Mitteilungen der Gruppe Deutscher Kolonialwirtschaftlicher Unternehmungen: Band 4 Eingeborenenkultur und Plantage [Reprint 2020 ed.] 9783111527307, 9783111159065

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
I. Die Kakaokultur an der Goldküste und die Erdnußkultur in Senegal
II. Das Wesen der Plantage
III. Die Bedeutung und richtige Handhabung der beiden Wirtschaftsformen Plantage und Volkskultur
IV. Die Eignung der verschiedenen Nutzpflanzen für die beiden Wirtschaftsformen Plantage und Eingeborenenkultur
Schriftenverzeichnis
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Mitteilungen der Gruppe Deutscher Kolonialwirtschaftlicher Unternehmungen: Band 4 Eingeborenenkultur und Plantage [Reprint 2020 ed.]
 9783111527307, 9783111159065

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Mitteilungen der Gruppe Deutscher Kolonialwirtschaftlicher Unternehmungen

VIERTER

BAND

W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. / B E R L I N W 35 1941

Archiv-Nr. «5 00 01 Alle Rechte vorbehalten / Copyright 1941 by Walter de Gruyter & Co., vorm. G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp. Berlin W 35 / Printed in Germany Druck von Metzger & Wittig in Leipzig

ERNST FICKENDEY Eingeborenenkultur und Plantage Mit 2 Kartenskizzen

Vorwort Zwischen den kolonialen Landbaugebieten in den Tropen und den industriellen Mutterländern in der gemäßigsten Zone besteht ein Verhältnis gegenseitiger Ergänzung und Abhängigkeit, das auf Güteraustausch beruht. Die Tropengebiete liefern neben Genuß- und Lebensmitteln Rohstoffe an die Industrieländer der gemäßigsten Zone und empfangen dafür von diesen Industrieerzeugnisse. Das Ziel jeder Kolonialpolitik in den Tropen ist also zunächst ein wirtschaftliches: Die Eohstofferzeugung der Kolonien zu fördern und hiermit zugleich die Kaufkraft der Bevölkerung zu stärken. Wirtschaftliche Ziele können nur mit wirtschaftlichen Mitteln erreicht werden. Dies muß bei allen Maßregeln der Leitgrundsatz bleiben und nicht eine sentimentale Gefühlspolitik. Eine ethische Richtung hat die Forderung aufgestellt, daß die kolonisierenden Mächte in den Kolonien keinerlei egoistische Ziele verfolgen dürften und daß das Wohl und Wehe der Eingeborenen der einzige Leitstern ihres Handelns sein müßte. Eine solche Auffassung kann nur zu einer widerlichen Heuchelei führen. Es wird sich aber zeigen, daß die Wahrnehmung unserer wirtschaftlichen Interessen sich nicht nur mit der Förderung und Fürsorge für die Eingeborenen verträgt, sondern sie geradezu verlangt. Denn das zweckmäßigste Mittel zur Erreichung des genannten Zieles besteht in der Hebung des Eingeborenen in der ihm arteigenen Richtung und in seiner Erziehung zu einer in jedem Sinn höheren Lebenshaltung. Wir gelangen so zu einer Symbiose und einer Synergie zwischen Europäern und Eingeborenen, d. h. zu einem Zusammenleben und Zusammenarbeiten zum besten beider Teile. Die Forderung des berechnenden Verstandes befindet sich auf diesem Felde — und nicht nur hier, sondern meistens im Leben der Einzelmenschen wie der Völker — in Übereinstimmung mit den idealistischen Ansprüchen höchster Ethik, wenigstens, wenn man nicht in verblendeter Kurzsichtigkeit auf den augenblicklichen Nutzen bedacht ist, sondern den eigenen Vorteil auf weite Sicht sucht. Für die Steigerung der tropischen Erzeugung stehen in der Hauptsache zwei Wege offen: Die „Plantagen"-Produktion, bei der die Tropenbewohner die Arbeiter stellen und die Europäer die Leitung V

Vorwort

und die Organisation auf sich nehmen, und die „Eingeborenenkultur" oder die „Volkskultur", wobei der Eingeborene als selbständiger Bauer tätig ist, wenn auch unter Anleitung und Schulung durch den Europäer. In der Vergangenheit hat sich ein erbitterter Streit erhoben über die Frage : Plantage oder Eingeborenenkultur ? In jüngerer Zeit ist man zu der Erkenntnis gekommen, daß die Frage falsch gestellt ist und daß beide Wirtschaftsformen ihre Berechtigung haben. Die nachfolgende Untersuchung stellt sich die A u f g a b e , so u n b e f a n g e n u n d o b j e k t i v wie m ö g l i c h die E i g e n a r t und B e d e u t u n g der b e i d e n W i r t s c h a f t s f o r m e n k l a r zu legen, die b e s t e A r t i h r e r H a n d h a b u n g a u f z u z e i g e n u n d die G e b i e t e i h r e r A n w e n d u n g bei den e i n z e l n e n K u l t u r g e w ä c h s e n a b z u g r e n z e n . Um zu einer klaren Einsicht zu gelangen, welche Gefahren der Eingeborenenkultur bei falscher Steuerung drohen, wird es nötig sein, den Entwicklungsgang einiger Volkskulturen näher zu behandeln. B e r l i n , Oktober 1940. Ernst Fickendey

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Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort

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I . Die Kakaokultur an der Goldküste und die Erdnußkultur in Senegal Einleitung A. Die 1. 2. 3.

4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. B. Die 1. 2. 3.

4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

1 1

Kakaokultur an der Goldküste Größe, Bevölkerung, politische Einteilung Äußere Entwicklung Voraussetzungen der Kultur a) N a t u r b) Bevölkerung c) Wirtschaftspolitik d) Verkehrswesen e) Handel Die Kakaokultur Arbeiterfrage Leistung und Vergütung Verwendung der Einkünfte Landeigentum Handel Bilanz

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Erdnußkultur in Senegal Größe und Bevölkerung Äußere Entwicklung Voraussetzungen der Kultur a) N a t u r b) Bevölkerung c) Wirtschaftspolitik d) Verkehrswesen e) Handel Die Erdnußkultur Arbeiterfrage Saatgutbeschaffung Krankheiten und Schädlinge Selektion Düngung Landverwüstung Handel Bilanz

36 36 37 38 38 39 40 40 42 42 45 45 49 49 50 50 54 62

I I . Das Wesen der Plantage

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I I I . Die Bedeutung und richtige Handhabung der beiden Wirtschaftsformen Plantage und Volkskultur

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Inhaltsverzeichnis IV. Die Eignung der verschiedenen Nutzpflanzen für die beiden Wirtschaftsformen Plantage und Eingeborenenkultur 1. Kokospalme 2. ölpalme 3. Kautschuk 4. Kakao 5. Kaffee 6. Tee 7. Chinarindenbaum 8. Kapok 9. Sisalagave 10. Banane 11. Zuckerrohr 12. Baumwolle 13. Tabak 14. Erdnuß und Sesam 15. Sojabohne Schriftenverzeichnis

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Seite

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I. Die Kakaokultur an der Goldküste und die Erdnußkultur in Senegal Einleitung Mit der Bändigung der Naturkräfte und der steigenden industriellen Ausnützung der Rohstoffe entstand die Großwirtschaft. Die Ausweitung des Weltmarktes hatte einen zunehmenden Bedarf an tropischen Pflanzenerzeugnissen zur Folge, die zum Teil ein Monopol der Tropen bilden. Dieser Nachfrage konnten die auf niedriger Wirtschaftsstufe stehenden Tropenbewohner nicht genügen, besonders da viele dieser Produkte eine sorgfältige oder auch maschinelle Aufbereitung verlangten, um die Marktansprüche zu erfüllen. Die Preise zogen mit der Nachfrage an, und es ergaben sich Gewinnmöglichkeiten, welche das Kapital locken mußten. So entstand die Plantagenwirtschaft. Neben den Plantagen trat der Eingeborene als Lieferant für den Weltmarkt auf den Plan, zuerst mit Erzeugnissen seiner Sammelwirtschaft, dann mit Landbauprodukten. Der Anschluß an den Weltverkehr bewirkte, daß sich die früher isolierte, selbstgenügsame Gebrauchswirtschaft des Eingeborenen, die nur Güter für eigenen Verbrauch erzeugte, durch Anbau von Gewächsen für den Verkauf auch der Erwerbswirtschaft zuwandte. Er lieferte an den Markt zunächst Erzeugnisse, deren Anbau ihm vertraut war, wie Reis, Erdnüsse und Mais. Im weiteren Verlauf drang er aber auch, mit oder ohne Ermunterung durch die Kolonialregierungen, in Kulturen ein, die man den Plantagen vorbehalten glaubte. Man hat den Anbau von Handelsgewächsen seitens der Eingeborenen als „Eingeborenenkultur" oder auch „Volkskultur" bezeichnet, und wir wollen die Namen beibehalten, da sie sich allgemein eingebürgert haben, trotzdem sie eigentlich irreführend und wenig kennzeichnend sind. Man ist geneigt, sich von der Eingeborenenkultur ein Idealbild zu machen: Mit der Scholle verwachsen, treibt der eingeborene Bauer mit seiner Familie in altgewohnter oder verbesserter Weise seinen Landbau, und daneben pflanzt er auch Handelsgewächse an, um zu Wohlstand und zu höherer Lebenshaltung zu gelangen. Leider 1

Deko IV

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Ernst F i c k e n d e y

ist die Wirklichkeit meist weit entfernt von dieser schönen Vorstellung und ein Zerrbild des Wunsches geworden. Im folgenden werden wir den Werdegang der Volkskulturen an der Goldküste und in Senegal schildern und es werden uns hierbei die Fehlentwicklungen klar werden. Der Kakaoanbau der Eingeborenen an der Goldküste ist durch seine erstaunlichen Erfolge wohl am bekanntesten geworden und er soll uns zunächst beschäftigen. A. Die Kakaokultur an der Goldküste 1. Größe, Bevölkerung, politische Einteilung

Die Kolonie der Goldküste hat eine Ausdehnung von rund 203600 qkm. Die Bevölkerung zählt (1936) 3613900 Menschen. Das

Abb. 1

Land zerfällt für die Zwecke der Verwaltung in das Gebiet der eigentlichen Goldküstenkolonie (62000 qkm, 1781000 Einwohner; 28,8 je qkm), das Aschantigebiet (63000 qkm, 668300 Einwohner, 10,6 je qkm), und das Nordgebiet (78600 qkm, 815400 Einwohner, 10,3 je qkm). Die Zahlen machen keinen Anspruch auf Zuverlässigkeit, sondern geben nur Anhaltspunkte. Gold Coast Colony und Aschanti, welche die Kakaokultur beherbergen, bilden ein einheitliches Wirt2

Eingeborenenkultur und Plantage

schaftsgebiet, soweit die natürliche Beschaffenheit des Landes und die Stammesverwandtschaft der Eingeborenen in Frage kommen. Ihre Teilung erklärt und rechtfertigt sich aus geschichtlichen Gründen und der damit in Zusammenhang stehenden Entwicklungsstufe der Bevölkerung. Das Gebiet der Goldküstenkolonie ist seit dem 13. Jahrhundert europäischen Einflüssen unterworfen, es wurde nach der Zeit der Sklavenjagden auf friedliche Weise gewonnen und die Bewohner, zum Teil ausgerüstet mit Besitz und europäischer Bildung, haben sich einen erheblichen und zum großen Teil verderblichen Einfluß auf die Verwaltung zu sichern gewußt. Das Aschantireich wurde mit Waffengewalt erobert und erst 1900 endgültig niedergeworfen. Die Goldküstenkolonie ist eingeteilt in die Ost-, Zentral- und Westprovinz, von denen die Ostprovinz am stärksten besiedelt ist (Abb. 1). 2. Äußere Entwicklung

Den ersten Anstoß zur Einbürgerung der Kakaokultur an der Goldküste hat die Baseler Mission gegeben. Sie bezog 1857 einige Sämlinge aus Surinam und pflanzte sie im Garten der MissionsAusfuhr von Kakao an der Goldkttste Die nachfolgende Zusammenstellung ist der Schriftleitung des „Gordian" zu verdanken, deren statistische Zuverlässigkeit internationalen Ruf genießt. Menge (in Tonnen zu 1000 kg)

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1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 1911 1912 1913 1914 1915

Menge (in Tonnen zu 1000 kg)

0,04 0,11 1,5 9 13 39 71 186 325 545 997 2710 2581 5773 5620 9739 10451 12946 20533 22989 40356 39260 51309 53735 78514

1916 1917 1918 1919 1920 1921 1922 1923 1924 1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936 1937 1938 1939

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73205 92419 67404 178973 126597 133909 158771 197234 222279 216684 229537 208349 223339 236208 189764 241336 231791 234373 228994 265227 306982 236259 261557 280326

Ernst Fickendey

Station Akropong (Akwafim) aus. Die 1866 und später gemuteten Früchte wurden an andere Missionsstationen und an Eingeborene verteilt. Auch haben Eingeborene, welche als Arbeiter und auf den Kakaoplantagen von Fernando Poo und Sao Thome mit dieser Kultur vertraut geworden waren, entscheidend mitgewirkt, dem Kakaoanbau Eingang zu verschaffen. I n der F o l g e z e i t n a h m d i e K u l t u r der E i n g e b o r e n e n a u s b e s c h e i d e n e n A n f ä n g e n einen beis p i e l l o s e n , p h ä n o m e n a l e n A u f s c h w u n g , die Anpflanzungen breiteten sich geradezu lawinenartig aus. In den vorstehenden Ausfuhrziffern spiegelt sich der stürmische, sprunghafte Verlauf der Erzeugung wieder. 3. Voraussetzungen der Kultur

Im folgenden wollen wir kurz auseinandersetzen, welche Umstände den unerhört schnellen und äußerlich so glänzenden Aufstieg der Kakaokultur ermöglicht haben. Die landwirtschaftliche Erzeugung eines Landes ist im wesentlichen von folgenden Faktoren abhängig: a) von den natürlichen Voraussetzungen; b) von der Bevölkerung, ihrer Eigenart, Dichte und Wirtschaftsstufe; c) von der Wirtschaftspolitik des Landes; d) vom Verkehrswesen und e) von den Handels- und Marktverhältnissen. a) N a t u r Der Standplatz der Kakaokultur ist das hügelige Waldland, das den größten Teil der Goldküstenkolonie und die südliche Hälfte von Aschanti einnimmt. K l i m a u n d B o d e n s a g e n d e m K a k a t f b a u m d e r a r t z u , d a ß er s o z u s a g e n „ w i l d w ä c h s t " u n d v o r ü b e r g e h e n d e V e r n a c h l ä s s i g u n g g u t v e r t r ä g t . Unter solchen Bedingungen stellt er an die Intelligenz und die Aufmerksamkeit des Bauern geringe Ansprüche und liefert gleichwohl hohe Ernten. Ein besonders glücklicher und entscheidender Umstand liegt aber in dem Fehlen von solchen Krankheiten und Schädlingen, welche in anderen Ländern vernichtend für den Kakaobaum wirkten oder doch nur bei äußerst sorgsamer Bekämpfung im Zaume zu halten waren. Bezeichnenderweise haben die Eingeborenen selbst einen zeitweise gefährlichen Schädling, die Kakaolaus, „Sankanuabe", d. h. „Bearbeite wieder die Ölpalme" getauft. In Niederländischindien z. B. finden sich viele Gebiete, welche in jeder Beziehung ebenso günstige Voraussetzungen für die Kakaokultur bieten wie die Goldküste. Das Auftreten von Pilzkrankheiten und Schädlingen hat 4

Eingeborenenkultur und P l a n t a g e

aber hier trotz aller Anläufe und Anstrengungen ein Aufblühen der Kakaokultur, unmöglich gemacht. Der Gunst des Klimas ist es auch zu danken, daß die Braunfäule an der Goldküste nur geringen Schaden anrichten kann, da der Gehalt der Luft an Wasserdampf relativ niedrig ist und der Braunfäulepilz nur oberhalb einer gewissen Luftfeuchte (etwa 75%) gut gedeihen kann. Vergleichen wir etwa die Kakaogebiete der Goldküste mit denen am Kamerungebirge. In Kamerun ist in der Regenzeit (Juni bis September) die Luft meist mit Wasserdampf geschwängert oder dem Sättigungspunkt nahe, es gibt Monate mit über durchschnittlich 95°/0 Luftfeuchte, während an der Goldküste das Monatsmittel selten 75% überschreitet, so daß die Luftfeuchte im Mittel um 15—20°/0 niedriger ist als in Kamerun. Infolgedessen geht in Kamerun ein nicht unerheblicher Teil des Kakaos durch die Braunfäule verloren oder erleidet eine Einbuße an Qualität, während an der Goldküste nur vereinzelte Gegenden größere Schäden aufweisen. Auch in anderer Hinsicht ist der Wasserdampfgehalt der Luft wichtig. Hohe Luftfeuchte wirkt physiologisch wie Dunkelheit, der Transpirationsstrom ist gehemmt. Die Wirkung der Wolkenbeschattung in der Regenzeit wird daher noch verstärkt. Die Pflanze vergeilt und wird verweichlicht. Junger Kakao geht dann in der folgenden Trockenzeit ein und alter leidet schwer, wenn nicht ein starker Schatten Schutz gewährt. Der Kakao an der Goldküste ist dagegen abgehärtet und der Sonne der Trockenzeit gegenüber viel weniger empfindlich. Hohe Luftfeuchte bedingt starke Bewölkung und Nebel. Am Kamerungebirge ist der Himmel in der Regenzeit meist mit tiefliegenden Wolken verhangen, während an der Goldküste auch in der Regenzeit vollkommen sonnenlose Tage selten sind. Das Sonnenlicht aber ist der eigentliche Motor des Pflanzenwachstums und die erste Voraussetzung für üppiges Gedeihen und hohe Erträge. b) B e v ö l k e r u n g Die Bewohner des Waldgebietes1) sind im allgemeinen richtige Neger mit allen Vorzügen und Nachteilen ihrer Rasse, doch sind sie Wenn im folgenden von Eingeborenen oder Tropenbewohnern die Rede ist, so muß einem Mißverständnis vorgebeugt werden: Der Eingeborene oder der Tropenbewohner besteht nicht. Zwischen den verschiedenen Tropenvölkern gibt es sehr große Unterschiede bezüglich Charakter, Intelligenz, Bildungsfähigkeit Energie, Ausdauer, Handelsbegabung, Arbeitsvermögen, Fleiß, körperliche und seelische Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten usw. Ebenso herrschen große Ver-

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Ernst F i c k e n d e y

auffallend bildungsfähig, strebsam, rührig und handelsbegabt. Diese auszeichnenden Eigenschaften sind wohl eine Folge, der Völkerwanderungen, die seit Urzeiten stattfanden und wobei ein Volk das andere verdrängte und in das Waldgebiet schob. So mischten und befruchteten sich verschiedenartige Völker und Kulturen. Verkehr und Austausch geistiger und materieller Güter entwickelte sich seit vielen Jahrhunderten zwischen Küste und Sudan. Der Urwald ist nicht so breit und undurchdringlich wie etwa in Kamerun, wo die erste Haussa-Karawane erst um die letzte Jahrhundertwende die Küste erreichte. J e d e n f a l l s h a b e n wir es m i t einer B e v ö l k e r u n g zu t u n , die an F l e i ß , I n t e l l i g e n z u n d E n e r g i e aus dem D u r c h s c h n i t t der U r w a l d z o n e h e r v o r r a g t . Auch die Bevölkerungsdichte erwies sich als glücklich für das Aufblühen der Kakaokultur. Je Quadratkilometer wohnen schätzungsweise 20 Menschen, so daß auf den Kopf 5 ha Land entfallen. In einem spärlich besiedelten Lande würde der Mangel an Arbeitskräften die Entfaltung verhindert haben, abgesehen davon, daß derartige Gebiete meist einen armseligen Pflanzenwuchs aufweisen. Auf der anderen Seite verbietet sich in einem dicht bevölkerten Lande (wie etwa Java mit über 300 Seelen je Quadratkilometer) eine extensive Volkskultur von selbst, hier erzwingen die Verhältnisse eine intensive Arbeitsweise. Die politische Organisation ist mit Ausnahme von Aschanti nicht über die Vereinigung von mehreren Sippen unter einem Häuptling hinausgekommen. Die Wirtschaftsstufe der Eingeborenen war gekennzeichnet durch die selbstgenügsame, geschlossene Hauswirtschaft, nur in den Küstenbezirken bestand schon lange ein Tauschverkehr, europäische Waren wurden gegen Sammelerzeugnisse eingehandelt. Die Ausfuhr von Palmöl, Palmkernen und Kautschuk gewann in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts Bedeutung. Diese Berührung mit dem europäischen Handel hat die Entwicklung der Kakaokultur zweifellos erleichtert. schiedenheiten der Eigenschaften und Anlagen innerhalb der einzelnen Rassen. Dennoch ergeben sich durchschnittlich dem Europäer gegenüber gewisse gemeinsame Verschiedenheiten wie Mangel an Voraussicht, Anlehnungsbedürfnis, Gleichgültigkeit gegen über der Zukunft, leichte Beeinflußbarkeit (Suggestibilität), Bedürfnislosigkeit, Hilflosigkeit und Willenslähmung bei außergewöhnlichen Ereignissen. Mögen diese Unterschiede auch nicht das Wesen, sondern nur den Grad betreffen, so ist es doch berechtigt, in diesem Sinne allgemein von Eingeborenen bzw. Tropenbewohnern zu sprechen. Selbstverständlich erweist sich diese Vereinfachung und Verallgemeinerung im einzelnen als falsch und unzutreffend, für das Gesamtbild ist aber solche Zusammenfassung und Abgrenzung nützlich.

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E i n g e b o r e n e n k u l t u r und P l a n t a g e

Die Wirtschaftsform der Neger war, wie in allen tropischen Waldund Savannengebieten (und wie übrigens auch in den Wäldern des hohen Nordens), die Wanderbrandwirtschaft. Ein Stück Wald wird gekappt und gebrannt, wobei in der Regel die hohen Bäume geschont werden, die jedoch meist, aus ihrer Lebensgemeinschaft gerissen, mit der Zeit zugrunde gehen. Das gewonnene Feld wird bebaut und nach seiner Erschöpfung (nach 1—4 Jahren) sich selbst überlassen, wonach Gräser, Sträucher und Bäume das Land zurückerobern. Die Art der neuentstehenden Vegetation ist abhängig von Boden und Klima, von der Weise, der Dauer, der Größe und der Lage des Freischlages und von der Nachbehandlung (ob nach der Nutzung weitere Brände folgen oder nicht), den Ausschlag geben in erster Linie die Benetzung und das Feuer. In einem Kreislauf kommt der Eingeborene nach einer Reihe von Jahren wieder auf das Land zurück, sobald die natürliche Vegetation dem Boden einen gewissen Fruchtbarkeitszustand zurückgegeben hat. Man hat diese Wirtschaftsweise häufig als Raubbau 1 ) gebrandmarkt, zu Unrecht, soweit nicht periodische Brände den ursprünglichen Wald dauernd zur Savanne entwerten. In diese Wirtschaft konnte nun der Kakaobaum nahezu kostenlos eingefügt werden. Zugleich mit den Feldgewächsen wurden die Kakaosämlinge gepflanzt. Nach der Aufgabe der Farm vermochte der Kakaobaum sich gegenüber den zunächst aufkommenden Gräsern und Sträuchern zu behaupten und er wurde erst in der Zeit der ersten Ernten wieder notdürftig freigeschlagen. Wie man sieht, besteht das Verfahren in der systematischen Nachahmung der Methode, deren sich die Natur bei der Schaffung der riesigen Ölpalmenbestände im 1 ) Raubbau bedeutet die Verschwendung menschlicher Arbeitskräfte und die unnütze Vernichtung wirtschaftlicher Werte. Bei der Wanderbrandwirtschaft verschafft sich der Tropenbewohner mit einem M i n i m u m von Aufwand seinen Lebensunterhalt, ohne daß er ihm lebenswichtige Güter zerstört. Nur bei der Umwandlung von Wald in Steppen gefährdet er seine Zukunft. Das Gleichgewicht, in dem sich meist seine Wirtschaft befindet, wird freilich gestört, wenn die Bevölkerung stark zunimmt oder der Eingeborene sich der Kultur von Handelsgewächsen zuwendet. Darm wird eine Ausdehnung der Anbaufläche nötig und es ergibt sich die überaus wichtige Aufgabe, den Anbau dauernd an die gleiche Fläche zu binden. Man wird den Eingeborenen aber nur dann von der Wanderkultur abbringen können, wenn man ihm zeigen kann, daß er mit weniger Arbeit dieselben Erträge erzielen kann. Die Möglichkeit, dem Boden dauernde Fruchtbarkeit zu verleihen, ist durch die Einfügung von Gründüngung in eine bestimmte Fruchtfolge durchaus gegeben. (Wo Viehzucht möglich ist, auch durch Schaffung organischer Dünger, gegebenenfalls in Verbindung mit Pflugkultur.) Der Anbau von Handelsgewächsen wird sogar die Anwendung von billigen Kunstdüngern gestatten und verlangen.

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Waldgebiet von Westafrika bedient hat, wozu der Neger nur insofern beigetragen hat, als er die zufällig aufkommenden Ölpalmen schonte. Auf genau die gleiche Weise sind auch die ausgedehnten Kautschukvolkskulturen in Niederländisch-Indien entstanden. Der Eingeborene kam also in den Besitz von tragenden Kakaofarmen ohne den geringsten Kapitalaufwand und mit einem Minimum von Arbeit. Freilich erforderte die Ernte, die Aufbereitung und der Transport des Kakaos ein erhebliches Maß von Arbeit, selbst wenn die Pflege der Pflanzung auf das Notwendigste beschränkt blieb. Welche Triebfedern, welche seelischen Kräfte brachten nun den Neger zu erhöhter Tätigkeit und halfen ihm die ihm zugeschriebene Trägheit, Anspruchslosigkeit und Kurzsichtigkeit überwinden? Das Urteil, daß der Eingeborene faul sei, ist oberflächlich, weil es europäische Maßstäbe anwendet. Faulheit und Fleiß sind relative Eigenschaften, es gibt faule und fleißige Eingeborene, wie es faule und fleißige Europäer gibt. Der einzelne Eingeborene kann in dieser Hinsicht nur mit seinen Rassegenossen unter gleichen sozialen und wirtschaftlichen Umständen verglichen werden. Wozu sollte der Eingeborene sich noch besonderen Anstrengungen unterwerfen, sobald in der geschlossenen Hauswirtschaft die Aufrechterhaltung der Dorfgemeinschaft gesichert war? Ebensowenig ist der Tropenbewohner anspruchslos, er ist vielmehr innerhalb gewisser Grenzen sogar begehrlich. Er gewöhnt sich schnell an neue Bedürfnisse, besonders wenn deren Befriedigung sein Selbstgefühl steigern kann, und er ist auch bereit, hierfür Arbeit zu leisten, wenn sie im Verhältnis zu den erstrebten Gütern ein gewisses Maß nicht überschreitet. Die mangelnde Voraussicht freilich hat sich bisher als unausrottbar erwiesen, der Eingeborene ist immer bereit, für Tand und Trödel, für einen Leckerbissen seine Zukunft zu verkaufen. Die Kakaokultur an der Goldküste erforderte aber dank den günstigen Bedingungen keine große Voraussicht, so erwünscht sie auch gewesen wäre. Bei der Kakaokultur sah der Neger die Möglichkeit, mit vergleichsweise geringer Mühe große Gewinne zu machen. Die sichtbaren Ergebnisse des Nachbarn reizten seine Eitelkeit und die Eifersucht, es ihm gleichzumachen, bei sehr vielen Negern genügte auch schon der bloße Nachahmungstrieb. Sein Bedürfnis nach Geltung und Anerkennung, das sich hauptsächlich im Prunken mit Kleidung und auch Wohnung äußert, konnte leicht befriedigt werden und so wurden die Eingeborenen von einem förmlichen Kakaofieber ergriffen, das sich hemmungslos ausbreiten konnte und auf wirtschaftliche Krankheiten deutete. 8

Eingeborenenkultur und P l a n t a g e

c) W i r t s c h a f t s p o l i t i k Die W i r t s c h a f t s p o l i t i k der E n g l ä n d e r war f r ü h e r gek e n n z e i c h n e t d u r c h das „ L a i s s e z f a i r e , l a i s s e z a l l e r " . Der Grundsatz, das freie Spiel der Kräfte sich ungestört abrollen zu lassen, wurde aber stärker als anderswo in den westafrikanischen Kolonien und am ausgeprägtesten an der Goldküste durchgeführt. Die Regierung verzichtete auf jede Regelung der Wirtschaft und begnügte sich damit, Ruhe und Frieden im Lande zu erhalten sowie die Sicherheit des Lebens und des Eigentums der Bewohner zu gewährleisten. Zum Teil ist diese Erscheinung wohl dadurch zu erklären, daß die Flagge dem Handel folgte und nicht umgekehrt. Die Eingeborenen waren durch den Handel verwöhnt und verhätschelt worden und das englische Gouvernement war zu schwach und ohnmächtig oder zu bequem, um im Interesse des Landes dringend notwendige Maßregeln durchzuführen und die Eingeborenen vor ihrer eigenen Kurzsichtigkeit zu schützen. Die Art des Bodenbesitzes und die Bodenverteilung ist für jedes Land, dessen wirtschaftliche Grundlage die Landwirtschaft ist, von ausschlaggebender Bedeutung. An der Goldküste war wie wohl auf der ganzen Erde, auf früher Wirtschaftsstufe der Boden Gemeinbesitz. Der G r u n d g e d a n k e d e r A g r a r v e r f a s s u n g der E i n g e b o r e n e n war m i t g r ö ß e r e n o d e r k l e i n e r e n A b w e i c h u n g e n i m m e r der g l e i c h e : Der M a c h t h a b e r v e r w a l t e t als T r e u h ä n d e r d a s L a n d im A u f t r a g e u n d z u g u n s t e n der G e m e i n s c h a f t . Aus der Tatsache, daß das Land restlos zwischen den einzelnen Stämmen verteilt war, leiteten die Eingeborenen den Anspruch ab, unumschränkte Eigentümer des Bodens zu sein, und dieser Eigentumstitel ist von der englischen Regierung anerkannt worden, während sie die Forderung hätte durchsetzen müssen, als Vormund der Eingeborenen die Rechte der Machthaber auf sich zu nehmen. Versuche in dieser Richtung scheiterten an dem entrüsteten Widerstande der Eingeborenen, die eifersüchtig darüber wachen, daß ihre Rechte nicht gekürzt werden. Als die rücksichtslose Ausbreitung der Kakaokultur den ganzen Wasserhaushalt der betreffenden Gebiete bedrohte und die Erosion einen immer gefährlicheren Umfang annahm, brachte die Regierung die „Forest Ordinance 1911" ein, die dem Gouverneur die Befugnis verlieh, Forstreservate zu schaffen. Auch hiergegen legten die Eingeborenen mit Erfolg Verwahrung ein und erst 1926, nachdem unheilbarer Schade angerichtet war, gelang es, die allerdringlichsten Schutzmaßnahmen durchzuführen. 9

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Die Geschichte der „Forest Ordinance" ist ein beschämendes Zeugnis sowohl für die Unfähigkeit der englischen Verwaltung und für ihre Gleichgültigkeit gegenüber den Interessen der ihrem Schutz anvertrauten Bevölkerung wie auch für die Kurzsichtigkeit und Verblendung der Führerschicht unter den Negern, die trotz ihrer hohen Intelligenz, richtiger: Schlauheit, die Zukunft des Landes ihrem Eigensinn zu opfern bereit war. Tatenlos hat die Regierung auch der Vernichtung der früher blühenden Ölpalmennutzung zugesehen. Vor dem Aufkommen der Kakaokultur bildete die ölpalme das wirtschaftliche Rückgrat der Kolonie. Im Jahre 1902 wurden noch rund 17500 t Öl und 17000 t Palmkerne ausgeführt, im Jahre 1987 war der Export auf 453 t Öl und 7418 t Palmkerne eingeschrumpft. Die Maßnahmen der Regierung zur Hebung der Landwirtschaft setzten im Jahre 1888 mit der Bewilligung von 6000 Mark zur Anlage eines botanischen Gartens ein. Aus dieser Gründung ist die spätere landwirtschaftliche Verwaltung hervorgegangen. D a s „ A g r i c u l t u r a l D e p a r t m e n t " b i l d e t u n t e r dem G o u v e r n e u r e i n e n s e l b s t ä n d i g e n , g e s c h l o s s e n e n V e r w a l t u n g s k ö r p e r . Dem „Director of Agriculture" sind sämtliche landwirtschaftlichen Beamten unterstellt. Die Aufgabe der landwirtschaftlichen Verwaltung ist die Förderung der Landwirtschaft und die wichtigsten Mittel zu diesem Zweck sind: Anlage landwirtschaftlicher Versuchsstationen, Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten, Belehrung der Eingeborenen durch Wanderlehrer, landwirtschaftliche Ausstellungen, Mitarbeit der Missionen und gesetzliche Maßnahmen. 1891 wurde der botanische Garten in Aburi, 40 km nördlich von Akkra, gegründet, der hauptsächlich der Hebung der Kakaokultur dienen sollte. Ihm schlössen sich später Hauptstationen für den gleichen Zweck in Tarkwa in der Westprovinz, Kumasi (Aschanti) und Assuantsi an. Den Bemühungen der Verwaltung um die Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten blieb der Erfolg versagt. Zwar bedrohen Verfügungen der Oberhäupter („Bye laws") die Verwahrlosung der Farmen mit hohen Strafen, doch sind sie totes Papier geblieben, die Eingeborenen kümmerten sich einfach nicht darum. Eine neue Verordnung, die „Plant Ordinance", wurde 1923 erlassen, sie sollte dem Pflanzenschutz dienen, wurde aber ebensowenig befolgt. Die Einrichtung von Wanderlehrern wurde 1907 getroffen. Die weißen wie die farbigen Wanderlehrer sind mit Ausnahme der In10

Eingeborenenkultur und P l a n t a g e

strukturen den einzelnen Versuchsstationen unterstellt, auf denen sie sich auch während der Ruhepausen aufhalten. Der Director of Agriculture schreibt den Wanderlehrern nach Beratung mit den Lokalbehörden die Arbeit vor. Die Tätigkeit der farbigen Wanderlehrer wird durch weiße Beamte überwacht und unterstützt. Die Wanderlehrer unterrichten die Eingeborenen über Anbau, Aufbereitung, Bekämpfung von Krankheiten und Schädlingen usw., ferner legen sie bei Häuptlingen und einflußreichen Eingeborenen Musterfarmen an. Die Mitarbeit der Häuptlinge ist wertvoll, da ihr Beispiel für das Interesse oder Mißtrauen der Eingeborenen maßgebend ist. Die landwirtschaftlichen Ausstellungen sollen der Aufgabe dienen, das Interesse für verbesserte Kultur- und Aufbereitungsmethoden zu wecken. Zu diesem Zwecke wurden auch Prämien für gute Leistungen ausgesetzt. Die Ausstellungen scheinen gute Erfolge gezeitigt zu haben. Die Mitarbeit der Missionen an der Förderung der Kakaokultur ist für die Entwicklung von Bedeutung geworden. Die Missionsschulen ließen durch ihre Schüler Farmen anlegen. Wenn diese Schulfarmen gewissen Bedingungen genügten, erhielten die Schulen Beihilfen. Die farbigen Missionslehrer wurden auf Kosten der Regierung zu landwirtschaftlichen Kursen auf den Versuchsstationen eingezogen und mußten am Schluß ein Examen ablegen. Ein Prämiensystem suchte die Missionslehrer wie ihre Zöglinge zu höheren Leistungen anzureizen. Die gesetzlichen Maßnahmen zur Förderung der Landwirtschaft sind nicht zahlreich und haben auf den Gang der Dinge wenig Einfluß gehabt. Die Bestrebungen zur Verbesserung der Güte des Kakaos sind im wesentlichen unwirksam geblieben. Die 1934 erlassene „Cocoa Regulation Ordinance" teilte den Kakao zwangsmäßig in 5 Qualitäten, die Verfügung erfüllte jedoch ihren Zweck nicht, da die Inspektion an den Hafenplätzen ausgeführt wurde und die Firmen Gelegenheit hatten, guten und schlechten Kakao zu mischen, um innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen zu bleiben. Die Prüfung wurde darum 1937 größtenteils in die Erzeugungsgebiete selbst verlegt. In neuerer Zeit hat die Regierung einen neuen Weg zur Hebung der Güte des Kakaos und zur Erreichung anderer Ziele beschritten, der im weiteren Ausbau segensreich wirken kann, und zwar durch die Ausbildung des Genossenschaftswesens. Hierüber wird später noch ausführlicher zu berichten sein. Wenn man die Leistungen der landwirtschaftlichen Verwaltung überblickt, muß man zu dem Urteil kommen, daß sie trotz guten Willens keinen w e s e n t l i c h e n Einfluß auf die Entwicklung des 11

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Landes gewonnen hat. Einmal liegt der Grund hierfür in den geringen Aufwendungen für landwirtschaftliche Zwecke. Im Jahre 1912 waren nur 5 landwirtschaftliche Oberbeamte und 11 Assistenten in der gesamten Kolonie tätig, und erst die Reorganisation des landwirtschaftlichen Dienstes im Jahre 1919 brachte eine Verbesserung der Verhältnisse, zum größten Teil erklärt sich die Erfolglosigkeit aber aus Fehlern der Organisation. Der landwirtschaftliche Dienst tritt neben die politische Verwaltung als eigene Organisation, woraus sich unter afrikanischen Verhältnissen Reibungen ergeben müssen. Ohne die H i l f e der L o k a l b e h ö r d e n , h i n t e r d e n e n die p o l i t i s c h e M a c h t s t e h t , ist aber die L a n d w i r t s c h a f t der E i n g e b o r e n e n n i c h t in w i r k s a m e r W e i s e zu fördern. Die Arbeit des landwirtschaftlichen Dienstes kann daher nur dann fruchtbar werden, wenn die landwirtschaftlichen Beamten in der Provinz den Lokalbehörden unterstellt werden. d) V e r k e h r s w e s e n A u c h im A u s b a u d e s V e r k e h r s w e s e n s h a t s i c h d a s engl i s c h e G o u v e r n e m e n t v o n der E n t w i c k l u n g t r e i b e n l a s s e n , obwohl die Schaffung von Verkehrsmöglichkeiten das unmittelbar wirksamste Mittel ist, die Wirtschaft eines Landes zu fördern. Zwar wurde schon in den Jahren 1898—1904 eine Bahnverbindung zwischen dem Hafen Sekondi und Kumasi (Aschanti) aus strategischen Gründen beschleunigt hergestellt, dagegen wurde die Bahn Akkra—Kumasi, welche die Kakaogebiete des Ostens dem Verkehr zugänglich macht, erst 1910 begonnen und 1923 fertiggestellt. Die Zentralprovinz wurde in den Jahren 1910—1927 durch einen von Station Huni Valley an der Westbahn nach Osten abzweigenden Schienenstrang mit Endstation Kade erschlossen. Der Kakao aus der Zentralprovinz wird jedoch größtenteils auf Autowegen nach den Ausfuhrhäfen Cape Coast, Saltpond und Winneba befördert. Ebenso wurde der Ausbau von Straßen erst von 1919 ab energisch in Angriff genommen, als der zunehmende Kraftwagenverkehr dazu zwang. Das Waldgebiet ist zwar überzogen mit einem Netz von Flüssen, die aber nur Kanuverkehr gestatten, für den europäischen Handel jedoch nichts leisten können. Allein der Voltafluß, der im Osten der Kolonie das Meer erreicht, hat früher für die Beförderung des Kakaos einige Wichtigkeit gehabt. Die Küstenlinie in ihrer einfachen Form begünstigt wenig die Schiffahrt, zumal die Mündungen der Flüsse durch Barren verschlossen 12

E i n g e b o r e n e n k u l t u r und P l a n t a g e

sind. In der Wahl der Haupthäfen sind die Engländer nicht glücklich gewesen. Elmina wäre der beste Hafen und der gegebene Hauptplatz des Landes gewesen, wie die Portugiesen mit seemännischem Instinkt erkannten. Der Platz wurde von den Engländern aufgegeben, weil das Gelbfieber zahlreiche Opfer forderte. Statt dessen wurde Akkra zur Hauptstadt ausersehen, die Landungsverhältnisse sind aber hier so ungünstig, daß der Bau einer Mole notwendig wurde, der jedoch die völlige Versandung des Hafens zur Folge hatte, so daß ständige und kostspielige Erweiterungen des Molenbaues erforderlich waren. Vorteilhafter ist die Wahl des zweiten Hafens Sekondi gewesen. Seit 1928 können auch Güter direkt von der Bahn in dem Tiefwasserhafen Takoradi bei Sekondi in das Schiff verladen werden, während in den anderen Häfen das Löschen und Laden auf offener Reede mit Hilfe von Brandungsbooten erfolgen muß. Das geringe Verständnis des englischen Gouvernements gegenüber dem Verkehrsproblem hatte ungewollt auch ihre gute Seite. Die allzu stürmisch verlaufende Ausbreitung der Kakaokultur wurde in heilsamer Weise gebremst. e) H a n d e l Der H a n d e l h a t bei der A u s b r e i t u n g der K a k a o k u l t u r eine ü b e r r a g e n d e u n d v e r h ä n g n i s v o l l e R o l l e g e s p i e l t . Indem er Flitter und Tand als Lockmittel gebrauchte, schmeichelte er den Besitzinstinkten und dem Anerkennungsbedürfnis des Negers und trieb diesen unwiderstehlich auf dem Wege der Vergrößerung der Anbauflächen weiter. Der europäische Handel stößt fast überall in den Tropen bei dem Ankauf von Exporterzeugnissen der Eingeborenen auf ähnliche Voraussetzungen. Eine vergleichsweise dünne, schwerfällige und träge Bevölkerung ist dem regen Wettbewerb der europäischen Firmen ausgesetzt und wir begegnen daher in verschiedenen Gebieten und bei verschiedenen Erzeugnissen einer gleichartigen Ausgestaltung des Handels. Immer schlägt der Händler zwangsmäßig die gleichen Wege ein und fast immer wieder gerät er in die gleiche Sackgasse, wenn dem natürlichen Lauf der Dinge nicht Zügel durch Maßnahmen der Regierung angelegt werden. Der Kampf um die Arbeits- und Kaufkraft des Eingeborenen muß zu einer weitgehenden Dezentralisation des Handels führen, denn die Vielzahl der zerstreuten kleinen Erzeuger macht einen verzweigten Zwischenstellenhandel unvermeidlich. Der u n g e h e m m t e W e t t b e w e r b der F i r m e n , v o n d e n e n s i c h j e d e durch ungesunde B e v o r s c h u s s u n g des Zwischenhänd13

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lers u n d des P r o d u z e n t e n einen m ö g l i c h s t g r o ß e n Teil der W a r e s i c h e r n will, h a t d a n n i m m e r die g l e i c h e n F o l g e n oder es d r o h e n zum m i n d e s t e n die gleichen G e f a h r e n : Vers c h l e c h t e r u n g des P r o d u k t e s , D e m o r a l i s i e r u n g der Bev ö l k e r u n g , M a n g e l an L e b e n s m i t t e l n und V e r w ü s t u n g des B o d e n s . Der Werdegang des Kakaohandels an der Goldküste ist hierfür ein lehrreiches Beispiel, wie wir später sehen werden. Die Entwicklung des Weltmarktes war dem Aufblühen der Kakaokultur an der Goldküste günstig. Durch den wachsenden Wohlstand der Massen in Europa und namentlich in Amerika, waren Kakao und Schokolade Massenverbrauchsgüter geworden, die Nachfrage, die sich früher mehr auf Edelkakao beschränkt hatte, wandte sich dem gewöhnlichen Konsumkakao zu, so daß die steigende Erzeugung der Goldküste glatten Absatz fand. Die Hochkonjunkturzeiten von 1906—1908 und 1919—1920 brachten hohe Gewinne und spornten zu Neupflanzungen an. Der lästige Wettbewerb des Sao Thome-Kakaos konnte bald ausgeschaltet werden. Die Engländer entdeckten plötzlich, daß die Portugiesen bei der Anwerbung und Behandlung der Pflanzungsarbeiter nicht mit der erforderlichen Menschlichkeit verfuhren. Eine Pressepropaganda prangerte die wirklichen und angeblichen Mißstände an und würde durch den Boykott des Sao-Thome-Kakaos durch englische Schokoladenfabriken wirksam unterstützt. Hierbei kamen den Engländern auch noch andere, in der Art des Kakaoanbaus begründete Umstände zu Hilfe, die den Niedergang der Pflanzungen auf SaoThome beschleunigten. Der Markt gestaltete sich auch insofern günstig, als die Schokoladenindustrie es gelernt hatte, durch eine Nachbehandlung den Gütegrad von minderwertigem Kakao zu erhöhen. 4. Die Eabaokultur Die Kakaokultur nahm ihren Ausgang vom Südosten der Kolonie and verbreitete sich über das ganze Waldgebiet bis an die Grenzen der Savanne, soweit die Verkehrsverhältnisse den Abtransport zuließen und die Gebiete genügend dicht besiedelt waren. Die meisten Pflanzungen sind 1 / 2 —2 ha groß, es gibt aber auch Farmen bis zu einer Größe von 10 und mehr ha. Die Zahl der B a u e r n w i r d auf 800000 g e s c h ä t z t , die A n b a u f l ä c h e auf r u n d 500000 ha, so d a ß auf d e n e i n z e l n e n F a r m e r d u r c h s c h n i t t l i c h 1,5 ha e n t f a l l e n . Bei einer Gesamterzeugung von 800000 t Kakao, wie sie im Jahre 14

E i n g e b o r e n e n k u l t u r und P l a n t a g e

1936 erreicht wurde, beträgt die Jahresproduktion der einzelnen Farm im Mittel 1 t Kakao. Diesen Berechnungen fehlen aber sichere Unterlagen und sie können als Schätzungen nur Anhaltspunkte geben. Zum Anbau gelangten wie allgemein in Westafrika ForasteroSorten, welche im Vergleich zu den edleren Criollo-Sorten fruchtergiebiger, härter und widerstandsfähiger sind. Oben wurde geschildert, wie sich die Eingeborenen, beinahe ohne die Hand zu rühren, unter listiger Ausnützung ihrer altgewohnten Wirtschaftsweise ertragsreife Kakaofarmen schufen. Es wurde schon erwähnt, daß der Neger den Kakaobaum bis zur Ertragsreife sich selbst überläßt, sobald der Anbau von Nahrungsmittelgewächsen ein Ende hat. Er läßt in dieser Zeit wachsen, was nur wachsen will. Dies Verfahren ist oft als nachlässig getadelt worden, hat aber in Wirklichkeit seine großen Vorzüge. Es ist verkehrt, Erfahrungen und Maßstäbe heimischer Wirtschaft in die Tropen mit anderer Sonne und Regendichte zu übertragen. Die wilde Vegetation tut dem Kakao wenig Abbruch, sie bildet aber eine Decke, die den Boden vor übermäßiger Erwärmung, vor Dichtschlagen und Abspülung beschirmt und sie wirkt humusanreichernd. Sie i s t s i c h e r f ü r B o d e n u n d B a u m b e k ö m m l i c h e r u n d g e s u n d e r als die e n g l i s c h e E r f i n d u n g des „ C l e a n w e e d i n g " , die wohl den v o l l e n d e t s t e n Weg zur V e r ö d u n g des B o d e n s d a r s t e l l t und auf den Plantagen in Ostindien viel Unheil angerichtet hat. Allgemein haben die Eingeborenen die Neigung, die optimale Anzahl Pflanzen je Hektar zu überschreiten und so pflanzten sie auch den Kakao sehr eng, etwa 1500 Bäume je Hektar in unregelmäßigem Pflanzverband. Immerhin hat der kurze Abstand den Vorteil, daß die Bäume, wenn sie erwachsen sind, sich gegenseitig beschatten und daß dann das Unkraut weitgehend unterdrückt wird. Das dichte Laubdach bildet auch einen. Bodenschutz und übernimmt damit die Funktion, welche die wilde Vegetation im Jugendstadium des Kakaos erfüllt: Weder kann die Sonne den Boden erhitzen, noch bewirken Schlagregen eine Verschlammung. Annähernd wird dabei der gleiche Zustand erreicht, wie er ideal im Urwald besteht. Die abfallenden Blätter bilden eine Decklage und sorgen für die Humuserneuerung. Der dichte Pflanzverband hat durch die große Anzahl Bäume je Hektar auch die Wirkung, daß die Farm schnell hohe Erträge liefert, freilich auf Kosten der Langlebigkeit. Wenig Mühe wird auch an die Bekämpfung von Krankheiten und Schädlingen verwandt, aber in dem Umstände, daß die Pflanzungen zerstreut im Walde liegen, ist schon eine gewisse Gewähr gegeben, 15

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daß sich Schädlinge nicht ungebührlich vermehren können, da das Gleichgewicht in der Natur nur wenig gestört ist. Mit Recht lehnten die Eingeborenen es ab, den Krankheiten und Schädlingen mit Spritzen und Chemikalien zu Leibe zu gehen, wie es ihnen vorgeschrieben wurde. Solche Maßnahmen müssen bei einer extensiven Kultur immer unzweckmäßig und unwirtschaftlich bleiben. E r f o l g v e r s p r i c h t h i e r a l l e i n die B e k ä m p f u n g auf biolog i s c h e r G r u n d l a g e : E s k o m m t d a r a u f a n , die W i d e r s t a n d s f ä h i g k e i t der K u l t u r p f l a n z e d u r c h V e r b e s s e r u n g i h r e r L e b e n s b e d i n g u n g e n zu e r h ö h e n u n d die A n g r i f f s k r a f t des S c h ä d l i n g s d u r c h E r s c h w e r u n g s e i n e s D a s e i n s zu s c h w ä c h e n . Bei der Braunfäule, die ja die Folge eines Kulturfehlers ist, aber an der Goldküste nur in einzelnen Gegenden beträchtlichen Schaden anrichtet, lohnt sich das Spritzen selbst bei intensiver Kultur nicht. Zur Aberntung wird die Farm oberflächlich gesäubert. Das fünfte Jahr bringt die Erstlingsernte. Die Haupterntezeit fällt in die Monate September/Oktober bis Januar/Februar, eine kleine Ernte (5 bis 10°/0 der Gesamternte) wird in den Monaten Mai/Juni eingebracht. Während der Haupternte werden die Früchte 3—5 mal von den Bäumen gesammelt. Die l a n g e Zeit z w i s c h e n d i e s e n S a m m e l R u n d g ä n g e n z w i n g t d a z u , ü b e r r e i f e , Vollreife u n d u n r e i f e F r ü c h t e v o n den B ä u m e n a b z u n e h m e n . Die F o l g e i s t ein u n g l e i c h m ä ß i g e s , m i n d e r w e r t i g e s E r z e u g n i s , wozu auch die unvollkommene Fermentation beiträgt, die bei den kleinen Mengen, über die der einzelne Farmer meist nur verfügt, technische Schwierigkeiten bereitet. Der Ertrag wird bei volltragenden Beständen auf 500—600 lbs. Kakao je acre (560—680 kg je ha) geschätzt, eine für eine so extensiv betriebene Kultur sehr beträchtliche Leistung. Es wurden sogar Erträge bis über 1500 kg je ha festgestellt. Die Lebensdauer der Farmen steht noch nicht ganz fest, sie wird im einzelnen verschieden und nicht einheitlich sein. Da die Anlagen der ersten größeren Ausbreitungen überaltert sind, kann man wohl eine Ertragsdauer von 20—25 Jahren annehmen. Mit dem Alter nimmt die Widerstandsfähigkeit gegenüber Schädlingen und Krankheiten ab und die Zahl der absterbenden Bäume steigt. Hierbei entstehen Lücken, die sich von selbst weiter ausdehnen, weil nun die Sonne ungehinderten Zugang hat. Die w i c h t i g s t e F o r d e r u n g u n d d a s G e h e i m n i s des E r f o l g e s bei der K a k a o k u l t u r ist ein vollk o m m e n g e s c h l o s s e n e s K r o n e n d a c h , das nur durch beständiges Nachpflanzen der Fehlstellen erreicht werden kann. Die alten Pflan16

Eingeborenenkultur und Plantage

zungen verloren auch mit der Zeit den Schattenschutz, den die großen Urwaldbäume gewährt hatten, die bei der ersten Urbarmachung des Landes stehen geblieben waren, denn diese starben größtenteils ab. Es unterliegt keinem Zweifel, daß bei rationeller Kultur die Bäume viel längere Zeit lohnende Ernten liefern würden. Da der Ausbreitung der Kultur vom Gesetzgeber keine Schranken gesetzt wurden, bepflanzte man auch Hänge und Hügel, ohne Vorkehrungen gegen die Bodenabspülung zu treffen. In den alten Gebieten der Kakaokultur wollte man den Ausfall der abgetragenen Pflanzungen durch Neuanlagen wettmachen, auch ging man ohne weiteres zu Neurodungen über, wenn etwa die Erträge nicht befriedigten, weil bei der Anlage Kulturfehler gemacht waren. Die Folge solcher Waldvernichtung war, daß starke Abschwemmungen stattfanden, die das Land in unfruchtbare Öden verwandelten, und daß die tiefer gelegenen Teile unter Wasser gesetzt wurden, da der Wald nicht mehr als Regulator des Wasserabflusses wirken konnte. Der ganze Wasserhaushalt der betroffenen Gebiete wurde verschlechtert. Ebenso trieb man die Kakaokultur bis an die Grenze des Waldes vor, ohne darauf bedacht zu sein, einen schützenden Urwaldgürtel stehen zu lassen. Die trockenen Steppenwinde konnten dann ungehindert Kakao erreichen und brachten ihn zum Absterben. Zu beiden Übeln, der Zerstörung des Waldes an Berghängen und der Preisgabe der Kakaofarmen an trockene Winde, hat auch die Anlage von Nahrungsmittelfarmen ganz wesentlich beigetragen, zu der man in der Krise nach 1930 gezwungen war, weil man die Lebensmittelerzeugung nach dem Weltkriege aufgegeben hatte, um sich ausschließlich der Kakaokultur zu widmen. 5. Arbeiterfrage

Arbeiterfrage und Volkskultur scheinen sich zunächst wenig zusammenzureimen und selbst auszuschließen, denn mit dem Begriff „Volkskultur" verbinden wir die Vorstellung eines kleinbäuerlichen Familienbetriebes, in dem der Bauer mit seiner Familie die Feldarbeit besorgt. Dies ist auch der Normalfall im Beginn jeder Volkskultur. Bald aber wächst die Anbaufläche unter dem Antrieb des Handels über die Leistungsfähigkeit einer Familie hinaus, die Verführung zu übermäßiger Ausdehnung der Kultur ist besonders stark bei Dauerkulturen, welche den Nahrungsmittelgewächsen bei der Brandwanderwirtschaft folgen, wie Kakao und Kautschuk, weil hier nur ein Minimum von Mühe erforderlich ist. Wenn die Arbeiten nicht über das ganze Jahr gleichmäßig verteilt sind, sondern sich zu gewissen Zeiten, namentlich der Ernte, häufen, wird das Bedürfnis nach 2

Deko IV

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fremder Hilfe noch verstärkt. Es ist eine allgemeine Erscheinung, daß starke Gewinne abwerfende Volkskulturen eine Sachsengängerei im Gefolge haben. Der Geldstrom lockt Männer aus weniger bevorzugten Nachbargebieten an, sei es, daß diese dem Verkehr nicht erschlossen oder zu dicht besiedelt oder daß sie von der Natur stiefmütterlich bedacht sind. So wandern Javanen nach Südsumatra zur Ernte von Kaffee und Pfeffer. Aber auch eine Kultur wie die von Kautschuk mit gleichmäßig bleibenden Ansprüchen an die Arbeit zieht fremde Arbeitskräfte an: Javanen arbeiten in den Kautschukfarmen von Borneo und Sumatra, aus den dicht bevölkerten Teilen der Westküste von Sumatra ziehen Arbeiter in die Kautschukdistrikte von Djambi und Indragiri. Dabei bleibt der Charakter der Familienwirtschaft vorläufig noch gewahrt. Das Verhältnis der Bauern zu ihren Arbeitern ist ein durchaus gemütliches, denn die Helfer arbeiten als Teilbauern, d. h. sie werden mit einem Teil des Rohertrages bezahlt, sie sind daher am Arbeitserfolg ebenso interessiert wie der Bauer, ihr Lohn ist abhängig von der eigenen Leistung. Sie genießen daher eine große Arbeitsfreiheit, der Bauer hat keinen Einfluß auf die Intensität, die Regelmäßigkeit und die Güte ihrer Arbeit, dafür hat er aber den Vorteil, daß der Betrieb nie mit Verlust arbeiten kann, mag die Ernte noch so schlecht ausfallen und mögen die Preise noch so niedrig sein. Wenn an Stelle des Warenlohns der Geldlohn eingeführt wird, und das ist die Voraussetzung einer straffen Wirtschaftsführung, haben die kameradschaftlichen Beziehungen zu den Arbeitern ein Ende, und es ist in solchen Fällen häufig zu Konflikten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Niederländisch-Indien gekommen, aber dann ist eine derartige Wirtschaftsform auch nicht mehr als Volkskultur im eigentlichen ursprünglichen Sinne zu bezeichnen. Wenn die Kultur sehr rentabel ist, so verzichten die Bodenbesitzer sehr häufig ganz auf die persönliche Mitarbeit, sie werden dann zu Drohnen. Bei größerem Besitz hält sich der Bauer überhaupt nicht mehr auf der Farm auf und verlegt seinen Wohnsitz in eine größere Niederlassung, damit ist er entwurzelt und hat jede Beziehung zu seinem Grund und Boden verloren. So wird die V o l k s k u l t u r die U r s a c h e v o n s c h w e r e n s o z i a l e n S c h ä d e n u n d der R e i c h t u m , der den E i n g e b o r e n e n p l ö t z l i c h u n v e r d i e n t in den S c h o ß g e f a l l e n ist, wird i h n e n zum F l u c h . Dieser Entwicklungsgang ist in typischer Ausbildung bei der Kakaokultur an der Goldküste zu verfolgen. I n der u r s p r ü n g l i c h e n s e l b s t g e n ü g s a m e n H a u s w i r t s c h a f t des N e g e r s war die F r a u der T r ä g e r der W i r t s c h a f t . Auf ihr 18

Eingeborenenkultur und Plantage

lastete auch die Feldwirtschaft, die der Mann als unwürdig ablehnte, nur am Schlagen und Brennen des Waldes war er beteiligt. Diese Arbeitsteilung ergibt sich zum Teil aus der mutterrechtlichen Familienverfassung, zum Teil aber aus der Verpflichtung des Mannes zum Schutze der Familie gegen Feinde. Hierin brachte die Einführung der Kakaokultur eine Umwälzung, neue Bedürfnisse wurden geweckt, und der M a n n nahm b e i der E x p o r t k u l t u r d i e H a u p t a r b e i t auf sich. Die Männerarbeit ist aber keineswegs allgemein durchgeführt. Der Aschanti verabscheut auch heute noch die Farmarbeit und läßt sie durch Hörige ausführen, soweit er sich nicht bezahlter Arbeit bedient. Im Anfang bearbeitete der Bauer mit seiner Familie die Farm. Die in der Erntezeit sich stark häufende Arbeit führte zunächst dazu, daß für den Transport des Kakaos, der in der Frühzeit wie das Palmöl in rollenden Fässern befördert wurde, Lohnarbeiter sowohl für den Handel wie den Farmer Dienst taten. Später bürgerte sich die Lohnarbeit allgemein ein, und es hatte auch der kleine Farmer meist einen Arbeiter während der Hauptsaison. Die Wanderarbeiter kommen für die Haupternte aus der Nordprovinz der Goldküste oder aus den benachbarten französischen Kolonien, wo die Erhebung der Kopfsteuer zu Geldverdienst zwingt. Zuweilen bringen die Saisonarbeiter auch ihre Familie mit. Sie kommen in der Eegel Mitte Oktober an und sind für sechs Monate beschäftigt, um dann in die Heimat zurückzukehren. Die Entlohnung ist verschieden. Neben der Verpflegung erhält der Arbeiter 20—38% des Erlöses aus dem Verkauf des Kakaos. Nach Stämmen getrennt haben die Sachsengänger auch Dauersiedlungen mit Lebensmittelfarmen unter eigenen Häuptlingen, wo sie bei ihrer Ankunft zunächst einen Halt finden können. In guten Jahren verdiente der Wanderarbeiter etwa £ 8,—, während einer Saison, wovon er £ 4—5 nach Hause bringen konnte. Die ganze Kultur ist also abhängig geworden von bezahlten Arbeitskräften, wenn auch, wie oben erwähnt, die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern freundschaftlicher Art sind. Meist kehrt auch der Saisonarbeiter zum gleichen Bauern zurück. In den Jahren der Haussepreise entwöhnte der Bauer sich vielfach ganz der Arbeit und überließ sie den Saisonarbeitern, wobei er zum Parasiten herabsank. Noch bedenklicher gestalteten sich die Verhältnisse auf den größeren Farmen, wo der Absentismus des Eigentümers sehr häufig wurde, sei es, daß er die Bewirtschaftung einem Verwandten übergab oder daß er die Pflanzung verpachtete. I m ersten Falle besucht er die Farm ab und zu zur Kontrolle. Die Verteilung des Ertrages erfolgt dann in der Weise, daß ein Drittel 2*

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dem Eigentümer zufällt, ein Drittel dem Verwalter bzw. Pächter und ein Drittel den Arbeitern. Die Teilung des Rohertrages, der Teilbau, bildet eine der ältesten Formen der Bodenbewirtschaftung und begünstigt emporstrebende Arbeiter. So haben auch viele tüchtige Saisonarbeiter sich eigene Kakaofarmen gekauft und arbeiten für eigene Rechnung. Das System der Sachsengängerei ist zu einem Krebsschaden der Kakaokultur geworden. Während die Kolonialmächte im allgemeinen bemüht sind, Nomaden zu seßhaften Ackerbauern zu erziehen und sie an den Boden zu binden, ist hier im größten Stil eine Bevölkerung dem Boden entwurzelt worden, was um so mehr zersetzend wirken muß als meist n u r M ä n n e r w a n d e r n . Die Z a h l der W a n d e r a r b e i t e r ist auf m i n d e s t e n s 800000 zu s c h ä t z e n . Diese Männer leben 8 Monate des Jahres (die Wanderzeit eingerechnet) von ihren Familien getrennt. E s ist e i n l e u c h t e n d , d a ß s o l c h e V e r h ä l t n i s s e alle S t a m m e s b i n d u n g e n u n d alle F a m i l i e n b a n d e m e h r o d e r w e n i g e r l o c k e r n u n d l ö s e n m ü s s e n . Daß diese Scharen frauenloser Männer auch in den Kakaogebieten selbst zur Zerrüttung des Familienlebens beitragen, liegt auf der Hand. 6. Leistung und Vergütung

Es ist von Interesse, die Leistung und Vergütung von Bauer und Pflanzungsarbeiter miteinander zu vergleichen. Wenn auch die Grundlagen für diese Berechnung nicht ganz sicher sind, so ergeben sich doch wichtige Hinweise. Nach „Colonial Reports-Annual Nr. 1836, Gold Coast 1936/37" betrug die Kakaoerzeugung in einem typischen Kakaodorf der Zentralprovinz mit 201 Familien, welche an arbeitsfähigen Mitgliedern 174 Männer und 180 Frauen stellten, je Kopf 430 kg. Man schätzt den jährlichen Arbeitsaufwand je ha auf 150 volle Arbeitstage und den Ertrag je ha auf 560 kg (500 lbs. je acre) Kakao. Bei einer Pflanzung beträgt der jährliche Arbeitsaufwand je ha 250 Arbeitstage und der Ertrag 800 kg Kakao. Hiernach berechnet sich der Ertrag je Arbeitstag auf 3,7 kg Kakao beim Bauern und auf 3,2 kg Kakao beim Pflanzungsarbeiter. Die Jahresproduktion beziffert sich beim Bauern (s. oben) je Kopf auf 430 kg, bei dem (300 x 800) Pflanzungsarbeiter bei 300 Arbeitstagen auf — = 960 kg. In diesen Zahlen bestätigt sich die a l t e E r f a h r u n g , d a ß 1. bei e i n e r S t e i g e r u n g des A u f w a n d e s , d. h. bei I n t e n s i v i e r u n g d e r W i r t s c h a f t , wie sie bei der P f l a n z u n g s t a t t f i n d e t , die auf die E i n h e i t des A u f w a n d e s e r z i e l t e E r n t e m a s s e s i n k t , 20

Eingeborenenkultur und P l a n t a g e

u n d d a ß 2. der E i n g e b o r e n e u n t e r e u r o p ä i s c h e r L e i t u n g h ö h e r e W e r t e s c h a f f t als in seinem e i g e n e n B e t r i e b e . Die baren Einnahmen je Person belaufen sich in den Betrieben der Goldküste bei einer Jahreserzeugung von 430 kg Kakao und einem Preise von 5 d je kg auf 179 sh. Der Pflanzungsarbeiter in Kamerun empfängt bei einem Tagelohn von 6 d jährlich 150 sh. Die baren Einkünfte, die ein Maßstab für die durch Arbeit erzielte Kaufkraft sind, unterscheiden sich also nicht erheblich. Berücksichtigt man noch, daß der Pflanzungsarbeiter neben anderen Vergünstigungen freie Verpflegung erhält, die sich der Farmer erst kaufen oder durch Arbeit schaffen muß, so steht sich der erstere eher noch besser. Natürlich ist in Betracht zu ziehen, daß der Pflanzungsarbeiter 300 Tage im 150 X 430 Jahre arbeitet, der Farmer aber nur = 115 Arbeitstage. DOU Die Entschädigung des letzten ist von den Marktpreisen abhängig, sie steigt und fällt mit diesen. In der Schrift „The Cultivated Resources of the Gold Coast 1938" wird noch das folgende Beispiel gegeben: Bei einem Preise von 32 £ je t Kakao in London erhält der Bauer durchschnittlich £ 21 /—, der Erlös wechselt mit der Verkehrslage. Für den häufigen Fall, daß der Eigentümer die Farm verpachtet hat und der Pächter mit bezahlten Arbeitern wirtschaftet, werden, wie oben geschildert wurde, die Einkünfte gleichmäßig unter den Parteien verteilt. Eigentümer, Pächter und Arbeiter erhalten also je ein Drittel. Bei einem Ertrage von 600 lbs je acre, wie er in diesem Beispiel angenommen ist, kommen daher jeder Partei ^ 1 / 1 7 / 4 zu. Bei e i n e m A r b e i t s a u f w a n d v o n 60 T a g e n j e a c r e e r h ä l t der A r b e i t e r e i n e n T a g e l o h n v o n 7 d, also b e i n a h e den g l e i c h e n L o h n wie der P l a n t a g e n a r b e i t e r . Bei Beurteilung der Löhne darf man aber nicht außer acht lassen, daß der Farmarbeiter die Chance hat, bei höheren Preisen mehr zu verdienen (bei niedrigeren freilich auch weniger) und daß er nicht der gleichen Arbeitsdisziplin unterworfen ist wie auf einer Plantage. Auf der anderen Seite hat der Plantagenarbeiter den Vorteil einer guten Unterkunft, freier ärztlicher Versorgung und eines risikolosen, gesicherten Lebensunterhalts. 7. Verwendung des Einkommens

Ein ungeheuerer Geldstrom ergoß sich in den Zeiten der Hochkonjunktur in die Kakaogebiete der Goldküste, und die Verwendung dieser Mittel durch den Neger ist für die sozialökonomische Bewertung der Kakaokultur von größter Bedeutung. Bei weitem den größten 21

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Anteil nehmen die Ausgaben für Kleidung ein, also für Flitter und Tand zur Befriedigung der Eitelkeit, in zweiter Linie folgen Aufwendungen für bessere Wohnungen, für Komfort und für europäische Genuß- und Lebensmittel (Konserven, Tabak, Alkohol u. dgl.). Es ist in dieser Hinsicht bezeichnend, daß von dem Boykott der europäischen Waren, von dem später berichtet werden wird, als lebenswichtig und -notwendig ausgenommen waren: „Sardinen, Petro'eum, Kerzen, Tabak und Streichhölzer". Erhebliche Mittel wurden auch für die prunkreiche Ausgestaltung von Hochzeiten und Begräbnissen gebraucht, da hiervon dem Herkommen gemäß das Ansehen und die Stellung in der Gemeinschaft abhängt. Schließlich verschlagen auch Bechtsstreitigkeiten große Summen. Da Landverkäufe von Grund und Boden häufig waren und da das Land nicht vermessen war, so ergab sich hier ein großes Feld für die Prozeßwut des Negers. Nur e i n s v e r m i ß t m a n in d i e s e r L i s t e : A u s g a b e n f ü r w e r b e n d e , p r o d u k t i v e Z w e c k e ! Wenn zugunsten der Eingeborenenkulturen das Argument angeführt wird: „Das Geld bleibt im Lande", so stimmt das zum mindesten nicht, wenn der Entwicklung und der Einwirkung durch den Handel freier Lauf gelassen wird. Unter solchen Umständen demoralisiert das Geld den Eingeborenen, es degradiert ihn als Bauern und macht ihn zum Spekulanten und entwurzelten Proletarier. Schon dem Europäer wird plötzlich in den Schoß geworfener Beichtum selten zum Segen, beim Tropenmenschen führt ein Boom zu grotesken Erscheinungen. Freilich nimmt der Tropenbewohner nicht so leicht Schaden an seiner Seele wie der Europäer, weil sein Lebensstandard sehr elastisch ist und er sich leicht anpassen kann. Der ärmste Eingeborene setzt sich mit gleicher Selbstverständlichkeit in ein Luxusauto, wie ein anderer aus einem Palast in eine verfallene Hütte übergeht, ohne das seelische Gleichgewicht zu verlieren. Gleichwohl kann nur bei zielbewußter Steuerung der Wirtschaft die Volkskultur dem Eingeborenen zum Segen werden. 8. Landeigentum

Wie schon erwähnt wurde, war der Grund und Boden ursprünglich unveräußerlicher Besitz der Gemeinschaft. Der Begriff des Individualeigentums an Land war der Denkweise des Negers ursprünglich fremd, wohl kannte er ein persönliches, vererbbäres Nutzungsrecht an bestimmten Bäumen. U n t e r dem E i n f l u ß der K a k a o k u l t u r a l s D a u e r k u l t u r h a t s i c h n u n ein B e s i t z r e c h t am B o d e n h e r a u s g e b i l d e t , das p r a k t i s c h dem P r i v a t e i g e n t u m g l e i c h k o m m t . An sich wäre diese Entwicklung zu begrüßen, denn die E i n f ü h r u n g 22

Eingeborenenkultur und Plantage

des I n d i v i d u a l e i g e n t u m s ist die e r s t e V o r a u s s e t z u n g f ü r die H e b u n g der L a n d w i r t s c h a f t der E i n g e b o r e n e n , denn nur dann wird der einzelne mehr Arbeit und Kapital in einem Stück Boden investieren, wenn er die Sicherheit hat, daß die Früchte seiner Arbeit auch ihm und seinen Nachkommen zugute kommen. Bei periodischer Verteilung des Bodens kann man vom Bauern keine besondere Pflege erwarten, da er fürchten muß, daß er von etwaigen Meliorationen oder Düngungen keinen Nutzen haben wird. Den E i n g e b o r e n e n zum w i r k l i c h e n H e r r n seines B o d e n s zu m a c h e n , m u ß d a r u m Ziel u n d I n h a l t j e d e r A g r a r r e f o r m in den T r o p e n sein. Aber an der Goldküste ist der Boden mit Einführung des Individualeigentums zum Geldobjekt, d. h. zum Handels- und Spekulationsobjekt geworden. Erhebliche Bodenflächen wurden verkauft und gekauft. Der Bauer wird vom Boden gelöst, während es das Streben jeder gesunden Agrarpolitik sein muß, den Boden jeder Spekulation zu entziehen und den Bauern an den Boden zu binden. 9. Handel

Es wurde bereits früher festgestellt, daß die englische Regierung auf eine Lenkung der Wirtschaft verzichtet und die Entwicklung dem Einfluß des Handels überlassen hat. Bei der vielköpfigen Schar kleiner Bauern, deren Farmen weit zerstreut und teilweise schwer zugänglich waren, war der Handel gezwungen, eine weitverzweigte Aufkaufsorganisation aufzubauen. Die Hauptagenten haben ihren Sitz am Verschiffungsplatze, ihnen sind zahlreiche, im Lande verteilte, Faktoreien mit weißen Angestellten (1937: 130) unterstellt. Die Faktoreileiter beschäftigen unmittelbar ein Heer von farbigen Zwischenhändlern (1937: 1500), die ihrerseits wieder kleinere Händler in Dienst haben (1937: 37000) und diese besorgen hauptsächlich das Auf kaufgeschäft. Daneben gibt es noch eine Reihe kapitalkräftiger, selbständiger Händler (Syrer oder Neger), die meist einer bestimmten Firma den Kakao abliefern und die sich ihre eigene Ankauforganisation verschaffen. Der H a n d e l w i r k t also d u r c h die k l e i n e n f a r b i g e n Z w i s c h e n h ä n d l e r auf d e n E i n g e b o r e n e n ein, um ihn zur P r o d u k t i o n a n z u t r e i b e n , u n d zweifellos h a t dieses S y s t e m einen s t a r k e n A n s p o r n gegeben. Um seiner Firma den Kakao eines Bauern zu sichern, wird dem B a u e r n ein Vorschuß 1 ) in 1

) Um zu einer gerechten Beurteilung des Vorschußsystems zu gelangen, muß man berücksichtigen, daß die Tropenbewohner im allgemeinen erst zu Arbeitsleistungen geneigt sind, wenn sie einen Vorschuß erhalten haben. Vielfach ist die Vorschußpeitsche überhaupt das einzige Mittel, sie zu einer Tätigkeit anzu-

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Geld g e w ä h r t , mit dem er den Zeitraum zwischen den Ernten überbrücken kann. Da die Handelsfirmen in der Regel auch europäische Güter einführen, wird auch häufig ein Vorschuß in Waren gegeben. Das System mußte zu wucherischer Ausbeutung des Bauern führen, ganz abgesehen davon, daß dieser, wie überall in den Tropen, bei den Wägungen übervorteilt wird. Auch der Handel erlitt bei dieser Organisation zeitweise große Verluste. Die Händler, die den Handel an sich schon unnütz verteuerten, ließen sich nicht selten Veruntreuungen und Unterschlagungen zuschulden kommen. Die schlimmste Verführung für die Zwischenhändler zum Schwindel zeigt sich bei Veränderungen des Aufkaufpreises. Er muß in diesem Fall natürlich die Vorräte angeben, die er zum alten Preise noch aufgekauft hat und die in weitverstreuten und schwer kontrollierbaren Lägern aufgestapelt sind. Bei einem Preisfall wird er zum Nachteil der Firmen geneigt sein, den Bestand zu hoch zu veranschlagen und umgekehrt bei einer Preissteigerung Vorräte zu unterschlagen. Auch auf die Bauern haben Preisschwankungen einen schädlichen Einfluß. Bei einer Preiszunahme überhastet er die Ernte und bei einer Preissenkung läßt er die Früchte überreif werden, beides zum Schaden der Qualität. Freilich sind auch viele Fälle bekannt, bei denen die Neger bei niedrigen Preisen den Einnahmeausfall durch erhöhte Produktion auszugleichen suchten. Ein solches Verhalten ist immer notwendig und natürlich, wenn der Neger die Selbstversorgung mit Lebensmitteln aufgegeben hat und bei seinem Lebensunterhalt allein auf Kakao angewiesen ist und wenn er nicht in andere Erwerbsmöglichkeiten mit geringerem Arbeitsaufwand ausweichen kann. Die gleiche Erscheinung zeigt sich bei allen Dauerkulturen des Eingeborenen in Krisenzeiten. treiben. Daß mit der privaten Bevorschussung meist ein schlimmer Wucher Hand in Hand geht, kann nicht zweifelhaft sein. Der Übergang von der geschlossenen Haushaltung zum Handel und Geldverkehr ist immer durch Wucher und Vorschuß auf Arbeit oder Lieferung von Gütern gekennzeichnet. Es handelt sich um ein notwendiges Übel, das schwer aus der Welt zu schaffen ist. Die Eingeborenen selbst nehmen bei ihrer Mentalität auch eine nach europäischen Begriffen haarsträubende Ausbeutung nicht tragisch und das Verhältnis zu den Geldverleihern ist meist beinahe freundschaftlich. Verbote sind geeignet, die Mißstände zu mildern. In Kamerun wurde schon vor dem Weltkriege durch Verordnung vom 15. XI. 1912 verboten, den Eingeborenen Vorschüsse auf Kautschuklieferungen zu geben. Handelsgeschäfte entgegen dieser Bestimmung wurden als nichtig erklärt und die Forderungen waren nicht einklagbar. Das Verbot hat segensreich gewirkt. Eine durchgreifende Gesundung kann nur die geduldige Erziehung und Belehrung, sowie eine staatliche Regelung des Kleinkredits bringen, die freilich besondere Schwierigkeiten mit sich bringt.

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E i n g e b o r e n e n k u l t u r und P l a n t a g e

Die F o l g e d e r B e v o r s c h u s s u n g d e s K a k a o s w a r e i n e a l l g e m e i n e Q u a l i t ä t s v e r s c h l e c h t e r u n g . Der Bauer, der den Erlös für die zukünftige Ernte in der Tasche hatte, brachte der Einerntung und Aufbereitung kein besonderes Interesse mehr entgegen. D e r K a k a o h u n g e r d e r F i r m e n f ü h r t e d a z u , s i c h g e g e n s e i t i g zu überbieten und unterschiedslos für guten und schlechten K a k a o H ö c h s t p r e i s e zu z a h l e n . Den Aufkäufern fehlte bisweilen auch die nötige Warenkenntnis. Infolge ungenügender Trocknung verdarb der Kakao den Firmen zum Teil, teils konnten sie ihn nur zu Schleuderpreisen auf dem Markt anbringen. Einzelne Farmer gerieten derart in Verschuldung, daß sie keine Möglichkeit sahen, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Sie verpfändeten ihre Farmen, und der Gläubiger erntete den Kakao ab; dieser war nur darauf bedacht, seine Schuld zu decken, aber der Zustand der Pflanzung war ihm gleichgültig. Ebensowenig kümmerte sich der Bauer noch um die Farm, so daß diese verwildern mußte. Die Qualitätsverschlechterung nahm im Laufe der Zeit einen solchen Umfang an, daß die Vereinigten Staaten von Amerika, ein Hauptabnehmer des Goldküstenkakaos, sich gegen die Einfuhr minderwertigen Kakaos sperrten. Die englische Regierung sah der Entwicklung mit verschränkten Armen zu. Eine Beschränkung des Kredits an Eingeborene fand nicht statt, wohl wurde in der Frühzeit des Kakaohandels die Schuldhaft zugelassen, und die reichliche Anwendung dieses Mittels soll sich einige Zeit bewährt haben, obwohl es bedeutet, den Gaul am Schwanz aufzuzäumen. Der Handel verteidigte, wie überall in den Tropen, wo die Entwicklung zu gleichen Mißständen geführt hat, die schlimmsten Auswüchse, nämlich die wucherische Bevorschussung und die Verschlechterung der Qualität des Produkts mit den gleichen Gründen: Er zahle schon Höchstpreise, auch für die minderwertigen Erzeugnisse, Kredit sei Wesen und Voraussetzung jeden Handels, und minderwertige Qualitäten seien berechtigt, da sie ein Marktbedürfnis befriedigten. Da die englische Regierung aus Rücksicht auf die Handelsfreiheit nicht eingriff, sah sich der Handel auf Selbsthilfe angewiesen. V o n d e r F r ü h z e i t a n h a b e n die F i r m e n z a h l r e i c h e A b k o m m e n g e t r o f f e n , u m die Ü b e l s t ä n d e zu b e s e i t i g e n oder doch abzuschwächen. I m m e r w i e d e r w u r d e n d i e V e r t r ä g e z u n i c h t e u n d v e r f e h l t e n i h r Z i e l , w e i l sie g e b r o c h e n w u r d e n u n d i h r e I n n e h a l t u n g n i c h t zu k o n t r o l l i e r e n w a r . Schon 1903 einigten sich die Firmen über Höchstpreise und sie verpflichteten sich, beim 25

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Einkauf über diesen Preis nicht hinauszugehen. Doch genügte diese Fessel nicht, um eine Besserung der Zustände herbeizuführen. Es fiel bei dem Einheitspreis jeder Anreiz für die Eingeborenen fort, sich der Mühe einer sorgfältigen Aufbereitung zu unterziehen. Es kam zu einer neuen und wesentlich veränderten Vereinbarung im Jahre 1910, die bis 1917 in Kraft blieb. Es wurde von den eingeführten Waren und den ausgeführten Erzeugnissen eine bestimmte Abgabe an eine gemeinsame Kasse entrichtet. Der so einkommende Gewinn wurde gemäß vorher festgesetzten Sätzen verteilt. Auch dieses Kontingentierungssystem hat sich auf die Dauer nicht bewährt und die Klagen der Eingeborenen, daß sie keine Entschädigung für die Mehrarbeit der sorgfältigeren Aufbereitung erhielten, verstummten nicht. Der Wille zum Kampfe setzte sich bei den Firmen immer wieder durch, und dieser Wettbewerb zwischen den Zeiten der Verträge war um so wilder und ungesunder, als jede Firma in Erwartung eines neuen Abkommens soviel Kakao als möglich zu erwerben trachtete, weil die Einkäufe der vorhergehenden Jahre die Grundlage bei der künftigen Zuteilung der Quoten bilden würden. Von 1925—1928 lebte die Vereinbarung nach altem Schema wieder auf, aber da die Zahl der Firmen nach dem Weltkriege zusammengeschmolzen war, konnte die Organisation straffer gestaltet werden und es bildete sich der „Akkra Pool". Sein Versuch, die Herrschaft über den Weltkakaomarkt zu erobern, mißlang. Zwar konnte der Pool in dem westafrikanischen Kakao über 50°/0 der Welterzeugung verfügen, aber die Einflüsse auf den riesengroßen Markt sind sehr verwickelt und schwer zu berechnen, die Organisation erwies sich als wenig diszipliniert und weiter war beim Kakao die Möglichkeit einer langen Speicherung ohne Gefahr des Verderbs nicht gegeben, welche eine Preisdiktatur wesentlich erleichtern kann. Zudem hatten schon verschiedene Schokoladenfabriken in Erkenntnis der drohenden Gefahr eigene Aufkaufbüros an der Goldküste eingerichtet. Die Schokoladenfabriken, besonders Cadbury, hatten auch den ehrlichen Willen, die Qualität durch Zahlung von Zuschlägen zu belohnen. Der Akkra Pool löste sich 1928 unter Verlusten auf. Die Fusionen fanden ihren Abschluß in der Gründung der United Africa Company1) im Jahre 1929 durch den Zusammenschluß von 1

) Die United Company steht zu 80% unter Kontrolle von Unilever. Dieser Trust entstand im Jahre 1929 durch die Zusammenschmelzung des holländischen Margarinekonzerns (Jürgens, van den Bergh) und der englischen Seifenfirma Lever Brothers. Die Unilever beherrscht den Fettmarkt nahezu der ganzen Welt und zwar vom Ankauf der Rohstoffe bis zum Verkauf der Fertigprodukte. Sie

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Eingeborenenkultur u n d P l a n t a g e

zwei im westafrikanischen Handel überragenden Gesellschaften, der Niger Company und der African and Eastern Trade Corporation. Durch diese Gründung war die Gefahr einer Monopolisierung des Marktes und einer Preisdiktatur noch näher gerückt und als Antwort darauf traten die Kakaofarmer zu der „ G o l d Coast a n d A s h a n t i Cocoa F e d e r a t i o n " zusammen. Diese V e r e i n i g u n g o r g a n i s i e r t e d a n n 1930/31 einen K a k a o v e r k a u f s s t r e i k u n d e i n e n B o y k o t t des E i n k a u f s , der die u n g e s u n d e E n t w i c k l u n g g r e l l b e l e u c h t e t e . Zweifellos waren die intelligenten Leiter des Streiks über die Weltmarktlage genau unterrichtet, aber nur bei fallenden Preisen bot der Streik einige Aussicht auf Erfolg, denn nur dann konnten sie die große Masse der Farmer, der natürlich jedes Urteil und jeder eigene Wille fehlte, zu der Überzeugung bringen, daß sie ein Opfer der Willkür würde, aber sie hatten ihre Macht überschätzt. Der Streik brach zusammen, weil er nicht wirksam durchgeführt werden konnte, er zeigt jedoch das tiefe Mißtrauen, das die führenden Eingeborenen gegenüber dem Handel beseelte. Sie fürchteten, und zwar mit Recht, Manipulationen mit dem Preise auf Kosten der Farmer. Es liegt in der N a t u r d e r S a c h e , d a ß der H a n d e l in den K o l o n i e n im a l l g e m e i n e n auf A u g e n b l i c k s g e w i n n e e i n g e s t e l l t ist u n d d a ß er der Z u k u n f t des L a n d e s u n d s e i n e r Wohlfahrt gleichgültig gegenübersteht. In den folgenden Jahren herrschte trotz der Weltkrisis wieder der ungezügelte Wettbewerb und die Firmen machten schlechte Geschäfte. Die Bedingungen waren gleich unbefriedigend für den Handel wie für den Bauern und eine Reform war unerläßlich. Die Zusammenschmelzung sowie die Ausschaltung kleinerer Firmen war inzwischen so weit gediehen, daß 1937 im wesentlichen nur noch 13 Firmen übriggeblieben waren, die 98°/0 der ganzen Ernte aufkauften, davon die United Africa Co. allein beinahe die Hälfte. Im H e r b s t 1937 k a m es zu e i n e r n e u e n V e r e i n b a r u n g für 4 J a h r e , der sich die w i c h t i g s t e n F i r m e n mit e i n e r A u s n a h m e a n s c h l ö s s e n . Das neue Abkommen, das zwar die Grundlagen und die Grundsätze der ganzen Handelsorganisation unangetastet läßt, unterscheidet sich aber doch wesentlich von den früheren und enthält die folgenden Hauptgrundsätze: läßt neu angeschlossene oder aufgekaufte Firmen unter altem Namen weiter bestellen. In der Krisis hat sie ihren Einfluß durch Aufkauf von schwachen Unternehmungen in vielen Ländern weiter verstärkt. Daß dieser Welttrust imstande ist, nicht bloß die Preise von Fetten und ölen, sondern auch von Kakao, wenn nicht zu diktieren, aber doch weitgehend zu beeinflussen, kann nicht bezweifelt werden.

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1. Verteilung der Kakaoerzeugung an die verschiedenen Firmen auf Grund der Einkäufe in den vorhergehenden 2 Jahren und 2. die Einhaltung von Höchstpreisen, wechselnd mit dem Weltmarktpreis. Die früheren Verträge hatten ihren Zweck nicht erfüllt, weil die Nichteinhaltung nicht bestraft wurde und Umgehungen auch schwer nachzuweisen waren. J e t z t b r a c h t e j e d e r B r u c h d e s Abk o m m e n s a u t o m a t i s c h S c h a d e n , es wurde nämlich unvorteilhaft über die zugewiesene Quote hinaus Kakao zu erwerben, da die betreffende Firma dann gezwungen war, diesen Kakao an andere Firmen zu ungünstigen Bedingungen abzustehen. Äußerlich gesehen war das Abkommen für den Bauern durchaus günstig, es gewährleistete ihm einen so hohen Preis, wie ihn die Weltmarktlage zuließ, was ihm freilich wenig half, wenn die Gestaltung des Weltmarktpreises in den Händen des neuen Pools lag. Da d i e P r e i s e w i e d e r im F a l l e n w a r e n , h i e l t e n die F ü h r e r d e r E i n g e b o r e n e n die Zeit f ü r einen neuen V e r k a u f s - u n d E i n k a u f s s t r e i k g e k o m m e n , der von der neu gebildeten „Gold Coast Cocoa Farmers Federation" ausging. Bemühungen, Kakao unmittelbar unter Umgehung der Goldküstenfirmen auf dem Weltmarkt abzusetzen, waren an der Unzulänglichkeit und Unzuverlässigkeit der leitenden Personen gescheitert. Der Streik wurde unterstützt durch die Häuptlinge, die Großfarmbesitzer und die einflußreichen Zwischenhändler, die zudem alle miteinander versippt sind. Besonders die Zwischenhändler, die ihre Einnahmen bedroht sahen, entfalteten eine lebhafte Agitation gegen die neue Regelung. Der Propaganda kamen Fehler in der Regie von seiten der Firmen zugute: Der Vertrag war in aller Heimlichkeit ohne vorherige Beratung mit dem Gouvernement, den Häuptlingen und den führenden Negern vorbereitet worden und es fehlte jede Aufklärung der interessierten Kreise über Inhalt, Bedeutung und Zweck der einzelnen Bestimmungen. So konnte in den Bauern unter dem Eindruck des Preisfalles leicht der Verdacht und die Furcht, übervorteilt zu sein, geweckt werden. Die Zusammenhänge auf dem Weltmarkt, die Abhängigkeit des Preises von Angebot und Nachfrage waren ihnen natürlich unbekannt und sie fühlten sich daher einer willkürlichen Behandlung ausgesetzt. Der Streik kam nahezu lückenlos zur Durchführung. Wenn etwa einer der Bauern abtrünnig wurde, hatte das für seine Gesundheit unangenehme Folgen: auf Gift kann man sich verlassen. Der Streik bedeutete den vollen Bankrott der englischen Kolonialpolitik an der Goldküste, und die Folge war eine katastrophale Wirt28

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schaftskrisis. Die Warenlager der Firmen waren vollgestopft, ohne Käufer zu finden, und bei den Negern verfaulte der Kakao, zum Teil wurde er auch vernichtet. Die Lage wurde bedrohlich und besorgniserregend durch den Mangel an Lebensmitteln, da die Selbstversorgung aufgegeben war, und führte vielfach zu einer bedenklichen Unterernährung. Besonders übel gestaltete sich das Schicksal der Wanderarbeiter, da die Bauern auch bei dem besten Willen außerstande waren, zu zahlen. Es ist ein Wunder, daß diese Banden hungriger Menschen nicht zu größeren Gewalttaten übergingen. Der Streik dauerte 5 Monate bis April 1938, und während dieser Zeit war das gesamte wirtschaftliche Leben vollkommen stillgelegt. Daß der Verkaufsstreik mit aller Entschiedenheit durchgeführt wurde, zeigt die folgende Zusammenstellung: Kakaoaufuhr in Tonnen von Oktober bis April

1936/37

1937/38

1938/39

248,712

52,882

223,310

In den Jahresausfuhrzahlen kommt der Ausfuhrsturz nicht in so augenfälliger Weise zum Ausdruck, weil bald nach Beendigung des Streiks 70000 t aus den angehäuften Vorräten verschifft wurden. Da alle Bemühungen der Begierung um eine Vermittlung fehlschlugen, w u r d e i m M ä r z 1938 v o n E n g l a n d e i n e K o m m i s s i o n e n t s a n d t , um eine Untersuchung vorzunehmen und Vorschläge für eine Verbesserung der Zustände zu machen 1 ). Sie b r a c h t e d a n n im A p r i l e i n e n W a f f e n s t i l l s t a n d z u s t a n d e auf der Grundlage, daß das Abkommen nicht durchgeführt wurde, daß die den Firmen zugeteilten Quoten bestehen blieben, und daß der Handel unter Aufsicht der Regierung gestellt wurde. Ihre Vorschläge werden später erörtert werden. Wie schon oben bemerkt wurde, war das englische Gouvernement in neuerer Zeit bestrebt, die Probleme des Handels mit ganz neuen Mitteln zu lösen. Im Jahre 1929 wurde die „Cooperativo Societies Ordinance 1929" erlassen mit dem Ziele, die Mißstände des Handels zu beseitigen, den Kleinkredit auf eine gesunde Grundlage zu bringen, und die Qualität des Kakaos zu heben. Nach dem Vorbilde von Englischund Holländisch-Indien, sowie der französischen Kolonien, wo das Vereinigungswesen schon lange, zum Teil mit gutem Erfolge, entwickelt wurde, s o l l t e d a s G e n o s s e n s c h a f t s w e s e n a u s g e b i l d e t 1

) Diese Kommission faßte ihre Ergebnisse in einem ausgezeichneten Bericht zusammen: „Report of the Commission on the Marketing of West African Cocoa". London 1938. Diesem Bericht, der auch zwischen den Zeilen wertvolle Aufschlüsse gibt, sind viele Daten und Fakten entnommen.

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w e r d e n . Das Ziel der G e n o s s e n s c h a f t e n ist g e m e i n s a m e A u f b e r e i t u n g u n d V e r k a u f des K a k a o s sowie R e g e l u n g des K r e d i t w e s e n s u n d d a m i t die A u s s c h a l t u n g des u n g e s u n d e n Z w i s c h e n h a n d e l s . Die gemeinschaftliche Aufbereitung des Kakaos ist von Bedeutung, da dann größere Mengen eine gute Fermentation gewährleisten. Der genossenschaftliche Verkauf macht den parasitären Teil der Zwischenhändler überflüssig, und kann einen der höheren Qualität angemessenen Preis verbürgen. Die Kreditgewährung ist nötig, um den Farmer vor der Bevorschussung durch den Händler zu bewahren. Der Neger ist immer geneigt, die Zukunft dem Heute zu opfern, er gibt Geld aus, wenn er es hat und borgt, wenn er keines hat, an Sparen zu Zeiten hoher Einkünfte denkt er nicht. D a r ü b e r h i n a u s l i e g t a b e r d e n G e n o s s e n s c h a f t e n ein h ö h e r e r G e d a n k e z u g r u n d e . Die geschlossene Haushaltung und der Tauschverkehr geht über in Geld- und Verkehrshaushaltung, wobei die ursprüngliche animistische, magische Denkweise in eine kausalwissenschaftliche gewandelt wird. Die alte soziale Struktur, gebildet durch Familie und Dorfgemeinschaft, ist durch den Anschluß an den Weltverkehr, und die dadurch bedingte Arbeitsteilung in Auflösung begriffen. Die Dorfgenossenschaft soll nun die Elemente, die aus dem alten Verbände abbröckeln, auffangen, und a n s c h l i e ß e n d an die u r a l t e g e g e n s e i t i g e H i l f e u n d Z u s a m m e n a r b e i t eine n e u e s o z i a l e G e s e l l s c h a f t a u f b a u e n und so Erschütterungen vermeiden. Offiziell ist der Zusammenschluß ein freiwillliger und Selbstverwaltung erster Grundsatz. Es bedarf aber sicher einer langen geduldigen Erziehungsarbeit, um in den Eingeborenen das hierfür nötige Pflichtgefühl und Verantwortlichkeitsbewußtsein zu wecken. Vorläufig muß jedenfalls die Disziplin von oben kommen und es bedarf strenger staatlicher Aufsicht, ehe von freiwilliger Zusammenarbeit und Selbsthilfe die Rede sein kann. Die eingeborenen Machthaber standen dem Ausbau des Genossenschaftswesens in dieser Form versteckt-feindlich, im günstigsten Falle gleichgültig, gegenüber, da sie davon eine Schmälerung ihrer Autorität befürchten, nicht ohne Grund, denn letzten Endes haben die Genossenschaften ja das Ziel, an Stelle der alten im Zerfall begriffenen Gesellschaftsordnung eine neue zu setzen. Die Mitglieder sind verpflichtet, ihren Kakao nur durch die Genossenschaft zu verkaufen. Der Kakao wird von den Dorfgenossenschaften an Zentralen geliefert, die etwa alle 2 Wochen Auktionen von Posten nicht unter 5 t veranstalten, wobei die Firmen geheime Angebote machen können. Es werden zwei Qualitäten unterschieden: 30

E i n g e b o r e n e n k u l t u r und P l a n t a g e

,,Co-operative" und „Special Co-operative". Die Prämie für den besten Kakao beträgt 6 d je Last (60 Ibs), eine Entschädigung, die in keinem Verhältnis steht zu der erforderlichen Mehrarbeit. Die Firmen können aber keine höhere Vergütung geben, da die Posten zu klein sind, um gesondert verschifft zu werden. Der Co-operative-Kakao wird von den Firmen häufig mit minderwertigem Kakao gemischt, um diesen zu verbessern, und damit die vorgeschriebene Gütegrenze zu erreichen. Für die Farmer hat die Genossenschaft den Vorzug, daß sie nicht betrogen werden, weder bei der Wägung noch bei der Zurückzahlung der Darlehn. Auf der anderen Seite laufen die Firmen kein Risiko, bei Bevorschussung Verlust zu erleiden. Sie können den Kakao in größeren Posten aufkaufen und ersparen sich die Nachbehandlung des Trocknens und Siebens. Das Genossenschaftswesen würde bei allgemeiner Einführung zweifellos sehr heilsam wirken, den Handel verbilligen und grobe Auswüchse beseitigen, es stößt aber auf den erbitterten Widerstand der großen, einflußreichen Zwischenhändler, die dabei ausgeschaltet würden. Ebenso haben sie, wie erwähnt, viele Häuptlinge als Gegner, die eine Minderung ihrer Macht befürchten. B i s j e t z t i s t d a h e r d a s G e n o s s e n s c h a f t s w e s e n ü b e r bes c h e i d e n e A n f ä n g e n i c h t h i n a u s g e k o m m e n . Der „Agricultural Co-operative Annual Audit Rapport 1936/37" berichtet von 397 Genossenschaften mit 9638 Mitgliedern. Durch die Genossenschaften wurden verkauft 7870,3 t Kakao, was 2,6°/ 0 der Gesamternte entspricht. Kennzeichnend ist auch, daß 22,5% der Mitglieder überhaupt nicht in der Lage waren, Kakao an ihre Genossenschaften zu liefern, weil sie die Ernten oder die Farmen gegen Vorschüsse verpfändet hatten. Der Reiz, in eine Genossenschaft einzutreten, liegt für die Bauern mehr in der Krediterleichterung als in höheren Kakaopreisen, die sie erzielen können. Der Kredit wird hauptsächlich gebraucht, um verpfändete Farmen frei zu machen, und um die Familie in der Zeit zwischen den Ernten zu versorgen. Auf alle Fälle liegen hier Ansätze zu einer Entwicklung vor, die einmal eine große, über die Kakaokultur weit hinausgehende, Bedeutung gewinnen kann, und der V o r s c h l a g der o b e n g e n a n n t e n K o m m i s s i o n g i p f e l t d e n n a u c h in der z w a n g s m ä ß i g e n A u s d e h n u n g der G e n o s s e n s c h a f t e n ü b e r d a s g a n z e K a k a o g e b i e t . Wohl hat die Kommission auch andere Möglichkeiten erwogen, wie die Beschränkung des Handels auf bestimmte Plätze zur Erleichterung der Überwachung und Ausgabe von Erlaubnisscheinen für die Zwischenhändler, um unerwünschte Elemente auszuschließen 31

Ernst Fickendey

und um die Anzahl der Händler zu verringern. Sie hat aber diesen Plan verworfen, weil bei den großen Abständen die Beförderung des Kakaos zur Marktzentrale für den Bauern oft schwierig ist und weil Buschankäufe doch nicht zu verhindern sind, eine Erfahrung, die man auch in anderen Kolonien gemacht hat. Sie sieht das Heil allein in der zwangsweisen Zusammenfassung aller Bauern in einer Vereinigung, die allein berechtigt ist, Kakao zu verkaufen, während die Mitglieder verpflichtet sind, ihre ganze Erzeugung an die Vereinigung abzuliefern. Unter normalen Umständen wird die Vereinigung meistbietend an die Firmen verkaufen und es ist eine enge Zusammenarbeit mit den Firmen erwünscht. Die Vorteile für den Bauern sind: Der freie Wettbewerb verbürgt den höchst erzielbaren Preis. Durch Bezahlung nach Güte kann die Mehrarbeit hierfür vergütet werden. Keine Verluste durch betrügerische Wägungen und durch wucherische Ausbeutung der Vorschüsse. Allgemeine Erziehung in wirtschaftlicher und landwirtschaftlicher Hinsicht. Klugen, gebildeten und energischen Negern würde die Vereinigung neue Möglichkeiten zum Aufstieg geben. Auch die Firmen würden aus dieser Regelung nur Nutzen ziehen: Keine Einbußen durch Vorschüsse und Unehrlichkeiten der Zwischenhändler. Keine Mißbräuche bei Angabe der Vorräte bei Preisveränderungen. Große Partien von gleichmäßiger und guter Qualität. Der Vorschlag der Kommission ist in der Tat geeignet, eine grundsätzliche Änderung der ganzen Handelsorganisation und in mancher Beziehung gesundere Verhältnisse herbeizuführen. Ein wesentliches Übel behebt er aber nicht, es bleibt die Abhängigkeit des Negers von den Launen des Weltmarktes, die ihn als Bauern degradiert und zum Spekulanten gemacht hat. Zeitungsnachrichten zufolge hat der Plan der Kommission wenig Aussicht, in die Wirklichkeit umgesetzt zu werden, er wird an dem Widerstande der einflußreichen Zwischenhändler scheitern. Vorläufig ist die Frage auch nicht dringlich. Wie berichtet wurde, hat die englische Regierung als Kriegsmaßnahme die gesamte Kakaoerzeugung von Britisch-Westafrika und einen Teil der Ernten von Ceylon und West-Indien aufgekauft, zusammen etwa 400000 t, um den Pflanzern den Absatz und sich selbst die Kontrolle über die Versorgung der neutralen Ländern zu sichern. Ursprünglich bestand die Absicht, diese Kakaomengen zu überhöhten Preisen an die neutralen Länder zu verkaufen. Für die Goldküste wurde ein Preis von 16 £ je t Kakao festgesetzt. Gleichzeitig wurde der Ausfuhrzoll von 231/2 sh auf 42 sh je t erhöht, 32

Eingeborenenkultur und Plantage

so daß dem Bauern etwa 14 £ je t verbleiben. Der Bauer kann bei dieser Vergütung notdürftig sein Leben fristen, aber sein Los wäre bei freier Marktgestaltung weit übler gewesen. Im Juni wurde bekannt, daß die englische Regierung den Entschluß faßte, den größten Teil des aufgekauften Kakaos zu vernichten. Als Abnehmer von Bedeutung war nur Nord-Amerika übriggeblieben, und dieses Land deckt weit mehr als die Hälfte seines etwa 280000 t betragenden Bedarfs in Südamerika. England selbst verbraucht nur etwa 80—90000 t, und es ist zweifelhaft, ob der Mangel an Schiffsraum die Anfuhr dieser Menge gestattet. Eine Speicherung der Vorräte, die zudem die Preise drücken, erwies sich als unmöglich und als einziger Ausweg blieb die Vernichtung. 10. Bilanz

Von a u ß e n g e s e h e n ist die L e i s t u n g der G o l d k ü s t e in der K a k a o e r z e u g u n g b e i n a h e e i n z i g u n d s t a u n e n e r r e g e n d . Noch um die Jahrhundertwende war die Ausfuhr winzig, aber schon 1920 konnte die Produktion ein Drittel des Weltbedarfs decken, und 1926 sogar nahezu die Hälfte. Wenn auch seitdem der Anteil a e r i c h t i gu n g Seite 22, Zeile? 11 von oben:

An Stelle von „verschlagen" lies „verschlangen".



33,



4 von unten: An Stelle von 18 735 lies 187 358,

,.

34,

,,

13 von oben:

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21 von unten: An Stelle von „die" lies „den".

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71,

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15 von oben:

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75,



7 von unten : An Stelle von „ein unerreichbares" lies „eine un-



89,



12 von unten: An Stelle von „Gründungspflanzen" lies „Grün-

„ 109,

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,, 112,

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An Stelle von 37 350 lies 373504. An Stelle von „oder" lies „ u n d " . An Stelle von „ i h n " lies „sie". erreichbare". düngungspflanzen". 8 von unten: Streiche „die". 10 von oben:

An Stelle von „davon" lies „dazu".