Minimalgrammatik des Gotischen: Mit einer ausführlichen Einleitung 3874528502, 9783874528504

Zusammengestellt von Petra M. Vogel. Diese Arbeit soll keine eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisse vermitteln. Vielme

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German Pages 50 Year 1995

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Table of contents :
I. ALLGEMEINER TEIL 5
1. Einleitung 6
2. Die indogermanischen Sprachen 9
3. Das Germanische 10
4. Das Gotische 21
II. TABELLARISCHER TEIL 27
1. Zeichen und Laut 28
2. Formenlehre 30
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Minimalgrammatik des Gotischen: Mit einer ausführlichen Einleitung
 3874528502, 9783874528504

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GÖPPINGER

ARBEITEN ZUR GERMANISTIK herausgegeben von Ulrich Müller, Franz Hundsnurscher und Cornelius Sommer

Nr. 605

M inim algram m atik des G otischen Mit einer ausführlichen Einleitung

z u s a m m e n g e s te llt v o n

Petra M. Vogel

Kümmerle Verlag Göppingen 1995

In der Reihe "GÖPPINGER ARBEITEN ZUR GERMANISTIK" erscheinen ab Band 160 ausschließlich Veröffentlichungen aus dem Gebiet der Altgermanistik und der Sprachwissenschaft. Die neugermanistische Fortsetzung der Reihe erfolgt in "STUTTGARTER ARBEITEN ZUR GERMANISTIK", Akademischer Verlag Stuttgart Hans-Dieter Heinz

Alle Rechte Vorbehalten, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung. Kümmerle Verlag , Göppingen 1995 Staibengasse 1, D-73547 Lorch, Tel. (0 71 72) 48 44 Druck: Sprint-Druck GmbH, Stuttgart 30 ISBN 3-87452-850-2 Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis I

II

Seite

ALLGEMEINERTEIL

5

1

6 6 7

Einleitung 1.1 Linguistische Grundbegriffe 1.2 Die nistorisch-vergleichende Sprachwissenschaft

2

Die indogerm anischen Sprachen

3

Das 3.1 3.2 3.3

Germanische Historische Lautlehre Historische Formenlehre Die germanischen Sprachen

10 11 13 19

9

4

Das 4.1 4.2 4.3 4.4

G otische Geschichte der Goten Quellen und Überlieferung Sprachliche Charakterisierung Literatur

21 21 23 24 26

TABELLARISCHER TEIL

27

1

Zeichen und Laut

28

2

Formenlehre

30

2.1

Substantiva 2.1.1 Vokalische Deklination 2.1.2 Konsonantische Deklination 2.1.3 Einsilbige Konsonantenstämme (Wurzelnomina und Reste spezieller Stammklassen)

30 30 32 32

2.2

Adjektiva 2.2.1 Starke Deklination 2.2.2 Schwache Deklination 2.2.3 Gradierung 2.2.4 Partizipia

33 33 34 35 35

2.3 Adverbia

37

2.4

Pronomina 2.4.1 Personalpronomina 2.4.1.1 Nicht sexusdifferenzierend 2.4.1.2 Sexusdifferenzierend 2.4.2 Demonstrativpronomina 2.4.2.1 U nverstärkt 2.4.2.2 Verstärkt 2.4.3 Possessivpronomina 2.4.4 Relativpronomina 2.4.5 Interrogativpronomina 2.4.6 Indefinitpronomina

37 37 37 37 38 38 38 38 39 39 39

2.5

Numeralia 2.5.1 Kardinalia 2.5.2 Ordinalia

41 41 42

2.6

Verba 2.6.1 Verbalkategorien und Formenaufbau 2.6.2 Konjugationsarten 2.6.2.1 Starke Konjugation 2.6.2.2 Schwache Konjugation 2.6.2.3 Prateritopräsentia 2.6.2.4 'sein' (mit Suppletivformen im Paradigma)

41 41 42 42 44 48 50 3

Vorbemerkung Diese Arbeit soll keine eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisse vermitteln. Vielmehr geht es darum, möglichst knapp und einprägsam einen Überblick über das Gotische zu geben. Das geschieht zum einen in Form eines tabellarischen Grammatikteils, zum anderen anhand einer Ein­ führung in die Besonderheiten der germanischen Sprachen innerhalb der Indogermania im allgemei­ nen und des Gotischen im besonderen. An vielen Stellen werden auch Bezüge zum Althochdeutschen hergestellt. Der Grammatikteil ist bewußt knapp gehalten, so daß dringend geraten wird, diesen erst nach Lektüre des einführenden allgemeinen Teils zu benutzen. In seinen Grundzügen und seiner Notation ist der Grammatikteil weitgehend an die 'Gotische Gram­ matik' von Wilhelm Braune (neu bearbeitet von Emst A. Ebbinghaus) angelehnt (s. Literaturkapitel 4.4). Im Unterschied dazu wird aber nicht auf die Beleglage eingegangen, d.h. es wird nicht zwi­ schen belegten und nur rekonstruierten (*-Formen) unterschieden. Leer bleiben die Stellen im Para­ digma, die weder beleg-noch rekonstruierbar sind oder systematische Lücken darstellen (z.B. die 1. Person Singular des Imperativs). Franz Hundsnurscher verdankt diese Arbeit die Aufnahme in die 'Göppinger Arbeiten zur Germani­ stik'. Für konstruktive Kritik möchte ich ihm und meinen Kollegen Wolfgang Griepentrog und Franz Heidermanns sowie den Studentinnen meiner Gotischkurse danken. Verbleibende Fehler sind selbstver­ ständlich von mir zu verantworten. Hinweise und Verbesserungsvorschläge sind jederzeit willkom­ men.

Osnabrück

4

Petra M. Vogel

I

ALLGEMEINERTEIL

5

1

Einleitung

1.1 Linguistische Grundbegriffe Die Beschreibung der Laute (Phone) einer Sprache hinsichtlich ihrer Produktionsweise ist Aufgabe der Artikulatorischen Phonetik. Sie beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Sprechwerk­ zeugen und den dadurch bedingten Merkmalen der Phone. Unabhängig von ihrer jeweiligen Reprä­ sentation als Schriftzeichen in einem bestimmten Alphabet können Phone nach ihrer Artikulation in einem einheitlichen phonetischen Alphabet als Transkriptionssystem wiedergegeben werden. Das verbreitetste Transkriptionssystem ist das IPA (International Phonetic Alphabet). Phone werden dabei zur Verdeutlichung in eckige Klammem gestellt (z.B. [b]).

a)

Vokale sind stimmhafte Öffnungslaute, deren spezifischer Charakter sich durch die horizontale

und vertikale Lage der Zunge im Mundraum ergibt, die zur Produktion dieses Vokals notwendig ist. Graphisch lassen sie sich z.B. durch das Vokaldreieck darstellen.

b)

Konsonanten werden im Gegensatz zu Vokalen durch eine Hindemisbildung im Luftstrom im

Mundraum erzeugt. Sie sind stimmhaft (sh) oder stimmlos (sl). Spezifiziert werden sie durch den Ar­ tikulationsort (wo wird das Hindernis gebildet?) und die Artikulationsart (wie wird das Hindernis 6

überwunden?). Die wichtigsten Laute nach Artikulationsorten sind Bilabiale (Unter- + Oberlippe), Labiodentale (Unterlippe + Zähne), Dentale (Zähne), Alveolare (Zahndamm), Palatale (harter Gau­ men), Velare (weicher Gaumen), Uvulare (Zäpfchen), Glottale (Stimmritze). Die wichtigsten Laute nach Artikulationsarten sind Nasale (Öffnung des Nasen- anstelle des M undraums), Plosive (plötzlicheÖffnung des Verschlusses). Frikative (Enge mit Reibung), Approximanten (Enge ohne Reibung), Vibranten (Vibration). Konsonanten mit einem Hauch werden als aspiriert bezeichnet (z.B. th), Konsonanten mit einer zusätzlichen Lippenrundung als labiovelarisiert (z.B. bw) bzw. labialisiert, wenn es sich bereits um V elare handelt (z.B . k w). Konsonanten m it einem jNachschlag (etwa wie in 'tj-a') werden als palatalisiert bezeichnet (z.B. k). O rt

bilabial

A rt Nasal PlOvSÍV Frikativ m e d i a l e r Approximant lateraler Approximant Vibrant

sl P $

sh m b (5

labio dental sl sh

f

v

dental oder alveolar sl sh n t d 0/s ð/z

velar

uvular

labio glottal

alveolar sl sh sl sh

sl

sh

sl

sh

velar sh si 1 sh ?

j'

k X

9 Y

%

K

palatal

palatal

fl 3

b

fi

w

j i R

r

Daneben gibt es Zeichen aus älteren Transkriptionssystemen, von denen sich v.a. folgende häufig finden: þ (RunenzeichenThom) = 0 (stimml.dentalerFrikativ) X (griech. Chi) 3

k/g

b = ß (stimmh.bilabialerFrikativ)

= x (stimml. velarer Frikativ) d = ð (stimmh. dentaler Frikativ) = Y (stimmh. velarer Frikativ) S = y (stimmh. velarer Frikativ) = k/q (stimml ./stimmh. palatalisierter velarer Plosiv)

Längen werden auch durch einen Querstrich oder einen Zirkumflex über dem jeweiligen Buchstaben dargestellt (z.B. althochdt. ä, mittelhochdtVgot. a), Betonungen durch einen Akut (z.B. altind. á). Für die gotische Schrift werden ebenfalls Transkriptionszeichen verwandt, von denen einige einen spezifischen phonetischen Wert haben (s. a. II.l): got. q kw z = z 0 Þ lv = xw/hw (im Anlaut vor Vokal) gg/gk/gq = Og/rjk/gkw

ái áu ai aú ei

= = = = =

ae aD e 3. i:

Spezifische Graphien des Althochdeutschen sind: ahd. 3 = s (< t bei 2. Lautverschiebung, s. 3.3) ë = £ tJzzJXl = ts (< t bei 2 . Lautverschiebung, s. 3.3)

1.2 Die historisch-vergleichende Sprachwissenschaft Die Sprachen der Welt lassen sich aufgrund von Ähnlichkeiten in verschiedene Typen gruppieren. Zu diesen Klassifikationsmethoden gehören: a) die areale Typologie, aufgrund der geographischen Nähe, b) die genetische Typologie, aufgrund der gemeinsamen Herkunft aus einer 'Ursprache', 7

c)

die morphologische Typologie, aufgrund der ähnlichen Morphologie bzw. des Sprachbaus.

Die verbreiteteren Klassifizierungen sind die genetische und die m orphologische T ypologie. Im Prinzip sind beide unabhängig voneinander, jedoch, wenn es, wie bei vielen Sprachen, keine ge­ nügend lange Schrifttradition gibt, schließt man von ihrem ähnlichen Sprachbau oft auch auf eine ge­ meinsame Herkunft. Beide klassifizierenden Betrachtungsweisen gehen auf die Sprachwissenschaft der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. AUGUST WILHELM SCHLEGEL (Observations sur la langue et la littérature provençales, 1818) führte die für die morphologische Typologie wesentlichen Begriffe des syn th e­ tischen und des analytischen Sprachbaus ein. Dadurch werden Sprachen unterschieden, die ihre grammatischen Beziehungen im Satz (überwiegend) durch unselbständige (synthetisch) bzw. selb­ ständige Elemente (analytisch) ausdrücken. Vgl. das lateinische synthetische Perfekt vo câ vï gegen­ über dem deutschen, analytischen Perfekt ich, habe gerufen. Innerhalb des synthetischen Sprachbaus unterscheidet SCHLEGEL des weiteren zwischen dem ag­ glutinierenden und dem flektierenden Sprachbau. Beim agglutinierenden Sprachbau repräsentie­ ren die Elemente einfache Bedeutungen und werden regelrecht aneinander'geklebt', vgl. den türki­ schen Genitiv Plural von 'H aus' evlerin: ev + 1er + in = Haus + Plural + Genitiv. Beim flektieren­ den Sprachbau vereint ein Element mehrere Bedeutungen in sich und verändert sogar umgebende Elemente lautlich, vgl. den deutschen Genitiv Plural von 'Haus' Häuser : Haus. + (Umlaut + er ) = Haus + (Plural + Genitiv). Für die Anfänge der genetischen Typologie sind vor allem die Namen FRIEDRICH SCHLEGEL (Über die Sprache und W eisheit der Inder, 1808), FRANZ BOPP (Über das Konjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung mit jenem der griechischen, lateinischen, persischen und germani­ schen Sprache, 1816) und JACOB GRIMM (Deutsche Grammatik, 1819-1852) zu nennen. Mit der Entdeckung verschiedener historischer Stufen einer Sprache und dem Vergleich der ältesten histori­ schen Stufen verschiedener Sprachen war die 'Historisch-vergleichende Sprachwissenschaft' gebo­ ren, deren Blütezeit bis ins 20. Jahrhundert reichte. Bei diesen Vergleichen war aufgefallen, daß in einer Reihe weit auseinanderliegender Sprachen viele Begriffe sehr ähnlich sind, hier einige Beispiele für 'Mutter': altindisch lateinisch

mätä mater

altpersisch altbulgarisch

mâtâr mati

altirisch althochdeutsch

mäthir muoter

Aufgrund dessen wurde eine 'Indoeuropäische' oder 'Indogerm anische Sprachfam ilie' ange­ nommen. Letztere Bezeichnung konstituierte sich rahmenbildend aus dem damals bekannten öst­ lichsten Vertreter Indisch und dem westlichsten Vertreter Germanisch (Isländisch), von dem Gotisch im übrigen die älteste in Texten belegte Sprache ist. Ziel war es, durch die vergleichend-historische Methode zum einen alle Mitglieder dieser Sprachfamilie im Zusammenhang zu untersuchen und zum anderen, die gemeinsame Ursprache all der Mitglieder dieser Sprachfamilie, das sogenannte Urindogermanische, zu rekonstruieren. Für den oben genannten Begriff 'M utter' würde die hypothetische, erschlossene Form (die immer durch einen hoch- und vorangestellten Asterisk gekennzeichnet wird) beispielsweise *mâtër lauten. Das unveränderliche Gerüst ist w-i-r, da es in allen Sprachen zumindest

8

in irgendeiner Kasusform vorkommt. Die Mehrheit der ältesten Belege zeigt dann bei den in Frage kommenden Sprachen, daß als Vokale ä und ë angesetzt werden müssen. Die historische Laut- und die Formenlehre spielen die größte Rolle bei der Rekonstruktion dieses Urindogermanischen. Neben der indogermanischen Sprachfamilie mit 140 Einzelsprachen gibt es viele andere, die aber zum Teil noch nicht so weit erforscht sind, zB.: a) b) c) d) e) f) g)

Kaukasische Sprachen (z.B. Georgisch) Semitisch-hamitische Sprachen (zB . Ägyptisch, Hebräisch, Arabisch) Finno-ugrische Sprachen (zB . Finnisch, Ungarisch, Samojedisch) Türksprachen (zB.Türkeitürkisch,Kirgisisch,Turkmenisch, Jakutisch) Mongolische Sprachen (zB . Mongolisch, Mogulisch) Malaiisch-polynesische Sprachen ( z ß . Indonesisch, Madagassisch, Samoanisch) Tibetisch-chinesische Sprachen (z B . Chinesisch, Thailändisch, Tibetisch) usw.

2

Die indogerm anischen Sprachen

Vermutlich hat es noch etwa 4000 bis 3000 v. Chr. ein gemeinsames Indogermanisch (Idg.) gegeben, so daß in diesen Zeitraum also das 'Urindogermanische' fällt. Die sogenannte U rheim at' der Indo­ germanen ist sehr umstritten und reicht von Europa bis Asien, sehr wahrscheinlich als Urheimat ist die Gegend um das Schwarze Meer. Fest steht, daß zu verschiedenen Zeiten verschiedene Wande­ rungen stattgefunden haben. Durch die räumliche Trennung von dem oder den ursprünglichen Stäm­ men und durch den Einfluß der in den neuen Siedlungsgebieten bereits lebenden Bevölkerung ging die Ausgliederung und die Entstehung der Tochtersprachen vor sich. Die wichtigsten indogermanischen Sprachgruppen mit ihren Einzelsprachen sind folgende: a) b) c) d) e) f) g) h) i) j) k) l)

Albanisch (seit dem 15. Jhd. n. Chr. überliefert) A natolisch (ausgestorben; seit dem 2. Jahrtausend v. Chr. überliefert; Sprachen z.B. Hethitisch, Lykisch, Lydisch, Luwisch) Armenisch (seit dem 5. Jhd. n. Chr. überliefert) Baltisch (seit dem 14. Jhd. n. Chr. überliefert; Sprachen zB . Litauisch, Lettisch) Germanisch (seit 200 n. Chr. in Runeninschriften überliefert; Sprachen z.B. Gotisch, Islän­ disch, Dänisch, Schwedisch, Norwegisch, Niederländisch, Englisch, Deutsch, Jiddisch, Afri­ kaans, Friesisch) G riechisch (seit Mitte bis Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. überliefert) Indisch (seit dem 800 v. Chr. überliefert; Sprachen z.B. Hindi, Bengali, Punjabi; auch Románi, die Sprache der Zigeuner, gehört dazu, die sich gegen 1000 n. Chr. nach Europa ausbrei­ tete) Iranisch (seit dem 7. Jhd. v. Chr. überliefert; Sprachen z.B. Persisch, Kurdisch, Ossetisch) Italisch (seit dem 5. Jhd. v. Chr. überliefert, zJB. Lateinisch; daraus sich entwickelnd die mo­ dernen romanischen Sprachen, zB . Italienisch, Rumänisch, Spanisch, Katalanisch, Portugie­ sisch) K eltisch (seit dem 5. Jhd. n. Chr. überliefert; Sprachen z B . Irisch-Gälisch, Schottisch-Gä­ lisch, Bretonisch) Slavisch (seit dem 9. Jhd. n. Chr. überliefert; Sprachen zB . Russisch, Ukrainisch, Polnisch, Tschechisch, Bulgarisch, Serbisch, Kroatisch) Tocharisch (Turkestan; ausgestorben; ab dem 7. Jhdln. Chr. überliefert)

Der Terminus'Indoeuropäisch'als rahmenbildender Begriff ist insofern nicht ganz korrekt, als es in Europa auch Angehörige anderer Sprachfamilien gibt, z.B. Finnisch, Estnisch und Ungarisch, die zur Gruppe der Finno-ugrischen Sprachen gehören. Das Baskische in den Pyrenäen (Spanien, Frankreich) kann trotz Ähnlichkeiten mit dem Kaukasischen keiner der bekannten Sprachfamilien

9

eindeutig zugeordnet werden, möglicherweise ist es ein Rest der iberischen Sprachen, die vor der Einwanderung der Indogermanen existierten.

3

Das Germ anische

Als 'Urheimat' der Germanen gilt Südskandinavien *von wo aus die ersten Siedlungsbewegungen weiter nach Süden bis zu den deutschen Mittelgebirgen etwa zwischen 1000 und 500 v. Chr. stattge­ funden haben. In diese Zeit fällt auch die Herausbildung des Germanischen ('Urgermanisch') mit seinen vom Idg. abweichenden Spezifika. Die wichtigsten Merkmale sind folgende. 1.

Germ anische oder Erste Lautverschiebung (Grimm's law): Dadurch entstehen v.a. die neuen stimmlosen Frikativef,0, x aus den stimmlosen Plosiven p, t, k (s. a. unter 1.3.1).

2.

Entstehung eines dynam ischen A kzentes (Silbenkennzeichnung durch Lautstärke) und des­ sen Festlegung auf die Stam m silbe, meist die erste im W ort, statt des idg. musikalischen (Silbenkennzeichnung durch spezifische(n) Tonhöhe/Tonverlauf) und freien Akzentes.

3.

Dadurch bedingter fortschreitender Verfall der immer unbetonten E n d silb en .

4.

Reduktion der morphologischen Vielfalt, z.B. Abbau des Duals (Zweizahl) beim Numerus, und teilweise Tendenz zum analytischen Sprachbau, z.B. beim Kasussystem (Instrumental) und im Verbalsystem (Perfekt, Passiv).

10

3.1 Historische Lautlehre Im folgenden werden die wichtigsten Veränderungen vom Idg. zum Germanischen (Germ.) bzw. Gotischen (Got.), Althochdeutschen (Ahd.) und Neuhochdeutschen (Nhd.) dargestellt. 1. a)

Vokale Kurze idg. Monophthonge sind a, e, i, o, u, 3 (= Schwa oder Murmelvokal, ähnlich der Lau­ tung von -er wie m gut-er). ___________ , ___________________ ________________ nhd. idg. germ. idg. got. ahd. e e i essen lat.edere itan e33an 0 a acht ahtáu ahto lat. octö a Vater fadar fater 3 idg. *p3ter-

cr Ol $

b) Liange idg Monophthonge simd a, e } ï, o, u. germ. idg. id g. _got_____________ ahd. uo ä o bruoder lat. frâter c) Kurze idg. Diphthonge sind ai, ei, oi; au, eu, ou. idg. germ. idg. got. ei Graphie ei ï griech. steichsteigan oi ai griech. oîda wait eu eu iu idg. *teutâ þiuda ou au idg.*roudhos rauþs

ahd. stîgan ei weiz io/eo diot(a) 5 rôt

nhd. G Brader nhd. ae steigen ae ich weiß oi 'Volk' (deut-sch!) 0

rot

d)

Lange idg. Diphthonge sind ai, ëi, öi; au, eu, öu, die zu Kurzdiphthongen wurden. Allein ëi wurde zum Langmonophthong ë , im folgenden als ë 2 bezeichnet,im Gegensatz zu ëi aus idg. ë (s. b)). nhd. idg. germ. idg. got. ahd. ia ëi î ë2 ? hiar hër hier e)

Die idg. silbischen Liquide (1, r) und Nasale (m , n ) werden alle durch ein vorausgehendes u aufgelöst (silbische Konsonanten bilden ohne Vokal eine Silbe, ähnlich der Lautung von -el bzw. -en in Gürt-el [-1] bzw. lauf-en [-h])._______ ___________________ ________________ nhd. idg. germ. idg. got. ahd. 0 ul 1 voll full fulls idg. *plnos ur r u>au (vor r, h, lv) 0 'T od' (Mord!) mord idg. * mrtom maúrþs um Ankunft cumft m (ga-)qumþs idg. *gwmtis n

un

idg. *n-

un-

un-

un-

f)

Durch nachfolgendes h, Iv, r wird im Ostgerm. bzw. Got. ein Vokalwechsel verursacht (hier Senkung im Vokaldreieck = 'Gotische Brechung").___________________ ________________ idg. östgerm. idg. nhd. ahd. got. e i e Graphie ai Graphie ë 'Mann' lat. vir wer wair (Wer-wolf!) u 0 0 0 Graphie au Ochse idg. *uksonauhsa ohso 11

2. Konsonanten Hier geht es v.a. um die Veränderung der bilabialen (p, b, bh), alveolaren (t, d, dh), velaren (k/k,, g/ç|, gh/qh) und labiovelaren (kw, gw, gWh) Plosive (G erm an isch e oder E rste L a u tv ersch ieb u n g oder Grimm's law). a) Stimmlose idg. Plosive p, t, k/k,, kw werden grundsätzlich zu Frikativen, mit folgenden Spezi­ fizierungen: aa) Stimmlose idg. p, t, k/k,, kw werden zu stimmlosen Frikativen $ (> f), 0, x , xw (im Anlaut vor idg. P t

Vokal x/xw > fhl), wenn inlautend mit dem Akzent im Idg. unmittelbar davor oder anlautend. nhd. germ. idg. ßot. ahd. lat. pater Vater fadar fater $>f d d 0 drei lat. très drî þreis

k/k,

X

kw

X

ab)

lat. centum [k]

hund

hund

hundert

lat. quod

Iva

hwa3

was

w

w

Stimmlose Plosive p, t, k/k;, kw werden zu stimmhaften Frikativen ß, Ô,

YW u nd später zu

stimmhaften Plosiven b, d, g, gw, wenn inlautend mit dem Akzent im Idg. n ich t unmittelbar davor (d.h. weiter vorne oder dahinter) (V ern ersch es G esetz). Davon wird auch der einzige schon im Idg. existierende Frikativ (genauer: Spirans = Zischlaut), nämlich das stimmlose s er­ faßt, das zu stimmhaftem z und (außer im Gotischen) züTwïrd (= R h o ta z ism u s). idg. germ. idg. nhd. got. ahd. sieben áltind.saptá sibun sibun 2 _____ l>b t t t Öxi altind, pitárfadai’ Vater fater 'Biegung'( Angel !) k/k; (hals-)agga angul altind. apkáY>g w w w w kw Y >g *awi auwia/ouwa Aue idg. *agv'jös z(>r) altind. áyasaiz Erz er Nicht erfaßt werden von diesen Vorgängen beide Konsonanten in den Verbindungen sp, st, sk sowie der zweite Bestandteil t in den Verbindungen pt und kt. b)

Stimmhafte aspirierte Plosive bh, d h, gh/qh, gWh werden ebenfalls zu stimmhaften nicht-

aspirierten Frikativen ß, ô, Y, Yw u n d später zu stimmhaften Plosiven b, d, g, gw. germ. idg. nhd. got. ahd. 'wohnen'(bauen!) bauan ß>b idg. *bhubüan t ö>d t idg. *dhuroTor daur tor idg. *ghostigasts 'Frem der' (Gast!) gast g h/ q h Y>g W g. g. gWh Y >g siggwan singen smgan idg. *sepgwhidg. bh dh

c) Stimmhafte Plosive b, d, g/q, idg. germ. idg. b P idg.*dheubd t altind. padk lat. gelG g/q w

g 12

kw

idg.*gwenâ

gw werden zu stimmlosen Plosiven p, t, k, kw. got. ahd. nhd. f f diups tief tiof s s Fuß fðtus fuo3 kalds kalt kalt 'Frau' quena qinð

3.2 Historische Formenlehre a)

Substantiv

Ein Substantiv im Idg. hatte eine dreiteilige Grundstruktur:

lat. hostis FEIND lat. nömen NAME

Stamm stammbildendes Element

Wurzel host-

i-

s

no-

men-

0

flexivisch es Elem ent NomSgM NomSgN

Je nachdem, ob das stammbildende Element auf einen Vokal oder Konsonanten ausging bzw. selbst ein Vokal oder Konsonant war, unterscheidet man vokalische und konsonantische Deklination' bzw. Stammklasse (Wurzel und stammbildendes Element stellen den Stamm dar). Deklinationen ohne stammbildendes Element heißen athematisch (die stammbildenden Elemente idg. o und ä bzw. germ, a und ö heißen Themavokal). Vokalische stammbildende Elemente konnten durch ein vorausgehendes j- oder w-Element erweitert sein. Nach der Art des jeweiligen Vokals oder Konso­ nanten unterscheidet man danach im Germanischen Stammklassen auf a (inkl. ja/wa), ö (inkl. jö/w ö), i, u, n und r. Teilweise ist das Paradigma einer Deklination noch nach (ursprünglich) langbzw. mehrsilbigen und kurzsilbigen Stämmen unterschieden. Eine lange Silbe endet auf einen langen Vokal (+Konsonanten) oder auf einen kurzen Vokal mit mindestens zwei Konsonanten, eine kurze Silbe auf einen kurzen Vokal und maximal einen Konsonanten. Man vgl. beispielsweise kam (lang: [-a:m]) bzw. Kampf (lang: [-mpf])) und Kamm (kurz: -[am]). Flexivische Elemente drücken die grammatischen Kategorien aus. Das Idg. hatte die drei Genera Maskulinum, Femininum und Neutrum, die drei Numeri Singular, Plural und Dual (Zweizahl) und die acht Kasus Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ, Ablativ (Ausgangspunkt und Abstand), Loka­ tiv (Ort oder Richtung), Instrumental (Mittel) und Vokativ (Anruf). Die Entwicklung zum und im Germ, ist gekennzeichnet durch eine Veränderung dieses Systems. Durch die Entstehung eines dynamischen Akzentes und dessen Festlegung auf die Stammsilbe, meist die erste im Wort, anstelle des idg. musikalischen und freien Akzentes, ist eine lautliche Schwächung von Vokalen im Wort und v.a. am Wortende kennzeichnend. Da dies der Ort war, wo die grammati­ schen Kategorien kodiert waren, hat dies eine Neuordnung der Deklinationsklassen und den Zusam­ menfall einiger Formen (Synkretism us) zur Folge. Beispielsweise fiel der Dual (auch beim Prono­ men) mit dem Plural zusammen (noch nicht im Gotischen!), der Vokativ ganz mit dem Nominativ. Zunehmend wurden deshalb ursprünglich durch Flexive ausgedrückte Bedeutungen auf syntakti­ schem Wege umschrieben, vgl. instrumentale oder lokativische Präpositionalfügungen (mit, in, a u f unter usw.). b)

Adjektiv

In den älteren idg. Sprachen wichen die Deklination der Substantive und Adjektive nicht voneinander ab. Man faßt deshalb beide Wortarten oft auch unter dem Überbegriff 'Nomen' zusammen. Innerhalb der vokalischen (starken) Deklination gibt es Maskulina der a-, ja-, i- und u-Deklination, Feminina der ö-, jö-, i- und u-Deklination sowie Neutra der a-, ja-, i- und u-Deklination. Im Idg. gab es nur 13

ganz wenige Adjektive mit konsonantischen stammbildenden Elementen. Die Entwicklung einer ad­ jektivischen konsonantischen (schwachen) Deklination mittels eines n-haltigen stammbildenden Elements ist eine germanische Neuerung. In Sprachen, in denen sich beide Deklinationsarten erhalten haben, z.B. im Deutschen, kann nahezu jedes Adjektiv zwei vollständige Paradigmen bilden. Die Verteilung ist heute so, daß die starke Deklination z.B. bei Verwendung keines oder eines indefiniten Artikels eintritt, die schwache bei Verwendung eines definiten Artikels. Vgl. ein schönes Buch vs. das schöne Buch, 0 schöne Bücher vs. die schönen Bücher. Diese doppelte Rexion galt ursprüng­ lich auch für die Partizipien (Präsens = Part. I, Präteritum = Part. II) und für den Superlativ. Aller­ dings hat das Gotische die starke Flexion beim Part. I verloren und flektiert nur noch schwach. Der Komparativ war ursprünglich nur schwach (noch im Got.), bevor er später auch stark flektiert wurde. Die starke Deklination im Germ, ist die nominale vokalische Deklination, stark vermischt mit prono­ minalen Endungen, die speziell von dem Demonstrativpronomen her eindrangen (teilweise drangen a u c h nom inale E ndungen in die pro n o m in ale D ek lin a tio n ). D ie P ro n o m in alad jek tiv e (Demonstrativpron., Possessivpron., Relativpron., Interrogativpron. usw.) können nur stark flektie­ ren. Zum Vergleich die got. Paradigmen: Sg N G D A PI N

fc D A

Subst. a-Stamm M dags dagis daga dag dagôs dagê dag am dagans

Adj. a-Stamm M blinds. blindis blindamma blindana blindâi blindâizê blindâim blindans

Dem.pron. M sa þis þamma þana þái þizé þáim þans

In einigen germ. Sprachen wurden die Formen mit nominalen Endungen nicht verdrängt, sondern bestanden neben denen mit pronominalen Endungen weiter. Dies ist im Ahd. im Nominativ und Ak­ kusativ Singular aller Genera, im Got. nur beim Neutrum der Fall. Dabei heißen die nominalen For­ men wegen des Endungsschwundes unflektiert, die pronominalen flektiert. Es ist insofern eine funk­ tionale Differenzierung eingetreten, als unflektierte im prädikativen {das Kind ist ju ng0 ), flektierte im attributiven Gebrauch (das junge Kind) auftreten. c)

Verb

Wie beim Substantiv war auch die Grundstruktur des Verbs im Idg. mehrteilig: 5 4 . .. 3 I1 ______ í______ i1_____2____ Il Stamm (Augment) M odus Wurzel Thema Tempusstamm paideusiagriech. ich möge erzogen haben ( 1. P . PI. Aonist Optativ) 1 Se-___________ !1 paídeu— 11 ogriech. ich erzog ( l.P . Sg. Aorist Indikativ)

14

6 mi !n

Person l.P.Sg. l.P.Sg.

ad 4: Der T hem a- bzw. Bindevokal ist ein stammbildendes Mittel und geht auf idg. e und o bzw. germ, e (got. i) und a (vgl. lat. video) zurück. Bildungen ohne stammbildendes Element heißen athematisch. a d 5: Das Idg. hatte verschiedene Elemente für die fünf M odi Indikativ (Aussage), Konjunktiv (Wollen), Optativ (Wunsch), Imperativ (Aufforderung) und Injunktiv (u a . Bericht). In den Einzel­ sprachen haben sich nur wenige erhalten (im Got. nur Optativ in Funktion des Konjunktivs und Op­ tativs) , oft sind hier neue analytische Bildungen eingetreten. ad 6: Die Personalendung war mit den Ausdrucksmitteln für die N um eri Singular, Plural oder D ual verknüpft. Der Dual ist in den meisten idg. und germ. Sprachen mit dem Plural zusammenge­ fallen (s. aber noch Gotisch!). Es gab unterschiedliche Sets an Personenendungen, die unterschiedli­ che Genera verbi oder Tempora kennzeichneten. Es gibt die kürzere Sekundärendung (E2) und die davon abgeleitete längere Primärendung (E l), die Perfektendung (E3) und die Mediumendung (E4). Als Ausdruck für P assiv (auf das Subjekt gerichtete Handlung) wird nämlich das Medium (vom Subjekt auf sich selbst gerichtete Handlung; teilweise noch im Got.) verwandt oder, wie in den mei­ sten germanischen Sprachen, eine analytische Konstruktion mit werden/sein . ad 3: Der sogenannte T em pusstam m dient im Uridg. zum Ausdruck des Handlungsverlaufes (Aspekt) als unabgeschlossen (Präsensstamm), abgeschlossen (Aoriststamm) oder abgeschlossen mit Bezug zur Gegenwart (Perfektstamm). Das Futur als eigenes Tempus ist, wenn überhaupt, eine späte einzelsprachliche Ausbildung. Die T em pora selbst sind eine Kombination aus der Charakterisierung des Handlungsverlaufs und der Charakterisierung des zeitlichen Bezugs von Handlung und Sprech­ zeitpunkt als gleich- oder vorzeitig. Sie werden von spezifischen Stämmen mit jeweils unterschiedli­ chen Personalendungen gebildet. ad 1 : Manche Sprachen verwenden teilweise noch ein zusätzliches Mittel (A ugm ent) zur Bildung der Tempora Imperfekt, Aorist und Plusquamperfekt im Indikativ. Ein Schema soll die Bezüge verdeutlichen. Vorzeitigkeit Gleichzeitigkeit Präsensstamm Tempus Im p erfek t + E2 Tempus P rä se n s + E1 Aoriststamm Tempus A o rist + E2 Tempus P lu sq u am p erfek t + E3 Perfektstamm Tempus P e rfe k t + E3 Der Präsensstammes war oft unmarkiert (s. aber Präsensstammbildungselement -m- in lat. rumpö zum Infinitiv rüpere '(zer)brechen'), für die Bildung des Aoriststamm dienten Stammbildungsele­ mente (s. -s- in lat. J£ei[di:k-s-i:] zum Infinitiv dfcere 'sagen') oder Ablaut (Vokalwechsel), für den Perfektstamm R ed u p lik atio n der W urzel (Verdoppelung) und/oder Ablaut des Wurzelvokals (beides in lat. te-tig-ï zum Infinitiv tangere 'berühren' mit n-Element für den Präsensstamm!). Der A blaut ist eine Vokalaltemation, deren Motivation unbekannt ist, im Gegensatz zum Umlaut, der immer auch erkennbar - durch Assimilation, d.h. Anpassung an die Lautumgebung, entstanden ist. Man unterscheidet quantitativen Ablaut, d.h. Normal- (z.B. e), Dehn- (z.B. ë) und Schwundstufe (0 ), vom qualitativen Ablaut. Hier handelt es sich um die Altemation von idg. e und o, germ, e (got. i) und a. Beide Ablautarten können miteinander kombiniert werden. Ablaut kann sowohl in der Wur­ zel, als auch in stammbildenden Elementen (s. o. zum Thema!) und Flexiven erscheinen.

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Das oben dargestellte System von Tempusstammbildung wurde in den meisten Einzelsprachen modi­ fiziert und v.a. vereinfacht. Im Germ, gab es nur noch zwei Tempora, Präsens und Präteritum, das dem obigen Präsens und Imperfekt entspricht. Der Ausdruck des Handlungsverlaufs ist sehr umstrit­ ten, möglich ist aber, daß dieser auf die Wortbildungsebene verlagert wurde, im Got. war dies v.a. das Präfix ga- wie in sitan - gasitan ''sitzen - hinsetzen'. Im Germ, erhielt sich der Perfektstamm, wogegen z.B. im Lat. eine neue Bildung auf -v- eintrat, und erhielt die Imperfektbedeutung (=unabgeschlossene Vorzeitigkeit). Diese alten perfektstämmigen Verben zeichnen sich durch Ablaut und, auf älteren Stufen, durch Reduplikation aus. Dies ist die Gruppe der sogenannten starken Verben. Man unterscheidet hier sieben Ablautklassen nach den spezifischen Vokalalternationen in vier Gruppen von Verbbildungen (beim finiten Verb in den Beispielen wurde jeweils die 1. Person ge­ wählt). Die erste Gruppe (Präsens Indikativ, Präsens Optativ, Partizip I, Imperativ, Infinitiv) ist je­ weils durch die unabgelautete Normalstufe (idg. e, germ, e/got. i), die zweite (Indikativ Präteritum Singular) durch den qualitativen Ablaut (idg. o, germ, a), die dritte (Indikativ Präteritum Plural und Dual) und vierte (Partizip II; im Got. mit Adj .endung!) durch den schwundstufigen quantitativen Ab­ laut gekennzeichnet. Für die ersten vier Klassen sind diese Regularitäten noch gut ersichtlich, bei den restlichen drei treten Unsicherheiten auf (mit (?) gekennzeichnet), weil man die idg. Verhältnisse nicht eindeutig rekonstruieren kann. D ie erste K la s s e ist außerdem gekennzeichnet durch den iDiphthong, die zweite durch den u-Diphthong, die dritte durch den e-Vokal mit nachfolgendem Nasal (m/n) oder Liquid (rA) und einem weiteren Konsonanten, die vierte durch den e-Vokal mit nachfol­ gendem Nasal (m/n) oder Liquid (rA) ohne weiteren Konsonanten, die fünfte durch den e-Vokal mit irgendeinem nachfolgenden Konsonanten, die sechste und siebte dadurch, daß 1. und 4. sowie 2. und 3. Gruppe identische Vokale haben. I idg. got. ahd.

II idg. got. ahd. m idg. got. ahd.

16

Präsens Ind. + Opt/ Part. I, Ipv., Inf. ei-Diphthong ï greipan GREIFEN I grif(f)an GREIFEN

Sg. Ind. Prät. oi-Diphthong ái gráip ei greif

PI. + Du. Ind. Präty Opt. Prät. 0 +i i (vor h ,l v ,r > a i ) gripum i griffum

Part. II 0 +i i (vor h, lv ,r > ai) gripani gigriffan

Präsens Ind. + Opt/ Part. I, Ipv., Inf. eu-Diphthong iu biudan BIETEN io liogan LÜGEN

Sg. Ind. Prät. ou-Diphthong áu báud ou Joug____________ .

PI. + Du. Ind. PrätV Opt. Prät. 0 +u u (vor h, lv , r > aù) budum u lugum

Part. II 0 +u u (vor h, lv , r > au) budan0 gilogan

Präsens Ind. + Opt/ Part. I, Ipv., Inf. e + m/n/r/l + weiterer Konsonant i + m/n/r/1 bindan BINDEN i bintan BINDEN

Sg. Ind. Prät. o + m/n/r/1 + weiterer Konsonant a + m/n/rA band a bant

PI. + Du. Ind. Präty Opt. Prät. 0 +m/n/rAo+ weiterer Konsonant u + m/n/r/1 bundum u buntum

Part. II 0 + m/n/r/1 + weiterer Konsonant u + m/n/r/1 bundanu gibuntan

IV idg. got. ahd.

Präsens Ind. + Opt/ Part. I, Ipv., Inf. e + m/n/r/1

S r . Ind. Prät.

i 4- m/n/r/1 niman NEHMEN e nëman NEHMEN

a + m/n/r/1 nam a nam

PI. + Du. Ind. P rät/ Opt. Prät. 0 + m/n/r/1 (ë aus Klasse V) e +m/n/r/1 nêmum ä nämum

S r . Ind. Prät. 0 a las a las

PI. + Du. Ind. P rät/ Opt. Prät. (?) ê lêsum ä lärum

c Präsens Ind. + Opt/ Part. I, Ipv., Inf. idß, e got. i lisan LESEN ahd. e lesan LESEN

o + m/n/r/1

V

VI got. ahd.

Präsens Ind. + Opt/ Part. I, Ipv., Inf. a faran FAHREN a faran FAHREN

S r . Ind. Prät.

ö för uo fuor

PI. + Du. Ind. P rät/ Opt. Prät. ö forum uo fuorum

Part. II 0 + m/n/r/1 u + m/n/r/1 numano ginoman

Part. II (?) i lisane gileran

Part. II a farana Rifaran

Die siebte Klasse repräsentiert die im Präteritum reduplizierenden Verben (mit oder ohne Ablaut), die im Got. noch als solche erhalten sind. Bei der Reduplikation erscheint der erste Konsonant mit nachfolgendem-e- vor dem Stamm (got. laüôt 'ich ließ' zu lêtan 'lassen'). In den anderen germ. Sprachen wurde die Reduplikation besèitigt únd es bildete sich eine neue Ablautklasse mit germ. Ô2 (idg. êi) als neuem 'Wurzelvokal' im Präteritum. vn got. ahd.

Präsens Ind. + Opt/ Part. 1, Ipv., Inf. ê lêtan LASSEN ä lä3an LASSEN

S r . Ind. Prät.

Ô lailöt ia

satjan sizzen háiljan heilen

SETZEN=SrrZEN MACHEN HEILEN=GESUND MACHEN

ö -S u ffix : leitet zB . desubstantivische Iterativa (Wiederholung) ab: got. fisks FISCHEN FISCH > fiskon ahd. fisc fiseön

IID, e-S u ffix : leitet z.B. deverbative oder desubstantivische Durativa (Verlauf) ab: got. *skama SCHAM > skaman sik SICH SCHÄMEN ahd. scama seamen IV. n -S u ff ix (nur noch im Got.): leitet Inchoati va (Zustandsbeginn) ab: got. fulls VOLL > fullnan VOLL WERDEN Innerhalb des Verbalbereichs möchte ich noch auf eine Erscheinung hinweisen, die S u p p letivis­ mus genannt wird und den Umstand bezeichnet, daß ein Paradigma aus mehreren Wurzeln kombi­ niert ist. Dies gilt v.a. für das Präsens Aktiv Paradigma von sein, das sich aus den Wurzeln idg. *bhü-, *(e)s- (>is-) und *wes- zusammensetzt. Vgl. dazu das got. und ahd. Paradigma des Präsens Indikativ:

Sg 1 2 3 PI 1 2 3

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GOT. wisan im is ist sijum sijuþ sind

AHD, wësan/sin (jünger) bim , bm bist isn b/rum, birun b/rut sint

3.3 Die germanischen Sprachen Bereits durch die ersten Wanderungen von Südskandinavien bis zu den deutschen Mittelgebirgen in der Zeit zwischen 1000 und 500 v. Chr. teilen sich die Germanen in eine Süd- und eine N ord­ gruppe. Weitere Wanderungen ab 300 v. Chr. innerhalb der beiden Gruppen bedingen eine daraus folgende siedlungsgeschichtliche Vierteilung. Besonders große Umwälzungen erfolgen dabei zur Zeit der Völkerwanderung zwischen 350 und 550 n. Chr. Innerhalb der germ. Sprachen setzt man i.a. eine zeitliche Dreiteilung an. Bis 1000 n. Chr. spricht man z.B. von Altenglisch usw., bis 1500 n. Chr. von Mittelenglisch usw., danach von Neuenglisch usw. Oft wird aber auch nur eine Zweitei­ lung angesetzt, so im im Nordgermanischen mit Altschwedisch usw. (bis 1500) vs. Neuschwedisch usw.

Nordgruppe a)

Ostgermanen (seit dem 4. Jhd. n. Chr. mit Gotisch überliefert) Dazu zählen z.B. Rugier, Burgunder, Wandalen, Goten, die sich zwischen 300 und 100 v. Chr. von der Nordgruppe lösten und nach Osten zu den Mündungen von Oder und Weichsel (OderWeichsel-Germanen) zogen. Die Goten wanderten im 273. Jhd. n. Chr. noch weiter nach Osten zum Schwarzen Meer. Das G otische ist die älteste in Texten Überlieferte germ ani­ sche Sprache, und zwar aus dem 4. Jhd. n. Chr.

b)

Nordgerm anisch (seit dem 10. Jhd. n. Chr. mit Isländisch überliefert) Nordgermanisch bildete sich im 5. Jhd. n. Chr. heraus mit den späteren Einzelsprachen Dänisch und Schwedisch (Ostnordisch) bzw. Norwegisch und Isländisch (Westnordisch). Eine gewisse Sonderstellung hat dabei das Isländische, da es einen antiquierten Zustand repräsentiert. Bis auf Lautung und Lexik hat sich die Sprache seit über 1000 Jahren kaum verändert und steht einem 'Umordisch' am nächsten. Die anderen skandinavischen Sprachen dagegen unterlagen v.a. im 14. Jhd. n. Chr. dem von der Hanse ausgehenden mittelniederdeutschen und damit südgermanischen Einfluß.

Südgruppe c)

N ordseegerm anisch (seitdem 8. Jhd. n. Chr. mit Alteriglisch überliefert) Das Nordseegermanische (Ingwäonisch) bildete sich im 172. Jhd. n. Chr. heraus und stellte eine Brücke zwischen Nord und Süd dar. Zu dieser Gruppe gehören das Friesische, Anglische, Sächsische und Jütische. In der zweiten Hälfte der Völkerwanderung, zwischen 450 und 550 n. Chr., siedelten Angeln, Sachsen und Jüten auf der' Britischen Insel, woraus das Englische ent­ stand. Auf dem Festland verblieben Friesen und Sachsen. Das Sächsische kann allerdings ab dem 9. Jhd. n. Chr. aufgrund der starken südlichen Einflüsse (Fränkisches Reich) zum Süd­ germanischen (s. d)) gezählt werden. Friesisch wird noch in der niederländischen Provinz Friesland gesprochen und resthaft an der Westküste Schleswig-Holsteins sowie auf den Nord­ seeinseln Helgoland, Amrum, Sylt und Föhr.

19

d)

W estgerm anisch (seit dem 8. Jhd. mit Althochdeutsch überliefert) Hierzu gehören Hochdeutsch (mit Jiddisch),Niederdeutsch und Niederländisch (mit Afrikaans). Hochdeutsch faßt Mitteldeutsch, die Dialekte der Franken und Hessen, und Oberdeutsch, die Dialekte der Alemannen und Baiem, zusammen. In die heutigen Siedlungsgebiete zogen die Weser-Rhein-Germanen (Istwäonen) und die Elbgermanen (Hermionen) zur Zeit der Völkerwande­ rung zwischen 350 und 550 n. Chr. Das Hochdeutsche unterscheidet sich vom Niederdeutschen und Niederländischen, und außerdem von allen anderen germanischen Sprache, durch die vom Süden ausgehende und etwa zwischen dem 5. bis 8. Jhd. n. Chr. sich ausbreitende H och­ deutsche oder Zweite L autverschiebung. Die lokale Grenze ist dabei die sogenannte "Benrather Linie", die nördlich von Köln, nahe der niederländischen Grenze bei dem Ort Benrath, weiter nach Osten nördlich von Kassel, Leipzig und Berlin verläuft. Die wichtigsten Merkmale sind: 1. Entstehung von stimmlosen Frikativen aus stimmlosen Plosiven nach Vokalen im In- und Auslaut p > f: t > s: k > x:

engl. engl. engl.

sleep let make

= = =

hochdt. schlafen hochdt. lassen hochdt. machen

2. Entstehung von stimmlosen Affrikaten (Verschlußlaut+Reibelaut) aus stimmlosen Plosiven im In- und Auslaut nach Konsonant, im Anlaut und in der Gemination (Doppelung) p > pf: engl. apple = hochdt.Apfel t > ts: engl. salt = hochdt. Salz nur oberdt: k > kx: engl. com = oberdt. kchom (Schwyzerdütsch!) Das deutsche Sprachgebiet umfaßte bis zum 12. Jhd. n. Chr. nur den Bereich westlich einer etwa von Kiel aus nach Süden verlaufend gedachten Linie. Erst dann wurden die östlich davon liegénden slavisch besiedelten Gebiete sprachlich deutsch, im Norden niederdeutsch, im Süden hochdeutsch (als Relikt s. das westslavische Sorbische in der Lausitz in Sachsen). Von dort, genauer von Sachsen, und vom O stm itteldeutschen, genauer der Meißnischen Kanzleisprache des Wettiner Territoriums, ging zu Beginn der Neuzeit im 16. Jhd. n. Chi*, die Herausbildung der neuhochdeutschen Standard­ sprache aus. Dabei handelt es sich um eine Mischsprache, die, sehr grob gesagt, auf niederdeutscher Aussprache und hochdeutscher Lexik und Grammatik basiert. Wesentlich für die Herausbildung war dabei die Bibelübersetzung von Luther und die Verbreitung durch den Buchdruck. Jiddisch ist etwa ab dem 11. Jdt. n. Chr. die Sprache der deutschsprachigen Juden, die auf mittelhochdeutschen Dia­ lekten und Elementen aus dem Hebräischen, Romanischen und Slavischen basiert. Das Altsächsische gehört, wie bereits erwähnt, zur nordseegermanischen Gruppe, während es sich in der Weiterentwicklung ab dem 9. Jhd. als Nieder- oder Plattdeutsch ans Westgermanische anlehnt, aufgrund der starken Einflüsse von dort (Fränkisches Reich). Seine Blütezeit erlebte es v.a. im 14. Jhd. n. Chr. als Mittelniederdeutsch durch die Hanse, wo es in extremem Ausmaße die Entwicklung der festlandskandinavischen Sprachen beeinflußte (s. b)). Das Niederländische heißt in seiner ältesten Form Altniederfränkisch, da es die Sprache der während der Völkerwanderung am Niederrhein verbliebenen Franken ist. Wie das Altsächsische wird es zum einen nicht von der Zweiten Lautverschiebung erfaßt und ist zum anderen ab dem 9. Jhd. n. Chr.

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starken südlichen Einflüssen (Fränkisches Reich) ausgesetzt. Afrikaans ist die auf niederländischen Dialekten des 17. Jhd.s n. Chr. basierende Sprache der Buren in Südafrika, die seit 1925 neben Eng­ lisch Amtssprache der Republik Südafrika ist. Wie das Englische ist Afrikaans durch starke morpho­ logische Vereinfachungen gekennzeichnet.

4

Das G otische

4.1

Geschichte der Goten

Wie bereits erwähnt, sind die Goten ein Teil der Ostgermanen. Diese wanderten im 3. bis 1. Jhd. v. Çhr. von Südskandinavien an die Mündungen von Oder und Weichsel (Oder-Weichsel-Germanen) und später teilweise nach Süden, wo ihre Reiche bis ins 8. Jhd. n. Chr. existierten. Die Goten zogen im 1./2. Jhd. n. Chr. weiter zum Schwarzen Meer, wo sie im Nordwesten als Ostgoten bis zum 5. Jhd. n. Chr. und im Westen, auf dem Balkan, als Westgoten bis zum 4. Jhd. n. Chr. siedelten. Wie alle Ostgermanen, nahmen auch die Goten im 4. Jhd. n. Chr. die im Osten des Reiches verbreitete christliche Lehre des A rianismu^an (Ablehnung des göttlichen S ta tu t Christi). Von Bedeutung sind dabei v.a. die westgotischen Kleingoten (lat. Goti minores), auf deren Bischof Wulfila die Über­ setzung der Bibel im 4. Jhd. n. Chr. zurückgeht. Erwähnenswert sind auch die ostgotischen soge­ nannten Krimgoten, bei denen noch bis ins 18. Jhd. n. Chr. eine mit gotischen Elementen versetzte Sprache gesprochen wurde. Erwähnung fand das Krimgotische als germanische Sprache Mitte des 16; Jhd.s n. Chr. durch den flämischen Diplomaten OGIER GHISELIN DE BUSBECQ, der 86 Wörter ihrer Sprache aufzeichnete.

21

Im 5. bzw. 4. Jhd. n. Chr. zogen die Ost- bzw. Westgoten nach Westen, wo sie Reiche in Italien bzw. Frankreich und Spanien schafften. Das Reich der Ostgoten in Italien existierte vom 5. bis 6. Jhd. n. Chr., wobei es seine Blütezeit unter König Theoderich (493-525) erlebte (in der Sage Dietrich von Bern = Verona). Auch die Westgoten zogen durch Italien, wo sie 410 unter König Alarich Rom plünderten. Schließlich gründeten sie ein Reich in Frankreich und Spanien, das vom 5. bis 8. Jh d . n. Chr. existiert. Andere Ostgermanen,die in der Geschichte eine erwähnenswerte Rolle gespielt haben, sind v.a. die Wandalen und Burgunder. Die Wandalen zogen durch Gallien und Andalusien und setzen 429 unter König Geiserich nach Nordafrika über. Dort gründeten sie auf römischen Überresten ein Reich, das bis zum 6. Jhd. n. Chr. existiert. Bekannt ist ihr Name v.a. durch die Plünderung Roms im Jahre 455 (Wandalismus). Die Burgunder siedeln zunächst am Mittelrhein, wo ihr Reich im 5. Jhd. von den Hunnen vernichtet wird, und der Rest von den Römern an der oberen Rhône angesiedelt wird. Dieses Ereignis wird später mit Teilen germanischer Sagen zum Nibelungenlied verschmolzen (Attila > Etzel durch Zweite Lautverschiebung und ahd. Umlaut (a > e vor i)).

(nach*. Emst Schwarz, Germanische Stammeskunde, 1956: 84, Heidelberg: Winter)

22

4.2

Quellen und Überlieferung

Die gotischen, und damit ostgermanischen, Texte gehen auf die westgotische Bibelübersetzung zu­ rück, die im 4. Jhd. n. Chr. unter Leitung Bischof W u lfilas (etwa 311 bis 383 n. Chr.) etwa in der Gegend des heutigen Bulgarien angefertigt wurde. Zugrunde lagen hauptsächlich griechische, aber auch lateinische Bibelübersetzungen. Dazu wurde eine neue gotische Schrift mit 27 Zeichen geschaf­ fen, von denen jedes sowohl einen Namen als auch einen Zahlenwert hatte (s. II .1). Sie basiert überwiegend auf dem griechischen Alphabet dieser Zeit mit einigen zusätzlichen lateinischen Buchsta­ ben und Runenzeichen. Speziell die Wiedergabe der Lautung pg durch die Zeichenfolge -gg- bzw. von lang ï durch ei ist durch die griechische Vorlage bedingt. Dabei wird auch zwischen S- und 2Typ-Handschriften unterschieden, je nachdem, ob das lateinische Zeichen S oder das griechische Zei­ chen 2 (Sigma) für den Lautwert [s] verwandt wurde. Dementsprechend finden sich auch griechische Lehnwörter, v.a. Eigennamen, die manchmal indeklinabel sind, teils ihre indigene Flexion behalten, teils aber auch ins gotische Flexionssystem integriert wurden. Diese Bibelübersetzung aus dem 4. Jhd. n. Chr. fand eine extrem weite Verbreitung sowohl bei den Ostgoten in Italien wie auch bei den Westgoten in Spanien. Die erhaltenen Handschriften sind west­ gotisch, die älteste davon wurde im 6. Jhd. n. Chr. von Ostgoten in Italien angefertigt^. Die wich­ tigsten Handschriften sind folgende. a)

Der C odex a rg e n te u s (Silbercodex) mit Teilen der vier Evangelien auf 187 erhaltenen von insgesamt 336 Blättern. Es handelt sich um zwei Schreiberhände, I (Matthäus und Johannes) und II (Lukas und Markus). Der Codex wurde im Werdener Kloster in Westfalen aufgefunden und befindet sich heute in der Universitätsbibliothek von Uppsala.

b)

Der C odex C a ro lin u s in der Bibliothek in Wolfenbüttel mit Stücken aus dem 11. bis 15. Kapitel des Römerbriefes auf vier Blättern.

c)

Die C odices À m b ro sia n i (A bis D) in der Biblioteca Ambrosiana in Mailand mit Bruch­ stücken aus verschiedenen Briefen an die Römer, Korinther usw. (A und B), dem Evangelium des Matthäus (C) und aus Nehemias (D) auf etwa 180 Blättern.

Neben der Bibelübersetzung gibt es noch einige weitere Denkmäler, von denen v.a. die folgenden wesentlich sind. d)

Fragmente des sogenannten 'Skeireins aíwaggeljons þaírh Iöhannen' (= 'Erläuterung des Evangeliums nach Johannes'), kurz S k eirein s genannt, mit 8 Blättern in der Biblioteca Ambrosiana in Mailand bzw. der Biblioteca Vaticana in Rom.

e)

86 Wöter bzw. kurze Sätze des K rim g o tisch en , die 1560-62 von Ogier Ghiselin de Busbecq gesammelt und 1589 veröffentlicht wurden (Augerius Gislenius Busbequius, D. Legatioriis Turcicae epistolae quattuor, Paris 1589).

23

4.3

Sprachliche Charakterisierung

Bezeichnend für das Ostgermanische bzw. Gotische ist, daß es nach der Absonderung von der nordgerm. Gruppe im 3. bis 1. Jhd. v. Chr. von den restlichen germ. Sprachen relativ isoliert war. So konnten sich zum einen Archaismen halten, die in den anderen Sprachen verloren gingen, und zum anderen eigene Neuentwicklungen herausbilden. Diese Besonderheiten des Got. sollen hier noch einmal zusammengefaßt werden. Im lautlichen Bereich sind die folgenden spezifischen Erscheinungen zu nennen. a)

Idg. e wird got. grundsätzlich i (in den anderen germ. Sprachen e).

b)

Die Assimilationserscheinung, daß tiefe Vokale unter dem Einfluß von hohen Vokalen gehoben werden (Umlaut) ist noch nicht eingetreten (vgl. ahd. NomSg gast - NomPl gesti\ got. satjan ahd. sezzeri).

c)

Eine spezifische Assimilationserscheinung ('Gotische Brechung') ist die Senkung von i vor h, Iv, r zu ai [e] und von u vor h, lv , r zu aii [o].

d)

Von allen germ. Sprachen zeigte sich im Got. am frühesten die Tendenz zur Reduktion von un­

e)

Das durch das Vemersche Gesetz bei der Ersten Lautverschiebung aus s entstandene z wurde

betonten Kurzvokalen im absoluten A uslaut. nicht, wie in den anderen Sprachen, zu r weiterverschoben. Im morphologischen Bereich sind die folgenden spezifischen Erscheinungen zu nennen. Der nominale Bereich zeichnet sich aus durch: a)

Das Got. hat fünf Kasus (Nom., Gen., Dat., Akk., Vok.), wobei der Vokativ als eigene Form relikthaft ist (später formengleich mit dem Nominativ) ebenso wie der Instrumental, der sich teilweise noch beim Pronomen findet (Jvê womit?; vgl. ahd. (h)wiü) .

b)

Archaisch ist die NomSg s-Endung (z.B. dags 'T ag'), die in den anderen Sprachen zu r wird

c)

und wegfällt (aber noch isl. dagurX) . Neben der thematischen schwachen femininen ðn-Deklination(z.B. tuggô 'Z u n g e') gibt es noch den Typus auf -In- (z.B. managei 'M enge'). Er taucht auch beim Adjektiv auf und ist beim Part. I und beim Adjektiv in der Komparation der einzige Typus für das Femininum.

d)

Das Part. I wird adjektivisch flektiert, hat aber im Got. die starke Flexion verloren und flektiert nur noch schwach (mit In-Femininum). Als Besonderheit gibt es im NomSgM neben der Form mit schwacher a-Endung auch die Form mit starker s-Endung.

e)

Das Adjektiv in der Komparation hat noch im Gotischen nur seine ursprüngliche schwache Flexion (mit In-Femininum).

f)

Das Got. hat noch bruchstückhaft alle drei Numeri, d.h. auch den Dual und zwar beim Prono­

g)

Das Demonstrativpronomen dient ansatzweise schon als definiter Artikel.

h)

Von den kardinalen Numeralia werden die ersten drei noch vollständig flektiert.

men und beim Verb.

24

Der verbale Bereich zeichnet sich aus durch: a)

Erhaltung aller drei Numeri einschließlich des Duals.

b)

Zwei Tempora, Präsens und Präteritum, wobei das Futur i jà. mit der Präsensform ausgedruckt wird. Das Präteritum wird mit dem ursprünglichen Perfektstamm ausgedrückt, der durch Ablaut und Reduplikation (evtl.+ Ablaut) gebildet wird (starke Verben). Im Got. hat sich als einziger germanischer Sprache die Reduplikation in der siebten Ablautklasse vollständig erhalten.

c)

Bei den schwachen (abgeleiteten) Verben gibt es nur im Got. die vierte Klasse der intran sitiv inchoativen Verben mit n-Suffix (z B .Juttvan V oll werden').

d)

Zwei Modi, Optativ und Imperativ, wobei der Optativ auch die Funktion des Konjunktivs irrübernommen hat.

e)

Erhaltenes synthetisches Passiv (ursprüngliches Medium) im Präsensparadigma, neues analyti sches Passiv mit wisan 'sein' bzw. waírþan 'werden' im Präteritum.

f)

Wahrscheinlich neue aspektuale Markierung durch Präfixe, v.a. go- (z.B. sitan - gasitan Vtzen - hinsetzen'), um die in Aorist- und Präsensstamm kodierte verlorengegangene aspektuale Dif ferenzierung zu kompensieren.

25

4.4 Literatur a)

Germanische Sprachen HUTTERER, Claus Jürgen (1990): Die germanischen Sprachen; Wiesbaden; 3., überarbeitete deutsche Auflage KRÄHE, Hans/MEID, Wolfgang (1969): Germanische Sprachwissenschaft, Teil 1: Einleitung und Lautlehre; Teil 2: Formenlehre; Teil 3: Wortbildungslehre; Berlin [usw.]; 7. Auflage be­ arbeitet von Wolfgang Meid

b)

Bibliographie zum Gotischen MOSSE, Fernand (1950): Bibliographia Gotica. A bibliography of writings on the Gothic language to the end of 1949; in: Mediaeval studies 12, S. 237-324 MOSSE, Fernand (1953): Bibliographia Gotica. First supplement, corrections and additions to the ijiiddle of 1953; in: Mediaeval studies 15, S. 169-183 MOSSE, Femand/M ARCH AND, James W. (1957): Bibliographia Gotica. Second supplement, corrections and additions to the middle of 1957; in: Mediaeval studies 19, S. 174-196 EBBINGHAUS, Ernst A. (1967): Bibliographia Gotica. Third supplement, additions to the end of 1965; in: Mediaeval studies 29, S, 328-343 EBBINGHAUS, Emst A. (1974): Bibliographia Gotica. Fourth supplement: Additions to the end of 1972; in: Mediaeval studies 36, S. 199-214

c)

Geschichte der Goten OXENSTIERNA,EriçC.(1948): Die Urheimat der Goten; Stockholm/Leipzig; 2. Auflage WOLFRAM, Herwig (1979): Geschichte der Goten; München

d)

Textausgaben des Gotischen BENNETT, William H. (I960): The Gothic commentary on the gospel of John: skeireins aiwaggeljons þairh iohannen. A decipherment, edition, and translation; New York STREITBERG, Wilhelm (1965): Die gotische Bibel, 1. Der gotische Text und seine griechische Vorlage; Heidelberg; 5., unveränderte Auflage

e)

Sprachbeschreibungen des Gotischen BENNETT, William H. (1980): An introduction to the Gothic language; New York; Reprint BRAUNE, Wilhelm (1981): Gotische Grammatik; Tübingen; 19. Auflage, bearbeitet von Emst A. Ebbinghaus GRIEPENTROG, Wolfgang (1990): Zur Text- und Überlieferungsgeschichte der gotischen Evangelientexte, Inns Druck JELLINEK, Max Hermann (1926): Geschichte der gotischen Sprache; Berlin, Leipzig KIECKERS, E m st(1928): Handbuch der vergleichenden gotischen Grammatik; München KRAUSE, Wolfgang (1968): Handbuch des Gotischen; München; 3., neubearbeite Auflage 'STREITBERG, Wilhelm (1910): Gotisches Elementarbuch; Heidelberg; 3. u. 4. verbesserte Auflage STUTZ, Elfriede (1966): Gotische Literaturdenkmäler; Stuttgart TOLLEN AERE, Félicien de/JONES, Randall L (1976): Word-indices and word-lists to the Gothic bible and minor fragments; Leiden

f)

Wörterbücher des Gotischen FEIST, Sigmund (1939): Vergleichendes Wörterbuch der Gotischen Sprache mit Einschluß des Krimgotischen und sonstiger zerstreuter Überreste des Gotischen; Leiden; 3. Auflage HOLTHAUSEN, Ferdinand (1934): Gotisches etymologisches Wörterbuch; Heidelberg KÖBLER, Gerhard (1989): Gotisches Wörterbuch; Leiden [usw.] LEHMANN, Winfred P. (1986): A Gothic etymological dictionary. Based on the third edition of Vergleichendes Wörterbuch der gotischen Sprachen by Sigmund Feist; Leiden STREITBERG, Wilhelm (1965): Die gotische Bibel, 2. Gotisch-griechisch-deutsches Wörter­ buch; Heidelberg; 5., unveränderte Auflage

26

II

TABELLARISCHER TEIL

27

1 Zeichen und Laut (Zeichen v. a. nach dem Codex argenteus, Hand I; in Anlehnung an Wilhelm Braune (neu bearbeit von Emst A. Ebbinghaus), 191981:14, Tübingen: Winter) Zahlenwert

Zeichen

1

ft

2

8

3

Umschrift a/ä

Lautwert a/a:

b

b -imAnlaut - im Inlaut nach Konsonant - im Auslaut nach Konsonant ß -im Inlaut nach Vokal $ -im Auslaut nach Vokal - vor NomSgM -s

r

g

g -imAnlaut - im Inlaut nach Konsonant - im Auslaut nach Konsonant y - im Inlaut nach Vokal x - im absoluten Auslaut - vor NomSgM -s - vor -t

4

5

d

d -imAnlaut - im Inlaut nach Konsonant - im Auslaut nach Konsonant ð - im Inlaut nach Vokal 0 - im Auslaut nach Vokal - vor NomSgM -s

5 6 7

6 u Z

e/ê q/kv/kw/qu z

e: kw z

8

h

h

X

h - im Anlaut vor Vokal 9

Ÿ

10

0

r

1 ï - im Wortanl;aut - im Wort im Silbenanlaut nach Vokal i - in allen andieren Fällen

K X

k 1

M

m

j

20 30 40

þ/th

k 1 m

Ligaturin S-Typ-Handschriften: waagerechter Strich über dem vorausgehenden Buchstaben

28

Zahlenwert

Zeichen

Umschrift

M

n

50

Lautwert n

Ligatur in S- und 2 -Typ-Handschriften: waagerechter Strich über dem vorausgehenden Buchstaben 60 70 80 90 100

j o/u: P

9 n n

j

P

r r

s €

s s in S-Typ-Handschriften in 2-Typ-Handschriften

200

T

300 400

V

500 600

U /Û

P

t w/v

t w

p X

f

4> k

700

o

lv/hv/hw/w

hw -im Anlaut vor Vokal xw - in allen anderen Fällen

800

£

o/o

o:

900

f * r Kn e 1 1 n

aí/ái aú/áu ei iu

e/ae o/ao i; iu

r r r k r u

gg gk gq

Og Ok

x/x

O kw

29

2 Formenlehre 2.1

Substantiva

2.1.1 Vokalische Deklination a ô i u

a ô i u

Ja ja

wa wô

(M/N) [m /F) (M/F/N)

2.1.2 Konsonantische Deklination n

an ôn/ein r nd

r nd

f^r

(M/F) (M)

2.1.3 Einsilbige Konsonantenstämme (Wurzelnomina und Reste spezieller Stammklassen)

2.1.1 Vokalische Deklination

Sg N G D A V PI N G D A

Sg N G D A V PI N G D A

Sg N G D A PI N G D A 30

a-StammM TAG dags dagis daga dag dag dagôs dagê dagam dagans

a-Stamm N WORT waúrd waúrdis waúrda waúrd waúrd wáurda wáurdé wáurdam wáurda

ja-StammM lang-/ mehrs. kurzs. HIRT HEER haírdeis haijis haírdeis haqis haírdja harja haíidi han haírdi hari hairdjôs haijos hairdjê haqê haírmam harjam haírdjans haqans

ja-StammN

wa-StammM lang-/ mehrs. kurzs.

wa-Stamm N längs./ menrs. kurzs. (w>u im Silbenauslaut) SAMEN HOLZ fráiw triu fráiwis triwis fráiwa triwa triu fráiw fráiwós triwa fráiwé triwé fráiwam triwam fráiwans triwa

SCHNEE snáiws snáiwis snáiwa snáiw snáiwðs snáiwé snáiwam snáiwans

KNECHT þius þiwis þiwa þiu þiwós þiwé þiwam þiwans

GESCHLECHT kuni kunjis kunja kum kuni kunja kunjé kunjam kunja

Sg N G D A PI N G D A

ô-Stamm F GABE giba gibôs gibâi giba gibôs gibô gibôm gibôs (

Sg N G D A PI N G D A

jô-:Stamm F lang-/mehrs. (w>u im Silbenau!slaut) FESSEL MÄDCHEN bandi mawi bandjôs màujc)s bandjái máujá i band] a máuja1 bandjôs máujc)s bandjô máujc) bandjôm máujc>m bandjôs máujc)s

Sg N G D A PI N G D A'

wô-Stamm-F BÜNDNIS triggwa triggwôs triggwài triggwa triggwôs triggwô triggwôm triggwôs

Sg

PI

Sg

PI

N G D A V N G D A

i-StammM SCHLAUCH balgs balgis (< a-Dekl.) balga (< a-Dekl.) balg balg balgeis balgê balgim balgins

N G D A V N G D A

u-StammM SOHN sunus sunâus sunâu sunu sunu (sunâu) sunjus suniwê sunum sununs

kurzs. HÖLLE halja haljôs haljài halja haljôs haljô haljôm haljôs

i-Stamm F GUNST ansts anstâis anstâi anst anst ansteis anstê anstim anstins u-Stamm F HAND handus handâus handâu handu

u-StammN VERMÖGEN faihu faíháus faíháu faíhu

handjus handiwê handum handuns

31

2.1.2 Konsonantische Deklination

Sg

PI

Sg

PI

Sg

PI

Sg

Pi

N G D A N G D A

an-Stamm M MANN guma gumins gumin guman gumans gumanê gumam gumans

an-Stamm N HERZ hafrtô haírtins haírtin haírtó haírtóna haírtané haírtam haírtóna

N G D A N G D A

ôn-Stamm F ZUNGE tuggo tuggons tuggon tuggön tuggöns tuggônô tuggôm ftiggôns

ein-Stamm F MENGE managei manageins managein managein manageins manageinö manageim manageins

N G D A N G D A

r-Stamm M BRUDER bróþar bróþrs bróþr bróþar bróþrjus broþré bróþrum bróþruns

r-Stamm F SCHWESTER swistar swistrs swistr swistar swistijus swistrê swistrum swistruns

N G D A V N G D A

nd-StammM RETTER nasjands nasjandis nasjand nasjand nasjand nasjands nasjandé nasjandam nasjands

2.1.3

Sg

PI

32

Einsilbige Konsonantenstämme (Wurzelnomina und Reste spezieller Stammklassen)

N G D A N G D A

M MENSCH manna mans mann mannan mans (mannans) mannê mannam mans (mannans)

F STADT baúrgs baurgs baúrg baúrg baurgs baurgê baúrgim baúrgs

2.2

Adjektiva

2.2.1

Starke (vokalische) Deklination a ja l u

(M) (M) (M) (M)

Ô jô 1 u

(F) (F) (F) (F)

a ja l u

(N) (N) (N) (N)

an

(N)

2.2.2 Schwache (konsonantische) Deklination an 2.2.3

(M)

Gradierung Komparativ

Superlativ

2.2.4

Partizipia Partizip Präs.

Partizip Prät.

2.2.1

Sg

PI

Sg

ein

(F)

-ÍZ-/-ÓZ- + Adjektivendung schwache Deklination an/ein/an (M/F/N) -ist-/-öst- + Adjektivendung starke oder schwache Deklination a/o/a (M/F/N) oder an/on/an (M/F/N) -and- + Adjektivendung schwache Deklination (aber zusätzlich starkes -s im NomSgM) an/ein/an (M/F/N) Ablaut + -an- (st. Verba) + Adj.endung bzw. -t-/-d-/-þ- (schw. Verba) + Adj.endung starke oder schwache Deklination a/Ö/a (M/F/N) oder an/on/an (M/F/N)

Starke Deklination runterstrichen = Formen mit pronominalen Endungen)

N G D A N G D A

N G D A

a-Stamm M

ô-Stamm F

BLIND blinds blindis blindamma blindana blindái blindáizé blindáim blindans

BLIND blinda blindâizôs blindái blinda blindôs blindâizô blindâim blindôs

a-Stamm N unflk. BLIND blind blindis blindamma blind blinda blindâizê blindâim blinda

ia-StammM kurzs. längs. MITTLERWILD midjis wilþeis midjis wilþeis midiamma wilþiamma midiana wilþíana

iô-Stamm F Kurzs. längs. MITTLERWILD midja wilþi midiáizós wilþiáizós midjái wilþjái midja wilþja

ia-Stamm N lcurzs. unflk. längs, unflk. MTTTLERWDLD midi wilþi midjis wilþeis midiamma wilþiamma midi wilþi

M blindata

blindata

M M m idiata w ilþ ia ta

m idiata w ilp ia ta

PI

N

midiái wilþjái midjáizé wilþjáizé midjáim wilþiáim midjans wilþjans

midjós wilþjós midjáizo wilþjáizó midjáim wilþjáim midjós wilþjós

midja ilþja midiáize wilþáizé midiáim wilþiáim midja wilþja

i-StammM

i-StammF

N G D A N G D A

REIN hráins hráinis hráiniamma hráiniaria hráinjái hráinjáizé hráiniáim hráinjans

REIN hráins hráiniáizós hráinjái hráinja hráinjós hráinjáizó hráinjáim hráinjos

i-Sramra N unfllc. REIN nráin hráinis hráiniamma hráin hráinja hráiniáize hráiniáim hráinja

N G D A N 'G D A

u-StammM u-StammF u- Stamm N (Reste der u-•Dekl. nur im NomSgMFN und GenSgMN, sonst ja-Dekl.) flk. unflk. HART HART HART hardus hardiata hardu ardus hardáus hardáus *hardiáizós hardiamma hardi arama hardjà hardiana hardu hardiata hardja hardiái hardja hardjôs hardiáizé hardiáizé hardiáizo hardi áim hardiáim hardiáim hardjans hardja hardjôs

G D A

Sg

PI

Sg

PI

Mhráiniata hráiniata

2.2.2 Schwache Deklination

Sg

Pi

34

N G D A N G D A

an-StammM BLIND blinda blindins blindin blindan blindans blindanê blindant blindans

ôn-Stamm F BLIND blindô blindôns blindôn blindôn blindôns blindônô blindôm blindôns

ein-Stamm F BESSER batizei batizeins batizein batizein batizeins batizeinô batizeim batizeins

an-Stamm N BLIND blindô blindins blindin blindô blindôna blindanê blindam blindôna

2.2.3 Gradierung Komparativ: schwach an-Stamm M BESSERbatiza Sg N G batizins D batizin A batizan PI N batizans G batizanê D batizam A batizans

ein-StammF BESSERbatizei badzeins badzein batizein badzeins batizeinö badzeim badzeins

an-Stamm N . BESSERbatizö batizins bad z in badzö badzöna badzanê bad z am badzöna

Superlativ: schwach an-Stamm M BESTSg N batista G batistins D batistin A batistan PI N batistans G batistanê D batistam A batistans

ôn-Stamm F BESTbad st ô batistöns badstön badstön batistöns batistönö batistöm badstöns

an-Stamm N BESTbadstö badstins bad st in badstö badstöna badstanê badstam badstöna

Superlativ: stark a-StammM

ö-Stamm F

BESTbatists batistis batistamma batistana batistái badstâizê badstáim badstans

BESTbads t a batístáizös badstái batista badstôs batístáizö badstáim badstôs

a-Stamm N unflk. BESTbadst batistis badstamma bad st bad st a badstâizê batistáim batista

ein-Stamm F NEHMENDnimandei nimandeins nimandein nimandein nimandeins nimandeinö nimandein nimandeins

an-Stamm N NEHMENDnimandö nimandins nimandin nimandö nimandöna nimandanê nimandam nimandöna

Partizip Pi•äs.: schwach (schwaches V erb) an-Stamm M ein-Stamm F RETTENDRETTEND- nasjandei Sg N nasjanda/nasjands G nasjandins nasjandeins D nasjandin nasjandein A nasjandan nasjandein PI N nasjandans nasjandeins G nasjandanê nasjandeinö D nasjandam nasjandein nasjandans A nasjandeins

an-Stamm N RETTENDnasjandö nasjandins nasjandin nasjandö nasjandona nasjandanê nasjandam nasjandona

Sg

PI

N G D A N G D A

ßk. bcitistata badstota

2.2.4 Partizipia Partizip Präs.: schwach (starkes Verb) an-Stamm M NEHMENDnimanda/nimands Sg N G nimandins D nimandin A nimandan PI N nimandans G nimandanê D nimandam A nimandans

35

Partizip Prät.: schwach (starkes Verb) an-StammM GENOMMENnumana Sg N numanins G D numanin numanan A PI N numanans G numananê D numanam A numanans

ôn-Stamm F GENOMMENnumanô numanôns numanôn numanôn numanôns numanônô numanôm numanôns

Partizip Prät.: schwach (schwaches Verb) ôn-Stamm F an-StammM GERETTETGERETTETnasida nasidô Sg N G nasidins nasidôns D nasidin nasidôn A nasidan nasidôn PI N nasidans nasidôns G nasidanê nasidônô D nasidam nasidôm A nasidans nasidôns Partizip Prät.: stark (starkes Verb) a-Stamm M Sg

PI

N G D A N G XD A

GENOMMENnumans numanis numanamma numanana numanái niimanáizé numanáim numanans

ô-Stamm F GENOMMENnumana numanâizôs numanâi numana numanôs numanâizô numanâim numanôs

Partizip Prät.: stark (schwaches Verb) a-Stamm M ô-Stamm F Sg

PI

36

N G D A N G D A

GERETTETnasiþs nasidis nasidamma nasidan a nasidái nasidáize nasidáim nasidans

GERETTETnasida nasidâizôs nasidâi nâsida nasidôs nasidâizô nasidâim nasidôs

an-Stamm N GENOMMENnumanô numanins numanin numanô numanôna numananê numanam numanôna an-Stamm N GERETTETnasidô nasidins nasidin nasidô nasidôna nasidanê nasidam nasidôna a-Stamm N unflk. GENOMMENnuman numanis numanamma numan numana numanâîzê numanâim numana a-Stamm N unflk. GERETTETnasiþ nasidis nasidamma nasiþ nasida nasidâizê nasidâim nasida

. M.numanata numanato

Mnasidota

nasidata

2.3

Adverbia

Von Adjektiven abgeleitet: -ba an stammauslautenden Vokal: -ö (mit integriertem Stammvokal): -0 beim Komparativ: Adverbia des Ortes: wohin? wo? woher?

2.4

ubila-ba galeik-ö

-þ/-d: -drê: -r: -a: -þró: -ana:

SCHLECHT GLEICH hauhis-0

HÖHER

lvaþ Ivadrê þar inna þaþro hindana

WOHIN WOHIN DORT INNEN DAHER VON HINTEN

Pronomina

2.4.1 Personalpronomina 2.4.1 .1 Sg

Du

PI

N G D A N G D A N G D A

2.4.1.2 Sg

PI

'N G D A ■N G D A

Nicht sexusdifferenzierend 1. Person ik meina mis mik wit ugkara ugkis ugkis weis unsara uns, unsis uns, unsis

2. Person þu þeina þus þuk jut ígqara igqis igqis jús ízwara izwis izwis

Reflexivum seina sis sik seina sis sik seina sis sik

Sexusdifferenzierend (3. Person) M is ' is imma ina eis izê im ins

F si izôs izái ija ijôs izô im ijôs

N ita is imma ita jja ize im ija

37

2.4.2 Demonstrativpronomina 2.4.2.1 Sg

PI

PI

M sa þis þamma þana þái þize þáim þans

N G D A N G D A

2.4.2.2 Sg

Unverstärkt (auch als definiter Artikel) N þata þis þamma þata þo þizé þáim þo

F sô þizos þizái þo þos þizó þáim þós

Verstärkt (=: Demonstrativpronomen + Partikel -(u)h)

N G D A N G D A

M sah þizuh þammuh þanuh þáih þizéh þáimuh þanzuh

N þatuh þizuh þammuh þatuh þoh þizéh þáimuh þóh

F sôh þizozuh þizáih þoh þózuh þizóh þáimuh þózuh

2 a )3 Possessivpronomina (flektieren wie starke Adjektiva) M Sg

PI

38

1JP. Sg N G D A PI N G D A 2.P. Sg N

meins meinis meinamma meinana meinái meináizé meináim meinans þeins usw.

l.P . Sg N unsar usw. 2.P. Sg N izwar usw.

F

N unflk.

flk.

mein meinis meinamma mein meina meinâizê meinâim meina

meinata

þeina usw.

þein usw.

þeinata

unsara usw.

unsar usw.

izwara usw.

izwar usw.

meina meinaizos meinái meina memos ' meináizó meináim meinôs

meinata

2.4.4 Relativpronomina (= Demonstrativpronomen + Partikel -ei) Sg

PI

N G D A N G D A

M saei þizei þammei þanei þáiei þizéei þáimei þanzei

N þatei þizei þammei þatei þóei þizéei þáimei þoei

F sôei þizozei þizáiei þoei þózei þizóei þáimei þózei

2.4.5 Interrogativpronomina Sg

N G D A Instr

M lvas Ivis Ivamma Ivana

F Ivo lvizôs Ivizái lvô

N Iva ívis Ivamma Iva Ive

2.4.6 Indefinitpronomina

Sg

P1

Sg

2.5

N G D A A

JEDER M Ivazuh/lvaijizuh Ivizuh/lvarjizuh h/ ammêh/lv arjammêh Ivanôh/lvaijanôh Ivanzuh

JEDE F Ivôh/lvarjôh hr izð zuh/lv aij izð zuh Ivizáih/lvaijáih Ivôh/lvarjôh

N G D A

KEINER M ni + àinshun ni + àinishun ni + àinummêhun ni + àin(n)ôhun

KEINE F ni + àinôhun ni + áináizoshun ni + àinaihun ni + àinôhun

JEDES N lvah/lvaijatôh Ivizuh/lvaijizuh lv ammêh/lv arjlv mmêh lvali/lvaijatôh

KEINES N ni + àinhun ni + àinishun ni + àinummêhun ni + àinhun

Numeralia

2.5.1 Kardinalia

Sg

PI

1 (stíirk flektiert; im Plur al in der Bedeutung EINZ IG, ALLEIN) M F N unflk. áins áin N áina G áinis áinis áináizós D áinamma áinamma áinái A áinana áina áin N áina áinái áinós G áináizé áináizé áináizo D áináim áináim áináim A áina áinans áinós

flk. áinata áinata

39

PI

PI

2 (stark flektiert) M N twái G twaddjê D twáim A twans

F twôs twaddjê twàim twôs

N twa twaddjê twàim twa.

3 (stark flektiert i-stämmig) M N þreis G þrijé D þrim A brins

F þreis þrijé þvim brins

N þrija þrijé þrim þrija

4-19 20-60

indeklinabel, manchmal i-stämmig flektiert mit *tigjus als maskulinem u-Stamm (wie sunjus) (Einer davor und flektiert: miþ twáim tigum þusundjo (20.000)) 70-100 auf -têhund indeklinabel ( 100: taihuntêhund) 200-900 mit hunda als neutralem a-Stamm-Plural (wie waúrda) (Einer davor und flektiert: miþ twáim hundam (200)) > 1000 mit þúsundi als femininem lang-/mehrsilbigem jö-Stanun (wie bandi) (5000: fünf þúsundjom) 2.5.2 Ordinalia

Sg \ P1

Sg

P1

N G D A N G D A

1. (nur schwach mit ein-Femi:ninum) M fruma frumins frumin fruman frumans frumanê frumam frumans

F frumei frumeins frumein frumein fnimeins frumeino frumein frumeins

N frumó frumins frumin frumó frumona frumanê frumam frumôna

2 . (nur stark) M N anþar G anþaris D anþaramma A anþarana N anþarái G anþaráizé D anþaráim A anþarans

F anþaia anþaráizós ánþarái anþara anþarós anþaráizó anþaráim anþarós

N anþar anþaris anþaramma anþar anþara anþaiáizé anþaráim anþara

>3. (nur schwach) Belegt bzw. aus anderen Formen rekonstrierbar sind: 3. þridja 5. fimfta(in 15.) 6. saihsta 8. atuda 9. niunda 10. taihunda 15. fimfta-tafhunda (nur zweiter Teil flektiert) 40

2.6

Verba

2.6.1 Verbalkategorien und Formenaufbau Verbalkategorien: Synthetisch:

Aktiv

Indikativ Optativ Imperativ Indikativ Optativ Indikativ Optativ

Präsens Präteritum

Passiv Analytisch:

Präsens

Indikativ Optativ (wisan/waírþan SEINAVERDEN -f Partizip Prät. (PII)) Passiv

Präteritum

Formenaufbau: Starke Verba: Wurzel (W) +Tempusstamm Zeichen (T) + Bindevokal (B ) (=Thema) + Optativzeicheni(O) + Flexionsendunig (E): Primärendung Sekundärendurig ^ Perfektendung Passivendung Aktiv

Präsens Präteritum

Passiv

Präsens

i/a (thernatisclile Verl3en) i/ei (E i) (ianger) (E2) (kiIrzer) (E3) (H4) Indikativ Optativ Indikativ Optativ Indikativ Optativ

If

W W W W W w w

+T +T +Ablaut +Ablaut +Ablaut +T +T

+B +B

+B +B

+E1 +E2 +E3 +E2 +0 +E2 +E4 + o +E4 +0

Schwache Verba: Wurzel (W) + Ableitüngssuffix (A) + Bindevokal (B ) (=Thema) -f-Dentalsuffix (]D) (im Prät und PII) + Optativzeicheni(O) + Flexionsendunig(H) Aktiv

Präsens Präteritum

Passiv

Präsens

Indikativ Optativ Indikativ Optativ Indikativ Optativ

W W w w w w

+A +A +A +A +A +A

+B +B

+0 +D +D

+B +B

+0 +0

+E1 +E2 +E2 +E2 +E4 +E4

41

2.6.2 Konjugationsarten: Starke Konjugation (Thematische/athematische Verba) Schwache Konjugation (Thematische/athematische Verba) jan-Verben ön-Verben an-Verben nan-Verben Präteritopräsentia

2.6.2.1

Starke Konjugation

Ablautende Verben:

I II m IV V VI

Präsens Ind. + Opt/ Part. I, Ipv., Inf. ei greipan GREIFEN iu biudan BIETEN i (vor h, lv ,r > ai) Bindan BINDEN i (vor h, lv, r > ai) niman NEHMEN i (vor h, lv ,r > ai) sailvvan SEHEN a slahan SCHLAGEN

Reduplizierende Verben:

Stammvokalwechsel im Präteritum und PII (mit den Lautaltemanten i > ai und u > aú vor r, h, Iv) Sg. Ind. Prät. ái gráip áu báud a band a nam a sah

PI. + Du. Ind. Prät./ Opt. Prät. i (vor h, lv ,r > ai) gripum u (vor h, Iv, r > au) budum u (vor h, lv, r > au) bundum ê nêmum ê sêlvum

ô slôh

ô slôhum

Part. II i(v o rh , ïv ,r > a i) gripanu (vor h, lv, r > aú) budanu (vor h, lv, r > au) bundanu (vor h, l v , r > au) numani (vor h, lv, r > ai) sailvana slahan-

Partielle Reduplikation des Stammes,im Präteritum 1. Stammkonsonant (bei st/sk beide; bei Vokal 0 ) + ai: háitan HEISSEN > haíháit (1 SgPrätlnd Akt) skáidan SCHNEIDEN > skaískáid (1 SgPrätlnd Akt) áukan MEHREN > ai áuk ( 1SgPrätlnd Akt)

Reduplizierend-ablautende Verben (Klasse VII): Reduplikation + Stammvokalwechsel im Präteritum (mitLautalternante ái bei vokalischem Stammausgang) vn a)

Präsens Ind. + Opt/ Part. I, Ipv., Inf. ê letan L A SSE N

b)

ái *sáian SÄ E N

42

Sg. Ind. Prät.

PI. + Du. Ind. PrätV Opt. Prät.

Ô

Q

lailöt ô saiso

lailötum ô ♦saisöum

Part. 11 ê *lêtanái *sáian-

Konjugationsbeispiel Klasse IV : Infinitiv Partizip Präsens Partizip Präteritum

NEHMEN niman nimandnuman-

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Indikativ nima nimis nimiþ nimôs nimats nimam nimiþ nimand

Aktiv Präsens Optativ nimáu nimáis nimái nimáiwa nimáits nimáima nimáiþ nimáina

Sg 2 3 Du 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Imperativ nim nimadáu nimats nimam nimiþ nimandáu

3 Du 1 2 PI 1 2 3 .

Aktiv Präteritum Indikativ nam namt nam nêmu nêmuts nêmum némuþ nêmun

Aktiv Präteritum Optativ némjáu nêmeis nêmi( nêmeiwa nêmeits nêmeima némeiþ nêmeina

Sg 1 2 3 PI 1 2 3

Passiv Präsens Indikativ nimada nimaza nimada nimanda nimanda nimanda

Passiv Präsens Optativ nimáidáu nimáizáu nimáidáu nimáindáu nimáindáu nimáindáu

Sg ' \2

2.6.2.2

Schwache (abgeleitete) Konjugation

jan-Verben Infinitiv Partizip Präsens Partizip Präteritum

RETTEN nasjan nasjandnasid-

Sg 1 . 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

A ktiv Präsens Indikativ nasja nasjis nasjiþ nasjôs nasjats nasjam nasjiþ nasjand

Aktiv Präsens Optativ nasjáu nasjáís nasjáí nasjáiwa nasjáits nasjáíma nasjáíþ nasjáína

Sg 2 3 Du 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Im perativ nasei nasjadáu nasjats nasjam nasjiþ nasjandáu

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präteritum Indikativ nasida nasidês nasida nasidêdu nasidêduts nasidêdum nasidéduþ nasidêdun

Aktiv Präteritum Optativ nasidédjáu nasidêdeis nasidêdi nasidêdeiwa nasidêdeits nasidêdeima nasidédeiþ nasidêdeina

Sg 1 2 3 PI 1 2 3

Passiv Präsens Indikativ nasjada nasjaza nasjada nasjanda nasjanda nasjanda

Passiv Präsens O ptativ nasjáídáu nasjáízáu nasjáídáu nasjáíndáu nasjáíndáu nasjáíndáu

44

ôn-Vcrben Infinitiv Partizip Präsens Partizip Präteritum

SALBEN salbôn salböndsalböþ-

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Indikativ salbö salbôs salbóþ salbôs salböts salbôm salbóþ salbônd

Aktiv Präsens Optativ salbo salbös salbo salböwa salböts salböma salböþ salbôna

Sg 2 3 Du 2 PI 2 3

Aktiv Präsens Imperativ salbo salbödáu salböts salbôm salböþ salböndáu

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präteritum Indikativ salböda salbôdês salbôda salbôdêdu salbôdêduts salbôdêdum salbödéduþ salbôdêdun

Aktiv Präteritum Optativ salbôdêdjàu salbôdêdeis salbôdêdi salbôdêdeiwa salbôdêdeits salbôdêdeima salbödédeiþ salbôdêdeina

Sg 1 2 3 PI 1 2 3

Passiv Präsens Indikativ salböda salböza salböda salbönda salbönda salbönda

Passiv Präsens Optativ salbödáu salbözáu salbödáu salböndau salböndáu salböndáu

r

45

an-Verben Infinitiv Partizip Präsens Partizip Präteritum

HABEN haban habandhabáiþ-

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Indikativ haba habáis habáiþ habôs habôs habam habáiþ haband

Aktiv Präsens Optativ habáu habáis habái habôs habats habáima habáiþ habáina

Sg 2 3 Du 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Imperativ habái habadáu habats habam habáiþ habandáu

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 \2 3

Aktiv Präteritum Indikativ habáida habáidés habáida x habáidédu habáidéduts habáidédum habáidéduþ habáidédun

Aktiv Präteritum Optativ habáidédjáu habáidédeis habáidédi habáidédeiwa habáidédeit? habáidédeima habáidédeiþ habáidédeina

Sg 1 2 3 PI 1 2 3

Passiv Präsens Indikativ habada habaza habada habanda habanda habanda

Passiv Präsens Optativ habáidáu habáizáu habáidáu habáindáu habáindáu habáindáu

46

nan-Verben Infinitiv Partizip Präsens

VOLL WERDEN fullnan fullnand-

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Indikativ fullna fullnis fullniþ fullnös fullnats fullnam fullniþ fullnand

Aktiv Präsens Optativ fuilnáu fullnáis fullnái fullnáiwa fullnáits fullnáima fullnáiþ fullnáina

Sg 2 3 Du 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Imperativ ful ln fullnadáu fullnats fullnam fullniþ fullnandáu

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präteritum Indikativ fullnöda fullnôdês fullnöda fullnôdêdu fullnôdêduts fullnôdêdüm fullnödéduþ fullnôdêdun

Aktiv Präteritum Optativ fullnôdêdjàu fullnôdêdeis fullnôdêdi fullnôdêdeiwa fullnôdêdeits fullnôdêdeima fullnödedeiþ fùllnôdêdeina

47

2.6.2.3

Präteritopräsentia

13 starke primäre Verben auf 6 Ablautklassen verteilt (Klasse 5 keine bzw. unsichere Belege) mit Präteritalform im Präsens und nach dem Muster der schwachen Verba neu gebildeten Präterital- und Infinitivformen. K lasse I Infinitiv Partizip Präsens

WISSEN witan witand-

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Indikativ wáit wáist wáit witu wituts witum wituþ witun

Aktiv Präsens Optativ witjáu witeis witi witeiwa witeits witeima witeiþ witeina

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präteritum Indikativ wissa wissês wissa wissêdu wissêduts wissêdum wisséduþ wjssêdun

Aktiv Präteritum Optativ wissédjáu wissêdeis wissêdi wissêdeiwa wissêdeits wissêdeima wissédeiþ wissêdeina

Klasse^IlI Sg3AktivPräsensIndikativ daug ES TAUGT K lasse I]ri Infinitiv Partizip Präsens Partizip Präteritum

KÖNNEN kunnan kunnandkunþ-

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Indikativ kann kan(n)t kann kunnu kunnuts kunnum kunnuþ kunnun

Aktiv Präsens Optativ kunnjáu kunneis kunni kunneiwa kunneits kunneima kunneiþ kunneina

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI l 2 3

Aktiv Präteritum Indikativ kunþa kunþés kunþa kunþédu kunþéduts kunþédum kunþéduþ kunþédun

Aktiv Präteritum Optativ kunþedjáu kunþédeis kunþédi kunþédeiwa kunþedeits kunþédeima kunþédeiþ kunþédeina

48

Kla isse TV Infinitiv Partizip Präteritum

SOLLEN skulan skuld-

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Indikativ skai skalt skal skulu skul uts skulum skul uþ skulun

Aktiv Präsens Optativ skuljáu skuleis skuli skuleiwa skuleits skuleima skuleiþ skuleina

Sg 1 2 3 Du l 2 PI 1 2 3

Aktiv Präteritum Indikativ skulda skuldês skulda skuldêdu skuldêduts skuldêdum skuldéduþ skuldêdun

Aktiv Präteritum Optativ skuldêdjàu skuldêdeis skuldêdi skuldêdeiwa skuldêdeits skuldêdeima skuldédeiþ skuldêdeina

Infinitiv Partizip Präsens Imperativ Sg 2

FÜRCHTEN ôgan ôgandôgs

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Indikativ og oht og ögu oguts ogum oguþ ôgun

Aktiv Präsens Optativ ôgjàu ôgeis ôgi ôgeiwa ôgeits ôgeima ogeiþ ôgeina

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präteritum Indikativ ôhta ôhtês ôhta ôhtêdu ôhtêduts ôhtêdum ohtéduþ ôhtêdun

Aktiv Präteritum Optativ ôhtêdjàu ôhtêdeis ôhtêdi ôhtêdeiwa ôhtêdeits ôhtêdeima óhtédeiþ ôhtêdeina

K lasse VI

49

2.6.2.4

'sein' (mit Suppletivformen im Paradigma) Infinitiv Partizip Präsens

SEIN wisan wisand-

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Indikativ im is ist siju sijuts sijum sijuþ sind

Aktiv Präsens Optativ sijáu sijáis sijái sijáiwa sijáits sijáima sijáiþ sijáina

Sg 2 3 2 PI 1 2 3

Aktiv Präsens Im perativ (= Aktiv Präsens Optativ) sijáis sijái sijuts sijáima sijáiþ sijáina

Sg 1 2 3 Du 1 2 PI 1 2 \3

Aktiv Präteritum Indikativ was wast was wêsu wêsuts wêsum wésuþ wêsun

50

Aktiv Präteritum Optativ wésjáu wêseis wêsi wêseiwa wêseits wêseima wéseiþ wêseina