmarkt gut aufgestellt sind, kommen dafür in Frage. Hausgemachte Probleme lassen sich nicht mit einer Expansion ins Ausland lösen. Wenn die innerbetrieblichen Voraussetzungen jedoch stimmen, man zudem über geeignetes Personal im In- und Ausland und einen zuverlässigen Kooperationspartner verfügt und sich vorurteilsfrei auf die neuen Märkte einlässt, dann sind die Voraussetzungen für den unternehmerischen Erfolg gegeben. Für den Markteinstieg steht dem Mittelstand zudem eine breite Palette von außenwirtschaftlichen Beratungs- und Förderinstrumenten zur Verfügung, die von der Marktstudie über die Unterstützung bei der Geschäftspartnersuche bis hin zur Beteiligung an Delegationsreisen oder Auslandsmessen Unterstützung gewähren.
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Dr. Ludolf von Wartenberg Die Bedeutung der osteuropäischen Zukunftsmärkte für den deutschen Mittelstand Wenn man sich anschaut, in welchen Ländern die deutsche Wirtschaft – und hier insbesondere der Mittelstand – in den vergangenen Jahren besondere Absatz- und Wachstumserfolge erzielt hat, dann fällt der Blick schnell auf das östliche Europa. Redet man über die Märkte der Zukunft, ist die Region Mittel- und Osteuropa an vorderster Stelle zu nennen, einschließlich der östlichen EU-Anrainer wie Russland, Belarus oder Kasachstan. Die gesamte Region Mittel- und Osteuropa hat 2008 noch einen Anteil am deutschen Handelsvolumen von über 17 Prozent erreicht. Zum Vergleich: Der Anteil des Außenhandels mit den USA beträgt nur noch etwa 6,5 Prozent. Im Jahr 2008 lieferte Deutschland in die USA Güter und Dienstleitungen im Wert von 74 Milliarden Euro. Allein nach Polen gelangten 2008 bereits deutsche Güter im Wert von 40 Milliarden Euro, obwohl das Land wesentlich kleiner als die USA ist. Russland, Polen, Tschechien und Ungarn gehören inzwischen zu den 15 wichtigsten deutschen Exportpartnern und rangieren damit vor Ländern wie Japan, Brasilien oder Indien. Es lohnt sich also, Mittel- und Osteuropa eine deutlich größere Aufmerksamkeit zu widmen. Das Potenzial gerade für deutsche Mittelständler ist noch längst nicht ausgeschöpft. So besteht beispielsweise ein großer Nachholbedarf im Bereich von energieeffizienten Technologien, bei der Infrastruktur oder in der Medizintechnik. Die Länder des östlichen Europas konnten in den vergangenen Jahren gemeinsam mit anderen Schwellenländern wie China, Brasilien oder Indien die schon seit längerer Zeit zu beobachtende Wachstumsschwäche im Westen ausgleichen. Bis September war auch das Jahr 2008 ein absolutes Boomjahr. So stiegen die deutschen Exporte in diese Region im ersten Halbjahr 2008 noch einmal um 15,6 Prozent auf 84 Milliarden Euro, gegenüber einer allgemeinen Steigerung von 6,9 Prozent. Allein im Handel mit Russland gab es im ersten Halbjahr 2008 ein Plus von 23 Prozent. Als Exportland hat Russland damit von der Wichtigkeit her zu China aufschließen können. Aber auch andere Länder entwickelten sich sehr dynamisch: Im Handel mit Rumänien konnten wir 2008 einen Zuwachs von 21 Prozent registrieren, mit Bulgarien gab es ein Plus von 17 Prozent. Der Wert der deutschen Exporte nach Serbien nahm im ersten Halbjahr 2008 um 30 Prozent zu. Derartige Zuwächse mit den westlichen Ländern gehören lange der Vergangenheit an.
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Doch spätestens durch die Pleite der US-Bank Lehman Brothers rutschte auch Osteuropa mitten in die Weltfinanzkrise hinein: Ausländische Banken und Investoren zogen im großen Umfang Geld ab, der Kreditmarkt trocknete aus, die Güternachfrage aus dem Westen ging zurück und die Preise für Öl, Stahl und Immobilien sanken deutlich. Aufgrund der aktuellen Schwierigkeiten im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise wird Mittel- und Osteuropa inzwischen leider wieder als eine einzige große Krisenregion wahrgenommen. Unbestritten haben einzelne Länder wie Ungarn, Lettland oder die Ukraine enorme Probleme. Dies darf aber nicht dazu führen, die ganze Region in Mithaftung zu nehmen. Polen etwa wird 2009 vielleicht an einer Rezession vorbeikommen. Auch Slowenien, Tschechien oder die Slowakei sind bislang gut aufgestellt. Deutschland profitiert in besonderem Maße von dem Erweiterungs- und großen Aufholprozess, den die Länder Osteuropas dank des EU-Beitritts gestartet haben. Und die deutsche Wirtschaft hat höchstes Interesse an einer stabilen Weiterentwicklung in diesem Raum. Die wirtschaftliche Dynamik dieser Länder sollte weiterhin trotz der Auswirkungen der Wirtschaftskrise nicht unterschätzt werden. Dabei sollte auch nicht vergessen werden, dass die Krise in Osteuropa durch eine nachlassende Nachfrage aus und hohe Kapitalabflüsse in den Westen induziert wurde. Fast ganz Osteuropa vertraut auf das westliche Demokratie- und Wirtschaftsmodell. Dies verlangt von Westeuropa in Krisenzeiten auch solidarisches Handeln und individuelle Hilfen für einzelne Länder. Die EU hat hier im Verein mit IWF, Weltbank und Osteuropa-Bank einen positiven Beitrag zur Rückgewinnung wirtschaftlicher Stabilität geleistet. Jetzt muss auch an der wirtschaftlichen Integration dieses Raumes weiter gearbeitet werden. Die „Östliche Partnerschaft“, die die EU mit sechs Ländern – darunter der Ukraine und Belarus – aufgelegt hat, ist hier ein guter Ansatz, um in naher Zukunft weitere Assoziierungs- und Freihandelsabkommen, zusammen mit der Angleichung von Rechtsvorschriften und einer abgestimmten Grenz- und Zollverwaltung voranzubringen. Chancen für den Mittelstand in Russland 6000 deutsche Unternehmen sind mittlerweile mit Filialen in Russland präsent. Deutschland ist Russlands wichtigster Handelspartner in der Welt. Mit einem Marktanteil von 30 Prozent ist Deutschland beispielsweise der wichtigste Maschinenausstatter der russischen Industrie, weit vor Italien.
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Dass auch Russland sich aufgrund seiner Abhängigkeit von einem hohen Öl- und Gaspreis in einer Rezession befindet, belastet natürlich auch den deutschen Export. Nach einem Plus von 14 Prozent im Jahr 2008 steuert dieser nun auf ein zweistelliges Minus zu. Besorgniserregend ist besonders, dass bereits erteilte Aufträge im Umfang von mehreren Milliarden Euro derzeit nicht realisiert werden können, weil die russischen Partner bei ihren einheimischen Banken keine Finanzierung mehr hinbekommen. Bei einigen in Russland engagierten Unternehmen wurden mit Beginn der Krise Erinnerungen an die Finanzkrise von 1998 wach. Die russische Wirtschaft hatte damals eine dramatische Krise, der Rubel verlor drastisch an Wert, der Staat konnte über Monate keine Löhne und Renten mehr auszahlen und seine internationalen Schulden nicht mehr bedienen. Viele westliche Firmen zogen sich damals aus dem russischen Markt zurück, aber gerade deutsche Unternehmen hielten 1998 Russland die Treue – eine Entscheidung, die sich ausgezahlt hat. In der Krise gibt es auch Lichtblicke: Der Wille, Wirtschaftsreformen umzusetzen und international zusammenzuarbeiten, ist gestiegen. Wenn man für rohstoffreiche Länder wie Russland oder Kasachstan aus der Krise etwas lernen kann, dann ist es die Erkenntnis, dass man mit Rohstoffeinnahmen allein auf Dauer nicht überleben kann. Wachstum erzielen diese Länder auf Dauer nur durch eine moderne Infrastruktur und moderne Produktionsanlagen. Deutschland, als Land, das Maschinen und Anlagen liefern kann, als technologiestarkes Land, hat dabei in den vergangenen Jahren bereits viel eingebracht und wird auch in der Zukunft eine große Rolle spielen. Besonders interessant ist aktuell das Thema Energieeffizienz. Russland beispielsweise will den Energiebedarf seiner Wirtschaft bis 2020 je Produktionseinheit um 40 Prozent senken, um sich damit westlichen Effizienzstandards anzunähern. Das Land verschwendet jährlich eine Menge Gas, die etwa dem deutschen Jahresverbrauch entspricht. Investitionen in Energiespartechniken rechnen sich derzeit fünfmal schneller, als Investitionen in neue Fördergebiete. Deutsche Mittelständler sind weltweit Spitze bei den Themen Energieeffizienz und Energiesparen. Dies gilt auch für erneuerbare Energien. Im Energiebereich wird Russland somit auf Jahrzehnte ein enorm wichtiger Partner für Deutschland sein. Riesige Investitionen sind in Russland zudem nötig, um die staatliche Gesundheitsversorgung zu verbessern. Auch besteht großer Nachholbedarf bei modernen Landmaschinen. Hier verbirgt sich ein gewaltiges Potenzial, gerade angesichts weltweit steigender Nahrungsmittelpreise. Hinzu kommen noch Sonderentwicklungen wie die Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014, für deren Vorbereitung und Durchführung mit Investitionen in Höhe von 30 Milliarden Dollar gerechnet wird.
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Auch im Bereich Hochtechnologie könnte Deutschland eine bedeutende Rolle bei der Modernisierung der russischen Wirtschaft spielen, die deutsch-russische Modernisierungspartnerschaft bleibt dabei nicht mehr nur Worthülse. Nach Angaben der OECD aus dem Jahr 2008 ist der Anteil Russlands an international registrierten Patenten im Bereich der weltweiten Hochtechnologie-Industrie nicht messbar – er liegt bei 0,0 Prozent. Die USA kommen hier auf einen Anteil von 36,5 Prozent, Japan erreicht 15,9 Prozent und Deutschland immerhin noch neun Prozent. Bei nanotechnologischen Patenten weist Russland einen Anteil von 0,5 Prozent auf (Deutschland: 8,8 Prozent) und nur in der Nuklearenergie ist der Anteil des größten Flächenstaates der Erde mit drei Prozent erkennbar. Sicher spielt eine Rolle, dass die russische Wirtschaft auch angesichts des ausstehenden Beitritts zur Welthandelsorganisation WTO noch nicht vollständig in den Weltmarkt integriert ist und eigene Forschungsleistungen international wenig verwertet werden, zumal wenn sie im militärisch-industriellen Bereich erzielt werden. Doch unbestreitbar ist, dass es in Russland an einer Innovationsdynamik fehlt, die eine Volkswirtschaft dieser Größenordnung dringend benötigt, um nachhaltig wachsen zu können. Der Rohstoffboom der vergangenen Jahre hat nicht etwa zu einer Dynamik auch in anderen, forschungsintensiven Wirtschaftsbereichen geführt. Deren Entwicklung wurde durch das leicht verdiente Geld eher gelähmt. Jetzt, da die Rohstoffeinnahmen stark zurückgegangen sind, zeigt sich, wie kurzsichtig so eine Denkweise ist. Ein hemmender Faktor ist zudem die bestehende Wirtschaftsstruktur in Russland, die immer noch von großen Industriekomplexen und einer Dominanz von Monopolen geprägt ist. Nach Umfragen aus dem Jahr 2008 spüren 20 Prozent der Unternehmen in Russland keinen wesentlichen Konkurrenzdruck und lediglich 34 Prozent würden die Konkurrenzsituation auf dem russischen Binnenmarkt als scharf bezeichnen. Innovationsdruck kann sich unter solchen Bedingungen nur ansatzweise entwickeln. Das deutsche Beispiel zeigt, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen innovativ sind und die Dynamik einer Wirtschaft ausmachen. Während in Deutschland mittelständische Unternehmen für rund 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes stehen, liegt der Anteil in Russland aktuell nur bei 17 Prozent. Die gegenwärtige Finanzkrise und der Rückgang der Rohstoffpreise drängen Russland nun, zügig Reformen durchzuführen. Die russische Wirtschaft wird nach fast zehn Jahren des hektischen Wachstums zu einer Verschnaufpause gezwungen, die dazu genutzt werden kann, nun langfristiger zu denken und entschlossen den Weg Richtung Innovationen und Hochtechnologie zu gehen. Dieses Umdenken hat in der russischen Regierung längst einge-
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setzt. Die Diversifizierung der Wirtschaft und der Aufbau eines breiten Mittelstandes als ihr Rückgrat sind erklärtermaßen das Ziel der russischen Regierung. Dabei soll es um die Beseitigung institutioneller Investitionsbeschränkungen gehen, um die Modifizierung staatlicher Genehmigungs- und Kontrollmaßnahmen und um finanzielle Hilfen und Steuersenkungen. Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin hat erst kürzlich angekündigt, die Geschäftsbedingungen kleiner und mittlerer Unternehmen in Russland zu verbessern. Konkret versprach er eine Vereinfachung der Steuererhebung, eine Maßnahme, die den KMU in der Wirtschaftskrise wichtige Entlastungen bieten würde: Nach Mitteilung von Wirtschaftsministerin Nabiullina nennen 44 Prozent aller KMU hohe Steuern als ihr größtes Problem. Die bislang umgesetzten Maßnahmen der russischen Regierung zur Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen sind ein wichtiger Beitrag zur Krisenbewältigung. Jedoch stellen diese nur erste Schritte im Prozess der Entbürokratisierung der Wirtschaft dar. Osteuropa wird trotz der gegenwärtigen Schwierigkeiten auch in Zukunft für die deutsche Wirtschaft ein großer Hoffnungsträger bleiben. Deutschland ist dank seines breiten Mittelstandes Innovationstreiber und Technologienation: Die deutsche Industrie steht für 87 Prozent des deutschen Handels. Die wirtschaftliche Umstrukturierung und Modernisierung der Länder des östlichen Europas gilt es weiter voranzutreiben, um die industrielle Wettbewerbsfähigkeit in diesen Ländern zu stärken. Hier kann die deutsche Wirtschaft einen wichtigen Beitrag liefern, der zugleich interessante Geschäftsmöglichkeiten bietet. Es gibt gute Gründe dafür, dass Deutschland gerade jetzt die Krise dazu nutzen sollte, sich in den Ländern Osteuropas für bessere Zeiten zu positionieren.
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Joachim Dirschka
Das deutsche Handwerk und Osteuropa Die EU-27 stellt eine historische Errungenschaft dar Im Jahr 2009 hat die Europäische Union nach den großen Erweiterungsrunden in den Jahren 2004 und 2007 nun einen guten Konsolidierungsstand erreicht. Mit dem Beitritt der osteuropäischen Länder reicht die EU im Osten am weitesten bis zu den Grenzen Lettlands, Litauens und Rumäniens. Deutschland befindet sich damit seit 2004 geografisch in der Mitte der Europäischen Union. Der friedliche Zusammenschluss von 27 Mitgliedsstaaten in Europa stellt eine historische Dimension dar. Fast eine halbe Milliarde Menschen haben sich in unserem europäischen Staatenverbund zusammengefunden. Die sog. „Alte Welt“ hat sich damit seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in historisch nie gekanntem Ausmaß friedlich und auf demokratischer Grundlage verändert. Nach der Unterzeichnung des Vertrages von Lissabon am 13.12.2007 steht die EU-27 im Moment in einem entscheidenden Transformationsprozess. Die Europäische Union soll eine einheitliche Struktur und Rechtspersönlichkeit erhalten und handlungsfähiger werden. Dieser Prozess wurde vorerst durch das ablehnende Referendum vom Juni 2008 in Irland gestoppt; in den nächsten Jahren wird hier aber sicher wieder Fahrt aufgenommen. Dazu muss es der EU-Politik aber gelingen, das Vertrauen und die Identifikation der Bürger mit dem Staatenbund zu erhöhen, und die oft erhobenen Vorwürfe wegen fehlender Transparenz sowie Informations- und Demokratiedefiziten zu entkräften. Besondere Herausforderungen für Handwerk und Mittelstand in Deutschland Für den Mittelstand und insbesondere für das deutsche Handwerk als wesentlicher Teil der mittelständischen deutschen Wirtschaft stellen diese Veränderungen seit Jahren große Herausforderungen dar. Sie sind mit wirtschaftlichen Chancen, aber auch mit Risiken verbunden. Wie die Bürger der meisten EU-Mitgliedsstaaten, betrachten auch die Handwerker die Verhältnisse innerhalb der Europäischen Union skeptisch und mit kritischer Aufmerksamkeit. Diese seit langem bekannte Situation wird durch die gegenwärtig herrschenden wirtschaftlichen Bedingungen noch verstärkt und verschärft.
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Mittelstand und Osteuropa
Die Menschen sind durch die herrschende Finanzkrise und ihre in allen Mitgliedsstaaten spürbaren Auswirkungen verunsichert und aufgerüttelt. Verantwortungslose Manager und Banker haben die Weltwirtschaft durch ihr unverantwortliches Jonglieren mit real nicht existierenden Werthülsen an den Rand einer Katastrophe gebracht, deren Folgen zurzeit noch gar nicht absehbar sind. Die Bürger haben feststellen müssen, dass neben den nationalen Regierungen auch die EU-Politik bei der Kontrolle und sicheren Gestaltung der Finanzmärkte versagt hat und von der Finanzkrise genauso hart und ohne Vorwarnung betroffen worden sind wie die Menschen. Das hat einen zusätzlichen Vertrauensverlust gegenüber der Politik verursacht und den Zorn der Bürger wegen der in anderen Bereichen sprichwörtlichen Regelungswut der EU-Politik verstärkt. Was ist aus Sicht des sächsischen Handwerks zu tun, um Handwerker und Mittelständler bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu unterstützen und die EU-Akzeptanz und -Identifikation zu erhöhen? Und wie kann die Politik, an die in den letzten Jahren mehrfach die Forderungen für die aktive Begleitung dieses Prozesses herangetragen worden sind, den Mittelstand aktiver unterstützen? Die Situation des deutschen Handwerks als Teil des Mittelstandes Die meisten Handwerksbetriebe agieren mit einem relativ begrenzten Aktionsradius. Begründet ist dies vorrangig durch die artspezifischen Inhalte der handwerklichen Leistungen und deren hoher Anteil an körperlich zu erbringendem Arbeitskrafteinsatz von Fachleuten. Hieraus resultiert, dass sich die große Mehrheit der mittelständischen Handwerksbetriebe auf die Erbringung von Leistungen im regionalen und deutschlandweiten Bereich beschränkt. Aus Sicht des sächsischen Handwerks sind wegen der signifikanten Entfernungsfrage besonders die Nachbarländer Polen und Tschechien als potentielle Märkte von Bedeutung. Hier hat der Transformationsprozess seit den 90er Jahren zu einem tiefgreifenden Strukturwandel und zu einem stetigen Wirtschaftswachstum geführt. Trotzdem sind dort weiterhin überproportional viele Beschäftigte im produzierenden arbeitskraftintensiven Bereich tätig. Die wesentlichen Unterschiede zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarländern sind im Lohnniveau und in der Kaufkraft zu finden. Gemessen an den Wechselkursen liegt das Bruttolohnniveau in diesen Staaten aktuell unter einem Fünftel des deutschen Vergleichswertes. Bei den Kaufkraftmöglichkeiten geht man gegenüber Deutschland von unge-
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fähr einem Drittel aus. Diese Werte sind seit Mitte der 90er Jahre stetig und zeitweise rasant gestiegen; verändern sich jetzt aber fast täglich durch die weltweite Finanzkrise. Aus diesen objektiven Zahlen ergibt sich die oft geäußerte Angst deutscher Mittelständler vor Wettbewerbsnachteilen bei der Erbringung von arbeitsintensiven Leistungen und bei dem Export von mit Lohnarbeiten verbundenen Leistungen. Diese Ängste werden dadurch verstärkt, dass im grenznahen Raum schon seit dem freien Grenzverkehr eine Art Dienstleistungstourismus im Bereich der Kfz.-Handwerke, der Nahrungsmittelhandwerke und der Gesundheitshandwerke festzustellen ist. Dieser hat sich mittlerweile fest im Denken der Bevölkerung verankert. Beim Friseurbesuch in Polen wird dann schnell noch auf dem Weg das Auto gewaschen, betankt und Brot und Brötchen für Sonntag besorgt. Kundenfreundlichere Gesetzesregelungen der Öffnungszeiten außerhalb Deutschlands begünstigen diese Situation. Auch im Bereich der Bauwirtschaft haben sich mit den Jahren solche Effekte entwickelt, wobei wegen der Distanz- und Transportkosten der grenznahe Bereich besonders betroffen ist. Unter Beachtung dieser Erfahrungen sind nach dem mittelfristig zu erwartenden endgültigen Wegfall der bislang geltenden starken Beschränkungen für Arbeitnehmer aus den osteuropäischen Ländern spürbare regionale Arbeitsmarktrisiken zu befürchten. Das bestehende Lohngefälle und die durch EU-Förderung verbesserte Infrastruktur werden eine Wanderungsbewegung auslösen. Ob diese historisch und quantitativ mit dem Veränderungs- und Bewegungsprozess zwischen den neuen und den alten Bundesländern in den 90er Jahren vergleichbar sein wird, hängt entscheidend von der Politik und der weiteren Entwicklung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den betrachteten Ländern ab. Aktive Informationsvermittlung sowie Unterstützung bei Joint Ventures und Kooperationen Aus dem für die grenznahen Wirtschaftsbereiche seit Jahren erhöhten Anpassungsdruck ergibt sich auch 5 Jahre nach dem Beitritt von Polen und Tschechien ein kontinuierlicher Handlungsbedarf für die Politik. Die bestehende Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass vor allem arbeitsintensive, überregional handelbare Handwerksleistungen, wie z.B. Bau- und Ausbauleistungen von Wettbewerbern aus Osteuropa besetzt werden. Hier müssen die deutschen Institutionen der Wirtschaftsförderung mit Unterstützungsleistungen eingreifen. So ist es erforderlich, noch immer bestehende Informationsdefizite und die Sprachbarriere bis hin zu den kulturellen Hürden zu überwinden und so die deutschen Handwerksbe-
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triebe bei der Kompensation der real bestehenden Wettbewerbsnachteile zu unterstützen. Ein wichtiger Weg im grenznahen Bereich müssen weiterhin die aktive Unterstützung, Förderung und Proklamierung grenzübergreifender Kooperationen sein. Nur so kann dem Mittelstand die Angst und damit die Distanz zu den europäischen Partnern genommen und die möglichen Chancen von Kooperationen aufgezeigt werden. Schon im Jahr 2001 sind diese Aussagen durch eine vom Sächsischen Handwerkstag in Auftrag gegebene Studie des Ludwig-Fröhler-Instituts München wissenschaftlich belegt worden; und diese hat nichts von ihrer Aktualität verloren. Ein Großteil der damals befragten sächsischen Handwerksbetriebe sahen in der europäischen Erweiterung mehr Risiken und Gefahren als geschäftliche Potenziale und Chancen. Diese Einschätzungen resultierten offenbar auch aus dem in Befragungen oft beklagten Informations- und Demokratiedefizit der EU. Schlecht informierte Menschen und Betriebsinhaber scheuen aus Angst die Öffnung nach außen und bewerten die Chancen einer Betätigung im osteuropäischen Raum negativ. Unternehmen, die sich offensiv über diese Umstände informiert hatten und beraten ließen, bewerteten ihre Chancen besser und nahmen teilweise sogar sehr frühzeitig Geschäftsbeziehungen nach Osteuropa auf. In den vergangenen Jahren haben sich Informationsveranstaltungen, Unternehmerreisen, Messeförderung und -begleitung als besonders geeignet erwiesen, das Informationsdefizit bei den mittelständischen Betrieben zu reduzieren. Diese Maßnahmen sind weiter fortzuführen, damit die bisherigen positiven Erfahrungen ihre Wirkungen weiter entfalten können und noch Zögernde von Best-Practise-Beispielen und den Darstellungen erfolgreicher Betriebsinhaber überzeugt werden können. Die EU-Politik sollte sich auch darüber Gedanken machen, wie der Anteil von deutschen Mittelständlern bei der Beteiligung an EU-Ausschreibungen erhöht werden kann. Ein wichtiger, kurzfristig zu realisierender Schritt wäre die zeitnahe Verfügbarkeit der Ausschreibungstexte in deutscher Sprache. Wenn die amtliche deutsche Übersetzung der bislang zuerst nur englischen und französischen Varianten weiterhin erst kurz vor Ende der Beteiligungsfristen vorliegt, kann sich diese Zahl nicht signifikant erhöhen. In dem Maße, wie es weiterhin gelingt, intensiv und nachhaltig über die EU und ihre wirtschaftlichen Umstände zu informieren und weitere Unternehmen für die wirtschaftliche Betätigung in Osteuropa zu gewinnen, werden die Wettbewerbsfähigkeit der grenznahen Handwerksbetriebe und ihre Chancen für erfolgreichen, intensiven wirtschaftlichen Austausch steigen.
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EU-Strukturförderung fortführen und konsequente Reformen der deutschen Sozial- und Steuersysteme einleiten Wir unterstützen die Entscheidung, die EU-Strukturförderung in der Phase 2007-2013 in vielen Regionen der neuen Länder auf hohem Niveau fortzuführen. Von einer Reduzierung der Mittel wäre gerade das ortsgebundene regionale Handwerk massiv betroffen gewesen, da eine Vielzahl von Förderprogrammen, welche den Mittelstand unmittelbar oder mittelbar unterstützen, über EU-Mittel finanziert wird. Auch spürt das Handwerk als Auftragnehmer bei Infrastrukturprojekten sehr direkt und belastend, wenn weniger Zuschüsse fließen. Damit das Handwerk wegen der Lohnniveauunterschiede zu den osteuropäischen Ländern seine Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität nicht ganz verliert, müssen diese Nachteile unbedingt weiterhin durch eine Stärkung der Standortsituation und der regionalen Infrastruktur ausgeglichen werden. Nur so können der Ausbau bestehender Handwerksstrukturen und lukrative Neuansiedlungen realisiert und Arbeitsmöglichkeiten für die Menschen erhalten werden. Niemand darf sich in den grenznahen Gebieten von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt fühlen. Gerade für die arbeitsintensiven Bereiche wird viel davon abhängen, ob es der Politik in Deutschland gelingt, die Lohnzusatzkosten durch eine konsequente Reform der sozialen Sicherungssysteme wirksam zu senken und damit einen gravierenden Standortnachteil für die deutschen Betriebe zu beseitigen. Leider ist hier seit Jahren wenig Bewegung und Veränderungswillen erkennbar. Der seit Jahrzehnten von der Wirtschaft geforderte Umbau der sozialen Sicherungssysteme hin zu mehr Eigenverantwortung und Selbstbestimmung der Versicherten ist lange überfällig. Mit der Gesundheitsreform von 2009 hat die Politik hier leider einen falschen Weg beschritten, der auch für die Durchführung einer grundlegenden Steuerreform hin zu einem verständlichen und transparenten Steuersystem nichts Gutes ahnen lässt. Gelingt es in den nächsten Jahren nicht, eine dauerhafte und spürbare Entlastung arbeitsintensiver Leistungen zu erreichen, so werden diese Nachteile deutsche Arbeitsplätze vernichten. Kontraproduktiv wirken sich hierbei zusätzlich die immer wieder in der Diskussion befindlichen Themen wie wirtschaftsübergreifende, gesetzliche Mindestlohnregelungen, generelle Verkürzungen der Lebens- und Wochenarbeitszeit oder die exzessive Ausweitung von Kündigungsschutzbestimmungen aus, weil sich die Nachteile solcher staatlicher Eingriffe in die Wirtschaft im Ergebnis direkt gegen die deutschen Arbeitnehmer richten werden.
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Erfahrungsgemäß ist ein Abbau von hemmenden oder belastenden Reglementierungen wie z.B. im Arbeits- und Genehmigungsrecht oder bei den mittlerweile für Betriebsinhaber erdrückenden Dokumentations- und Nachweispflichten eine dringende Voraussetzung dafür, dass sich der deutsche Mittelstand unter den neuen globalen Wettbewerbsbedingungen behaupten kann. Handwerkliche Betriebstätigkeit hat – auch in der Europäischen Union – Zukunft und Perspektive Die wirtschaftliche Betätigung als Handwerker setzt seit je her immer auch eine überdurchschnittliche persönliche Initiative und eine positive und aktive Einstellung zur Zukunft voraus. Der Selbständige ist tatsächlich selbst und ständig Unternehmer. Die Konsolidierung der EU-27 hält für den europäischen Mittelstand nicht nur Risiken und Gefahren, sondern auch eine Reihe von Chancen bereit, die sich – konsequent und mutig genutzt – tatsächlich auch als positiv für den flexiblen und innovativen Handwerker herausstellen werden. Aus der Sicht des deutschen Handwerks ist es nicht nur wünschenswert, sondern geradezu existenziell wichtig, dass sich im gesamten europäischen Raum ein Verständnis von Handwerk und Mittelstand und ein entsprechendes Bewusstsein entwickelt. Nur naturwissenschaftlich und technisch gut ausgebildete Fachleute werden in unserer hoch technisierten, globalen Welt mit sich immer intensiver entwickelnden, dematerialisierten Produktionsformen in der Großindustrie bestehen können. Das Beispiel des deutschsprachigen Raums zeigt, dass gut ausgebildete, praktisch erfahrene Facharbeiter und damit der nationale technologische Nachwuchs aus dem handwerklichen Bereich kommen. Das deutsche Handwerk bildet seit Jahrzehnten weit über seinen eigenen Bedarf aus und gibt dadurch jungen Menschen die Chance, als Fachleute und nicht als Ungelernte auf den Arbeitsmarkt zu kommen. Die EU-Politik muss dafür sorgen, dass in den Köpfen der Menschen klar wird, dass es neben dem Studium noch andere wichtige Formen der Berufsausbildung und -tätigkeit gibt und geben muss. In allen europäischen Staaten muss sich das Wissen und Verständnis von Handwerksarbeit und deren Bedeutung verändern: Nicht derjenige, welcher zu schlechte Noten für ein Studium hatte, sollte in einem zukünftigen Europa handwerklich tätig sein, sondern derjenige, für den es aufgrund seiner individuellen Fähigkeiten und Neigungen der optimale Beruf ist.
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Hierzu gehört dann auch eine anerkannte handwerklich-technische Berufsausbildung, für die unser bewährtes deutsches Berufsausbildungssystem Pate stehen könnte. Handwerk und Mittelstand mit verantwortungsbewussten Betriebsinhabern und Arbeitgebern bilden eine Grundlage für eine mündige und verantwortungsbewusste Bürgerschaft, welche an ihrem Staat und dessen – auch wirtschaftlicher – Entwicklung interessiert sind und diese aktiv unterstützen. Deshalb drängen wir EU-weit darauf, die je nach Land mehr oder weniger vorangeschrittene Entwicklung mittelständischer und vor allem auch handwerklicher Strukturen zu unterstützen und zu fördern. Dies wird wesentlicher Garant für Demokratie- und Wirtschaftsverständnis im europäischen Raum und für die weitere Konsolidierung der Europäischen Union sein. Langfristig wird sich innerhalb der Europäischen Union eine langsame aber stetige Steigerung des Lebensstandards und damit der Kaufkraftpotenziale vollziehen. Von diesen positiven Entwicklungen wird auch das deutsche Handwerk entlang der Nahtstelle zu Osteuropa partizipieren und seinen Anteil finden. Die Qualität deutscher Handwerksarbeit ist weltweit legendär und auch der deutsche Meisterbrief kein Auslaufmodell, wie gesetzlich neu etablierte Wirtschaftsgesetze und Meisterprüfungen in Ungarn, Bosnien-Herzegowina sowie ähnliche Modellprojekte in weiteren Ländern belegen. Schon heute exportieren zahlreiche sächsische Mittelständler Waren und Dienstleistungen nach Polen und Tschechien. Joint-Ventures sowie die Beschaffung von arbeitsintensiven Vorleistungen und Material im osteuropäischen Gebiet stellen weitere Chancen für den deutschen Mittelstand dar. Die sächsischen Handwerker sehen ihre Chancen und Wettbewerbsvorteile vor allem in ihrer Qualität und Zuverlässigkeit als Fachleute und in der Beherrschung komplexer und hochmoderner Fertigungsverfahren. Diese Vorteile dürfen nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden, sondern sie müssen im Gegenteil intensiv gepflegt und fortentwickelt werden. Neben den schon dargestellten erforderlichen Informations- und Unterstützungsangeboten und dem zwingenden Abbau von übermäßigen staatlichen Reglementierungen in Deutschland muss sich die Politik dafür aktiv einsetzen, den hohen Bildungsgrad und das hohe Ansehen der deutschen Handwerksmeister und -arbeit in der Welt durch entsprechende Maßnahmen zu erhalten und möglichst aufzuwerten.
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Fachkräftemangel und -abwanderung sind auch bei unseren Nachbarn mehr und mehr festzustellen. Es gilt für die Politik deshalb dafür zu sorgen, dass sich das Bildungsniveau und die Ausbildungsfähigkeit der Schulabgänger schnell erhöhen, und die Motivation der Jugendlichen für eine gute Berufsausbildung steigt. Das deutsche Handwerk stellt seit Jahrzehnten attraktive und abwechslungsreiche Lehrstellen über seinen eigenen Bedarf hinaus zur Verfügung. Für gute und motivierte junge Menschen aus ganz Europa gibt es gerade in diesem Bereich der mittelständischen Wirtschaft eine interessante Zukunft zu entdecken. Das deutsche Handwerk mit seinen hochmodernen Ausbildungskapazitäten und -erfahrungen kann in diesem Bereich – klug durch die Politik unterstützt – Vorreiter und Erfolgsmodell sein. Kontraproduktiv in jeder Beziehung hat sich in diesem Zusammenhang die 2004 erfolgte Verwässerung des traditionellen Meisterbriefes für über 50 Handwerke erwiesen. Einem sicherlich seit damals erkennbaren Zuwachs an Firmenneugründungen stehen im Bereich der zulassungsfreien und handwerksähnlichen Gewerke überproportional viele Betriebsschließungen wegen fehlender ausreichender betriebswirtschaftlicher und fachlicher Kenntnisse und Fähigkeiten gegenüber. Viele aus der Not heraus erfolgte Betriebsgründungen haben die Menschen und ihre Familien nach ein paar Jahren Selbständigkeit als sog. „Ich-AG“ in noch größere Schwierigkeiten gebracht. Der Öffentlichkeit muss die Bedeutung von Handwerk und Mittelstand wieder mehr ins Gedächtnis gerufen werden: Hinter jedem Meisterbrief an der Bürowand eines Handwerkers stehen mindestens 1.500 Stunden intensiver Unterricht mit mindestens 4 schweren Prüfungen in Betriebswirtschaft und Management, Recht, EDV, Steuern und Marketing sowie eine hinzukommende, fachspezifische Weiterbildung im jeweiligen Handwerk mit Darstellung der neuesten Innovationen und technischen Möglichkeiten. Und das alles aufbauend auf der sprichwörtlich hochqualitativen und umfangreichen deutschen dualen Berufsausbildung! Nur so sind die Qualität und Verlässlichkeit für den Kunden und durch umfassende betriebswirtschaftliche Kenntnisse gewährleistete Sicherheit der betrieblichen Existenz zu erklären. Es ist in diesem Zusammenhang ein richtiger Schritt, dafür zu kämpfen, dass der deutsche Handwerksmeister auf der hohen Niveaustufe 6 des Europäischen und Deutschen Qualifikationsrahmens angesiedelt wird und auch die duale Berufsausbildung hier einen hohen Stellenwert erhält.
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Die Auswirkungen der Finanzkrise haben gezeigt, dass bodenständig und realwirtschaftlich determinierte wirtschaftliche Betätigungen wie z.B. die traditionelle Handwerksarbeit durch ihre Qualität und vertrauensvolle Basis weniger anfällig für existenzbedrohende Finanzcrashs und den bodenlosen Absturz der nationalen Wirtschaft sind. Diese Erfahrungen sollten die nationale deutsche und EU-Politik ihren zukünftigen Entscheidungen öfter zu Grunde legen, um für die Menschen optimale Lebensbedingungen zu etablieren und gesamtwirtschaftlichen Nachteilen entgegenzuwirken. Wirklich langfristig stabil kann die Europäische Union nur auf der Grundlage von gesunden, leistungsfähigen nationalen Wirtschaften sein. Erfahrungsgemäß gründen sich solche gesunden Wirtschaftssysteme auf einen gesunden und starken Mittelstand. Diese Erfahrungen gilt es, in Europa zu vermitteln!
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Hubertus Schmoldt Flucht nach Osteuropa – reumütige Rückkehr Mit der Globalisierung hat sich der Handlungsraum von Unternehmen prinzipiell auf den ganzen Globus ausgeweitet. Die Leistungsfähigkeit und Attraktivität von Unternehmen und Standorten sind im internationalen Maßstab vergleichbar geworden. So manches Unternehmen hat sich entschieden, Teile ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern, um für sie vorteilhafte Kostenrelationen zu nutzen. Die Erweiterung der EU um 10 neue Mitgliedsländer hat diesem Kalkül eine weitere Dynamik verliehen. Viele Unternehmen versprechen sich von Produktionsverlagerungen – insbesondere wenn es um eine vergleichweise geringe Produkt- und Prozesskomplexität geht – erweiterte strategische Optionen für produzierende Betriebe. Sie wollen durch das Offshoring ihre internationale Präsenz verbessern. Die IG BCE nimmt diese Optionen und Bestrebungen zur Kenntnis. Damit wächst aber zugleich die Verantwortung der Unternehmen. Die Diskussion über Stärken und Schwächen des Modells Deutschland muss versachlicht werden. Erfahrungen mit Verlagerungen und Rückverlagerungen müssen unvoreingenommen und offen zwischen den Sozialpartnern diskutiert werden. Die Mobilität von Kapital und des „Faktors Arbeit“ sind nicht vergleichbar. Das Kapital besitzt ein Maß an grenzüberschreitender Mobilität, mit der sich die der Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht messen kann. Nur eine kleine Zahl hoch bezahlter Fachleute hat die Möglichkeit, sich andere Stand- und Arbeitsorte zu suchen, weil ihre Fähigkeiten weltweit gefragt sind. Sie verfügen über eine beträchtliche Verhandlungsmacht, aber sie fühlen sich keiner identifizierbaren Gemeinschaft verpflichtet. Vergleichbare Optionen stehen der großen Mehrzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht zur Verfügung. Sie sind in der Regel an das Land gebunden, in dem sie geboren wurden und verwurzelt sind. Und sie müssen dort die Gesetze befolgen und Steuern zahlen. Ein Teil der Unternehmen und Arbeitgeberverbände hat in der Vergangenheit immer wieder versucht, aus dieser Konstellation politisches Kapital zu schlagen. So manches global operierende Unternehmen hat die Steuer- oder Arbeitsmarktsysteme in Deutschland als zu belastend kritisiert und drohte damit, das Land zu verlassen, um mit seiner Produktion oder zumindest mit Teilen derselben anderswohin zu gehen. Sie setzten den härter werdenden Wettbewerb gewissermaßen als erzwungene Flucht in Szene. Dies gab den Unternehmen die Möglichkeit, gezielt auf Bundes- und Landesregierungen einzuwirken, um die wirt-
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schaftlichen Rahmenbedingungen zu ihren Gunsten zu verändern. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben keine vergleichbaren Einflussmöglichkeiten. Im Gegenteil. Auch im Organisationsbereich der IG BCE versuchen Unternehmensleitungen immer wieder, die Belegschaften zu erpressen. Das Management droht Betriebsräten und Arbeitnehmern damit, die Produktion ins Ausland zu verlagern, wenn sie nicht einer Aussetzung geltender Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zustimmen. Dies führt naturgemäß zu Konflikten, denn IG BCE und Betriebsräte lassen sich dies nicht bieten. Das Drohen mit Standortverlagerungen und mit dem Abbau von Arbeitsplätzen ist ein Versuch, die Geschäftsbedingungen des Modells Deutschland zu unterlaufen. Die Unternehmen nutzen die Vorteile des Wirtschaftsstandorts Deutschland – dazu gehören stabile demokratische Rahmenbedingungen, eine hochwertige Infrastruktur, verlässliche Kooperationspartner, gut qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einer entsprechenden Arbeitsmoral –, aber suchen gleichzeitig mit der Standortverlagerung ihre Produktionskosten zu verringern. Die globale Arbeitsteilung macht dies möglich. Faktisch stehlen sie sich damit aus der Verantwortung, die sie gegenüber den deutschen Produktionsstandorten haben. Vor mehr als zehn Jahren hatte die Diskussion über den Standort Deutschland einen Höhepunkt erreicht. Welche Erfahrungen haben Unternehmen seither mit Standortverlagerungen gemacht? Wie sehen die Fakten aus? Hinweise dazu gibt eine empirische Studie über die „Modernisierung der Produktion“ des Fraunhofer Instituts System- und Innovationsforschung (ISI) aus dem Jahr 2008. Es hat zuletzt für den Zeitraum 2004-2006 Unternehmen nach den Gründen für Verlagerungs- und Rückkehrentscheidungen gefragt. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Produktionsverlagerungen ins Ausland merklich an Bedeutung verloren haben. Im gesamten Verarbeitenden Gewerbe kommt auf jeden sechsten Verlagerer ein Rückverlagerer. Es lohnt sich, einen Blick auf die verschiedenen Branchen zu werfen. Der Fahrzeugbau und seine Zulieferer sind sowohl bei Produktionsverlagerungen als auch bei Rückverlagerungen sehr aktiv. 31 Prozent der Unternehmen in dieser Branche haben bereits Produktionskapazitäten ins Ausland verlagert und 9 Prozent der Unternehmen haben eine Rückverlagerung durchgeführt. Auf fast jeden dritten Verlagerer kommt damit ein Rückverlagerer. Die meisten Rückverlagerungen finden in den neuen EU-Mitgliedsländern (39 Prozent) und den alten EU-15-Ländern (30 Prozent) statt. Aus Asien kehren rund 12 Prozent der Unternehmen zurück. Eine Ausnahme bildet China, von dort kommen lediglich 2 Prozent der Unternehmen zurück.
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Die Unternehmen der Chemischen Industrie verlegen eher selten Produktionskapazitäten ins Ausland. Nur 11 Prozent der Unternehmen haben im Zeitraum 2004-2006 neue Produktionsstätten im Ausland gebaut. Besonders hoch ist allerdings die Zahl der Rückverlagerungen in der Chemischen Industrie (4 Prozent). Die Chemische Industrie kommt auf ein Verhältnis von Verlagerern und Rückverlagerern von etwa 2:1. Die Ergebnisse dieser Studie geben Anlass, die Diskussion über die Standortqualität von Deutschland und über Verlagerung von Produktionskapazitäten ins Ausland des letzten Jahrzehnts neu zu führen. Bestimmte Annahmen müssen korrigiert werden. Von Wirtschaftsvertretern wurde angenommen, dass es sich beim Offshoring um eine Einbahnstrasse handelt, die von den kostenintensiven Ökonomien Westeuropas in die kostengünstigen Nationalökonomien Osteuropas führt. Dieses Bild eines nur in eine Richtung gehenden Prozesses ist unzutreffend. Denn es wurde nicht oder zumindest kaum beachtet, dass viele Unternehmen ihre Standortverlagerung bereits nach einigen Jahren wieder rückgängig gemacht haben. Die Rückverlagerungen legen es nahe, sich differenziert mit den Gründen der Verlagerungen auseinanderzusetzen. Ich habe den Eindruck, dass Rückverlagerungen von Unternehmensteilen und Produktionsstätten Korrekturen von übertrieben optimistischen Erwartungen sind. Wenn das Management eines Unternehmens den Beschluss fasst, die Produktion wieder zurückzuholen, wird offenkundig, dass bestimmte Faktoren bei der ursprünglichen Verlagerungsentscheidung nicht angemessen beachtet oder falsch beurteilt wurden. Diese Erfahrungen lassen die Motive für die Verlagerung in einem anderen Licht erscheinen. Die Senkung der Personalkosten ist nach Angaben des ISI nach wie vor das wichtigste Motiv der Unternehmen für Produktionsverlagerungen ins Ausland. Der rationale Kern dieses Motivs ist aber weder klar noch durchgehend vorhanden. Für viele Unternehmen aus dem Organisationsbereich der IG BCE hat die Senkung von Lohnkosten im Normalfall keine prioritäre Bedeutung. Die Absicht eines bekannten Reifenherstellers, nach Osteuropa zu gehen, weil dort die Kosten für die Produktion eines Reifens in Größenordnung einer Packung Zigaretten geringer sind, war von Anfang an fadenscheinig und überzeugte niemanden. Und in der chemischen Industrie machen Lohnkosten häufig nur noch einen geringen Anteil an den Gesamtkosten aus. Wenn sich Unternehmen dennoch aufgrund der Senkung der Lohnkosten für eine Verlagerung der Produktion entschieden, waren solche lohnkostengetriebenen Standortentscheidungen häufig zum Scheitern verurteilt. Es erweist sich immer wieder als ein Fehler, nur auf die Lohnkosten und nicht auf die Arbeitsproduktivität zu schauen. Die Unternehmen entscheiden sich aber auch für Verlagerungen, um Kapazitätsengpässe am deutschen Produktionsstandort zu überwinden. Sie wollen neue Märkte im Ausland
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erschließen und streben darüber hinaus an, eine größere Nähe zu solchen Kunden herzustellen, die über den reinen Export nicht zu gewinnen sind. Andere Motive für die Verlagerung von Produktionskapazitäten sind geringere Steuern, Abgaben und Subventionen im Ausland. Sie haben de facto jedoch stark an Gewicht verloren. Die Verlagerungsmotive sind inzwischen einem nüchternen Praxistest unterzogen worden. In einer Reihe von Fällen ist das Verlagerungskalkül durch die Realität widerlegt worden. Das zeigen die wichtigsten Gründe für eine Rückverlagerung. Im Verarbeitenden Gewerbe sind Einbußen bei Flexibilität und Lieferfähigkeit eingetreten. Darin spiegelt sich die Notwendigkeit wider, entsprechende Puffer- und Sicherheitsbestände für Probleme bei der Produktion oder den Transport zu schaffen. Insbesondere beim Konzept der „verlängerten Werkbänke“ müssen die Zwischenprodukte aus dem Auslandsstandort wieder an den deutschen Standort zurückgeliefert werden. Das scheint in der Praxis nicht gut zu funktionieren. Immer mehr Unternehmen nennen diesen Grund für das Zurückholen ihrer Produktionsstätten. Ein weiterer Grund dafür, warum Unternehmen ihre Zelte im Ausland wieder abbrechen, liegt darin, dass Qualitätsstandards nicht garantiert werden können. Für gut 60 Prozent der rückverlagernden Betriebe sind unzureichende Qualitätsstandards entscheidend. Häufig wurden die hohen Aufwendungen für die Qualitätssicherung und -kontrolle sowie die Betreuung der ausländischen Standorte unterschätzt, die notwendig sind, um die geforderte Produkt- und Prozessqualität sicherzustellen. Manche Unternehmen nennen als Gründe für ihre Rückkehr auch die hohen Koordinationskosten, die unzureichende Infrastruktur vor Ort und die mangelnde Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal. Mittelfristig muss aber davon ausgegangen werden, dass die Unternehmen und Staaten in den neuen EU-Mitgliedsländern hinzulernen. Es ist wahrscheinlich, dass den Unternehmen zukünftig eine bessere Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird und dass es bei der Qualifizierung der Arbeitnehmer Fortschritte geben wird. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass so mancher Vorstand es heute insgeheim bereut, Teile der Produktionskapazität ins Ausland verlegt zu haben. Mag sein, dass den Vorständen erst jetzt bewusst wird, was ihnen an Qualität und Leistung hierzulande geboten wird. Für manche Unternehmen wird erst durch die Erfahrungen in Osteuropa klar, was ihnen das Modell Deutschland zu bieten hat. Auch hier gilt die alte Weisheit: Erst aus Schaden wird man klug! Die real existierende Globalisierung zwingt uns, Verlagerungs- und Rückkehrgründe differenziert zu betrachten. Dann wird deutlich, dass sich bestimmte Unternehmen europäisch aufstellen müssen. Ihre Präsenz in Osteuropa ist notwendig, damit sie neue Märkte erschlie-
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ßen können. Aber das Argument, dass die Lohnkosten in Deutschland zu hoch sind und deshalb die Produktion in Staaten mit niedrigeren Lohnkosten verlagert werden muss, ist durch Erfahrungen und in der Praxis widerlegt worden. Die Gründe für die Rückverlagerungen lehren uns, dass die Einkommen nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Zu berücksichtigen sind die Grundlagen einer hohen Arbeitsproduktivität und das Modell Deutschland bietet dafür die Voraussetzungen: in kultureller Hinsicht die richtige Einstellung zur Arbeit und in qualifikatorischer Hinsicht das richtige Know-how. Zu nennen sind aber auch eine gute Arbeitsorganisation, die die Menschen nach ihren Fähigkeiten einsetzt, weiterbildungsbereite Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und erprobte Zuliefererstrukturen. Damit ist nicht gesagt, dass es in Deutschland keine Potenziale für Verbesserungen gibt. Es gibt auch keine zwingenden Gründe, warum Lernprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft unmöglich sein sollen. Die IG BCE nimmt diese Potenziale nicht nur zur Kenntnis, sondern hat mit ihren Tarifverträgen und ihrer Sozialpartnervereinbarung „Verantwortliches Handeln in der Sozialen Marktwirtschaft“ im vergangenen Jahr die Voraussetzungen geschaffen, sie zu nutzen. Unser Tarifvertrag zur Weiterbildung ermöglicht es, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Unternehmen und am Arbeitsplatz ihre Kenntnisse und Fähigkeiten auffrischen und vertiefen können. Damit schaffen wir gewiss mehr Arbeitsplatzsicherheit und wir fördern das berufliche Vorwärtskommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Aber wir bieten auch den Unternehmen die Chance, ihre Handlungsspielräume zu erweitern, um flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren. Mit unserem Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demographie“ aus dem Jahr 2008 haben wir die Unternehmen und die Belegschaften in die Lage versetzt, offensiv mit den Herausforderungen einer älter werdenden Gesellschaft umzugehen. Das Modell Deutschland und eine seiner tragenden Säulen, die Sozialpartnerschaft, garantieren nicht nur einen vernünftigen Interessenausgleich und sozialen Frieden, sondern schaffen auch Raum für Innovationen. Nach meinem Verständnis ist die Sozialpartnerschaft nicht zuletzt auch eine Chance, Neues zu lernen. Sie gibt lernbereiten Arbeitgebern und Gewerkschaften ebenso wie lernbereiten Unternehmen und Arbeitnehmern Perspektiven für einen Interessenausgleich und für gemeinsames Handeln. Ich würde es begrüßen, wenn Manager und Unternehmer aus ihren Fehlern in der Standortdiskussion und bei Standortverlagerungen die richtigen Schlüsse ziehen würden. Es wäre sehr vorteilhaft, wenn die Erfahrungen mit Rückverlagerungen bei künftigen Standortverhandlungen Berücksichtigung fänden.
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Prof. Dr. Klaus Murmann Nachholbedarf in Mittel- und Osteuropa bietet Chancen für den deutschen Mittelstand Die deutsche Wirtschaft ist klar vom Mittelstand geprägt. Knapp 99 Prozent der deutschen Unternehmen fallen in diese Gruppe: Sie haben weniger als 500 Beschäftigte und einen geringeren Umsatz als 50 Millionen Euro pro Jahr. Gerade im industriellen Bereich sorgt die Vielzahl von mittelständischen Unternehmen für eine breite Produktpalette und eine Tiefe der Arbeitsteilung, wie wir sie in anderen Ländern kaum finden. Das von mir gegründete Unternehmen, die Sauer-Danfoss Inc., ist seinem Gründungsort Neumünster bis heute treu geblieben. Damals noch unter dem Namen Sauer Getriebe KG Neumünster firmierend, sind wir gemeinsam mit spezialisierten und kompetenten Zulieferern gewachsen. Als Produzent von Ventilen, hydrostatischen Getrieben und Pumpen waren wir stets auch selbst Teil eines feingliedrigen Zuliefernetzwerks. In den vergangenen 40 Jahren haben wir uns von einem Start-Up-Unternehmen zu einem global aufgestellten Spezialisten entwickelt. Eine solche Entwicklung ist jedoch nicht typisch für ein mittelständisches Unternehmen, insbesondere nicht für Dienstleistungsunternehmen. Dennoch, der Erfindergeist und die Innovationskraft des Mittelstands sind tragende Säulen für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Kurzum, der Mittelstand trägt die Bezeichnung des Rückgrats der deutschen Wirtschaft zu Recht. Knapp die Hälfte der Bruttowertschöpfung wird in mittelständischen Unternehmen generiert. Sie stellen nicht nur zwei Drittel der Arbeitsplätze in Deutschland, sondern zeichnen auch für mehr als 80 Prozent der betrieblichen Ausbildung verantwortlich. Osteuropa im Wandel – eine rasante Entwicklung Schon vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatte unser Unternehmen ein Joint Venture in der damaligen Tschechoslowakei. Die erste Kooperation begann 1969 mit einem Übereinkommen mit ZTS Dubnica in der heutigen Slowakei. Seit 1975 konnten wir in Dubnica über eine Lizenzvergabe Axialkolbenpumpen und Motoren produzieren. Das war nach dem Fall des Eisernen Vorhangs insoweit von Vorteil, als wir schon dort waren, wo andere noch hin wollten. Wir entschieden uns für weitere, größere Investitionen in der Slowakei. Damit gerieten wir mitten in die durch die Öffnung der Grenzen ausgelöste wirtschaftliche Umbruchphase der mittel- und osteuropäischen Länder (MOE).
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In den einzelnen Ländern waren die Anlaufkosten, um das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem von Zentralverwaltungswirtschaft und Einparteiendiktatur auf Marktwirtschaft und Demokratie umzustellen, sehr unterschiedlich. Beträchtlich waren sie in jedem Fall. Die Folgekosten dieser Neuorientierung mussten zunächst die bereits vorhandenen Betriebe und deren Beschäftigte tragen. So war diese Phase für alle Beteiligten ein Neuanfang mit vielen Vor- und Nachteilen. Heute bemühen wir uns, den Vertrieb unserer Produkte vor Ort stetig zu optimieren. Deshalb sind Händler und Servicepartner von Sauer-Danfoss über ganz Mittel- und Osteuropa verteilt. Einige sind Kooperationspartner. In der Russischen Föderation unterhalten wir eine eigene Vertriebs- und Servicegesellschaft. Seit dieser epochalen Wende sind knapp zwanzig Jahre vergangen. Inzwischen sind fast alle MOE-Länder Mitglied der EU, und gerade in diesen Ländern ist der Fortschritt hinsichtlich des Lebensstandards und der Wirtschaftskraft unübersehbar – auch wenn die Folgen der Finanzmarktkrise einige Länder erheblich zurückwerfen. Nach der globalen Wirtschaftskrise werden die MOE-Länder jedoch wieder von ihren niedrigen Arbeitskosten profitieren können. Deutsche Unternehmen haben in den MOE-Ländern bis 2007 einen Bestand an Direktinvestitionen von rund 73 Milliarden Euro aufgebaut. Allein gegenüber 2004 sind die Investitionen um fast 75 Prozent gestiegen. Diese Zahlen zeigen das starke Engagement einiger mittelständischer Unternehmen. Sie haben die geographische Nähe Osteuropas genutzt, um mit neuen Produktionsstätten einen günstigeren Kostenmix zu erreichen und neue Märkte zu erschließen. Export nach Osteuropa steigt seit Anfang der 1990er Jahre überdurchschnittlich Die Auslandsaktivitäten des deutschen Mittelstands konzentrieren sich auf den Export. Jahr für Jahr entscheiden sich mehr Mittelständler dafür, durch den Export ihrer Produkte neue Märkte in anderen Ländern zu erschließen. Wichtigste Zielregion bleibt der EU-Binnenmarkt. Die stärkere Exportorientierung erschließt den mittelständische Unternehmen tendenziell bessere Wachstumsmöglichkeiten als eine Konzentration nur auf den deutschen Markt. Seit Anfang der 1990er Jahre sind die Handelsbeziehungen mit den MOE-Mitgliedstaaten kontinuierlich und überdurchschnittlich gewachsen. Die deutschen Exporte in diese Länder nahmen von 1993 bis 2008 um das Sechseinhalbfache zu. Besonders hohe Zuwachsraten konnten in den 1990er Jahren erreicht werden. Der Import hat sich im selben Zeitraum etwa versechsfacht. Unter den 15 bedeutendsten Handelspartnern von Deutschland sind die Russische Förderation, Polen und die Tschechische Republik.
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Während die einen seinerzeit die Chance, neue Märkte erschließen zu können, begrüßten, fürchteten andere die Konkurrenz der ausländischen Anbieter. Vor allem kleinere Unternehmen waren gegenüber der Osterweiterung im Vorfeld skeptisch und erwarteten mehr Schaden als Nutzen. Je größer die Unternehmen, desto positiver waren ihre Erwartungen. Auch heute nimmt die Bedeutung der neuen Mitgliedstaaten als Im- und Exportmarkt mit steigender Größe des Unternehmens zu. Eine Besonderheit bilden die so genannten „Hidden Champions“. Unsere meist unbekannten Weltmarktführer steigerten ihre Umsatzanteile in Osteuropa seit 1997 um 125 Prozent. Häufig kommen die „Hidden Champions“ aus dem Mittelstand, meist sind es eigentümergeführte Familienunternehmen. Eine Unternehmensberatung hat herausgefunden, dass diese Unternehmen in ihrer Branche entweder weltweit unter den ersten drei oder in Europa die Nummer eins sind. Keine andere Wirtschaft der Welt hat mit rund 1.200 Unternehmen so viele Weltmarktführer hervorgebracht wie Deutschland. Die ohnehin hohe Exportquote der deutschen „Hidden Champions“ steigerte sich zudem von 1995 bis 2007 von über 50 Prozent auf mehr als 61 Prozent. Exportorientierung nimmt auch im Mittelstand zu Die gesunkenen Transaktions- und Kommunikationskosten machen es heute mittelständischen Unternehmen leichter, ins Exportgeschäft einzusteigen. Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn (IfM) schätzt die Zahl exportierender deutscher Mittelständler auf gut 350.000 Unternehmen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau geht sogar von deutlich höheren Zahlen aus. Obwohl etwa 98 Prozent der deutschen Exporteure zum Mittelstand gehören, kommen sie nur für etwas mehr als ein Fünftel des deutschen Exportumsatzes auf (etwa 185 Millionen Euro). Während vier Fünftel der großen Unternehmen ihre Produkte ausführen, exportiert nur etwa jedes achte Mittelstandsunternehmen. Bemerkenswert ist jedoch der große Anteil, den die Exportumsätze an den Gesamtumsätzen einnehmen – relativ unabhängig von der Unternehmensgröße. Wenn ein Unternehmen erst einmal mit dem Export begonnen hat, dann wächst dieses Geschäft sehr schnell. Innerhalb des Mittelstands ist das Verarbeitende Gewerbe am stärksten im Außenhandel engagiert. Etwa zwei Drittel der deutschen Exportumsätze werden durch diese Branche generiert. Nicht nur der Produktionsanteil für den Export ist hier am Höchsten. Unter den mittelständischen Betrieben aus dem Verarbeitenden Gewerbe finden sich auch mehr Exportunternehmer als in anderen Branchen. Auffällig ist die stärkere Exportorientierung der Mittelständler in den alten Bundesländern gegenüber Unternehmen in den neuen Bun-
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desländern. Die größten Zuwächse des Exportumsatzes verzeichneten in den letzten Jahren Handel und Dienstleistungen. Direktinvestitionen und Kooperationen Das IfM geht darüber hinaus von insgesamt etwa 100.000 deutschen Mittelständlern aus, die sich entweder in grenzüberschreitenden Kooperationen engagieren oder Direktinvestitionen tätigen. Vor allem kleine Unternehmen ziehen dabei eigene Auslandsbetriebe einer Beteiligung an ausländischen Unternehmen vor. So können sie ungehindert ihre Interessen verfolgen und ihre Spezialisierungen ohne Einschränkung nutzen. In diese neu gegründeten, bestehenden oder erworbenen Unternehmen werden sowohl Kernaktivitäten, aber auch Hilfsfunktionen wie Logistik und Vertrieb verlegt. Der Großteil der mittelständischen Investoren setzt entweder auf Auslandsbeteiligungen oder einen eigenen Auslandsbetrieb. Aufgrund unserer langjährigen Auslandserfahrung bei Sauer-Danfoss wenden wir eine breit angelegte Strategie mit eigenen Betrieben und vielfältigen Kooperationen an. Der EU-Binnenmarkt und insbesondere die MOE-Staaten bilden die wichtigste Zielregion mittelständischer Direktinvestitionen aus Deutschland. Sauer Getriebe KG Neumünster erkannte das Potenzial von Osteuropa schon sehr früh und zählte mit seinem Engagement in der Slowakei zu den deutschen Vorreitern in der Region. 1996 kam eine zweite slowakische Fabrikanlage in Dubnica zu unserem deutsch-slowakischen Joint Venture hinzu. Ein weiterer Produktionsstandort in Osteuropa befindet sich im polnischen Breslau. In Russland arbeiten wir seit Jahren mit einem großen Hersteller von Erntemaschinen eng in der Entwicklung zusammen, auch in Weißrussland verfolgen wir ähnliche Aktivitäten. Osteuropa lockt durch räumliche Nähe und mit Einsparpotenzialen Die meisten verlagernden Unternehmen erwarten sich von ihren Auslandsaktivitäten, neue Märkte zu erschließen oder bestehende Märkte durch größere Kundennähe sichern zu können. Unverändert bedeutend ist die Aussicht, Kosten einzusparen, etwa beim Personal. Auch Steuer- und Förderanreize, sowie strategische Vorgaben sind von Relevanz. Je nachdem, welche Funktion verlagert wird, überwiegt eher das eine oder das andere Motiv. In den vergangenen Jahren konnten die neuen EU-Beitrittsländer mehr als die Hälfte aller deutschen Verlagerungsaktivitäten anziehen. Noch stärker engagierten sich Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten, vor allem aus dem Verarbeitenden Gewerbe. Kurz vor dem EU-Beitritt konnten wir einen besonders großen Verlagerungsschub beobachten. Hauptgrund für die Verlagerung war dabei vor allem die Erwartung, Kosten einsparen zu
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können. Für einige war auch der Umzug ihrer Großkunden in diese Länder der Auslöser, um die Produktion in eigenen Auslandsbetrieben aufzunehmen. Die Vorteile gegenüber anderen Investitionsregionen liegen nicht nur in der räumlichen Nähe, sondern auch in der kulturellen Ähnlichkeit und den mittlerweile weitgehend gefestigten rechtlichen Strukturen. Direktinvestitionen in Osteuropa sind allerdings nicht nur auf die neuen EU Mitglieder beschränkt. Wichtige Märkte für deutsche Unternehmen sind auch die Russische Föderation, die Ukraine und die Türkei. Das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung hat berechnet, dass 15 Prozent der deutschen Verarbeitenden Betriebe zwischen 2004 und 2006 Teile ihrer Produktion auslagerten. Gegenüber den beiden Vorjahren hat die Produktionsverlagerung demnach an Bedeutung verloren. Vor allem Unternehmen aus den Bereichen Kraftwagenbau, Chemische Industrie und Maschinenbau verlagern ihre Produktion. In der Slowakei gibt es eine ausgeprägte Spezialisierung auf den Autobau. Viele Firmen unterstützen ihren Export außerdem durch eigene Vertriebs- und Servicegesellschaften, wie Sauer-Danfoss in Moskau (Russische Föderation), Breslau (Polen) und Dubnica (Slowakei). Auslandsaktivitäten fördern Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung In der Regel versprechen sich die Unternehmen positive Auswirkungen ihrer Auslagerungen im Hinblick auf Wettbewerbsfähigkeit, Lohnkosten und die Erschließung neuer Märkte. Manchmal können sich die Investitionen in Auslandsbetriebe und ein verstärkter Import von Vorprodukten negativ auf die Belegschaft im Inland auswirken. Meistens jedoch profitieren die Unternehmen von erfolgreichen Auslandsaktivitäten. Das stärkere Wachstum fördert wiederum Beschäftigung im Inland. Auslandsengagement kann also Beschäftigung in Deutschland sichern oder sogar schaffen. Prominente Beispiele sind die „Hidden Champions“. Laut der Unternehmensberatung Simon-Kucher schufen sie durch ihr starkes Wachstum zwischen 1995 und 2007 weltweit mehr als 1 Million Arbeitsplätze, davon 400.000 in Deutschland. Wegen der kurzen Distanzen und niedrigeren Logistikkosten verlagerten viele von ihnen die Produktion kostenintensiver und einfacher Teile nach Osteuropa, während sie Kernkompetenzen wie Forschung und Entwicklung im Stammhaus beließen. Kurzfristig hemmt die Wirtschaftskrise die Entwicklung Derzeit ist eher eine Eintrübung der Investitions- und Verlagerungsaktivitäten nach Mittel- und Osteuropa zu beobachten. Nach mehreren Jahren positiver Transformationsentwicklungen kam es in einigen Staaten zu wirtschaftsfeindlicher Politik, wichtige Reformen blieben
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aus. Verflechtungen von politischen und wirtschaftlichen Interessen der Entscheidungsträger, die weit verbreitete Verschuldung in Fremdwährungen und der stärkere Lohn- und somit Arbeitskostenanstieg im Vergleich zum Produktivitätsanstieg mögen weitere Gründe für die Unternehmen sein, ihre Investitions- oder Verlagerungsabsichten zu reduzieren. In der Folge leiden die neuen Mitgliedstaaten besonders stark unter der derzeitigen Wirtschaftskrise und haben mit einer Abwertung ihrer Währungen und stark steigenden Arbeitslosenszahlen zu kämpfen. Viele dieser Staaten waren zudem die „verlängerte Werkbank“ vieler Länder und sind nun aufgrund von weltweiten Überkapazitäten weniger gefragt. Langfristig bietet Osteuropa weiterhin Chancen für deutsche Unternehmen Mittel- und Osteuropa bleibt eine Region mit großem Potenzial, insbesondere für mittelständische Handelsunternehmen. Die osteuropäischen Handelsmärkte sind noch nicht besonders entwickelt, und für die Konsumgütermärkte werden hohe Wachstumsraten für die nächsten zehn Jahre erwartet. Insbesondere die Slowakei erhält gute Noten für ihre Standortqualität. Zusammen mit Polen schneidet sie im Bereich der steuerlichen Rahmenbedingungen sehr gut ab. Die Slowakei bietet auch günstige Bedingungen hinsichtlich Regulierung. Nachholbedarf haben die neuen EU-Mitglieder dagegen vor allem in den Bereichen Finanzierung und Öffentliche Infrastrukturen. Langfristig werden die mittel- und osteuropäischen Länder, genau wie wir, mit demographischen Veränderungen zu kämpfen haben. Außerdem ist diese Region besonders stark von der Abwanderung gut qualifizierter Fachkräfte betroffen. Diese Abwanderung kann nur aufgehalten werden, wenn sich die Wirtschaft positiv entwickelt und sich damit die Lebensverhältnisse der Menschen verbessern. Gerade heute, mitten in der Finanz- und Wirtschaftskrise, zeigt sich, auf welche Baustellen die neuen Mitgliedstaaten der EU verstärkt arbeiten müssen. Ebenso sollte auf deutscher und europäischer Seite mehr für den Mittelstand getan werden. Verschiedene Mittelstandsinitiativen sind ein Anfang, die Rahmenbedingungen für den Mittelstand müssen jedoch noch optimiert werden. Für viele Unternehmen sind sprachliche und kulturelle Verständigungsschwierigkeiten sowie rechtliche und administrative Probleme Hinderungsgrund für eine Internationalisierung. Bei anderen sind personelle Engpässe, mangelnde Qualifikation der eigenen Mitarbeiter, Schwierigkeiten bei Auswahl verlässlicher Partner im Ausland oder eine unsichere Finanzierung die Gründe.
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Potenziale erkennen und nutzen Eine Stärke der deutschen Unternehmen ist ihre Innovationsfähigkeit. Von einer Konzentration auf Hightech- und Zukunftsbranchen können sie nur profitieren. Effizienzsteigerung bei Maschinen und Anlagen, mehr Energieeffizienz und die Reduktion von CO2 Emissionen bei Fahrzeugen oder Kraftwerken sind nur einige Bereiche, die eine große Zukunft vor sich haben, gerade in den mittel- und osteuropäischen Ländern. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass diese Länder in solchen Feldern noch immer einen deutlichen Nachholbedarf haben. Hier bieten sich für den deutschen Mittelstand auch künftig große Chancen.
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Roland Issen Exportoffensive für kleine und mittlere Unternehmen für die Märkte in Osteuropa Die Finanz- und in ihrer Folge auch die weltweite Wirtschaftskrise hat seit Herbst 2008 zu einem dramatischen Einbruch des Wirtschaftswachstums und der Beschäftigung geführt. Sowohl in den klassischen Industriestaaten als auch in den Schwellenländern nimmt die Angst zu, dass daraus eine für einige Jahre andauernde Krise erwächst. Insbesondere der weltweite Austausch von Waren und Dienstleistungen ist dadurch stark betroffen. Exportländer, wie die Bundesrepublik Deutschland, bekommen diese Entwicklung im Besonderen zu spüren. Die Automobilindustrie und der Maschinenbau sind nur zwei Beispiele, an denen erkennbar wird, welche tiefen Spuren die Rezession inzwischen hinterlässt. Noch ist nicht absehbar, ob die von vielen Regierungen beschlossenen Maßnahmen den Abwärtstrend in der Wirtschaft bremsen bzw. stoppen können und ob durch dieses Gegensteuern notwendige Impulse für eine Wiederbelebung der Konjunktur erreicht werden. Die Gefahr, dass der Protektionismus neue Urstände feiern wird, ist zwar noch nicht endgültig gebannt, aber durch den Versuch einer international abgestimmten, antizyklischen Strategie zur Stabilisierung der Finanzmärkte vorerst gebannt – anders als in der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren – und es gibt die Hoffnung, dass sich eine Stagflation nicht weltweit ausbreiten wird. Anders als bei den Großunternehmen mit einer überdurchschnittlich hohen Exportquote konnten sich weite Bereiche der mittelständischen Wirtschaft in der Krise bisher besser behaupten als die Großunternehmen. Der Mittelstand hat sich wieder einmal als ein stabiles Fundament unserer Volkswirtschaft erwiesen. Garant für Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Er war Anker auch in stürmischen Wirtschaftszeiten: Diese und viele andere Wertschätzungen erfährt der deutsche Mittelstand immer wieder – und das zu Recht. Statistisch gehören fast alle Betriebe in Deutschland zu den kleinen und mittleren Unternehmen. Nur rund 0,3 Prozent der etwa 3,6 Millionen Betriebe insgesamt zählen zum Kreis der Großunternehmen. Über 70 Prozent der hierzulande Beschäftigten arbeiten in kleinen und mittleren Unternehmen. Und über 80 Prozent der Auszubildenden werden von ihnen für den Arbeitsmarkt fit gemacht. Zum Gesamtumsatz aller deutschen Unternehmen steuern sie zusammen fast 40 Prozent bei.
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Es sind insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen, die für die Vielfalt und die Wettbewerbsfähigkeit der Marktwirtschaft stehen. Von der freiberuflichen Arztpraxis oder Anwaltskanzlei über Dienstleistungs- und Handelsunternehmen, Handwerksbetriebe bis hin zu Maschinenbauern und Hightech-Schmieden: Sie beteiligen sich am Wettbewerb um die besten Ideen, Angebote und Leistungen. Zu den Stärken von kleinen und mittleren Unternehmen zählen die schnelle Umsetzung von Ideen in marktfähige Produkte, ihr hoher Spezialisierungsgrad und die Fähigkeit, sogar kleinste Marktnischen zu besetzen. Sie sind der „Motor“, der unsere Wirtschaft antreibt und für Wachstum und Fortschritt und damit für Wohlstand und soziale Sicherung sorgt. Mittelständische Unternehmen werden in der Regel vor ihren Inhaberinnen und Inhabern geführt. Ihrem großen persönlichen Einsatz ist es zu verdanken, dass Unternehmen immer wieder neu entstehen und oftmals über Generationen erhalten bleiben. Meist beteiligen sie sich mit ihrem persönlichen Vermögen an ihrer Unternehmung und tragen auf diese Weise auch privat das unternehmerische Risiko für Fehlentscheidungen. Ob in Innenstädten oder Gewerbegebieten: Die allermeisten der kleinen und mittleren Unternehmen wirtschaften eher regional orientiert, nicht selten weit abseits der Ballungszentren. Immer mehr kleine und mittlere Unternehmen haben in den vergangenen Jahren aber auch den Blick über den lokalen oder regionalen Tellerrand gewagt. Die Zahl derer, die exportieren, ist von 1996 bis 2006 um etwa 21 Prozent gestiegen. Rund 345.000 mittelständische Unternehmen sind auf Auslandsmärkten unterwegs. Das heißt: etwa jeder zehnte Mittelständler verdient sein Geld auch durch den Export. Tendenz: steigend. Bezogen auf den Gesamtumsatz der kleinen und mittleren Unternehmen wird jeder zehnte Umsatz-Euro bereits im Ausland verdient. Viele Mittelständler, vor allem im industriellen Mittelstand, können sogar Exportquoten von über 50 Prozent vorweisen (BDI-Mittelstandspanel). Durch die Erweiterung der Europäischen Union und den Abbau der internationalen Handelsschranken dürften sich die Perspektiven für innovative Unternehmen des Mittelstandes im Hinblick auf ihre Chancen im Ausland weiter verbessern. Wenn auch vorübergehend durch die weltweite Wirtschaftskrise die Exportmöglichkeiten einen Dämpfer erfahren haben, ist davon auszugehen, dass das Bemühen, insbesondere in osteuropäischen Staaten, aber auch in vielen anderen Ländern, den Lebensstandard zu erhöhen, den Konjunkturhimmel wieder aufhellen wird. Auch Unternehmenspartnerschaften mit neu entstehenden Unternehmen in der erweiterten EU, aber auch darüber hinaus, sind Möglichkeiten, die von kleinen und mittleren Unternehmen erschlossen werden können. Was im industriellen Mit-
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telstand schon heute in beachtlichem Umfang geschieht, kann auch im Dienstleistungsbereich, soweit noch nicht geschehen, begonnen werden. Wichtig ist, dass für die Erschließung neuer Märkte den kleinen und mittleren Unternehmen hinreichende Finanzierungsmöglichkeiten durch das Bankensystem gewährt werden. Dazu könnten auch Kreditbürgschaften durch die Bundesregierung oder die Bundesländer einen Beitrag leisten. Aber auch die Industrie- und Handelskammern sind mit ihren vielfältigen Auslandsbeziehungen in der Pflicht. Sie können Weichenstellungen für ein Engagement mittelständischer Unternehmen gerade auch in Osteuropa vornehmen. Es empfiehlt sich, bei der Beurteilung der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung der Länder Osteuropas zu berücksichtigen, dass die internationale Finanzkrise sie schmerzhaft erwischt hat. Das Bruttoinlandsprodukt der Region wird nach Einschätzung von Experten in diesem Jahr (2009) um 3 bis 4 Prozent schrumpfen. Erst ab 2013 sollen die Länder wieder auf ein langfristiges Trendwachstum von 3,5 bis 4,5 Prozent zurückkommen. Es gilt aber auch Positives für die Region: Ihr Wettbewerbsvorteil gegenüber Westeuropa bleibt erhalten. Die durchschnittlichen Kosten in der Produktion sind weiterhin nur halb so hoch wie im Westen. Das wird dazu beitragen, dass Unternehmen aus Westeuropa künftig wieder im Osten investieren. Dies eröffnet Chancen auch für mittelständische Unternehmen aus Deutschland. Angesichts der demographischen Entwicklung in Deutschland wird sich in den kommenden Jahren ein zunehmender Wettbewerb der Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt um die Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter/innen abzeichnen. Deshalb gilt es schon heute, gerade auch für die kleinen und mittleren Unternehmen Vorsorge zu treffen. Zum einen geschieht das sicherlich durch die nach wie vor außerordentlich hohe Ausbildungsquote vieler mittelständischer Unternehmen. Dies allein wird aber nicht ausreichen, weil der Wettbewerb um die Absolventen von Ingenieurschulen und Universitäten sich verschärfen dürfte. Deshalb gilt es zum einen, attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen bzw. anzubieten, zum anderen auch, notwendige Investitionen in die fachliche Weiterbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sicherzustellen. Gerade die mittleren und kleinen Unternehmen haben sich in der Vergangenheit durch innovative Entwicklungen ihren Markt in vielen Bereichen geschaffen. Um dieses für die Zukunft auch zu gewährleisten und sich damit in Teilmärkten auch Wettbewerbsvorteile in der Umsetzung von neuen Entwicklungen auf der Produktionsseite zu sichern, gilt es, über leistungsfähige Belegschaften verfügen zu können. Dies gilt im Besonderen für das Bestreben, auf Auslandsmärkten erfolgreich zu operieren.
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Den kleinen und mittleren Unternehmen kann auch im Zeitalter der Globalisierung, die u.a. auch durch immer stärkere internationale Arbeitsteilung gekennzeichnet ist, eine günstige Perspektive prognostiziert werden. Die Märkte in Osteuropa bieten sich für eine Exportoffensive aus den schon dargelegten Gründen auch für kleine und mittlere Unternehmen an.
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Anhang
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Veröffentlichungen des RKW-Kuratoriums In bisher 16 Bänden sind die Beiträge der Mitglieder des RKW-Kuratoriums aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft zu den Jahressitzungen des Kuratoriums veröffentlicht worden. Der Aufbau der neuen Bundesländer Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1993 Die neuen Bundesländer und ihre Partner im Osten Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1994 Die neuen Bundesländer und Japan Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1995 Privatisierung öffentlicher Aufgaben Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1996 Innovationen in Deutschland Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1997 Maßnahmen zur Verminderung der Arbeitslosigkeit Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1998 Globalisierung – Herausforderung und Chance für den deutschen Mittelstand Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1999 Aus-und Weiterbildung für den deutschen Mittelstand Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2000
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Der Generationenvertrag – Seine Bedeutung für den deutschen Mittelstand Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2001 Zuwanderung, Arbeitsmarkt und der deutsche Mittelstand Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2002 Chancen und Risiken der EU-Osterweiterung für den deutschen Mittelstand Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2003 Finanzierung des deutschen Mittelstands im Zeitalter der Globalisierung Beiträge von: Clemens Börsig, Wolfgang Clement, Joachim Dirschka, Friedrich Homann, Wolfgang Maßberg, Angela Merkel, Matthias Platzeck, Michael Sommer, Helga Steeg Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2004 Qualifizierung im deutschen Mittelstand im Zeitalter der Globalisierung Beiträge von: Ann-Kristin Achleitner, Edelgard Bulmahn, Bernhard Dorn, Eckhard Franz, Eberhard Heinke, Bruno Köbele, Friedrich Merz, Friedhelm Ost, Matthias Platzeck, Petra Roth, Harald Schartau, Hubertus Schmoldt, Michael Sommer, Helga Steeg, Ludolf von Wartenberg Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2005 Rationalisierung und Beschäftigung im deutschen Mittelstand im Zeitalter der Globalisierung Beiträge von: Ann-Kristin Achleitner, Joachim Dirschka, Reinhard Dombre, Bernhard Dorn, Eckhard Franz, Jürgen Großmann, Friedhelm Ost, Günter Rinsche, Petra Roth, Harald Schartau, Peter M. Schmidhuber, Helga Steeg, Christa Thoben, Ludolf von Wartenberg Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2006
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Herausforderung der demographischen Entwicklung für den deutschen Mittelstand Beiträge von: Anton Börner, Hans-Jörg Bullinger, Joachim Dirschka, Bernhard Dorn, Michael Glos, Jürgen Großmann, Eberhard Heinke, Hans-Joachim Metternich, Angelika Niebler, Friedhelm Ost, Harald Schartau, Annette Schavan, Hubertus Schmoldt, Christa Thoben, Ludolf von Wartenberg Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2007
Mittelstand – Schlüsselfaktor im deutschen Innovationssystem Beiträge von: Dieter Althaus, Ludwig Baumgarten, Clemens Börsig, Hans-Jörg Bullinger, Edelgard Buhlmahn, Joachim Dirschka, Eberhard Heinke, Roland Issen, Silvana Koch-Mehring, Wolfgang Maßberg, Werner Meißner, Angelika Niebler, Hans-Christoph Noack,Friedhelm Ost, Andreas Pinkwart, Matthias Platzek, Günter Rinsche, Petra Roth, Harald Schartau, Annette Schavan, Christine Scheel, Michael Sommer, Helga Steeg, Günter Spur, Alexander Tesche, Ingrid Voigt, Ludolf von Wartenberg Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Sternenfels 2008
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Mitglieder des RKW-Kuratoriums
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Dieter Althaus MdL Ministerpräsident des Freistaates Thüringen Dr. Ludwig Baumgarten Mitglied des Vorstands des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. a. D. Anton F. Börner Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels e.V. Prof. Dr. Clemens Börsig Vorsitzender des Aufsichtsrates der Deutschen Bank AG Prof. Dr. Werner Breitschwerdt Daimler AG Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Jörg Bullinger Präsident der Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. Edelgard Bulmahn MdB Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Technologie Joachim Dirschka Präsident der Handelskammer zu Leipzig Prof. Dr. Gerhard Fels Direktor und Mitglied des Präsidiums des Instituts der deutschen Wirtschaft a. D. Dr. Otmar Franz Vorstandsvorsitzender des RKW e.V. Michael Glos MdB Bundesminister für Wirtschaft und Technologie a. D.
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Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg MdB Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Prof. Dr. Jürgen Gramke Vorstandsvorsitzender des Institute for European Affairs Dr. Jürgen Großmann Vorstandsvorsitzender der RWE AG Dr. Eberhard Heinke Vorsitzender des Verwaltungsrats des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung Dr. Friedrich Homann Generalbevollmächtigter der Interessengemeinschaft Mittelständischer Mineralölverbände e.V. Roland Issen Vorstandsvorsitzender der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft a. D. Senator e.h. Bruno Köbele Vize-Präsident des Internationalen Bundes Dr. Silvana Koch-Mehrin MdEP Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Christiane Krajewski Ministerin und Senatorin a. D. Prof. Dr. Bernd Kriegesmann Präsident der Fachhochschule Gelsenkirchen Dr. Heinz Kriwet Mitglied des Aufsichtsrates der ThyssenKrupp AG
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Prof. Dr. Wolfgang Maßberg Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr. Werner Meißner Präsident der accadis Hochschule Bad Homburg Friedrich Merz Vorsitzender der Atlantik-Brücke e.V. Hans-Joachim Metternich Sprecher der Geschäftsführung der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz GmbH Dr. Werner Müller Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn AG Dr. Klaus Murmann Gründer der Sauer-Danfoss Inc. Dr. Angelika Niebler MdEP Hans-Christoph Noack Director Corporate Communications der Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG Friedhelm Ost Staatssekretär a. D. Prof. Dr. Andreas Pinkwart Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen
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Matthias Platzeck Ministerpräsident des Landes Brandenburg Prof. Dr. Günter Rinsche Mitglied des Vorstands der Konrad-Adenauer-Stiftung Dr. Gunnar Rogwalder Chairman of the Board der Hansa Luftbild Arabia Petra Roth Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main Dr. Peter M. Rudhart Honorary Vice President of the European Management Association Harald Schartau Arbeitsdirektor und Geschäftsführer Personal der Georgsmarienhütte GmbH Prof. Dr. Annette Schavan, MdB Bundesministerin für Bildung und Forschung Christine Scheel MdB Stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen RA Peter M. Schmidhuber Mitglied der Europäischen Kommission a. D. Hubertus Schmoldt Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Peter von Siemens Siemens AG
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Michael Sommer Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes Prof. Dr.-Ing. Günter Spur Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb, Technische Universität Berlin Prof. Dr. Joachim Starbatty Vorsitzender des Vorstands der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft Dr. Helga Steeg Exekutivdirektorin der Internationalen Energie-Agentur IEA a. D. Dr. Alexander Tesche Mitglied des Vorstands der Ed. Züblin AG Christa Thoben Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen Dr. Ludolf von Wartenberg Mitglied des Präsidiums des Bundesverbands der Deutschen Industrie
Stand: September 2009
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